Die Normgeprägtheit des Art. 14 GG: Konsequenzen für die Eigentumsdogmatik [2 ed.] 9783428532230, 9783428132232

Das BVerfG hat dem Grunde nach geklärt, dass Eigentum i. S. d. Art. 14 GG normgeprägt ist. Welche Folgerungen daraus für

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German Pages 434 Year 2010

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Die Normgeprägtheit des Art. 14 GG: Konsequenzen für die Eigentumsdogmatik [2 ed.]
 9783428532230, 9783428132232

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1153

Konsequenzen für die Eigentumsdogmatik Von Ansgar Grochtmann

Zweite, überarbeitete und ergänzte Auflage

Duncker & Humblot · Berlin

ANSGAR GROCHTMANN

Die Normgeprägtheit des Art. 14 GG

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1153

Die Normgeprägtheit des Art. 14 GG Konsequenzen für die Eigentumsdogmatik

Von Ansgar Grochtmann

Zweite, überarbeitete und ergänzte Auflage

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die 1. Auflage erschien unter dem Titel „Art. 14 GG – Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik“ im Jahr 2000 beim Waxmann-Verlag, Münster

D6 Alle Rechte vorbehalten

© 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Process Media Consult, Darmstadt Druck: Berliner Buchdruckerei Union, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-13223-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Frühjahr 2009 als Dissertation angenommen worden. Zu danken habe ich neben dem Zweigutachter, Herrn Prof. Dr. Jarass, LL.M., insbesondere meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dirk Ehlers. Er unterstützte mich bei dieser Arbeit ebenso wie schon mit Blick auf deren Vorläufer, der im Jahr 2000 noch als Student veröffentlichten Monographie zu Rechtsfragen der Eigentumsdogmatik. Für die Hilfe bei der Korrektur stehe ich in der Schuld vieler meiner Freunde. So gilt mein Dank diesmal im Besonderen Heinrich Koch und Ingo Oellerich, die neben meinem kanonistischen Promotionsverfahren mir auch bei dieser Dissertation äußerst behilflich waren. Nicht hoch genug einzuschätzen ist die liebevolle Unterstützung durch meine Familie, insbesondere durch meine Frau Silvia. Jegliche Kritik an dieser Arbeit ist sehr erwünscht. Sie erreicht mich per Email an [email protected]. Wuppertal, 12. September 2009

Ansgar Grochtmann

Inhaltsbersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

1. Teil Grundzüge der Eigentumsdogmatik

23

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Zur Begründung der Normgeprägtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 II. Grundrechtsschutz in Abhängigkeit vom einfachen Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Steuerung des Gesetzgebers durch Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Verhältnismäßigkeitsprüfung / Institutsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Verfassungsrechtlicher Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I. Spezifischer eigentumsgrundrechtlicher Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 II. Objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ohne Eingriff in subjektive Rechte . 125 III. Art. 14 II GG: Unantastbarkeit des Eigentums außerhalb der darauf gestützten Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 IV. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Verzichtbarkeit der Institutsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Unterscheidbarkeit von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen . . 216

2. Teil Konsequenzen der Normgeprägtheit für den Nutzungs- und Bestandsschutz

231

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Zutreffende dogmatische Verortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 III. Zur Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 IV. Abweichende Sichtweisen zum Nutzungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

8

Inhaltsbersicht

B. Insbesondere: Zur Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung – Der Streit um die sog. Baufreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 I. Einordnung dieser Nutzungsform unter Anerkennung der Normgeprägtheit des Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 II. Demgegenüber noch immer vertreten: Die Lehren von der Baufreiheit . . . . . . . . . 267 III. Auseinandersetzung mit den so genannten Verleihungslehren . . . . . . . . . . . . . . . . 281 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 I. Unauflöslicher Widerspruch zwischen den Bestandsschutzlehren und der herrschenden Eigentumsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 II. Reichweite des einfachrechtlich schon gewährten Bestandsschutzes . . . . . . . . . . . 326 III. Höheres Schutzniveau für den Eigentümer durch Abschaffung der Bestandsschutzlehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 IV. Zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen hinsichtlich formell rechtswidriger Bauvorhaben (sog. Schwarzbau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

3. Teil Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur: Zur Einordnung des Verwaltungshandelns

356

A. Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 II. Einführende Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 B. Derzeitiger Stand der Eigentumsdogmatik in Bezug auf Vollzugs- und Konkretisierungsakte von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . 359 I. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 II. Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 C. Notwendigkeit und Durchführung einer Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik zum umsetzenden Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 I. Darstellung des eigenen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372

Inhaltsbersicht

9

II. Stellungnahmen zu den anderen Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 1. Zur Verwaltungshandlungen generell als sonstige Eingriffe verstehenden Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 2. Zur Annahme einer fehlenden Zäsur zwischen Gesetz und Vollzugsakt . . . . . . 393 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

1. Teil Grundzüge der Eigentumsdogmatik

23

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Zur Begründung der Normgeprägtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Zum Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 a) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3. Angemessenheit dieser Gesetzesabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Grundrechtsschutz in Abhängigkeit vom einfachen Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Subjektive Rechtsstellungsgarantie gegenüber Exekutive und Judikative . . . . . 37 2. Gegenüber der Legislative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 III. Steuerung des Gesetzgebers durch Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Verhältnismäßigkeitsprüfung / Institutsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Verfassungsrechtlicher Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Erläuterung der Funktion des Eigentumsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 aa) Bestimmung des Umfangs der subjektiven Rechtsstellungsgarantie durch den Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (1) „Begriffsbestimmung“ bei anderen Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . 47 (2) Art. 14 I 2 GG als bloße Teilvorgabe für den Eigentumsbegriff . . . . 48 (3) Grundrechtliche Normalität: Interpretation des Eigentumsbegriffs . 49 bb) Verfassungsautonome Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (1) Im Normalfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

12

Inhaltsverzeichnis (2) Der Sonderfall: Notwendigkeit der rückwärts gewandten Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen . . . . . . . 53 (3) Prinzipielle Unterscheidbarkeit dieser Qualifizierung von der Frage nach dem Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (1) Eigentumsbegriff als (indirekte) Vorbedingung für lückenlosen Grundrechtsschutz auch gegenüber dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (2) Eigentumsbegriff und dogmatische Gesamtkonzeption des Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 c) Zum Verständnis des Eigentumsbegriffs in der Rechtsprechung des BVerfG 66 aa) Zum Eigentumsbegriff selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (1) Zur Funktion des Eigentumsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (2) Vom BVerfG zurückgewiesene Vorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (3) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Zur auch rückwärts gewandten Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 d) Zum Verständnis des Eigentumsbegriffs im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Sonstige Unstimmigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 cc) Verfehlter Rückgriff auf die Institutsgarantie zur Auflösung des „Zirkels“ 81 dd) Zurückweisung unberechtigter Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 ee) Zur Gegenkonzeption Depenheuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (1) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 e) Weitere Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Verfassungsrechtliche Anforderungen als Bestandteil des Eigentumsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Eigentumsbegriff und Enteignungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 cc) Konkrete Definitionsansätze für den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 f) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I. Spezifischer eigentumsgrundrechtlicher Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Abwägungsgebot als Zielvorgabe – verbleibender Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Inhaltsverzeichnis

13

2. Determinanten der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Zur Feststellung des allgemeinwohldienlichen und des freiheitssichernden Bezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Beachtung der sachspezifischen Realfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Zeitabhängigkeit der Verhältnismäßigkeitsbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 d) Schutz des Vertrauens in den Fortbestand des zu Eigentum Erworbenen . . . 111 3. Ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ohne Eingriff in subjektive Rechte . 125 1. Zur Auffassung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Zum sog. Abwägungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 b) Verhältnismäßigkeit und Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Eigentumsspezifische Rechtsprechungskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 bb) Rückbezug zum rechtsstaatlichen Vertrauensschutz – (unbemerkt gebliebener) Neuansatz durch BVerfGE 95, 64? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Verhältnis von Abwägungsgebot und Vertrauens-Verhältnismäßigkeit . . . . 150 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Eingriffsbezogenes Verständnis im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Implizite Befürwortung der Eingriffsbezogenheit: Prüfung einzig der Institutsgarantie, soweit kein Eingriff vorliegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Streng eingriffsbezogenes Verständnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung . . 156 3. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Fehlschlagen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei fehlendem Eingriff ? . . . 159 aa) Auswertung von Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (1) Zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . 159 (2) Zur Rechtsfigur der Grundrechtsausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (3) Zurückweisung der prinzipiell einen Eingriff fordernden Ansichten . 167 bb) Zur Möglichkeit einer eingriffsunabhängigen Abwägung . . . . . . . . . . . . 167 b) Notwendigkeit der objektiven Prüfung des Abwägungsgebots für einen effektiven Eigentumsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Zusammenfassende Bemerkungen zum Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 d) Zur Kritik von Appel am hier zugrunde gelegten Verständnis . . . . . . . . . . . . 177 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

14

Inhaltsverzeichnis III. Art. 14 II GG: Unantastbarkeit des Eigentums außerhalb der darauf gestützten Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. BVerfG: Das Wohl der Allgemeinheit als „Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen“ – Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Eingrenzung der von Art. 14 II GG erfassten Allgemeinwohlinteressen . . . . . . 186 a) Sachbezug zum zu regelnden Zuordnungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Keine Verfolgung bloß fiskalischer Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 IV. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Verzichtbarkeit der Institutsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Nach traditionellem Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) Erweiternde Auslegung der Institutsgarantie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Unterscheidbarkeit von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen . . 216 a) Zum Eingriffscharakter des vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalts . . 216 aa) Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 bb) Zur Gegenansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 b) Trennung von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen in zeitlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

2. Teil Konsequenzen der Normgeprägtheit für den Nutzungs- und Bestandsschutz

231

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Zutreffende dogmatische Verortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 III. Zur Rechtsprechung des BVerfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 IV. Abweichende Sichtweisen zum Nutzungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Missverständliche Formulierungen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 2. Explizit verfassungsunmittelbare Verortung des Nutzungsschutzes . . . . . . . . . . 250 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

Inhaltsverzeichnis

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B. Insbesondere: Zur Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung – Der Streit um die sog. Baufreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 I. Einordnung dieser Nutzungsform unter Anerkennung der Normgeprägtheit des Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 1. Einfachrechtliche Auslegung der Regelungen über die Bebaubarkeit eines Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 2. Eigentumsgrundrechtlicher Schutz der baulichen Nutzung eines Grundstücks . 263 a) Gewährleistung der konkreten Rechtsposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 b) Grundrechtliche Einwirkung auf den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 II. Demgegenüber noch immer vertreten: Die Lehren von der Baufreiheit . . . . . . . . . 267 1. Unmittelbare Ableitung der Baufreiheit aus Art. 14 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Baufreiheit im Rahmen der Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Wiederherstellung der Baufreiheit durch die Baugenehmigung . . . . . . . . . . 279 III. Auseinandersetzung mit den so genannten Verleihungslehren . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Zur Auffassung Breuers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 b) Überprüfung der einfachrechtlichen Auslegung: Abspaltung der Bebauungsbefugnis vom Grundeigentum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 c) Ergänzend: Gebot der verfassungskonformen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . 296 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 2. Sonstige Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 a) Vor dem Nassauskiesungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 b) Nach dem Nassauskiesungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 I. Unauflöslicher Widerspruch zwischen den Bestandsschutzlehren und der herrschenden Eigentumsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 1. Allgemeine Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 2. Zur teilweisen Aufrechterhaltung der Bestandsschutzlehren . . . . . . . . . . . . . . . 320 a) Subsidiärer Rückgriff auf die Bestandsschutzlehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 b) Fortbestehen passiven Bestandsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

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Inhaltsverzeichnis II. Reichweite des einfachrechtlich schon gewährten Bestandsschutzes . . . . . . . . . . . 326 III. Höheres Schutzniveau für den Eigentümer durch Abschaffung der Bestandsschutzlehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 IV. Zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen hinsichtlich formell rechtswidriger Bauvorhaben (sog. Schwarzbau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

3. Teil Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur: Zur Einordnung des Verwaltungshandelns

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A. Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 II. Einführende Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 B. Derzeitiger Stand der Eigentumsdogmatik in Bezug auf Vollzugs- und Konkretisierungsakte von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . 359 I. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 1. Umsetzendes Verwaltungshandeln als Eingriffsform, die von der gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung zu unterscheiden ist („sonstiger Eingriff“). 360 a) Eröffnung des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 b) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 c) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 2. Fehlende Zäsur zwischen Gesetz und Verwaltungsvollzug – „Berichtigende Auslegung“ des Art. 14 I 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 II. Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 C. Notwendigkeit und Durchführung einer Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik zum umsetzenden Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 I. Darstellung des eigenen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 1. Konsequenzen der Normgeprägtheit des Schutzbereichs des Art. 14 GG für die dogmatische Einordnung des Verwaltungshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 a) Fehlende Eröffnung des Schutzbereichs bei einem durch eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung gedeckten Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

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b) Verletzung des Art. 14 GG durch Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 aa) Überschreiten des gesetzlichen Rahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 (1) Eröffnung des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 (2) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 (3) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 bb) Verfassungswidrigkeit der dem Handeln zugrunde liegenden Inhalts- und Schrankenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 c) Somit: Keine Veränderung im Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung des Verwaltungshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 2. Verdeutlichung am Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 3. Besonderheiten bei normativ eingeräumten Entscheidungsspielräumen . . . . . . 382 a) Und wieder: Kein Unterschied im Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 b) Eröffnung des Schutzbereichs nicht nach Intensität der Beeinträchtigung, sondern allein nach Beeinträchtigung der normativen Zuordnung . . . . . . . . 383 c) Sicherung der eigentumsgrundrechtlichen Gewährleistungsgehalte . . . . . . . 385 aa) Besondere Bedeutung der verfassungsautonomen Bindungen hinsichtlich des Ermessen einräumenden Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . 385 bb) Implementierung der eigentumsgrundrechtlichen Wertungen in das einfache Recht aufgrund der Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie Kontrolle durch das Gebot verfassungskonformer Auslegung . . . . . . . . 386 d) Verfristeter Rechtsschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 e) Zum Ausgangsbeispiel (2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 4. Vergleich zur Schutzbereichsbestimmung bei den anderen Grundrechten . . . . . 391 II. Stellungnahmen zu den anderen Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 1. Zur Verwaltungshandlungen generell als sonstige Eingriffe verstehenden Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 2. Zur Annahme einer fehlenden Zäsur zwischen Gesetz und Vollzugsakt . . . . . . 393 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432

Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen entsprechen dem Gesamtverzeichnis bei Kirchner/Butz, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. A. 2003, sofern im Folgenden nichts anderes angegeben ist. I, II, III etc.

Im Zusammenhang mit dem Datum einer Gerichtsentscheidung: Angabe des Spruchkörpers des erkennenden Gerichts. Ohne Angabe sind Entscheidungen des BGH solche des III. Zivilsenats, des BVerwG solches des IV. Revisionssenats, des BVerfG solche des I. Senats. 1. K/I 1. Kammer des I. Senats (etc.) A. Auflage Abs.-Nr. Absatz-Nummer (der jeweiligen Internetveröffentlichung des BVerfG) abw. M. abweichende Meinung (= Sondervotum) AVR Allgemeines Verwaltungsrecht B/K/L Battis/Krautzberger/Löhr Bau- und PlanR Bau- und Fachplanungsrecht BauR Baurecht Bay. DSchG Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Bayerisches Denkmalschutzgesetz) BayVerf. Verfassung des Freistaates Bayern BeckOK Beckscher Online-Kommentar BGH & Aktenzeichen Entscheidungen des BGH ohne Fundstelle sind http://www.bundes gerichtshof.de entnommen BK Bonner Kommentar zum Grundgesetz BVerfG & Aktenzeichen Entscheidungen des BVerfG ohne Fundstelle sind http://www. bverfg.de entnommen BVR Besonderes Verwaltungsrecht DB Der Betrieb DStJG Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Veröffentlichungen Einf. Einführung EvStL Evangelisches Staatslexikon FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung GrundR Grundrechte HbStR Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland HdbVerfR Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland Hk Handkommentar IPE Handbuch Ius Publicum Europaeum JK JURA Kartei m. N. mit Nachweisen öff. öffentlich ÖffR Öffentliches Recht

Abkürzungsverzeichnis RhPfDenkmSchPflG StaatshaftungsR StaatsR SteuerR UmweltR UrheberR VerfR Vorb. WirtschaftsR WiVwR

Denkmalschutz- und -pflegegesetz Rheinland-Pfalz Staatshaftungsrecht Staatsrecht Steuerrecht Umweltrecht Urheberrecht Verfassungsrecht Vorbemerkungen Wirtschaftsrecht Wirtschaftsverwaltungsrecht

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Einleitung Im 28. Jahr seit dem Nassauskiesungsbeschluss des BVerfG1 stellt sich noch immer die Frage, ob ein auf der Normgeprägtheit des Eigentums beruhendes Verständnis des Art. 14 GG den Anforderungen Stand halten kann, die an ein Freiheit schaffendes Grundrecht gestellt werden müssen. Die Stimmen verstummen nicht, die eben dies bezweifeln2 und um alternative Konzeptionen ringen. Bedarf besteht dazu indes nicht. Im Gegenteil, die Rolle des allein den Eigentumsinhalt bestimmenden Gesetzgebers ist nicht nur zu akzeptieren, sondern zu akzentuieren. Geschieht dies im Gleichschritt mit dem Bemühen, die dem einfachen Gesetzgeber bei der Eigentumsgestaltung obliegenden eigentumsgrundrechtlichen Bindungen herauszuarbeiten, so werden wesentliche Konturen einer widerspruchsfreien und auf gerechten Ausgleich bedachten Eigentumsdogmatik sichtbar. Die hier vorgelegte Akzentuierung darf sich dabei im Wesentlichen als Fortschreibung der Eigentumsdogmatik begreifen, wie sie federführend durch das BVerfG entwickelt wurde. Friktionen, insbesondere aber unterlassene Klärungen durchaus entscheidender Fragestellungen3 sind jedoch auch in der Rechtsprechung des BVerfG auszumachen, und zwar in bedauerlichem Umfang. Die Einschätzung Appels,4 die hier vorgetragenen Lösungsansätze verdankten sich allein der Basis der Eigentumsrechtsprechung, mag man daher als zu optimistisch bewerten.5 Es wird im Folgenden zu klären sein, inwieweit die Allgemeinwohlinteressen, auf die der Gesetzgeber sich zu berufen vermag, aufgrund der Vorschrift des

1 BVerfGE 58, 300, I. Senat, Beschl. v. 15.7.1981. Alle Entscheidungen des BVerfG, die im Folgenden nicht näher gekennzeichnet sind (II = II. Senat, 3. K./I = 3. Kammer des I. Senats etc.), sind solche des I. Senats. 2 Siehe jüngst etwa die Ablehnung der Normgeprägtheit bei Hufen, Staatsrecht II (2007), § 38, Rn. 8 f. Bartlsperger, DVBl. 2003, 1473 (1475) allerdings sieht die aus der „Rechtsgeprägtheit“ resultierenden Probleme und „anfänglichen Unsicherheiten“ als „bewältigt“ an. 3 Als wohl prominentestes Beispiel können die Aussagen des Gerichts zum verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff betrachtet werden. 4 Appel hat ein Verständnis der Eigentumsdogmatik entwickelt, das in den wesentlichen Punkten mit Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), übereinstimmt, siehe hierzu S. 177. 5 Es ist jedenfalls erstaunlich, wie viele unterschiedliche Auffassungen sich jeweils durch die Rechtsprechung des BVerfG bestätigt fühlen bzw. diese zumindest nicht als gegensätzlich begreifen. So auch – letztlich wohl zutreffend die Rechtsprechung als ausschließlichen Ausgangspunkt begreifend – Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 20, was ebenso für die hier vorgelegten Überlegungen gilt.

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Einleitung

Art. 14 II GG zu limitieren sind.6 Einem allzu freien Belieben bei der Eigentumsnormierung wird freilich vor allem dann vorgebeugt, wenn die Strukturen der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung präzisiert werden. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Frage, ob diese Prüfung den Eingriff in schon bestehende „wohlerworbene“7 Rechte von Grundrechtsträgern voraussetzt. Könnte man sich von einer solchen Verengung lösen, so öffnete sich der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitskontrolle ein Anwendungsbereich, dem auch die zukunftsbezogene Gestaltung der Eigentumsordnung unterfiele.8 Die Funktion des Eigentumsbegriffs zu entfalten, ist eine weitere Aufgabe, die sich stellt, will man einen lückenlosen Grundrechtsschutz trotz alleiniger Inhaltsbestimmung durch den Gesetzgeber gewährleisten. Dabei hat sich zu zeigen, ob – wie von einigen gefordert – diesem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff dabei tatsächlich selbst materielle Gehalte zugemessen werden müssen.9 Ist aber erst eine grundrechtsangemessene Steuerung der Eigentumsgestaltung des einfachen Gesetzgebers durch jene Kontrollmechanismen des Art. 14 GG gesichert, so verfügt man über das notwendige eigentumsdogmatische Rüstzeug, die Normgeprägtheit konsequent durchzusetzen, ohne dabei die freiheitssichernde Funktion eines Grundrechts zu vernachlässigen. Althergebrachte Argumentationsfiguren wie etwa die der Baufreiheit10 gehören dann ebenso auf den Prüfstand wie undifferenzierte Behauptungen hinsichtlich prinzipiellen Schutzes der Nutzungen im Schutzbereich des Art. 14 GG.11 Im Bereich des baurechtlichen Bestandsschutzes ist nicht nur festzuhalten, dass auch passiver bzw. subsidiärer Bestandsschutz mit Art. 14 I 2 GG nicht in Einklang zu bringen ist. Hinzu kommt die Darlegung, weshalb die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich sog. Schwarzbauten den Anforderungen der Verfassung nicht genügen.12 Mehr dem Verständnis normgeprägten Eigentumsschutzes, denn einer Änderung des praktischen Ergebnisses dienen Überlegungen zur eigentumsdogmatischen Einordnung des Verwaltungshandelns, die diese Studie beschließen sollen.13 Auf diese Weise soll der Nachweis geführt werden, dass eine sachangemessen schutzintensive und stringente Eigentumsdogmatik auch dann zu entwickeln ist, wenn man die Vorschrift des Art. 14 I 2 GG beim Wort zu nehmen bereit ist.

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Siehe ab S. 181. Zum Begriff „wohlerworben“ siehe schon Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe Kahl (1923), IV. Abschnitt, S. 5, Fn. 1. 8 Siehe ab S. 125. 9 Zum Eigentumsbegriff ab S. 43. 10 Dazu ab S. 255. 11 Siehe ab S. 231. 12 Dazu ab S. 311. 13 Ab S. 356. 7

1. Teil

Grundzüge der Eigentumsdogmatik A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes Die Gewährleistung des Eigentums bezieht sich nach der Rechtsprechung des BVerfG und der herrschenden Lehre allein auf die den Grundrechtsträgern durch die einfachen Gesetze i. S. d. Art. 14 I 2 GG zugeordneten Rechtsverhältnisse.1 Ist man bereit, diese Maßgeblichkeit der einfachrechtlichen Eigentumsordnung als Prämisse anzuerkennen,2 so kann man zwei Formen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung unterscheiden, wenn man die spezifische Wirkungsweise der Verfassungsnorm des Art. 14 GG aufzuzeigen sucht.3 Zunächst schützt die Eigentumsgarantie die konkreten „Eigentumspositionen des Bürgers im jeweils gesetzlich fixierten Rahmen“ gegen Eingriffe der zweiten und dritten Gewalt.4 Darüber hinaus bindet sie den Gesetzgeber, wenn dieser auf die normativ zugeordneten Rechtspositionen zugreift, indem er (in partieller Durchbrechung5 der vom ihm selbst geschaffenen Eigentumsordnung) Enteignungen durchführt oder legitimiert. Doch erschöpft sich Art. 14 GG nicht in dieser Gewährleistung des Eigentums, wie es durch einfachgesetzliche Ausformung konstituiert ist. Schließlich könnte die Eigentumsgarantie nicht mehr guten Grundes ein Freiheitsrecht geheißen werden, wenn Art. 14 GG nicht auch weitergehende Schutzwirkungen hinsichtlich des einfachen Gesetzgebers zeitigte. Insoweit wird im Folgenden auszuführen sein, dass die ranghöhere Verfassung vor allem dadurch autonome Schutzgehalte aufweist, dass dem Gesetzgeber nicht isoliert die Kompetenz zur Inhaltsbestimmung von der Verfassung verliehen wird. Vielmehr zeigt die systematische Auslegung des 1

Nachweise dazu unten S. 27, Fn. 23, sowie S. 30, Fn. 31. Zur Begründung siehe sogleich ab S. 24. 3 Wie hier Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 309, der insoweit von einem „doppelten oder gespaltenem Gewährleistungsgehalt“ spricht. Vgl. ferner noch Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 31 ff. Vgl. ferner Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 123 f. m. w. N. („dualistischer Schutz“). Näher zur angemessenen dogmatischen Erfassung der Gewährleistungsgehalte unten S. 39, Fn. 69; S. 178, Fn. 626. 4 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 309. 5 Begriff bei Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (238), zustimmend Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 V 1 (S. 2223); ferner Roller, NJW 2001, 1003 (1005), a. A. Lege, UTR 2005, 7 (25, Fn. 80, siehe indes auch S. 26 bei und in Fn. 88). 2

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Art. 14 I 2 GG, durch den diese Kompetenz eingeräumt wird, dass deren Reichweite durch verfassungsrechtliche Vorgaben materiell-inhaltlich beschränkt ist.6 Diese grundrechtlichen Vorgaben sind es, die die Inhaltsbestimmung loslösen von der Abhängigkeit vom Gutdünken des einfachen Gesetzgebers hin zur Bindung an konkrete Wertentscheidungen der Verfassung. Ihretwegen erschöpft sich Art. 14 GG keineswegs in einem Eigentumsschutz nach Maßgabe der einfachen Gesetzgebung.7 Darüber hinaus ergeben sich besondere eigentumsgrundrechtliche Bindungen des Gesetzgebers, wenn dessen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen8 als Eingriff in das zuvor rechtmäßig begründete Eigentum aufgefasst werden können.9

I. Zur Begründung der Normgeprägtheit Zu klären ist zunächst, weshalb im Gefolge des BVerfG die These von der Normgeprägtheit des Art. 14 GG vertreten wird. Danach kann Eigentum i. S. d. Art. 14 GG nur vorliegen, wenn einfachrechtliche Gesetze zuvor ein Rechtsverhältnis ausgeformt haben. Insoweit sind also die die Eigentumsordnung ausgestaltenden Gesetze allein konstituierend für den Eigentumsschutz des Art. 14 GG.10 1. Herleitung Die Beantwortung der Frage, was Eigentum i. S. d. grundrechtlichen Gewährleistung ist, wird entscheidend geprägt durch die ausdrücklichen Vorgaben in 6

Vgl. Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 32, 35, 50, 59. Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 308. Vgl. aber auch dens., Rn. 38, mit der Ansicht, das Konzept der Gesetzesabhängigkeit führe zu einem Eigentumsbegriff nach Maßgabe der einfachen Gesetzgebung, sowie zur Zurückweisung S. 84 f. 8 Indem hier und des Öfteren auch im Folgenden von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen gesprochen wird, soll schon vorab durch die Sprachwahl verdeutlicht werden, dass Inhaltsbestimmungen dogmatisch klar von Schrankenbestimmungen unterschieden werden können und sollten. Um des Sprachflusses willen (z. B. bei der „ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung“), um bisweilen nicht durch den ungewohnten Sprachgebrauch abzulenken und angesichts dessen, dass die Begründung erst später gegeben wird, findet weiterhin im Folgenden auch der Ausdruck „Inhalts- und Schrankenbestimmung“ bzw. verkürzend mitunter nur der ebenso gebräuchliche Begriff „Inhaltsbestimmung“ (als Oberbegriff für beide Formen) Verwendung. 9 Zu dieser Frage unten ab S. 216. Auch wenn (Inhalts- bzw.) Schrankenbestimmungen als Eingriff verstanden werden, kann gleichwohl von einem zweigeteilten Garantiegehalt des Art. 14 GG gesprochen werden. Denn es gilt noch immer, dass einerseits Schutz nach Maßgabe derjenigen Gesetze gewährleistet ist, auf deren Grundlage Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG erworben werden kann, anderseits ein spezifischer, davon zu unterscheidender Schutz vor diesem eigentumsgestaltenden Gesetzgeber gesichert ist, sei es nun über die Anwendung von Eingriffsvorstellungen, sei es aufgrund systematischer Eingrenzung der grundsätzlich gewährten Inhaltsbestimmungskompetenz. Näher zu dieser Einordnungsfrage unten S. 40, Fn. 69. 10 Siehe zunächst nur BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981. 7

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Art. 14 I 2 GG.11 Hiernach werden der Inhalt und die Schranken12 des Eigentums durch die Gesetze bestimmt.13 Von anderweitigen Möglichkeiten einer Konstituierung verfassungsrechtlich geschützten Eigentums ist in Art. 14 GG keine Rede. Solange aus sonstigen systematischen Gründen nichts anderes geboten erscheint, sind deshalb aus diesem Schweigen die Konsequenzen zu ziehen: Wenn Gesetze den Inhalt und den Umfang des Eigentums bestimmen, so kann es kein Eigentum i. S. d. Art. 14 GG geben, das nicht zuvor auf der Ebene der (einfachen) Gesetze geschaffen wurde. Ferner wird vorgebracht, dass auch die Berücksichtigung genetischer Gesichtspunkte zu diesem Ergebnis führe. Eine andere Auslegung bedeute daher einen „radikalen Bruch mit dem traditionellen Verständnis des verfassungsgeschützten Eigentums“, sodass dafür sprechende teleologische Erwägungen im besonderen rechtfertigungsbedürftig sind, d. h. entsprechend gewichtig sein müssten.14 Jedenfalls erteilt Art. 14 GG der Vorstellung eine Absage, Eigentum im Sinne des Grundgesetzes könne sich schon aus einer wie auch immer gearteten oder verfestigten faktischen Herrschaftsgewalt einer Person über eine Sache ergeben.15 Der den Schutzbereich des Art. 14 GG prägende Begriff des Eigentums knüpft also nicht an irgendwelche natürlichen, vorrechtlichen oder sozialen Phänomene an.16 Eigen11 Der Normtext darf nicht leichtfertig überspielt werden. Allgemein zur Bedeutung des Wortlauts bei der Auslegung des Grundgesetzes Sachs, in: ders., GG (2007), Einf., Rn. 40 m. w. N. Zur Bedeutung des Wortlauts als Bestandteil der sog. klassischen Auslegungsgesichtspunkte angesichts der oftmals fehlenden Übereinstimmung bezüglich der methodischen Herangehensweise vgl. Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 8. Vgl. speziell zu Art. 14 GG Eschenbach, Eigentum (1996), S. 46 f. m. w. N. Er weist darauf hin, dass die Wortlautauslegung „in der Diskussion so gut wie keine Rolle spielt“ (S. 317), obwohl die begriffliche Unschärfe des Normtextes und das Fehlen einer Legaldefinition auf Verfassungsebene auch sonst für die Grundrechte kennzeichnend sei. Dort werde das jedoch nicht zum Anlass genommen, auf „grammatische Auslegung“ gänzlich zu verzichten. Ähnlich auch Czybulka, Flächen- und Artenschutz (1998), in: Landwirtschaft und Ökologie, S. 139, der darauf hinweist, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren könne, Art. 14 I 2 GG und Art. 14 II GG würden oftmals nicht wirklich gelesen. 12 Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung wird in der Rechtsprechung des BVerfG und Teilen der Literatur nicht getroffen, vgl. Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 55 f. m. w. N. auch zur Gegenansicht; näher dazu unten S. 216 ff. Darauf soll es hier zunächst nicht ankommen. 13 Nach Glöckner, Eigentumsrechtlicher Schutz von Unternehmen (2005), S. 23, 25, sei der Wortlaut entgegen Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 105, nicht entscheidend, da dies nicht hinreichend das „Interesse der Funktionsfähigkeit der Eigentumsgarantie“ berücksichtige. Die Normgeprägtheit, für die als weitere befürwortende Stimmen noch Ehlers und Wendt benannt werden, sei also abzulehnen. 14 Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 63, 17 ff. A. A. Eschenbach, Eigentum (1996), S. 570 ff., unter Bezugnahme auf die Entstehungsgeschichte; vgl. aber die dagegen gerichtete Analyse bei Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 310 ff. 15 Vgl. nur Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 16, 31 ff. m. w. N. 16 Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (214), auf diesen sich beziehend Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 237, Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 33;

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

tum i. S. d. grundrechtlichen Verbürgung setzt vielmehr voraus, dass zunächst der Gesetzgeber durch Gesetze eine rechtliche Beziehung zwischen einem Rechtsgut und einem Rechtsträger geschaffen hat.17 Maßgeblich ist einzig das Vorliegen eines rechtlichen Zuordnungsverhältnisses. Deshalb wird zutreffend von der Normgeprägtheit des Schutzbereichs des Art. 14 GG gesprochen.18

Schoch, Bergwerkseigentum (1995), S. 41; ferner Breuer, NuR 1996, 537 (545); Battis/Gusy, StaatsR (1999), Rn. 513; Herzog, Grundrechte, in: FS Zeidler, Bd. II (1987), S. 1416 ff.; Kraft, BayVBl. 1994, 97 (98); Wahl, NVwZ 1984, 401 (405); vgl. auch BVerfGE 58, 300 (334, 339), Beschl. v. 15.7.1981, sowie Böhmer, NJW 1988, 2561 (2568). In der Habilitationsschrift Fechners, Geistiges Eigentum (1999), S. 121 ff., 155, 201 f., 402 ff. (m. w. N., vgl. aber auch S. 199 und 509) wird demgegenüber diskutiert, ob nicht das Eigentum (der Aufgabenstellung seiner Arbeit entsprechend eingegrenzt auf das „geistige“ Eigentum) als „naturgegeben“, „als vorstaatlich“ anzuerkennen sei (S. 122). Tatsächlich gibt es Stimmen aus der urheberrechtlichen Literatur, die ohne viel Aufhebens „das geistige Eigentum des Urhebers [als] ein naturgegebenes Recht“ verstehen, das in engen Grenzen auf Art. 14 II GG gestützt nachträglich beschränkt werden könne, so Nordemann, in: Fromm/ders./ Vinck/Hertin, UrhG (1998), § 1, Rn. 4 sowie Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 6. A. 1987, S. 74 f., der das Eigentum als „ein vorstaatliches Menschenrecht mit naturrechtlichem Gehalt“ verstanden wissen will; dieser überpositive Gehalt sei dementsprechend auch bei der Gesetzesauslegung zu beachten. Auch nach Fechner könne das Naturrecht „als Autorität“ verstanden werden, „an die alle Gesetzgebung gebunden“ sei. Fechner selbst empfindet die naturrechtlichen Ansätze als „einleuchtend“, allerdings sollten „ergänzende oder überlagernde Begründungen gesucht werden (S. 202). Die „Brisanz des […] Streits um die naturrechtliche Begründung des geistigen Eigentums [habe] indessen unter dem Grundgesetz an Bedeutung verloren“, da sich das Grundgesetz „als eine Maßnahme der Positivierung des Naturrechts verstehen“ ließe (S. 135). Allerdings könne der naturrechtliche Ansatz wohl herangezogen werden, um die Zugehörigkeit geistigen Eigentums zur Institutsgarantie zu begründen (vgl. S. 403 f.). Vgl. ferner zur Annahme eines „vorstaatlichen Charakters“ des Eigentums Richter, Eigentumsbegriff (1971), S. 22, Fn. 1 m. w. N. Jegliches naturrechtliches Verständnis von Eigentum, welches den Anspruch in sich trägt, Rechtswirkungen im Rahmen der Eigentumsdogmatik zu zeitigen, steht der Rechtsprechung des BVerfG und der h. M. eindeutig entgegen. Unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 14 I 2 GG ist diese Auffassung auch sachlich zurückzuweisen. 17 Vgl. zunächst nur BVerfGE 79, 29 (40), Beschl. v. 11.10.1988: „Eigentum ist die Zuordnung eines Rechtsguts zu einem Rechtsträger“ durch den Gesetzgeber; ein Rechtsgut in diesem Sinne darf allerdings nicht rein gegenständlich verstanden werden. 18 Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 10, 270, 283; Stober, Allg. WirtschaftsverwR (2006), § 22 II 1 a (S. 156); Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 11; Jochum/Durner, JuS 2005, 220 (221); Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 11; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 894; Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 611; Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 38 („normgeprägtes Grundrecht“), sowie ders., StaatsR (2007), § 9, Rn. 45; ebenso Dietlein, JuS 1996, 593 (598); ders., Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 I 1 (S. 2127 Fn. 4); V 1 (S. 2222); Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 172 („normgeprägte Regelungsstruktur“ unter Verweis auf Pieroth/Schlink); Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 292, 222; Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 659; ähnlich ders., JZ 1995, 768 (769); ders., Übungen – VerfR (2000), S. 373, 402; Dannert, Eigentumsentziehungen (1998), S. 34, 40; Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte (2006), S. 99 – 101; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 410.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Da die vom Gesetzgeber zunächst vorgenommenen rechtlichen Zuordnungen durch Änderungen der Rechtsordnung umgestaltet werden können,19 ist der konkrete Inhalt dessen, was als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG Schutzgegenstand dieses Grundrechts ist, somit zeitbezogen. Die Erscheinungsformen des Eigentums sind wandelbar.20 2. Zum Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur a) Rechtsprechung In der Judikatur des BVerfG ist das Vorliegen einer gesetzlichen Regelung als Voraussetzung, um eine Position als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG anzuerkennen, nun schon innerhalb einer weit zurückreichenden, ständigen Rechtsprechung im Grundsatz anerkannt. In BVerfGE 95, 64 (82)21 heißt es: Nach Art. 14 I 2 GG wird der Inhalt des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums vom Gesetzgeber bestimmt. Der verfassungsrechtliche Schutz einer Eigentumsposition reicht also nicht weiter als die mit ihr zulässigerweise verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse.

Vor allem jedoch ist in diesem Zusammenhang auf die oft zitierte Formulierung des Nassauskiesungsbeschlusses hinzuweisen:22 Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich […] aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften.

Schon im Deichurteil wurde inhaltlich gleich lautend ausgeführt: „Nur das durch die Gesetze ausgeformte Eigentum bildet den Gegenstand der Eigentumsgarantie und ist verfassungsrechtlich geschützt.“23 Die Rechtsprechung des BVerfG zur Frage der Gegen die „Formel von der ,Normprägung“ Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 36; siehe die ablehnende Stellungnahme hierzu unten ab S. 93. 19 Und mitunter gar – aufgrund der Verhältnismäßigkeitskontrolle – mit der Zeit umgestaltet werden müssen; zur Berücksichtigung des Faktors Zeit siehe unten S. 110 f. 20 Vgl. BVerfGE 58, 300 (336, 350 f.), Beschl. v. 15.7.1981. Zu Missverständnissen und fehlerhaften Auffassungen bezüglich der „Wandelbarkeit“ der Eigentumsgarantie näher unten S. 73 ff. 21 Beschl. v. 15.10.1996. 22 BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981. 23 BVerfGE 24, 367 (396), Urt. v. 18.12.1968, unter Verweis auf BVerfGE 20, 351 (356), Beschl. v. 17.11.1966. Vgl. ferner beispielsweise noch BVerfGE 37, 132 (141), Beschl. v. 23.4.1974; 50, 290 (339 f.), Urt. v. 1.3.1979; 53, 257 (292 f.), Urt. v. 28.2.1980; 58, 81 (109 f.), Beschl. v. 1.7.1981; 70, 101 (110), Beschl. v. 4.6.1985; 72, 9 (22), Beschl. v. 12.2.1986; 74, 203 (214), Beschl. v. 10.2.1987; 75, 78 (97), Beschl. v. 8.4.1987; 76, 220 (238), Beschl. v. 15.7.1987; 81, 29 (33), Beschl. v. 3.10.1989; 90, 226 (236), Beschl. v. 23.3.1994; 91, 294 (308), Beschl. v. 22.11.1994; 95, 48 (58), Beschl. v. 8.10.1996; 95, 267 (300: Bindung an Rechtspositionen),

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Gesetzesabhängigkeit und bezüglich der allgemeinen Wirkungsweise der Eigentumsgarantie entsprach indes nicht von Anbeginn der heutigen Konzeption. Vor allem24 die oftmals zitierte, anfangs verwendete Formulierung, dass Grundgesetz wolle das Eigentum schützen, „so wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt haben“,25 gibt zu Zweifeln Anlass. Danach könnte man Urt. v. 8.4.1997; 100, 1 (37), Urt. v. 28.4.1999; 116, 96 (124 f.), Beschl. v. 13.6.2006; 117, 272 (293), Beschl. v. 27.2.2007. 24 Darüber hinaus sind anfangs (zumindest terminologische) Unsicherheiten hinsichtlich der Frage festzustellen, was die Folge einer Qualifizierung eines Gesetzes als Inhaltsbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 I 2 GG sein soll. Die frühe Rechtsprechung des BVerfG kann nämlich so verstanden werden, dass dort die Qualifizierung einer konkreten Befugnis als Eigentum i. S. d. Art. 14 GG zu einem grundsätzlich nicht mehr angreifbaren Bestandsrecht führt, das dann nur noch im Wege der Enteignung unter den Voraussetzungen des Art. 14 III GG beschnitten werden kann, siehe etwa BVerfGE 2, 380 (402), Urt. v. 1.7.1953. Um nicht hinnehmbare Zementierungen von gewissen Besitzständen zu vermeiden, differenzierte man auch zwischen einem unantastbaren Kern des Eigentumsrechtes und den wandelbaren bloßen „Modalitäten“; siehe beispielsweise BVerfGE 22, 241 II (253), Beschl. v. 19.7.1967; 16, 94 II (112 f.), Beschl. v. 7.5.1963; 11, 221 (229 f.), Beschl. v. 21.6.1960. Vgl. auch die alte Rechtsprechung kritisierend Rupp-v. Brünneck, BVerfGE 32, 111, 129 (142 f.), abw. M. zum Beschl. v. 20.10.1971, im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber nicht schon durch die Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung blockiert sei, es vielmehr „Abstufungen innerhalb des Eigentumsschutzes“ (Hervorhebung im Original, dort m. w. N.) bedürfe. Nach heutigen Verständnis des BVerfG führt die Qualifikation einer Rechtsposition als Eigentum i. S. d. Art. 14 GG dazu, dass sie grundsätzlich vollumfänglich geschützt ist. Die konkrete Reichweite des grundrechtlichen Schutzes ergibt sich gerade aus diesen „Modalitäten“ aller als Eigentum qualifizierten Regelungen. Zu einer Zementierung führt dieses Verständnis gleichwohl nicht, da innerhalb des durch die Verfassung gesteckten Rahmens Änderungen in Ausübung der durch Art. 14 I 2 GG gewährten Kompetenz sehr wohl möglich sind. Zur Verwendung der Formulierung vom Kernbereich in späteren Entscheidungen vgl. unten S. 106 in und bei Fn. 335. 25 BVerfGE 1, 264 (278), Urt. v. 30.4.1952; 2, 380 (402), Urt. v. 1.7.1953; 4, 219 (240), Beschl. v. 21.7.1955; 11, 64 (70), Beschl. v. 4.5.1960; danach wurde diese Formulierung durch den die Grundsätze des BVerfG bezüglich der Eigentumsgarantie maßgeblich bestimmenden I. Senat nicht mehr benutzt (siehe indes bei Nierhaus, AöR 116 (1991), 72 (99), sowie Eschenbach, Eigentum (1996), S. 230, die Erwähnung von BVerfGE 14, 263 (278), Urt. v. 7.8.1962; dort ist aber nur noch die Rede von der „grundlegende[n] Wertentscheidung des Grundgesetzes zugunsten des Privateigentums im herkömmlichen Sinne“ im Zusammenhang mit der Erläuterung gerade der aus Art. 14 I 2 GG folgenden Regelungskompetenz des Gesetzgebers; nicht überzeugend ist ferner der Verweis auf den in BVerfGE „45, 272 ff.“ (zu Art. 14 GG vgl. S. 296 f.) abgedruckten Beschluss des II. Senats vom 21.6.1977 bei Stober, Allg. WirtschaftsverwR (2006), § 22 II 2 a (S. 160)). Der II. Senat zog diese Formulierung weiterhin in BVerfGE 19, 354 II (370), Beschl. v. 11.1.1966, heran, um einen seiner Ansicht nach „im allgemeinen“ gegebenen Ausschluss öffentlich-rechtlicher Ansprüche aus dem Eigentumsschutz zu begründen (vgl. dazu die nächste Fußnote). Vielfach zitiert wird ferner noch BVerfGE 28, 119 II (142), Beschl. v. 18.3.1970, doch handelt es sich dabei um eine nicht entscheidungserhebliche Verwendung durch den II. Senat, bei der selbst der Bezug zum behandelten Sachverhalt fraglich bleibt. Der II. Senat des BVerfG benutzt diese Wendung des Weiteren noch einmal in einem Beschluss vom 19.10.1983 (BVerfGE 65, 196 (209)); kurz darauf heißt es jedoch: „Die ver-

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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meinen, nicht erst der Gesetzgeber sei es, der das Eigentum konstitutiv schaffe. Vielmehr könnte schon mit Hilfe eines direkten Durchgriffs auf das schließlich schon existente bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen ermittelt werden, was Eigentum i. S. d. Verfassung sei.26 Dies kann aber dahinstehen, denn jedenfalls hat sich das BVerfG von dieser Formel in seiner weiteren Rechtsprechung abgewandt und in der Sache klargestellt, dass es nur der Gesetzgeber selbst ist, der den Inhalt des Eigentums i. S. d. Art. 14 GG bestimmt und nicht etwa ein durch das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geprägter und schon feststehender Eigentumsbegriff dieser Tätigkeit vorausliegt.27 Seit dem Nassauskiesungsbeschluss vom 15.7.198128 haben sich dem auch die übrigen Gerichte angeschlossen.29 fassungsrechtliche Gewährleistung besteht hinsichtlich der durch die Rechtsordnung anerkannten einzelnen Vermögensrechte (vgl. BVerfGE 51, 193 (218), Beschl. v. 22.5.1979).“ Deshalb wird auch hierdurch keine von der neueren Ansicht des I. Senats abweichende Auffassung zum Ausdruck gebracht; vgl. auch Schmidt-Aßmann, Grundeigentum und Richterrecht, in: FS Heidelberg (1986), S. 114 („wohl eher beiläufige Bemerkung“), dagegen als Abweichung qualifiziert bei Jauernig, in: ders., BGB (2007), Vor § 903, Rn. 13, wohl auch Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 120. Unter Berufung auf diesen Beschluss stellen R. Schmidt/Bauer, Grundgesetz und Wirtschaft, in: R. Schmidt, Öff. WirtschaftsR – AT (1990), § 4 I b aa (S. 131, Fn. 294) fest, diese Formulierung finde sich „vereinzelt auch in jüngerer Zeit“; siehe ferner, sich auch auf diesen Beschluss berufend, Klawonn, Eigentumsgewährleistung als Grenze der Besteuerung (2007), S. 30 f., S. 32, wonach dies gar noch immer „ständig[e] Rechtsprechung“ sei. Die Formel als sachlich zutreffend befürwortend Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 42, vgl. auch Rn. 32; vgl. ferner Leisner, wiedergegeben unten S. 80, Fn. 219; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/ders./Hopfauf, GG (2008), Art. 14, Rn. 9; Scholz, Ausgestaltung des Eigentums, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2006/II, S. 15. 26 Fraglich ist jedoch, ob und inwieweit mit dieser Formel nur die Frage nach der Einbeziehung von im öffentlichen Recht begründeten Rechten geklärt (vgl. zu dieser Abgrenzungsfrage im Allgemeinen die auch heute noch verwendete Formel: „Wesentliches Merkmal des Eigentums im Sinne von Art. 14 GG ist, dass ein vermögenswertes Recht dem Berechtigten ebenso ausschließlich wie Sacheigentum zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet ist“ (BVerfGE 89, 1 (6), Beschl. v. 26.5.1993)), nicht aber eine Aussage auf einen dem einfachen Gesetzgeber vorgegebenen materiellen Inhalt des Eigentumsbegriffs getroffen werden sollte. In diesem Sinne sieht Böhmer, NJW 1988, 2561 (2567), die von der Literatur der Formel beigemessene Deutung in Richtung eines allgemeinen Verweises auf den materiellen Gehalt des § 903 BGB als nicht gerechtfertigt an. So auch Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 88 ff. Vgl. insoweit allerdings mit eingehender Analyse, auch hinsichtlich Böhmers Bedenken hinsichtlich dieser Formel, Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 118 – 120. 27 So heißt es in BVerfGE 20, 351 (355), Beschl. v. 17.11.1966: „Da es keinen ,absoluten Begriff des Eigentums gibt, ist es Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Art. 14 I 2 GG). Er orientiert sich dabei an den gesellschaftlichen Anschauungen seiner Zeit“ (vgl. auch BVerfGE 24, 367 (389), Urt. v. 18.12.1968). Dabei ist die zitierte Formulierung vielsagend, als die Wendung von den gesellschaftlichen Anschauungen explizit aufgegriffen wird und es kaum als Nachlässigkeit gedeutet werden kann, dass diese nunmehr nicht mehr in missverständlichem Sinne angewandt wurde. 28 BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

b) Literatur Auch in der Literatur hat der Nassauskiesungsbeschluss dazu geführt, dass sich die Anerkennung der Gesetzesabhängigkeit des Eigentums i. S. d. Art. 14 GG nunmehr30 als herrschende Meinung durchgesetzt hat –31 zumindest dem Grundsatz nach. 29 Vgl. statt vieler BVerwGE 106, 228 (234), IV, Urt. v. 12. 3. 1998 (alle im Folgenden herangezogenen Entscheidungen des BVerwG sind solche des IV. Revisionssenats, sofern nicht anders gekennzeichnet); die Befugnisse des Gesetzgebers betonend siehe auch BGHZ 141, 319 (324 f.), III, Urt. v. 6.5.1999 (alle im Folgenden herangezogenen Entscheidungen des BGH sind solche des III. Zivilsenats, sofern nicht anders gekennzeichnet). Hierbei gilt das sogleich im Text zur Literatur angemerkte nicht weniger: Die grundsätzliche Akzeptanz der Rechtsprechung des BVerfG führt nicht immer dazu, dass die notwendigen Folgerungen im zu entscheidenden Einzelfall gezogen werden. 30 Zur Darstellung und Kritik einiger zuvor vertretener gegensätzlicher Auffassungen vgl. etwa Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur (1983), S. 15 f. 31 U. a. Albrod, Entschädigungsbedürftigkeit nach Art. 14 I 1, 2 GG (1995), S. 58 f.; Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 88 f.; Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 84; Bassenge, in: Palandt, BGB (2008), Überbl. v. § 903, Rn. 2; Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 132 f.; Böckenförde, Eigentum, in: Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft (1972), S. 216; Böhmer, Grundfragen, in: Baur, Eigentum (1989), S. 75; ders., NJW 1988, 2561 (2571, 2573); ders., AgrarR 1984, Beilage I, 2 (12); ders., Der Staat 1985, 157 (197); Bohn, Zeitlich begrenzte bauliche Nutzungsrechte (2003) S. 98, 102 ff.; Breuer, NuR 1996, 537 (545); ders., Aussprache, VVDStRL 51 (1992), 319 f.; Bull/Mehde, AVR (2005), Rn. 1183; Bumke, Grundrechtsvorbehalt (1998), S. 183; ders., NJ 1999, 235 (235 f.); Burgi, NVwZ 1994, 527 (529); Cremer, Eigentumsschutz, in: EMRK/GG (2006), Kap. 22, Rn. 35; Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 I 1 (S. 2126 – 2128); Dolde, Eigentumsdogmatik des BVerwG, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 308; Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte (2000), S. 193; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 410; Finkelnburg, in: Finkelnburg/Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 4 I 2 a (S. 19); Gallwas, GrundR (1995), Rn. 540 f.; Grabe, BauR 1999, 1419 (1420); Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 120 f., 270; Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 96 f., 136 f.; Jochum/Durner, JuS 2005, 320 (ebd.); Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, BauR (2004), § 2, Rn. 42; Kazemi/Anders, MMR 2004, 287 (291); Kraft, BayVBl. 1994, 97 (98); Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen (1998), Rn. 34; Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 31 („einhellige Auffassung“); Kutschera, Bestandsschutz (1990), S. 26; Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 86 ff.; Mampel, NJW 1999, 975 (975); Manssen, StaatsR (1995), Rn. 406; Moritz, JURA 1987, 643 (643); Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 25, 28, 127; M. Müller, in: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VwR I (2007), § 33, Rn. 50; Ramsauer, Faktische Beeinträchtigungen (1980), S. 35 f., 143; Roßnagel, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit, in: ders./Roller, Beendigung der Kernenergienutzung (1998), S. 32; Runkel, in: BauGB, E/Z/B/K, Vorb §§ 85 – 122 (Bearb. 1994), Rn. 22 f.; Sachs, JuS 1999, 491 (492); ders., GrundR (2003), B 14, Rn. 4; Schmehl, DVBl. 1999, 19 (21); Schmidt-Aßmann, Städtebauliche Umlegung (1996), S. 50 f.; weniger strikt jedoch ders., Grundeigentum und Richterrecht, in: FS Heidelberg (1986), S. 112 f., 135; Schoch, JZ 1995, 768 (769 „sattsam bekannt“); Schulte, VerwArch 77 (1986), 372 (373); Schwerdtfeger, JuS 1983, 104 (106); wohl auch Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 611 (vgl. aber auch Rn. 609); Sproll, in: Windthorst/Sproll, StaatshaftungsR (1994), § 13, Rn. 7, § 15, Rn. 2; Stober, Allg. WirtschaftsverwR (2006), § 22 II 1 a (S. 156), § 22 III 1 (S. 161); Wahl, Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 255 f.; ders., NVwZ 1984, 401 (405); Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (75); Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 38, 25; Weiß, BayVBl. 2000, 417 (418, siehe auch 420); Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31,

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Gleichwohl halten einige Stimmen in der Literatur an der Ansicht fest, Eigentum sei zumindest stellenweise konstitutiv durch die Verfassung selbst bestimmt; es sei also ohne Rückgriff auf das einfache Recht auffindbar.32 Der Nachweis, dass die Erreichung eines einem Grundrecht angemessenen Schutzniveaus dazu führen müsste, neben der ausdrücklichen Regelung des Art. 14 I 2 GG noch ungeschriebenes verfassungsunmittelbares Eigentum anzuerkennen, wurde bislang jedoch nicht erbracht. Zu nennen ist insoweit vor allem die Konzeption Leisners, die die Gesetzesabhängigkeit des Eigentumsschutzes bestreitet.33 Hiernach existiere sehr wohl ein verfassungsrechtlicher Schutz unabhängig von der gesetzlichen Ausprägung. Sog. „natürlich abgegrenzte Güter“ seien unmittelbar als Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinne zu qualifizieren. Nur wenn es an dieser Abgrenzbarkeit fehle, könne der Gesetzgeber ausnahmsweise den Inhalt des Eigentums bestimmen. Dies geschehe jedoch nur insoweit, als es ausformender rechtlicher Regelungen noch zwingend bedarf (etwa aus Gründen der besseren Verfügbarkeit der Güter im Rechtsverkehr). Das gelte insbesondere für die Immaterialgüterrechte. Soweit die „Eigentumsfähigkeit“ jedoch schon „natürlich“ feststehe, sei die Tätigkeit des Gesetzgeber nicht (konstitutive) Inhaltsbestimmung, sondern eine bloße Schrankenziehung. Das Gesetz sei also „Schranke, nicht Ursprung der Freiheit“.34 Verständlich wird diese Konzeption Leisners nur dann, wenn man sie vor dem Hintergrund des in seinen zahlreichen Arbeiten zu Art. 14 GG zum Ausdruck kommenden Vorverständnisses betrachtet. Sein Wirken im Zusammenhang mit der EigenRn. 2 – 5; Zippelius, in: Maunz/ders., StaatsR (30. A. 1998), § 28 II 2 (S. 246 f.); Zühlsdorff, ThürVBl. 2001, 25 (28). 32 Vgl. neben den sogleich genannten Stimmen ferner Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 740 f. Dort heißt es zwar, das Eigentum sei „ein Institut des positiven Rechts“, die „Ausformung durch das positive Recht [sei] unausweichlich“. Andererseits finden sich Formulierungen, die dem die Gesetzesabhängigkeit ablehnenden Konzept Eschenbachs entsprechen (vgl. dens., Eigentum (1996), S. 547 ff., vgl. ablehnend zur Grundlegung dieses Ansatzes unten ab S. 167; auch Bumke, NJ 1999, 235 (236, Fn. 11), geht davon aus, dass Ipsen der Konzeption Eschenbachs gefolgt sei), denn bei Ipsen heißt es auch: „Das Schutzgut des Art. 14 GG ist im Wesentlichen durch das positive Recht geprägt“ (Rn. 740; Hervorhebung nicht im Original), die vermögenswerten Rechte würden entgegen anderslautenden Auffassungen „nicht in einem Schöpfungsakt von rechtlicher Souveränität“ erschaffen, vielmehr werde lediglich der wirtschaftlichen die rechtliche Anerkennung hinzugefügt (Rn. 741), siehe auch dens., AVR (2007), Rn. 1370, unter Verweis auf Eschenbach, Eigentum (1996), S. 558 ff., so auch in StaatsR II (2008), Rn. 741. Siehe insbesondere Ipsen, Besteuerung und Eigentum, in: FS Badura (2004), S. 210 f., wo explizit die Position Eschenbachs vertreten wird. 33 So zumindest in: Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 66 ff.; anders etwa in BB 1992, 73 (76 bei und in Fn. 52), wobei er dort aber darum ringt, „eigentümerfreundliche“ Forderungen in der Praxis durchzusetzen, was bei grundsätzlicher Anerkennung der h. M. nun einmal besser zu erreichen ist. Vgl. auch dens., in: Grundlage der Freiheit (1994), S. 12 f. (auch in: Gesammelte Schriften (1996), S. 26), wo er seine Auffassung andeutet und zugleich vorträgt, das BVerfG habe einen „verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff“ zur Überprüfung der gesetzgeberischen Inhaltsbestimmung entwickelt. Insoweit könnten „verfassungsgeschützte Eigentumspositionen […] erst nach Maßgabe der Gesetze entstehen“. 34 Leisner, Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 64.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

tumsgarantie ist im Besonderen von dem Anliegen beseelt, die Freiheit der Menschen durch größtmöglichen Schutz vor staatlicher Bevormundung zu sichern („Wer Eigentum nimmt, nimmt Freiheit“)35. Dem einfachen Gesetzgeber als Teil der den Bürger potentiell bedrohenden öffentlichen Gewalt darf nach Leisner nicht eine so entscheidende Rolle zugesprochen werden, wie dies in der Vorstellung des das Eigentum konstitutiv bestimmenden Gesetzgebers zum Ausdruck kommt. Überzeugend ist dies gleichwohl nicht. Zunächst sind seine Einwürfe unbegründet, die sich gegen all diejenigen Konzeptionen wenden, die dem Gesetzgeber die gesamte Inhaltsbestimmung des Schutzbereichs des Eigentums zusprechen. Sein Vorwurf, es fehle dann an verfassungsunmittelbarem Schutz,36 trifft nicht zu. Aus der grundsätzlichen Anerkennung des Inhaltsbestimmungsrechts des Gesetzgebers lässt sich nun einmal nicht der Rückschluss ziehen, es mache dann „gar keinen Sinn“ mehr zu prüfen, ob dieser Kompetenz nicht verfassungsrechtliche Schranken gezogen sind. Weshalb schon die bloße Anerkennung der dem Gesetzgeber durch Art. 14 I 2 GG zugewiesenen Rolle zu einer Verkürzung des durch die Verfassung selbst gewährten Schutzgehaltes führen soll, vermag Leisner nicht nachzuweisen.37 Zwar wirkt die Eigentumsgarantie nur negativ regulierend durch die verfassungsautonome Einschränkung der grundsätzlich gewährten Kompetenzen.38 Doch bedeutet dies schließlich nicht, dass solch eine Kontrollfunk35 Leisner, Gesammelte Schriften (1996), S. 23 (1994), vgl. hierzu zusammenfassend das Vorwort Isensees zu Leisner, Gesammelte Schriften, 1996, S. V ff. 36 Leisner, Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 63; vgl. auch Leisner, Gesammelte Schriften (1996), S. 421 f. (1993); S. 25 f. (1994). 37 Ebenso gilt dies für die Ansicht Depenheuers, die h. M. gerate in eine „uneinholbare Abhängigkeit vom Gesetz“ (Depenheuer, Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 289) und verstehe die Ausgestaltung der Eigentumsordnung unter Ausblendung der Verfassung „allein und ausschließlich [als] Aufgabe des einfachen – privaten und öffentlichen – Gesetzesrechts“ (ebd. S. 286). Siehe zur Auffassung Depenheuers S. 87 ff. 38 Die darüber hinausgehende Problematik, inwieweit der Gesetzgeber verpflichtet ist, beispielsweise aufgrund der sog. Institutsgarantie neues Eigentum zu schaffen, wird hier nicht näher dargestellt, vgl. dazu Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 215 m. w. N., mit der sehr weitgehenden, den Eigentumsbegriff dabei missverstehenden (vgl. unten S. 81 ff.) Formulierung: „Entspricht eine gesetzliche Regelung nicht dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff oder bleibt sie umfangmäßig hinter diesem zurück, so folgt aus der Institutsgarantie die Pflicht des Gesetzgebers, eine entsprechende Regelung zu erlassen“ (unter Verweis auf Engel, AöR 118 (1993), 169 (197), Hervorhebung schon im Original). Ausführlich ferner Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 331 ff.; siehe auch Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 99 f. m. w. N.; vgl. des Weiteren die Nachweise S. 234, Fn. 9. Zur Frage, inwieweit der Betroffene auch ohne subjektive Betroffenheit sich gegenüber dem Gesetzgeber auf (solche) objektivrechtliche Anforderungen aus der Eigentumsgarantie berufen kann, siehe detailliert Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 220 ff. (auf Art. 2 I GG abstellend), sowie Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 1 (S. 2176 f.) die Einklagbarkeit von Ansprüchen bejahend, die auf der objektiv wirkenden Institutsgarantie beruhen; m. w. N. auch Beyer, ibid., S. 100. Allgemein zur Geltendmachung objektivrechtlicher Grundrechtsgehalte Böckenförde, Der Staat 20 (1990), 1 (14 ff.).

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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tion nicht ein schlagkräftiges Instrument zur Sicherung der vermögensrechtlichen Freiheit des Einzelnen sein kann.39 Weiterhin verbleiben Begründungsdefizite hinsichtlich der Vereinbarkeit solcher Aussagen mit dem Wortlaut des Art. 14 I 2 GG40 und bezüglich der Bestimmbarkeit eines „natürlich“ vorgegebenen Eigentumsinhaltes, ganz zu schweigen von der Praktikabilität einer solchen Auffassung.41 Die Rezeption der Ansicht Leisners hat zu keiner durchgreifenden Klärung der soeben aufgeführten Fragen geführt.42 Auch Leisner selbst greift sein Gegenkonzept in 39 Es mag leichter begründbar sein, dem Gesetzgeber Schranken zu setzen, wenn man von einem vorgegebenen verfassungsunmittelbaren Eigentumsinhalt ausgehen könnte. Darüber und auch über einen Vergleich des jeweiligen Schutzniveaus der unterschiedlichen Konzeptionen könnte man mit Recht streiten. Das steht hier indes nicht in Frage. Vielmehr geht es einzig darum, dass Leisner seinen Vorwurf nicht hinreichend zu begründen vermag, allein aufgrund der konzeptionellen Anerkennung des Inhaltsbestimmungsrechts sei schon kein ausreichender Schutz mehr zu erlangen. 40 Wohl kaum ausreichend der entstehungsgeschichtliche Erklärungsversuch in: Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 71. 41 Vgl. auch Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 12. Nur eine von vielen Folgefragen bei Anerkennung verfassungsunmittelbarer Inhaltskonstituierung ist es, ob nicht die Kompetenzen des BVerfG dann zwangsläufig sachwidrig zu Lasten der Fachgerichtsbarkeit ausgedehnt würden; vgl. zur jetzigen Handhabung die Nachweise S. 249, Fn. 73. 42 Unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 110 ff. jetzt kritisch Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 I 1 (S. 2127, Fn. 5); ferner Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 38 ff. – Darstellung – sowie (implizite) Zurückweisung S. 41 ff. Kurze Inbezugnahme auf die Ansicht Leisners bei Engel, AöR 118 (1993), 169 (198); Lee, Eigentumsgarantie (1994), S. 32; Nußberger, DÖV 2006, 454 (457); vgl. ähnlich auch Klawonn, Eigentumsgewährleistung als Grenze der Besteuerung (2007), S. 17 ff. Kritiklose Übernahme ferner bei Schmalz, GrundR (2001), Rn. 880 f.; Nierhaus, AöR 116 (1991), 72 (101); Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 57 – 60; Hinweis ferner bei Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 41 (Fn 128), 144, 229. Globale Kennzeichnung als abweichende Auffassung bei Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 14, Fn. 53; als „wohl“ a. A. „zumindest für Teilbereiche“ bezüglich der fehlenden vorgebenen Konstituierung des Eigentumsbegriffs wird Leisner noch bei Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 115, Fn. 52 erwähnt. Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 5, bezeichnet die Auffassung Leisners als „grundsätzlich unberührt“ von der neueren Eigentumsdogmatik des BVerfG. Viel Lob und Anerkennung erfahren Leisners Auffassungen in seiner Festschrift (Freiheit und Eigentum, 1999). Allerdings ist es wohl unzutreffend, wenn Burmeister, Grundrechtsschutz des Eigentums, in: FS Leisner (1999), S. 660, davon ausgeht, die Abhandlung Leisners im HbStR stehe „nicht im Kontrast mit der konzeptionellen Positionsbestimmung des BVerfG“ und unterscheide sich auch „nicht im Wesensverständnis des Eigentums und den Grundstrukturen der Inhalts- und Schrankendogmatik“, wie sie sich zeige in der Kommentierung des Art. 14 GG durch Wieland (Dreier, GG, 1996) u. a. Allein die Gedanken Leisners zur Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie zeigen, dass man ihm Unrecht täte, wollte man sein grundlegend abweichendes, alternatives Verständnis des Art. 14 GG als bloß „kompromißlosere“ (so Burmeister) Fortführung der herrschenden Eigentumsdogmatik begreifen. Hingewiesen sei an dieser Stelle noch auf die den Rahmen tradierten Eigentumsverständnisses übersteigenden Ausführungen Burmeisters zum Grundrechtsschutz des Eigentums außerhalb der Eigentumsgarantie (FS Leisner (1999), S. 658 ff.), der u. a. auch die Normge-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

späteren Aufsätzen nicht mehr explizit auf („verfassungsgeschützte Eigentumspositionen können zwar erst nach Maßgabe der Gesetze entstehen“)43 und beschränkt sich darauf zu betonen, dass der Gesetzgeber nicht frei sei in seiner Gestaltungsmacht, sondern sich an der „Richtschnur des Art. 14 GG“ messen lassen müsse. Das wird jedoch von niemandem – zumindest nicht von der herrschenden Eigentumsdogmatik – bestritten. Auf weitere die Gesetzesabhängigkeit des Eigentumsschutzes bestreitende Auffassungen ist an anderer Stelle zurückzukommen.44 3. Angemessenheit dieser Gesetzesabhängigkeit Das Verständnis der Normgeprägtheit, wie es oben hergeleitet wurde und so auch von der herrschenden Meinung im Grundsatz vertreten wird, erweist sich zudem als ein sachangemessenes Modell, das sich der der Verfassungsgeber zu eigen gemacht hat. Anders als es die ablehnenden Ansichten suggerieren, führt die Anerkennung der in Art. 14 I 2 GG angelegten Angewiesenheit auf die einfachgesetzliche Ausgestaltung zu keinen untragbaren Folgen. Die Ausgestaltung des Eigentums hat schließlich nicht bloß den Interessen des Rechtsinhabers gerecht werden. Vielmehr wird der eigentumsgestaltende Gesetzgeber im Vergleich zu anderen Grundrechten in quantitativ und qualitativ gesteigerter Form mit entgegenstehenden Belangen der Allgemein-

prägtheit des Art. 14 GG (zumindest bezüglich wesentlicher Teile der Eigentumsordnung) nicht anzuerkennen bereit ist. 43 Leisner, in: Grundlage der Freiheit (1994), S. 12 f. (auch in: Gesammelte Schriften (1996), S. 26), unter der Überschrift des „verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs“; dort wird auch darauf hingewiesen, dass die Verfassung nur den Eigentumsrahmen schaffe, den der Gesetzgeber dann ausgestalte. Einzig in der Redewendung von den „an sich eigentumsfähigen Gütern“ klingt der Rückbezug auf die im HbStR gemachten Ausführungen deutlich an. 44 Siehe zu Hufen, StaatsR II (2007), § 38, Rn. 8, unten S. 44, Fn. 86. Siehe zu Engel, AöR 118 (1993), 169 (193 ff.), unten ab S. 86; zu Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), unten ab S. 167 und S. 250; zu Eschenbach, Eigentum (1996), der in seiner umfangreichen Arbeit das „Grundübel“ der gesamten Eigentumsproblematik in der Anerkennung der Gesetzesabhängigkeit des Schutzbereichs des Art. 14 GG sieht (S. 547 ff. und an vielen Stellen mehr, vgl. insoweit auch die Rezension Schmitt-Kammlers in NVwZ 1998, 44), ab S. 167 in Zurückweisung seiner Zentralthese, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz könne bei Anerkennung der Gesetzesgeprägtheit nicht greifen; zur zivilrechtlichen Literatur, soweit sie noch immer in überkommener Denkweise die Gesetzesabhängigkeit bestreitet, unten ab S. 84; zur Gegenposition von Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), vgl. Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 248, Fn. 1163. Hier nicht eigens behandelt wird die auf der sog. Prinzipientheorie beruhende Gegenkonzeption in der Habilitation von Sieckmann (Modelle des Eigentumsschutzes, 1998; ferner in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000)); vgl. jedoch zum Eigentumsbegriff Grochtmann, ibid., S. 247 f. Ibler, AcP 197 (1997), 565 (567 ff.) bezeichnet zwar die Tätigkeit des Gesetzgebers als bloße „Mitgestaltung“. Die hinzutretende Mitgestaltung durch die höherrangige Verfassungsnorm des Art. 14 GG selbst wird in der Sache jedoch allein in der Aufstellung verfassungsrechtlicher Vorgaben für die eigentliche Ausgestaltung durch den einfachen Gesetzgeber gesehen (vgl. etwa S. 567), sodass i. E. kein abweichendes Verständnis vertreten wird.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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heit konfrontiert.45 Betrachtet man beispielhaft die Verflechtung von Umweltbelangen und Eigentümerinteressen, so wird deutlich, dass darüber hinaus mitunter äußerst komplexe und mit fortschreitender Zeit und gesellschaftlicher Entwicklung sich verändernde Problemstrukturen zu bewältigen sind.46 Auch und gerade dadurch bedingt wäre ein abweichendes Konzept, nach welchem die inhaltliche Fixierung des Eigentums schon auf der Ebene des Grundgesetzes stattfände, nur schwer vorstellbar.47 Das BVerfG48 und ihm folgend einige Literaturstimmen49 sehen es gar als unumgänglich 45 Siehe Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 143 ff.; Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 86. 46 Vgl. nur Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (213). 47 Vgl. auch die Argumentation von Gallwas, GrundR (1995), Rn. 529 ff., der auf das Aufeinanderprallen der gegenseitigen Interessen abstellt: Wegen der Drittrichtung des Eigentums gegen andere Rechtsträger unterscheide es sich „grundlegend von einem primär gegen den Staat gerichteten Freiheitsrecht“. Deswegen könne es auch keinen verfassungsunmittelbaren Vorrang der Eigentümerfreiheit geben, der „stets zu Lasten der Freiheit eines anderen“ wirkte. Vielmehr sei deshalb sachgerecht im Grundgesetz die konstituierende und ausgleichende Ausgestaltung des Eigentums durch den Gesetzgeber vorgesehen. 48 BVerfGE 58, 300 (330), Beschl. v. 15.7.1981: „Das Eigentum als Zuordnung eines Rechtsgutes an einen Rechtsträger bedarf, um im Rechtsleben praktikabel zu sein, notwendigerweise der rechtlichen Ausformung“ (Hervorhebung nicht im Original); ebenso BVerfGE 79, 29 (40), Beschl. v. 11.10.1988; tendenziell schon BVerfGE 14, 263 (277), Urt. v. 7.8.1962; die Notwendigkeit der vorgängigen Ausgestaltung durch den Gesetzgeber war ebenso mit der älteren (unglücklich gewählten, dazu unten S. 70 bei Fn. 179) Formulierung gemeint, es gäbe keinen „vorgegebenen und absoluten Begriff des Eigentums“, vgl. etwa BVerfGE 31, 229 (240), Beschl. v. 7.7.1971. 49 Böhmer, Grundfragen, in: Baur, Eigentum (1989), S. 75, ders., NJW 1988, 2561 (2573); ders., AgrarR 1984, Beilage I, 2 (12); Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, BauR (2004), § 2, Rn. 48; Thormann, Sozialbindung (1996), S. 138 f., m. w. N.; Breuer, Bodennutzung (1976), S. 19 m. w. N. auf sehr frühe Literaturstimmen; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 50 m. w. N. Vgl. allgemein zur Nicht-Normierbarkeit bestimmter Wirkungszusammenhänge durch die Verfassung Hesse, VerfR (1995), Rn. 19 ff. Vgl. m. w. N. und a. A. zum „Praktikabilitätsargument“ des BVerfG Eschenbach, Eigentum (1996), S. 548 ff. Dieser beruft sich darauf, dass schon jetzt vermögenswerte Rechte des Privatrechts unvorhersehbar in freier Gestaltung durch Privatrechtssubjekte entstehen können, ohne dass es einer gesetzlichen Konturierung bedurft hätte. Das Erfordernis einer rechtlichen Regelung besagt aber nicht, dass jedwedes Recht detailgenau durch Gesetze vorgegeben werden muss. Die Entscheidung, wieweit die rechtlichen Vorgaben (zwingender Natur) reichen, verbleibt nämlich immer dem – dabei durch Art. 14 GG gebundenen – Gesetzgeber. § 311 I BGB, der für weite Bereiche im Gegensatz zu den sachenrechtlichen Bindungen grundsätzlich Gestaltungsfreiheit gewährt, ist insoweit eben nicht nur „deklaratorisch“, wie Eschenbach formuliert, sondern gewährt diese umfassende Freiheit nur aufgrund der konstitutiven Entscheidung durch die einfache Rechtsordnung (wobei die prinzipielle Verwehrung der Privatautonomie jedoch gegen die Verfassung verstieße). Vgl. zur Bedeutung der normativen Konstituierung auch Albrod, Entschädigungsbedürftigkeit nach Art. 14 I 1, 2 GG (1995), S. 66 f. Wie hier ferner Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 91; Vgl. auch die Begründung der Notwendigkeit rechtlicher Normierung trotz (verfehlter) Annahme eines materiell-eigenständigen Eigentumsbegriffs bei Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 29 – 33. Vgl. im Sinne Eschenbachs auch Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 357 ff.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

an, dass nur der Gesetzgeber dazu in der Lage ist, den Inhalt des Eigentums zu gestalten. Ferner stellt sich die Frage, ob eine Eigentumskonstituierung ohne das Erfordernis rechtlicher Anerkennung nicht zu einer Verfestigung bloß faktischer Herrschaftsverhältnisse führen müsste, die einer rechtsstaatlichen Eigentumsordnung zuwiderliefe.50 Somit ist es zumindest gut nachvollziehbar, dass es dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber angetragen ist, die Konflikte um das Eigentum in der Weise in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, dass er zunächst das Schutzgut selbst zu konstituieren hat, nicht aber lediglich darauf verwiesen ist, die Schranken eines ihm inhaltlich schon umfassend vorgegebenen Schutzgutes nachzuziehen.51 Die Annahme einer schon verfassungsrechtlichen Inhaltsausgestaltung des Eigentums korreliert mit einer Verkürzung der dem Gesetzgeber demnach durch Art. 14 GG zugesprochenen Befugnisse.52 Wer gleichwohl von verfassungsunmittelbaren Eigentumsinhalten ausgeht, muss sich fragen lassen, ob auf diese Weise eigene bloß politische Auffassungen dem Gesetzgeber als Verfassungsauslegung vorgegeben werden.53 Angemerkt sei abschließend nur, dass die privatautonome Bildung von schuldrechtlichen Ansprüchen alles andere als den Kernbereich der Regelungsmaterie des Art. 14 GG bildet. Es erscheint nicht ersichtlich, dass Gefahr bestünde, dass der Gesetzgeber großflächig in schon entstandene schuldrechtliche Ansprüche eingreifen könnte. Es besteht mangels erkennbarer Gemeinwohlinteressen keine Kollisionsgefahr zu den berechtigten Privatinteressen. Eben jenes Spannungsverhältnis zwischen Privat- und Allgemeinwohlinteressen, das ansonsten für die Eigentumsgarantie so kennzeichnend ist, greift hier also nicht. Deshalb ist auch eine nähere gesetzliche Fixierung der Entstehung schuldrechtlicher Ansprüche unabhängig von allen sonstigen Erwägungen auch eigentumsgrundrechtlich keineswegs geboten. Die durch § 311 I BGB begründete besondere Maßgeblichkeit der privatautonomen Entscheidungen im auch eigentumsgrundrechtlich erfassten Vertragsrecht liegt allein in der Sache begründet. 50 Dazu – die Frage bejahend – überzeugend Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 64 ff.; Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 31 f. 51 Zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 93 bei Fn. 370; ders., DVBl. 2005, 340 (341); Vgl. insoweit auch BVerfGE 45, 297 (331), Beschl. v. 10.5.1977. 52 Somit geht es hierbei um eine Frage des gewaltenteilenden Rechtsstaats, vgl. Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 657. 53 In anderem Zusammenhang spricht Hesse, VerfR (1995), davon, dass die „nur“ die Leitprinzipien des Gemeinwesens bestimmende Verfassung durch das Offenlassen gewisser Bereiche mitunter „eine verfassungskräftige Gewährleistung freier Auseinandersetzung und freier Entscheidung dieser Fragen“ sichern und damit Raum lassen will „für das Wirken der politischen Kräfte“ (Rn. 30). Wenn nun ein dem Gesetzgeber zugesprochener politischer Freiraum im Bereich der Eigentumsgarantie nach Lage der Verfassung nicht erst bei der Schrankensetzung beginnen soll, sondern schon bei der Konstituierung des Schutzgutes ansetzt, so darf dies mithin nicht leichtfertig negiert werden. Bei Art. 14 GG bewegt man sich zwar im Grundrechtsbereich. Gleichwohl ist bei Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 29, zu dem Befund, dass dem Gesetzgeber durch die Regelung des Art. 14 I 2 GG ein weiter Gestaltungsspielraum zur „Verwirklichung politischer Wertentscheidungen“ eröffnet ist, eindringlich zu lesen: „Wer dagegen ungeachtet des Wortlautes des Grundgesetzes dem Gesetzgeber einen Eigentumsbegriff nach eigenen Wertungen und Vorstellungen [im Gewande einer Verfassungsauslegung] oktroyiert, setzt sich nicht nur über das unmißverständliche Gebot der Verfassung hinweg, sondern mißachtet auch die Stellung des Parlaments in einer repräsentativen

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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II. Grundrechtsschutz in Abhängigkeit vom einfachen Gesetz Bevor nun näher aufgezeigt wird, auf welche Weise Schutz gegen den Gesetzgeber besteht, ist zunächst der Schutz für das gesetzgeberisch konturierte Eigentum zu benennen. 1. Subjektive Rechtsstellungsgarantie gegenüber Exekutive und Judikative Unter Berufung auf Art. 14 GG kann der Grundrechtsträger unzulässige Eingriffe in sein Eigentum abwehren. Insoweit gewährt die Eigentumsgarantie dem Einzelnen eine sog. subjektive Rechtsstellungsgarantie (bzw. Bestandsgarantie).54 Eine solche Gewährleistung des konkreten Bestands an normativ zugeordnetem Eigentum in der Hand des Einzelnen gilt uneingeschränkt gegenüber Exekutive55 und Judikative und ist damit eine „grundrechtliche Absicherung des objektiven Gesetzmäßigkeitsprinzips“.56 Verstöße der Verwaltung gegen die Eigentumsgesetze können bei VerkenDemokratie. Zwar bindet Art. 1 III GG den Gesetzgeber an die Grundrechte. Diese Bindung reicht aber nur soweit, wie das jeweilige Grundrecht sie vorgibt.“ Die dem Gesetzgeber eingeräumte Entscheidungsbefugnis, die im Gegensatz zu allzu eigenmächtiger „Verfassungsinterpretation durch die Staatsrechtslehrer“ steht, betont auch Wahl, NVwZ 1984, 401 (406). 54 Der Begriff der Rechtsstellungsgarantie findet sich schon bei Weber, Eigentum, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, GrundR (1954), S. 361; siehe auch (ohne den klärenden Zusatz „subjektiv“) BVerfGE 31, 275 (293), Beschl. v. 8.7.1971, sowie BVerwG, NVwZ 1998, 735 (736) ffi DVBl. 1998, 587 (588) ffi NuR 1998, 415 (416), Urt. v. 7.11.1997. Vgl. ferner etwa Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 84; Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 211; Herzog, Eigentum, in: EvStL (3. A. 1987), Sp. 674; Huber, DÖV 1999, 173 (175, 177); Pieroth, JZ 1984, 971 (974); Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 32. Häufiger verwendet wird der Terminus „Bestandsgarantie“, so in stRspr. auch das BVerfG; vgl. BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; 58, 300 (351), Beschl. v. 15.7.1981; 50, 290 I (340 f.), Urt. v. 1.3.1979; 42, 263 I (294), Urt. v. 8.7.1976, jeweils m. w. N. Aus der Literatur siehe etwa Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), 22; Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 382; Böhmer, NJW 1988, 2561 (2563); Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 129 ff., und zahlreiche andere. Der Begriff Bestandsgarantie wird im Zusammenhang von BVerfGE 100, 226 (245), Beschl. v. 2.3.1999, insoweit mit Bedacht gewählt, als hierdurch die Funktion der Eigentumsgarantie betont werden soll, dem Eigentümer den realen Bestand seiner Eigentumsrechte grundrechtlich abzusichern, in Abwehr einer Auffassung, wonach man diesem seine grundrechtlich verbürgte Freiheit durch großzügige Gewährung finanzieller Ausgleichszahlungen abkaufen kann. Synonymer Gebrauch beider Begriffe bei Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 I 3 a (S. 2137). 55 Soweit diese nicht selbst Inhalts- und Schrankenbestimmungen erlassen kann und damit zum „Gesetzgeber“ i. S. d. Art. 14 I 2 GG wird, vgl. dazu m. N. unten S. 102, Fn. 318. 56 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 308; Bryde, in: v. Münch/ Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 35, unter Betonung der über die bloße Absicherung des Gesetzmäßigkeitsprinzips hinausgehenden Wirkung, die aus der Beachtung des Art. 14 GG bei der Auslegung resultiert; zur verfassungskonformen Auslegung vgl. die Nachweise unten S. 388, Fn. 115. Siehe ferner Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 259, wonach die Bindung von

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

nung der diesen Normen zugrunde liegenden grundrechtlichen Wertungen deshalb vor dem BVerfG geltend gemacht werden.57 Die eigentumsgrundrechtliche Verstärkung des in Art. 20 III GG verankerten Gesetzmäßigkeitsprinzips ist auch gegenüber der Judikative keine Belanglosigkeit. Schließlich beschränken sich die Fachgerichte vielfach nicht darauf, das einfache Recht auszulegen. Der Grundrechtsbetroffenen sieht sich vielmehr selbst kreierten, unmittelbar auf Art. 14 GG gestützte Rechtsfiguren gegenüber, die – selbst wenn sie seinem Schutz zu dienen bestimmt sein sollen – sich als Belastung auswirken können.58 2. Gegenüber der Legislative Die normativ zugeordneten Eigentumspositionen sind für den Einzelnen ferner dann von Bedeutung, wenn sich der Gesetzgeber anschickt, sich der Handlungsform59 der Enteignung zu bedienen: Wenn die Voraussetzungen des Art. 14 III GG dabei nicht eingehalten werden, kann (und muss60) der Betroffene dieses Handeln abwehExekutive und Judikative an den inhaltsbestimmenden Gesetzgeber „die – unter undeutlichen Formulierungen verborgene – eigentliche Aussage des Naßauskiesungsbeschlusses“ sei. 57 Ein vom BVerfG zu beanstandender Verstoß gegen die Eigentumsgarantie liegt vor, wenn über bloße Auslegungsfragen hinaus die „wertsetzende Bedeutung“ des Grundrechts auf der Rechtsanwendungsebene verkannt wird, so beispielsweise BVerfGE 100, 289 (304 f.), Beschl. v. 27.4.1999, hier allerdings hinsichtlich der Auslegung von Normen durch Zivilgerichte. „Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie nach Art. 14 I und II GG“ müssen bei der Auslegung beachtet werden, siehe im Hinblick auf die Auslegung von Verwaltungsgerichten so etwa BVerfGE 102, 1 (18), Beschl. v. 16.2.2000. Das den Gerichten gegenüber Ausgeführte gilt jedoch ebenso der Verwaltung. Nach der Verfahrensordnung des BVerfG wird das Verfassungsgericht jedoch erst dann angerufen werden können, wenn zuvor ein Gericht die vom Grundrechtsträger angegriffene Auslegung der Verwaltung bestätigt hat. Bezüglich einfachrechtlicher Auslegungsfragen, die nicht mehr von der solchermaßen zu verstehenden Prüfung „spezifischen Verfassungsrechts“ umfasst sind (vgl. Jarass, in: ders./ Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 52 unter Verweis auf Pieroth, ibid., Art. 93, Rn. 55), ist das BVerfG jedoch nicht entscheidungsbefugt, vgl. etwa BVerfGE 68, 361 (372 ff.), Beschl. v. 8.1.1985. Weitere Nachweise zur Rechtsprechung des BVerfG unten S. 249, Fn. 73. Siehe auch Bryde, Einfaches Recht und Verfassungsrecht, in: FS Röhl (2003), S. 228 ff., der starre Abgrenzungskriterien ablehnt (mit Blick auf Art. 14 GG S. 237). 58 Vgl. die erst in jüngerer Zeit (zumindest vom BVerwG) aufgegebene (trotz des ersten Anscheins schutzmindernde) Konstruktion des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes, dazu unten ab S. 311. Vgl. aber auch die weiterführenden Nachweise hinsichtlich einiger noch immer verwendeter Argumentationsfiguren wie beispielsweise der des „vernünftigen Eigentümers“ unten S. 234, Fn. 12. 59 Da die Enteignung nach überzeugender Auffassung (vgl. nur Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (235); Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 23) nach der Handlungsform abgegrenzt wird, ist der Gesetzgeber im Tatbestandsbereich dieser Handlungsform an deren verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebunden, solange er eben diese Handlung vornehmen will. 60 Sofern das einfache Recht die Maßnahme sonst bestandskräftig werden lässt; vgl. zur Frage nach der mitunter missverständlich, da als unmittelbar verstandenen, so genannten Anfechtungslast Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 214 ff.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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ren;61 sind die Vorgabe hingegen eingehalten, so kommt dem Bürger auf Grundlage des zuvor gesetzlich innegehabten Eigentums die sekundär eingreifende Eigentumswertgarantie des Art. 14 III GG zugute.62 Insoweit ist der Gesetzgeber selbst an das gesetzlich Zugeordnete gebunden; der Enteignungsschutz stellt sich in Ansehung des Gesetzgebers also als Teil der subjektiven Rechtsstellungsgarantie dar: Einerseits sind die Handlungen des Gesetzgebers, die von Verfassungs wegen als Enteignung qualifiziert werden müssen,63 aber nicht den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen i. S. d. Art. 14 III GG entsprechen, gänzlich unzulässig.64 Andererseits wird bei Durchführung einer Enteignung das konkret innegehabte Eigentum zumindest aber zum Bezugspunkt des verfassungsrechtlich gebotenen Entschädigungsanspruches.65 Überdies besteht Schutz gegenüber der Legislative, wenn diese im Rahmen der Bestimmung (des Inhalts und) der Schranken des Eigentums auf Eigentum in der Hand von Grundrechtsträgern einwirkt. Überschreitet der Gesetzgeber die ihm dabei gesetzten Grenzen, kann sich der Grundrechtsträger dagegen wehren.66 Folgt man der Ansicht, dass ein solches Vorgehen als Grundrechtseingriff im Sinne der allgemeinen Verfassungsdogmatik zu verstehen ist,67 dann ist dieser Schutz vor verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten68 Eingriffen begrifflich Teil der subjektiven Rechtstellungsgarantie.69 61

Hierzu BVerfGE 58, 300 (324), Beschl. v. 15.7.1981; 24, 367 (397), Urt. v. 18.12.1968. Vgl. nur Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 10 m. w. N. 63 Siehe aus der neueren, eingrenzenderen Rechtsprechung nur BVerfGE 104, 1 (9 f.), Beschl. 22.5.2001. Vgl. ferner zur Abgrenzungsfrage im Sinne des „Trennungsmodells“ des BVerfG und der h. M. schon Lege, Zwangskontrakt (1995) und Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), jeweils auch zur Frage, ob und wie das bundesverfassungsgerichtliche Konzept nur dann stringent aufrechterhalten werden kann, wenn – wie nun wohl praktiziert (ibid. S. 10) – die Enteignung enger als Güterbeschaffungsvorgang oder nach ähnlich eingrenzenden Modellvorstellungen verstanden wird. 64 Siehe so deutlich BVerfGE 24, 367 (397), Urt. v. 18.12.1968. 65 Vgl. auch hier BVerfGE 24, 367 (397), Urt. v. 18.12.1968. 66 Dies ist insoweit allgemeine Meinung, siehe näher Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 7. 67 Siehe dazu unten ab S. 216. 68 Natürlich besteht – wie sonst auch, so auch hier – kein absoluter Schutz vor Eingriffen, diese können vielmehr verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 7. 69 Und zwar deshalb, weil auch dieser Schutz einzig an das zuvor nach Maßgabe der einfachen Gesetzgebung geformte Eigentum anknüpft. Diese Einordnungsfrage blieb unbeantwortet bei Grochtmann, ibid. Bei der Darstellung der allgemeinen Eigentumsdogmatik könnte man daher auch einerseits umfassend den Schutz des bestehenden, „wohl erworbenen“ Eigentums inklusive des Schutzes vor dem Gesetzgeber beschreiben (die subjektive Rechtsstellungsgarantie), andererseits dann davon getrennt die Kontrolle des Gesetzgebers, wenn dieser den Inhalt des Eigentums mit Blick auf die Zukunft bestimmt (objektiv wirkende Kontrollmechanismen). Wegen des engen Zusammenhangs von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen auch dann, wenn man diese dogmatisch zu unterscheiden weiß, 62

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

III. Steuerung des Gesetzgebers durch Art. 14 GG Angesichts der Bezogenheit der subjektiven Rechtsstellungsgarantie auf die einfachrechtliche Eigentumsordnung ist es von herausragender Bedeutung, die verfassungsautonomen Anforderungen an den inhaltsbestimmenden Gesetzgeber herauszuarbeiten. Bei der Normierung von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen hat der Gesetzgeber nach herrschender Auffassung zwei eigentumsspezifische Schutzmechanismen zu beachten, zum einen die spezielle Verhältnismäßigkeitsprüfung des Art. 14 GG70 und zum anderen die sog. Institutsgarantie zur Sicherung eines unabdinglichen Mindestbestands an eigentumsvermittelnden Normen. Dass darüber hinaus auch den sonstigen Verfassungsanforderungen, wie etwa der Kompetenzordnung Genüge getan werden muss, verdient keine Vertiefung.71 Auch auf die Prüfung des Art. 3 I GG,72 die bisweilen mit der anhand des Art. 14 GG verbunden wird,73 und die Frage nach der Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 II GG)74 soll hier nicht näher eingegangen werden.

macht es allerdings mehr Sinn, umfassend und zusammenhängend sämtliche Grenzen des Gesetzgebers zu beschreiben, seien sie Teil der subjektiven Rechtsstellungsgarantie (wie bei Schrankenbestimmungen) oder seien sie dies nicht (wie jedenfalls hinsichtlich der Bestimmung des Inhalts von Eigentum für die Zukunft). Siehe zur dogmatischen Struktur der Eigentumsgarantie ferner S. 21, bei und in Fn. 3 sowie S.178, Fn. 626. 70 Zur Frage, ob und wie die Prüfung des Vertrauensschutzes darin integriert ist, vgl. unten S. 138 ff. 71 Vgl. m. w. N. nur BVerfGE 100, 226 (240 f.), Beschl. v. 2.3.1999; 37, 132 (140), Beschl. v. 23.4.1974, 21, 73 (82), Beschl. v. 12.1.1967; BVerfGE 14, 263 (278: „selbstverständlich“), Urt. v. 7.8.1962; BVerfGE 102, 1 (17), Beschl. v. 16.2.2000. 72 Vgl. beispielsweise Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 64 a; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 40 ff., jeweils m. w. N.; aus der Rechtsprechung statt vieler BVerfGE 31, 248 (253 f.), Beschl. v. 7.7.1971; 37, 132 (143), Beschl. v. 23.4.1974; 49, 382 (295 ff.), Beschl. v. 25.10.1978; 71, 230 (255), Beschl. v. 4.12.1985; 74, 203 (217), Beschl. v. 10.2.1987; 87, 114 (143 ff.), Beschl. v. 23.9.1992. 73 So etwa Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 128, m. w. N. auf die diesbezügliche Rechtsprechung des BVerfG. 74 Bedenkenswert dazu Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 125 f. Beachte ferner unten die Ausführungen unten zur Institutsgarantie (S. 197 ff.) und die dort aufgeworfene Frage, ob nicht der Wesensgehaltsgarantie der Vorrang vor der Institutsgarantie gebühren sollte. Bei jeder Erörterung zur Wesensgehaltsgarantie sollte zunächst eben jenes Verhältnis zur Institutsgarantie im Vordergrund stehen. Nach BVerfGE 58, 300 (348), Beschl. v. 15.7.1981 soll nämlich die Prüfung eines Verstoßes des Gesetzgebers gegen Art. 19 II GG im Bereich des Art. 14 GG hinfällig sein. Im Wortlaut heißt es in diesem Beschluss: „Die dem Gesetzgeber bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung gezogenen Grenzen ergeben sich unmittelbar aus der Instituts- und Bestandsgarantie des Art. 14 I 1 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Werden diese Grenzen eingehalten, kann kein Verstoß gegen Art. 19 II GG vorliegen.“ Die Frage nach dem Verhältnis der Wesensgehaltsgarantie vor allem zu der ihr in ihrer Funktion so

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Die nun im Näheren zu besprechenden Schutzmechanismen zeichnen sich dadurch aus, dass zwar sehr wohl eine Überprüfung anhand dieser Maßstäbe wirkungsvoll erfolgen kann, dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber jedoch gleichzeitig immer auch ein Spielraum verbleibt, der sich der verfassungsrechtlichen Kontrolle entzieht: Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ergibt sich das aus strukturellen Gründen eben dieses Kontrollinstruments. Bei der Institutsgarantie folgt dies aus dem engen Schutzradius dieser Schranke gesetzgeberischen Handelns. Es wird zu zeigen sein, dass in der hiermit angedeuteten Symbiose von gesetzgeberischer Entscheidungsfreiheit und rahmensetzender, sachbezogen variierender verfassungsrechtlicher Kontrolle die problemadäquate Stärke der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG liegt.

ähnlichen Institutsgarantie entscheidet also über die Anwendbarkeit des Art. 19 II GG in der Praxis. Trotz dieser eindeutigen Rechtsprechungsaussagen im Sinne einer Verdrängung der Wesensgehaltsgarantie (nach Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur (1983), S. 21, sei die fehlende eigene Bedeutung des Art. 19 II GG nunmehr „klargestellt“) nehmen beispielsweise Battis, in: B/K/L, BauGB (2007), Vorb §§ 85 – 122, Rn. 4; ders., BauR (2006), 3 III 1 (S. 63), und Schmidt-Bleibtreu, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG (9. A. 1999), Art. 14, Rn. 6 b a. E., eine Überprüfbarkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmungen am Maßstab des Art. 19 II GG an. Vgl. auch Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 19 (II), Rn. 183 f., der eben jene Passage des Nassauskiesungsbeschlusses zitiert, dies dann aber so deutet, als sei hiermit nur gesagt, die Institutsgarantie sei „maßgeblicher Bezugspunkt für die Bestimmung des Wesensgehalts der Eigentumsgarantie“. Ähnlich Krebs, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 19, Rn. 23, der eine Verletzung des Art. 19 II GG bei Verletzung der Institutsgarantie unter Berufung auf das BVerfG annimmt. Vgl. ferner Krüger, in: Sachs, GG (2. A. 1999), Art. 19, Rn. 40, der unter Berufung auf Krebs zum Wesensgehalt des Eigentums die „Privatnützigkeit und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis“ zählt. Insoweit soll an dieser Stelle nicht das Festhalten an der Schranke des Art. 19 II GG in der Sache bemängelt werden, wohl aber die fehlende Auseinandersetzung mit der entgegenstehenden Rechtsprechung des BVerfG und der ihm hierin folgenden Literatur. Nähere Ausführungen zur Wesensgehaltsgarantie finden sich etwa bei Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 217 f. (Institutsgarantie als speziellere Schranke unter Berufung auf BVerfGE 58, 300 (348), Beschl. v. 15.7.1981); Herzog, Grundrechte, in: FS Zeidler, Bd. II (1987), S. 1423 ff. (vgl. dazu S. 198 f. in Fn. 704); Breuer, Bodennutzung (1976), S. 35 ff. (taugliche Definition des Wesensgehalts für Art. 14 GG sei noch nicht gelungen, S. 40); Böhmer, NJW 1988, 2561 (2563); kurz auch Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 VI3 b (S. 2249 f.); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 332 ff. (dort wird unter Rückgriff auf Breuer, Bodennutzung (1976), S. 36, angenommen, der Wesensgehalt des Grundrechts und der Institutsgarantie sei zu wahren; vgl. zu Letzterem (ibid., Bearb. 1994, Rn. 325 ff.) zu Recht ablehnend Thormann, Sozialbindung (1996), S. 127, Fn. 430; schließlich ist die Institutsgarantie in der ihr üblicherweise beigelegten Bedeutung selbst schon eine bloß letzte Grenze des Gesetzgebers (siehe näher unten ab S. 197), die bei einer weiteren Reduktion gänzlich hinfällig wäre); zusammenfassend Thormann, Sozialbindung (1996), S. 127 (Heranziehung von Institutsgarantie oder aber Wesensgehaltsgarantie „im Ergebnis folgenlos“). Vgl. ferner Roth, Faktische Eingriffe (1994), S. 435, Fn. 136, in Bevorzugung der Institutsgarantie für „förderungsrechtliche“ Ansprüche im Unterschied zur ein existentes Grundrechtsgut vor Augen habenden Garantie des Art. 19 II GG. Bei der Institutsgarantie werde erst eine Mindestfreiheit konstituiert.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

1. Verhältnismäßigkeitsprüfung / Institutsgarantie Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie die sog. Institutsgarantie sind Instrumente, die gegenüber dem Gesetzgeber Schutz vermitteln sollen. So sind gesetzliche Inhaltsbzw. Schrankenbestimmungen nach allgemeiner Auffassung nur dann verfassungsgemäß, wenn sie dem aus Art. 14 GG zu folgernden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.75 Dabei wird diesem verfassungsrechtlichen Schutzmechanismus in Bezug auf die rechtspraktische Wirkungskraft der Eigentumsgarantie entscheidende Bedeutung beigemessen.76 Dies wird später näher zu erläutern sein.77 Doch auch die Institutsgarantie ist als gesetzgeberische Grenze hier zu benennen. Nach Auffassung des BVerfG verwehrt es die Institutsgarantie dem Gesetzgeber, an die Stelle des Privateigentums etwas zu setzen, „was den Namen ,Eigentum nicht mehr verdient“. Somit sichert die Institutsgarantie hiernach einen „Grundbestand von Normen“ im Sinne einer Mindestgarantie. Sie verbietet, „dass solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung entzogen werden, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören.“78 Ob es dieser Institutsgarantie neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung tatsächlich bedarf,

75 Vgl. zunächst statt aller nur BVerfGE 98, 17 (37), Beschl. v. 8.4.1998; 50, 290 (341), Urt. v. 1.3.1979; 52, 1 (29 f.), Beschl. v. 12.6.1979. Einzig im Rahmen der Ausführungen Herzogs (Eigentum, in: EvStL (3. A. 1987), Sp. 673) sucht man vergeblich nach Ausführungen über die eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dort heißt es demgegenüber: Der Gesetzgeber ist durch Art. 14 I 2 GG „zu einer tiefgreifenden Gestaltung der Eigentumsverfassung befähigt […]. Nur die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 II GG und die fundamentale Aussage des Art. 14 II GG über die Sozialbindung des Eigentums ziehen ihm hierbei Schranken“. Auch bei der Beschreibung des Art. 14 II GG durch Herzog wird nicht auf verhältnismäßigkeitsbezogene Belange oder sonstige Konkretisierungen des durch Art. 14 II GG abgesteckten verfassungsrechtlichen Rahmens eingegangen. Vgl. zu Herzog ferner unten S. 198 f. in Fn. 704. 76 BVerfG (1. K./I) BRS 57, Nr. 246 ffi NVwZ-RR 1996, 483, Beschl. v. 15. 12. 1995; Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 126; Ekey, Verminderung von Eigentümerrechten (1988), S. 265 m. w. N. 77 Siehe dazu unten im Abschnitt ab S. 100. 78 BVerfGE 24, 367 (389, LS 3), Urt. v. 18.12.1968. Schon hier kann festgehalten werden, dass die Institutsgarantie in der Rechtsprechung des BVerfG zwar fortlaufend Erwähnung findet, ein Verstoß gegen sie gleichwohl noch nie angenommen wurde, siehe etwa BVerfGE 26, 215 (222 ff.), Beschl. v. 19.6.1969; 31, 275 (291), Beschl. v. 8.7.1971; 51, 193 (217), Beschl. v. 22.5.1979; 81, 12 (17), Beschl. v. 3.10.1989. Vgl. so auch die Einschätzung bei Thormann, Sozialbindung (1996), S. 128, Fn. 438; Eschenbach, Eigentum (1996), S. 484; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 223; Jarass, in ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 4. Praktische Relevanz kommt der Institutsgarantie allerdings dann zu, wenn man ihr über den traditionellen Gehalt hinausgehend eine weitere Funktion zumisst (vgl. auch Jarass, ibid.). In diesem Sinne sehen einige in der Institutsgarantie eine Verhältnismäßigkeitskontrolle verankert. Siehe dazu näher unten die Abschnitte jeweils ab S. 177 und S. 200.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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um den Gesetzgeber hinreichend bändigen zu können, soll an dieser Stelle dahinstehen.79 2. Verfassungsrechtlicher Eigentumsbegriff Vor jeder weiteren Erörterung dieser Schutzmechanismen gegenüber dem Gesetzgeber ist zunächst eine andere, grundsätzliche Frage zu beantworten, nämlich diejenige nach dem Eigentumsbegriff.80 Es muss geklärt sein, was mit dem Begriff „Eigentum“ in Art. 14 GG in funktionaler Hinsicht bezeichnet ist, will man die Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie verteidigen. Die Funktion des Eigentumsbegriffs ist entscheidend für einen effektiven Schutz auch gegenüber dem Gesetzgeber. a) Problemaufriss Es herrscht nicht unerhebliche Verwirrung darüber, was unter dem Eigentumsbegriff des Art. 14 GG zu verstehen ist. Die Behauptung einer strikten Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie ist es, die zu Nachfragen herausgefordert hat. Inwieweit kann angesichts einer solchen Rolle des Gesetzgebers noch dem Eigentumsbegriff des Art. 14 GG selbst ein verfassungsrechtlich relevanter Eigenwert zukommen? Wenn sich das Eigentum in der einfachrechtlichen Normierung erschöpft, mag der verfassungsrechtliche Begriff hinfällig geworden sein. Mit dem die Normgeprägtheit vehement einfordernden Nassauskiesungsbeschluss des BVerfG81 ist die Existenz eines eigenständig verfassungsrechtlichen, d. h. für die grundrechtlichen Gewährleistungen nicht funktionslosen Eigentumsbegriffs zum Streitfall geworden. Dabei hat sich das Gericht dieser Fragestellung in eben jenem Beschluss explizit angenommen. Diesbezüglich führt es aus: Der Begriff des von der Verfassung gewährleisteten Eigentums muß aus der Verfassung selbst gewonnen werden. Aus Normen des einfachen Rechts, die im Range unter der Verfassung stehen, kann [nicht] der Begriff des Eigentums im verfassungsrechtlichen Sinne abgeleitet [werden.]82

Doch wurde die genaue Wirkungsweise eines solchen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs, seine Schutz gewährleistende Funktion noch nicht hinreichend geklärt. An erläuternden Darstellungen im Schrifttum fehlt es zumeist. Auch den Ausführungen des BVerfG ist nicht ohne weiteres eine einheitliche Definition des Eigen-

79

Dazu – dies verneinend – unten ab S.197. Vgl. insoweit auch Leisner, Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 54: „Zentralproblem der Eigentumsdogmatik ist das Verhältnis von Verfassung und Gesetz.“ Die Bestimmung der „Elemente [des] ,verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs“ sei „die Zentralfrage der allgemeinen Verfassungsdogmatik“ (Rn. 77). 81 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 82 BVerfGE 58, 300 (335), Beschl. v. 15.7.1981. 80

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

tumsbegriffs zu entnehmen.83 Ebenso wenig beschreibt das Gericht im Einzelnen dessen Funktion.84 Dies veranlasst Teile der Literatur, die Daseinsberechtigung eines verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs in Zweifel zu ziehen. Danach habe die Auffassung des BVerfG zur Folge, dass kein Raum mehr für einen verfassungsrechtlichen Begriff des Eigentums bleibe. Vielmehr sei „unverkennbar“, dass dieser „– entgegen allen Beteuerungen, ihn aus der Verfassung selbst gewinnen zu müssen – zu einem Begriff nach Maßgabe der einfachen Gesetzgebung“ werde.85 Die oben zitierten Äußerungen des BVerfG seien als eine „verbale Widersprüchlichkeit“ einzustufen.86 Die bloße 83

Vgl. nur Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (214, Fn. 6), der das Fehlen einer Definition beklagt; siehe auch Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 34 Vgl. weiterhin die von Fritz Baur, NJW 1982, 1734 (1735), aufgeworfene Frage bezüglich der Herleitung eines verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs, so auch ders., SachenR (15. A. 1989), § 24 I (S. 215, 218). 84 Vgl. Ipsen, Eigentumsdogmatik, in: Recht und Wirtschaft (1985), S. 145, demzufolge die „Ausbildung eines verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs“ in der Rechtsprechung des BVerfG nicht zu finden sei. Interessanterweise betreffen auch die Ausführungen des ehemaligen Verfassungsrichters Böhmer zum Eigentumsbegriff (NJW 1988, 2561 (2566 ff.)) überwiegend nur einen Teilaspekt desselben, dass danach nämlich nur gesetzliche Zuordnungsverhältnisse dem Eigentumsbegriff unterfallen können; zu Böhmer siehe näher Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 246 f. Allgemein kritisch zum Nassauskiesungsbeschluss, dem es an einer widerspruchsfreien Konzeption mangele, Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 255 m. w. N. 85 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 38. Diesem Zitat aus Maunz/ Dürig explizit zustimmend siehe Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 9. Vgl. zu Papier jedoch noch die differenzierte Darstellung unten ab S. 84 f., Fn. 239. 86 Papier, a. a. O. Fn. 3; als „nicht ausgewogen“ und zirkelverdächtig wurden diese Äußerungen des BVerfG auch von Leisner, DVBl. 1983, 61 (63), eingeschätzt; Nierhaus, AöR 116 (1991), 72 (98), bewertet dies als vollinhaltliche Zustimmung Leisners zur Kritik Fritz Baurs (dazu sogleich). Knapp von einem „Dilemma“ des Eigentumsbegriffs sprechend auch Berg, JuS 2005, 961 (962). Vgl. des Weiteren Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 10 f.; Nußberger, DÖV 2006, 454 (457); Weyreuther, Situationsgebundenheit (1983), S. 44: Es sei zweifelhaft, ob das Tatbestandsmerkmal „Eigentum“ „überhaupt einer – dieses Wort nicht um seinen Sinn bringenden – ,Interpretation zugänglich“ sei. Einen „(wirklichen oder scheinbaren) Widerspruch“ der verfassungsrechtlichen Regelung des Art. 14 GG deshalb, weil sie zwar Schutz gewähre, gleichzeitig aber es dem Gesetzgeber überlasse, Inhalt und Schranken zu regeln, empfand überdies schon Weber, Eigentum, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, GrundR (1954), S. 356. Siehe jetzt auch die Kritik bei Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, die auf der Behauptung beruht, bei Anerkennung der Normgeprägtheit sei das Grundrecht als Ganzes wertlos geworden, eine Kritik also, die sich nicht allein auf den Eigentumsbegriff stützt, aber auf der gleichen Argumentation beruht. Siehe Rn. 8: Bei Anerkennung der ausschließlichen Normgeprägtheit (im Gegensatz zu einer bloßen Konturierung) „hätte Art. 14 I 1 GG und mit ihm der Satz ,Eigentum und Erbrecht werden gewährleistet keinen Sinn [sic!].“ Nur kurz sei hingewiesen auf sein Gegenkonzept zum Verständnis der Eigentumsgarantie. Er bleibt nicht dabei stehen, von einem dem Gesetzgeber vorgegeben Inhalt auszugehen, sondern rückt umfassend von der von der h. M. vertretenen Eigentumsdogmatik ab. So interpretiert er die Enteignung weit (siehe etwa Rn. 29), da nur sie seiner Auffassung nach ein

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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„Beteuerung“ des Gerichts sei in der Sache nicht tragfähig.87 In der zivilrechtlichen Literatur findet sich gar die Äußerung, hier läge ein „offener Zirkelschluss“ vor.88 Eine weitere Variante des verwirrenden Umgangs mit dieser Thematik besteht darin, das Bekenntnis des BVerfG zum verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff außer Acht zu lassen. Ohne nähere Begründung wird vorgetragen, Art. 14 GG kenne „keinen eigenständigen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff“.89 „,echter Grundrechtseingriff“ (Rn. 40) sei. Zur einheitlich verstandenen Inhaltsbestimmung beruft er sich auf die Begrifflichkeit der Sozialbindung. Wenn sie sich innerhalb der durch Art. 14 II GG zulässigen Sozialbindung bewegten, seien sie gerechtfertigt (Rn. 40 ff.). Diese Überlegungen werden allerdings ohne nähere Auseinandersetzung mit den entgegengesetzten Auffassungen vorgetragen. Siehe zu Hufen auch S. 269, Fn. 160. Siehe überdies auch Darstellung und Zurückweisung der Kritik von Hufen in: Verw. 1999, 519 (538 f.) bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 307, Fn. 1406. 87 Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 9. 88 Fritz Baur, NJW 1982, 1734 (1735), ders., SachenR (15. A. 1989), § 24 I (S. 214, 218), ebenso noch bis auf Angabe einiger weiterer Zitate wortgleich Baur/Stürner in der 16. A. 1992, § 24 I (S. 235, 239); H. P. Westermann, in: Westermann, SachenR (1998), § 28 III (S. 168). Unter Bezugnahme auf Baur vermisst ferner Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 255 f. bei Fn. 197 eine „neue und tragfähige Grundlage“ für die verfassungsrechtliche Bindung des Gesetzgebers. Siehe ferner Cornils, Ausgestaltung der Grundrechte (2005), S. 250. Zur zivilrechtlichen Kritik vgl. auch Mayer-Maly, Eigentumsverständnis, in: FS Hübner (1984), S. 148 f., 158), der sowohl bei Fritz Baur (1989) als auch bei H. P. Westermann zum Vorwurf des Zirkelschlusses zitiert wird. Zur Unterscheidung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs von dem des Zivilrechts heißt es dort: „Die Position des BVerfG läßt sich mit den elementaren Prinzipien der Hermeneutik nicht vereinbaren.“ Es müsse vielmehr der „Gedanke der Einheit der Rechtsordnung“ bedacht werden. Es „ist davon auszugehen, dass die in einer Verfassung verwandten Rechtsbegriffe im Zweifel die Begriffe jenes Rechtes sind, dem die betreffende Verfassung als Grundlage dienen soll.“ Andernfalls zeichne sich „die Eventualität einer Dismembration des Eigentumsbegriffes ab“. Weiter heißt es: „Neu [sic!] und zweifelhaft ist dagegen die Vorstellung, Eigentum sei, was die einfache Gesetzgebung dem Berechtigten zuweise“. 89 So Stober, Allg. WirtschaftsverwR (2006), § 22 I 3 (S. 155); Glöckner, Eigentumsrechtlicher Schutz von Unternehmen (2005), S. 20 („bekanntlich [sic!] enthält das GG keinen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff, vielmehr bestimmt Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, dass Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt werden“), ein wenig differenzierter dann S. 21 ff. Vgl. ferner Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 29, zitiert unten S. 80, Fn. 219. Allerdings scheint es sich bei Stober zumindest teilweise um eine missverständliche Äußerung zu handeln. Denn auf S. 156 (§ 22 II) wird unter dem zuvor auf S. 155 nicht verwendeten Verweis auf BVerfGE 58, 300 (335), Beschl. v. 15.7.1981, vom „aus dem Verfassungsrecht zu gewinnenden Eigentumsbegriff“ gesprochen. Die Betonung obigen Zitates ist deshalb wohl auf das Wort „eigenständig“ zu legen. Gleichwohl widerspricht auch die Verneinung der Eigenständigkeit den ausdrücklichen Ausführungen des BVerfG zum Eigentumsbegriff und hätte schon deshalb zumindest näherer Erläuterung bedurft. Vgl. ferner noch S. 157 (§ 22 II 1 b), wo wieder anders unter Vernachlässigung der Frage nach einer Art. 14 I 2 GG genügenden rechtlichen Zuordnung in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von einem „ausschließlich an der Verfassung zu messenden Eigentumsbegriff“ gesprochen wird, unter den eben diese „Geheimnisse“ fallen sollten. Vgl. insoweit auch Müller, in: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VwR I (2007), § 33, Rn. 50 unter Verwendung einer zuvor so schon von Stober (11. A. 1999, § 33, Rn. 53) verwendeten Formulierung, wonach der Eigentumsbegriff „vielgestaltig“ sei.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Wieder andere meinen analysieren zu können, es handele sich bei den Äußerungen zum verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff einerseits und zur Gesetzesabhängigkeit der Eigentumsgarantie andererseits um zwei gegenläufige Strömungen innerhalb der (aktuellen) verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung.90 Gerade diese behauptete Widersprüchlichkeit wird dann zum Anlass genommen, die Lehre von der Normgeprägtheit – unter Zuhilfenahme weiterer Überlegungen – gänzlich abzulehnen.91 Nicht mehr verwundern kann es angesichts all dessen, dass gerade die Frage nach dem Eigentumsbegriff als Ausgangspunkt für die Begründung eines insgesamt alternativen Eigentumsverständnisses gewählt wurde. Im Rahmen einer Kommentierung des Art. 14 GG92 wird nämlich die Kritik zu einem konstruktiven Gegenkonzept93 erweitert. Dabei soll ein materieller, von der Inhaltsbestimmung des Gesetzgebers sich emanzipierender Eigentumsbegriff begründet werden. Zudem wird die Variante vorgetragen, ein solches materielles Verständnis sei das des BVerfG.94 Der Kritik, den Gegenkonzepten sowie der verbreiteten Sprachlosigkeit gilt es zu begegnen, indem aufgezeigt wird, dass eine eigenständige Bestimmung des Eigentumsbegriffs auf Verfassungsebene sehr wohl möglich und auch notwendig ist.95 Daran anschließend werden Mängel im Umgang mit dieser Fragestellung in Literatur und Rechtsprechung aufgezeigt. b) Erläuterung der Funktion des Eigentumsbegriffs Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff hat die Funktion, den Anwendungsbereich der freiheitssichernden Gewährleistungen des Art. 14 GG zu bestimmen. Zum einen lässt sich ihm entnehmen, welche normativen Zuordnungsverhältnisse in der Hand von Grundrechtsträgern als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG gewährleistet werden. Zum anderen – und das ist entscheidend für den verfassungsrechtlichen Selbststand96 der eigentumsgrundrechtlichen Gewährleistungen – ist es seine Maß90

Engel, AöR 118 (1993), 169 (194 f.). Engel, AöR 118 (1993), 169 (195 ff.). 92 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (4. A. 1999 bzw. 5. A. 2005), Art. 14, Rn. 28 ff., siehe auch dens., in: Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 156 ff. 93 In gewisser Parallelität zu den überwunden geglaubten, sich an § 903 BGB als Leitnorm des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs orientierenden Vorstellungen im Gefolge der BGH-Rechtsprechung. 94 So Hendler/Duikers, JURA 2005, 409 (410 f.), zitiert unten S. 248, Fn. 69. 95 Zustimmend mit Blick auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 217 ff. siehe Appel, DVBl. 2005, 340 (342); dens. NuR 2005, 427 (428); siehe ferner Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 55 – 58; vgl. auch, u. a. hierauf Bezug nehmend, die Darstellung bei Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 41 ff. 96 „Selbststand“ als Bezeichnung verwendet bei Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 32; Jestaedt, Grundrechtsentfaltung (1999), S. 22 und öfter; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 11 m. w. N. 91

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stäblichkeit, die (zumindest indirekt) herangezogen werden muss, um zu entscheiden, ob ein neues Gesetzesvorhaben den eigentumsspezifischen Anforderungen des Art. 14 GG zu genügen hat. aa) Bestimmung des Umfangs der subjektiven Rechtsstellungsgarantie durch den Eigentumsbegriff „Das Eigentum [… wird] gewährleistet“ ist in Art. 14 I 1 GG zu lesen. Festzustellen, was vom Begriff „Eigentum“ umfasst ist, zeigt also auf, inwieweit ein subjektives Abwehrrecht besteht, die hier sog. subjektive Rechtsstellungsgarantie.97 (1) „Begriffsbestimmung“ bei anderen Grundrechten Die Behandlung der Auslegung des Eigentumsbegriffs hat nach denselben Kriterien zu erfolgen, wie dies bei den anderen Grundrechten geschieht. Auch dort gibt es vergleichbare „Begriffe“. Wie der Begriff des Eigentums den Schutzbereich des Art. 14 GG bestimmt, so gilt Gleiches etwa für die Begriffe „Kunst“ und „Beruf“ in Bezug auf die Grundrechte der Art. 5 III 1, 1. Alt. und 12 GG. Diese Begriffe werden vom Verfassungsgeber typischerweise nicht näher legaldefiniert98 und müssen daher ausgelegt werden. Anhand des gefundenen Ergebnisses ist es dann möglich, bezogen etwa auf die Menge aller denkbaren Handlungen all diejenigen herauszufiltern, die von der Verfassung als Kunst99 oder als Beruf100 behandelt werden. Der das Schutzgut beschreibende Begriff fungiert also als Abgrenzungskriterium, mittels dessen entschieden wird, ob eine Grundrechtsnorm anzuwenden ist oder nicht.101

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Beeinträchtigungen der subjektiven Rechtsstellungsgarantie können nach traditioneller Auffassung nur dann vorliegen, wenn der Schutzbereich bzw. der „grundrechtlich[e] Schutzgegenstand in seiner Integrität“ (Sachs, in: ders., GG (2007), Vor Art. 1, Rn. 78) betroffen ist. Dieser Schutzbereich bzw. Schutzgegenstand des Art. 14 GG wiederum wird allein durch den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff bestimmt. Im Folgenden wird verkürzend im Sinne der Diktion des BVerfG (vgl. die Nachweise etwa bei Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 130) zumeist nur von Schutzbereich die Rede sein. Ablehnend gegenüber dieser „Raummetaphorik“ beispielsweise Ipsen, aaO., der stattdessen „vielmehr die Subsumtion unter verfassungsrechtliche Begriffe“ fordert. 98 Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 4; Eschenbach, Eigentum (1996), S. 318. 99 Zur Auslegung des „Kunstbegriffs“, die kaum befriedigend zu bewältigen ist, vgl. statt aller zusammenfassend Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 7, Rn. 75 ff. m. w. N. 100 Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 810 ff., Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 11, Rn. 12 ff., jeweils unter der Fragestellung einer Begriffsauslegung. 101 Vgl. Sieckmann, Eigentumsschutz (1998), S. 112 (m. w. N.): „Als Begriff [kann] ein Kriterium zur Abgrenzung einer Klasse von Gegenständen bezeichnet“ werden; bezogen auf Art. 14 GG spricht er von einem „Kriterium dafür, welche Gegenstände Eigentum im Sinne des Art. 14 I 1 GG“ sind. Vgl. auch Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 5: Es gehe um die „Zuordnung konkreter Lebenssachverhalte zu den grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen“. Überzeugend auch die Beschreibung bei Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 86 ff.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Bezüglich der Auslegung dieser Begriffe ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie ohne Rückgriff auf die Vorstellungen des einfachen Gesetzgebers nur nach den für die Verfassungsauslegung maßgeblichen Kriterien102 eigenständig ausgelegt werden. Dies ergibt sich schon aus dem Prinzip des Vorrangs der Verfassung.103 Deshalb wird auch keine Notwendigkeit darin gesehen, sie explizit als „verfassungsrechtliche“, d. h. mit unterrangigem Recht eben nicht identische Begriffe zu bezeichnen.104 (2) Art. 14 I 2 GG als bloße Teilvorgabe für den Eigentumsbegriff Die eingangs angeführte Kritik am sog. verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff zeigt hingegen, dass die grundrechtliche Eigenständigkeit des Begriffs bezüglich Art. 14 GG nicht so selbstverständlich ist. Jedoch erscheint die Bezeichnung als verfassungsrechtlicher, d. h. autonom auszulegender Begriff bei Art. 14 GG jedenfalls unter folgender Voraussetzung berechtigt. Auch dort müsste – vergleichbar zu den anderen Grundrechten – ein Eigentumsbegriff zugrunde gelegt werden können, nach dessen Maßgabe sich ohne Abhängigkeit vom einfachen Gesetzgeber die Abgrenzung vornehmen lässt, ob etwas als Eigentum zu qualifizieren ist oder nicht. Diese Unabhängigkeit des Eigentumsbegriffs bei Art. 14 GG scheint aber auf den ersten Blick in Frage gestellt zu werden durch die Vorschrift des Art. 14 I 2 GG. Angesichts dieser umfassenden Kompetenzzuweisung an den einfachen Gesetzgeber bleibt es fraglich, inwieweit noch Raum verbleibt für solch einen autonomen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff. So ist auch in der Tat zuzugeben, dass diese Vorschrift wesentliche Vorgaben für den Eigentumsbegriff enthält.105 Durch Art. 14 I 2 GG wird nämlich eine Grundaussage getroffen. Es wird – wie oben dargelegt –106 der Kreis derjenigen „Positionen“, die überhaupt als Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinne aufgefasst werden können, eingeschränkt auf solche, die dem Grundrechtsträger gesetzlich zugeordnet sind.107 Andere Positionen können deshalb schon von vornherein nicht unter den Eigentumsbegriff des Art. 14 GG fallen. Darin erschöpft sich jedoch die Aussagekraft des Art. 14 I 2 GG in Bezug auf den Eigentumsbegriff. Schließlich lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, welche Gesetze es sind, auf deren Grundlage Eigentum erworben werden kann. Zur Abgren102

Vgl. dazu nur Sachs, in: ders., GG (2007), Einf., Rn. 37 ff. m. w. N. Vgl. auch hier Sachs, in: ders., GG (2007), Art. 20, Rn. 95 ff. m. w. N. 104 Schließlich könnte jeder Begriff des Grundgesetzes als „verfassungsrechtlicher Begriff“ bezeichnet werden; ihren Sinn findet diese Wendung folglich nur darin, dass mit ihr die Unabhängigkeit des Begriffs vom einfachen Gesetzesrecht verdeutlicht werden soll. 105 Die Verfassung belässt es also nicht bei einer nicht weiter definierten Begriffsprägung „Eigentum“ in Art. 14 I 1 GG, sondern positiviert weitere inhaltliche Aussagen über das, was Eigentum i. S. d. Verfassung sein soll, im folgenden Satz des Absatzes. Dieser weitergehende Regelungsgehalt muss bei der Auslegung des Eigentumsbegriffs Berücksichtigung finden. 106 Siehe ab S. 24. 107 Insoweit kann zunächst von einer „Abhängigkeit“ vom einfachen Gesetzgeber gesprochen werden, die sich aber, wie zu zeigen sein wird, gerade nicht auf die Frage nach der Qualifizierung des vom Gesetzgeber Geschaffenen als Eigentum bezieht. 103

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zung zwischen dem zu Schützenden und dem nicht zu Schützenden, den ein „verfassungsrechtlicher Begriff“ zu leisten hat, eignet sich der bloße Rückbezug auf Art. 14 I 2 GG damit nicht. Folglich kann sich der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff weder hierin erschöpfen noch wäre ersichtlich, dass daraus sonstige Rückschlüsse gezogen werden könnten.108 Insbesondere bietet Art. 14 I 2 GG keinerlei Anhaltspunkte für die Ansicht, dass es dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber selbst aufgetragen ist, unmittelbar festzulegen, welche Gesetze für den Eigentumsschutz des Art. 14 I 1 GG entscheidend sind. Es geht dabei um die Festlegung, welche Gesetze es sind, bei denen das auf ihrer Grundlage Erworbene als verfassungsrechtliches Eigentum eingestuft werden muss und bei welchen Gesetzen dies nicht der Fall ist. Solch eine letztverbindliche Zuordnung der Gesetze als Eigentumserwerb ermöglichende Normen ist vielmehr nur dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff vorbehalten.109 (3) Grundrechtliche Normalität: Interpretation des Eigentumsbegriffs Die sich damit nun stellende Aufgabe, die noch fehlenden Bestandteile des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG zu bestimmen, unterscheidet sich nicht von der Aufgabe, die dem Interpreten immer dann gesetzt ist, will er das Schutzgut eines Grundrechts beschreiben. Mangels Legaldefinition110 müssen diese Bestandteile unter Zugrundelegung systematischer, teleologischer und sonstiger verfassungsrechtlicher Auslegungskriterien111 bestimmt werden.112 Der so gewonnene verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff in seiner Gesamtheit unterscheidet sich seiner Funktion nach insofern kaum von den das Schutzgut umschreibenden Begriffen etwa der Grundrechte der Art. 5 III 1, 1. Alt., 12 GG. Ebenso wie dort bedarf es der Auslegung des jeweiligen Zentralbegriffs, um ein Abgrenzungskriterium zu gewinnen, anhand dessen der Anwendungsbereich des jeweiligen Grundrechts festgemacht werden kann. Art. 14 I 2 GG führt nur insofern zu einer Modifizierung, als es des Begriffs des Eigentums zunächst von vornherein nur 108 Siehe auch Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 92. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 13, Fn. 16, richtet sich, wenn auch in anderem Zusammenhang, überzeugend dagegen, die Interpretation des Gegenstands „der Eigentumsgarantie nicht, wie geboten, zunächst von Art. 14 I 1 GG, sondern erst von Art. 14 I 2 GG her“ zu bestimmen. Die grundgesetzlichen Vorgaben bezüglich des Eigentumsbegriffs sind also nicht abschließend in Art. 14 I 2 GG geregelt. 109 Siehe auch – unter Rückgriff auf die bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 221 gewählte Formulierung – Art. 14 I 2 GG als „Teilvorgabe“ des Eigentumsbegriffs verstehend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 84. 110 Vgl. etwa BVerfG (3. K./I) NJW 1992, 36 (37), Beschl. v. 29.7.1991, ferner schon oben S. 47, Fn. 98. Allerdings kann nach dem oben Dargelegten Art. 14 I 2 GG zumindest als eine Teillegaldefinition aufgefasst werden. 111 Siehe Sachs, in: ders., GG (2007), Einf., Rn. 37 ff. m. w. N. 112 Diese konkrete Auslegung des Eigentumsbegriffs wird in dieser Arbeit allerdings nicht näher behandelt; beispielhafte Ansätze dazu unten ab S. 98.

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dazu bedarf, um Gesetze zu unterscheiden. Die Frage, ob etwa ein faktisches Gewahrsamsverhältnis als Eigentum aufgefasst werden kann, ist deshalb schon von vornherein durch Art. 14 I 2 GG ablehnend beantwortet, ohne dass es noch einer weiteren Differenzierung bedürfte. Während also bei anderen Grundrechten umfassend gefragt wird, was Kunst bzw. ein Beruf i. S. d. Verfassung sein sollen, so stellt sich unter Berücksichtigung des Art. 14 I 2 GG bei der Eigentumsgarantie (anfangs) nur die (allerdings entscheidende Vor-) Frage, was ein Eigentumsgesetz ist. So können dann die auf dieser Grundlage beruhenden rechtlichen Zuordnungsverhältnisse benannt werden, die unter den Eigentumsbegriff des Art. 14 GG fallen. Maßgebliche verfassungsrechtliche Auslegungsfrage des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG ist es, welche Gesetze diesem Begriff zugeordnet werden können. Hat man dies nämlich bestimmt, so wirft es grundsätzlich113 keine weiteren rechtlichen Probleme mehr auf, welche konkreten Zuordnungsverhältnisse denn nun tatsächlich als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG zu qualifizieren sind.114 Dies vermag dann schnell festgestellt zu werden. Gleichwohl ist festzuhalten, dass es mit der Abgrenzung der Gesetze nicht schon getan ist, dass es also dieser weiteren Bezugnahme auf die konkreten Zuordnungsverhältnisse zwingend bedarf. Denn der Eigentumsbegriff selbst umfasst nicht etwa die Gesamtheit aller staatlichen, eigentumsrelevanten Gesetze. Der Bürger soll sich schließlich nicht ohne weitere, konkret auf ihn bezogene Betroffenheit115 mittels Art. 14 GG darauf berufen können, dass rechtmäßige Gesetze im Bereich der Eigentumsordnung bestehen bleiben oder geschaffen werden.116 Die abstrakte Sorge um die Rechtmäßigkeit obliegt der Legislative und bedingt der Judikative, nicht dem Einzelnen. Vielmehr ist Schutzgegenstand des subjektiven Abwehrrechts aus Art. 14 GG einzig und allein das auf der Grundlage dieser Gesetze konkret Erworbene. So ist es auch schließlich nicht die nackte Existenz eines Gesetzes, die dem Einzelnen Freiräume im vermögensrechtlichen Bereich sichert, sondern die aufgrund dessen zu eigen erlangten Zuordnungsverhältnisse in der Hand der Grund-

113 Anderes gilt allerdings für die Frage, welcher gesetzlichen Grundlage die rechtliche Zuordnung in Form der Bebauungsbefugnis zugehörig ist. Zu Unrecht glauben diesbezüglich einige, dass hier nicht das zivilrechtliche Grundeigentum maßgeblich sei, sondern eine eigenständige öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung. Hier kann ausnahmsweise nicht von dem insoweit unbestrittenen Bestehen einer rechtlichen Zuordnung ohne weiteres auf das die Legitimation hierzu beinhaltende Gesetz zurückgeschlossen werden. Dazu ausführlich unten S. 255 ff. 114 Angemerkt sei, dass im Rahmen dieser Qualifizierungsaufgabe auf das Zuordnungsverhältnis als Ganzes, nicht aber auf isolierte Befugnisse abzustellen ist. Darauf macht Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 120 – 131 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG aufmerksam. 115 Eben durch das Innehaben eines auf einem solchem Gesetz beruhenden Zuordnungsverhältnisses. 116 Vgl. neuerdings so i. E. auch Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte (2006), S. 121 – 123.

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rechtsträger. Auch insoweit ist es richtig, dass die Eigentumsgarantie nur das konkret Erworbene schützt.117 Die Qualifizierung eines Gesetzes als dem Eigentumsbegriff zuzurechnende Norm (hier zumeist Eigentumsgesetz genannt)118 ist somit notwendige, aber niemals hinreichende Bedingung für das Vorliegen von Eigentum i. S. d. verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs. Will man den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff bestimmen, so muss dieser zunächst die Definition dafür enthalten, auf welche Gesetze er sich bezieht, damit dann in einem zweiten Teilschritt festgestellt werden kann, ob auf Grundlage dieser Gesetze rechtmäßig begründete Zuordnungsverhältnisse bestehen. Daraus folgt, dass es Aufgabe des Interpreten des Art. 14 GG ist, die den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff prägenden Elemente so herauszuarbeiten, dass es anhand des Ergebnisses dieser Auslegung möglich wird, konkrete Gesetze daran zu messen, um so in einem zweiten Schritt die eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnisse feststellen zu können. Es bleibt festzuhalten: Die einfache Rechtsordnung vermag nicht aus sich heraus in eigener Machtvollkommenheit zu definieren, ob ein Gesetz dem Eigentumsbegriff des Art. 14 I 1 GG zuzurechnen ist. Die Gewährleistung eines Zuordnungsverhältnisses i. S. d. subjektiven Rechtsstellungsgarantie tritt vielmehr dann ein, wenn die verfassungsautonome Auslegung des Eigentumsbegriffs ergibt, dass die dem Zuordnungsverhältnis zugrunde liegende Norm diesem Begriff zugehörig ist. Die dazu notwendige Interpretation des Eigentumsbegriffs, der insoweit ganz selbstverständlich ein verfassungsrechtlicher Begriff ist, unterscheidet sich nicht von den Aufgaben, die der sonstigen Grundrechtsauslegung aufgegeben sind.119 Diesbezüglich bleibt also ein Stück weit grundrechtliche Normalität zu konstatieren. Die Praxisrelevanz der Auslegung des Eigentumsbegriffs ist in Anbetracht dieser seiner Abgrenzungsfunktion nicht gering zu schätzen. So ist schließlich etwa der bekannte Streit darüber, ob und in welcher Art und Weise öffentlich-rechtliche Positionen als Eigentum i. S. d. Art. 14 GG aufzufassen sind, nichts anderes als ein Auslegungsstreit bezüglich des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs.120 117

Vgl. S. 172, Fn. 599. Das Erworbene bezieht sich allerdings nicht unvermittelt auf die tatsächliche Sachherrschaft, sondern das konkrete, rechtlich geordnete Zuordnungsverhältnis, vgl. Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 608. 118 Zur Abgrenzung eines Eigentumsgesetzes zu den Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen vgl. unten S. 61 f. 119 Vgl. dagegen schon hier aus der Literatur exemplarisch Hösch, JA 1998, 727 (728). Dort heißt es eingangs: „Schon das Schutzgut des Art. 14 I 1 GG ist nicht eindeutig zu bestimmen. Was als Eigentum gewährleistet sein soll, ergibt sich nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift. Das BVerfG nahm ursprünglich […] an“ (wird ausgeführt). Bekommt man hier nicht bei unbefangener Lesart den Eindruck, es sei eine Besonderheit des Art. 14 GG, dass sich nicht ohne weiteres dem Wortlaut entnehmen lässt, was Eigentum ist? Demgegenüber bleibt festzustellen, dass die Frage, was Eigentum ist, sicherlich nicht schwieriger zu beantworten erscheint, als dies etwa bei der Frage nach Kunst, Wissenschaft, Gewissen und Meinung der Fall ist. 120 Vgl. allerdings Steinberg/Lubberger, Aufopferung (1991), S. 61, die nicht ganz zu Unrecht wegen der inzwischen eingetretenen „verbindlichen Klärung“ vieler Streitfälle durch

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

bb) Verfassungsautonome Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung Mit der Verknüpfung der Bestimmung des Eigentumsbegriffs mit der subjektiven Rechtsstellungsgarantie ist man jedoch noch nicht zum eigentlichen Kern des Streites um die Eigenständigkeit des Eigentumsbegriffs vorgedrungen. Schließlich steht noch immer die Frage im Raum, ob angesichts der so überaus zentral erscheinenden Rolle des Gesetzgebers der Eigentumsschutz nicht unzulässigerweise in dessen Hände gelegt wird, obschon die Legislative von wechselnden Stimmungen abhängig zu sein und mitunter „konfiskationslüstern“121 zu wirken scheint.122 Der entscheidende Teil der Antwort hierauf wird erst an späterer Stelle näher ausgeführt. Denn es wird sich zeigen, dass eine differenzierte Verhältnismäßigkeitskontrolle in Art. 14 GG grundgelegt ist, deren freiheitssichernde Wirkung nicht hinter dem bei anderen Grundrechten erreichten Schutzstandard zurückbleibt.123 Doch kann es hierbei nicht sein Bewenden haben. Von einem effektiven, grundrechtsdeterminierten Eigentumsschutz könnte keine Rede sein, wenn Art. 14 GG dem Gesetzgeber zwar besondere verfassungsrechtliche Bindungen auferlegt, dieser aber selbst über die Anwendbarkeit dieser Bindungen befinden könnte. Dann bekäme der Vorwurf der Preisgabe eines ausreichenden Eigentumsschutzes auf verfassungsrechtlicher Ebene hin zum Eigentumsschutz nach bloßer Maßgabe des einfachen Gesetzes Substanz. die Rechtsprechung davon sprechen, die Frage nach dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff sei insoweit in den Hintergrund getreten. 121 Vgl. Battis, Inhalt und Schranken, in: FS Leisner (1999), S. 682; Begriff schon bei Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe Kahl (1923), IV. Abschnitt, S. 21. 122 Mitunter scheint man dem Gesetzgeber jedoch ungebundenere Gestaltungsmacht zusprechen zu wollen und bezweifelt dadurch eben jene hier vorausgesetzte Unzulässigkeit einer grundrechtsfreien Gesetzgebung. Vgl. die pointierte, gleichwohl so schwerlich haltbare Kritik an der Heranziehung des Grundgesetzes zur Lösung konkreter Konflikte gerade auch im Bereich der Eigentumsordnung bei Schulte, UmweltR (1999), Kap. 5 (S. 134 ff.) in Anlehnung an Alexy, GrundR (1985), und dessen Verständnis der Grundrechte als Prinzipien. Schultes Kritik beschränkt sich jedoch im Wesentlichen darauf, (insoweit vom Ergebnis her wie hier) auf die Unhaltbarkeit einer Auffassung hinzuweisen, die glaubt, aus der Verfassung die punktgenaue Lösung sämtlicher in der Zukunft auftretender Probleme herauslesen zu können. Ein solches Zerrbild trifft jedoch nicht die h. M. und die hier vertretene Auffassung. Eine Verletzung des Art. 14 GG (vgl. schon gegen eine solche Formulierung Schulte, UmweltR (1999), Kap. 5 A (S. 137): Grundrecht allein als Abwägungsbelang, nicht aber als definitive Grenze) liegt nach Maßgabe der h. M. nicht in der Abweichung eines Gesetzes von einer dem Grundrecht immanenten, „herauszudeduzierenden“, einzelfallgenauen Lösung. Vielmehr wird eine Verletzung des Grundrechts nur dann angenommen, wenn der Gesetzgeber den ihm eingeräumten Rahmen verlassen hat, der sehr wohl Dezisionen und freie Gestaltungskompetenzen beinhaltet. Dieser vom BVerfG zu kontrollierende Rahmen geht dabei entgegen Schulte weit über ein unbestimmtes, zu prinzipieller „Haltlosigkeit“ (S. 149) führendes Abwägungsgebot (vgl. S. 136 f.) hinaus und setzt dem Gesetzgeber sachangemessen mitunter strikte Grenzen seiner Gestaltungsmacht. 123 Siehe unten ab S. 100.

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(1) Im Normalfall Doch gerade die Existenz des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs bewahrt vor einer solchen „offenen Flanke“124 der Eigentumsgarantie. Denn unter Zuhilfenahme dieses eigenständigen Begriffs ist zu bestimmen, ob ein Gesetz die Eigentumsordnung berührt. Rechtsfolge ist dann, dass es zur eigentumsspezifisch rechtfertigungsbedürftigen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG wird.125 Der Legislative steht also keinesfalls der Weg offen, über die ihr zugesprochenen definitorischen Kompetenzen selbst darüber zu entscheiden, ob ein gesetzliches Vorhaben den eigentumsgrundrechtlichen Bindungen zu genügen hat oder nicht. Vielmehr ergibt die Auslegung der Eigentumsgarantie folgendes: Fällt ein Gesetz unter den Eigentumsbegriff des Art. 14 GG,126 so gestaltet ein solches Gesetz den Inhalt des Eigentums i. S. d. Art. 14 I 2 GG. Es ist somit eine rechtfertigungsbedürftige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung. Ein neu erlassenes Gesetz ist gemäß Art. 14 I 2 GG dann als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren, wenn aufgrund und nach Maßgabe der sich nunmehr ergebenden Gesamtrechtslage127 Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG erworben werden kann und damit „Inhalt und Schranken“ dieser Eigentumspositionen sich auch nach dieser Änderungsvorschrift richten. (2) Der Sonderfall: Notwendigkeit der rückwärts gewandten Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen Doch bedarf es nicht zwingend einer Übereinstimmung auch der durch das Gesetz neu entstehenden Rechtslage mit den Voraussetzungen des Eigentumsbegriffs. Ausreichend für das Vorliegen einer Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG ist schon jede Abänderung der zuvor bestehenden eigentumskräftigen Gesetzeslage, wie sie sich nach Maßgabe des Eigentumsbegriffs ergab. Eben weil zuvor der (objektive) Inhalt der Eigentumsordnung durch jede dem Eigentumsbegriff zuzuordnende Norm gestaltet wurde, ist – den Wortlaut des Art. 14 I 2 GG ernst nehmend – jedwede Änderung eines solchen Gesetzes eine Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums im Sinne dieser Vorschrift. 124

Um die vielbenutzte, sonst beispielsweise auf die (ehemals vom BVerfG vertretene) zugleich enteignende Inhalts- und Schrankenbestimmung (so etwa Schoch, JURA 1989, 113 (121 bei Fn. 148)) oder die Steuergesetzgebung (siehe m. N. unten S. 192, Fn. 683) bezogene Redewendung ein weiteres Mal aufzugreifen. 125 Zur Unterscheidung von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen in diesem Zusammenhang siehe die Hinweise unten S. 56, Fn. 136; allgemein siehe unten ab S. 216. 126 Präziser: Unter die Teildefinition des Eigentumsbegriffs, nach deren Maßgabe in einem ersten Prüfungsschritt abgegrenzt wird, welche Gesetze es sind, auf deren Grundlage eigentumskräftige Zuordnungsverhältnisse legitimiert sind. 127 Zumeist wird es sich bei gesetzgeberischen Vorhaben nicht um solche die Rechtslage gänzlich reformierende Gesamtnormierungen handeln, sondern um punktuelle Änderungen der bestehenden Rechtslage. Daher ist bei der Beurteilung eines Änderungsgesetzes insoweit auf die Gesamtrechtslage abzustellen.

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Dies gilt – und das bedarf der Betonung – auch dann, wenn die nunmehr vom Gesetzgeber geplante (Gesamt-)Regelung für sich genommen normativ so ausgestaltet ist, dass auf ihrer Grundlage unter den Eigentumsbegriff fallende Zuordnungsverhältnisse nicht mehr entstehen können. Bezüglich der Möglichkeit, dass eine zuvor eigentumskräftige gesetzliche Regelung aufgrund eines Änderungsgesetzes nun nicht mehr dem Eigentumsbegriff zuzuordnen ist, sei auf das insoweit illustrierende Beispiel der „Abspaltung“ der Grundwassernutzung durch das WHG hingewiesen. Die neue128 durch das WHG geschaffene Rechtslage wird nach zutreffender Rechtsprechung des BVerfG bezüglich der Grundwassernutzung nicht mehr als eigentumsvermittelnd i. S. d. Art. 14 I 1 GG angesehen.129 Die Neuregelung ist also nicht mehr dem Eigentumsbegriff zuzuordnen. Zukünftige Änderungen, die sich im Rahmen dieser abgetrennten Nutzungsordnung bewegen, müssen dementsprechend auch nicht mehr den eigentumsgrundrechtlichen Schranken genügen. Gleichwohl war die erstmalige „Abspaltung“ schon deshalb eine Inhalts- und Schrankenbestimmung,130 weil sie die Eigentumsordnung abänderte, so wie sie bis dahin bestand.131 128 Allerdings machte das BVerfG die Abspaltung nicht erst in den konkret angegriffenen Vorschriften des WHG fest, vgl. die Nachweise unten S. 288, Fn. 250 f. sowie die Bedenken, inwieweit bei näherer Betrachtung überhaupt von einer Abspaltung gesprochen werden kann auf S. 285, Fn. 237. Das ändert allerdings nichts an der diesbezüglich bestehenden Einprägsamkeit des hier gewählten Beispiels. 129 BVerfGE 58, 300 (beispielsweise S. 328: Zuordnung zur Allgemeinheit), Beschl. v. 15.7.1981. 130 Vgl. im Ergebnis so explizit BVerfGE 58, 300 (332 und öfter), Beschl. v. 15.7.1981. 131 Mit der Beeinträchtigung der ehemals eigentumskräftigen Rechtslage kann hier also die Qualifizierung als Inhalts- und Schrankenbestimmung begründet werden. Zugegebenermaßen lässt das gewählte Beispiel des Nassauskiesungsbeschlusses jedoch an entscheidender Stelle Zweifel aufkommen. Zwar liefert der Sachverhalt dieser Entscheidung ein einprägsames Beispiel für eine Tätigkeit des Gesetzgebers, die zur Folge hat, dass eine Gesetzeslage fortan nicht mehr Eigentum vermitteln kann. Hier jedoch könnte die Qualifizierung der Gesetzesänderung als Inhalts- und Schrankenbestimmung womöglich schon daran festgemacht werden, dass neben der bloßen (im Übrigen auch noch unterstellten, siehe soeben Fn. 128) Abspaltung gleichzeitig die Schranken des Grundeigentums bestimmt werden (vgl. dahin tendierend BVerfGE 58, 300 (337 f.), Beschl. v. 15.7.1981). Wenn man allerdings konsequent die Ansicht vertritt, das (Grund-)Wasserrecht sei seit jeher ein selbstständiges und vom Bürgerlichen Recht getrenntes Rechtsgebiet gewesen (so BVerfGE 58, 300 (332 f.), Beschl. v. 15.7.1981) und ferner unterstellt, dass teilweise das Landesrecht seinerseits eigentumskräftige Rechtsstellungen in Bezug auf grundwasserbeeinträchtigende Nutzungen einräumte (so BVerfGE 58, 300 (349), Beschl. v. 15.7.1981), so führt der Hinweis auf die Schrankenregelung des Grundeigentums kaum zum Ziel. Es geht dann nämlich nicht mehr um eine „Abspaltung“ vom weiterhin eigentumskräftigen Grundeigentum, sondern allein um eine Umgestaltung eines selbstständigen Normierungskomplexes (vgl. insoweit unten S. 285, Fn. 237). Die Neuregelungen des WHG – gleich zu welchem Zeitpunkt sie ihre Wirkung entfalteten – bezogen sich dieser Rechtsauffassung nach also auf einen eigenständigen Rechtskreis. Vor der Regelung des WHG hatte die landesrechtlich eingeräumte Rechtsstellung keinen unmittelbaren (über die gleiche Rechtsinhaberschaft hinausgehenden) Bezug zum Grundeigentum des BGB und an dieser Schrankenziehung hat sich durch die Ablösung des Landesrechts durch das WHG nichts geändert. Wenn auch Personenidentität besteht, ist es nach wie vor nicht die Rechtsstellung als zivilrechtlicher Grundeigentümer, auf der die Befugnis zum

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Die Bestimmung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG erfolgt somit insoweit132 rückwärts gewandt: Jede Veränderung einer Rechtslage, die ehemals dem (verfassungsrechtlichen) Eigentumsbegriff133 zuzuordnen war, ist ihrerseits deshalb eine rechtfertigungsbedürftige Inhaltsbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG.134 Zugriff auf das Grundwasser beruht. Demzufolge kann aber die Qualifizierung des WHG als Inhalts- und Schrankenbestimmung auch nicht damit begründet werden, dass dieses Gesetz Inhalt und Schranken des Grundeigentums neu gezogen hat. Vielmehr vermag diese Qualifizierung letztlich nur dadurch begründet zu werden, dass man sie – rückwärts gewandt betrachtet – als Abänderung der ehemals verfassungsrechtliches Eigentum vermittelnden landesrechtlichen Gesetzeslage versteht. Ferner reicht auch die Bezugnahme auf die Beeinträchtigung konkreter subjektiver Eigentumsrechte nicht für die objektive, zukunftsgerichtete Prüfung anhand der Eigentumsgarantie aus, die zunächst bei BVerfGE 58, 300 (338 ff.), Beschl. v. 15.7.1981, durchgeführt wird; siehe insoweit auch S. 59, Fn. 141. Nun werden die Merkmale deutlich, derer es für einen Sachverhalt bedarf, bei dem es zwingend der rückwärts gewandten Qualifizierung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen bedürfte, um hinreichenden Grundrechtsschutz Wirklichkeit werden lassen zu können. Darunter fallen nämlich allein solche Fälle, in denen der Gesetzgeber (ohne konkrete subjektive Rechte zu berühren) eine Rechtslage, die zuvor dem Eigentumsbegriff zuzuordnen war, für die Zukunft insgesamt so abändert, dass danach keine eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnisse auf ihrer Grundlage mehr begründet werden können. Hier bedürfte es zwingend der rückwärts gewandten Qualifizierung, weil keine daran angrenzende, dem Eigentumsbegriff zuzuordnende Rechtslage (wie man etwa auf den ersten Blick beim Nassauskiesungsbeschluss das Grundeigentum heranziehen könnte) als Anknüpfungspunkt für die Qualifizierung als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung herangezogen werden könnte. 132 Oben wurde schon angesprochen, dass auch die erstmalige Neuschöpfung eines Rechts dann, wenn das dadurch geschaffene dem einzelnen Rechtsträger zugeordnete Rechtsverhältnis dem Eigentumsbegriff des Art. 14 GG unterfällt, eben deshalb auch zur Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 I 2 GG wird. Ferner wird bei den meisten Änderungsvorhaben, die eigentumskräftige Positionen betreffen, auch die neugeschaffene Rechtslage wieder dem Eigentumsbegriff zuzuordnen sein. Damit sind dann auch die Änderungen als Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG zu qualifizieren. Dies ist der Grund, weshalb es in der Praxis kaum jemals darauf ankommen wird, dass ein Änderungsgesetz deshalb als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren ist, weil es die alte Eigentumsordnung verändert hat. 133 Wie schon oben betont: Es geht um die Zuordnung bezüglich der Teildefinition des Eigentumsbegriffs, nach deren Maßgabe in einem ersten Prüfungsschritt abgegrenzt wird, welche Gesetze es sind, auf deren Grundlage eigentumskräftige Zuordnungsverhältnisse begründet werden können. 134 Dass auch und gerade in diesen Fällen des Rückbezugs auf die vordem bestehende Rechtslage eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung vorliegt, ist dem Wortlaut nach eine mögliche Auslegungsalternative (der objektiv feststellbare Akt der Veränderung dessen, was vordem Inhalt und Schranken des Eigentums prägte, kann schließlich ohne weiteres selbst als Inhalts- und Schrankenbestimmung aufgefasst werden), wird jedoch angesichts des Gebots, hinreichend effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten (siehe dazu unten S. 176, Fn. 617), ja hier, dem Grundrecht überhaupt eine vom einfachen Gesetzgeber unabhängige Wirkungsweise zu ermöglichen, zum Auslegungszwang. An dieser Stelle kann weiterhin außer Betracht bleiben, dass es in der Theorie noch einer weitergehenden Abgrenzung von Inhalt und Schranken bestimmenden Gesetzen zu den Enteignung ermöglichenden oder vollziehenden Gesetzen bedürfte. Praxisrelevant ist dies jedoch

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Für die Qualifizierung als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung ist dabei auf die schon bestehende objektive Eigentumsordnung abzustellen.135 Denn neben dem subjektiven Grundrecht beinhaltet die Eigentumsgarantie in Art. 14 I 2 GG auch einen objektiven Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber, die einfach-rechtliche Eigentumsordnung im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen zu gestalten. Deshalb ist es hinreichend, von einer Inhaltsbestimmung schon dann zu sprechen, wenn rückwärts gewandt die alte Eigentumsordnung verändert wird. Eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung liegt damit unabhängig von möglichen subjektiven Beeinträchtigungen in jeder Abänderung einer Norm, aufgrund derer zuvor unter den Eigentumsbegriff fallende Zuordnungsverhältnisse begründet werden konnten.136

nicht. Schließlich wird sich der Bürger, wenn er eine verfassungswidrige Einschränkung oder Verletzung eines ihm Eigentum i. S. d. Verfassung zuordnenden Gesetzes geltend machen will, nicht auf Gesetze berufen, die nicht prima facie und ohne Heranziehung weiterer begrifflicher Abgrenzungskriterien von einem Enteignungsgesetz unterschieden werden könnten. Zu dem hiermit angerissenen – allenfalls dogmatisch interessierenden – Fragenkomplex vgl. kurz unten S. 97. 135 Eine auf den ersten Blick näherliegende mögliche Auslegungsalternative bestünde darin, die rückwärts gewandte Qualifizierung nach Maßgabe der Beeinträchtigung konkreter, eigentumskräftiger Zuordnungsverhältnisse vorzunehmen. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung läge danach nur dann vor, wenn zusätzlich auch konkrete Zuordnungsverhältnisse in der Hand von Grundrechtsträgern durch die gesetzliche Abänderung betroffen wären. 136 Die Qualifizierung als Inhalts- und Schrankenbestimmung entfällt somit nicht schon dann, wenn ein Gesetz, aufgrund dessen eigentumskräftige Zuordnungsverhältnisse legitimiert wurden, abgeschafft oder so gemindert wird, dass es nicht mehr unter den Eigentumsbegriff fiele, gleichzeitig aber dafür Sorge getragen wurde, dass dabei kein verfassungsrechtliches Eigentum beeinträchtigt wird (entweder mangels noch konkret existierender Zuordnungsverhältnisse oder durch strikte Übergangsregelungen, die die noch existierenden Zuordnungsverhältnisse unangetastet lassen). Die in Fn. 135 angesprochene alternative Auslegungsmöglichkeit minderte den Eigentumsschutz in Ansehung des Gesetzgebers dagegen in solch einem Maße, dass sie vor dem Gebot hinreichend wirksamer Grundrechtsauslegung (siehe dazu die Nachweise unten S. 176, Fn. 617) keinen Bestand haben kann. Dass auch das BVerfG der objektiven Gestaltung der Eigentumsordnung (auch bei fehlender Eingriffswirkung) eigentumsgrundrechtliche Relevanz zumisst, ergibt sich zwingend aus der Entwicklung des eingriffsunabhängigen objektiven Abwägungsgebots, dazu unten S. 128 ff.; dass das BVerfG der Veränderung der objektiven Eigentumsordnung Bedeutung zumaß, zeigte sich schon zuvor, wenn das Gericht die Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung damit begründete, dass es sich „um eine den Inhalt des Rechtsinstituts Eigentum bestimmende Norm“ handele, siehe BVerfGE 21, 73 (79), Beschl. v. 12.1.1967; vgl. darüber hinaus auch gleich S. 60, Fn. 147. Im späteren Verlauf wird dargelegt, dass Inhaltsbestimmungen von Schrankenbestimmungen zu unterscheiden sind. Erst wenn später diese Konsequenz gezogen sein wird (siehe ab S.216), kommt für die hier zu behandelnde Fragestellung in den Blick, dass es hier in erster Linie um die Bestimmung von Inhaltsbestimmungen geht. Schrankenbestimmungen – für die allerdings ebenso gilt, dass sie verfassungsautonom zu qualifizieren sind – können hingegen wie in der vorangegangenen Fußnote beschrieben festgestellt werden. Im Vorgriff auf die späteren Ausführungen sei dabei angemerkt, dass eine einzelne Norm regelungstechnisch zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung sein kann und oft sein wird.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Ob ein Gesetz als Inhaltsbestimmung zu verstehen ist, richtet sich also nach der (Teil-)Auslegung des Eigentumsbegriffs. Berührt ein gesetzliches Änderungsvorhaben dem Eigentumsbegriff zuzuordnende Normen, so hat dies dann die dem Schutzgehalt des Art. 14 GG entsprechenden Konsequenzen. Schließlich muss ein solches Gesetz nun den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die die Eigentumsgarantie an Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen stellt, gerecht werden, um nicht wegen Verfassungswidrigkeit nichtig zu sein.137 In Anbetracht der Möglichkeit dieser rückwärtsgewandten Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen sind somit hinsichtlich der durchgängig grundrechtsdirigierten Gestaltung der einfachrechtlichen Eigentumsordnung alle sonst denkbaren Schutzlücken geschlossen.138 137 Man könnte sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, weshalb es überhaupt so entscheidend sein soll, die Frage nach der Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu beantworten. Diesbezüglich gilt es festzustellen, dass es bei Art. 14 GG gerade auch darauf ankommt, ob das neue (Änderungs-)Gesetz selbst als Inhaltsund Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG aufzufassen ist. Bei anderen Grundrechten kommt es in erster Linie allein darauf an, den Schutzbereich möglichst exakt zu bestimmen. Wie denn der potentiell beeinträchtigende Akt selbst näher zu klassifizieren ist, kann dahingestellt bleiben, solange bloß feststeht, dass er die Eingriffsschwelle überschritten hat. Die grundrechtliche Relevanz des eingreifenden Aktes steht in Relation zum zuvor festgestellten Schutzbereich und wird also nicht aus sonstigen, nicht zwingend im Zusammenhang mit der Eingriffsfrage stehenden Klassifizierungen heraus bestimmt. Im Folgenden wird jedoch aufzuzeigen sein, dass das normgeprägte Grundrecht der Eigentumsgarantie Gefahr liefe, vom Gesetzgeber ausgehöhlt zu werden, wenn nicht auch Gewährleistungen bezüglich nicht eingreifender Gesetze verankert wären (siehe etwa unten S. 171 ff.). Es bedarf hier mehr, als bloß des Schutzes des Grundrechtsträgers vor in konkretes Eigentum eingreifenden Akten. Angesichts der Bezogenheit allen Eigentumsschutzes auf den einfachen Gesetzgeber muss gewährleistet sein, dass die Eigentumsordnung durchgängig grundrechtsdirigiert gestaltet wird. Mittel zur Erreichung dieses Zieles ist die Feststellung aller derjenigen Gesetze, die auf die Eigentumsordnung einwirken, und das sind eben sämtliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen – unabhängig von deren Eingriffsqualität. Schon deshalb ist es somit bei Art. 14 GG entscheidend festzustellen, ob ein Gesetz als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung zu qualifizieren ist oder nicht (losgelöst von der strikten Bezogenheit auf die Frage nach der Eröffnung des Schutzbereichs). Wenn die Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung zu einer Kontrolle anhand der Eigentumsgarantie führt, die zunächst grundsätzlich unabhängig davon stattfindet, ob konkrete Eigentümer von dieser Inhalts- und Schrankenbestimmung betroffen sind, so profitiert der einzelne Grundrechtsträger allerdings mittelbar sehr wohl von dieser Kontrolle. Denn nur verfassungsmäßige, dem Art. 14 GG standhaltende Gesetze vermögen seine Rechtsstellung zu beeinflussen, und das gilt nicht nur bezüglich seines schon erworbenen Eigentums, sondern eben auch hinsichtlich zukünftiger Handlungen im eigentumsrelevanten Bereich. 138 An dieser Stelle sei noch hingewiesen auf den Pflichtexemplarbeschluss am Vortage des Nassauskiesungsbeschlusses (siehe dazu unten ab S. 173). Dort wurde in ein wenig fragwürdig erscheinender Weise versucht, die Qualifizierung der Pflichtexemplarregelung als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu begründen, indem auf „das Eigentum an dem vom Verleger hergestellten Druckwerk“ (BVerfGE 58, 137 (144), Beschl. v. 14.7.1981), bzw. auf das „Druckwerk als Gesamtheit aller Druckstücke“ (ibid. S. 145) abgestellt wurde, das durch die Regelung belastet werde. Ein Druckwerk als rechtliches Zuordnungsverhältnis im Sinne des Art. 14 I 1 GG gibt es jedoch nicht. Die bloße Zusammenfassung einiger eigentumskräftiger Zuordnungsverhältnisse zwecks gewisser ihnen gemeinsamer Reglementierungen durch ein

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Um dies am Beispiel zu verdeutlichen, sei hypothetisch angenommen, die zwangsweise Beendigung der friedlichen Nutzung der Kernenergie durch Gesetz falle nicht unter den Enteignungsbegriff des Art. 14 III GG.139 Ferner sei das Zuordnungsverhältnis hinsichtlich der Nutzung der Atomkraft durch die Kernkraftwerksbetreiber eine gänzlich eigenständige Eigentumsposition im Sinne des Art. 14 I 1 GG140, die Gesetz macht diese Zusammenfassung nicht schon zu einem eigenständigen Zuordnungsverhältnis im Sinne des Art. 14 I 1 GG. So wurde angesichts der auf das Druckwerk abstellenden Argumentation des BVerfG schon der Verdacht geäußert, in Wahrheit werde hier doch das Vermögen an sich geschützt (vgl. etwa Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 664; siehe hierzu auch Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 120 m. w. N. auf kritische Stimmen aufgrund des gedanklichen Ansatzes einer „Naturalleistungspflicht“). Die Qualifizierung als Inhaltsbestimmung (die strikt von der Frage zu trennen ist, ob durch die Normierung ein Grundrechtseingriff vorliegt; siehe zum Eingriff näher unten S. 379) hätte hier jedoch keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten müssen. Wie beispielsweise eine Nutzungsbeschränkung im Naturschutzrecht eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung bezüglich des zivilrechtlichen Grundeigentums ist – das ist unstreitig, sofern man die Frage nach der ausnahmsweise vorliegenden Enteignung und nach der Abtrennung der Bebauungsbefugnis außer Acht lässt (dazu unten jeweils ab S. 257 und S. 284) –, so liegt auch in der hier fraglichen Beschränkung eine Regelung betreffend das zivilrechtliche Sacheigentum (hinsichtlich Büchern). Ebenso, wie es bei einer naturschutzrechtlichen Regelung, die das Grundeigentum betrifft, bei Erlass noch nicht feststehen muss, welches Grundstück inwieweit später (etwa aufgrund von Umsetzungsmaßnahmen der Verwaltung) konkret betroffen sein wird, so ist es auch hier unbeachtlich, dass die Regelung nur einen bestimmten Personenkreis (Verleger) und nur jeweils ein Belegexemplar nach Wahl des Verlegers betrifft. Ebenso wenig, wie man dort erklärend auf die Gesamtheit der Grundstücke abstellen würde, muss hier vom gesamten Druckwerk gesprochen werden. Dass es der Verleger selbst ist, der das abzugebende Buch auswählt, hindert nicht daran, von einer Regelung betreffend das Sacheigentum von Verlegern an den von ihnen verlegten Büchern im Sinne des § 903 BGB zu sprechen, d. h. das konkret betroffene normative Zuordnungsverhältnis direkt zu benennen (siehe allerdings auch Ipsen, Besteuerung und Eigentum, in: FS Badura (2004), S. 203 f. dazu, dass bei der Frage, ob das Vermögen durch Art. 14 GG geschützt sei, gerade auf solch ein Argument abgestellt werde, um Steuern nicht als Eingriff zu werten). Rückwärts gewandt betrachtet war dieses Sacheigentum i. S. d. § 903 BGB an Büchern frei von Abgabepflichten, nunmehr besteht jedoch für einen bestimmten Personenkreis (Verleger) eine Beschränkung des normativen Zuordnungsverhältnisses. Damit hat sich die objektive Eigentumsordnung verändert, eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung liegt folglich vor. Noch nicht einmal dieser rückwärts gewandten Qualifizierung hätte es hier bedurft. Auch aufgrund der neu geschaffenen Rechtslage selbst kann Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG an Büchern noch immer begründet werden. Damit bestimmen die Änderungsvorschriften den Inhalt und die Schranken von Verfassungseigentum und sind schon deshalb Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 I 2 GG. Siehe überdies zum Pflichtexemplarbeschluss noch S. 173 f. und S. 378. 139 Zur hier nicht behandelten Abgrenzungsfrage vgl. die Nachweise auf den Streitstand unten S. 117, Fn. 380. Im Übrigen soll es bei dem hier gewählten Beispielsfall nicht um die an sich zumeist behandelte Frage nach der eigentumsgrundrechtlichen Behandlung der Alteigentümer gehen (siehe sogleich Fn. 141). Allein aufgrund dieser Einschränkung erübrigt sich hier überdies die Abgrenzungsfrage zu Art. 14 III GG. 140 Was möglicherweise mit dem „Inswerksetzen“ einer erteilten Genehmigung begründet werden könnte. Ebenso muss hier im Übrigen die Grundrechtsträgerschaft der Kernkraftwerksbetreiber vorausgesetzt werden.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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nicht mit dem zivilrechtlichen Eigentum am Grundstück verknüpft wäre. Dann stellte sich auch hier die Frage, weshalb das Ausstiegsgesetz überhaupt als rechtfertigungsbedürftige Inhaltsbestimmung zu qualifizieren sein sollte. Die zukünftige Rechtslage selbst wäre angesichts des Unterbindens einer normativen Zuordnung der Nutzung jedenfalls nicht mehr dem Eigentumsbegriff zuzuordnen. Es wäre ein absurdes Ergebnis, wenn die bloße Verschärfung atomrechtlicher Vorschriften eine rechtfertigungsbedürftige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung wäre (da die Zuordnungsverhältnisse, deren Inhalt und Schranken bestimmt werden, noch immer eigentumskräftig i. S. d. Art. 14 I 1 GG blieben), nicht aber die die Eigentumsordnung weitaus harscher umgestaltende gänzliche Abschaffung. Dies kann nur vermieden werden, wenn man im oben beschriebenen Sinne die Möglichkeit rückwärts gewandter Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen erkennt.141 Möglicherweise bedürfte es einer solchen rückwärts gewandten Qualifizierung jedoch dann nicht, wenn man zukunftsgerichtet die Negativdefinition von Eigentum als Form der Inhaltsbestimmung begreift. So wird betont, dass der Ausschluss weiterer Eigentumsbegründung hinsichtlich gewisser Rechte für die Zukunft eine prinzipiell denkbare Form der Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 I 2 GG sei.142 Ebenso führt das BVerfG aus, dass der Gesetzgeber auf Art. 14 I 2 GG gestützt den Eigentumsrechten nicht nur einen neuen Inhalt geben dürfe, sondern er auch „das Entstehen von Rechten, die nach bisherigem Recht möglich waren, für die Zukunft ausschließen“ könne.143 Hinzuweisen ist ferner auf die Konzeption Kubes, wonach die (durch „naturgutzentrierte“ Betrachtung zu erkennende)144 „legislative Unverfügbarstellung“ gewisser Naturgüter eine Form der Inhalts- und Schrankenbestimmung

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Allerdings steht die eigentumsgrundrechtliche Bewertung der Neugestaltung der Kernkraftnutzung an sich kaum im Blickfeld der Diskussion (Koch, NJW 2000, 1529 (1533 bei Fn. 31), meint, dass diesbezüglich kein ernsthafter Zweifel an der Zulässigkeit bestünde, allerdings verkürzt er dabei die objektive Verhältnismäßigkeitskontrolle auf die Institutsgarantie, siehe dazu unten ab S. 200). Gestritten wird in erster Linie nur um die Behandlung der „Alteigentümer“ und die Notwendigkeit von Übergangsregelungen in Form von Restlaufzeiten bzw. Ausgleichszahlungen (sofern man nicht Art. 14 III GG für einschlägig erachtet). Insoweit bereitet die Qualifizierung eines Ausstiegsgesetzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung keine weiteren Schwierigkeiten, da durch ein solches Gesetz (der Inhalt und) die Schranken des bis zur Abwicklung noch fortbestehenden Eigentums im Sinne des Art. 14 I 2 GG bestimmt werden (grundsätzlich a. A. indes Hösch, ThürVBl. 2000, 217 (218 ff.): Art. 12 GG sei insbesondere einschlägig). Zur Notwendigkeit auch der „bloß“ abstrakten Überprüfung der neu entstehenden Rechtslage gerade anhand der Eigentumsgarantie vgl. noch unten ab S. 174, insbesondere Fn. 607. Siehe ferner allgemein oben im Text S. 56 bei Fn. 135 f. 142 Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 387 bei Fn. 83; Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 240 f. 143 BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997. 144 Zu den Kriterien der Unterscheidung einer Unverfügbarkeitsnormierung von sonstigen Regelungen siehe Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 221 ff.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

sei.145 Wenn also womöglich auch die Abschaffung von Eigentumsrechten solchermaßen als Inhaltsbestimmung in Form der zukunftsgerichteten Negativdefinition erfasst werden kann, so ist zu überlegen, weshalb es noch – wie hier behauptet – in solchen Fällen mitunter zwingend einer „rückwärts gewandten“ Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen bedarf, um Rechtsschutzlücken schließen zu können. Zwar ist zuzugeben, dass durch die gerade wiedergegebenen Formulierungen grundsätzlich zutreffend die Bandbreite gesetzgeberischer Handlungsmöglichkeiten im Bereich des Art. 14 I 2 GG abgesteckt wird. Schließlich wird so aufgezeigt, dass auch eine solche Negativdefinition eine prinzipiell mögliche Handlung des inhaltsbestimmenden Gesetzgebers ist, die also nicht zwangsläufig dem Bereich der Enteignung zugeschlagen werden muss. Doch ist mit dieser Beschreibung der zukunftsgerichteten Wirkung einer solchen Inhaltsbestimmung das davor liegende Problem der eigentlichen Qualifizierung des Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung noch nicht gelöst. Denn allein der Akt der Negativdefinition bleibt für sich genommen neutral. Um das am Beispiel zu verdeutlichen: Die Abschaffung eines fürsorgerisch gewährten öffentlich-rechtlichen Anspruchs wäre keine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung.146 Im Gegensatz dazu wäre dies bei der Abschaffung eines als Äquivalent eigener Leistung gewährten öffentlich-rechtlichen Anspruchs der Fall, obwohl doch beide Mal die Abschaffung in der Handlungsform ohne Unterschied als zukunftsgerichtete Negativdefinition zu bewerten ist. Schon hierdurch zeigt sich, dass es auch hinsichtlich derjenigen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen, die deskriptiv durch die zukunftsgerichtete Negativdefinition erfasst werden können, zuvor der rückwärts gewandten Qualifizierung als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung bedarf. Nur hierdurch wird geklärt, ob es sich beim „Regelungsgegenstand“ der Negativdefinition überhaupt um eine eigentumsrelevante Materie handelt. Dieser Blick auf die Veränderung der zuvor bestehenden objektiven, dem Eigentumsbegriff zuzuordnenden Rechtslage ist somit für die Qualifizierung als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung in solchen Fällen zwingend. Folglich stellt das BVerfG ganz zu Recht allein auf die Negativdefinition derjenigen Rechte ab, „die nach bisherigem Recht möglich waren.“147 Somit kann in dem oben gebildeten Beispiel des legislativen Verbots der

145 Kube, ZG 2000, 11 (33 f.); ausführlich Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), passim, insbesondere S. 219 ff. 146 Vgl. die Nachweise unten S. 257, Fn. 109 f. darauf, dass nach h. M. öffentlich-rechtliche Zuordnungsverhältnisse (zumindest) auf nicht unerheblichen Eigenleistungen gründen müssen, um Art. 14 I 1 GG zu unterfallen, und dass fürsorgerisch gewährte Ansprüche diese Anforderungen nicht erfüllen. 147 BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997; ebenso Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 387 bei Fn. 83. Vgl. auch den Rückbezug bei Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 223, der von einem Naturgut spricht, „welches bislang einem Eigentumsgegenstand zugeordnet war“. Ferner erkennt das BVerfG (auch) in diesen Entscheidungen, dass die Inhaltsgestaltung im Sinne des Art. 14 I 2 GG als ein auch objektiver Handlungsauftrag zu verstehen ist, wie sich im

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Kernkraftnutzung die Qualifizierung als vor Art. 14 GG rechtfertigungsbedürftige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung nicht unter Rückgriff auf die zukunftsgerichtete Negativdefinition, sondern insoweit148 allein wegen der Möglichkeit der rückwärts gewandten Qualifizierung im oben entfalteten Sinne begründet werden. (3) Prinzipielle Unterscheidbarkeit dieser Qualifizierung von der Frage nach dem Eigentumsbegriff Es ist zu vergegenwärtigen, dass die Qualifizierung eines Gesetzes als Inhaltsbzw. Schrankenbestimmung eine von der Auslegung des Eigentumsbegriffs getrennt zu betrachtende Fragestellung ist. Während die Funktion des Eigentumsbegriffs in letzter Konsequenz allein darin besteht, konkrete normative Zuordnungsverhältnisse in der Hand von Grundrechtsträgern zu bestimmen, die eben jenes Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG ausmachen, geht es bei der Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen einzig um Gesetze. Schon angesichts dieser unterschiedlichen Zielsetzung muss es verwehrt bleiben, die Funktion des Eigentumsbegriffs ohne nähere Erläuterung mit der Abgrenzungsproblematik der Inhalts- und Schrankenbestimmungen von den sonstigen Gesetzen gleichzusetzen.149 Wenn es auch wesentlicher Zwischenschritt ist, zunächst die Gesetze zu unterscheiden, um feststellen zu können, was Eigentum ist, bleibt die Bestimmung des Eigentumsbegriffs angesichts der Bezogenheit auf konkrete Zuordnungsverhältnisse hierbei nicht stehen. Darüber hinaus ist die Menge der Gesetze, die anhand der bloßen Teildefinition des Eigentumsbegriffs als Eigentum ermöglichende Gesetze qualifiziert werden können (Eigentumsgesetze), zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht notwendig deckungsgleich mit der Menge aller Inhalts- und Schrankenbestimmungen. Angesichts der rückwärts gewandten Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen kann ein Gesetz wegen Veränderung der bis dahin bestehenden objektiven Eigentumsordnung als Inhalts- und Schrankenbestimmung, gleichwohl aber nicht als Eigentumsgesetz aufzufassen sein. Das ist immer dann der Fall, wenn durch ein Gesetz eine wie auch immer geartete Minderung (bzw. Rechtsabschaffung) angestrebt wird, der zufolge die neu entstehende Rechtslage nicht mehr dem Eigentumsbegriff zuzuordnen wäre. Beispielhaft könnte je nach konkreter Definition des Eigentumsbegriffs

Rückschluss aus dem nächsten Satz ergibt, bei dem dann erst die „nach altem Recht begründeten [subjektiven] Rechte“ behandelt werden. Siehe ferner oben S. 56, Fn. 136. 148 Bezüglich der jedoch im Schrifttum allein diskutierten Frage nach der eigentumsgrundrechtlichen Behandlung der „Alteigentümer“ vgl. zur Möglichkeit der Qualifizierung als Inhalts- und Schrankenbestimmung soeben Fn. 141. 149 A. A. – eher auf Gesetze abstellend – Böhmer, NJW 1988, 2561 (2572 bei und nach Fn. 80); vgl. auch m. w. N. Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 245 f. Diesbezüglich anders als hier primär auf die Gesetze statt auf die konkreten Zuordnungsverhältnisse fixiert sind wohl auch diejenigen Literaturstimmen, die davon ausgehen, Inhalts- und Schrankenbestimmungen könnten niemals in den Schutzbereich des Art. 14 GG eingreifen, siehe dazu unten ab S. 219.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

etwa die Zuordnung eines Rechts zum Rechtsträger maßgeblich gelockert150 oder als anderes Beispiel der Anteil eigener Leistung an einem öffentlich-rechtlich gewährten Anspruch stark minimiert werden.151 Im Vorgriff auf spätere Ausführungen sei ferner darauf hingewiesen, dass man zwar verfassungswidrige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen als eigene Kategorie neben den verfassungsmäßigen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen begreifen kann, Gleiches aber nicht für die hier sog. Eigentumsgesetze gilt.152 Es ist nach allem festzuhalten, dass die Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen wegen des Rückbezugs auf den Eigentumsbegriff zwar unabdingbar mit Letzterem verbunden ist. Zur Qualifizierung muss schließlich auf eine Teildefinition des Eigentumsbegriffs zurückgegriffen werden, nämlich darauf, welche Gesetze überhaupt Eigentumsgesetze sind. Dennoch bleibt diese Qualifizierung prinzipiell eine eigenständige Fragestellung, die nicht mit der nach dem Eigentumsbegriff gleichzusetzen ist. cc) Bewertungen Die somit erläuterte Bedeutung des Eigentumsbegriffs für subjektive Rechtsstellungsgarantie und verfassungsautonome Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen vor Augen, sollen nun einige Schlussfolgerungen bezüglich der Bedeutung des Eigentumsbegriffs für das Eingreifen eigentumsgrundrechtlicher Schutzmechanismen gezogen werden.

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Regelung einer nunmehr öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung (Sachverhalt zum Nassauskiesungsbeschluss) als „letzte Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung“, derzufolge nämlich diese Nutzungsordnung selbst angesichts des an die Stelle der bisherigen Zuordnung gesetzten, von Eigentümerbelangen weitgehend unabhängigen behördlichen Ermessens zwar nicht mehr dem Eigentumsbegriff zuzuordnen ist, die jedoch angesichts der Abänderung der bisher bestehenden Eigentumsordnung gleichwohl als Inhaltsbestimmung zu qualifizieren ist. Siehe dazu näher oben ab S. 53. Zur Terminologie hinsichtlich der „hinreichend festen Zuordnung“ siehe S. 69, Fn. 169. 151 Sofern man einen hinreichend gewichtigen Anteil eigener Leistung als konstitutiv für die Qualifizierung eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG ansieht, so könnte hier (paradoxerweise) die Minimierung des selbst zu tragenden Anteils (als grundsätzlich bürgerfreundliche Maßnahme) u. U. dazu führen, dass der nach Gesetzesänderung gewährte Anspruch angesichts des zu geringen Eigenanteils nunmehr nicht mehr als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG zu qualifizieren ist. 152 Die verfassungsrechtlichen Anforderungen sind Bestandteil des Eigentumsbegriffs (siehe unten S. 96 f.), sodass verfassungswidrige Gesetze per definitionem nicht als Eigentumsgesetze verstanden werden können. Die Zuordnung eines Gesetzes zum Eigentumsbegriff setzt – anders als die Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung – die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes voraus.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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(1) Eigentumsbegriff als (indirekte) Vorbedingung für lückenlosen Grundrechtsschutz auch gegenüber dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber Wenn auch für sich genommen der Eigentumsbegriff des Art. 14 GG „nur“ dazu dient, den Umfang der subjektiven Rechtsstellungsgarantie zu bestimmen, so zeigt doch erst die unter alleinigem Rückgriff auf seine Maßstäblichkeit153 vorgenommene Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen die volle Tragweite auf, die dem Eigentumsbegriff im Rahmen des Art. 14 GG zukommt. Bei der Auslegung des Eigentumsbegriffs ist dessen verfassungsrechtlicher Selbststand hervorzuheben. Rein objektiv ist zu prüfen, ob die eigentumsrelevante Rechtslage berührt ist, sodass infolge dessen ein Gesetz als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung zu qualifizieren ist. Durch diese unabhängig vom subjektiven Willen des Gesetzgebers vorgenommene Qualifikation154 ist dann wiederum die Tür geöffnet für die weitere Überprüfung der Norm anhand der spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen der Eigentumsgarantie. Unter Verwendung von Kriterien des Eigentumsbegriffs, die durch Verfassungsauslegung zu bestimmen sind und deren Anwendung von der Verfassungsgerichtsbarkeit letztverbindlich kontrolliert wird, ist deshalb lückenlos jedes das Eigentum betreffende Gesetz den eigentumsgrundrechtlichen Maßstäben zu unterwerfen, um nicht nichtig und damit wirkungslos zu bleiben. Die vom einfachen Gesetzgeber unabhängige Bestimmung der an der Eigentumsgarantie zu messenden Gesetze manifestiert sich plastisch in Folgendem: Es ist irrelevant, welche Bezeichnung der einfache Gesetzgeber für ein von ihm erlassenes Gesetz wählt oder wie er selbst es bewertet. Ob auf Grundlage eines Gesetzes Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG erworben werden kann, richtet sich allein nach den Kriterien, die durch Auslegung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs ermittelt werden. Das Gleiche gilt für die Frage, ob ein Gesetz wegen seiner Qualifizierung als Inhaltsbzw. Schrankenbestimmung den eigentumsgrundrechtlichen Anforderungen genügen muss. Deshalb ist es unschädlich, dass – anders als beim Eigentum i. S. d. § 903 BGB – die meisten derjenigen rechtlichen Zuordnungsverhältnisse, die unter den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff fallen, einfachgesetzlich nicht explizit als Eigentum bezeichnet werden. Vor allem aber kann der inhaltsbestimmende Gesetzgeber nicht dadurch die Reichweite des Art. 14 GG zu schmälern suchen, dass er bestimmte durch Gesetz strukturierte Zuordnungsverhältnisse, deren Gewährleistung durch 153

Zur Qualifizierung als Inhaltsbestimmung hat schließlich nichts weiter zu geschehen, als festzustellen, welche Gesetze dem Eigentumsbegriff zum Zeitpunkt des Erlasses des zu kontrollierenden Gesetzes zuzuordnen waren, bzw. ob die neu entstehende Rechtslage ihrerseits dem Eigentumsbegriff zuzuordnen ist. 154 Damit soll nichts darüber ausgesagt werden, ob die Zielrichtung eines Gesetzes und der subjektive Wille des Gesetzgebers auch bei der davon zu unterscheidenden Abgrenzung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen und (Teil-)Enteignungsgesetzen außer Betracht zu bleiben hat.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

die Eigentumsgarantie umstritten ist, nunmehr explizit als „Nicht-Eigentum“ kennzeichnet, um so die Gestaltung solcher Vorschriften eigentumsgrundrechtlich rechtfertigungsfrei werden zu lassen.155 Zwar ist und bleibt es zunächst Sache des Gesetzgebers, ob156 und auf welche Art und Weise er rechtliche Zuordnungen gestaltet. Ist dies jedoch einmal geschehen, hat also der Gesetzgeber eine rechtliche Zuordnung zum Inhalt eines Gesetzes gemacht, so ist die Frage, ob dieses Gesetz verfassungsrechtliches Eigentum vermitteln kann bzw. als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren ist, einzig durch Auslegung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs zu ermitteln. Für die Annahme einer wie auch immer gearteten Definitionskompetenz des inhaltsgestaltenden Gesetzgebers selbst bleibt angesichts dessen kein Raum mehr. Die dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber obliegenden eigentumsgrundrechtlichen Bindungen greifen also immer dann, wenn dies für eine (verfassungsautonom festzustellende) wirkungsvolle Gewährleistung des Grundrechts als angemessen erscheint. (2) Eigentumsbegriff und dogmatische Gesamtkonzeption des Art. 14 GG In der Zusammenschau mit der später näher zu erläuternden Verhältnismäßigkeitskontrolle zeigt sich, wie Art. 14 GG sachangemessen ausgelegt werden kann: Wenn es bezogen auf die Fülle der einschlägigen Konfliktfelder keine jeweils allein „richtige“ Auflösung der Spannungslage zwischen selbstbestimmtem Freiheitswunsch und entgegenstehenden Allgemeinwohlbelangen geben kann, anders ausgedrückt: wenn nur in der Dezision die (gleichwohl unumgänglich herbeizuführende) Lösung solcher Problemlagen zu finden ist, so kann in der parlamentarischen Demokratie niemand anderem sinnvoller diese Entscheidungsfindung überantwortet werden als dem Gesetzgeber. Darin liegt die Bedeutung der Zuweisung des Inhaltsbestimmungsrechts an den Gesetzgeber. Durch einen Eigentumsbegriff, dem nur gesetzliche Zuordnungen unterfallen können, werden der Legislative wirkungsvoll Gestaltungsräume gesichert, deren Ausfüllung andernfalls vom letztentscheidenden Votum des BVerfG abhinge. Den Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, der hierin seine Rechtfertigung findet,157 in Einklang zu bringen mit der grundlegenden rechtsstaatlich-freiheitlichen Funktion eines Grundrechts, dem Einzelnen von staatlicher (und damit auch von gesetzgeberischer) Abhängigkeit losgelöste Freiräume zu sichern, ist Anliegen der spe155

Man stelle sich beispielhaft vor, der Gesetzgeber erließe im Rahmen etwa von Regelungen über die sog. Hinterbliebenenversorgung eine Vorschrift mit folgendem Wortlaut: „Die im Folgenden dem Einzelnen zugesprochenen Leistungen werden fürsorgerisch gewährt. Sie sind nicht als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG anzusehen.“ 156 Sieht man von der Frage nach einem über die Institutsgarantie oder sonstige Auslegungsbemühungen vermittelten Leistungsrecht auf Gesetzgebung ab, vgl. dazu die Hinweise oben S. 32, Fn. 38; S. 38, Fn. 57 a. E. sowie S. 234, Fn. 9. 157 Vgl. ferner zur Gefahr einer Verfestigung bloß faktischer Herrschaftsverhältnisse bei fehlender Normgeprägtheit oben die Nachweise S. 36, Fn. 50.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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zifischen Grenzen, die dem Gesetzgeber bei seiner Tätigkeit durch ein Eigentumsgrundrecht auferlegt werden müssen. Auch dieser Aufgabe vermag Art. 14 GG gerecht zu werden: (1) Der Verfassungsgeber fand eine einfachrechtliche Eigentumsordnung vor, die in ihrer Gesamtheit als eine den jeweils einzelnen Bürgern zugeordnete, vom unmittelbaren staatlichen Einflussbereich deutlich abgetrennte Vermögenssphäre beschrieben werden kann, welche durch die privatautonome, grundsätzlich staatsunabhängige Nutzbarkeit gekennzeichnet ist.158 Diese (aus der Vielzahl der konkreten Zuordnungsverhältnisse bestehende) Vermögenssphäre ist vom Verfassungsgeber durch den Verweis auf die Inhaltsbestimmung des Eigentums durch den einfachen Gesetzgeber in Art. 14 I 2 GG unter den verfassungsrechtlichen Schutz des Grundgesetzes gestellt worden. Allerdings wurde in Einsicht der begrenzten Möglichkeiten einer Verfassung zur Detailregelung und in Erkenntnis der sachgegebenen Wandelbarkeit der Eigentumsproblematik in die Zeit hinein keine statische Form der Unterschutzstellung gewählt, sondern eine zur näheren Anpassung in die Hände des jeweils aktuellen Gesetzgebers gelegte dynamische Gewährleistung eben dieser Vermögenssphäre (Inhaltsbestimmungsrecht des Gesetzgebers). (2) Jedes diese (in der objektiven Eigentumsordnung sich manifestierende) Vermögenssphäre betreffende, sie wie auch immer umgestaltende Gesetz ist von Verfassungs wegen als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung zu klassifizieren; der verfassungsrechtliche Begriff des Eigentums gibt die Gewähr dafür, dass sich der Gesetzgeber dieser verfassungsautonom zu vollziehenden Qualifizierung nicht entziehen kann. (3) Liegt eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung vor, so müssen die eigentumsgrundrechtlichen, (auch) objektiv und deshalb durchgängig wirkenden Bindungen beachtet werden: Die materiellen Schutzgehalte der Eigentumsgarantie finden zwingend Beachtung. Obwohl also die aus dem immer neuen Handeln des Gesetzgebers resultierende Dynamik der Eigentumsordnung in Art. 14 I 2 GG bewusst verankert wurde, ist ebenso dafür Sorge getragen worden, dass lückenlos bei jedem Änderungsansinnen des Gesetzgebers den materiellen Gewährleistungsgehalten der Eigentumsgarantie Folge geleistet werden muss. Die unumgängliche Bindung an diese eigentumsgrundrechtlichen Rahmenbedingungen vermag deshalb – jenseits der ebenso unvermeidbaren Dezision im Einzelnen – wirksam freiheitserdrosselnde Eigentumsgestaltung 158

Allgemein zum Verhältnis zwischen Bürgerlichem Recht („Primat“) und Verfassung („Vorrang“) vgl. instruktiv Jestaedt, Grundrechtsentfaltung (1999), S. 22 ff. Siehe auf die 1949 vorgefundene Eigentumsordnung hinweisend auch Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 1; wenn es dort jedoch heißt, dieses „Rechtsinstitut“ könne vom Gesetzgeber lediglich „konkretisierend“ geprägt werden (unter Verweis auf Depenheuer, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 32), lebt die nicht überzeugende inhaltliche Vorstellung eines Nachzeichnens auf, sodass also der Grundrechtsinterpret das „Vorgezeichnete“ (der Institutsgarantie? des Eigentumsbegriffs im Sinne Depenheuers?) herausarbeiten muss, um die verfassungsrechtliche Kontrolle durchzuführen.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

durch den Gesetzgeber zu verhindern. Mit dem so normierten Inhaltsbestimmungsrecht des einfachen Gesetzgebers zur angemessenen, parlamentarisch fundierten Problembewältigung bei gleichzeitiger unabdingbarer Sicherung des verfassungsrechtlichen Schutzanliegens konnte der Verfassungsgeber die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums als ausgewogen gesichert wissen. Nun aber soll es darum gehen aufzuzeigen, ob und inwieweit dieses Verständnis mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung übereinstimmt. Ferner sollen insbesondere von der dargelegten Konzeption abweichende Positionen einer Würdigung unterzogen werden. c) Zum Verständnis des Eigentumsbegriffs in der Rechtsprechung des BVerfG aa) Zum Eigentumsbegriff selbst (1) Zur Funktion des Eigentumsbegriffs Grundsätzlich ist feststellbar, dass sich das BVerfG der Abgrenzungsfunktion des Eigentumsbegriffs sehr wohl bewusst ist.159 Auch begreift es ihn nicht als selbstständigen materiellen Prüfungsmechanismus und bemüht sich stattdessen um die Herausarbeitung der Abgrenzungsmerkmale, insoweit dies zur Lösung der zu entscheidenden Fälle jeweils notwendig ist. Geht es um die Frage, ob eine Rechtsposition vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfasst ist, d. h. um das Ausloten der Reichweite des Art. 14 GG, wird – wie auch hier vertreten –160 vom BVerfG gehäuft der Terminus des (verfassungsrechtlichen) Eigentumsbegriffs herangezogen.161 159

Dieser Einschätzung zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), 78. 160 Siehe oben S. 47 ff. sowie unten S. 73. 161 BVerfGE 2, 380, Urt. v. 1.7.1953: „Ausdehnung des Eigentumsbegriffs auf alle privaten Vermögensrechte“ (S. 400); „umfaßt schon der Begriff ,Eigentum in Art. 14 I GG Fürsorgeansprüche nicht, so darf […]“ (Hervorhebung schon im Original); „auch ist hier nicht zu untersuchen, ob öffentlich-rechtliche Ansprüche denkbar sind, die so starke privatrechtliche Elemente enthalten, daß sie dem verfassungsrechtlichen Begriff des Eigentums zugerechnet werden müssen“ (S. 402). Letzter Satz wörtlich zitiert bei BVerfGE 4, 219 (240), Beschl. v. 21.7.1955, siehe dort auch: „Nach […] BVerfGE 2, 380 (399 – 403) umfaßt der Begriff Eigentum im Sinne des Art. 14 GG ,jedenfalls grundsätzlich nicht vermögenswerte Rechte des öffentlichen Rechts“; vgl. auch Rupp-v. Brünneck, BVerfGE 32, 111, 129 (141), abw. M. zum Beschl. v. 20.10.1971. Ferner BVerfGE 16, 94 II (111), Beschl. v. 7.5.1963: „Die Frage, ob und inwieweit subjektive öffentliche Rechte dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff des Art. 14 GG einzuordnen sind, ist streitig“. Siehe darüber hinaus BVerfGE 36, 281 (290), Beschl. v. 15.1.1974; 42, 263 (292 f.), Urt. v. 8.7.1976; 83, 201 (208), Beschl. v. 9.1.1991, zur Frage nach der Definition, was unter „Eigentum“ zu verstehen sei. Vgl. aus jüngerer Zeit BVerfGE 97, 271 (283 f.), Beschl. v. 18.2.1998, wo es zunächst nur heißt: „Keine Rechtposition, die dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterliegt.“; öffentliche Positionen „genießen Eigentumsschutz, wenn […]“. Dann jedoch ist zu lesen: „Ob

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Ebenso ist es grundsätzlich überzeugend, wenn das Gericht von den konstituierenden Merkmalen des Eigentumsbegriffs spricht.162 Auch dies bezieht sich auf die Abgrenzungsaufgabe, die der Eigentumsbegriff zu erfüllen hat: Es bedarf der Herausarbeitung derjenigen Merkmale, anhand derer Gesetze und konkreter die darauf beruhenden Rechtspositionen herauszufiltern sind, die der subjektiven Rechtsstellungsgarantie des Art. 14 GG zuzuordnen sind. In seinen Formulierungen wahrt das BVerfG dabei die nötige Präzision, indem es als Schutzgegenstand nicht etwa die Gesetze selbst bezeichnet, sondern die auf Grundlage von Gesetzen erworbenen „konkreten, dem einzelnen Eigentümer zugeordneten […] Rechte“ als Schutzgegenstand der verfassungsrechtlichen Gewährleistung heranzieht.163 In der Sache selbst, d. h. bei der inhaltlichen Konkretisierung der Merkmale des Eigentumsbegriffs, zieht das BVerfG Vergleiche zum unstreitig dem Art. 14 GG zuzuordnenden Eigentum des Bürgerlichen Gesetzbuches.164 Gerade auch aus dieser vergleichenden Betrachtung heraus lässt sich erkennen, dass Eigentum im Sinne der Eigentumsgarantie (in der Regel) nur dann vorliegen kann, wenn es sich um Rechtspositionen handelt, „die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigener Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf“.165 Die Berechtigung, solche Verauch die Ansprüche auf Versorgung der Hinterbliebenen dem Eigentumsbegriff des Art. 14 I GG unterfallen, hat das Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassen (vgl. BVerfGE 55, 114 (131 f.); 69, 272 (299)).“ Statt den Ausdruck „Eigentumsbegriff“ zu verwenden, wird dagegen beispielsweise bei BVerfGE 31, 275 (283), Beschl. v. 8.7.1971; 81, 12 (16), Beschl. v. 3.10.1989; 81, 208 (219), Beschl. v. 23.1.1990, und 97, 228 (264), Urt. v. 17.2.1998, nur gefragt, was „Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG“ sei. 162 BVerfGE 1, 264 (279), Urt. v. 30.4.1952; 4, 219 (240), Beschl. v. 21.7.1955; 11, 221 (226), Beschl. v. 21.6.1960; 14, 288 (293), Beschl. v. 11.10.1962; 24, 220 (225), Beschl. v. 16.10.1968; 51, 193 (221), Beschl. v. 22.5.1979; vgl. auch BVerfGE 31, 229 (240 f.), Beschl. v. 7.7.1971; 53, 257 (290), Urt. v. 28.2.1980; 69, 272 (299 f., 303), Urt. v. 16.7.1985; 83, 201 (208), Beschl. v. 9.1.1991, wo allerdings nicht vom Eigentumsbegriff die Rede ist. 163 BVerfGE 31, 275 (284), Beschl. v. 8.7.1971. Vgl. ferner die in der vorangehenden Fußnote genannten Verweise, wo durchgängig allein auf Vermögens- bzw. Rechtspositionen oder aber auf Ansprüche abgestellt wird; immer geht es also um das Recht in der Hand des einzelnen Grundrechtsträgers. 164 BVerfGE 4, 219 (241), Beschl. v. 21.7.1955, wo mit „Eigentümer“ augenscheinlich der Eigentümer i. S. d. BGB gemeint ist; 16, 94 II (112), Beschl. v. 7.5.1963 (Rechtspositionen, die dem Privateigentum nahekommen); 53, 257 (289), Urt. v. 28.2.1980: Rechtsposition, „die derjenigen des Eigentümers [ergänze auch hier: im Sinne des BGB] entspricht“; genauso 69, 272 (300 f.), Urt. v. 16.7.1985, dort auch: nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts als privatnützig zugeordnet; ebenso BVerfGE 72, 9 (19), Beschl. v. 12.2.1986. Vgl. des Weiteren BVerfGE 79, 174 (191), Beschl. v. 30.11.1988 („ebenso ausschließlich wie Eigentum an einer Sache […] zugeordnet“); so auch 83, 201 (208 f.), Beschl. v. 9.1.1991. Im Hinblick auf die Qualifizierung öffentlich-rechtlicher Positionen als Eigentum vgl. jedoch Papier, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 130 f., der mit Recht insoweit das Kriterium der Eigenleistung als entscheidend hervorhebt (Rn. 132). 165 BVerfGE 91, 294 (307), Beschl. v. 22.11.1994; 95, 267 (300), Urt. v. 8.4.1997. Vgl. auch BVerfGE 79, 174 (191), Beschl. v. 30.11.1988; 83, 201 (208), Beschl. v. 9.1.1991: zur privaten

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

gleiche zum BGB-Eigentum zu ziehen und auf diese Weise einzelne Eigenschaften hervorzuheben (die dann als Grundlage der Beantwortung der Frage dienen, ob gewisse andere Positionen genauso dem Eigentumsbegriff zuzuordnen sind), ergibt sich aus dem vom Gericht zu Recht bisweilen ausdrücklich herangezogenen Rückschluss aus dem Sinnzusammenhang und der Funktion der Eigentumsgarantie.166 So heißt es beispielsweise bei BVerfGE 42, 263 (292 f.)167: Das Grundgesetz enthält allerdings keine Definition des Eigentumsbegriffs im verfassungsrechtlichen Sinn. Bei der Beantwortung der Frage, welche vermögenswerten Güter als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG anzusehen sind, muss daher auf den Zweck und die Funktion der Eigentumsgarantie unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung im Gesamtgefüge der Verfassung zurückgegriffen werden (BVerfGE 36, 281 (290)). Ihr kommt unter anderem die Aufgabe zu, die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen.168

Eben weil die Privatnützigkeit (d. h. die Freiheit von fremden Zweckbestimmungen) den von Art. 14 GG zu garantierenden Freiraum genauso zum Ausdruck bringt wie dies paradigmatisch in der klassischen (absoluten) Sachherrschaft im Sinne des Eigentums nach § 903 BGB geschehen kann, entsprechen solche Auslegungen des Eigentumsbegriffs durch das BVerfG einer funktionsgeleiteten Auslegung des Art. 14 GG. Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich kann ferner nur eine hinreiNutzung und eigenen Verfügung zugeordnet. Aufgenommen ist dieses Kriterium der Privatnützigkeit für das Vorliegen von Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG bei BVerwGE 108, 202 (211 ff.), Urt. v. 17.12.1998, wo sich (im konkreten Fall bejahend) der Frage gestellt wird, ob das Eigentum an mit Gebäudeeigentum belasteten Grundstücken im Gebiet der ehemaligen DDR mangels hinreichender Privatnützigkeit überhaupt noch als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG zu bewerten ist. Allerdings hat das BVerfG in einer späteren Entscheidung unter explizitem Rückgriff auf die Wendung vom Eigentumsbegriff ausgeführt: Der Gesetzgeber muss „die grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis, die zum Begriff des Eigentums gehören (vgl. BVerfGE 37, 132 (140)), achten und darf diese nicht unverhältnismäßig einschränken“, so BVerfGE 100, 1 (37), Urt. v. 28.4.1999. Es ist jedoch nicht überzeugend, im Eigentumsbegriff selbst eine materielle Schranke gesetzgeberischen Handelns zu sehen. Deshalb ist es zumindest missverständlich, vom Begriff des Eigentums im Zusammenhang mit der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu reden. Für sich genommen ist es jedoch möglich, Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis als Merkmale des Eigentumsbegriffs heranzuziehen, anhand derer schließlich entschieden werden kann, ob eine (durch den Einigungsvertrag geschaffene) Rechtsposition diesem Eigentumsbegriff zuzuordnen ist oder nicht. So gelesen widerspricht die Formulierung nicht den hier getroffenen Ausführungen zum Eigentumsbegriff. 166 So zeigt etwa das „deshalb“ bei BVerfGE 89, 1 (6), Beschl. v. 26.5.1993, ausdrücklich an, dass das Unterscheidungsmerkmal der Privatnützigkeit deshalb Relevanz hat, weil sich seine Bedeutung aus der Funktion der Eigentumsgarantie ergibt. 167 Urt. v. 8.7.1976. 168 Vgl. so auch BVerfGE 36, 281 (290), Beschl. v. 15.1.1974; ohne die Formulierung Eigentumsbegriff zu gebrauchen (stattdessen: Eigentum i. S. d. Art. 14 GG) ferner beispielsweise BVerfGE 51, 193 (217 f.), Beschl. v. 22.5.1979; 69, 272 (300), Urt. v. 16.7.1985; 78, 58 (73 f.), Beschl. v. 8.3.1988; 83, 201 (208), Beschl. v. 9.1.1991; 89, 1 (6), Beschl. v. 26.5.1993; BVerfG (3. K./I) NJW 1992, 36 (37), Beschl. v. 29.7.1991.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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chend feste Zuordnung einer Rechtsposition an den Rechtsträger ermöglichen. Folgerichtig hat der Nassauskiesungsbeschluss einprägsam aufgezeigt, dass beim Fehlen einer solchen hinreichend engen Bindung die fraglichen Rechtspositionen nicht mehr dem Eigentumsbegriff unterfallen.169 Die Herausarbeitung der Merkmale eines Begriffs ist praktisch gesehen nur solange notwendig, als die mittels des Begriffs durchzuführende Abgrenzung im Streit steht. Für das BVerfG stellt sich bei privatrechtlichen vermögenswerten Rechtspositionen die Frage nach der Zuordnung zum Eigentumsbegriff in vielen Bereichen als geklärt dar.170 Bereichsspezifisch bedarf es näherer Erläuterungen gerade mit Blick auf die dem öffentlichen Recht zugehörige Positionen. In diesem Bereich werden denn auch die Abgrenzungsmerkmale in den Entscheidungen immer wieder herangezogen.171 (2) Vom BVerfG zurückgewiesene Vorstellungen Ferner wendet sich das BVerfG gegen Vorstellungen, aufgrund des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG werde eine bestimmte einfachrechtliche Rechtsposition durch die Verfassung selbst mit bestimmten Befugnissen bzw. mit einer „an sich“ allumfassenden Rechtsmacht ausgestattet.172 Denn das Gericht wendet sich ausdrücklich gegen einen Eigentumsbegriff, dessen unmittelbarer verfassungsrechtlicher Inhalt es wäre, dem Eigentümer die Befugnis zuzusprechen, in Anlehnung an § 903 BGB grundsätzlich nach freiem Belieben mit dem Eigentum verfahren zu können.173 Wenn sich das BVerfG direkt im Anschluss daran in aller Deutlichkeit zu einem allein aus der Verfassung zu gewinnenden Eigentumsbegriff bekennt,174 so ergeben 169 Wegen verfassungsmäßiger Änderung der Rechtslage unterfallen die durch das WHG gestalten Rechtsbeziehungen fortan nicht mehr dem Eigentumsbegriff und damit dem Rechtfertigungszwang des Art. 14 GG, vgl. BVerfGE 58, 300 (336 f., mit der schlichten Feststellung, die fraglichen Rechte stünden nunmehr den Einzelnen nicht mehr zu, 344: öffentlich-rechtliche Ordnung), Beschl. v. 15.7.1981. Die Zuordnung einer Rechtsposition zum Eigentumsbegriff kann also daran scheitern, dass eine Rechtsposition weitgehend vom Ermessen des Staates abhängig ist, siehe etwa BVerfGE 63, 152 (174), Beschl. v. 9.2.1983. Dieses Merkmal kann inhaltlich jedoch auch über das Erfordernis der Normgeprägtheit des Eigentums, des Vorliegens eines subjektiven Rechts aufgefangen werden, so Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 299, 296 ff. Zur Frage der (uneingeschränkten) Einschlägigkeit des Art. 14 GG in Bezug auf die zunächst auch vom planenden Ermessen des Staates abhängige Baugenehmigung vgl. unten ab S. 261. 170 Siehe zur Einbeziehung vermögenswerter Rechte des Privatrechts näher unten S. 99, Fn. 310. 171 Vgl. statt vieler BVerfGE 97, 271 (284), Beschl. v. 18.2.1998; 76, 220 (235), Beschl. v. 15.7.1987, jeweils m. w. N. 172 Vgl. insoweit aus heutiger Zeit die Darstellung der Auffassung Depenheuers unten ab S. 87. 173 BVerfGE 58, 300 (334 f.), Beschl. v. 15.7.1981. 174 BVerfGE 58, 300 (335), Beschl. v. 15.7.1981.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

sich daraus zweierlei Negativabgrenzungen. Zum einen schließt sich das Gericht (auch hier)175 nicht der Ansicht an, die Anerkennung des Normgeprägtheit des Eigentumsschutzes – prägendes Element der verfassungsrechtlichen Judikatur –176 führe dazu, dass für die Annahme eines eigenständigen Eigentumsbegriffs auf Verfassungsebene kein Raum mehr bleibt. Zum anderen wird die Formulierung vom Eigentumsbegriff nicht wieder bei der Darstellung aufgegriffen, wie die Verfassung auf den Gesetzgeber einwirkt, wenn er die subjektive Rechtsstellung des Einzelnen ausformt. Eigenständige materielle Gehalte werden dem Eigentumsbegriff durch das Gericht damit nicht zugeordnet. (3) Kritik Zunächst bleibt festzuhalten, dass der Eigentumsbegriff nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung allein als Abgrenzungskriterium in Hinblick auf die durch Art. 14 GG zu schützenden Rechtspositionen herangezogen wird. Insoweit ist diese Rechtsprechung zu begrüßen. Wenig hilfreich waren allerdings einige Formulierungen aus älteren Entscheidungen. Die Ansicht des BVerfG, es gäbe ein „Rechtsinstitut des Eigentums, so wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt haben“177, wird vom Gericht indes nicht mehr vertreten.178 Missverständlich war es auch, wenn das Gericht bisweilen ausdrücklich hervorhob, dass es keinen „absoluten“ Begriff des Eigentums gebe und deshalb der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen habe.179 Der Sache nach soll mit diesen Formulierungen wohl hervorgehoben werden, dass im Unterschied zu anderen Grundrechten zunächst das Schaffen des Gesetzgebers im Sinne der Inhaltsbestimmung des Eigentums zwingend erforderlich ist und Eigentum deshalb nicht alleine durch „Subsumtion“ eines bestimmten Le175 Das Festhalten an der Existenz eines „Eigentumsbegriffs“ ergibt sich schließlich schon daraus, dass diese Formulierung auch in anderen Entscheidungen des Öfteren herangezogen wird. 176 Siehe die Nachweise oben ab S. 27. 177 So schon BVerfGE 1, 264 (278), Urt. v. 30.4.1952, ausführliche Nachweise oben S. 28, Fn. 25. 178 Vgl. näher oben S. 29, in und bei Fn. 27. 179 BVerfGE 20, 351 (355), Beschl. v. 17.11.1966; dort wurde im Übrigen darüber hinaus auf S. 361 noch die nunmehr vom BVerfG abgelehnte (siehe unten S. 184, Fn. 645) Vorstellung vertreten, aus Art. 14 II GG könnten verfassungsunmittelbar Pflichten gefolgert werden. Zur Verneinung eines „absoluten“ Begriffs siehe auch BVerfGE 31, 229 (240), Beschl. v. 7.7.1971; 31, 248 (251), Beschl. v. 7.7.1971. Vgl. auch die oben wiedergegebene Wendung von BVerfGE 42, 263 (292 f.), Urt. v. 8.7.1976, wonach es an einer Definition des Eigentumsbegriffs fehle. Der Eigentumsbegriff unterscheidet sich aber insoweit in keiner Hinsicht von den schutzgutumschreibenden Begriffen der anderen Grundrechte. Inhaltlich ähnlich verstanden werden könnte eine Passage des Nassauskiesungsbeschlusses, wo es heißt (BVerfGE 58, 300 (339), Beschl. v. 15.7.1981): „Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung einer dem Grundgesetz gemäßen Güterordnung nicht an einen aus der ,Natur der Sache sich ergebenden Eigentumsbegriff gebunden (vgl. BVerfGE 31, 229 (248)).“

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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benssachverhalts unter gewisse Begriffsmerkmale bestimmt werden kann. In der Sache kann dem nur zugestimmt werden, wenn so die Notwendigkeit vorgängiger rechtlicher Ordnung des Lebenssachverhalts als Voraussetzung des Eigentumsschutzes hervorgehoben wird. Dass also die Normgeprägtheit als ein besonderer Begriffsbestandteil des schutzgutumschreibenden Begriffs des Art. 14 GG zu verstehen ist, der so bei anderen Grundrechten nicht zu finden ist, führt jedoch kaum dazu, dass der Eigentumsbegriff mehr oder weniger als „absolut“ zu bezeichnen ist als andere Grundrechts-Begriffe. Durch die Wortwahl des „nicht absolut“ lässt sich die Besonderheit der Normgeprägtheit nicht angemessen beschreiben. Insbesondere ist der Eigentumsbegriff in seiner zentralen Abgrenzungsfunktion im Hinblick auf den Schutzbereich ebenbürtig im Vergleich zu den Schutzgutbegriffen der anderen Grundrechte und insoweit gerade nicht weniger „absolut“ als diese. Schließlich bleibt anzumerken, dass das BVerfG in einer neueren Entscheidung in einem obiter dictum die Gestaltungsmacht des einfachen Gesetzgebers zumindest missverständlich beschrieben hat. Zunächst beantwortete das Gericht die Frage, ob bestimmte im Fremdrentengesetz begründete Rentenanwartschaften dem Schutz des Art. 14 I GG unterliegen. Somit ging es darum, ob sie vom Eigentumsbegriff erfasst werden.180 Dies verneinend führte das Gericht wie folgt aus: Es ist im Übrigen auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Gewährung von Rechtsansprüchen auf der Grundlage seiner Entscheidung für das rentenversicherungsrechtliche Eingliederungsprinzip Eigentum im Sinne des Art. 14 I 1 GG begründen wollte.181

Es ist indes irrelevant, welche Einschätzung der Gesetzgeber wohl gehegt haben mag mit Blick darauf, wie die von ihm gestaltete Rechtsposition eigentumsgrundrechtlich zu werten ist. Ob die einfachrechtlich gestaltete Anwartschaftschaft Eigentum i. S. d. verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff ist oder nicht, entscheidet sich einzig anhand der hier vom BVerfG vorzunehmenden Auslegung. Dieses obiter dictum ist somit irreführend.182 Sofern allerdings zugleich von einem „eigentumsbegründenden besonderen Transformationsakt“183 mit Blick auf DDR-Renten die Rede ist, wird man nicht von der – sachlich falschen – Anerkennung einer gesetzgeberischen Definitionsgewalt ausgehen können.184 Dass es bei der historisch einmaligen Situation der Wiedervereinigung dem Gesetzgeber zukommt, den Umfang des fortan zugrunde zu legenden Wirtschaftsraumes zu bestimmen,185 ist eine zulässige Auslegung durch das 180

BVerfGE 116, 96 (121 ff.), Beschl. v. 13.6.2006. BVerfGE 116, 96 (123), Beschl. v. 13.6.2006. 182 Siehe dazu oben Näheres auf S. 63. 183 BVerfGE 116, 96 (123), Beschl. v. 13.6.2006. 184 Ob der Begriff glücklich gewählt ist, mag hier dahinstehen. 185 Dies wiederum ist entscheidend für die Frage, was als äquivalent eigener Leistung zu betrachten ist. Denn nur das innerhalb der Solidargemeinschaft Geleistete ist insoweit zu be181

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

BVerfG. Dies ist sachlich zu unterscheiden von der weitergehenden Kompetenz, wonach der Gesetzgeber direkt per Definition bestimmte, was Eigentum im Sinne der Verfassung ist und was nicht. bb) Zur auch rückwärts gewandten Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen Die eigentumsgrundrechtliche Notwendigkeit rückwärts gewandter Qualifizierung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen ist eine dogmatische Spitzfindigkeit, die zwar für eine lückenlos hinreichenden Mindestschutz gewährende Eigentumsdogmatik unerlässlich ist. Die Praxis ist davon jedoch kaum berührt. Dies liegt daran, dass der Gesetzgeber nicht sonderlich häufig Neuregelungen schafft, die einen Systemwechsel herbeiführen. Doch nur in solchen Fällen bedarf es der rückwärts gewandten Qualifizierung, nämlich dann, wenn ein eigentumsrechtlicher Regelungskomplex durch die Neuregelung so sehr eingeschränkt wird, dass darauf gestützte Ansprüche in Zukunft nicht mehr den Kriterien des Eigentumsbegriffs genügen, diese Ansprüche also fortan nicht mehr Art. 14 I 1 GG unterfallen. Fehlt es an solchen Vorhaben des Gesetzgebers, steht das BVerfG auch nicht in der Pflicht, sich um deren dogmatische Einordnung zu bemühen. Die Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung kann auch allein anhand der Betrachtung der sich nunmehr aus dem neuen Gesetz ergebenden Rechtslage festgemacht werden. An einer Rechtsprechung zur rückwärts gewandten Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen fehlt es demgemäß.186 Bei detailgenauer Betrachtung der prominentesten Entscheidung des Gerichts, dem Nassauskiesungsbeschluss187, kann allerdings festgestellt werden, dass die Qualifizierung des WHG als Inhalts- und Schrankenbestimmung188 (die das Gericht als selbstverständlich voraussetzt)189 nur dann gelingt, wenn man sie durch die rückwärts gewandte Qualifizierung begründet. Als Anknüpfungspunkt stand nämlich nur die ehemals eigentumsvermittelnde, nun aber durch das WHG abgelöste Rechtslage in einigen Bundeslänrücksichtigen, so die verfassungsrechtliche Auslegung des BVerfG, vgl. etwa BVerfGE 116, 96 (123), Beschl. v. 13.6.2006. 186 Vgl. über das sogleich Gesagte hinaus noch Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 243 zur Bewertung der Formulierung, die Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG sei „auf die Normierung objektiv-rechtlicher Vorschriften gerichtet, die den ,Inhalt des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft bestimmen“ bei BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997. 187 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 188 Zumindest die Qualifizierung als eine Inhaltsbestimmung, die auch wegen ihrer zukunftsgerichteten objektiven, gestalterischen Wirkung hinsichtlich der Eigentumsordnung anhand des Art. 14 GG zu messen ist. 189 Problematisiert wird nur, ob die Vorschriften als Enteignung zu qualifizieren sind (S. 336 ff.), nicht aber, ob sie überhaupt dem Regelungsbereich des Art. 14 GG zuzuordnen sind.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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dern zur Verfügung, nicht aber die Abgrenzung zum selbstredend auch fortan Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG darstellenden Grundeigentum.190 d) Zum Verständnis des Eigentumsbegriffs im Schrifttum Der Eigentumsbegriff wird teilweise im Schrifttum im Kern der hier vorgetragenen Ansicht entsprechend aufgefasst.191 Auch einzelne Aspekte, insbesondere derjenige, dass dem Eigentumsbegriff verfassungsrechtlicher Selbststand zukommt, stoßen bisweilen auf Anerkennung.192 In der Literatur lassen sich jedoch auch viele Ausführungen finden, die auf der Grundlage des hier vertretenen Verständnisses des Eigentumsbegriffs näher zu kritisieren sind. aa) Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs So ist die Ansicht weit verbreitet, der Eigentumsbegriff des Art. 14 GG sei wandelbar.193 Weil und insoweit damit nicht lediglich allgemein auf die Möglichkeit eines 190

Vgl. hierzu näher die Ausführungen oben S. 54, Fn. 131. Explizit das hier vorgelegte Verständnis unterstützend siehe Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 55 – 58; Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 38 – 87; siehe auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 43. 192 Zu Stellungnahmen, die überzeugend den verfassungsrechtlichen Selbststand des Eigentumsbegriffs erkennen siehe ausführlich unter Benennung verbleibender Unterschiede zur oben ausgeführten Konzeption Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 243 – 250, etwa zu Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur, S. 13 f.; dems., JuS 1983, 104 (105); Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 113 ff., 120 ff.; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 42 ff.; 54 f.; Ramsauer, Faktische Beeinträchtigungen (1980), S. 130 f.; Kutschera, Bestandsschutz (1990), S. 22 ff.; Böhmer, NJW 1988, 2561 (2566); dems., Grundfragen, in: Baur, Eigentum (1989), S. 56; dems., in: AgrarR 1984, Beilage I, 2 (5, Fn. 14), dems., in: Der Staat 1985, 157 (190, Fn. 103); Sieckmann, Eigentumsschutz (1998), S. 112 f.; Jestaedt, Grundrechtsentfaltung (1999), S. 30 ff.; Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 319 ff. Siehe m. w. N. Grochtmann, ibid., S. 250, Fn. 1172, vgl. ferner die Zusammenschau bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), 28 – 30. Dort findet sich eine detaillierte Darstellung auf den S. 32 – 87. Siehe weiterhin aus neuerer Zeit etwa Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 235, dort pointiert zur Unterscheidung zwischen den Funktionen von Eigentumsbegriff und einfacher Rechtsordnung (siehe dort ferner S. 231). 193 Antoni, in: Hömig, GG (2007), Art. 14, Rn. 3; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 11 m. w. N., dort auch (unberechtigtes) Unbehagen gegenüber dem Inhaltsbestimmungsrecht des Gesetzgebers im Hinblick auf den Selbststand des Eigentumsbegriffs; Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 8, Fn. 50; Manssen, Grundrechte (2000), § 28, Rn. 603; Kimminich, Der Staat 1975, 397 (397), wonach dies niemand bestreite, vgl. zu dessen späterer Ansicht (BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 30 f.) Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 330 f.; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 12; Kreft, Ersatzleistungen (1998), Rn. 11; Ossenbühl, StaatshaftungsR (1998), 4 I 3 d (S. 153: er unterliege einem „fortschreitenden Wandel“); Papier, JuS 1989, 630 (631); Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 899; das Verständnis von Pieroth/Schlink kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass sie 191

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

sog. Verfassungswandels hingewiesen werden soll,194 wird mit dieser Wendung ein Fehlverständnis der Funktion eines Begriffs an sich und somit auch des hier in Rede stehenden Eigentumsbegriffs bloßgelegt. Denn wandelbar sind grundsätzlich nur die Gesetze und die darauf beruhenden Zuordnungsverhältnisse selbst. Letztere bilden dabei allein den Gegenstand des vom Eigentumsbegriff zu Unterscheidenden, davon sprechen, Art. 14 GG enthalte „gewisse verfassungsrechtliche Konturen eines Eigentumsbegriffs“ (Rn. 896, Hervorhebung nicht im Original). Im Unterschied zu den konkreten Gesetzen und Zuordnungsverhältnissen wird der Begriff des Eigentums ausschließlich durch die Verfassung konturiert; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 45; R. Schmidt/Bauer, Grundgesetz und Wirtschaft, in: R. Schmidt, Öff. WirtschaftsR – AT (1990), § 4 I b aa (S. 132), die dabei eingestehen, dass es (allerdings nicht näher erläuterte) Schwierigkeiten gäbe mit der Vereinbarkeit dieser Aussage über die Wandelbarkeit mit der Gewinnung des Eigentumsbegriffs aus der Verfassung selbst; Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 611; Klawonn, Eigentumsgewährleistung als Grenze der Besteuerung (2007), S. 18, S. 30; Richter, Eigentumsbegriff (1971), S. 2 f., 40; Buhck, Überwachungsgemeinschaften (1997), S. 140, der zudem unter Hinweis auf BVerfGE 58, 300 (336) dem Gericht unterstellt, der Eigentumsbegriff ergäbe sich „eben nicht aus der Verfassung“, sondern werde „durch die Sozialbindung des Art. 14 II GG und die Ausgestaltung des einfachen Gesetzgebers definiert“. Vgl. ferner Schoch, JURA 1989, 113 (115), wobei bei diesem ebenso wie bei Ossenbühl und Rozek nicht ganz deutlich wird, ob sich die Wandelbarkeit möglicherweise doch nur auf den sog. Verfassungswandel beziehen soll. Insoweit wäre das dogmatisch zulässig, aber in der tatsächlichen Bewertung nicht überzeugend, da nicht auszumachen ist, dass gerade dem Eigentumsbegriff, der nicht weniger legaldefiniert wurde als die sonstigen schutzbereichsbestimmenden Begriffe, einem so stetigen und gravierenden Verfassungswandel unterworfen sein sollte, wie Schoch und ähnlich Ossenbühl ihn beschreiben. Dies gilt umso mehr, als gerade der Gesetzgeber selbst durch die tatsächlich stattfindenden Novellierungen der Eigentumsordnung die notwendige Wandelbarkeit schon verbürgt. Vgl. im Übrigen zu Schoch unten ab S. 81. Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 97, zieht daraus, dass Eigentum ein Produkt der Rechtsordnung ist, den Rückschluss, dem Art. 14 GG läge ein „,dynamischer Eigentumsbegriff“ zugrunde. 194 Nicht ganz eindeutig insoweit die Formulierungen Schochs, Rozeks und Ossenbühls, vgl. soeben in der vorangegangenen Fußnote. Siehe auch Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113, der im Inhaltsverzeichnis von der „Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs“ spricht (S. LLXXIV), dann aber dazu in Abschnitt III 1 a (S. 2171) unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 105 ff. wie hier vertreten ausführt: „Da der Gesetzgeber die Konturen des Eigentums in verfassungskonformer Weise bestimmen und damit auch neu bestimmen kann, unterliegt auch das konkret geschützte Eigentum der ,Wandelbarkeit“ (Hervorhebung nicht im Original). Eine nähere Erläuterung der Funktion des Eigentumsbegriffs findet sich in seiner Darstellung allerdings nicht. So heißt es denn auch, eine „abschließende Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen verfassungsrechtlichen sowie dem gesetzesgeprägten Eigentumsbegriff [sei] bislang nicht gefunden worden“ (S. 2169). Siehe auch ebd. III 2 (S. 2180 – 82). Dort wird nicht recht deutlich, ob und wie nun beispielsweise die Privatnützigkeit/Nutzungsmöglichkeit als Gewährleistungsmechanismus zu verstehen ist oder aber – er bespricht hier den Eigentumsbegriff – als Merkmal, anhand dessen Vorliegens zu prüfen ist, ob ein in Frage stehendes Recht dem Eigentumsschutz zuzuordnen ist. Die wesentliche Funktion des Eigentumsbegriffs, die von ihm in Fn. 304 auf S. 2184 auch als „Subsumtions-“ bzw. „Qualifikationsproblem“ bezeichnet wird, wird dann in Abschnitt III 3 (S. 2184 ff.) unter gelegentlichem ausdrücklichen Rückbezug auf den „Eigentumsbegriff“ erläutert.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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sind aber nicht mit diesem Begriff an sich gleichzusetzen. Die zutreffende Aussage, dass der konkrete Inhalt des Schutzbereichs des Art. 14 GG zeitbezogen und wandelbar ist,195 verliert ihre Richtigkeit durch die Bezugnahme auf den Eigentumsbegriff.196 Es scheint an einer hinreichenden Reflexion über die Aufgabe eines Begriffs zu fehlen. Jedenfalls widerspricht die Formulierung „Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs“ auch dem sich in der Alltagssprache offenbarenden Verständnis der Funktion eines Begriffs. Dies mag an einem einfachen Beispiel aufgezeigt werden. Sicherlich ist nicht zu bestreiten, dass sich viele Eigenschaften und Verhaltensweisen der Studierenden197 im Laufe der Zeit gravierend geändert haben. Was zur Jahrhundertwende als „typisch“ bezeichnet werden konnte, unterscheidet sich grundlegend von dem, was vielen Studierenden Ende der 60er als charakteristisch zugeschrieben wird und ist ebenso wenig mehr kennzeichnend für die heutige Zeit. Niemand jedoch käme auf die Idee, von einer Wandelbarkeit des Begriffs des Studierenden auszugehen. Damals wie heute sind diejenigen die Studierenden, die sich an einer Universität eingeschrieben haben.198 An dem Begriff des Studierenden (alle, die immatrikuliert sind) hat sich nämlich trotz der bedeutenden Wandlungen der Menschen, die unter Zuhilfenahme dieses Begriffs von anderen unterschieden werden können, nichts geändert. Die Unterscheidung zwischen dem „Umfang“199 eines Begriffs (beim Eigentumsbegriff die Gesamtheit der konkreten Zuordnungsverhältnisse, die auf Eigentumsgesetzen beruhen) und dem „Inhalt“200, den Merkmalen eines Begriffs selbst (z. B. das Merkmal der Äquivalenz zur eigenen Leistung), ist auch für die wissenschaftliche Erfassung der Funktion eines Begriffs kennzeichnend. Begriffliches Denken soll zur „vollkommenen Bestimmtheit“ von Dingen mit Hilfe der Zuordnung zu einem Begriff führen.201 Dies kann nur gelingen, wenn der Begriff insoweit feststeht, dass eine Wandlung der Dinge, die zu bestimmen er geschaffen ist (hier die Menge aller normativen Zuordnungsverhältnisse), nicht gleichzeitig zu einer Änderung seiner selbst führt (des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG). Die sich ständig vollziehen195

So die Formulierung oben S. 27, bei Fn. 20. Vgl. in anderer Akzentuierung schon Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur (1983), S. 16: „Die bisherige Vorstellung, es gehe um Verfassungswandel, um einen Wandel des verfassungsrechtlichen Eigentumsinhalts, muß nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur konstitutiven Zuständigkeit des inhaltsbestimmenden Gesetzgebers aufgegeben werden.“ (Hervorhebungen schon im Original). Siehe ferner überzeugend Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 87 sowie S. 102. 197 Ein „umstrittenes“ Beispiel: Man mag anstelle dessen auch von Studenten oder Studentenschaft sprechen, dafür Kirchhof, FAZ v. 16.5.2008, S. 37. 198 So die Definition der Studenten bei Creifelds, Rechtswörterbuch, 12. A. 1994. 199 Der Umfang, der sich aus der Menge all der Elemente zusammensetzt, die durch einen Begriff definitorisch erfasst und dadurch unterschieden werden sollen. 200 Die Bezeichnungen Inhalt und Umfang werden auch sonst bisweilen herangezogen (siehe sogleich S. 79 bei Fn. 215) und deshalb auch hier verwendet. 201 Vgl. unter dem Stichwort „Begriff“ die Darlegungen in Schischkoff, Philosophisches Wörterbuch (1991), S. 66 f. m. w. N. (Zitat von Sigwart). 196

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

den Änderungen der Rechtsordnung führten deshalb nur dann zur Wandelbarkeit des Begriffs des Eigentums, wenn man ein vom eben skizzierten Gebrauch abweichendes Verständnis von der Funktion eines Begriffs zugrunde legt. Dies hätte dann aber kenntlich gemacht werden müssen.202 Ob allerdings all diejenigen, die von einem wandelbaren Eigentumsbegriff sprechen, wissentlich eine vom sonstigen Gebrauch sich unterscheidende Konzeption zum Begriffsverständnis zur Grundlage genommen haben, darf wohl bezweifelt werden. Mit dem hiermit Dargelegten soll nur darauf hingewiesen werden, dass es – zumindest beim Fehlen einer Begründung203 oder Herleitung eines abweichenden Begriffsverständnisses – sachlich falsch ist, von der Wandelbarkeit der Rechtsordnung auf die Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs zu schließen. Deutlich davon zu trennen ist jedoch die bei Art. 14 GG nicht weniger als bei sonstigen Vorschriften der Verfassung bestehende Möglichkeit eines sog. „Verfassungswandels“. „Geschichtliche Veränderungen“ können dazu führen, dass sich die Auslegung bzw. „Normkonkretisierung“ trotz gleich bleibenden Normtextes ändert.204 Sollen Aussagen zu dieser unter dem Stichwort des Verfassungswandels diskutierten Problematik getroffen werden, ist es zwar möglich, von der Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG zu sprechen. Um Missverständnisse zu vermeiden, 202 Der Frage, ob solch ein abweichendes Begriffsverständnis tatsächlich als brauchbar für eine wissenschaftliche Diskussion anzusehen wäre, kann hier nicht näher nachgegangen werden. So ist etwa bei Sieckmann, dessen eigenes Verständnis des Eigentumsbegriffs sich von dem hier zugrunde gelegten zumindest dem ersten Ansatz nach nicht unterscheidet, zu lesen, dass andere Konzeptionen denkbar sind, die „als Eigentumsbegriff Angaben über Inhalte von Eigentumsrechten“ bezeichnen. „So könnte mit der Angabe eines ,Begriffs die vollständige Bestimmung der Eigenschaften eines Gegenstands versucht werden, also mit der Definition des Eigentumsbegriffs des typischen oder notwendigen Inhalts von Eigentumsrechten“ (S. 113). In der zugehörigen Fn. 33 heißt es dann weiter: „In diese Richtung geht etwa die Charakterisierung von J. Lege, JZ 1994, S. 437, Fn. 81: ,Ein Begriff ist mehr als eine Definition (d. i. die Angabe seiner Merkmale) und vielleicht … der Inbegriff aller praktisch relevanten Folgen des Objektes, das er bezeichnet.“ 203 Wer in einem 1. Schritt die Elemente des Eigentumsbegriffs benennt und dann in einem 2. Schritt auf Beispiele verweist, bei denen sich die Auslegung dieser Begriffselemente geändert hat, der kann vom Wortsinn ausgehend mit Fug und Recht sagen, der Eigentumsbegriff habe sich gewandelt. Siehe so, mit dem Beispiel, dass das Qualifikationsmerkmal „eigene Leistung bei öffentlichen Rechtspositionen“ neu entwickelt werden musste, weil gesellschaftliche Veränderungen dazu zwangen, die vorher so nicht gegeben waren, Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 87. Diese Begründung schließt also nicht von der Wandelbarkeit des konkreten Eigentums (bedingt durch die ständige Neugestaltung der Eigentumsordnung) auf die Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs, sondern fokussiert tatsächlich auf die (gewandelten, weil neuen) Elemente des Eigentumsbegriffs selbst. Im Folgenden wird aufgezeigt, dass zum einen das genannte Beispiel auch im Rahmen der Rechtsfigur „Verfassungswandel“ einschlägig sein könnte. Zum anderen aber soll noch dargelegt werden, dass diese vom Wortsinn her mögliche Rede von der Wandelbarkeit des Begriffs gleichwohl im juristischen Kontext unüblich und wohl auch verwirrend ist. 204 Böckenförde, Verfassungswandel, in: FS Lerche (1993), S. 3 ff., m. w. N. und näherer Abgrenzung der Begrifflichkeiten; Hesse, VerfR (1995), Rn. 45 f., zu den Grenzen Rn. 77 m. w. N.; vgl. auch Windthorst, VerfR I (1994), § 2, Rn. 19 ff.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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wäre es jedoch angebracht, dann den auch sonst üblichen Terminus des Verfassungswandels zu verwenden. Vereinzelte Stimmen widmen sich denn auch genauer der Fragestellung des Verfassungswandels im Zusammenhang mit dem Eigentumsbegriff des Art. 14 GG.205 Ohne darauf hier näher einzugehen, ist eines allerdings klarzustellen: Die Annahme, dass sich der Eigentumsbegriff (der WRV) der 20er Jahre im Vergleich zur heutigen Zeit „gewandelt“ hat, mag nahe liegen.206 Eben solches kann gelten für die Möglichkeit eines Verfassungswandels im Vergleich der Situation der frühen 50er Jahre zur Gegenwart. Insoweit sind die zeitlichen Dimensionen und geschichtlichen Abläufe hinreichend, um bedeutsame Veränderungen zu konstatieren, die möglicherweise über die sich entsprechend wandelnde Gesetzgebung hinaus Auswirkungen auch auf die Auslegung, die Normkonkretisierung des Eigentumsbegriffs nach sich ziehen. Betrachtet man jedoch die gesellschaftliche Einstellung und die Bedeutung des Eigentums etwa in den vergangenen 25 Jahren und vergleicht dies mit der heutigen Zeit, so sind ebenso bedeutsame Wandlungen empirisch kaum nachzuweisen und auch für die kommende Zeit nicht absehbar. Schon deshalb kann dem Stichwort des Verfassungswandels im Zusammenhang mit Art. 14 GG entscheidende Bedeutung für die aktuelle Diskussion nicht zukommen.207 Die hiermit vorgetragenen Überlegungen werden teilweise von Appel zurückgewiesen. Er führt aus: Grochtmann ist insofern zuzustimmen, als die Veränderung konkreter Eigentumsrechte durch den Gesetzgeber […] selbstverständlich nicht zu einer Wandlung des Eigentumsbegriffs führen kann. […] Nicht überzeugend ist jedoch sein zweiter Schluß, daß die unter dem Stichwort des „Verfassungswandels“ diskutierten Umwälzungen der Eigentumsgarantie nicht zur Wandlung des „Begriffs“ führen, sondern lediglich seiner Elemente. […] Sieht man […die] Funktion [des Eigentumsbegriffs] gerade darin, einfachgesetzliche Rechtspositionen zu Eigentum […] zu qualifizieren, dann geraten seine Elemente (Rechtsposition, Privatnützigkeit und grds. Verfügungsbefugnis, Leistung und ggf. Existenzsicherung, Vermögenswert), durch die ja allein diese Qualifikation möglich ist, so sehr in den Vordergrund, daß bei deren Wandlung auch von einer Wandlung des Eigentumsbegriffs gesprochen werden kann. […] Ändert sich im Zuge der gesellschaftlichen Wandlungen ein Teilbereich dieser Formel, z. B. wie die teleologische Auslegung des Art. 14 I 1 GG ergibt, daß auch öffentliche Leistungen geschützt werden müssen, wenn diese auf einer Eigenleistung beruhen, so 205 Gegen Verfassungswandel Kutschera, Bestandsschutz (1990), S. 21. Vgl. ferner Andersen, Eigentumsbegriff (1984), passim. 206 Vgl. etwa die Beschreibung der historischen Situation bei v. Brünneck, Eigentumsgarantie (1984), S. 32 ff., 43 ff. 207 Der Legislative ist es aufgetragen, die gesellschaftlichen Wandlungen und zeitbedingte Veränderungen durch ihre stetig sich wandelnde und dabei sich anpassende Gesetzgebung einzufangen; für einen darüber hinausgehenden „Wandel“ auch des Begriffs besteht da kein Bedarf mehr. So nimmt es auch nicht Wunder, dass Böckenförde, Verfassungswandel, in: FS Lerche (1993), S. 3 (7 f.), anhand des Art. 14 GG expliziert, dass die sich in den gesetzgeberischen Änderungen widerspiegelnden politischen Wandlungen nicht auch einen Wandel der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie nach sich ziehen. Gerade dieses Grundrecht dient also – ganz zu Recht – als Beispiel für das Fehlen eines Verfassungswandels im Sinne des herkömmlichen dogmatischen Verständnisses.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik führt dies im Ergebnis auch zu einer Änderung der Gesamtformel, mithin des Eigentumsbegriffs.208

Appels Kritik scheint allerdings zunächst auf einem Missverständnis zu beruhen, was die Einordnung des Verfassungswandels betrifft. Schließlich wurde209 und wird hier im Gegenteil vorgetragen, dass ein Verfassungswandel auch des Eigentumsbegriffs sehr wohl stattfinden kann. Nur sollte dieses besondere dogmatische Konzept – dem allerdings gegenwärtig210 wenig Bedeutung zukommen wird – dann auch entsprechend benannt werden.211 Dies ist keine belanglose Forderung. Die häufige Rede von der Wandelbarkeit des Eigentums beruht nämlich nicht auf einer Bezugnahme auf dieses spezifische Konzept. Sie ist vielmehr nicht anders zu erklären, als dass im Schrifttum gehäuft folgender Rückschluss gezogen wird, den auch Appel (ebenso wie hier vorgetragen) zurückweist: Dass von der bloßen Veränderung konkreter Eigentumsrechte durch den Gesetzgeber auf die Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs selbst geschlossen wird. Ob sich Appel selbst212 überhaupt auf das Konzept des Verfassungswandels beziehen will, wenn er von den Veränderungen im Laufe der Zeit spricht, ist überdies fraglich.213 Er scheint allgemein darauf abzustellen, dass sich die Auslegung des Eigentumsbegriffs bezogen auf dessen Elemente (Rechtsposition, Privatnützigkeit etc.) im Laufe der Zeit wandelt. Ob diese insoweit zutreffende Erkenntnis hier weiterhilft, ist zweifelhaft. All dies ist schließlich Grundrechtsnormalität. Bei jedem Grundrecht ist fortlaufend um die richtige Auslegung der schutzbereichsbestimmenden Begriffe zu ringen. Dabei werden Friktionen, Fort- und Rückschritte nicht ausbleiben, weder bei Art. 14 GG noch bei anderen Grundrechten. Niemand würde erwarten, in einem Lehrbuch aus dem Jahre 1980 die gleichen Definitionen vorzufinden, die nunmehr vorgetragen werden. Es steht außer Frage, dass die Auslegung Schwankungen unterworfen ist. Aufgrund dieser Selbstverständlichkeit käme man indes nicht auf die Idee, eigens vorzutragen, der „Beruf“, das „Leben“, die „Wohnung“ oder welcher Grundrechts208

Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 87. Siehe insoweit Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 251 f. 210 Dass also mit Blick auf öffentliche Leistungen die Voraussetzungen eines Verfassungswandels vorliegen, mag man begründen können. Die praktisch geringe Bedeutung bezieht sich wie im Text ausgeführt auf die unmittelbar vorausliegenden Jahrzehnte. 211 Dass an dieser Stelle eigens auf das Konzept des Verfassungswandels eingegangen wird, liegt daran, dass mit Hinweis hierauf die Rede von der „Wandelbarkeit“ sich erklären könnte. Zur veränderlichen Auslegung unabhängig vom Verfassungswandel siehe sogleich im Text. 212 Siehe dazu S. 76, Fn. 203. 213 Der Verfassungswandel ist insoweit ein Instrument, mit dem abweichende Interpretationen desselben Normtextes methodisch besonders gerechtfertigt werden können. Eine neue abweichende Interpretation kann auf zweierlei Weise vorgetragen werden. Im Normalfall beruht sie darauf, dass für das Neue die besseren Argumente sprechen. Das Alte wird nunmehr als falsch betrachtet und soll überwunden werden. Bei Annahme eines Verfassungswandels wird nicht die Richtigkeit der bisherigen Auslegung in Abrede gestellt. Ohne offenen Bruch mit der Vergangenheit wird vorgetragen, dass jetzt aufgrund der geänderten Umstände anders zu entscheiden ist. 209

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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begriff auch immer sei „wandelbar“. Vielmehr spräche man – zu Recht –214 diesbezüglich bei Änderungen schlicht von normaler, sich weiter entwickelnder Grundrechtsauslegung. Dass aber gerade beim Eigentumsbegriff gleichwohl von Wandelbarkeit gesprochen wird, lässt sich kaum anders als mit dem von Appel ebenso abgelehnten Fehlschluss erklären. Dieser Rückschluss wird leider nicht „selbstverständlich“ als Fehler erkannt. Wenn Appel also gleichwohl am Begriff der „Wandelbarkeit“ festhalten will, ist dies aufgrund seiner Erläuterung nicht falsch. Es klärt aber nichts. bb) Sonstige Unstimmigkeiten Die Formulierung, es handele sich beim Eigentumsbegriff nicht um einen „nach Inhalt und Umfang vorgegebenen absoluten Begriff“215, zeugt ebenso von einem angreifbaren Verständnis zur Funktion eines Begriffs. Denn der konkrete Umfang ist das Ergebnis der „Anwendung“ eines Begriffs. Ihn „absolut“ vorzugeben, ist deshalb von vornherein nicht Aufgabe eines Begriffs. Weiterhin wird oftmals davon gesprochen, alles das sei Eigentum, was das einfache Recht als solches bestimme. Dem einfachen Gesetzgeber lässt man also gewissermaßen eine bindende Definitionskompetenz zukommen.216 Solche Vorstellungen

214 Denn es stiftet mit Blick auf Art. 14 GG Verwirrung, von Wandelbarkeit zu sprechen, obschon die von Appel herangezogene Begründung durch den Wortsinn von „Wandelbarkeit“ noch gedeckt wäre. Schließlich besteht zunächst schon eine Verwechslungsgefahr mit der Ansicht, die vom Wandel des konkreten Eigentums auf die Wandelbarkeit des Eigentumsbegriffs schließt. Hinzu kommt dann aber noch die begriffliche Nähe zum dogmatischen Konstrukt des Verfassungswandels, das insoweit aber ebenso wenig einschlägig ist (siehe soeben Fn. 213). Nimmt man hinzu, dass auch bei anderen Grundrechten für vergleichbare Fälle nicht von Wandelbarkeit gesprochen wird, sollte man daher dringend auch für Art. 14 GG davon Abstand nehmen. 215 Kreft, Ersatzleistungen (1998), Rn. 11. Schon die früher vom BVerfG herangezogene Formulierung vom Fehlen eines „absoluten“ Eigentumsbegriffs ist missverständlich, siehe oben S. 70 bei Fn. 179, wird aber von der Literatur bisweilen noch zur Erläuterung herangezogen, siehe etwa Ossenbühl, StaatshaftungsR (1998), 4 I 3 d (S. 154); Sproll, in: Windthorst/ders., StaatshaftungsR (1994), § 13, Rn. 13. Katz, StaatsR (2007), Rn. 819. Die Missverständlichkeit wird aber durch die Hinzufügung „und Umfang“ erheblich erhöht. 216 Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 899 (Eigentum „umfasst […] alles, was das einfache Recht […] als Eigentum definiert“); ebenso Arndt/Fetzer, WiVwR (2006), in: Steiner, BVR, VI. Abschn., Rn. 43; Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 115. Vgl. ferner Battis/Felkl-Brentano, JA 1983, 494 (495), die missverständlich die Inhalts- und Schrankenbestimmungen als „konstitutiv für den Begriff des Eigentums“ betrachten. Deutlich auch Ibler, AcP 197 (1997), 565 (571), der explizit vorträgt, der Gesetzgeber könne „– um Extrembeispiele zu nennen – eine Position ausdrücklich als Eigentum bezeichnen oder seiner Regelung (in Grenzen) den Charakter einer Eigentumsinhaltsbestimmung absprechen“. Siehe auch Katz, StaatsR (2007), Rn. 817: „Art. 14 GG übernimmt den aus der Rechtsentwicklung überkommenen und vom Gesetzgeber festgelegten Begriff [sic!] (Art. 14 I 2).“ Siehe zu einer aktuellen, zumindest missverständlichen Entscheidung des BVerfG den Text auf S. 71 bei Fn. 181.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

sind jedoch vor dem Hintergrund der Eigenständigkeit des Eigentumsbegriffs217 als sachlich unzutreffend zu werten.218 Darüber hinaus ist noch auf einige sonstige Äußerungen hinzuweisen, die mit dem oben dargelegten Verständnis der Funktion eines Begriffs an sich bzw. mit der Wirkungsweise des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG nicht im vollen Umfang zu vereinbaren sind.219 217

Die gerade in der vom subjektiven Willen des Gesetzgebers unabhängigen, letztverbindlichen Bestimmung der Zuordnungsverhältnisse als Eigentum begründet liegt und die sich fortsetzt in der verfassungsautonomen Qualifizierung der rechtfertigungsbedürftigen Gesetze als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung, vgl. näher etwa oben ab S. 63. 218 Vgl. im Ergebnis so auch Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 214; ferner überzeugend Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 43 f.; Ipsen, Eigentumsdogmatik, in: Recht und Wirtschaft (1985), S. 138; Jestaedt, Grundrechtsentfaltung (1999), S. 31. Wie hier nun auch Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 151 f. 219 – Bei Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 29 heißt es: „Da Art. 14 I 2 GG dem Gesetzgeber die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums überantwortet, gibt er ihm gerade nicht von Verfassungs wegen einen Eigentumsbegriff vor, sondern beschränkt seine Bindung auf die Beachtung der Garantie des Rechtsinstituts Eigentum und der Sozialbindung gemäß Art. 14 II GG“ (Hervorhebung schon im Original). Zwar ist das Anliegen Wielands, auf das „unmissverständliche Gebot der Verfassung“ bezüglich der herausragenden Stellung des Parlaments im Gefüge des Art. 14 GG hinzuweisen (siehe neben Rn. 29 auch Rn. 26), berechtigt (vgl. demgegenüber etwa die Auffassung Leisners oben S. 32 ff.). Jedoch gebietet die Auslegung des Art. 14 GG, den Eigentumsbegriff als von der Verfassung vorgegeben anzuerkennen. Jedenfalls ist dadurch zur Frage nach der Beachtung der grundrechtlichen Kompetenzzuweisung an den Gesetzgeber, die im Sinne Wielands zu beantworten ist, noch nichts gesagt. – Leisner, Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 72, führt aus: „Der Eigentumsbegriff des Grundgesetzes ist nicht dem einfachen Gesetzesrecht zu entnehmen, dieses muß vielmehr an einem eigenständigen Verfassungsbegriff des Eigentums gemessen werden. Aus diesem verfassungsmäßigen Eigentumsinhalt ergibt sich erst, wie jenes Eigentum im einzelnen gesetzlich auszuformen ist, welches dann den Gegenstand der Eigentumsgarantie bildet.“ In der dazugehörigen Fußnote heißt es weiter: „Dies war auch schon die Bedeutung der früheren Formel vom Eigentum, ,wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt haben, die ja nicht einfach auf Gesetzesrecht Bezug nahm (vgl. BVerfGE 1, 264 (278 ff.) […], Urt. v. 30.4.1952).“ In Rn. 78 heißt es dann, Institutsgarantie und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz seien „eigentumsspezifische Begriffselemente“ i. S. d. BVerfG. Mit diesen Äußerungen werden Elemente der Grundrechtsprüfung, die nichts mit der bloßen Bestimmung des Schutzbereichs zu tun haben, in die Frage des Eigentumsbegriffs hinein interpretiert (vgl. aber auch Rn. 101). – Schmidt-De Caluwe benutzt den Ausdruck „verfassungsrechtlicher Eigentumsbegriff“, erklärt ihn aber nicht weiter. Er behandelt in einem Aufsatz (JA 1992, 129 ff.) ausführlich die Frage der Einbeziehung subjektiver öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen in den Schutzbereich des Art. 14 GG. Während er zunächst keinen näheren Bezug dieser Frage zum „verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff“ herstellt (abgesehen von der eher beiläufigen Erwähnung auf S. 129), beruft er sich erst am Ende seiner Ausführungen (S. 136 f.) auf diesen Eigentumsbegriff des Art. 14 GG. Dabei sieht er ihn als Gegensatz zu einer Begriffsbestimmung, der „eine dem § 903 BGB entlehnte Eigentumsvorstellung zugrunde“ liegt. Insoweit nimmt er zwar überzeugend eine Negativumschreibung vor (jedenfalls nicht bloßer Rückgriff auf das Eigentum i. S. d. § 903 BGB). An einer positiven Umschreibung der Begriffsmerkmale fehlt es aber, vielmehr folgen dann Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung (Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, S. 137) von Eigentumsgesetzen. Insbesondere wird an

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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cc) Verfehlter Rückgriff auf die Institutsgarantie zur Auflösung des „Zirkels“ In jüngerer Zeit hat das Wirrwarr um den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff eine neue Facette hinzugewonnen. Namhafte Vertreter des Schrifttums sind angetreten, um unter Rückgriff auf die Institutsgarantie den vermeintlichen Zirkelschluss i. S. d. Kritik Papiers, Leisners und Baurs220 aufzulösen. Diese neue Auffassung gesteht zunächst ein, dass dem Anschein nach – da doch Gegenstand und Reichweite der Eigentumsgewährleistung durch den Gesetzgeber ausgeformt werden – tatsächlich „entgegen Art. 1 III, 20 III GG die Gesetzmäßigkeit der Verfassung postuliert werden“ könnte.221 Dass dieser bloße Anschein letztlich doch nicht zutreffe, sei Resultat der Existenz des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs. Dies erläuternd heißt es bei Schmidt-Aßmann/Schoch: Unter Beachtung der Differenzierung zwischen der Institutsgarantie und der Bestandsgarantie löst sich der vermeintliche Widerspruch auf. Verfassungsunmittelbar gewährleistet sind die elementaren Strukturmerkmale der Eigentumsgarantie. Grundgesetzlich verbrieft und der Disposition des Gesetzgebers entzogen ist also der Inhalt der Institutsgarantie. Dagegen folgt das konkrete, bestandsgeschützte Eigentum aus den Gesetzen, die dieses Eigentum formen und ausgestalten. Die Gesamtheit [dieser] Normen […] konstituier[t] die Rechtsstellungsgarantie […]. Damit ist der Vorrang der Verfassung sichergestellt. Zugleich deutet

keiner Stelle gesagt, dass es sich bei dem ganzen Streitstand und damit auch bei seiner zur Lösung herangezogenen „funktionsgesteuerten Auslegung“ in der Sache um nichts anderes handelt als um eine Auseinandersetzung um die richtige Auslegung des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG. – Ibler, AcP 197 (1997), 565 (567 ff.), erkennt zwei verschiedene Deutungsarten des Begriffs „Eigentum“ i. S. d. Art. 14 GG. Es gäbe einen „abstrahierend-generalisierenden“ und einen „konkret-gegenstandsbezogenen Sprachgebrauch“ (S. 568). Mit Ersterem seien die Inhalt und Schranken bestimmenden Gesetze, mit Letzterem die konkreten Gegenstände in der Hand der Grundrechtsträger gemeint. Oben ist demgegenüber aufgezeigt worden, dass sich der Eigentumsbegriff des Art. 14 GG nur auf die konkreten Zuordnungsverhältnisse in der Hand der Grundrechtsträger bezieht. Die Frage nach den Gesetzen (den Eigentumsgesetzen) ist allein eine Frage nach einem Teilelement dieses einheitlichen Eigentumsbegriffs. Ein Gesetz als staatliche Handlungsform könnte für sich genommen niemals und damit auch nicht in „abstrahierend-generalisierender Betrachtungsweise“ unter den das Schutzgut eines (gegen eben diesen Staat gerichteten) Grundrechts umschreibenden Begriff fallen, siehe oben S. 50 f. – An dieser Stelle sei noch auf das Verständnis des Eigentumsbegriffs bei Bleckmann, GrundR (1997), § 35, Rn. 36 hingewiesen, wo es heißt: Die „institutionelle Garantie setzt […] notwendig einen der gesetzlichen Ausprägung vorausgehenden, jedenfalls punktuellen Eigentumsbegriff voraus“ (vgl. auch Rn. 74). Weshalb die „institutionelle Garantie“ zwingend mit dem Eigentumsbegriff verknüpft werden müsse, wird dabei nicht näher erläutert. – Zum Meinungsstand vor dem Nassauskiesungsbeschluss (vorgegebener, an § 903 BGB orientierter Eigentumsbegriff) vgl. zusammenfassend etwa Albrod, Entschädigungsbedürftigkeit nach Art. 14 I 1, 2 GG (1995), S. 6 m. w. N. 220 Vgl. die Nachweise oben S. 44 f., Fn. 85–88; hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine homogene Auffassung. 221 Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 34.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik sich jedoch eine für den Grundrechtsbereich eher ungewöhnlich große Gestaltungsmacht des Gesetzgebers an.222

Auch Wahl verknüpft in seiner Beschreibung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs diesen mit der Institutsgarantie.223 In der Beschreibung der (unbestritten) verfassungsrechtlich zu qualifizierenden Institutsgarantie offenbare sich danach gleichzeitig die verfassungsrechtliche Eigenständigkeit des Eigentumsbegriffs. Dabei sei dem Rahmencharakter der Institutsgarantie entsprechend der Eigentumsbegriff offen und weniger gehaltvoll als der des Privatrechts.224 Unter Institutsgarantie versteht Wahl – und dem ähnelnd auch einige andere –225 augenscheinlich jedoch nicht lediglich die sonst traditionell darunter verstandene Gewährleistung eines unabdingbaren Mindestbestands,226 sondern er fasst hierunter auch das Abwägungsgebot zwischen den Direktiven der Art. 14 I 1 und II GG.227 Bei der Formulierung solcher Gedanken scheint diese Literaturauffassung darum bemüht zu sein, dem Eigentumsbegriff selbst materiellen Gehalt zuzumessen,228 um darüber den von der Kritik beklagten Zirkelschluss zu durchbrechen. Die aus 222 Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 34. Vgl. auch Schmidt-Aßmann, Städtebauliche Umlegung (1996), S. 51. Ferner – unter Bezugnahme auf Schoch, JURA 1989, 113 (118) – so auch Albrod, Entschädigungsbedürftigkeit nach Art. 14 I 1, 2 GG (1995), S. 69, 59, Fn. 15. So ferner schon Kleinlein, DVBl. 1991, 365 (368), sowie Hendler, DVBl. 1983, 873 (876, Fn. 33), zur Auflösung des Baurschen Zirkelschlusses in Anbetracht der Institutsgarantie; vgl. weiterhin Lee, Eigentumsgarantie (1994), S. 24, 26 f., 29; wohl auch Mager, Einrichtungsgarantien (2003), S. 177 (Überschrift), S. 179. 223 Wahl, NVwZ 1984, 401 (404 ff., vor allem 406). 224 Wahl, NVwZ 1984, 401 (406). 225 Auch Nierhaus, AöR 116 (1991), 72 (94 ff.), nimmt einen „normativen Eigengehalt“ (S. 106) des Eigentumsbegriffs an: Die „Institutsbestandteile [ergäben] genügend gehaltvolles Substrat“ (S. 101). Ähnlich wie Wahl (dazu sogleich im Text) sieht er davon das Gebot zur Verhältnismäßigkeitsprüfung umfasst an (ebd., vgl. aber auch S. 99). Darüber hinaus schließt er sich noch der Ansicht Leisners über die dem Gesetzgeber vorgegebene (partiell vorliegende) Eigentumskonstituierung durch die „natürliche“ Eigentumsfähigkeit der Güter an (S. 100 f.; zur Darstellung und ablehnenden Stellungnahme zu dieser Ansicht Leisners oben ab S. 31). 226 Siehe oben S. 42 bei Fn. 78 f. sowie unten ab S. 197. 227 Wahl, NVwZ 1984, 401 (404 in Fn. 28, 406 bei Fn. 43), vgl. auch dens., Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 249; nicht ganz deutlich wird dabei, ob und wenn ja, inwieweit das Erfordernis der „Sozialbindungsklausel des Art. 14 II GG“ eine eigenständige Prüfung beinhaltet. Hier geht es im Übrigen nur um die Ansicht, die den Eigentumsbegriff mit der Institutsgarantie „anreichern“ will und dabei dann auch Verhältnismäßigkeitserwägungen einfließen lassen will. Ob es – losgelöst von der (sachlich nicht überzeugenden) Verknüpfung mit dem Eigentumsbegriff – möglich ist, die Institutsgarantie mit Verhältnismäßigkeitsprüfungen zu verbinden, wird später näher zu erörtern sein, siehe den Verweis in der vorangegangenen Fn., siehe ferner dazu sogleich Fn. 229. 228 Vgl. in diesem Sinne ferner ausdrücklich, gleichwohl nicht weiter belegt, Ossenbühl, AöR 1999, 1 (10), wo es heißt, das Bundesverfassungsgericht verwende den Eigentumsbegriff als materiellrechtliches Kriterium zur Überprüfung des Gesetzgebers. Vgl. tendenziell auch Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 29.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Art. 14 I 2 GG herrührende strikte Bezogenheit des Eigentumsbegriffs auf die Gesetze scheint eine materielle Wirkungsweise gegenüber dem einfachen Gesetzgeber schon auf der Ebene der Begriffsbestimmung herauszufordern. Sofern229 sich hinter diesem Bemühen die Prämisse verbirgt, die verfassungsrechtliche Eigenständigkeit des Eigentumsbegriffs einzig in der Zuweisung eines selbstständig-materiellen Gewährleistungsgehaltes begründen zu können, so ist diese Auffassung indes nicht überzeugend. Die Frage nach dem, was unter dem Begriff Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG zu verstehen ist und ob diese Begriffsbestimmung auf Verfassungsebene erfolgt, ist eine eigenständige Fragestellung. Sie ist zu trennen von der nachfolgenden Frage, ob die Normgeprägtheit dazu führt, die verfassungsautonomen Bindungen des inhaltsbestimmenden Gesetzgebers zu gefährden. Zur Beantwortung der ersten Frage bedarf es – wie oben ausgeführt – keiner tief schürfenden Ausführungen. Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG sind alle aufgrund von Eigentumsgesetzen erlangten Zuordnungen, die nach Maßgabe der in herkömmlicher Verfassungsinterpretation herausgeschälten Elemente des Eigentumsbegriffs solchermaßen zu qualifizieren sind. Diese verfassungsrechtliche Eigenständigkeit wird im Ergebnis auch dadurch greifbar, dass es der Gesetzgeber eben nicht definitorisch zu bestimmen vermag, ob die von ihm geschaffenen Zuordnungsverhältnisse dem Eigentumsbegriff unterfallen oder nicht. Somit bedarf es nicht eines im Eigentumsbegriff selbst implementierten materiellen Schutzgehalts, um noch mit Fug und Recht darlegen zu können, dass dieser Begriff als verfassungsrechtlich selbstständig zu verstehen ist. Die zweite Frage nach der verfassungsrechtlichen Ungebundenheit des inhaltsbestimmenden Gesetzgebers kann separiert ebenso ohne weiteres beantwortet werden: Eben wegen der eigentumsgrundrechtlichen Bindungen, denen sich der Gesetzgeber wegen der verfassungsautonomen Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen in keiner Weise entziehen kann, besteht eine lücken- und keineswegs zahnlose verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums auch gegenüber der Legislative. Für das Ansinnen, den Eigentumsbegriff mit der Institutsgarantie gleichzusetzen, besteht deshalb keine Veranlassung.230 Auch der Sache nach kann ein solches Vorgehen kaum überzeugen. Will man wie Wahl mit der Bezeichnung „Institutsgarantie“ weitere Gewährleistungsgehalte erfassen, die über die Gewährung des elementaren Bestands grundrechtlich geschützter Betätigung hinausgehen, so wäre dies eine vom traditionellen Verständnis abwei229 Sofern dies jedoch nicht der Fall sein sollte – wie beispielsweise nun bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 205 ff. – ist die Auffassung insoweit nicht zu kritisieren. 230 Unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 256 ff. so auch Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), 82 f., der die Gleichsetzung als durch die Umbruchssituation nach dem Nassauskiesungsbeschluss veranlasst ansieht. Gleichwohl sei sie in der Sache „offensichtlich fehlerhaft“. So vorzugehen „hieße, die eigentumsgrundrechtlichen Prüfungsmechanismen auf den Kopf zu stellen“; ferner S. 95 („Daß diese Argumentation schief liegt und das eigentliche Problem kaschiert, liegt auf der Hand“).

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

chende231 und daher näher zu begründende Auffassung.232 Auf der Grundlage des herkömmlichen Verständnisses wurde in Ablehnung dieser Auffassung Wahls zu Recht ausgeführt: Die Institutsgarantie sagt nichts anderes, als dass ein Mindestbestand an freiheitsermöglichendem Normenbestand bestehen bleiben muss. Von diesem Gedanken aus kommt man deshalb nicht zur Geltung des Übermaßverbotes für jede eigentumseinschränkende Regelung.233

Soll dagegen im Sinne von Schmidt-Aßmann/Schoch die Institutsgarantie im eng verstandenen Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung aufgefasst werden, so bekommt allerdings deren These einer „eher ungewöhnlich große[n] Gestaltungsmacht“ des Gesetzgebers in die Zukunft hinein eine ganz andere, grundrechtlich nicht hinnehmbare Qualität.234 Die Eigentumsgarantie gewährleistet mehr als die Bewahrung eines unabdingbaren Mindeststandards. Dies muss auch dann gelten, wenn sich der Gesetzgeber darauf versteht, dem Vertrauens- und Bestandsschutz der Alteigentümer bei seinen Neuvorhaben durch Abfederungen genügend abzuhelfen.235 Der Gesetzgeber ist – wie sogleich zu zeigen sein wird –236 auch bei den nur in die Zukunft hinein wirkenden Gesetzen237 gerade wegen der erforderlichen Abwägung durch deutlich mehr eingegrenzt als die bloße Institutsgarantie.238 dd) Zurückweisung unberechtigter Kritik Es ist somit berechtigt, von einem „verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff“ zu sprechen. Es handelt sich dabei trotz Art. 14 I 2 GG nicht um eine „verbale Widersprüchlichkeit“.239 Dass Gegenstand der Abgrenzung anhand des verfassungsrechtli231 Vgl. statt vieler Thormann, Sozialbindung (1996), S. 127 f., sowie oben S. 42 bei Fn. 78 f., ausführlich dann ab S. 200. 232 Vgl. hierzu näher ab S. 177 in Auseinandersetzung mit Appel. 233 Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 257, sowie S. 170 allgemein gegen die Verknüpfung von Institutsgarantien mit solchen wesensfremden, bloß relativen Garantien. Vgl. insoweit kritisch auch Hösch, JA 1998, 727 (728). 234 Insoweit überzeugend Nierhaus, AöR 116 (1991), 72 (96), der Grundrechtsschutz nur nach Maßgabe der bloß unterstützenden „Institution“ für unzureichend hält. 235 Vgl. ausführlich unten ab S. 171. 236 Siehe insgesamt dazu unten ab S.125. 237 Bzw. den Regelungsgehalten von Gesetzen, soweit sie für die Zukunft gelten. 238 Zur Möglichkeit einer solchen eingriffsunabhängigen Verhältnismäßigkeitskontrolle vgl. ab S. 167. 239 So aber Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 38, Fn. 3. Schon gar nicht handelt es sich um einen Zirkelschluss. Der Sache nach steht die Auffassung Papiers den hier gemachten Ausführungen nicht etwa gänzlich entgegen, vgl. insoweit dens., JuS 1989, 630 (631). Wenn es dort im Zusammenhang der Erläuterungen zum verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff heißt, die Einbeziehung gewisser vermögenswerter Rechte sei „zwingend geboten“, so erklärt sich dieser Zwang einzig durch die hier beschriebene verfassungsautonome Wirkungsweise des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG. Vgl. insoweit auch die überzeugende

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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chen Eigentumsbegriffs (in seiner ersten Teildefinition) zunächst einzig Gesetze sind, ändert nichts daran, dass dieser Begriff selbst – „natürlich“240 – unabhängig von der einfachen Rechtsordnung zu bestimmen ist. Hierbei geht es einzig um eine Frage der Auslegung der Verfassung.241 Vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Konzeption und eingedenk des gegen den Rückgriff auf die Institutsgarantie Ausgeführten bedarf es nicht mehr vieler Worte, um auf die Thesen Fritz Baurs und der ihm folgenden Stimmen zu antworten.242 Zum einen werden die Inhalts- und Schrankenbestimmungen keineswegs lediglich an den „Normen der einfachen Gesetze“ gemessen, es liegt insoweit mitnichten ein Zirkelschluss vor.243 Die strikte Normgeprägtheit ändert nichts daran, dass die Gesetze, Beschreibung der Abgrenzungsfunktion des Eigentumsbegriffs bei Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 62. Die Formulierung Papiers von der „verbalen Widersprüchlichkeit“ mag vielleicht daher rühren, dass die hehre Rede von einem „verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff“ mehr zu beinhalten scheint, als die zumeist schon unabhängig von theoretischer Durchdringung instinktiv durchgeführte Unterscheidungsfunktion, die dieser Begriff bei genauerer Betrachtung nur erfüllt. Gleichwohl ist diese Funktion des Begriffs unabdinglich und trotz dieser Unscheinbarkeit nicht aus dem Gesamtgefüge des Art. 14 GG hinwegzudenken. Von der Ansicht Papiers (herangezogen bei Fritz Baur, SachenR (15. A. 1989), § 24 I (S. 218)) ist die in der zivilrechtlichen Literatur geäußerte Kritik (Nachweise oben bei S. 45, Fn. 88) scharf zu trennen (vgl. auch die deutliche Ablehnung eines an § 903 BGB orientierten Eigentumsbegriffs im Sinne des Art. 14 GG schon bei Papier, VVDStRL 35 (1977), 55 (62 f.): „willkürlich“). Die Ablehnung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und der nunmehr ganz h. M. bei Fritz Baur beruht zu großen Teilen auf einer Verkennung des dogmatischen Verständnisses des BVerfG, welches sehr wohl die Möglichkeit (und auch die Notwendigkeit) miteinschließt, einfaches Recht an verfassungsrechtlichen Maßstäben zu überprüfen (bei Baur 1982 gar nicht und 1989 unzureichend nur in Fn. 1 auf S. 218 wiedergegeben). Vgl. dazu auch sogleich im Text. Wenig weiterführend sind auch die Aussagen Mayer-Malys zu bewerten, weil dessen Kernthese der Berufung auf die „Einheit der Rechtsordnung“ unzulässigerweise den grundlegenden Unterschied zwischen einem Grundrecht auf Verfassungsebene und einer zivilrechtlichen Norm verkennt. Weiterhin bleibt unbeantwortet, wie Baur und Westermann ihr Verständnis eines nur durch § 903 BGB geprägten feststehenden Eigentumsbegriffs mit Art. 14 I 2 GG in Einklang bringen wollen. Interessant wäre auch zu wissen, wie genau sich durch ihre Auffassung tatsächlich in der Rechtspraxis ein vermehrter Schutz des Bürgers erzielen lässt. Denn selbst nach dieser Auffassung ist der Gesetzgeber zu Einschränkungen der Eigentümerrechte ermächtigt (zumindest aufgrund des Art. 14 II GG). Inwieweit denn die bildhafte Vorstellung eines vorgegebenen Eigentumsinhalts dem Richter einen konkreteren und im Einzelfall weiterreichenden Maßstab an die Hand gibt als die zum speziellen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 14 GG angestellten Strukturierungen, wird nicht näher erläutert. 240 So Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur (1983), S. 13. 241 So beispielsweise auch Bumke, NJ 1999, 235 (ebd.). Unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 220 ferner Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 36. 242 Vgl. oben S. 45, Fn. 88 die Nachweise auf die Ansicht Fritz Baurs, dem zustimmende Äußerungen, sowie Leisner, DVBl. 1983, 61 (63). Gleiches gilt für die Aussage Stobers, Allg. WirtschaftsverwR (2006), § 22 I 3 (S. 155), es gäbe keinen eigenständigen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff (näher oben S. 45, Fn. 89); die Existenz eines „unmittelbaren“ Eigentumsbegriffs verneinend auch Frings, Bestandsschutz atomrechtlicher Anlagen (1992), S. 25. 243 So aber die 1. „Frage“ bei Fritz Baur, NJW 1982, 1734 (1735).

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

bevor sie gemäß Art. 14 I 2 GG den Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG ausformen, einer verfassungsautonomen Kontrolle anhand der eigentumsgrundrechtlichen Rechtfertigungsmaßstäbe unterzogen werden. Zum anderen wird verkannt, dass von einem verfassungsrechtlichen Selbststand des Eigentumsbegriffs nicht erst dann ausgegangen werden kann, wenn dieser aus sich selbst heraus ohne weitere Bezugnahme auf normative Ausformung punktgenau zu beschreiben vermag, was als Eigentum i. S. d. Verfassung zu gelten hat.244 Denn auch bei der Begrenzung der Auswahlfunktion des Begriffs auf Gesetze und die darauf beruhenden rechtlichen Zuordnungsverhältnisse bleibt die verfassungsrechtliche Eigenständigkeit vollauf erhalten: Die den Begriff kennzeichnende Abgrenzungsfunktion wird unabhängig vom einfachen Recht beschrieben nach den üblichen, verfassungsrechtlichen Auslegungsregeln.245 Eben deshalb ist es auch unzutreffend, mit Papier davon auszugehen, der Eigentumsbegriff verkomme „– entgegen allen Beteuerungen, ihn aus der Verfassung selbst gewinnen zu müssen – zu einem Begriff nach Maßgabe der einfachen Gesetzgebung“.246 Was die Bestimmung dieses Begriffs betrifft, so sind die „Maßgaben“ des Gesetzgebers hinsichtlich der Qualifizierung eines von ihm gestalteten Rechtes als Eigentum ebenso irrelevant wie seine Bemühungen, die materiellen Gehalte der Gesetze unterhalb des eigentumsgrundrechtlich gewährleisteten Maßes zu normieren: Diese unterliegen dem Verdikt der aus der eigentumsspezifischen Verhältnismäßigkeitsprüfung resultierenden Verfassungswidrigkeit. In gleicher Weise fehlt es der These Engels an einer tragfähigen Grundlage, bei den Äußerungen zum verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff auf der einen und zur Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie auf der anderen Seite handele es um zwei verschiedene Ansichten innerhalb der (aktuellen) Rechtsprechung des BVerfG, wobei nur der Ersteren zu folgen sei.247 Wenn auch das Gericht keineswegs viel Mühe darauf verwendet, den Zusammenhang zwischen dem abgrenzenden Eigen244

Vgl. aber die 2. „Frage“ bei Fritz Baur, NJW 1982, 1734 (1735), bei der bezweifelt wird, wie noch der Eigentumsbegriff verfassungsrechtlich bestimmt werden könnte, wenn eben nicht ein materiell gehaltvoller Bezugspunkt ohne Verweis auf die Ausformung des Gesetzgebers herangezogen werden dürfe. 245 Siehe oben S. 49 ff. 246 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 38. 247 Engel, AöR 118 (1993), 169 (194 ff. – dazu nichts Ausdrückliches bei dems., Soziale Funktion, in: von Danwitz/Depenheuer/ders., Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 31 f.). Kaum zutreffend auch die Äußerung zum Meinungsbild im Schrifttum: „Die These von einem Vorbehalt gesetzlicher Anerkennung wird in der Literatur vertreten“ unter Nennung von bloß vier Literaturstimmen, worauf es dann heißt: „ablehnend etwa Ossenbühl, ZHR 155 (1991), 329 (347)“. Wenn man eine „These“ ohne Bedenken als „h. M.“ bezeichnen kann, dann doch die der (grundsätzlichen) Anerkennung der Gesetzesabhängigkeit des Eigentums (vgl. Teile der unüberschaubaren Flut diesbezüglicher Bekenntnisse oben in S. 30, Fn. 31). Ossenbühl, den Engel als einzigen Vertreter benennt, der nun noch die Normgeprägtheit ablehnt, bringt seine ablehnende Haltung in den ausführlichen Erläuterungen in seinem Lehrbuch zum Staatshaftungsrecht nicht oder zumindest kaum erkennbar zum Ausdruck (vgl. dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 251, Fn. 1172 a. E.).

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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tumsbegriff und der Normgeprägtheit schulmäßig zu erläutern, so ist es doch gleichwohl nicht angängig, deshalb einen Widerspruch zu konstruieren. Wie bereits erläutert,248 können beide Aussagen sehr wohl sinnvoll miteinander in Einklang gebracht werden. Auch handelt es sich bei dieser Rechtsprechungskonzeption nicht bloß um ein „formales Gebot gesetzgeberischer Kontinuität“,249 sondern um eine materielle Absicherung des grundrechtlich geschützten Eigentums. Die Anerkennung einer Art. 14 I 2 GG ernst nehmenden Dogmatik führt nicht zu einem Freischein für den Gesetzgeber, sondern durch die (unter Zuhilfenahme des Eigentumsbegriffs durchzuführende) lückenlose verfassungsrechtliche Überprüfung der einfachrechtlichen Eigentumsordnung zu einem dem Grundrecht angemessenen Schutzniveau.250 Es verbleibt hier noch anzufügen, dass Engels Vorstellung, aus der Gesetzesabhängigkeit folge die Möglichkeit der Selbstdefinition oder Nicht-Definition eines Rechts als Eigentum,251 fehlgeht. Gleiches gilt für die Annahme, „die Abkoppelung des verfassungsrechtlichen vom zivilrechtlichen Eigentumsbegriff [sei] kaum zu erklären“252 mitsamt Verweis auf BVerfGE 36, 281 (290)253.254 ee) Zur Gegenkonzeption Depenheuers (1) Darstellung Als Hintergrund der Bemühungen Depenheuers um die Stärkung des Eigentumsschutzes vor dem Staat ist dessen Einschätzung bezüglich der elementaren Bedeutung des Eigentums als Grundlage der Freiheit des Einzelnen zu sehen.255 Freiheit strebe nach Eigentum, und sie bedürfe seiner. Eigentum sei mehr „als bloßes Mittel zur Befriedigung der Bedürfnisse“, es müsse als „die Wirklichkeit der Freiheit“ verstanden

248

Beginnend oben S. 46. So Engel, AöR 118 (1993), 169 (195). 250 Dazu näher oben S. 64 ff. 251 Engel, AöR 118 (1993), 169 (195, vgl. auch 197). 252 Engel, AöR 118 (1993), 169 (196). 253 Engel, AöR 118 (1993), 169 (196 bei Fn. 137, vgl. auch 198): Bei Anerkennung der Gesetzesabhängigkeit sei diese Entscheidung, die die noch unpatentierte Erfindung dem Eigentumsschutz unterstellte, nicht haltbar. 254 Zur Definitionskompetenz vgl. oben S. 63; die Zurückweisung der zweiten Annahme erklärt sich anhand der Erläuterung der Verfassungsrechtlichkeit des Eigentumsbegriffs von selbst. Wie immer man auch in der Sache zum in BVerfGE 36, 281 veröffentlichten Beschluss vom 15.1.1974 im einzelnen stehen mag (ähnlich wie Engel beispielsweise Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 213; Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 359), so wird ebenda (S. 290 f.) in aller Deutlichkeit auf das Vorliegen einer Rechtsposition abgestellt, die aus der Rechtsordnung selbst schon vor Erteilung des Patents abzuleiten sei (bezug genommen wurde auf die §§ 3 und 6 PatG). 255 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 1. 249

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

werden.256 „Daher bleibt Freiheit ohne Eigentum leer, Eigentum ohne Freiheit sinnund wertlos.“257 All das gelte auch „insbesondere für diejenigen, die über kein größeres Eigentum verfügen“.258 Innerhalb einer Konzeption, die diesen Prämissen gerecht werden soll, misst Depenheuer auch einer Reformulierung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs eine bedeutsame Rolle zu. Sein Vorgehen ähnelt dabei der zuvor schon besprochenen259, eine Rückanbindung des Eigentumsbegriffs an die Institutsgarantie befürwortenden Ansicht.260 Depenheuer geht von der Existenz eines mit einigen grundlegenden materiellen Anreicherungen gespeisten Begriffs des Eigentums i. S. d. Art. 14 I 1 GG aus: Diese Vorschrift beinhaltet seiner Auffassung nach „auf Verfassungsebene eine erste grundlegende, normativ verpflichtende, weiteren Konkretisierungen zugängliche, diese ermöglichende und bedingende Konstituierung des rechtlich anzuerkennenden Eigentums.“261

256

Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 11; vgl. auch dens., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 278 f.; dens., Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 140 f. 257 Depenheuer, Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 140. 258 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 14; ders., Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 142. 259 Dazu oben ab S. 81. 260 Im Unterschied zu dieser Auffassung, welche sich ihrer Inkongruenz mit der Konzeption des BVerfG und der h. L. nicht in vollem Maße bewusst zu sein scheint und wohl auch im Ergebnis nicht anstrebt, darüber zu anderen Ergebnissen zu gelangen, räumt Depenheuer teilweise offen ein, ein Gegenkonzept zu vertreten, vgl. Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 35. Zurückgewiesen werden muss jedoch der andererseits von Depenheuer, ibid. Rn. 34 f., implizit hervorgerufene Eindruck, dass das BVerfG in einigen Entscheidungen in Übereinstimmung mit seiner Gesamtkonzeption des Eigentumsbegriffs stünde. Zum Erfordernis der Begriffsgewinnung des Eigentums aus der Verfassung selbst werden unter der Prämisse der Übereinstimmung mit den von ihm formulierten Vorgaben BVerfGE 24, 367 (389), Urt. v. 18.12.1968, und E 89, 1 (6), Beschl. v. 26.5.1993, herangezogen; der dagegen den verfassungsrechtlichen Selbststand explizit erwähnende Nassauskiesungsbeschluss hingegen wird nur im Rahmen der Besprechung der „herrschenden Dogmatik“ herangezogen. Für einen Bruch in der Rechtsprechung des Gerichts (vgl. im Übrigen in ähnlichem Zusammenhang die ausdrückliche Unterstellung bei Engel, AöR 118 (1993), 169 (194 f.), sowie die Zurückweisung soeben im Text) oder die Annahme einer materiellen Anreicherung des Eigentumsbegriffs in der Sache geben die angegebenen Zitate jedoch nichts her. Wieder anders deutet Rn. 51 gar auf die sachlich nicht überzeugende Vereinnahmung des Nassauskiesungsbeschlusses hin, wenn es unter Bezugnahmen hierauf heißt, das Gericht bekenne sich „in diesem Sinne“ in ständiger Rechtsprechung zu einem dem Gesetzgeber vorgegebenen Eigentumsbegriff. 261 So Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 32, im Original ist diese Passage durch Fettdruck hervorgehoben. Weiterhin ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 291.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Der „phänomenologische Strukturtypus des Eigentums“ werde „verfassungsrechtlich in erster Linie durch das bürgerliche Sach- und Grundeigentum geprägt“.262 Dann heißt es in aller Deutlichkeit: Dieses ist gekennzeichnet durch privatnützig zugewiesene umfassende Herrschafts- und Verfügungsbefugnis des Eigentümers, die § 903 BGB – die magna charta des Eigentumsgrundrechts – klassisch dahingehend umschreibt, dass „der Eigentümer einer Sache … mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen“ kann.263 Für das Recht ist das Eigentum des Bürgers eine bloße Negation, nur dadurch definierbar, dass nicht gefragt werden darf, wie der jeweilige Eigentümer sein Herrschaftsrecht ausübt.264

Nach Maßgabe der historischen Anknüpfung an das solchermaßen vom Verfassungsgeber vorgefundene, ausgeformte Rechtsinstitut des Eigentums gewinne „das Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinne seine den Gesetzgeber bindenden Prägestrukturen“.265 Ebenso komme der Formel vom Eigentumsbegriff, „wie ihn ,das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen ausgeformt haben“, volle Berechtigung zu.266 Zwar bejaht Depenheuer die Notwendigkeit der rechtlichen Ausformung des Eigentums, ja die Konstituiertheit des Eigentums durch rechtliche Anerkennung schlechthin anstelle bloß anarchischer Vorstellungen eines unmittelbaren Verhältnisses von Personen und Sachen. Insoweit führt er aus, es gebe kein dem Gesetzgeber vorgegebenes „natürliches“ Eigentum.267 Er bleibt jedoch entsprechend dem eben

262 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 33, 51 („Prägestruktur des zivilrechtlichen Sacheigentums“); ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 292. 263 Unter Hinweis auf abweichende Ansichten. Vgl. insoweit ähnelnd die Befürwortung einer „ideell unbegrenzten“ Eigentumsfreiheit bei Brohm, BauR (2002), § 22, Rn. 3. 264 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (1999), Art. 14, Rn. 33, a. E. unter Verweis auf eine Literaturstimme; ein wenig vorsichtiger die Formulierung bei dems./Grzeszick, NJW 2000, 385 (387). Die Parallelen zur alten BGH-Rechtsprechung sind frappierend, beziehen sich jedoch nur auf die Bestimmung des Eigentumsbegriffs, nicht auf die Eigentumsdogmatik allgemein, insoweit erkennt Depenheuer die Leistungen des Nassauskiesungsbeschlusses im Gegensatz zur verfehlten Rechtsprechung des BGH ausdrücklich an, vgl. etwa Rn. 198 und öfter. Wohl anders – mit Blick auf die „Eigentümerfreundlichkeit“ – insoweit noch immer Leisner, „Privatisierung“ des Öffentlichen Rechts (2007), S. 115, demzufolge „heute […] kaum jemand in Frage stellen [wird], dass etwa der wirksamste Schutz privaten Eigentums stets vom Dritten Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geboten worden ist, nicht vom Bundesverwaltungsgericht, auch nicht in der Verfassungsgerichtsbarkeit.“ 265 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 33, 32. 266 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 42, vgl. auch Rn. 32; zustimmend Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 10. Zu dieser Revitalisierung der vom BVerfG längst nicht mehr benutzten Formel vgl. auch die Nachweise auf die alte Rechtsprechung oben S. 28, Fn. 25. 267 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 29 f. Vgl. auch Rn. 56, wo es heißt, das Prinzip der Gesetzmäßigkeit sei tragender Pfeiler der verfassungs-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Gesagten hierbei nicht stehen. Der Gesetzgeber werde durch die Eigentumsgarantie nicht nur verfassungsrechtlich gezwungen, eine der Bedeutung des Eigentums gerecht werdende einfachrechtliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.268 Darüber hinaus solle dieser Gesetzgeber auch an die eben beschriebenen materiellen Gehalte des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs gebunden sein.269 Und so ist es für Depenheuer kein Widerspruch zur ebenfalls anerkannten Notwendigkeit gesetzlicher Normierung dann auszuführen, der Staat habe „das Eigentum seiner Bürger […] als ihm vorausliegend zu achten und zu schützen“.270 Art. 14 GG enthalte insoweit einen „spezifischen verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff“, auf den sich jeder Eigentümer „seinem Inhalt und seinen Befugnissen nach berufen“ könne.271 Nutzungsrechte des als jeweils grundsätzlich frei, unbeschränkt und absolut verstandenen Eigentums sollen demnach ohne einfachrechtliche Vermittlung direkt aus Art. 14 I 1 GG hergeleitet werden können (beispielsweise seien Baufreiheit und Anliegerrechte unmittelbar durch Art. 14 I GG dem Bodeneigentümer zugeordnet).272 Dass dem Gesetzgeber von der Verfassung auch ein Inhaltsbestimmungsrecht zugemessen werde, wird in Wiedergabe des Ansatzes Leisners zur Kategorisierung von „natürlich abgegrenzten“, „wesentlich abgrenzungsbedürftigen“ und „gesetzlich erst hervorzubringenden Gütern“ zu erklären versucht.273

rechtlichen Dogmatik des Eigentums. Weiterhin ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 281 f. 268 Vgl. etwa Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 16, 22 ff. 269 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 50. 270 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 28 (Hervorhebung nicht im Original), Rn. 47 f. Ebenso im Umkehrschluss in Rn. 35. Ferner ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 280. 271 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (1. A. 1999), Art. 14, Rn. 34; ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 293. Die Berufung auf BVerfGE 42, 263 (292 f.), Urt. v. 8.7.1976, und Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 42 ff. bezüglich des spezifischen Eigentumsbegriffs ist insbesondere hinsichtlich der dezidiert die herrschende Eigentumsdogmatik vertretenden Darstellung Rozeks nicht durchgreifend. Ohne dass konzeptionelle Änderungen im Übrigen erkennbar wären, fehlen allerdings in der 2. A. 2005 die beiden mit der vorliegenden Fußnote belegten Sätze. Gewagt erscheint ferner die Aussage, das BVerfG bekenne sich in seinem Sinne zum Eigentumsbegriff bei Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 51; dems., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 295. 272 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (1999), Art. 14, Rn. 46, 61 (etwas deutlicher noch ibid. in der 4. A.), 65 ff. (umfassende Herrschafts- und Verfügungsbefugnisse) und öfter in Kommentierung der einzelnen Nutzungsformen; zur Baufreiheit und den Anliegerrechten so ausdrücklich auch Depenheuer, Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 293 f.). „Administrative oder judikative Ausweitungen des Schutzbereichs“ sollen jedoch unzulässig sein, Rn. 56, 220 f. 273 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 57 – 60; ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 299 f. Zu Leisner, Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 67 ff., sowie zur Kritik dieses Ansatzes vgl. schon oben S. 31 ff.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Die herrschende Eigentumsdogmatik beschreibt Depenheuer so, dass hiernach die dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber zukommende Kompetenz „nur durch die Institutsgarantie“ begrenzt sei. Wenn Gegenstand und Umfang des Schutzes nur durch die Gesetze bestimmt seien, so bilde Art. 14 GG aus dieser Perspektive „lediglich eine Transformationsnorm für gesetzliche Inhaltsbestimmungen des Eigentums, ohne ihnen gegenüber inhaltlichen Selbststand gewinnen zu können.“274 Die „Ausgestaltung des konkreten Eigentumsrechts [sei] allein und ausschließlich Aufgabe des einfachen […] Gesetzesrechts“.275 Durch eine solche Auffassung werde jedoch verkannt, dass die „Normprägung“ nicht bei der Gesetzgebung monopolisiert sei, sondern sich sehr wohl auch schon auf Verfassungsebene bis hin zu Exekutive und Judikative vollziehen könne und dies auch getan habe: Nur den verfassungsrechtlich schon vorgegebenen Status des Eigentums vermöge der Gesetzgeber zu konkretisieren und auszugestalten.276 Die Beschreibung der „Gegenposition“ gipfelt darin, dass Depenheuer die Gegenauffassung als in geradezu historischen Dimensionen mit der seinigen im Streit stehend sieht: Während Depenheuer wie „das BGB und – dieses rezipierend – das Grundgesetz in der Tradition des Liberalismus“ stehe und damit gleichzeitig die römische Rechtstradition verteidige, berufe sich die andere Auffassung, „exemplarisch“ reduziert auf Otto von Gierke und Werner Böhmer, auf den mit Art. 14 GG nicht konform gehenden „germanischen Eigentumsbegriff“.277 Dem angefügt wird eine fragwürdige Darstellung der insoweit in der Tat stellvertretend für die herrschende Meinung heranzuziehenden Konzeption Böhmers. Danach obliege nämlich die Eigentumsordnung „unter Ausblendung der normhierarchisch gestuften Rechtsordnung“ allein dem parlamentarischen Gesetzgeber. Dabei sei dieser aufgefordert, anstelle der prinzipiellen Vermutung für die Freiheit 274

Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 35; ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 283. 275 So Depenheuer, Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 286, bezogen auf Böhmer. 276 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 36, 50. 277 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 37 f.; ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 284 ff.; auch die jüngere Kontroverse zwischen neoliberalistischen und kommunitaristischen Vorstellungen wird als weitere Ausformung jenen Kampfes erkannt. Siehe ferner dens., Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 160 ff. Vgl. zu „noch immer spukenden altliberalen Gedanken“, wonach unter keinen Umständen „das ,Herr im eigenen Hause sein“ gelähmt werden dürfe sowie ferner zum Gegensatz zwischen „germanistische[m] Gemeingut, besonders von Otto Gierke […] betont“, sowie der römischen Eigentumsauffassung auch Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe Kahl (1923), IV. Abschnitt, S. 10 f. mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach „die starren Eigentumsgrundsätze des römischen Rechts dem neueren Rechtsempfinden fremd“ (Zitat nach „RG. ZivS. 89, 121 f.“) seien. Auch Lege, UTR 2005, 7 (9 f.) geht von einem „Kampf um das Eigentum“ aus, ausgefochten zwischen einer liberalen sowie einer etatistischen Position.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

des Eigentümers278 zuallererst einen Ausgleich zwischen Eigentümerinteressen und Allgemeinheit bei Normierung des nicht an sich unbeschränkten Eigentums vorzunehmen.279 Entscheidend aber sind die Konsequenzen, die Depenheuer hieraus zieht. Er führt aus: Nach dieser Auffassung vom apriorisch gebundenen Eigentum gibt es überhaupt keine Freiheit jenseits der Pflicht. Deutlicher formuliert: es gibt nur noch die Pflicht, und in der Pflichterfüllung wird die Freiheit wirklich. […] Dem Bürger bleibt danach allein die Freiheit, seine „recht verstandene“ Freiheit, d. h. seine Pflichten, zu erfüllen. […] Dadurch wird die Pflichtbestimmung rechtskonstruktiv rechtfertigungsfrei vor dem Grundrecht, da dieses nicht mehr als „an sich“ unbeschränktes gedacht werden kann. Die Kompetenz zur Schrankenbestimmung verwandelt sich aus der Befugnis, individueller Freiheit Schranken zu setzen, in die unumschränkte Macht, positiv zu bestimmen, was Freiheit ist. […] Es gibt nur noch die Pflicht zur Freiheit bzw. die Freiheit zur Pflicht.280

Der bloß funktionsgeleitete Schutz des Eigentums verkehre sich zur Gefahr für den Grundrechtsträger, als nicht dieser es sei, der bestimme, welche Funktionen dem Eigentum im Einzelfall zukämen. „Die Eigentümerfreiheit geht auf in Fremdbestimmung“.281 Dem fügt Depenheuer folgende Warnung vor einer Eigentumsbegriffsbestimmung ohne Implementierung mit materiellen (aus § 903 BGB abzuleitenden) Wertungen in seinem Sinne an: Die Verfassung geriete mangels eigenen Selbststands in funktionale und uneinholbare Abhängigkeit vom Gesetz. Der Gesetzgeber stünde nicht unter, sondern würde Herr der Verfassung. Die Grundentscheidung des Art. 1 III GG, die Bindung aller Staatsgewalt an die Grundrechte, wäre für Art. 14 GG außer Kraft gesetzt.282 Die Verfassung wäre nicht mehr Schutzschild bürgerlicher Freiheit, sondern hätte verfassungsrechtliche Beurkundungs- und Rechtfertigungsfunktion für den eigentumsbeschränkenden Gesetzgeber. […] Die Verfassungsgarantie böte gegenüber gesetzlichen Ver- und Geboten keine Schranke mehr, im Gegenteil: je weniger Eigentumsbefugnisse das einfache Gesetz dem Bürger zugestände, desto schwächer würde der Schutz für das verbleibende

278

Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 44. Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 39. 280 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (4. A. 1999), Art. 14, Rn. 40 (Hervorhebung schon im Original); ein wenig zurückhaltender formuliert nun ibid. 5. A. 2005, jedoch sachlich im Wesentlichen gleich bleibend sowie auch dort endend mit der Sentenz „es gibt nur noch die Pflicht zur Freiheit bzw. die Freiheit zur Pflicht.“ Siehe ferner dens., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 290. Siehe allerdings auch Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe Kahl (1923), IV. Abschnitt, S. 11 mit einem – nach heutigen Maßstäben – kaum noch vertretbaren Pflichtverständnis, auf das man nun mit den Worten Depenheuers antworten könnte. 281 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 41. 282 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 43, vgl. auch Rn. 62 a. E. 279

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Resteigentum. Ein rechtsstaatliches Paradox und Skandalon: je mehr Eingriffe bereits vorliegen, desto mehr Eingriffe werden legitimiert – eine freiheitserdrosselnde Dogmatik.283

(2) Stellungnahme Den Ausführungen Depenheuers muss widersprochen werden. Nicht nur auf die mangelnde Tragfähigkeit einer solchermaßen sich auf § 903 BGB berufenden Auslegung des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs ist hinzuweisen: vor allem die Wiedergabe der herrschenden284 Eigentumsdogmatik überzeugt nicht. Die sehr wohl begründete Selbstständigkeit des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs trotz Anerkennung der in Art. 14 I 2 GG verankerten Normgeprägtheit ist bereits ausführlich erörtert worden. Die Schärfe, mit der in Verkennung der verfassungsgerichtlichen Praxis vorgetragen wird, der Gesetzgeber sei bei einem nicht mit materiellen Gehalten angereicherten, der gesetzgeberischen Inhaltsbestimmung vorgelagerten Eigentumsbegriff der „Herr der Verfassung“, verwundert. Dies ändert aber nichts daran, dass gerade im Zusammenspiel mit dem recht verstandenen Eigentumsbegriff sich der Gesetzgeber den materiellen (allerdings nicht in einem prägenden Strukturtypus, sondern vor allem in der Verhältnismäßigkeitsprüfung285 enthaltenen) Wertungen der Eigentumsgarantie entsprechend Art. 1 III GG286 eben nicht entziehen kann.287 Die eigentumsgrundrechtliche Rechtfertigungslast ist dem Gesetzgeber keineswegs entzogen.288 283

Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (4. A. 1999), Art. 14, Rn. 44 (Hervorhebung schon im Original); ders., Verfassung und Gesetz, in: FS Leisner (1999), S. 289. Sachlich gleich bleibend – Leerlauf der Verfassungsgarantie – siehe auch die 5. A. 2005, Rn. 44, allerdings formuliert Depenheuer nunmehr seinen Vorwurf weniger drastisch. Dem ersten soeben zitierten Satz nachfolgend heißt es nun: „Das Verhältnis von Freiheit und Begrenzung verkehrte sich ins Gegenteil. Die Freiheit des Eigentümers basierte nicht länger auf der Verfassungsgarantie, sondern nur auf der Ebene des einfachen Gesetzes. Die Verfassungsgarantie liefe gegenüber gesetzlichen Ver- und Geboten leer.“ 284 Diese Auffassung lässt sich ungeachtet sonstiger bedeutender Unterschiede und teilweiser Unzulänglichkeiten jedenfalls insoweit unter einen gemeinsamen „herrschenden“ Nenner bringen, als die Normgeprägtheit nicht als Widerspruch zur gleichzeitigen Annahme der Existenz eines verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs gesehen wird, vielmehr beides als zu verbindende Einheit betrachtet wird. 285 Die sehr wohl eigentumsspezifisch ist, insoweit stringent anders Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 226. 286 Art. 1 III GG mag als Argument dienen, dass eine Auslegung, die keinerlei den Gesetzgeber bindende Gehalte enthält, nicht plausibel wäre (vgl. insoweit Böckenförde, Der Staat 20 (1990), 1 (27)). Eine solche effektive Bindung existiert hier. Darüber hinaus indes gilt, dass Art. 1 III GG nicht zu einer bestimmten Interpretation der Grundrechte zwingt, sondern einzig das zur unmittelbaren Anwendung bringt, was zuvor autonom dem jeweiligen Grundrecht entnommen werden konnte; siehe dazu, in anderem Zusammenhang, Böckenförde, ibid. S. 2 f. 287 Vgl. auch Maurer, StaatsR (2007), § 9, Rn. 45. 288 Zum angeblichen „Skandalon“ einer „freiheitserdrosselnden Eigentumsdogmatik“ (Depenheuer 1999): Es besteht kein Anlass, davon auszugehen, bei Vornahme gesetzlicher, einschränkender Neuregelungen werde der Schutz des verbleibenden Rechtsverhältnisses nur

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Mit dem Vorwurf der strikten Bezogenheit eigentumsgrundrechtlicher Freiheit auf die fremdbestimmte Pflichterfüllung werden der herrschenden Meinung289 philosophische Implikationen unterstellt, die jedoch für deren Eigentumsdogmatik grundsätzlich irrelevant sind. Denn die insoweit auch hier vertretene Konzeption des Eigentumsbegriffs ist einzig Ergebnis der sich aus Art. 14 I 2 GG ergebenden Struktur, ohne dadurch schon die Kriterien der materiellen Kontrolle anhand der Eigentumsgarantie zu präjudizieren. Die weit über die Institutsgarantie hinausgreifende, in Art. 14 I 1 GG begründete Abwägungsdirektive ist offen für der ratio der Norm sehr wohl gerecht werdende Erwägungen, und eines ist dabei sicher: Das Abwägungsergebnis kann nur dann Art. 14 GG entsprechen, wenn entgegen den drastischen Befürchtungen Depenheuers dem Einzelnen, soweit nicht zwingend durch Allgemeinwohlinteressen anderes geboten ist, ein echter Freiraum von staatlicher und sonstiger Fremdbestimmung geschaffen wird.290 Trotz der kräftigen Worte scheint Depenheuer im Übrigen bei Anwendung seiner Konzeption auch selbst nicht zu durchgängig und übermäßig anderen Ergebnissen zu kommen als die sich der Normgeprägtheit verpflichtet wissende Rechtsprechung und die herrschende Eigentumslehre.291 Zwar ändert sich die Argumentationslast zugunsten des Eigentümers bei Annahme eines Eigentumsbegriffs, der als Strukturtypus von einem grundsätzlich freien Eigentümerbelieben neoliberaler Provenienz i. S. d. § 903 BGB ausgeht. Doch bleibt auch die herrschende Konzeption offen dafür, die Determinanten der eigentumsgrundrechtlichen Kontrolle so auszulegen, dass weitestdenkbare Freiheit gewährt wird.292 Darüber hinaus ist nun noch kurz auf die inhaltliche Ablehnung einer solchen Ansicht hinzuweisen.293 umso mehr geschwächt, vgl. nur die gerade dagegen gerichtete Argumentation bei Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (231 f.), zu „Eingriffskumulationen“. Folgt einer eigentümernachteiligen Gesetzesänderung eine weitere Belastung, so kann diese letzte Änderung der Gesetzeslage vor Art. 14 GG nur dann Bestand haben, wenn die nun geschaffene Eigentumsordnung noch hinreichenden Freiraum zu bieten vermag. Nur darauf ist abzustellen, wenn unter Hinzuziehung der Abwägungsdirektive des Art. 14 I 1 GG die Verfassungsmäßigkeit zu messen ist. Ob die Beeinträchtigungen in einem einzigen oder in mehreren Schritten erfolgten, ist selbstredend unerheblich. Siehe dazu ferner S. 104, Fn. 328 m. w. N. Allerdings verzichtet Depenheuer nunmehr in der 5. A. 2005 darauf, die These vom Skandalon so deutlich zu wiederholen. 289 Der „exemplarisch“ herangezogene Böhmer entfaltet insoweit kaum etwas über die sonstigen Stellungnahmen Hinausgehendes. 290 Vgl. unten S. 103 ff. 291 Soweit sich dies nach einer Durchsicht der Erörterungen Depenheuers zu den einzelnen Streitständen ersehen lässt. Der Planungswertausgleich (ibid. Rn. 325 f.) ist dabei gar ein Beispiel dafür, dass entgegen einer strikt von der Normgeprägtheit ausgehenden Auffassung (dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 184 – 197) dem Eigentümer teilweise der ihm zukommende Schutz verweigert wird. 292 Vgl. insoweit auch Engel, Soziale Funktion, in: von Danwitz/Depenheuer/ders., Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 23, 25, der davon ausgeht, vom Ausgangspunkt des BVerfG aus die freiheitliche Bedeutung der Eigentumsgarantie zu akzentuieren, um so den bibeltreu eigentumskritischen Deutschen (dazu etwa ibid. S. 11 f.) aufzuzeigen, weshalb sie mehr Eigentum wagen sollten.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Wer nämlich unter derart striktem Bezug auf ein gewisses philosophisch-rechtsgeschichtliches Vorverständnis einen schutzbereichsbestimmenden Verfassungsbegriff deuten will, ist erklärungspflichtig, weshalb sich der Verfassungsgeber gerade hierauf in dieser Weise habe festlegen wollen. Rechtspolitische Vorlieben dürfen nicht Maßstab der Auslegung sein. Dies gilt umso mehr, als die nunmehr große Mehrheit der Verfassungsinterpreten eine solche auf ein derart strikt liberales Grundverständnis gestützte Auslegung beim Eigentumsbegriff nicht einmal mehr als Möglichkeit erwähnt,294 geschweige denn befürwortet. Vor allem aber wird das Verhältnis zwischen dem materiell angereicherten Eigentumsbegriff, auf den sich der Bürger schließlich selbst berufen könne und dem konkretisierenden einfachen Gesetzesrecht, dem in gewisser Weise ein Vorrang zukommen solle,295 nicht genügend ausgeleuchtet, als dass die Stringenz der Gegenkonzeption Depenheuers schon erwiesen wäre. Auch der Verweis auf den historischen Kontext (germanischer contra römischrechtlicher Eigentumsbegriff) vermag da kaum weiterzuhelfen.296 . . .

293

Abgesehen davon, dass im Dunkeln bleibt, wie das von Leisner übernommene Modell der Inhaltsbestimmung rechtspraktisch umgesetzt werden sollte, vgl. schon oben S. 32. Siehe im Übrigen noch Kreft, Ersatzleistungen (1998), Rn. 14, mit dem Einwurf, dass gerade durch die Bezugnahme auf die einfachrechtliche Norm des § 903 BGB die verfassungsautonome Bestimmung gefährdet sei; siehe ähnlich auch Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 12. 294 Ausgenommen von rechtsgeschichtlichen Fußnoten bezüglich der überkommenden BGH-Rechtsprechung sind Ausführungen kaum ersichtlich, die von einem liberalen Grundverständnis zeugen, das in der Form eines mit materiellen Gehalten angereicherten Eigentumsbegriffs vorgetragen wird (dass ein wie auch immer näher zu fassendes „liberales Grundverständnis“ sehr wohl auch im Rahmen der h. M. ohne eigenständige Instrumentalisierung schon des Eigentumsbegriffs vorgetragen werden kann und vorgetragen wird, kann dagegen nicht angezweifelt werden, siehe schon oben im Text). Vgl. überdies noch Schachtschneider, Recht auf Eigentum, in: FS Leisner (1999), S. 774, demzufolge das BVerfG „den sozialen, nicht den liberalen Eigentumsbegriff“ dogmatisiere. 295 Zu Letzterem Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 56. 296 Vgl. auch die Kritik an Depenheuer und dessen Vorwurf einer „freiheitserdrosselnden Dogmatik“ bei Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 28. Diese Replik setzt allerdings dabei an, den einfachen Gesetzgeber davor in Schutz zu nehmen, seine Rolle sei per se freiheitsgefährdend. Hiermit trifft man allerdings nicht den Kern, denn Depenheuer hat das Recht, zunächst einmal auf Art. 1 III GG und den Vorrang der Verfassung zu verweisen. Diese Grundsatzkritik gilt es zunächst zu erwidern, bevor man dann die verbleibende, von der Verfassung eingeräumte besondere Rolle des Gesetzgebers im Einzelnen verteidigen mag. Eine Eigentumsdogmatik, die dagegen nicht zu erklären vermag, inwieweit der einfache Gesetzgeber seinerseits gebunden ist, könnte sehr wohl als freiheitserdrosselnd etikettiert werden.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

e) Weitere Fragestellungen aa) Verfassungsrechtliche Anforderungen als Bestandteil des Eigentumsbegriffs Die konkrete Definition des Eigentumsbegriffs muss Kriterien enthalten, nach denen die Gesetze herausgefiltert werden, auf deren Grundlage eigentumskräftige Zuordnungsverhältnisse i. S. d. Art. 14 I 1 GG erworben werden können. Mit dem BVerfG ist dabei auf die Selbstverständlichkeit297 hinzuweisen, dass über diese „thematische“ Unterscheidung hinaus einschränkend nur aufgrund solcher Gesetze Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG erworben werden kann, die ihrerseits verfassungsmäßig sind.298 Von den verfassungsrechtlichen Bindungen, die beachtet sein müssen, sind nicht lediglich die spezifisch eigentumsgrundrechtlichen, sondern auch sämtliche sonstigen aus der Verfassung (etwa aus der Kompetenzordnung und anderen betroffenen Grundrechten) ableitbaren Anforderungen erfasst. In dieser Weise sind in Form einer Inzidentprüfung materielle, verfassungsrechtliche Anforderungen Bestandteil des Eigentumsbegriffs des Art. 14 I 1 GG. Allerdings bedarf es insoweit einer deutlichen Abgrenzung zu denjenigen Auffassungen, die den Eigentumsbegriff an sich mit nur einem verfassungsrechtlichen Schutzmechanismus (Institutsgarantie)299 oder mit einer spezifischen Überprüfung anhand eigener materieller, als Eigentumsbegriff bezeichneter Kriterien gleichsetzen.300 Die Hauptfunktion und die eigentliche Aufgabe des Eigentumsbegriffs ist es, das Schutzgut der Eigentumsgarantie zu bestimmen. Die zusätzliche Überprüfung derjenigen Gesetze, die nach den Kriterien des Eigentumsbegriffs dabei herausgefiltert werden, anhand sonstiger verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstäbe ist dabei nur ein einzelner Bestandteil des Eigentumsbegriffs. In der verfassungsrechtlichen Praxis 297

Nicht nur der Sache nach wäre es verfehlt, den aufgrund verfassungswidriger Gesetze erworbenen Zuordnungsverhältnissen über den Rückgriff auf die Eigentumsgarantie gleichwohl verfassungsrechtlichen Schutz zukommen zu lassen. Ein Schutz scheitert auch grundsätzlich daran, dass verfassungswidrige Gesetze in der Regel als nichtig zu betrachten sind (vgl. zu Ausnahmen S. 234 bei Fn. 8), es mithin dann an einer rechtlichen Zuordnung fehlt. Dass es bei einer bloßen Unvereinbarkeitserklärung eines Gesetzes durch das BVerfG nicht zwangsweise dazu kommen muss, aufgrund nicht verfassungsmäßiger Gesetze erworbene rechtliche Zuordnungsverhältnisse nunmehr zu beseitigen, ändert nichts daran, dass die betroffenen Rechtsinhaber angesichts der die Verfassungsmäßigkeit beinhaltenden Definition des Eigentumsbegriffs sich nicht unvermittelt auf Art. 14 GG berufen können. 298 Vgl. etwa BVerfGE 88, 366 (378), Beschl. v. 25.5.1993: „Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt das Gesetz (Art. 14 I 2 GG), das seinerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen muß“; 14, 263 (278) Urt. v. 7.8.1962, „selbstverständlich“; 21, 73 (79), Beschl. v. 12.1.1967; 25, 112 (117), Beschl. v. 15.1.1969; 31, 229 (240), Beschl. v. 7.7.1971; 31, 275 (285), Beschl. v. 8.7.1971 „freilich“; 37, 132 (140), Beschl. v. 23.4.1974; aus der Literatur vgl. nur Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 326 m. w. N. 299 Vgl. oben ab S. 81. 300 Vgl. beispielhaft Depenheuer, wiedergegeben oben ab S. 87.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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spielt diese mit dem Eigentumsbegriff aufgrund seiner Normbezogenheit verbundene Inzidentprüfung indes kaum eine Rolle. Ferner sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die verfassungsautonome Qualifizierung der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen ohne Rückbezug auf eine inzident vorzunehmende Verfassungskontrolle auskommt. Eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG liegt schließlich immer schon dann vor, wenn ein Gesetz die zuvor bestehende objektive Eigentumsordnung (nachteilig) verändert. Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit eines solchen Gesetzes wird durch die vorgängige Qualifizierung als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung erst in die hierfür maßgeblichen Bahnen gelenkt. Schließlich steht erst mit dieser Qualifizierung fest, nach welchen Maßstäben (hier: eigentumsgrundrechtlich oder nicht) das in Rede stehende Gesetz kontrolliert werden wird. Ist die Qualifizierung von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen somit unabhängig von der nachrangigen Frage nach der Verfassungsmäßigkeit vorzunehmen, so wird einsichtig, dass es sowohl verfassungsmäßige als auch verfassungswidrige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen gibt. Ein dem Eigentumsbegriff zuzuordnendes Gesetz (Eigentumsgesetz) hingegen ist per definitionem immer verfassungsmäßig. bb) Eigentumsbegriff und Enteignungsbegriff Klarstellend sei angemerkt, dass vom Eigentumsbegriff nur den Eigentumserwerb ermöglichende Gesetze erfasst sind. Darunter fallen jedoch nicht Gesetze, die zwar dem Bereich des Art. 14 GG zugehörig sind, jedoch eine Enteignung herbeiführen. Wäre daher die Auffassung zutreffend, ein Gesetz, dass Nutzungen eines Eigentumsgegenstands nahezu unmöglich macht (sog.301 „nudum ius“-Regelung), sei ein Enteignungsgesetz,302 so könnte dies selbstredend nicht als freiheitskonstituierend303 bezeichnet werden. Daher sind Enteignungsgesetze nicht dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff zuzuordnen.304

301 Etwa bei Lege, UTR 2005, 7 (31); Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 923; de Witt, DVBl. 1995, 107 (108). 302 Für Teilenteignung beispielsweise de Witt, DVBl. 1995, 107 (108); Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 923; überzeugend für Inhalts- und Schrankenbestimmung dagegen BVerfGE 100, 226 (243, 240), Beschl. v. 2.3.1999; 102, 1 (16), Beschl. v. 16.2.2000, sowie etwa Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 826; Sellmann, NVwZ 2003, 1417 (1418); Roller, NJW 2001, 1003 (1006 f.); Lege, UTR 2005, 7 (30); Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 233, und Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 181. Siehe hierzu später S. 116 f., in und bei Fn. 377–383. 303 Vgl. nur Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 29 m. w. N. 304 Einzelheiten sowie Erläuterung, weshalb es auf dieses Element des Eigentumsbegriffs (d. h. die Abgrenzung zur Enteignung) in der Praxis nicht ankommt (da sich niemand auf solche Gesetze, die möglicherweise als Enteignung zu qualifizieren sind, positiv berufen wird), bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 271 f.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

cc) Konkrete Definitionsansätze für den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff Die Behandlung konkreter Auslegungsfragen des Eigentumsbegriffs wie die nach der Einbeziehung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs305 oder von öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Positionen braucht hier nicht behandelt werden. Eine eingehende Analyse der einzelnen Streitfragen auf Grundlage des hier vertretenen dogmatischen Verständnisses306 findet sich überdies nun bei Appel. Er zeichnet die Streitfragen nach, die der Auslegung des Eigentumsbegriffs zugehörig sind.307 Folglich soll hier abschließend nur noch kurz darauf hingewiesen werden, wie konkrete Definitionen308 nach dem hier vertretenen Verständnis gestaltet sein müssten. Dazu bedürfte es einer ersten Teildefinition, nach deren Kriterien die hier sog. Eigentumsgesetze bestimmt werden könnten. Durch den Verweis auf die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetze wird eine umfassende verfassungsrechtliche Kontrolle Teil einer jeder Heranziehung des Eigentumsbegriffs.309 Durch einen zweiten wesentlichen Begriffsbestandteil müsste dem Grundrechtsanwender aufzeigt werden, dass als Resultat die auf eben diesen Eigentumsgesetzen begründeten Zuordnungsverhältnisse in der Hand von Grundrechtsträgern als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG geschützt sind. Allein der Illustration, nicht aber um einer inhaltlichen Aussage willen, sei folgendes Beispiel herangezogen: Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG sind sämtliche vermögenswerten rechtlichen Zuordnungsverhältnisse in der Hand eines Grundrechtsträgers, die auf privatnützigen zivilrechtlichen oder aber dem Leistungs-ÄquivalenzPrinzip genügenden öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Gesetzen (Eigentumsgesetze) beruhen, wobei diese Gesetze ihrerseits wiederum den allgemeinen und eigentumsspezifischen Anforderungen der Verfassung entsprechen müssen und auch nicht als Enteignungsgesetz qualifiziert werden dürfen. 305 Siehe dazu etwa bejahend BGH NVwZ-RR 2008, 297 (298), Urt. v. 13.12.2007, m. w. N. auf die stRspr.; verneinend – als Konsequenz aus der Rechtsprechung des BVerfG verstanden – R. Schmidt, Eigentumsschutz für Gewerbebetriebe?, 2002, S. 96 ff. 306 Siehe insbesondere die Verweise auf die 1. A. bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 81 f. 307 Siehe Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 41 – 63. 308 Jedes Ergebnis einer Streitfrage, wie sie etwa bei Appel, ibid., dargestellt werden, ist streng genommen ein Element des Eigentumsbegriffs. Natürlich machte es keinen Sinn, alle diese Ergebnisse in eine einzelne Groß-Definition des Eigentums zu überführen. Stattdessen sind wie sonst auch die einzelnen Streitstände gesondert zu behandeln. Dass im Folgenden kurz die Definition des Eigentumsbegriffs als Ganzes behandelt wird, ist durch die Vorwürfe aus dem Schrifttum bedingt, es gäbe einen Zirkelschluss etc. Mit der Möglichkeit einer Definition wird aufgezeigt, dass dieser Vorwurf nicht tragfähig ist. Vgl. zu den Grenzen einer Definition auch sogleich im Text zur Frage nach der Zweckmäßigkeit. 309 Der dogmatischen Vollständigkeit halber bedürfte es auch der Einbeziehung der Abgrenzungskriterien, die im Zusammenhang der Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung oder als Enteignung entwickelt werden, siehe soeben S. 97.

A. Wirkungsweise des Grundrechtsschutzes

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Weiterhin muss darauf hingewiesen werden, dass es eine Frage der Zweckmäßigkeit ist, wie vielschichtig die konkrete Definition eines Begriffes ausfällt und welche Tiefe die dabei aufzunehmenden Kriterien haben (im Beispiel wurde etwa allein das Kriterium der Äquivalenz zur eigenen Leistung besonders betont). Wenn und soweit es eine gefestigte Auffassung gäbe, vermögenswerte Rechte des Bürgerlichen Rechts als Eigentum im Sinne des Art. 14 I 1 GG zu verstehen, bedürfte es bei der Begriffsbestimmung insoweit nicht mehr des Rückgriffs auf die hinter diesem Verständnis stehenden Grundgedanken (Sicherung eines vermögensrechtlichen Freiraums als Grundlage eigenverantworteter Handlungsmöglichkeiten o. ä.)310. Die konkrete Definition des Eigentumsbegriffs bräuchte hier nicht mehr weiter in die Tiefe zu gehen. f) Resümee Auffälligstes Merkmal des Eigentumsbegriffs des Art. 14 GG ist es, dass er sich allein auf normative Zuordnungsverhältnisse bezieht. Diese Bezogenheit auf das gesetzlich Zugeordnete gilt es nachzuvollziehen und umzusetzen. Sie führt – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – zur Aufgabe althergebrachter dogmatischer Denkfiguren wie der Baufreiheit und dem verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz und steht der undifferenzierten Behauptung entgegen, die Nutzung des Eigentums sei gewährleistet. Die Verfassungsrechtlichkeit des Eigentumsbegriffs deshalb in Zweifel zu ziehen, besteht jedoch kein Anlass. Sie dagegen positiv zu begründen, bedarf es auch nicht der Verknüpfung des Eigentumsbegriffs mit eigenständigen materiellen Gehalten. Die Verfassungsrechtlichkeit ergibt sich allein daraus, dass es nur die durch Verfassungsauslegung zu gewinnenden Kriterien sind, nach denen sich bestimmt, welche Zuordnungsverhältnisse es sind, die als Eigentum gewährleistet werden. Diese Abgrenzung vollzieht sich unabhängig von Qualifizierungswünschen des einfachen Gesetzgebers. Ferner ist die Frage nach dem Selbststand des Grundrechts gegenüber dem einfachen Gesetzesrecht dogmatisch von der Frage nach dem Eigentumsbegriff zu unterscheiden. Denn der Selbststand ergibt sich materiell aus den eigentumsgrundrechtlichen Kontrollmechanismen und damit vor allem aus der spezifischen Verhältnismäßigkeitsprüfung und wird gesichert über die verfassungsautonome Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung. Diese Qualifizierung wie310 Hier ist allerdings im Rückgriff auf Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), 66 mit dem Begriff „privatnützig“, den dieser zusammen mit der „grundsätzlichen Verfügungsbefugnis“ als entscheidend herausarbeitet hat, angedeutet, dass auch bei zivilrechtlich verwurzelten normativen Zuordnungsverhältnissen noch im Einzelfall Streit bestehen kann. Von daher ist es zweifelhaft festzuhalten, dass „Eigentum i. S. v. Art. 14 GG […] jedes vermögenswerte Recht jedenfalls des Privatrechts“ sei (so etwa Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 784; Ipsen, AVR (2007), Rn. 1308; Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 102; siehe auch BVerfGE 2, 380 (400), Urt. v. 1.7.1953: „Ausdehnung des Eigentumsbegriffs auf alle privaten Vermögensrechte“. Präziser hierzu deshalb die Darstellung bei Appel, ibid., S. 41 ff.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

derum geschieht zwar im Rückgriff auf die Bestimmung des Eigentumsbegriffs, ist hiermit aber nicht gleichzusetzen. Sie führt im Ergebnis zu einem lückenlosen Grundrechtsschutz. Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff vermag seine Aufgabe somit voll zu erfüllen, dem Grundrechtsträger die Berufung auf die Gewährleistungen des Art. 14 I 1 GG zu ermöglichen und zu einer in Gänze grundrechtsdirigierten Gestaltung der Eigentumsordnung beizutragen.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung Das Versprechen eines adäquaten Schutzniveaus „trotz“ Anerkennung der Normgeprägtheit kann nur dann eingehalten werden, wenn die Verhältnismäßigkeitsprüfung sich als effektiv erweist.

I. Spezifischer eigentumsgrundrechtlicher Gehalt Bezüglich des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes herrscht insoweit weitgehende Einigkeit, dass er mit Blick auf Art. 14 GG von besonderer Struktur ist und dabei einen spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Gehalt aufweist.311

311 Diese spezifische Besonderheit zeigt sich nicht erst hinsichtlich der Prüfung des eigentumsgrundrechtlichen Vertrauensschutzes, sondern schon plastisch bei den Strukturen des sogleich beschriebenen sog. Abwägungsgebots. Diese Eigenständigkeit wird an zahlreicher Stelle betont, eingehend etwa Thormann, Sozialbindung (1996), S. 142 f., 210; vgl. weiterhin Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 VI 3 b (S. 2247) u. a. mit Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 25 ff., Jochum/Durner, JuS 2005, 320 (321); Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 929; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 94; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 62; Ekey, Verminderung von Eigentümerrechten (1988), S. 267; v. Brünneck, JZ 1990, 992 (994); Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 69. Das BVerfG, das tragende Elemente der eigentumsspezifischen Verhältnismäßigkeitsprüfung – zumindest abstrakt – herausgearbeitet hat, wendet selbst allerdings wenig Mühe darauf an, ob, wann und wie die vom Gericht hierzu getroffenen Aussagen in die bekannten Prüfungsschritte des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einzubinden sind, vgl. insoweit beispielsweise unten S. 150. Bezüglich der eigentumsgrundrechtlichen Eigenständigkeit a. A. Papier, SGb. 1987, 469 (ebd.); ders., in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 38; vgl. aber auch die Trennung zwischen dem – hier dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zugeordneten – sog. Abwägungsgebot und der Prüfung des Übermaßverbots bei Papier, NWVBl. 1990, 397 (400 f.). Zweifelnd ferner Schmidt-Aßmann, DVBl. 1987, 216 (217). Ebenso gegen die Annahme eines spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Gehalts der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen einer der h. M. entgegenstehenden Alternativkonzeption Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 226.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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1. Abwägungsgebot als Zielvorgabe – verbleibender Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und herrschender Auffassung in der Literatur ist der Gesetzgeber, will er dem ihm zugedachten Verfassungsauftrag zur Gestaltung der Eigentumsordnung nachkommen, durch verfassungsrechtliche Abwägungsdirektiven312 gebunden. Denn er habe „das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 I 1 GG und andererseits aus dem Sozialgebot des Art. 14 II GG ergeben“. Den damit aufgezeigten zwei Elementen müsse der Gesetzgeber „in gleicher Weise Rechnung tragen“.313 Dieses Erfordernis kann als (eigentumsgrundrechtliches) Abwägungsgebot bezeichnet werden.314 Jedwede Überprüfung anhand dieser somit eigentumsgrundrechtlich geforderten Verhältnismäßigkeit steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass dabei dem Gesetzgeber

312 Der Ausdruck „Direktive“ im Zusammenhang mit der Beschreibung des eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsgebots findet sich beispielsweise auch bei Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 397; Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 69; Manssen, GrundR (2007), § 28, Rn. 643; Soell, DVBl. 1983, 241 (245); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 435, 518 (Regelungsdirektiven). Abzugrenzen ist dies von der Verwendung ähnlicher Begrifflichkeiten beispielsweise im Zusammenhang baurechtlichen Planungsermessens, siehe dazu Brohm, BauR (2002), § 13, Rn. 1 ff. m. w. N. 313 BVerfGE 52, 1 (29), Beschl. v. 12.6.1979; 38, 348 II (370), Beschl. v. 4.2.1975; 87, 114 (138), Beschl. v. 23.9.1992; 100, 226 (240), Beschl. v. 2.3.1999 sowie 110, 1 II, Beschl. v. 14.1.2004 in der Formulierung, dass es eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den „schutzwürdigen Interessen des Eigentümers“ und den „Belange[n] des Gemeinwohls“ bedürfe; vgl. weiterhin noch BVerfGE 50, 290 (340), Urt. v. 1.3.1979; 68, 361 (367), Beschl. v. 8.1.1985; 70, 191 (200), Beschl. v. 19.6.1985; 71, 230 (246), Beschl. v. 4.12.1985; 72, 66 (77), Beschl. v. 12.3.1986; 79, 174 (198), Beschl. v. 30.11.1988; BVerfG (1. K./I) NVwZ 1991, 358 (ebd.), Beschl. v. 11.9.1990; 87, 114 (138), Beschl. v. 23.9.1992; 95, 64 (84), Beschl. v. 15.10.1996; BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 3559 (ebd.), Beschl. v. 9.4.1998; BVerfGE 100, 1 (32), Urt. v. 28.4.1999; BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (800) ffi RdE 2000, 22 (24), Beschl. v. 25.8.1999. Aus der Literatur statt aller Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 31; Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 251. Zur Bewertung der Gleichrangigkeit vgl. überzeugend Bumke, NJ 1999, 235 (237, vor allem Fn. 19). Vgl. ferner früh schon BVerfGE 25, 112 (117), Beschl. v. 15.1.1969, wonach der „Freiheitsraum des Einzelnen“ und die „Belange der Allgemeinheit in einen gerechten Ausgleich zu bringen“ seien. Diese Formulierung setzte sich jedoch noch nicht durch. Als erste Entscheidung im Sinne der das Abwägungsgebot konstituierenden Rechtsprechung des BVerfG ist BVerfGE 37, 132 (140, LS 1), Beschl. v. 23.4.1974, zu nennen (gleich lautende Formulierung wie die im Text wiedergegebene mit dem Unterschied, dass es „aus der verbindlichen Richtschnur des Art. 14 II GG“ anstatt „aus dem Sozialgebot des Art. 14 II GG“ heißt); anders zuletzt noch BVerfGE 36, 281 (292), Beschl. v. 15.1.1974. Vgl. zu dieser Entwicklung des Abwägungsgebots näher unten S. 128 f. 314 Vgl. beispielsweise BGHZ 126, 379 (384), Urt. v. 7.7.1994. Nachweise aus dem Schrifttum sowie näher zur Abgrenzung zu anderen Verwendungsweisen dieses Ausdrucks unten S. 129 in Fn. 417.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

sein ihm eingeräumter – mitunter weit reichender –315 Gestaltungsspielraum nicht genommen wird.316 Dies ergibt sich schon aus der herausgehobenen Stellung des gemäß Art. 14 I 2 GG einzig den Inhalt und die Schranken des Eigentums bestimmenden Gesetzgebers, die sich mit einer einzelfallgenauen „Auslegung“ der Verfassung nicht vertragen würde. Anstelle eines bloßen Rahmens jeweils317 genauere, ins Detail gehende Vorgaben für den Gesetzgeber zu finden, wäre eine Aufgabe, die ohnehin nicht überzeugend gelänge. Mehr als die Grundlagen, auf denen aufbauend der Gesetzgeber entscheiden soll, können Art. 14 GG nicht entnommen werden, ohne Rechtspolitik mit Verfassungsauslegung zu verwechseln. Das Ausfüllen dieses – wie zu zeigen sein wird, sachbezogen variablen – verfassungskräftigen Gestaltungsspielraums ist dem Wesen parlamentarischer Arbeit318 entsprechend poli315 Etwa bei starkem sozialen Bezug, vgl. BVerfGE 42, 263 (294 m. w. N.), Urt. v. 8.7.1976, und wohl auch bei besonderer Bedürftigkeit nach rechtlicher Ausgestaltung, vgl. zum Urheberrecht etwa BVerfGE 79, 29 (40), Beschl. v. 11.10.1988; 31, 275 (286), Beschl. v. 8.7.1971. Ferner bezüglich des in Aktien verkörperten Anteilseigentums BVerfG (1. K./I) ZIP 1999, 532 (533) ffi DB 1999, 575 (ebd.), Beschl. v. 27.1.1999; im Rahmen der Rechtsvereinheitlichung im Sozialversicherungsrecht anlässlich der Wiedervereinigung, BVerfGE 100, 138 (192), Urt. v. 28.4.1999. Die Formulierung einer generellen Annahme eines eher weitreichenden Gestaltungsspielraums (so beispielsweise R. Schmidt/Bauer, Grundgesetz und Wirtschaft, in: R. Schmidt, Öff. WirtschaftsR – AT (1990), § 4 I b bb (S. 137), tendenziell so auch BVerfGE 31, 275 (286), Beschl. v. 8.7.1971) könnte dagegen dazu verleiten, die Bedeutung derjenigen Fallgestaltungen zu unterschätzen, in denen die freiheitssichernde Bedeutung der Eigentumsgarantie den eigentümernachteiligen Gestaltungsspielraum empfindlich einschränkt und insoweit von einem weiten Spielraum des Gesetzgebers keine Rede sein kann. 316 BVerfGE 58, 81 (114), Beschl. v. 1.7.1981; 53, 257 (292), Urt. v. 28.2.1980; 50, 290 (341), Urt. v. 1.3.1979, wo der Umfang des „Gestaltungsbereichs“ umrissen wird; BVerfGE 81, 12 (18), Beschl. v. 3.10.1989; als Beispiel vgl. auch BVerfGE 70, 191 (209), Beschl. v. 19.6.1985, zum nordrhein-westfälischen Fischereirecht sowie BVerfGE 75, 78 (101), Beschl. v. 8.4.1987. Vgl. weiterhin BVerfGE 87, 114 (135 f.), Beschl. v. 23.9.1992, mit der Beschreibung einer Konsequenz daraus, diesen Gestaltungsspielraum anzuerkennen, nämlich mitunter von einer Nichtigerklärung abzusehen und stattdessen lediglich die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen. 317 „Jeweils“ in dem Sinne, dass man mit Blick auf die Verfassung zu jedem Streitstand Lösungen benennen könnte; eine Vorstellung, die allerdings nahe liegen kann, wenn man von einem materiell angereicherten Eigentumsbegriff ausgeht, auf dessen Befugnisse sich der Einzelne verfassungsunmittelbar berufen kann. Vgl. zum dahin tendierenden Verständnis bei Depenheuer oben ab S. 87. 318 Lässt der Parlamentsvorbehalt dafür Raum, können und müssen in gewissen eigentumsrelevanten Teilbereichen solche Wertungen in Anerkennung der gesetzgeberischen Vorgaben durch die Exekutive oder aber den seinerseits demokratisch legitimierten Gemeinderat getroffen werden. Der Gesetzesbegriff des Art. 14 I 2 GG ist, wie auch sonst im Grundgesetz üblich, nicht auf parlamentarische Gesetze beschränkt, vgl. BVerfGE 8, 71 (79), Beschl. v. 10.7.1958; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 339; Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (224 f.); Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 124; Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 107. Zur Anwendung der Wesentlichkeitstheorie zur Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte Inhalts- und Schrankenbestimmung zwingend durch den parlamentarischen Gesetzgeber vorgenommen werden muss, vgl. am Beispiel Tierrecht Caspar, Das Tier als Produktionsmittel

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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tisch-dezisionistischer Natur.319 Mehr als die Einhaltung des die verfassungsrechtlichen Wertungen sichernden Rahmens320 können weder das BVerfG noch der von Gesetzesänderungen nachteilig Betroffene verlangen. 2. Determinanten der Verhältnismäßigkeitsprüfung a) Zur Feststellung des allgemeinwohldienlichen und des freiheitssichernden Bezugs Um einen dem verfassungsrechtlichen Rahmen genügenden Ausgleich herbeiführen zu können, der der freiheitssichernden Bedeutung (Art. 14 I 1 GG) und der zugleich dem Allgemeinwohl dienenden Funktion (Art. 14 II GG) des Eigentums gleichermaßen321 gerecht zu werden vermag, muss zunächst einzelfallabhängig die Bedeutung beider gegenläufiger Abwägungsdirektiven im Hinblick auf das zu regelnde Eigentumsverhältnis festgestellt werden. Aufgrund eben dieses konkreten Fallbezugs ergibt sich, dass der dem Gesetzgeber zukommende Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen durch die eigentumsspezifische Abwägung abgesteckt werden sollen, hinsichtlich der verschiedenen Eigentumsobjekte variabel gestaltet sein muss.322 Zwar ist es im Einzelnen schwierig zu beschreiben, wie denn zwischen diesen gegenläufigen Interessen gewichtet werden soll. Doch besteht zumindest insoweit Konsens, als dass der Einfluss auf die Abwägung zuvorderst von der jeweiligen Dringlichkeit der festgestellten allgemeinwohldienlichen oder freiheitssichernden Bezüge abhängt.

(1998), in: Landwirtschaft und Ökologie, S. 173 f., ferner allgemein Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 288; Seidel, ZG 2002, 131 (144) jeweils m. w. N. 319 Vgl. Breuer, Bodennutzung (1976), S. 26: „prinzipiell dezisionistischer Charakter der Eigentumsnormierung“, ferner S. 28. 320 Der Ausdruck „Rahmen“ findet sich auch in BVerfGE 100, 1 (50; 54 f.), Urt. v. 28.4.1999; 100, 138 (187), Urt. v. 28.4.1999; 31, 275 (284, 287), Beschl. v. 8.7.1971. 321 A. A. Herdegen, Eigentum, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II (2001), S. 288 f. der aus den in BVerfGE 100, 226 (245), Beschl. v. 2.3.1999 gestellten Anforderungen an die reale Vermeidung unverhältnismäßiger Belastungen folgert, dass nun in Abkehr von der bisherigen ständigen Rechtsprechung „ein deutlicher Vorrang der Privatnützigkeit des Eigentums statuiert sei“. Das erscheint als ein fragwürdiger Rückschluss, da das Gericht hierbei nur den Umgang mit zuvor schon – und damit nach den allgemeinen, die Gleichrangigkeit betonenden Maßstäben – als an sich unverhältnismäßig (oder gleichheitswidrig) festgestellten Inhalts- und Schrankenbestimmungen beschreibt. Daher verwundert es auch nicht, dass in derselben Entscheidung die allgemeinen, die Gleichrangigkeit mit einschließenden Grundsätze sehr wohl – widerspruchsfrei – als Ausgangspunkt wiedergegeben werden, siehe ibid. unter C I (= Abs.Nr. 83 f.) sowie dann die Prüfung C II 1 d zur Verfassungswidrigkeit der Regelung nach diesen allgemeinen Regeln (= Abs.-Nr. 92 f.). 322 BVerfGE 100, 1 (37), Urt. v. 28.4.1999; 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999; 102, 1 (17), Beschl. v. 16.2.2000.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Eigentümer- oder Allgemeinwohlinteressen sind also in Abhängigkeit von ihrer Tragweite im jeweiligen Einzelfall normativ zur Geltung zu bringen.323 Zur näheren Beschreibung der ersten Abwägungsdirektive, der zugunsten des einzelnen Eigentümers, bedarf es des Rückgriffs auf die Funktion des Art. 14 GG. Das BVerfG führt insoweit aus: „Der Eigentumsgarantie […] kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen.“324 „Kurz gesagt: Eigentum macht unabhängig.“325 Diese Funktion kann Eigentum nur dann erfüllen, wenn es dem Einzelnen zu dessen Privatnützigkeit (d. h. frei von staatlicher oder sonstiger Fremdbestimmung) zugeordnet ist und dem Eigentümer zudem darüber grundsätzlich auch die freie Verfügungsgewalt326 zusteht.327 Eben hierin manifestiert sich der vom Staat zu achtende und auch gegenüber Dritten zu sichernde Freiraum für den Eigentümer.328 Wenn also die Rede davon ist, dass der Gesetzgeber den aus Art. 14 I 1 GG zu fol323 Vgl. BVerfGE 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999; v. Brünneck, Eigentumsgarantie (1984), S. 389; Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 49. Angesichts der vorrangigen Aufgabe, Eigentümer- und Allgemeinwohlinteressen bezogen auf das jeweils betroffene Zuordnungsverhältnis herauszuarbeiten, fragwürdig in der Pauschalität ihrer Aussagen Hubmann, Urheber- und VerlagsR, 6. A. 1987, S. 75 f., sowie Rehbinder, UrheberR, 10. A. 1998, Rn. 85, die von einer gleichen sozialen Gebundenheit aller Vermögensrechte als Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Überprüfung ausgehen; den Urhebern dürfe im Vergleich zu Rechtsträgern der anderen Vermögensrechte kein „Sonderopfer“ auferlegt werden. Jetzt jedoch von einer gestuften Sozialbindung ausgehend Rehbinder, ibid., 15. A. 2008, Rn. 103, siehe auch Rn. 139. 324 BVerfGE 115, 97 II (110), Beschl. v. 18.1.2006; 104, 1 (8), Beschl. v. 22.5.2001; 102, 1 (15), Beschl. v. 16.2.2000; 100, 1 (32), Urt. v. 28.4.1999, BVerfG (1. K./I) BayVbl. 2000, 17 (18), Beschl. v. 9.8.1999; leicht abgewandelt so schon E 24, 367 (389), Urt. v. 18.12.1968; ferner beispielsweise E 31, 229 (239), Beschl. v. 7.7.1971; 42, 64 II (76), Beschl. v. 24.3.1976; 50, 290 (339), Urt. v. 1.3.1979; 53, 257 (290), Urt. v. 28.2.1980; 68, 193 (222), Beschl. v. 31.10.1984; 78, 58 (73), Beschl. v. 8.3.1988; 91, 294 (307), Beschl. v. 22.11.1994; 97, 350 II (371), Beschl. v. 31.3.1998. Vgl. auch Gefährdungen dieses „individuellen Freiheitssschutzes“ befürchtend (der im Gegensatz zu einer stattdessen propagierten „entindividualisierten ökonomischen Handlungsoption“ stehe) Lepsius JZ 2002, 313 (318 f.). 325 V. Münch, StaatsR II (2002), Rn. 674. 326 Er muss sich also seines Eigentums (auf dem freien Markt) entledigen können, um sich dessen Geldwert zugute kommen lassen zu können und/oder um sein Eigentum gerade den von ihm frei ausgewählten Personen zuzueignen. 327 Zur Wendung von der „Privatnützigkeit“ und „grundsätzlichen Verfügungsbefugnis“ vgl. BVerfGE 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999, m. w. N. auf die stRspr.; BVerfGE 50, 290 (339), Urt. v. 1.3.1979; 52, 1 (30), Beschl. v. 12.6.1979; 79, 283 (290), Urt. v. 14.2.1989; 81, 29 (32), Beschl. v. 3.10.1989; 88, 366 (377), Beschl. v. 25.5.1993; 91, 294 (308), Beschl. v. 22.11.1994; 98, 17 (35), Beschl. v. 8.4.1998. 328 Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es dabei auf eine „Gesamtschau sich addierender Belastungen“ an, siehe etwa Herdegen, Eigentum, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II (2001), S. 282 f. unter Verweis auf 100, 226 (244), Beschl. v. 2.3.1999. Dies ergibt sich schon daraus, da sonst eben das Ziel der Achtung eines Freiraums verfehlt würde. Siehe dazu auch oben S. 94, Fn. 288 m. w. N.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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gernden Abwägungspol zu achten habe, ist damit nichts anderes gemeint als die Pflicht zur Gestaltung einer Eigentumsordnung, die eben diese Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis den Grundrechtsträgern wirkungsvoll zusichert.329 Die Pflicht zur eigentümerdienlichen Gestaltung ist umso stärker, je gewichtiger das Innehaben oder Gebrauchmachen der Eigentumsform für die Entfaltung und Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich und dessen darauf beruhender eigenverantwortlicher Lebensgestaltung ist.330 Dabei ist nach Ansicht des BVerfG im Rahmen solcher Verhältnismäßigkeitsabwägungen überdies „die eigene Leistung als besonderer Schutzgrund“ zu beachten.331 329

Vgl. auch BVerfGE 31, 229 (239), Beschl. v. 7.7.1971, wo explizit die Schaffung des Freiheitsraumes im vermögensrechtlichen Bereich mit der „Zubilligung und Sicherung von Herrschafts-, Nutzungs- und Verfügungsrechten“ in Verbindung gebracht wird. Siehe ferner die Grundsatzentscheidung BVerfGE 37, 132 (140), Beschl. v. 23.4.1974, wo sich die Formulierung von der Privatnützigkeit und grundsätzlichen Verfügungsbefugnis direkt an die Aussage zum Abwägungsgebot anschließt; ebenso BVerfGE 68, 361 (367), Beschl. v. 8.1.1985; 71, 230 (246), Beschl. v. 4.12.1985. Hiermit sind dem eigentumsgestaltenden Gesetzgeber somit also im Rahmen der speziellen eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung „Strukturprinzipien“ vorgegeben (vgl. Schwerdtfeger, JuS 1983, 104 (106 f.)). Mit diesen Aussagen wird durch Erläuterung der schutzwürdigen Eigentümerinteressen der gemäß Art. 14 GG erforderliche Abwägungsvorgang konkretisiert (vgl. auch insoweit Schwerdtfeger, JuS 1983, 104 (106 f.)). Die hier vorgenommene Einordnung der Formulierung zur „Privatnützigkeit und grundsätzlichen Verfügungsbefugnis“ ist allerdings nicht die einzige, die sich der Rechtsprechung des BVerfG entnehmen lässt. Diese Begriffe werden des Weiteren als Merkmale herangezogen, mittels derer geprüft werden kann, ob ein vom Gesetzgeber gewährtes Recht dem sog. verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff zuzuordnen ist; siehe dazu beispielsweise BVerfGE 53, 257 (290), Urt. v. 28.2.1980, sowie näher oben ab S. 67. Ferner wurde der „Kerngehalt“ dieser Begriffe auch benutzt, um die Institutsgarantie greifbarer zu machen, siehe BVerfGE 31, 229 (240 f.), Beschl. v. 7.7.1971; vgl. jedoch insgesamt kritisch zur Institutsgarantie unten ab S. 197. Ähnlich auch BVerfGE 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999; 91, 294 (308), Beschl. v. 22.11.1994, zur Bestimmung des „Kernbereichs der Eigentumsgarantie“. Allgemein gilt, dass sich das BVerfG mitunter solcher Formulierungen bedient, die in ihrem abstrakten Aussagegehalt kaum angreifbar sind, deren konkrete Anwendung jedoch dadurch erschwert wird, dass das Gericht sie nicht eindeutig – geschweige denn explizit – einem bestimmten Prüfungsablauf zuordnet. Dementsprechend zahlreich und verwirrend sind die Unterschiede der jeweiligen Einordnungsversuche solcher Formulierungen im Schrifttum. 330 Siehe die Nachweise eben S. 104, Fn. 324. Gerade mit diesem personalen Bezug argumentierend beispielsweise Roller, Eigentum/Entschädigung, in: Roßnagel/ders., Beendigung der Kernenergienutzung (1998), S. 95 f. 331 BVerfGE 100, 1 (33), Urt. v. 28.4.1999; siehe auch 117, 272 (294), Beschl. v. 27.2.2007; 69, 272 (301), Urt. v. 16.7.1985; 116, 96 (121 – 123), Beschl. v. 13.6.2006; 112, 368 (396), Beschl. v. 11.5.2005, 58, 81 (112), Beschl. v. 1.7.1981; 53, 257 (291 f.), Urt. v. 28.2.1980; 50, 290 (340), Urt. v. 1.3.1979 m. w. N.; 31, 229 (239, 243), Beschl. v. 7.7.1971; Axer, in: Epping/ Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 96; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 3 m. w. N.; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 44; Papier, Eigentum in der Planung, in: FS Hoppe (2000), S. 223 f.; Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 126; Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 55. Hervorgehobene Stellung dieses Kriteri-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Als nur schwer zu widerlegendes Indiz332 für eine Regelung, die den aus Art. 14 I 1 GG folgenden Abwägungspol in unverhältnismäßiger Weise missachtet, gilt es, wenn „die Erhaltung des Zuordnungsverhältnisses und die Gewährleistung der Substanz des Rechts“ durch die gesetzliche Neuregelung angegriffen wird.333 Nach einer mitunter vom BVerfG gebrauchten Formulierung kann als eine schlechthin verfassungswidrige Form der Eigentumsgestaltung eine solche gelten, die den „Kernbereich der Eigentumsgarantie334 […] aushöhlt“.335 Fassbarer336 als die Formulierung ums bei Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 202 ff. m. w. N., Peine, AVR (2006), Rn. 1188; Koenig/Braun, NVwZ 1999, 1056 (1058 f.), sowie insbesondere v. Brünneck, Eigentumsgarantie (1984), S. 386 ff. 332 Wenn es nach der Rechtsprechung des BVerfG nunmehr zweifelsfrei unter besonderen Voraussetzungen zulässig sein soll, etwa im Rahmen eines Reformgesetzes gewisse subjektive Rechte in der Hand von Grundrechtsträgern durch eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG in Missachtung von Substanz und bestehendem Zuordnungsverhältnis ersatzlos abzuschaffen (siehe zunächst noch zum „ersatzlosen Entzug“ BVerfGE 31, 275 (292 f., 285), Beschl. v. 8.7.1971: nur „unter Aufrechterhaltung des Zuordnungsverhältnisses“; nun aber BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991, BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997; siehe zuvor schon das obiter dictum bei BVerfGE 78, 58 (75), Beschl. v. 8.3.1988), so hat das zwingend Konsequenzen für das Verständnis dieser Formulierung des Gerichts. Entgegen der naheliegenden Bedeutung dieser Sentenz (absolute Unzulässigkeit solcher gesetzgeberischer Vorhaben, siehe BVerfGE 50, 290 (341), Urt. v. 1.3.1979: „in jedem Fall“) kann aus einer solchen Beeinträchtigung nicht mehr (aber auch nicht weniger) als ein gewichtiges Indiz für die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Neuregelung geschlossen werden. Vgl. aber noch immer BVerfGE 87, 114 (139), Beschl. v. 23.9.1992, mit der Formulierung, die verfassungsrechtliche Gewährung erfordere „in jedem Falle […] die Erhaltung der Substanz des Eigentums“; ebenso BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (800) ffi RdE 2000, 22 (24), Beschl. v. 25.8.1999. Doch zog das BVerfG auch vor BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991, nicht die vollen Konsequenzen aus einer Substanzbeeinträchtigung. Denn auch bei BVerfGE 52, 1 (30), Beschl. v. 12.6.1979, hieß es zunächst, die Substanz des Eigentums müsse „in jedem Fall“ erhalten bleiben. Dies hinderte den Senat jedoch nicht, nach Feststellung der Berührung eben dieser „Substanz“ (S. 31) sich der Frage zu stellen, ob diese Substanzbeeinträchtigung nicht aus Art. 14 II GG gerechtfertigt sein könnte (S. 32 ff.). Vgl. noch der hier vorgenommenen Einordnung entsprechend das Vorgehen bei BVerfGE 71, 230 (250 f.), Beschl. v. 4.12.1985. Siehe ferner Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 31 zustimmend Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 87. Zumindest teilweise zustimmend in Auseinandersetzung mit Grochtmann, ibid., Fn. 129 siehe auch Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 261 in und bei Fn. 577 sowie S. 163 in und bei Fn. 589. 333 BVerfGE 42, 263 (295), Urt. v. 8.7.1976; 50, 290 (341), Urt. v. 1.3.1979; 52, 1 (30), Beschl. v. 12.6.1979; 68, 361 (368), Beschl. v. 8.1.1985; 79, 174 (198: Erhaltung der Substanz), Beschl. v. 30.11.1988; 79, 292 (303), Urt. v. 14.2.1989; BVerfG (1. K./I) NVwZ 1991, 358 (ebd.), Beschl. v. 11.9.1990. 334 Beachte also: Nicht den Kernbereich eines einzelnen Rechtes. Deshalb kann bei einer Verletzung– anders als bei der Substanzbeeinträchtigung – hier von einer kategorischen Verfassungswidrigkeit ausgegangen werden. Die Parallele zur Wesensgehaltsgarantie bzw. zur Institutsgarantie liegt auf der Hand, vgl. dazu unten ab S. 197. 335 BVerfGE 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999; 91, 294 (308), Beschl. v. 22.11.1994; BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (799) ffi RdE 2000, 22 (23), Beschl. v. 25.8.1999. Wieder anders BVerfGE 79, 283 (290), Urt. v. 14.2.1989: Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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vom Kerngehalt ist die aus dem Wortlaut des Art. 14 II 2 GG zu folgernde337 Erkenntnis, dass die Privatnützigkeit eines Rechtes niemals nahezu vollständig beseitigt werden darf.338 Schließlich hätte andernfalls die Abwägungsdirektive des Art. 14 II GG dann allein, nicht aber lediglich „zugleich“ die Eigentumsgestaltung bestimmt.339 Jedenfalls aber ist Art. 14 II GG mit der hiernach eingeforderten Sozialpflichtigkeit des Eigentums die Legitimationsgrundlage für Einschränkungen. Bei der Abwägung zwischen den beiden gegenläufigen340 verfassungsrechtlichen Direktiven besteht umso mehr ein Bedürfnis nach einer das Allgemeinwohl fördernden (und damit hinsichtlich des einzelnen Eigentümers nachteiligen) Regelung, „je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht“.341 So verleiht seien „als Kern des Eigentumsrechts zu beachten“. Vgl. ferner noch BVerfGE 81, 12 (16), Beschl. v. 3.10.1989. 336 Da am Normtext festzumachen. Formulierungen vom Kernbereich könnten dagegen eher der Wesensgehaltsgarantie (bzw. der Institutsgarantie) zugeordnet werden. 337 Zu den dagegen im Ergebnis nicht überzeugenden Versuchen, aus Art. 14 II 2 GG einen sog. Halbteilungsgrundsatz zu folgern, vgl. S. 193, Fn. 684; dies vertretend – mit Verweis auf den seit dem Jahre 1655 nachweisbaren Sprachgebrauch – siehe insbesondere Kirchhof, Die Steuern (2007), in: HbStR V, § 118, Rn. 126 ff. 338 Vgl. BVerfGE 100, 226 (243), Beschl. v. 2.3.1999. 339 Dieser Rückschluss gilt nicht im umgekehrten Sinne (Eigentum darf niemals allein dem Eigentümerinteresse dienen), und dies nicht allein deshalb, weil das dem freiheitlichen Verständnis der Grundrechte widerspräche. Selbst wenn in bestimmten Fallkonstellationen kein genuines Gemeinwohlinteresse i. S. d. Art. 14 II GG erkennbar ist, darf man – soweit man am „zugleich“ auch hier festhalten will – davon ausgehen, dass dann insoweit die gänzlich selbstbestimmte freiheitliche Nutzung des Eigentums subsidiär auch dem Gemeinwohl zuträglich ist und deshalb die Anforderung des „zugleich“ erfüllt ist. Vgl. insoweit zur Kategorie der sog. Verfassungserwartung S. 184, Fn. 644. Vgl. zur Unzulässigkeit einer nahezu vollständigen Beseitigung ferner – im Rahmen der Ausführungen zur sog. ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung – S. 116 bei Fn. 375. 340 Obschon Allgemeinwohl- und Eigentümerinteresse – gerade im konkreten Einzelfall – nicht prinzipiell einander entgegengesetzt sind. Als Interesse des Eigentümers i. S. d. Art. 14 GG wird allerdings dessen freie Entscheidung geschützt, nicht das für ihn „Vernünftige“. Von daher kann das Allgemeinwohlinteresse als Gegensatz begriffen werden. Wenn und soweit die Gemeinwohlverpflichtung nämlich durchzusetzen ist, geschieht das ohne Rücksicht auf den Willen des Eigentümers. Überdies sind mittelbar auch mit Blick auf den Schutz der Eigentümerfreiheit objektive Umstände vorentscheidend, da Freiheit hier anders nicht fassbar ist. Will man nämlich feststellen, in welchem Bereich die Freiheit besonders schützenswert ist, ihr also besonderes Gewicht auch gegenüber Gemeinwohlinteressen zuzumessen ist, kommt man nicht umhin, insoweit auf der abstrakten Ebene „Vernünftigkeitserwägungen“ anzustellen: Was im Allgemeinen für die Freiheit von Eigentümern wichtig sein dürfte, dem ist bei der grundrechtlichen Abwägung besonders Rechnung zu tragen. 341 BVerfGE 95, 64 (84), Beschl. v. 15.10.1996; 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999; 79, 292 (302), Urt. v. 14.2.1989, 71, 230 (246 f.), Beschl. v. 4.12.1985; 70, 191 (201), Beschl. v. 19.6.1985; 68, 361 (368), Beschl. v. 8.1.1985; 50, 290 (340), Urt. v. 1.3.1979; BGH, Urt. v. 20.6.2008, V ZR 149/07, Abs.-Nr. 13. Siehe aus dem Schrifttum beispielsweise Frotscher/ Kramer, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht (2008), Rn. 106 ff.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

beispielsweise das Eigentum an Produktionsmitteln Macht über Dritte und steht gerade deshalb in einem erhöhten sozialen Bezug.342 Auf die Nutzung von Wohnungseigentum sind viele essentiell angewiesen, weshalb auch hier von einem starken sozialen Bezug auszugehen ist.343 b) Beachtung der sachspezifischen Realfaktoren Ein Ausgleich gelingt dem Gesetzgeber nur dann, wenn einzelfallbezogen die sachspezifischen Besonderheiten der jeweiligen Regelungsmaterie Berücksichtigung finden.344 Inhalts- und Schrankenbestimmungen sind deshalb nur dann verhältnismäßig, wenn die tatsächlichen Umstände im Rahmen des dem Gesetzgeber Möglichen345 hinreichende Beachtung gefunden haben.346 342 Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 42; vgl. auch Badura, GrundR und Wirtschaftsordnung, in: HGR II (2006), § 29, Rn. 28 ff.; kritisch Herdegen, Eigentum, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II (2001), S. 284. Ausdrücklich differenzierend bezüglich des selbst genutzten Eigentums an Produktionsmitteln überzeugend v. Brünneck, Eigentumsgarantie (1984), S. 390, 399 f. In der Diktion des BVerfG heißt es, dass in diesen Fällen die Nutzung des Eigentums nicht lediglich in der Sphäre des Eigentümers verbleibe, sondern die „Belange anderer Rechtsgenossen“ berühre, „die auf die Nutzung des Eigentumsobjekts angewiesen sind“, so BVerfGE 50, 290 (340 f.), Urt. v. 1.3.1979. Hinzu tritt in diesen Fällen als Kehrseite, dass bei derartigem Eigentum „die Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen“, die zu einem „besonders ausgeprägten Schutz“ führt, nicht einschlägig ist, siehe nur BVerfGE 104, 1 (9), Beschl. v. 22.5.2001 sowie 101, 54 (75), Beschl. v. 14.7.1999. Diese Bezüge sind etwa von Bedeutung hinsichtlich der aktuellen Debatte zur von der EUKommission geforderten eigentumsrechtlichen Entflechtung der Energieversorgungsnetze, siehe dazu etwa Mayen/Karpenstein, RdE 2008, 33 (35 ff.), jedoch ohne hierzu im Einzelnen Stellung zu beziehen. Es finden sich nur allgemeine Verweise auf die „gesteigerte Pflichtenbindung“ (40) bzw. allgemein auf den „weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Bereich des Wirtschaftsrechts“ (41). Zur Frage, inwieweit indes zu berücksichtigen ist, dass unternehmerisches Eigentum auch ohne gesetzlichen Zwang dem Gemeinwohl dient, es also zur Aktivierung der Gemeinwohlfunktion nicht immer gesetzlicher Regulierung bedarf, siehe die Nachweise auf S. 184, Fn. 644. 343 Vgl. BVerfGE 38, 348 II (370 f.), Beschl. v. 4.2.1975; 71, 230 (247), Beschl. v. 4.12.1985; 79, 292 (302), Urt. v. 14.2.1989; 95, 64 (84 ff.), Beschl. v. 15.10.1996, zu den sog. Sozialwohnungen. 344 BVerfGE 25, 112 (120), Beschl. v. 15.1.1969, zur Anwendung der Verhältnismäßigkeitsprüfung: „Die tatsächliche Situation bestimmt […] weitgehend den Gestaltungsbereich für eine sachgerechte gesetzgeberische Lösung.“ Ferner BVerfGE 70, 191 (201), Beschl. v. 19.6.1985: „Die Grenzen der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers sind nicht für alle Sachbereiche gleich und auch nicht ein für allemal festgelegt.“ Vgl. aus der Literatur etwa Kube, JURA 1999, 465 (466). 345 Einerseits kann sich die Verhältnismäßigkeit bei dem notwendigerweise abstrakt normierenden Gesetzgeber „nach einer typisierenden Betrachtungsweise“ (Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (227)) beurteilen, andererseits muss der Gesetzgeber in diesem Rahmen die ihm gleichwohl zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, an die unterschiedlichen Realfaktoren anzuknüpfen und sie entsprechend zu gewichten. Diese Frage ist vor allem im

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Zwar folgt aus der aus Art. 14 I 2 GG zu schließenden Gesetzesabhängigkeit der Eigentumsgarantie, dass „situationsbedingte“ Realfaktoren und alle sonstigen außerhalb der konkreten gesetzlichen Normierung liegenden Umstände niemals unmittelbar347 das Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG determinieren können.348 Doch ist damit

Zusammenhang mit sog. salvatorischen Klauseln von Bedeutung; vgl. dazu näher unten ab S. 120 bei Fn. 391. 346 Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (227); vgl. auch Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 930, die die Beachtung der „Eigenart des vermögenswerten Guts oder Rechts“ einfordern; ferner Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 264 ff. Vgl. beispielhaft die Ausführungen Degenharts, Denkmalschutz und Eigentum, in der FS Gitter (1995), S. 195 ff., wo die weitgehende Übernahme des denkmalschutzrechtlichen Standards der alten Bundesländer auch auf die neuen Bundesländer angesichts der dort gänzlich anderen tatsächlichen Ausgangslage kritisch hinterfragt wird. Siehe allgemein zum Verhältnis Denkmalschutz und Art. 14 GG beispielsweise Hönes, DÖV 2003, 517 ff. 347 Vgl. Burgi, NVwZ 1994, 527 (533); Axer, DVBl. 1999, 1533 (1542); Bartlsperger, DVBl. 2003, 1473 (1484 f.) m. w. N. Eine solche unmittelbare Beeinflussung liegt auch dann nicht vor, wenn der Gesetzgeber an das Vorliegen solcher Realfaktoren normativ wie auch immer im Näheren ausgestaltete Rechtsfolgen knüpft und verfassungsrechtliches Eigentum auf solchem Wege sich bedingt nach diesen tatsächlichen Umständen ausformt. Angesichts der notwendigen Abstraktheit von Normen mag es mitunter auch ohne ausdrückliche gesetzliche Benennung im Rahmen der Auslegung einer Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung notwendig werden, gewissen „situationsbedingten“ Umständen im Lichte des durch Art. 14 GG geforderten Interessenausgleichs Rechnung zu tragen. Vgl. aber insoweit auch zum Erfordernis von Anhaltspunkten in der gesetzlichen Regelung Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 32 m. w. N. und Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 132. 348 Vor diesem Hintergrund muss die von der fachgerichtlichen Rechtsprechung verfolgte Lehre von der Situationsgebundenheit (vgl. etwa BGHZ 90, 4 (15), Urt. v. 26.1.1984; 99, 24 (31 ff.), Urt. v. 9.10.1986; 105, 15 (18 f.), Urt. v. 23.6.1988; 133, 271 (276 f.), Urt. v. 19.9.1996; BVerwGE 94, 1 (4 ff.), VII, Urt. v. 24.6.1993; BVerwG NuR 1995, 455 (456), Beschl. v. 10.5.1995; OVG Münster NVwZ-RR 1998, 229 (231), X, Urt. v. 16.6.1997; OVG Münster NJW 2000, 754 (754 f.), XXIII, Urt. v. 21.9.1999; aus der Zeit vor dem Nassauskiesungsbeschluss beispielsweise schon BGH DVBl. 1957, 861 (862), Urt. v. 25.3.1957) verfassungsrechtlich bewertet werden; als „unverzichtbar“ bezeichnet wird diese Lehre bei SchmidtAßmann, DVBl. 1987, 216 (217); als „fruchtbar“ für die Anwendung der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 931, vgl. auch Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 462; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 41; Hendler, AVR (2001), Rn. 774; Heintz, in: Gädtke, BauO NRW (2008), Einl., Rn. 33. Zurückhaltung angesichts der Tendenz, hieraus verfassungsunmittelbare Eigentumsinhalte abzuleiten, fordert überzeugend Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (226 f.), ferner Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 V 2 (S. 2232 f.). Kritisch auch zur heuristischen Tauglichkeit der Situationsgebundenheit de Witt, DVBl. 1995, 107 (108); Schoch, JZ 1995, 768 (769); ders., Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 669 f.; Bartlsperger, DVBl. 2003, 1473 passim.; Kischel, JZ 2003, 604 (608 f.); Lege, JZ 1994, 431 (438 f.); siehe auch dens., UTR 2005, 7 (30), insoweit dogmatische Ablehnung. Unter Verweis auf die fachgerichtliche Rechtsprechung argumentiert auch BVerfGE 100, 226 (242), Beschl. v. 2.3.1999, mit der Situationsgebundenheit; zuvor schon BVerfG (1. K./I) NVwZ 1991, 358 (ebd.), Beschl. v. 11.9.1990.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

mitnichten die situative Bedingtheit von Eigentum verfassungsrechtlich hinfällig geworden. Vielmehr muss der Gesetzgeber solchen Umständen hinreichend Beachtung schenken, damit sein Regelungswerk Bestand haben kann.349 c) Zeitabhängigkeit der Verhältnismäßigkeitsbeurteilung Die verschiedenen in die Abwägung einzustellenden Belange haben keineswegs „zu jeder Zeit und in jedem Zusammenhang dasselbe Gewicht“.350 Bei „veränderten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen“ kann sich infolgedessen auch die Gewichtung der verfassungsrechtlichen Abwägungsdirektiven verschieben.351 Die Gestaltung der Eigentumsordnung hat deshalb auch dem Wandel der Zeit gerecht zu werden, um weiterhin Bestand haben zu können; verfassungsrechtlich fassbar wird dies über die sich in die Zeit hinein verändernden Abwägungsdeterminanten der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Plastisches Beispiel zur diesbezüglichen Wandelbarkeit ist die Beurteilung, ob die normative Ausgestaltung des Kleingartenrechts verfassungsrechtlich zulässig ist. Während in der Nachkriegszeit das Kleingartenwesen noch dazu diente, vor allem der ärmeren Bevölkerung zu einer „Sicherung und Verbesserung der Ernährungsgrundlage“ zu verhelfen, spielt dies „heute keine praktische Rolle mehr“ („WohngarA. A., d. h. verfassungsunmittelbare Formung des Eigentumsinhalts i. S. d. Art. 14 II GG unter dem Stichwort „Situationsgebundenheit“, bei Lorenz, in: Erman, BGB, Bd. II (2008), Vor § 903, Rn. 9 (danach sei die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nur „in weitem Umfang“ durch das positive Recht ausgeformt). 349 So der Sache nach überzeugend BVerfGE 100, 226 (242), Beschl. v. 2.3.1999; ob allerdings die fachgerichtliche Rechtsprechung zur Situationsgebundenheit, auf welche im Beschluss verwiesen wird, in der Tat im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur nunmehr hinreichend „geläutert“ ist, soll hier dahinstehen. Vgl. ferner BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 19.12.2002, DÖV 2003, 376 (376). Siehe ferner so auch Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 161. 350 BVerfGE 71, 230 (247, Umsetzung dann auf S. 250 f.), Beschl. v. 4.12.1985; 37, 132 (141), Beschl. v. 23.4.1974; 52, 1 (30), Beschl. v. 12.6.1979; 100, 1 (43), Urt. v. 28.4.1999; 100, 59 (101 ff.), Urt. v. 28.4.1999: Änderung der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer gesetzlichen Regelung nach Ablauf eines gewissen Übergangszeitraums. Vgl. im Übrigen noch Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 68, der davon spricht, dass (erst) der (sogleich zu besprechende) Vertrauensschutz „den Zeitfaktor in die Eigentumsgarantie“ bringe, dem er die (bloß) „sachlich ausgerichtete“ Verhältnismäßigkeit gegenüberstellt. Dies ist indes wohl nicht ganz überzeugend. Schließlich hätte dann der Faktor Zeit hinsichtlich der auf die Zukunft gerichteten Gestaltung der Eigentumsordnung keine Relevanz, da insoweit kein Vertrauen schützenswert ist. Gleichwohl gilt auch für solche Eigentumsgestaltungen, dass sich mit der Zeit die Gewichtung der Determinanten verschiebt. Was als Inhaltsbestimmung jetzt zulässig ist, mag als erneut eingebrachtes Gesetzesvorhaben in der Zukunft unverhältnismäßig zu werten sein (siehe illustrierend zum Kleingartenrecht sogleich im Text). Auch die Verhältnismäßigkeit ist sensibel für die Zeit. 351 BVerfGE 52, 1 (30), Beschl. v. 12.6.1979; 70, 191 (201), Beschl. v. 19.6.1985; 79, 292 (302), Urt. v. 14.2.1989; 95, 64 (84), Beschl. v. 15.10.1996. Siehe aus der Literatur Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 9.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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ten“ statt „Armengarten“).352 Dem muss die verfassungsrechtliche Überprüfung der gesetzlichen Regelung gerecht werden, indem der dem Gesetzgeber belassene Gestaltungsspielraum zeitbezogen und damit präziser festgestellt wird. Eine gesetzliche Ausgestaltung der Eigentumsordnung, die in der Vergangenheit sich innerhalb des von Art. 14 GG ausgeformten Rahmens befunden hat, mag in der Zukunft den eigentumsgrundrechtlichen Anforderungen nicht mehr Genüge tun und damit verfassungswidrig werden.353 d) Schutz des Vertrauens in den Fortbestand des zu Eigentum Erworbenen Ohne berechtigtes Vertrauens in den Fortbestand des Erworbenen zu sichern, wäre die Eigentumsgarantie sinnentleert: Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, daß es eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art. 14 I 1 GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsgemäßen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Insoweit hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für die vermögenswerten Güter eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren.354

Wenn nun also der Gesetzgeber im Hinblick auf das berechtigte Vertrauen der Bürger das schon zu Eigentum Erworbene respektieren muss, so ist dies allerdings nach der Konzeption des BVerfG kein absoluter Schutz, der nur unter den strengen Voraussetzungen der Enteignung ausnahmsweise durchbrochen werden kann. Der Gesetzgeber steht keineswegs „vor der Alternative, die alten Rechtspositionen zu konservieren oder sie gegen Entschädigung zu entziehen.“355 Vielmehr hat das Vertrauen auf

352 BVerfGE 52, 1 (34 f., siehe insgesamt 33 ff.), Beschl. v. 12.6.1979. Zum Kleingartenrecht vgl. weiterhin BVerfGE 87, 114 (vor allem 147 ff.), Beschl. v. 23.9.1992, und BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 3559, Beschl. v. 9.4.1998. 353 Sämtliche Determinanten der Verhältnismäßigkeitsprüfung und damit auch die „Realfaktoren“, die der Gesetzgeber zu beachten hat (vgl. dazu soeben im Text), unterliegen dem Wandel der Zeit. Vgl. insoweit instruktiv den tiefgreifenden Wandel, den die Regelungsmaterie des Urheberrechts durch die Möglichkeiten kostengünstiger digitaler Vervielfältigung (auch) im privaten Bereich zu durchlaufen hat und dazu beispielsweise Ulmer-Eilfort, Zukunft der Vervielfältigungsfreiheit, in: FS Nordemann (1999), S. 285 ff., die die Verfassungsmäßigkeit des diese Herausforderungen nicht mehr bewältigenden, damaligen Urheberrechts bezweifelt (siehe etwa S. 286 f.). 354 So BVerfGE 76, 220 (244), Beschl. v. 15.7.1987, m. w. N. auf die stRspr. des Gerichts. Näher zur dogmatischen Herleitung sowie zum Verhältnis zu den aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten Vertrauensschutzgrundsätzen unten S. 138 ff. 355 BVerfGE 70, 191 (201), Beschl. v. 19.6.1985; 58, 300 (351), Beschl. v. 15.7.1981 m. w. N., BVerfGE 31, 275 (285), Beschl. v. 8.7.1971; das geht soweit, dass selbst eine „völlige, übergangs- und ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition“ in Betracht kommen kann, allerdings „nur unter besonderen Voraussetzungen“, siehe BVerfGE 83, 201 (213), Beschl. v. 9.1.1991.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

den Fortbestand aus der individuellen Sicht der einzelnen Rechtsinhaber356 als gewichtiger Abwägungsgesichtspunkt in die eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung einzugehen.357 Auf diesem Wege kann das Vertrauen in den Fortbestand der Altrechte den gesetzgeberischen Gestaltungsrahmen ganz erheblich einengen, sodass bisweilen sehr schwerwiegende Gründe des öffentlichen Interesses für eine eigentümernachteilige Umgestaltung streiten müssen.358 Insbesondere können Übergangsregelungen hinsichtlich des das nach altem Recht erworbenen Eigentums notwendig sein, um so die gesetzliche Neugestaltung vor dem Verdikt der Unverhältnismäßigkeit zu bewahren.359 Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist somit Nahtstelle zwischen der verfassungsrechtlich geforderten Anpassung an die sich verändernden Verhältnisse auf der einen Seite sowie dem verfassungsrechtlich ebenso zu schützenden Fortbestandsinteresse der „Alt“eigentümer auf der anderen Seite. 3. Ausgleichspflichtige Inhaltsund Schrankenbestimmung Ein Spezifikum der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung ist ferner die sog. ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Dabei steht die Frage im Raum, inwieweit der Gesetzgeber Vorkehrungen mit Blick auf außergewöhnliche Belastungen zu treffen hat, die in Anwendung der neuen Gesetzeslage bei besonders Betroffenen auftreten werden. Es ist zu überprüfen, ob die Verhältnismäßigkeitsprüfung den Gesetzgeber – unter Wahrung dessen grundsätzlicher Gestaltungsfreiheit360 – für solche Ausnahmefälle verpflichtet, Ausgleichsregelungen monetärer oder sonstiger Art zu schaffen.

356 Vgl. zum subjektiven Bezug des Vertrauensschutzes etwa BVerfGE 53, 257 (294), Urt. v. 28.2.1980. 357 So zum Bezug zur Verhältnismäßigkeitsprüfung etwa BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; 70, 191 (202), Beschl. v. 19.6.1985; 58, 81 (121), Beschl. v. 1.7.1981; vgl. auch Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 39 f. m. w. N. 358 Vgl. BVerfGE 83, 201 (212 f.), Beschl. v. 9.1.1991 m. w. N.; 58, 81 (121), Beschl. v. 1.7.1981. 359 Vgl. BVerfGE 83, 201 (213), Beschl. v. 9.1.1991; 70, 191 (201), Beschl. v. 19.6.1985. 360 Nach der durch das BVerfG erzwungenen Eigentumswende korrigiert nicht mehr die Rechtsprechung eigenverantwortlich besondere Lasten, resp. das „Sonderopfer“ der Betroffenen (womöglich a. A. Rinne, NJW 2005, 1330 (1331)). Vielmehr ist es der durch Art. 14 I 2 GG legitimierte Gesetzgeber, der allein zu entscheiden hat, welches Ausmaß eines etwaig monetären Ausgleichs oder welche Form eines nicht-monetären Ausgleichs gewählt wird. Die Rechtsprechung, d. h. hier letztlich das BVerfG, kontrolliert lediglich, ob die vom Gesetzgeber gewählte Form des Ausgleichs sich noch innerhalb des Rahmens bewegt, der dem Gesetzgeber durch die Abwägungsdirektiven des Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG gesteckt ist oder aber. Von daher kritisch gegenüber den sehr detaillierten Vorgaben der neueren Rechtsprechung des BVerfG Hendler, DVBl. 1999, 1501 (1504).

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Eine ähnliche Problematik gilt es zu bewältigen, wenn eine Inhaltsbestimmung in die Zukunft hinein den Verhältnismäßigkeitsanforderungen entspricht, Gleiches aber zweifelhaft ist hinsichtlich des vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalts der (Inhalts- bzw.) Schrankenbestimmung. Denn auch hier mag die Eigentumsgarantie zu einer Ausgleichsregelung verpflichten, um eine diesbezügliche Unverhältnismäßigkeit zu vermeiden.361 Solchermaßen erzwungene Übergangsregelungen könnten ebenso der dogmatischen Rechtsfigur der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung zugeordnet werden.362 Es gelten hierbei aber zumindest teilweise andere Wertungen.363 Das BVerfG meint jedenfalls wohl zunächst die zukunftsgerich361

Siehe BVerfGE 70, 191 (201), Beschl. v. 19.6.1985, 83, 201 (213), Beschl. v. 9.1.1991;. So wohl Ossenbühl, AöR 1999, 1 (34) m. w. N; siehe auch BVerwGE 84, 361 (373), Urt. v. 15.2.1990. Vgl. ferner Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S.105, Fn. 628. Nach Kahl/Gärditz, ZUR 2006, 1 (8) ist diese Konstellation jedenfalls von der fachgerichtlichen Rechtsprechung vor BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999 erfasst (und zwar bei bereits ausgeübten Nutzungen). Diese Fallkonstellation nicht berücksichtigend etwa de Witt, DVBl. 1995, 107 (108). Darüber noch weit hinausgehend ist Tietje, JuS 1999, 644 (649) der Auffassung, das Institut der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung könne zu einem allgemeinen Rechtssatz ausgeweitet werden, der auch bei der Regelung des Verhältnisses zwischen Privaten im Bereich des Art. 12 GG gelten solle. 363 Die grundsätzlichen, sogleich näher dargestellten Ausführungen zur ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung in BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999, können auf diese Fallkonstellation jedenfalls nicht ohne Modifizierung übertragen werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass zur Gestaltung der Eigentumsordnung legitimerweise auch die Einwirkung auf schon bestehende, „wohlerworbene“ Zuordnungsverhältnisse gehört (vgl. beispielsweise soeben ab S. 110 zur Zeitbezogenheit). Insoweit sind Überleitungsregelungen keine Ausnahmeerscheinung (vgl. demgegenüber zur ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung BVerfG, ibid. S. 244: Ausgleichsregelungen können „ausnahmsweise“ die Verfassungsmäßigkeit wiederherstellen). Die Frage nach einem Ausgleich ist vielmehr ein alltägliches Problem des Gesetzgebers, wenn er überlegt, ob und in welchem Rahmen er seine Neugestaltung der Eigentumsordnung auch auf das schon bestehende Eigentum übertragen kann und sollte. Geht es um Grundrechtseingriffe in wohlerworbenes Eigentum (dazu unten ab S. 216), kann jedenfalls nicht von einer grundsätzlichen „Entschädigungslosigkeit“ ausgegangen werden (siehe so hier indes das BVerfG, ibid. S. 241: Sozialgebundenheit sei „grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen“). Das Argument, dass Art. 14 II GG gerade im Gegensatz zu Art. 14 III GG eine Sozialpflichtigkeit realisiert wissen wolle, die ohne Entschädigungspflichtigkeit auskommen kann (siehe Papier, Eigentum und Entschädigung, in: 50 Jahre BGH, Bd. III (2000), S. 878 f.), ist zutreffend. Art. 14 II GG gilt auch für die Bestimmung der Schranken des Eigentums, d. h. für Eingriffe. Dies ändert indes nichts daran, dass hinsichtlich Eingriffen ein besonderer Schutz bestehen muss. Könnte der Einzelne nicht grundsätzlich auf den Schutz des Wohlerworbenen vertrauen, wäre der Freiraum, den Art. 14 GG garantieren will, Makulatur (vgl. nur Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 130). Aufgrund dieser Schutznotwendigkeit kann keine Rede davon sein, es dürften grundsätzlich ausgleichs- bzw. entschädigungslos– wie dies mit Blick auf die Zukunft tatsächlich der Fall ist – sämtliche Allgemeinwohlinteressen im Sinne des Art. 14 II GG durchgesetzt werden. Dies erschließt sich insbesondere aus BVerfGE 83, 201 (212 f.), Beschl. v. 9.1.1991. Dort heißt es, es bedürfe schwerwiegender Gründe, die dann gegebenenfalls Vorrang vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand des Rechts haben könnten. Ausdrücklich heißt es weiter: „Der Gesetzgeber muß danach die Umgestaltung oder Beseitigung eines Rechts zwar 362

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

tete Inhaltsbestimmung364 der Eigentumsordnung, wenn es von der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung handelt.365 In seinem Beschluss vom 2.3.1999366 hat sich das BVerfG grundsätzlich zum im Anschluss an den Pflichtexemplarbeschluss367 durch Rechtsprechung368 und Literatur369 weiterentwickelten Rechtsinstitut der ausgleichspflichtigen Inhalts- und

nicht durchweg mit einer Entschädigungs- oder Übergangssregelung abmildern. Die völlige, übergangs- und ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen.“ Festzuhalten ist somit nach dieser Positionierung des BVerfG (die sich insoweit auch nicht allein auf die Situation einer „generellen Neugestaltung eines Rechtsgebiets“ (S. 211 f.) bezieht), dass es im Umkehrschluss regelmäßig zu Übergangsund Entschädigungsregeln kommt, wenn der Gesetzgeber – was er grundsätzlich darf (siehe auch BVerfGE 70, 191 (201), Beschl. v. 19.6.1985) – seine Neuregelung auch auf bestehende Rechtspositionen ausdehnen will. Von daher ist es fraglich, ob Kischel, JZ 2003, 604 (610, 611 bei Fn. 79 und 81) Recht hat, wenn er von einem erhöhten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers – zu Lasten der Eigentümer – infolge der Änderung der Eigentumsdogmatik im Gefolge des Nassauskiesungsbeschlusses ausgeht. Wie dem in anderen Bereichen auch sein mag: Der Grundsatz der Entschädigungslosigkeit, den er dafür als Beleg heranzieht, bezieht sich nicht auf die Eigentumsgestaltung an sich, sondern nur die Bestimmung des zukünftigen Eigentumsinhalts. Siehe auch die Deutung von Külpmann, JuS 2000, 646 (649), der sich ebenso der Frage stellt, ob die Äußerungen des BVerfG mit der ständig auftretenden Überleitungsproblematik vereinbar sind. Er geht davon aus, dass das BVerfG sich in der Entscheidung zwar auch hierzu geäußert habe, jedoch (angesichts der uneinheitlich verwendeten Terminologie) einengend davon auszugehen sei, dass sich das Gericht insoweit nur gegen die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs an Stelle sonstiger Ausgleichsregelungen wendet. 364 Siehe unten ab S. 216 zur Unterscheidung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen, denn danach müsste auch hier zwischen ausgleichspflichtigen Schrankenbestimmungen (keineswegs Ausnahmefall) sowie ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen (dabei vollumfängliche Anwendung der Grundsätze des BVerfG) unterschieden werden. 365 Umkehrschluss aus BVerfGE 83, 201 (213), Beschl. v. 9.1.1991, siehe dazu Fn. 374; vgl. auch Schwerdtfeger, ÖffR (2008), Rn. 554 f. (Darstellung bei der Verhältnismäßigkeitskontrolle „im Gegenwartsbezug“). Siehe weiterhin illustrierend unten S. 226, bei Fn. 819. 366 BVerfGE 100, 226. 367 BVerfGE 58, 137, Beschl. v. 14.7.1981. Zuvor schon Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung (1980), S. 232 ff. 368 Statt vieler vgl. BVerwGE 84, 361 (367 ff.), Urt. v. 15.2.1990; 94, 1 (5 ff.), VII, Urt. v. 24.6.1993; BGHZ 126, 379 (381 ff.), Urt. v. 7.7.1994, jeweils m. w. N. 369 Bejahende Ausführungen finden sich in nahezu jeder sich mit Art. 14 GG beschäftigenden Stellungnahme. Vgl. allerdings auch einige kritische bzw. ablehnende Stimmen in der Literatur, so etwa Ipsen, Eigentumsdogmatik, in: Recht und Wirtschaft (1985), S. 143 ff.; Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 211 ff.; Lerche, Sozialbindung und Urheberrecht, in: FS Reichardt (1990), S. 106; Breuer, NuR 1996, 537 (544); Eschenbach, Eigentum (1996), S. 495 ff.; R. Schmidt/Kahl, UmweltR (2006), § 2, Rn. 26 (Betonung der grundsätzlich fehlenden Ausgleichspflicht); Schönfeld, NVwZ 1999, 380 (382); Ekey, Verminderung von Eigentümerrechten (1988), S. 272. In Anwendung seiner sog. „Verbotsrechtstheorie“ (dazu unten S. 231, Fn. 1) für eine Umstrukturierung der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung plädierend Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 241 ff.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Schrankenbestimmung bekannt370 und einige verfassungsrechtliche Vorgaben hierfür präzisiert. Wenn auch dem Gesetzgeber grundsätzlich zugestanden wird, sich Ausgleichsmaßnahmen zu bedienen, um gewisse unzumutbare Auswirkungen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung zu verhindern, so seien Ausgleichsregelungen „freilich nicht generell ein verfassungsrechtlich zulässiges Mittel“.371 Zunächst dürfen Ausgleichsregelungen nach Maßgabe des BVerfG nur dazu dienen, für Ausnahmefälle unverhältnismäßige bzw. gleichheitswidrige Belastungen zu verhindern.372 Die dahinter stehende Normierung für den Regelfall soll jedoch für sich genommen ohne eine solche Ausgleichsregelung auskommen können.373 Der Ausgleich darf also nicht zusätzlich dazu herangezogen werden, die Verhältnismäßigkeit der Regelwirkung einer Inhaltsbestimmung zu sichern. Dabei sei eine Inhalts- und Schrankenbestimmung jedenfalls dann verfassungswidrig, wenn die „Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt“ werde und durch dem 370 Davor schon BVerfGE 79, 174 (192), Beschl. v. 30.11.1988; BVerfG (1. K./I) NVwZ 1999, 979 (980) ffi DÖV 1999, 777 (ebd.), Beschl. v. 22.2.1999; wohl auch BVerfG (3. K./II) NJW 1990, 1229 (1230), Beschl. v. 19.1.1989; 81, 12 (19 f.), Beschl. v. 3.10.1989. Andeutungsweise wurde schon in BVerfGE 57, 107 (117), Beschl. v. 29.4.1981, auf die Möglichkeit einer „Entschädigung“ aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Bereich der Grundrechte aus Art. 12 I und Art. 14 I GG hingewiesen, worauf Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 174, aufmerksam macht. Allerdings ist die Tendenz des BVerfG nunmehr – angesichts der sogleich zu erläuternden strengen Voraussetzungen – restriktiver als die Ausgestaltung dieses Rechtsinstituts durch die (bis dahin) h. M., vgl. insoweit zuvor schon Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 1994), Rn. 341. 371 BVerfGE 100, 226 (244), Beschl. v. 2.3.1999. 372 Siehe allerdings eben bei und in Fn. 362 dazu, dass man von einer „ausgleichspflichtigen (Inhalts-) und Schrankenbestimmung“ auch sprechen könnte mit Blick auf die Abfederungsmaßnahmen hinsichtlich Alteigentümern. Dann jedoch ginge es nicht bloß um Ausnahmefälle. Es sei hier allerdings dahingestellt, ob die Vorstellung des BVerfG, dass der Ausgleich nur ein Mittel für den Ausnahmefall sei, tatsächlich zutreffend ist. Wenn der Gesetzgeber sich die Mühe macht, ein sehr differenziertes Regelungsprogramm hinsichtlich einer bestimmten Eigentumsproblematik zu etablieren, das passgenau unterschiedliche Regelungen für die eben unterschiedlich Betroffenen bereit hält: Ist es dann nötig zu hinterfragen, ob die Regelung auch „an sich“, d. h. ohne den jeweiligen Spezifikationen abgewogen ist? Warum jedoch bedarf es der Betrachtung, bzw. mehr noch, des Erfordernisses eines „Normalzustands“? Man könnte stattdesssen wohl vertreten, dass unter Verzicht auf das Ausnahmekriterium nichts weiter zu tun ist, als jeweils das Ergebnis der gesetzlichen Normierung nach den Kriterien der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen, ganz gleich, ob es eine einheitliche Linie gibt oder ob der Gesetzgeber sich einer besonders ausdifferenzierten Lösung bedient. Beide Lösungsvorschläge könnten schließlich jeweils anhand der Eigentumsgarantie effektiv überprüft und notfalls (partiell) verworfen werden. Die Leitgedanken des BVerfG können auch ohne Beachtung eines solchen Ausnahmekriteriums umgesetzt werden – einerseits kein Erkaufen der Verhältnismäßigkeit durch bloßen Geldausgleich, andererseits Ernstnehmen des Art. 14 II GG, d. h. Entschädigungslosigkeit, wenn nichts weiter getan wird, als diese Regelungsdirektive umzusetzen. 373 BVerfGE 100, 226 (244), Beschl. v. 2.3.1999. Vgl. dazu Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 346 (= Rn. 338 der Bearb. 1994), wonach es jedenfalls keine generell entschädigungspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung geben dürfe.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Eigentümer auferlegte Verpflichtungen „aus dem Recht eine Last“ werde, „die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen hat“.374 Eine solche Rechtsposition verdiene „den Namen ,Eigentum nicht mehr“. Erfordere das Allgemeinwohl dennoch die staatliche Maßnahme, so könne „dies nur auf dem Wege der Enteignung“ erreicht werden.375 Daher gilt: Immer dann, wenn der Gesetzgeber ein eigentumskräftiges Recht so ausgestaltet, dass es zum „nudum ius“ wird, so ist ein solches Ansinnen verfassungswidrig (zumindest dann, wenn zudem noch dem Eigentümer Verpflichtungen auferlegt werden). Nach Auffassung des BVerfG könne ein solches gesetzliches Vorhaben nicht mehr durch eine Ausgleichsregelung i. S. d. Art. 14 I 2 GG gerettet werden.376 Damit377 hat das Gericht zu Recht378 die im Schrifttum vertretene Ansicht verworfen, eine Nutzungsbeschränkung, die ein Recht zum nudum ius werden lasse, müsse eben wegen dieser Intensität als Enteignung qualifiziert werden.379 Einer 374 Mit Blick auf den konkret entschiedenen Fall wäre zu vergegenwärtigen gewesen, dass die nunmehr harten Konsequenzen für den Eigentümer darauf beruhten, dass dieser zuvor jahrzehntelang rechtswidrig – verhältnismäßige – Maßnahmen unterlassen habe, so zumindest Martin, Eigentumsgrundrecht, in: Handbuch Denkmalschutz (2006), Abschn. G, Rn. 94 sowie ders., BayVBl. 2000, 584 (586). 375 BVerfGE 100, 226 (243), Beschl. v. 2.3.1999, Hervorhebung nicht im Original. Von der Tendenz her ähnlich auch die Stellungnahme des IV. Revisionssenats des BVerwG, wiedergegeben in BVerfGE 100, 226 (237 f.), Beschl. v. 2.3.1999. 376 Will man die staatliche Maßnahme gleichwohl nicht fallenlassen, so muss von vorn begonnen werden, dieses Vorhaben unter Beachtung der Voraussetzungen des Art. 14 III GG als Enteignung durchzuführen. Vgl. im Übrigen schon Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 1994), Rn. 320 (vgl. nun Rn. 329 der Bearb. 2002), der die Nichtigkeit einer Inhaltsund Schrankenbestimmung dann annimmt, wenn es sich dabei der Sache nach um eine Enteignung handele. A. A. Hendler, DVBl. 1999, 1501 (1502), siehe auch die Stellungnahme des III. Senats des BGH, wiedergegeben in BVerfGE 100, 226 (236), Beschl. v. 2.3.1999, die wohl davon ausgehen, dass auch bei rein finanziellen Interessen der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentümers hinreichend über eine Ausgleichspflicht im Rahmen des Art. 14 I 2 GG gewährt werden könne, es also nicht zwingend eines Rückgriffs auf das Rechtsinstitut der Enteignung bedürfe. 377 Neben BVerfGE 100, 226 (243), Beschl. v. 2.3.1999, ebenso S. 240: Die Qualifizierung einer Norm als Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung „ist von der Intensität der den Rechtsinhaber treffenden Belastung unabhängig. Sie behält ihre Gültigkeit selbst in den Fällen, in denen der Eingriff in seinen Auswirkungen für den Betroffenen einer Enteignung nahe- oder gleichkommt (vgl. BVerfGE 83, 201 (211 ff.)).“ Bestätigt durch BVerfGE 102, 1 (16), Beschl. v. 16.2.2000. Gegenteilige Einschätzung bei Sproll, in: Detterbeck/Windthorst/ders., StaatshaftungsR (2000), § 16, Rn. 84, Fn. 110, und bei Ossenbühl (siehe näher sogleich Fn. 379). Wie hier auch Herdegen, Eigentum, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II (2001), S. 282; Lege, NVwZ 2000, 658 (ebd.); Külpmann, JuS 2000, 646 (647 f.); Bielenberg/Runkel, in: BauGB, E/Z/B/K, Vorb §§ 39 – 44 (Bearb. 2000), Rn. 49; Moench/Otting, NVwZ 2000, 515 (520); Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 160. 378 Dagegen harsche Kritik an dieser Urteilspassage übend, u. a. wegen dogmatischer „Bankrotterklärung“, Battis, NuR 2000, 421 (424). 379 So etwa Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 48; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 923 (ohne auf BVerfGE 100, 226 (243, 240), Beschl. v. 2.3.1999 einzugehen); de Witt, DVBl. 1995, 107 (108); Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 232; Wilde, DVBl. 1998, 1321 (1329);

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solchen Schwelle, die eine an sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung aufzufassende Regelung allein wegen ihrer Intensität zur Enteignung mutieren lässt, bedarf es nicht380 und ist aus denselben Gründen abzulehnen, wie dies für die überkommenen Enteignungstheorien381 aus der Zeit vor dem Nassauskiesungsbeschluss382 gilt.383 Ossenbühl, AöR 1999, 1 (19 ff.), sowie ders., Nutzungsbeschränkungen, in: FS Leisner (1999), S. 698 ff., der dabei im Vorgriff auf die vom ihm erwartete Entscheidung BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999, davon ausgeht, diese seine Ansicht werde auch der des BVerfG entsprechen. Die ihm in der Begründung, nicht jedoch im Ergebnis entgegenstehende Rechtsprechung des BVerfG zeigt, dass der Vorwurf Ossenbühls (zumindest bezogen auf die NudumIus-Problematik) nicht zutrifft, eine konsequente Dogmatik führe zu nicht hinnehmbaren Konsequenzen für den Eigentumsschutz (vgl. zur Begründung die folgende Fußnote). Die Kommentierung von BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999, durch Ossenbühl (JZ 1999, 899) ist m. E. im Übrigen insoweit unzutreffend: Dieser Beschluss kann nicht „im Klartext“ so verstanden werden, dass eine Totalentleerung Enteignung „ist“ (S. 900); es ist keine „Fortführung der aufgezeigten Überlegungen des BVerfG“, einen Totalentzug „von vornherein“ als Enteignung aufzufassen. Für die – verfehlte – Konstruktion der Nudum-Ius-Enteignung verbleibt in der Rechtsprechung des BVerfG kein Raum mehr. Wie Ossenbühl aber Maurer, ibid., der davon ausgeht, das BVerfG komme „wenngleich etwas gewunden“ zum von ihm vertretenen Ergebnis. 380 Einer solchen Extrem-Schwelle bedarf es deshalb nicht, weil man auch unter Beachtung der handlungsbezogenen und deshalb allein angemessenen Eigentumsdogmatik diesen Fällen gerecht werden kann: Entweder, indem man mit dem BVerfG beim nudum ius die Verfassungswidrigkeit der Regelung begründet, oder aber, indem man in solchen Fällen im Rahmen des Art. 14 I 2 GG die Wertungen des Art. 14 III GG als Maßstab der Rechtfertigungsvoraussetzungen für solch ein Vorhaben heranzieht (so in der Tendenz BVerfGE 83, 201 (212 f.), Beschl. v. 9.1.1991; darauf sich berufend E 102, 1 (16), Beschl. v. 16.2.2000). Angemerkt sei, dass mit der Ablehnung der Nudum-Ius-Theorie nicht schon die Frage vorentschieden ist, ob ein legislativer Atomausstieg als Inhalts- und Schrankenbestimmung oder Enteignung zu verstehen wäre (dazu aus der Literatur mit der Qualifizierung als Inhaltsund Schrankenbestimmung: Böhm, NuR 1999, 661 (662), dies., NuR 2001, 61 (62) ; Roller, Eigentum/Entschädigung, in: Roßnagel/ders., Beendigung der Kernenergienutzung (1998), S. 86 m. w. N.; Stüer/Loges, NVwZ 2000, 9 (12 f.); Koch/Roßnagel, NVwZ 2000, 1 (5 f.); Koch, NJW 2000, 1529 (1530 ff.); Roßnagel, Vertrauensschutz, in: 10. Atomrechtssymposium (2000), S. 115 ff.; Kube, ZG 2000, 11 (28 ff.); Denninger, Befristung, in: 10. Atomrechtssymposium (2000), S. 174 ff.; als Enteignung: Di Fabio, Ausstieg aus der Kernenergie (1999), Ossenbühl, AöR 1999, 1 (28 f.); Schmidt-Preuß, NJW 2000, 1524 (1525 ff.); ders., Befristung, in: 10. Atomrechtssymposium (2000), S. 155 f.; Wagner, NJW 2000, 1538 (1540), ders. NVwZ 2000, 1140 (1142); offengelassen bei Rodi, NJW 2000, 7 (14); Sanden, UmweltR (1999), § 13, Rn. 25 m. w. N. Hinfällig ist damit allein die Nudum-Ius-Argumentation im Sinne von Ossenbühl, AöR 1999, 1 (19 ff.) (dies seinerseits nicht als tragendes Argument auffassend Di Fabio, Ausstieg aus der Kernenergie (1999), S. 138, Fn. 352). 381 Näheres auch zum Begriff sogleich S. 123 bei Fn. 402 f. 382 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 383 Gegen die Nudum-Ius-Theorie überzeugend die Stellungnahme des IV. Revisionssenats des BVerwG, wiedergegeben in BVerfGE 100, 226 (237), Beschl. v. 2.3.1999; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 233; Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 123; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 181; Jarass, in: ders./ Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 73; siehe auch schon vor BVerfGE 100, 226 dens., 5. A. 2000, Rn. 66 bzw. 4. A. 1997, Rn. 56; ferner Stüer, Bau- und PlanR (2005), Rn. 1687 (siehe schon in der 2. A. 1998, Rn. 991, 2195); ders., Bauleitplanung, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch

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Weiterhin müsse der Gesetzgeber gemäß seinem aus Art. 14 I 2 GG folgenden Gestaltungsauftrag sowie zur Wahrung der Budgethoheit des Parlaments selbst eine normative Grundlage für die Ausgleichsregelung schaffen. Er darf nicht auf abfedernde Maßnahmen seitens der Verwaltung oder der Gerichte hoffen.384 Auch bezüglich der Gestaltung einer Ausgleichsregelung stellt das BVerfG eine praktisch äußerst bedeutsame Anforderung auf: Bevor daran gedacht werden könne, den Betroffenen zum Ausgleich einen Geldanspruch zu gewähren, müssten zunächst alle Möglichkeiten ausgeschöpft sein, die „unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real [zu] vermeiden und die Privatnützigkeit soweit wie möglich [zu] erhalten“. In Betracht kämen vorrangig „Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften sowie der Einsatz sonstiger administrativer und technischer Vorkehrungen“.385 Ebenso wurde schon zuvor in der Literatur davor gewarnt, in der Gewährung eines Geldausgleichs ein Allheilmittel zur Rettung beliebiger Gesetzesvorhaben zu sehen. Will der Gesetzgeber für Ausnahmesituationen die Verhältnismäßigkeit wahren, so ist es ihm verwehrt, sich das Freisein von entgegenstehenden Belange der Grundrechtsträger durch einen Geldausgleich zu erkaufen.386 Insoweit ist zu Recht ausgeführt worden, dass wegen des Vorrangs der im Bestand des Eigentums selbst vergegenständlichten Freiheit „finanzielle Zuwendungen stets nur das letzte Mittel sein [dürften], um an sich unverhältnismäßige Regelungen vor dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit zu retten“.387 UmweltR, B (Bearb. 2006), Rn. 1080; ders., Bebauungsplan (2006), G, Rn. 897; Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 392 f. Siehe auch Hendler, Inhalts- und Schrankenbestimmung, in: FS Maurer (2001), S. 132 ff., insbesondere auf die Notwendigkeit einer praxistauglichen Abgrenzung abstellend. 384 BVerfGE 100, 226 (245), Beschl. v. 2.3.1999; BVerfG (3. K./I), NVwZ 2005, 1412 (1413 f.), Beschl. v. 6.9.2005. 385 BVerfGE 100, 226 (245 f.), Beschl. v. 2.3.1999. Siehe zum Gebot „realer“ Vermeidung etwa auch BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 19.12.2002, DÖV 2003, 376 (ebd.); (3. K./I), NVwZ 2005, 1412 (1414), Beschl. v. 6.9.2005, in der letztgenannten Entscheidung mit Blick auf das Wasserrecht. 386 Zur „Unverkäuflichkeit“ der Freiheit vgl. statt vieler etwa Depenheuer, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 255; im Zusammenhang mit der Enteignung siehe schon BVerfGE 24, 367 (400, LS 5, 397 f.), Urt. v. 18.12.1968: Vorrang der Bestands- vor der Wertsicherung. 387 Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (233); zustimmend Degenhart, Denkmalschutz und Eigentum, in: FS Gitter (1995), S. 207, bei Fn. 86, vgl. ferner S. 208 f.; Heemeyer, Raumordnung (2006), S. 138 f.; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 266; in aller Deutlichkeit auch Hösch, JA 1998, 727 (730, 731), der die Herstellung des Verhältnismäßigkeitsausgleichs durch Geld ähnlich wie nun das BVerfG als „absolute Ausnahme“ bezeichnet, die erst greifen könne, wenn andere Maßnahmen nicht weiterführen könnten. Hinsichtlich des Spannungsfeldes Staatshaftung und Art. 14 GG siehe des Weiteren Scherzberg, DVBl. 1991, 84 (90). Vgl. ferner BVerwGE 84, 361 (368, siehe auch 373), Urt. v. 15.2.1990, wo anerkannt wird, dass angesichts der „freiheitssichernden Substanzgarantie“ zunächst überprüft werden müsse, ob überhaupt durch Ausgleichsmaßnahmen die Verhältnismäßigkeit gesichert werden könne oder ob der Gesetzgeber nicht womöglich gänzlich daran gehindert ist, solche Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu erlassen. A. A. dagegen BVerwGE 94, 1 (7: Wahlfreiheit der

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Überraschend weitgehend verlangt das BVerfG ferner, dass die einen Eigentümer belastende Einzelmaßnahme immer auch eine Entscheidung über die Gewährung oder Nicht-Gewährung eines Ausgleichs enthalten müsse, um so eine sinnvolle Entscheidungsgrundlage für den Eigentümer bezüglich der Frage zu schaffen, ob er gegen diese Maßnahme tatsächlich vorgehen soll.388 Zur praktischen Umsetzung dieser neuen, eigentumsgrundrechtlichen Anforderung wird ausgeführt: Der Gesetzgeber hat seine materiellrechtlichen Ausgleichsregelungen deshalb durch verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschriften zu ergänzen, die sicherstellen, daß mit einem die Eigentumsbeschränkung aktualisierenden Verwaltungsakt zugleich über einen dem belasteten Eigentümer ggf. zu gewährenden Ausgleich entschieden wird; bei finanzieller Kompensation ist zumindest dem Grunde nach über das Bestehen des Anspruchs zu entscheiden.389

Diese Anforderung kann plastisch als „verwaltungsverfahrensrechtliches Junktim“ bezeichnet werden.390

Mittel), VII, Urt. v. 24.6.1993, sowie wohl auch BVerwG NVwZ-RR 1998, 225 (227 f.), Beschl. v. 18.7.1997, beachte dort allerdings auch das Anerkenntnis S. 228, dass es Maßnahmen gäbe, die auch bei einer finanziellen Ausgleichsmaßnahme eigentumsgrundrechtlich nicht hinnehmbar seien. 388 BVerfGE 100, 226 (246), Beschl. v. 2.3.1999 (siehe auch E 102, 1 (24), Beschl. v. 16.2.2000). Dabei beruft sich das Gericht auf Hermes, NVwZ 1990, 733 (733 f.). Dieser wiederum bezieht sich auf VGH Mannheim, Urt. des I. Senats vom 10.5.1988, DVBl. 1988, 1219 (1223) ffi DÖV 1989, 79 (80); dort wurde es als Anforderung an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens angesehen, bei einer (faktisch) belastenden, eine Inhalts- und Schrankenbestimmung umsetzenden Verwaltungsmaßnahme zugleich über die Frage nach flankierenden, ausgleichenden Maßnahmen mitzuentscheiden. Hermes zustimmend auch Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (244, Fn. 173). Da der Verhältnismäßigkeitsausgleich Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Maßnahme sei, verlangt auch de Witt, DVBl. 1995, 107 (108), dass mit Erlass der belastenden Maßnahme zugleich der Ausgleich festgelegt werden müsse; ähnlich ferner Schmaltz, DVBl. 1996, 675 (ebd.). Martin, Eigentumsgrundrecht, in: Handbuch Denkmalschutz (2006), Abschn. G, Rn. 89 zeigt Beispiele für derartige Maßnahmen auf. 389 BVerfGE 100, 226 (246) ffi DVBl. 1999, 1498 (1501) ffi DÖV 1999, 870 (872), Beschl. v. 2.3.1999; die Forderung der Gleichzeitigkeit bestätigend siehe 114, 1 (66), Urt. v. 26.7.2005; grundsätzlich zustimmend sowie gegen Kritik aus dem Schrifttum verteidigend, Stüber, NordÖR 2001, 147 (151). Insgesamt ablehnend hierzu Hendler, DVBl. 1999, 1501 (1503), sofern man solche Verpflichtungen dem Gesetzgeber als grundsätzlich zwingend aufzuoktroyieren sucht; ebenso Battis, NuR 2000, 421 (425); Dirnberger, in: Eberl/Martin/Greipl, Bay. DSchG (2007), Art. 20, Rn. 18. Kritisch ferner Lege, UTR 2005, 7 (45, 50 f.), Seidel, ZG 2002, 131 (150) sowie W. Schmidt, NJW 1999, 2847 (2850): Zwar könnte eine dem entsprechende Praxis nicht schaden, „doch dürfte ein solcher Formelzierat verfassungsrechtlich nicht geboten sein“. 390 So W. Schmidt, NJW 1999, 2847 (2850), der im Übrigen davon ausgeht, es handele sich bei den diesbezüglichen Ausführungen um obita dicta (2849), da die salvatorische Klausel nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens gewesen sei. Gerade dieses verfahrensrechtliche Junktim könne deshalb „in der Praxis vernachlässigt werden“. Vgl. zu W. Schmidt noch sogleich Fn. 398.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Von besonders weitreichender Bedeutung391 ist im Übrigen der nahe liegende Rückschluss, dass auf der Grundlage des Beschlusses des BVerfG vom 2. 3. 1999 die von Teilen der Literatur392 sowie der fachgerichtlichen Rechtsprechung393 für

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Salvatorische Klauseln sind auch heute noch in der Landesgesetzgebung vorherrschend, so Götz, Beschränkungen der Landwirtschaft, in: FS Leisner (1999), S. 711; vgl. auch Schwerdtfeger, ÖffR (2008), Rn. 330 (verbreitet). 392 Siehe aus dem früheren Schrifttum beispielsweise Rüfner, Enteignungsbegriff, in: FS Boujong (1996), S. 644 ff.; Schmidt-Aßmann, DVBl. 1987, 216 (218); Traeger, Städtebauliche Umlegung (1996), S. 49; Roller, Eigentum/Entschädigung, in: Roßnagel/ders., Beendigung der Kernenergienutzung (1998), S. 119. Auch in Kenntnis der neuen Rechtsprechung noch salvatorische Klauseln (teilweise) befürwortend siehe Dolde, Eigentumsdogmatik des BVerwG, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 310 f. (Anforderungen seien nur „verschärft“); Lege, UTR 2005, 7 (44); Rinne, NJW-Beilage 14/2002, II 3; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 54, wobei nun BVerfGE 100, 226 als „wohl a. A.“ betrachtet wird, siehe noch ohne Berücksichtigung dieser Entscheidung in der 5. A. 2000, Rn. 48. Weiterhin Hendler/Duikers, JURA 2005, 409 (415); Dirnberger, in: Eberl/Martin/Greipl, Bay. DSchG (2007), Art. 20, Rn. 8 („grundsätzlich […] rechtlich zulässig“), Rn. 12 (jedenfalls bei entsprechend „verfassungskonformer Auslegung“ und einer umsichtigen Verwaltungspraxis); Laskowski/Ziehm, Gewässerschutzrecht, in: Koch, Umweltrecht (2007), § 5, Rn. 100; vgl. auch Maaß/Schütte, Naturschutzrecht, ibid., § 7, Rn. 31. Nicht ganz deutlich Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 84 (S. 221, siehe auch S. 223), da er zugleich den „Primärrechtsschutz“ nach Maßgabe von BVerfGE 100, 226 befürwortet. Unentschlossen oder gegen die Annahme, dass mit diesem Beschluss sämtliche salvatorischen Klauseln für unzulässig erklärt wurden (zur a. A. siehe sogleich Fn. 395) Axer, DVBl. 1999, 1533 (1538, Fn. 80); Rinne, NVwZ 2000, 410 (411); Radke/Hermann, JA 2000, 18 (20); Külpmann, JuS 2000, 646 (650); Ehlers, JK 2000, GG Art. 14/41; Bull/Mehde, AVR (2005), Rn. 1216 sowie Rn. 1214, Fn. 63; Sachs, JuS 2000, 399 (401). Siehe auch R. Schmidt/ Kahl, UmweltR (2006), § 2, Rn. 26 einerseits und § 6, Rn. 56 andererseits; Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 VI3 d (S. 2255 f.); ferner pro und contra referierend Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 83 (befürwortend ibid. (= § 26), 12. A. 1999). Sachlich wie hier dagegen wohl Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 106. Wenn er nämlich salvatorische Klauseln „allenfalls ausnahmsweise“ zulässt, „sofern das Gesetz vorrangig andere Ausgleichsmöglichkeiten regelt und Vorschriften zum Verwaltungsverfahren trifft“ (Hervorhebung nicht im Original), so vertritt er ein anderes Begriffsverständnis; nach hier vertretener Ansicht könnte eine solche Regelung nicht mehr als „salvatorische Klausel“ im traditionellen Sinn bezeichnet werden (siehe dazu die beispielhafte Formulierung in Fn. 394). Bei Pohl, Besonderes Umweltrecht, in: Himmelmann/ders./Tünnesen-Harmes, Handbuch des Umweltrechts, B.7 (1994), Rn. 53 f. werden salvatorische Klauseln im Sinne der alten Eigentumsdogmatik behandelt. In jeder Beschränkung „bereits vorhandener Nutzungen“ durch eine Schutzgebietsausweisung wird ein „enteignender Charakter“ entdeckt, für den folglich eine Entschädigung aufgrund der (dem Art. 14 III 2 GG ihm zufolge genügenden) salvatorischen Klauseln des Naturschutzrechts zu zahlen sei. 393 BGHZ 133, 271 (274), Urt. v. 19.9.1996; 126, 379 (383 f.), Urt. v. 7.7.1994 m. w. N.; vgl. auch BGHZ 99, 24 (28 f.), Urt. v. 9.10.1986; BVerwGE 94, 1 (10 f.), VII, Urt. v. 24.6.1993. Auch BGHZ 146, 122 (137), Urt. v. 7.12.2000 bestätigt „,reine salvatorische Klausel[n]“, allerdings – mit Blick auf die Rückwirkungsproblematik gerichtlicher Entscheidungen? – nur für den Zeitraum vor der neuen durch das BVerfG angestoßenen Rechtslage.

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grundsätzlich noch zulässig erachteten sog. salvatorischen Klauseln394 vor Art. 14 GG – zu Recht – keinen Bestand haben können.395 Dies folgt nicht allein daraus, dass es den salvatorischen Klauseln an den vom BVerfG verlangten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen fehlt; insoweit sind die Möglichkeiten, vorrangige nicht-monetäre Ausgleichsformen zu normieren, bei Weitem nicht ausgeschöpft.396 Hendler397 geht nun zwar davon aus, dass das BVerfG über die Frage, ob und wieweit im Rahmen einer gesetzlichen, Geld gewährenden Ausgleichsregelung auch die näheren Voraussetzungen der finanziellen Kompensation festgelegt sein müssen, nicht

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Danach wird – so oder ähnlich formuliert – pauschal die Zahlung von „Entschädigung“ angeordnet, soweit Maßnahmen nach dem jeweiligen Gesetz „enteignende Wirkung“ haben. 395 Explizit die Unzulässigkeit salvatorischer Klauseln als Folge dieser Entscheidung des BVerfG begreifend etwa Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 76; Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 39; Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 250; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 467; Seidel, ZG 2002, 131 (145 ff.); Hammer, NVwZ 2000, 46 (46 f.); Mengel, Naturschutz, Grundeigentum (2004), S. 179 f.; Aust, Inhaltsbestimmungen, in: ders./Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung (2007), Rn. 462; Grote/Kraus, Fälle GrundR (2000), S. 235, in und bei Fn. 34 (Fall 14, B I 3 b cc (2)); zumindest im Ergebnis auch Stüer/Thorand, NJW 2000, 3737 (3741); Otting, BauR 2000, 514 (517), sowie Moench/Otting, NVwZ 2000, 515 (522); bezüglich „bloßer“ salvatorischer Klauseln so auch Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 100 a. Nicht ganz deutlich Sproll, in: Detterbeck/Windthorst/ders., StaatshaftungsR (2000), § 15, Rn. 36, wo die Zulässigkeit salvatorischer Klauseln nun nur noch für „unvorhergesehene Seitenfolgen eigentumsbeeinträchtigender Regelungen“ angenommen wird; siehe auch Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 30 (grundsätzlich). Deutlich insbesondere Papier, Eigentumsschutz, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2004/I, S. 109 (ein wenig zurückhaltender dagegen noch ders., Eigentum und Entschädigung, in: 50 Jahre BGH, Bd. III (2000), S. 885): „Die bestehenden salvatorischen Entschädigungsklauseln dürften allesamt als überholt und gegenstandslos anzusehen sein und werden derzeit in Bayern auch durchgehend aufgehoben. Künftig wird es also nicht mehr verfassungsrechtlich zulässig sein, erhebliche Eingriffe in das Eigentum zuzulassen und deren Rechtmäßigkeit pauschal mit salvatorischen Klauseln sicher zu stellen.“ Siehe auch Thesen 5 und 6 auf S. 110. Siehe ferner sachlich ablehnend zu salvatorischen Klauseln Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 844; Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, RN. 135 (siehe auch 1. A. 1996, Rn. 126); Klein, Eigentumsgarantie und Naturschutz (2002), S. 157 ff.; ferner Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 667 ff. m. w. N. Sofern einige die Klauseln noch für einen gewissen Übergangszeitraum akzeptieren wollten (vgl. zunächst so auch BVerwGE 84, 361 (367), Urt. v. 15.2.1990; ferner Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (234), vgl. auch Schlette, JuS 1996, 204 (207), anders im Sinne der die Zulässigkeit befürwortenden h. M. jedoch ders., JURA 1996, 428 (432 f.)), sollte dieser nunmehr wohl mittlerweile längst vorüber sein (so dann auch Ehlers, JK 2000, GG Art. 14/41; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 100 a; Mengel, Naturschutz, Grundeigentum (2004), S. 179). 396 Bei den vor 1981 entstandenen Regelungen sah der Gesetzgeber angesichts der damals h. M. schließlich auch keine ihm obliegende Verpflichtung, sich um die Auswirkungen seiner Inhalts- und Schrankenbestimmungen über den insoweit bequemen Erlass einer nicht näher konkretisierten salvatorischen Klausel hinaus zu kümmern. 397 DVBl. 1999, 1501 (1503 f.).

122

1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

entschieden habe (vgl. auch Walter Schmidt u. a.)398. Doch heißt es unter C II 2 b cc der Entscheidungsgründe, dass „der Gesetzgeber auf normativer Ebene mit der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums auch Voraussetzungen, Art und Umfang des Ausgleichs sonst unverhältnismäßiger Belastungen zu regeln hat.“399 Ob hiervon in einem neueren Kammerbeschluss partiell abgerückt wurde, mag hier dahinstehen.400 398

W. Schmidt, NJW 1999, 2847 (2849 f., 2847, Fn. 6). Die salvatorischen Klauseln möchte dieser als gesetzliche Normierung von Aufopferungstatbeständen, nicht aber als ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG verstanden wissen. Dabei geht er davon aus, dass dies nicht der Einordnung des BVerfG widerspräche, das sich seinerseits ja auch auf Gleichheitsgesichtspunkte gestützt habe. Weiterhin habe das BVerfG mit der Aufstellung seiner Anforderungen an salvatorische Klauseln diese für grundsätzlich zulässig erachtet. Demgegenüber ist festzuhalten, dass oben im Text als salvatorische Klauseln solche Regelungen verstanden werden, die sich an der früheren Rechtsprechung des BGH orientiert haben (vgl. so auch W. Schmidt, NJW 1999, 2847 (2849)) und weitgehend auf eine tatbestandliche Fixierung des zugesprochenen Ausgleichs verzichten. Auf diese Klauseln bezogen ist die Einschätzung W. Schmidts über die grundsätzliche Anerkennung durch das BVerfG kaum überzeugend. Vor allem werden salvatorische Klauseln an keiner Stelle der Ausführungen des BVerfG explizit als grundsätzlich mögliches Handlungsinstrument des Gesetzgebers eingestuft. Erwähnung findet der Ausdruck „salvatorische Klauseln“ lediglich zur Kennzeichnung des § 31 I 2 RhPfDenkmSchPflG (BVerfGE 100, 226 (246, 243), Beschl. v. 2.3.1999); diesen Begriff gerade nicht übernehmend heißt es dort schließlich, der Gesetzgeber könne unzumutbare Auswirkungen durch „Ausgleichsmaßnahmen“ mitunter verhindern; vgl. aber W. Schmidt, NJW 1999, 2847 (2850)). 399 BVerfGE 100, 226 (246), Beschl. v. 2.3.1999, Hervorhebung nicht im Original. Das „schon deshalb“ unter C II 2 c (S. 247), auf welches Hendler sich bezieht, schließt diese zur Erläuterung der Bindungen der Verwaltung herangezogene Formulierung mit ein. Hier sei noch darauf hingewiesen, dass die Anforderung einer möglichst genauen tatbestandlichen Fixierung aus dem dem Gesetzgeber zugeordneten Verfassungsauftrag aus Art. 14 I 2 GG gefolgert werden muss, nicht aber in erster Linie aus dem dem Rechtsstaatsprinzip zuzurechnenden Bestimmtheitsgebot (tendenziell a. A. Rüfner, Enteignungsbegriff, in: FS Boujong (1996), S. 646, 653; BVerwGE 94, 1 (10, vgl. aber auch 15), VII, Urt. v. 24.6.1993). Vgl. zuvor schon das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bei der Gestaltung der Eigentumsordnung betonend BVerfGE 37, 132 (142), Beschl. v. 23.4.1974. 400 Siehe BVerfG (3. K./I), NVwZ 2005, 1412 (1414 f.), Beschl. v. 6.9.2005: „Art. 14 I GG erfordert nicht, bereits auf der abstrakt-generellen Ebene einer Rechtsverordnung über eine finanzielle Entschädigung zu entscheiden.“ Der Grundsatz, dass der Eigentümer mit Blick auf seine Rechtsschutzmöglichkeiten wissen müsse, woran er sei (siehe dazu S. 117 bei und in Fn. 381), greife nicht, wenn er bei der später erfolgenden Verwaltungsentscheidung effektiv informiert werde. Siehe zustimmend hierzu beispielsweise Sellmann, NVwZ 2003, 1417 (1422 f.). Bei der Regelung der Voraussetzungen durch den Gesetzgeber, wie dies der Senat gefordert hat, geht es natürlich nicht um konkrete Entscheidungen, sodass sich die Kammer hierzu nicht in Widerspruch setzt. Allerdings hätte die Kammer genauer festhalten können, dass der Gesetzgeber – und sei es der Verordnungsgeber – von Verfassungs wegen zumindest das ihm Mögliche zu tun gehalten ist, hier also konkretere Maßstäbe für die Verwaltung vorzugeben und das Verhältnis der einzelnen Maßnahmen soweit tunlich zu klären (vgl. auch Kahl/Gärditz, ZUR 2006, 1 (8)). Eine isolierte salvatorische Bestimmung wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Vgl. allgemein zum Erfordernis möglichst genauer Vorgaben nur BVerfGE 58, 137 (146), Beschl. v. 14.7.1981; 52, 1 (41), Beschl. v. 12.6.1979, beide jeweils zitiert unten S. 386, bei

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

123

Durch die Rechtsfigur der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung wird im Besonderen401 die Frage nach der fortdauernden Bedeutung der sog. Schwellen-402 oder Enteignungstheorien403 aufgeworfen, mit denen die seinerzeit herrschende Eigentumsdogmatik sich mühte, die entschädigungslose Sozialbindung von der entschädigungspflichtigen Enteignung abzugrenzen.404 Eine nach damaligem

Fn. 107 sowie S. 386, Fn. 108. Vgl. auch kritisch zum Ergebnis der Kammerentscheidung Gärditz/Kahl, BayVBl. 2006, 255 (259 f.) bzw. zum zugrunde liegenden Urteil des BVerwG Hönes, NuR 2002, 324 (327). Die Kammer hatte hier allerdings auch nicht über einen Fall zu entscheiden, bei dem einzig eine salvatorische Klausel in Rede stand. Vielmehr standen vorrangige „wasserwirtschaftliche oder andere Maßnahmen“ zur realen Vermeidung der Beeinträchtigungen (S. 1414) zur Verfügung. Somit kann hier wohl keine abweichende Interpretation der Rechtsprechung des Senats gesehen werden, soweit es – wie bei der Senatsentscheidung – um blanke salvatorische Klauseln geht, die nicht Bestandteil einer Gesamtregelung sind, bei der der Gesetzgeber – soweit dies auf der abstrakt-generellen Ebene vernünftiger Weise möglich ist – weitere Maßnahmen vorsieht und deutlich wird, dass tatsächlich die reale Vermeidung von Belastungen Primärziel ist, die Verhältnismäßigkeit also nicht bloß erkauft wird. Siehe insoweit jedenfalls auch die deutliche Stellungnahme von Papier, Eigentumsschutz, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2004/I, S. 109, zitiert in Fn. 395. Siehe ferner Grzeszick, Eigentumsbeeinträchtigungen, in: Baldus/ ders./Wienhues, Staatshaftungsrecht (2007), Rn. 412 f. sowie dens., StaatshaftungsR, in: Erichsen/Ehlers, AVR (2006), § 44, Rn. 50 m. w. N. dazu, dass es bei dieser Fallgestaltung jedenfalls nur um den Sonderfall der Beschränkung des Eigentums durch Rechtsverordnung gehe. 401 Darüber hinaus bedarf es jedoch auch der Feststellung der Bedeutung der Schwellentheorien im Rahmen der allgemeinen Diskussion der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung, vgl. etwa in Befürwortung eines nicht unbeträchtlichen heuristischen Wertes bei Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (226); ähnlich Schmidt-Aßmann, Grundeigentum und Richterrecht, in: FS Heidelberg (1986), S. 118, und Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 150. Vgl. auch Kutschera, Bestandsschutz (1990), S. 128. 402 Begriff benutzt bei Lege, JZ 1994, 431; vorher schon Ossenbühl, StaatshaftungsR, 4. A. 1991, S. 154, ders., Aussprache, VVDStRL 51 (1992), 287, und nunmehr deutlich in der 5. A. 1998, 4 II 2 (S. 169 ff.), sowie ders., AöR 124 (1999), 1 (13, 15); Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 51; Papier, Eigentumsschutz, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2004/I, S. 103; Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 189; v. Münch, StaatsR II (2002), Rn. 702 f.; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 86, 262; Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 665; Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 118, 150 f.; Kube, JURA 1999, 465 (468, 473); ders., Eigentum an Naturgütern (1999), S. 77 ff.; Burmeister, Grundrechtsschutz des Eigentums, in: FS Leisner (1999), S. 663, Fn. 19; Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 361; Kraft, BayVBl. 1994, 97 (99), in Bezug auf den BGH. Vgl. auch die Benutzung des Begriffs „Schwelle“ bei Krohn, DVBl. 1986, 745 (747). 403 So die Bezeichnung etwa bei Böhmer, NJW 1988, 2561 (2567, 2569); Sproll, in: Detterbeck/Windthorst/ders., StaatshaftungsR (2000), § 15, Rn. 17; Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 833 (835); de Witt, DVBl. 1995, 107 (ebd.); Rüfner, Enteignungsbegriff, in: FS Boujong (1996), S. 648 (materielle Enteignungstheorien). 404 Vgl. die zusammenfassende Darstellung etwa bei Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 12 ff., und Ossenbühl, StaatshaftungsR (1998), 4 II 2 (S. 169 ff.).

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Verständnis „enteignende“ Wirkung405 einer Inhalts- und Schrankenbestimmung bezüglich gewisser Einzelfälle mag womöglich als Anhaltspunkt genutzt werden. Schließlich könnten hierdurch Bedenken genährt werden, ob nicht der Gesetzgeber die Abwägungsdirektive zugunsten der Eigentümerinteressen (Art. 14 I 1 GG) unzulässig missachtet hat, er also für derartige Ausnahmefälle (zumindest)406 in der Pflicht steht, eine Ausgleichsregelung zu erlassen.407 405

Die man deshalb durch richterrechtlich zugesprochene Entschädigung zu korrigieren suchte. 406 Sofern überhaupt dadurch die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden könnte, siehe zum Ausnahmecharakter soeben S. 115 bei Fn. 371. 407 Über eine bloß indizielle Bedeutung hinaus wird den Schwellentheorien vielfach entscheidende Bedeutung zugesprochen, vgl. etwa BayObLG BayVBl. 1999, 251 (252), II, Urteil v. 8.12.1998; Bonk, in: Sachs, GG (2007), Art. 34, Rn. 36; Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 74; Pasternak, Sozialbindung, in: Aust/Jacobs/ders., Die Enteignungsentschädigung (2007), Rn. 671 ff.; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 254; Kraft, BayVBl. 1994, 97 (100); Ossenbühl, Nutzungsbeschränkungen, in: FS Leisner (1999), S. 696; Pieroth/Bromm, NuR 1992, 372 (376); Rüfner, Enteignungsbegriff, in: FS Boujong (1996), S. 649 f.; Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amtsund Staatshaftungsrechts (2005); Rn. 349; Bleckmann, GrundR (1997), § 35, Rn. 67; Hoppe/ Spoerr, NVwZ 1999, 945 (947); Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 77, 85; vgl. m. w. N. Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 150, Fn. 279. Siehe für eine differenzierte Befürwortung etwa Papier, Eigentumsschutz, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2004/I, S. 103 ff.; dens., Eigentum und Entschädigung, in: 50 Jahre BGH, Bd. III (2000), S. 876; Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 81. Weitere Nachweise bei Kischel, JZ 2003, 604 (605). Vgl. ferner BVerwGE 94, 1 (10 f.), VII, Urt. v. 24.6.1993; OVG Münster NVwZ-RR 1998, 229 (231), X, Urt. v. 16.6.1997. BGHZ 105, 15 (18 ff.), Urt. v. 23.6.1988; 133, 271 (276), Urt. v. 19.9.1996; BayObLG BayVBl. 1999, 251 (252), II, Urt. v. 8.12.1998, beispielsweise ziehen die Schwellentheorien heran, um salvatorische Klauseln auszulegen; vgl. zur BGHRechtsprechung auch Rinne, NVwZ-Beilage 2/2000, S. 5. Siehe weiterhin noch Ossenbühl, AöR 1999, 1 (14 f.), der zwar die Schwellentheorien zur Unterscheidung zwischen Ausgleichsund Nichtausgleichspflicht heranziehen will, jedoch deutlich den Unterschied zwischen Entschädigung i. S. d. Art. 14 III GG und Ausgleich aufgrund von Verhältnismäßigkeitserwägungen herausstellt; andere wiederum sprechen davon, dass es durch die Schaffung der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung zu einer bloßen Problemverlagerung gekommen sei, so beispielsweise Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 214 m. w. N.; vgl. auch die Nachweise bei Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 150, Fn. 280. Geschieht die Heranziehung der Schwellentheorien in Überspielung der durch die neue Eigentumsdogmatik gewonnenen Erkenntnisse vor allem über die Vorrangstellung des Gesetzgebers (vgl. dazu Lege, JZ 1994, 431 (433)), wie dies in zahlreichen Stellungnahmen in scharfen Worten gerade der neueren Rechtsprechung des BGH (vgl. mit Nachweisen Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 261, Fn. 381) vorgeworfen wird, so ist eine so praktizierte Heranziehung mit Nachdruck abzulehnen. Schlette, JuS 1996, 204 (208), spricht insoweit davon, dass der BGH „alten Wein in neue Schläuche fülle“ und die „Entscheidung über den Inhalt des Entschädigungsanspruchs in genau demselben Maße usurpier[e] wie vorher“; ebenso Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 132 f., 281 f., der auf S. 134 ausführt, der „eigentumsgrundrechtliche Läuterungsprozeß [sei] insoweit noch längst nicht abgeschlossen“, vgl. ferner schon Lege, JZ 1994, 431 (434). Kritisch auch Bryde, in: v. Münch/ Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 100 a; Axer, DVBl. 1999, 1533 (1538); Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 54; Papier, Eigentumsschutz, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2004/I, S. 106 f.; detailliert Kischel, JZ 2003, 604 (607 ff.).

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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II. Objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ohne Eingriff in subjektive Rechte Sowohl Wirkungsweise als auch Wirkungskraft der Verhältnismäßigkeitsprüfung hängen entscheidend davon ab, ob sie als subjektiv-eingriffsbezogener Schutzmechanismus oder objektive Schranke gesetzgeberischen Handelns zu verstehen ist.408 Dabei geht es mit anderen Worten um die Frage, was die eigentliche Grundlage der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist: Die vom Einzelnen aus zu bestimmende Schmälerung seiner Eigentumsrechte oder aber eine allgemein-objektiv bestehende Verpflichtung zur verhältnismäßigen Gestaltung der Eigentumsordnung. Letztere bestünde dann ohne Rücksicht auf den „Eingriffscharakter“ von gesetzlichen Neuregelungen in schon bestehende subjektive Rechtsstellungen. Diese Qualifizierung als subjektiv-eingriffsbezogen oder objektiv-generell wirkend kann nicht ohne Folgen für die konkrete Prüfungsstruktur bleiben. So sind denn auch der Rechtsprechung des BVerfG Anhaltspunkte für eine zumindest implizite Positionierung in Bezug auf eben diese Fragestellung zu entnehmen. In der Literatur wird jedoch nachlässig mit dieser Thematik umgegangen.409 In der Flut der Äußerungen zu Art. 14 GG sind wenige sich damit näher auseinandersetzende Stellungnahmen auszumachen, die sich dieser Fragestellung explizit annehmen (und der Stoßrichtung des Gerichts entsprechend lösen).410 Indifferente Auffassungen, die Durch die Verwerfung salvatorischer Klauseln durch das BVerfG wird der fachgerichtlichen Rechtsprechung jedoch ohnehin eine wesentliche Grundlage für die entgegen Art. 14 I 2 GG bloß richterrechtliche Gestaltung der Eigentumsordnung entzogen. Siehe allerdings für die prinzipielle Zulassung auch von Richterrecht als eine Form der Eigentumsformung Bumke/ Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 235; Rinne, NJW-Beilage 14/2002, II 3; zur Gegenansicht siehe etwa Grzeszick, Eigentumsbeeinträchtigungen, in: Baldus/ders./Wienhues, Staatshaftungsrecht (2007), Rn. 418, dens., StaatshaftungsR, in: Erichsen/Ehlers, AVR (2006), § 44, Rn. 50 mit der Betonung des Parlamentsvorbehalts in diesem – auch für den Haushalt bedeutsamen – Zusammenhang. 408 Ebenso Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 77. 409 Zustimmend Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 95 f.; Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 209 sowie Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 95; ders., Auswirkungen des Hochwasserschutzgesetzes auf Raumordnungs- und Bauleitpläne (2007), S. 26 ff. unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 35 ff. 410 Siehe insoweit Thormann, Sozialbindung (1996); Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997); Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur (1983) sowie dazu jeweils die Belege später im Text. Siehe vor allem auch die Entfaltungen bei Schwerdtfeger, ÖffR (2008), Rn. 552 ff. sowie seit der 11. A. 2003 in Rn. 545 den ausdrücklichen dogmatischen Hinweis darauf, die „Heranziehung des Art. 14 GG“ nicht davon abhängig zu machen „ob ein ,Eingriff in die Bestandsgarantie des Art. 14 I 1 GG vorliegt“, was zu kurz griffe. Die Eigentumsgarantie steuere „den Gesetzgeber auch objektivrechtlich-institutionell, und das unabhängig von einem Eingriff, mit Richtung in die Zukunft“ (Hervorhebungen schon im Original). Nach hier vertretener Ansicht müsste man wohl deutlicher betonen, dass es insbesondere eben die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist, die nicht von einem Eingriff abhängt, denn die Anwendbarkeit der Institutsgarantie steht außer Frage. Auch wird einem die gegenteilige, den Eingriff voraussetzende Ansicht nicht nur bei der „Korrekturerfahrung“ begegnen (so Schwerdtfeger). Sie ist vielmehr – leider – im Schrifttum durchaus verbreitet.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Unter Bezugnahmen auf die hier vorgetragenen Überlegungen auch Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 209 sowie Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 95, ebenso ders., DVBl. 2006, 25 (31) jeweils mit Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 35 ff.; siehe auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 76 ff., im Rückgriff auch auf die drei zuletzt Genannten. Siehe auch Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 1 b (S. 2173), dazu näher unten S. 209 f., Fn. 746. Siehe ferner Epping/Lenz/ Leydecker, GrundR (2007), wo die Frage insbesondere in Rn. 416 f. aufgegriffen wird; vgl. auch die Darstellung bei Dolde, Eigentumsdogmatik des BVerwG, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 310, wo es nach Beschreibung des Abwägungsgebots knapp heißt: „Diese Ausformung des Eigentums durch den inhaltsbestimmenden Gesetzgeber prüft das BVerwG nach den gleichen Maßstäben wie die Beschränkung einer bestehenden Rechtsposition“ (Hervorhebung nicht im Original). Vgl. auch Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 214, der im Anschluss an Thormann, Sozialbindung (1996), S. 140, erkennt, dass Art. 14 I GG eine über die Institutsgarantie hinausgehende objektiv-rechtliche Funktion zukommt, diese Schutzgehalte allerdings m. E. zu Unrecht mit dem sog. verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff verknüpft (zu Letzterem oben ab S. 81). Zumindest teilweise wie hier auch ders., S. 229, S. 240. Arnold hingegen, auf welchen Fechner sich auch beruft (S. 229), stellt zwar in: Amtliche Werke im Urheberrecht, 1994, S. 44 ff., korrekt heraus, dass auch ohne Eingriff eine Verhältnismäßigkeitsprüfung stattzufinden habe, verknüpft diese objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung dabei allerdings mit der Institutsgarantie (siehe dazu unten S. 177). Eine (im Rückschluss zu Gliederungspunkt B II 1 seiner Ausführungen) eingriffsunabhängige Verhältnismäßigkeitsprüfung beschreibt des Weiteren knapp, aber prägnant auch Bumke, NJ 1999, 235 (236 f.), unter Hinweis auf die Verstärkung des Eigentumsschutzes durch den spezifischen Schutz der schon erworbenen Rechtspositionen (Fn. 19); siehe auch dens., Grundrechtsvorbehalt (1998), S. 187 ff. Anders als hier vertreten spricht er in seinem Aufsatz jedoch gleichwohl von einer „abwehrrechtlichen Schwäche“ der Eigentumsgarantie und lässt deshalb eine gewisse Sympathie für einige Ansätze Leisners und Eschenbachs erkennen (vgl. zur Bumke auch unten S. 378, Fn. 85). Siehe ferner Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 121 ff., allerdings anders als hier die verbleibende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers besonders betonend; ähnlich Wickel, Bestandsschutz (1996), S. 40 f.; Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 168 ff (in Beschreibung des Abwägungsgebots des BVerfG, das danach durch das Gericht – wie auch hier verstanden – mit Blick auf die Gestaltung in die Zukunft hinein trotz fehlenden Eingriffs angewandt werde; ferner wird ausdrücklich die begriffliche Anknüpfung an die Institutsgarantie abgelehnt). Siehe im Grundsatz auch Mengel, Naturschutz, Grundeigentum (2004), S. 132 f., S. 152 f. Weiterhin jeweils knapp auch Albrod, Entschädigungsbedürftigkeit nach Art. 14 I 1, 2 GG (1995), S. 70; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 32, Rn. 63 a. E.; Ibler, AcP 197 (1997), 565 (585); Papier, Eigentum in der Planung, in: FS Hoppe (2000), S. 220, allerdings dort als rechtsstaatlich und wohl nur mit geringer Wirkungskraft verstanden, obschon das Abwägungsgebot benannt wird. Siehe auch dens., in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 326, wo knapp das „Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung“ erwähnt wird, und zwar unter der Überschrift „Wahrung des objektiven Verfassungsrechts“ (zum Abwägungsgebot siehe indes näher schon Rn. 310 ff.). Vgl. auch Stimmen, die eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei bloßer Ausgestaltung befürworten, aber dabei auf die dahinter stehende Frage bzw. die dem entgegenstehenden Stimmen nicht eingehen, so etwa Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 6 f. Vgl. auch die Argumentation bei Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 290, 297, 303 ff, insbesondere Rn. 306, 320. Ab Rn. 324 wird dann die Prüfung von Grundrechtseingriffen anhand der Verhältnismäßigkeit beschrieben, ohne allerdings auch dies näher zu erläutern und mit bloßem Hinweis auf gewisse Zweifel bei einigen Literaturstimmen. Weshalb Inhalts- und Schrankenbestimmungen sowohl Eingriff als auch gestaltende Regelung sein sollen, findet keine Erklärung; die zeitliche Unterscheidung der Gesetze bei Pieroth/Schlink

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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dementsprechend auch die in der Rechtsprechung des BVerfG zumindest implizit getroffenen Differenzierungen nicht würdigen, sind dagegen die Regel.411 Die Nichtbeantwortung dieser Frage führt nicht lediglich zu einem erschwerten Verständnis vom Aufbau der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Zudem gewird als abweichende „differenzierende“ Ansicht gekennzeichnet. Siehe ferner Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 136 ff., insbesondere Rn. 144, allerdings auf Grundlage eines insgesamt abweichenden dogmatischen Verständnisses. Auf Grundlage der Prinzipientheorie nimmt er eine Abwägung auch dann an, wenn keine Eingriffe in bestehende Eigentumsrechte vorliegen. Für einen Teilbereich – die Bereitstellung einer funktionsfähigen Ordnung der Privaten untereinander (hinsichtlich Anteilseigentums), ohne dass besonders ins Gewicht fallende Allgemeinwohlinteressen erkennbar wären – siehe Schmidt-Aßmann, Aktieneigentum, in: FS Badura (2004), S. 1013 f. m. w. N. dazu, dass hier kein Eingriff erkennbar wäre, gleichwohl aber eine Abwägung zur gleichmäßigen Interessenberücksichtigung notwendig sei. 411 Es ist bemerkenswert, dass trotz der entscheidenden Bedeutung dieser Frage in den einschlägigen Lehrbüchern und Grundrechtskommentaren hierzu keine Stellungnahmen zu finden sind, siehe etwa Antoni, in: Hömig, GG (2007), Art. 14, Rn. 7, 12; Axer, in: Epping/ Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 15, 84 f., 88 – 97; Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 748; Berg, StaatsR (2007), Rn. 618, siehe auch dens. JuS 2005, 961 (965); Cremer, Eigentumsschutz, in: EMRK/GG (2006), Kap. 22, Rn. 69; Kimminich, in: BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 137 ff.; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 43 ff., 4 ff.; Manssen, GrundR (2007), Rn. 643; v. Münch, StaatsR II (2002), Rn. 695 f.; Schmalz, GrundR (2001), Rn. 913 f.; Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 28 ff.; Spallek, StaatsR (2006), S. 284 f. (allenfalls wäre ein Rückschluss möglich, da er zunächst die Verhältnismäßigkeit beschreibt, und danach erst zur Beschränkung von nach früherem Recht begründeten Befugnissen überleitet); Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 42 ff.; siehe auch Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, Rn. 42 (der allerdings davon ausgeht, Inhalts- und Schrankenbestimmungen seien nie Eingriff und apodiktisch feststellt, dass „nach heute unbestrittener Auffassung [sic!] […] der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit […] anwendbar“ sei; von diesem Standpunkt aus (niemals Eingriff) kann folgerichtig zwar keine Differenzierung mehr erfolgen; angesichts des Streits darüber, ob ohne Eingriff jedoch die Verhältnismäßigkeit geprüft werden kann – wie etwa von Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 139 ff. aufgezeigt –, hätte es aber insoweit einer Begründung bedurft). Ferner Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 38 ff.; Pieroth/ Schlink, GrundR (2007), Rn. 929 ff. (zu indirekten Rückschlüssen siehe indes unten den Abschnitt ab S. 152); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/ders./Hopfauf, GG (2008), Art. 14, Rn. 4, 36; 38 f.; vgl. weiterhin beispielsweise noch Jochum/Durner, JuS 2005, 320 (321 f.). Stellenweise wird zumindest erkannt, dass ein Problem bestehen mag, wenn und soweit kein Eingriff festgestellt werden kann. Das ist indes dann kaum hinreichend, wenn nicht herausgearbeitet wird, wie in diesen Konstellationen nun zu verfahren ist. Vgl. insoweit etwa Klein, Eigentumsgarantie und Naturschutz (2002), S. 105 ff. Auch bei Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 126 findet sich der Hinweis, „die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips [stoße] auf Schwierigkeiten“, weil Inhalts- und Schrankenbestimmungen keinen Eingriff darstellten. Dann heißt es in der folgenden Rn.: „Dessen ungeachtet prüft das Bundesverfassungsgericht aber regelmäßig Bestimmungen zur Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums sowohl auf ihre Geeignetheit als auch auf ihre Erforderlichkeit“. Es fehlt aber an einer näheren Erläuterung dazu, wie Wieland selbst mit diesem Problem umgehen möchte. Siehe ferner anders als hier vertreten, indes schon bedingt durch sein spezifisches Verständnis zur Unterscheidung von Inhalts- und von Schrankenbestimmungen, Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 57, danach gebe es aber eine Abwägung auch bei Inhaltsbestimmungen.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

lingt es ohne Ausführungen hierzu nicht, etwaige Zweifel an der Tragfähigkeit des dogmatischen Gesamtkonzepts der herrschenden Meinung zurückzuweisen.412 So ist es nicht verwunderlich, dass es diese Fragestellung ist, bei der Autoren ansetzen, die angetreten sind, das Versagen der herrschenden Eigentumsdoktrin nachzuweisen.413 Ihre prononcierten Stellungnahmen, mit denen eine strikte Eingriffsbezogenheit der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgetragen wird, werden als zentrales Argument herangezogen, die Ablehnung der herrschenden Meinung zu begründen, um dann darauf aufbauend ihre Alternativkonzeptionen entfalten zu können. Nach Darstellung der Rechtsprechung des BVerfG werden im Folgenden die Auffassungen dargestellt, die von einer eingriffsbezogenen Grundlage der Verhältnismäßigkeitsprüfung ausgehen. Bei der sich anschließenden Würdigung wird zu zeigen sein, dass Art. 14 GG als freiheitliches Grundrecht leer liefe, gelänge es nicht, die Verhältnismäßigkeitsprüfung414 als (zumindest auch) objektiv eingreifenden Kontrollmechanismus zu verstehen. In diesem Sinne ist mit dieser Problematik – darin ist der Kritik zuzustimmen – die Tragfähigkeit der Konzeption des BVerfG und der herrschenden Meinung insgesamt zu hinterfragen. 1. Zur Auffassung des BVerfG Will man den Ausführungen des BVerfG zur Frage nach der Wirkungsweise und Grundstruktur der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung gerecht werden, so kommt man nicht umhin, zunächst eine dort zumindest implizit unternommene Differenzierung nachzuvollziehen. Denn die Aussagen des Gerichts, die sich auf den Vertrauensschutz der einzelnen Rechtsträger hinsichtlich des Fortbestands ihres Eigentums beziehen,415 unterscheiden sich von denen zu den sonstigen oben416 beschriebenen Abwägungsdeterminanten. a) Zum sog. Abwägungsgebot In Bezug auf all jene sonstigen, nicht vertrauensschutzbezogenen Determinanten der Verhältnismäßigkeitsprüfung, die unter der Bezeichnung als eigentumsgrund-

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Dem zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 208 f. Siehe insbesondere Eschenbach, Eigentum (1996), Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), vgl. aber auch Depenheuer, etwa in: Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 156 f. 414 Zumindest als Verhältnismäßigkeitsprüfung im weiteren, „untechnischen“ Sinne, d. h. nicht notwendig in der sonst bekannten Strukturierung in Teilschritte (etwa Erforderlichkeit etc.). 415 Siehe dazu oben ab S.111. 416 Siehe dazu oben ab S.103. 413

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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rechtliches Abwägungsgebot zusammengefasst werden können,417 ist die Rechtsprechung des BVerfG nunmehr eindeutig: Das Gericht führt eine spezifische Form der Verhältnismäßigkeitsprüfung durch, ohne dass es darauf ankäme, ob subjektive Rechte in der Hand einzelner Grundrechtsträger tatsächlich betroffen sind.418 Bevor sich jedoch dieser ständigen Rechtsprechungspraxis näher zugewandt wird, soll zunächst ein Blick auf die Entwicklung dieses Abwägungsgebots und die zuvor übliche Vorgehensweise des BVerfG geworfen werden. Das Abwägungsgebot, wie es sich auch heute noch dem Betrachter darstellt, ist gekennzeichnet durch das besondere Spannungsverhältnis zwischen den beiden Antipoden des Art. 14 I 1 GG und des Art. 14 II GG. Dieses Spannungsverhältnis fand schon Eingang in den Beschluss zum niedersächsischen Deichgesetz, in dem es heißt: Der Gesetzgeber steht bei der Erfüllung des ihm in Art. 14 I 2 GG erteilten Auftrages, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, vor der Aufgabe, den Freiheitsraum des Einzelnen im Bereich der Eigentumsordnung und die Belange der Allgemeinheit in einen gerechten Ausgleich zu bringen. […] Die grundlegende Wertentscheidung der Verfassung im Sinne eines sozial gebundenen Privateigentums gebietet also, bei der Regelung des Eigentumsinhaltes die Belange der Gemeinschaft und die Individualinteressen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.419

417 Unter Rückgriff auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 37 so auch Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 117. Dabei bringt nach Heemeyer dieser Begriff – im Verhältnis zum am Eingriff ausgerichteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – die Besonderheit dieser Prüfung zum Ausdruck. Ebenso Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 83 und öfter. Dieser Ausdruck wird in Hinblick auf gerade diese Aussagen des BVerfG ferner verwandt etwa bei BGHZ 126, 379 (384), Urt. v. 7.7.1994; Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (226); Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 59; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 63 und öfter: „Gebot sachgerechter Abwägung“; ders., GG und Wirtschaftsordnung (1994), in: HdbVerfR, § 18, Rn. 84 f.; ders., NWVBl. 1990, 397 (401); Thormann, Sozialbindung (1996), S. 141; Richter/Schuppert, Casebook VerfR (3. A. 1996), S. 358; Kutschera, Bestandsschutz (1990), S. 106. Wenn nun im Folgenden die Bezeichnung „Abwägungsgebot“ verwandt wird, so geschieht dies nur zur vereinfachten Kennzeichnung dieser gerade wiedergegebenen spezifischen Rechtsprechungsaussagen zur Eigentumsgarantie mit einem eben auch in der Literatur verwendeten Ausdruck. Allerdings ist das so bestimmte, speziell auf Art. 14 GG bezogene Abwägungsgebot zu unterscheiden von der Begrifflichkeit, wie sie etwa bei Stern, StaatsR III/2 (1994), § 84 IV (S. 814 ff.) zu finden ist. Dieser versteht das „Abwägungsgebot“ als „überwölbende Vorstellung vom angemessenen Ausgleich“; zum Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vgl. dens., S. 818, 833 ff., sowie Hirschberg, Verhältnismäßigkeit (1981), S. 83 ff. Diese Bezeichnung scheint dem von Lerche (auf welchen Stern sich des Öfteren bezieht) gebrauchten Ausdruck der übergreifenden „Ausgleichsvorstellung“ zu entsprechen (so Lerche, in: Grundrechtsschranken (1992), HbStR V, § 122, Rn. 3 ff.). Weiterhin darf diese Bezeichnung nicht verwechselt werden mit verwaltungsrechtlichen Abwägungsgeboten, etwa dem planungsrechtlichen des § 1 VI BauGB. 418 Der hier nun folgenden Analyse zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 209. 419 BVerfGE 25, 112 (117 f.), Beschl. v. 15.1.1969.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Mit auch heute noch gebräuchlichen Formulierungen (beispielsweise: „Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weitergehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient“) werden dort ferner einige erste Konkretisierungen vorgenommen. Diese ersten Ausführungen haben jedoch nicht dazu geführt, dass in den folgenden Entscheidungen tatsächlich eine wirksame objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt wurde. Zwar stellte das Gericht nun Verhältnismäßigkeitserwägungen420 auch dann an, wenn es erwiesenermaßen nur um den zukunftsgerichteten Regelungsgehalt von Inhalts- und Schrankenbestimmungen (in der damaligen Diktion des BVerfG: die objektive Rechtsänderung) ging.421 Doch ordnete das Gericht diese Erwägungen teilweise der Institutsgarantie zu,422 obschon es gleichzeitig dieses Konstrukt nur als eine absolute und letzte Schranke verstanden wissen wollte.423 In anderen Fällen macht es die Prüfung an kaum handgreiflichen und wenig Schutz versprechenden Maßstäben fest.424

420 Vgl. die Abwägungen bei BVerfGE 31, 275 (285 ff., vgl. etwa S. 288 „Angemessenheit“), Beschl. v. 8.7.1971, wobei jedoch der Ausdruck „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ der Überprüfung des vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalts vorbehalten bleibt; ähnlich BVerfGE 31, 229 (etwa 244), Beschl. v. 7.7.1971, wo in der Sache eine Form der Verhältnismäßigkeitsprüfung einer gesetzlichen Regelung durchgeführt wird (allerdings unter der Bezeichnung „Institutsgarantie“); BVerfGE 31, 248 (250 ff.), Beschl. v. 7.7.1971; sehr knapp auch BVerfGE 36, 281 (292), Beschl. v. 15.1.1974. 421 Die Nichtbeeinträchtigung subjektiver Rechte von Grundrechtsträgern wurde explizit festgestellt bei BVerfGE 31, 248 (254), Beschl. v. 7.7.1971. Bei BVerfGE 31, 275 (285 ff.), Beschl. v. 8.7.1971; 36, 281 (291 ff.), Beschl. v. 15.1.1974, wird eine Überprüfung der rechtlichen Neuregelung unter ausdrücklicher Ausblendung der Beeinträchtigung schon bestehender Rechte vorgenommen (als sog. „Vorfrage“). Auch bei BVerfGE 31, 229 (243 f.), Beschl. v. 7.7.1971, wird zugestanden, dass die Neuregelung des Urheberrechts bezüglich des hier strittigen Sachverhalts nicht von der Vorgängerregelung zum Nachteil des Urhebers abweiche; somit konnten auch dort keine subjektiven Rechte der Alteigentümer am Urheberrecht durch die Neuregelung beschnitten sein. 422 So geschehen bei BVerfGE 31, 229 (240 f.), Beschl. v. 7.7.1971. 423 Siehe zum Verhältnis von Institutsgarantie und Abwägungsgebot ausführlich unten ab S. 200. 424 In BVerfGE 31, 275 (286), Beschl. v. 8.7.1971, sowie 36, 281 (292), Beschl. v. 15.1.1974, wird bezüglich des Prüfungsmaßstabs ausgeführt, es müsse gefragt werden, ob „grundlegende Prinzipien der Verfassung verkannt“ seien, in „sachfremder Weise“ vorgegangen werde oder Willkür Platz gegriffen habe. Bei BVerfGE 31, 248 (252), Beschl. v. 7.7.1971, heißt es schlicht, der Gesetzgeber habe „den grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie“ zu wahren. Diese in der Theorie aufgestellten, kaum wirksam erscheinenden Prüfungsmaßstäbe haben das BVerfG jedoch nicht gehindert, am konkreten Fall sehr wohl ernsthafte Verhältnismäßigkeitsabwägungen vorzunehmen. Augenscheinlich wird dies vor allem daran, dass Teile des reformierten Urheberrechts auch in ihrem zukunftsbezogenen Regelungsgehalt für verfassungswidrig erklärt wurden (BVerfGE 31, 229 (230, 243 ff.), Beschl. v. 7.7.1971), obwohl es doch sehr zweifelhaft ist, in dem bloß partiellen Vergütungsausschluss für Urheber eine willkürliche Maßnahme nach oben geschilderten Prüfungsmaßstäben zu erblicken (nach Maßgabe der heutigen Rechtsprechung und ihrem objektiven Abwägungsgebot ist das damalige Ergebnis jedoch ohne weiteres als zutreffend zu bezeichnen).

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Mit der endgültigen Ausformung des eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsgebots im heute noch geltenden Sinne seit dem Beschluss des I. Senats vom 23. 4. 1974 zum Wohnraumkündigungsschutzgesetz425 ist diese ältere Rechtsprechung jedoch überholt.426 Mit Recht wird – als eine Grundlage des Abwägungsgebots – vom BVerfG festgehalten, dass das Gestalten der zukünftigen Eigentumsordnung eine Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums i. S. d. Art. 14 I 2 GG ist.427 Unabhängig von der Frage, ob solch ein neues Gesetz auch zuvor schon erworbenes Eigentum in der Hand von Grundrechtsträgern beeinträchtigt, liegt hierin also eine Inhalts- und Schrankenbestimmung428 im Sinne der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie. Jedes Mal, wenn der Gesetzgeber den Inhalt des Eigentums bestimmt, bewegt er sich zwangsläufig im Spannungsfeld zwischen Eigentümerfreiheit (Art. 14 I 1 GG) und Sozialgebundenheit (Art. 14 II GG). Eben dieses Spannungsfeld ist nun gerade der Regelungsgegenstand des eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsgebots. Die Aussagen, die das BVerfG zum Abwägungsgebot getroffen hat, sind damit auch allgemeingültig auf jede Form der Inhalts- und Schrankenbestimmungen bezogen. Aus der Konzeption des BVerfG ergibt sich somit im Rückschluss, dass immer dann, wenn der Gesetzgeber von seiner Gestaltungbefugnis Gebrauch macht, dieses Handeln nach den vom Gericht postulierten Maßstäben auf seine Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen ist.429 Dass damit jede Inhalts- und Schrankenbestimmung daran zu messen ist, ob sie den durch die Abwägungsdirektiven der Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG gesteckten Rahmen nicht verlassen hat, wird vom BVerfG so auch in aller Deutlichkeit festgestellt. So heißt es im Anschluss an die Darstellung der detaillierten (!)430 Zielvorgaben zur Schaffung der grundgesetzlichen Eigentumsordnung 425 Veröffentlicht in BVerfGE 37, 132; dort auf S. 140 fand sich auch die prägnante Formulierung, es gebe ein „dialektisches Verhältnis“ zwischen verfassungsrechtlich garantierter Freiheit und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung (Letzteres ebenso noch bei Böhmer, BVerfGE 56, 249, 266 (275), abw. M. zum Urt. v. 10.3.1981). Darauf aufbauend ausführlicher dann BVerfGE 50, 290 (339 ff.), Urt. v. 1.3.1979. Wie hier als „grundlegend“ hinsichtlich des hier sog. Abwägungsgebots eingestuft wird der Beschluss vom 23.4.1974 auch von Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur (1983), S. 18, Fn. 82, sowie von Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 47, Fn. 162 und Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 251. 426 Zur Frage, inwieweit auch die Anknüpfung an die Institutsgarantie überholt ist, wie sie sich bei BVerfGE 31, 229 (240 f.), Beschl. v. 7.7.1971, findet, siehe unten ab S. 177. 427 Vgl. nur BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (799) ffi RdE 2000, 22 (23), Beschl. v. 25.8.1999: Die „Inhaltsbestimmung“ ist zunächst „auf die Normierung objektiv-rechtlicher Vorschriften gerichtet, die den Inhalt des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft in allgemeiner Form“ bestimmen; vgl. ferner BVerfG (1. K./I) NVwZ 1999, 979 (ebd.) ffi DÖV 1999, 777 (ebd.), Beschl. v. 22.2.1999. 428 Die Frage, ob terminologisch dann konsequenterweise zwischen Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung unterschieden werden muss, wird unten beantwortet, ab S.216. 429 Ebenso jetzt Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 80. 430 Wie eingangs schon festgestellt: Das hier sog. eigentumsgrundrechtliche Abwägungsgebot umfasst sämtliche (sic!) vom BVerfG herausgearbeiteten sachspezifischen Determi-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

nicht nur in BVerfGE 50, 290 (341)431 explizit: „Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn Eigentumsbindungen stets verhältnismäßig sein müssen (BVerfGE 8, 71 (80) m. w. N.; std. Rspr.).“432 Auf die subjektive Betroffenheit einzelner Eigentümer kommt es mithin nicht an.433 Auch die erst in der Zukunft wirkenden Regelungen sind der Überprüfung anhand des eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsgebotes zu unterziehen, obschon sie wegen dieses zukunftsgerichteten Regelungsgehalts konkretes, schon subjektiv-rechtlich erstarktes Eigentum nicht betreffen können.434 Das nanten der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeit mit Ausnahme der Beachtung des Vertrauens der Grundrechtsträger in den unbeeinträchtigten Fortbestand ihrer Rechte (siehe zur ebenfalls vorgenommenen Einbindung des Vertrauensschutzes in die Verhältnismäßigkeitsprüfung unten S. 150). Es handelt sich also keineswegs um eine Grobprüfung ohne praktische Wirksamkeit. 431 Urt. v. 1.3.1979. 432 So etwa auch BVerfGE 53, 257 (292), Urt. v. 28.2.1980; 58, 81 (114), Beschl. v. 1.7.1981; 70, 101 (111), Beschl. v. 4.6.1985; 87, 114 (138), Beschl. v. 23.9.1992. Explizit auch BVerfGE 52, 1 (29), Beschl. v. 12.6.1979, wo es im Anschluss an die Darstellung des Abwägungsgebots heißt: „Dem entspricht die Bindung des Gesetzgebers an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“; ebenso BVerfGE 72, 66 (78), Beschl. v. 12.3.1986; 79, 174 (198), Beschl. v. 30.11.1988. Vgl. ferner BVerfGE 100, 226 (240 f.), Beschl. v. 2.3.1999. Auch dort wird der Abwägungsvorgang mit dem „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ in Beziehung gesetzt (vgl. „dabei“ im vorangehenden Halbsatz). Siehe weiterhin BVerfGE 95, 48 (58), Beschl. v. 8.10.1996: Der Gesetzgeber „ist, wenn er von der Ermächtigung zur Inhalts- und Schrankenbestimmung Gebrauch macht, insbesondere an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, der ihn verpflichtet, die Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen“. Siehe auch BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997, wo sich direkt im Anschluss an die Betonung, dass bei dem Erlass von Inhalts- und Schrankenbestimmungen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten sei, folgende Sätze anschließen: „Der Gesetzgeber darf aber nicht nur nach Art. 14 I 2 GG Eigentumsrechten einen neuen Inhalt geben. Ebenso wie er neue Rechte einführen darf, kann er auch das Entstehen von Rechten, die nach bisherigem Recht möglich waren, für die Zukunft ausschließen“. Im Rückschluss daraus ergibt sich also die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch für den zukunftsgerichteten Regelungsgehalt der Inhalts- und Schrankenbestimmungen. Anders dagegen wohl die Einschätzung bei Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 82, der betont, der „Begriff des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes“ tauche in „rein zukünftige Eigentumsausgestaltungen betreffenden“ Entscheidungen „bezeichnenderweise nicht auf“. 433 Vgl. insoweit wie hier Thormann, Sozialbindung (1996), S. 139 f. (unter Berufung auf Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, 4. A. 1992, Art. 14, Rn. 32); siehe ferner dort in Abgrenzung zu eng gefassten „begrifflich unsauberen“ Formulierungen aus dem Schrifttum (bezogen auf Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (226), und Schoch, JURA 1989, 113 (119)), wonach die Abwägung nur zwischen der Institutsgarantie und Art. 14 II GG stattfinde, obwohl „die objektiv-rechtliche Funktion des Art. 14 I 1 GG […] auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts […] ganz offensichtlich über die sog. Institutsgarantie“ hinausgehe. Siehe zum Verhältnis der Abwägung zur Institutsgarantie näher unten ab S. 177. 434 Im Vorgriff auf das sogleich zum Vertrauensschutz Auszuführende sei hier noch angemerkt, dass dem Gericht die Möglichkeit sehr wohl bekannt ist, die Verhältnismäßigkeitsprüfung in Abhängigkeit zum Eingriff in subjektive Rechtsstellungen zu setzen, gleichwohl im Zusammenhang mit dem Abwägungsgebot solche Aussagen in den allermeisten Fällen (was angesichts der sonstigen ausdrücklichen Aussagen ausreicht, um nachzuweisen, dass der Ein-

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Abwägungsgebot zeigt sich somit als objektive und damit durchgängig bei jeder Form der Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG zu beachtende verfassungsrechtliche Schranke.435 Eine Analyse der einschlägigen Entscheidungen des BVerfG bestätigt die soeben dargestellten theoretischen Grundsätze des Gerichts. Das BVerfG wendet die Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe konkret auch dann an, wenn eine Beeinträchtigung subjektiver Rechte der Grundrechtsträger nicht vorliegt. In BVerfGE 70, 191 (205 ff.)436 wird zunächst437 eine detaillierte objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung der Neuregelung des nordrhein-westfälischen Fischereirechts vorgenommen.438 Dass es hierbei nur um den zukünftigen objektiven Regelungsgehalt der Inhalts- und Schrankenbestimmungen ging, ergibt sich schon daraus, dass im Anschluss daran439 „der Eingriff in die konkrete Eigentumsposition der Fischereiberechtigten“ einer eigenständigen eigentumsgrundrechtlichen, nun aber eingriffsbezogenen Verhältnismäßigkeitskontrolle unterzogen wird. Ebenso wird in BVerfGE 71, 137 (143 f., 144 ff.)440 zum niedersächsischen Fischereigesetz verfahren, wobei die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit des zukunftsgerichteten Regelungsgehalts der gesetzlichen Neuregelungen der Eigentumsordnung als „Vorfrage“ verstanden wird. Dieses Verständnis zeigt sich auch anhand BVerfGE 71, 230441 zum sozialen Mietrecht. Nach Darstellung des eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsgebots442, folgen hier detaillierte Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit des zukunftsgerichteten Regelungsgehalts. Dass die Überprüfung des vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalts der Inhalts- und Schrankenbestimmung443 daraufhin systemwidrig444 anhand der rechtsstaatlichen Maßstäbe zur sog. „unechten Rückwirkung“ vorgenommen wurde, ändert nichts daran, dass sich hieraus im Rückschluss ergibt,445 dass die vorangegangene Überprüfung anhand des Abwägungsgebots allein objektiv-zukunftsbezogen ausgerichtet gewesen ist. Gleiches gilt für BVerfGE 79, 29446, wo eine Abwägung ohne erkennbaren griff jedenfalls keine zwingende Voraussetzung nach Auffassung des BVerfG ist) nicht getroffen werden. 435 Ebenso unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 40 ff., Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 98. 436 Beschl. v. 19.6.1985. 437 Nach einer allgemeinen Beschreibung der Eigentumsdogmatik des Gerichts unter C I 3 a sowie einer Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Fischereirechts unter C I 3 b. 438 Unter C I 3 c, S. 205 ff. 439 Unter C I 3 d, S. 209 ff. 440 Beschl. v. 6.11.1985. 441 Beschl. v. 4.12.1985. 442 B I 1, S. 246 f. 443 B II, S. 251 ff. 444 Vgl. dazu ausführlich im Text S. 140 ff. 445 Vgl. allerdings S. 136, Fn. 467 zum Prüfungsaufbau des BVerfG bei gewissen Sonderkonstellationen. 446 Beschl. v. 11.10.1988.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Eingriffsbezug447 durchgeführt wird, bevor dann448 vergangenheitsbezogen der Vertrauensschutz an den Maßstäben der rechtsstaatlichen Rückwirkung gemessen wird. Ein solches Vorgehen findet sich ferner in BVerfGE 95, 64449, wo450 objektiv die Wahrung eines „ausgewogenen Verhältnisses“ zwischen Eigentümerinteressen und den Interessen „bedürftiger Bevölkerungsschichten“ als Allgemeinwohlbelang im Sinne des Art. 14 II GG überprüft wird. Dann451 wird eingriffsbezogen der Vertrauensschutz an den Maßstäben der rechtsstaatlichen Rückwirkung gemessen. Ebenso nimmt das Gericht in seinem Urteil zum sog. Restitutionsausschluss452 zunächst allgemein die Abwägung „zwischen dem Wiedergutmachungsinteresse der Alteigentümer und dem Vertrauensschutzinteresse der Erwerber“ vor. Erst daran anschließend kontrolliert es die konkrete Beeinträchtigung der Neuerwerber anhand der rechtsstaatlichen Maßstäbe.453 Noch viele weitere Entscheidungen können benannt werden, in denen das Abwägungsgebot ohne (erkennbare) Eingriffsbezogenheit angewandt wird.454 Teilweise verwendet das BVerfG dabei über die Bezugnahme auf die oben genannten spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Strukturmerkmale (Freiheitsbezug, sozialer Bezug, sachspezifische Realfaktoren etc.455) hinaus auch die Struktur des klassischen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.456 Weiterhin ist auf diejenigen Entscheidungen hinzuweisen, bei denen zwar nicht auch eine Beeinträchtigung schon bestehender subjektiver Rechte in der Hand von Grundrechtsträgern ausgeschlossen werden kann, diese jedoch bei der konkreten Abwägung jedenfalls in keiner Weise Beachtung fanden. Dies gilt es insofern hervor447

Unter C II 2 (S. 41 ff.). Unter C III (S. 45 ff.). 449 Beschl. v. 15.10.1996. 450 Unter C III 1 (S. 84 ff.). 451 Unter C III 2 (S. 86 ff.). 452 BVerfGE 101, 239 (260), Urt. v. 23.11.1999. 453 S. 262 ff. 454 BVerfGE 98, 378 (387 f.: Verhältnismäßigkeit bezogen auf die Zukunft; 388 ff.: Prüfung des Vertrauensschutzes), Beschl. v. 24.3.1998; 79, 283 (289 f.), Urt. v. 14.2.1989; 79, 292 (302 f., vgl. auch 303 ff.), Urt. v. 14.2.1989; 81, 12 (17 ff.), Beschl. v. 3.10.1989; 81, 29 (32 f.), Beschl. v. 3.10.1989; 81, 208 (220 f.), Beschl. v. 23.1.1990; BVerfG (3. K./II) NJW 1990, 1229 (1229 f.), Beschl. v. 19.1.1989; BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 3559 (ebd.), Beschl. v. 9.4.1998. Vgl. darüber hinaus zum Pflichtexemplarbeschluss (BVerfGE 58, 137, Beschl. v. 14.7.1981) S. 173 f. sowie dazu die Qualifizierung als objektive Prüfung von Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 141; vgl. allgemein zu diesem Beschluss auch S. 378. 455 Siehe ab S. 103. 456 Siehe so beispielsweise BVerfGE 98, 378 (387 f.), Beschl. v. 24.3.1998. Diese Vorgehensweise des Gerichts lässt sich insbesondere dann feststellen, wenn es explizit zwischen Verhältnismäßigkeit sowie Vertrauensschutz trennt. In diesen Fällen wird nur bei letzterem Gesichtspunkt der eigentliche Eingriff in die Rechtspositionen der Alteigentümer geprüft. Die Verhältnismäßigkeit dagegen ist zukunftsbezogen und zieht nur allgemein die nachteiligen Wirkungen für Eigentümer als Ansatzpunkt der Verhältnismäßigkeitsprüfung heran. 448

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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zuheben, als sich das BVerfG spätestens seit BVerfGE 31, 275457 der Möglichkeit der Beeinträchtigung subjektiver Rechte durch Inhalts- und Schrankenbestimmungen sehr wohl bewusst ist458 und dieses Schweigen somit hier zum „beredten Schweigen“ wird.459 Überdies ist noch das Augenmerk auf den Nassauskiesungsbeschluss zu richten. Bevor das Gericht dort460 eingriffsbezogen die Beeinträchtigung konkreter Eigentumsrechte durch die Neuregelung eine Prüfung unterzieht, wird zunächst objektiv und ohne jeden Eingriffsbezug die allgemeine eigentumsgrundrechtliche Zulässigkeit der Regelung der Wasserwirtschaft durch das WHG durchleuchtet.461 Allerdings steht zunächst die Institutsgarantie im Mittelpunkt der Betrachtungen des BVerfG.462 Im Anschluss an die Ausführungen zur Institutsgarantie, aber noch immer bezogen auf den zukunftsgerichteten Regelungsgehalt, zieht das Gericht dann aber in aller 457

Beschl. v. 8.7.1971. Zur diesbezüglichen Rechtsprechung näher sogleich sogleich im Abschnitt beginnend ab S. 138. Siehe weiterhin ausführlicher zur Frage nach dem Eingriff in subjektive Rechte durch „Inhalts- und Schrankenbestimmungen“ auch mit Blick auf die Rechtsprechung des BVerfG unten ab S. 216. 459 In diesem Sinne sind hier beispielsweise zu nennen BVerfGE 79, 174 (192 ff., 198 ff.), Beschl. v. 30.11.1988; 87, 114 (139 ff.), Beschl. v. 23.9.1992; 100, 289 (302 ff.), Beschl. v. 27.4.1999. Vgl. auch BVerfGE 50, 290 (343 ff., siehe etwa 348 f.), Urt. v. 1.3.1979, wo es – insoweit zukunftsgerichtet – um die Frage nach der eigentumsgrundrechtlichen Zulässigkeit einer „Organisationsmaßnahme sozialordnender Art“ (S. 350) geht, obwohl sich die Prüfung der Verhältnismäßigkeit stark am Vergleich der zuvor bestehenden Rechtslage mit der nunmehr geschaffenen ausrichtet (Frage nach der „Struktur- oder Substanzveränderung des Anteilseigentums“, vgl. etwa S. 346). Direkte Eingriffsformulierungen fehlen jedenfalls, es ist insoweit allein von „Beschränkungen“ die Rede, vgl. vor allem S. 350 f. Verhältnismäßigkeitserwägungen trotz fehlenden Eingriffscharakters auch bei BVerfGE 31, 275 (285 ff., vgl. etwa S. 288 „Angemessenheit“), Beschl. v. 8.7.1971; 31, 229 (244), Beschl. v. 7.7.1971; 31, 248 (254, 250 ff.), Beschl. v. 7.7.1971. Zu den Besonderheiten dieser älteren Rechtsprechung siehe jedoch oben im Text ab S. 129. 460 BVerfGE 58, 300 (348 ff.), Beschl. v. 15.7.1981, unter dem Gliederungspunkt D. 461 S. 338 ff. unter C III; dort eingangs auch kurze explizite Erwähnung des Abwägungsgebots zwischen Art. 14 I 1 und II GG. 462 S. 339 ff. Diese Prüfung der Institutsgarantie ist ungewöhnlich. Zu beachten ist insoweit zweierlei. Das Gericht sieht das Wasserrecht als einen schon seit jeher vom bürgerlich-rechtlichen Eigentum am Grundstück losgelösten Rechtskreis an (siehe S. 332 ff.; vgl. allerdings auch BVerfGE 10, 89 (113), Urt. v. 29.7.1959, wo noch undifferenziert von einer „Befugnis des Grundeigentümers, ohne wasserrechtliche Verleihung über das Grundwasser zu verfügen“, gesprochen wurde). Im Hinblick auf die u. U. notwendige Zuordnung einer Nutzung zu einem schon bestehenden Eigentumsrecht durch eine gesetzliche Neuregelung (vgl. die Fragestellung S. 345) scheint ein Rückgriff auf die Institutsgarantie nahezuliegen (zur Tauglichkeit der Institutsgarantie als Leistungsrecht vgl. Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 332 ff. m. w. N.). Vor allem aber erscheint die Abtrennung einer Nutzungsform von den dem Grundstückseigentümer zustehenden Befugnissen als eine in der Handlungsform so schwergewichtige Beeinträchtigung, dass der Rückgriff auf die Institutsgarantie hier eher als angebracht erscheinen mag. 458

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Ausdrücklichkeit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit heran.463 Auch im immer wieder debattierten Nassauskiesungsbeschluss findet sich also eine objektive Verhältnismäßigkeitskontrolle ohne Eingriffsbezug. Diese Rechtsprechung des BVerfG zur objektiven Abwägung ist seit dem 23.4.1974464 fest etabliert.465 Sofern in den hier benannten Entscheidungen teilweise auch die alte Rechtslage mit der neu gestalteten Eigentumsordnung verglichen wurde, ergibt sich insoweit nichts hinsichtlich einer spezifisch subjektiven Anbindung einer solchen Überprüfung.466 Sicherlich wären deutlichere Positionierungen des BVerfG im Hinblick auf die Unbeachtlichkeit des Eingriffs in subjektive Rechte wünschenswert gewesen.467 Gerade das Fehlen deutlicherer Worte des BVerfG wird dazu beige-

463 S. 346 ff., allerdings ohne dabei den Bezug zu den sonst herangezogenen Determinanten des Abwägungsgebots herzustellen, siehe zu diesen S. 103 ff. 464 Siehe zur diesbezüglichen Bedeutung von BVerfGE 37, 132 oben S. 131 in und bei Fn. 425. 465 Zum in der Diktion abweichenden Beschluss BVerfG (1. K./I), 1 BvR 1864/95, Beschl. v. 10.5.2000, siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 42 f. 466 Der Gesetzgeber i. S. d. Art. 14 I 2 GG arbeitet schließlich nicht im luftleeren Raum, sondern bewegt sich im Einflussbereich einer durchgestalteten einfachrechtlichen, auch objektiv fassbaren Eigentumsordnung. Überzeugend führt Jestaedt, Grundrechtsentfaltung (1999), S. 28, aus, dass der Gesetzgeber nicht „zur normativen creatio ex nihilo verdammt“ sei, zur „Inszenierung des normativen Urknalls“. Selbstredend kann die frühere (die eigentumsgrundrechtlichen Vorgaben bis zum Neuerlass konkretisierende) objektive Gestaltung der Eigentumsordnung trotz ihrer grundsätzlichen Disponibilität mit Indizwirkung (zumindest aber als eine Art „Anschauungsmaterial“) herangezogen werden, um das Abwägungsgebot des Art. 14 GG fassbarer zu machen (bei geplanten eigentümernachteiligen Regelungen im Zusammenhang mit der Abwägungsdirektive aus Art. 14 I 1 GG). Insoweit überzeugend auch Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 63 a, der jedoch anders als hier vorgetragen davon ausgeht, es könne auch hinsichtlich des vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalts der Inhalts- und Schrankenbestimmungen nur die alte Rechtslage, nicht aber das konkret begründete Eigentum in die Verhältnismäßigkeitserwägungen miteinbezogen werden. Siehe gegen eine solche Argumentation unten S. 221, Fn. 798. Der objektive Ansatzpunkt des Abwägungsgebots wird also nicht dadurch geleugnet, dass der Blick unter anderem auch auf die zuvor bestehende objektive Rechtslage gerichtet wird: Vergangenheitsbetrachtung heißt eben nicht zwangsläufig Eingriffsbezogenheit. 467 So auch Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 98. Über das Fehlen deutlicherer Worte hinaus könnte der Beschluss vom 15.7.1987 (BVerfGE 76, 220) zu Irritationen Anlass geben. Dort nimmt das Gericht – zumindest seiner Wortwahl nach – eine eingriffsorientierte Verhältnismäßigkeitsprüfung einer gesetzlichen Regelung vor (B I 3, S. 238 ff.), um anschließend ein weiteres Mal eingriffsorientiert das Vertrauen der Beschwerdeführer „auf den Fortbestand der sie begünstigenden Rechtslage“ in eine Abwägung einzubringen (B I 4, S. 244 ff.). Doch liegt dieser insoweit eigenartige, zweifach auf einen Eingriff bezogene Prüfungsaufbau wohl darin begründet, dass das Gericht sich hier allein auf den Prüfungsgegenstand in Form einer Überleitungsvorschrift (die schließlich denknotwendig einen Eingriff voraussetzt) konzentrierte. Insoweit ähnlich BVerfGE 70, 101 (111 f.), Beschl. v. 4.6.1985, wo nach einer bloß kursorischen Überprüfung des zukunftsgerichteten Regelungsgehalts (S. 111: „ersichtlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken“) gewisse Bestimmungen in zwei Prüfungsabschnitten (S. 111 ff., speziell auf das Vertrauen bezogen S. 114 f.) kontrolliert wurden. Jedes Mal war

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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tragen haben, dass in der Literatur die eminent wichtige Frage nach dem subjektiven oder objektiven Ansatzpunkt der Verhältnismäßigkeitsprüfung keinen angemessenen Widerhall gefunden hat und dass vielfach Erklärungsmodelle zu finden sind, die sich mit dieser Auffassung des BVerfG nicht vereinbaren lassen – ohne dass dieser Widerspruch thematisiert wird.468 jedoch diese Überprüfung auf einen Eingriff in bestehende, eigentumsgrundrechtlich geschützte Anwartschaften bezogen. Vgl. aus jüngerer Zeit auch BVerfGE 114, 1 (38, 41), Urt. v. 26.7.2005. Dort werden zunächst als Verankerung der Überprüfung anhand der Eigentumsgarantie objektive Schutzpflichten bemüht (dazu etwa 33 f.; siehe auch das Urt. v. gleichen Tag, E 114, 73 (89) „objektive Schutzaufträge“). Bei dieser Formulierung des BVerfG geht es allerdings nicht darum, über den Terminus des objektiven Schutzauftrags eine alternative Begründung dafür zu finden, dass auch zukunftsbezogen eine Überprüfung stattfinden muss. Vielmehr scheint das Gericht hiermit die Besonderheit zu betonen, dass es vordringlich „nur“ um den Interessenausgleich zwischen Privaten geht, ohne dass ein darüber hinaus gehendes öffentliches Interesse im Vordergrund stünde (vgl. insoweit allgemein auch Schmidt-Aßmann, Aktieneigentum, in: FS Badura (2004), S. 1013 f.; vgl. ferner zum grundrechtlichen Schutzauftrag zur Gewährung von Privatautnomie Badura, Privatautonome Selbstbestimmung, in: FS Schmidt (2006), S. 344 f.; siehe kritisch zur Heranziehung der Schutzpflichtenkonstruktion Sachs, Grundrechtliche Schutzpflichten, in: FS Schmidt, ibid., S. 393 ff.). Jedenfalls scheint – im Gegenteil – bei den eingangs erwähnten Passagen ein besonderes Bemühen darum erkennbar, die Zuordnung konkret betroffener Positionen zum Schutzbereich zu begründen (und zwar als eine Art „werdendes Eigentum“, dazu näher S. 264, Fn. 138; vgl. allgemein auch Sachs, ibid., S. 393, der davon ausgeht, fragwürdige Inhalte dieser Entscheidung könnten „aus der Verlegenheit resultieren, dass sich ein Grundrechtseingriff nicht feststellen ließ“). Es ist jedoch angesichts der zukunftsbezogenen Abwägung nicht notwendig, zwanghaft eine subjektiv schon zu Eigentum erstarkte bzw. erstarkende Position im konkreten Fall nachzuweisen. Die Überprüfung anhand der eigentumsgrundrechtlichen Maßstäbe gelingt grundsätzlich auch ohne einen solchen Nachweis – und zwar über die Institutsgarantie hinaus (a. A. – wenn überhaupt, dann darauf beschränkt – Sachs, ibid, S. 396 (siehe allerdings auch S. 397 bei Fn. 46; inwieweit für den hier maßgeblichen Bereich (Versicherungsrecht) indes der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeit Vorgaben zu entnehmen sind, sei dahingestellt; siehe insoweit überzeugende Bedenken gegen eine Überformung der Privatautonomie bei Sachs, ibid.). Bauplanungsrecht beispielsweise ist anhand der Eigentumsgarantie objektiv zu überprüfen, ohne dass es nötig wäre, einen Eingriff des neuen Rechts in subjektive Positionen oder auch nur in im Entstehen begriffene subjektive Positionen festzustellen. Man mag diese Rechtsprechung allerdings womöglich insoweit rechtfertigen, als bei öffentlich-rechtlichen Positionen der Eigentumsschutz insgesamt – auch aufgrund des nicht immer einfach anzuwendenden Kriteriums der eigenen Leistung – auf unsichererem Fundament steht. Insoweit mag es Bereiche geben, die – anders als etwa das Bauplanungsrecht mit Blick auf das Grundeigentum – so entfernt von subjektivem Eigentum sind, dass es auch keine objektive Kontrolle anhand des Art. 14 GG zu geben braucht (keine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen, siehe dazu oben ab S. 52). Festzuhalten aber bleibt, dass das BVerfG in so bislang noch nicht vorzufindender Deutlichkeit von objektiven Prüfungen bei Art. 14 GG spricht, die sich nicht in der Institutsgarantie erschöpfen. 468 An dieser Stelle sei noch auf eine Folgeproblematik hingewiesen, die sich erst mit Blick auf den objektiven Ansatz der Verhältnismäßigkeitskontrolle erschließt. Die geläufige Abgrenzung zwischen Eigentumsgarantie und Berufsfreiheit, die sich in der Faustformel ausdrückt, Art. 14 I 1 GG schütze das Erworbene, Art. 12 I GG dagegen den Erwerb (so beispielsweise BVerfGE 88, 366 (377), Beschl. v. 25.5.1993; zur Herkunft vgl. Seer, FR 1999, 1280 (1283 bei Fn. 52) sowie Lerche, Berufs- und Eigentumsfreiheit, in: FS Schmidt (2006),

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

b) Verhältnismäßigkeit und Vertrauensschutz aa) Eigentumsspezifische Rechtsprechungskonzeption Vertrauen ist naturgemäß personal an den betroffenen Grundrechtsträger gebunden. Anders als bei den Fallkonstellationen des Abwägungsgebots ist diesbezüglich ein subjektiv-rechtlicher Anknüpfungspunkt zwingend immer vorhanden. Denn die Frage nach Vertrauensschutz stellt sich nur unter der Voraussetzung, dass zuvor schon begründetes Eigentum beschränkt werden soll. Und so finden sich denn seit BVerfGE 31, 275469 auch in der Rechtsprechung des BVerfG Aussagen, die die Gewährung des S. 379), umfasst nämlich nicht das ganze Feld möglicher Überschneidungen beider Grundrechte. Bezüglich des konkreten Schutzguts der Eigentumsgarantie behält diese Abgrenzungsformel (funktionell gesehen) zwar ihre volle Berechtigung. Betrachtet man ein konkretes Schutzanliegen eines Grundrechtsträgers, so kann er sich in der Tat allein hinsichtlich des auf Grundlage von Eigentumsgesetzen schon Erworbenen auf Art. 14 I 1 GG berufenen, bloße Erwerbschancen sind insoweit nicht geschützt (siehe die Nachweise unten S. 172, Fn. 599), allein Art. 12 GG mag hier eingreifen. Doch entfaltet die Eigentumsgarantie ihre Schutzwirkungen eben nicht bloß im Sinne der subjektiven Rechtsstellungsgarantie; entscheidende Bedeutung kommt vielmehr den eigentumsgrundrechtlichen Grenzen zu, die dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber i. S. d. Art. 14 I 2 GG gestellt sind. Ein Gesetz ist dabei – nach der oben im Text herausgestellten überzeugenden Auffassung des BVerfG (zur Begründung vgl. unten S. 171 ff.) – nicht erst dann anhand der Eigentumsgarantie zu überprüfen, wenn es tatsächlich bestehendes Eigentum beeinträchtigt, sondern immer dann, wenn es verfassungsautonom (dazu oben ab S. 52) als Inhaltsbestimmung zu qualifizieren ist. Insoweit kann ein Gesetz, auch wenn es im Zeitpunkt seines Erlasses Rechtswirkungen allein für die Zukunft, d. h. für spätere Erwerbschancen nach sich zieht, wegen seiner objektiven Wirkungen gleichzeitig als Inhaltsbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG als auch als ein die Berufsfreiheit tangierendes Gesetz qualifiziert werden. Grundsätzlich besteht deshalb – was Lerche, ibid., S. 379 f. wohl übersieht – ein weiter Überschneidungsbereich. Der Frage, ob und inwieweit es in solchen Fällen näherer Abgrenzungen bedarf, kann im Rahmen dieser Ausführungen jedoch nicht näher nachgegangen werden. Insoweit ist es jedenfalls dogmatisch überzeugend, wenn – wie mit dem Raucherurteil geschehen – nicht auf die Unterscheidung Erwerb/zu Erwerbendes, sondern stattdessen allgemein-thematisch auf den Schwerpunkt der Maßnahme abgestellt wird, siehe BVerfG NJW 2008, 2409 (2410), Urt. v. 30.7.2008, siehe insoweit auch – eingehend – Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 72 ff. Zur Rechtsfolge der Abgrenzung (Idealkonkurrenz? Verdrängung?) siehe Lerche, ibid., S. 377 ff. 469 Beschluss vom 8.7.1971 zum Urheberrecht, wie hier als erste einschlägige Entscheidung qualifiziert bei Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 64; vgl. auch Eschenbach, Eigentum (1996), S. 450; von Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 170, als Leitentscheidung zum besonderen Typus der Inhaltsbestimmung durch Umgestaltung bezeichnet. Vgl. ferner etwa Rupp-v. Brünneck, BVerfGE 32, 111, 129 (143), abw. M. zum Beschl. v. 20.10.1971, BVerfGE 36, 281 (292), Beschl. v. 15.1.1974; 42, 263 (294), Urt. v. 8.7.1976; 58, 81 (114 ff.), Beschl. v. 1.7.1981; 70, 101 (111), Beschl. v. 4.6.1985; 71, 1 (13), Beschl. v. 9.10.1985; vom Ausgangspunkt ebenso von einem Eingriff ausgehend Niemeyer/ Heußner, BVerfGE 71, 1, 17 (18 ff.), abw. M. zum Beschl. v. 9.10.1985; BVerfGE 72, 9 (22 ff.), Beschl. v. 12.2.1986; 74, 203 (214 ff.), Beschl. v. 10.2.1987; 75, 78 (96 ff.), Beschl. v. 8.4.1987; 83, 201 (211 ff.), Beschl. v. 9.1.1991; 92, 365 (406 f.), Urt. v. 4.7.1995; BVerfG (1. K./I) ZIP 1999, 532 (533) ffi DB 1999, 575 (ebd.), Beschl. v. 27.1.1999.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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eigentumsspezifischen Vertrauensschutzes an eine eingriffsbezogene, das subjektivrechtliche „Alt“eigentum zum Ausgangspunkt nehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung knüpfen. Exemplarisch soll dies am Beschluss zum bergrechtlichen Vorkaufsrecht470 aufgezeigt werden. Dort heißt es: Voraussetzung der Zulässigkeit eines Eingriffs in bestehende Rechtspositionen durch eine gesetzliche Neuregelung ist zunächst, dass die Neuregelung als solche, unabhängig von der Frage der Beseitigung oder Einschränkung bestehender Rechtspositionen verfassungsmäßig ist (vgl. BVerfGE 31, 275 (285); 58, 300 (338) m. w. N.). Der Eingriff in die nach früherem Recht entstandenen Rechte muss darüber hinaus durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein (BVerfGE 31, 275 (285); 70, 191 (201 f.) m. w. N.). Die Gründe des öffentlichen Interesses, die für einen solchen Eingriff sprechen, müssen so schwerwiegend sei, dass sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts […].

Wenn das Gericht bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung eines Gesetzes im Vertrauensschutz einen Problemschwerpunkt erkennt, geht es also von einer zweigeteilten Prüfung471 aus. Zunächst soll die grundsätzliche Zulässigkeit der neuen Inhalts- und Schrankenbestimmung anhand der allgemeinen Kriterien gemessen werden; in Anbetracht seiner objektiven Wirkungsweise ist vorrangiges Prüfungsinstrument das oben beschriebene Abwägungsgebot. Dem darüber hinaus festgestellten Eingriff in die Altrechte will das BVerfG dadurch gerecht werden, dass es der darauf bezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung einen eigenständigen Stellenwert beimisst. Der konkrete „Eingriff“472 in die subjektiv-rechtlich zum Zeitpunkt vor dem Neuerlass473 zugeordneten Eigentumsrechte wird zum maßgeblichen Bezugspunkt.474 470

BVerfGE 83, 201 (212 f.), Beschl. v. 9.1.1991. Siehe ferner BVerfGE 31, 275 (285 ff., 289 ff.), Beschl. v. 8.7.1971; 36, 281 (292 ff.), Beschl. v. 15.1.1974; 70, 191 (205 ff., 209 ff.), Beschl. v. 19.6.1985; 71, 137 (143 f., 144 ff.), Beschl. v. 6.11.1985, unter erneuter Heranziehung der Formulierung, die Prüfung des zukunftsgerichteten Regelungsgehalts sei eine „Vorfrage“ für die Beurteilung der eigentlich angegriffenen Überleitungsvorschrift; BVerfGE 71, 230 (S. 247 ff., 251 ff.), Beschl. v. 4.12.1985. Ein dezidiert zweigeteilter Prüfungsaufbau findet sich auch im Nassauskiesungsbeschluss, indem unter C III (BVerfGE 58, 300 (338 ff.), Beschl. v. 15.7.1981) die Bestimmungen des WHG zunächst nur in Bezug auf ihre zukünftige Wirkung untersucht werden, bevor dann unter D (S. 348 ff.) die vergangenheitsbezogene, dem Vertrauensschutz dienende verfassungsrechtliche Kontrolle durchgeführt wird. Wegen Offensichtlichkeit einer fehlenden Verletzung des objektiven Abwägungsgebots verkürztes zweigeteiltes Prüfungsschema auch bei BVerfGE 70, 101 (110 ff.), Beschl. v. 4.6.1985; 72, 9 (22 ff.), Beschl. v. 12.2.1986; 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997; siehe auch BVerfGE 58, 81 (121), Beschl. v. 1.7.1981. 472 Ausdrücklich heißt es in BVerfGE 76, 220 (245), Beschl. v. 15.7.1987: „Die Eigentumsgarantie erfüllt […] für die durch sie geschützten Rechtspositionen die Funktion des Vertrauensschutzes gegenüber Eingriffsakten.“ (Hervorhebung nicht im Original), vgl. ähnlich auch BVerfGE 75, 78 (105), Beschl. v. 8.4.1987; 45, 142 II (168), Beschl. v. 8.6.1977; 31, 275 (289 und öfter), Beschl. v. 8.7.1971. 471

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

bb) Rückbezug zum rechtsstaatlichen Vertrauensschutz – (unbemerkt gebliebener) Neuansatz durch BVerfGE 95, 64? Vertrauensschutz ist kein Spezifikum des Art. 14 GG, sondern darüber hinaus nach herrschender Meinung auch Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips.475 Gleichwohl fanden die allgemeinen Grundsätze zur Frage nach der echten und unechten Rückwirkung,476 die das BVerfG in ständiger Rechtsprechung in Ausdifferenzierung dieses rechtsstaatlichen Gebots entwickelt hatte, im Bereich der Eigentumsgarantie grundsätzlich477 keine Erwähnung. Der eigentumsspezifische Vertrauensschutz wurde nämlich als eigenständige478 und auch weitergreifende479 Ausprägung der bloß all473

BVerfGE 31, 275 (283 f.), Beschl. v. 8.7.1971. Vgl. beispielsweise BVerfGE 117, 272 (299), Beschl. v. 27.2.2007. Dort wird konkret die Belastung der Betroffenen eingangs festgestellt, um daran anknüpfend die Frage nach der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu beantworten. 475 Vgl. nur Sachs, in: ders., GG (2007), Art. 20, Rn. 122 i. V. m. 131 ff. m. w. N.; Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 163, 507 f., allerdings kritisch zur Frage der Beziehung bzw. Abgrenzung zum vom Rechtsstaatsprinzip umfassten Gebot der Rechtssicherheit. 476 Vgl. auch dazu nur Sachs, in: ders., GG (2007), Art. 20, Rn. 132 ff. m. w. N. auch zur abweichenden Terminologie des II. Senats; zur Kritik vgl. ferner die Darstellung und Nachweise bei Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 168 ff. 477 Zu den Ausnahmen vgl. sogleich bei und in Fn. 481 sowie ab S. 145. 478 BVerfGE 36, 281 (293), Beschl. v. 15.1.1974; 45, 142 II (168), Beschl. v. 8.6.1977; 58, 81 (120 f.), Beschl. v. 1.7.1981; 64, 87 (104), Beschl. v. 10.5.1983; 70, 101 (114), Beschl. v. 4.6.1985; 71, 1 (12), Beschl. v. 9.10.1985; 75, 78 (105), Beschl. v. 8.4.1987, 76, 220 (244 f.), Beschl. v. 15.7.1987 m. w. N. auf die stRspr. Siehe ferner Appel, DVBl. 2005, 340 (343, Fn. 31 sowie 345, Fn. 58 mit Nachweisen u. a. auf einige Kammerbeschlüsse neueren Datums (nach der sogleich aufzuzeigenden Rechtsprechungswende). 479 In BVerfGE 53, 257 (294), Urt. v. 28.2.1980, heißt es in aller Deutlichkeit (allerdings ohne die Umsetzung des so in der Theorie Erkannten im direkten Anschluss hieran aufzuzeigen): „Sowohl für den Gesetzgeber als auch für die rechtsprechende Gewalt bietet Art. 14 I GG konkretere und deutlicher konturierte Maßstäbe einer verfassungsrechtlichen Beurteilung als der Rückgriff auf allgemeine Grundsätze der Verfassung, so daß seine Anwendung nicht nur ein höheres Maß an Schutz, sondern auch an Rechtsgewißheit gewährleistet“ (m. w. N.). Dem vergleichbar heißt es in BVerfGE 58, 81 (121), Beschl. v. 1.7.1981, die Eigentumsgarantie gehe über den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz und die ausdrücklich angesprochene Ausdifferenzierung für die Fälle der unechten Rückwirkung hinaus. Siehe ferner etwa schon BVerfGE 31, 275 (293), Beschl. v. 8.7.1971. Vgl. so auch die Bestandsaufnahme der Rechtsprechung bei Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 171, Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 64; Malinka, Leistung und Verfassung (2000), S. 49; Bieback, Sozialleistungen (1997), S. 9, 24; Engel, Planungssicherheit (1992), S. 93 (als stRspr. bezeichnet bei eigener abweichender Auffassung); Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 181; Kirchhof, Geldeigentum, in: FS Leisner (1999), S. 652; v. Brünneck, JZ 1990, 992 (995); Sieckmann, Eigentumsschutz (1998), S. 239. A. A. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 (VII) (Bearb. 2006), Rn. 92; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 20, Rn. 74; Art. 14 Rn. 47. Beide gehen davon aus, dass sich die sachlichen Anforderungen durch die Anknüpfung an Art. 14 GG nicht wesentlich verändern; ähnlich Ossenbühl, JZ 1998, 679 (680), angesichts der immer „weichen“ Maßstäbe einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Unabhängig von der sachlichen Richtigkeit wird von dieser Gegenansicht die Positionierung des BVerfG insoweit nicht zur Kenntnis genommen, die aus474

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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gemeinen, rechtsstaatlichen Grundsätze verstanden. Daraus folgerte das Gericht ein Spezialitätsverhältnis. Nur wenn der Schutzbereich des Art. 14 GG nicht einschlägig sei, kämen für die Prüfung die verfassungsrechtlichen Maßstäbe in Betracht, welche die Rechtsprechung des BVerfG zur unechten Rückwirkung entwickelt hat, also für die Fälle, in denen eine Norm auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für diese Zukunft einwirkt und damit die betroffenen Rechtsposition nachträglich entwertet.480 drücklich bei der Bildung der Maßstäbe als auch bei der Praktizierung anders vorgeht. Es geht insoweit nicht nicht um eine Einzelmeinung (Grzeszick und Jarass verweisen soweit nur auf die „a. A.“ von Appel), sondern eine jahrzehntelange stRspr. des BVerfG. Vgl. indes für den zu entscheidenden Einzelfall relativierend BVerfGE 64, 87, Beschl. v. 10.5.1983. Dort ließ das Gericht offen, ob das Unterlassen einer Rentenanpassung in Anbetracht der einer echten Kürzung ähnelnden Wirkung dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie (ebenso wie die Gestaltung der gesetzlichen Versicherungsrenten selbst und den Anwartschaften auf sie, dazu BVerfGE 53, 257 (290 ff.), Urt. v. 28.2.1980) unterfällt (S. 97 f.). Deshalb stellte es alternativ fest, dass das gesetzliche Vorhaben weder gegen die eigentumsspezifischen Ausprägungen des Vertrauensschutzes (S. 101 ff.; dies übersehen Rüfner, JZ 1983, 755 und Pieroth, JZ 1984, 971 (974)), noch gegen die allgemeinen aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Anforderungen verstieße (S. 103 ff., die dortigen Ausführungen lassen sich jedoch ebenso auf die eigentumsspezifische Prüfung beziehen, vgl. sogleich). Bei der dort unternommenen konkreten Prüfung ließen sich Unterschiede im Wirkungsgrad jedoch nicht feststellen, da bloß in insoweit nivellierender Allgemeinheit (in der Sache ebenfalls kaum eigentumsspezifisch BVerfGE 71, 1 (12 ff.), Beschl. v. 9.10.1985) festgestellt wurde, dass zum einen dem Vertrauen der Rentner auf stets unveränderte Fortgeltung des Altrechts hier „keine erhebliche Bedeutung“ (S. 105) zukommen könne und das öffentliche Interesse am Ausgleich der aufgetretenen Finanzlücken jedenfalls überwiege (S. 106). Vgl. hierzu auch Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 65, der darauf hinweist, dass die Gleichstellung im Ergebnis möglicherweise auf sozialversicherungsrechtliche Fälle beschränkt gesehen werden müsse. Weiterhin weist er überzeugend Rüfner, JZ 1983, 755 zurück, der davon ausgeht, das BVerfG überprüfe den Vertrauensschutz nur außerhalb der eigentumsspezifischen verfassungsrechtlichen Schranken, während das Gericht hier im Gegenteil den Vertrauensschutz einzig innerhalb der eigentumsgrundrechtlichen Schutzmechanismen überprüft wissen will, sofern ein Recht dem Eigentumsbegriff des Art. 14 I 1 GG unterfällt. 480 BVerfGE 64, 87 (104), Beschl. v. 10.5.1983, Hervorhebung nicht im Original, unter Verweis auf die dort aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsprüfung in BVerfGE 51, 356 (362 m. w. N.), Beschl. v. 26.6.1979. Vgl. ferner BVerfGE 36, 281 (293: „keine selbständige Bedeutung“ des allgemeinen Vertrauensgrundsatzes), Beschl. v. 15.1.1974; 58, 81 (121), Beschl. v. 1.7.1981; 76, 220 (244: „allein Art. 14 GG Prüfungsmaßstab“), Beschl. v. 15.7.1987. Nach zwischenzeitlich anderen Tendenzen geht das Gericht seit BVerfGE 31, 275 (293), Beschl. v. 8.7.1971, von einer lex specialis-Annahme aus, vgl. weitere Nachweise bei Pieroth, Rückwirkung (1981), S. 70, Fn. 160 f.; dort auch ausführliche Rechtsprechungsanalyse (und Einteilung in zwei Phasen, die der jetzigen vorangingen) der bis dahin veröffentlichten Entscheidungen auf den S. 68 ff. Auch der II. Senat geht von einem Spezialitätsverhältnis aus, vgl. BVerfGE 45, 142 II (168), Beschl. v. 8.6.1977. Siehe ferner die ausführlichen Nachweise bei Pieroth, JZ 1990, 279 (281 f.), auf die neuere Rechtsprechung des BVerfG, sofern dieses die Einschlägigkeit des Schutzbereichs des Art. 14 GG abgelehnt hatte und deshalb die verfassungsrechtlichen Grenzen der unechten Rückwirkung heranzog sowie weitere Nachweise auf Entscheidungen, in denen das Spezialitätsprinzip angewendet wurde. Das strenge Spezialitätsverhältnis nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG (zumindest für den Bereich der unechten Rückwirkung) betont auch Papier, Alterssicherung, in: FS

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Allerdings ist von Pieroth mit Recht darauf hingewiesen worden, dass zwei Entscheidungen des BVerfG mit diesem explizit getroffenen dogmatischen Bekenntnis zum Spezialitätsverhältnis schlichtweg nicht vereinbar sind.481 In direktem Widerspruch zur eben wiedergegebenen482 Auffassung wird bei diesen Entscheidungen nach der Feststellung, dass die jeweils angegriffene gesetzliche Regelung nach Maßgabe der Überprüfung gemäß Art. 14 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, eine Kontrolle anhand der Grundsätze zur (echten und) unechten Rückwirkung vorgenommen. Angesichts der dabei gänzlich fehlenden Auseinandersetzung mit der konkurrierenden Verortung in Art. 14 GG können diese beiden Entscheidungen gleichwohl kaum anders als „Ausreißer“ gewertet werden, die für die Judikatur nicht prägend sind. Im Übrigen sei hier noch darauf hingewiesen, dass die Frage nach dem Spezialitätsverhältnis wenig expliziten Widerhall im Schrifttum gefunden hat. Gleichwohl wurde sie aber der Sache nach so stark rezipiert, dass man – soweit er-

Leisner (1999), S. 732 (vgl. zu Papier selbst sogleich Fn. 484); des Weiteren Ossenbühl, AöR 1999, 1 (36, 38). Siehe ferner Muckel, Vertrauensschutz (1989), S. 64 ff., mit einer ausdrücklichen Begründung der Susidiarität des bloß allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips gegenüber den Grundrechten, insbesondere Art. 14 GG. Auch Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 170 f., betont die nach Auffassung des BVerfG bestehende Spezialität, vgl. auch Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 64, der die Rechtsprechung des BVerfG so zusammenfasst, dass hiernach Art. 14 GG „lex specialis gegenüber dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes“ sei (vgl. auch dens., Rn. 44, zu Parallelen im Bereich der Rechtsprechung zu Art. 12 GG), was dazu führe, dass der Argumentationstopos „Vertrauensschutz“ in der Verhältnismäßigkeitsprüfung aufginge oder mitunter sogar gänzlich beiseite liegen gelassen werde (ders., m. w. N. in Fn. 129). Die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses wird von Maurer im Übrigen auch selbst befürwortet (Rn. 48, 50), ebenso Pieroth, JZ 1990, 279 (283); Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (229); Klein, Eigentumsgarantie und Naturschutz (2002), S. 113 f.; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 463; Roller, Eigentum/Entschädigung, in: Roßnagel/ders., Beendigung der Kernenergienutzung (1998), S. 107, bezeichnet das Spezialitätsverhältnis als allgemeine Auffassung. Die Kritik von Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 172 f., an der grundsätzlichen Annahme der Spezialität aller Grundrechte vor dem Rechtsstaatsprinzip beruht auf der von ihr vermissten Feststellbarkeit spezifischerer Maßstäbe, die aus den Grundrechten für die Fragestellung der Rückwirkung entnommen werden könnten (deshalb bestünde ein Verhältnis der Parallelität). Diese Kritik lässt sich deshalb aber wohl nicht ohne weiteres auch auf Art. 14 GG übertragen, dem aufgrund seiner spezifischen Funktion eben doch speziellere Anforderungen entnommen werden können. 481 Pieroth, JZ 1990, 279 (282), unter Verweis auf BVerfGE 71, 230 (251), Beschl. v. 4.12.1985; 79, 29 (45), Beschl. v. 11.10.1988. Darüber hinaus nennt Pieroth noch BVerfGE 70, 101 (114), Beschl. v. 4.6.1985. Dort greift die – abgetrennte – Prüfung zwar auch auf Argumentationstopoi aus den allgemeinen Rückwirkungsgrundsätzen zurück, doch wird die Eigenständigkeit der Vertrauensschutzprüfung bei Art. 14 GG i. S. d. sonstigen Rechtsprechung betont. Vor allem findet die Bezeichnung „(un)echte Rückwirkung“ keine Verwendung. Vgl. allerdings noch Sieckmann, Eigentumsschutz (1998), S. 239, wonach möglicherweise das BVerfG eine „unterschiedliche Prüfung in verschiedenen Bereichen von Eigentumsrechten“ vollziehe. 482 Eine Auffassung, die über das Lippenbekenntnis hinaus so auch ständig praktiziert wurde.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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sichtlich –483 zumindest in aktuelleren Darstellungen nach Erörterungen über „unechte Rückwirkungen“ im Zusammenhang mit Art. 14 GG zumeist vergeblich sucht.484 483 Siehe insoweit allerdings Degenhart, Klausurenkurs StaatsR (2007), Rn. 321 ff., sowie wiederholend Rn. 341, ferner ders., StaatsR I (2007), Rn. 374, der die allgemeinen Grundsätze zur Rückwirkung anwendet, ohne dabei allgemein auf die Bedeutung des Vertrauensschutzes für Art. 14 GG bzw. speziell auf die dazu vorliegende Rechtsprechung des BVerfG oder das einschlägige Schrifttum einzugehen. Dies mag allerdings dadurch bedingt sein, dass er erstmalig anlässlich BVerfGE 95, 64, Beschl. v. 15.10.1996 das Verhältnis zwischen Rückwirkungsverbot und Art. 14 GG überhaupt thematisierte (vgl. insoweit dens., StaatsR I etwa in der 10. A. 1994, Rn. 311 hierzu nichts, dann aber nach dieser Entscheidung in der 14. A. 1998 (Rn. 311) und folgend (nunmehr in Rn. 374)). Mit dieser Entscheidung – siehe sogleich – vollführte das BVerfG indes eine Rechtsprechungswende. Jedenfalls ist gerade diese Entscheidung (einzig) maßgeblich für seine Darstellung. „BVerfGE 95, 64, 86“ (= EuGRZ 1997, 67, 72) dient ihm als Beleg dafür, dass das Rückwirkungsverbot – gestützt auf Art. 14 I GG – geprüft werden solle, wobei gleichzeitig von einem „sachgerechten Ausgleich zwischen Eigentümerinteresse und Sozialpflichtigkeit“ die Rede ist, der aber wohl vor dem Eingehen „auf das Rückwirkungsverbot“ zu prüfen sein soll, das Rückwirkungsverbot selbst also nicht sonderlich modifiziert (insoweit parallel zu dieser Entscheidung des BVerfG). Für eine Heranziehung der allgemeinen Rechtsprechungsgrundsätze zur echten und unechten Rückwirkung plädierte teilweise auch Papier, zumindest in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 1994), Rn. 318, unter Verweisen, die sich ausschließlich auf alte Rechtsprechung bis zum 36. Entscheidungsband beziehen oder von der abweichenden, nicht eigentumsbezogenen Namensgebung des II. Senats zur Rückwirkungsproblematik handeln; neuere Zitate (darunter auch BVerfGE 71, 230, Beschl. v. 4.12.1985, dazu soeben Fn. 481) folgen erst im Zusammenhang mit der allgemeinen Frage nach der Notwendigkeit von Überleitungsregeln. Auch in der Neubearbeitung aus 2002 (Rn. 327) findet sich der Verweis auf die Rückwirkungsrechtsprechung, nunmehr sind im Austausch gegen ältere Entscheidungen auch BVerfGE „95, S. 64 (82); 98, S. 17 (39); 101, S. 239 (263 ff.), st. Rspr.“ genannt. Neu eingefügt ist jedoch im Haupttext der Verweis, wonach das Verbot „eigenständig in Art. 14 verankert (vgl. nur Papier, SGb 1994, S. 105 (108 ff.) m. w. N.)“ sei. Im zuletzt genannten Aufsatz nun sind in aller Klarheit sachangemessen „verfassungsrechtliche Probleme von Übergangsrecht“ – so der Titel des Vortrages – dargelegt, siehe insoweit schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 47, auch zu Ekey, Verminderung von Eigentümerrechten (1988), S. 276 ff. und Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 230. Papier übt in dieser ausführlichen Abhandlung zunächst allgemeine Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG zur Rückwirkungsproblematik (107 f.), die darin mündet, dass der Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung nur „symptomatisch-indizielle Aussagekraft“ zukommen könne und der Vertrauensschutz von der „strikten Ankoppelung an die Rückwirkungsbegriffe vorsichtig zu lösen und auf eine eher materielle Basis zu stellen“ sei. Dem entspräche es, den Vertrauensschutz „den thematisch betroffenen Grundrechten“, insbesondere Art. 14 GG, zu entnehmen. Der solchermaßen geforderten Zuordnung zu den Spezialgrundrechten komme nicht nur „methodisch-systematische Bedeutung“ zu. Vielmehr führe sie zu „nicht unerheblichen sachlichen Auswirkungen“, was sich bei Art. 14 GG etwa an einer Verstärkung des Vertrauensschutzes im Vergleich zur Rechtsprechung zur unechten Rückwirkung und einer differenzierteren Betrachtungsweise zeige (S. 108). Bei der Darstellung zur „Eigentumsgarantie im besonderen“ (S. 109 f.) wird dementsprechend die Unterscheidung nach echter und unechter Rückwirkung nicht mehr herangezogen. Diese letztgenannte Rechtsauffassung hat Papier zudem bei seinem Beitrag Alterssicherung, in: FS Leisner (1999), S. 730 ff. (insbesondere S. 732) aufgegriffen. 484 Vgl. Berg, JuS 2005, 961 (965); dens., StaatsR (2007), Rn. 157; Cremer, Eigentumsschutz, in: EMRK/GG (2006), Kap. 22, Rn. 69; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Vertrauensschutz wird dort einzig eigentumsspezifisch ohne Rückgriff auf die allgemeinen rechtsstaatlichen Ausprägungen dieses Prinzips behandelt. Die Frage nach dem Rückbezug zur allgemeinen Vertrauensschutzdogmatik kann dementsprechend als nicht nur grundsätzlich vom BVerfG, sondern auch als von der herrschenden Lehre in Richtung einer ausschließlich bereichsspezifischen Verortung in Art. 14 GG beantwortet gesehen werden.485

(2005), Art. 14, Rn. 228 – 230; dens., in: Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 209 ff.; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 463; Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 180 ff.; Hofmann, in: SchmidtBleibtreu/ders./Hopfauf, GG (2008), Art. 14, Rn. 5; Kimminich, in: BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 144; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 43, 49; v. Münch, StaatsR II (2002), Rn. 697 f.; Koch/Rubel/Heselhaus, AVR (2003), VI, Rn. 103; Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 32 (allerdings ohne konkrete Benennung der Maßstäbe, jedoch Verweis auf Depenheuer und auf BVerfGE 58, 81 (121), wo jeweils der Vorrang benannt wird); Spallek, StaatsR (2006), S. 285 f.; Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 122 („spezifische Ausprägung“ des Vertrauensschutzprinzips); Antoni, in: Hömig, GG (2007), Art. 14, Rn. 7, 9, 12; Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 VI 3 c (S. 2250 f.); Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 250 f.; Lieder, ThürVBl. 2004, 53 (55); Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 54 f.; vgl. auch Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 40, vgl. ferner Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 74; wohl auch Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 38. Schwer einzuordnen Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002). Bei Art. 14, Rn. 341 spricht er zwar – in Anführungszeichen gesetzt – von „unechter Rückwirkung“, beschreibt indes nicht die danach geltenden Grundsätze. Vielmehr beschreibt er unter dem Stichwort „Reform- und Überleitungsrecht“ dann nur die nicht auf die rechtsstaatlichen Grundsätze zurückgreifende Rechtsprechung des BVerfG (Rn. 355 ff.) und erwähnt dort dann auch das Spezialitätsverhältnis (Rn. 361, ohne dort die abweichende Rechtsprechung zu benennen). In Rn. 366 heißt es dann allerdings: Der Gesetzgeber „muß des weiteren die rechtsstaatlichen Grundsätze wahren. Das bedingt eine Abwägung der beteiligten privaten und öffentlichen Belange, wie sie etwa aus dem Institut der Rückwirkung geläufig sind“. Im Anschluss wird dann wiederum nur die Rechtsprechung des BVerfG zum Vertrauensschutz erläutert, inklusive eines weiteren Verweises auf die Spezialität in Rn. 368. Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, Art. 14 GG (Bearb. 2000 und 2007), Rn. 631 ff. beschreibt zunächst die herkömmliche Rechtsprechung inkl. des Vorrangs vor dem Rechtsstaatsprinzip (Rn. 642). Dann folgt zusammenhangslos und ohne Erläuterung in Rn. 644 eine Zusammenfassung der entgegenstehenden Entscheidung in BVerfGE 95, 64 (82), Beschl. v. 15.10.1996. Keinerlei Ausführungen zur Beeinträchtigung schon erworbenen Eigentums und folgerichtig auch nicht zur Rückwirkungsproblematik bei Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 739 ff.; Manssen, GrundR (2007), Rn. 643, 646; Volkmann, GrundR (2007), § 16, siehe insoweit Rn. 23 (zur Ablehnung eines Eingriffs aufgrund der Normgeprägtheit) sowie zur Verhältnismäßigkeit dann Rn. 42 ff.; Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, Rn. 28 f. Pieroth, Rückwirkung (1981), S. 93, 69, beschreibt die in BVerfGE 31, 275 veröffentlichte Entscheidung aus dem Jahre 1971 als den Zeitpunkt, an dem das Gericht die Spezialität des Art. 14 GG vor dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip anerkannt habe und verweist in Fn. 60 auf die diesen Schritt ausdrücklich begrüßenden Stimmen aus der Literatur sowie in Fn. 61 auf widersprechende, heutzutage jedoch weitgehend verhallte Auffassungen. 485 Vgl. insoweit neben der vorangegangenen Fußnote die Nachweise auf die ausdrücklich eine Spezialität annehmenden Stellungnahmen oben S. 141, Fn. 480.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Seit dem überraschenden, vom Schrifttum jedoch weitgehend nicht beachteten486 Beschluss des BVerfG vom 15. 10. 1996 (E 95, 64) herrscht Chaos.487 Dort erklärte das Gericht die Grundregelung des Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes vom 17.5.1990488 als „ohne weiteres“ mit Art. 14 I 1 GG für vereinbar.489 Die spezielle Übergangsvorschrift des Art. 4 II des Änderungsgesetzes, die die Geltung der durch die Grundregelung erzielten gesetzlichen Neufassung auch auf gewisse Altfälle ausdehnte, unterzog es einer eigenständigen verfassungsrechtlichen Überprüfung. Der zu beurteilende Sachverhalt gibt damit die herkömmliche Fragestellung nach dem Vertrauensschutz der Alteigentümer zu beantworten auf. Gleichwohl führt das Gericht in Abweichung von seinen früheren Aussagen nunmehr aus: Die verfassungsrechtliche Beurteilung der Übergangsvorschrift richtet sich nach den Regeln über die Rückwirkung von Rechtsnormen in der Ausprägung, die sie durch Art. 14 I GG erfahren haben. Diese Regeln enthalten für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen. Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Sie ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfGE 30, 292 (402 f.); stRspr). Jedoch können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Das ist dann der Fall, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszweckes nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgeber überwiegen. Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende 486

Diese Rechtsprechungswende ist bis zum Zeitpunkt des Erscheinens der 1. A. 2000 und überwiegend auch danach nicht (zutreffend) gewürdigt worden. Vgl. neben all den in Fn. 484 Genannten etwa die Rechtsprechungswiedergabe bei Ossenbühl, AöR 1999, 1 (36, 38); siehe ferner die Ausführungen bei Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 936, wo BVerfGE 95, 64 (82), Beschl. v. 15.10.1996, herangezogen wird für die „eigene Ausprägung“ des Vertrauensschutzes, obwohl, wie gleich zu zeigen sein wird, diese Formulierung nur dem (zitierten) geschriebenen Wort, keinesfalls aber dem Inhalt nach mit der herkömmlichen Rechtsprechung des BVerfG übereinstimmt. Ebenso Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 64, dort in Fn. 165. Siehe allerdings – mit Hinweis auf Appel – Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 20, Rn. 74, der wegen der von ihm vertretenen (allerdings nicht näher belegten) Austauschbarkeit der Maßstäbe (rechtsstaatlicher Vertrauensschutz bzw. spezifisch Art. 14 GG) BVerfGE 95, 64 folgerichtig als „in der Sache“ gleich bleibend zur alten, von ihm ebenso zitierten Rechtsprechung bezeichnet. 487 Sich den hier getroffenen Einschätzungen sowie der Kritik im vollen Umfang anschließend siehe nun Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 250 – 258; dens., DVBl. 2005, 340 passim. Weiterhin wie hier nun auch Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 98 ff., unter Verweis auf Appel in Rn. 99; ferner Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 88 ff. unter Verweis auf Appel und Grochtmann. Zustimmend auch Brenner, Verfassungsrechtliche Vorgaben, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 17 (Verweis auf Appel). 488 BGBl. I, S. 934, als Grundregelung galt die Neufassung des § 16 WoBindG. 489 BVerfGE 95, 64 (84 ff.), Beschl. v. 15.10.1996.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Tatbestände eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 (145 f.); stRspr). Auch in diesem Fall tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, aber zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Davon ist unter anderem danach auszugehen, wenn der Betroffene schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen war, nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen durfte. Dasselbe gilt, wenn durch die Rückwirkung nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht würde (vgl. BVerfGE 13, 261 (272; 30, 367 (387 ff.); 88, 384 (404)). Der Schutz des Vertrauens endet in jedem Fall mit dem Beschluß des neuen Rechts (vgl. BVerfGE 13, 206 (213); stRspr).

Angesichts solcher Ausführungen kann der Ausruf Maurers zur diesbezüglichen Rechtsprechungspraxis des BVerfG – „Da ist wirklich alles drin!“ –490 nur allzu gut nachvollzogen werden. Doch könnte es diesmal auf eine grundsätzliche Neuorientierung in der dogmatischen Struktur des eigentumsgrundrechtlichen Vertrauensschutzes hindeuten, wenn das Gericht bei seinen Ausführungen so dezidiert von den „Regeln über die Rückwirkung von Rechtsnormen in der Ausprägung, die sie durch Art. 14 I GG erfahren haben“, spricht. Diese Regeln haben jedenfalls, wie auch die fehlenden, diesbezüglichen Verweise auf vorangegangene Judikate schon indizieren,491 mit den in ständiger Rechtsprechung seit BVerfGE 31, 275492 aus Art. 14 I GG abgeleiteten dogmatischen Strukturen für den eigentumsspezifischen Vertrauensschutz nichts gemein. Die bloße Modifizierung der Regeln über die unechte Rückwirkung durch den in einem Halbsatz erledigten Einschub, überwiegende Bestandsinteressen der Betroffenen seien Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsmacht, ist nicht vergleichbar mit der – gänzlich von diesen Regeln losgelösten – „eigenen Ausprägung“493 des eigentumsgrundrechtlichen Vertrauensschutzes im Sinne der bisherigen Rechtsprechung.494 Von seiner jahrzehntelangen, nur von zwei vereinzelten Entscheidungen durchbrochenen Nichtheranziehung der allgemeinen Grundsätze zur echten und unechten Rückwirkung hat der Senat nur stillschweigend Abschied genommen. Der Bruch mit den alten Grundsätzen als solcher findet keine Erwähnung, geschweige denn eine Begründung.495 Angesichts der nachdrücklich-ausführlichen Aufzählung der zu beach490

Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 66. Die Nichterwähnung der maßgeblichen Rechtsprechung zum eigentumsgrundrechtlichen Vertrauensschutz wie etwa der oben wiedergegebene, in BVerfGE 83, 201, Beschl. v. 9.1.1991, veröffentlichte Beschluss zum bergrechtlichen Vorkaufsrecht wäre nur umso auffälliger gewesen, hätte sich der Senat – wie es der Sache nach möglich gewesen wäre – auf sehr alte Art. 14 GG betreffende Entscheidungen (vgl. die Nachweise bei Pieroth, Rückwirkung (1981), S. 69) oder aber die oben (Fn. 481) angesprochenen „Ausreißer“ bezogen. 492 Beschl. v. 8.7.1971. 493 BVerfGE 70, 101 (114), Beschl. v. 4.6.1985, vgl. so auch die auf S. 140, Fn. 478 zitierten Entscheidungen. 494 Dazu vertiefend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 255 – 258 m. w. N., vgl. auch dens., DVBl. 2005, 340 (346 ff.). 495 Zudem finden sich auch schon vor der neuesten Kehrtwende Entscheidungen, die nicht auf die Rückwirkungsregeln Bezug nehmen. So wurde in BVerfGE 97, 378 (388 ff.), Beschl. v. 491

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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tenden Regeln496 sowie der expliziten Bestätigung und Anwendung dieser Grundsätze auch in BVerfGE 98, 17 (39 f.)497 sowie in BVerfGE 101, 239 (262 ff.)498 war gleichwohl nicht auszuschließen, dass es bei dem mit diesen Entscheidungen eingeschlagenen Weg nunmehr sein Bewenden haben sollte. Hinreichend gewichtige Besonderheiten derjenigen Sachverhalte, bei denen das BVerfG das allgemeine „rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot“499 angewandt hat, sind jedenfalls nicht erkennbar. Ob Stichtagsregelung, gesonderte Übergangsvorschrift oder dem Wortlaut nach einheitliche Norm, die auch im Hinblick auf schon erworbenes Eigentum angewandt werden muss: Die unterschiedliche Regelungstechnik des Gesetzgebers ändert nichts an der Wertungsgleichheit all dieser Fälle, deren gemeinsames Merkmal darin besteht, dass eine Regelung des Gesetzgebers Befugnisse beschneidet oder abschafft, die den Grundrechtsträgern nach der alten Rechtslage noch zustanden. Mit dem Ergebnis dieser Analyse aus dem Jahr 2000500, die Appel bis zum Jahre 2005 fortgeführt hat,501 mag gleichwohl nicht das letzte Wort wiedergeben sein, das 24.3.1998, zumindest beiläufig weiterhin zur Prüfung des Vertrauensschutzprinzips eine Verhältnismäßigkeitsabwägung vorgenommen. In BVerfG (1. K./I) NVwZ 1999, 979 (980) ffi DÖV 1999, 777 (777 f.), Beschl. v. 22.2.1999, hält sich die entscheidende Kammer an Formulierungen zum Vertrauensschutz aus BVerfGE 83, 201 (212 f.), Beschl. v. 9.1.1991, im Sinne der alten Rechtsprechung. Auch in BVerfGE 100, 1 (49 ff.), Urt. v. 28.4.1999; 100, 138 (184 ff.), Urt. v. 28.4.1999, finden sich keine Anknüpfungen an die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze. Siehe ferner Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 254, Fn. 540 mit Nachweisen auf vereinzelte im Sinne der alten Rechtsprechung vorgehende Kammerbeschlüsse. 496 Dagegen knapper gehalten BVerfGE 71, 230 (251), Beschl. v. 4.12.1985, und auch noch BVerfGE 79, 29 (45 f.), Beschl. v. 11.10.1988. 497 Beschl. v. 8.4.1998. Dort wird zur Grundlegung der Rückwirkungsgrundsätze auch nicht mehr auf eine Modifizierung durch Art. 14 GG hingewiesen, sondern der Senat begnügt sich, schlicht festzustellen, diese Grundsätze folgten aus dem Vertrauensschutz unter Verweis auf BVerfGE 95, 64, Beschl. v. 15.10.1996. Beachtenswert ist an diesem Beschluss ferner, dass die Überprüfung innerhalb der Anwendung des „verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes“ (sub C II 3) vorgenommen wird, welcher den Gesetzgeber verpflichte, „die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich“ zu bringen (Anknüpfung an das Abwägungsgebot), während in BVerfGE 95, 64 (86 ff.), Beschl. v. 15.10.1996, die Überprüfung eigenständig erfolgt (äußerlich durch die Beschränkung auf die Übergangsvorschrift gekennzeichnet) und die Anordnung der unechten Rückwirkung selbst dann noch anhand des „Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“ gemessen wird. 498 Urteil zum sog. Restitutionsausschluss vom 23.11.1999. Siehe dazu Kolb, NJ 2000, 57 ff. Auf S. 60 f. wird die Prüfung des Rückwirkungsverbots wiedergegeben, ohne sich zu dieser dogmatischen Anknüpfung zu äußern. Siehe überdies noch BVerfGE 110, 1 II (32), Beschl. v. 14.1.2004, allerdings dort nur beiläufig, da keine Rückwirkung vorläge. Weitere Nachweise insbesondere auf nachfolgende Kammerbeschlüsse bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 253, Fn. 538; sowie bei dems. DVBl. 2005, 340 (345, Fn. 56). 499 So die Bezeichnung bei BVerfGE 101, 239 (263), Urt. v. 23.11.1999. 500 Siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 44 – 51. 501 Siehe Appel, DVBl. 2005, 340 passim, sowie dens., Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 250 ff. Siehe ferner noch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 88 f.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

vom BVerfG in dieser Sache gesprochen wird. Mit der jüngsten Rechtsprechungsentwicklung, dem Urteil vom 27. 2. 2007 (BVerfGE 117, 272)502, scheint das Gericht erneut eine Kehrtwende zu vollziehen. Zwar knüpft es der Wortwahl nach vereinzelt weiterhin sehr bedenklich an den bloß „rechtsstaatlichen Vertrauensschutz“ an503, doch fehlt nun der Rückbezug auf die verfehlten Entscheidungen (BVerfGE 95, 64; 98, 17 sowie 101, 262).504 Weitaus bedeutsamer ist jedoch, dass das BVerfG in dieser Entscheidung auch inhaltlich zur alten Rechtsprechung zurückfindet.505 Es wird einzig – und insoweit lehrbuchmäßig ausführlich – der modifizierte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durchexerziert. Man darf zwar hoffen, dass das Gericht hiermit einen geordneten Rückzug zum bisherigen Verständnis anstrebt. Sicher sein darf man sich indes nicht. Im Rentenrecht nämlich, worüber zu entscheiden war, bietet – insoweit ausnahmsweise –506 die modifizierte Verhältnismäßigkeitprüfung dem Betroffenen möglicherweise weniger Schutz.507 So führt jedenfalls das BVerfG aus, hier sei der Eingriff in bestehende Anwartschaften „nicht auf Fälle beschränkt, in denen der 502

Siehe aber auch schon BVerfGE 116, 96, Beschl. v. 13.6.2006. Siehe so BVerfGE 117, 272 (296), Beschl. v. 27.2.2007, wo zusammenfassend davon gesprochen wird, dass „bei Eingriffen in die Anwartschaft nach den Grundsätzen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes Rücksicht zu nehmen“ ist. 504 Beschl. v. 15.10.1996, Beschl. v. 8.4.1998 sowie Urt. v. 23.11.1999. Siehe jedenfalls BVerfGE 117, 272 (294), Beschl. v. 27.2.2007, dass nunmehr nur noch an „BVerfGE 36, 181 (293); 58, 81 (120); 64, 87 (104); 71, 1 (11 f.); 76, 220 (244 f.)“ anknüpft. Dies sind ausnahmslos Entscheidungen, bei denen im Sinn der alten stRspr. die eigenständige, vom bloß rechtsstaatlichen Verständnis zu unterscheidende Ausprägung des Vertrauensschutzes betont wird, siehe hierzu m. w. N. oben S. 140, Fn. 478. 505 Siehe zuvor schon BVerfGE 116, 96 (125 ff.), Beschl. v. 13.6.2006. Bei der Behandlung des sog. Fremdrentenrechts ließ der Senat offen, ob die daraus abgeleiteten Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG unterliegen. Im Abschnitt ab S. 130 wird die Vertrauensschutzproblematik abgehandelt wird, und zwar nach Maßgabe des „rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips“ (S. 131). Allerdings beruht dies darauf, dass insoweit – anders als zuvor bei der allgemeinen Überprüfung – nicht mehr vorrangig die Maßstäblichkeit des Art. 14 GG herangezogen wird. Vielmehr prüft der Senat nun so, als läge kein Eigentumsschutz vor, und daher folgerichtig nach den allgemeinen Maßstäben. Zur Begründung heißt es einleitend: „Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes, wenn unter dem Gesichtspunkt der Rückwirkung von Rechtsnormen Art. 14 GG Maßstab für die Prüfung wäre. Auch dann wäre eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an dem alsbaldigen In-Kraft-Treten einer Neuregelung und dem Interesse der von ihr Betroffenen am Fortbestand des bisher geltenden, für sie günstigen Rechts geboten (vgl. BVerfGE 58, 81 (121 ff.); 76, 220 (244 ff.); 97, 378 (388 ff.)).“ Es ist zwar fraglich, ob nicht das gleiche „Ergebnis“ besser hätte begründet werden sollen, doch wird immerhin nicht mehr explizit die Gleichsetzung der Maßstäbe an sich behauptet und außerdem werden nun nur noch die dogmatisch überzeugenden Entscheidungen herangezogen. 506 Vgl. zur an sich stärkeren Wirkung der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung auch mit Blick auf die sog. echte Rückwirkung Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 254, Fn. 543. 507 Siehe die Grundsätze der mit Blick auf das Rentenrecht modizierten eigentumsgrundrechtlichen Vertrauensschutzprüfung bei BVerfGE 64, 87 (104 ff.), Beschl. v. 10.5.1983, dort allerdings im obiter dictum (S. 104) von einem Gleichlauf mit den Maßstäben des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes ausgehend. Die Entscheidung insoweit als Ausreißer aus der sonstigen ständigen Rechtsprechung einordnend siehe Appel, DVBl. 2005, 340 (345, Fn. 55). 503

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Gesetzgeber zu ihrer Begründung schwerwiegende Gründe des Gemeinwohls geltend machen kann.“508 Solcher „überragender Belange des Gemeinwohls“ jedoch hätte es womöglich unter Zugrundelegung des Maßstabs der sog. echten Rückwirkung bedurft.509 Daher bleibt zu hoffen, dass das Schwanken des Gerichts nicht allein dem Ergebnis geschuldet war. Der Anwendung der eigentumsgrundrechlichen Maßstäbe im Sinne der früheren ständigen Rechtsprechung bedarf es nämlich aus sachlichen Gründen, und zwar gerade deshalb, weil dies prinzipiell zu einem höheren und insoweit auch dringend notwendigen Schutzniveau führt. In der Sache ist der – zwischenzeitlichen? – Neuorientierung des BVerfG gegenüber Skepsis angebracht.510 Zum einen gilt es, den Bedenken Rechnung zu tragen, die gegen eine Ableitung von allgemeinen Grundsätzen wie dem Vertrauensschutzgrundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip bestehen, wenn auch spezielle Freiheitsgrundrechte herangezogen werden können.511 Vereinheitlichende Anwendungen übergeordneter Rechtsgrundsätze können zu einer „Entdifferenzierung der verschiedenen Freiheitsrechte“512 und zur Nivellierung einer sachspezifischen Grundrechtsdogmatik513 führen. Zum anderen steht vor allem die Frage im Vordergrund, wie es nunmehr um die über die allgemeinen Grundsätze hinausgreifenden, schutzintensiveren Wirkungen bestellt ist, die der eigentumsgrundrechtlichen Vertrauensschutzdogmatik vom BVerfG bis dato zugemessen wurden. Sollen diese allesamt über das (farblose) Merkmal der Berücksichtigung der Bestandsinteressen der Betroffenen eingefangen werden können?514 Inwieweit handelt es sich um eine Verschiebung der Argumentationslast, wenn nach alter Rechtsprechung ohne jede weitere Unterscheidung bei einem Eingriff in Altrechte es schwerwiegender Gründe des öffentlichen Interesses bedurf508

BVerfGE 117, 272 (294), Beschl. v. 27.2.2007. Auch diese Formulierung gibt insoweit Anlass zur Sorge, als nicht deutlich wird, ob sie nur auf das Rentenrecht bezogen sein soll. Im Allgemeinen nämlich bedarf es sehr wohl schwerwiegender Gründe, siehe das Zitat soeben S. 139bei Fn. 470. 509 Siehe so BVerfGE 101, 239 (264), Urt. v. 23.11.1999. 510 Deutlicher Appel, DVBl. 2005, 340 (ebd.), wonach das BVerfG so „einen der wichtigsten Pflöcke seiner Eigentumsdogmatik wieder herauszureiß[e] und Gefahr lauf[e], sein gesamtes Eigentumsmodell ins Wanken zu bringen.“ Dazu dann näher insbesondere auf S. 347. Ferner S. 348: „Diese Vorgehensweise stellt das gesamte bundesverfassungsgerichtliche Eigentumsmodell grundlegend in Frage.“ 511 Vgl. die Nachweise auf – überzeugend – eine Spezialität fordernde Stimmen oben S. 141, Fn. 480. 512 Schlink, Abwägung (1976), S. 201, zur allgemeinen Anwendung von Verhältnismäßigkeitsprüfungen. 513 Ossenbühl, Übermaß, in: FS Lerche (1993), S. 157, auch unter Bezugnahme auf Schlink. 514 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 257 betont überzeugend, dass Eigentumspositionen nicht mit sonstigen Vertrauensinteressen der Bürger gleichgesetzt werden können, betrachtet man die besonderen Hürden, die zunächst zu übersteigen sind, um die Eigentumsqualifikation zu erlangen. Siehe allgemein zur stärkeren Schutzwirkung dens., DVBl. 2005, 340 (344) unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 45 sowie m. w. N.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

te, um dem Gesetzgeber diese Regelung zu gestatten,515 nunmehr aber die unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig sein soll?516 Dies steht zudem im Widerspruch zur Abwägung zwischen Eigentümerinteressen i. S. d. Art. 14 I 1 GG sowie Gemeinwohlinteressen i. S. d. Art. 14 II GG, die doch schließlich zumindest „in gleicher Weise“ zu berücksichtigen sein sollen.517 Diese Fragen harren einer Antwort, der das Schweigen des Senats über seine Ausrichtung nicht gerecht zu werden vermag: Die Eigentumsgarantie droht die ihr eigene grundlegende Funktion der Sicherung eines Freiraumes zur persönlichen Entfaltung in nicht hinnehmbaren Maße zu verlieren, wenn die Eigentumsdogmatik das Vertrauen in den Fortbestand der Altrechte nicht hinreichend zu schützen weiß.518 Wenn nun auch an dieser Stelle nicht die dogmatische Stringenz und Überzeugungskraft der bisherigen Ausführungen überbewertet werden soll, wohnte jenen Rechtsprechungsäußerungen zumindest die unverkennbare Tendenz inne, der überragenden Bedeutung der Grundrechtsdirektive des Vertrauensschutzes für den Einzelnen im Ergebnis angemessen Sorge zu tragen. Da gerade letzterer Aspekt auch in der erneuten Rechtsprechungswende noch nicht zum Tragen gekommen ist,519 darf mit Spannung auf die weitere Entwicklung gewartet werden. c) Verhältnis von Abwägungsgebot und Vertrauens-Verhältnismäßigkeit Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass vom BVerfG nicht näher erläutert wird, inwieweit das Abwägungsgebot von der Vertrauens-Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterscheiden ist. Die unterschiedliche Handhabung beider Prüfungsvorgänge lässt sich zwar im soeben beschriebenen Sinne feststellen, an einer deutlicheren Abgrenzung fehlt es jedoch. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass beide Prüfungen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gleichgesetzt werden. Denn von einer Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes spricht das

515 Siehe das Zitat soeben S. 139bei Fn. 470 und die weiteren Nachweise in der folgenden Fußnote. 516 Siehe weitergehend auch die materielle Verschlechterung bei den Fällen echter Rückwirkung aufzeigend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 254, Fn. 543. 517 Darauf macht überzeugend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 258 aufmerksam, ebenso ders., DVBl. 2005, 340 (347). Dass aufgrund der Bedeutung des konkreten konkreten Vertrauens in den Bestand Eigentümerinteressen diese im Einzelfall eine besondere Bedeutung haben, soll dabei durch die Rede von der „gleichen Weise“ nicht verkannt werden. 518 Zur wesentlichen Funktion des Vertrauensschutzes im Bereich des Art. 14 GG vgl. nur BVerfGE 75, 78 (104 f.), Beschl. v. 8.4.1987; 76, 220 (244 f.), Beschl. v. 15.7.1987; vgl. weiterhin etwa Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 228 m. w. N; König, DVBl. 1999, 954 (959). 519 Hier diente nämlich die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dazu, ein geringeres Schutzniveau zu rechtfertigen, siehe soeben S. 149, Fn. 508.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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BVerfG nicht nur beim Vertrauensschutz.520 Vielmehr führt das Gericht in ständiger Rechtsprechung in direktem Anschluss an die Beschreibung der grundlegenden Elemente des Abwägungsgebots aus: „Dem entspricht die Bindung des Gesetzgebers an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“.521 d) Fazit Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist der zukunftsbezogene Regelungsgehalt von Inhalts- und Schrankenbestimmungen ohne Rücksicht auf den fehlenden Eingriffscharakter anhand des deshalb objektiv wirkenden Abwägungsgebots zu überprüfen. 2. Eingriffsbezogenes Verständnis im Schrifttum Im Schrifttum überwiegen solche Auffassungen, die sich mit der Ansicht des BVerfG nicht vereinbaren lassen. Teilweise betont man explizit die Notwendigkeit eines Eingriffs in subjektive Rechte, um überhaupt eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen zu können. Darauf aufbauend wird dann die herrschende Eigentumsdogmatik in Frage gestellt, da sie diesem Erfordernis nicht entsprechen könne. Bevor diese Auffassung zu würdigen ist, wird hier zunächst eine andere Ansicht in den Blick genommen. Viele Stimmen im Schrifttum gehen zwar nicht explizit auf die hier aufgeworfene Frage nach der subjektiven oder objektiven Ausrichtung der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein. Gleichwohl folgt aus ihrem dogmatischen Verständnis des Art. 14 GG, wie es im von ihnen gewählten Prüfungsaufbau zum Aus520 Zur Einbindung der Vertrauensschutzprüfung in den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vgl. neben dem eingangs wiedergegebenen Zitat aus dem Beschluss zum bergrechtlichen Vorkaufsrecht (BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991) etwa noch BVerfGE 36, 281 (293), Beschl. v. 15.1.1974; 58, 81 (121), Beschl. v. 1.7.1981; 71, 137 (144 f.), Beschl. v. 6.11.1985; 72, 9 (23), Beschl. v. 12.2.1986; 74, 203 (214 f.), Beschl. v. 10.2.1987; 75, 78 (97), Beschl. v. 8.4.1987. Selbst bei BVerfGE 95, 64 (86), Beschl. v. 15.10.1996, wird davon gesprochen, dass der „unechten Rückwirkung“ im Zusammenhang mit Art. 14 GG Grenzen durch das „Verhältnismäßigkeitsprinzip“ gesetzt seien. 521 BVerfGE 52, 1 (29), Beschl. v. 12.6.1979, ebenso noch etwa BVerfGE 87, 114 (138), Beschl. v. 23.9.1992; 72, 66 (77 f.), Beschl. v. 12.3.1986; ganz ähnlich BVerfGE 53, 257 (292), Urt. v. 28.2.1980; 58, 137 (148), Beschl. v. 14.7.1981; 64, 87 (101), Beschl. v. 10.5.1983; vgl. ferner BVerfGE 50, 290 (340), Urt. v. 1.3.1979, wo im Anschluss an die vorangegangene Beschreibung gesagt wird, die Faktoren müssten „zu einem verhältnismäßigen Ausgleich gebracht werden“ und BVerfGE 91, 294 (308: gerechter Ausgleich und ausgewogenes Verhältnis), Beschl. v. 22.11.1994; deutlich auch BVerfGE 21, 150 (155), Beschl. v. 14.2.1967, wo es an gleicher Stelle heißt, die gesetzlichen Regelungen stünden, „mit anderen Worten, unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“. Vgl. aber auch BVerfGE 95, 64 (84), Beschl. v. 15.10.1996, wo ausgeführt wird, der Gesetzgeber müsse die „grundsätzliche Anerkennung des Privateigentums in Art. 14 I 1 GG als auch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums in Art. 14 II GG beachten und den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren“, Hervorhebung nicht im Original. Siehe auch den Hinweis auf die Prüfung anhand der Elemente des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, oben S. 134 bei Fn. 456.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

druck kommt, dass sie im Ergebnis eine objektiv-generelle Verhältnismäßigkeitsprüfung trotz fehlenden Eingriffs in subjektive Altrechte ablehnen. a) Implizite Befürwortung der Eingriffsbezogenheit: Prüfung einzig der Institutsgarantie, soweit kein Eingriff vorliegt Mittlerweile mehren sich Stimmen, die in Auslegung der in Art. 14 I 2 GG verwendeten Begrifflichkeit die Wirkungen einer neuen Inhalts- und Schrankenbestimmung zeitlich voneinander abgrenzen. Wenn auch in Übereinstimmung mit dem BVerfG eine gesetzliche Neuregelung zumeist einheitlich sowohl als Inhalts- als auch als Schrankenbestimmung fungiere,522 sei doch zeitlich betrachtet der vergangenheitsbezogene Regelungsgehalt als Schrankenbestimmung zu verstehen. Nur dieser Regelungsgehalt sei es, der auf bereits erworbenes Eigentum treffe, wohingegen die das konkrete Eigentum nicht betreffende Neubestimmung für die Zukunft als Inhaltsbestimmung benannt werden könne.523 Entscheidend ist jedoch, welche Folgerungen aus einer solchen insoweit noch nicht mit der Rechtsprechung des BVerfG brechenden, diese so nur veranschaulichenden Auffassung gezogen werden. Während teilweise daraus auch im Weiteren keine der verfassungsgerichtlichen Judikatur entgegenstehende Konzeption gefolgert wird,524 entwerfen andere auf oben geschilderten Grundgedanken aufbauend 522

Vgl. zur Einheit zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG die Nachweise bei Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 55 f. sowie Näheres auch m. w. N. ab S. 223. 523 Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (225); Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 899 f., 920; Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 25 ff.; Berg, JuS 2005, 961 (965); Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 59 f. bei Fn. 204, S. 80; Thormann, Sozialbindung (1996), S. 136 ff.; Lege, NJW 1990, 864 (ebd.); Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 29; Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 115 ff. (ohne die Zeit als in der Sache auch bei ihm maßgebliche Komponente hervorzukehren); Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 123, 120; der Sache nach ferner Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 9. A. 2007, Art. 14, Rn. 21 (5. A. 2000: Rn. 18; 4. A. 1997: Rn. 14, 20 a; 1. A. 1989: Rn. 14, mit der Unterscheidung zwischen bestehenden und zukünftigen Eigentumspositionen; deutlicher wird in der 2. A. 1992 und 3. A. 1995, jeweils Rn. 15, eine Anknüpfung an die Unterscheidung von Inhaltsbestimmung einerseits und Schrankenbestimmung andererseits unternommen). Ähnlich wie Jarass geht auch Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 639, 612 f., der Sache nach von einer Trennung der Einwirkungen von Inhalts- und Schrankenbestimmungen entweder in die Zukunft hinein oder bezüglich der in der Vergangenheit erworbenen Rechtspositionen aus. Thormann, Sozialbindung (1996), S. 138 bezeichnet die Ausführungen Ramsauers, Faktische Beeinträchtigungen (1980), S. 73 ff., insoweit überzeugend als Ausgangspunkt der Möglichkeit, zeitlich zu unterscheiden. 524 Siehe insbesondere Thormann, Sozialbindung (1996), S. 138 ff., zumindest nicht im Ergebnis, da auch er bei der Überprüfung der Inhaltsbestimmung nicht dabei stehen bleibt, wie in S. 138 zunächst angekündigt, nur die Institutsgarantie (im traditionellen, d. h. restriktiven) Sinne heranzuziehen, sondern in Einklang mit dem BVerfG die Verhältnismäßigkeit als Kon-

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in prononcierter Weise eine zweigliedrige Prüfungsstruktur, die sehr wohl (möglicherweise zwar unbewusst) zu einer wesentlichen Abweichung von der Rechtsprechung des BVerfG führt. Die zuletzt Genannten bleiben nämlich nicht dabei stehen, dass in der Theorie zeitlich die Schrankenziehung (vergangenheitsbezogener Regelungsgehalt) von der Inhaltsbestimmung (zukunftsbezogener Regelungsgehalt) unterschieden werden kann. Allein die vergangenheitsbezogene Wirkung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung wollen sie, verstanden als Grundrechtseingriff im klassischen Sinn, in vollem Umfang den eigentumsgrundrechtlichen Kontrollmechanismen unterziehen. Es wird nämlich argumentiert, dass für den inhalts-, d. h. zukunftsbestimmenden Teil einer Neuregelung subjektiv-rechtlich insoweit keine durch die Eigentumsgarantie zu beachtende Rechtsposition in Rede stehe. Schließlich bleiben die Hoffnungen auf die zukünftige Gestaltung der Eigentumsordnung irrelevant.525 Daraus wiederum wird der Schluss gezogen, dass die zukunftsbezogenen Wirkungen nur anhand der Institutsgarantie gemessen werden könnten.526 Folglich wird dieser Auffassung gemäß trollmaßstab der Inhaltsbestimmungen geprüft wissen will. Auch Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 124, will eine „Interessenabwägung […] vor allem über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“ vornehmen, verortet diese Abwägung jedoch als Bestandteil der Institutsgarantie. Siehe ferner Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (225, 226 ff.) ablehnend zu einer von ihm sog. „materiellen Unterscheidung“ (S. 225); dabei schließt er nicht die Verhältnismäßigkeitsprüfung für Inhaltsbestimmungen explizit aus (siehe allerdings auch S. 227, Fn. 87) und äußert sich daher nicht im Sinne der sogleich zu besprechenden Auffassung. Begrifflich eine „materielle“ Unterscheidung auszuschließen, bezieht sich bei Ehlers wohl insbesondere darauf, nicht etwa Inhaltsbestimmungen als befugnisgewährende, Schrankenbestimmungen dagegen als befugniseingrenzende Vorschriften zu verstehen. Die Begriffswahl „materiell“ ist insoweit indes zweifelhaft. Es wird zu zeigen sein, dass sehr wohl eine dogmatisch klare Unterscheidbarkeit gegeben ist (die man deshalb als „materiell“ bezeichnen könnte), die sich im Einklang mit dem BVerfG (siehe soeben) auch in unterschiedlichen Prüfungsmechanismen äußert (dazu näher unten ab S. 216; insoweit undeutlich Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 53, in Fn. 216; zutreffend ibid. S. 281 – 284). Entscheidend ist Folgendes: Wenn aus der zeitlichen Unterscheidbarkeit geschlossen wird, zukunftsgerichtet seien Inhaltsbestimmungen einzig an der traditionell als Letztgrenze verstandenen Institutsgarantie zu messen, so verlässt eine solche Auffassung den Boden der oben aufgezeigten Rechtsprechung des BVerfG, wie nun im Folgenden nachgewiesen werden soll. 525 Hoffnungen und Chancen werden subjektiv-rechtlich nicht geschützt, vgl. die Nachweise unten S. 172, Fn. 599. 526 Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 118 („nur der Eingriff in subjektive (Grund-)Rechte kann nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips ,abgewogen werden“); Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 612, 638 (ohne dies im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit (Rn. 651 ff.) noch einmal eigens explizit zu erwähnen); vgl. ferner Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 61 bei Fn. 212, vgl. dazu sogleich Fn. 530; Görisch, DVBl. 1999, 1755 (ebd.). Bei Pieroth/Schlink, GrundR (2007), zeigt sich das im Rückschluss: Die Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung ergibt sich in Ansehung des bei Pieroth/Schlink angewandten Eingriff-Schranken-Modells schließlich nur beim Eingriff (mit Ausnahme eben der Institutsgarantie, über die sich „keine Eigentumsdefinition hinwegsetzen“ dürfe, Rn. 952), ein Eingriff liegt aber nach Pieroth/Schlink allein dann vor, wenn in das in der Vergangenheit begründete Eigentum eingegriffen wurde, Rn. 899 f., 920. Vgl. ferner den Rückschluss aus dem unten S. 155, Fn. 530, wiedergegebenen

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Zitat (Verhältnismäßigkeitsprüfung nur „indirekt“ über die gleichzeitig greifende Schrankenregelung) sowie Rn. 896. Auch nach Ramsauer, Faktische Beeinträchtigungen (1980), S. 75 f. soll die Inhaltsbestimmung nur anhand der Institutsgarantie gemessen werden, doch erkennt er immerhin die vom BVerfG auch bezüglich der zukünftigen Wirkung unternommenen Verhältnismäßigkeitserwägungen (ohne sie dabei jedoch in der Schärfe zu formulieren, wie das Gericht dies in stRspr. judiziert und Thormann, Sozialbindung (1996), S. 138 ff., dies demgegenüber, im Grundansatz Ramsauer gleichend, nachvollzogen hat). Dies zeigt sich auch bei Ramsauer, AöR 111 (1986), 501 (519 ff.), denn dort soll die wohl vom erzielten Ergebnis (zu Recht!) als nicht ausreichend betrachtete Kontrolle anhand der Institutsgarantie angereichert werden mit Überlegungen hinsichtlich möglicher aus Art. 14 GG abzuleitender Schutzpflichten. Weiterhin scheint Kirchhof, Geldeigentum, in: FS Leisner (1999), S. 652, der Vorstellung anzuhängen, zukunftsbezogen sei die Neudefinition nur durch eine „Kernbereichsgarantie“ eingeengt. Gleiches gilt ferner für die bei Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 34, vorgetragene Ansicht, derzufolge die Inhaltsbestimmung allein durch die Institutsgarantie in Schranken gehalten wird. Vgl. dazu das Zitat oben S. 82 bei Fn. 222 im Zusammenhang mit der Erörterung des sog. verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs sowie weitere Nachweise in eben dieser Fußnote. Ferner so wohl auch Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 22 ff. Er betont das Fehlen jeglicher Eigentumsbeeinträchtigung durch die Inhaltsbestimmungen und fordert eine scharfe Trennung von den Schrankenbestimmungen (Rn. 23, Rn. 61, Punkt 8). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird allein als Anforderung an „einschränkende Regelungen“ bezeichnet (Rn. 36, so auch die Überschrift, Rn. 30, ferner Rn. 61, Punkt 10). Unter der Überschrift „Weitere Grundrechtsgehalte“ heißt es dann: Die „Vorgaben der Institutsgarantie sind auch vom inhaltsbestimmenden Gesetzgeber bei Regelungen nach Art. 14 I 2 GG zu beachten“ (Rn. 56). Daraus ergibt sich wohl, dass auch Sachs im Sinne von Pieroth/Schlink die Verhältnismäßigkeitsprüfung nur in Bezug auf die vergangenheitsbezogene, eingreifende Wirkung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen (bzw. präziser von Schrankenbestimmungen) als maßgeblich ansieht. Allerdings will er neben der Institutsgarantie in Bezug auf den zukunftsgerichteten Regelungsgehalt noch „sonstige objektiv-rechtliche Grundrechtsgehalte“ zur Anwendung bringen. Nicht im Rahmen des von ihm nicht erwähnten Abwägungsgebots zwischen Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG, sondern als „Ausstrahlungswirkung“ der Eigentumsgarantie im Privatrecht scheint er gewisse Gehalte dieses objektiven Abwägungsgebots aufzufangen, die allerdings nicht an die Wirkung der vom BVerfG dagegen praktizierten Abwägung heranreichen („Mindestmaß an Vorkehrungen gegen Übergriffe von Privaten“, Rn. 58; ferner soll gegen die Institutsgarantie verstoßen werden, wenn „das Privateigentum um eines seiner beiden Kernelemente der Verfügungsgewalt und der Nutzungsmöglichkeit verkürz[t]“ werde (Rn. 56, beide Hervorhebungen nicht im Original). Vgl. ferner dens., Grundrechtliche Schutzpflichten, in: FS Schmidt (2006), S. 397, wo er die Institutsgarantie als „Hintergrund“ dafür bezeichnet, dass – wohl als objektive grundrechtliche Schutzpflicht – gewisse Vorgaben bestehen, wie der Gesetzgeber „mit Rücksicht auf die Belange der oft mehreren Beteiligten Eigentumspositionen auszugestalten hat.“ Siehe weiterhin dens., JuS 2001, 914 (915), wo er es befürwortet, dass der Gesetzgeber auch hinsichtlich der zukunftsgerichteten Regelungen „an verfassungsrechtliche Schranken gebunden [… sei], namentlich […] den grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie zu wahren“. Auch Jarass vertrat ursprünglich die Ansicht, zukunftsgerichtet seien Inhaltsbestimmungen einzig an der Institutsgarantie zu prüfen, siehe in: ders./Pieroth, GG (5. A. 2000), Art. 14, Rn. 18; davon ist er nun abgerückt, siehe 9. A. 2007, Rn. 21 in Verbindung mit Rn. 34, ferner Rn. 4 (letzter Satz). In der (neu hinzugefügten) Rn. 34 heißt es: „Die Schutzpflicht (bzw. die Institutsgarantie) verlangt die Bereitstellung einer geeigneten Privatrechtsordnung […]. Der Gesetzgeber ist zu rechtlicher Ausgestaltung verpflichtet. Die Ausgestaltung neuer Eigentumsrechte muss die Belange der Betroffenen und der Allgemeinheit sachgerecht berück-

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die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht herangezogen bezüglich der zukunftsbezogenen, nur die objektive Gestaltung der Eigentumsordnung betreffenden Regelungsgehalte einer gesetzlichen Neuregelung. Zwar äußern sich die Vertreter dieser Ansicht nicht allgemein und grundsätzlich zur Frage, ob eine Verhältnismäßigkeitsprüfung immer einen Eingriff in subjektive Rechte voraussetzt.527 Da eine objektiv-generelle Verhältnismäßigkeitsprüfung zumindest konkludent abgelehnt wird, scheint man indes von einer notwendigen Eingriffsbezogenheit der Verhältnismäßigkeitsprüfung auszugehen. Trotz dieser Einschränkung wird jedoch teilweise von einer sehr umfassenden Anwendung der Verhältnismäßigkeitsprüfung ausgegangen. Schließlich treffe der Gesetzgeber auf eine sehr ausdifferenzierte Eigentumsordnung,528 wenn er seine jeweiligen Vorstellungen gesetzlich umsetzen wolle. Weil es der Gesetzgeber also kaum vermeiden könne, fast permanent schon bestehende Rechte zu berühren, müsse es sich deshalb auch faktisch immer an den im Vergleich zur bloßen Institutsgarantie weitaus strengeren Anforderungen529 der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Sind also reine Inhaltsbestimmungen kaum denkbar, so sorgt der Schrankengehalt einer jeden gesetzlichen Neuregelung indirekt für die hinreichende Anwendung des entscheidenden Kontrollinstruments der Verhältnismäßigkeitsprüfung.530 Daher scheint sichtigen […]; allerdings steht dem Gesetzgeber in diesem über den Bestandsschutz hinausgehenden Bereich ein sehr weiter Spielraum zu.“ Zwar verknüpft Jarass so nicht die spezifisch eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung (siehe ibid. Rn. 39 ff.) in Form des Abwägungsgebots mit der zukunftsgerichteten Prüfung und kommt konsequenterweise im Gegensatz zur Rechtsprechung des BVerfG zu einem „sehr weiten Spielraum“. In der Anerkennung weitergehender objektiver Prüfungsmechanismen über die traditionell verstandene Institutsgarantie hinaus (Rn. 4) ist aber nach hier vertretener Auffassung der entscheidende Schritt getan, um denjenigen entgegentreten zu können, die das herrschende Eigentumsverständnis als unzureichend charakterisieren. 527 So ausdrücklich allerdings Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 118 (zitiert in vorangehender Fußnote). 528 Vgl. insoweit die überzeugende Bestandsaufnahme etwa bei Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (227, Fn. 87); Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 68; ders., AVR (2006), § 27, Rn. 38 a. E.; Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 833 (836 bei Fn. 40); Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 56; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 58; Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 172 f.; anders jedoch im Hinblick auf die Zuordnung von Nutzungen, vgl. dazu unten S. 251, Fn. 79 sowie S. 253 bei und in Fn. 91 f. 529 Der Institutsgarantie wird auch von Pieroth/Schlink, GrundR (1999), Rn. 952 keine besondere Bedeutung zugemessen. 530 Vgl. so Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 900. Dort wird nach Beschreibung der ungewöhnlich großen „Definitionsmacht“ des Gesetzgebers bei der zukunftsgerichteten Inhaltsbestimmung ausgeführt: „Die Definitionsmacht ist aber insoweit indirekt durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzt, als die Definitionen für zukünftiges Eigentum zugleich Schrankenbestimmungen für nach altem Recht begründetes Eigentum sind“ (Hervorhebung nicht im Original). Dem sich anschließend Wahlhäuser, Planungsschadensrecht (2002), S. 19. Siehe ebenso wohl Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 1 (S. 2176); Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 13. Vgl. ferner die dem wohl nahekommende Vorstellung bei Kirchhof, Geldeigentum, in: FS Leisner (1999), S. 652. Ramsauer, Faktische Beeinträchtigungen (1980), S. 73 f., hingegen weiß um die

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es zu rühren, dass diese Auffassung nicht von einem Widerspruch zur Rechtsprechung des BVerfG ausgeht. Über diese Argumentation meint man wohl, nicht zu anderen Ergebnissen zu kommen, als das Gericht dies selbst mittels seiner rein objektiven Abwägung (neben der Eingriffsprüfung)531 augenscheinlich praktiziert.532 b) Streng eingriffsbezogenes Verständnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung Nun gilt es, sich denjenigen Stellungnahmen zuzuwenden, die akzentuiert den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als kategorisch eingriffsbezogen beschreiben. Folgerichtig ist danach die Anwendbarkeit der Verhältnismäßigkeitsprüfung davon abhängig, ob es gelingt, Eingriffsvorstellungen dogmatisch stringent auch bei Art. 14 GG heranziehen zu können. Daran anknüpfend findet sich bei bei diesen Stimmen eine weitreichende Kritik an der herrschenden Eigentumsdogmatik. Lubberger zufolge geht die Literatur wohl533 davon aus, dass der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überhaupt nur angewendet werden könne, wenn zuvor ein Eingriff festgestellt zu werden vermag.534 Dieser so beschriebene Zusammenhang zwischen Verhältnismäßigkeit und Eingriff sei jedenfalls sachlich zwingend und müsse dementsprechend auch auf Art. 14 GG Anwendung finden. Schließlich, so beschreibt Lubberger, bedürfe es zur Verhältnismäßigkeitskontrolle materieller Maßstäbe, welche wiederum einen qualifizierten Zusammenhang zum

Möglichkeit reiner Inhaltsbestimmungen, dazu näher in der Kritik der eine Eingriffsbezogenheit postulierenden Stimmen unten S. 171 ff. Auch Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 60 f., stützt sich auf eine Argumentation im Sinne von Pieroth/Schlink. Zwar heißt es dort zunächst, das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit finde unabhängig davon Anwendung, „ob es um die völlige Neuschaffung von Eigentumsrechten oder um die Änderung oder Umgestaltung vorhandener rechtlicher Regelungen“ gehe. Nach dieser Beschreibung heißt es wenig später dann jedoch, nach dem auf den Eingriffscharakter der Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Hinblick auf ihren vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalt hingewiesen wird: „Eine Inhaltsbestimmung ohne Eingriffscharakter, die allein an der Institutsgarantie des Eigentums zu messen wäre [m. w. N.], kann daher überhaupt nur in dem – eher theoretischen – Fall einer erstmaligen Ausgestaltung einer Eigentumsposition ohne Aus- und Rückwirkungen auf bereits bestehende Eigentumsrechte vorliegen“ (Hervorhebung nicht im Original). 531 Siehe die ausführliche Analyse oben ab S. 128. 532 Siehe darüber hinaus zur Ansicht Melchingers, die zumindest im Ergebnis den soeben besprochenen Ausführungen ähnelt, die Darstellung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 56 – 57. 533 Wenngleich das Schrifttum nach Lubberger diese Frage wohl ihrer unmittelbaren Einsichtigkeit halber kaum explizit behandelt. 534 Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 223, unter Verweis auf Lerche, Übermaß (1961), S. 137; Schnapp, JuS 1983, 850 (851); Gentz, NJW 1968, 1600 (1601); Wendt, AöR 104 (1979), 414 (416); ferner heißt es: „Sowie in anderer Terminologie, aber in der Sache gleich Alexy, GrundR (1985), S. 100 f.“

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Schutzbereich voraussetzten.535 Auch Depenheuer zufolge widerspricht sich die „Theorie des ausschließlich gesetzesvermittelten Eigentums“ selbst, wenn sie „eine gerechte Abwägung der Eigentümerinteressen mit denen der Gesellschaft“ fordere. Es heißt dann: „Denn just die Erfüllung dieser notwendigen Aufgabe des Gesetzgebers setzt denknotwendig einen Eigentumsbegriff voraus, der als Eckpunkt der Abwägung nicht identisch mit dem sein kann, der als Ergebnis der Abwägung zum Inhalt der gesetzlichen Eigentumsbestimmung wird.“ Die Abwägung setze „einen dem Gesetzgeber vorgegebenen Garantiegehalt des Eigentums voraus, der darüber hinausgehend notfalls sogar gedacht werden müßte, um Eigentum als Freiheitsrecht real wirksam werden zu lassen“.536 Die vom BVerfG jedoch gleichwohl vorgenommenen Prüfungen der Inhalts- und Schrankenbestimmungen auf ihre Verhältnismäßigkeit hin erfolgten gegen dessen eigene Prämissen und dementierten diese damit implizit.537 Ferner ist Eschenbach angetreten, das Versagen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Maßgabe der bundesverfassungsgerichtlichen Eigentumsdogmatik und der von ihr behaupteten Gesetzesabhängigkeit der Eigentumsgarantie zu beweisen. Auch ihm zufolge fehlt es dieser herrschenden Dogmatik am Bezugspunkt, der zwingend notwendig sei, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen.538 Das Fehlen einer wirksamen Verhältnismäßigkeitskontrolle führe unvermeidlich zu einer Schwächung der Wirkungskraft der Eigentumsgarantie. Diese für seine Ablehnung der herrschenden Eigentumsdogmatik entscheidende Grundthese sucht Eschenbach in aller Ausführlichkeit zu begründen.539 Er führt aus, unter Zugrundelegung der Normge535

In der entscheidenden Passage auf S. 223 heißt es ohne weitere Nachweise: „Dieser spezifische Bezug [zum Schutzbereich] kann im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur als Eingriff gedacht werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinne, d. h. im Sinne der Proportionalität, verlangt nämlich gerade, dass die Belastungsintensität zur Bedeutung der erfolgten Zwecke ins Verhältnis gesetzt wird. Über die Belastungsintensität kann jedoch dann keine Aussage gemacht werden, wenn nicht zuvor ein Eingriff in den Schutzbereich festgestellt wurde. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz setzt deshalb denknotwendig einen Eingriff voraus.“ Siehe eingehender die Darstellung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 57 f. 536 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 45; zustimmend Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 106; zum darin zum Ausdruck kommenden Verständnis des Eigentumsbegriffs vgl. die detaillierte Darstellung seiner Konzeption oben S. 87 ff. sowie die ablehnende Stellungnahme ab S. 93. 537 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 227, dort explizit bezogen auf die Teilschritte der Geeignetheit und Erforderlichkeit. Eine tatsächlich darauf beschränkte Kritik mag sachlich zutreffend sein – die Abwägung könnte also entgegen der teilweisen Praxis des BVerfG auf die (modifizierte) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne beschränkt sein –, doch Depenheuer geht es insgesamt um die Ablehnung einer wirksamen Abwägung (siehe insoweit beispielsweise ibid. a. E. sowie Rn. 45). Um diese Kritik geht es hier. 538 Eschenbach, Eigentum (1996), S. 367 f. 539 Ausführliche Zusammenfassung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 59 – 62. Vgl. ferner noch die Argumentation bei Eschenbach, Eigentum (1996), auf S. 545 (zitiert S. 389 bei Fn. 118) bezüglich der ihm zufolge nicht hinreichenden Möglichkeit prozessualen Einschreitens bei ausführendem Verwaltungshandeln nach Maßgabe der herrschenden Eigentumsdogmatik. Siehe dazu unten ab S. 388. Siehe überdies zustimmend zu Eschenbachs Position zur Normgeprägtheit Ipsen, Besteuerung und Eigentum, in: FS Badura (2004), S. 210 f.

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prägtheit könnten die „Minderungen am Eigentumsbestand der betroffenen Individuen“ nicht herangezogen werden, „da solche inhaltsbestimmenden Normen den durch Art. 14 I 1 GG erfaßten ,Lebensbereich der einzelnen nicht ,einschränk[t]en, sondern ihn für die Zukunft konstitutiv umgestalte[te]n, so daß der alte Rechtszustand als Ausgangsbasis für die Abwägung nicht mehr zur Verfügung“ stehe.540 Werde gleichwohl abgewogen, vollzöge das BVerfG dies am anhand des der Institutsgarantie zu entnehmenden Bezugspunkt.541 Diese umfasse jedoch nur einen Grundbestand von Normen, was zu einer bloß eingeschränkten Kontrollmöglichkeit führe: All jene Befugnisse, die nicht durch die Institutsgarantie geschützt seien, könnten schließlich nicht mit in eine solche Prüfung einbezogen werden.542 3. Würdigung Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die eigentumsspezifische Verhältnismäßigkeitskontrolle als subjektiv-eingriffsbezogener Schutzmechanismus oder objektive Schranke gesetzgeberischen Handelns zu begreifen ist, hängt wesentlich davon ab, ob tatsächlich jede nennenswert wirksame Verhältnismäßigkeitsprüfung zwingend einen Eingriff in subjektive Rechte voraussetzt. Diese – wie soeben dargelegt – so von einigen vertretene These gilt es zu hinterfragen, um daran anknüpfend aufzuzeigen, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei Art. 14 GG zumindest nicht am Fehlen eines Eingriffs scheitern muss. Daraufhin wird dargelegt, dass es die Konzeption der herrschenden Meinung zwingend erfordert, eine objektiv-generelle und praktisch wirksame Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, bevor sich der Frage zugewandt wird, ob die gesamte Verhältnismäßigkeitskontrolle als objektiv-generelle Schranke des Gesetzgebers verstanden werden sollte oder ob Teile der Prüfung subjektiv-eingriffsbezogen durchgeführt werden müssen. Abschließend ist zusammenfassend zu den eingriffsbezogenen Auffassungen Stellung zu nehmen.

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Eschenbach, Eigentum (1996), S. 360. Unter Verweis auf Schneider, VerwArch 58 (1967), 197 (218), der dort allgemein die fehlende Eingriffswirkung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung herausstellt, weist Eschenbach in Fn. 1327 daraufhin, dass auch eine verfassungswidrige Neugestaltung nicht als Eingriff in den alten Rechtsbestand beschrieben werden könne, da sich ihr Charakter als bloße Umgestaltung des Schutzbereichs dadurch nicht ändere; vgl. ferner S. 367 f. 541 Eschenbach, Eigentum (1996), S. 363 bei Fn. 1338, S. 365 bei Fn. 1349 („anhand der Institutsgarantie“), S. 368, S. 436 bei Fn. 1647, S. 479 ff., S. 542, S. 557. 542 Eschenbach, Eigentum (1996), S. 363 f.

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a) Fehlschlagen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei fehlendem Eingriff ? Depenheuer, Eschenbach und Lubberger (sowie andere)543 gehen also davon aus, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung der Eigentumsgarantie nur dann wirksam greifen könne, wenn zuvor ein Eingriff in ein schon bestehendes subjektives Recht eines Grundrechtsträgers festgestellt werden kann und berufen sich dabei auf allgemeine Argumentationen zum (rechtsstaatlichen) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. aa) Auswertung von Rechtsprechung und Literatur Die die zwingende Eingriffsbezogenheit betonenden Autoren benutzen diese These dazu, das Fehlschlagen der vom BVerfG verfochtenen Eigentumsdogmatik zu belegen. Gerade mit dieser Argumentation soll die Notwendigkeit einer Alternativkonzeption begründet werden. Die zentrale Stellung dieser These544 verlangt nach einem dem entsprechenden Begründungsaufwand und hinreichender Auseinandersetzung mit Literatur und Rechtsprechung, will man erfolgreich der herrschenden Meinung ihre fehlende Stichhaltigkeit vorhalten. (1) Zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Allgemeinen Es fällt allerdings nicht sehr leicht, deutliche Vorgaben aus der allgemeinen Diskussion um den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu erkennen, was die Frage nach der Eingriffsbezogenheit betrifft. Bei der Beschreibung der Verhältnismäßigkeit als allgemeinem Rechtsgrundsatz545 ist häufig die Rede von der Anknüpfung an ein eingreifendes546 oder einschränkendes547 (gesetzgeberisches)548 staatliches Handeln. „Ein543

Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 118, dessen Darstellung beide hier einer kritischen Würdigung unterzogenen Ansätze aufgreift: Er bedient sich der zeitlichen Unterscheidbarkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmungen (vgl. deshalb seine Zuordnung zu dieser Ansicht oben S. 153, Fn. 526) und vertritt ausdrücklich, was implizit vielen Anhängern jener Unterscheidbarkeitsthese zugrunde liegt: Die an dieser Stelle nun zu überprüfende Behauptung, der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz könne nur bei einem Eingriff in subjektive Grundrechtspositionen angewandt werden. Ferner in ähnlicher Argumentation seine Forderung nach der Unterscheidung von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen belegend Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 162 f. 544 So spricht etwa Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 223, auch selbst von der „zentralen Bedeutung“ für die „weiteren Schlußfolgerungen“. Vgl. auch Depenheuer, Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 156 f. 545 Zur Terminologie und den damit verbundenen sachlichen Differenzen vgl. Stern, StaatsR III/2 (1994), § 84 I 5 (S. 773 f.). 546 Katz, StaatsR (2007), Rn. 651; Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol (1975), S. 62; vgl. ferner die Verwendung von Eingriffsformulierungen bei Dreier, Grundlagen: Deutschland, in: IPE, Bd. I (2007), § 1, R. 131; Degenhart, StaatsR I (2007), Rn. 396 ff., der in Rn. 410 davon spricht, dass es bei der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes „typischerweise“ um Eingriffsakte ginge; Maurer, StaatsR (2007), § 8, Rn. 55 („eigentliche Anwen-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

griffe in die Rechtssphäre des einzelnen“,549 Beeinträchtigungen „konkreter, subjektiver Rechtspositionen“ des Bürgers550 sollen an diesem Grundsatz gemessen werden. Es wird von einer „traditionellen Verbindung zwischen Verhältnismäßigkeit und ,Eingriff“ gesprochen.551 Die Eingriffsvorstellung und die Inbezugnahme konkreter subjektiver Rechte scheinen dabei als Größe zu wirken, vermittels derer die ohnehin im Einzelnen noch immer umstrittene, schwer handhabbare552 Verhältnismäßigkeitskontrolle zudungsbereich“ beziehe sich auf staatliche Eingriffe); Manssen, GrundR (2007), § 8, Rn. 163 ff.; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 280, 282 f.; 289, 296; Battis/Gusy, StaatsR (1999), Rn. 494 ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG (2004), Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 183. 547 So Sachs, in: ders., GG (2007), Art. 20, Rn. 149; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 1 (III), Rn. 278; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2000), Art. 20, Rn. 81 spricht von Beeinträchtigung; Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 184 von Einwirkung (vgl. zum diesbezüglichen Sprachgebrauch ders., Rn. 136 ff.). Nach Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 207 f. wird von diesen Begriffen gleichbedeutend Gebrauch gemacht. 548 Zur Bedeutung der Überprüfung der Gesetzgebung durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vgl. Sachs, in: ders., GG (2007), Art. 20, Rn. 148; in Bezug auf das BVerfG auch Stern, StaatsR III/2 (1994), § 84 III 1 (S. 785 f.) jeweils m. w. N.; ursprünglich entwickelte sich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vornehmlich anhand der Kontrolle polizeilichen Handelns, vgl. Stern, StaatsR III/2 (1994), § 84 I 2 (S. 766 f.); § 84 II 4 (S. 782); zum demgegenüber weit zurückreichenden, ideengeschichtlichen Hintergrund vgl. Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 245 m. w. N. 549 So Katz, StaatsR (2007), Rn. 205. 550 Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG (2004), Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 187; Degenhart, StaatsR I (2007), Rn. 410 („konkret betroffene Rechtspositionen“); Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 20, Rn. 81. 551 Ossenbühl, Übermaß, in: FS Lerche (1993), S. 154, vgl. auch S. 164 sowie S. 155 zur Verknüpfung des Übermaßverbots mit dem Eingriffsdenken im Grundrechtsbereich, im Folgenden wird dann auf die Lockerung der sachlichen Bindung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes an den „Eingriff“ zumindest etwa im staatsorganisatorischen Bereich nach Maßgabe der h. M. verwiesen. Siehe ferner auch Kloepfer, Verhältnismäßigkeitsprinzip, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 330 (sowie dann S. 340, S. 346 dazu, dass nunmehr keine Eingriffszentrierung mehr vertreten werden dürfe). Ossenbühls eigener Auffassung nach sei zwar eine Verhältnismäßigkeits- im Sinne einer Zweck-Mittel-Prüfung „sinnvoll nur möglich, wenn sie auf zielgerichtete Eingriffe des Staates projiziert wird. Daraus folg[e], dass das Übermaßverbot sich der Sache nach auf ,Eingriffe“ beschränke (S. 158 unter insoweit nicht voll tragfähigem Verweis auf BVerfGE 79, 311 II (341), Urt. v. 18.4.1989; 81, 310 II (338), Urt. v. 22.5.1990, vgl. dazu sogleich Fn. 555 f.). Allerdings lässt er zumindest dann Formen der Abwägung gelten, wenn und insoweit Grundrechte nicht bloß der Eingriffsabwehr dienen (S. 160) und erwähnt zustimmend die spezifische, vom Eingriff unabhängige Abwägungsform, die Lerche bezüglich Art. 14 I 2 GG entwickelt hat (vgl. dazu S. 164). Als bereichsspezifische Verhältnismäßigkeitsabwägung lehnt Ossenbühl damit eine eingriffsunabhängige Prüfung bei Art. 14 GG zumindest nicht von vornherein ab. 552 Dabei geht es etwa um die Fragen, wie der (auch in anderen Bereichen als Art. 14 GG) feststellbare Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers in die Prüfung miteinbezogen soll (Einschätzungsprärogativen o. ä.), wie eine Überspielung der verfassungsinternen Differenzierungen durch eine mitunter nivellierend wirkende allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung verhindert werden kann oder wie auf diesem Wege vor allem bei Prüfung der sog. Verhältnismäßigkeit i. e. S. als bindend aufoktroyierte, der Sache nach jedoch bloß politische Wertungen

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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mindest einen ersten, festen Bezugspunkt erhalten soll. Die Prüfung dürfe schließlich nicht mangels eines solchen in der Luft hängen.553 Wenn ferner von einer individualisierenden Tendenz der Verhältnismäßigkeitsprüfung gesprochen wird, so bezieht sich das nicht auf ein als zwingend gedachtes Erfordernis, wonach die subjektive Rechtssphäre eines Einzelnen betroffen sein muss. Vielmehr handelt es sich hierbei um die so beabsichtigte Bezugnahme auf die „individuellen“ Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls,554 oder aber auf den zumindest partiellen Ausschluss der Verhältnismäßigkeit im zwischenstaatlichen Bereich.555 vermieden werden können. Sichtbar wird dies schon an dem großen dogmatischen Aufwand, der noch immer zur Aufarbeitung dieses Grundsatzes betrieben wird, vgl. beispielsweise die innerhalb einer kurzen Zeitspanne erarbeiteten Monographien von Hirschberg, Verhältnismäßigkeit (1981); Jakobs, Verhältnismäßigkeit (1985) und Dechsling, Verhältnismäßigkeitsgebot (1989). Vgl. ferner die kritischen Anmerkungen bei Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 293 ff.; Ossenbühl, JURA 1997, 617 (619, 620 f.), sowie ders., Übermaß, in: FS Lerche (1993), S. 156 ff.; die Bezeichnung als „verfassungsrechtliche Schaukelphilosophie“ bei Breuer, Aussprache, VVDStRL 51 (1992), 321; sowie die weitgreifenden Reformulierungsbemühungen bei Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 245 ff., 515 f., die die herkömmliche Prüfung der Verhältnismäßigkeit lediglich als Unterfall, nicht aber als „das Paradigma des allgemeinen Gebots der Verhältnismäßigkeit“ betrachtet und deren Ansicht ferner auch Zurückweisungen der als mitunter zu positivistisch empfundenen Kritik am Verhältnismäßigkeitsdenken beinhaltet. Zur Kritik vgl. wiederum noch die auf die fehlende Maßstäblichkeit bei Abwägungsvorgängen bezogenen Ausführungen bei Leisner, NJW 1997, 637 ff. 553 Vgl. Degenhart, StaatsR I (2007), Rn. 410; Maurer, StaatsR (2007), § 8, Rn. 56. Allerdings wird als solchermaßen notwendiger Bezugspunkt zumeist noch nicht einmal direkt der Eingriffsbegriff, sondern (neben der konkret betroffenen Rechtsposition) der genau zu bestimmende, „legitime Zweck staatlichen Handelns“ herangezogen, vgl. neben Maurer etwa Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG (2004), Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 181; Stern, StaatsR III/2 (1994), § 84 III 9 (S. 811 m. w. N.); allein den Zweck als Bezugspunkt heranziehend auch Dreier, in: ders., GG (2004), Vorb., Rn. 146; ferner Sachs, GrundR (2003), A 10, Rn. 33, der folgerichtig den Eingriff nirgends als Voraussetzung der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu nennen braucht. Siehe auch Böckenförde, Der Staat 20 (1990), 1 (20), der daneben aber explizit eine (allerdings anders strukturierte) Abwägung hinsichtlich objektiver Grundrechtsgehalte anerkennt. 554 Lerche, Grundrechtsschranken (1992), in: HbStR V, § 122, Rn. 18; Stern, StaatsR III/2 (1994), § 84 II 3 (S. 780). Vgl. insoweit ergänzend Schmidt-Aßmann, AVR als Ordnungsidee (2004), 2/64 f. (S. 78 f.), der vor einer übermäßigen Individualisierungstendenz des Verhältnismäßigkeitsprinzips warnt, wobei er hier unter Individualisierung das „klägerische Individualinteresse“ des jeweils Einzelnen versteht. Eine Verhältnismäßigkeitskontrolle i. S. d. Abwägungsgebots, die dagegen nicht den Eingriff in konkrete Rechte zum Ausgangspunkt nimmt, erliegt zumindest nicht einer solchen Individualisierungsgefahr im Hinblick auf das isolierte Interesse des einzelnen Klägers. 555 So beispielsweise BVerfGE 81, 310 II (338), Urt. v. 22.5.1990, wo die Anwendbarkeit der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Schranken, insbesondere der des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Bund-Länder-Streitigkeiten unter Hinweis auf dessen „die individuelle Rechts- und Freiheitssphäre verteidigende Funktion“ abgelehnt wird. Vgl. dazu auch Kloepfer, Verhältnismäßigkeitsprinzip, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 333. Ferner BVerfGE 79, 311 II (341 ff., LS 4), Urt. v. 18.4.1989, zur größtenteils nur politisch zu ver-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Indes ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (nicht zuletzt wegen seiner nach herrschender Meinung zumindest subsidiär wohl mitzudenkenden Verankerung im global wirkenden Rechtsstaatsprinzip)556 nach vielen Stimmen umfassend zur Überprüfung allen staatlichen Handelns (und deshalb unabhängig von der Eingriffsqualität)557 herangezogen werden soll.558

antwortenden Abwägung des Haushaltsgesetzgebers, inwieweit dieser Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts i. S. d. Art. 115 I 2 GG durch eine Kreditfinanzierung konsumtiver Ausgaben bekämpfen will, anstelle einer dichten, verfassungsrechtlichen Kontrolle eines solchen Ansinnens am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Zudem sind beide Urteile des II. Senats insoweit obiter dicta, als entscheidungserheblich nur die konkreten Abgrenzungsfragen zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips in der im Grundrechtsbereich bekannten Form im jeweils betroffenen zwischenstaatlichen Bereich waren, nicht hingegen der generell-kategorische Ausschluss des Übermaßverbots für sämtliche Fallkonstellationen, in denen es an einem Eingriff in subjektive Rechte fehlt. Vgl. näher etwa Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG (2004), Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 188, zum Streitstand und den unterschiedlichen in Betracht kommenden Fallkonstellationen zwischenstaatlicher Konflikte. 556 Vgl. Kloepfer, Verhältnismäßigkeitsprinzip, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 331 (vgl. dort auch S. 338 zur Abwägung im Zusammenhang mit der objektiven Grundrechtsdimension); Voßkuhle, JuS 2007, 429 (ebd.); Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 (VII) (Bearb. 2006), Rn. 108; Kluth, JA 1999, 606 (607); Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 20, Rn. 80; Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 71; Sachs, GrundR (2003), A 10, Rn. 32. Für eine Verankerung im Rechtsstaatsprinzip, gerade um dem „offenkundigen Anliegen des GG“ zu entsprechen, staatliche Gewalt ganz grundsätzlich diesem Begründungszwang zu unterwerfen, Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII (Bearb. 1980), Rn. 72; ausschließliche Verankerung im Rechtsstaatsprinzip auch bei Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 251 f. Vgl. weiterhin die Nachweise bei Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG (2004), Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 179 für eine Rückbindung an das Rechtsstaatsprinzip sowie auch zur Gegenansicht; ferner Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 1 (III), Rn. 284 f. unter besonderer Betonung der Bindungsklausel des Art. 1 III GG, sowie die Ausführungen von Jakobs, Verhältnismäßigkeit (1985), S. 27 ff., 42 ff., der neben der Verortung im Rechtsstaatsprinzip die Grundrechte (nur) insofern als einschlägig ansieht, als die Verhältnismäßigkeit jeweils im Schnittpunkt der verschiedenen Grundrechte stehen solle, damit der Gesetzgeber die in ihnen verkörperten Werte nicht gegenseitig ausspielen könne. Gegen die Verankerung im Rechtsstaatsprinzip ebenso wie gegen die sonstigen herkömmlichen Begründungsversuche vgl. allerdings v. Arnauld, JZ 2000, 276 ff. (gegen das Rechtsstaatsprinzip insbesondere 276 f.). Dessen alternative Herleitung der Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus der Anwendung der Prinzipientheorie Alexys nimmt einen Eingriff in subjektive Rechte eines Grundrechtsträgers zwar nicht zur Voraussetzung, doch ist fraglich, inwieweit bei der Eigentumsgarantie angesichts der laut BVerfG bestehenden Gleichrangigkeit der Abwägungspole des Art. 14 II GG und Art. 14 I 1 GG das von ihm als entscheidend erachtete „dynamische Regel-Ausnahme-Verhältnis“ festgestellt werden könnte. Siehe überdies allgemein mit Nachweisen gegen die Prinzipientheorie Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 (S. 2175). 557 Wiedergabe der h. M. bei Ossenbühl, JURA 1997, 617 (620): „Die strenge Fixierung auf die Eingriffs-Verhältnismäßigkeit“ (Hervorhebung nicht im Original) sei durch die Ausdehnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu einem „allgegenwärtigen und ubiquitären Prinzip“ verloren gegangen. Weiterhin Schmidt-Aßmann, Rechtsstaat (2007), in: HbStR II, § 26, Rn. 87: „Abgestreift ist ebenso die Beschränkung auf die Rolle des Eingriffsmaßstabs“. Ferner so deutlich auch Sobota, Rechtsstaat (1997), S. 252 f. Zur Anwendbarkeit der Erforderlichkeits-

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Teilweise wird zudem explizit die Frage aufgegriffen, wie es um das Verhältnis von objektiven Grundrechtsgehalten und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestellt ist. Jedem Grundrecht könnten danach objektive Gehalte entnommen werden,559 jedenfalls aber Art. 14 GG.560 Die Anwendung dieser Gehalte nun „impliziert mit Notwendigkeit die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips als Abwägungsgrundlage“. Weil die Gehalte für verschiedene Grundrechtsträger nicht parallel laufend wirkend, weil eine „Tendenz zu Asymmetrie“ bestehe, sei eine Abwägung hier zwingend nötig.561 prüfung bei Nicht-Eingriffen vgl. im Übrigen noch Hirschberg, Verhältnismäßigkeit (1981), S. 73 f. und S. 185. Gerade in der Anerkennung der (allerdings modifizierten) Maßgeblichkeit der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch für die grundrechtsausgestaltende Gesetzgebung wird die Abkopplung vom Eingriffsgedanken sichtbar, vgl. hier zunächst nur Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 28, Windthorst, VerfR I (1994), § 10, Rn. 4, und nun auch Lerche, Grundrechtsschranken (1992), in: HbStR V, § 122, Rn. 10 (Fn. 30). Siehe dazu näher sogleich ab S. 164. 558 R. Schmidt, Verfassungsrechtliche Grundlagen, in: ders./Vollmöller, Kompendium Öff. WirtschaftsR (2007), § 2, Rn. 25; Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 24, Rn. 32 f.; Kloepfer, Verhältnismäßigkeitsprinzip, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 331, 333; Degenhart, StaatsR I (2007), Rn. 398; vor Rn. 396; vgl. überdies konkret mit Blick auf Art. 14 GG dessen wohl nicht eingriffsbezogene Prüfung in: Klausurenkurs StaatsR (2007), Rn. 317 ff.; Stern, StaatsR I (1984), § 20 IV 7 a (S. 862), sowie ders., StaatsR III/2 (1994), § 84 III 9 (S. 811), unter Hinweis auf die verfassungsrechtliche Stellung und auch unter expliziter Ablehnung einer als zwingend verstandenen Eingriffskonstruktion, vgl. aber ferner dens., § 84 I 5 (S. 774), zur Unterscheidung von grundsätzlich flächendeckender Geltung auf der einen sowie Inhalt und konkreter Anwendbarkeit auf der anderen Seite; vom Grundsatz her auch Voßkuhle, JuS 2007, 429 (429 f.); weitere Nachweise bei Krebs, JURA 2001, 228 (229), siehe dort auch dazu, dass eine solche Verortung naturgemäß die Konsequenz eines weiten Anwendungsbereichs hat. Für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes etwa im Bereich der Leistungsverwaltung vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG (2004), Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 187, m. w. N. auch zur Gegenansicht; Ehlers, VerwR, in: Erichsen/ders., AVR (2006), § 5, Rn. 24; sowie Ossenbühl, Übermaß, in: FS Lerche (1993), S. 151 f., zur diesbezüglichen Loslösung vom Eingriffsdenken. 559 Böckenförde, Der Staat 20 (1990), 1 (7); dies sei zumindest die jetzige Praxis des BVerfG, die sehr wohl hinterfragbar sei, siehe dazu ibid. S. 26 ff. 560 Vgl. Böckenförde, Der Staat 20 (1990), 1 (19) zum Mitbestimmungsurteil (BVerfGE 50, 290, Urt. v. 1.3.1979). 561 Böckenförde, Der Staat 20 (1990), 1 (19 f.) m. w. N. An späterer Stelle (S. 26 ff.) ruft Böckenförde indes zur Entscheidung auf, ob man die Verfassung entweder als bloße Rahmenordnung verstehen wolle, sodass insbesondere im Parlament wesentliche Entscheidungen zu treffen seien, oder ob man objektive Grundrechtsgehalte befürworte, dann aber als Konsequenz den „verfassunsgerichtlichen Jurisdiktionsstaat“ hinzunehmen habe. Diese Zuspitzung trifft mit Blick auf die hier besprochenen objektiven Grundrechtsgehalte des Art. 14 GG wohl nicht zu. Erkennt man nämlich die Normgeprägtheit an, so besteht deshalb kaum mehr die Möglichkeit eines klassisch einzig gegen den Staat gerichteten Freiheitsgrundrechts. Dem „Federstrich des Gesetzgebers“ (S. 29) würden nicht einmal durch einen „Rahmen“ oder gewisse „Pflöcke“ Grenzen gesetzt, er könnte – solange man nicht einen vorstaatlichen Gehalt des Eigentums vertritt – die Substanz des Grundrechts vernichten (dazu näher unten ab S. 171). Besteht aufgrund der Normgeprägtheit somit ein sachlicher Grund, hier objektive Grundgehalte anzuerkennen, ist daher auch nicht die von

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Schon generell skeptisch gegenüber Rückschlüssen aus allgemeinen Diskussionen um den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und damit auch kritisch zur Annahme zwingender Eingriffsbezogenheit einer jeden Abwägung sind wohl diejenigen Literaturauffassungen einzustufen, die den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bereichsspezifisch fundiert sehen wollen, hier also im Grundrecht des Art. 14 GG.562 Danach wäre die Frage, ob die eigentumsgrundrechtliche Abwägung eingriffsbezogen ist, von vornherein erst speziell im Hinblick auf die Besonderheiten dieses Grundrechts – sprich hier vor allem die Normgeprägtheit – anzugehen. Festzuhalten bleibt, dass es fast durchgängig an klaren Bekenntnissen im Sinne einer zwingenden Eingriffsbezogenheit einer jedweden Verhältnismäßigkeitsprüfung fehlt, gleichzeitig aber ein umfassender Wirkungsbereichs der Verhältnismäßigkeit weit über klassische Eingriffssituationen hinaus angenommen wird. Somit kann nicht davon gesprochen werden, dass das Vorliegen eines Eingriffs (in subjektive Rechte) von der herrschenden Meinung563 als zwingende Vorbedingung für die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips verstanden wird. (2) Zur Rechtsfigur der Grundrechtsausgestaltung Die Normgeprägtheit u. a. des Art. 14 GG hat das Schrifttum dazu herausgefordert, bereichsspezifische Klärungen564 herbeizuführen. Es bedarf deshalb der Auseinandersetzung mit der Rechtsfigur der sog. Grundrechtsausgestaltung, will man Antwort darauf geben, inwieweit eine wirksame Abwägung tatsächlich einen Eingriff Böckenförde mit drastischen Worten geschilderte Folge zwingend, in einen Jurisdiktionsstaat abzugleiten – die Einhaltung eines bloßen Rahmens trotz objektiver Gehalte ließe sich begründen. Die allgemeine Frage nach dem Zusammenhang von Jurisdiktionsstaat und objektiven Grundrechtsgehalten ist losgelöst von diesem spezifischen Problem zu behandeln (vgl. allgemein dazu aus neuerer Zeit etwa Stern, Ausstrahlungswirkung der Grundrechte, in: FS Wiedemann (2002), S. 141 ff.). 562 Zur ausschließlichen oder zumindest vorrangigen Verortung in den jeweils einschlägigen Grundrechten vgl. etwa Schmidt-Aßmann, Rechtsstaat (2007), in: HbStR II, § 26, Rn. 87; Schnapp, JuS 1983, 850 (852 f.); ders., in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 20, Rn. 32; zur Spezialität der Grundrechte vgl. Maurer, StaatsR (2007), § 8, Rn. 55; Stern, StaatsR III/2 (1994), § 84 II 4 (S. 783 f.); Pieroth, Rückwirkung (1981), S. 96 f.; Ossenbühl, Übermaß, in: FS Lerche (1993), S. 158, der den oben Fn. 552 zitierten monographischen Untersuchungen zur Verhältnismäßigkeit gerade deshalb attestiert, sie würden „wenig weiter helfen“, weil sie nicht genügend Rückbezug zu den spezielleren Normen (einschließlich der Grundrechte) hätten. Der oben im Text gezogene Rückschluss greift indes nicht, soweit es explizit um eine Anknüpfung „im subjektiv-rechtlichen Abwehrbereich der Grundrechte“ geht, so Krebs, JURA 2001, 228 (233) sowie dann S. 234 zur expliziten Ablehnung „im objektiv-rechtlichen Grundrechtsbereich“ m. w. N. auch zur a. A. etwa des BVerfG. 563 Explizit a. A. als diese herrschende Auffassung Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol (1975), S. 62; vgl. ferner noch Ossenbühl, wie oben in Fn. 551 wiedergegeben sowie Krebs, JURA 2001, 228 (234). 564 Dahinstehen kann hier, inwieweit die Lehren von der Grundrechtsausgestaltung nur deskritiven Charakter haben, vgl. dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 69 sowie kritisch Schnapp, JuS 1983, 850 (854); Jestaedt, Grundrechtsentfaltung (1999), S. 379 f.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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voraussetzt. Ob (Inhalts- und) Schrankenbestimmungen auch Eingriffe im Sinne der Grundrechtsdogmatik darstellen können, bedarf hier keiner näheren Erörterung.565 Jedenfalls aber fand das Schrifttum mit der Lehre von der Grundrechtsausgestaltung eine Antwort darauf, dass – zumindest zukunftsgerichtet betrachtet – im Eigentumsbereich die gesetzgeberische Tätigkeit i. S. d. Art. 14 I 2 GG überhaupt erst das Schutzgut konturiere566 und konstituiere.567 Dies sei eine vom Eingriff zu unterscheidende Ausformung, Ausgestaltung,568 Norm-569 oder Grundrechtsprägung.570 Lerche, Isensee und andere haben begründet, dass Verhältnismäßigkeitserwägungen i. S. d. zum Abwägungsgebot gemachten Ausführungen des BVerfG auch im Bereich des Art. 14 I 2 GG Anwendung fänden,571 und damit also, wie sich aus dem Zusammenhang hier zwingend erschließt, trotz fehlenden Eingriffscharakters.572 565 Zur Bejahung des Eingriffscharakters von („Inhalts- und“) Schrankenbestimmungen siehe unten ab S. 216. Darin liegt überdies kein Widerspruch zur Ansicht, wonach eine Ausgestaltung niemals in einen Eingriff umschlagen könne (siehe etwa Jarass, Funktionen, in: HGR II (2006), § 38, Rn. 58 m. w. N.). Schließlich ist eine dogmatisch exakte, zeitliche Trennung auch von einheitlich formulierten Regelungen vorzunehmen, sodass Ausgestaltung (= Inhaltsbestimmung) sowie Eingriff deutlich unterscheidbar und unvermischt bleiben, siehe hierzu unten ab S. 216. 566 Lerche, Schutzbereich, Prägung, Eingriff (1992), in: HbStR V, § 121, Rn. 2. 567 Lerche, Schutzbereich, Prägung, Eingriff (1992), in: HbStR V, § 121, Rn. 39. 568 Jarass, Funktionen, in: HGR II (2006), § 38, Rn. 56 ff.; Lerche, Schutzbereich, Prägung, Eingriff (1992), in: HbStR V, § 121, Rn. 4 f. 569 Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte (2006), S. 99. 570 Die gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung wird als „deutlichste Form der Grundrechtsprägung“ bezeichnet bei Lerche, Schutzbereich, Prägung, Eingriff (1992), in: HbStR V, § 121, Rn. 39; in Rn. 10, 38, sowie in Grundrechtsschranken (1992), in: HbStR V, § 122, Rn. 2. Dort sieht er in Präzisierung früherer Aussagen in der Bezeichnung „Grundrechtsprägung“ den umfassenden Gegenbegriff zum Grundrechtseingriff, der sämtliche von Letzterem zu unterscheidenden Erscheinungsformen umfasse. 571 Einzelheiten insbesondere zu den jeweiligen Gesamtkonzeptionen mit Blick auf die Grundrechtsausgestaltung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 67 ff. Mit Blick auf die Anwendung von Abwägungen siehe Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen (1992), in: HbStR V, § 115, Rn. 141; Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 28 (modifizierte Anwendung der Verhältnismäßigkeit insoweit, als „der Gesetzgeber eine größere Bewegungsfreiheit in Anspruch nehmen“ darf bei der Ausgestaltung; Bethge, VVDStRL 57 (1998), 7 (28 ff.); wohl auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 1 (III), Rn. 288; a. A. Steinbeiß-Winkelmann, Grundrechtliche Freiheit und staatliche Freiheitsordnung (1986), S. 110 f. Ferner Lerche, Grundrechtsschranken (1992), in: HbStR V, § 122, Rn. 10, vor allem in Fn. 30; vgl. ferner Rn. 16, Fn. 41. Weiterhin Wiedergabe der Rechtsprechung des BVerfG unter explizitem Einschluss der „Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“ bei Lerche, Sozialbindung und Urheberrecht, in: FS Reichardt (1990), S. 104, sowie auch eigenständige Ausführungen zur Anwendung von Verhältnismäßigkeitserwägungen, die allerdings weniger „individuell-abtastend“ als in „stattlichem Maße“ typisierend gestaltet sein sollen (S. 109 f.). Die insoweit gerade dadurch wohl immer noch recht deutlichen Abstriche, die Lerche bei der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu machen gedenkt, sind wohl

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Dieser Befund wird durch Arbeiten neueren Datums573 untermauert. So wird teilweise vorgetragen, dass, wenn auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht direkt angewandt werden könne, so doch die Pflicht zu einem schonenden Ausgleich bestehe.574 Wieder anders wird der oben beschriebene Abwägungsgrundsatz explizit als Beispiel dafür benannt, dass deutlich mehr als „nur ein den ,Leerlauf der Grundrechte verhinderndes Mindestmaß an Freiheitsbetätigung“ bei der Ausgestaltung garantiert sei.575 Erkannt wird dabei, dass die Anknüpfung an den Begriff „Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“ insoweit nicht überbewertet werden darf, als „es sich hierbei doch um ein ,Begriffschamäleon [handelt], dem jeder zustimmen kann, unter dem aber jeder etwas anderes versteht“.576 Die Meinungslage resümierend hält aber Gellermann in seiner Habilitationsschrift fest, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung

durch die von ihm noch immer vertretene, durch den Nassauskiesungsbeschluss jedoch zu Recht weitgehend zurückgedrängte (a. A. Lerche 1990: „verbreitete Meinung“, S. 108) Dogmatik veranlasst, die glaubt, enteignende, nach Art. 14 III GG zu behandelnde Maßnahmen anhand der Folgen nach Maßgabe der „Schwelle zum Sonderopfer“ (S. 104) opferorientiert (S. 110, vgl. noch S. 108) abgrenzen zu können. Insgesamt anders zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Art. 14 GG noch Lerche, Übermaß (1961), S. 140 ff, 155 ff. Dort wurde die Prüfung der von ihm unterschiedenen Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit aufgrund der grundrechtsprägenden Qualität der Inhalts- und Schrankenbestimmungen kategorisch verneint; es fehle am hierfür notwendigen spezifischen Eindringen in einen schon vorhandenen „Rechtsbezirk“; anderes gelte nur für die Enteignung (S. 140). Vgl. zu dieser dem Gesetzgeber ganz erheblich weite Entscheidungsspielräume eröffnenden Auslegung etwa die Kritik bei Breuer, Bodennutzung (1976), S. 31 ff. Allerdings ist auch hier darauf hinzuweisen, dass diese Auffassung vor dem Hintergrund gesehen werden muss, dass Lerche im Unterschied zu heute damals noch mit der herrschenden Auffassung davon ausgehen durfte, dass es einen sehr weiten Enteignungsbegriff gäbe, welcher dem Gesetzgeber ohnehin nur sehr geringen Raum ließe, nicht aus Sicht des schon dadurch subjektiv hinreichend geschützten Betroffenen enteignend, sondern allein inhalts- und schrankenbestimmend tätig zu werden. Vgl. so auch Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 139, Fn. 227. 572 Siehe so auch Jarass, Funktionen, in: HGR II (2006), § 38, Rn. 59 bei Fn. 176 i. V. m. Rn. 58; ders. in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 20, Rn. 81 sowie Vorb. Art. 1, Rn. 34; zu Jarass, AöR 110 (1985), 363 (390 ff.) sowie dessen Deutung durch Eschenbach, Eigentum (1996), S. 481, Fn. 66, S. 441, Fn. 1677 siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 74 f., Fn. 339. Vgl. ferner die Ausführungen bei Breuer, Bodennutzung (1976), S. 33 ff., in denen wegen des aus Art. 14 I 2 GG resultierenden Regelungsauftrags eine Abwandlung der allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne einer eigentumsspezifischen Modifizierung des sonstigen Prüfungsaufbaus vorgenommen wird. 573 Die zeitlich den Arbeiten Lubbergers, Kempens und Eschenbachs nachfolgten. 574 So, im Ergebnis sehr restriktiv, Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte (2006), S. 141 – 145; siehe zu anderen Aspekten von dessen Konzeption unten S. 227, Fn. 826. Siehe im Sinne einer Eingriffsbezogenheit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes argumentierend auch Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 342. 575 Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 329, 330 f. 576 So Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 332 unter Rückgriff auf einen Diskussionsbeitrag Isensees.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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„– jedenfalls nach überwiegend vertretener Auffassung – einem verfassungsrechtlichen Postulat der ,Verhältnismäßigkeit unterliegt“.577 (3) Zurückweisung der prinzipiell einen Eingriff fordernden Ansichten Erst im folgenden Abschnitt soll es darum gehen nachzuweisen, weshalb eine eingriffsunabhängige Abwägung möglich und notwendig ist. Doch schon vor dem Hintergrund der Auswertung von Rechtsprechung und Schrifttum zeigt sich, dass diejenigen Stimmen, die auf einem Eingriff als Voraussetzung der Verhältnismäßigkeitskontrolle bestehen,578 nicht überzeugen können. Schließlich hat sich gezeigt, dass sich nicht, wie vorgetragen, eine herrschende Meinung für eine strikte Eingriffsbezogenheit einer jeden Verhältnismäßigkeitsprüfung feststellen lässt.579 Aber auch nach hinreichend substantiierten Ausführungen, die die allgemeine Diskussion zu dieser Fragestellung aufgreifen und weiterführen könnten, sucht man vergebens. Insbesondere hätte es einer sachangemessenen580 Auswertung der Rechtsprechung des BVerfG bedurft. Weil und soweit sich hierbei eine Rechtspraxis aufzeigen lässt, die systemimmanent schlüssig und hinreichend schutzintensiv ohne Eingriffsbezug Abwägungen vornimmt, bedarf es zunächst der Auseinandersetzung hiermit, will man Abweichendes vortragen. bb) Zur Möglichkeit einer eingriffsunabhängigen Abwägung Vor dem Hintergrund der Feststellung, dass vor allem das BVerfG eine wirksame objektive Verhältnismäßigkeitskontrolle in Form des sog. Abwägungsgebots anwen577 Ibid. S. 334. Auch er selbst fordert eine Angemessenheitsprüfung bei der Ausgestaltung, ibid. S. 350 ff., 360 ff. auch unter Rückgriff auf das Abwägungsgebot des BVerfG (etwa ibid. S. 350, Fn. 193). Dessen strukturgebende Wirkkraft wird aber teilweise wohl unterschätzt, siehe ibid. S. 356 f. 578 Siehe oben die Darstellung ab S. 156. Insoweit ist überdies an die vielen Literaturstimmen zu denken, die bei der Kontrolle von Inhalts- und Schrankenbestimmungen zukunftsgerichtet allein die Institutsgarantie heranziehen wollen und damit implizit von einer Eingriffsbezogenheit der Verhältnismäßigkeitskontrolle ausgehen, siehe zur Darstellung oben ab S. 152. 579 Siehe mit Blick auf Lubberger eingehende Zurückweisung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 70 f. zudem mit Blick auf die fehlende Aussagekraft derjenigen Literaturstimmen, die er zur Stützung seiner Ansicht heranzieht, etwa Lerche, Schnapp, JuS 1983, 850; Gentz, NJW 1968, 1600 und Wendt, AöR 104 (1979), 414. Hinsichtlich Kempen siehe Grochtmann, ibid. S. 71. Bei Eschenbach ist zu bemängeln, dass er die Ansicht nicht hinreichend substantiiert, dass mangels Eingriffs keine strukturierte Verhältnismäßigkeitskontrolle zu erreichen sei, insbesondere in Anbetracht der das Gegenteil aufzeigenden Rechtsprechung. Siehe hierzu sogleich im Text sowie zu Eschenbach ablehnend Grochtmann, ibid. S. 71 – 74. 580 Es ist ein Trugschluss, wie beispielsweise Lubberger davon auszugehen, man müsse sich nicht mit der diesbezüglichen Rechtsprechung auseinandersetzen, da sie unschlüssig sei, siehe etwa Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 225 (die Eingriffsthese werde durch das BVerfG „sowohl kategorisch verneint als auch in Einzelfällen bejaht“, sie werde „sowohl theoretisch ausdrücklich abgelehnt als auch faktisch ständig vorausgesetzt“).

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

det, ist nun zu hinterfragen, ob sich dieses Vorgehen so (oder ähnlich) in die Strukturen einer in sich schlüssigen Eigentumsdogmatik einfügen lässt. Dazu bedarf es zunächst eines näheren Blickes auf die Verankerung dieses vom BVerfG eingeforderten Abwägungsgebots. Ziel jener Verhältnismäßigkeitskontrolle ist es, den Raum zu umgrenzen, außerhalb dessen es dem einfachen Gesetzgeber verwehrt ist, gestalterisch tätig zu werden. Wenn die Abwägung zur Ermittlung der dem Gesetzgeber auferlegten Grenzen durch die zwei in Art. 14 I 1 GG sowie in Art. 14 II GG verorteten Abwägungspole determiniert ist, wenn also das dem Gesetzgeber zur Gestaltung geöffnete Spannungsfeld immer im Rückgriff auf diese beiden Direktiven bestimmt werden soll,581 so wird deutlich, dass diese Verhältnismäßigkeitsprüfung somit direkt in Art. 14 GG selbst verankert ist.582 Es handelt sich nicht um eine außergrundrechtliche, lediglich im Rechtsstaatsprinzip verankerte, allgemeine Form der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.583 Vielmehr lässt sich diese Abwägung erklären als eine auch aus der Auslegung einfachen Rechts bekannte Methode, durch Blick auf die Systematik eine durch eine Norm grundsätzlich eingeräumte Kompetenz (Art. 14 I 2 GG) mit Blick auf die „ermächtigende“ Norm in ihrer Gesamtheit (hier insbesondere: Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG) adäquat einzugrenzen.584 Angesichts zweier mitunter konträrer Gesichtspunkte, die in Anbetracht der ermächtigenden Norm des Art. 14 GG hier zu beachten sind, kann die notwendige Eingrenzung nur im Rahmen einer beide Direktiven beachtenden Abwägung geschehen. Dass aus dem dürren Wortlaut der Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG durch das BVerfG Abwägungsdirektiven herausgelesen werden können, die die Reichweite der gesetzgeberischen Gestaltungsspielräume umreißen, darf im Ergebnis nicht verwundern. Denn wenn es schon größtenteils akzeptiert wurde, eine Institutsgarantie als dogmatische Rechtsfigur aus Art. 14 I 1 GG zu folgern,585 kann es dem BVerfG nicht 581 Vgl. oben die Nachweise S. 101, Fn. 313, aus der Literatur schon früh in aller Präzision Battis/Schmittat, NuR 1983, 102 (104 f.), vgl. ferner statt vieler Thormann, Sozialbindung (1996), S. 140. 582 Vgl. so wohl auch das Verständnis des BVerfG bei R. Schmidt, Verfassungsrechtliche Grundlagen, in: ders./Vollmöller, Kompendium Öff. WirtschaftsR (2007), § 2, Rn. 61 (Herleitung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch das BVerfG „aus dem Nebeneinander von Art. 14 I 1 GG und der Sozialpflichtigkeit des Art. 14 II 2 GG“); ferner Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 80. 583 So jedoch Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 226, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass er einer von der h. M. fundamental abweichenden Vorstellung des Eigentumsbegriffs des Art. 14 I 1 GG anhängt, welche die spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Wertungen enthalten solle; vgl. dazu ausführlich oben S. 87 ff. 584 Um dieses Ergebnis zu erreichen, bedarf es auch nicht des expliziten Rückgriffs auf die Prinzipientheorie Alexys (vgl. GrundR (1985)); a. A. wohl Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 103 ff. 585 Innerhalb kürzester Zeit in den zwanziger Jahren hat sich dieses Rechtsinstitut zunächst unter der Geltung der WRV durchgesetzt; weitestgehend unumstritten blieb auch die Weiterverwendung dieser Konstruktion im Rahmen der Eigentumsdogmatik des Art. 14 GG durch das

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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verwehrt werden, auch objektive Wertentscheidungen aus Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG zu entnehmen, die dann als Maßstab einer Verhältnismäßigkeitsprüfung herangezogen werden können.586 Erkennt man die eigenständige Herkunft der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung an, besteht auch kein Anlass, unvermittelt auf in anderen Bereichen bekannte Eingriffsvorstellungen zurückzugreifen (ungeachtet der Frage, ob solche Vorstellungen mit Blick auf andere Bereiche überhaupt zutreffend sind)587. Ob und inwieweit man auf die Dogmatik des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bzw. dessen Elemente588 zurückzugreifen hat, um im Einzelnen eine angemessene Struktur der eigentumsgrundrechtlichen Abwägung herauszuschälen, kann hier dahingestellt bleiben.589 Denn jedenfalls ergibt sich aus der Verankerung dieser Prüfung in Art. 14 GG selbst, dass es bezüglich ihrer Anwendung auf den Eingriffscharakter der Inhalts- und Schrankenbestimmungen nicht ankommen kann. Diese Verankerung ist Resultat einer aus dem systematischen Zusammenhang heraus erfolgenden, objektiven Eingrenzung der durch Art. 14 I 2 GG grundsätzlich gewährten Gestaltungsfreiheit. Immer dann, wenn der Gesetzgeber hiervon Gebrauch macht, stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Reichweite dieser ihm zugedachten Gestaltungsmöglichkeit. Somit muss auch jedes Mal die diese Frage beantwortende Verhältnismäßigkeitskontrolle vollzogen werden. Mit Fug und Recht führt das BVerfG deshalb aus, dass jede Inhalts- und Schrankenbestimmung verhältnismäßig sein muss.590

BVerfG, vgl. allgemein zur Institutsgarantie ab S. 197, zur Entstehungsgeschichte ab S. 205 bei Fn. 731. 586 Unter Bezug auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 76 zustimmend Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 103; siehe ferner dens., DVBl. 2006, 25 (31). 587 Vgl. die Wiedergabe des insoweit unübersichtlichen Meinungsstands oben ab S. 159, wonach davon auszugehen ist, dass auch in Bezug auf den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zumindest nicht von einer strikten Eingriffsbezogenheit auszugehen ist, vgl. vor allem S. 162, Fn. 557 f. mit Nachweisen auf die Literaturstimmen, die gerade wegen der Verankerung der allgemeinen Verhältnismäßigkeit im global wirkenden Rechtsstaatsprinzip davon ausgehen, dass der Bezug dieser Prüfung zum Eingriff nicht besteht bzw. verloren gegangen ist. 588 Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit, vgl. statt vieler Maurer, StaatsR (2007), § 8, Rn. 57. 589 Nach Auffassung Schwerdtfegers, Dogmatische Struktur (1983), S. 19, ziehe das BVerfG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Erläuterung des Abwägungsgebots heran. Vgl. zur nominellen Gleichsetzung des Abwägungsgebots mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch das BVerfG oben S. 150. Siehe gegen die Anwendbarkeit aller Teilgehalte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beispielsweise Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 336 ff.; Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 81 f.; Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 107 f. Wie Letztere auch Böckenförde, Der Staat 20 (1990), 1 (20 f.), der zudem die Unterschiede zwischen der Angemessenheit als „dritt[em] Glied der klassischen Verhältnismäßigkeit“ sowie der Abwägung bei objektiven Grundrechtsgehalten hervorkehrt. 590 Vgl. die Nachweise oben S. 132, Fn. 432.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Zusammenfassend festgehalten werden kann zunächst, dass der vom BVerfG praktizierten objektiv-generellen Verhältnismäßigkeitsprüfung i. S. d. Abwägungsgebots grundsätzlich nicht mangelnde dogmatische Stringenz vorgeworfen werden kann. Es bleibt aber die ebenso dringliche Frage zu beantworten, ob aufgrund des deshalb nicht gegebenen Bezugs zum Eingriff generell eine dogmatisch befriedigende Struktur dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung gefunden werden kann,591 die zudem einen hinreichend effektiven Eigentumsschutz aus der Sicht der Grundrechtsträger ermöglicht. Die Rechtsprechungspraxis des BVerfG hat aber gezeigt, dass in Herausarbeitung und fallweiser Präzisierung der oben dargestellten Abwägungsdeterminanten592 Strukturen gefunden worden sind, die diese Judikatur zumindest hinreichend berechenbar machen.593 Vergleicht man nun diese Strukturen mit denen des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, so kann den aufgrund der unterschiedlichen Verankerung resultierenden Abweichungen nicht ein allzu hohes Gewicht beigemessen werden, was speziell die Möglichkeit einer praktikablen und strukturiert-nachvollziehbaren Ausübung der Kontrolle betrifft. Denn auch wenn sich ein gewisses Unbehagen bezüglich des Abwägungsgebots des Art. 14 GG nicht vermeiden lässt, so steht dem auf der anderen Seite nicht eine dogmatisch saubere, aufgrund der Eingriffsbezogenheit problemlose Alternative in Form des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber.594 Die dogmatischen Ungereimtheiten bei der rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung sind zu groß, als dass man aus den etwaigen Unwägbarkeiten der objektiven eigentumsgrundrechtlichen Abwägung schon deren Scheitern folgern könnte. Ein Gegensatz zwischen rechtsstaatlich strukturierter

591 Insoweit verneint dies Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 226 f. 592 Siehe S. 103 ff. 593 Siehe nun dazu die Systematisierung der Rechtsprechung bei Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 303 – 323. Zur Bedeutung der Berechenbarkeit der bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur vgl. beispielsweise Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 1 (III), Rn. 263 m. w. N. Möglicherweise könnte im Übrigen noch das überkommene Instrumentarium zur Abgrenzung zwischen entschädigungsloser Sozialbindung und enteignenden Maßnahmen nach Maßgabe der Rechtsprechung von BGH, BVerwG und der dies damals unterstützenden Literatur für die eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung fruchtbar gemacht werden, um durch diese gefestigten Strukturen zu einer weitergehenden Berechenbarkeit der Rechtsprechung zu kommen. Vgl. zu dieser Möglichkeit und den damit verbundenen Gefahren oben S. 124 m. w. N. in Fn. 407. 594 Vgl. oben S. 160, Fn. 552 m. w. N. Die Uneinigkeit über die Strukturen der allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprüfung dauern an (siehe beispielsweise besonders kritisch Leisner, NJW 1997, 636 passim), obwohl deren dogmatische Grundlegung unter dem Grundgesetz schon Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre erfolgte. Es wäre daher ein Trugschluss, davon auszugehen, allein und umfassend durch die Eingriffsbezogenheit dogmatische Klarheit zu erlangen.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Übermaßkontrolle einerseits und unstrukturierter Billigkeitsrechtsprechung bei Anwendung des Abwägungsgebots andererseits lässt sich so nicht belegen.595 Auch wird dem Grundrechtsträger nicht von vornherein – trotz vom Ansatzpunkt objektiver Abwägung, die seine subjektive Betroffenheit nicht unmittelbar zum Ausgangspunkt nimmt – ein hinreichend effektiver und wirksamer Grundrechtsschutz verweigert. Schließlich spricht nichts dagegen, dem aus Art. 14 I 1 GG zu folgernden Abwägungspol objektive Schutzgehalte in solch einem Umfang zu entnehmen,596 bis der dem Gesetzgeber überlassene Rahmen dem Freiheitsgrundrecht der Eigentumsgarantie entsprechend ausreichend „eigentümerfreundlich“ eingeengt ist. Der bloß mittelbare Nutzen des einzelnen Eigentümers verhindert bei entsprechender Auslegung nicht die Schaffung einer Lage, die diesem sehr günstig ist; durch den objektiven Ansatzpunkt der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung ist also deren Ergebnis nicht schon vorentschieden im Sinne einer vergleichsweise eigentümernachteiligen Wirkung. Hieraus folgt: Eine objektive, nicht eingriffsbezogene Verhältnismäßigkeitskontrolle im Sinne des vom BVerfG herausgearbeiteten Abwägungsgebots lässt sich im dogmatischen Rahmen der herrschenden Meinung stringent begründen und fällt in der Nachvollziehbarkeit und dem Schutzgehalt ihrer Strukturen zumindest nicht gravierend hinter die des allgemein rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zurück. Im Übrigen kann sowohl auf genügend Beschreibungen in der Literatur597 als auch auf eine im praktischen Ergebnis zumeist hinreichend die Balance haltende Judikatur des BVerfG zurückgegriffen werden. Die Möglichkeit, in sich stimmig und der grundrechtlich notwendigen Schutzintensität entsprechend eine eigentumsgrundrechtliche Abwägung objektiv-generell unabhängig vom Eingriffscharakter der gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmungen durchzuführen, besteht also. b) Notwendigkeit der objektiven Prüfung des Abwägungsgebots für einen effektiven Eigentumsschutz In einem muss man den Kritikern der herrschenden Meinung sicherlich zustimmen: Eine Eigentumskonzeption, auf deren Grundlage eine durchgängig wirksame Verhältnismäßigkeitskontrolle nicht zu verwirklichen ist, kann kaum aufrechterhalten werden. Bei näherem Hinsehen ergibt sich nämlich, dass es im Hinblick auf einen 595

Es bedarf insoweit nicht einmal der Entscheidung, inwieweit es angebracht ist, zu den oben genannten eigentumsgrundrechtlichen Determinanten der Abwägung auf die Teilelemente des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zurückzugreifen, um so eine bessere Strukturierung zu erlangen, siehe schon soeben S. 169, Fn. 589. Die Rechtsprechung des BVerfG erscheint insoweit uneinheitlich. Unabhängig von dieser Frage ist aber gleichwohl schon ein hinreichendes Maß an Vorhersehbarkeit und Effektivität erreicht. 596 Und insoweit die aus Art. 14 II GG zu entnehmende Abwägungsdirektive zurückzudrängen. 597 Vgl. statt vieler Thormann, Sozialbindung (1996), S. 136 ff., 169 ff.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

angemessenen Schutzgehalt notwendig ist, das wirksam substantiierte Abwägungsgebot objektiv anzuwenden, wenn man nicht die Eigentumsgarantie über Umwege eben doch zu einem Grundrecht nach Maßgabe der Gesetzgebung verkommen lassen will. Wäre ein Eingriff Voraussetzung dafür, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Maßstäbe durchführen zu können, könnte der Gesetzgeber über kurz oder lang beginnen, die nunmehr geltende, zwischen den Direktiven des Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG austarierte Eigentumsordnung im großen Stil auszuhöhlen (gleich welche Richtung er dabei einzuschlagen sucht)598. Denn auf dem Boden der Rechtsprechung des BVerfG und der herrschenden Meinung ist subjektiv-rechtlich in der Hand des einzelnen Grundrechtsträgers nur das konkret erworbene und gesetzlich zugeordnete Eigentum geschützt. In die künftige Ausgestaltung der Eigentumsordnung gesetzte Erwartungen sind durch Art. 14 GG nicht geschützt; sie verbleiben insoweit subjektiv-rechtlich irrelevante, schutzlos gestellte Chancen.599 Daraus wiederum erhellt sich, weshalb der einfache Gesetzgeber die spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Bindungen weitgehend600 umgehen kann, ginge man

598

Denn nicht nur der von Leisner gefürchtete, die Eigentümerinteressen gänzlich hintan stellende Gesetzgeber könnte auf den Plan gerufen werden; ebenso vehement abzuwehren gilt es die zur anderen Seite extreme Vorstellung einer Gesetzgebung, die unter Missachtung der verfassungsrechtlich geforderten Sozialbindung den Eigentümer aus seiner Verantwortung entbindet und die Kosten zügelloser Eigentumsnutzung der Allgemeinheit aufbürdet. 599 Vgl. statt vieler BVerfGE 83, 201 (211), Beschl. v. 9.1.1991 m. w. N; ferner 110, 274 (290), Urt. v. 20.4.2004; 105, 252 (277), Beschl. v. 26.6.2002; 77, 370 II (377), Beschl. v. 20.1.1988; 68, 193 (222), Beschl. v. 31.10.1984; 45, 272 II (296), Beschl. v. 21.6.1977; 20, 31 (34), Beschl. v. 20.4.1966; 17, 232 (248), Urt. v. 13.2.1964; siehe auch die Abgrenzungsbemühungen von „im Werden begriffenen Positionen“ zu bloß „potentiellen Erwerbsaussichten“ bei BVerfGE 114, 1 (41, 38), Urt. v. 26.7.2005; siehe ferner BVerwGE 102, 260 (268), Urt. v. 21.11.1996; BGHZ 125, 293 (299), Urt. v. 17.3.1994; aus der Literatur statt vieler Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 20 f.; Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 196 f.; Badura/Huber, Öffentliches Wirtschaftsrecht (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 3. Abschn., Rn. 56; Jarass, in: ders/Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 22; kritisch allerdings Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 21. Siehe ferner Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 75 f. zum auch abgesehen von Art. 14 GG ganz allgemein fehlendem Vertrauensschutz bei nur die Zukunft betreffenden Änderungen von Gesetzen (stattdessen verbliebe nur das bloß im verfassungspolitischen Bereich verbleibende Postulat einer „hektische Sprünge“ vermeidenden Kontinuität), so etwa auch BVerfGE 77, 370 II (377), Beschl. v. 20.1.1988. Selbst bei Annahme der Einengungen, die Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 177 ff. (insb. S. 179), vornehmen möchte, ändert sich vom Ergebnis kaum etwas. Nach ihm könne es Vertrauen auch in die Zukunft hinein geben. Die alleinige Bezugnahme auf die Rückwirkung sei eine unzulässige Verengung des Vertrauensschutzgrundsatzes. Nur könnte eben auch ein solches Vertrauen nicht lange vorhalten. 600 Das gleichwohl der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgelagerte (vgl. aber auch S. 181, Fn. 637) und deshalb immer zu beachtende Erfordernis der Berufung auf ein Allgemeininteresse i. S. d. Art. 14 II GG (dazu unten ab S. 181) allein wäre angesichts der Weite des Art. 14 II GG ebenso wenig hinreichendes Hindernis wie die nur in engen Grenzen wirkende

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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davon aus, jedwede Abwägung setze zwingend einen Eingriff voraus. Der Gesetzgeber muss sich dann nur genügend darum bemühen, neue Inhalts- und Schrankenbestimmungen nicht auf Altfälle rückwirken zu lassen. Er ist einzig insoweit eingegrenzt, als er sich damit begnügen muss, seine ohne Abwägungskontrolle gewonnenen Vorstellungen erst ab Erlass des neuen Gesetzes wirken zu lassen. Ein Verweis auf die engmaschige und sachlich äußerst weitgreifende, schon bestehende Normierung der Eigentumsordnung601 vermag diesbezüglich keine Abhilfe zu schaffen.602 Rechtstechnisch ist es schließlich ein Leichtes, mittels Übergangsregelungen die Auswirkungen neuer Inhalts- und Schrankenbestimmungen auf in der Zukunft liegende Sachverhalte zu begrenzen,603 sei es auch nur in der radikalen Form, die alten gesetzlichen Eigentumsregeln unangetastet auslaufen zu lassen, indem sie weiterhin volle Geltung behalten für das schon vor Gesetzeserlass begründete Alteigentum. Es bedürfte dann nur noch eines hinreichend langen Atems, um mit Zeitablauf mit anzusehen, wie nunmehr einheitlich die neue, nicht mehr am eigentumsspezifischen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemessene Eigentumsordnung das Rechtsleben bestimmte. Die mitunter herangezogene Bezeichnung des Gesetzgebers als „Schöpfer“ der Eigentumsordnung604 würde eine neue Qualität gewinnen, wenn dieser sich in die Zukunft hinein mangels Geltung einer effektiven Verhältnismäßigkeitsprüfung als weitgehend ungebunden fühlen dürfte. Man denke nur an den Sachverhalt, der dem am Vortag des Nassauskiesungsbeschlusses ergangenen, mit leichter Verzögerung auch für Furore sorgenden Beschluss des BVerfG über das hessische Pflichtexemplarrecht605 zugrunde lag. Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem es um die eigentumsspezifische Verhältnismäßigkeit einer Regelung ging, die auch die Verleger von in Kleinstauflagen vertriebenen „bibliophilen Luxusbüchern“ verpflichtete, ein Belegstück an eine bestimmte Landesbibliothek unentgeltlich abzugeben.606 Griffe die VerhältnismäßigInstitutsgarantie im traditionellen Sinne (siehe unten ab S. 197). Zu weiteren, nicht (unbedingt) eigentumsspezifischen Schutzwirkungen sogleich S. 174 in Fn. 607. 601 So explizit Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 61, zitiert oben S. 155, Fn. 530, weitere Nachweise zur engmaschigen Normierung der Eigentumsordnung S. 155, Fn. 528. 602 So auch Wickel, Bestandsschutz (1996), S. 40 f., wonach dieser Verweis „dann nicht zu überzeugen [vermag], wenn es um die abstrakte Ausgestaltung der Eigentumsordnung durch eine Inhalts- und Schrankenbestimmung für die Zukunft geht.“ 603 In anderem Zusammenhang weist Brohm, BauR (2002), § 1 , Rn. 21 überzeugend darauf hin, dass eine solche „,Salamitaktik“ zur Umgehung der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein leichtes Unterfangen für den Gesetzgeber wäre, setzt dem aber anders als hier vertreten die Vorstellung einer „im Sinne liberalen Grundrechtsverständnisses […] ideell unbegrenzten Eigentumsfreiheit“ entgegen, anhand derer jede eigentümernachteilige Regelung dann auf ihre Verhältnismäßigkeit hin überprüft werden könne. 604 Vgl. statt vieler Schwerdtfeger, Dogmatische Struktur (1983), S. 13: „Eigentum als Schöpfung der Rechtsordnung“. 605 BVerfGE 58, 137, Beschl. v. 14.7.1981; siehe dazu auch S. 57, Fn. 138, sowie S. 378. 606 Siehe BVerfGE 58, 137 (139), Beschl. v. 14.7.1981. Der für teilweise mit Art. 14 GG als nicht für vereinbar erklärte gesetzliche Neuerlass übernahm damals eine bereits vordem

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

keitsprüfung anhand der Maßstäbe des Art. 14 GG nur bei Beeinträchtigungen subjektiver, durch Art. 14 I 1 GG schon geschützter Rechtsstellungen ein, so führte dies zu dem absurden Ergebnis, dass das hessische Parlament ein gleich lautendes Plichtexemplargesetz erneut erlassen könnte, ohne dabei eine eigentumsspezifische607

wortgleich geltende Regelung. Allein deshalb lag schon damals kein Eingriff in eine schon begründete subjektiv-rechtliche Eigentumsposition vor, was das Gericht aber keineswegs gehindert hat, eine nicht bloß pauschale, sondern vielmehr zur diesbezüglichen Unwirksamkeit des Gesetzes führende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen (BVerfGE 58, 137 (149 f.), Beschl. v. 14.7.1981). 607 Das Beispiel ist hier nur deshalb gewählt, weil daran die Möglichkeit der Beschränkung auf zukünftige und deshalb noch nicht „bestandsgeschützte“ Sachverhalte besonders augenfällig ist. Zwar bliebe auch hier die weitere Schranke der Institutsgarantie wohl wirkungslos, doch hat das Gericht seine verfassungsrechtliche Überprüfung ergänzend auf Art. 3 GG gestützt (BVerfGE 58, 137 (150 f.), Beschl. v. 14.7.1981). Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 176 f., sieht in der Prüfung anhand des Gleichheitssatzes immerhin „erhöhte Anforderungen“, der Verstoß könne als verfassungsrechtlich besonders zu legitimierender Eingriff gewertet werden). Möglicherweise wäre auch daran zu denken, aus dem Rechtsstaatsprinzip im Sinne einer Rechtsklarheit sichernden Rechtsvereinheitlichung Schranken einer zu sehr zersplitternden Rechtssetzung zu folgern (vgl. Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 73 f., der die „extreme“ Möglichkeit der „uneingeschränkten Fortgeltung des bisherigen Rechts für die Altfälle“ vor allem bei „Reformgesetzen“ unter den „Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und Rechtseinheit“ als „nicht nur mißlich, sondern unhaltbar“ einstuft). An die Übertragung der eigentumsspezifischen Schranken in das vom Berufsbegriff abhängige Grundrecht des Art. 12 GG zu denken, wäre abgesehen von der dogmatischen Tauglichkeit eines solchen Ansinnens auch praktisch keine durchgängig befriedigende Lösung. Der Schutz „des Erwerbs“ durch Art. 12 GG (so die gängige Abgrenzungsformulierung im Gegensatz zum Schutz des „Erworbenen“ bei Art. 14 GG, vgl. nur BVerfGE 88, 366 (377), Beschl. v. 25.5.1993 m. w. N.; BVerfG (3. K./I) NJW 1992, 36 (37), Beschl. v. 29.7.1991) ist also kein hinreichender Ersatz für die problemadäquate Anwendung der Eigentumsgarantie. Somit kann unter Hinweis auf sonstige, neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Anwendung kommende Schutzmechanismen die sich aus oben Geschildertem ergebende Grunderkenntnis nicht hinweggedacht werden: Eigentumsspezifische Konflikte gehören auf den Prüfstand des eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsgebots, des zentralen (vgl. oben S. 100 ff.) Maßstabs der Eigentumsgarantie. Denn dieses ist nicht bloß nach Auffassung des BVerfG objektiv zu verstehen, eine solche Sicht ist auch der Sache nach aus schutzpraktischen Erwägungen dringend geboten. Dabei soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass eine konsequente Eigentumsdogmatik insoweit durchaus Folgeprobleme nach sich ziehen kann. Denn wenn eine solche Eigentumsdogmatik die Überprüfung auch des zukunftsgerichteten Regelungsgehalts von Inhalts- und Schrankenbestimmungen zum Inhalt hat, sind mit der griffigen (vom Grundrechtsträger aus gesehen jedenfalls zutreffenden) Abgrenzungsformel zwischen Art. 14 GG und Art. 12 GG (hier das Erworbene, dort der Erwerb) möglicherweise nicht mehr in allen Fällen die relevanten Probleme beiseite geschafft (vgl. beispielhaft die Abgrenzung bei BVerfGE 78, 58 (70), Beschl. v. 8.3.1988, aber auch das Abstellen auf das „Schwergewicht der Rüge“ bei BVerfGE 81, 12 (16), Beschl. v. 3.10.1989). Siehe dazu schon oben S. 137, Fn. 468.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Kontrolle anhand der Verfassung fürchten zu müssen, wenn es dabei nur die Geltung auf von diesem Zeitpunkt an neu zu druckende Werke beschränkte.608 Art. 14 GG hätte seine Maßstäblichkeit eingebüßt und das, obwohl allein diejenigen Gesetze, die unter Umgehung der Verhältnismäßigkeitsprüfung entstanden sind, in ihrem Regelungsbereich die künftige Eigentumsordnung prägen würden. Von der Einhaltung des dringlichsten, durch die Institutsgarantie gesicherten Mindeststandards abgesehen, hinge dann die Gestaltung der zukünftigen Eigentumsordnung von der Willkür des einfachen Gesetzgebers ab.609 Die solchen Missständen abhelfende objektive Prüfung des Abwägungsgebots ist deshalb eine Notwendigkeit, will man an einer Dogmatik festhalten, die eine verfassungsdirigierte Eigentumsordnung – bei gleichzeitiger Anerkennung der Normgeprägtheit – tatsächlich zu sichern vermag.610 c) Zusammenfassende Bemerkungen zum Schrifttum Es hat sich gezeigt, dass die kategorisch eingriffsbezogenen Vorstellungen zum eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Schrifttum zurückgewiesen werden müssen, will man an der Eigentumsdogmatik im Sinne der herrschenden Meinung weiterhin festhalten.611 Die Auffassung, jede Abwägung sei eingriffsbezogen, kann zudem in der Sache zurückgewiesen werden. In formaler Hinsicht krankt sie schon an einer nicht ausreichenden Wiedergabe der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur. Die objektiv-generelle Prüfung des Abwägungsgebots durch das BVerfG wird nicht oder nur unzureichend erkannt.612 Die den Darstellungen ex- oder impli608 Vgl. überzeugend Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 141, in Bezug auf den in der Pflichtexemplarentscheidung selbst behandelten Sachverhalt: Ohne Annahme einer objektiven Prüfung der Verhältnismäßigkeit hätte diese Entscheidung so nicht getroffen werden können. Unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 329 so auch Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 128. 609 Vgl. überzeugend Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 139: „Spielball des Gesetzgebers“; S. 141: bezüglich der „pro-futuro-Wirkung“ der Inhalts- und Schrankenbestimmungen sei der einfache Gesetzgeber bei einer zwingend eingriffsbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung weitgehend von seinen Fesseln befreit. 610 Unter Bezugnahme auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 80 ff. so auch Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 111 f. Nach Jaschinski folge diese Notwendigkeit aus dem Wortlaut des Art. 14 I 1 GG (dort wohl: „gewährleistet“) sowie dem „Sinn des Eigentumsgrundrechts“, so ders., Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 139. 611 Wobei allerdings klarzustellen ist, dass die Äußerungen von Pieroth/Schlink und den meisten anderen (vgl. oben S. 153, Fn. 526) wohl nicht als Kritik, sondern als Erläuterung oder Präzisierung der herrschenden Eigentumsdogmatik verstanden werden wollen, dieses Ziel nach hier vertretener Ansicht jedoch verfehlen. 612 Vgl. statt aller paradigmatisch bei Eschenbach die Verkürzung der aus Art. 14 I 1 GG zu folgernden Abwägungsdirektive auf die Institutsgarantie und die daraus resultierende, nicht überzeugende Wertung der Effektivität dieser Kontrolle; siehe insgesamt näher mit Nachweisen ab S. 156, sowie zu Eschenbach S. 157 bei Fn. 538.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

zit zugrunde liegende zwingende Eingriffsbezogenheit einer jeden Verhältnismäßigkeitsprüfung wird mehr behauptet denn begründet; an einer hinreichenden Auswertung der Spezialliteratur fehlt es. In materieller Hinsicht vermag die Ansicht nicht zu überzeugen, dass die Verhältnismäßigkeitskontrolle bei bloß objektivem Ansatzpunkt nur unzureichend effektiv sei. Die Rechtsprechung des BVerfG zum Abwägungsgebot sowie einige Bemühungen in der Literatur haben gezeigt, dass eine entsprechend dem Freiheitsgrundrecht des Art. 14 GG genügend schutzintensive objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung wenn auch (noch) nicht durchgängig einwandfrei, so doch prinzipiell möglich bleibt. Es bedarf aber nicht lediglich einer Zurückweisung der massiven Kritik an der herrschenden Meinung im Sinne Lubbergers, Eschenbachs oder Depenheuers.613 Gleiches gilt auch für die Ansichten derer, die nicht die Notwendigkeit einer effektiven Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der zukunftsgerichteten Gestaltung der Eigentumsordnung durch den Gesetzgeber erkennen und insoweit nur auf die Institutsgarantie verweisen.614 Schließlich legt eine Auslegung, die einerseits an der Normgeprägtheit festhalten will, andererseits aber (implizit) eine Eingriffsbezogenheit der Verhältnismäßigkeitsprüfung einfordert, dem Gesetzgeber eine in weitem Maße ungezügelte Gestaltungsmacht615 in die Hände. Angesichts der strikten Abhängigkeit vom einfachen Recht bedarf es einer eigentumsgrundrechtlich dirigierten Gestaltung des einfachen Rechts auch dann, wenn es der Gesetzgeber versteht, bei seinem Handeln Einwirkungen auf die „wohlerworbenen“616 Altrechte zu unterbinden. Eine Auslegung, die solchem Ansinnen nur zahnlose Restriktionen wie die Institutsgarantie entgegensetzt, ist mit dem Gebot hinreichend effektiver Grundrechtsauslegung617 nicht vereinbar. 613

Siehe ab S. 156. Siehe S. 152 ff., Nachweise S. 153, Fn. 526. 615 Vgl. die Darstellung oben S. 171 ff. Die Institutsgarantie, die den Grundrechtsschutz nur „umhegen“, ihn stützen und erweitern soll, verkehrt sich in ihr Gegenteil, indem sie die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers erweitert, so Kutschera, Bestandsschutz (1990), S. 119, allerdings in so nicht überzeugender Zurückweisung Schwerdtfegers (Dogmatische Struktur (1983), S. 21), der sehr wohl in Übereinstimmung mit dem BVerfG von einer über die Institutsgarantie hinausgehende Verhältnismäßigkeitsprüfung ausgeht, diese dabei als einer der sehr wenigen ausdrücklich zu Recht als objektiv wirkend klassifiziert und insoweit einzig die Nachlässigkeit begeht, diesen Kontrollmechanismus deutlicher von der ebenfalls objektiv wirkenden Institutsgarantie abzugrenzen; vgl. dazu näher Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 83. Nur zu Beginn seiner Darstellungen insoweit ebenfalls nachlässig Thormann, Sozialbindung (1996), S. 138. Zur Möglichkeit einer erweiterenden Auslegung der Institutsgarantie, die dann auch effektive Grenzen zu setzen im Stande wäre, siehe unten ab S. 200. 616 Zum Begriff „wohlerworben“ siehe S. 22, Fn. 7. 617 Zur Sicherung der Effektivität des Grundrechtsschutzes vgl. etwa Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (1984), S. 216; auf die „normative Kraft der Verfassung“ rekurrierend so auch Hesse, VerfR (1995), Rn. 75, sowie auf die „auslegungsdirigierende Kraft“ des Art. 1 III GG sich beziehend Nierhaus, AöR 116 (1991), 72 (102 ff., insbesondere 105 bei Fn. 252, 106 nach Fn. 262). 614

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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d) Zur Kritik von Appel am hier zugrunde gelegten Verständnis Eine intensive Aufarbeitung des hier entwickelten Verständnisses findet sich bei Appel. In seiner Dissertation entfaltet er ein Eigentumskonzept, das in allen wesentlichen Punkten mit dem hier entwickelten übereinstimmt.618 Hinsichtlich der objektiven Verhältnismäßigkeitsprüfung hingegen sieht er Widersprüchlichkeiten619 und grenzt sich deutlich gegenüber dem hier verfochtenen Ansatz ab.620 Bei näherem Hinsehen geht es dabei allerdings nur um eine Frage der Terminologie.621 Appel stimmt nämlich der Ausgangslage zu, dass dem Problem der Verhältnis618

Und zwar nebst weiteren Übereinstimmungen insbesondere mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff, die unerkannt gebliebene Rechtsprechungswende des BVerfG hinsichtlich der Rückwirkungsproblematik, den Nutzungsschutz inkl. der sog. Baufreiheit sowie die hier entwickelte Einordnung des Verwaltungshandelns. 619 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 213. 620 Siehe Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 205 ff., insbesondere S. 210 – 214; ferner etwa S. 271, Fn. 637, deutlich auch in der Zusammenfassung auf S. 279 f. Siehe unter Rückgriff auf Appel von einer eingriffsunabhängigen Verhältnismäßigkeitsprüfung ausgehend, die an der Institutsgarantie zu verorten sei, auch Raue, Zwangsvollstreckung / Enteignungsbegriff (2006), S. 102. Ferner Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 83 ff., S. 399, wobei allerdings anders als bei Appel und insoweit über das BVerfG hinausgehend die Institutsgarantie nicht nur unspezifiziert als Abwägungsdirektive benannt wird (siehe so auf S. 85). Darüber hinaus wird auch im Zusammenhang mit dem objektiven Abwägungsgebot die enge, klassische Definition der Institutsgarantie benannt (S. 83 bei Fn. 50). Dieses enge Verständnis der Institutsgarantie ist zwar nach hier vertretener Auffassung zutreffend wiedergegeben (ausführlich unten ab S. 197). Wenn man das enge Verständnis allerdings anders als Appel bzw. das BVerfG auch bei der Abwägung betont, so fragt sich, ob das verbleibende Schutzniveau der Prüfung dann noch ausreichend ist; vgl. insoweit auch ein eher geringeres Schutzniveau beschreibend Uschkereit, ibid., S. 81; siehe aber auch auf S. 203 ff. die überzeugenden, materiell ausreichend die Eigentümerinteressen bewertenden Ausführungen zur Anwendung des Abwägungsgebots mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit der neu eingeführten Rückbauverpflichtung nach § 35 V 2 BauGB. 621 Es trifft jedenfalls wohl nicht den Kern der Sache, wenn Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 212 f. ausführt: „Es wird verkannt, daß sich der Schutzgehalt der Institutsgarantie flexibel durch ihre Kombination mit Erwägungen zum Verhältnismäßigkeitsprinzip gestalten lässt.“ Schließlich soll hier nicht die Auffassung vertreten werden, es sei rechtslogisch nicht möglich, die Institutsgarantie so auszulegen, dass davon auch eine Abwägung umfasst sei. Vielmehr wird hier schlichtweg das traditionelle Verständnis der Institutsgarantie (siehe näher unten ab S. 200) zugrunde gelegt. Daraus werden dann Folgerungen gezogen. Die Ausführungen bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), mögen allenfalls insoweit an dem leiden, was jetzt seinerseits bei Appel droht: Dass nämlich vorschnell das eigene Verständnis der Institutsgarantie (hier: enges Verständnis) anderen Autoren unterstellt wird. Angebliche Widersprüchlichkeiten können sich dann schlicht als abweichendes grundsätzliches Verständnis entpuppen (wobei aber hier dahingestellt bleiben mag, inwieweit es dann jeweils bei Abkehr vom traditionellen Verständnis einer ausdrücklichen Erläuterung bedürfte). Da aber auch andere Autoren, wie etwa Pieroth/Schlink, tatsächlich ein solch traditionelles, enges Verständnis der Institutsgarantie wie hier vertreten (siehe GrundR (2007), Rn. 952 f.), können für diese Autoren jedenfalls auch gewisse Rückschlüsse daraus gezogen werden (hinsichtlich Pieroth/Schlink etwa, dass sie implizit eine Eingriffsbezogenheit der Verhältnis-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

mäßigkeit für zukunftsgerichtete Regelungen „angesichts seiner Bedeutung für ein in sich geschlossenes Eigentumskonzept viel zu wenig Beachtung geschenkt wird“.622 Es sei daher die „entscheidende Frage […], inwieweit die Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einen Grundrechtseingriff im herkömmlichen Sinne“ erfordere.623 Der Nachweis, dass dies nicht der Fall sei, habe aber durch die oben aufgezeigte Analyse geführt werden können.624 Auch Appel verficht daher, dass in Übereinstimmung mit dem BVerfG und aus sachlicher Notwendigkeit heraus eine objektives „Sozial- bzw. Abwägungsmodell“625 auch dann stattfinden muss, wenn es an einem Eingriff in schon bestehende Eigentumsrechte fehlt. Da er sich dabei auf die gleichen inhaltlichen Erwägungen sowie Entscheidungspassagen des BVerfG stützt, ist es sachlich ohne Belang626, dass nach Appel für das Abwägen eine andere dogmatische mäßigkeitsprüfung vertreten). Ein solcher Rückschluss würde nur dadurch „widersprüchlich“ (Appel, ibid. S. 213), wenn man ihnen fälschlich das erweiterte Verständnis der Institutsgarantie unterstellte, dass Appel selbst vertritt. 622 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 209 unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 35 f. 623 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 209. 624 Appel spricht mit Blick auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 57 ff. von einem überzeugenden Nachweis, dass „eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen den einschlägigen Belangen auch hinsichtlich des zukunftsbezogenen Regelungsgehalt einer Eigentumsnorm“ vorgenommen werde. 625 Beide Begriffe beispielsweise ibid. S. 211. 626 Ebenso ohne Belang ist es, ob und inwieweit man das Abwägungsgebot nach der hier vertretenen Ansicht als eine Art „dritte Gewährleistung“ verstehen müsste, so der Vorwurf bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 211, 212, Fn. 319 (allerdings daran anknüpfend, dass es das BVerfG sei, dass eine Zweiteilung fordere – was wiederum fraglich ist). Zunächst einmal kann nach hier vertretener Ansicht die Institutsgarantie als Bezeichnung und als eigenständiges Rechtsinstitut ohnehin aufgegeben werden, siehe schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 100 ff., auf diese Kritik hinweisend siehe Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 11. Die von Appel (warum?) gefürchtete Dreiteilung entsteht also danach nicht. Nun gibt es zwar Gründe, mit Blick auf die Normgeprägtheit zwei Schutzebenen zu unterscheiden, siehe insoweit schon S. 21, bei und in Fn. 3. Einteilungen bei der Darstellung, wie Art. 14 GG wirkt, bleiben dabei jedoch nur Verständnishilfen ohne eigenständigen dogmatischen Erkenntniswert (zu weitgehend daher noch Grochtmann, ibid., S. 3, Fn. 3). Es verbietet sich jedenfalls, sie als Argument zu verwenden, um materielle Streitigkeiten zu entscheiden. Welche dogmatische Darstellungsweise die geeigneste ist, bleibt eine bloße Frage der Zweckmäßigkeit. So kann man wie hier praktiziert der Eigentumsgarantie einen dualistischen Schutz zusprechen, dabei aber einerseits anknüpfen an das einfachrechtlich schon gewährte Eigentum und andererseits daran, dass die verfassungsrechtliche Einwirkung auf diesen Gesetzgeber aufgezeigt wird (siehe dazu S.40, Fn. 69). Dabei ist es dann natürlich ohne Belang, wie viele Instrumente (Institutsgarantie, subjektive und objektive Prüfung der Verhältnismäßigkeit) man unter den zweiten Gewährleistungsgehalt zu subsumieren hat. Die Zweigeteiltheit bleibt erhalten. Appel indes spricht – was gut zu begründen wäre (siehe wieder S.40, Fn. 69) – von einer anderen Darstellungsweise. Einerseits kann man insoweit auf die Bestands- bzw. Rechtsstellungsgarantie (und damit auch den Schutz gegen Eingriffe durch Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen) verweisen, andererseits dann den Schutz gegen den Gesetzgeber beschreiben,

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Grundlage gegeben ist:627 Ihm zufolge sei im Einklang mit dem BVerfG628 und einigen Stimmen aus der Literatur629 diese Abwägung als Ausprägung der Institutsgaran-

wenn und soweit dieser normiert, ohne dabei in subjektive Rechte einzugreifen (von ihm einzig als Institutsgarantie benannt). Selbst wenn man sich einer solchen Darstellungsweise anschließen möchte, spricht das indes nicht gegen die Aufteilung des zweiten – objektiven – Gewährleistungsgehalts in objektive Verhältnismäßigkeit und – wer mag – zusätzlich die Institutsgarantie. Insoweit wird man überdies – dem letztlich korrespondierend – bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 216 ff. „zwei verschiedende Schutzwirkungen der Institutsgarantie“ zur Kenntnis nehmen (allerdings ein wenig anders konzeptioniert als nach der hier zugrunde gelegten Unterscheidung in traditionell und erweiternd, dazu näher unten ab S. 200; siehe wie hier Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 417 ff.). Anstelle der abgelehnten drei Gewährleistungen (derer es nach hier vertretener Ansicht nicht einmal bedarf) soll es also auch nach Appels Auffassung Gewährleistung Nr. 1 sowie Nr. 2a und 2b geben. Wer aber die Instrumente der Eigentumsgarantie stattdessen jeweils einzeln zählen will, dem bleibt dies unbenommen. Danach mag man dann tatsächlich drei Gewährleistungsgehalte zählen, sofern man weiterhin die Institutsgarantie befürwortet, und zwar ohne sich in Widerspruch zu einer ausdrücklichen Festlegung des BVerfG zu begeben. Schließlich hat das BVerfG seine traditionellen Formulierungen zur Institutsgarantie als bloße Kerngarantie nicht verworfen. Die erweiternde Auslegung träte also nehmen die herkömmliche Auslegung als weitere – dritte – Wirkung der Eigentumsgarantie. Siehe darauf abstellend Scholz, Ausgestaltung des Eigentums, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2006/II, S. 6 m. w. N. („drei prinzipielle Schutzversprechen“, Rechtsstellungsgarantie, Institutsgarantie und „die objektive Wertentscheidung zugunsten eines […] privatnützigen und sozialverantwortlichen Eigentums […]“; dort dann noch zu einer „möglicherweise“ sich entwickelnden „vierten Gewährleistungsdimension“ mit Blick auf „werdendes Eigentum“ (wobei es dabei m. E. bei Letzterem nur um die Auslegungsfrage geht, wie eng die normative Zuordnung sein muss, um von Eigentum sprechen zu können); siehe auf die einzelnen Gewährleistungsgehalte hin abzielend auch Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 104 f. Ob zwei, drei oder vier Formen der Gewährleistung: Eine solche Fragestellung bleibt irrelevant dafür, wie das objektive Abwägungsgebot zu benennen ist. 627 Nach Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 m. w. N. dürfe die Abwägung nicht „im luftleeren Raum“ erfolgen. Daher sei auf die Institutsgarantie zurückzugreifen. Dass die (Um-)Benennung des identischen Prüfungsmaßstabes als Institutsgarantie – ohne materielle Konsequenzen daraus zu ziehen – diese „Leere“ soll füllen können, ist wenig überzeugend. Es bedarf keiner begrifflichen Metabegründung. Das Abwägungsgebot ist ausreichend verankert, da es Ergebnis systematischer Auslegung ist. Es ist Erkenntnis daraus, dass der in Art. 14 I 2 GG erteilte Regelungsauftrag immanent begrenzt ist. Die Urteilspassagen des BVerfG, auf die sich Appel ebenso wie diese Untersuchung stützt, sind tragfähig, ohne dass eine weitere terminologische Anknüpfung eine materielle Änderung oder Begründung herbeiführen würde. 628 Dazu die Nachweise bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 – 212. 629 Siehe die Nachweise bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 213, Fn. 326, sowie bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 35 ff., 256 ff. und öfter. Aus neuerer Zeit siehe beispielsweise Erbguth, BauR, in: Tettinger/ders./Mann, BVR (2007), Rn. 1162.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

tie zu verstehen.630 Eine Entscheidung darüber, ob der von ihm gewählte Anknüpfungspunkt zutreffend ist, mag daher zunächst dahinstehen. Die Terminologie ist allerdings keine unwesentliche Frage im Bereich der Eigentumsdogmatik.631 Wenn wie hier beispielsweise ein Begriff wie Baufreiheit632, Bestandsschutz633 oder die undifferenzierte Rede vom Schutz der Nutzungen durch Art. 14 GG abgelehnt werden, so geschieht dies nicht in erster Linie, um auf sachliche Änderungen zu dringen. Vielmehr ist ein bewusster Umgang mit Sprache anzumahnen, um das Verständnis der Eigentumsdogmatik nicht unnötig zu erschweren. Bei der späteren Darstellung, was unter dem schillernden Begriff der Institutsgarantie zu verstehen sein könnte, ist daher auf die Kritik Appels zurückzukommen.634 Vorab sei aber auf eines hingewiesen: Es gibt ein klassisches Verständnis der Institutsgarantie, das eng gefasst ist und keineswegs das Abwägungsgebot mit umfasst. Begründungsbedürftig erscheint von daher weniger eine eigenständige Terminologie – objektives Abwägungsgebot bzw. Sozialmodell – als die Anknüpfung an schon vorgefundene Begriffe und deren abändernde Auslegung.

4. Zusammenfassung Das BVerfG handelt zwar im Grundsatz zutreffend, erklärt aber nicht635 ; das Schrifttum schweigt zumeist; die offene Kritik, die sich an der Verhältnismäßigkeit entzündet hat, geht fehl: nicht gut bestellt ist es also um die Frage nach der Verankerung der eigentumsgrundrechtlichen Abwägung. Es hat sich indes gezeigt, dass sich bei näherer Prüfung ein wesentliches Ergebnis deutlich herauskristallisieren lässt: Der einfache, eigentumsgestaltende Gesetzgeber unterliegt einer eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung auch dann, wenn er ohne Beeinträchtigung636 konkreter subjektiver Rechte die Eigentumsordnung für die Zukunft zu gestalten sucht. Dies ergibt eine systematische Zusammenschau der durch Art. 14 I 2 GG eingeräumten Inhaltsbestimmungskompetenz mit den aus 630

Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 – 219. Vgl. etwa Kischel, JZ 2003, 604 (610). 632 Dazu unten S. 267 ff. sowie S. 231 ff. 633 Dazu unten ab S. 311. 634 Siehe unten ab S.197. 635 Dies gilt übrigens auch, wenn man mit Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 ff. annähme, dass das BVerfG das Abwägungsgebot an der Institutsgarantie festmacht. Wenn Appel daher schreibt, bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 42, 82, 334 müsse – wie soeben im Text – konstatiert werden, dass das objektive Abwägungsgebot als „derartige (dritte) Gewährleistung“ neben Institutsgarantie und Bestandsgarantie nicht näher erläutert wird, so liegt darin kein Unterschied zu seinem Verständnis. Auch danach ist man insoweit vom BVerfG „allein gelassen“. Dass nämlich die Institutsgarantie, wie er vorträgt, in sich zwei Gewährleistungen berge – die (eng zu verstehende) Mindestanforderung, Eigentumsnormen zu schaffen sowie dann das Abwägungs- bzw. Sozialmodell –, wird ebenso wenig als dogmatische Weichenstellung vom BVerfG erläutert. 636 Bzw. durch hinreichende Übergangsregelungen abgemilderte Beeinträchtigungen. 631

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG herauszulesenden objektiven Wertentscheidungen des Verfassungsgebers. Die sich danach ergebenden Direktiven bestimmen die bei jeder Inhalts- und Schrankenbestimmung ansetzende eigentumsgrundrechtliche Abwägung. Diese objektive Schranke gesetzgeberischen Handelns zwängt weder den Gesetzgeber über Gebühr ein noch händigt sie ihm einen Freibrief zur grundrechtsfreien Gestaltung der inhaltsbestimmenden Gesetze aus. Vielmehr ist sie effektives Vehikel für die Einforderung eines dem Grundrecht angemessenen Mindestmaßes an freiheitssichernder, aber auch die Gemeinschaftsinteressen nicht außen vor lassender Gestaltung der Eigentumsordnung.

III. Art. 14 II GG: Unantastbarkeit des Eigentums außerhalb der darauf gestützten Beeinträchtigungen Die Gewährleistungen des Art. 14 GG beschränken sich nicht auf Verhältnismäßigkeitsprüfung und Institutsgarantie. Zunächst vermittelt die Eigentumsgarantie vielmehr statisch-absoluten Schutz der gesetzlichen Zuordnung der Eigentumsrechte außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 14 II GG. Ist diese Norm, die den Gesetzgeber in Verbindung mit Art. 14 I 2 GG zu Einschränkungen erst ermächtigt, nicht einschlägig, so sind Regelungen zum Nachteil des Eigentümer unzulässig, ohne dass es auf weitere Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit oder sonstigen Schranken noch ankommt.637 1. BVerfG: Das Wohl der Allgemeinheit als „Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen“ – Folgerungen Die folgende in ihrer Wirkungskraft nun zunächst zu analysierende Passage gehört zum gesicherten Bestand der vom BVerfG zur Eigentumsgarantie getroffenen Aussagen: Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen. Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weitergehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient.638 637

Als dogmatischer Anknüpfungspunkt für die nun folgende Entfaltung einer eigenständigen Auslegung des Art. 14 II GG könnte allerdings – zwar weniger plakativ, aber im Ergebnis gleichbleibend – auch die eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung herangezogen werden. Bei den Fällen des (hier zu begründenden) gänzlichen Fehlens der Einschlägigkeit der Regelungsdirektive des Art. 14 II GG würde dann die allein für die Eigentumsgestaltung maßgebliche, aus Art. 14 I 1 GG zu folgernde Direktive der verfassungsrechtliche Grund dafür sein, dem Gesetzgeber jegliche für den Eigentümer nachteilige Regelung zu untersagen (zu den beiden Abwägungsdirektiven siehe oben ab S. 103). 638 BVerfGE 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999; (3. K./I), NVwZ 2005, 1412 (1413), Beschl. v. 6.9.2005; (3. K./I) DÖV 2003, 376 (ebd.), Beschl. v. 19.12.2002; zuvor ebenso

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Diese Formulierung ist häufig ganz639 oder teilweise640 im Schrifttum zustimmend wiedergegeben worden. Inhaltliche Kritik ist – soweit ersichtlich – hieran kaum geübt worden.641

BVerfGE 87, 114 (138 f.), Beschl. v. 23.9.1992, allerdings sprach man dort von „Beschränkungen“ statt „Belastungen“; letztere Formulierung findet sich mit dem weiteren Einschub, dass solche einschränkenden Regelungen „vom geregelten Sachbereich her geboten und auch in ihrer Ausgestaltung sachgerecht sein“ müssten, um vor der Verfassung Bestand haben zu können (insoweit jedenfalls Aussage zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes), in BVerfGE 79, 174 (198), Beschl. v. 30.11.1988; weiterhin ganz ähnlich so in den Entscheidungen BVerfGE 72, 66 (78), Beschl. v. 12.3.1986 und 52, 1 (29 f.), Beschl. v. 12.6.1979; vgl. leicht abgewandelt noch BVerfGE 79, 29 (40 f.), Beschl. v. 11.10.1988. Schon in BVerfGE 21, 73 (86), Beschl. v. 12.1.1967, wird der letzte oben im Text wiedergegebene Satz verwendet, ebenso in BVerfGE 25, 112 (118), Beschl. v. 15.1.1969; 55, 249 (258), Beschl. v. 2.12.1980, wo auch der eben in dieser Fußnote wiedergegebene Einschub formuliert worden ist. In BVerfGE 70, 101 (111), Beschl. v. 4.6.1985; 81, 208 (220), Beschl. v. 23.1.1990, sowie BVerfGE 102, 1 (17), Beschl. v. 16.2.2000, wiederum wird nur ersterer Satz sinngemäß formuliert; in BVerfGE 49, 382 (400), Beschl. v. 25.10.1978; 68, 361 (373), Beschl. v. 8.1.1985; 71, 137 (146), Beschl. v. 6.11.1985, sowie BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (800) ffi RdE 2000, 22 (24), Beschl. v. 25.8.1999, dagegen abgewandelt der zweite Satz. Bei BVerfGE 50, 290 (340, 341), Urt. v. 1.3.1979 werden getrennt voneinander beide Sätze sinngemäß formuliert. Die in BVerfGE 52, 1 (30), Beschl. v. 12.6.1979 weiterhin angegebenen weiteren Nachweise auf BVerfGE 21, 150 (155), Beschl. v. 14.2.1967, und 37, 132 (141), Beschl. v. 23.4.1974, beziehen sich auf inhaltlich ähnliche Aussagen, die allerdings nicht von ähnlicher Prägnanz wie die hier zu besprechende Formulierung sind. Den gleichen Gedanken drückt das BVerfG aus, wenn es darauf hinweist, dass das Eigentum nur dann „zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ muss, wenn es in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht (BVerfGE 37, 132 (140), Beschl. v. 23.4.1974; 68, 361 (368), Beschl. v. 8.1.1985; 71, 230 (246 f.), Beschl. v. 4.12.1985) und der Gesetzgeber es im Umkehrschluss also ansonsten bei der reinen Privatnützigkeit belassen muss. Vgl. weiterhin BVerfGE 100, 1 (38), Urt. v. 28.4.1999, wonach der Gesetzgeber dann umgestalten darf, „sofern dies einem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt“ (Hervorhebung nicht im Original) sowie die beispielhafte Feststellung des Fehlens von Gemeinwohlgründen S. 51 f.; siehe auch BVerfGE 100, 59 (98), Urt. v. 28.4.1999; 100, 138 (188), Urt. v. 28.4.1999. 639 Badura, GrundR und Wirtschaftsordnung, in: HGR II (2006), § 29, Rn. 27; Kimms/ Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 47; Kimminich, in: BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 140; Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 134; Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 127; leicht abgewandelt auch bei Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 397; Hösch, VBlBW 2004, 7 (11); Böhmer, NJW 1988, 2561 (2573); Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 164; aus der sonstigen Rechtsprechung vgl. etwa OVG Münster NJW 2000, 754 (755), XXIII, Urt. v. 21.9.1999. 640 Zumeist wortgetreu oder aber unter unwesentlichen Abweichungen: Erster Satz bei Cremer, Eigentumsschutz, in: EMRK/GG (2006), Kap. 22, Rn. 69; Nierhaus AöR 116 (1991), 72 (99); v. Brünneck, JZ 1990, 992 (995); Weiß, BayVBl. 2000, 417 (419); Hesselberger, GG (2003), Art. 14, Rn. 2; Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 147, Fn. 257; Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 662; Butzer, Grenzen der Steuerlast (1999), S. 76; Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 48. Zweiter Satz bei Battis/FelklBrentano, JA 1983, 494 (495); Battis/Schmittat, NuR 1983, 102 (104); Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 838; Brenner, DVBl. 1993, 291 (294, 299); Pieroth/Bromm, NuR 1992, 372 (375); Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 37.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

183

Nun liegt es angesichts des Normtextes nahe,642 diese Aussage über das Wohl der Allgemeinheit mit der Vorschrift des Art. 14 II GG zu verknüpfen. Wenn man also Art. 14 II GG als Konkretisierung dessen versteht, was hier als Wohl der Allgemeinheit aufzufassen ist, so bleibt diese vom BVerfG vorgenommene Auslegung der Eigentumsgarantie nicht folgenlos. Schließlich ist festzuhalten, dass danach beim Fehlen von Interessen i. S. d. Art. 14 II GG Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse ausnahmslos ausgeschlossen sind. Die Nicht-Berufung auf Allgemeinwohlinteressen in diesem Sinne führt zum Fehlen eines zulässigen Schutzzwecks; mangels eines solchen darf es keinerlei Belastungen geben. Das Wohl der Allgemeinheit i. S. d. Art. 14 II GG ist somit die absolute Grenze für alle Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse. Daraus folgt, dass abseits von Art. 14 II GG eine kategorische Gewährleistung sämtlicher Rechte gesichert ist, die vom verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff umfasst sind. Insoweit verlangt die vom Verfassungsgeber vorgefundene, in den Rang grundgesetzlichen Eigentums erhobene Vermögenssphäre nunmehr nach strikter Respektierung. Die Eigentumsgesetze stehen also keineswegs zur neuschöpferischen Disposition des die Verhältnismäßigkeitsanforderungen und Institutsgarantie wahrenden inhaltsbestimmenden Gesetzgebers. Vielmehr sind sie mit In-KraftTreten der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Eigentumsgarantie gegen jede dem Eigentümer nachteilige Veränderung geschützt, die nicht auf Art. 14 II GG gestützt ist oder die nicht den strengen Anforderungen an eine Enteignung i. S. d. Art. 14 III GG standhält. Wenn der Gesetzgeber die Eigentumsordnung gestaltet, so sind die schon bestehenden gesetzlichen Zuordnungsverhältnisse nicht nur in ihrer Substanz oder ihren Kernbefugnissen unangetastet zu lassen. Vielmehr sind sie kategorisch in jeglicher, sei es auch noch so nachrangig erscheinenden Hinsicht vor nachteiliger Veränderung geschützt, sofern sich nicht gerade für die geplanten Verschlechterungen aus Art. 14 II GG eine Rechtfertigung ergibt.643 Weitere Nachweise zur Zitierung dieser Rechtsprechungsaussagen bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 11 f., Fn. 42 f. 641 Nicht ganz eindeutig insofern Thormann, Sozialbindung (1996), S. 143, Fn. 517. Möglicherweise sieht er in dieser Aussage eine zu starke Betonung der Eigentümerinteressen. Vgl. ferner noch insgesamt kritisch zur Auslegung des Art. 14 II GG nach Maßgabe der h. M. Eschenbach, Eigentum (1996), S. 433 ff. Elicker, NJW 2005, 2052 (2053) geht überdies davon aus, diese Rechtsprechungsaussage sei „bisher wenig beachtet“. Bezieht man das auf das bloße Zitieren, so wäre diese Einschätzung unzutreffend. Hinsichtlich der Frage, ob daraus Konsequenzen gezogen werden, mag man Elicker allerdings Recht geben. 642 Vgl. diesbezüglich explizit BVerfGE 58, 137 (151), Beschl. v. 14.7.1981: „Eigentumsbeschränkungen und Eigentumsbelastungen finden ihre verfassungsrechtliche Legitimation in Art. 14 II GG“ und wie daraus zu schließen ist: nirgends sonst. Siehe zur Herleitung näher unten ab S. 195. 643 Dem zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 200. Vgl. auch Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 183, in einem Prüfungsschema zu Art. 14 GG, wo er in einem der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgelagerten Punkt ausführt: „Dient die beschränkende Regelung überhaupt nicht Gemeinwohlbelangen, so ist sie bereits aus diesem Grund nicht zulässig; die gesetzliche Regelung ist verfassungswidrig und nichtig.“

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Im Rahmen dieser Ausführungen644 zur sog. Sozialpflichtigkeit wird die Auslegung vorausgesetzt, wonach Art. 14 II GG nur „verbindliche Richtschnur“ an den Gesetzgeber ist,645 nicht aber – schon wegen „fehlender Befehlsklarheit“ – unmittel-

(Hervorhebung schon im Original); vgl. ferner Böhmer, NJW 1988, 2561 (2573), unter Betonung, dass das Eigentum in einer Beziehung zur Rechtsgemeinschaft stehen müsse (was etwa für die eigene Krawatte nicht gelte). Man möge sich davor hüten, diese Erkenntnis als längst zum Allgemeingut gewordene und deshalb nicht mehr eigens zu betonende Banalität zu betrachten. Dass also die Berufung auf Allgemeinwohlinteressen, die unter Art. 14 II GG fallen, die Voraussetzung für die Eröffnung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers i. S. d. Art. 14 I 2 GG ist, wird nicht nur im generellen – abgesehen von der Zitierung der zutreffenden Rechtssprechungsaussagen – nicht dargelegt, sondern auch im Besonderen, am zu entscheidenden Einzelfall mitunter verkannt, vgl. insoweit etwa zur Frage nach der Zulässigkeit eines abstrakten Planungswertausgleichs Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 184 ff. Abzulehnen sind auch die Ausführungen in BVerfGE 42, 263 (294), Urt. v. 8.7.1976, wo Einschränkungen zugelassen werden, obwohl – zu Unrecht – ein sozialer Bezug (ergänze: i. S. d. Art. 14 II GG) verneint wird. Dort wird zur Regelungsbefugnis des Gesetzgebers ausgeführt: „Soweit das Eigentumsobjekt in einem ,sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht, hat der Gesetzgeber einen relativ weiten Gestaltungsbereich (BVerfGE 37, 132 (140), Beschl. v. 23.4.1974); er verengt sich, wenn diese Voraussetzungen nicht oder nur in begrenztem Umfang vorliegen“ (Hervorhebung nicht im Original). Nach dem oben Ausgeführten ist diesbezüglich zu betonen, dass sich beim Fehlen eines sozialen Bezugs i. S. d. Art. 14 II GG sich der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auf Null „verengt“. Gleiches gilt für die Aussage Finkelnburgs, in: Finkelnburg/Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 4 I 1 b (S. 18), wonach Inhalts- und Schrankenbestimmungen aufgrund der Verhältnismäßigkeit aus Gründen des Allgemeininteresses, „insbesondere aus Gründen, die sich auf Art. 14 II GG zurückführen lassen, gerechtfertigt“ sein müssen (Hervorhebung nicht im Original). 644 Zu weitergehenden Auslegungsfragen des Art. 14 II GG vgl. oben die Darstellung der Bedeutung der Sozialpflichtigkeit innerhalb der eigentumsspezifischen Verhältnismäßigkeitsprüfung oben ab S. 103. Vgl. auch die hier nicht näher behandelte, auf die dogmatische Figur der sog. Verfassungserwartung gestützte Konzeption Isensees über den Vorrang des Vertrauens in die Selbstregulierung der von ihrem Grundrecht selbstverantwortet Gebrauch machenden und dabei in freiheitlicher Selbstbestimmung auch den Allgemeinwohlinteressen gerecht werdenden Eigentümer vor der erzwungenen Einforderung allgemeinwohlverträglichen Eigentumsgebrauchs durch die Gesetzgebung. Siehe dazu Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen (1992), in: HbStR V, § 115, Rn. 175. Ähnlich auch Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 26 f. m. w. N. sowie auf Isensee explizit Bezug nehmend Rn. 199 – 201. Vgl. insoweit auch Elicker, NJW 2005, 2052 (2052 f.), der dazu auffordert, zugunsten unternehmerischen Eigentums zu berücksichtigen, dass der Unternehmer ohnehin schon in hohem Maße dem Allgemeinwohl diene (Arbeitsplätze, Steueraufkommen etc.), was mit Blick auf zusätzliche Einschränkungen ihm gegenüber zu beachten sein solle. 645 BVerfGE 25, 112 (117), Beschl. v. 15.1.1969; laut einer bei Wahl, NVwZ 1984, 401 (405, Fn. 31), wiedergegebenen Formulierung des ehemaligen Verfassungsrichters Böhmers hat sich seither diese Art. 14 II GG als ausschließlich an den Gesetzgeber gerichtetes Gebot verstehende Formulierung in der Rechtsprechung des BVerfG durchgesetzt. Vgl. explizit anders BVerfGE 20, 351 (361), Beschl. v. 17.11.1966; siehe ferner zuvor noch BVerfGE 21, 73 (83), Beschl. v. 12.1.1967, wo es nur heißt, Art. 14 II GG sei „in erster Linie eine Richtschnur für den Gesetzgeber“. Überzeugend mahnt Thormann, Sozialbindung (1996), S. 134, Fn. 472, an, dass bei BVerfGE 80, 137 (151), Beschl. v. 6.6.1989, und BVerfGE 89, 1 (5), Beschl. v. 26.5.1993,

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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bare und deshalb von der Exekutive646 autonom feststellbare Rechtspflichten des Eigentümers statuiert.647

unzutreffend allein auf eben diesen letzteren in der Sache von der jetzigen Auffassung abweichenden Beschluss verwiesen wird. Zur nunmehr ständigen Rechtsprechung in erstgenanntem Sinne vgl. beispielsweise noch BVerfGE 37, 132 (140), Beschl. v. 23.4.1974; 56, 249 (260), Urt. v. 10.3.1981, sowie Böhmer, BVerfGE 56, 249, 266 (275), abw. M. zum Urt. v. 10.3.1981; BVerfGE 68, 361 (367), Beschl. v. 8.1.1985; 71, 230 (246), Beschl. v. 4.12.1985; 81, 208 (220), Beschl. v. 23.1.1990; der Sache nach auch BVerfGE 52, 1 (32), Beschl. v. 12.6.1979 („vom Gesetzgeber zu realisierende Bindung“); 81, 29 (33), Beschl. v. 3.10.1989. Nur folgerichtig ist es, dass das Gericht ferner feststellt, dass sich ebenso wenig (private) Nichteigentümer unmittelbar auf Art. 14 II GG berufen können, um einen allgemeinwohlfördernden Gebrauch des Eigentums (zu ihren eigenen Gunsten) durchzusetzen, so BVerfGE 80, 137 (150 f.), Beschl. v. 6.6.1989, und BVerfGE 89, 1 (5), Beschl. v. 26.5.1993. Auch hier bedarf es zunächst zwingend eines Art. 14 II GG konkretisierenden Gesetzes, auf welches sich dann möglicherweise auch Dritte gegenüber dem Eigentümer berufen können. 646 Und gegebenenfalls nachprüfend von der Judikative. 647 Andernfalls würde Art. 14 II GG zu einer (weiteren) Einbruchsstelle verkommen, bei der die Rechtsprechung ihre eigenen, bloß politischen Wertungen entgegen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung den Rechtsinhabern als bindend auferlegen könnte, vgl. Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen (1992), in: HbStR V, § 115, Rn. 172. Neben dem BVerfG erkennt auch die h. M. Art. 14 II GG als bloß an den Gesetzgeber gerichtete Direktive an, so etwa Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 306; Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 85 (S. 223); Elicker, NJW 2005, 2052 (ebd.); Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 199 ff. m. w. N.; Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (227); Böhmer, NJW 1988, 2561 (2572); Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 659; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 32 m. w. N. in Fn 69; Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 44; Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 189 ff. Die Gegenauffassung als herrschend begreift demgegenüber Butzer, Grenzen der Steuerlast (1999), S. 75, bei Fn. 53 (vgl. auch dens., StuW 1999, 227 (238)), demzufolge das BVerfG in dieser Frage unentschieden sei. Aktuell haben sich der Ansicht, Art. 14 II GG zeitige auch ohne gesetzliche Konkretisierung Wirkungen gegenüber dem Eigentümer, beispielsweise Frenz, VerwArch 1999, 208 (220), und Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 89 ff.; bei Letzterem heißt es zur Vorschrift des Art. 14 II GG: „Sie erlaubt dem Eigentümer keine rein privatnützige Verwendung des Eigentums, sondern verpflichtet ihn, den Eigentumsgebrauch so zu gestalten, dass er zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dient“ (Rn. 89). Verfassungsunmittelbare Bedeutung auf Grundlage der Prinzipientheorie zuerkennend auch Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 169. Ohne Hinweis auf die implizite, aber nunmehr längst eindeutige Aufgabe dieser Rechtsprechung beruft sich im Übrigen noch Leisner, Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 63, Fn. 127, auf BVerfGE 20, 351 (361), Beschl. v. 17.11.1966, wo zuletzt explizit noch abweichend eine verfassungsunmittelbare Sozialbindung angenommen wurde.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

2. Eingrenzung der von Art. 14 II GG erfassten Allgemeinwohlinteressen Wenn hier so ausdrücklich betont wird, dass Einschränkungen der Eigentümerinteressen „nur“ bei einer auf Art. 14 II GG gestützten Rechtfertigung greifen dürfen, so darf dieses „nur“ allerdings kaum quantitativ und auch nur bedingt qualitativ verstanden werden. In der heutigen Gesellschaft wäre es utopisch davon auszugehen, die Nutzung des Eigentums könne sich überwiegend im für sich abgeschlossenen Rechtskreis des jeweils einzelnen Eigentümers bewegen. Das Gebrauchmachen und mitunter auch das schlichte Innehaben648 von Eigentum steht in vielen zentralen Bereichen in enger Verflechtung mit der Frage nach dem „Wohle der Allgemeinheit“, sei es in Gestalt des öffentlichen Interesses an einer gerechten Ausgleich schaffenden Ordnung gegenläufiger privater Bestrebungen,649 sei es in Bezug auf genuin650 öffentliche Interessen wie beispielsweise dem an der Bewahrung651 einer intakten Umwelt. Die Belange im Sinne des Art. 14 II GG müssen deshalb in einem quantitativ denkbar weiten Rahmen berücksichtigt werden, wobei qualitativ für den einzelnen Grundrechtsträger durchaus wesentliche Fragen652 miterfasst werden. Angesichts dessen mag man sich scheuen, überhaupt von einer Eingrenzung der Befugnisse des Gesetzgebers durch die hier betonte Ausschließlichkeit der sog. Sozialpflichtigkeit als gesetzgeberischer Rechtfertigungsmöglichkeit zu sprechen. Zumindest in zweierlei Hinsicht sind jedoch sehr wohl Konsequenzen auszumachen. a) Sachbezug zum zu regelnden Zuordnungsverhältnis Die soziale Gebundenheit, die der Gesetzgeber653 gemäß Art. 14 II GG in der einfachrechtlichen Eigentumsordnung zu realisieren hat, bezieht sich sachlich jeweils nur auf das „konkrete Eigentumsobjekt“, das zu gestaltende Zuordnungsverhältnis.654 648 So beispielsweise im Falle des Leerstehen-Lassens als einer Form des Nicht-Nutzens von Wohnungen zu Spekulationszwecken. 649 Das gerechte Ausgleichen gegenläufiger Privatinteressen auf horizontaler Ebene schafft unabdingbar notwendigen Rechtsfrieden und ist damit zwanglos als Gemeinwohlaufgabe i. S. d. Art. 14 II GG einzuordnen. Dem zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 165, bei und in Fn. 58. Vgl. auch BVerwG NVwZ 1997, 384 (386), Urt. v. 23.8.1996 (am Gemeinwohl ausgerichtete Verteilungsgerechtigkeit). 650 Womit hier diejenigen Interessen bezeichnet sind, die unabhängig von der Deckung mit konkreten privaten Interessen als selbstständiger öffentlicher Zweck verfolgt werden. 651 Bzw. Wiederherstellung. 652 Vgl. paradigmatisch dazu die Frage nach der Nutzung eines Grundstücks durch Bebauung, siehe ausführlich unten ab S. 255. 653 Art. 14 II GG entfaltet keine unmittelbaren Wirkungen gegenüber dem Einzelnen, sondern richtet sich als bindende Richtlinie nur an den Gesetzgeber, vgl. die Nachweise soeben S. 185 in Fn. 647. 654 So in in aller Deutlichkeit auch das BVerfG, siehe E 102, 1 (20), Beschl. v. 16.2.2000, vgl. dazu sogleich bei Fn. 659. Ferner Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (228), unter beispielhaftem Verweis auf VGH Mannheim, I, DÖV 1989, 79 (80 f.) ffi DVBl. 1988, 1219

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Bloß globale Zielsetzungen zum Wohle der Allgemeinheit reichen nicht aus, gesetzliche Änderungen zu rechtfertigen, die sich auf konkretes Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG auswirken. Vielmehr muss gerade die Nicht-Normierung der geplanten Einschränkung des betroffenen Eigentums dem herangezogenen Allgemeininteresse entgegenstehen. Nur mittels dieser objektbezogenen Begrenzung der zulässigen Allgemeinwohlinteressen wird man auch der Formulierung des Art. 14 II GG gerecht. Wohlweislich heißt es dort, dass das Eigentum verpflichtet, nicht aber wird hierdurch der (als potentiell wohlhabend betrachtete) Eigentümer verpflichtet, generell für die Belange der Allgemeinheit aufzukommen.655 Die aus Art. 14 II GG resultierende Notwendigkeit einer solchen objektbezogenen Begrenzung darf nicht zu dem Fehlschluss verleiten, subjektiv-individuelle Merkmale dürften bei der Eigentumsgestaltung keine Berücksichtigung finden.656 (1223 f.), Beschl. v. 10.5.1988, wo überzeugend m. w. N. dargelegt wurde, dass im Rahmen der Zumutbarkeit der Versagung einer Abbruchgenehmigung auf das konkrete Kulturdenkmal abzustellen sei. Mit dem Hinweis auf den möglicherweise bestehenden „Reichtum“ eines Eigentümers (aus anderen Quellen als dem Denkmal selbst) kann also eine höhere Zumutbarkeit grundsätzlich nicht begründet werden. So auch Otting, BauR 2000, 514 (519, 520), unter Verweis auf eine deshalb verfassungswidrige Denkmalschutznormierung in Sachsen-Anhalt in Fn. 35; ferner Moench/Otting, NVwZ 2000, 515 (517) m. w. N; Schladebach, BauR 2000, 314 (316); wohl auch Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 313. A. A. Martin, in: Eberl/ders./Petzet, Bay. DSchG (5. A. 1997), Art. 4, Rn. 16 f., 11, m. w. N. (ferner ders., Eigentumsgrundrecht, in: Handbuch Denkmalschutz (2006), Abschn. G, Rn. 94), der die Inanspruchnahme anderer Vermögensbestandteile des Eigentümers solange für möglich hält, als nicht die „Existenzgrundlage oder die Möglichkeit der künftigen Unterhaltung des Denkmals“ dadurch entzogen wird. Enger jetzt Dirnberger, in: Eberl/Martin/Greipl, Bay. DSchG (2007), Art. 20, Rn. 13. Unabhängig vom Denkmalschutzrecht deutlich Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 464: Bei der Berufung auf Art. 14 II GG „muss es sich um Gründe handeln, die sich auf das in Frage stehende konkrete Eigentum beziehen.“ Vgl. ferner BVerfGE 55, 249 (259), Beschl. v. 2.12.1980, zur sog. Zweckentfremdungsabgabe: „Etwaigen Zahlungsauflagen kann für den geregelten Sachbereich nur die Aufgabe zukommen, durch die Zweckentfremdung bedingte Mehraufwendungen der Allgemeinheit bei der Schaffung neuen Wohnraums teilweise zu kompensieren. In jedem Fall sind es allein die von dem Vorhaben ausgehenden Nachteile für die Wohnraumversorgung, die im Blick auf Art. 14 I 2 GG den Grund, aber auch die Grenze kompensatorischer Entscheidungen zu Lasten des Eigentümers bilden“ (Hervorhebung nicht im Original). Siehe darüber hinaus noch Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 43 bei Fn. 139. Bezüglich Art. 14 III 3 GG ist schon erkannt worden, der Gemeinwohlbelang sei „sachzweckbezogen, nicht personenbezogen“ (Gaßner, BayVBl. 1998, 577 (583, Fn. 79); vgl. auch Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 576 (Gemeinwohlbelang sei „streng sachzweckbezogen“)); Jochum/Durner, JuS 2005, 412 (414); Jarass, DVBl. 2006, 1329 (1331). 655 Letzteres aber tendenziell vertreten – mit Blick auf die Formulierung „Eigentum verpflichtet“ in Art. 153 III 1 WRV – von Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe Kahl (1923), IV. Abschnitt, S. 12 f., der hier aus einer „sittlich-religiöse[n] Pflicht“ rechtliche Folgen für den Vermögenden (im Unterschied zum „Armen“) konstruieren will („Rechtsprinzip der ,Pflicht des Reichen“). 656 Vgl. diesbezüglich aber die Wiedergabe der Rechtsansicht der Landesregierung BadenWürttembergs bei BVerfGE 102, 1 (12 f.), Beschl. v. 16.2.2000.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Schon die Existenz der Rechtsfigur der sog. ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung657 zeigt, dass subjektive Merkmale bei der Eigentumsnormierung zu beachten sind. Wie anders sollte auch die Eigentumsgarantie ihrer Funktion gerecht werden können, dem Einzelnen Freiheitsräume zu öffnen?658 Ebenso wie subjektive Bezugspunkte bei der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung zugunsten des Eigentümers wirken, können solche subjektiven Merkmale auch Belastungen des Eigentümers rechtfertigen. Die objektbezogene Begrenzung führt nur dazu, dass sich alle zu berücksichtigenden Faktoren und damit auch die subjektiven Merkmale auf das konkret zu regelnde eigentumskräftige Zuordnungsverhältnis beziehen müssen. Die hier in Rede stehende Problematik ist auch Gegenstand des Beschlusses des I. Senats des BVerfG vom 16. 2. 2000 zur Zustandshaftung des Eigentümers für die Grundstücksanierung bei Altlasten.659 Im oben ausgeführten Sinne werden dort objektbezogen Grenzen der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Regelung der polizei- und ordnungsrechtlichen Zustandsverantwortlichkeit gezogen.660 Als Anhaltspunkt für die Zumutbarkeit inhaltsbestimmender Normen, die die Durchführung bzw. die Kosten der Sanierung eines von Altlasten betroffenen Grundstücks dem Eigentümer auferlegen, wird nicht etwa auf den Gesamtrahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten des Eigentümers, geschweige denn auf die Bedrohung dessen wirtschaftlicher Existenz abgestellt.661 Vielmehr werden als Anhaltspunkte „das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach der Durchführung der Sanierung“ sowie subjektive Zurechnungsmomente im Hinblick auf die Risikoübernahme hinsichtlich der konkret entstandenen Gefahr herangezogen.662 In wünschenswerter Deutlichkeit wird festgestellt, dass die Zumutbarkeit „demnach nicht generell an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Eigentümers gemessen werden“ kann;663 dass sonstiges Vermögen allenfalls dann berücksichtigt zu werden ver-

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Siehe dazu oben ab S. 112. Vgl. dazu oben S. 104 bei Fn. 324. 659 BVerfGE 102, 1. Die Verfassungsmäßigkeit des Bundes-Bodenschutzgesetzes wurde nicht behandelt. Siehe dazu beispielsweise – kritisch hinsichtlich § 4 VI BBodSchG – Dombert, NJW 2001, 927 passim; Lege, UTR 2005, 7 (35) m. w. N.; vgl. ferner Müggenborg, NVwZ 2001, 39 (40 f.). 660 Siehe zuvor schon Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 1994), Rn. 518 ff. m. w. N., zur objektbezogenen Begrenzung insbesondere Rn. 527, siehe nunmehr (Bearb. 2002) Rn. 516 ff. 661 Vgl. so aber die Wiedergabe der Rechtsansicht des VGH Mannheim (V) bei BVerfGE 102, 1 (5), Beschl. v. 16.2.2000; siehe auch soeben Rn. 654 den Nachweis zur a. A. von Martin. 662 BVerfGE 102, 1 (20), Beschl. v. 16.2.2000. 663 BVerfGE 102, 1 (22 f.), Beschl. v. 16.2.2000, dort heißt es weiter (S. 23): „Eine unverhältnismäßige Beschränkung der Privatnützigkeit einer durch Art. 14 I GG geschützten vermögenswerten Position wird nicht dadurch verhältnismäßig, dass der Eigentümer sie aufgrund seines sonstigen Vermögens ausgleichen und ertragen kann.“ 658

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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mag, wenn es „zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine funktionale Einheit darstellt.“664 Die Rechtsprechung des BVerfG hinsichtlich der Altlastenproblematik ist zumindest von ihrem Grundansatz her – unabhängig von der hier an sich behandelten Frage der Objektbezogenheit des Art. 14 II GG – zu befürworten.665 Denn das Gericht stellt nicht nur die Grenzen einer zulässigen Zustandsverantwortlichkeit dar, sondern hält ebenso deutlich fest, dass es nicht Sinn des Art. 14 GG ist, den Einzelnen vor wirtschaftlichem Risiko zu schützen, auch dann nicht, wenn der Eigentümer nicht selbst verantwortlich ist für die in Rede stehenden Belastungen.666 „Wie dem Eigentümer nach geltendem Recht die Vorteile der privaten Nutzung der Sache auch dann zufließen, wenn sie ohne sein Zutun entstehen, muss er die Lasten der Sache auch dann tragen, wenn die Gefahr nicht durch ihn verursacht worden ist.“667 Das Wohl der Allgemeinheit i. S. d. Art. 14 II GG rechtfertigt grundsätzlich die polizei- und ordnungsrechtlichen Regelungen zur Zustandsverantwortlichkeit.668 Diese „findet in der durch die Sachherrschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeit auf die gefahrenverursachende Sache ihren legitimierenden Grund“.669 Mit der gleichzeitigen Betonung der freiheitsdienenden Funktion des Eigentums hat das BVerfG damit die Determinanten abgesteckt, die bei der Regelung der Zustandsverantwortlichkeit im Widerstreit stehen und durch den Gesetzgeber in einen verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen sind. b) Keine Verfolgung bloß fiskalischer Interessen Eine nähere Eingrenzung der Allgemeinwohlinteressen i. S. d. Art. 14 II GG gelingt ferner, wenn man das Augenmerk auf die systematische Stellung der Sozialbindungsklausel im Gefüge der Verfassung richtet. Hieraus ergibt sich nämlich, dass

664

BVerfGE 102, 1 (22), Beschl. v. 16.2.2000. Zur Frage, was denn genau als „funktionale Einheit“ qualifziert werden kann, siehe die detaillierten Überlegungen bei Vöneky, DÖV 2003, 400 (402 ff.). 665 Siehe indes kritisch Bickel, NJW 2000, 2562 passim, sowie, da die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers missachtet werde, Berkemann, JR 2001, 13 (18). Siehe weitere Nachweise auch auf kritische Stimmen bei Vöneky, DÖV 2003, 400 (ebd., Fn. 2). 666 Insoweit resultieren aus der hier aufgezeigten Objektbezogenheit des Eigentums nicht allein Vorteile für den Rechtsinhaber. Als Kehrseite des Verbots staatlicher Eingriffe, die über das konkrete Eigentum hinausgehen, sowie der grundsätzlichen Achtung der Eigentumssphäre der Privaten durch den Staat hat der Eigentümer ebenso grundsätzlich die Gefahren und Lasten des konkreten Eigentums zu tragen, ohne dass es primär auf seinen persönlichen Verursachungsbeitrag ankäme. Vgl. auch Frenz, VerwArch 1999, 208 (219, 226 f.). 667 BVerfGE 102, 1 (19), Beschl. v. 16.2.2000. 668 BVerfGE 102, 1 (17, 20), Beschl. v. 16.2.2000. 669 BVerfGE 102, 1 (17), Beschl. v. 16.2.2000; vgl. insoweit auch soeben Fn. 666.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

bloß fiskalische, auf die Mehrung der Staatsfinanzen gerichtete Interessen nicht dem „Wohle der Allgemeinheit“ i. S. d. Art. 14 II GG unterfallen können.670 Es ist nämlich nicht nur so, dass das Eigentum Privater von der Verfassung grundsätzlich anerkannt und gutgeheißen wird,671 womit sich eine lediglich auf die Befriedigung staatlicher Finanzinteressen gerichtete Eigentumsinhaltsverkürzung kaum vertrüge. Vor allem jedoch sind die Befugnisse des Staates, seine berechtigten finanziellen Bedürfnisse durch den Rückgriff auf das Vermögen der Bürger zu befriedigen, durch das System des grundgesetzlichen Finanzverfassungsrechts672 einer speziellen673 und abschließenden674 Regelung zugeführt worden, die im Hinblick auf das im X. Abschnitt des Grundgesetzes (Art. 104 a ff. GG) geregelte Steuerrecht mitunter sehr weitreichend ist.675 Für eine fiskalische Interessen als Sozialbindung deklarierende, inhaltsbestimmende Gesetzgebung bleibt angesichts dessen kein Platz mehr.676 Ein solches verkapptes Einfallstor zur Deckung staatlicher Finanzbedürfnisse widerspricht somit einer den systematischen Zusammenhängen Rechnung tragenden Auslegung des Art. 14 II GG.677 Einer abstrakten Umverteilung gesellschaftlich ungleich verteilter Besitzstände an die Allgemeinheit ist der Weg über Art. 14 II GG verwehrt.678 670 In anderem Zusammenhang bezeichnet Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 413, die Eigentumsgarantie als „staatliches Vermögensentziehungs- und Bereicherungsverbot“. 671 Art. 14 I 1, III GG, Art. 15 GG. 672 Zur Begrifflichkeit vgl. Siekmann, in: Sachs, GG (2007), vor Art. 104 a, Rn. 4 ff. m. w. N. 673 Wenn auch nichtsteuerliche Abgaben sich formell nach den allgemeinen grundgesetzlichen Kompetenzvorschriften richten, so sind selbst diese gleichwohl materiell immer an den Besonderheiten des Finanzverfassungsrechts auszurichten, da sie nicht zum Unterlaufen der in den Regelungen des X. Abschnitts des Grundgesetzes zum Ausdruck kommenden Grundsätze missbraucht werden dürfen, vgl. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben (1999), S. 4 m. w. N. 674 Siekmann, in: Sachs, GG (2007), vor Art. 104 a, Rn. 139 m. w. N. und Rn. 147 ff., in Abwehr der sog. Sonderabgaben als eigenständigem, verfassungsrechtlichen Abgabentypus m. w. N. auch zur h. M., die demgegenüber in Einklang mit dem BVerfG auch diese als zumindest grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig ansieht. 675 Vgl. nur Siekmann, in: Sachs, GG (2007), vor Art. 104 a, Rn. 139 f. Zum grundsätzlichen Vorrang der Steuer als Finanzierungsquelle staatlicher Tätigkeit vgl. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben (1999), S. 5 f. 676 Allgemein zum Verhältnis zwischen Steuern und Gewährleistung des Eigentums siehe Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 I 2 d (S. 2135) m. w. N. 677 Vgl. insoweit auch die (nicht auf die Vorschrift des Art. 14 II GG bezogenen) Überlegungen von Ehlers, JURA 1999, 212 (214), der das bloße Streben nach Gewinnen wegen des „Bekenntnis[ses] des Grundgesetzes zum Abgaben- bzw. Steuerstaat“ im Hinblick auf die Zulässigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand nicht als zulässigen Gemeinwohlzweck qualifizieren will. 678 Vgl. zustimmend den Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 11 ff. zur Auslegung des Art. 14 II GG bei Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 3 g (S. 2203, Fn. 407) sowie auf S. 18 ff. mit Blick auf die Bewertung fiskalischer Interessen in VII 4 a (S. 2277, Fn. 854).

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Rein fiskalische Erwägungen in diesem Sinne679 sind allerdings eng zu verstehen. Denn das Interesse der Allgemeinheit beispielsweise an der Umwälzung von Kosten durch etwaig von hoher Hand durchzuführende Maßnahmen auf bestimmte Eigentümer ist dann nicht mehr rein fiskalisch, wenn dadurch der durch eine solche Inhaltsund Schrankenbestimmung belastete Eigentümer selbst durch die Maßnahme einen erhöhten Nutzen ziehen kann.680 Die Ausklammerung der nicht sachbezogenen, rein fiskalischen Interessen führt also keineswegs zu dem der Eigentumsgarantie prima facie widersprechenden Ergebnis, dass von einer generellen Ausgleichspflicht der Inhalts- und Schrankenbestimmungen ausgegangen werden muss.681 Keineswegs verstößt also eine Inhalts- und Schrankenbestimmung deshalb gegen Art. 14 GG, weil es nicht der Staat als „milderes Mittel“ übernommen hat, die „bloß“ finanziellen Lasten selbst zu tilgen. Nebenbei sei bemerkt, dass die Verfolgung rein fiskalischer Interessen schon deshalb gegen die (insoweit kategorische) Gewährleistung des Art. 14 I 1 GG verstieße, weil dann ein genügender Sachbezug im Sinne der oben gemachten Ausführungen nicht bestünde: Die Deckung von Finanzbedarf ist nicht an ein bestimmtes Eigentum zuordnendes Rechtsverhältnis gebunden. Die systematische Auslegung des Art. 14 II GG im Hinblick auf die Zulässigkeit rein fiskalischer Interessen erweist sich somit nur als zusätzliche verfassungsrechtliche Begründung für das schon oben gefundene Ergebnis. Hingewiesen sei noch auf BVerfGE 55, 249 (259), Beschl. v. 2.12.1980, wo eine Abgabe, die sich nicht als Ausgleich für solche Nachteile begreifen ließ, die gerade aus dem Gebrauchmachen des konkret geregelten Eigentumsrechts resultierten, für unzulässig erklärt wurde; eine Abgabe also, die im oben beschriebenen Sinne bei gänzlichem Fehlen eines Bezugs zum geregelten Eigentumsverhältnis als eine rein fiskalische Abgabe zu qualifizieren wäre. Vgl. insoweit auch die Stellungnahme im Namen der Bundesregierung in diesem Verfahren, wiedergegeben bei BVerfGE 55, 249 (255), derzufolge „fiskalische Zwecke“ mit der sog. Zweckentfremdungsabgabe nicht verfolgt werden dürften. 679 Zur Notwendigkeit der Präzisierung des mitunter schillernden Begriffs der fiskalischen Interessen anhand der jeweils zu untersuchenden Norm vgl. Martens, Öffentlich (1969), S. 199, Häberle, Öffentliches Interesse (1970), S. 513, Letzterer für die Aufgabe dieser Begriffsbildung plädierend. 680 Dies gilt etwa dann, wenn die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten werden soll, vgl. BVerfGE 100, 1 (52), Urt. v. 28.4.1999. Nicht überzeugend ebd. (sowie BVerfGE 100, 138 (189), Urt. v. 28.4.1999) jedoch die Ablehnung der „Entlastung der Staatshaushalte des Bundes und der Länder“ als Gemeinwohlbelang i. S. d. Art. 14 II GG nur deshalb, weil die „dadurch bewirkten Einsparungen […] nicht entscheidend ins Gewicht“ fielen, nicht aber wegen der kategorischen Unzulässigkeit solcher rein fiskalischen Interessen. Die Bezeichnung als „fiskalische Erwägungen“ bei dem Fallbeispiel einer den Eigentümer behindernden Baustelle, die sich wegen Ablehnung einer schnelleren, dadurch aber kostenintensiveren Durchführung der Baumaßnahme für den Eigentümer als belastend auswirkt (hier sei nun allerdings die Problematik außen vor gelassen, inwieweit in solchen Fällen tatsächlich eine eigentumsgrundrechtlich relevante Beeinträchtigung des Eigentums vorliegt), durch Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 147, deckt sich somit nicht mit der hier herangezogenen Bezeichnung als rein fiskalisch. Dies gilt zumindest dann, wenn der Eigentümer durch die Baumaßnahme später selbst Vorteile für sein nun zunächst (gemäß der Unterstellung) betroffenes Eigentum ziehen könnte. 681 Dagegen überzeugend Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 346 ff.; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 38b; Ossenbühl, StaatshaftungsR (1998), 4 II 4 c aa (S. 187); vgl. jedoch auch die Kritik bei Eschenbach, Eigentum (1996), S. 503 m. w. N. in Fn. 177.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Fechner hat mit Blick auf die zur Enteignung schon gewonnenen Erkenntnisse eine weitere Begründung gegeben, weshalb rein fiskalische Interessen über Art. 14 II GG nicht verfolgt werden können. Er führt aus: Das Wohl der Allgemeinheit ist zwar grundsätzlich weit zu fassen […]. Eine Enteignung darf [jedoch] nicht aus primär fiskalischen Gründen erfolgen. Sie ist kein Instrument zur Vermehrung des Staatsvermögens (BVerfGE 38, 175 (180)). Das Verbot der Enteignung aus fiskalischen Gründen darf nicht unter Berufung auf die Sozialbindung im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung umgangen werden. Das Wohl der Allgemeinheit muss sowohl hinsichtlich der Enteignung als auch hinsichtlich der Inhalts- und Schrankenbestimmung mit anderen Gemeinwohlinteressen als solcher fiskalischer Art begründet werden.682

Teile der Literatur sehen allerdings Art. 14 GG als grundsätzlich eingreifenden Maßstab der Steuergesetzgebung an.683 Auch der Rechtsprechung des BVerfG lassen sich zumindest dahingehende Tendenzen entnehmen.684 682 Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 464, unter (an dieser Stelle nicht zu hinterfragender) Kritik an BVerfGE 79, 29, Beschl. v. 11.10.1988 (vergütungsfreie Musikwiedergabe im Strafvollzug). Trenne man das Verhältnis zwischen Strafgefangenen und dem Staat sowie Letzterem und den Rechtsinhabern, so sei zweifelhaft, ob sich der Staat dem Rechtsinhaber gegenüber tatsächlich auf die Sozialbindung berufen könne, ob es nämlich als Pflicht der Urheber bezeichnet werden könne, einen humanen Strafvollzug auf ihre Kosten zu ermöglichen. Dazu heißt es: „Nicht Rücksichtnahme auf den Gefangenen werden dem Urheber abverlangt, sondern Rücksichtnahme auf die öffentliche Hand“ (unter wohl nicht zutreffendem Verweis auf eine weitere Literaturstimme). Die Entscheidung sei deshalb im Ergebnis abzulehnen. Vgl. ferner seine Kritik an BVerfGE 81, 208, Beschl. v. 23.1.1990 (illegaler, italienischer Mitschnitt eines Bob Dylan-Konzerts, in Deutschland vertrieben), bezüglich § 75 UrhG a. F. auf S. 231 f. zur Durchführung der Allgemeinheit obliegender Aufgaben (Befriedigung kultureller Bedürfnisse) durch die Urheber bzw. darstellenden Künstler. Weiterhin S. 242 ff., 255 zur Unterscheidung des (grundsätzlich) in Grenzen anzuerkennenden öffentlichen Interesses an Zugangsmöglichkeiten der Allgemeinheit zu geistigem Eigentum vom in der Regel (bei nicht vorliegendem besonders gesteigerten Interesse der Allgemeinheit) nicht anzuerkennenden, darüber hinaus gehenden öffentlichen Interesse am Ausschluss jeglicher Vergütung solcher Zugangsansprüche. 683 Zusammenfassende Darstellung etwa bei Lang, Rechtsstaatliche Ordnung, in: Tipke/ ders, SteuerR (2008), § 4, Rn. 209 ff.; Butzer, Grenzen der Steuerlast (1999), S. 34 ff. Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 3 g (S. 2200 – 2205). Vgl. weiterhin Kirchhof, Das verfassungsrechtliche Maß steuerlicher Belastung, in: FS Merten (2007), S. 151 ff., dens., Staatliche Einnahmen (1990), in: HbStR IV, § 88, Rn. 88 ff., dens., Die Steuern (2007), ibid. Bd. V, § 118, Rn. 117 ff.; Vogel/Waldhoff, in: BK zum GG, Vor Art. 104 a–115 (Bearb. 1997), Rn. 540 ff. m. w. N.; Vogel, NJW 1996, 1257 (1258); dens., Der Finanz- und Steuerstaat, in: HbStR II, § 30, Rn. 73; Jachmann, Steuergesetzgebung (2000), S. 33 ff.; Seer, FR 1999, 1280 (1283); Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 143 m. w. N.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 2 (I), Rn. 161; vgl. ferner Schachtschneider, Recht auf Eigentum, in: FS Leisner (1999), S. 753; kritisch auch Hesse, VerfR (1995), Rn. 447 („offene Flanke“; m. w. N. zu dieser Ausdrucksweise Zühlsdorff, ThürVBl. 2001, 25 (29), sowie v. Brünneck, Eigentumsgarantie (1984), S. 376). Vgl. dagegen – jeweils zumindest differenzierend – Wernsmann, NJW 2006, 1169 passim.; ferner Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 32a., sowie ders., Nichtsteuerliche Abgaben (1999), S. 82 ff., vor allem S. 85 f.; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 23; Ibler, AcP 197 (1997), 565 (569); Birk, SteuerR (2007), Rn. 161 f.; dens., DStJG 22

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Selbst wenn eine solche Auffassung zuträfe und sich zudem praktikable Wege finden ließen, die Steuergesetzgebung anhand der Eigentumsgarantie zu überprüfen, ohne dabei zu einem nicht mehr tragbaren gespaltenen Garantiegehalt des Art. 14 GG685 oder einer Verwischung der allgemeinen Eigentumsdogmatik in Überspielung des Art. 14 I 2 GG zu gelangen, bliebe die Verfolgung rein fiskalischer, staatlicher Interessen bei allen sonstigen Normierungen unzulässig. Aus solch einer Maßstäblichkeit des Art. 14 GG ließe sich schließlich nichts für die Annahme herleiten, hierdurch die nach dem Finanzverfassungsrecht des Grundgesetzes zulässigen Möglichkeiten zur Verfolgung fiskalischer Ziele zu erweitern. Vielmehr soll durch die gewünschte Rückbindung der Steuergesetzgebung an Art. 14 II 2,

(1999), 7 (20); dens., Verw. 35 (2002), 91 (106 f.); Ramsauer, Faktische Beeinträchtigungen (1980), S. 133 ff.; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 907. Unter anderer Bestimmung des Vermögensbegriffs auch Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 142 f. Vgl. ferner Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 167 f., mit der Erläuterung, wie es zur grundgesetzlichen Ordnung des Steuerstaates kommen konnte. Denn die Bedrohungen des Rechtsstaats durch exzessive Besteuerungspraktiken, wie sie von oben aufgeführten Literaturstimmen beklagt werden, sei zur Zeit der Schaffung des Grundgesetzes so nicht existent gewesen, sondern erst durch die Praxis eines ausufernden Steuerzugriffs und der Entdeckung der Steuer als Lenkungsmittel entstanden. Angesichts der gleichwohl nun geltenden Verfassung seien gewisse Schutzgehalte gegenüber dem Steuereingriff bei Anknüpfung an konkrete Eigentumsrechte zu entnehmen (Rn. 169 ff.), angesichts der nur bedingten Tauglichkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Rn. 175 f.) dürfte jedoch die „Eindämmung des Superfiskalismus […] nicht (nur) als politische Forderung, sondern als Rechtsgebot […] in die ,Traumfabrik des Staatsrechts gehören“ (Rn. 180; so auch ders., Stbg. 1999, 49 (53)). Siehe ferner kritisch zur Tendenz, durch die Einbeziehung von Geld in den Schutzbereich des Art. 14 GG nur einen synomyen Begriff für Vermögen zu wählen, Lepsius JZ 2002, 313 (315). Weitere Nachweise zum Schrifttum bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 21, Fn. 88. 684 Zur diesbezüglichen Rechtsprechung des BVerfG, insbesondere zur Einordnung von BVerfGE 93, 121 II, Beschl. v. 22.6.1995, ausführlich Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 187 ff. sowie insbesondere S. 325 ff., ferner dort zu denjenigen Stimmen aus dem steuerrechtlichen Schrifttum, die den zunächst vom II. Senat gebildeten sog. Halbteilungsgrundsatz unterstützen, dabei jedoch versäumen, ihre Thesen auf die Vereinbarkeit mit der allgemeinen Eigentumsdogmatik hin zu überprüfen (für eine allgemeine Anwendbarkeit siehe etwa Zühlsdorff, ThürVBl. 2001, 53 (58); Hösch, ThürVBl. 2003, 145 (146 f.)); siehe jedenfalls anders als hier den Halbteilungsgrundsatz befürwortend insbesondere Kirchhof, Das verfassungsrechtliche Maß steuerlicher Belastung, in: FS Merten (2007), S. 157 ff. sowie dens., Die Steuern (2007), HbStR V, § 118, Rn. 126 ff. – in der Herleitung wieder auf ein allgemeines Prinzip für die gesamte Eigentumsdogmatik abstellend, was nach hier vertretener Ansicht nicht tragfähig ist; siehe ferner etwa Badura/Huber, Öffentliches Wirtschaftsrecht (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 3. Abschn., Rn. 59. Mit BVerfGE 115, 97 II (114; 109 f.), Beschl. v. 18.1.2006, hat sich der Sache nach nunmehr auch der II. Senat zumindest vom Halbteilungsgrundsatz verabschiedet (siehe Sacksofsky, NVwZ 2006, 661 (661 f.)) – nicht allerdings davon, Steuern generell an Art. 14 GG zu messen, siehe etwa Di Fabio, JZ 2007, 749 (752). Siehe dazu etwa Siekmann, in: Sachs, GG (2007), vor Art. 104 a, Rn. 182; Lang, Rechtsstaatliche Ordnung, in: Tipke/ders, SteuerR (2008), § 4, Rn. 223 m. w. N. 685 Siehe Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 161.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

I 1 GG686 neben den formalen Schranken des Finanzverfassungsrechts und der Beachtung des Art. 3 I GG687 nur eine zusätzliche, materielle Schranke begründet, nicht aber weitere Eingriffsmöglichkeiten des Steuer- und Abgabengesetzgebers geschaffen werden. Wenn es somit dem Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmenden Gesetzgeber untersagt ist, unter dem Deckmantel des Wohls der Allgemeinheit rein fiskalische Interessen zu verfolgen, so erhellt sich, dass gerade unter diesem Gesichtspunkt die Zulässigkeit eines sog. abstrakten Planungswertausgleichs zu überprüfen wäre. Hierbei geht es um die angesichts leerer öffentlicher Kassen nicht unbedeutende Frage, ob es gegen die hier beschriebene kategorische Gewährleistung des Art. 14 I 1 GG verstößt, wenn der Gesetzgeber Teile des durch günstige Planungen bedingten Wertzuwachses von Grundstücken abstrakt ohne Rückbezug auf die den planenden Behörden entstandenen Kosten oder sonstige konkrete Gemeinwohlbelange abschöpfen will.688 Ob es möglich sein könnte, über die Ausgrenzung bloß fiskalischer Interessen hinaus noch weitere Interessen (schon abstrakt) zu benennen, die nicht unter Berufung auf Art. 14 II GG herangezogen werden können, braucht hier nicht abschließend bestimmt zu werden.689 Allerdings wäre dabei mit größter Vorsicht zu walten, damit auf diesem Wege nicht etwa dem Gesetzgeber lediglich politische Wertungen des Verfassungsinterpreten als bindend vorgegeben werden.690 686 Bzw. aus Art. 14 III GG, so etwa Kirchhof, Staatliche Einnahmen (1990), in: HbStR IV, § 88, Rn. 93 f. 687 Dazu etwa Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 3, Rn. 44 ff. m. w. N. 688 Siehe hierzu die Schlussfolgerungen bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), ab S. 184. 689 Siehe dagegen schon oben ab S. 186 sowie sogleich im Text. Vgl. ferner v. Brünneck, Eigentumsgarantie (1984), S. 396 bei Fn. 125. Siehe aber auch BVerfGE 42, 263 (295), Urt. v. 8.7.1976: Es könne „nicht jedes nur denkbare Interesse eine Beschränkung ,der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung (BVerfGE 26, 215 (222)) rechtfertigen“. Allerdings heißt es direkt im Anschluss dann weiter auf die Abwägung innerhalb des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bezogen: „Es müssen vielmehr solche Gründe des gemeinen Wohls vorliegen, denen auch bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Vorrang vor dem grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers zukommt“. Deutlich nur auf das Abwägungsergebnis innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung, nicht aber auf eine vorab durchzuführende abstrakte Interessensausgrenzung bezogen auch BVerfGE 31, 275 (290), Beschl. v. 8.7.1971; 26, 215 (222), Beschl. v. 19.6.1969. Grundsätzlich zu pauschal in Bezug auf die Ausgrenzung von Interessen aus Art. 14 II GG wohl Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 134 f., 136, wonach dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne dieser Vorschrift nicht „jedes staatliche und politische Interesse“ entspräche, sondern dem Eigentümer nur „konkrete, für die Allgemeinheit wichtige Rechtsgüter (,Drittschutzinteressen) gegenübergestellt werden“ könnten (Hervorhebung nicht im Original). 690 Das Verschleiern bloß politisch-dezisionistischer Wertungen unter dem Etikett der Verfassungsauslegung ist eine Vorgehensweise, die im Bereich des Art. 14 GG gehäuft zu beachten ist, vgl. auch S. 36, bei und in Fn. 53; zur Parallelproblematik der Beachtung des politischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Frage nach der Geeignetheit im Rahmen der allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprüfung vgl. die Nachweise bei Sachs, in: ders., GG (2007),

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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3. Systematische Einordnung Nun gilt es noch die Tragfähigkeit der Folgerungen aus der insoweit anerkannten Rechtsprechung des BVerfG zu belegen691 – dies umso mehr, als eben diese Konsequenzen im Übrigen (zumindest in dieser Deutlichkeit) nicht gezogen werden. Zunächst einmal führt es nicht zu einer übermäßigen Einengung der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, wenn Art. 14 II GG als ausschließliche Grundlage für eine den Eigentümern nachteilige Gestaltung der Eigentumsordnung anerkannt wird. Wie soeben ausgeführt, sind das Verbot rein fiskalischer Zielsetzung sowie die Notwendigkeit eines Sachbezugs zum zu regelnden Zuordnungsverhältnis die einzig nennenswerten Einschränkungen, die sich – insoweit – aus Art. 14 II GG ergeben. Inhaltlich bindende Einschränkungen ergeben sich darüber hinaus erst aus der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung. Isoliert betrachtet ist nicht erkennbar, dass irgendwelche spezifischen Allgemeinwohlinteressen nennbar sind, die von vornherein nicht dem Allgemeinwohlbegriff des Art. 14 II GG zuzuordnen wären. Art. 14 II GG ist diesbezüglich von größter inhaltlicher Weite. Eben diese Weite des „Wohles der Allgemeinheit“ i. S. d. Art. 14 II 2 GG ist auch ausschlaggebend für den Zwang zu einer Interpretation der Eigentumsgarantie, die in Art. 14 II GG die letzte Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen sieht. Wozu sollte nämlich Art. 14 II GG dem Gesetzgeber einen (prinzipiell) so weiten Gestaltungsspielraum zur eigentümernachteiligen Normierung eröffnen, wenn noch nicht einmal hiermit das letzte Wort gesprochen wäre, wenn sich also der Gesetzgeber auch noch über diese wenigen aus dem Sinnzusammenhang des Art. 14 II GG resultierenden Einschränkungen hinwegsetzen könnte und allein auf Art. 14 I 2 GG gestützt weitere Belastungen der Eigentümerinteressen rechtfertigen könnte? Sinnvolle Lesart des Art. 14 II GG ist deshalb allein, hierin die abschließende und ausschließliche Grundlage für die Beeinträchtigung der Eigentümerinteressen bei der Gestaltung der Eigentumsordnung zu sehen. Art. 14 II GG erweist sich damit insoweit als spezielle Normierung und dieses Spezialitätsverhältnis ist es, das den Rückgriff auf sonstige Allgemeinwohlinteressen verbietet, die sich nicht auf Art. 14 II GG stützen lassen.692

Art. 20, Rn. 151, auf die zu Recht Zurückhaltung übende Rechtsprechung des BVerfG. Siehe weiterhin Schmidt-Aßmann, AVR als Ordnungsidee (2004), 3/76 f. (S. 152 f.), m. w. N. zu der Frage, inwieweit der Begriff des Allgemeinwohls grundsätzlich neben prozeduralen Vorkehrungen auch an materielle Vorgaben geknüpft bleiben muss, um seinen Aufgaben im jeweiligen Kontext gerecht werden zu können. 691 Sofern man darüber hinaus diese Rechtsprechung zum „Wohl der Allgemeinheit“ mit der diese Frage normierenden Vorschrift des Art. 14 II GG in Verbindung setzt. 692 Wobei fraglich ist, ob rein fiskalische Interessen auch unabhängig vom Kontext des Art. 14 II GG als zulässige Allgemeinwohlinteressen aufgefasst werden könnten, vgl. insoweit kritisch Ehlers, JURA 1999, 212 (214). Jedenfalls aber ist die spezifische Sachbezogenheit der Allgemeinwohlinteressen eine Besonderheit des Art. 14 II GG, die nicht über den Umweg der Berufung auf sonstige Allgemeinwohlinteressen umgangen werden darf.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Will man Art. 14 I 2 GG als eine Art Ermächtigungsgrundlage für die Schaffung belastender Normen verstehen (und Art. 14 I 2 GG insoweit mit einem Gesetzesvorbehalt vergleichen)693, so müsste in Art. 14 II GG die (erste)694 Eingrenzung dieser Ermächtigung (bzw. die „Qualifizierung“ dieses Vorbehalts)695 erkannt werden.696 Des Weiteren bleibt zu zeigen, dass diese Begrenzung auch nicht in Widerspruch zu den sonstigen Aussagen der herrschenden Eigentumsdogmatik steht. So besteht kein Widerspruch zu den Thesen, dass den Eigentümerinteressen (Art. 14 I 1 GG) in gleicher Weise Rechnung getragen werden müsse wie den Allgemeinwohlinteressen (Art. 14 II GG)697 und dass die Vorstellung eines „an sich“ umfassend und unbeschränkt zu denkenden Eigentums verfehlt sei.698 Zwar sind im hier aufgezeigten Sinne die Eigentümerinteressen i. S. d. Art. 14 I 1 GG im Vergleich zu sonstigen staatlichen Interessen nicht bloß vorrangig zu behandeln, sondern insofern gar kategorisch zu respektieren. Dies beruht jedoch allein auf einer Auslegung des Umfangs derjenigen Interessen, die dem Allgemeinwohlbegriff der Sozialbindungsklausel unterfallen. Wenn nun aber schon tatbestandlich kein solches durch Art. 14 II GG gedecktes öffentliches Interesse vorliegt, so widerspricht das hier gefundene Ergebnis nicht dem Gebot, die durch Art. 14 I 1 GG und durch Art. 14 II GG geschützten Interessen gleichrangig zu behandeln. Ferner ist die Beschränkung der eigentümernachteiligen Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers auf Allgemeinwohlinteressen i. S. d. Art. 14 II GG eine lediglich mittelbare verfassungsrechtliche Einwirkung auf die Normierung der Eigentumsordnung, die nichts an der Gesetzesabhängigkeit des Eigentumsschutzes des Art. 14 GG zu ändern vermag. Ihr liegt damit auch nicht die Vorstellung eines „an sich“ unbeschränkt zu denkenden Eigentums zugrunde.

693 Vgl. zur Qualifizierung des Art. 14 I 2, 2. Alt. GG als Gesetzesvorbehalt im Zusammenhang mit der Eingriffsqualifizierung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen unten S. 229. 694 Zur eigentlich entscheidenden Eingrenzung der Ermächtigung des Gesetzgebers, die Eigentumsordnung zu gestalten, nämlich zur eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung, siehe oben ab S. 100. 695 Diese insoweit begrenzende Wirkung des Art. 14 II GG übersieht Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 31 f. (dort heißt es: „Insbesondere stellt Art. 14 Abs. 2 GG keine […] Qualifizierung dar, da er die durch Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG eröffneten Einschränkungsmöglichkeiten nicht einengt.“). 696 Vgl. ferner die Kennzeichnung von Art. 14 I 2 GG und Art. 14 II GG als „einheitlichen Gesetzesvorbehalt“, etwa bei Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 306 m. w. N.; Seer, FR 1999, 1280 (1284). 697 Vgl. nur BVerfGE 87, 114 (138), Beschl. v. 23.9.1992; 58, 300 (330, 335 f.), Beschl. v. 15.7.1981; 72, 66 (77), Beschl. v. 12.3.1986, stRspr.; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 31. 698 Vgl. nur BVerfGE 58, 300 (334), Beschl. v. 15.7.1981, dort vor allem in Ablehnung eines Vorrangs des bürgerlichen Rechts, insbesondere des § 903 BGB, vor dem öffentlichen Recht.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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IV. Konsequenzen Aus der Strukturanalyse der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung – insbesondere der Erkenntnis, dass es eine objektive Abwägung gibt – ergeben sich Konsequenzen mit Blick auf einige umstrittene Fragestellungen. 1. Verzichtbarkeit der Institutsgarantie a) Nach traditionellem Verständnis Kehrseite der zukunftsgerichteten, objektiven Verhältnismäßigkeitsprüfung ist es, dass die Institutsgarantie als Schutzmechanismus verzichtbar geworden ist. Ihrer bedarf es nicht (mehr)699, um vermeintliche Rechtsschutzlücken zu schließen.700 Rechtspraktische Relevanz erlangt sie – nach herkömmlichem Verständnis – ohnehin kaum. In der mittlerweile knapp 120 Bände umfassenden amtlichen Entscheidungssammlung des BVerfG mit kaum noch zählbaren, die Eigentumsgarantie betreffenden Entscheidungen findet sich nicht eine einzige Entscheidung, in der ein Verstoß gegen die Institutsgarantie festgestellt wurde.701 Zunächst seien hier die Kernsätze in Erinnerung gerufen, mit denen das BVerfG die Institutsgarantie des Art. 14 GG beschreibt. Danach verwehrt es die Institutsgarantie dem Gesetzgeber, an die Stelle des Privateigentums etwas zu setzen, „was den Namen ,Eigentum nicht mehr verdient“. Es wird ein „Grundbestand von Normen“ im Sinne einer Mindestgarantie gesichert. Sie verbietet, „daß solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung entzogen werden, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören.“702 Dieser Schutz 699

Angesichts des gänzlichen Überantwortens der abwehrrechtlichen Gehalte der Eigentumsgarantie der WRV in die Hände des einfachen Gesetzgebers konnte die Institutsgarantie ihren schnellen Siegeszug nur wegen der damals noch in der Tat der Gesetzgebung gegenüber bestehenden Rechtsschutzlücken feiern. Vgl. zur Rolle des einfachen Gesetzgebers Böhmer, NJW 1988, 2561 (2563); siehe auch Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 II 3 d (S. 2158 – 2162); Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 3 ff. Schutz wurde im (zumindest ansatzweisen) Einklang mit dem Normtext durch die Ausdehnung des Enteignungsbegriffs zur Schaffung einer gewissen Wertgarantie gewährt, vgl. dazu beispielsweise Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 9 ff. Vgl. ferner allgemein Böhmer, NJW 1988, 2561 passim, der nachdrücklich auf verschiedene Fehlentwicklungen in der Eigentumsdogmatik hinweist, die daraus resultieren, dass vorschnell auf die Eigentumsdoktrin der Weimarer Reichsverfassung Rückgriff genommen wurde, statt sich der Möglichkeiten und Anforderungen der neuen Verfassungslage zu besinnen. 700 Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 738. 701 Siehe auch oben die Nachweise S. 42, Fn. 78 zur fehlenden Relevanz in der Rechtsprechung des BVerfG. Dieses Schicksal teilt die Institutsgarantie mit der Wesensgehaltsgarantie, siehe dazu etwa Hofmann, Abwägung im Recht (2007), S. 392 f. mit Nachweisen. Auch im Schrifttum wird der Schutzwirkung der Institutsgarantie überwiegend eine nur sehr geringe Bedeutung zugemessen, siehe die Nachweise S. 204, Fn. 726. 702 BVerfGE 24, 367 (389, LS 3), Urt. v. 18.12.1968.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

ist dann allerdings „absolut“703, kennt also keine rechtfertigende Abwägung mehr. Daran anschließend wird die Institutsgarantie im Schrifttum oftmals als eine sog. Schranken-Schranke verstanden, die dem Gesetzgeber in diesem Sinne letzte Grenzen setze.704 703 Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 417 m. w. N., ferner sogleich S. 203, Fn. 725. 704 Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 952 f., Hervorhebung schon im Original; Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 210; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 55; Berg, JuS 2005, 961 (963); Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 311. Die Bezeichnung als „Schranken-Schranke“ ist jedoch zweifelhaft, weil verkürzend. Schließlich sind auch Inhalts- und Schrankenbestimmungen denkbar, die – aufgrund ihres zukunftsgerichteten Regelungsgehalts – nicht als Eingriff und damit nicht unbedingt als „Schranke“ verstanden werden können. Auf solche Inhalts- und Schrankenbestimmungen (bzw. auf den zukunftsbezogenen Regelungsgehalt hin) kann dann die unbestrittenermaßen gleichwohl Anwendung findende Institutsgarantie eben nur dann als „Schranken-Schranke“ bezeichnet werden, wenn man den zukunftsgerichteten ausgestaltenden Regelungsgehalt gleichwohl als „Schranke“ bezeichnen will. Vgl. kritisch zum Begriff der Schranken-Schranke hinsichtlich der Eigentumsgarantie auch Maurer, Vertrauensschutz (2007), in: HbStR IV, § 79, Rn. 69. Allgemein sich zur Institutsgarantie bekennend aus der Literatur beispielsweise Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 4; Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 76 ff.; Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 57, bezeichnet die Zustimmung als allgemeine Meinung, siehe allerdings auch S. 73, bei Fn. 349. Vgl. ferner die Nachweise zur Zustimmung des Schrifttums zur Institutsgarantie bei Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 236, Fn. 86, der substantiiert ablehnende Stimmen kaum auszumachen vermag. Hingewiesen sei noch auf die Konzeption von Herzog, Grundrechte, in: FS Zeidler, Bd. II (1987), S. 1418 ff., bei der eine enorm umfassende Definitionsmacht des einfachen Gesetzgebers angenommen und diese allein durch Überlegungen zur Instituts- und Wesensgehaltsgarantie wieder eingegrenzt wird. Danach wäre es eine eigentumsgrundrechtlich irrelevante Handlung des Gesetzgebers, schickte sich dieser an, dass durch das WEG geschaffene Wohnungseigentum wieder abzuschaffen (S. 1419). Ebenso sei es um die Verkürzung der Schutzfristen von Urheberrechten bestellt. Einzig zu beachten sei jeweils der Vertrauensschutz (dem allerdings durch Weitergeltung des Altrechts für das bereits begründete Eigentum ohne weiteres Genüge getan werden könnte, vgl. oben S. 172 f.). Als „Grenze der legislatorischen Definitionsbefugnis“, als Grenze für die Möglichkeit des Gesetzgebers, eine Vermögensposition aus dem Schutz der Eigentumsgarantie herauszunehmen, vermag Herzog nur die Institutsgarantie und die Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 II GG) zu erkennen (S. 1422; ebenso ders., Eigentum, in: EvStL (3. A. 1987), Sp. 679; zu sonstigen sich belastend auswirkenden, gesetzlichen Neuregelungen vgl. Sp. 680, siehe ferner oben S. 42, Fn. 75). Nicht verwunderlich ist es da, dass er, um bei solch einem Grundverständnis die Gefahr einer „Aushöhlung des Privateigentums“ (S. 1422 f.) zu bannen und um den „Zirkel“ der Grundrechtsbindung des Gesetzgebers zu brechen (S. 1420; vgl. auch dens., Eigentum, in: EvStL (3. A. 1987), Sp. 679), substantiiertere Erörterungen zur Instituts- sowie zur Wesensgehaltsgarantie einfordert und selbst zu entwickeln versucht (S. 1422 ff.; vgl. auch Herzog, Eigentum, in: EvStL (3. A. 1987), Sp. 674, der dort ausführt, es läge „auf der Hand“, dass gerade die Institutsgarantie „die ungeheure praktische Bedeutung der Eigentumsgarantie“ ausmache). Diese Ansicht vermag kaum zu überzeugen, da die Wirkungsweise verkannt wird, die der Eigentumsgarantie nach herrschender Meinung zukommt. Um bei den von ihm gewählten Beispielen unter Außenvorlassung der Vertrauensschutzproblematik zu bleiben: Sowohl die Abschaffung des WEG, als auch die Verkürzung von Urheberschutzfristen sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen, weil sie die zuvor geltende objektive Rechtsordnung abändern (siehe

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Weil aber ohnehin eine (ebenso wie die Institutsgarantie) objektiv wirkende, von der Eingriffsqualität unabhängige Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen ist,705 bedarf es einer solchen zusätzlichen Prüfung nicht. Gerade in Anbetracht der durchgreifenden Wirksamkeit der Verhältnismäßigkeitsprüfung stellt sich die Frage, ob denn auch nur ein Fall denkbar wäre, in dem eine versuchte Inhalts- und Schrankenbestimmung zwar verhältnismäßig wäre, die aus Art. 14 I 1 GG zu folgernde Abwägungsdirektive also nicht übermäßig zurückdrängte, gleichwohl jedoch gegen die Institutsgarantie verstieße.706 Ist aber nicht eine einzige (objektiv) verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung denkbar, die der Institutsgarantie zuwiderläuft, hat diese ihre Daseinsberechtigung als eigenständiges dogmatisches Konstrukt verloren.707 Die Aufgabe der Institutsgarantie als eigenständig neben der Verhältnismäßigoben ausführlich ab S. 52). Als Inhalts- und Schrankenbestimmung haben sie nun nicht bloß Instituts- und Wesensgehaltsgarantie zu genügen, sondern zunächst einmal der eigentumsgrundrechtlichen, auch in die Zukunft hinein wirkenden Verhältnismäßigkeitsprüfung (insoweit ist es im Übrigen zunächst auch ohne Bedeutung, ob ein eigentumskräftiges Recht durch Gebrauchmachen von der „Definitionskompetenz“ gänzlich hinweggenommen oder wie im „Normalfall“ der Inhalts- und Schrankenbestimmung nur vermindert wird). Angesichts dessen, dass das Single-Dasein einen nicht mehr bloß marginalen Rang in der Bevölkerung einnimmt und familiäre Strukturen längst nicht mehr in dem Maße wie zu früheren Zeiten ausreichende, der personalen Freiheit des Einzelnen genügende Wohnungsmöglichkeiten zu sichern helfen, kann unschwer festgestellt werden, dass nunmehr die Abschaffung des Wohnungseigentums gegen die den gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber sensible Verhältnismäßigkeitsprüfung des Art. 14 GG verstieße. Auch die Verkürzung der urheberrechtlichen Schutzfristen wäre zumindest dann unverhältnismäßig, wenn den zukünftigen Urhebern nicht mehr ausreichend die Möglichkeit zugestanden würde, den wirtschaftlichen Ertrag ihrer Leistungen zu ernten (Beeinträchtigung des sog. Verwertungsrechts im Unterschied zur eher hinnehmbaren Beeinträchtigung des sog. Verfügungsrechts, vgl. nur BVerfGE 79, 29 (41), Beschl. v. 11.10.1988, m. w. N.). Eines ist jedenfalls sicher: Des Rückgriffs auf die in der Tat noch nicht genügend ausgeleuchteten Schutzmechanismen der Instituts- und Wesensgehaltsgarantie bedarf es nicht. Zwar kann der Gesetzgeber versuchen, ein Recht abzuschaffen oder so zu normieren, dass es nicht mehr dem Eigentumsbegriff unterfällt. Doch ist er dabei zwingend anhand der Kriterien der eigentumsgrundrechtlichen verfassungsautonomen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu messen, nach denen es sich bestimmt, ob solch ein Ansinnen zulässig oder nichtig und damit unbeachtlich ist. Nach hier vertretener Auffassung ist es des Weiteren unzutreffend, wenn Herzog davon spricht, der Eigentumsbegriff sei gegen Einschränkungen seitens des Gesetzgebers abzusichern (S. 1428, vgl. aber auch dens., S. 1418 f.); vgl. insoweit eingehend zur Funktion des Eigentumsbegriffs oben ab S. 46. Siehe zu Herzog auch die Darstellung bei Beyer, Eigentumsfreiheit/ Einkommensbesteuerung (2004), S. 97 f. 705 Siehe oben S. 128 ff., ständige Rechtsprechung seit dem 23.4.1974. 706 Vgl. Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 46 („schwer vorstellbar“); vgl. im Ergebnis auch Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 252 f., der dort die Institutsgarantie u. a. deshalb bezweifelt, weil es angesichts des Schutzes existierender Normen durch die Rechtsstellungsgarantie keines Schutzes eines absoluten Kernbereichs mehr bedürfe. Siehe ferner Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 71. 707 Siehe indes – in Abgrenzung zu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 100 ff. – a. A. Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 11 m. w. N., der der Institutsgarantie weiterhin eine Komplementärfunktion zuweist.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

keitsprüfung stehende Schranke gesetzgeberischen Handelns verhindert es allerdings nicht, ihre sachlichen, vom BVerfG zu Recht geprägten Gehalte in die Auslegung und Strukturierung der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitskontrolle zu übernehmen.708 Meint man jedoch, es bedürfe der Annahme der Institutsgarantie, um den Gesetzgeber in plakativer Deutlichkeit an die letzten Grenzen bei Anwendung der (vor allem bei überragendem sozialen Bezug) mitunter weich erscheinenden Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erinnern, so ist demgegenüber auf Art. 19 II GG zu verweisen.709 Vermag sich die Institutsgarantie nicht aus sonstigen Gründen zu rechtfertigen, so ist angesichts der explizit normierten Wesensgehaltsgarantie keine hinreichende Tragfähigkeit für die Fortgeltung einer solchen Lehrmeinung aus Weimarer Zeit gegeben. Unter Geltung des Grundgesetzes710 bedarf es ihrer (zumindest bezüglich Art. 14 GG und seiner objektiv strukturierten Verhältnismäßigkeitskontrolle) nicht mehr.711 Insoweit kann den Stellungnahmen Ipsens und Maurers, die Lehre von den Institutsgarantien sei „überholt“,712 nur schwerlich ihre Berechtigung abgesprochen werden.713 b) Erweiternde Auslegung der Institutsgarantie? Anderes könnte gelten, wenn der Ansicht Recht zu geben wäre, wonach die Institutsgarantie erweiternd auszulegen ist. Danach umfasst sie mehr als bloßen „Kernbe-

708 Vgl. insoweit etwa die Überlegungen bei Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 31. 709 Bezeichnenderweise wird der durch das Grundgesetz in Kraft gesetzten Norm des Art. 19 II GG vom BVerfG zugunsten der aus der Weimarer Zeit unbesehen übernommenen Institutsgarantie jeglicher Anwendungsbereich versagt, vgl. die Nachweise oben S. 40, Fn. 74. 710 Und damit u. a. auch unter Geltung der Art. 1 III und 19 II GG. 711 Vgl. auch Waechter, Verw. 29 (1996), 47 (49 f.). Mit Blick auf die Grundrechte zumindest zweifelnd auch Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien (1979), S. 60 f. Siehe ferner S. 63 mit der Erkenntnis, dass – soweit man den Grundrechten objektive Gehalte zu entnehmen vermag – „die [Instituts-]Garantien hier zweifellos an Aktualität, an wesensmäßiger Daseinsberechtigung verlieren [müssten], wenn die von ihnen erbrachten Absicherungseffekte sich bereits aus den Grundrechten selbst ergäben.“ 712 Ipsen, Eigentumsdogmatik, in: Recht und Wirtschaft (1985), S. 136 (vgl. auch S. 135: „überalterte Rechtslehre wie eine ewge Krankheit“); ähnlich ders., StaatsR II (2008), Rn. 738, wo im Ergebnis vorsichtiger formuliert wird („zweifelhaft“); Maurer, StaatsR (2007), § 9, Rn. 22 m. w. N.; § 6, Rn. 21. 713 Siehe schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 100 ff., a. A. Papier, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 11; i. E. wie hier weiterhin Dreier, in: ders., GG (2004), Vorb., Rn. 107 („jedenfalls für das Feld der Grundrechte obsolet geworden“); Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 338 ff. Vgl. kritisch darüber hinaus noch Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 238 ff.; Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 71 ff. Weitere Nachweise auf aus unterschiedlichen Gründen der Institutsgarantie ablehnend gegenüberstehenden Stimmen bei Thormann, Sozialbindung (1996), S. 126, Fn. 424.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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reichsschutz“714. Wie schon dargestellt wurde,715 umfasst nach Appel716 – sowie ähnlich auch nach weiteren Stimmen im Schrifttum717 – die Institutsgarantie das oben be714 So die Bezeichnung des traditionellen Verständnisses bei Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 417. Vom Kernbestand bzw. -gehalt redend siehe ferner beispielsweise Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 32 f. Zur ausweitenden Auslegung der Institutsgarantie über das klassische Verständnis hinaus siehe auch Schwerdtfeger, JuS 1983, 104 (107) Institutsgarantie „in einem neuen Gewande“; Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 98 („überkommenes Verständnis“ einerseits (Grundbestand) – „über die traditionelle Bedeutung hinausgehender Gehalt“, nämlich mit Verhältnismäßigkeitserwägungen verbunden, andererseits); ferner Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 I 3 (S. 2138 ff.), siehe insbesondere c) (S. 2140): „Nicht abschließend geklärt ist dabei bis heute, ob und inwieweit über die ,letzte Grenze des grundrechtlichen Kernbereichs hinaus verfassungsrechtliche Bindungen auferlegt“ werden. Siehe dann im Einzelnen zum „tradierten … Verständnis“ § 113 III 1 b (S. 2171 f.), nämlich dem Schutze einzig eines Kernbereichs, der Essentialia, sowie ibid. S. 2172 ff. zu einem ausweitenden Verständnis, dem er zustimmt. Siehe allerdings anders ibid. VI 3 b (S. 2249): Unabhängig von den flexiblen Verhältnismäßigkeitsanforderungen „setzt schließlich die Institutsgarantie des Art. 14 GG schrankenziehenden Gesetzes eine letzte und absolute Grenze dort, wo es um den Kernbereich der Eigentumsgarantie geht“. Vgl. auch Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 255 f. mit einer deutlichen Zweiteilung zwischen traditioneller Institutsgarantie und der von ihnen geforderten Neuentwicklung sowie dazu näher sogleich in Fn. 717. Vgl. weiterhin Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 84 f.; Mengel, Naturschutz, Grundeigentum (2004), S. 132 f. zu zwei denkbaren Interpretationsmöglichkeiten der Institutsgarantie. Siehe ferner zu zwei Möglichkeiten des Verständnisses der Institutsgarantie – als traditionsbezogen bzw. als funktional bezeichnet – Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 114 ff., wobei die funktionale Variante zwar leistungs- und schutzrechtliche Elemente umfasst, jedoch nur bei einem von ihm als fehlgeleitet empfundenden Verständnis auch eine Abwägung. 715 Siehe den Abschnitt oben ab S. 177. 716 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 – 219. 717 Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 422 f. begründet dies mit der nicht hinreichenden Wirkung der Institutsgarantie, verstanden als bloßer Kernbereichsschutz, insoweit allerdings ohne Nachweise. Zum Verhältnis zum Überprüfungsmechanismus, der eingreifen soll, wenn Alteigentümern beeinträchtigt werden, siehe S. 442 f. Siehe ferner Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 79, der bei der allgemein gehaltenen Darstellung der „Grenzen des legislativen Gestaltungsspielraums“ Abwägungsgesichtspunkte heranzieht, die expliziten Formulierungen des BVerfG zur Beschreibung der Institutsgarantie des Art. 14 GG allerdings nicht mehr benennt. Weiterhin Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 6 f. (ausdrückliche Verankerung des hier sog. Abwägungsgebots in der Institutsgarantie), vgl. nicht so deutlich, aber wohl auch mit weitem Verständnis der Institutsgarantie ferner Zippelius in der 30. A. 1998, § 28 II 2 (S. 246 f.); siehe ferner Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 255 f. Bei Letzteren wird– nach überzeugender Zurückweisung der Ansichten Leisners, Ipsens und Depenheuers – ausgeführt: Man solle – wobei man „zugleich die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Anforderungen […] übernehmen“ sollte – „stattdessen [= vorrechtliches Eigentum] versuchen, die Grundrechtsfunktion oder -wirkung unter gleichzeitiger Entfaltung eigentumsspezifischer Vorgaben zu bewerkstelligen. Die Grundrechtswirkung soll in Anlehnung an die Einrichtungspflicht bezeichnet werden. Im Unterschied zur Einrichtungsgarantie schützt die Einrichtungspflicht nicht einen Kernbestand einfachrechtlicher Bestimmungen,

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

schriebene, objektiv wirkende Abwägungsgebot.718 Eine solche Ansicht stimmt im Ergebnis vollständig719 mit dem überein, was auch ein Ergebnis der hier angestellten Untersuchungen ist: Die Existenz eines objektiv wirkenden Abwägungsvorgangs, mittels dessen effektiv Inhaltsbestimmungen des Eigentums auch dann überprüft werden können, wenn diese nicht (zugleich) in schon begründetes Eigentum eingreifen. Stimmt man dieser Anbindung der Abwägung an die Institutsgarantie zu, so hat dies zur Folge, dass dann der solchermaßen erweitert ausgelegten Institutsgarantie eine unentbehrliche Rolle zugewachsen ist. Eine solche Anknüpfung an die Institutsgarantie ist jedenfalls nichts sachlich Falsches. Sie ist einzig eine Frage der Terminologie. sondern sie gebietet, funktionstüchtige Rechtseinrichtungen oder -institute bereitzustellen. […] Bei der Ausgestaltung muss [der Gesetzgeber] die aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG und Abs. 2 GG resultierenden gewährleistungsspezifischen Ordnungsvorgaben beachten und zu verwirklichen suchen. […] Geschützt wird nicht nur derjenige, der bereits über ein Eigentumsrecht verfügt, aber mit dessen Ausgestaltung nicht einverstanden ist (1. Konstellation), sondern auch derjenige, der um Eigentumsschutz für bestimmte, von ihm geschaffene oder innegehabte Gegenstände nachsucht, die bislang von der Eigentumsordnung nicht erfasst und geschützt werden (2. Konstellation).“ Hinsichtlich der 1. Konstellation sollen die Abwägungsanforderungen etc. voll gelten, „schwieriger liegen die Dinge in der 2. Konstellation“. „Bei der konkreten Ausgestaltung [jedenfalls] greift dann wiederum das Ausgestaltungsgebot ein.“ Vgl. auch Wahl, NVwZ 1984, 401 (404 in Fn. 28, 406 bei Fn. 43) sowie dens., Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 249, sowie dazu oben ab S. 82; Nierhaus, AöR 116 (1991), 72 (94 ff.); Schwerdtfeger, JuS 1983, 104 (106 f.); Dogmatische Struktur (1983), S. 17 ff.; Arnold, Amtliche Werke im UrheberR (1994), S. 45; Kube, JURA 1999, 465 (466, 469 in Fn. 51); dens., Eigentum an Naturgütern (1999), S. 37 f., 228; ders., ZG 2000, 11 (34); wohl auch Schmidt-Aßmann, Städtebauliche Umlegung (1996), S. 51. Vgl. ferner noch die Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als Bestandteil der Institutsgarantie bei Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 124; siehe auch Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 214. Weitere Stellungnahmen, die – zumeist wohl beiläufig – die aus Art. 14 I 1 GG zu folgernde Abwägungsdirektive mit der Institutsgarantie gleichsetzen, sind des Öfteren feststellbar, beispielsweise Burgi, NVwZ 1994, 527 (ebd.); Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, BauR (2004), § 2, Rn. 2, Rn. 49; Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 113; Koch, in: ders./Hendler, BauR (2004), § 19, Rn. 26. Über die bloße Begrifflichkeit hinausgehend folgert Koch, NJW 2000, 1529 ff. aus der Verengung auf die Institutsgarantie auch materiell eine geringere Schutzdichte, als dies in der Rechtsprechung des BVerfG praktiziert wird, siehe dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 73, Fn. 325. 718 Siehe die Darstellung oben ab S. 125. 719 Sofern allerdings – wie hier auch von Appel vertreten – nicht zugleich diese Abwägung als Teil des Eigentumsbegriffs verstanden wird, zu dieser a. A. siehe oben ab S. 81. Auch die Darstellung bei Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 255 f. weicht über die Terminologie hinaus von der hier vertretenen Ansicht ab. Insbesondere nämlich gehen Bumke/Voßkuhle nicht auf die – rechtspraktisch allerdings entscheidende – Konstellation ein, dass der Gesetzgeber mit einer Regelnung teilweise bzw. nur die Eigentumsordnung für die Zukunft gestaltet. Gerade dann bedarf es der von ihnen sog. „Einrichtungspflicht“. Da sie zudem von der Notwendigkeit von neuen Versuchen und Bewerkstelligungen sprechen und nur beiläufig auf das Abwägungsgebot des BVerfG hinweisen, mag es sein, dass sie dessen Wirksamkeit unterschätzen, die sehr wohl gegeben ist, obschon das Gericht diese Funktion nicht näher abstrakt zu erklären vermochte.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Allerdings ist schon darauf hingewiesen worden, dass der Begriffsbildung im Bereich des Art. 14 GG mit besonderer Sorgfalt zu begegnen ist.720 Es ist der Mühe wert, sich auch solch eines bloß terminologischen Streits näher anzunehmen. Hier nun spricht zunächst für die Anknüpfung an die Institutsgarantie, dass ein wesentliches Charakteristikum des Abwägungsgebots hervorgehoben wird. Da hinsichtlich der klassischen Institutsgarantie deren allumfassende Anwendbarkeit unumstritten ist721, wäre Gleiches durch die Begrifflichkeit auch für die Abwägung klargestellt: Sie ist durchzuführen, auch wenn kein Eingriff in subjektive Rechte vorliegt. Unter dem Begriff „Institutsgarantie“ könnte somit insgesamt die „objektive Wirkung“ des Art. 14 GG gefasst werden.722 Augenfällig ist aber auch ein Nachteil einer solchen begrifflichen Anknüpfung an die Institutsgarantie. Schließlich existiert schon längst ein bestimmtes Verständnis dieses Wortes. Ursprünglich und nach Maßgabe der zur Institutsgarantie üblicherweise zitierten Formulierungen ist die Institutsgarantie vergangenheitsbezogen723 sowie vor allem als sehr eng, dabei dann aber als absolut – und daher abwägungsfeindlich –724 zu verstehen.725 Folge dieses engen Verständnisses ist es, dass die Rede

720 Siehe oben S. 178, als praktisches Beispiel vgl. die Diskussion um die sog. Baufreiheit, dazu ab S. 267. 721 Siehe zum deshalb daraus folgenden Schutz für etwaige zukünftige Grundrechtsausübungen nur Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 38. Dass die bisweilen verwendete Bezeichnung der Institutsgarantie als „Schranken-Schranke“ gerade wegen der allumfassenden Anwendbarkeit fraglich ist (siehe S. 198, Fn. 704), ändert nichts daran, dass gleichwohl die allumfassende Anwendbarkeit der Institutsgarantie nicht in Frage steht. 722 Vgl. die Formulierung bei Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 84 (S. 219). Zur Unterscheidung objektiven und subjektiven Rechts mit Blick auf den Begriff der „Institution“ unter Rückgriff auf Maurice Hauriou (1925) siehe Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 22; zur Bedeutung des Begriffs „objektiv“ in der Rechtsprechung des BVerfG siehe Jarass, Funktionen, in: HGR II (2006), § 38, Rn. 8 („objektiv-rechtlich“ werde als Begriff – ebenso wie „subjektiv-rechtlich“ im Gegensatz zum Schrifttum vermieden), siehe ferner Rn. 35. 723 Siehe Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 33 ff. m. w. N.; vgl. auch Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 102 f. Es versteht sich von selbst, dass bei der objektiven Abwägung es keiner solchen Anbindung an das Vergangene bedarf, vielmehr wie sonst auch teleologische Erwägungen im Vordergrund stehen können. Die Gefahr einer Petrifizierung, die bei auf die Vergangenheit ausgerichteten Einrichtungsgarantien naturgemäß besteht (siehe nur Jarass, Funktionen, in: HGR II (2006), § 38, Rn. 13, Fn. 42), tritt hier also nicht auf. 724 Siehe Manssen, der (auch) deshalb dagegen plädiert, die Institutsgarantie mit Verhältnismäßigkeitserwägungen anzureichen, zitiert oben S.84, bei und in Fn. 233. 725 Zur Absolutheit etwa Abel, Einrichtungsgarantien (1964), S. 72 m. w. N., „relative Schranken gibt es […] bei den Institutsgarantien nicht.“ Daher scheide auch eine „programmatische Wirkung“ aus; ferner Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien (1979), S. 48 f.: Mit einer „Relativierbarkeit [würde] das tragende Element der Einrichtungsgarantien, ihre intensivste Schutzstufe, überhaupt in Frage gestellt“. Vgl. weiterhin Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 417.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

von der praktischen Wirkungslosigkeit726 gleichsam zum Markenzeichen der Institutsgarantie geworden ist.727 Seien es Grundrechtslehrbücher728, -kommentare729 oder sonstige Stellungnahmen730 : Mehr als eine letzte Grenze stellt sie danach 726 Vgl. beispielsweise Degenhart, Klausurenkurs StaatsR (2007), Rn. 965; Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 118; Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 46; Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 125; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 223. Siehe auch oben die Nachweise S. 42, Fn. 78 auf die Auffassung, wonach in der Rechtsprechung noch nie ein Verstoß angenommen worden sei. 727 Dies gilt schon für ihre Entstehungszeit, denn „als sie sich durchgesetzt hatte, war es“ – angesichts der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft – „praktisch zu spät“, Stern, StaatsR III/1 (1988), § 68 I 3 (S. 762). 728 Siehe nur Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 805 (Grundbestand, der „Namen ,Eigentum noch verdient); v. Münch, StaatsR II (2002), Rn. 676; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 952 f.; Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 26 f., 4 (Kernbereich, innerste Verteidigungslinie, Grundbestand); Spallek, StaatsR (2006), S. 276; Schmalz, GrundR (2001), Rn. 871; Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 35 (= Wesensgehalt), Rn. 56 f. (Beispiel für Verletzung: „wenn man das Eigentum an Produktionsmitteln darauf beschränkt, dass dem Eigentümer lediglich die gezogenen Nutzungen zustehen, während er selbst nicht mehr befugt ist, über den Einsatz seines Produktivvermögens selbst zu entscheiden“); Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 46 („letzte Auffangsicherung“); Badura, StaatsR (2003), C, Rn. 85 (S. 223) „elementarer Bestand“; Katz, StaatsR (2007), Rn. 14 (Grundbestand, der „die Existenz und Funktionstüchtigkeit privatnützigen Eigentums ermöglicht“; daneben sei Art. 14 GG als „wertentscheidende Grundsatznorm“ zu verstehen); Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 4, 55 („äußerste, eher theoretische Schranken-Schranke“); Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 255 („Kernbestand“). 729 Antoni, in: Hömig, GG (2007), Art. 14, Rn. 2; Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 18 f.; Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 32, 45 ff., 311; Cremer, Eigentumsschutz, in: EMRK/GG (2006), Kap. 22, Rn. 23; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 223; Dreier, in: ders., GG (2004), Vorb., Rn. 107; Jarass, in ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 4; Papier, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 11 ff., Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 48 ff., Rn. 90 (als Beschreibung der h. L.); Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 125, siehe auch dens., Eigentum (juristisch), in: EvStL (2006), Sp. 411. Vgl. auch Kimminich, in: BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 136, 147; Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 60 ff. (insoweit eindeutig zumindest hinsichtlich eines von ihm sog. „traditionsbezogenen Garantiegehalts“, wohl aber auch hinsichtlich des „funktionsbezogenen Garantiegehalts“, bei dem es um das Schaffen und Fortbestehenlassen von Vorschriften gehe, die wegen des gewährleisteten Freiraums im vermögensrechtlichen Raums unabdingbar seien; auch dieser zweite Garantiegehalt ist rückbezogen auf die Grundaussage des BVerfG, wonach nur der „elementare Bestand“ durch die Institutsgarantie geschützt sei). 730 Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 32 (Schutz allein des Kernbereichs); Berg, JuS 2005, 961 (963); Muckel, Vertrauensschutz (1989), S. 39 („Wesensgehalt“); Roth, Faktische Eingriffe (1994), S. 171, in und bei Fn. 40 in expliziter Abgrenzung dazu, auch den Verhältnismäßigkeitsausgleich zur Institutsgarantie zu rechnen; Jochum/Durner, JuS 2005, 220 (ebd.); Dähne, JURA 2003, 455 (458) „letzte Grenzen“; Hendler/ Duikers, JURA 2005, 409 (411) mit dem Verweis auf eine „gleichsam bundesweite Gesamtbetrachtung“ zum Grundeigentum (bzw. noch deutlicher S. 413: „das Eigentum als Einrichtung der deutschen Rechtsordnung als Bezugspunkt“), um zu entscheiden, ob durch ein Naturschutzgesetz die Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis beseitigt sei (erst dann Verstoß); Degenhart, Klausurenkurs StaatsR (2007), Rn. 965; Frotscher/Kramer, Wirt-

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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nicht dar. Und in der Tat: Schon die Institutsgarantie, wie sie durch Martin Wolff angeregt731 und von anderen aufgegriffen und entwickelt732 wurde, war – vor dem Hinschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht (2008), Rn. 99; Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 106, S. 118; Brenner, BauR (2006), 1. Teil, C II 1 a (S. 13). 731 Kloepfer, Einrichtungsgarantien, in: HGR II (2006), § 43, Rn. 6 nennt neben Wolff noch Friedrich Giese als Impulsgeber zur Entwicklung der Institutsgarantie. Zur Bedeutung Wolffs siehe auch Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 10; Klein, Vorbemerkungen, in: v. Mangoldt/ders., GG (2. A. 1957), Bd. I, A VI 3 (S. 83); zur Neuschöpfung des Begriffs durch Wolff und dessen zeitgenössische Wirkung siehe ferner Schmitt, Institutionelle Garantien, FS Handels-Hochschule (1931), in: Verfassungsrechtliche Aufsätze (1958), S. 160 f. (dort Institutsgarantie als schon allgemeine Meinung gekennzeichnet); Klein, Institutionelle Garantien und Rechtsinstitutsgarantien (1934), S. 5, in und bei Fn. 8, S. 81 sowie S. 6 mit Hinweis auf Schmitt, der als erster in der Verfassungslehre „die systematische Bedeutung“ erarbeitet habe. Umfassend zur Entstehung Stern, StaatsR III/1 (1988), § 68 I 2 (S. 756 ff). 732 Siehe insbesondere Schmitt, Verfassungslehre (1928), S. 170 („Beseitigung [sic!] im Wege der einfachen Gesetzgebung unmöglich machen“), S. 171 f.: Privateigentum als Institution (später von ihm, da privatrechtlich, als Institutsgarantie bezeichnet, so ders., Grundrechte und Grundpflichten, aus Anschütz/Thoma, Bd. II (1932), in: Verfassungsrechtliche Aufsätze (1958), S. 215) sei nicht bloß als „verfassungsrechtliche Gewährleistung eines inhaltslosen Namens, sondern als Anerkennung eines Prinzips gemeint“; insbesondere aber ders., Institutionelle Garantien, FS Handels-Hochschule (1931), in: Verfassungsrechtliche Aufsätze (1958), S. 161 f. in Beschreibung „der heute herrschenden Meinung“, wonach „die Bedeutung der Institutsgarantie des Privateigentums […] als solche äußert gering“ sei und auch nicht den Umwälzungsvorschlägen des „extremsten Kommunismus“ entgegenstehe. Aber auch Schmitt selbst vertritt ein sehr enges Verständnis, siehe S. 163 (z. B. „streng auf den Sacheigentumsbegriff des bürgerlichen Rechts beschränkt“), ferner S. 164 im Anschluss an die sogleich (Fn. 737) zitierte Auffassung von Anschütz; weitergehend aber wohl S. 166 („Garantie der überlieferten typischen Art und Weise einer Normierung“), siehe dort jedoch die gegebenen Beispiele in anderen Bereichen, wonach (auch) das Institut immer „stark modifizierbar“ bleibe. Ferner Klein, Institutionelle Garantien und Rechtsinstitutsgarantien (1934), S. 110 (Verbürgung „unter Ablehnung grundstürzender Umwälzungen des bestehenden Gesellschaftsaufbaus“), siehe auch S. 111 f. unter Verweis auf Boehmer, wonach der „allgemein[e] grundsätzlich[e] Rechtsinhalt“ geschützt sei, die „inhaltliche Ausgestaltung dieser Rechtsinstitute im einzelnen“ jedoch nicht betroffen werde; weiterhin S. 112: der Gesetzgebung sei es „frei überlassen, im einzelnen […] den Inhalt des Eigentums […] zu regeln […]. Sie darf zwar diese [Privat-]Rechtsinstitute inhaltlich ändern und äußerlich beschränken, aber nicht vernichten und nicht als solche, in ihren ,typischen, traditionell feststehenden Grundzügen aufheben oder in ihrem Gesamtcharakter derart denaturieren, daß von […] einem Privateigentum […] nicht mehr gesprochen werden könnte (übereinstimmend Huber […]).“ Weiterhin auf „völlig aufheben“ abstellend, wieder im Rückgriff auf Boehmer, dann auf S. 113 f. Den Minimalschutz, an der Grenze des juristisch noch Fassbaren, wird zudem mit Blick auf (öffentlich-rechtliche) institutionelle Garantien hervorgehoben, siehe S. 135 f., S. 165 (Definition). Im Rückgriff auf Thoma von „äußersten Grenzen“ sprechend, die durch die Institutsgarantie geschützt seien, siehe S. 164 f. Auf S. 81 – 89 liefert Klein zudem eine ausführliche Übersicht über das Schrifttum, aus der der Charakter einer bloßen Minimalgarantie deutlich ersichtlich ist. Vgl. ferner Giese, Verfassung des Deutschen Reiches, 5. A. 1923, S. 346: Gesetzgebung ist zu jedweden Eingriffen „immer befugt“, in der 6. A. 1925, S. 392, dann zumindest begrifflich („Rechtsinstitut“) Anschluss an Wolff, jedoch gerade nicht auch gegen die Gesetzgebung gerichtet.

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tergrund der Weimarer Reichsverfassung –733 nicht mehr eine bloße Mindestgarantie:734 Art. 153 […] betont, gegenüber linksradikalen Ideen, daß an den körperlichen Sachgütern ein Privatrecht möglich bleiben soll, das den Namen Eigentum verdient, bei dem also Beschränkungen des Herrschaftsbeliebens Ausnahmen sind. [… Dies gilt] auch gegenüber […] der Reichsgesetzgebung (anders Anschütz, […] Giese, […]).735 […] Die Gewährleistung des Eigentums bedeutet selbstverständlich nicht die Aufrechterhaltung der zur Zeit des Erlasses der Reichsverfassung bestehenden Rechtssätze über den Eigentumsinhalt. Sie bedeutet auch nicht, daß die konkreten Vermögensrechte des einzelnen gegen eine gesetzliche Aenderung des zur Zeit ihrer Entstehung gegebenen Inhalts gefeit wären. […] Die Reichsverfassung erlaubt hiernach neue Gesetze, durch die der Eigentumsinhalt abweichend von dem bisherigen Rechte, und zwar mit Wirkung gegenüber den schon bestehenden Eigentumsrechten, bestimmt wird. Sie erlaubt vor allem stärkere Einschränkungen des Einwirkungs- und Ausschließungsbeliebens des Rechtsinhabers.736

Anders formuliert: „Kein Gesetz [… kann] das Eigentum als solches und allgemein, als Rechtsinstitut, abschaffen.“ Insoweit es „Grundpfeiler unserer bürgerlichen Rechts-, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung“ ist, greife „eine verfassungsmäßige

733

Siehe dazu die Nachweise S.197, Fn. 699. Zusammenfassend so auch Mainzer, Einrichtungsgarantie (2003), S. 163. Hier geht es nur darum, die – geringe – sachliche Reichweite der Institutsgarantie zu bezeichnen. Es bedarf darüber hinausgehend hier keiner Darlegung der näheren systematischen Einordnung der Institutsgarantie während ihrer Entstehungszeit, siehe etwa dazu, in Auseinandersetzung mit Schmitt und dessen Verfassungsverständnis, Klein, Institutionelle Garantien und Rechtsinstitutsgarantien (1934), S. 21, 25 ff., sowie aus heutiger Zeit beispielsweise – sehr kritisch – Mager, Einrichtungsgarantien (2003), S. 21 ff. 735 Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: Festgabe Kahl (1923), IV. Abschnitt, S. 6, Hervorhebungen schon im Original. Nach ibid. S. 5 enthält die Gewährleistung des Art. 153 I WRV „auch die Zusicherung, daß das Privateigentum als Rechtsinstitut erhalten bleibt“ (Hervorhebung im Original). Dies ist eine beschränkte Zusicherung, die nicht einzelne Eigentumsformen zementiert (ibid. S. 6). Stern, StaatsR III/1 (1988), § 68 IV 9 (S. 827) hält fest, dass „nur selten mehr Worte über die Bedeutung der Einrichtungsgarantie verloren“ worden sind, als die Sentenz Wolffs, es müsse etwas verbleiben, „das den Namen Eigentum verdient“. 736 Ibid. S. 7. Siehe dort auch ein Beispiel für einen Verstoß, was heißt, gegen das Eigentum als solches vorzugehen, nicht aber bloß den Umfang der Eigentumsrechte zu regeln, nämlich etwa dann, wenn Eigentum per se zeitlich begrenzt würde. Weitere Beispiele für eine Gewährleistung gegenüber dem inhaltsbestimmenden Gesetzgeber finden sich nicht (die auf S. 9 beschriebene Konstellation ist für diesen Kontext hier nicht einschlägig). Daher ist schon bei Wolff die Unterscheidung zwischen Enteignung und „einer schrankenlos gestatteten Eigentumsbeschränkung“ (sic! S. 26) so entscheidend, S. 26 ff., siehe etwa als Beispiel für solche schrankenlos gestattenen Beschränkungen die Nennung von „Baugesetzen, […] Waldschutznormen, […] Wohnungsordnungen u. a.“ auf S. 28. Dass zumindest hier die Institutsgarantie irgendwelche Wirkungen zeitige (geschweige denn eine Abwägung), wird nicht vorgetragen. Da der Kernbereich nicht betroffen ist, kann die Institutsgarantie auch nach Wolff hier also für keinerlei Schutz sorgen. 734

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Sicherung“.737 Selbst wenn ein Großteil der anerkannten Eigentumsrechte abgeschafft würde, so wäre dies kein Verstoß gegen die bloße Institutsgarantie.738 Auch vom Schrifttum wurde – nun unter Geltung des Grundgesetzes –739 nichts befürwortet, was über die engen Grenzen hinaus ging, die dann vom BVerfG nachgezeichnet wurden.740 737

Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches (1933), Anm. 5 (S. 706), Hervorhebung schon im Original; siehe ferner insgesamt dort Anm. 4 a. E., 5 (S. 705 ff.). Zunächst wird die umfassende Macht des Gesetzgebers dargestellt („insoweit bildet das Eigentum keine Schranke der gesetzgebenden Gewalt, sondern umgekehrt findet das Eigentum seine Schranke an den Vorschriften der gesetzgebenden Gewalt“). Dann heißt es kurz vor der oben zitierten Passage: „Doch ist die Gewalt des Gesetzgebers über das Eigentum ihrerseits keine unbeschränkte, und insoweit kann man mit M. Wolff […] W. Jellinek […] und Triepel […] sagen, daß die Eigentumsgarantie […] auch der Reichsgesetzgebung gegenüber gelte.“ Später heißt es: „Hierin liege eine grundsätzlich bedeutsame Schranke.“ Dass Anschütz damit nicht über die Vorstellungen Wolffs hinausgreifen will, zeigt sich auch daran, dass es an konkreten Beispielen, die diese Sicherung mit Leben füllen könnten, fehlt. 738 Klein, Institutionelle Garantien und Rechtsinstitutsgarantien (1934), S. 113, wo zunächst unter Verweis auf Boehmer ausgeführt wird, es müsse etwas übrig bleiben, was „den Namen […] eines Eigentums […] verdienen würd[e]“ und dann ein Beispiel (unter Rückgriff u. a. auf Schmitt) für eine zulässige Beschränkung gegeben wird. So „würde […] das Rechtsinstitut ,Eigentum auch dann noch als Rechtsinstitut unangetastet bestehen, wenn nur noch bewegliche Sachen eigentumsfähig wären oder wenn nur noch ,das Gros der genußbestimmten Konsumgüter, zu dem die Fahrhabe der Behausung, wohl auch die Behausung selbst gehören […], als zulässige Gegenstände des im Sinn des bisherigen Rechtsinstituts sonst unverändert bleibenden Eigentums und freien Herrschaftsbeliebens übrigblieben“. Als Verstoß wird – Boehmer zitierend – angenommen, wenn „ein deutsches Reichsgesetz das Grundeigentum in ein prekäres publizistisches Nutzrecht an staatlichen Grund und Boden (wie im Agrargesetzbuch vom 30. Oktober 1922) […] umgestalten wollte.“ 739 Zur Begründung, weshalb man an die Rechtslage der Weimarer Reichsverfassung anknüpfen wollte, siehe beispielhaft Weber, Eigentum, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, GrundR (1954), S. 345 ff. 740 Dazu umfassend Stern, StaatsR III/1 (1988), § 68 I 4, 5 (S. 763 ff.), siehe etwa S. 768: „Zweifelsfrei blieb auch die grundsätzliche Schutzwirkung der Einrichtungsgarantien im Sinne einer Wahrung des Bestands der jeweiligen Einrichtung als […] Institut oder ihres ,Wesensgehalts (,Kernbereichs)“. Eine dogmatische Vertiefung mit Ausnahme der im Folgenden besprochenen Arbeiten von Abel und Schmidt-Jortzig habe nicht stattgefunden (S. 769) und damit eben auch kein Abweichen vom Verständnis als bloße Kernbereichsgarantie. Siehe zur sehr eng umgrenzten Schutzwirkung ferner § 68 VI 3 (S. 854 ff.), 4 b (S. 865 f.). Zusammenfassend so auch Mainzer, Einrichtungsgarantie (2003), S. 163. Zu Sterns eigener Auffassung siehe insoweit § 68 VI 5 b (S. 868 ff.). Insoweit entscheidend ist, dass auch Stern zwischen Kernbereich und „einem äußeren, gesetzlicher Ausformung zugänglichen“ Bereich unterscheiden will. Ob neben dem Schutz des (qualitativ zu bestimmenden) Kernbereichs „zur Bestimmung der Schutzdichte auch das Übermaßverbot und Gemeinwohlgründe herangezogen“ werden sollen, beantwortet er allerdings nicht abschließend (S. 870 f.). Vgl. des Weiteren v. Mangoldt/Klein, GG, Bd. I (2. A. 1957), Art. 14, Anm. II 6 c (S. 417 f.) m. w. N. sowie mit Beispielen radikaler Umgestaltungen der Eigentumsordnung, die als Verstoß gegen die Einrichtungsgarantie aufgefasst werden könnten; ferner etwa Weber – dessen Auffassung für die Übernahme der Auslegung für das GG nach Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 48 entscheidend gewesen sein soll – in: Eigentum, in: Neumann/Nipperdey/

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Wer also nunmehr der Institutsgarantie einen entscheidend erweiterten Anwendungsbereich zusprechen will, der ist zumindest gehalten, dies deutlich kenntlich zu machen.741 Sinn machte diese Etikettierung des Abwägungsgebots gleichwohl Scheuner, GrundR (1954), S. 355 ff. (etwas, dass den „Namen Eigentum verdient“, nicht „Substanz auflösen“, so S. 357; „extreme Angriffe“, S. 359; siehe vom Wortlaut enger, jedoch noch immer wohl nur auf Abwehr von „Konfiskationen und soziale[n] Umschichtungen“ sowie „Planwirtschaft“ bezogen auf S. 358 f.); Hubmann, Geistiges Eigentum, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, IV/1 (1960), S. 12 f. Abel, Einrichtungsgarantien (1964), S. 72 (Wesensgehalt), 73 f. (Kernbestand); Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien (1979), S. 37 f.: Die Institutsgarantie schaffe – im Anschluss an die oben (Fn. 732) zitierten engen Formulierungen Kleins – in Abwehr völliger, existentieller Abschaffung einen „Sonderschutz“ (siehe auch S. 46), außerhalb dessen „der Gesetzgeber in seiner Gestaltung so frei wie bei Einwirkung auf eine beliebig andere, nicht spezifisch abgesicherte Verfassungsposition“ bleibe. Die (rechtsstaatliche) Verhältnismäßigkeitsprüfung benennt er dann als ein außerhalb der Institutsgarantie wirkendes Erfordernis. Hinsichtlich dessen bestehe „weitgehend Einigkeit“. Einzig, was genau der „eingriffsfeste Wesenskern“ sei, könne nicht im Konsens benannt werden (S. 39). Es sei zwar notwendig, die Institutsgarantie auch gegenüber zeitlich gestreckten Angriffen zu schützen, die für sich betrachtet noch unterhalb der Schwelle eines Eindringens in den Kern lägen, dazu S. 51 ff. Doch geht es auch hierbei eben nicht um ein allgemein wirkendes objektives Abwägungsgebot, sondern nur das Hindern einer Umgehung der Institutsgarantie durch „sukzessive Entleerungen“ („Salamitaktik“); inwieweit er darüber hinaus im Schrifttum teilweise befürwortete objektive Grundrechtsgehalte zu integrieren bereit ist, wird nicht ganz deutlich (siehe S. 63 ff.), siehe zu Letzterem die Kritik auch bei SteinbeißWinkelmann, Grundrechtliche Freiheit und staatliche Freiheitsordnung (1986), S. 101; ebenso Mager, Einrichtungsgarantien (2003), S. 431. Wenn beide aber ausführen, Schmidt-Jortzig verfolge eine „zweischichtige ,Konstruktion verfassungsrechtlicher Einrichtungsgarantien“, so wird dies m. E. diesem nicht gerecht. Erst in Auseinandersetzung mit der sog. institutionellen Grundrechtstheorie (dazu auch Dolderer, Objektive Grundrechtsgehalte (2000), S. 60 ff.) denkt Schmidt-Jortzig – ohne präzise zu werden – über die Anreicherung der Institutsgarantie nach. Bei der eigenen Darstellung der Institutsgarantie jedoch bleibt der äußere Bezirk nur durch rechtsstaatliche Schranken geprägt. Jedenfalls vertritt Steinbeiß-Winkelmann engagiert die – von ihr als traditionell empfundene (S. 108) – Position, dass die Institutsgarantie einzig einen absolut gesicherten Kernbereich schützen könne, ohne dass ein nur „relativ gesicherte[r] Außenbereich“ hinzutreten dürfe, siehe S. 99 ff. Die Stichhaltigkeit dieser eigenen Begründung mag hier – angesichts des insoweit hier geteilten Ergebnisses – dahinstehen. Dass aber die Rechtsfigur der Grundrechtsausgestaltung, anders als sie es vertritt (S. 110 f.), einer Anwendung von Verhältnismäßigkeitsüberlegungen nicht entgegensteht, wurde oben versucht darzulegen (siehe ab S. 164). Aus neuerer Zeit siehe Mainzer, Einrichtungsgarantie (2003), S. 162 f. sowie darauf aufbauend auf (bisweilen allerdings angreifbar analysierte) Widersprüche dazu in der Rechtsprechung des BVerfG sowie im Schrifttum hinweisend S. 163 ff., S. 170 ff. Zur Ansicht von Mager, Einrichtungsgarantien (2003) siehe sogleich S. 213, Fn. 760. Cornils, Ausgestaltung der Grundrechte (2005), vertritt ein prinzipiengeleitetes, abweichendes Verständnis der Eigentumsgarantie. Mit Blick auf das BVerfG erkennt er aber – kritisch – an, dass die Bindungen des Ausgestaltungsgesetzgebers ausgegliedert werden aus der Institutsgarantie, siehe insoweit S. 249 f., Fn. 4. Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 51 formuliert keine ausweitende Interpretation der Institutsgarantie, sondern verwahrt sich nur negativ gegen Tendenzen, mittels der Institutsgarantie bestehende wirtschaftliche Ungleichheit kapitalistischer Wirtschaftsweise zu zementieren. 741 Dies fordernd siehe auch Mainzer, Einrichtungsgarantie (2003), S. 176 f., zudem heißt es dort: „Ferner haben diese Ansätze oft nur die Eigentumsgarantie im Blick und wollen die

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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nur742 dann, wenn sie tatsächlich dem Sprachgebrauch des BVerfG743 entspräche. Ist eine Begrifflichkeit nicht per se ungeeignet,744 so mag davon ausgegangen werden, dass der Anschluss an die bundesverfassungsgerichtliche Diktion mittelfristig die Verständigung in der Eigentumsdogmatik erleichtern könnte. Fehlt es aber selbst an einem derartigen Sprachgebrauch des BVerfG, so gäbe diese Benennung in solch einem Maße zur Verwirrung Anlass,745 dass sie kaum noch zu rechtfertigen wäre. Appel geht in diesem Sinne – ähnlich wie Dietlein –746 davon aus, dass das BVerfG das Abwägungsgebot an die Institutsgarantie knüpfe. Mehrere Entscheidungen, auf Institutsgarantie des Eigentums als spezifisches Element des Art. 14 GG verstanden wissen. Eine Neukonzeption oder Modifizierung der Lehre von den Einrichtungsgarantien insgesamt scheint in aller Regel nicht beabsichtigt zu sein.“ Der Forderung nach Kenntlichmachung (siehe oben im Text) nachkommend siehe Bumke/ Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 255; Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 417 ff.; Schwerdtfeger, JuS 1983, 104 (106 f.). 742 Mangels einer hinreichenden sachlichen Begründung für diesen traditionsvergessenen Sprachgebrauch, auf die ersichtlich wenig Mühe verwandt wird. Selbst der oben S. 203bei Fn. 722 genannte Vorteil einer solchen Diktion wird von den Befürwortern nicht eigens hervorgehoben. Eine substantielle Begründung findet sich bei Schmidt-Jortzig, Einrichtungsgarantien (1979), S. 67 f., dort allerdings nicht speziell bezogen auf die Implementierung des Abwägungsgebots, sondern allgemein auf die Implementierung etwaig notwendiger objektiver Bedeutungskomponenten (insoweit allerdings auch unvermittelt zu seiner allgemeinen Positionierung, wonach die Institutsgarantie nur den Kern erfassen dürfe). 743 Ein dahingehender überwiegender Sprachgebrauch im Schrifttum existiert nicht, siehe dazu die Nachweise auf einige Stimmen oben ab S. 151 sowie bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), etwa S. 214, Fn. 335. Es fehlt nicht allein quantitativ an einer hinreichend deutlichen Anknüpfung an die Institutsgarantie, sodass sich schon von daher ein Anschluss an einen solchen Sprachgebrauch anböte. Auch inhaltlich ist zu bemerken, dass es allgemein an Problembewusstsein mangelt. Die objektiv wirkende Abwägung als solche wird nicht hinreichend erkannt, siehe zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 209. Schon deshalb kann dem Schrifttum, dass insoweit folglich keine weiteren objektiven Gehalte anerkennt, nicht überzeugend eine „herrschende Meinung“ im Sinne eines vorherrschenden Sprachgebrauchs bezüglich der objektiven Abwägung entnommen werden. 744 Siehe aber – überzeugend – Mainzer, Einrichtungsgarantie (2003), S. 171 (bei Auslassung der Nachweise): „Die so [d. h. ein Abwägungsgebot umfassend] definierte Institutsgarantie hat freilich mit der in der Weimarer Zeit entwickelten Lehre nicht mehr viel als den Namen gemein – was allerdings zumindest die Frage aufwirft, warum man dann nicht lieber gleich einen anderen Namen verwendet. Dies umso mehr, als weder der Begriff des Instituts, noch der der Institutsgarantie jemals wirklich klare Konturen gewonnen haben und ohnehin bereits ein ganzer Rattenschwanz an Deutungsversuchen und Assoziationen an ihnen klebt. Ihn nun nochmals mit einem neuen Bedeutungsgehalt zu füllen, kann eigentlich nur zu Missverständnissen in der Diskussion führen.“ 745 D. h. mit Blick auf die herkömmlich sehr enge Definition einer Verletzung der Institutsgarantie, die nun ganz erheblich ausgeweitet wäre, sowie damit zusammenhängend mit dem absoluten Schutz der Institutsgarantie (siehe oben Fn. 203, Fn. 725), der nunmehr insoweit nur noch relativ wäre. 746 Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 1 b (S. 2173). Bei Dietlein ist allerdings festzustellen, dass er die Praktizierung des Abwägungsgebots erkennt und allein aus dessen Existenz schließen will, dass auch das BVerfG „über die Einbeziehung

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

die er sich beruft, geben für diese Auffassung jedoch nichts her.747 Nur im Ausnahmefall findet sich bei älteren Entscheidungen eine gewisse Anknüpfung von Verhältnismäßigkeitserwägungen an die Institutsgarantie.748 Solch eine Ausdrucksweise, die namentlich des Übermaßverbotes […] über jenen apokryphen ,Kernbereich hinaus“ die „Bindungswirkung der Institutsgarantie“ ausdehnen will. Dem liegt implizit der Gedanke zugrunde, dass im Bereich des Art. 14 GG objektive Gehalte gleichsam automatisch der Institutsgarantie zuzuordnen sind. Damit aber wird die hier zu beantwortende Frage gar nicht erst gestellt. Siehe ferner noch Arnold, Amtliche Werke im UrheberR (1994), S. 45, der sich allerdings nur auf BVerfGE 31, 229 (240), Beschl. v. 7.7.1971, beruft. Zur Einordnung dieser Entscheidung siehe sogleich im Text. 747 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 beruft sich auf BVerfGE 24, 367 (389), Urt. v. 18.12.1968, dass hier „gleichsam“ vorgehe (siehe auch im Text „dieser Weg“ im Einklang mit dem BVerfG). Dort findet sich jedoch die oben zitierte klassische Formulierung (S. 197 bei Fn. 702). Dass hier zudem im Rahmen einer Vorfrage der Maßstab für den zukunftsgerichteten Regelungsgehalt benannt wird, ist zutreffend. Dies ändert aber nichts daran, dass zu der hier von Appel behandelten Frage sich nichts finden lässt. Dies gilt ebenso für die in Fn. 310 genannten Entscheidungen E 58, 300 (338), Beschl. v. 15.7.1981 (dort nur: „grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums“) sowie die als „ähnlich“ bezeichnete Entscheidung in E 51, 193 (217), Beschl. v. 22.5.1979 (nochmals als Beleg erwähnt ibid. S. 216). Auch dort wird die Abwägung nicht der Institutsgarantie zugeordnet. Es heißt dort nur beiläufig in einem obiter dictum: „Art. 14 I 1 GG gebietet in einem solchen Fall [Urheberrecht] als Institutsgarantie die Zuordnung der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnisse an den Werkschöpfer“. Ein weiteres Mal beruft sich Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), auf S. 213 f. auf den Nassauskiesungsbeschluss. Neben der soeben zitierten Passage wird dort jedoch der Verhältnismäßigkeitgrundsatz explizit isoliert mit Blick auf den zukunftsbezogenen Regelungsgehalt geprüft (C III 2 c, S. 346 ff.), dabei aber eben ohne Bezug auf die Institutsgarantie zu nehmen (zur Einordnung dieser Passage siehe schon näher Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 83, Fn. 383; siehe ferner oben im Einzelnen S. 135 bei Fn. 460). Zur Frage, inwieweit man daraus, dass das BVerfG bloß zwei Gewährleistungsgehalte des Art. 14 GG (Instituts- und Bestandsgarantie) im darauf folgenden Abschnitt benennt (ibid. S. 348), Rückschlüsse ziehen könnte, siehe oben S. 178, Fn. 626. Bei anderen Entscheidungen wird zwar die Institutsgarantie erwähnt. Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 215, Fn. 338, ordnet die gerichtliche Bezugnahme auf den Kernbereich von Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis unter Rückgriff auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 29, Fn. 123 a. E. der Institutsgarantie zu. Dieser vom Gericht nicht näher erläuterte Kernbereichsschutz bleibt aber wenig greifbar und ist jedenfalls nicht gleichsetzbar mit der vom Gericht (später) entfalteten Abwägung. Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 115, verweist noch auf BVerfGE 91, 294 (310), Beschl. v. 22.11.1994, als Beispiel einer die Institutsgarantie mit der Abwägung verbindenden Entscheidung, allerdings insoweit m. E. zu Unrecht, vgl. ebd. auch S. 308. 748 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210, Fn. 309 weist insoweit vertretbar auf „BVerfGE 31, 229 (240 f.)“ hin. Siehe dazu S. 130, Fn. 420, sowie S. 130 bei Fn. 422; ferner schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 38 f. So weiterhin Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 115, Fn. 238. Insoweit ist allerdings festzuhalten, dass angesichts der nur sehr losen Anknüpfung bislang soweit ersichtlich niemand diese Entscheidung so eingeordnet hätte, als sei hiermit ein Beispiel gegeben, dass eine Norm wegen Verstoßes gegen die Institutsgarantie als nicht in Einklang mit Art. 14 GG stehend durch das BVerfG deklariert worden wäre (so aber das Ergebnis von E 31,

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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als begriffliche Unschärfe qualifiziert werden kann,749 entstammt jedoch einer Zeit, als das Abwägungsgebot nur angedeutet, jedoch noch nicht im heutigen Sinne herausgebildet war. Dies geschah erst durch den Beschluss des I. Senats vom 23. 4. 1974 zum Wohnraumkündigungsschutzgesetz.750 Schon angesichts dessen ist diese Ausdrucksweise nicht sonderlich aussagekräftig. Zu diesem Zeitpunkt bestand noch eher Veranlassung, zum Strohhalm der Institutsgarantie zu greifen. Die einzig neuere Entscheidung des BVerfG, auf die sich Appel mit Recht beruft,751 ist ein Kammerbeschluss vom 10. 5. 2000 zum Patentrecht.752 Dass die Kammer hier bei einer Prüfung eines allein zukunftsgerichteten Regelungsgehalts die Gewährleistung des „Rechtsinstituts“ benennt753, ist nach hier vertretener Ansicht durchaus be-

229 (240), Beschl. v. 7.7.1971), vgl. die Nachweise auf die Autoren, die davon ausgehen, es sei nie ein Verstoß gegen die Institutsgarantie festgestellt worden, oben S. 42, Fn. 78. Auf S. 213 benennt Appel zudem BVerfGE 26, 215 (222), Beschl. v. 19.6.1969. Auch dort ist die Institutsgarantie zunächst nur mit einer klassischen Formulierung bezeichnet („Diese Garantie sichert einen Grundbestand von Normen, die das Eigentum im Sinne dieser Grundrechtsbestimmung umschreiben (BVerfGE 24, 367 (389))“). Die dann folgende Anknüpfung an eine Abwägung ist wiederum eher vage. Es wird jedoch vorgetragen, dass eine Beschränkung zu „rechtfertigen“ sei, wenn „auch bei Beachtung des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“ den „Gründe[n] des allgemeinen Wohles“ hier „der Vorrang“ zukomme. Da auch von einem „Eingriff“ die Rede ist, sei hier dahingestellt, inwieweit es hier um die Überprüfung des zukunftsgerichteten Regelungsgehalts geht. 749 Es ist wenig überzeugend, zunächst eine klassische Formulierung zur Institutsgarantie zu zitieren (es müsse ein „Grundbestand von Normen“ gegeben sein, BVerfGE 31, 229 (242), Beschl. v. 7.7.1971), dann aber – allerdings nur äußerst vage – von der gesetzgeberischen Pflicht zu sprechen, „sachgerechte Maßstäbe festzulegen“. Die eigentliche Pflicht zu Abwägung wird überdies erst drei Absätze später auf S. 241 f. erwähnt, ohne dass dabei der Bezug zur Institutsgarantie noch eindeutig wäre. Es ist daher zumindest fragwürdig, wenn Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 214, Fn. 333 dies zusammenfasst, hier fordere „das Gericht einen ,gerechten Ausgleich zwischen der Institutsgarantie [die dort eben nicht erwähnt wird] und Art. 14 II GG“. Jedenfalls aber liegt eine begriffliche Unsicherheit in dieser Verknüpfung deshalb, da eine Abwägung nur dann Bestandteil der Institutsgarantie sein kann, wenn man sich zugleich von der klassischen Formulierung verabschiedet oder die Abwägung als zusätzliche Bedeutung der Institutsgarantie deklariert. Am Beispiel: Das vom BVerfG behandelte Urheberrecht bleibt zweifellos noch als Eigentumsrecht erkennbar, auch wenn einzig Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch vergütungsfrei bleiben. Diese partielle Vergütungsfreiheit ändert nichts daran, dass in Gesamtbetrachtung sehr wohl ein hinreichender Bestand an Eigentum vermittelnden Normen gewährleistet ist. Auf der Basis eines solchen Obersatzes hätte also das BVerfG nicht zu seinem Ergebnis gelangen können, siehe so schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 39, Fn. 166. Damit handelte das Gericht widersprüchlich, sofern man überhaupt bereit ist, die vage Verknüpfung mit der Institutsgarantie als gegeben anzusehen. 750 Veröffentlicht in BVerfGE 37, 132, siehe dazu näher S.131, Fn. 425 m. N. auch auf Stimmen, die diesen Beschluss zu Recht als grundlegend erkannt haben. 751 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 bei Fn. 309. 752 BVerfG (1. K./I), NJW 2001, 1783. 753 Ibid. S. 1784.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

dauerlich.754 Dies gilt auch dafür, dass die Kammer zunächst wiederholt, die „Institutsgarantie gewährleist[e] einen Grundbestand von Normen, der gegeben sein muss, um das Recht als ,Privateigentum bezeichnen zu können“755, einiges später dann aber (ohne deutliche Abgrenzung) das Erfordernis eines Abwägungsvorganges benennt.756 Hieraus kann jedoch kaum geschlossen werden, die Kammer gebe mit dieser Darstellung das aktuelle Verständnis des Gerichts verlässlich wieder. Denn die Kammer zitiert hier weitestgehend wortwörtlich die Entscheidungsgründe des sachlich einschlägigen – vom Ergebnis her zutreffenden – Senatsbeschlusses zum Urheberrecht vom 7.7.1971.757 Dieser jedoch entstammte aus der Zeit vor der Entwicklung des Abwägungsgebots. Aus dieser – mangels Anpassung – verfehlten758 Übernahme einer insoweit überholten Senatsentscheidung können daher nur äußerst vorsichtig Folgerungen abgeleitet werden. Soweit das BVerfG in seiner ständigen Rechtssprechung zum Abwägungsgebot indes eben nicht die Institutsgarantie erwähnt, mutet es zirkulär an, wenn Appel sich gleichwohl auch darauf berufen möchte. Bei Entscheidungen, bei denen das Gericht „zwar nicht ausdrücklich“ die Institutsgarantie als Grundlage der Abwägung nennt, fehlt es schlicht an einem Anhaltspunkt für eine solche These. Anzunehmen, dass „doch aber in der Sache auf Seiten des Art. 14 I 1 GG die Institutsgarantie“ herangezogen wurde,759 vermag man nur, wenn man zuvor schon das Ergebnis festgelegt hat – Grundlegung der Abwägung in der Institutsgarantie.760 754

Zur Begründung der Kritik siehe die Ausführungen soeben in Fn. 749. BVerfG (1. K./I), NJW 2001, 1783 (1784). 756 Ibid. bzw. bei www.bverfg.de zunächst in Abs.-Nr. 21 klassische Beschreibung der Institutsgarantie, dann in Abs.-Nr. 22 Beschreibung der Abwägung. 757 BVerfGE 31, 229, die entsprechend zitierten Passagen sind jeweils von der Kammer angegeben. Siehe zu diesem Beschluss soeben die Darstellung und Kritik in Fn. 749. 758 Es ist verfehlt, von der Gewährleistung eines Grundbestands zu sprechen. Daraus kann nicht überzeugend die Fragestellung deduziert werden, ob es angängig ist, bloße weitere Versuchsmöglichkeiten mit einem Patent unter ganz spezifischen Voraussetzungen zu genehmigen (es geht dabei um die „Weiterentwicklung der Technik“, siehe dazu BGHZ 130, 259 (271), X, Urt. v. 11.7.1995 m. w. N.; vgl. ferner BGHZ 135, 217 (230), X, Urt. v . 17.4.1997). Eigentum mit Blick auf das Patent – geschweige denn ein Grundbestand an Normen im Allgemeinen – bliebe erhalten, ohne dass es – um dies feststellen zu können – auf diese enge spezifische Ausschlussmöglichkeit in irgendeiner Weise ankäme. Wenn also die Kammer hier im Sinne Appels überzeugend gerade aus der Institutsgarantie die – in der Sache dringend notwendige – Überprüfung der patentrechtlichen Regelungen hätte herleiten wollen, hätte sie zumindest auf diesen Rückbezug zur klassischen Formulierung der Institutsgarantie verzichten müssen. Siehe zu einer vergleichbaren Widersprüchlichkeit bei der zugrunde gelegten Senatsentscheidung schon soeben in Fn. 749. 759 Beide Zitate hier Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210, Fn. 309 zur Pflichtexemplarsentscheidung. Siehe auch seine Darstellung im Haupttext auf S. 215 sowie dazu sogleich in Fn. 760. Weitere Nachweise auf Entscheidungen die „ebenso [zu bewerten seien], wenn auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf die Einrichtungsgarantie“ bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 216, Fn. 341. 755

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Gegenüber einer solchen Vereinnahmung bleibt zunächst einmal festzuhalten, dass das BVerfG prinzipiell eben nicht an die Institutsgarantie anknüpft, obschon dieser Begriff mehr als hinreichend bekannt ist. Dabei ist zudem an die Selbstverständlichkeit zu erinnern, dass das BVerfG sehr wohl objektive Wirkungen den Grundrechten zu entnehmen weiß, ohne dabei auf Einrichtungsgarantien angewiesen zu sein. Schon mit dem Lüth-Urteil vom 15. 1. 1958 hielt das Gericht grundlegend fest, dass das Grundgesetz „in seinem Grundrechtsabschnitt auch eine objektive Wertordnung aufgerichtet hat und daß gerade hierin eine prinzipielle Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte zum Ausdruck kommt“.761 Es ist eben keineswegs so,

760 Überdies mag man durch solch eine Darstellung zu falschen Rückschlüssen verleitet werden. So ist bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 215 zu lesen, bei der Pflichtexemplarsentscheidung würden „die durch die Institutsgarantie gesicherten Eigentümerinteressen“ unter bestimmten Voraussetzungen verdrängt. Hier darf man dann aus dem Kontext schließen – es geht schließlich um die Frage, woran das BVerfG seine Abwägung anknüpft –, dass das BVerfG die Institutsgarantie auch tatsächlich (zumindest) erwähnt habe. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr hat der Autor hier nur sein Verständnis in die Entscheidung hinein interpretiert (siehe dagegen deutlicher zumindest nur von „der Sache nach“ sprechend zuvor ibid. S. 210, Fn. 309, wobei m. E. allerdings auch insoweit die Sache für die konkret im Raum stehende Frage nichts hergibt). Insoweit zirkulär erscheint auch die Analyse der Rechtsprechung bei Mager, Einrichtungsgarantien (2003), S. 176 ff. Nach Mager ist all das als Institutsgarantie zu benennen, wobei „nicht die Verschlechterung der Eigentümerrechte in der Hand eines konkreten Berechtigten [= Bestandsgarantie] Gegenstand der Prüfung ist“ (S. 187, siehe auch die Definition S. 176 bei Fn. 13; ein wenig anders dann aber wieder S. 439). Folgerichtig setzt sie das objektive Abwägungsgebot mit der Institutsgarantie gleich (siehe beispielsweise S. 185: „In der Tatsache, dass das Gericht ausschließlich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung […] durchführt, wird offenbar, dass die Institutsgarantie keinen absoluten Kern auszuweisen hat.“) „Das Bundesverfassungsgericht hat von Anfang an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur auf die Bestandsgarantie des Eigentums, sondern auch auf die Institutsgarantie zur Anwendung gebracht“, wird festgestellt (S. 183, siehe auch S. 440). Nun weist sie zwar darauf hin, dass der Begriff Institutsgarantie durch die „Formulierung von der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums […] verdrängt“ werde (S. 176, siehe auch S. 186, Fn. 57). Sie stellt in diesem Zusammenhang aber nicht die Frage, ob es objektive Gehalte des Art. 14 GG neben der Institutsgarantie gibt – und das trotz des Wissens darum, dass die Institutsgarantie in Weimarer Zeit nur „Schutz vor Abschaffung bzw. Denaturierung“ bot (S. 177). Insoweit konstatiert sie, dass ihre Rechtsprechungsübersicht deutlich mache, „welche ungeheure Veränderung die Interpretation der Eigentumsgarantie von ihrer anfänglichen Anlehnung an das Weimarer Verfassungsrechtsverständnis bis zum heutigen Zeitpunkt durchgemacht“ habe (S. 188). Zu ihrem eigenem Vorschlag zur Neubestimmung des Gewährleistungsgehalts von Einrichtungsgarantien siehe S. 435 ff.; insoweit geht es um eine Neukonzeptionierung, die folgerichtig wenig der Klarstellung dessen dient, was im Rahmen der herrschenden Eigentumsdogmatik unter Institutsgarantie zu verstehen ist bzw. sein müsste. 761 BVerfGE 7, 198 (205), siehe dort auch die Rede vom „Rechtsgehalt der Grundrechte als objektiv[e] Normen“. Natürlich betraf Lüth mit der Auslegung des Privatrechts eine andere Konstellation, doch ist die Grundaussage hier gleichwohl einschlägig. Vgl. insoweit aber detaillierter den Überblick über objektive Gehalte bei Jarass, Funktionen, in: HGR II (2006), § 38, Rn. 5 ff.; siehe insbesondere ibid. Rn. 9 – kritisch – zur neueren Tendenz, mit Blick auf objektive Gehalte zusammenfassend (nur) von der Schutzpflicht bzw. Schutzfunktion der Grundrechte zu sprechen. Es wäre auch mit Blick auf das objektive Abwägungsgebot denkbar,

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

dass alles objektiv Wirkende qua Natur der Sache begrifflich an Einrichtungsgarantien geknüpft wäre. Damit ist es auch von Bedeutung, wenn das BVerfG bloß von der „grundgesetzlichen Anerkennung“ des Privateigentums, der „grundlegenden Wertentscheidung“ zugunsten des Privateigentums bzw. dem „grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie“ spricht,762 nicht aber (mehr)763 von der Institutsgarantie. Denn schließlich hat das BVerfG die Wahl, ob es an den spezifisch bei Art. 14 GG im Raum stehenden Begriff der Institutsgarantie anknüpfen will. Dass das Gericht davon in ständiger Rechtsprechung Abstand nimmt, darf nicht leichtfertig übergangen werden.764 Dies gilt umso mehr, als man andernfalls davon ausgehen müsste, das BVerfG wisse nicht, was die Institutsgarantie ausmache: Entweder weiche es unbewusst davon ab, weil es die Bedeutung schlichtweg nicht (mehr) kenne, oder aber, es bediene sich einer Neuinterpretation einer viele Jahrzehnte lang anders gehandhabten Rechtsfigur, sei aber nicht in der Lage, dies kenntlich zu machen. Beides kann dem Gericht nicht unterstellt werden. Selbst bei der allgemeinen Erwähnung der Institutsgarantie als Prüfungsmaßstab für den zukunftsgerichteten Regelungsgehalt im Kammerbeschluss vom 10. 5. 2000 zum Patentrecht765 ist zu beachten, dass die geforderte Abwägung zwar nicht deutlich von der Institutsgarantie getrennt ist. Eine tatsächliche Verknüpfung wird aber ebenso wenig explizit benannt. Ein solches Verständnis wird auch sonst in der Rechtsprechung nirgends erläutert.766 Spricht das BVerfG eingehender davon, was es unter

es als Ausformung einer grundrechtlichen Schutzpflicht zu verstehen, wenn man sehr um eine weitergehende begriffliche Anknüpfung ringt. Üblich wäre dies allerdings nicht. 762 So auch die Nachweise bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 210 f. Siehe ausführlich die Darstellung dazu oben ab S. 128. 763 Sofern man BVerfGE 31, 229 (240), Beschl. v. 7.7.1971 als Ausnahme dazu verstehen will. 764 Siehe so auch Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 169. Dies ist nunmehr durch explizite Anknüpfung an objektive Gehalte auch im Bereich des Art. 14 GG klargestellt, siehe dazu sogleich bei Fn. 768. 765 BVerfG (1. K./I), NJW 2001, 1783 (1784). 766 Zwar ist es zutreffend, wenn Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 211, Fn. 316, schreibt, dass bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 42, 82, 334 betont werde, dass „das von ihm konstatierte obj. Abwägungsgebot vom BVerfG an keiner Stelle näher erläutert wird“. Doch geht es bei dieser hier (noch immer) zu beklagenden fehlenden Erläuterung gerade nicht allein darum, dass die terminologische Bezeichnung etwa als „grundlegender Gehalt der Eigentumsgarantie“ (im Unterschied zur Bezeichnung als „Institutsgarantie“) nicht erklärt wird. Vielmehr geht es zunächst um die fehlende Erläuterung einer objektiv wirkenden Abwägung per se. Das BVerfG erklärt den Schutzmechanismus als solchen nicht, gleich ob man ihn nun als Abwägungsgebot oder aber als Bestandteil der Institutsgarantie benennen mag. Soeben wurde im Haupttext oben auf ein Weiteres hingewiesen: Die von Appel befürwortete erweiterte Auslegung der Institutsgarantie wird auch nicht erläutert. Die angebliche Abweichung vom im Übrigen vom BVerfG festgehaltenen Verständnis der Institutsgarantie wird von daher umso begründungsbedürftiger.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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der Institutsgarantie versteht, so finden sich einzig die oben beschriebenen klassischen Formulierungen von der Institutsgarantie als bloßem Mindeststandard.767 Mit der neuen768 Rechtsprechung des BVerfG zum Versicherungsrecht769 ist nunmehr deutlich betont worden, dass nach Auffassung des I. Senats keineswegs alle objektiv wirkenden Gehalte im Bereich des Art. 14 GG der Institutsgarantie zuzuordnen sind. Der Gesetzgeber wird nach dieser Rechtsprechung „infolge des objektivrechtlichen Gehalts der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG“770 dazu verpflichtet, das Recht nach gewissen Prämissen auszugestalten. Mittelbar ist dadurch die oben stehende Analyse bestätigt: Schließlich wird die Rechtsfigur der Institutsgarantie vom BVerfG also nicht als Mantelbegriff für objektiv wirkende Direktiven aus der Eigentumsgarantie verwandt. Fehlt es aber an dieser Funktion in diesem Bereich, besteht kein Bedarf mehr für eine ausweitende Auslegung der Institutsgarantie in anderen Bereichen. Ein zwangsläufig amputierter Oberbegriff trägt nicht zur Klarheit bei – die Institutsgarantie durch erweiternde Auslegung in einem solchen Sinnne gleichwohl funktionalisiert zu haben, darf dem Gericht daher nicht unterstellt werden. Nach allem ist deshalb davon auszugehen, dass das BVerfG ein objektives Abwägungsgebot entfaltet hat, ohne dieses als Bestandteil der Institutsgarantie zu verstehen. Das klassisch-enge Verständnis ist das des Gerichts.771 Ausweitende Auslegungen der Institutsgarantie beschränken sich nur auf einzelne Stimmen im Schrifttum, die jedoch insoweit nicht zu überzeugen vermögen.772 Weil beim BVerfG keine ausweitende Auslegung der Institutsgarantie verortet werden kann, sind – über bloß fehlende Überzeugungskraft hinaus – diejenigen Stellungnahmen zurückzuweisen, die anders als Appel ohne Problembewusstsein die Institutsgarantie mit Verhältnismäßigkeitserwägungen anreichern.773 Der schwer kränkelnden Institutsgarantie braucht nicht ein zweites Leben eingehaucht zu werden. Die besseren Gründe sprechen dafür, stattdessen mit einer alternativen Begrifflichkeit774 die Notwendigkeit und den Umfang objektiven Schutzes der

767

Siehe zur Rechtsprechung des BVerfG insoweit auch Stern, StaatsR III/1 (1988), § 68 I 7 b (S. 775 f.), IV 9 a (S. 828 f.); VI 4 b (S. 865 f.). 768 Diese neuen Senatsurteile sind zeitlich nachfolgend zur Arbeit von Appel und vielen anderen Befürwortern einer Anknüpfung an die Institutsgarantie ergangen. 769 BVerfGE 114, 1 (38), Urt. v. 26.7.2005; ferner E 114, 73 (90 f.) vom gleichen Tag. Zur Einordnung dieser Entscheidungen S. 264, Fn. 138; S. 136, Fn. 467, siehe ferner die kurze Beschreibung bei Hoffmann-Riem, Regulierte Selbstregulierung,, in: FS Schmidt (2006), S. 461 ff. 770 BVerfGE 114, 1 (37), Urt. v. 26.7.2005. 771 Die oft genug so auch ausbuchstabierte – immer eng gefasste – Definiton der Institutsgarantie des Gerichts ist beim Wort zu nehmen. 772 Siehe insoweit neben Appel auch Dietlein, siehe mit Nachweisen soeben S. 209, Fn. 746. 773 Siehe die Nachweise oben S. 201, Fn. 717. 774 Sprich: Bezeichung als objektives Abwägungsgebot, objektives Sozialmodell oder dergleichen.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Eigentumsordnung zu bezeichnen, sich von der Institutsgarantie dagegen zu verabschieden. 2. Unterscheidbarkeit von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen Gesetze müssen verhältnismäßig sein, gleich ob sie zukünftiges oder schon erworbenes Eigentum betreffen. Ob aber die Verhältnismäßigkeitsprüfung deshalb auch für beide Sachbereiche vollständig gleich zu sein hat, ist eine hier bislang noch nicht beantwortete Fragestellung. Sind unterschiedliche dogmatische Strukturen festzustellen, so zöge dies die Frage nach sich, ob dann nicht auch terminologisch zwischen zukunfts- sowie vergangenheitsgerichteten Regelungsgehalten der Gesetze zu unterscheiden ist. Dann nämlich könnten Inhaltsbestimmungen auch sprachlich deutlich von Schrankenbestimmungen zu trennen sein. So ist nun zu hinterfragen, ob und inwieweit die Verhältnismäßigkeitsprüfung in Anbetracht der Einwirkung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung auf das nach altem Recht zu Eigentum Erworbene als dogmatisch gänzlich eigenständige Prüfung zu begreifen ist. Letzteres entscheidet sich daran, ob die Einwirkung auf das schon Erworbene zugleich ein Eingriff im Sinne der allgemeinen Grundrechtsdogmatik ist. Dies könnte nämlich Ansatzpunkt sein für eine unterschiedliche dogmatische Handhabung. a) Zum Eingriffscharakter des vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalts aa) Herleitung Um festzustellen, inwieweit ein Eingriff gegeben ist, braucht hier nicht den der allgemeinen Grundrechtsdogmatik zuzuordnenden Bemühungen um Präzisierungen oder alternative Begrifflichkeiten näher nachgegangen werden.775 Vergröbernd soll hier nur der zentralen Voraussetzung einer jeden Eingriffsvorstellung nachgegangen werden, dass nämlich hierfür eine Beeinträchtigung des zuvor festgestellten Schutzbereichs bzw. des „grundrechtlichen Schutzgegenstand[es] in seiner Integrität“776 vorliegen muss.777 Von einem Eingriff kann also nur dann gesprochen werden, 775

Vgl. dazu m. w. N. beispielsweise Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 136 ff. Sachs, in: ders., GG (2007), Vor Art. 1, Rn. 78; die Bedeutung des Streits um die unterschiedlichen Begrifflichkeiten relativierend ders., GrundR (2003), A 7, Rn. 13. Im Folgenden wird verkürzend hier im Sinne der Diktion des BVerfG (vgl. die Nachweise etwa bei Ipsen, StaatsR II (2008), Rn. 130) nur noch vom Schutzbereich die Rede sein. Ablehnend gegenüber dieser „Raummetaphorik“ beispielsweise Ipsen, ibid., der stattdessen „vielmehr die Subsumtion unter verfassungsrechtliche Begriffe“ fordert. 777 Sachs, in: ders., GG (2007), Vor Art. 1, Rn. 78; vgl. auch dens., GrundR (2000), A 8, Rn. 13; sowie Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 1 (III), Rn. 265, demzufolge ein Eingriff „in ein grundrechtlich geschütztes Rechtsgut eines Grundrechtsträgers“ zu erfolgen habe. Erst hierin liegt die für einen Eingriff notwendige Freiheitsbeschränkung (vgl. Maurer, StaatsR (2007), § 9, Rn. 46). 776

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

217

wenn zumindest der Schutzbereich im Zeitpunkt der konkreten staatlichen Handlung durch diese betroffen ist. Danach ist nun zu prüfen, inwieweit dies bei Inhalts- und Schrankenbestimmungen zutrifft. Ein Gesetz ist schon dann Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 I 2 GG, wenn sein Erlass eine Veränderung der objektiven Eigentumsordnung nach sich zieht.778 Dadurch wird eine Inhalts- und Schrankenbestimmung jedoch noch nicht zum Eingriff. Schließlich umfasst der Schutzbereich des Art. 14 GG nicht etwa die objektive Eigentumsordnung. Daher mag es zumindest Anlass für Missverständnisse geben, wenn es heißt, der Schutzbereich des Art. 14 GG werde „durch einfach-gesetzliche Normen bestimmt“.779 Vielmehr sind Schutzgegenstand des subjektiven Abwehrrechts einzig und allein die auf der Grundlage der dem Eigentumsbegriff780 zuzuordnenden Gesetze781 beruhenden konkreten Zuordnungsverhältnisse in der Hand der Grundrechtsträger.782 Wenn somit der Schutzbereich durch die Gesamtheit aller aufgrund solcher Gesetze schon begründeten Zuordnungsverhältnisse bestimmt wird, so erklärt sich daraus, dass die Beeinträchtigung eines solchen Zuordnungsverhältnisses Voraussetzung für die Annahme des Eingriffscharakters einer Inhalts- und Schrankenbestimmung ist. Deshalb kann es zur Begründung des Eingriffsgehalts von Inhalts- und Schrankenbestimmungen ganz zu Recht nur heißen, dass diese „in eine nach bisherigem Recht be-

778

Siehe oben ab S. 52. So Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 11. 780 Vermittels der darin enthaltenen Teildefinition zur Abgrenzung der Eigentums- von den Nicht-Eigentumsgesetzen, vgl. oben S. 98. 781 Unpräzise wäre es hier, von Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu sprechen, da es auch Inhalts- und Schrankenbestimmungen gibt, deren Regelungsgehalt darin besteht, eigentumsvermittelnde Zuordnungsverhältnisse aufzulösen, vgl. beispielsweise den Sachverhalt, der BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981, zugrunde lag, sowie näher oben ab S. 62, insbesondere bei Fn. 150 f. 782 Letztere Einschränkung ist etwa dann von Belang, wenn es um die Frage nach dem Grundrechtsschutz sog. gemischtwirtschaftlicher Betreibergesellschaften von Atomkraftwerken geht (d. h. Gesellschaften unter staatlicher Beteiligung); gleichwohl die Grundrechtsträgerschaft bejahend Denninger, Befristung, in: 10. Atomrechtssymposium (2000), S. 171 ff.; Di Fabio, Ausstieg aus der Kernenergie (1999), S. 87 ff. m. w. N.; Stüer/Loges, NVwZ 2000, 9 (10 f.); Frings, Bestandsschutz atomrechtlicher Anlagen (1992), S. 18 ff.; zur Verneinung tendierend Stüer/Spreen, NuR 1999, 16 (21); Böhm, NuR 1999, 661 (661 f.) m. w. N.; zumindest bei überwiegend in öffentlicher Hand befindlichen Betreibergesellschaften verneinend Roller, Eigentum/Entschädigung, in: Roßnagel/ders., Beendigung der Kernenergienutzung (1998), S. 83 ff. m. w. N.; Roßnagel, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit, in: ders./Roller, Beendigung der Kernenergienutzung (1998), S. 28 f. Vgl. auch dem BVerfG (E 97, 271, Beschl. v. 18.2.1998) vorwerfend, es erkenne die vom Gesetz geregelte Rechtsposition der Hinterbliebenen und infolgedessen deren Grundrechtsträgerschaft nicht an, Hase, JZ 2000, 591 (596 ff.). 779

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

stehende Position“ eingreifen.783 Der Eingriff resultiert also nicht aus der Veränderung der bloß abstrakten, alten Rechtslage.784 Dies beachtend ist zunächst der zukunftsgerichtete Regelungsgehalt einer Inhaltsund Schrankenbestimmung zu betrachten. Hoffnungen und Erwartungen bezüglich der Fortgeltung bestehenden Rechts785 sind mangels einer dem Eigentumsbegriff unterfallenden normativen Zuordnung nicht als verfassungsrechtliches Eigentum zu werten.786 In ihrer Wirkung in die Zukunft hinein trifft eine Inhalts- und Schrankenbestimmung deshalb niemals auf verfassungskräftiges Eigentum; es fehlt insoweit an jeglicher Tangierung des Schutzbereichs. Ohne Eröffnung des Schutzbereichs stellt sich folglich auch nicht die Frage eines Eingriffs. Somit schließt sich das Verständnis einer Inhalts- und Schrankenbestimmung als Eingriff aus, sofern und soweit sich deren Anwendungsbereich ausschließlich auf erst in der Zukunft stattfindende Rechtsvorgänge beschränkt.787

783

Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (225); Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte (2006), S. 110 f.; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 899, 920 (Eingriff in das nach altem Recht begründete Eigentum); Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 613, 638; Thormann, Sozialbindung (1996), S. 138 („konkret-individuell“); Burgi, NVwZ 1994, 527 (530, Fn. 40: „auf das einzelne Eigentumsrecht“); nun auch Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 382 f., 394, 403, vgl. zuvor noch dens., JURA 1989, 113 (115). Vgl. in anderer Diktion auch Roth, Faktische Eingriffe (1994), S. 168 f. Danach stehe es in „abwehrrechtlicher Hinsicht“ dem Gesetzgeber frei, die Gesetze selbst („das Rechtsinstitut“) zu ändern. Wenn aber eine konkrete Rechtsposition (ein „Titel“) durch ein neues Gesetz entwertet zu werden drohe, dann sei dies auch abwehrrechtlich rechtfertigungsbedürftig, unter Rückgriff auf Pieroth/Schlink dann nochmals S. 172 f. bei Fn. 46. A. A. – gerichtet gegen Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000) – Cornils, Ausgestaltung der Grundrechte (2005), S. 30 f. 784 Siehe so schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 277 m. w. N.; ferner Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte (2006), S. 121 – 123; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 419 f. Vgl. auch Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 410 ff. Unzutreffend weites Eingriffsverständnis beispielsweise schon bei Weber, Eigentum, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, GrundR (1954), S. 364 (jede Rechtssetzung bedeute die Begründung von Rechten und Pflichten und sei „damit ein Eingreifen in Freiheit oder Eigentum oder beides und muß sich daher nach der Verfassungsnorm richten“). Siehe auch „die betroffene einfach-gesetzliche Regelung“ als „Eingriffsobjekt“ bezeichnend, Mainzer, Einrichtungsgarantie (2003), S. 166; anders – wie hier – dann aber im Folgenden, siehe etwa S. 173, bei Fn. 580; die Frage explizit aufgreifend danach S. 174 ff., nunmehr mit dem Vorschlag, nur die Veränderung der objektiven Gesetzeslage als Ausgangspunkt der Prüfung des Art. 14 GG heranzuziehen. 785 Mit Blick auf zukünftigen Eigentumserwerb. 786 Siehe die Nachweise oben S. 172, Fn. 599. 787 Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 612 (Regelungen, die sich nur auf neuerworbene Rechte beziehen). Wie hier verneinen auch Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 899, einen Eingriff, da das nach dem Änderungszeitpunkt begründete Eigentum schon von vornherein entsprechend gemindert definiert sei.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Besitzt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung jedoch einen vergangenheitsbezogenen, beeinträchtigenden Regelungsgehalt, so liegt hierin ein Eingriff. Schließlich fielen zuvor die durch die Inhalts- und Schrankenbestimmung betroffenen, konkreten Zuordnungsverhältnisse ungemindert unter den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff und damit in den Schutzbereich des Art. 14 GG. Nach In-Kraft-Treten der Inhalts- und Schrankenbestimmung, die insoweit den Kriterien eines Grundrechtseingriffs788 zu genügen vermag, ist aus Sicht der betroffenen Grundrechtsträger eine Schmälerung ihrer aus dem Eigentum erwachsenden Rechte eingetreten. Es handelt sich um eine Hinwegnahme von zuvor noch eigentumskräftigen, dem normativen Zuordnungsverhältnis zugerechneten Befugnissen. Es ist deshalb überzeugend, wenn in der Rechtsprechung789 sowie mehrheitlich in der Literatur790 vorgetragen wird, dass Inhalts- und Schrankenbestimmungen einen Eingriff bewirken können. bb) Zur Gegenansicht Nach einer Auffassung in der Literatur wird demgegenüber die Eingriffsqualität der Inhalts- und Schrankenbestimmungen generell verneint.791 Der EingriffscharakZur Frage, inwieweit sich zukünftige Eigentümer jedoch subjektiv-rechtlich auf Ergebnisse der zunächst objektiv-rechtlich verankerten Prüfung werden berufen können, siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 278 f. 788 Vgl. dazu nur Sachs, GrundR (2003), A 8, Rn. 10 und 14. 789 BVerfGE 31, 275 (285), Beschl. v. 8.7.1971: Art. 14 I 2 GG ermächtige den Gesetzgeber, „in bereits begründete Rechte einzugreifen und diesen einen neuen Inhalt zu geben“ (Hervorhebung nicht im Original); vgl. ferner etwa BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; BVerfG (1. K./I) ZIP 1999, 532 (533) ffi DB 1999, 575 (ebd.), Beschl. v. 27.1.1999: „Eingreifen“ der „§§ 291 ff. AktG in die grundrechtlich geschützte Eigentumsposition der ,außenstehenden Aktionäre einer Aktiengesellschaft“; BVerfGE 100, 1 (49 f.), Urt. v. 28.4.1999; 100, 138 (184), Urt. v. 28.4.1999. Siehe auch BVerwGE 102, 260 (267), Urt. v. 21.11.1996; 94, 1 (5), VII, Urt. v. 24.6.1993; weitere Nachweise oben S. 138, Fn. 469. Vgl. ferner die Prüfung bei BVerfGE 118, 79 (99), Beschl. v. 13.3.2007. Vgl. aber noch im Deichurteil BVerfGE 24, 367 (396), Urt. v. 18.12.1968, zur Befugnis zum Erlass der Inhalts- und Schrankenbestimmungen: „Macht der Gesetzgeber hiervon in verfassungsmäßiger Weise Gebrauch, so liegt darin keine Einschränkung des Grundrechts (vgl. BVerfGE 21, 92 (93), Beschl. v. 12.1.1967).“ Es gilt insoweit jedenfalls nicht, dass das BVerfG nur bei Enteignungsnormen den Eingriffscharakter bejaht, so aber Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 163. 790 Statt vieler Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 899; Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 429 ff., 442 ff.; Thormann, Sozialbindung (1996), S. 138, 145; Bumke, NJ 1999, 235 (237: „kein Zweifel“); Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 136 ff., 127 ff.; Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 613, 637 f.; Kirchhof, Geldeigentum, in: FS Leisner (1999), S. 652; Ibler, AcP 197 (1997), 565 (573, 584); Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 382 f., 394, 403, anders noch ders., JURA 1989, 113 (115); trotz Zweifeln im Ergebnis auch Burgi, NVwZ 1994, 527 (530, Fn. 40). 791 Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 108 f.; Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, Rn. 40 f.; Schoch, JURA 1989, 113 (115, 116); zumindest undeutlich Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 660, wo unter der Überschrift „Eingriffe in das Eigentumsgrundrecht“ ausgeführt wird, der Gesetzgeber könne „eigentumsbeeinträchtigende

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

ter von Inhalts- und Schrankenbestimmungen wird danach vor allem deshalb in Frage gestellt, weil der Schutzbereich des Art. 14 GG unmittelbar von eben diesen Inhaltsund Schrankenbestimmungen abhänge. Diese Ausgestaltungsfunktion vertrage sich nicht mit dem Eingriffsverständnis. Ein solche Ansicht erläuternd ist bei Jaschinski792 zu lesen: Ein Grundrechtseingriff setzt ein staatliches Handeln voraus, das dem Bürger Rechtsbefugnisse entzieht, welche in den Schutzbereich des Grundrechts fallen. Durch einen Grundrechtseingriff verändert sich nicht der Schutzbereich. Vielmehr wird gerade die Intensität des Grundrechtseingriffs daran abgemessen, inwieweit der Staat in die vom Schutzbereich abgedeckte Rechtssphäre des Bürgers eingedrungen ist.

Bei der einheitlich verstandenen Inhalts- und Schrankenbestimmung dagegen werde der Schutzbereich insgesamt verändert. In dieser Konturierung liege auch dann kein Eingriff, wenn die Neubestimmung ein Minus zum davor bestehenden Schutzbereichsumfang darstelle.793 Konstitutive Inhaltsbestimmung und Eingriffsdenken seien somit nicht miteinander zu versöhnen.794 Letzterer Gedanke ist auch das (einzige) Argument, auf welches sich Wieland bei seiner Ablehnung des Eingriffscharakters der Inhalts- und Schrankenbestimmungen stützt: „Eine gesetzliche Regelung, die Eigentum im Sinne der Verfassung erst konstituiert, kann nicht zuMaßnahmen“ durch „Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 I 2 GG) oder durch Enteignung (Art. 14 III GG)“ vornehmen; nunmehr jedoch ausdrückliche Bejahung der Eingriffsqualität (ebenfalls bei zeitlicher Betrachtungsweise) Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 382 f., 394, 403; auf den JURA-Aufsatz Schochs sich beziehend Di Fabio, Ausstieg aus der Kernenergie (1999), S. 127, Fn. 312; Ossenbühl, StaatshaftungsR (1998), 4 II 4 (S. 187); ders., AöR 1999, 1 (10); wohl auch Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 50 ff. 792 Siehe dazu auch die eingehendere Darstellung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 85 f., auch zur Begründung der aufgrund fehlenden Eingriffscharakters für ihn zwingend gewordenen objektiven Verhältnismäßigkeitsprüfung. 793 Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 108 f.; dass jedoch wegen der einem Eingriff vergleichbaren Wirkung einer solchen Inhalts- und Schrankenbestimmungen erhöhte Anforderungen an ein solches Vorhaben gestellt werden müssten, ändere nichts an dieser grundsätzlichen Qualifizierung. Vgl. auch die Nachweise auf die zunächst ähnliche Ansicht bei Schoch soeben Fn. 790 und 791. Jaschinski verzichtet jedoch darauf, die Institutsgarantie über ihren traditionellen Gehalt hinaus auszuweiten (so aber wohl Schoch in der Bezeichnung der Institutsgarantie als Abwägungspol (JURA 1989, 113 (119)) und der Verbindung der Institutsgarantie mit dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff, vgl. dazu näher oben ab S. 81). Jaschinski erkennt ausdrücklich objektive Interpretationen der Eigentumsgarantie an, welche über die bloß als Mindestgarantie aufzufassende Institutsgarantie hinausgehen, S. 139, und nimmt sich vor allem ausdrücklich der Frage nach der zwingenden Eingriffsbezogenheit der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Art. 14 GG an. 794 Ossenbühl, StaatshaftungsR (1998), 4 II 4 (S. 187); so auch die Einschätzung Lubbergers, Eigentumsdogmatik (1995), S. 221, bezüglich der (von ihm selbst allerdings insoweit abgelehnten) h. M.; vgl. ferner kritisch bezogen auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, 4. A. 1992, Art. 14, Rn. 63 („bisher nicht auf einen logischen Nenner gebracht“); obwohl von dieser Formulierung nun abgesehen wird, vgl. gleichwohl kritisch auch die 5. A. 2000, Rn. 63.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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gleich eine Beeinträchtigung des Eigentums sein.“795 Auch findet sich die Äußerung, dass es „elementarer Logik“ widerspräche, „etwas beschränken […] zu wollen, was zuallererst konstituiert werden“ müsse.796 Dieser Kritik fehlt es jedoch an Substanz, als so das Fehlen des (partiellen) Eingriffscharakters der Inhalts- und Schrankenbestimmungen zumindest nicht zwingend nachgewiesen werden kann. Nicht weiterführend ist zunächst der pauschale Hinweis auf den Widerspruch zwischen Konstituierung und Beschränkung.797 Dass es ohne und gegen das Gesetz kein Eigentum geben kann – insoweit mag man von der konstituierenden Wirkung der Gesetze sprechen –, ändert nichts daran, dass schon vor Erlass eines Änderungsgesetzes Eigentum auf Grundlage der alten Rechtslage begründet wurde. Dieses subjektiv schon zugeordnete Eigentum ist es, das somit schon bei Verkündung der Inhalts- und Schrankenbestimmung in vollem Umfang „konstituiert“ gewesen ist.798 Zum Zeitpunkt des Erlasses der neuen Inhalts- und 795

Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 74; dies gelte „jedenfalls für eine den Vorgaben der Verfassung genügende Inhalts- und Schrankenbestimmung“, bei Verfassungswidrigkeit könne also eine „Beeinträchtigung des Eigentums“ vorliegen. Danach steht zumindest fest, dass ein Eingriff ihm zufolge auch dann nicht vorliegt, wenn eine neue, verfassungsmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung belastend auf wohlerworbene eigentumskräftige Rechte einwirkt. Wieland geht weder auf die dem entgegenstehenden Formulierungen des BVerfG und der h. M. ein, noch belegt er seine Ansicht durch aussagekräftige Verweise (in der Bearbeitung 1996 (ibid., Rn. 66) fehlten die nun sogleich genannten zwei Verweise). Denn aus „BVerfGE 100, 1 (37 ff.)“ ergibt sich kein Hinweis dafür, dass das BVerfG seine in S. 219, Fn. 789 benannte stRspr. im Sinne Wielands geändert hätte. Mit Blick auf die streitgegenständlichen „DDR-Rentenanwartschaften“ hatte das BVerfG einen Sonderfall zu beurteilen. Diese Ansprüche wurden erst durch die Regelungen im Einigungsvertrages eigentumsrechtlich i. S. d. Art. 14 GG relevant. Deshalb konnten bei der dabei erfolgenden Inhaltsbestimmung – mangels zuvor bestehenden eigentumsrechtlichen Schutzes – auch nicht in schon wohlerworbene Rechte eingegriffen werden. Auch der weitere neu eingefügte Verweis auf Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 139 ff. greift nicht durch. Kempen bespricht an der von Wieland herangezogenen Passage nur die Frage nach der dogmatischen Behandlung des umsetzenden Verwaltungshandelns (siehe dazu unten die Beschreibung seiner Position auf S. 365 bei Fn. 35). Zum Eingriffscharakter hingegen vertritt er dezidiert wie hier die Position, dass „die These vom bloß ausgestaltenden Charakter der Inhalts- und Schrankenbestimmungen […] spätestens dann auf Grenzen [stößt], wenn man die Situation der Alt-Eigentümer in die Betrachtung einbezieht“ (Rn. 114), Art. 14 I 2 GG enthält einen „echten Eingriffsvorbehalt“ (Rn. 116), es kommt hierbei „auch zum Eingriff“ (Rn. 118). Auch weiß er sich damit im Einklang mit dem BVerfG seit E 31, 275 (Rn. 121). Erst im Zusammenhang mit der Frage nach der Trennbarkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmungen in Rn. 76 (2004) lehnt Wieland ohne weiteren Begründungsaufwand die von ihm nur Ramsauer zugeordnete Ansicht, eine Schrankenbestimmung liege in der Einwirkung auf schon bestehende Eigentumsrechte, mit den Worten ab, dass „jede Begrenzung eines Grundrechts […] nämlich zugleich dessen Inhalt“ bestimme. 796 Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 43 a. E. 797 So vor allem Wieland, in: Dreier, GG (1996), Art. 14, Rn. 74; Ossenbühl, StaatshaftungsR (1998), 4 II 4 (S. 187), und Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 43 (bei der Wiedergabe der von ihm insgesamt abgelehnten h. M.). 798 Vgl. oben S. 49 f. Insoweit ist es darüber hinaus irreführend, den Eindruck zu erwecken, es ginge hier um die Verdrängung von Gesetzen durch gleichrangige, jedoch spätere Gesetze.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Schrankenbestimmung ist daher ein durch die Gesamtheit der konkreten Zuordnungsverhältnisse bestimmter Schutzbereich gegeben, der durch das neue Gesetz gemindert wird. Auch die Intensität799 der nach herrschenden Meinung einen Eingriff darstellenden Minderung durch die neue Inhalts- und Schrankenbestimmung kann ohne weiteres durch einen Vergleich der vor und nach dem Erlass des Gesetzes bestehenden Befugnisse in der Hand der Grundrechtsträger (ebenso wie bei Eingriffen in andere Grundrechte) festgestellt werden.800 Recht besehen reduziert sich die Kritik deshalb auf eine einzige, zunächst empirische Beobachtung: Während bei anderen Grundrechten sich durch ein als Eingriff qualifiziertes Handeln der Schutzbereich auch in Bezug auf zukünftige Fälle nicht verändert, gilt Gleiches nicht für Inhalts- und Schrankenbestimmungen, so sie denn den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Diese Beobachtung kann aber nur dann und nur deshalb rechtliche Relevanz erlangen, wenn das Nicht-Verändern des Schutzbereichs in die Zukunft hinein konstitutiver Bestandteil des Eingriffsbegriffs im Sinne der allgemeinen Grundrechtsdogmatik wäre. Gerade dies ist von den Vertretern dieser Ansicht aber nicht näher belegt worden801 und wird soweit ersichtlich so auch nirgends vorgetragen. Auch der Sache nach fragt sich, weshalb man die Eingriffsqualität eines staatlichen Aktes verneinen sollte, nur weil dieser staatliche Akt neben der konkreten Minderung eine zusätzlich belastende Wirkung enthält – fortan berühren nämlich wegen der hierdurch zugleich erfolgten Minimierung des Schutzbereichs staatliche Akte bei gleicher Einwirkungsqualität nicht mehr die subjektive Rechtsstellungsgarantie.

Der Eingriff wird demgegenüber festgemacht an der Beeinträchtigung konkreter, vom Gesetz dadurch verselbstständigter Zuordnungsverhältnisse in der Hand von Grundrechtsträgern durch die rückwirkende gesetzliche Neuregelung. Deshalb ist es auch nicht überzeugend, wenn Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 63 a, schreibt, nur die alte Rechtslage, die vormals geschaffenen „institutionellen Strukturen“ seien es, die als Ausgangspunkt der Verhältnismäßigkeitsprüfung genommen werden könnten. 799 Vgl. dazu eben die Wiedergabe von Jaschinski. Allgemein gegen die Berücksichtigung der Gewichtung der Intensität der staatlichen Maßnahme aber Jarass, AöR 120 (1995), 345 (363) m. w. N. 800 Dass jede dem Erlass eines Gesetzes nachfolgende staatliche Handlung auf einen geänderten Schutzbereich trifft, ändert schließlich nichts daran, dass für diesen Fall staatlichen Handelns die Intensität der Beeinträchtigung anhand des betroffenen Schutzbereichs in aller Exaktheit gemessen werden kann; insoweit a. A. Jaschinski, siehe gerade eben im Text. Hierin liegt auch kein Rückbezug auf einen vorstaatlichen Eigentumsbegriff (vgl. demgegenüber aber die Bedenken bei Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, 4. A. 1992, Art. 14, Rn. 63; anders nun jedoch 5. A. 2000, Rn. 63 a, siehe dazu Fn. 798), sondern die schlichte Anerkennung, dass der einzelne Grundrechtsträger auf Grundlage von Eigentumsgesetzen Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG erwerben kann. Es ist dann aber auch nichts ersichtlich, weshalb nicht dieses in Übereinstimmung mit Art. 14 I 2 GG erlangte verfassungsrechtliche Eigentum als Anknüpfungspunkt für die Betrachtung des es berührenden staatlichen Handelns sollte dienen können. 801 Zum Fehlen von diesbezüglichen Nachweisen vgl. die wörtliche Wiedergabe von Jaschinski gerade eben im Text. Gleiches gilt für die anderen Vertreter dieser Auffassung.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Die schutzbereichsmindernde Auswirkung solcher Inhalts- und Schrankenbestimmungen tritt also neben deren Belastungsgehalt bezüglich des konkret betroffenen Eigentums. Es ist jedoch nicht einsichtig, warum deshalb die ansonsten möglicherweise vorliegende Eingriffsqualität verloren gehen sollte. Das Einhergehen der Beeinträchtigung konkreter Eigentumspositionen mit der gleichzeitigen Neubestimmung des Schutzbereichs hinsichtlich zukünftiger staatlicher Akte führt somit keineswegs zur Nicht-Qualifizierung solcher Beeinträchtigungen als Eingriff. Insoweit ist diese mögliche802 Doppelwirkung803 von Inhalts- und Schrankenbestimmungen eine aus der Normgeprägtheit des Art. 14 GG resultierende Besonderheit, die ohne Belang für die Frage nach deren Eingriffsqualität ist.804 b) Trennung von Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen in zeitlicher Hinsicht Mit dem Ergebnis, dass Inhalts- und Schrankenbestimmungen nur vergangenheitsbezogen, nicht aber zukunftsgerichtet als Eingriff zu werten sind, lässt sich die strikte These nicht vereinbaren, Inhalts- und Schrankenbestimmungen könnten dogmatisch nicht unterschieden werden.805 Nun mag man zwar terminologisch ein 802 Sofern ein vergangenheitsbezogener Regelungsgehalt gegeben ist. Es kann schließlich auch Inhalts- und Schrankenbestimmungen geben, die keinerlei Beeinträchtigungen von konkreten, eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnissen hervorrufen, vgl. oben S. 171 ff. 803 Hier von „Doppelwirkung“ sprechen muss allerdings zunächst nur der, der Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen vorher begrifflich zusammengefasst hat. Vgl. allerdings auch unten S. 224, Fn. 808. 804 Diesem Ergebnis der Analyse bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 285 ff. zustimmend siehe Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 68 f. Siehe ferner zur a. A. von Lenz Darstellung und ablehnende Stellungnahme unten S. 227, Fn. 826. Hingewiesen sei ferner darauf, dass einige im Schrifttum Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen materiell voneinander unterscheiden wollen, ohne dass dabei die Frage nach der Eingriffsqualität im Vordergrund steht. Siehe dazu insbesondere Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 55 ff., m. w. N. auf die a. A. bei Grochtmann, ibid., S. 80 ff. sowie auf dens., Eigentum und Gesetzgebung (1985), wonach Inhaltsbestimmungen Befugnisse generell und pflichtneutral festlegen und damit Eigentum konstituieren, Schrankenbestimmungen dagegen konfliktregelnd gewisse Pflichten auferlegen, Eigentum also beeinträchtigen. Siehe zustimmend hierzu Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 18); ablehnend Grochtmann, ibid., S. 279 f. 805 Vgl. beispielsweise Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 51; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 55 ff.; Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 821; Sproll, in: Detterbeck/Windthorst/ders., StaatshaftungsR (2000), § 14, Rn. 4, und Kube, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 44 ff., jeweils m. w. N. Auch die Rechtsprechung des BVerfG wird von ihnen so verstanden, doch sind dort zumindest nicht ihren eigenen Stellungnahmen vergleichbar prononcierte Aussagen in diesem Sinne zu finden. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das BVerfG oftmals einen zweigeteilten Prüfungsaufbau ähnlich den eine zeitliche Trennung annehmenden Stimmen verwendet, siehe oben S. 132 bei Fn. 433.

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Gesetz, das wohlerworbenes Eigentum806 sowie zugleich die zukünftige Eigentumsordnung betrifft, zusammenfassend als Inhalts- und Schrankenbestimmung bezeichnen. Wegen der Eingriffsqualität hinsichtlich des schon Erworbenen ist der vergangenheitsbezogene Teil jedoch dogmatisch scharf zu unterscheiden vom zukunftsgerichteten Regelungsgehalt.807 Es kann insoweit auch nicht zu einem „Umschlagen“ der Ausgestaltungswirkung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung in einen Eingriff kommen. Schließlich fehlt es dem in die Zukunft gerichteten Regelungsgehalt – da subjektives Eigentum nicht betroffen ist – an den Eingriffsvoraussetzungen auch dann, wenn hierdurch beispielsweise in höchster (aber eben abstrakter) Intensität Eigentümerinteressen beeinträchtigt wären. Selbst eine deswegen aus Art. 14 GG resultierende Verfassungswidrigkeit einer Inhalts- und Schrankenbestimmung führte wegen fehlender Betroffenheit von Eigentum und damit des Schutzbereichs nicht dazu, diesen verfassungswidrigen Regelungsgehalt als Eingriff zu verstehen. Andererseits ist und bleibt die vergangenheitsbezogene Wirkung einer Inhaltsund Schrankenbestimmung angesichts der unproblematischen Erfüllung der Kriterien des hergebrachten Eingriffsbegriffs ein Grundrechtseingriff, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen ankäme.808 Dogmatisch ist also unter Zugrundelegung dieser Ansicht punktgenau und ohne jegliche Überschneidung in Bezug auf die Eingriffsqualität eine zeitliche Unterscheidung zu treffen. An dieser Feststellung ändert sich nichts dadurch, dass der einfache Gesetzgeber regelungstechnisch den eingreifenden, vergangenheitsbezogenen und den ausgestaltenden, zukunftsgerichteten Regelungsgehalt in einer einzigen Norm ohne äußerliche Trennung zusammen fassen kann.809 Dies gilt beispielsweise 806

Zum Begriff „wohlerworben“ siehe S. 22, Fn. 7. A. A. indes Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 V 1 und 2 (S. 2222 f., 2225); offener für eine zeitliche Betrachtung, die er nicht als „rechtslogisch“, sondern als „in tatsächlicher Hinsicht durchaus schlüssiges Erklärungsmodell“ wertet, allerdings dann in VI 1 a (S. 2234 f.), dort auch unter Verweis auf die unterschiedlichen Konsequenzen derer, die sich auf die zeitliche Unterscheidbarkeit stützen bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 52 f., Fn. 215 f. Die These, ein Gesetz, das – wie zumeist – Inhalt und Schranken gleichzeitig bestimmt, könne dogmatisch nicht mehr unterschieden werden, hat Konsequenzen. Zunächst wird so nicht mehr verständlich, weshalb dann – wie oben beschrieben (S. 128 ff.) – das BVerfG getrennt zu prüfen in der Lage ist. Diese Unterscheidbarkeit der Prüfung ist eine Frage der Dogmatik. Zum anderen mag die Ununterscheidbarkeitsthese Grund dafür sein, dass Dietlein der hier abgelehnten, etwa von Pieroth/Schlink vertretenen Ansicht zuneigt, letztlich werde doch immer eine „normale“ Eingriffsprüfung stattfinden, da schließlich regelmäßig auch Alteigentümer von neuen Gesetzen betroffen sein werden. Dazu siehe oben S.155, in und bei Fn. 530. 808 Dass man neben dem damit vorliegenden Eingriff dem vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalt dann noch ausgestaltenden Charakter zuzuerkennen hat (sogleich im Text bei Fn. 812), kann in der Prüfungspraxis angesichts der für diesen Regelungsgehalt jedenfalls einzuhaltenden (strengeren) Eingriffsvoraussetzungen dahingestellt bleiben. 809 Die Untrennbarkeitsthese beinhaltet insoweit allenfalls die dogmatisch belanglose Erkenntnis, dass nicht einzelne Normen oder Normbestandteile zwingend jeweils danach unter807

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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dann, wenn der Gesetzgeber eine einzelne Eigentumsnorm in einer neuen eigentümerungünstigeren Fassung erlässt und sich aus der Auslegung ergibt, dass sich diese Neufassung nicht lediglich auf zukünftigen Eigentumserwerb, sondern auch auf das schon Erworbene bezieht. Ohne dass sich am Wortlaut dieser Norm irgendeine Trennbarkeit ersehen ließe, sind hier vergangenheits- und zukunftsbezogene normative Wirkung im Gesetzestext verschmolzen.810 Ferner liegt eine solche Verschmelzung mit Blick auf eingreifende Schrankenregelungen vor: Schließlich regeln sie zugleich811 das Eigentumsverhältnis für die Zukunft der Alteigentümer und sind insoweit Inhaltsbestimmungen.812 Gleich welcher Regelungstechnik sich der Gesetzgeber jedoch bedienen mag:813 Im Prüfungsaufbau – und nur darauf kann es ankommen – kann die zeitliche Trennung in jedem Falle dogmatisch exakt nachvollzogen werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb die Zusammenfassung in einer Norm dem entgegenstehen könnte.814 schieden werden können, ob sie entweder als Inhalts- oder als Schrankenbestimmung zu verstehen sind. Darin erschöpft sie sich aber auch. 810 Oftmals bedient sich der Gesetzgeber bei Änderungsvorhaben jedoch der getrennten Normierung von Übergangsvorschriften, bei denen sich dann die Trennbarkeit von vergangenheits- und zukunftsgerichteten Regelungsgehalt auch im Wortlaut widerspiegelt. Vgl. beispielsweise den Sachverhalt, der BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981, zugrunde lag. 811 Sofern nicht ausnahmsweise das Zuordnungsverhältnis aufgehoben würde. 812 So zutreffend Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 V 2 (S. 2225); Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 272; vgl insoweit auch schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 282, Fn. 1306 mit Verweis auf Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 123; siehe ferner unter Verweis auf Grochtmann, ibid. S. 39 auch Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 109. Diese Konstellation mag deshalb schnell aus dem Blickfeld geraten, weil mit Blick auf die grundrechtliche Prüfung der schärfere Maßstab für den Eingriff dazu führt, dass eine zusätzliche Prüfung nach dem Maßstab für Inhaltsbestimmungen überflüssig wäre (siehe Grochtmann, ibid.). Regelungstechnisch ist die Norm jedoch gleichzeitig Inhalts- und auch Schrankenbestimmung. 813 Zur grundsätzlichen Irrelevanz der Regelungstechnik des Gesetzgebers vgl. beispielsweise Papier, SGb. 1994, 105 (107); in Bezug auf die Verwendung öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Normen auch BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. Selbst mit Blick auf den von Appel genannten Fall, dass eine Schrankenregelung zugleich den Inhalt für die Zukunft bestimmt, ist diese Regelungsform nicht zwangsweise vorgegeben, sondern nur eine faktische Notwendigkeit, der Praktikabilität geschuldet. Schließlich könnte der Gesetzgeber auch für bestimmte Eigentumsformen in § 1 die die Rechte der Alteigentümer mindernden Regeln x und y anordnen sowie in § 2 anordnen, dass fortan die Eigentumsrechte sich ebenso nach den Regeln x und y richten sollen. 814 Gerade diesbezüglich ohne Begründung bleibt die Ansicht Kubes, Eigentum an Naturgütern (1999), S. 46 bei Fn. 160, der „die Einordnung von Normen, die gleichzeitig das Eigentum in seinem status quo beschränken und den Inhalt für die Zukunft bestimmen“ als ungelöstes Problem der Befürworter einer Trennung bezeichnet. Ebenso Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 V 2 (S. 2225); Klein, Eigentumsgarantie und Naturschutz (2002), S. 100 f. Gleiches gilt für Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 272 („bei näherer Betrachtung erweist sich jedoch, daß eine solche Differenzierung im Detail nicht möglich ist, da es […] Überschneidungen gibt“; vorsichtiger auf S. 279). Dessen Beschreibung der regelungstechnischen Verschmelzung der Normen ist zutreffend. Mit dem oben genannten

226

1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

Die eigentumsgrundrechtliche Kontrolle von Inhalts- und Schrankenbestimmungen kann daher nicht anders als nach einem zeitlichen Schema vorgenommen werden: Einerseits ist der zukunftsbezogene Regelungsgehalt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung anhand der für die eigenständige dogmatische Kategorie der Ausgestaltung geltenden Anforderungen815 zu untersuchen. Andererseits ist davon klar zu unterscheiden die Überprüfung der vergangenheitsbezogenen Wirkung nach Maßgabe der – strengeren –816 für Grundrechtseingriffe geltenden Anforderungen.817 Die unterschiedliche Maßstäblichkeit zeigt sich beispielsweise auch daran, dass eine Problematik wie der der sog. „ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung“ nur getrennt betrachtet zutreffend behandelt werden kann.818 Während mit Blick auf die Zukunft durch eine „ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung“ nach Auffassung des BVerfG nur der Ausnahmefall geregelt werden soll,819 kann von einer bloßen Ausnahmesituation bei vergangenheitsbezogenen Regelungen keine Argument (siehe so schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 282 f.) setzt er sich hingegen nicht auseinander. Schließlich ist eine Differenzierung möglich, und zwar tatsächlich bis ins letzte „Detail“. Eben diese Differenzierung wird von ihm selbst auch praktiziert, da er hiernach zwischen Umgestaltungen (Eingriffen) und Ausgestaltungen verschiedene Prüfungsabfolgen zur Anwendung bringt. Es gibt daher keine gesetzliche Norm, bei der nicht trennscharf unterschieden werden könnte, inwieweit sie Inhaltsbestimmung und inwieweit sie Schrankenbestimmung ist. Dass die regelungstechnische Verschmelzung auch zur sprachlichen Verschmelzung zwingen soll, und zwar trotz auch von BVerfG (und Appel) praktizierter Unterscheidung bei der Grundrechtsprüfung, ist schwerlich einzusehen. Was sollte denn terminologisch entscheidender sein als die tatsächlich praktizierte Grundrechtsprüfung? Zweifelhaft daher auch Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 57 f., der allerdings die zeitliche Trennung zumindest als „allenfalls möglich“ bewertet (Fn. 21). Dass er jedoch zunächst schreibt, Inhalts- und Schrankenbestimmungen seien „materiell nicht sinnvoll unterscheidbar“, verwundert. Der einzig denkbare Ansatz gegen die Unterscheidbarkeit liegt gerade nicht in einer materiellen Untrennbarkeit (dies geht eben trennscharf in zeitlicher Hinsicht), sondern nur in formaler Hinsicht (aufgrund der oft gegebenen formalen regelungstechnischen Ununterscheidbarkeit). 815 So verstanden handelt es sich bei der Ausgestaltung (1) mit Lerche (siehe oben ab S. 164) um eine dogmatische Kategorie, die deshalb nicht als Ergebnis bloßer Deskription aufgefasst werden kann. Dabei sind (2) die daraus erwachsenden Anforderungen keineswegs im praktischen Ergebnis unbedeutende Schranken, vgl. oben zum objektiven Charakter dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung eingehend ab S. 125. 816 Aufgrund der weiter verschärften Verhältnismäßigkeitsanforderungen, siehe dazu Thormann, Sozialbindung (1996), S. 143 ff., 221 ff. 817 Vgl. insoweit überzeugend Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 122: „Da es sich bei den Inhaltsbestimmungen um bloße Ausgestaltungen des Schutzbereichs, bei den Schrankenbestimmungen um Grundrechtseingriffe handelt, also um zwei verschiedene Formen der gesetzgeberischen Einwirkung, müssen auch verschiedene Rechtsmaßstäbe gelten.“ So auch Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 22, der die zusammenfassende Bezeichnung als „Inhalts- und Schrankenbestimmung“ als nunmehr überholtes Relikt der alten, allein zwischen Sozialbindung und Enteignung unterscheidenden Eigentumsdogmatik von vor 1981 erkennt. 818 Insgesamt a. A. hierzu siehe Depenheuer, Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./ Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 137 f. 819 So BVerfGE 100, 226 (244), Beschl. v. 2.3.1999, siehe kritisch dazu oben S. 115, Fn. 372.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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Rede sein: Immer wenn der Gesetzgeber mit Wirkung für schon Erworbenes dem Eigentum Schranken setzt, dann trifft er zwangsläufig auch auf spezifisch820 schutzwürdiges Vertrauen der Alteigentümer. Hier kann nicht mehr von einer Sozialgebundenheit die Rede sein, die „grundsätzlich entschädigungslos“ hinzunehmen ist.821 Vielmehr ist der Gesetzgeber gehalten, mit Blick auf die Alteigentümer regelmäßig und dabei auch wirksame Abfederungen zu normieren.822 Die gegebenenfalls aus Art. 14 GG resultierende Ausgleichspflicht ist daher mit Blick auf die zukünftige Eigentumsgestaltung einerseits und der Einwirkung auf wohlerworbenes Eigentum andererseits von unterschiedlicher Gestalt.823 Fordert nun aber die Anerkennung des teilweisen Eingriffscharakters unausweichlich zur getrennten dogmatischen Überprüfung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen heraus,824 so ist dann aber auch der Schluss mehr als nahe liegend, auf die im Normtext des Art. 14 I 2 GG angelegte Unterscheidung zwischen der Bestimmung des Inhalts und der Schranken zurückzugreifen.825 Hiernach wäre der eingreifende Regelungsgehalt als Schrankenbestimmung, der ausgestaltende dagegen als Inhaltsbestimmung zu begreifen.826 Auch der mitunter vorgetragene Vorwurf, das ein820

D. h. nicht bloß rechtsstaatlich, sondern gerade durch Art. 14 GG geschützt, dazu oben ausführlich ab S. 138. 821 So aber für die „ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung“ im Allgemeinen, d. h. wohl für die zukunftsgerichtete Eigentumsgestaltung BVerfGE 100, 226 (241), Beschl. v. 2.3.1999. Das Eigentum könnte schließlich nicht seine Rolle erfüllen, dem Einzelnen wirkungsvoll Freiräume zu ermöglichen, wenn das Eigentum unter dem Damoklesschwert einer „grundsätzlich entschädigunglos“ möglichen nachträglichen Einwirkung durch den Gesetzgeber stünde. 822 Siehe schon oben S. 113, bei und in Fn. 362. Zum Vertrauensschutz siehe oben die Nachweise ab S. 111 sowie insbesondere BVerfGE 83, 201 (213), Beschl. v. 9.1.1991, wonach der Gesetzgeber – sofern im Ausnahmefall schwerwiegende Gründe vorliegen – „zwar nicht durchweg mit einer Entschädigungs- oder Übergangssregelung abmildern“ muss. Im Umkehrschluss ist dies im Normalfall indes – insoweit: selbstverständlich – notwendig. 823 Dass indes im Schrifttum diese Unterschiede kaum erkannt werden, obschon sie im Vergleich beider hinlänglich bekannten Leitentscheidungen (BVerfGE 83, 201 sowie E 100, 226) klar zu Tage treten, ist insoweit wohl Folgewirkung der Untrennbarkeitsthese. Die Unterschiede zwischen Inhalt und Schranken verschwimmen hier nicht nur begrifflich, sondern auch dogmatisch. 824 So verfährt schließlich auch das BVerfG in der Praxis, vor allem bei getrennt normierten Übergangsbestimmungen, vgl. S. 139, Fn. 471 m. w. N. 825 In der Sache explizit wie hier auch Beyer, Eigentumsfreiheit/Einkommensbesteuerung (2004), S. 93 bei Fn. 537 sowie S. 94, Fn. 547. Terminologisch schlägt sie gleichwohl eine andere Begrifflichkeit vor (befugnisbestimmend sowie befugnisbeeinträchtigend). Sie geht insoweit davon aus, dass bei der Begriffswahl „Inhaltsbestimmung“ oder „Schrankenbestimmung“ zu sehr eine Ausschießlichkeit assoziiert werde, so als ob es – was auch nach hier vertretener Ansicht falsch wäre – in der Praxis entweder nur reine Inhalts- oder aber reine Schrankenbestimmungen gäbe, nicht aber die Zusammenfassung beider Wirkungen in einer einzigen Norm. 826 Für einen neueren Versuch zur Unterscheidung vgl. Lenz, Vorbehaltlose Freiheitsrechte (2006), S. 119 – 137 (siehe zu ähnlichen, schon früher vorgetragenen Auffassungen die Darstellung bei Klein, Eigentumsgarantie und Naturschutz (2002), S. 99). Danach seien privat-

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

heitliche Verständnis von Inhalts- und Schrankenbestimmungen hieße, dem Verfassungsgeber einen Pleonasmus vorzuwerfen,827 wäre dann belanglos geworden.828 Gleiches gilt für den insoweit berechtigten Vorwurf, dass, wenn anstelle von Inhaltsund Schrankenbestimmung nur verkürzend von Inhaltsbestimmung829 gesprochen rechtliche Regelungen inhaltsbestimmende Ausgestaltungen, öffentlich-rechtliche hingegen als eingreifende Schrankenbestimmungen zu qualifizieren. Neben auch hier geteilter Kritik etwa am Verständnis von Wendt (S. 128 f.) benennt er selbst einen Kritikpunkt an seiner eigenen Auffassung: Die Schaffung von öffentlich-rechtlichen Eigentumspositionen kann schwerlich als Eingriff verstanden werden (ebenso die Kritik bei Klein, ibid.), sodass er diese Art. 2 I GG zuordnen oder Art. 14 GG ein „Leistungs- und Teilhaberecht eigener Art“ für diese Positionen entnehmen möchte. Dem Neuansatz braucht an dieser Stelle nicht nachgegangen zu werden, da die schlichte Anwendung der allgemeinen Grundrechtsdogmatik, wie auch Lenz zunächst aufzeigt (S. 123 f.), zu den oben dargestellten Konsequenzen führt und diese keineswegs einer Modifizierung bedürftig erscheinen. Seine dagegen gerichtete Kritik überzeugt mit Blick auf die Eigentumsgarantie kaum (für andere „Einrichtungsgarantien“ mag anderes gelten, dazu Lenz, ibid. S. 125 f.). Er sagt, eine „Abgrenzung nach der zeitlichen Wirkung führe zu einem verfassungsrechtlich nicht herzuleitenden Positionsbestandsschutz“ (S. 133); allein die „Betroffenheit einer konkreten Position“ dürfe „nicht dazu führen, dass das staatliche Handeln mit der Vermutung der Unzulässigkeit zu belegen wäre“, bedenke man zudem, dass Eigentumspositionen den Eigentümer durch Erbschaft sogar regelmäßig noch überdauerten (S. 126). Hier geht es aber einzig um die Frage, ob aus zeitlicher Perspektive ein Eingriff von der Ausgestaltung unterschieden werden kann. Dass diese Frage zu bejahen ist, führt bei Art. 14 GG eben nicht zur Versteinerung konkreter Eigentumspositionen. Vielmehr enthält Art. 14 I 2 GG eine Schrankenregelung in Form eines Gesetzesvorbehalts – vgl. so im Unterschied zu anderen „Einrichtungsgarantien“ auch Lenz, ibid. S. 126, Fn. 120; 128). Auf dessen Grundlage kann nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht nur die Modifizierung, sondern sogar die Abschaffung dieser Position noch verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden (siehe nur BVerfGE 83, 201, Beschluss vom 9.1.1991). Das Argument von Lenz erweist sich somit mit Blick auf die Eigentumsgarantie als gegenstandslos. 827 So beispielsweise Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 51 (was jedoch nicht als Argumentation für eine zwischen Inhalt und Schranken unterscheidenden Konzeption verwendet wird, da die „begriffl. Durchdringung des GG“ nicht überschätzt werden dürfe); in diesem Sinne auch Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 142. 828 In hervorhebenswerter Stringenz unterscheidet Thormann in diesem Sinne zwischen Inhaltsbestimmungen und Schrankenbestimmungen und führt somit zu Ende, was in der grundsätzlich die Eingriffsqualität der Inhalts- und Schrankenbestimmungen bejahenden Rechtsprechung des BVerfG schon angelegt ist, vgl. schon deutlich BVerfGE 31, 275 (281, 285, 289 f.), Beschl. v. 8.7.1971, sowie soeben S. 219, Fn. 789 m. w. N. Siehe Thormann, Sozialbindung (1996), S. 136 ff., bei gleichzeitigem Eingeständnis, dass so keine „Fallgruppen der Rechtswirklichkeit“ (S. 138) gebildet werden könnten, dass der unterschiedliche Prüfungsaufbau also nicht darauf angewiesen ist, Inhalts- und Schrankenbestimmungen zwingend in einzelne entweder inhalts- oder aber schrankenbestimmende Normbestandteile zu zerlegen (wie dies bei ausdrücklich normierten Übergangsregelungen der Fall ist). Zu Thormann siehe des Weiteren die Darstellung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 83 – 85. Siehe ferner überzeugend Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 22; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 438 ff. 829 Eine verbreitete Redeweise, die hier nur deshalb der Vereinfachung halber aufgenommen wurde (siehe oben S. 24, Fn. 8), weil an dieser Stelle der Sprachgebrauch ausdrücklich geklärt wird.

B. Zur Struktur der Verhältnismäßigkeitsprüfung

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werde, auf diese Weise „die Tatsache des Rechtsverlustes […] nicht mehr ,zur Sprache gebracht werden“ könne.830 Die verfassungsrechtliche Rechtfertigungslast des Gesetzgebers verschwimmt sprachlich schon bei der nivellierenden Rede von der Inhalts- und Schrankenbestimmung; jedenfalls aber gilt das, wenn nur noch von Inhaltsbestimmungen die Rede ist. Eine ausdrückliche Differenzierung nach dem Normtext (Inhalt/Schranken) drängt sich terminologisch geradezu auf, um sowohl dogmatische Gemeinsamkeiten mit anderen Grundrechten als auch das Sondergut der Eigentumsgarantie treffend zu kennzeichnen. Schließlich bedarf es für jeden Eingriff in ein Grundrecht einer verfassungsrechtlich verankerten Rechtfertigung. Das gilt auch für die oben festgestellten Eingriffe in das Eigentum durch den vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalt der Gesetze. Hierfür kommt allein die Formulierung von der Bestimmung der „Schranken“ des Eigentums in Art. 14 I 2 GG in Frage. Soll nämlich die Beeinträchtigung des Schutzguts eines Grundrechts gerechtfertigt werden können, so bedient sich der Verfassungsgeber auch sonst einer solchen Wortwahl (vgl. Art. 5 II, 8 II, 10 II, 11 II GG). Die Kompetenz zur Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2, 2. Alt. GG ist damit ein Gesetzesvorbehalt für normative Eingriffe in das Eigentum.831 Für die Rechtfertigung einer Beeinträchtigung gibt es dagegen nichts her, dass der Gesetzgeber laut Art. 14 I 2, 1. Alt. GG auch den Inhalt des Eigentums prägen darf. Fragt man sich jedoch, weshalb Art. 14 GG im Gegensatz zu anderen Grundrechten normgeprägt sein soll, so gilt Gleiches, nur diesmal unter umgekehrten Vorzeichen. Allein deshalb, weil der „Inhalt“ des Eigentums durch den Gesetzgeber bestimmt werden soll, folgert man die Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie; die ebenfalls eingeräumte Möglichkeit der Schrankenbestimmung ist insoweit irrelevant. Beide Begriffe, sowohl „Inhalt“ als auch „Schranken“, haben folglich eine spezifische Funktion. Damit unterscheidet sich nicht nur der Eingriff dogmatisch fundamental von der Ausgestaltung, wie schon oben ausgeführt wurde. Gleiches gilt für die Bedeutung der Begriffe „Inhalt“ und „Schranken“. Von einer Austauschbarkeit von Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung kann deshalb keine Rede sein.832 Dass auch die Feststellung, ob eine Inhaltsbestimmung oder aber eine Schrankenbestimmung vorliegt, zwangsläufig nach dogmatisch strikt zu unterscheidenden Kriterien zu erfolgen hat, sei hier noch ergänzend festgehalten.833

830 Depenheuer, Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 137. 831 Vgl. insoweit auch Bumke, Grundrechtsvorbehalt (1998), S. 191. 832 Dass es für ein sachangemessenes Verständnis des Art. 14 I 2 GG darüber hinaus notwendig ist zu akzeptieren, dass sich die Vorschrift von einem sonstigen Gesetzesvorbehalt dadurch unterscheidet, dass hierdurch nicht die Verwaltung zu Eingriffen ermächtigt wird, soll später ausführlich erläutert werden (ab S. 372). 833 Dies wurde oben S. 56, Fn. 136 a. E., im Vorgriff auf das hier nun Ausgeführte schon festgehalten. Während eine Schrankenregelung nach allgemeinen Kriterien vergleichbar zu den

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1. Teil: Grundzüge der Eigentumsdogmatik

anderen Grundrechten festzustellen ist, bedarf es mit Blick auf die Inhaltsbestimmung eines erheblichen dogmatischen Aufwandes, eine solche Klassifizierung hinreichend zu umschreiben. Siehe dazu, aus Darstellungsgründen dort bisweilen noch allgemein von „Inhalts- und Schrankenbestimmung“ sprechend, oben ab S. 52.

2. Teil

Konsequenzen der Normgeprägtheit für den Nutzungs- und Bestandsschutz Im Folgenden soll aufgezeigt werden, ob und inwieweit die Verfassung gewährleistet, das Eigentum nutzen und auf seinen Bestand vertrauen zu können, obschon der konkrete Inhalt dieses Eigentums einzig durch die Normen des einfachen Rechts geprägt ist.

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen I. Problemstellung Die Frage nach der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Nutzungen von Eigentum1 erweist sich als ein Prüfstein einer die Normgeprägtheit akzeptierenden Eigentumsdogmatik. Zwar folgt aus der Normgeprägtheit, dass das Innehaben eines Gegenstands oder Rechtes nur dann als Eigentum im Sinne des Art. 14 GG begriffen werden kann, wenn dieses Zuordnungsverhältnis dem Grunde nach durch einfache Gesetze rechtlich strukturiert wurde. Ob darüber hinaus jedoch auch der nähere Umfang eines als Eigentum zu qualifizierenden Zuordnungsverhältnisses, vornehmlich also dessen Nutzungsmöglichkeiten, konstitutiv auf der Ebene des einfachen Rechts geregelt sein müssen, scheint Anlass zu Zweifeln zu geben. Schließlich deuten nicht wenige Äußerungen in Rechtsprechung und Literatur ex- oder implizit darauf hin, dass die Nutzungen (in ihrem Kern) unmittelbar durch die Verfassung selbst dem Eigentum zur Seite gestellt werden.2

II. Zutreffende dogmatische Verortung Jeglicher unmittelbarer Verortung des Schutzes der Nutzungen in Art. 14 GG ohne einfachrechtliche Vermittlung steht jedoch die Vorschrift des Art. 14 I 2 GG entgegen: Die Frage nach der konkreten Reichweite des Schutzes von Eigentum, die Frage nach den Nutzungsmöglichkeiten von Eigentum ist nichts anderes als eine 1 Zur in seiner Habilitationsschrift entwickelten sog. „Verbotsrechtstheorie“ (S. 139) von Hösch (Eigentum und Freiheit, 2000), wonach Nutzungen prinzipiell nicht von Art. 14 GG geschützt seien, siehe die Hinweise bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 115 f. 2 Nachweise jeweils unten im Text.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Frage nach dem Inhalt und den Schranken des verfassungsrechtlichen Eigentums. Als solche ist sie – wie oben ausgeführt – nur durch den Gesetzgeber zu beantworten. Seiner Gestaltungskompetenz obliegt es, ob und inwieweit Nutzungen einfachrechtlich konstituiert sind und dadurch selbst eigentumsrechtliche Relevanz i. S. d. Art. 14 I 1 GG erlangen.3 Nutzungen sind also nur insoweit Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG, als sie in das vom Gesetzgeber geschaffene rechtliche Zuordnungsverhältnis miteinbezogen sind.4 3

Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes „mutet“ es schließlich zu, dass eine Position im Ganzen schon einfachrechtlich anerkannt sein muss, um überhaupt in irgendeiner Weise am Schutze des Art. 14 GG teilhaben zu können. Dann aber ist es auch zu „ertragen“, dass ebenso die nähere Ausgestaltung von diesem einfachen Gesetzgeber konstitutiv abhängt. 4 Wie bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 115 ff. vorgetragen siehe nun auch die umfassende Entfaltung der Thematik bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 139 ff. sowie dems. NuR 2005, 427 passim. Siehe ferner als einige der wenigen explizit auf die Nutzungen bezogen Kimminich, in: BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 41, und Jaschinski, Enteignungsgleicher Eingriff (1997), S. 100, sowie S. 145, Fn. 250; deutlich auch Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 139, vgl. zu ihm auch unten S. 247, Fn. 68; vgl. ferner Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 31; Bumke, NJ 1999, 235 (236); König, Landwirtschaftliche Bodennutzung (1999), S. 26 („nicht nur das Vorliegen einer Eigentumsposition überhaupt, sondern auch ihr Umfang“ wird durch den Gesetzgeber bestimmt); Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 21 mit dem Hinweis, dass es auf die zugewiesene Befugnis ankomme (bei Verweis auf Appel, NuR 2005, 427 ff.), ferner deutlich Rn. 27: „Der Schutz des Art. 14 GG erstreckt sich nicht auf rechtswidrig ausgeübte Nutzungen des Eigentums. Denn ,Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Eigentum so, wie es sich aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze bürgerlichen und öffentlichen Rechts ergibt, die den Inhalt und die Schranken des Eigentums … bestimmen (BVerfGE 74, 129, 148).“ Hingewiesen werden kann an dieser Stelle noch darauf, dass zwar einerseits nur die gesetzlich zugeordneten Nutzungsmöglichkeiten in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallen, andererseits dann aber alle durch den Gesetzgeber miteinbezogenen vermögenswerten Nutzungsmöglichkeiten geschützt sind, ohne dass dazu weitere einschränkende Kriterien erfüllt sein müssten (nicht überzeugend deshalb Erbguth/Wagner, BauR (2005), § 2, Rn. 46, die das Inswerksetzen der Nutzung verlangen (allerdings mit Blick auf die Enteignung); ganz ähnlich Dieterich, Grundwasserschutz (1990), S. 19 f., 23 ff. (m. w. N. auf die Rechtsprechung der Fachgerichte auf S. 20 ff.), der davon ausgeht, dass Enteignungsschutz erst dann gegeben sei, wenn eine „tatsächliche Konkretheit“ zur generellen rechtlichen Zuordnung (vor allem durch das tatsächliche Ausnutzen einer Befugnis) hinzutrete; die Allgemeinheit könne „als Gegenleistung für den Eigentumsschutz auch eine Investition verlangen“, S. 25). Vgl. dagegen Schönfeld, Nutzungsbeschränkungen (1996), S. 107 ff., insbesondere S. 110; Bumke, NJ 1999, 235 (236); de Witt, DVBl. 1995, 107 (108), und Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 45. Vorsicht ist allerdings dabei geboten, Teilen der Rechtsprechung diesbezüglich ein fehlerhaftes Verständnis vorzuwerfen. Wendt weist auf drei seiner Ansicht nach unzutreffende Entscheidungen hin. In BVerwGE 94, 1 (13 f.), Urt. v. 24.6.1993, verwendet der VII. Senat ein einschränkendes Kriterium nicht in Bezug auf die Eigentumsqualität einer Nutzung im Allgemeinen, sondern bezüglich den Voraussetzungen des sog. verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes. Die Fehlerhaftigkeit ergibt sich hier also nur aus der Verwendung einer dogmatisch nicht tragfähigen Konstruktion (zum Bestandsschutz siehe unten ab S. 311). In BVerwG NuR 1995, 455 (456), Beschl. v. 10.5.1995, wird auf die konkreten Umstände abgestellt, um so die Verhältnismäßigkeit einer gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung und deren Anwendung zu überprüfen (vgl. dazu oben S. 108 f.), nicht aber wird eine gesetzlich zulässige Nut-

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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Allerdings kann nicht in Abrede gestellt werden, dass das Grundanliegen derjenigen, die einen verfassungsunmittelbaren Nutzungsschutz aus Art. 14 GG herauslesen wollen, durchaus berechtigt ist: Dem Gesetzgeber sind Schranken zu setzen, so er sich anschickt, Nutzungsmöglichkeiten zu verhindern oder gar zu unterbinden. Die Frage der Normierung von Nutzungen darf niemals zur freien Disposition des Gesetzgebers stehen.5 Doch gilt im Speziellen Gleiches wie im Allgemeinen6 : Um der Zielvorgabe eines wirksamen Schutzes Genüge zu tun, bedarf es nicht eines Rückgriffs auf Konstruktionen, die von einer verfassungsunmittelbaren Verortung gewisser Eigentumsinhalte ausgehen. Solche mit Art. 14 I 2 GG nicht im Einklang stehenden Vorstellungen abzulehnen, führt im Ergebnis nicht zu einer Schwächung des Eigentumsschutzes. Schließlich kommt Nutzungen auch bei Anerkennung der Normgeprägtheit ein spezifisch verfassungsrechtlicher Schutz zu, und zwar in derselben Weise, wie dies auch für alle anderen eigentumsrelevanten Fragestellungen gilt: Bei der Normierung von Eigentum hat der Gesetzgeber wirksame materielle verfassungsrechtliche Bindungen zu beachten.7 Dies geschieht zuvorderst über die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes des Art. 14 GG. Wollte der Gesetzgeber sich anschicken, Nutzungen in einer unverhältnismäßigen Weise aus dem normativen Zuordnungsverhältnis her-

zungsmöglichkeit kraft eigener richterlicher Entscheidung aus dem Schutzbereich des Art. 14 GG herausgenommen. Auch in BGHZ 133, 271 (276), Urt. v. 19.9.1996, wird das einschränkende Kriterium des objektiven Sich-Anbietens einer Nutzungsmöglichkeit als (ungeschriebener) Anknüpfungspunkt einer durch eine einfachgesetzliche Regelung vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsprüfung verwendet (es ging um eine sog. salvatorische Klausel, vgl. dazu oben ab S. 120). Die Frage nach der Eigentumsfähigkeit von Nutzungen i. S. d. Art. 14 I 1 GG wurde dabei nicht behandelt. Zur diesbezüglichen Tauglichkeit des Kriteriums des objektiven Sich-Anbietens vgl. allerdings Lege, JZ 1994, 431 (438). Die uneingeschränkte Einbeziehung aller gesetzlich zugeordneten Nutzungen ist vor allem deshalb relevant, weil alle (nachteiligen) Änderungen dieser Nutzungszuordnungen als Inhaltsund Schrankenbestimmungen zu qualifizieren sind (zu dieser Qualifizierungsfrage im Einzelnen oben S. 52 ff.) und deshalb den materiellen Anforderungen der Eigentumsgarantie zu genügen haben, um nicht nichtig zu sein. Die Frage nach der Enteignungsfähigkeit etwa der sog. nicht ausgeübten Nutzungen (die nach dem hier Gesagten der Sache nach zu bejahen wäre), ist insoweit ein Scheinproblem, als auf solche nicht ausgeübten Nutzungen zugreifende staatliche Handlungen, die als Enteignung zu qualifizieren wären, kaum vorstellbar sind. Dies gilt zumindest nun, da die verfehlte dogmatische Figur der zugleich enteignenden Inhaltsbestimmung (darauf abstellend aber Erbguth/Wagner, ibid., Rn. 45) die Eigentumsdogmatik im Sinne der h. M. nicht mehr belastet (vgl. dazu S. 239 bei und in Fn. 28). 5 Dies drückt Leisner, BB 1992, 72 (79) wie folgt aus: „Was ist sie [die Freiheit] anderes als – Nutzungsmöglichkeit?“ 6 Vgl. oben S. 34 ff. sowie in Erwiderung auf Leisner ab S. 32. 7 Dazu ausführlich oben zur Verhältnismäßigkeitskontrolle ab S. 100. Auch aus den Formulierungen des BVerfG im Nassauskiesungsbeschluss bezüglich des besonderen Schutzes für unter Investitionen bereits ausgeübte Nutzungen soll sich keineswegs ergeben, dass die sonstigen Nutzungen deshalb eigentumsgrundrechtlich schutzlos gestellt sein sollen, vgl. Schönfeld, NVwZ 1999, 380 (381), sowie zur Erläuterung dieser Passage sogleich S. 239 bei und in Fn. 28.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

auszunehmen, so wäre ein solches Ansinnen eben deshalb verfassungswidrig und damit nichtig.8 Angesichts dessen, dass in der nunmehr bestehenden Eigentumsordnung9 die Frage der Nutzungen bereits umfassend geregelt ist, wird zweierlei sichtbar: Wegen diesen schon bestehenden ausdifferenzierten Nutzungsregelungen bedarf es nicht etwa schon deshalb einer Konzeption verfassungsunmittelbarer Nutzungsgewährung, um überhaupt dem Einzelnen Nutzungsmöglichkeiten verschaffen zu können. Er kann sich vielmehr umfassend auf das geltende Recht berufen.10 Weiterhin muss sich der Gesetzgeber in besonderer Weise an diesen schon bestehenden Nutzungsregelungen messen lassen. Gerade das Vertrauen des Einzelnen im Hinblick auf das schon Gewährte und ebenso das Ausüben von gesetzlich gewährten Nutzungsmöglichkeiten wiegt schwer bei der Frage, ob eine legislative, einschränkende Neuregelung noch als verhältnismäßig eingestuft zu werden vermag.11 Auch könnte es möglicherweise hierfür bedeutsam werden, ob sich eine bestimmte Nutzungsmöglichkeit eines Eigentumsobjektes „aufdrängt“.12 Wenn von Leisner dagegen der Eindruck erweckt wird, 8 Zu den auch bezüglich Art. 14 GG praktizierten Ausnahmen im Hinblick auf die Nichtigerklärung eines gegen die Eigentumsgarantie verstoßenden Gesetzes vgl. für das konkrete Normenkontrollverfahren beispielsweise BVerfGE 87, 114 (136, 150 f.), Beschl. v. 23.9.1992, sowie ferner allgemein Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 49, Rn. 72 ff. 9 Ist es allerdings im Ausnahmefall etwa aufgrund technischer Entwicklungen notwendig, neue Formen von Eigentum zu schaffen, so werden schon ökonomische Zwänge dazu führen, dass der Gesetzgeber entsprechende Normierungen entwickelt. Dabei – siehe ausführlich oben ab S. 125 – ist er auch trotz fehlenden Eingriffs in subjektive Rechte dazu gezwungen, die Direktiven der Eigentumsgarantie zu beachten und könnte gegebenenfalls auch zur Normierung angehalten werden (vgl. zu Letzterem die Hinweise oben S. 32, Fn. 38; ferner beispielsweise Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 406); zu den sich dabei stellenden Aufgaben für den Gesetzgeber siehe Kirchhof, Eigentum als Ordnungsidee, in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2004/I, S. 17 f. 10 A. A. Lubberger, siehe unten S. 251, Fn. 79, ablehnende Stellungnahme dazu auf S. 253, Fn. 91 f. 11 Vgl. hier nur BVerfGE 58, 300 (349), Beschl. v. 15.7.1981; BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997, zum bereits ausgeübten Recht zum Kiesabbau; BVerwG NVwZ-RR 1998, 225 (227 m. w. N.), Beschl. v. 18.7.1997; Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 399; Thormann, Sozialbindung (1996), S. 146 f. 12 Und zwar insoweit unabhängig davon, ob zugleich ein Eingriff in konkrete, subjektiv zugeordnete Nutzungszuweisungen durch eine Neuregelung vorliegt. Siehe zu dieser Argumentationsfigur allgemein BVerwGE 94, 1 (11), VII, Urt. v. 24.6.1993; BGHZ 126, 379 (383), Urt. v. 7.7.1994 m. w. N.; bzw. das Abstellen auf das objektive „SichAnbieten“ einer Nutzungsmöglichkeit, BGHZ 133, 271 (276), Urt. v. 19.9.1996, oder BVerwG NuR 1995, 455 (456), Beschl. v. 10.5.1995. An dieser Stelle soll nur darauf hingewiesen werden, dass die unter dem Stichwort der sich „aufdrängenden“ bzw. objektiv „anbietenden“ Nutzung (vgl. weiterhin etwa das Abstellen auf den „vernünftigen Eigentümer“, siehe beispielsweise BGHZ 105, 15 (18), Urt. v. 23.6.1988; 99, 24 (32), Urt. v. 9.10.1986, so auch Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 92) geführten Diskussionen hier ihren dogmatischen Platz finden. Zum tatsächlichen heuristischen Wert dieser hergebrachten Argumentationen vgl. jedoch Lege, JZ 1994, 431 (438 ff.); Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 267 ff.; ferner König, DVBl. 1999, 954 (958 f.), mit differenzierender

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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als seien die hiermit aufgeworfenen Verhältnismäßigkeitsfragen allein im Zusammenhang mit der sog. Aufopferungsrechtsprechung des BGH von Bedeutung, so beruht dies auf einer Fehldeutung der Rechtsprechung des BVerfG.13 Geht man weiterhin davon aus, dass einige Positionen als von der Institutsgarantie gesichert anzusehen sind,14 so umfasst dieser Schutz nicht lediglich das „nackte“ Zu-

Anwendung dieser Kriterien auf die jeweils getrennt zu beantwortenden Fragen nach der Verhältnismäßigkeit einer Regelung an sich und dem Eingreifen der sog. ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung. Allgemein zur Beachtung der Einzelfallumstände siehe Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (229 ff.). Vgl. weiterhin etwa BVerfGE 87, 114 (146 ff.), Beschl. v. 23.9.1992, wo im Einzelfall relevante Umstände aufgezeigt werden, die der Gesetzgeber bei der normativen Ausgestaltung der Nutzungsmöglichkeiten zu beachten hat. 13 Leisner, BB 1992, 72 (74 ff.). Dabei ist allerdings anzumerken, dass – soweit erkennbar – diesen sehr oft herangezogenen Ausführungen Leisners von keiner Seite widersprochen wurde. Siehe ferner explizit der Sichtweise Leisners zustimmend Waschull, Unternehmen als Eigentum (1999), S. 418 ff.; Ossenbühl, Nutzungsbeschränkungen, in: FS Leisner (1999), S. 693, 703 f. Zustimmend zur ausführlichen, im Folgenden nur stark verkürzt wiedergegebenen Kritik bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 115 ff. nun allerdings Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 139 ff., siehe insbesondere S. 148. Siehe ferner nun kritisch Klein, Eigentumsgarantie und Naturschutz (2002), S. 96 f. Nach Leisner beschränke sich jedenfalls der eigentumsgrundrechtliche Schutz von Nutzungen im Rahmen der Rechtsprechung des BVerfG nur auf den Enteignungsschutz „investiv“ ausgeübter Nutzungsmöglichkeiten (siehe näher hierzu sogleich S. 239 bei Fn. 29). In Anlehnung an eine Formulierung des BVerfG sollen damit wohl solche Nutzungen gemeint sein, „zu deren Aufnahme umfangreiche Investitionen erforderlich waren“ (BVerfGE 58, 300 (349), Beschl. v. 15.7.1981). Damit beruft sich Leisner jedoch auf einen Bestandteil der Rechtsprechung, der ohnehin schon 1992 aufgegeben war – die zugleich enteignende Inhalts- und Schrankenbestimmung (dazu sogleich S. 239 bei und in Fn. 28) – und verkennt zudem die konkrete Bedeutung dieser Aussage auch im Verständnis von 1981, siehe dazu detailliert Grochtmann, ibid. Ferner heißt es bei Leisner, BB 1992, 72 (74): „Der Gesetzgeber ist […] nach der Systematik des Naßauskiesungsbeschlusses weitgehend frei, […] Nutzungsmöglichkeiten dem Eigentum […] ,nicht zuzuordnen, sie damit aus dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie herauszunehmen.“ Das BVerfG sieht – und praktiziert – das anders. Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gesetzlicher Regelungen durchzieht die Rechtsprechung wie ein roter Faden und behandelt dabei immer wieder die hierfür zentrale Frage nach der ausreichenden normativen Zuordnung von Nutzungen. Ein Verstoß wegen fehlender Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten wird festgestellt beispielsweise bei BVerfGE 31, 275 (289 ff.), Beschl. v. 8.7.1971; 49, 382 (398 ff.), Beschl. v. 25.10.1978; 51, 193 (220 f.), Beschl. v. 22.5.1979; 87, 114 (146 ff.), Beschl. v. 23.9.1992; 98, 17 (41 ff.), Beschl. v. 8.4.1998. Ein Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeitsanforderungen bezogen auf die Nutzbarkeit des Eigentums durch die das einfache Recht auslegende Gerichtsbarkeit wird festgestellt etwa durch BVerfGE 37, 132 (143 ff.), Beschl. v. 23.4.1974; 49, 244 (248 ff.), Beschl. v. 10.10.1978; 53, 352 (356 ff.), Beschl. v. 12.3.1980; 55, 249 (258 ff.), Beschl. v. 2.12.1980; 68, 361 (374 f.), Beschl. v. 8.1.1985; 79, 283 (291), Urt. v. 14.2.1989; 81, 29 (33 f.), Beschl. v. 3.10.1989; 88, 366 (377 ff.), Beschl. v. 25.5.1993; BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (800) ffi RdE 2000, 22 (24), Beschl. v. 25.8.1999. 14 Zur Institutsgarantie vgl. (ablehnend) oben ab S. 197; zur Berufung auf die Institutsgarantie im Schrifttum hinsichtlich der Sicherung der Nutzung eines Grundstück durch Bebauung vgl. die Nachweise unten S. 296, Fn. 285.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

ordnungsverhältnis, sondern zumindest auch die wesentlichen Nutzungsmöglichkeiten, ohne die das Zuordnungsverhältnis seine freiheitssichernde Funktion nicht zu erfüllen vermag. Einschränkungen von essentiellen Nutzungsmöglichkeiten könnten in bestimmten Fällen somit auch gegen die Institutsgarantie (im Sinne der herrschenden Meinung) verstoßen. Demnach sichert die Eigentumsgarantie die Ausgestaltung der Nutzung von Eigentum mittelbar dadurch, dass sie die grundsätzlich gewährte Gestaltungsfreiheit des inhalts- und damit auch nutzungsbestimmenden Gesetzgebers an verbindliche Richtlinien und Vorgaben koppelt, sodass der damit gesteckte verfassungsrechtliche Rahmen nicht überschritten werden darf. Zwar ist es also nicht Aufgabe des Grundrechts auf Eigentum, Nutzungen in ihrer jeweils konkreten, momentanen gesetzlichen Ausformung kategorisch vor Veränderungen zu schützen. Jedoch sind die Nutzungen in ihrem die Freiheit im vermögensrechtlichen Bereich sichernden Gehalt – deshalb also auch in ihrem wesentlichen Bestand – unabdingbar durch die dem änderungswilligen Gesetzgeber obliegenden Bindungen des Art. 14 GG gewährleistet. Während einerseits verfassungsrechtlich nur ein Rahmen vorgegeben ist, ist dieser andererseits so eng, dass weder die demokratische Legitimation des Parlaments noch der aus Art. 14 I 2 GG folgende Gestaltungsauftrag einen Freibrief für freiheitsunterbindende gesetzliche Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten schaffen. Unter Beachtung dieser beiden Axiome ist die Aufgabe zu erfüllen, in Anwendung der verfassungsrechtlichen Sicherungsmechanismen im jeweiligen Einzelfall zu angemessenen Ergebnissen zu gelangen. Sofern jedoch die praktische Handhabung, d. h. letztlich die Rechtsprechung des BVerfG, als unzureichend empfunden wird, so ist neu darum zu ringen, die verfassungsrechtlichen Prüfungsmechanismen und dabei vordringlich die Struktur des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Hinblick auf einen effektiven Grundrechtsschutz zu präzisieren.15 Es besteht aber kein Bedarf an einem Ausweichen auf Alternativkonzepte, solange diese ihrerseits dogmatisch nicht überzeugen. Überdies wäre mit der Annahme einer verfassungsunmittelbaren Vorzeichnung der Nutzungen auch in praktischer Hinsicht nichts gewonnen. Ein effektiverer und dabei nachvollziehbar bleibender Schutz kann hierdurch nicht erreicht werden. Wie sollten auch die Auslegungsbemühungen gestaltet sein, die geeignet wären, die unmittelbar bindend vorgegebenen Nutzungsrechte im jeweiligen Einzelfall aus der Verfassung selbst zu extrahieren? Eine Überprüfung an den durch die Verfassung unmittelbar vorgegebenen Nutzungen setzt schließlich zunächst eine präzise Feststellung der Linien voraus, die dem Gesetzgeber nur nachzuzeichnen gestattet

15 Vgl. diesbezüglich die oben vorgelegten Bemühungen um die Frage nach der subjektiven oder objektiven Anbindung der Verhältnismäßigkeitsprüfung (S. 125 ff.) sowie hinsichtlich der Auslegung des Art. 14 II GG (S. 181 ff.).

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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wären.16 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist demgegenüber ein adäquates (eigentumsgrundrechtliches) Instrument, das gerade dafür geschaffen ist, abstrakt geltende Bindungen in den Einzelfall zu transponieren.17 Der von Leisner demgegenüber eingeschlagene Weg, Eigentumsschutz von Nutzungsmöglichkeiten18 beinahe ausschließlich über eine großzügige Anerkennung der als einfachrechtlich verorteten Aufopferungsgrundsätze zu erreichen, kann aus verfassungsrechtlicher Sicht keineswegs genügen.19 Schließlich steht es dem Gesetzgeber – wie Leisner dies explizit anerkennt – grundsätzlich frei, diesen Grundsatz durch spätere Gesetze allgemein oder zumindest für einzelne Fälle zu derogieren.20 Sähe man im Aufopferungsrecht jedoch den einzig existenten (einfachrechtlichen) Nutzungsschutz, so müsste Art. 14 GG jedoch gerade vor dessen willfähriger Derogation zu schützen im Stande sein. Denn wie schon oben ausgeführt, verdiente die Eigentumsgarantie ihren Namen nicht, wenn der Gesetzgeber über deren Schutzgehalt

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Weiterhin wäre das Verhältnis der Regelungen des explizit nutzungsbestimmenden Gesetzgebers zu den verfassungsunmittelbar vorgegebenen Nutzungsrechten auch darüber hinaus dogmatisch kaum mehr fassbar. Einerseits entstünde ein Gemisch aus verfassungsunmittelbarer und bloß einfachgesetzlicher Nutzungszuordnung, wenn es dem Gesetzgeber erlaubt wäre, über das von der Verfassung direkt gewährte Recht hinausgehende Nutzungen zuzuordnen. Andererseits stünde die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen überhaupt in Frage, wenn sich Nutzungen schon unter direktem Rückgriff auf die Verfassung feststellbar seien sollten. Deklaratorische Regelungen blieben zwar zulässig, aber nicht mehr unbedingt zwingend. Nun könnte man zwar auch an der Normgeprägtheit insoweit festhalten, dass Nutzungen zwar verfassungsunmittelbar zugeordnet seien, diese Zuordnung aber zwingend zunächst – notfalls einklagbar – durch den einfachen Gesetzgeber nachzuvollziehen sei. Dann wäre die Vorstellung einer verfassungsunmittelbaren Nutzung also nur Beschreibung des verfassungsrechtlichen Überprüfungsmechanismus. Für die Praxis wäre jedoch auch hierdurch nichts gewonnen. Die Verhältnismäßigkeitskontrolle ist angesichts all ihrer vom BVerfG herausgearbeiteten Determinanten (siehe oben ab S. 103) um ein Vielfaches konkreter – und so letztlich auch schutzintensiver – als die bloße Vorstellung verfassungsunmittelbar geschützter Nutzungen oder gar als das Bild eines nur unmittelbar geschützten Nutzungskernes. 17 Anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird immer die jeweils einzelne Maßnahme überprüft, vgl. etwa die Darstellung bei Ehlers, VerwR, in: Erichsen/ders., AVR (2006), § 5, Rn. 24. 18 So der Titel seines Aufsatzes. Vgl. zu diesem Aufsatz Leisners auch gerade eben S. 235, in und bei Fn. 13. 19 Unabhängig von der hier nun behandelten Frage, ob Leisners Konzept eines Nutzungsschutzes durch einfachrechtliche Aufopferungsgrundsätze den Anforderungen der Verfassung genügen kann, wurde schon oben S. 235, in und bei Fn. 13 darauf hingewiesen, dass Leisners Darstellung des genuin eigentumsgrundrechtlichen Nutzungsschutzes nach Maßgabe des BVerfG unzureichend ist. 20 Leisner, BB 1992, 72 (77). Zur Praxisrelevanz solch einer Derogierung schreibt er: „Doch dies wäre ein odioses, bisher noch nicht dagewesenes Vorgehen, das hier vernachlässigt werden kann.“ Angesichts dessen, dass nicht recht einzusehen ist, weshalb nicht der Gesetzgeber zumindest im Einzelfall sehr wohl an einer Derogierung Interesse zeigen könnte und des Weiteren die Aufopferungsgrundsätze nicht so unumstritten sind, wie Leisner dies teils glauben machen will, ist eine Vernachlässigung nicht bloß aus verfassungsdogmatischer, sondern auch aus ganz praktischer Sichtweise nicht angezeigt.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

nach weitgehend freiem Belieben befinden dürfte.21 Es gilt deshalb, diejenigen Strukturen praktikabel herauszuarbeiten, durch welche die eigentumsgrundrechtlichen Bindungen zu einer wirksamen mittelbaren Gewährleistung (auch) der Nutzungsmöglichkeiten des Eigentums führen.

III. Zur Rechtsprechung des BVerfG Auch das Bundesverfassungsgericht qualifiziert Nutzungen nur dann als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG, wenn sie zuvor konstitutiv durch das einfache Recht in das gesetzliche Zuordnungsverhältnis einbezogen wurden. Denn Nutzungsmöglichkeiten sind aus der Sicht des möglichen Eigentümers nichts anderes als sich aus dem Eigentum ergebende Befugnisse.22 Zur Frage der durch Art. 14 GG gewährleisteten Befugnisse äußert sich das BVerfG wiederum deutlich: Nur die dem Einzelnen durch Gesetz zugesprochenen Befugnisse sind als Eigentum geschützt.23 Wollte das Bundesverfassungsgericht davon abrücken, dass Nutzungen nur dann geschützt sind, wenn sie durch den Gesetzgeber in das von ihm gestaltete rechtliche Zuordnungsverhältnis miteinbezogen worden sind, so hätten – um widerspruchsfrei zu bleiben – eben diese Aussagen zurückgewiesen werden müssen. Ein solches Abrücken von den im Nassauskiesungsbeschluss prägnant formulierten Darlegungen zur Gesetzesgeprägtheit des Art. 14 GG hin zu einer verfassungsunmittelbaren Konstituierung von gewissen Nutzungsmöglichkeiten hat es bis heute indes nicht gegeben. Aus einigen womöglich hiervon abrückenden Äußerungen können aufgrund von späteren Rechtsprechungsänderungen24 keine Rückschlüsse auf die Auffassung des BVerfG gezogen werden. In BVerfGE 20, 351 geht das Gericht davon aus, es gebe eine „umfassende Gebrauchs- und Verfügungsbefugnis des Eigentümers“, der durch gesetzliche Normen nur die Grenzen gezogen würden.25 Selbst solche Grenzen der Verfügungsmacht könnten sich jedoch „auch ohne spezialgesetzliche Regelung unmittelbar aus Art. 14 II GG ergeben.“26 Zumeist wird jedoch angenommen, dass das BVerfG zu seiner eigenen stringenten Eigentumsdogmatik erst in später folgenden Entscheidungen gefunden hat,27 sodass schon allein des zeitlichen Abstands wegen aus diesem Beschluss keine heute noch tragfähigen Schlüsse gezogen werden 21

So ja auch oben S. 233 bei Fn. 5. Hiermit ist dargetan, dass es nicht zu ertragen wäre, eine Auslegung der Eigentumsgarantie zugrunde zu legen, nach welcher kein effektiver eigentumsgrundrechtlicher Nutzungsschutz bestünde. 22 Vgl. auch die Gleichsetzung von Nutzung und Befugnis bei BVerfGE 58, 300 (350 f.), Beschl. v. 15.7.1981. So auch Appel, NuR 2005, 427 (432). 23 BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981, zitiert oben S. 27 bei Fn. 22. 24 Ausdrücklich oder konkludent. 25 So auf S. 356. 26 BVerfGE 20, 351 (361), Beschl. v. 17.11.1966. 27 Battis/Schmittat, NuR 1983, 102 (103, bei Fn. 19), beispielsweise nennen BVerfGE 21, 73, Beschl. v. 12.1.1967, als Ausgangsentscheidung der bis heute gültigen Eigentumsdogmatik.

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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können. Auch die im Nassauskiesungsbeschluss vom BVerfG vertretene These, eine für die Zukunft geltende Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG könne zugleich eine Legalenteignung bewirken,28 wurde von Leisner29 im Zusammenhang mit weiteren Entscheidungspassagen30 in Richtung eines teilweisen verfassungsunmittelbaren Nutzungsschutzes gedeutet. Gewisse Nutzungen sollen danach unter Hinzutreten weiterer Umstände als „von Verfassungs wegen“31 so geschützt sein, dass sie dem einfachen Gesetzgeber bindend als Eigentumsinhalt32 vorgegeben sind. Unabhängig von der Richtigkeit solch einer Deutung der Rechtsprechung des BVerfG33 hat das Gericht die dogmatische Vorstellung einer zugleich enteignenden 28

BVerfGE 58, 300 (331 f.), Beschl. v. 15.7.1981; vgl. zuvor schon BVerfGE 45, 297 (332), Beschl. v. 10.5.1977; BVerfGE 52, 1 (28), Beschl. v. 12.6.1979. M. E. zu Unrecht führt Kube, JURA 1999, 465 (468, Fn. 39), sowie ders., ZG 2000, 11 (29, Fn. 105) und ders., Eigentum an Naturgütern (1999), S. 297, Fn. 298, neben zeitlich vor dem Nassauskiesungsbeschluss liegenden Entscheidungen (auch insoweit nicht überzeugend der Verweis auf das Hamburger Deichurteil (BVerfGE 24, 367 (410 ff.), Urt. v. 18.12.1968, zumindest zweifelhaft der auf BVerfGE 31, 275 (293), Beschl. v. 8.7.1971), dessen Sachverhalt auch nach heutiger Eigentumsdogmatik der Legal- (bzw. Legislativ)enteignung zuzuordnen ist) noch BVerfGE 78, 58 (75), Beschl. v. 8.3.1988, dafür heran, dass das BVerfG die zugleich enteignende Inhalts- und Schrankenbestimmung anerkenne. Diese Entscheidung kann jedoch nicht als ein letzter „Ausrutscher“ bewertet werden, vielmehr handelte es sich dort um eine Alternativprüfung. Gleiches gilt für BVerfGE 72, 9 (22 f.), Beschl. v. 12.2.1986. Diese Entscheidung wird von Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 24, Fn. 26, als Beleg für die zugleich enteignende Inhaltsbestimmung angesehen, obwohl dort explizit die Zulässigkeit eines Eingriffs in die schon als Eigentum geschützten Rechtspositionen anhand Art. 14 I 2 GG und damit eben nicht am Maßstab einer Enteignung gemessen wird. Zweifelhaft ist es auch, mit Rozek in BVerfGE 79, 174 (192), Beschl. v. 30.11.1988, ein Offenlassen dieser Frage zu erkennen, denn dort wurde allein die Frage nach der Nudum-Ius-Enteignung (zur nunmehr vollzogenen erfolgten Ablehnung siehe m. N. oben S. 116 f.) behandelt. Dagegen äußerte sich das Gericht nicht dazu, was passiert wäre, hätte es im konkreten Fall eine Nudum-Ius-Enteignung bejaht. Jedenfalls hat das BVerfG nicht behauptet, dass neben einer solchen Enteignung dann noch eine verfassungsmäßige (Rest-)Inhaltsbestimmung hätte angenommen werden müssen; das wiederum wäre jedoch die Voraussetzung für die Annahme einer zugleich enteignenden Inhaltsbestimmung gewesen. Damit fehlt es der Entscheidung diesbezüglich an Aussagegehalt. Somit bleibt festzuhalten, dass die zugleich enteignende Inhaltsbestimmung zu keiner Zeit vom BVerfG näher entfaltet wurde und die kurze Karriere dieser dogmatischen Fehlkonstruktion mit der letzten Erwähnung im Nassauskiesungsbeschluss beendet wurde, so schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 126 f. Nun auch Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 331 unter Verweis auf Rozek, ibid., S. 172 ff.; siehe zur früheren Auffassung in der Bearbeitung aus 1994 (Rn. 322 ff.) Grochtmann, ibid., S. 127, Fn. 577. 29 Leisner, BB 1992, 72 (vor allem 75 f.). 30 BVerfGE 58, 300 (338, 348 ff.), Beschl. v. 15.7.1981. 31 So (im Umkehrschluss) Leisner, BB 1992, 72 (78). 32 Bei Leisner (S. 75) heißt es, das durch „investiv ausgeübte“ Nutzungen Geschaffene sei „etwas, das Eigentum ist“. 33 Zur Ablehnung dieser Auslegung des Nassauskiesungsbeschlusses siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 119 f. Die dogmatische Grundlage für den den investiven Nutzungen zukommenden Schutz ist aufgrund der dogmatisch sehr zweifelhaften (vgl. etwa Kraft, BayVBl. 1994, 97 (100): „gewaltiger Pferdefuß“ der Dogmatik des BVerfG m. w. N. in Fn. 38, sowie Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 57, und Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Inhalts- und Schrankenbestimmung jedoch zunächst der Sache nach34 und nunmehr auch ausdrücklich35 aufgegeben. Gleichwohl lassen an anderer Stelle getroffene Aussagen zum Nutzungsschutz durch Art. 14 GG hinreichende Deutlichkeit in Bezug auf die Gesetzesabhängigkeit vermissen. Die Verfügungsbefugnis über das vom Einzelnen innegehabte Eigentum ist eine wesentliche Form der Nutzung von Eigentum.36 Der II. Senat führt in einem (1998), S. 153) und vom Gericht nicht näher erläuterten Konstruktion der zugleich enteignenden Inhalts- und Schrankenbestimmung im Nachhinein allerdings nicht mehr mit letzter Präzision auszumachen (einleuchtende Darstellung aber schon bei Battis/Schmittat, NuR 1983, 102 (104)) und bot gute Gelegenheit für diesbezügliche Spekulationen. Jedenfalls wird im Ergebnis der gleiche Schutz, den das BVerfG damals gewährt hat, noch heute durch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes realisiert: Eine „investive“ Nutzungen abrupt ausgrenzende gesetzliche Neuregelung wäre verfassungswidrig und damit obsolet (vgl. allgemein dazu oben S. 111 f., 138 ff. m. w. N.). Die investive Nutzung bleibt Eigentum i. S. d. Verfassung, weil noch immer das alte Gesetz mangels verfassungsgemäßer Abänderung in Kraft bleibt, nicht aber, weil aufgrund des Art. 14 I 1 GG solche ausgeübten investiven Nutzungen unvermittelt Eigentumsinhalt bleiben; vgl. ferner noch Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (230, Fn. 105). 34 BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991; als Aufgabe der Sache nach wird diese Entscheidung eingeschätzt etwa von Dolde, Eigentumsdogmatik des BVerwG, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 307, Fn. 14; Kraft, BayVBl. 1994, 97 (100); Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 198 f; Koch, in: Koch/Hendler, BauR (1995), 2. Teil, VIII, Rn. 28, Fn. 33. Insoweit nimmt Leisner (BB 1992, 72 ff.) von der Entscheidung keine Kenntnis. Auch folgende Autoren gehen noch immer von der Möglichkeit einer sich als Enteignung auswirkenden Inhalts- und Schrankenbestimmung aus: Wieland, Eigentum (juristisch), in: EvStL (2006), Sp. 410; Roth, Faktische Eingriffe (1994), S. 241, Fn. 53; Spallek, StaatsR (2006), S. 279, Erbguth/Wagner, Öff. BauR (2005), in Rn. 38 a. E, jedoch anders dann in Rn. 40 unter Punkt (3); Möller, Ausgleichsflächen (1999), S. 60, zudem unter Berufung auf zwei in der Sache anders lautende Literaturstimmen in Fn. 268. Die Möglichkeit einer zugleich enteignenden Inhaltsbestimmung als „Aufopferungsenteignung“ bezeichnend siehe Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 80 bei Fn. 257 (dabei wohl sogar als Teil einer „langen, nicht mehr umkehrbaren Rechtsentwicklung begriffen), ferner Rn. 154; der Sache nach ferner Ossenbühl, Nutzungsbeschränkungen, in: FS Leisner (1999), S. 701, bezogen auf den Sachverhalt zu BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999; Kube bezeichnet die Frage nach der zugleich enteignenden Inhalts- und Schrankenbestimmung als in der Rechtsprechung des BVerfG noch immer nicht abschließend geklärt (Eigentum an Naturgütern (1999), S. 71 f., 98, 100 f., 226, 252; siehe darüber hinaus S. 253). 35 BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997; vgl. allerdings noch Di Fabio, Ausstieg aus der Kernenergie (1999), S. 128 ff., insbesondere S. 135, der davon ausgeht, dass vom BVerfG nur die Vorstellung einer enteignenden und zugleich inhaltsbestimmenden Norm aufgegeben wurde, andere Ausführungen zum Vorliegen einer Legal- (bzw. Legislativ)enteignung jedoch weiter Gültigkeit besäßen. Sieht man von der Problematik des bei Di Fabio behandelten Atomausstiegs ab, hat aber BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999 klargestellt, dass jedenfalls eine bloße Nutzungsbeschränkung unabhängig von ihrer Intensität vom BVerfG nicht als Legalenteignung aufgefasst wird, siehe dazu näher oben S. 116, Fn. 377. Siehe ferner Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 331. 36 Auch BVerfGE 83, 201 (209), Beschl. v. 9.1.1991, sieht diese Befugnis als wesentliche Nutzungsform an.

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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aus 1975 datierenden Beschluss hierzu aus, dass „zum verfassungsrechtlichen Inhalt des Privateigentums […] grundsätzlich die freie Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand“ gehöre.37 Bezug genommen wurde dabei auf einen Beschluss des I. Senats aus dem Jahre 1969, in dem es heißt: Art. 14 I 1 GG gewährleistet das Privateigentum als Rechtsinstitut. Diese Garantie sichert einen Grundbestand von Normen, die das Eigentum im Sinne dieser Grundrechtsbestimmung umschreiben (BVerfGE 24, 367 (389)). Hierzu gehört grundsätzlich die Freiheit des Eigentümers, sein Eigentum veräußern zu dürfen. Diese Befugnis ist auch ein elementarer Bestandteil der Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung.38

Allerdings seien „Eingriffe in diesen Freiheitsbereich des Bürgers“ unter strengen Voraussetzungen möglich.39 Zeitlich später liegende Entscheidungen verwenden ebenso missverständliche Formulierungen. In einem Beschluss aus dem Jahre 1993 heißt es: Art. 14 I GG gewährleistet das Eigentum. Das Eigentum an einer Sache ist in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet (BVerfGE 52, 1 (30); 79, 292 (303 f.); 83, 201 (209)). Die Nutzung soll es dem Eigentümer ermöglichen, sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Insofern enthält die grundrechtliche Eigentumsgewährleistung Elemente der allgemeinen Handlungsfreiheit. Sie schützt grundsätzlich auch die Entscheidung des Eigentümers darüber, wie er das Eigentumsobjekt verwenden will.40

Auch im ersten Beschluss zum Kleingartenrecht vom 12. 6. 1979 wurde die Formulierung bezüglich der Kennzeichnung des durch Art. 14 I 1 GG geschützten Eigentums durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis verwendet.41 Daran anschließend wird ausgeführt: „Die grundrechtlich garantierte Verfügungsbefugnis umfaßt auch die Freiheit des Eigentümers, sein Eigentum veräußern zu dürfen.“42 Zur Eigentumsnutzung liest man ferner in einem Beschluss der 3. Kammer des I. Senats aus 1998: 37

BVerfGE 38, 348 II (370), Beschl. v. 4.2.1975, Hervorhebung nicht im Original. BVerfGE 26, 215 (222), Beschl. v. 19.6.1969. 39 So BVerfGE 26, 215 (222), Beschl. v. 19.6.1969. In diesem Sinne später auch BVerfGE 42, 263 (294), Urt. v. 8.7.1976; 52, 1 (31), Beschl. v. 12.6.1979; 104, 1 (9), Beschl. v. 22.5.2001. Bei BVerfGE 38, 348 II (370 f.), Beschl. v. 4.2.1975, ging es um die Zweckentfremdung von Wohnraum. Hierbei wird der mitunter zum Tragen kommende soziale Bezug des Eigentums sehr deutlich, sodass in der Wortwahl deutlich milder davon gesprochen wurde, eine Beeinträchtigung der Verfügungsbefugnis könne durch Art. 14 I 2 GG gerechtfertigt sein. 40 BVerfGE 88, 366 (377), Beschl. v. 25.5.1993; bestätigend mit sehr ähnlicher Formulierung BVerfGE 98, 17 (35), Beschl. v. 8.4.1998; vgl. zuvor schon BVerfGE 79, 292 (303 f.), Urt. v. 14.2.1989; sowie 81, 29 (33), Beschl. v. 3.10.1989, zum Kündigungsrecht des Eigentümers im Mietrecht. 41 BVerfGE 52, 1 (30), Beschl. v. 12.6.1979, m. w. N. auf die frühere Rechtsprechung. 42 BVerfGE 52, 1 (31), Beschl. v. 12.6.1979; Hervorhebung nicht im Original, ähnlich auch BVerfGE 42, 263 (294), Urt. v. 8.7.1976. Bei BVerfGE 55, 249 (257), Beschl. v. 2.12.1980, wird generell die Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis als rechtlicher Gehalt des Eigentums hervorgehoben, um dann auszuführen: „Diese Rechtsstellung, welche auch 38

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Das grundgesetzlich geschützte Eigentum gewährt seinem Inhaber das Recht, die Sache zur Grundlage eigenverantwortlicher Lebensgestaltung zu machen und sie zu nutzen, wie er dies nach seinen Plänen für zweckmäßig hält.43

In der zweiten Entscheidung zum Halbteilungsgrundsatz fasst der II. Senat die missverständlichen Äußerungen wie folgt zusammen: Art. 14 I GG gewährleistet das Recht, die geschützten vermögenswerten Rechte innezuhaben, zu nutzen, zu verwalten und über sie zu verfügen (vgl. BVerfGE 97, 350 (370); 105, 17 (30)).44

Solchen Ausführungen könnte man auf den ersten Blick entnehmen, das BVerfG sei der Auffassung, dass zumindest die zentrale Nutzungsmöglichkeit der Verfügung und Veräußerung von Eigentum unter direktem Rückgriff auf Art. 14 I GG dem einfachen Gesetzgeber grundsätzlich vorgegeben sei. Aus Art. 14 I 1 GG müsse gefolgert werden, dass diese Nutzungsform dem Eigentum schon von Verfassungs wegen immanent sei. In diesen schon durch das Grundgesetz unmittelbar vorgezeichneten Inhalt eines jeden Eigentumsrechtes oder -gegenstandes könne der Gesetzgeber deshalb allenfalls gleichsam von außen kommend „eingreifen“.45 Inwieweit da noch von einer vorgängigen Konstituierung durch den einfachen Gesetzgeber gesprochen werden kann, bleibt zweifelhaft. Diesen Aussagen des BVerfG kann jedoch letztlich nicht die gerade skizzierte Bedeutung beigemessen werden.46 Allein daraus, dass Handlungen des Gesetzgebers, die Nutzungsmöglichkeiten beschränken, als Eingriff bezeichnet werden, kann die Befugnis umfaßt, veralteten Wohnraum durch neuen zu ersetzen, wird durch die genannten Vorschriften […] eingeschränkt.“ 43 BVerfG (3. K./I) NJW 1998, 2662, Beschl. v. 4.6.1998. Vgl. auch BVerfGE 81, 29 (33), Beschl. v. 3.10.1989: „Die grundrechtliche Eigentumsverbürgung umfaßt insbesondere die Befugnis, den Eigentumsgegenstand selbst zu nutzen.“ Vgl. insoweit auch aus der Rechtsprechung des BGH, Urt. v. 20.6.2008, V ZR 149/07, Abs.-Nr. 7. 44 BVerfGE 115, 97 II (111), Beschl. v. 18.1.2006; ferner 105, 17 II (30), Beschl. v. 5.2.2002. Siehe aus jüngerer Zeit noch eine allerdings eher beiläufig durchgeführte Prüfung in BVerfGE 105, 252 (277), Beschl. v. 26.6.2002. Hier hätte einzig untersucht werden müssen, ob es einen normativen Schutz vor der Veröffentlichung der Liste gibt, auf der die Weine verzeichnet waren, die angeblich mit Frostschutzmitteln versetzt wurden bzw. ob bei Fehlen eines solchen Schutzes der Gesetzgeber seinem Auftrag zur Eigentumsgestaltung unzureichend nachgekommen ist. Stattdessen führt das Gericht aus, dass „das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum […] zwar durch die dem Eigentümer zustehende grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet“ sei. Ein Verstoß wird dann verneint, da die gelisteten Weine weiterhin hätten verkauft werden können. Aus der Außerachtlassung des einfachen Rechts lässt sich also auf das hier abgelehnte Ergebnis schließen, dass jedwedes geschützte Eigentumsrecht grundsätzlich von Verfassungs wegen mit dieser Verfügungsbefugnis ausgestattet sei. Kurz darauf heißt es dann aber wieder, „Art. 14 GG schützt nur normativ zugeordnete Rechtspositionen“. 45 Vgl. so auch die Bewertung bei Appel, NuR 2005, 427 (430). 46 Ebenso Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 144 f.; ders., NuR 2005, 427 (430 f.).

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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nicht schon gefolgert werden, es müsse einen unmittelbar durch die Verfassung selbst vorgeprägten Eigentumsinhalt geben, in den von außen eingegriffen werde. Diese Eingriffskonstruktion kann sich nämlich ebenso gut auf die vorherige Nutzungen schon gewährende gesetzliche Ausgestaltung des Eigentums beziehen. Und eben nur letztere Bedeutung wird dem sonstigen Verständnis des BVerfG gerecht.47 Dass laut BVerfG eine grundrechtliche Garantie oder Gewährleistung der Nutzungen existiere, vermag ebenso wenig weitere Rückschlüsse zu rechtfertigen. Diese Aussage ist insoweit neutral. Denn auch nach dem zutreffenden Verständnis werden Nutzungen geschützt, allerdings nicht auf dem Wege, dass sie als vor- und übergesetzlicher Eigentumsinhalt dem Gesetzgeber zunächst grundsätzlich vorgegeben sind. Dass sie somit „nur“ auf eine andere Art und Weise geschützt werden, ändert jedoch nichts daran, dass gleichwohl die Aussage auch hierauf zutrifft, Nutzungen seien durch die Eigentumsgarantie geschützt.48 Weiterhin nimmt das BVerfG Bezug auf die Institutsgarantie, die ja der verfassungsrechtlichen Überprüfung gesetzlicher Regelungen dient.49 Deutlicher50 heißt es genau dazu in einem anderen Beschluss: „Art. 14 I 1 GG gebietet […] als Institutsgarantie die Zuordnung der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnisse an den Werkschöpfer“.51 Die Eigentumsgarantie ordnet demnach nicht schon selbst die Nutzun-

47 Vgl. insoweit auch BVerfGE 101, 54 (75), Beschl. v. 14.7.1999. Zunächst wird missverständlich auf Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis verwiesen sowie ausgeführt, „dem grundrechtlichen Schutz unterliegt danach das Recht, den Eigentumsgegenstand selbst zu nutzen“. Dann jedoch heißt es im Anschluss: „Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 I 2 GG Sache des Gesetzgebers ist“. 48 Dass mit diesen Formulierungen das Gericht nicht von seiner zentralen These der Normgeprägtheit des Eigentums abrücken will, zeigt sich am Beispiel des oben zitierten Beschlusses aus dem Jahre 1993 auch daran, dass kurz darauf im Zusammenhang mit der Frage nach der Gesetzgebungszuständigkeit lapidar bestätigt wird: „Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt das Gesetz (Art. 14 I 2 GG), das seinerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen muß“ (BVerfGE 88, 366 (378), Beschl. v. 25.5.1993). Auch in BVerfGE 98, 17, Beschl. v. 8.4.1998, ging es um die Beschränkung der gesetzlich gewährten Eigentümerrechte (§§ 985 ff. BGB). 49 Zur Institutsgarantie siehe näher (ablehnend) ab S. 197. 50 In BVerfGE 26, 215 (222), Beschl. v. 19.6.1969, ergibt sich nicht schlüssig der Zusammenhang der Sicherung eines Grundbestands von Normen zur Frage der Nutzungen, die isoliert gesehen ja keine Normen sind. Es hätte des Hinweises bedurft, dass die Institutsgarantie nicht bloß einen gewissen Grundbestand von Normen an sich zu sichern bestimmt ist, sondern dass darüber hinaus auch eine gewisse „Mindestausgestaltung“ dieser Normen in Bezug auf die Nutzungen gewährleistet ist. Das bloße Aufrechterhalten eines nackten Zuordnungsverhältnisses unter weitestgehendem Ausschluss der Nutzungsmöglichkeiten könnte dem Verständnis der Institutsgarantie i. S. d. BVerfG schließlich nicht gerecht werden. 51 BVerfGE 51, 193 (217), Beschl. v. 22.5.1979; vgl. auch BVerfGE 49, 382 (392, 394, 400), Beschl. v. 25.10.1978, bei der die Notwendigkeit eines Anspruchs auf angemessene Zuordnung durch den Gesetzgeber aus dem Regelungsauftrag des Art. 14 I 2 GG i. V. m. der eigentlichen verfassungsrechtlichen Gewährleistung erwachsen soll.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

gen verfassungsunmittelbar den geschützten Gegenständen zu, sondern sie fordert nur mittelbar ein nutzungsgewährendes Handeln des Gesetzgebers ein.52 Auch die Wendung von der Privatnützigkeit spricht nicht für eine verfassungsunmittelbare Verortung der Nutzungsgewährung. Die Funktion dieser Wendung im Rahmen der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung kann nämlich auf zweierlei Arten bestimmt werden, die beide nichts für einen solchen Rückschluss hergeben. Zum einen wird mit diesem Ausdruck illustriert, was im Rahmen des Abwägungsgebots gemeint ist, wenn von der grundsätzlichen Anerkennung des Eigentums durch Art. 14 I 1 GG (als einer der beiden Abwägungsdirektiven) die Rede ist.53 Wird aber die Privatnützigkeit als Maßstab gesetzlicher Gestaltung genommen, fungiert sie nicht gleichzeitig als verfassungsunmittelbare Zuordnung des freien Ausnutzens des Eigentums. Zum anderen wird dieser Ausdruck verwendet, um die Eigentum zuordnenden von den sonstigen Gesetzen abzugrenzen.54 Wenn nun u. a. anhand dieser Privatnützigkeit, also der einfachgesetzlichen Verbürgung von Nutzungen, erst festgestellt werden soll, ob ein Gesetz als Eigentum geschützt werden soll, so kann im Umkehrschluss daraus auch insoweit nicht erst die Verfassung dem Eigentum die Nutzungen als weiteren Schutzgegenstand hinzufügen, will man nicht zirkulär argumentieren.55 Die unglücklich gewählte56 Äußerung der 3. Kammer des I. Senats lässt sich insoweit erklären, als das Gericht im Folgenden deutlich macht, dass es den aufgestellten Grundsatz dazu heranzieht, das einfache Recht im Lichte des Art. 14 GG (verfassungskonform) auszulegen (hier ein weiteres Mal zur Anwendung des § 564 b II Nr. 3 S. 1 BGB).57 Nutzungsrechte ohne Rückgriff auf die Vermittlung durch das einfache Recht werden nicht angenommen. 52

Dem zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 147. Aufgrund der umfassenden Normierungen im Bereich der Eigentumsordnung wird dabei zumeist auch ein Prüfungsschwerpunkt in der hinreichenden Beachtung der Vertrauensschutzgesichtspunkte bestehen. 53 Ebenso die Einschätzung bei Appel, NuR 2005, 427 (431). Siehe näher zu dieser Abwägung oben ab S. 103 f. m. w. N. 54 Vgl. dazu etwa BVerfGE 112, 368 (396), Beschl. v. 11.5.2005; 101, 239 (258), Urt. v. 23.11.1999, sowie näher oben S. 104 m. w. N. 55 Ebenso Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 145; ders., NuR 2005, 427 (430). 56 Es ist zuzugeben, dass gerade eine solche Äußerung den Eindruck erweckt, als läge jedem Eigentumsgegenstand eine ganz umfassende Nutzungsmöglichkeit auch ohne einfachrechtlicher Konstituierung von vornherein inne, die durch Gesetze nur nachträglich eingeschränkt werde. In dem konkret entschiedenen Falle ging es um Eigentum i. S. d. § 903 BGB i. V. m. den Vorschriften des WEG. Die Möglichkeit der Nutzung solchen Eigentums nach selbstbestimmten „Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten“ ergibt sich schon auf einfachrechtlicher Ebene aus der gleichzeitigen Geltung eben dieser erstgenannten Vorschrift hier neben § 564 b II Nr. 3 S. 1 BGB. 57 Das aus dem Zusammenspiel von § 903 BGB und § 564 b II Nr. 3 S. 1 BGB sich ergebende, weiterhin bestehende Nutzungsrecht ist also als eigentumskräftige Regelung i. S. d. Art. 14 I 1 GG zu verstehen. Vor dem Hintergrund dessen, dass die verfassungsrechtlich ge-

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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Einzig eine Aussage in einer jüngeren Entscheidung der 2. Kammer des I. Senats zu einer landesrechtlichen Überbauregelung lässt sich vom hier vertretenen Standpunkt aus kaum anders als unzutreffend bewerten. Diese Entscheidung darf allerdings schon deshalb nicht überbewertet werden, weil die entsprechende Passage, die nicht im Mittelpunkt der rechtlichen Erörterungen stand, nicht näher begründet wurde. Es heißt dort jedenfalls: Das Urteil des LG verletzt allerdings nicht das Eigentumsgrundrecht der Bf. aus Art. 14 I GG. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum ist durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet (vgl. […]). Beschränkungen dieser Eigentümerbefugnisse sind nur auf der Grundlage eines Inhalt und Schranken des Eigentums gestaltenden Gesetzes zulässig, das auch kompetenzgemäß erlassen ist (vgl. […]).58

Diesem Wortlaut nach wird also die „Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis“ des Eigentums von außen kommend durch Gesetze beschränkt. Allerdings will die Kammer dem Eigentümer wohl nicht verfassungsunmittelbar die Möglichkeit gewähren, sein Eigentum „privatnützig“ ohne normative Regelung zu gebrauchen. Gegenstand der folgenden Erörterungen ist einzig die konkrete normative Regelung und deren Verfassungsmäßigkeit, nicht aber ein Recht unmittelbar aus Art. 14 I GG, sich gegen einen Überbau zu wehren. Die Privatnützigkeit ist nach dieser Formulierung also ein verfassungsunmittelbarer Prüfungsmaßstab für den Gesetzgeber, der – und das ist neu – kaum als bloße Erläuterung der Verhältnismäßigkeit verstanden werden kann.59 Bei der später erfolgenden knappen Prüfung der streitgewollte und geschützte Eigentumsordnung dazu dienen soll, dass der Einzelne sein Eigentum „zur Grundlage eigenverantwortlicher Lebensgestaltung“ machen kann, gilt es eine dem gerecht werdende Auslegung des einfachen Rechts zu finden. Das BVerfG entscheidet demnach überzeugend, dass eine die Interessen des Wohnungseigentümers zu stark vernachlässigende Auslegung vor Art. 14 GG keinen Bestand haben kann; zur Pflicht (und der dem korrespondierenden Überprüfbarkeit) bezüglich der verfassungskonformen Auslegung vgl. die Nachweise unten S. 388, Fn. 115. Zur missverständlichen Äußerung bei BVerfGE 55, 249 (257), Beschl. v. 2.12.1980, ist auf die dem folgende Bemerkung hinzuweisen, aus der immerhin hervorgeht, dass Art. 14 I 1 GG vor allem als „Prüfungsmaßstab einschlägig“ sein soll. 58 BVerfG (2. K/I) NJW-RR 2008, 26 (27), Beschl. v. 19.7.2007; siehe ibid. S. 29 dann dazu, dass „der Landesgesetzgeber den ihm bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zustehenden Gestaltungsspielraum“ nicht überschritten habe. 59 Hier mag man vielmehr an die bildhafte Vorstellung eines „an sich“ und „idell“ unbegrenzt privatnützigen Eigentums vergleichbar zu traditionellen Vorstellungen der „Baufreiheit“ denken. Unabhängig davon, dass in einer Kammerentscheidung kein neuer Prüfungsmaßstab für Art. 14 GG eingeführt werden kann, ist das auch sachlich kaum überzeugend. Die Verselbstständigung einer solchen Vorstellung ist es nämlich, die mit Blick auf das „zugleich“ das Wohl der Allgemeinheit bedenkende Normgefüge des Art. 14 GG Unbehagen bereitet. Im Rahmen der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeit ist dieser den Eigentümer begünstigende Aspekt der Privatnützigkeit eingebettet in ein umfassendes Koordinatensystem (siehe dazu die Beschreibung der Determinanten oben ab S. 103). Als eigenständiger Prüfungsmaßstab verabsolutiert wird dem Eigentümer indes ein Versprechen gegeben, dass die Verfassung ihm so nicht erfüllen will.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

genständlichen Überbauregelung anhand Art. 14 GG nimmt die Kammer diese Neukreation, anhand der „nutzungseinschränkende“ Regelungen überprüft werden könnten, indes dann doch nicht zur Hilfe. Vielmehr wird dort nur knapp ausgeführt, dass die Regelung nicht unverhältnismäßig sei.60 Im Ergebnis verbleibt die Entscheidung damit im Rahmen der sonstigen Rechtsprechung des BVerfG. Zusammengefasst sind demnach trotz missverständlicher Aussagen gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Nutzungen nur dann Eigentum i. S. d. Art. 14 GG, wenn sie Teil eines durch den einfachen Gesetzgeber gestalteten, eigentumsvermittelnden rechtlichen Zuordnungsverhältnisses sind.61

IV. Abweichende Sichtweisen zum Nutzungsschutz 1. Missverständliche Formulierungen im Schrifttum Die Behandlung des eigentumsgrundrechtlichen Nutzungsschutzes ist in Lehrbüchern teilweise so an die gebräuchliche Darstellungsschematik sonstiger Grundrechte angelehnt, dass dadurch die auch und gerade hier zum Tragen kommende Normgeprägtheit des Schutzbereichs62 für diesen Teilbereich weitgehend ausgeblendet wird.63 Bei der Entfaltung der Schutzbereiche anderer Grundrechte zwingt das Erfordernis eines effektiven Grundrechtsschutzes zu einer vollständigen Erfassung des jeweils geschützten Lebensbereichs.64 Dies kann zur Folge haben, dass über das unmittelbar und sofort Einsichtige hinaus auch im weiteren Zusammenhang mit dem Grundrecht stehende Tätigkeiten oder Güter geschützt werden. So erfährt man bei60

Siehe BVerfG (2. K/I) NJW-RR 2008, 26 (29), Beschl. v. 19.7.2007 dazu, dass „der Landesgesetzgeber den ihm bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zustehenden Gestaltungsspielraum“ nicht überschritten habe. Die Regelung sei nicht „unverhältnismäßig“, da die Eigentümerinteressen „mit Rücksicht auf die differenzierten Vorgaben zu dessen Duldungspflicht in dieser Vorschrift und vor allem auch zu deren inhaltlicher und zeitlicher Begrenzung (solange die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird)“ hinnehmbar seien. 61 So – abgesehen von der nun endgültig obsolet gewordenen Schutzkonstruktion für „investive“ Nutzungen – deutlich auch Leisner, BB 1992, 72 (74 f.). 62 Vgl. oben S. 26 bei Fn. 18. 63 Schärfere Kritik, unter Bezugnahme auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 115 ff., bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 142 f. („Es liegt auf der Hand, daß eine solche Sichtweise der in Art. 14 I 2 GG normierten Gesetzesabhängigkeit diametral widerspricht“). Siehe ferner dens., NuR 2005, 427 (429 f.), sowie S. 432: „Die Gesetzesabhängigkeit […] steht und fällt mit ihrer Akzeptanz auch und gerade für den Bereich der Nutzungsmöglichkeiten. Wird sie hier in Frage gestellt, so geht dies nicht, ohne die Pflöcke zu lockern, die das BVerfG mit seinem Bekenntnis zur Gesetzesabhängigkeit […] in den Boden der Eigentumsdogmatik geschlagen hat.“ 64 Nur so können die Grundrechte hinreichend ihrer in erster Linie zu erfüllenden Aufgabe (BVerfGE 7, 198 (204), Urt. v. 15.1.1958) gerecht werden, „die Freiheitssphäre des einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern.“

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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spielsweise in den einschlägigen Lehrbüchern unter dem Stichwort Umfang der Gewährleistung65, Schutzumfang66 bzw. Grundrechtstatbestand67, dass durch Art. 5 III 1, 1. Alt. GG sowohl die Herstellung des Kunstwerkes (Werkbereich) als auch die Vermittlung des Kunstwerks an Dritte (Wirkbereich) geschützt sind. In der gleichen Weise heißt es in diesen Lehrbüchern nun bezüglich des Schutzbereichs des Art. 14 GG unter eben solchen Stichwörtern, dass „auch die Nutzung des Eigentums geschützt“ sei.68 Indem man dadurch Nutzungen als eine Frage nach dem Um65

Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 614. Degenhart, Klausurenkurs StaatsR (2007), Rn. 306; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 79. Ähnlich Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 5, Rn. 107 unter dem Stichwort „Geschütztes Verhalten“ unter der Überschrift Schutzbereich. 67 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 5 (III), Rn. 306 ff. (geschützte Tätigkeiten). 68 Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 914, 200 (vgl. auch sogleich Fn. 69), hierauf sich beziehend im Fallaufbau unter dem Gliederungspunkt Schutzbereich ebenso Bleckmann, GrundR (1997), § 35, Rn. 13; Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 430; Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 785, siehe auch dens., AVR (2008), Rn. 1113 (dort unter dem Stichwort „Eigentum“); Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 12 f. (Gliederungspunkt „Sachlicher Schutzbereich – Schutzumfang“); Grote/Kraus, Fälle GrundR (2000), S. 227 (Fall 14, B I 1), R. Schmidt/Kahl, UmweltR (2006), § 2, Rn. 22; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 26, jeweils unter dem Stichwort „Umfang des Eigentumsschutzes“; Spallek, StaatsR (2006), S. 281 („Schutzbereich“). Weiterhin so auch Schlette, JURA 1996, 428 (430); Gärditz/ Kahl, BayVBl. 2006, 255 (256) (Schutzbereich); Würtenberger, VBlBW 2007, 364 (365) („Gewährleistungsumfang“); Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 293, in einem als Anhang angefügtem „Prüfungsschema zu Art. 14 GG“; ferner Jarass, WiVwR (1997), § 3, Rn. 39 (Schutzbereich – Geschützte Aktivitäten). Unter den Überschriften „Schutzbereich – Schutzfähige Positionen – Innehabung, Nutzung, Verfügung“ heißt es auch bei dems., in: ders./Pieroth, GG, 4. A. 1997, Art. 14, Rn. 13, „die Nutzung der [Eigentums-]Position“ sei geschützt (vgl. allerdings auch Rn. 20 a, wonach eine Beschränkung immer Aspekte betreffen muss, „die im Zeitpunkt der Begründung der Eigentumsposition durch das einfache Recht geschützt waren“, Hervorhebung nicht im Original); auf Rn. 13 sich beziehend ebenso Dannert, Eigentumsentziehungen (1998), S. 48. In der 9. A. 2007 wird bei Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 19 (siehe auch schon 5. A. 2000, Rn. 17 f.) die Abhängigkeit von der einfachrechtlichen Eigentumsordnung diesbezüglich mehr betont, da sogleich hinsichtlich „Einschränkungen“ auf Rn. 21 ff. und damit auf die „Ausgestaltung durch geltendes Recht“ (Hervorhebung nicht im Original) verwiesen wird. Vgl. ferner missverständlich Battis/Gusy, StaatsR (1999), Rn. 516; Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 64 („Umfang des Eigentumsschutzes“); Wahlhäuser, Planungsschadensrecht (2002), S. 22 f. („Umfang der Gewährleistung“); Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 50, S. 60; Becker, Dezentrale Abwasserbehandlung (1998), S. 44 f.; Sodan, DÖV 2000, 361 (364 f.). Auch Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 41 ff., ebenso schon ders., Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 136 ff., führt unter der Überschrift „Dimensionen des Eigentumsschutzes“ und in Bezugnahme auf das BVerfG aus, dass „Art. 14 GG das grundsätzlich freie ,Ausnutzendürfen der Eigentumsposition“ schütze. Jedoch fügt er unmissverständlich hinzu, dass dies nur innerhalb „der Ausformung durch den eigentumskonstituierenden Gesetzgeber zuerkannt“ sei (Rn. 41 bzw. S. 139). Vgl. ähnlich Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 374 ff., vgl. auch S. 400 f. Dort wird unter der Überschrift „Umfang der Gewährleistung“ eines zuvor (im Abschnitt „Schutzgut des 66

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

fang des Schutzbereichs des Art. 14 GG problematisiert, werden sowohl Missverständnisse im Hinblick auf die Normgeprägtheit des Schutzbereichs provoziert als auch eine so nicht existente verfassungsrechtliche Streitfrage suggeriert.69 Im gleichen Sinne missverständlich ist die oftmals verwendete Formulierung, die Eigentumsgarantie schütze „das ,Haben und das ,Gebrauchmachen“ vorhandener konkreter Vermögensgüter.70 Grundrechtstatbestandes“) allgemein als Eigentum qualifizierten Rechts ausgeführt, dass dieser Umfang durch die Funktion der Eigentumsgarantie bestimmt werde und sich daraus ergebe, dass die Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis geschützt sei. Insoweit werden missverständlich Elemente der eigentumsgrundrechtlichen Kontrolle im Rahmen des Schutzbereichs abgehandelt. In der Sache jedoch klarstellend heißt es dann, dass der Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG erst dann eröffnet sei, „wenn das Eigentumsrecht seinem Inhaber eine bestimmte Befugnis“ verleihe (Hervorhebung schon im Original). Außerdem wird explizit auf die insoweit entscheidende Norm des § 903 BGB verwiesen. Über die bloße Missverständlichkeit hinaus schon vom Grundansatz her nicht mit Art. 14 I 2 GG zu vereinbaren ist es, wenn ein verfassungsunmittelbarer Nutzungsschutz über die Lehre vom sog. Bestandsschutz angenommen wird. Zum Zusammenhang zwischen Nutzungsschutz und Bestandsschutzlehre vgl. Wickel, Bestandsschutz (1996), S. 59 f. Zur Ablehnung dieser dogmatischen Fehlkonstruktion siehe unten ab S. 311. 69 Vgl. des Weiteren Pieroth/Bromm, NuR 1992, 372 (374), die in aller Ausführlichkeit eine schon abstrakte Zugehörigkeit der Nutzungen zum Schutzbereich des Art. 14 GG (im Rahmen eines Gutachtenaufbaus) annehmen, sowie näher dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 131. Vgl. auch Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 956, wo zu lesen ist, die Nutzung einer Buchshecke könnte durch eine Negativdefinition in natur- oder landschaftsgesetzlichen Verboten „herausfallen“ (vgl. zur Auffassung Pieroth/Schlinks zu diesem Beispielsfall näher unten ab S. 360). Angesichts des fehlenden Verweises auf § 903 BGB und im Zusammenhang mit den allgemeinen, eben angesprochenen Ausführungen Pieroth/Schlinks zum Nutzungsschutz verfestigt sich durch solche Formulierungen die mit Art. 14 I 2 GG nicht in Einklang stehende Vorstellung, die Nutzung des Eigentums sei grundsätzlich unbeschränkt durch Art. 14 I 1 GG auch ohne einfachgesetzliche Konstituierung geschützt und könne allenfalls nachträglich durch Gesetze wieder eingeschränkt werden. Vgl. ferner noch Kube, JZ 2001, 944 (945, 947) m. w. N., der von der Möglichkeit ausgeht, dass aus der grundsätzlichen Anerkennung eines Zuordnungsobjekts als Eigentum dann auch prinzipiell unbegrenzte (indes auch abtrennungsfähige) Nutzungen resultieren. Siehe auch Hendler/Duikers, JURA 2005, 409 (410 f.), wo folgende Ansicht vertreten wird: Aus der Äußerung des BVerfG, Befugnisse bestimmten sich nach der Zusammenschau privaten und öffentlichen Rechts dürfe „nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, durch Art. 14 GG werde an baulicher oder sonstiger Nutzungsfreiheit von vornherein nur geschützt, was dem Eigentümer einfachgesetzlich zugewiesen sei. Vielmehr erklärt das Gericht ausdrücklich, dass der Begriff des von der Verfassung gewährleisteten Eigentums aus der Verfassung selbst gewonnen werden müsse […]. Für die Schutzbereichsprüfung ist […] entscheidend, dass der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff auch die Eigentumsnutzung umfasst“. Ein solches Verständnis des Eigentumsbegriffs, wonach der „Begriff“ dazu dient, materielle Inhalte zu vermitteln, ist nach hier vertretener Auffassung sachlich unzutreffend und entspricht nicht dem des BVerfG, siehe zum Eigentumsbegriff oben ab S. 43. 70 Ossenbühl, AöR 1999, 1 (5); Huber, DÖV 1999, 173 (174); Sproll, in: Detterbeck/ Windthorst/Sproll, StaatshaftungsR (2000), § 14, Rn. 34 („Haben und Nutzen“); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 8 m. w. N. (dort fährt er fort: „Im Falle eines

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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Während die Bestimmung des exakten Umfangs der Schutzbereiche anderer Grundrechte verfassungsspezifische Auslegungsanstrengungen verlangt, existiert eine vergleichbare Problematik bei Art. 14 GG nicht. Da aufgrund des Art. 14 I 2 GG das den Schutzbereich konstituierende Eigentum einzig dann vorliegt, wenn es zuvor auf einfachgesetzlicher Ebene geschaffen wurde, ist die Frage des Umfangs des Schutzbereichs des Art. 14 GG zunächst nur eine Frage der Auslegung einfachen Rechts.71 Will man also bestimmen, ob Nutzungen vom Schutzbereich des Art. 14 GG umfasst sind, so beschränkt sich diese Fragestellung zuvorderst auf ein Nachzeichnen der vom eigentumsgestaltenden Gesetzgeber vorgesehenen Zuordnungen.72 Somit ist dies eine Aufgabe, die auf der Ebene der im Einzelfall einschlägigen Materie (etwa Bau- oder Immissionsschutzrecht) unter Beachtung der Rechtsprechung der jeweils zuständigen Fachgerichtsbarkeit zu entscheiden ist.73 Deshalb ist es misslich, in einem verfassungsrechtlichen Lehrbuch die Frage nach den Nutzungen im Schutzbereich darzustellen, sofern man nicht gleichzeitig auf die – im GegenKonflikts mit den Gemeinwohlinteressen […] stehen sie zur Disposition des Gesetzgebers“; sonst also nicht, so stellt sich die Frage?), siehe ferner Rn. 335, dort aber im Rahmen der Erläuterung des Wesensgehalts, d. h. also als Teil eines Überprüfungsmechanismus verstanden; ferner Brenner, DVBl. 1993, 291 (292); Herzog, Eigentum, in: EvStL (3. A. 1987), Sp. 675 („zwei Dimensionen“ des Eigentumsschutzes, die zum einen im „Habendürfen“, zum anderen im „Gebrauchmachen“ bestünden); ähnlich auch Pieroth/Bromm, NuR 1992, 372 (373); Axer DVBl. 1999, 1533 (1537). Vgl. darüber hinaus dazu Wendt in der vorangegangenen Fußnote. 71 Gerade in dieser Andersartigkeit des Schutzgutes – hier zwingend normativ, dort „natürlich“, vorrechtlich, sozial – liegt also der Grund für die Unterschiedlichkeit in Bezug auf die Auslegungsschwierigkeiten um den exakten Schutzumfang des Art. 14 GG einerseits und der anderen Grundrechte andererseits. 72 Zuordnungen, die sich konkret in der Hand von Grundrechtsträgern manifestiert haben. Der Schutzbereich umfasst nur das Wohlerworbene, nicht die Gesetze selbst. Dies ist in die hier gebrauchten Formulierungen jeweils mit hineinzulesen. Die Eigentumsgarantie indes zeitigt Wirkungen nicht nur hinsichtlich des Schutzbereichs, sondern auch hinsichtlich aller Inhaltsbestimmungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG, sodass insoweit allein die Fokussierung auf Gesetze wiederum zutreffend ist. 73 Vgl. BVerfGE 68, 361 (372 f.), Beschl. v. 8.1.1985, 78, 58 (76), Beschl. v. 8.3.1988, 79, 174 (200 f.), Beschl. v. 30.11.1988, BVerfGE 79, 292 (306, 303), Urt. v. 14.2.1989, BVerfG (1. K./I) ZMR 1993, 210 (210 f.), Beschl. v. 28.1.1993; BVerfGE 89, 1 (9 ff.), Beschl. v. 26.5.1993; BVerfG (1. K./I) NVwZ 1998, 947 (949), Beschl. v. 30.3.1998; BVerfG (1. K./I) NVwZ 1999, 62 (62 f.), Beschl. v. 8.7.1998, BVerfG NJW 2000, 413 (413, 415), Urt. v. 23.11.1999, wo sich das BVerfG grundsätzlich an die einfachrechtliche Auslegung der Fachgerichte für gebunden erachtet. Ein Verstoß der Auslegung einfachen Rechts gegen Art. 14 I 1 GG wurde im Einzelfall dagegen erkannt in BVerfGE 37, 132 (143 ff.), Beschl. v. 23.4.1974; 53, 352 (356 ff.), Beschl. v. 12.3.1980; 88, 366 (379 ff.), Beschl. v. 25.5.1993; BVerfG (3. K./I) NJW 1998, 2662 (2662 f.), Beschl. v. 4.6.1998; BVerfG (3. K./I) ZMR 1998, 685 (ebd.), Beschl. v. 4.6.1998; BVerfGE 100, 289 (304 ff.), Beschl. v. 27.4.1999; BVerfGE 102, 1 (14 ff.), Beschl. v. 16.2.2000; trotz ausdrücklichen Hinweises auf die Vorrangstellung der zuständigen Gerichte für die Auslegung einfachen Rechts auch bei BVerfGE 68, 361 (374), Beschl. v. 8.1.1985; 79, 283 (291), Urt. v. 14.2.1989; 79, 292 (306 ff.), Urt. v. 14.2.1989; BVerfG (1. K./I) ZIP 1999, 532 (534 f.) ffi DB 1999, 575 (576 f.), Beschl. v. 27.1.1999; BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (800) ffi RdE 2000, 22 (24), Beschl. v. 25.8.1999.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

satz zu den anderen Grundrechten bestehende – einfachrechtliche Natur dieser Problematik hinweist. Dass den gewählten Formulierungen des Weiteren die Gefahr innewohnt, beim Leser den falschen Eindruck zu erwecken, die Nutzungsmöglichkeit des geschützten Eigentums sei unvermittelt durch Art. 14 GG selbst vorgegeben, ergibt sich schon aus dem oben zur Missverständlichkeit der Rechtsprechung des BVerfG Ausgeführten.74 Eine der dogmatischen Struktur der Eigentumsgarantie angemessene Darstellung des Nutzungsschutzes sollte also differenzierter gestaltet sein. Im Zusammenhang mit dem Schutzbereich ist auf die Maßgeblichkeit des einfachen Rechts und die aus dieser Verortung resultierenden strukturellen Unterschiede zur Bestimmung des Schutzbereichs bei anderen Grundrechten hinzuweisen. Spezifisch verfassungsrechtliche und deshalb bei der Entfaltung des Schutzbereichs ohne weiteres abzuhandelnde Fragestellungen sind hingegen diejenigen, die auf das Erfordernis der verfassungskonformen Auslegung75 und der Konkurrenzproblematik76 hinzielen. Die eigentlich substantielle grundrechtliche Behandlung der Frage nach dem Nutzungsschutz im Rahmen des Art. 14 GG setzt dann ein bei der Frage nach den verfassungsrechtlichen Bindungen, die dem gemäß Art. 14 I 2 GG auch nutzungszuordnenden Gesetzgeber obliegen. Dabei lässt sich herausarbeiten, welche Erfordernisse sich diesbezüglich aus dem speziellen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und eventuell auch aus der Institutsgarantie77 ergeben, um – das zusammenfassend – so an dieser Stelle die spezifisch eigentumsgrundrechtliche Verbürgung der Nutzungen zu referieren. 2. Explizit verfassungsunmittelbare Verortung des Nutzungsschutzes a) Darstellung Ein die Herleitung des verfassungsunmittelbaren Schutzes von Nutzungen dezidiert entfaltender Ansatz wird von Lubberger verfolgt.78 Lubberger geht dabei

74 Siehe ab S. 238. Nicht von ungefähr beziehen sich Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 26, auf den oben bei Fn. 43 zitierten Kammerbeschluss in NJW 1998, 2662. 75 Die Frage des Vorrangs zwischen mehreren (allerdings zuvor jeweils auf der Ebene des einfachen Rechts festgestellten und die Wortlautgrenze beachtenden) Auslegungsalternativen wird unter Zugrundelegung spezifisch verfassungsrechtlicher Maßstäbe entschieden. Vgl. dazu beispielsweise Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 141, sowie die Nachweise auf die Rechtsprechung des BVerfG soeben Fn. 73. 76 Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 26; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 915 f.; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 293; vgl. dazu auch Fechner, Geistiges Eigentum (1999), S. 192 ff. 77 Zur Ablehnung dieses Konstrukts siehe jedoch oben ab S. 197. 78 Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 248 – 256. Ausführlichere Darstellung seiner Konzeption bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 133 ff.

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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davon aus, dass es die gesetzliche Ausgestaltung der Nutzungen, die bezüglich vieler Regelungsbereiche unklar und lückenhaft sei, zwingend erfordere, durch den Kunstgriff einer verfassungsunmittelbaren Gewährleistung kompensiert zu werden.79 Die „effiziente Realisierung“ des Freiheitsschutzes erfordere es, „dem Eigentümer überall dort Abwehransprüche zuzubilligen, wo der Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich gefährdet“ sei. Dies könne und dürfe „nicht vom Umfang und der Qualität der einfachgesetzlichen Ausgestaltung abhängig sein.“80 Aus Art. 14 I 2 GG ergebe sich nun zwar die „Kompetenz des Gesetzgebers zur Ausgestaltung der Eigentumsordnung“, doch könne dadurch nicht „die Grundstruktur des Grundrechtsschutzes“ bestimmt werden. Wenn und soweit der Gesetzgeber von seiner Befugnis Gebrauch gemacht habe, so sei für den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz zwar daran anzuknüpfen. Wo die gesetzliche Ausgestaltung hingegen unklar oder lückenSiehe ferner noch Raue, Zwangsvollstreckung / Enteignungsbegriff (2006), S. 108 mit der Begründung, der Eigentümer dürfe nicht schlechter gestellt sein als der Nichteigentümer. Das sei ein „ziemlich groteske[s] Ergebnis“, das es zu vermeiden gelte. Es heißt bei ihm: „Solange das einfache Recht keine Aussage zur Bebauung von Grundstücken trifft, könnte man unter Berufung auf das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG […] oder eines spezielleren Freiheitsrechts jedes herrenlose Grundstück bebauen […]. Ist man hingegen Eigentümer des Grundstücks mit der Folge, dass die entsprechenden Handlungen nicht durch Art. 2 Abs. 1 GG, sondern von Art. 14 Abs. 1 GG erfasst werden […], müsste man warten, bis einem die Befugnis zum Bauen gesetzlich zugeteilt wird.“ Diese „Schlechterstellung des Eigentümers“ ist das einzige Beispiel, das benannt wird. Überzeugen kann es indes nicht. Unabhängig, wieviel herrenlose Grundstücke es geben mag: Zunächst einmal kann jeder Eigentümer eines Grundstücks andere nach den normalen zivilrechtlichen Regelungen von der Nutzung ausschließen und ist daher nicht schlechtergestellt im Verhältnis zu Nichteigentümern. Er bleibt der einzige, der effektiv nutzen kann, während die Berufung auf Art. 2 I GG (oder andere Grundrechte) wenig nutzt. Es bestehen wohl keine Zweifel daran, dass diese den Eigentümer begünstigenden Regeln dem Schrankenvorbehalt des Art. 2 I GG Genüge tun. Baurechtliche Regelungen, die schließlich ebenso für den Nichteigentümer die Bebauung verbieten, sind nicht nur Regelungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG, sondern insoweit dann zugleich Schranken i. S. d. Art. 2 I GG (jeder Bauherr hat den baurechtlichen Regelungen zu genügen, da die baurechtlichen Beschränkungen der Bebaubarkeit (vgl. etwa §§ 63 ff. BauO NRW) nicht beschränkt sind auf den Eigentümer; der Bauherr braucht nicht identisch zu sein hat mit dem Eigentümer, vgl. beispielsweise § 57 BauO NRW und dazu Heintz, in: Gädtke, BauO NRW (2008), § 57, Rn. 9). Selbst wenn es Raue gelänge, ein einschlägiges Beispiel zu konstruieren, würde das nicht weiterhelfen. Wie er selbst zugesteht, besteht eine umfassende Kontrolle des einfachen Gesetzgebers, anhand derer dieser wirkungsvoll angehalten werden kann, effektive Eigentumsregelungen zu gestalten (S. 102 ff., u. a. im Rückgriff auf Appel). Es sollte keine unüberwindliche Schwierigkeit sein, den Gesetzgeber anzuhalten, Nichteigentümer an der „besseren“ Nutzungsmöglichkeit des Eigentums anderer zu hindern, sollte derartiges tatsächlich einmal zu befürchten sein. Eine Umgestaltung der Eigentumsdogmatik ist jedenfalls darauf gestützt kaum zu begründen. 79 Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 249, 251. Zu den Schwächen der gesetzlichen Ausgestaltung wird beispielhaft zum einen unter alleinigem Verweis auf Breuer, Bodennutzung (1976), S. 162 ff. auf die Frage nach der Herleitung der sog. Baufreiheit (dazu unten ab S. 255), zum anderen auf eine im weiteren Sinne der Bestandsschutzproblematik zuzuordnenden Streitfrage aus dem Denkmalschutzrecht (zum Bestandsschutz siehe unten ab S. 311) verwiesen. 80 Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 253.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

haft sei, müsse unmittelbar auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG zurückgegriffen werden.81 Letztere Kernaussage wird dabei nicht bloß auf die Frage nach den Nutzungen beschränkt. Vielmehr greife ein verfassungsunmittelbarer Eigentumsschutz immer dann ein, wenn die gesetzliche Ausgestaltung der Eigentumsordnung „defizitär“ sei.82 Zur Bestimmung der geschützten (Nutzungs-)Befugnisse sei an die Kriterien anzuknüpfen, die das BVerfG zur Bewertung einfachgesetzlicher Rechtspositionen „als Eigentum“ entwickelt habe.83 Daraus entnimmt Lubberger die Formel: Voraussetzung einer Anerkennung als subjektive eigentumsrechtliche Rechtsposition ist, daß die Eigentumsgarantie es gebietet, das zur Prüfung gestellte Interesse ebenso ausschließlich wie Eigentum an einer privaten Sache zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung rechtlich zu schützen.84

Neuerdings wird auch von Hufen explizit die Vorstellung verfassungsunmittelbar vermittelter Nutzung des Eigentums vertreten, in die allenfalls von außen kommend der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen eingreifen könne (vgl. überdies Depenheuer85). Nähere Ausführungen dazu, etwa zur Praktikabilität (Nebeneinander von verfassungsunmittelbarer Nutzung und gesetzlicher „Einschränkung“ etc.?), finden sich dort allerdings nicht.86 b) Stellungnahme Zwar versteht es Lubberger, die Frage nach der Einbeziehung der Nutzungsmöglichkeiten in den Schutzbereich des Art. 14 GG klar zu formulieren und einer grundsätzlich wohl in sich schlüssigen Lösung zuzuführen. Gleichwohl vermag seine – im Widerspruch zum BVerfG sich befindende –87 Konzeption nicht zu überzeugen. Will 81

Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 254. Zusammenfassend Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), auf S. 256. 83 Zu dieser insoweit auch hier ebenso verstandenen Abgrenzungsfunktion des Eigentumsbegriffs vgl. oben ab S. 46. 84 Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 255; die Abstraktheit dieser Prüfungsformel lasse sich nicht vermeiden. 85 Darstellung und Zurückweisung dieser in ein alternatives Gesamtkonzept eingebetteten Vorstellung erfolgen an anderer Stelle, siehe oben ab S. 87. 86 Siehe Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, Rn. 17, am Beispiel der Baufreiheit Rn. 9 sowie grundsätzlich gegen die Normgeprägtheit Rn. 8. 87 Es ist zwar so, dass Lubberger sich insbesondere auf die vom BVerfG geprägte Formulierung stützt, Art. 14 GG sichere einen Freiraum im vermögensrechtlichen Raum. Allein daraus lässt sich jedoch nichts zu der Frage ableiten, ob dies gerade auf dem Weg einer unmittelbaren Einräumung von subjektiven Rechten aus Art. 14 GG geschehen muss. Diesbezüglich lässt sich der Rechtsprechung des BVerfG im Übrigen entnehmen, dass dieses Ziel – anders als nach der a. A. von Lubberger – auch durch die mittelbare Einwirkung auf den Gesetzgeber wirksam erfüllt werden kann. Besteht nun ein durchaus zentraler Widerspruch zur Eigentumsdogmatik des BVerfG, so wird – überzeugend – vorgetragen, dass dann die Notwendigkeit einer vertieften Auseinandersetzung hiermit bestünde, siehe so Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 14 (Zitat sogleich S. 256, Fn. 105). 82

A. Kein spezifischer Schutz der Nutzungen

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man den Wortlaut des Art. 14 I 2 GG in dieser Weise vernachlässigen,88 so hätte es zunächst einer dezidierten Auseinandersetzung mit dem durch diese Abweichung von der herrschenden Meinung heraufbeschworenen Konflikt bedurft: Verfassungsunmittelbare Nutzungsinhalte aufgrund von „Auslegungen“ des Art. 14 I GG anzunehmen, heißt „rechtspraktisch“89 gesehen nichts anderes, als die Kompetenzen des Gesetzgebers umfassend zurückzunehmen gegenüber dem das Grundrecht letztverbindlich im Einzelfall auslegenden Bundesverfassungsgericht.90 Ferner entbehrt es eines tragfähigen Nachweises dafür, dass die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Eigentumsordnung auf weiten Strecken defizitär sei. Die angeführten Beispiele vermögen diese – für Lubberger indes entscheidende – These nicht zu belegen.91 Andere Stimmen weisen im Gegenteil auf immer intensivere Nutzungsordnungen hin, die im

88 Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 252, erkennt selbst ausdrücklich an, dass seinem verfassungsunmittelbaren Eigentumsschutz „die Formulierung des Art. 14 I GG entgegen[steht]“. 89 Mit dem rechtspraktischen Ergebnis begründet Lubberger seinerseits die Notwendigkeit seiner Konzeption (ibid. S. 248). 90 Die dem Gesetzgeber bezüglich der Inhaltsbestimmung des Eigentums durch die Vorschrift des Art. 14 I 2 GG zugewiesene herausgehobene Stellung erschöpft sich nach Lubberger in einer letztlich unverbindlichen Ausgestaltungsoption. Die in der Vorschrift angelegte Kompetenzverteilung wird in dessen Konzeption so nahezu gänzlich nivelliert. Zur dem Gesetzgeber dann bloß noch verbleibenden Funktion vgl. Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 31. Weiterhin hätte es über die davon zu unterscheidende Praktikabilitätsfrage hinaus einer Auseinandersetzung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Rechtssicherheit bedurft. Denn was zu einem bestimmten Zeitpunkt als Eigentum geschützt ist, kann bei Lubberger nicht mehr anhand der rechtlichen Zuordnung eines Rechtsgutes an einen bestimmten Rechtsträger durch die Gesetze festgestellt werden, sondern müsste nach den vagen Kriterien der von ihm herangezogenen Formel im Einzelfall beurteilt werden. 91 Lubberger benennt Baufreiheit und Bestandsschutz. Die Frage nach der Baufreiheit wird jedoch gerade vor dem Hintergrund einer zuweilen ausufernden und bis ins Detail ausdifferenzierten Nutzungsordnung diskutiert. Die Unklarheiten, die bei der eigentumsrelevanten Einordnung dieser Frage noch immer bestehen, beruhen indes gerade auf der Weigerung, diese Grundsätze der h. M. zur Normgeprägtheit auch in Bezug auf diese Einzelfrage anzuwenden. Die Anerkennung der Normgeprägtheit des Art. 14 GG bringt hier, konsequent angewandt, ein deutliches Mehr an Klarheit. Eines Abweichens wegen „Unklarheiten“ von diesem Grundsatz bedarf es deshalb nicht. Im Übrigen ist der Streit vorwiegend theoretischer Natur, im praktischen Ergebnis besteht weitgehende Einigkeit (die grundsätzlich bestehende Möglichkeit des Gesetzgebers, gesetzliche Einschränkungen der Nutzbarkeit von Grundstücken vorzunehmen, ist gar von allen anerkannt). Schon von daher kommt diesem Beispiel wenig Aussagekraft bezüglich des Fehlens bzw. der Unklarheit der vorhandenen gesetzlichen Nutzungsregelungen zu. Ausführlich zur Frage nach der Baufreiheit sogleich ab S. 255. Im Bereich des Bestandsschutzes werden zwar von vielen Stimmen gesetzliche Regelungsdefizite festgestellt. Doch wird – dies berücksichtigend – von denen, die die h. M. auch in diesem Bereich konsequent vertreten, gerade hierbei aufgezeigt, dass über den Weg des Art. 100 I GG solche gesetzgeberischen Versäumnisse adäquat beseitigt werden können (vgl. beispielsweise Mampel, NJW 1999, 975 ff.). Eines Abweichens von der h. M. aus „rechtspraktischen“ Gründen bedarf es folglich auch in diesem Beispiel nicht. Siehe dazu ausführlich unten ab S. 311.

254

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

einfachen Recht verankert seien.92 Auf die Beantwortung dieser empirischen Frage über den momentanen Zustand der einfachrechtlichen Ausgestaltungen der Nutzung von Eigentumsgegenständen und Rechten kommt es jedoch schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht an. Wenn nämlich der Gesetzgeber tatsächlich in einem Regelungsbereich Nutzungen in nicht genügendem Maße zugeordnet hat, so ist er letzten Endes über Art. 100 I GG bzw. die Urteilsverfassungsbeschwerde der Betroffenen in seine ihm von der Eigentumsgarantie gesetzten Schranken zu verweisen. Will sein nutzungseinschränkendes Regelungswerk (bzw. seine unzureichende Erstnormierung von Nutzungen)93 Bestand haben, so ist er gehalten, die notwendigen normativen Ergänzungen durchzuführen.94 Eine defizitäre gesetzliche Nutzungszuordnung zwingt deshalb keineswegs dazu, aus Sorge um ein ausreichendes Schutzniveau die dogmatische Struktur der Eigentumsgarantie zu verändern. Die Effektivität des Grundrechtsschutzes ist vielmehr durch systemimmanente Mechanismen hinreichend gesichert.95 Dagegen verfassungsunmittelbare Nutzungsrechte zu vertreten bedeutet, die jeweils eigenen Vorstellungen fälschlich als bindende Verfassungsauslegung zu etikettieren. Der anscheinend von einigen als „Umweg“ abgewertete, bloß mittelbare Schutz des Betroffenen durch Einwirkung auf die konstitutiv tätig werdende Gesetzgebung bleibt durch Art. 14 I 2 GG bindend vorgegeben.

92

Kimminich, in: BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 41; Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 833 (836 bei Fn. 40: „Bei der Dichte der heutigen Eigentumsrechte stößt ein Gesetzgeber, der eine Rechtslage umgestalten will, allenthalben auf bereits ausgeübte Nutzungen“). Darüber hinaus wird im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung von Altrechten durch gesetzliche Neuregelungen immer wieder– auch von Lubberger unbestritten – betont, dass es nunmehr eine sehr ausdifferenzierte, umfassende Eigentumsordnung gibt, siehe die Nachweise oben S. 155, Fn. 528; auch angesichts dessen hätte es eines ausführlichen Nachweises der in Bezug auf Nutzungen ja anderslautende Ansicht Lubbergers bedurft. Die Frage nach der Nutzungszuordnung ist schließlich die zentrale Frage jeglicher Eigentumsnormierung. 93 Auch ohne jeden Eingriff in schon bestehendes Eigentum ist der Gesetzgeber an die insoweit objektive eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung gebunden, siehe oben ausführlich ab S. 125. Dazu, dass eher selten Erstnormierungen zum Problem werden könnenn und zur diesbezüglichen Handhabung siehe die Hinweise oben S. 234 bei und in Fn. 9. 94 Im Bereich des Eigentums i. S. d. BGB greift immer dann, wenn eine gesetzliche nutzungseinschränkende Teilregelung wegen Verstoßes gegen die mittelbare Gewährleistung eines wirksamen Eigentumsschutzes aus Art. 14 GG keinen Bestand mehr hat, die Auffangregel des § 903 BGB ein; die freie Nutzbarkeit ist also einfachrechtlich umfassend fundiert. Es ist ausreichend, die Verfassungswidrigkeit der einschränkenden speziellen Normierung geltend zu machen. Zur Möglichkeit und zu den Schwierigkeiten einer – dem einfachen Recht zugehörigen – Analogie zu § 903 BGB in anderen Rechtsbereichen siehe ausführlich Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 137 f., Fn. 625 m. w. N. Siehe ferner allgemein zur prozessualen Geltendmachung selbst von objektiven Grundrechtsgehalten die Hinweise oben S. 38, Fn. 57. 95 Sprich das Zusammenspiel von Eigentumsbegriff (bzw. präziser: verfassungsautonomer Qualifizierung von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen) und eigentumsgrundrechtlicher Verhältnismäßigkeitsprüfung.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

255

B. Insbesondere: Zur Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung – Der Streit um die sog. Baufreiheit Paradigmatischer Ausdruck dessen, was es heißt, sich einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern, ist es, als Eigentümer sein Grundstück zu bebauen. Das eigene Haus verkörpert im wörtlichen Sinne die Möglichkeit, Raum zu finden für die selbstbestimmte Entfaltung des Einzelnen bzw. der Familien in vielfältiger – und dem Wesen der Freiheit entsprechend nicht näher einzugrenzender – Hinsicht.96 Der Vermögenswert, der hierbei in freier Entscheidung „verdinglicht“ wird, vermag im Besonderen dazu dienen, auch finanzielle Unabhängigkeit zu sichern. Wenn die Eigentumsgarantie nun bezwecken soll, durch Erhaltung eines vermögensrechtlichen Freiraums dem Einzelnen die eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu sichern,97 so erfüllt das Grundrecht diese Funktion nur, wenn gerade auch die Bebaubarkeit eines Grundstücks hinreichend gewährleistet wird. Jede Auslegung des Art. 14 GG, die dem nicht hinreichend Rechnung trägt, hat ihr Ziel verfehlt. Die Wirkungsweise der Eigentumsgarantie im Hinblick auf die Nutzung eines Grundstücks durch Bebauung herauszuarbeiten, ist deshalb ein sehr berechtigtes Anliegen. Berücksichtigt werden muss allerdings ebenso, dass Art. 14 II GG, der als verbindliche Richtschnur für den inhaltsgestaltenden Gesetzgeber fungiert,98 gerade in Anbetracht der knappen Ressource des Grundeigentums99 dabei gleichermaßen Beachtung einfordert. In Abwehr einer einem weitgehend freien Belieben der jeweiligen Eigentümer überlassenen, umfassenden gesetzlichen Zuordnung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundeigentums ist der Gesetzgeber deshalb gehalten, durch ausreichende Regelungen den berechtigten Interessen der Allgemeinheit den ihnen gebührenden Stellenwert einzuräumen.100 Das dialektische Ver-

96

BVerfGE 18, 121 (132), Beschl. v. 1.7.1964, spricht insoweit gar vom „Mittelpunkt der menschlichen Existenz“; siehe auch 104, 1 (11), Beschl. v. 22.5.2001. 97 Vgl. nur BVerfGE 89, 1 (6), Beschl. v. 26.5.1993, und Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 659, sowie oben S. 104, Fn. 324 m. w. N. 98 BVerfGE 25, 112 (117), Beschl. v. 15.1.1969, sowie die weiteren Nachweise oben S. 184 in Fn. 645 f. 99 Vgl. so schon BVerfGE 21, 73 (83 f.), Beschl. v. 12.1.1967; ferner 52, 1 (32 f.), Beschl. v. 12.6.1979; 87, 114 (146), Beschl. v. 23.9.1992; 104, 1 (12), Beschl. v. 22.5.2001. Siehe aus dem Schrifttum nur Frotscher/Kramer, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht (2008), Rn. 108. 100 Ausweislich BVerfGE 21, 73 (84), Beschl. v. 12.1.1967, mit Nachweisen auf die Entstehungsgeschichte, habe der Verfassungsgeber bei Art. 14 II GG vor allem die Bodenordnung im Auge gehabt; vgl. auch BVerfGE 25, 112 (117), Beschl. v. 15.1.1969. Siehe des Weiteren E 104, 1 (12), Beschl. v. 22.5.2001. Vgl. ferner v. Brünneck, Bauleitplanung und Eigentum, in: Entwicklungstendenzen des AVR (1999), S. 274 f., zur Gefährdung einer hinreichenden Beachtung solcher Allgemeinwohlbelange in der Praxis.

256

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

hältnis101 zwischen verfassungsrechtlich garantierter Freiheit des Einzelnen (Art. 14 I 1 GG) und dem Gebot einer sozialgerechten und dem Allgemeinwohl verpflichteten Eigentumsordnung (Art. 14 II GG), das es zu meistern gilt, ist selten einprägsamer greifbar als bei der Frage nach der Nutzung eines Grundstücks durch Bebauung. Der Bedeutung dieses Fragenkomplexes entsprechend zahlreich sind die Bemühungen, hier zu einer Klärung beizutragen. Vielfach wird sich dabei der Argumentationsfigur der sog. Baufreiheit bedient, ohne dass allein dadurch eine einheitliche Zuordnung zu einer einzigen (herrschenden) Meinungsströmung möglich wäre.102 Gleichfalls werden noch immer Auffassungen vertreten, wonach die „Bebauungsbefugnis“ nicht schon Bestandteil des Rechtsverhältnisses über das Grundeigentum sei, sondern konstitutiv erst durch öffentlich-rechtliche Vorschriften vor allem des Bauplanungsrechts dem Einzelnen verliehen werde.103 Es wird zu zeigen sein, dass vieles an diesen Stellungnahmen nicht recht zu überzeugen vermag. Dies betrifft oft nicht bloß die konkreten Schlussfolgerungen und Ergebnisse an sich. Darüber hinaus ist mitunter zu bemängeln, dass sich zu oberflächlich oder aber die Akzente verändernd mit der seit dem Nassauskiesungsbeschluss104 ins allgemeine Bewusstsein gerückten Eigentumsdogmatik des BVerfG auseinandergesetzt wird.105 Besonderes Augenmerk soll deshalb nicht lediglich auf die jeweilige Stringenz der Argumentation, sondern auch auf die Angemessenheit der Auseinandersetzung mit der seit 1981 herrschenden Doktrin der aus Art. 14 I 2 GG gefolgerten strengen Gesetzesabhängigkeit des Eigentumsschutzes106 und der daraus sich ergebenden Ablehnung eines vorstaatlichen, durch das bürgerliche Recht geprägten Eigentumsinhaltes107 gerichtet werden.

101 Ausdruck bei BVerfGE 37, 132 (140), Beschl. v. 23.4.1974, Böhmer, BVerfGE 56, 249, 266 (275), abw. M. zum Urt. v. 10.3.1981. 102 Vgl. zunächst nur Huber, DÖV 1999, 173 (174), der zwischen einer in die Minderheit geratenen Auffassung, die sich auf die unmittelbare Ableitung der Baufreiheit aus Art. 14 I GG stützt, und einer nur auf den Rahmen der Gesetze abstellenden Baufreiheitslehre unterscheidet. 103 Dazu unten S. 281 ff.; hier sei nur schon Hinweis gegeben auf Breuer, in: Schrödter, BauGB (2007), § 42, Rn. 7 ff.; Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 197 ff., und Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 40. 104 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 105 Rozek hat in seiner Habilitationsschrift ausgeführt: „Keine Standortbestimmung, deren Anliegen es ist, den aktuellen Stand der eigentumsrechtlichen Dogmatik zu reflektieren, darf heute jedenfalls die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten ,Pflöcke der Eigentumsdogmatik ignorieren, ohne Gefahr zu laufen, ins dogmatische Abseits zu geraten.“ Siehe Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 14, vgl. zur Bedeutung des BVerfG auch Depenheuer, Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 120 ff. 106 Vgl. nur BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981. 107 Vgl. nur BVerfGE 58, 300 (334), Beschl. v. 15.7.1981.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

257

I. Einordnung dieser Nutzungsform unter Anerkennung der Normgeprägtheit des Art. 14 GG Bevor sich hier näher mit den eben angedeuteten herkömmlichen Erklärungsmodellen auseinandergesetzt wird, soll zunächst versucht werden, unbefangen die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks in die dogmatischen Zusammenhänge unter Anerkennung der Normgeprägtheit einzuordnen. Zu diesem Zweck muss das Augenmerk zunächst auf die Frage gelenkt werden, welche Bedeutung der Unterscheidung zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht in diesem Zusammenhang zukommt. Zwei Fragestellungen sind diesbezüglich strikt zu unterscheiden. Nach herrschender, vor allem durch das BVerfG in ständiger Rechtsprechung vertretener Auffassung kommt es allein hinsichtlich der Frage, ob ein gewisses Zuordnungsverhältnis überhaupt als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG gewährleistet ist, auf die Unterscheidung zwischen beiden Rechtsgebieten an.108 Zuordnungsverhältnisse, die dem Öffentlichen Recht entstammen, sind danach – neben anderen teilweise geforderten Voraussetzungen – nur dann als Eigentum zu qualifizieren, wenn sie „auf nicht unerheblichen Eigenleistungen“ gründen,109 oder wie formuliert werden kann, wenn sie sich „als Äquivalent eigener Leistung erweisen und nicht überwiegend auf staatlicher Gewährung beruhen“.110 Die Berechtigung derartiger einschränkender Kriterien ergibt sich aus dem primären Abwehrgehalt der Grundrechte.111 Wollte man subjektive öffentliche Rechte schlechthin dem Eigentumsschutz unterstellen, so „transformierte tendenziell das Grundrecht des Art. 14 GG von einem Freiheits- oder Abwehrrecht in ein Teilhabe-

108

Siehe BVerfGE 114, 1 (58), Urt. v. 26.7.2005. Vgl. nur BVerfGE 97, 271 (284), Beschl. v. 18.2.1998; 76, 220 (235), Beschl. v. 15.7.1987, jeweils m. w. N. Jedenfalls nicht von Art. 14 GG umfasst sind danach Ansprüche, die „der Staat in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht durch Gesetz einräumt“, siehe statt vieler BVerfGE 53, 257 (292), Urt. v. 28.2.1980. 110 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 129, 132. Vgl. so ferner beispielsweise noch BVerfGE 95, 64 (82), Beschl. v. 15.10.1996, zitiert unten S. 286, Fn. 239; BVerfGE 14, 288 (294), Beschl. v. 11.10.1962; 24, 220 (226), Beschl. v. 16.10.1968; Hesse, VerfR (1995), Rn. 445; Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 23; v. Münch, StaatsR II (2002), Rn. 683 ff. Bei der Qualifizierung als Eigentum ist das Kriterium eigener Leistung – will man keinen Systemwechsel des Eigentumsschutzes herbeireden – einzig bei öffentlich-rechtlich verwurzelten Rechten von Bedeutung. Daran ändert sich nichts, wenn im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch bei privatrechtlich verwurzelten Rechten die eigene Leistung eine Rolle spielen kann, siehe dazu Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 68 f., 66, 72 f. sowie S. 71 u. a. unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 28 f. 111 Siehe beispielsweise v. Münch, in: ders./Kunig, GG (2000), Vorb. Art. 1 – 19, Rn. 16 m. w. N.; vgl. allgemein ferner etwa Sachs, GrundR (2003), A 3, Rn. 21; dens., in: ders., GG (2007), Vor Art. 1, Rn. 64; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 87 (Grundrechte als „negative Kompetenznormen“). 109

258

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

recht“112 mit schwer abschätzbaren Folgen.113 Dass die deshalb nicht unter die Eigentumsgarantie fallenden Ansprüche gleichwohl etwa durch Art. 1 I GG und das Sozialstaatsprinzip gewährleistet sein können, wird dadurch nicht in Abrede gestellt.114 Der Gedanke, im öffentlichen Recht wurzelnde Ansprüche erst dann dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG zuzurechnen, wenn sich diese Ansprüche bzw. Rechte dadurch auszeichnen, dass sie zu einem nicht unbedeutenden Anteil von selbst geleisteten, staatsfremden115 und deshalb besonders116 schutzwürdigen Mitteln bestritten werden, erscheint insoweit unschwer nachvollziehbar.117 Deshalb wird im Folgenden die Ansicht des BVerfG zugrunde gelegt, derzufolge für die Qualifizierung der Zuordnungsverhältnisse als Eigentum auf die Unterscheidung nach Öffentlichem Recht oder Privatrecht zumindest insoweit zu achten ist, als es um das Erfordernis des Äquivalents eigener Leistung geht. Hinsichtlich der Frage nach der den Eigentumsschutz überhaupt erst eröffnenden Qualifizierung der verschiedenen Zuordnungsverhältnisse als Eigentum ist es folglich zwingend notwendig, zunächst eine Einteilung nach öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher „Herkunft“ vorzunehmen. Ist allerdings die Qualifizierung eines Zuordnungsverhältnisses als Eigentum einmal vorgenommen, so ist zu beantworten, inwieweit nun noch weiterhin die Unterscheidung von Normen nach ihrem jeweiligen Rechtskreis von Bedeutung sein könnte. Dass es allein Normen sind, die heranzuziehen sind, wenn es darum geht, die Reichweite der durch Art. 14 I 1 GG gewährleisteten Nutzungen zu bestimmen, wurde schon oben als Konsequenz aus Art. 14 I 2 GG herausgearbeitet.118 Aber auch für die hier nun zu beantwortende Frage ist an den Normtext dieser Vorschrift anzuknüpfen. Schließlich lässt sich dem allein auf „die Gesetze“ abstellenden Wortlaut keine weitergehende Unterscheidung nach Öffentlichem Recht oder Privatrecht entnehmen. Deshalb folgert das BVerfG mangels entgegenstehender systematischer oder genetischer Auslegungsgesichtspunkte auch hier überzeugend, dass das Eigentum gleichermaßen durch Normen beider Rechtskreise bestimmt wird.119 Erst aus der gleichzeitigen und gleichberechtigten Zusammenschau aller einschlägigen öffent-

112

Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 128. Auch insoweit überzeugend Papier, ibid., Rn. 125 ff. 114 Papier, ibid., Rn. 133 a. E. 115 Vgl. wieder Papier, ibid., Rn. 132. 116 Eben eigentumsgrundrechtlich. 117 A. A. Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 55, der keinen „systematisch befriedigende[n] Grund“ für eine solche Differenzierung zu erkennen vermag. Anders auch Breuer, Bodennutzung (1976), S. 219 ff., vgl. dazu unten S. 286 bei Fn. 240. 118 S. 231 ff. 119 Es bedarf keiner näheren Ausführungen, um aufzuzeigen, dass jegliche sinnvolle Gestaltung der Eigentumsordnung hinfällig wäre, wollte man nicht dem einfachen Gesetzgeber (zumindest aus eigentumsgrundrechtlicher Sicht) grundsätzlich freie Hand lassen, hinsichtlich der Normierung eines eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnisses sich beider Rechtskreise bedienen zu können. 113

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

259

lich-rechtlichen und privatrechtlichen gesetzlichen Regelungen ergibt sich mithin die Reichweite des durch Art. 14 I 1 GG gewährleisteten Eigentums.120 Nutzungen eines als Eigentum zu qualifizierenden Zuordnungsverhältnisses sind somit durch Art. 14 I 1 GG in dem Umfang gewährleistet, den der Gesetzgeber in eigentumsgrundrechtlich freier Wahl der Regelungstechnik durch privatrechtliche und/ oder öffentlich-rechtliche Normen einfachrechtlich vorgesehen hat. Ist man also gehalten, die exakte Reichweite eines eigentumsvermittelnden rechtlichen Zuordnungsverhältnisses zu bestimmen, so ist darauf hinzuweisen, dass gerade auch im Hinblick auf den Umfang eines Zuordnungsverhältnisses einzig die durch den einfachen Gesetzgeber vorgenommene Ausgestaltung maßgeblich ist. Art. 14 I 2 GG verbietet, die Bebaubarkeit etwa schon deshalb als Bestandteil der Rechte des Grundeigentümers zu sehen, weil gerade dies zu einem hinreichend effektiven Grundrechtsschutz führen mag. Mit anderen Worten: Die strikte Normgebundenheit untersagt es, aus Sicht des Verfassungsinterpreten jeweils selbstständig zugeordnete gesetzliche Rechte beliebig so zu einer einzigen Eigentumsposition zusammenzufassen, wie dies einem angemessenen Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie zuträglich erscheint. Bevor an das Eingreifen genuin eigentumsgrundrechtlichen Schutzes zu denken ist, muss zuvor der genaue Umfang des oder der in Betracht kommenden rechtlichen Zuordnungsverhältnisse autonom auf der Ebene des einfachen Rechts bestimmt worden sein.121

120

BVerfGE 58, 300 (336, 330), Beschl. v. 15.7.1981; 72, 66 (77), Beschl. v. 12.3.1986; 1. K./I, NVwZ 2003, 197 (198), Beschl. v. 11.11.2002. Siehe für die dem Gericht zumeist folgende Literatur statt vieler Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 901; Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 44. 121 Auch das Erfordernis der verfassungskonformen Auslegung (dazu unten S. 296 ff.) ist hiervon keine Ausnahme. Schließlich ist es Voraussetzung der verfassungskonformen Auslegung, zunächst auf der Ebene des einfachen Rechts unbeeinflusst alle möglichen Auslegungsalternativen darzulegen. Die in diesem Sinne in einem ersten Schritt zu beachtende Abhängigkeit von der Gestaltung der Eigentumsordnung durch den einfachen Gesetzgeber wird nicht immer erkannt. Vom hier vertretenen Standpunkt aus als nicht überzeugend ist beispielsweise die Kritik am Nassauskiesungsbeschluss durch R. Schmidt/Bauer, Grundgesetz und Wirtschaft, in: R. Schmidt, Öff. WirtschaftsR – AT (1990), § 4 I b bb (S. 140). Danach wird der Auffassung des BVerfG vorgeworfen, sie nehme „bestimmte Grundeigentumsnutzungen bereits im Ansatz vom verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz aus“. Dagegen wäre es ihrer eigenen Ansicht nach „überzeugender gewesen, die Grundwassernutzung in den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz einzubeziehen, sie aber gleichzeitig wegen der unbestreitbar überragenden Bedeutung des Wassers für die Allgemeinheit intensiv zu begrenzen“. Eine solche Kritik bedient sich jedoch eines zweifelhaften Ansatzpunktes, da sie davon ausgeht, das BVerfG, d. h. der Grundrechtsauslegende könne aus Schutzgesichtspunkten in eigener Machtvollkommenheit bestimmen, wie ein einfachrechtliches Zuordnungsverhältnis auszulegen ist. Wie aber hier dargelegt, hat das BVerfG dazu keine Kompetenz. Der Grundrechtsauslegende kann zunächst nichts weiter tun, als festzustellen, wie der gemäß Art. 14 I 2 GG inhaltsbestimmende Gesetzgeber das Zuordnungsverhältnis ausgestaltet hat. Die Kritik hätte sich deshalb allenfalls dagegen richten können, das BVerfG habe eine unzu-

260

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Die eigentumsgrundrechtliche Gewährleistung der so bestimmten Zuordnungsverhältnisse greift dann in zweierlei Hinsicht ein: Verwaltung und Rechtsprechung dürfen das Eigentum nicht verletzen,122 und auch der Gesetzgeber ist gemäß Art. 14 III GG an strenge Voraussetzungen gebunden, will er dieses Eigentum durch Enteignung entziehen oder eine Enteignung ermöglichen. Vor allem aber wirkt die Eigentumsgarantie,123 indem sie eigentumsgrundrechtliche Kontrollmechanismen statuiert, anhand derer zu überprüfen ist, ob eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung nicht den verfassungsrechtlichen, bindend vorgegebenen Rahmen verlässt und deshalb unbeachtlich ist. Noch einmal ist nun allerdings auf die Frage nach der Relevanz der Unterscheidung zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht zurückzukommen. Gerade wurde aufgezeigt, dass es dieser Unterscheidung zwingend bedarf, um – angesichts unterschiedlicher Kriterien – feststellen zu können, ob ein Zuordnungsverhältnis überhaupt als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG zu qualifizieren ist. Gänzlich unerheblich ist die Differenzierung jedoch hinsichtlich der Feststellung des exakten Umfangs eines zuvor schon grundsätzlich als Eigentum qualifizierten Zuordnungsverhältnisses. Nun könnte der Eindruck entstehen, dass die Kriterien für die Qualifizierung als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich hinsichtlich der „Herkunft“ eines Zuordnungsverhältnisses angesichts der Wichtigkeit der Abgrenzungsfrage schon im Einzelnen herausgearbeitet wären. Das Ergebnis dieser Zuordnungsfrage liegt jedoch in den allermeisten Fällen derart evident auf der Hand, dass es hierzu keiner näheren Ausführungen bedurfte. Sollten diesbezüglich doch einmal Einordnungsschwierigkeiten bestehen – und dies ist in Anbetracht einiger Literaturstimmen bei der Nutzung treffende Auslegung des einfachen Rechts vorgenommen. Dergleichen wird von den Kritikern jedoch nicht vorgetragen. Gefahren, dass der Staat möglicherweise „tendenziell immer mehr öffentlich-rechtliche Benutzungsordnungen errichtet“ (so R. Schmidt/Bauer, Grundgesetz und Wirtschaft, ibid., § 4 I b bb (S. 140)), kann nicht durch Uminterpretieren des einfachen Rechts begegnet werden. Will sich der Staat solcher Vorhaben bedienen, so greift die verfassungsrechtliche Kontrolle erst bei der materiellen Überprüfung des solchermaßen vorgegebenen Prüfungsgegenstands ein, gleichwohl aber keineswegs weniger effektiv: Ausgliederungen und Minimierungen von zuvor gewährten Zuordnungsverhältnissen sind nichtig, genügen sie nicht den durch Grundrechtsinterpretation herauszuarbeitenden eigentumsgrundrechtlichen Anforderungen. Vgl. dazu näher nun des Öfteren im Haupttext. 122 Zur Frage, inwieweit dieser Schutz über die Beachtung des Art. 20 III GG hinaus geht, vgl. oben ab S. 37. 123 Bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 144, hieß es, die Art. 14 GG wirke vor allem „mittelbar“. Dieser Begriff „mittelbar“ ist hier nicht ganz treffend, da beispielsweise eine Schrankenregelung ein Grundrechtseingriff im Sinne der allgemeinen Grundsrechtsdogmatik ist (siehe dazu oben ab S. 216), der sich als solcher nicht von Eingriffen in andere Grundrechte unterscheidet. Dieser Schutz ist auch Teil der – als solche „direkt“ wirksamen – subjektiven Rechtsstellungsgarantie (siehe oben S. 40, bei Fn. 69). Allenfalls könnte man auch insoweit von „mittelbar“ sprechen, als kein direkter Schutz von etwas dem Staat Vorausliegenden gewährt wird. Vielmehr bleibt „unmittelbarer“ Schutzgegenstand das Eigentum in der Hand der Grundrechtsträger in derjenigen Ausformung, die es durch die bisher gültigen Gesetze gefunden hat.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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eines Grundstücks durch Bebauung der Fall –, so weist auch hier Art. 14 I 2 GG den Weg: Allein die Zuordnung des inhaltsbestimmenden Gesetzgebers entscheidet über die Verwurzelung eines Rechtsverhältnisses im Privatrecht oder im Öffentlichen Recht und ihm kommt auch die Kompetenz zu, diesbezüglich Änderungen124 vorzunehmen – allerdings (insoweit gilt nichts anderes als bei jeder die Eigentumsordnung gestaltenden Maßnahme) nur in dem Rahmen, den ihm die freiheitsschützende Eigentumsgarantie dabei belässt.

1. Einfachrechtliche Auslegung der Regelungen über die Bebaubarkeit eines Grundstücks Unter diesen Prämissen ist somit zunächst die Frage zu beantworten, ob und inwieweit die Nutzung von Grundeigentum durch Bebauung in ein einfachrechtliches Zuordnungsverhältnis einbezogen ist. Den sachenrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 854 ff. BGB) lässt sich ein eingehend normiertes Zuordnungsverhältnis über Grundstücke entnehmen. Gemäß den §§ 903, 905 GB ist der Rechtsinhaber grundsätzlich berechtigt, mit seinem Grundstück sowohl auf als auch unter der Oberfläche125 nach Belieben zu verfahren. Nutzungen sind somit einbezogen in dieses privatrechtliche Zuordnungsverhältnis. Dabei sind die dem Grundstücksinhaber zustehenden Rechte in ihrem Umfang jedoch nicht allein durch die §§ 903, 905 BGB bestimmt. Ganz zentrale, den tatsächlichen Umfang der Nutzungsrechte beeinflussende Fragestellungen sind im öffentlichen Recht geregelt worden. Aus der Zusammenschau mit diesen Vorschriften, deren Geltung in § 903 BGB durch die Wendung vom entgegenstehenden Gesetz explizit angeordnet ist,126 ergibt sich, dass nach Maßgabe der gesetzgeberischen Konzeption keine im Wesentlichen allein selbstverantwortete127 Freiheit zum Bebauen eines Grundstückes existiert. Erst wenn bestimmte ermessensabhängige planungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind und keine sonstigen materiellen bauordnungsrechtlichen Hindernisse einem 124 Eine Änderung in diesem Sinne liegt auch im Wechsel derjenigen Zuordnung, wie sie sich bislang aus der vom Verfassungsgeber vorgefundenen und unter den Schutz der Eigentumsgarantie gestellten vorkonstitutionellen Eigentumsordnung ergab, vgl. insoweit auch oben ab S. 64. 125 Bis zur Grenze des Grundwassers, welches durch das Bürgerliche Recht schon seit der Entstehung des BGB nicht dem Grundeigentum zugeordnet wurde, BVerfGE 58, 300 (332 ff.), Beschl. v. 15.7.1981, m. w. N. 126 Im Übrigen gälte sonst der Grundsatz lex posterior derogat legi priori, nach welchem die liberalistische Freizügigkeit des § 903 BGB insoweit verdrängt wäre. Zur deshalb nicht entscheidungserheblichen Frage, ob sich die genannte Wendung womöglich nur auf privatrechtliche Vorschriften beziehen soll, vgl. Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1071 bei Fn. 70) m. w. N. für die Ansicht, dass diese Wendung „stets auch als Hinweis auf öffentlich-rechtliche Beschränkungen verstanden“ wurde. 127 Grooterhorst, Raumordnung (1985), S. 127, weist in diesem Zusammenhang vergleichend daraufhin, dass das Abhängigsein von fremdbestimmten Gegebenheiten auch bei der Berufsfreiheit des Art. 12 I 1 GG für gewisse Konstellationen anerkannt ist (objektive Zulassungsschranken).

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

konkreten Bauwunsch im Wege stehen, ist dem Grundstückseigentümer das Recht zugeordnet, nach seinem freien Willen zu bauen. Soweit der Einzelne also einen bestimmten Bauwunsch hegt oder eine sonstige Nutzung seines Grundstücks anstrebt, die von diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht gedeckt ist bzw. für die die gesetzlichen Voraussetzungen (noch) nicht vorliegen, so ist ein solches Vorhaben somit nicht Bestandteil des normativen, sich erst in der Gesamtheit erschließenden Zuordnungsverhältnisses des Gesetzgebers. Die bauliche Nutzung ist damit nur insoweit Teil des einfachgesetzlichen Zuordnungsverhältnisses über das Grundeigentum, als sich dies im Hinblick auf ein konkretes Vorhaben aus der Zusammenschau aller die Nutzung des Grundeigentums regelnden privat- und öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt. Die Frage, ob das hier zu untersuchende Zuordnungsverhältnis privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Herkunft ist, ist – evident – im ersteren Sinne zu beantworten, sofern man die bauliche Nutzbarkeit wie soeben geschehen als Teil des Zuordnungsverhältnisses über das Grundeigentum betrachtet. Nach diesem Verständnis ergibt sich aus § 903 BGB, dass alle die Nutzung regelnden Vorschriften nicht etwa eigenständige Nutzungsordnungen und damit losgelöste Zuordnungsverhältnisse errichten, sondern nur das Rechtsverhältnis über das Grundeigentum ausgestalten.128 Anders wäre das einzig dann, wenn § 903 BGB mangels ausdrücklicher Vorschrift129 möglicherweise konkludent derogiert wäre. Im Zusammenhang mit der Überprüfung derjenigen Auffassungen, die eine öffentlich-rechtliche Verleihung der Bebauungsbefugnis annehmen, wird zu zeigen sein, dass eine solche Annahme hinsichtlich des geltenden einfachen Rechts nicht aufrechtzuerhalten ist.130 Beiläufig hat überdies auch das BVerfG in einer Kammerentscheidung entschieden, dass das Grundeigentum „in seinem rechtlichen Gehalt“ zivilrechtlich verankert ist, ohne auf Ausnahmen hierzu hinzuweisen. Streitgegenständlich war dabei eine Auseinandersetzung um die bauliche Nutzung unter Wohnungseigentümern, sodass zu folgern ist, dass auch diese – als „rechtlicher Gehalt“ – im Bürgerlichen Recht wurzelt. Im Beschluss vom 22. 12. 2004 heißt es insoweit: Das durch Art. 14 I GG gewährleistete Eigentum, zu dem das dem einzelnen Rechtsträger durch das bürgerliche Recht zugeordnete Grundstückseigentum gehört, ist in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet131. 128

Vgl. auch Dolde, NVwZ 1986, 873 (874), der beispielsweise die „Wurzeln“ der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im privaten Recht am Grundeigentum sieht. 129 Vgl. demgegenüber § 1 a III WHG. 130 Vgl. unten S. 281 ff. 131 BVerfG (2. K/I) NJW-RR 2005, 455 (ibid.), Hervorhebung nicht im Original. Es ist indes zu bedenken, dass es hier streitgegenständlich um die Abwehr baulicher Nutzung ging, nicht aber um einen auf Art. 14 GG gestützten Anspruch zu bauen. Zwar wird man sagen können, dass nach der zitierten Passage auch insoweit auf eine zivilrechtliche Verwurzelung zu schließen ist, doch war dies insoweit nicht entscheidungserheblich.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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2. Eigentumsgrundrechtlicher Schutz der baulichen Nutzung eines Grundstücks a) Gewährleistung der konkreten Rechtsposition Aufbauend auf diesen Überlegungen lässt sich nun feststellen, ob und inwieweit der einzelne Grundstückseigentümer sich auf Art. 14 GG in Bezug auf die bauliche Nutzbarkeit seines Grundstücks berufen kann (subjektive Rechtsstellungsgarantie)132. Unstreitig ist zunächst die aufgrund des bürgerlichen Rechts erfolgende Zuordnung eines Grundstückes an einen Einzelnen als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG aufzufassen.133 Soeben wurde festgestellt, dass nach der einfachgesetzlichen Konzeption auch die Regelung der Nutzungen Bestandteil eben dieses Eigentum vermittelnden Zuordnungsverhältnisses ist. „Auf der Grundlage und im Rahmen“134 aller einschlägigen gesetzlichen Regelungen verbleibt deshalb dem Einzelnen ausweislich des § 903 BGB das eigentumskräftige, durch Art. 14 I 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Recht, nach freiem Belieben jedwede Nutzung und damit auch eine Bebauung durchzuführen. Wenn nun der Einzelne sich nur dann auf Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG berufen kann, wenn ihm ein bestimmter Gegenstand oder ein Recht normativ zugeordnet ist, so ergibt sich hieraus zwingend, auf was sich auf der anderen Seite die subjektive Rechtsstellungsgarantie des Einzelnen nicht bezieht: Solange ein konkretes Grundstück nach Maßgabe der planungs- oder bauordnungsrechtlichen Gesetze (noch) nicht im Sinne des Eigentümers bebaut werden darf, solange bleibt diese Nutzungsmöglichkeit nicht eigentumsfähig i. S. d. Art. 14 I 1 GG. Schließlich gibt es hinsichtlich gerade dieser Nutzungsmöglichkeit keine gesetzliche Zuordnung. § 903 BGB greift angesichts der hier entgegenstehenden spezielleren Gesetze schon tatbestandlich nicht ein. Bevor ein Grundstück nicht (zumindest) überplant worden ist, kann der Eigentümer also nicht unter Berufung auf sein Eigentum am Grundstück irgendeine Planungsentscheidung einfordern.135 „Eine künftige Bauleitplanung ist für ihn lediglich eine Chance, der der Schutz der Eigentumsgarantie nicht zuteil wird.“136 Die bloß „potentielle“, noch nicht „aktualisierte“ Möglichkeit der Baunutzung ist mangels einfachgesetzlicher, zuordnender Norm mithin nicht schon als „Ausfluss des Grundei-

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Siehe oben ab S. 37. Die – nicht maßgebliche (siehe oben S. 63 f.) – einfachrechtliche Bezeichnung als Eigentum deckt sich hier mit der verfassungsrechtlichen Bewertung. 134 So die überzeugende, weil vollständige Formulierung bei Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (218), in Abgrenzung zu BVerfGE 35, 263 (276 f.), Beschl. v. 19.6.1973, wo nur auch den „Rahmen der Gesetze“ abgestellt wird, vgl. dazu auch unten S. 271 bei Fn. 168 ff. 135 § 2 III BauGB stellt klar, dass dem Eigentümer auch sonst kein Anspruch auf die Planungsmaßnahmen zusteht. 136 Überzeugend Huber, DÖV 1999, 173 (175). 133

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

gentums“ mit Blick auf den konkreten Rechtsinhaber eines Grundstücks eigentumsgrundrechtlich geschützt.137 Folglich kommt als in der Hand des Eigentümers eines Grundstücks durch Art. 14 I 1 GG geschütztes Recht auf bauliche Nutzung „nur die konkret bestehende, normativ abgesicherte Bebaubarkeit in Betracht – sei es nach Maßgabe eines Bebauungsplans (§§ 30 ff. BauGB), sei es im Innen- (§ 34 BauGB) oder im Außenbereich (§ 35 BauGB). Nur soweit ein Grundstück sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, kann von einem grundrechtlich geschützten Interesse […] gesprochen werden.“138 137 Zur Argumentationsfigur der „potentiellen Baufreiheit“ vgl. die Nachweise unten S. 274, Fn. 179. 138 So Huber, DÖV 1999, 173 (175), Hervorhebung nicht im Original. A. A. wohl Maiwald, BayVBl. 1991, 101 (103 f.), indes kaum überzeugend (zum einen wird – wie hier – Eigentumsqualität bejaht, sobald ein Grundstück durch Bebauungsplan „Baulandqualität“ gewonnen habe, zum anderen heißt es jedoch allgemein zu Nutzungen, sie seien nur geschützt, wenn kumulativ etwaige Genehmigungen erteilt und die Nutzungen ins Werk gesetzt seien). Siehe so auch schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 147; zustimmend hierzu Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 142 bei Fn. 592; ders, NuR 2005, 427 (429); Uschkereit, Vergleich BauR / Immissionsschutzrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 82 bei Fn. 32. Siehe in diesem Sinne ferner Ortloff, in: Finkelnburg/ ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 III 1 b (S. 199). Diese Einschätzung entspricht nunmehr auch der Rechtsprechung des BVerfG. Vgl. mit Blick auf § 34 BauGB nämlich die Kammerentscheidung BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 19.12.2002, DÖV 2003, 376 (ebd.). Dort wird auf das durch § 34 BauGB vermittelte „Recht zur Bebauung“ abgestellt, dem gegenüber dem Gesetzgeber i. S. d. Art. 14 I 2 GG (hier: Bebauungsplan) „erhebliches Gewicht“ zukomme. Die beiden betreffenden Flurstücke waren gar nicht bzw. nur zum Teil schon bebaut und sollten zu einem erheblichen Anteil nunmehr Teil eines überörtlichen Grünzugs werden. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Bereiche bestand bislang keine Veranlassung, einen Baugenehmigungsantrag zu stellen, da sie vom Grundeigentümer als parkähnlicher Garten genutzt wurden.. Dass hierbei tatsächlich diesem noch weder ausgeübten noch genehmigten „Recht zur Bebauung“ Eigentumsqualität zukommen soll, stellt die Kammer zweifach klar. Zunächst führt sie unter bb) aus, dass die Entziehung dieses Rechts sich „wie eine (Teil-)Enteignung auswirken kann (BVerfGE 83, 201 (212 f.)).“ Dies setzt voraus, dass das Recht nicht nur Chance, sondern selbst schon Eigentum ist. Ferner führt die Kammer unter cc) dann aus: „Das Eigentum – hier das Grundeigentum – wird in seinem konkreten Bestand geschützt (vgl. BVerfGE 74, 264 (282)). Die Erörterung der Frage, ob den Bf. ein bestimmter Anspruch zusteht, verfehlt mithin den verfassungsrechtlichen Maßstab.“ Weil also schon ein eigentumskräftiges Recht gegeben ist, bedarf es nach Ansicht des BVerfG keiner Überlegungen zu etwaigen Leistungsansprüchen auf Zurverfügungstellung eines Rechtes aus Art. 14 GG. Nicht eindeutig einzuordnen ist insoweit die neue Rechtsprechung des BVerfG zu Lebensversicherungen (siehe dazu auch S. 136, Fn. 467). In BVerfGE 114, 1 (38), Urt. v. 26.7.2005 (ferner E 114, 73 (90 f.) vom gleichen Tag), wird eine Art Zwischenstufe eingeführt mit Blick auf Positionen, die noch nicht Eigentum sind, aber schon „mehr als eine bloße Chance“ (ibid.). Für diesen Bereich sollen Verpflichtungen des Gesetzgebers bestehen, objektivrechtlich die Interessen der „werdenden“ Eigentümer hinreichend zu berücksichtigen (scharf ablehnend zu dieser Konstruktion Sachs, Grundrechtliche Schutzpflichten, in: FS Schmidt (2006), S. 398 ff.; er selbst geht – anders als hier sogleich vermutet – davon aus, dass mit „werdendem Eigentum“ verklausuliert i. E. doch subjektives Volleigentum gemeint sein

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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b) Grundrechtliche Einwirkung auf den Gesetzgeber Die enge Begrenzung der subjektiven Rechtsstellungsgarantie auf die normativ abgesicherte Bebaubarkeit darf nicht zu der Fehlannahme verleiten, der grundrechtliche Schutz baulicher Nutzungsmöglichkeiten erschöpfe sich hierin weitgehend. Auch in diesem Bereich wirkt nämlich die Eigentumsgarantie auf die die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken zuordnende Gesetzgebung139 ein. Schließlich gestalsolle, siehe S. 400 f.). Wenn diese Ausführungen nur dazu dienen, das festzuhalten, was für das Bauplanungsrecht unumstritten ist – die objektive Prägung durch das Eigentumsgrundrecht (unabhängig von subjektiven Eingriffen) –, dann sind sie insoweit zu unterstützen (insbesondere deshalb, weil der objektive Charakter so deutlich hervorgehoben wird). Auch HoffmannRiem, Regulierte Selbstregulierung, in: FS Schmidt, ibid. S. 461 ff. wiederholt, dass bei beiden Fällen Bedarf nach objektiv-rechtlichen Gehalten des Art. 14 GG bestand. Sollte stattdessen auf diese Weise eine weitere Zwischenkategorie eingeführt werden, wäre dem mit Skepsis zu begegnen, da es dessen nicht bedarf (abgesehen davon, dass zweifelhaft ist, ob eine solche Kategorie überzeugend hergeleitet werden könnte, vgl. dazu Sachs, ibid.: „offenkundige[r] logische[r] Bruch“). Die planungsrechtlich verfestigte Baunutzbarkeit jedenfalls ist Eigentum, nicht bloß werdendes Eigentum. Vgl. zur konkreten Frage nach der Eigentumsqualität der Baunutzbarkeit weiterhin auch Burgi, NVwZ 1994, 527 (532), der das Vorliegen einer Baugenehmigung (von Ausnahmefällen abgesehen) nicht für den Eigentumsschutz für erforderlich hält. Wenn Burgi im Übrigen die Qualität der Bebauungsbefugnis als selbstständige Rechtsposition im Sinne der vom BVerfG für möglich gehaltenen Teilenteignung begründen will (S. 532 f.), so hat dies nichts zu tun mit der auch von ihm abgelehnten (S. 531 f.) sog. „Verleihungslehre“ im Sinne Breuers, denn die Bebauungsbefugnis soll ja gerade ein (allerdings selbstständiger) Teil des zivilrechtlichen Zuordnungsverhältnisses über das Grundeigentum bleiben. Insoweit vertritt Burgi jedenfalls ein sehr weites Enteignungsverständnis, was hier keiner weiteren Besprechung bedarf. Es kann also das Vorliegen von Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG bejaht werden, obwohl die zum Baubeginn notwendige (vgl. beispielsweise § 75 V BauO NRW) Baugenehmigung noch nicht erteilt wurde. Nicht die bauliche Nutzung selbst ist jedoch bei noch nicht erteilter Baugenehmigung angesichts dessen als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG gewährleistet, sondern der aufgrund der Planungsreife nicht mehr vom Ermessen abhängige und deshalb hinreichend fest zugeordnete (siehe dazu oben S. 68; weiterhin BVerfGE 24, 367 (422 f.), Urt. v. 18.12.1968), ebenso im Grundeigentum wurzelnde Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung (so auch Appel, ibid.). Wollte man dagegen beim Fehlen der Baugenehmigung das Entstehen von Eigentum im Sinne des Art. 14 I 1 GG gänzlich verneinen, so müssten etwaige Schutzdefizite durch eine umso restriktivere Handhabe der eigentumsgrundrechtlichen Bindungen hinsichtlich solcher Inhaltsbestimmungen ausgeglichen werden, die einen Entzug planungsrechtlich schon verfestigter Nutzungsmöglichkeiten ermöglichen sollen. Zu dieser Einwirkung auf die Gestaltung der Eigentumsordnung näher sogleich im Text. 139 Dabei ist zudem – recht verstanden – auch der Schutz vor Grundrechtseingriffen durch den Gesetzgeber selbst (in Form der Schrankenbestimmung, siehe oben ab S. 216) Teil der subjektiven Rechtsstellungsgarantie (dazu oben S. 40, bei Fn. 69). Insoweit besteht also zusätzlicher Schutz auch gegenüber dem Gesetzgeber selbst, und zwar nicht begrenzt auf Legalenteignungen. Zur Benutzung des wenig geeigneten Begriffs „mittelbar“ bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 148, für die im Folgenden beschriebenen Wirkungen des Art. 14 GG siehe schon oben S. 260, Fn. 123. Hier allerdings, mit Blick auf die Baunutzung, ist der in der Tat mittelbare Schutz durch Kontrolle des inhaltsbestimmenden Gesetzgebers besonders wichtig. Eben weil

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

ten all jene eben angesprochenen Vorschriften einen integrativen Bestandteil des eigentumsvermittelnden Zuordnungsverhältnisses über das Grundeigentum. Jede bauplanungsrechtliche, jede bauordnungsrechtliche Vorschrift, die Auskunft über die Möglichkeit zu bauen gibt, bestimmt ganz konkret die Reichweite der durch Art. 14 I 1 GG geschützten Rechtsverhältnisse der Grundeigentümer. Da nun diese Normen damit Inhaltsbestimmungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG sind,140 unterliegt jedwede Anstrengung des Gesetzgebers, diese rechtlichen Zuordnungsverhältnisse durch Abänderung der Vorschriften umzugestalten, den spezifischen Anforderungen der Eigentumsgarantie. Dabei geht es nicht lediglich um die Einhaltung der nach herrschender Meinung in Art. 14 GG mitenthaltenen Institutsgarantie.141 Vornehmlich müssen alle die Nutzung betreffenden Normen den spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsanforderungen der Eigentumsgarantie genügen.142 Entscheidend ist insofern, dass auch und gerade für die Frage nach der Bebaubarkeit eines Grundstücks der Gesetzgeber die Interessen des Eigentümers hinreichend beachten muss und für den Rechtsinhaber ungünstige Reglementierungen nicht weiter gehen dürfen, als hinreichend gewichtige Interessen der Allgemeinheit (Art. 14 II GG) gerade dies zu rechtfertigen im Stande sind.143 Zwar gilt das generelle Erfordernis der Überprüfung anhand der verfassungsrechtlichen Schranken für die planungsrechtlichen Vorschriften ebenso wie etwa für die bauordnungs- oder sachenrechtlichen Regelungen. An all diese ist somit der Maßstab der Eigentumsgarantie anzulegen. Doch darf nicht übersehen werden, dass sich die konkreten Verhältnismäßigkeitsanforderungen bei unterschiedlichem sozialen Bezug verändern. Im praktischen Ergebnis muss deshalb aufgrund größeren Allgemeininteresses i. S. d. Art. 14 II GG der Rechtsinhaber etwa bei planungsrechtlichen Fragestellungen stärkere Einbußen an seinem Nutzungsinteresse hinnehmen als bei einigen bauordnungsrechtlichen Fragestellungen. die Bebaubarkeit statistisch betrachtet gering ist (vgl. die Zahlen bei Dähne, JURA 2003, 455 (ebd.)), kommt es insbesondere auf die gerechte Gestaltung des normativen Umfelds an: Unabhängig davon, wie mit schon zu Eigentum erstarkten Befugnissen durch den Gesetzgeber umgegangen wird, ist gerade auch zu gewährleisten, dass die eigentliche inhaltsgestaltende, die Baunutzung potentiell ermöglichende Tätigkeit den Wertungen des Art. 14 GG gerecht zu werden vermag. 140 Vgl. nur BVerfG (3. K./I) NJW 1990, 825 (ebd.), Beschl. v. 3.11.1989; im Rückschluss auch BVerfGE 87, 114 (141), Beschl. v. 23.9.1992, sowie ausführlich zur (auch unabhängig von der Gestaltung konkreter Zuordnungsverhältnisse vorzunehmenden) Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung oben ab S. 52. Als Konsequenz seiner sog. Verbotsrechtstheorie allerdings a. A. Hösch, Eigentum und Freiheit (2000), S. 239. 141 Tendenziell zu sehr beschränkt auf die Anforderungen der Institutsgarantie dagegen Huber, DÖV 1999, 173 (175, 177 ff.), zu dessen Verständnis siehe näher Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 185 ff.; allgemein ablehnend zur Institutsgarantie siehe oben ab S. 197. 142 Vgl. insbesondere zur fehlenden Notwendigkeit eines subjektiven Eingriffs oben ab S. 125. 143 BVerfGE 25, 112 (118), Beschl. v. 15.1.1969, sowie oben S. 103 ff.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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Umgekehrt gilt, dass bei (gleichzeitigen)144 Einwirkungen auf konkret zugeordnetes Eigentum, das auch vor Erteilung der Baugenehmigung vorliegen kann,145 der Gesetzgeber (insoweit)146 stärkeren Bindungen147 unterliegt,148 will er in diese Positionen nunmehr mittels Schrankenregelung eingreifen149. Etwaige Investitionen auf Grundlage dieser Eigentumspositionen verstärken150 dabei den subjektiven Eigentumsschutz.151 An der näheren Konkretisierung der Maßstäbe dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung, durch welche im Wesentlichen der vom Gesetzgeber einzuhaltende verfassungsrechtliche Rahmen gesetzt wird, lässt sich rechtspraktisch das tatsächliche Schutzniveau der Eigentumsgarantie festmachen. Unabhängig von den Einzelheiten ist dabei jedenfalls Folgendes sicher: Die Einwirkung der Eigentumsgarantie betrifft alle den Umfang der Nutzung eines Grundstücks bestimmenden Normen; einen von weiteren Voraussetzungen abhängigen152 oder gar gänzlich grundrechtsfreien Raum im Bereich der Baunutzungsregelungen gibt es nicht.

II. Demgegenüber noch immer vertreten: Die Lehren von der Baufreiheit In vielen Lehrbüchern wird wie auch sonst zumeist die Frage nach der baulichen Nutzbarkeit von Grundstücken unter dem Stichwort bzw. unter der Überschrift „Baufreiheit“ behandelt.153 Wenn man auch oft aus dem bloßen Bekenntnis zur Baufreiheit

144 D. h. Einwirkungen, die neben der Inhaltsbestimmung für die Zukunft auch auf in der Vergangenheit „wohlerworbene“ Rechte einwirken. 145 Siehe soeben S. 263 bei und in Fn. 134. 146 Er kann allerdings diese Beeinträchtigung etwa durch Ausnahmeregelungen gesondert behandeln, muss also keineswegs allgemein sein planungsrechtliches Regelungsziel auch für die Zukunft „verwässern“. 147 Die terminologisch überdies als Teil der im vorangegangen Abschnitt behandelten Rechtsstellungsgarantie zu begreifen sind, siehe dazu allgemein oben ab S. 39, insbesondere S. 40, Fn. 69. 148 Siehe allgemein zum Vertrauensschutz oben ab S. 111. 149 Zur Qualifizierung von Schrankenregelungen als Eingriff siehe oben ab S. 216. 150 Nicht: eröffnen. 151 Stichwort „Ins Werk gesetzte Nutzungen“, siehe etwa Papier, Eigentum in der Planung, in: FS Hoppe (2000), S. 222 f.; Wahlhäuser, Planungsschadensrecht (2002), S. 27 ff., näher unten S. 298, Fn. 293. 152 Dazu näher unten zu den sog. „Verleihungstheorien“ S. 281 ff. 153 Vgl. beispielsweise Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 57 unter Verweis auf die Darstellung der Gegenauffassung bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 139 ff.; vgl. ferner Peine, BauR (2003), Rn. 322; Battis, BauR (2006), 3 III 1 (S. 62); Grooterhorst, Raumordnung (1985), S. 120; Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 27; Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, BauR (2004), § 2, Rn. 40; Brohm, BauR

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

auf eine einheitliche herrschende Meinung schließt,154 sollen hier die verschiedenen Stellungnahmen sachlich näher danach differenziert werden, ob sie sich zur Herleitung dieser sog. Baufreiheit explizit auf eine unmittelbare Herleitung aus Art. 14 GG berufen oder nicht. 1. Unmittelbare Ableitung der Baufreiheit aus Art. 14 I GG Nicht wenige Stimmen155 nehmen an156, es gebe eine sog. Baufreiheit, die „unmittelbar aus Art. 14 GG“ abzuleiten sei.157 Diese verfassungsrechtlich gewährte Bau-

(2002), § 6, Rn. 26; Badura, Eigentum (1994), in: HdbVerfR, § 10, Rn. 79; Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39. 154 Beispielsweise Peine, BauR (2003), Rn. 325; Battis, BauR (2006), 3 III 1 (S. 63); Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39; a. A. Huber, DÖV 1999, 173 (175). 155 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (ebd.), spricht von einer „eindrucksvoll geschlossene[n] judikative[n] Phalanx“, die eben dies vertrete; auch das Schrifttum habe sich ganz überwiegend „dahintergestellt“, bestätigend ders., NVwZ 1993, 935 (940). Auch Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39, bezeichnen diese Auffassung als h. M. Was die Stellungnahmen in der baurechtlichen Literatur angeht, ist die Bezeichnung als h. M. zzt. zweifelsohne dann angemessen, wenn man all die Vertreter, die sich dem Namen nach zur „Baufreiheit“ bekennen, noch insgesamt als eine zusammengehörige Meinung betrachtet (so die Selbsteinschätzung jedenfalls derer, die eine unmittelbare Verankerung in Art. 14 I GG befürworten, aber auch der meisten, die vorsichtiger formulierend nur von der Baufreiheit im Rahmen der Gesetze sprechen, vgl. insoweit auch unten die Nachweise S. 278, Fn. 198), a. A. („früher hM“) Schmalz, GrundR (2001), Rn. 920. 156 Bzw. bekannten sich ehemals hierzu, denn gerade die Rechtsprechung des BVerwG mag hier zu einem Wandel im Schrifttum beitragen. Vgl. insoweit Stober, Allg. WirtschaftsverwR (11. A. 1998), § 22 II 1 a (S. 237), der die Baufreiheit zunächst so definierte: „Darunter ist das aus dem Eigentum fließende und das immanente Recht auf Freiheit zu verstehen, bauliche Anlagen zu errichten und zu ändern.“ Dann sah er sie nur noch „nach Maßgabe des einfachen Rechts geschützt“ (ab der 12. A. 2000, S. 254). Nunmehr ist dieser definierende Satz ersatzlos gestrichen (15. A. 2006, S. 156 f.); die inhaltsbestimmende Rolle des Gesetzgebers wird stattdessen zu Recht betont, auch mit Blick auf die Bestandsschutzdiskussion und die sich „in jüngerer Zeit […durchsetzende] Ansicht“, unter Verweis auf BVerwGE 106, 228 ff.; Grochtmann, Art. 14 GG, S. 197 ff. sowie Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 ff. Vgl. insoweit auch zwei neue Urteile des BGH, bei denen der Begriff „Baufreiheit“ – auffällig? – nicht mehr verwendet wird, siehe m. N. unten S. 276, Fn. 192 a. E. 157 Jüngst wieder Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, Rn. 9 sowie Seidel, ZG 2002, 131 (134 in und bei Fn. 12 f.: danach käme dem einfachen Recht nur ein „Anwendungsvorrang“ zu); ferner insbesondere Leisner, DVBl. 1992, 1065 (ebd.); ders., Eigentum (1989), in: HbStR VI, § 149, Rn. 104; Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39; Depenheuer, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 46, 116 ff., ders., in: Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 169, 172 f. (vgl. dazu oben die ablehnende Stellungnahme zu seiner Gesamtkonzeption ab S. 93); Brohm, BauR (2002), § 1, Rn. 21; , § 3, Rn. 11, § 6, Rn. 26 („durch Art. 14 I GG gewährleistete Baufreiheit“), der dabei ähnlich den überkommenen Vorstellungen der Eigentumsdogmatik vor 1981 Eigentumsrechte „,der Idee nach als zunächst unbegrenzt“ ansieht (neben § 1, Rn. 21 ebenso § 17, Rn. 6); für sich genommen anders allerdings § 22, Rn. 23 (Baufreiheit im Rahmen der Gesetze); Frings,

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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freiheit wird – in Anlehnung an § 65 I 8 PrALR158 – als das grundsätzlich bestehende Recht des Grundeigentümers beschrieben, sein Grundstück durch Bebauung nutzen zu können.159 Augenfällig besteht hier ein Widerspruch zu dem, was schon oben zur aus Art. 14 I 2 GG gefolgerten Gesetzesabhängigkeit des Eigentums ausgeführt wurde; man wird bei solch einer pauschalen These nicht stehen bleiben können, sofern man nicht die bewusste Entscheidung vertritt, den Boden der nunmehr seit 1981 entfalteten Eigentumsdogmatik verlassen und über diese Einzelfrage hinaus ein Gegenkonzept verfolgen zu wollen.160 Schließlich setzt die Vorstellung einer durch diBestandsschutz atomrechtlicher Anlagen (1992), S. 27 ff., 50; wohl auch Ferner, in: HkBauGB (2008), § 1, Rn. 5. Auch andere betonen zunächst die unmittelbare Verankerung der Baufreiheit in Art. 14 I GG, siehe Stollmann, BauR (2008), § 2, Rn. 3 („zum Inhalt des von Art. 14 I 1 GG als Rechtsinstitut und als Individualrecht gewährleisteten Eigentums gehört die „Baufreiheit“ genannte Befugnis, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze baulich zu nutzen“; daraus ergebe sich im Einzelnen ein Genehmigungsanspruch, Bestandsschutz und ein Entschädigungsanspruch), vgl. weiterhin § 18, Rn. 3 (Baufreiheit als „Teil des Rechts auf Eigentum Art. 14 I GG“). Auch VGH Mannheim NVwZ 1991, 393 (394), X, Urt. v. 5.9.1990, bezeichnet die Baufreiheit als „einen Ausfluß des Art. 14 I GG“. Grotefels, in: Hoppe/dies., BauR (1. A. 1995), § 2, Rn. 42 f., 47 f., vgl. vor allem Rn. 58, ferner § 15, Rn. 11 (Baufreiheit „nur nach Maßgabe der Gesetze“) erkennt ausdrücklich die Notwendigkeit gesetzlicher Eigentumsbestimmung an und vertritt insoweit auch keine „freischwebend“ verfassungsunmittelbare Baufreiheit, sieht diese jedoch als durch die Institutsgarantie geschützt an. Darauf gestützt formuliert sie dann allerdings, die Baufreiheit sei „unmittelbar der Eigentumsgarantie des Art. 14 I 1 GG zuzuordnen“ (Rn. 56) und spricht von der „unmittelbar aus Art. 14 I 1 GG fließenden Baufreiheit“. So nun auch Just, in: Hoppe/Bönker/ Grotefels, BauR (2005), insbesondere § 2, Rn. 55, 57; 69 einerseits, sowie ibid. Rn. 42, 48 andererseits. Siehe darüber hinaus Grotefels, 2. A. 2004, § 15, Rn. 13, die einerseits von einem „in Art. 14 Abs. 1 GG wurzelnden … Anspruch auf Erteilung der … Baugenehmigung“ spricht; andererseits sagt sie ibid. a. E., dass „Art. 14 Abs. 1 GG verbietet, dass der Gesetzgeber die Bestimmung des Eigentumsinhalts ausschließlich in das Ermessen der Verwaltung stellt“ (Hervorhebung nicht im Original). Vgl. ferner – noch ohne Berücksichtigung von BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981 – die Bekenntnisse zur verfassungsunmittelbaren Baufreiheit statt vieler bei BVerwGE 48, 271 (273), Urt. v. 6.6.1975; Broy-Bülow, Baufreiheit/Bestandsschutz (1982), S. 3, 7, 16; Hoppe, DVBl. 1964, 165 (166 ff.); Maunz, DÖV 1975, 1 (5 f.). Auf abweichender dogmatischer Grundlage ferner Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 73. 158 Die Vorschrift lautet: „In der Regel ist jeder Eigentümer, seinen Grund und Boden mit Gebäuden zu besetzen, wohl befugt“ (zitiert nach Leisner, DVBl. 1992, 1065 (ebd.)). 159 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (ebd.); Broy-Bülow, Baufreiheit/Bestandsschutz (1982), S. 1, 9, 16 („prinzipielle Freiheitsvermutung“). Vgl. auch BGHZ 60, 112 (115 f.), Urt. v. 25.1.1973. 160 So konsequent Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, vgl. oben ab S. 87; siehe auch Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, Rn. 9, der ausdrücklich die Normgeprägtheit ablehnt und von der Existenz vorrechtlichen Eigentums ausgeht (Eigentum entstehe „wie andere grundrechtliche Rechtsgüter im gesellschaftlichen Raum […, werde] also gerade nicht durch den Staat normativ geschaffen“ (Rn. 8). Dabei beschreibt er allerdings den Stellenwert der Normgeprägtheit in Rechtsprechung und Schrifttum in zweifelhafter Weise. Wenn es dort unter alleinigem Verweis auf zwei Literaturstimmen heißt, „immer wieder kann man

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

rekten Rückgriff auf Art. 14 I 1 GG gestützten Baufreiheit die Existenz eines vor-gesetzlichen Eigentumsinhalts voraus. Art. 14 I 2 GG schließt dies jedoch kategorisch aus. Danach ist es nicht so, dass der Gesetzgeber die umfassend jedem Eigentumsverhältnis anhaftende Nutzungsmöglichkeit von außen kommend einschränkt.161 Vielmehr hängt es allein von seiner Regelung des eigentumsvermittelnden Zuordnungsverhältnisses ab, ob und inwieweit Nutzungen als Eigentum geschützt sind. Die Gewährleistung der Eigentumsgarantie vollzieht sich demgegenüber in erster Linie über Schutzmechanismen, die gegen den ausgestaltenden Gesetzgeber gerichtet sind. Auffallend ist, dass die Befürworter der verfassungsunmittelbaren Baufreiheit sich in den vergangenen 27 Jahren, die seit dem Nassauskiesungsbeschluss162 vergangen sind, kaum mit den Auswirkungen dieser Entscheidung für ihre Auffassung auseinander gesetzt haben.163 Jedenfalls ist kein weiterführendes Bemühen um die Fragestellung ersichtlich, weshalb Art. 14 I 2 GG in diesem Falle ausnahmsweise – oder innerhalb eines alternativen dogmatischen Konzepts grundsätzlich – anders interpretiert werden müsste. Nicht weiter zu helfen vermögen diesbezüglich Hinweise auf die Rechtstradition, wonach historisch gesehen das Recht am Boden immer auch das Recht zu bauen umfasste und nicht ersichtlich sei, weshalb das Grundgesetz von dieser tradierten Position hätte abweichen wollen.164 Schließlich umfasst der Schutz des Eigentumsgrundrechts unstreitig sämtliche beweglichen Sachen Sinne des § 903 BGB – ganz im Sinne der tradierten Rechtslage. Gleichwohl trägt sich niemand mit dem Gedanken, auch für all diese Gegenstände eine verfassungsunmittelbare Schutzgarantie zu behaupten.165 Einen nachvollziehbaren Grund, dies gleichwohl für die sog. Baufreiheit in Abweichung von der sonstigen nunmehr anerkannten Auslesen, das Eigentum sei heute ausschließlich ,normgeprägt“ (Rn. 8), so wird das der Bedeutung der Normgeprägtheit als dem zentralen Pfeiler bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung kaum gerecht; siehe zu Hufen auch S. 44, Fn. 86. Ein Gegenkonzept zu entwickeln ist indes keineswegs das Anliegen von Seidel, ZG 2002, 131 (134), siehe insoweit auch S. 135 bei Fn. 20, wo in anderer Akzentsetzung festgehalten wird, dass zumindest keine Umgehung einfachgesetzlichen Rechts stattfinden dürfe. 161 In diesem Sinne aber damals noch Hoppe, DVBl. 1964, 165 (166): Direkter Ausfluss der Eigentumsgarantie sei das „Gebrauchen-können“. 162 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 163 Knapp halten mag sich allerdings der, der der Ansicht des BVerfG zur Gesetzesabhängigkeit folgt. In dem von Ehlers auf der Staatsrechtslehrertagung 1991 gehaltenen Referat heißt es: „Die Berufung allein auf Art. 14 I 1 GG greift nicht durch, weil die Eigentumsgarantie notwendigerweise der gesetzlichen Ausformung bedarf“ (VVDStRL 51 (1992), 211 (217)). 164 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (ebd. und öfter); darauf Bezug nehmend Grotefels, in: Hoppe/dies., BauR (1. A. 1995), § 2, Rn. 56; vgl. auch v. Brünneck, Bauleitplanung und Eigentum, in: Entwicklungstendenzen des AVR (1999), S. 270. Es ist indes möglich, auf die historische Verankerung gerade in der Auseinandersetzung mit den sog. Verleihungslehren verweisen, ohne damit zugleich eine verfassungsunmittelbare Baufreiheit befürworten zu wollen, vgl. insoweit Peine, BauR (2003), Rn. 327 sowie Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 62; siehe aber auch sogleich Fn. 166. 165 Von den grundsätzlichen Gegenkonzeptionen zur herrschenden Interpretation der Eigentumsgarantie einmal abgesehen.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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legung des Art. 14 I 2 GG zu tun, wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Aus der Tradition kann nur eines gefolgert werden: Jede einfachgesetzliche Regelung, die die Frage nach der Bebaubarkeit eines Grundstückes regelt (oder sonst wie auf die im Zusammenhang mit § 903 BGB und den sonstigen Normen sich ergebende historisch gewachsene Rechtsposition einwirkt), ist auch unter der Geltung der grundrechtlichen Eigentumsgarantie als eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG zu qualifizieren.166 Deshalb müssen die die „Baufreiheit“ betreffenden Regelungen wiederum den spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 14 GG genügen. Einen darüber hinaus gehenden Bedeutungsgehalt in Bezug auf eine unmittelbare Verankerung der Baufreiheit in Art. 14 I 1 GG kann dem Traditionsargument jedenfalls nicht beigemessen werden. Nicht nachvollziehbar ist die Vereinnahmung des BVerfG durch Leisner. Ihm zufolge solle sich dieses Gericht „eindeutig“ zur Baufreiheit bekannt haben.167 In einer Fußnote gibt Leisner die dazu von ihm herangezogene Passage wörtlich wieder: „Das Recht der Bauherrin, ihr Grundstück im Rahmen der Gesetze zu bebauen, ist durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 I 1 GG geschützt.“168 Auffällig hieran ist jedoch zu166 So ja schon oben ab S. 253 ohne Rückgriff auf diese Argumentation. Die Tradition kann auch nicht herangezogen werden, um zu belegen, dass „das Grundgesetz“ keinen Bruch mit der hergebrachten Baufreiheit habe hervorbringen wollen, vgl. so jedoch zumindest missverständlich Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 61, siehe zu Rn. 62 (Bearb. 1994) Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 153, Fn. 695, siehe ferner ebenso Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 63, Fn. 43. Gemäß Art. 14 I 2 GG entscheidet die Verfassung diese Frage eben nicht unmittelbar selbst, sondern legt nur die Kriterien fest, aus denen sich ergibt, dass die die „Baufreiheit“ einfachrechtlich konstituierenden Normen dem Eigentumsbegriff zuzuordnen sind (präziser dazu oben ab S. 50). Weiterhin setzt Art. 14 GG Grenzen, wenn der Gesetzgeber diese Zuordnung zu verändern sucht. 167 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (ebd.), ders., NVwZ 1993, 935 (940, Fn. 49); zumindest in diese Richtung gehende Einschätzung auch bei Grooterhorst, Raumordnung (1985), S. 122; Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 118, bei Fn. 462. Nicht überzeugend ferner die Gleichsetzung dieser Entscheidungspassage mit dem Begriff „Baufreiheit“ bei BVerwGE 120, 130 (137), Urt. v. 19.2.2004, doch wird in diesem Urteil explizit – im deutlichen Gegensatz zu Leisner – die Gesetzesabhängigkeit betont, insoweit tatsächlich im Einklang mit dem BVerfG. 168 BVerfGE 35, 263 (276), Beschl. v. 19.6.1973, bei Leisner heißt es versehentlich Art. 14 I GG; vgl. insoweit noch BVerfGE 80, 137 (151), Beschl. v. 6.6.1989, wo es heißt: „Der Inhalt des (Grundstücks-)Eigentums wird […] nach Art. 14 I 2 GG im einzelnen erst durch die einfache Rechtsordnung ausgestaltet.“ Leisner verweist ferner auf BVerfGE 58, 300 (335 f.), Beschl. v. 15.7.1981. Was sich aus dieser Passage in Hinblick auf Bekenntnis zu einer Baufreiheit im Sinne Leisners ergeben soll, ist nicht ersichtlich. Schließlich wird eben dort darauf hingewiesen, dass das in Anlehnung an § 903 BGB entwickelte Verständnis eines grundsätzlich freien Beliebens des Eigentümers abzulehnen sei (S. 335), um dann nachdrücklich zu betonen, dass dem Eigentümer keinerlei Befugnisse zustehen, die ihm nicht zuvor konstitutiv vom Gesetzgeber zugeordnet wurden (S. 336). Gerade dieser Teil der Entscheidungsgründe steht also der Annahme einer zunächst als unbegrenzt gedachten Freiheit deutlich entgegen. Auch aus der von ihm (ebenso Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 118, Fn. 462) noch herangezogenen Formulierung

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

nächst einmal, dass der Ausdruck „Baufreiheit“, 1973 längst hinlänglich bekannt,169 gerade nicht benutzt wird.170 Darüber hinaus lässt sich dieser Formulierung in Bezug auf die hier in Rede stehende Streitfrage nichts entnehmen.171 Aus den sonstigen Ausführungen des BVerfG ergibt sich jedoch – wie oben aufgezeigt – mit hinlänglicher Deutlichkeit, dass das Gericht keine unmittelbar auf Art. 14 I GG gestützten Eigentumsinhalte und damit auch nicht eine unmittelbar aus Art. 14 I 1 GG „fließende“ Baufreiheit akzeptiert. Ebenso ist die Einschätzung Christs zurückzuweisen, das BVerfG habe mit dem Beschluss zur Baulandumlegung vom 22. 5. 2001 eine „klare Bestätigung der ,Baufreiheit“ abgegeben.172 Im Gegenteil, ein weiteres Mal

des II. Senats, wonach Grundstücke durch das Wirksamwerden eines Bebauungsplans „die ihnen bis dahin zukommende Eigenschaft der Bebaubarkeit […] verlieren“ (BVerfGE 70, 35 II (52), Beschl. v. 14.5.1985), lässt sich nicht auf die Zustimmung dieses Senats zur Lehre von der unmittelbar auf Art. 14 GG gegründeten Baufreiheit schließen, da sich diese Äußerung dem Zusammenhang nach auf die zuvor konkret schon bestehende normativ abgesicherte Bebaubarkeit im Sinne der subjektiven Rechtsstellungsgarantie bezog. Auf S. 1069 bezieht sich Leisner dann noch auf BVerfGE 79, 174 (192), Beschl. v. 30.11.1988. Wenn dort geprüft werde, ob ein bestimmter Bebauungsplan zu einer „zu enge[n] Begrenzung der geschützten Rechtsposition“ (BVerfG) führe, dann bestehe diese Rechtsposition „in erster Linie in der Baufreiheit“ (Leisner). Zwei Sätze zuvor schreibt das Gericht jedoch ausdrücklich, was es unter der zu untersuchenden „Rechtsposition“ versteht, und das ist keineswegs die – ein weiteres Mal mit keinem Wort erwähnte – Baufreiheit, sondern schlichtweg das „unter den Schutz der Eigentumsgarantie fallende Recht an einem Grundstück“; das wäre zwar isoliert betrachtet im Näheren kontrovers interpretierbar, ein Bekenntnis zur Baufreiheit lässt sich daraus indes nicht ableiten. 169 Siehe beispielsweise BGHZ 60, 112 (115), Urt. v. 25.1.1973; Friauf, BauR (1972), in: v. Münch, BVR (3. A.), S. 431 f. m. w. N. 170 Es hat sich bis heute nichts daran geändert, dass das BVerfG diesen Begriff nicht verwendet, siehe dazu sogleich Fn. 173. Vgl. ferner BVerfGE 25, 112 (114), Beschl. v. 15.1.1969, wo die Rechtsansicht des vorlegenden VGs wiedergegeben wird. Danach gäbe es ein dem Grundeigentum „immanentes Recht“, sein Grundstück nach den geltenden Bauvorschriften zu bebauen. Diese stark an die Baufreiheit erinnernde Wendung wird im Beschluss des Gerichts jedoch mit keinem Wort aufgegriffen, obwohl der zu behandelnde Sachverhalt (Bauverbot) von den Verfechtern der Baufreiheit in der Tat genau an diesem Grundsatz gemessen werden müsste. Dagegen wird vom BVerfG schicht und ergreifend zunächst der Regelungsgehalt der entscheidungsrelevanten Norm festgestellt, um diese dann nach herkömmlicher Argumentationsstruktur am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu überprüfen (S. 118 ff.). 171 Vgl. auch die Kritik an dieser Formulierung des BVerfG dahin gehend, dass sie nicht hinreichend deutlich sei, bei Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (218); siehe insoweit schon oben S. 263, Fn. 134. Jedenfalls widerspricht noch nicht einmal Breuers Ansicht dieser Aussage, da schließlich auch ihm zufolge das Recht, im Rahmen der Gesetze (d. h. bei ihm im Rahmen der durch die Gesetze geschaffenen öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung) das Grundstück zu bebauen als subjektiv-öffentliches Recht den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG genießt; Breuer verweist deshalb seinerseits ebenso auf diese Entscheidung, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7; ausführlich zu Breuers Gesamtkonzeption unten S. 282 ff. 172 Christ, DVBl. 2002, 1524, Fn. 62, dort mit Verweis auf Haas, NVwZ 2002, 276; ferner 1517 f., 1525; siehe ähnlich auch Dieterich, Hartmut, Baulandumlegung (2006), Rn. 9. Dahinstehen mag hier, inwieweit Christ tatsächlich selbst von einer verfassungsunmittelbaren

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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sieht das Gericht davon ab, diesen Terminus zu benutzen, obschon er hier einschlägig gewesen wäre.173 Die Befürworter einer verfassungsunmittelbaren Baufreiheit können sich nicht auf das BVerfG berufen. Gleichwohl zeigt eine nähere Analyse der die unmittelbare Baufreiheit vertretenden Auffassung, dass deren Widerspruch zur herrschenden Eigentumsdogmatik rechtspraktisch betrachtet wohl nicht sonderlich schwer wiegt.174 Die Liste der Gemeinsamkeiten ist lang: Die durch die Eigentumsgarantie geschützte Möglichkeit, sein Grundstück nach freiem Willen zu bebauen, bestehe trotz grundsätzlicher Anerkennung der Baufreiheit nur nach „Maßgabe des Bauplanungsrechts“ und der sonstigen öffentlich-rechtlichen bauspezifischen Regelungen.175 Es soll also nicht die

Verankerung der Baufreiheit ausgeht, vgl. dazu S. 1524 bei Fn. 63 und 64, dabei unter Verweis auf Leisner und gleichzeitig auf Ehlers, siehe dann vor allem S. 1526 bei Fn. 78. 173 Siehe BVerfGE 104, 1, Beschl. v. 22.5.2001: Auf S. 10 f. werden die verfassungsrechtlichen Maßstäbe benannt, die bei der Neuordnung zum Zweck „plangerechte[r] Nutzung“ von Grundstücken zu beachten sind, von Baufreiheit jedoch ist nicht die Rede. Bei der dann folgenden konkreten Verhältnismäßigkeitsprüfung heißt es schlicht: „Zum Inhalt des Grundeigentums gehört auch die Befugnis des Eigentümers, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze baulich zu nutzen (vgl. BVerfGE 35, 263 (276)). Die bauliche Nutzung vermittelt dem Eigentümer in besonderer Weise einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich und ermöglicht damit eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung. Der Bebauungsplan setzt die zulässige bauliche Nutzung […] fest.“ Angesichts des Verweises auf das einfachrechtlich konstituierte „Grundeigentum“ sowie die Maßgeblichkeit des „Inhalt und Schranken“ bestimmenden Bebauungsplans kann aus dieser Passage auch nicht losgelöst vom Baufreiheitsbegriff darauf geschlossen werden, das BVerfG weise verfassungsunmittelbar Nutzungen zu. Dass das Gericht auch in dieser Entscheidung hinsichtlich Nutzungen im Allgemeinen missverständlich formuliert, sei allerdings zugegeben, vgl. ebd. S. 9 mit der Rede eine „von Art. 14 I 1 geschützte[n] Handlungsfreiheit im Bereich der Eigentumsordnung“, siehe dazu oben S. 241 bei Fn. 39. Siehe aus neuerer Zeit des Weiteren BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 24.7.2000, NVwZ 2001, 424 (ebd.) sowie insbesondere (3. K./I), Beschl. v. 19.12.2002, DÖV 2003, 376 (ebd.), wo sich der Rückbezug auf die Baufreiheit aufgedrängt hätte, hätte die Kammer diese befürwortet. Siehe ferner BVerfG (2. K/I) NJW-RR 2005, 455 (ibid.), Beschl. v. 22.12.2004, zitiert oben S. 262bei Fn. 131. Haas, ehemalige Richterin am BVerfG und Berichterstatterin im Verfahren zur Baulandumlegung, verwendet allerdings in NVwZ 2002, 272 ff. zweimal den Begriff „Baufreiheit“ (beiläufig S. 273 sowie auf S. 276, wo sie die das Recht, die „Grundstücke im Rahmen der Gesetze bebauen zu können“ zusammenfassend im nächsten Satz als „Baufreiheit“ wiedergibt). An der Gesetzesabhängigkeit des Eigentumsschutzes zu zweifeln, geben ihre Ausführungen jedenfalls wenig Anlass, vgl. etwa S. 273. 174 Bedeutsame Konsequenzen finden sich dagegen bei denen, die allgemein unmittelbaren Nutzungsschutz anerkennen, vgl. oben die Auseinandersetzung vor allem mit der Auffassung Lubbergers ab S. 250. 175 So schon Hoppe, DVBl. 1964, 165 (167). Auch Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1068 f.); Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 40, 145, 147; Grotefels, in: Hoppe/dies., BauR (1. A. 1995), § 2, Rn. 55; Stollmann, BauR (2008), § 2, Rn. 9 ff.; Frings, Bestandsschutz atomrechtlicher Anlagen (1992), S. 28 f. Broy-Bülow, Baufreiheit/Bestandsschutz (1982), S. 7 ff. erkennt dies deshalb an, weil das „Prinzip“ Baufreiheit nicht allein „normschöpferisch“ wirken könne

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Möglichkeit eingeräumt werden, sich unter Berufung auf die verfassungsunmittelbare Baufreiheit über das geltende Baurecht hinweg durch direkten Rückgriff auf Art. 14 I 1 GG weitergehende Rechte einzuklagen. Damit führt die Bezugnahme auf das überkommene Konstrukt der Baufreiheit also (zunächst) nicht zu einem anderen Ergebnis: Der Einzelne hat nicht mehr, aber auch nicht weniger „Baufreiheit“, als ihm die Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze zugesteht.176 Bewusst ist man sich auch, dass aufgrund solcher „einschränkender“ Gesetze, insbesondere durch bauplanungsrechtliche Vorschriften, mitunter herbe Beschneidungen der Baufreiheit hinzunehmen sind.177 Dessen eingedenk werden vielfach einschränkende Formulierungen verwendet; so spricht man178 etwa von einer bloß „potentiellen“179, virtuellen180 oder „aktualisierten“181 Baufreiheit. Über die grundsätzliche Übereinstimmung im Ergebnis gibt es weitere Gemeinsamkeiten. So wird etwa von Vertretern der Baufreiheit mit Blick auf § 903 BGB betont, dass die Nutzung eines Grundstücks nach der Konzeption des Gesetzgebers182 sehr wohl als ein dem normativen Zuordnungsverhältnis über das Grundeigentum zuund deshalb der „rechtssatzmäßigen“, den Anforderungen des Art. 14 GG dabei entsprechenden Konkretisierung bedürfe. 176 Der Gedanke einer schrankenlosen Baufreiheit wird nach dieser Ansicht durch (verfassungsmäßige) Gesetze tatsächlich umfassend verdrängt. So spricht schon Hoppe, DVBl. 1964, 165 (171), von einer „inhaltlichen Bestimmung der Baufreiheit“, als deren Konsequenz beispielsweise auch nicht von einem generellen Vorrang der privaten Nutzungsinteressen gegenüber sonstigen Belangen bei der Auslegung dieser die Baufreiheit bestimmenden Gesetze (dort zum Abwägungsgebot des damaligen § 1 IV 2 BBauG) ausgegangen werden könne; vielmehr sei auch insoweit die (objektive) Auslegung des Gesetzeswillens maßgeblich. Auch sonst wird nicht von einem von vornherein bestehenden Vorrang der Eigentümerbelange bei Abwägungsfragen ausgegangen, vgl. Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 41 m. w. N. 177 So benutzt auch Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1068), den Begriff des „Planungsvorbehalts“ und erkennt die große Intensität der Beschränkung an (S. 1070). 178 Die folgenden Nachweise sind nicht auf solche Autoren beschränkt, die die Baufreiheit unmittelbar und explizit aus Art. 14 I GG herleiten wollen. 179 Hoppe, DVBl. 1964, 165 (167 f.), diese „Potenz“ werde durch die entsprechenden gesetzlichen Planungsakte „aktualisiert“; nach Hoppe handele es sich bei diesem Begriff jedoch auch trotz einer solchen Einschränkung ohne nähere Präzisierung um einen unscharfen Hilfsbegriff. Sich auf Hoppe beziehend ebenso Grooterhorst, Raumordnung (1985), S. 122; BroyBülow, Baufreiheit/Bestandsschutz (1982), S. 17 ff.; Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, BauR (2004), § 2, Rn. 56; Badura, Eigentum (1994), in: HdbVerfR, § 10, Rn. 80; Krautzberger, in: B/K/L, BauGB (2007), § 1, Rn. 8; Erbguth/Wagner, BauR (2005), § 2, Rn. 24; Reidt, Bauleitplanung, in: Gelzer/Bracher/ders., Bauplanungsrecht (2004), Rn. 15; Frings, Bestandsschutz atomrechtlicher Anlagen (1992), S. 29; siehe auch die Darstellung bei Ehebrecht-Stüer, in: Stüer, Bau- und PlanR (2005), Rn. 26. 180 Badura, AcP 176 (1976), 119 (142): „virtuelle Größe“; bei dems., Eigentum (1994), in: HdbVerfR, § 10, Rn. 80, wird nun wie sonst zumeist auch von einer „potentielle[n] Größe“ gesprochen. Siehe gegen den Begriff „virtuell“ Oldiges, BauR, in: Steiner, BVR (2006), III. Abschn., Rn. 167. 181 BGHZ 88, 51 (59), Urt. v. 30.6.1983, in Bezug auf den damaligen § 34 BBauG. 182 Nicht entscheidend insoweit die Konzeption des Verfassungsgebers, siehe soeben S. 271, Fn. 166.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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gehöriges Recht angesehen wird.183 Weiterhin werden beachtliche Argumente gegen die eine staatlich zugeteilte Bauverleihung annehmenden Auffassungen vorgebracht.184 Selbst der Ausgangspunkt all jener, die von einer verfassungsunmittelbaren Baufreiheit sprechen, deckt sich mit dem oben Ausgeführten: Entscheidender Grund für die Annahme einer solchen Baufreiheit ist es schließlich, einen grundrechtsfreien Raum zu vermeiden.185 Sämtliche gesetzlichen, die bauliche Nutzung eines Grundstücks betreffenden Regelungen, und zwar ausdrücklich auch die des Bauplanungsrechts, sollen dem Regime des Art. 14 GG unterstehen.186 Gefürchtet wird ein die berechtigten Belange des Grundeigentümers durch im staatlichen Eigeninteresse stehende Planung187 oder durch wertabschöpfende Maßnahmen188 unterminierender Gesetzgeber. Um diesem Grundanliegen189 zu entsprechen, bedarf es jedoch nicht eines dogmatisch so ohne nähere Begründung nicht (mehr) vertretbaren Konstrukts einer Baufreiheit, die vorgesetzlich dem Eigentum immanent ist und ihm ohne gesetzliches Dazutun anhaftet. Wie soeben gezeigt,190 unterliegen all jene gesetzlichen Aktivitäten dem Rechtfertigungsmaßstab der Eigentumsgarantie auch dann, wenn man bei der Beurteilung der Frage nach dem baunutzungsspezifischen Eigentumsschutz die dogmatischen Grundsätze des BVerfG zugrunde legt. Auch darüber hinaus vermag es die Lehre von der Baufreiheit nicht, im Einzelfall zu einer wirksameren verfassungsrechtlichen Kontrolle des Gesetzgebers zu gelangen, als dies bei Zugrundelegung der dogmatischen Eigentumskonzeption des BVerfG möglich ist.191

183 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1068 f.); Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39; vgl. so auch oben die Einordnung S. 261 ff. 184 Vor allem von Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1068 ff.); dazu näher in Auseinandersetzung mit den von Leisner so bezeichneten „Verleihungslehren“. 185 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1071); Wahlhäuser, Planungsschadensrecht (2002), S. 25; Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39; vgl. auch Peine, BauR (2003), Rn. 327; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 65. 186 Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 148; vgl. auch schon Broy-Bülow, Baufreiheit/ Bestandsschutz (1982), S. 18 f. Siehe ferner Oldiges, BauR, in: Steiner, BVR (2006), III. Abschn., Rn. 167 a. E. 187 Siehe etwa Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39. 188 Gegen Letzteres vehement Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1066 f.); vgl. näher zur dogmatischen Bewältigung dieser Fragestellung Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 184 ff. 189 Ein Grundanliegen, dass also zunächst darin besteht, eine Kontrolle des Gesetzgebers zu erreichen. Die Frage, ob und inwieweit am einfachen Gesetzgeber vorbei eigenständig Baunutzung bestehen könnte, steht nicht im Vordergrund. Zu Letzterem vgl. oben allerdings die Auseinandersetzung vor allem mit der Auffassung Lubbergers ab S. 250. 190 Ab S. 265. 191 Vgl. schon oben S. 237 sowie zur Konzeption Leisners ab S. 32.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

2. Baufreiheit im Rahmen der Gesetze a) Allgemeines Nun bleibt zu beantworten, wie diejenigen Stellungnahmen zu bewerten sind, die zwar von dem Bestehen einer Baufreiheit ausgehen, sich dabei jedoch durch das Vermeiden eines expliziten direkten Rückgriffs auf Art. 14 GG nicht offen in Widerspruch zur nunmehr herrschenden Eigentumsdogmatik setzen („Baufreiheit nach Maßgabe der Gesetze“).192 192

Gaentzsch, Berliner Kommentar zum BauGB, § 1 (Bearb. 2002), Rn. 7; Battis, BauR (2006), 3 III 1 (S. 62 f.), 7 III 1 a (S. 205); Brenner, BauR (2006), 1. Teil, C II 1 c (S. 14 f.); Peine, BauR (2003), Rn. 325 ff.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 57 ff.; Erbguth/Wagner, BauR (2005), § 2, Rn. 24 ff.; Finkelnburg, in: Finkelnburg/Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 4 II (S. 20 ff.); Steiner, BauR – PdW (2005), Frage 2 (S. 1); Friege, in: Gronemeyer, Praxiskommentar zum BauGB (1999), § 1, Rn. 8; Krautzberger, in: B/K/L, BauGB (2007), § 1, Rn. 7; Oldiges, BauR, in: Steiner, BVR (2006), III. Abschn., Rn. 161 ff., zur Gesetzesbindung insbesondere Rn. 167; Stüer, DVBl. 2006, 403 (410); Grooterhorst, Raumordnung (1985), S. 120 ff., insb. S. 130 f.; vgl. auch Pieroth/Bromm, NuR 1992, 372 (373); vgl. ferner Schrödter, in: Schrödter, BauGB (2006), § 1, Rn. 2 (beim jetzigen Rechtsstand nur bei der Anwendung der §§ 34 f. BauGB relevant, gemäß Rn. 1 ursprünglich unabhängig vom einfachen Recht); Ortloff, in: Finkelnburg/Ortloff, BauR, Bd. II (1998), § 8 I 1 c, 2 (S. 120 f.), § 13 III 1 b (S. 169); Rabe, in: ders./Heintz, BauR (2006), C 4.1, Rn. 310; Seitz, Planungshoheit und Grundeigentum (1999), S. 120; Sproll, in: Detterbeck/Windthorst/Sproll, StaatshaftungsR (2000), § 14, Rn. 35; Gubelt/Muckel/Stemmler, Fälle zum Bau- und RaumordnungsR (2007), S. 5, 56; Badura, Eigentum (1994), in: HdbVerfR, § 10, Rn. 79 ff. (zwar Anerkennung der gesetzlichen Regelung, jedoch verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Durchsetzung aller Ansprüche, wenn materielles Recht nicht entgegensteht); Reidt, Bauleitplanung, in: Gelzer/Bracher/ders., Bauplanungsrecht (2004), Rn. 15; Wahlhäuser, Planungsschadensrecht (2002), S. 23; Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 46 („institutionell und kraft § 903 BGB im Grundeigentum mitenthalten“); nur noch beiläufig erwähnt bei Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 24; zu Grotefels, in: Hoppe/dies., BauR (1. A. 1995), § 2, Rn. 55 ff., vgl. oben S. 268, Fn. 157. Nur beiläufig erwähnt auch Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 3 (S. 2186 f.) die Baufreiheit, allerdings nur in der Fn. 322, in der er zudem zuvor u. a. Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 139 ff. heranzog, aber eben auch Leisner in DVBl. 1992. 1065 ff. Im Haupttext spricht er insoweit wie auch hier vorgetragen von der „durch Gesetz ausgeformten Bebaubarkeit eines Grundstücks“ als einem „integralen Bestandteil des Grundeigentums“. Vgl. aus der Rechtsprechung BVerwGE 120, 130 (137), Urt. v. 19.2.2004; siehe ferner die beiläufige Erwähnung der Baufreiheit in BVerwGE 106, 228 (234), Urt. v. 12.3.1998; vgl. ebenso in einer an sich die Normgeprägtheit des Art. 14 GG betonenden Entscheidung bei BVerwG NVwZ 1997, 384 (386), Urt. v. 23.8.1996, allerdings in Anführungszeichen gesetzt. Siehe auch BayVerfGH NVwZ-RR 1997, 343 (344), Entsch. v. 26.1.1996, zu Art. 103 I BayVerf, der dem Wortlaut des Art. 14 I 1 GG entspricht. Vgl. dagegen noch BVerwGE 2, 172 (174), I, Urt. v. 28.6.1955, wo neutral nur vom „Recht, bauliche Anlagen zu errichten und zu verändern […] nach den Grundsätzen des Baurechts“ gesprochen und die Ausgestaltung dieses Rechts als eine Inhalts- und Schrankenbestimmung verstanden wurde, die sich innerhalb der hierfür geltenden Grenzen der Verfassung bewegen müsse; ebenso wenig an den Begriff der Baufreiheit anknüpfend trotz Rückblicks auf die Rechtsgeschichte BVerwGE 3, 28 (29), I, Urt. v. 8.12.1955. Siehe ferner BGHZ 141, 319 (324 f.), Urt. v. 6.5.1999, BGH NVwZ 2002, 124 (125), Urt. v. 12.7.2001. Allerdings verzichtet der Senat nun auf den Ausdruck „Baufreiheit“ trotz ähnlichen

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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Fragwürdig bleibt jedoch auch eine solche Darstellung. Wenn nämlich ein Begriff weiterverwendet wird, der in langer Tradition ein vorstaatlich gedachtes prinzipielles Recht auf Bebauung zum Ausdruck brachte,193 so bedarf es zumindest der Abgrenzung zu diesen im Widerspruch zur herrschenden Eigentumsdogmatik194 stehenden Vorstellungen, will man sich diese nicht über die Begriffsbenutzung selbst zu eigen machen.195 Doch gerade an dieser Distanzierung fehlt es.196 Umso mehr gilt dies, wenn bei der Befürwortung der Baufreiheit tragend auf Stellungnahmen verwiesen wird, die ihrerseits in aller Deutlichkeit im Sinne der traditionellen Auffassung von einem dem Gesetzgeber vorgegebenen Gehalt der Baufreiheit ausgehen (so Sachverhalten in NJW 2007, 830 (833), Urt. 11.1.2007 („durch Art. 14 GG geschützt[e] Freiheit, sein Grundstück im Rahmen der Rechtsordnung nach seinen eigenen Vorstellungen zu nutzen“), ohne Verweis auf die Baufreiheit auch BGH LKV 2008, 189 (190), Urt. v. 25.10.2007. 193 Siehe Oldiges, BauR, in: Steiner, BVR (2006), III. Abschn., Rn. 162; Peine (BauR (2003), Rn. 322. Dem wird die Darstellung bei Battis, BauR (2006), 3 III 1 (S. 62 f.) wohl nicht gerecht: „Unstreitig wird die Baufreiheit verstanden als das Recht des Eigentümers, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze baulich zu nutzen. […]. Unstreitig ist auch, dass es die Baufreiheit entgegen frühliberalen, nie durchgesetzten Postulaten als ,natürliche, vorstaatliche Ansiedlungsfreiheit im freien Feld nicht gibt.“ 194 Siehe oben ab S. 269. 195 Zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 150. 196 Vgl. dagegen überzeugend Söfker, in: BauGB, E/Z/B/K, § 1 (Bearb. 2005), Rn. 15, wonach der überkommene Begriff der Baufreiheit mehr verwirre als helfe. Noch deutlicher in diesem Sinne die ebd. wiedergegebenen Kommentierungen zu § 1 BBauG, wohl von SchmidtAßmann herrührend, in denen die Verwendung des Begriffs Baufreiheit in angemessener Schärfe zurückgewiesen wird. Kritisch auch Schmalz, GrundR (2001), Rn. 920; Mampel, ZfBR 2002, 327 (328), der „vom Aus für die vermeintlich verfassungsrechtlich verbürgte ,Baufreiheit“ spricht, da der Gesetzgeber das Eigentum erst zu konstituieren habe. Positionierung gegen Begriff und Konzept der Baufreiheit auch bei Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (76); Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 16; knapp auch Maiwald, BayVBl. 1991, 101 (103); ferner Bohn, Zeitlich begrenzte bauliche Nutzungsrechte (2003) S. 117 ff., der die Rede von der Baufreiheit – aber ebenso die Verleihungslehren – als nicht mit der Eigentumgsdogmatik des BVerfG für vereinbar hält (den deshalb notwendigen dritten Standpunkt kurz unter Verweis auf das bestehende einfache Gesetzrecht sowie zudem mit dem Hinweis erläutert, dass jedenfalls kein grundrechtsfreier Raum entstehen dürfe). Vgl. ferner Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 54 für die Aufgabe dieser Begrifflichkeit plädierend. Siehe auch Lege, UTR 2005, 7 (39), der auf Stimmen verweist, die die sog. Verleihungslehren vertreten; sachlich hält er (nur) fest: „Baufreiheit in dem Sinn, dass zum Inhalt des Grundeigentums von Verfassungs wegen die Bebaubarkeit gehörte und deren Entzug entschädigungspflichtig sei, gib es […] nicht“ (Verweise sind ausgelassen). Kritisch auch Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 381 („eine allgemeine ,Baufreiheit vermittelt das Grundeigentum nicht“), jedoch unter Verweis auf Leisner. Als Beispiel für eine deutliche Abgrenzung bei gleichzeitiger Verwendung des Baufreiheitsbegriffs kann auf Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S.59 – 61 verwiesen werden, wo unter der Überschrift „Baurecht als privatrechtliche Position“ die eigentumsrechtliche Qualifizierung der Nutzung durch Bebauen nach Maßgabe der herrschenden Eigentumsdogmatik beschrieben wird und daran anschließend dies dann – explizit – „in Abgrenzung zu einer verfassungsunmittelbar verstandenen Baufreiheit [… als] ,potententielle Baufreiheit“ bezeichnet wird. Siehe knapp auch dens., Raumordnung (2006), S. 134 f.; ferner dens., Auswirkungen des Hochwasserschutzgesetzes auf Raumordnungs- und Bauleitpläne (2007), S. 28.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

exemplarisch bei Leisner sowie dem Grundsatzaufsatz von Hoppe).197 Gleiches muss man sich vorwerfen lassen, wenn man die Auffassung der Baufreiheit insgesamt als eine „herrschende Meinung“ bezeichnet.198 Die bloße Anerkennung der großen Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Normierung (Planungsvorbehalt),199 die im Übrigen auch von niemandem mehr bestritten werden könnte sowie das Rekurrieren auf BVerfGE 35, 263200 reicht jedenfalls nicht aus, sich damit in der Sache auf gesicherten dogmatischen Boden zu begeben. Auch wenn man die aus der traditionellen Verwendung erwachsenden Konnotationen201 beiseite lassen könnte, wirkt diese Ausdrucksweise befremdlich, da „Baufreiheit“ als Begriff kaum geeignet erscheint, die zunächst vor allem durch die weitreichenden ermessensabhängigen Schranken des Planungsrechts gekennzeichnete Rechtswirklichkeit anschaulich zu beschreiben.202 Vor allem ist jedoch auf das hinzuweisen, was schon zu der pauschalen Behauptung, das Eigentum schütze auch die Nutzung, ausgeführt wurde: Das insoweit bestehende Angewiesensein auf die vorherige konstitutive gesetzliche Zuordnung für die Gewährung von Eigentumsschutz wird hierdurch verdeckt.203 Es wird fälschlich suggeriert, es gebe eine dem Gesetz unmittelbar eigentumsgrundrechtlich vor-gegebene Freiheit.204

197 Siehe Leisner, DVBl. 1992, 1065; Hoppe, DVBl. 1964, 165. So – statt vieler – Verweis auf Leisner bei Maurer, AVR (2006), § 27, Rn. 45; Battis, BauR (2006), 3 III 1 (S. 63); Manssen, Privatrechtsgestaltung (1994), S. 264, Finkelnburg, in: ders./Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 4 II 1 (S. 20), Ortloff, in: Finkelnburg/ders, BauR, Bd. II (2005), § 8 I 2 (S. 141); Bezugnahme auf Hoppe bei Krautzberger, in: B/K/L, BauGB (1999), § 1, Rn. 7; Badura, Eigentum (1994), in: HdbVerfR, § 10, Rn. 79; Erbguth/Wagner, BauR (2005), § 2, Rn. 24. 198 Statt vieler für diese äußerst weit verbreitete Zweiteilung Peine, BauR (2003), Rn. 325; Battis, BauR (2006), 3 III 1 (S. 63); Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39. 199 Peine, BauR (2003), Rn. 324; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 58 („Zuteilungsfunktion“); siehe auch Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 40. 200 Beschl. v. 19.6.1973. Siehe statt vieler Rabe, in: ders./Heintz, BauR (2006), C 4.1, Rn. 310; Finkelnburg, in: Finkelnburg/Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 4 II 2 (S. 21); Battis, BauR (2006), 3 III 1 (S. 62); Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 39. 201 Vgl. schon Schmidt-Aßmann, Städtebaurecht (1972), S. 91: „stark traditionell belastete[r] Begriff“. 202 Denn wenn die traditionelle Verwendungsweise des Begriffs „Baufreiheit“ der Weiterverwendung im geänderten dogmatischen Umfeld gerade entgegensteht, muss man sich fragen, welchen Sinn denn dann überhaupt noch diese Begriffverwendung haben könnte. Die prägnante Beschreibung der Rechtswirklichkeit ist jedenfalls kein alternativer Anknüpfungspunkt. Zur Funktion eines Begriffs vgl. im Übrigen noch oben ab S. 73, insbesondere bei Fn. 201. 203 Vgl. oben S. 246 ff. 204 Ebenso Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 150 f., der es auch für angezeigt hält, „auf diesen Begriff gänzlich zu verzichten.“

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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b) Wiederherstellung der Baufreiheit durch die Baugenehmigung Weiterhin sei hier noch darauf hingewiesen, dass es auch zweifelhaft ist, davon zu sprechen, durch die Baugenehmigung als Form der „Kontrollerlaubnis“ erlange man nach ihrer Erteilung die „grundsätzlich besteh[ende] Baufreiheit (Art. 2 I, 14 I GG)“ wieder;205 sie sei also formell ein begünstigender rechtsgestaltender Verwaltungsakt, „materiell stell[e] sie nur die […] Baufreiheit […] wieder her, indem sie dem Bürger […] nur das [gebe], was ihm verfassungsrechtlich ohnehin zusteh[e].“206 Hinter solch einer bildhaften Formulierung verfängt sich der Betrachter schnell in einer Vorstellung, wonach es eben doch unmittelbar die Verfassung selbst sei, die die Baufreiheit zuordne (vgl. vor allem die Wortwahl wiederherstellen, ohnehin zustehen).207 Der Gesetzgeber jedoch könne sie nur aus Praktikabilitätsgründen208 vorübergehend einschränken. Eine solche Vorstellung ist jedoch auch sachlich zweifelhaft. Zwar lässt sich den Grundeigentümern tatsächlich sagen, dass – zumindest nach erfolgten, günstigen Planungsakten – das Baugenehmigungsverfahren nur noch präventiven Charakter trägt. Ziel dieses Erlaubnisverfahrens ist es dann, die Bebaubarkeit zu ermöglichen. Doch ist Ursache nicht die verfassungsrechtlich unmittelbar ableitbare Baufreiheit, für die oben bezeichnender Weise Art. 14 I GG direkt als Beleg herangezogen wurde.209 Vielmehr bleibt die Bebaubarkeit bei Erfüllung der gesetz205

So aber Maurer, AVR (2006), § 9, Rn. 51. Maurer, AVR (2006), § 9, Rn. 52. Ebenso Ibler, BauR (2006) Fall 1, Rn. 10, sowie Finkelnburg, in: ders./Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 4 II 1 a (S. 20), der einen „aufgrund der von Art. 14 I 1 GG gewährleisteten Baufreiheit [gegebenen] Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung“ annimmt, wenn dem konkreten Vorhaben „öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen“; ähnlich Badura, Eigentum (1994), in: HdbVerfR, § 10, Rn. 80; Rabe, in: ders./Heintz, BauR (2006), C 4.1, Rn. 310 (letzten Endes auf Art. 14 I GG und Art. 2 GG zurückzuführender Anspruch); Sproll, in: Detterbeck/Windthorst/Sproll, StaatshaftungsR (2000), § 14, Rn. 35. Siehe ferner Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 90, wo der Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung als „Bestandteil der verfassungskräftigen (Grund-)Eigentumsgarantie des Art. 14 I 1 GG“ betrachtet wird; siehe des Weiteren Bassenge, in: Palandt, BGB (2008), Überbl. v. § 903, Rn. 41. Vgl. aus der Zeit vor 1981 BVerwGE 48, 271 (273 f.), Urt. v. 6.6.1975; BGHZ 60, 112 (115 f.), Urt. v. 25.1.1973. 207 Vgl. neben Fn. 209 a. E. insoweit auch Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 III 1 b (S. 199) (siehe ferner § 8 II 1 c (S. 141)), der zwar auch dieses Bild benutzt, jedoch ausführt, dass „das Recht zum Bauen Inhalt des durch die einfachen Gesetze konkretisierten Eigentums im Sinne des Art. 14 I GG ist und nicht erst durch die Baugenehmigung gewährt wird“, zu Letzterem siehe oben S. 264, Fn. 138. 208 Vgl. die Begründung bei Maurer, AVR (2006), § 9, Rn. 51. 209 Explizit findet sich die Begründung mit der aus Art. 14 I 1 GG hergeleiteten Baufreiheit bei Finkelnburg, in: Finkelnburg/Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 4 II 1 a (S. 20). Insoweit – wie hier – dagegen Just in: Hoppe/Bönker/Grotefels, BauR (2004), § 2, Rn. 58 (ebenso schon Grotefels ibid. 1. A., siehe auch nun § 15, Rn. 13), der ausdrücklich betont, der Anspruch auf Erteilung der Baufreiheit beruhe nicht auf Art. 14 I 1 GG, sondern folge aus den einfachgesetzlichen Vorschriften der Landesbauordnungen, bei deren Erlass auf die eigen206

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

lichen Rahmenvorgaben nur deshalb Ziel dieses Verfahrens, weil das einfache Recht (etwa § 75 I 1 BauO NRW) es vermittels eines verbindlichen Anspruchs auf Erteilung der Baugenehmigung so anordnet. Davon sachlich zu trennen ist das Erfordernis, dass bei dieser wie bei jeder sonstigen gesetzlichen Inhaltsbestimmung die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten sind. Wenn nun der Gesetzgeber sich anschicken würde, dieses präventive Kontrollverfahren weiter zu Lasten der Betroffenen einzuschränken, so würde210 dieses Vorhaben gegen die Verhältnismäßigkeitsprüfung verstoßen und damit unwirksam sein.211 Insoweit ist die Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG zwar sehr wohl Garant für diese Ausgestaltung des Baugenehmigungsverfahrens, aber Art. 14 I 2 GG entsprechend nur über den „Umweg“ der dahingehenden Kontrolle einer hinreichenden Ausformung der entsprechenden Vorschriften durch den einfachen Gesetzgeber. Als Fazit bleibt jedenfalls festzustellen, dass Ausführungen zur Baufreiheit, die insoweit vollständig im Rahmen der allgemeinen Eigentumsdogmatik des BVerfG verbleiben, im Schrifttum kaum zu finden sind.212 tumsgrundrechtlichen Direktiven zu achten sei. Dem zustimmend auch Heintz, in: Rabe/ders., BauR (2006), E 6.3, Rn. 227. Vgl. insoweit auch BVerwGE 120, 130 (137), Urt. v. 19.2.2004. 210 Vorausgesetzt, es wären nicht doch sachliche Gründe für gewisse Modifizierungen ersichtlich. 211 Vgl. insoweit etwa die Prüfung bei BVerfGE 58, 300 (346 f.), Beschl. v. 15.7.1981, wo sich das Gericht der Frage stellt, ob es bezüglich der grundwasserbeeinträchtigenden Nutzung des Grundwassers nicht von Verfassungs wegen „an Stelle eines repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt ein Erlaubnisverfahren“ geben müsse. Gleiche Erwägungen, allerdings mit umgekehrtem Ergebnis (siehe a. a. O. S. 347), müssten angestellt werden, wenn der einfache Gesetzgeber das präventive Verbot im Zusammenhang mit der Baugenehmigung zu einem repressiven umgestalten wollte. 212 Siehe insoweit aber Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (217), der seine Auffassung in voller Konsequenz auch als eigenständige Meinung bezeichnet. Abweichend zur hier vorgetragenen Konzeption wird es dort allerdings vermieden, wegen der Überlagerung des § 903 BGB durch die Normen des öffentlichen Rechts direkt eine privatrechtliche Verortung der Baunutzung anzunehmen; vorsichtiger wird zur Vermeidung des Eingreifens der von Art. 14 GG an subjektive öffentliche Rechte gestellten Anforderungen davon gesprochen, diese Nutzungszuweisungen müssten „vor dem Hintergrund und im Zusammenhang mit den durch § 903 BGB eingeräumten Herrschaftsbefugnissen des Grundeigentümers gesehen werden“; vgl. auch die Charakterisierung gewisser öffentlich-rechtlicher Positionen als kompensatorisch auf S. 215 f. Angesichts der bei ihm explizit vorgenommenen Abgrenzung zur „traditionellen Auffassung“ der Baufreiheit siehe auch die Ausführungen bei Huber, DÖV 1999, 173 (174), zur Baufreiheit; allerdings können die sonstigen, die sich auf die Baufreiheit bei gleichzeitiger Betonung der Kompetenz des Gesetzgebers berufen, angesichts der bei ihnen aufgezeigten Defizite in der Darstellung schwerlich mit Huber zu einer „wohl überwiegenden“ Auffassung zusammengefasst werden. Siehe auch Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 902, wo es heißt: „Die Eigentumsgarantie enthält keine umfassende Baufreiheit, die nachträglich durch das Bauplanungs- und -ordnungsrecht beschränkt wird, sondern schützt von vornherein nur das ,Recht …, (das) Grundstück im Rahmen der Gesetze zu bebauen (§ 35, 263 (276); vgl. auch Dähne, JURA 2003, 455).“

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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III. Auseinandersetzung mit den so genannten Verleihungslehren Den die Baufreiheit vertretenden Auffassungen werden als Pendant üblicherweise Meinungen gegenübergestellt, die mitunter unter der Bezeichnung „Verleihungslehren“ zusammengefasst werden.213 Diesen nicht homogenen Lösungsansätzen zur Frage des Zusammenhangs zwischen Eigentumsgarantie und Baunutzung ist gemein, dass sie die Bebaubarkeit nicht als ein aus der Rechtsstellung als Grundeigentümer fließendes Recht betrachten.214 Diese bei unbefangener Betrachtung der §§ 903, 905 BGB erstaunende Ansicht beruht jedoch nicht auf einer generellen Ablehnung der nunmehr herrschenden Eigentumsdogmatik. Vielmehr gehen Befürworter dieser vor dem Nassauskiesungsbeschluss215 vor allem in den 70er Jahren entfalteten Lehren davon aus, ihre Ansichten ließen sich auch mit dieser (neueren) Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich vereinbaren.216 Bevor sich den übrigen Stellungnahmen des Schrifttums zugewandt wird, soll zunächst die umfassende, bis in die jüngste Zeit dezidiert aufrechterhaltene Konzeption Breuers behandelt werden.

Siehe ferner Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 148 – 151; Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S.59 – 61; prägnant auch Hellermann, BauR, in: Dietlein/ Burgi/ders., ÖffR NRW (2007), § 4, Rn. 5. 213 Der Ausdruck geht zurück auf einen Gegner dieser Auffassungen, und zwar auf Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1066, 1068 ff.), der dabei allerdings explizit darauf hinweist, dass von einer einheitlichen Lehre nicht gesprochen werden könne. Vgl. weiterhin so Peine, BauR (2003), Rn. 323; siehe auch Grotefels, in: Hoppe/dies., BauR (1. A. 1995), § 2, Rn. 55. 214 Dies sieht auch Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 8, als gemeinsames Kennzeichnen dieser Literaturstimmen. 215 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 216 Vgl. Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7, 11 f.; Schulte, JZ 1984, 297 (300 f.), der auf BVerfGE 58, 300 mehrfach Bezug nimmt; vgl. auch dens., Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 197 ff., ohne Abgrenzung zur herrschenden Eigentumsdogmatik. Auch Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 40, der sich dort für eine Verleihung ausspricht, steht dem Nassauskiesungsbeschluss keineswegs ablehnend gegenüber. Es wird zwar zu zeigen sein, dass es unter Zugrundelegung der vom BVerfG vertretenen Eigentumsdogmatik weder de lege lata noch de lege ferenda möglich ist, von einer vom Grundeigentum abgespaltenen Bebauungsbefugnis auszugehen, doch ist schon aufgrund dieser aktuellen Stellungnahmen keineswegs davon auszugehen, dass diese Meinungen so bald zur nicht mehr beachteten „Fußnotenantiquität“ herabsinken (so Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1066)); es besteht also nach wie vor die Notwendigkeit, diese Ansicht explizit argumentativ zurückzuweisen; Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1066 f., 1072) sieht drängenden Diskussionsbedarf allein aufgrund der herausragenden Wichtigkeit dieser Streitfrage für das Funktionieren des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG; Breuer selbst wiederum (Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 59) bezeichnet die Kontroverse als „unergiebigen Dogmenstreit“. Letzterer Ansicht zu folgen, hieße allerdings das Ergebnis im Sinne Breuers vorwegzunehmen, denn dieser muss sich in der Diskussion ja gerade des Vorwurfs erwehren, seine Konzeption führe zu einem stark verminderten Grundrechtsschutz.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

1. Zur Auffassung Breuers a) Darstellung Breuer stellt an den Anfang seiner Überlegungen, dass das BVerfG zu Recht die Erkenntnis gewonnen habe, dass die Konstituierung eines als Eigentum zu qualifizierenden Rechts gemäß Art. 14 I 2 GG vom Gesetzgeber auch mittels „Verleihung“ subjektiver öffentlicher Rechte erfolgen könne.217 Bei einer Betrachtung der gesetzlichen Regelungen der Bodennutzbarkeit zeige sich, dass diese „entscheidend vom öffentlichen Bauplanungsrecht sowie von der gemeindlichen Bauleitplanung und Erschließung“ abhänge.218 Diesem empirischen Befund wird eine solch herausragende Bedeutung beigemessen219, dass daraus dann geschlossen wird: Die Bodennutzbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage mithin im öffentlichen Recht und vor allem im Zuteilungssystem der Bauleitplanung, nicht im privaten Eigentumsrecht der §§ 903 ff. BGB,220 [die] öffentlich-rechtliche Grundlage der Bodennutzbarkeit und der Zuteilungscharakter der Bauleitplanung können schwerlich geleugnet werden.221

Bei einer solchen Positionierung liegt der Vorwurf nahe, die Eigentümerinteressen würden durch eine solche Auffassung zu sehr vernachlässigt. Dem soll entgegnet werden, indem mehrfach darauf hingewiesen wird, dass trotz der dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Rechtsgrundlage keineswegs die Bodennutzbarkeit nunmehr dem „entschädigungsfreien Diktat planerischer Eingriffe unterworfen“ sei.222 Dazu führt er aus: 217

Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7, 11; ganz ähnlich auch schon ders., Bodennutzung (1976), etwa S. 164, 166 und 178, unter überzeugender Ablehnung der Vereinnahmung des BVerfG durch die damals von einem zivilrechtlich vorgeprägten Eigentumsinhalt ausgehende h. L., die zur Untermauerung dieser These die Wendung vom Eigentum, „wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geprägt haben“, überinterpretiert hatte (vgl. dazu auch oben S. 27 f.). 218 Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7; vgl. auch dens., Bodennutzung (1976), S. 166 ff. 219 Auf diese hier vertretene Einschätzung hinsichtlich der Wichtigkeit des empirischen Befundes verweisend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 134, Fn. 554, S. 136. 220 Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7. Die Bedeutung des empirischen Befunds für die Ansicht Breuers zeigt sich auch daran, dass er als einziges Argument in der kurz zusammenfassenden Darstellung des Streits um die Baufreiheit in JURA 1979, 401 (409) herangezogen wird. Kein überzeugendes Argument ist es, darauf hinzuweisen, dass die Rechtsanwendung des Bauplanungsrechts ohne Rückgriff auf „die zivilrechtlichen Vorschriften über die Rechte des Eigentümers“ erfolge, so Breuer, Bodennutzung (1976), S. 169. Diese Möglichkeit ist durch den „allgemeinen Gesetzesvorbehalt“ (Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1069)) des § 903 BGB selbst tatbestandlich so vorgesehen. 221 Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 8 a. E.; ders., Aussprache, VVDStRL 51 (1992), 320: „entspricht nur dem Blick auf das einfache Gesetz“; vgl. schon zuvor ders., DÖV 1978, 189 (191). 222 Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7; vgl. weiterhin Rn. 9, 12.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

283

[Die Bodennutzbarkeit] muß – in den Schranken des Bebauungsplans […] – den Gegenstand subjektiver Eigentümerrechte bilden. Diese Rechte genießen unter näher zu bestimmenden Voraussetzungen den Schutz der Eigentumsgarantie. Insbesondere muß das subjektive öffentliche Recht zu bauen unter solchen Voraussetzungen, in solchem Umfang und so beständig eingeräumt werden, daß der privatnützigen Disposition des Eigentümers hinreichender Spielraum gegeben ist (Breuer, Bodennutzung, S. 178 f., ders., DÖV 1978, 191 f.).223

Nähere Ausführungen zur Bestimmung der „Voraussetzungen“, die erfüllt sein müssen, damit das solchermaßen öffentlich-rechtlich verliehene Recht zur Baunutzung den Schutz der Eigentumsgarantie genießen kann, finden sich nicht im Zusammenhang der aktuellen Darstellung224 seiner Konzeption. Eine ausführliche Beantwortung dieser ebenso auch schon früher gestellten Frage findet sich jedoch in seiner Habilitationsschrift, auf die sich Breuer fast durchgängig bezieht. Hiernach könnten – in Übereinstimmung mit der vom Grundansatz noch heute gültigen Auffassung des BVerfG225 – subjektive öffentliche Rechte nur dann in den Schutzbereich des Art. 14 GG einbezogen werden, wenn sie sich als Äquivalent eigener Leistung erwiesen.226 Fehlt es jedoch daran, so sei ein solches subjektives öffentliches Recht „kein ,Eigentum, sondern nur einseitig gewährte Position“. Ihr Bestand werde „durch die Eigentumsgarantie nicht gesichert“, sondern unterliege „grundsätzlich hoheitlicher Disposition“.227 Vor allem die „nicht ausgeübte Nutzbarkeit als solche“ besitze keine Eigentumsqualität.228 Erfüllt seien die Voraussetzungen demgegenüber neben zwei weniger bedeutsamen Fallgruppen229 vor allem dann, wenn ein „Inswerk223

Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7, Hervorhebung nicht im Original. Überzeugend erscheint übrigens die im Anschluss an die Darstellung seiner eigenen Konzeption folgende Negativabgrenzung, mit der Breuer sich von einem vorstaatlichen, umfassend und rein privatrechtlich verstandenen Eigentum distanziert, wie dies in der Lehre von der unmittelbar aus Art. 14 GG abgeleiteten Baufreiheit noch immer implizit zum Ausdruck kommt. Siehe Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 8, wo allerdings nicht auf den insoweit entscheidenden Art. 14 I 2 GG abgehoben wird (vgl. allerdings Rn. 10). So aber schon seiner Zeit voraus ders., Bodennutzung (1976), S. 164. 225 Vgl. die Nachweise oben S. 257, Fn. 109. 226 Breuer, Bodennutzung (1976), S. 183, 196. 227 Breuer, Bodennutzung (1976), S. 189, 193. Allerdings seien von der Gesetzgebung die „Postulate des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 I GG)“ zu beachten, S. 197 ff. 228 Breuer, Bodennutzung (1976), S. 193, 200, die Nutzbarkeit erschöpfe sich in einer einseitig verliehenen öffentlich-rechtlichen Position, die deshalb hoheitlicher Disposition unterworfen sei. Vgl. auch S. 197, 202, wo ausgeführt wird, die Bebaubarkeit werde ja erst durch Leistungen der öffentlichen Hand, insbesondere durch deren Infrastrukturmaßnahmen, ermöglicht. 229 In der Praxis ohne nennenswerte Relevanz bliebe die Möglichkeit, die Eigentumsfestigkeit der Bebauungsbefugnis dadurch zu erreichen, dass ein „privater Siedlungsträger“ „freiwillig die normalerweise von den Gemeinden getragenen Planungs-, Erschließungsund Folgekosten“ übernähme und so – in Parallele zu den Ansprüchen aus der Sozialversicherung – eine „quasi-synallagmatische“ Leistung erbringen würde, so Breuer, Bodennutzung (1976), S. 201 f., sowie S. 183 f. Eine solch „quasi-synallagmatische“ Leistung sei jedoch auch dann erbracht, sofern der Gesetzgeber einen Planungswertausgleich (dazu ausführlich Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 184 ff.) erhebe; die dementsprechende Planungs224

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

setzen“ der verliehenen Bebaubarkeit durch tatsächliche bauliche Nutzung stattgefunden habe.230 Es ist zwar wegen fehlender expliziter aktueller Angaben nicht sicher, in welcher Weise Breuer nun die öffentlich-rechtlich verliehene Bebauungsbefugnis in den Schutzbereich des Art. 14 GG einbeziehen will, um ihr den von ihm so betonten Schutz zukommen lassen zu können. Sofern man aber für die Unterschutzstellung subjektiver öffentlicher Rechte (in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung und zumindest der jetzigen Ansicht Breuers)231 die Äquivalenz dieser Rechte zur eigenen Leistung als Voraussetzung annehmen will, sind keine weiteren232 Fallgruppen ersichtlich, in denen man von solch einer eigenen „Leistung“ des Begünstigten ausgehen könnte.233 Geschützt wäre also im Wesentlichen nur die schon durchgeführte bzw. begonnene Bebauung. b) Überprüfung der einfachrechtlichen Auslegung: Abspaltung der Bebauungsbefugnis vom Grundeigentum? Die Grundvoraussetzung einer solchen eine staatliche Verleihung der Baubefugnis annehmenden Lehre verdient es, näher in den Blick genommen zu werden. Hierbei handelt es sich um die Annahme, die Bebauungsbefugnis sei aus dem Zuordnungsverhältnis des Grundeigentümers abgespalten, um ein eigenständiges rechtliches Zuordnungsverhältnis in Form einer öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung zu begründen. Die Ansicht, es gebe eine eigenständige Nutzungsordnung im Zusammenhang mit dem Grundeigentum, kann dabei nicht ohne weiteren Argumentationsaufwand abgetan werden.234 Schließlich ist gerade durch den Nassauskiesungsbeschluss235 – Synonym der neuen Eigentumsdogmatik – ins Bewusstsein gerückt,

leistung sei wegen dieses auf eigener Leistung beruhenden Ausgleichs eigentumsrechtlich verfestigt, S. 202 ff. Unter den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes und speziell der Plangewährleistung ständen auch die Aufwendungen (nicht jedoch die Nutzbarkeit selbst) unter Eigentumsschutz, die für die Vorbereitung einer zunächst zulässigen Nutzung erbracht worden seien, S. 209 ff. sowie S. 185 ff. 230 Breuer, Bodennutzung (1976), S. 204 ff. sowie S. 184 f. 231 Damals ging Breuer jedoch davon aus, das Leistungskriterium müsse ebenso auf private Rechte Anwendung finden, vgl. sogleich S. 286 bei Fn. 240. 232 D. h. über die damals von Breuer beschriebenen hinausgehenden Fallgruppen. 233 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1071), spricht – überzeugend – schon unter Einschluss der von Breuer konstruierten Fallgruppen von „schier unüberwindlichen Schwierigkeiten“ festzulegen, was die eigentumsgeschützte „eigene Leistung“ des Eigentümers sei. 234 Siehe im Wesentlichen wie im Folgenden (bzw. bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 163 ff.) jetzt auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 54 ff. 235 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Abspaltung der Grundwassernutzung a. A. Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 429 ff. m. w. N.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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dass es eine legitime Handlungsform des Gesetzgebers236 sein kann, eine bestimmte Nutzungsbefugnis vom Grundeigentum abzutrennen.237 236 Es geht also – angesichts der Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie – zunächst darum, die Gestaltung durch den einfachen Gesetzgeber nachzuvollziehen. Die Frage kann nicht dadurch entschieden werden, indem man versucht, unvermittelt aus der Verfassung zu extrahieren, ob die Baufreiheit geschützt ist oder nicht, siehe näher S. 271, Fn. 166. Ebenso ist es nicht durchschlagend, direkt beispielsweise auf die wirtschaftliche Bedeutung der Bebauungsnutzung zu verweisen (Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 64 nennt insoweit beispielhaft Wahlhäuser, Planungsschadensrecht (2002), S. 24). Dies ist eine Frage, die bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit entscheidend sein kann. Zunächst aber geht es darum nicht, sondern allein darum, was denn der einfache Gesetzgeber tatsächlich geregelt hat, vgl. dies betonend Heemeyer, ibid. Dass aus der wirtschaftlichen Bedeutung allerdings Rückschlüsse bei der Auslegung des einfachen Rechts gezogen werden können, wird sogleich näher erläutert. 237 Siehe insoweit auch Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 III 3 (S. 2188) mit Verweis auf weitere gesetzlich vorgenommene Abspaltungen. Allerdings ist die dem Nassauskiesungsbeschluss zugrundeliegende Rechtslage zu komplex, als dass man dort ohne weiteres terminologisch von einer „Abtrennung“ sprechen könnte. Zunächst ist zu beachten, dass es sich nach Auffassung des BVerfG bei der Regelung des WHG nicht um ein Abtrennen einer zuvor vom BGB gewährten, dem Grundeigentum zugeordneten Befugnis geht – der Gesetzgeber des BGB habe in Ansehung des Art. 65 EGBGB nicht die Kompetenz zum Erlass bürgerlich-rechtlicher die Nutzung des Grundwassers betreffender Vorschriften gehabt, BVerfGE 58, 300 (333), Beschl. v. 15.7.1981, vgl. unten S. 288 bei Fn. 251; so heißt es denn auch an anderer Stelle: „Der […] Weg, die Benutzung des Grundwassers einer vom Oberflächeneigentum getrennten öffentlich-rechtlichen Ordnung zu unterstellen, ist weithin eine Fortschreibung der durch das frühere Wasserrecht bereits vorgezeichneten Rechtsentwicklung“, ebd. S. 341 (Hervorhebung nicht im Original); undifferenziert allerdings noch BVerfGE 10, 89 (113), Urt. v. 29.7.1959, wo von der „Befugnis des Grundeigentümers, ohne wasserrechtliche Verleihung über das Grundwasser zu verfügen“ gesprochen wurde (Hervorhebung nicht im Original). Die Neuregelung des WHG (im Übrigen nicht erst durch die Einführung des § 1 a III Nr. 1 WHG, dem allein Klarstellungsfunktion zukommt, vgl. ebd. S. 329) bezog sich somit allein auf den selbstständigen, vom Grundeigentum schon losgelösten Rechtskreis (auch) betreffend die grundwasserbeeinträchtigende Nutzung. Um eine Abtrennung vom Grundeigentum i. S. d. § 903 BGB ging es deshalb genau genommen nicht. Allenfalls ging es um die Abtrennung einer „vergleichbare[n] Rechtsstellung“ (vgl. ebd. S. 334 sowie 349), die aufgrund landesrechtlicher Regelung in wie auch immer näher zu qualifizierenden Anlehnung (Verknüpfung der Rechtsinhaberschaft) an das Eigentum an Grundstücken geschaffen wurde. Insoweit ging es genau betrachtet indes nicht nur um eine „Abtrennung“, sondern eine Auflösung dieses (eigenständigen) Zuordnungsverhältnisses, um stattdessen eine öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung ohne feste Zuordnungen zu errichten. Allerdings kann die eigentumsgrundrechtliche Kontrolle eines Gesetzes nur unter Feststellung der freiheitssichernden und allgemeinwohlsichernden Bedeutung eines Zuordnungsverhältnisses vonstatten gehen (siehe oben S. 103 ff.). Die diesbezügliche Bedeutung der (teilweise) durch Landesrecht allein dem Grundeigentümer i. S. d. § 903 BGB zugestandenen Rechte erschließt sich nur in Zusammenschau mit den sonstigen dem Grundeigentümer zugestandenen Befugnissen. Wenn auch aufgrund der seit jeher getrennten Rechtskreise von einer Abtrennung vom Grundeigentum im eigentlichen Sinne nicht gesprochen werden kann, so mag die verfassungsrechtliche Beurteilung sich deshalb nicht wesentlich von der Kontrolle unterscheiden, die vorzunehmen wäre bei einer Rechtslage, bei der die wasserbeeinträchtigende Befugnis unmittelbar dem Grundeigentum i. S. d. §§ 903, 905 BGB zugeordnet wäre. In diesem Sinne wird man auch BVerfGE 58, 300 (339), Beschl. v. 15.7.1981, verstehen müssen, wo nach der Verletzung der Eigentumsgarantie gefragt wird, „weil die Befugnis zur Benutzung des

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Zur Beantwortung der hiermit aufgeworfenen Fragestellung sind jedoch noch weitere, oben schon angesprochene Eckpunkte der herrschenden Eigentumsdogmatik in den Blick zu nehmen. Vor allem ist zu betonen, dass für die Qualifizierung eines rechtlichen Zuordnungsverhältnisses als Eigentum unterschiedliche Anforderungen gelten, je nachdem, ob es sich um im öffentlichen Recht oder im bürgerlichen Recht238 gründende Zuordnungsverhältnisse handelt. Denn nur die durch das öffentliche Recht gewährten Rechtspositionen werden nicht generell in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie einbezogen, sondern nur dann, wenn sie sich als Äquivalent zur eigenen Leistung des Begünstigten darstellen.239 In seiner Habilitationsschrift vertrat Breuer jedoch noch eine davon abweichende Auffassung.240 Dort ging er davon aus, dass dieses für subjektive öffentliche Rechte herangezogene Leistungskriterium ebenso auf privatrechtlich begründetes Eigentum angewendet werden sollte („Generalisierung der leistungsorientierten Eigentumsbewertung“). Schließlich beruhe zum einen das Leistungskriterium auf „wohlerwogenen Gründen“, zum anderen sei eine Besserbehandlung des privaten Eigentums nicht zu rechtfertigen.241 Folgerichtig führte nach seinem damaligen Verständnis es zu keinerlei rechtspraktischen Unterschieden, ob man ein Eigentumsrecht als öffentlichrechtlich oder privatrechtlich qualifiziert. Nunmehr242 wiederholt Breuer diese Grundwassers prinzipiell vom Grundeigentum getrennt ist und einer öffentlich-rechtlichen Ordnung untersteht“. Folglich kann vereinfachend die Entscheidung vom 15.7.1981 als ein Beispiel für die Frage nach der „Abtrennung“ einer Nutzung wohl herangezogen werden (vgl. jedoch präziser im Hinblick auf die Frage nach der Qualifizierung des WHG als Inhalts- und Schrankenbestimmung oben S. 54, Fn. 131 sowie S. 73, bei Fn. 190). Bezüglich der Bodennutzung durch Bebauung gilt allerdings, dass es insoweit an einer Vergleichbarkeit zum Wasserrecht mangelt, da eine schon immer bestehende Trennung von Bebauungsbefugnis und Grundeigentum nicht angenommen werden kann, da das Bauplanungsrecht erst in einem länger anhaltenden Prozess die bestimmende Stellung einnehmen konnte, die ihm heute beigemessen wird, vgl. etwa Finkelnburg, in: Finkelnburg/Ortloff, BauR, Bd. I (1998), § 2, II (S. 5 ff.). Dagegen gab es hinsichtlich des Wasserrechts nicht nur seit jeher eine rechtliche Selbstständigkeit, sondern es fehlte darüber hinaus in einigen Ländern eine eigentumskräftige Zuordnung von wasserbeeinträchtigenden Nutzungen gänzlich (siehe BVerfGE 58, 300 (302), Beschl. v. 15.7.1981). Zur Rechtsansicht des BVerfG zur Frage nach dem Zusammenhang von Bebauungsnutzung und Grundeigentum vgl. unten S. 290, Fn. 257. 238 Zur Frage, wie zwischen privatem und öffentlichem Recht zu unterscheiden ist, siehe die Nachweise bei Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), 65. 239 BVerfGE 95, 64 (82), Beschl. v. 15.10.1996: „Auf die Frage, ob und inwieweit ein vermögenswertes Recht sich als Äquivalent eigener Leistungen darstellt, kommt es bei privatrechtlichen Eigentumspositionen nicht an. Sie hat nur für den Eigentumsschutz subjektiver öffentlicher Rechte Bedeutung“. Vgl. ferner die Nachweise oben S. 257, Fn. 109 f. 240 Bodennutzung (1976), S. 219 ff. 241 Vgl. noch zur Verwobenheit des öffentlichen mit dem privatrechtlichen Rechtskreis, die eine solch kategorische Unterscheidung als nicht mehr angemessen erscheinen lasse, ders., Bodennutzung (1976), S. 175 ff. 242 In: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7 ff.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

287

These nicht mehr. Allerdings tendiert er noch immer deutlich dazu, die sich aus der unterschiedlichen Einordnung nach Maßgabe der herkömmlichen Auffassung ergebene Differenz in der Reichweite des Eigentumsschutzes zu marginalisieren.243 Mangels durchgreifender Einwände gegen die Rechtsprechung des BVerfG und der herrschenden Meinung wird hier im Folgenden dagegen ausdrücklich der Frage nachgegangen, ob ein möglicherweise als Eigentum zu qualifizierendes Zuordnungsverhältnis im Privatrecht oder im Öffentlichen Recht wurzelt.244 Weiterhin muss daran erinnert werden, dass es aufgrund des Art. 14 I 2 GG sowohl zur Ermittlung des exakten Umfangs eines eigentumsvermittelnden normativen Zuordnungsverhältnisses als auch seiner „Herkunft“ einzig auf die tatsächliche Ausgestaltung durch den einfachen Gesetzgeber ankommt, es sich somit zunächst um eine Auslegungsaufgabe handelt, die sich autonom auf der Ebene des einfachen Rechts bewegt.245 Vor diesem Hintergrund ist nun noch einmal die Frage zu stellen: Gewährt die einfache Rechtsordnung tatsächlich das – nur sehr eingeschränkt bestehende – Recht zur Bebauung als Teil der privatrechtlichen Zuordnung an den Grundstückseigentümer, wie dies oben dargelegt wurde?246 Unterliegt man mit dieser Aussage einem einfachrechtlichen Auslegungsfehler, da in Wahrheit diese Befugnis hiervon abgetrennt ist und einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung entstammt? Betrachtet man den Wortlaut aller die Baunutzung betreffenden Regelungen, so ist festzustellen, dass auf der einen Seite gemäß den §§ 903, 905 BGB ausdrücklich alle Formen der Nutzung des Grundeigentums und damit auch die durch Bebauung dem Eigentümer zugeordnet sind; auf der anderen Seite findet sich keine sonstige speziellere Norm, die eben diese Nutzungsform aus dem Zuordnungsverhältnis über das Grundeigentum ausschließt.247 In Parallele zu § 1 a III WHG hätte § 903 BGB diesbezüglich schließlich explizit außer Geltung gesetzt werden können: „Das Grundeigentum berechtigt nicht zur Nutzung des Bodens durch Bebauung.“248 Der Vergleich zum WHG zeigt damit, dass der Wortlaut zunächst einmal ernst genommen werden darf, dass also die Bebaubarkeit als eine kraft §§ 903, 905 BGB – und in Verbindung 243 Vgl. etwa ebd. Rn. 9; zur sehr wohl bestehenden praktischen Relevanz vgl. dagegen unten S. 296 ff. 244 Siehe zur sachlichen Begründung näher oben S. 258 bei Fn. 117. 245 Siehe näher oben S. 259 bei Fn. 121 sowie S. 261 bei Fn. 124. 246 Ab S.261. 247 Wobei die bildliche Ausdrucksweise des „Hinwegnehmens“ nicht als Hinweis auf ein zunächst umfassendes Recht missverstanden werden kann, vgl. nur BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981. 248 Vgl. auch die Wiedergabe eines nicht verwirklichten und auch unveröffentlicht gebliebenen Regierungsentwurfs zur Novellierung des BBauG, in dem eine Vorschrift aufgenommen war, wonach „die Befugnis zur baulichen Nutzung […] nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes […] eröffnet, ausgestaltet und beendet“ werden sollte, bei Breuer, Bodennutzung (1976), S. 169, der entsprechend seiner Auffassung in einer solchen Novellierung nur ein deklaratorisches Bekenntnis gesehen hätte.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

mit dem differenzierten öffentlich-rechtlichen Reglementarium – aus dem Grundeigentum fließende Nutzungsform zu qualifizieren ist. Allerdings bleibt weiterhin zu überprüfen, ob nicht möglicherweise der gesetzlichen Regelung eine konkludente249 Abtrennung der Bebaubarkeit aus dem Rechtsverhältnis über das Grundeigentum zu entnehmen ist. So könnte man sich zunächst darauf beziehen, dass nach Ansicht des BVerfG nicht erst seit der Einführung des § 1 a III WHG bezüglich der Grundwassernutzung von einer eigenständigen, vom Grundeigentum abgetrennten öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung auszugehen sei; die Novellierung habe nur klarstellenden Charakter gehabt.250 Ebenso könnte – unter Zugrundelegen dieses Verständnisses des BVerfG – auch hier vorgetragen werden, die Baunutzbarkeit sei konkludent abgetrennt. Genau betrachtet fehlt es indes insoweit an einer Vergleichbarkeit zum vom BVerfG entschiedenen Fall. Schließlich hat das BVerfG schon vor Erlass des WHG eine andere ausdrückliche normative Grundlage für die Verdrängung der §§ 903, 905 BGB herangezogen. Es sah auch die privatrechtliche Regelung des Wasserrechts aufgrund des Art. 65 EGBGB landesrechtlicher Regelung überlassen; wegen der damit „selbständigen und getrennten Rechtsgebiete“ sei die „Geltung des § 905 BGB [schon deshalb] für das Grundwasser ausgeschlossen“.251 An einem höchstrichterlichen Präzedenzfall für eine bloß konkludente Abspaltung fehlt es folglich. Stattdessen bleibt festzuhalten, dass die Rechtslage beim Wasserrecht, wie sie überzeugend vom BVerfG dargestellt wird, einen entscheidenden Unterschied zu derjenigen zur Baunutzung aufweist: Es gibt – und gab schon immer –252 einen ausdrücklichen normativen Anhaltspunkt für eine Abtrennung. Ferner ist mit Leisner253 auf die eklatante Unterschiedlichkeit hinzuweisen, die zwischen den Nutzungsformen des Einwirkens auf das Grundwasser einerseits und der Bebauung andererseits besteht. Der weitaus größte Teil der Grundeigentümer denkt nun einmal nicht im Entferntesten daran, den in seinem Eigentum stehenden Grund und Boden durch Nassauskiesung auszubeuten. Mit Recht spricht Leisner 249

Augenfällig ist, dass bei Breuer sowie bei den sonstigen Befürwortern einer abgetrennten Bebauungsbefugnis die Kennzeichnung ihrer Auslegung als „konkludente“ Abtrennung nicht auftaucht. Sachlich ist eine solche Qualifizierung gleichwohl zwingend. 250 BVerfGE 58, 300 (305, 329), Beschl. v. 15.7.1981. Breuer ging konsequenterweise schon 1976 davon aus, dass es sich bei einer möglichen ausdrücklichen gesetzgeberischen Kennzeichnung der Bebauungsbefugnis als ein öffentlich-rechtlich verliehenes Recht nur um eine „deklaratorische Klarstellung“ handeln würde (Bodennutzung, S. 169 f.), siehe schon soeben Fn. 248. 251 BVerfGE 58, 300 (333), Beschl. v. 15.7.1981, siehe dazu auch soeben S. 285, Fn. 237. 252 D. h. auch vor der Einführung des § 1 a III WHG. 253 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1068 f.); vgl. ferner Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 1994), Rn. 78 f. Auch Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 12 erkennt an, dass „die Bodennutzbarkeit hinsichtlich der Grundwasserbenutzung und des Bauens materiell nicht gleichgesetzt werden“ dürfe. Gleichwohl betont er dort nachdrücklich, dass die im Nassauskiesungsbeschluss aufgezeigte Möglichkeit der Ausklammerung einer Nutzungsform eine allgemeingültige Erkenntnis sei.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

289

von der „gesamtnutzungsmäßigen Marginalität“ der grundwasserbeeinträchtigenden Nutzungsformen des Grundeigentums. Daraus folgt, dass derjenige, der sich auf Vergleiche mit dem Nassauskiesungsbeschluss254 berufen will, eben dieser schwer ins Gewicht fallenden Unterschiedlichkeit Rechnung tragen muss. Darüber hinaus spricht Folgendes gegen den Willen des Gesetzgebers, die §§ 903, 905 BGB hinsichtlich des Bebauens bloß konkludent zu verdrängen: Er hat sich hinsichtlich der „marginalen“ grundwasserbeeinträchtigenden Nutzungsform die Mühe einer klarstellenden Novellierung gemacht, sich dagegen solch einer Verdeutlichung im Hinblick auf die zentrale Nutzungsform des Bauens nicht bedient. Das Schweigen des Gesetzgebers wird so zu einem „beredten Schweigen“.255 Nicht nur der Nassauskiesungsbeschluss lässt sich nicht für die Verleihungsthese leichthin instrumentalisieren. Auch auf die konkreten Aussagen des BVerfG zur Streitfrage selbst kann man sich nicht berufen, um die Ansicht Breuers zu stützen.256 In Bezug auf die Nutzung durch Bebauung geht das Gericht in obiter dicta von einer

254

BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. Unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 167, 172 so auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 58 und S. 57. Man mache sich nur die Konsequenzen bewusst: Von dem Augenblick an, in welchem die rechtliche Regelung der Bebaubarkeit von Grundstücken eine solch dominierende öffentlichrechtliche Kodifizierung erlangt hat, dass nunmehr von einer Abspaltung ausgegangen werden müsste, hat ein materiell ganz entscheidender Umschlag stattgefunden (vgl. ausführlich unten S. 298 ff.). Vor Erlass dieser letzten Novelle konnte der Grundeigentümer sich des ungeteilten Schutzes der Eigentumsgarantie für die Nutzungsform des Bebauens auf Grundlage und im Rahmen der Gesetze sicher sein, nunmehr hingegen bedarf es der Erfüllung weiterer Kriterien wie vor allem des Erfordernisses der eigenen Leistung, d. h. etwa des „Inswerksetzens“ einer Nutzung (siehe eben S. 283 sowie sogleich im Text zu den eigentumsgrundrechtlichen Konsequenzen einer solchen Veränderung). Dies vor Augen ist es schwerlich nachvollziehbar zu glauben, der Gesetzgeber habe solch bedeutsame Änderungen (Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1068) bezeichnet diesen Umschlagspunkt als eine „wahrhaft revolutionäre Veränderung“) konkludent vorgenommen. Eine Entscheidung mit so weitreichenden Konsequenzen mangels expliziter gesetzgeberischer Äußerung zu einer zweifelhaften Auslegungsentscheidung verkommen zu lassen, deren exakte Grenze eben nicht konsensfähig auszumachen wäre, widerspräche dem Gebot der Rechtsklarheit. Weiterhin wäre es erstaunlich, wenn der Gesetzgeber nach inzwischen 40 Jahren seit Erlass des BBauG, durch welches schließlich spätestens der „Umschlag“ stattgefunden hätte, reagierend aktiv geworden wäre. Angesichts einer h. M. und Rechtsprechung, die eben keine Abtrennung annehmen (vgl. oben zu den Baufreiheitslehren, die sich diesbezüglich einig sind, S. 268, Fn. 157 sowie S. 276, Fn. 192), hätte sich der Gesetzgeber die Mühe machen sollen, der Rechtswelt ihre falsche Auslegung durch einen kurzen klarstellenden Einschub in das BauGB vor Augen zu führen. 256 Wiewohl Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7 schon BVerfGE 35, 263 (276), Beschl. v. 19.6.1973 in seinem Sinne verstanden wissen will und durch ständige Rückverweise gerade auf BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981 trotz Vermeidung einer ausdrücklichen Festlegung den Eindruck erweckt, als könne er sich für seine Ansicht zumindest ebenso der Autorität des BVerfG versichern wie dies die Vertreter der sog. Baufreiheit für sich proklamieren. 255

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Zuordnung zum Rechtsverhältnis des Grundeigentümers aus.257 Wenn das BVerfG den Bebauungsplan als eigentumsvermittelnde Inhalts- und Schrankenbestimmung betrachtet,258 dann stellt es dabei nicht die Zulässigkeitsfrage der Abtrennbarkeit vom Grundeigentum, der es sich mit soviel Sorgfalt im Falle des WHG gewidmet hatte. Ferner stellt es keine näheren Untersuchungen an, ob eine solche Rechtsposition überhaupt der Eigentumsgarantie unterfallen könnte: Beide Fragen hätten aber zwingend erörtert werden müssen, wollte das Gericht davon ausgehen, hierin eine auf öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage gewährte Rechtsposition zu sehen. Wenngleich nach allem auf den ersten Blick wenig dafür spricht, dass der Gesetzgeber eine konkludente Abtrennung vorgenommen hat, soll diese These nun im Einzelnen näher beleuchtet werden. Wie oben beschrieben, ist es entscheidendes Argument Breuers für die Befürwortung einer eigenständigen, vom Grundeigentum abgetrennten Nutzungsordnung, dass mehrfach nachdrücklich auf die vom Gesetzgeber geschaffene einfachrechtliche Rechtswirklichkeit verwiesen wird: Danach wurzele der für den Einzelnen bedeutsamste Teil der Regelungen über die Bebaubarkeit im öffentlichen Bauplanungsrecht.259 Nach Breuer soll man folglich aus der überragen257 BVerfGE 58, 300 (345), Beschl. v. 15.7.1981: „Von jeher betraf das Nutzungsrecht des Grundstückseigentümers in erster Linie die Oberfläche des Grundstücks“; auf diese Passage macht zu Recht Schönfeld, Nutzungsbeschränkungen (1996), S. 99, aufmerksam; vgl. auch BVerfGE 58, 300 (333), Beschl. v. 15.7.1981: „Die Rechtsbeziehungen des Grundstückseigentümers zum Erdkörper wurden […seit In-Kraft-Treten des BGB] durch § 905 BGB geregelt.“ Was anderes soll hiervon umfasst sein, wenn nicht eben auch die bauliche Nutzung? Vgl. ferner BVerfGE 24, 367 (393), Urt. v. 18.12.1968, wo ganz selbstverständlich von der Verbindung der Nutzungsmöglichkeiten „mit dem Eigentumsrecht am Grundstück“ ausgegangen wird, und als Beispiel für eine „Verleihung“ erst die Umwandlung des Eigentums an den Deichgrundstücken in öffentliches Eigentum angesehen wird. Vgl. auch BVerfGE 95, 64 (83), Beschl. v. 15.10.1996, zu einer gewissen im Bereich des sozialen Wohnungsrechts bestehenden Befugnis des Eigentümers (Ablösemöglichkeit); dort heißt es: „Eine Isolierung der Ablösemöglichkeit aus dem Regelungszusammenhang des Wohnungsbindungsgesetzes mit der Folge, dass sie als eine ausschließlich auf staatlicher Gewährung beruhende Rechtsposition, der keine eigene Leistung des Inhabers entspricht, anzusehen wäre, ist nicht möglich. […] Bindungen und Lockerungen treten […] in einen derart engen Zusammenhang, dass sie nur gemeinsam den Inhalt des Eigentums an Sozialwohnungen ausmachen.“ Vgl. noch die Möglichkeit, zu BVerfG (3. K./I) NJW 1998, 3264 (3265), Beschl. v. 26.5.1998, gewisse Parallelen zu ziehen, wo es zur Nutzung von „Kraftwerken, Industrieanlagen […] und Kraftfahrzeugen“ heißt: „Die ,staatliche Zulassung dieser Nutzungen läßt nur die der grundrechtlichen Freiheit bis zur Feststellung der Rechtmäßigkeit gesetzte vorläufige Sperre entfallen, erweitert jedoch als solche nicht den Rechtskreis der privaten Nutzer“. 258 BVerfG (3. K./I) DÖV 2003, 376 (ebd.), Beschl. v. 19.12.2002; (1. K./I) NVwZ 1999, 979 (ebd.) ffi DÖV 1999, 777 (ebd.), Beschl. v. 22.2.1999; so wohl im Rückschluss BVerfGE 79, 174 (191 ff.), Beschl. v. 30.11.1988 (ebenso die Einschätzung bei BVerfG (3. K./I) DÖV 2003, 376 (ebd.), Beschl. v. 19.12.2002); ohne Benutzung des Terminus „Inhalts- und Schrankenbestimmung“ der Sache nach auch BVerfGE 70, 35 II (52 f.), Beschl. v. 14.5.1985 (unmittelbare Einschränkung der Befugnisse des Eigentümers in seinem „grundrechtlich geschützten Rechtskreis“ durch gewisse Festlegungen in Bebauungsplänen). 259 Vgl. im Wortlaut Breuer, in: Schrödter, BauGB (2007), § 42, Rn. 7: „Die Bodennutzbarkeit [hängt] nach den §§ 29 ff. BauGB […] entscheidend vom öffentlichen Bauplanungs-

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den Rolle des Bauplanungsrechts sowie aus dessen wesentlicher Beeinflussung durch außerhalb des Grundeigentums liegende Belange folgern können, dass die Bebaubarkeit konkludent abgetrennt wurde. Ein solcher Rückschluss ist jedoch nicht tragfähig. Zunächst muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass unter Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung dem Grundeigentümer kein Bebauungsrecht zugeordnet260 ist, das nicht zuvor (auch) planungsrechtlich normativ verfestigt wurde. Dabei ist es keine Besonderheit, dass hier öffentlich-rechtliche Normen vom Gesetzgeber dazu herangezogen werden, den Umfang einer im Privatrecht wurzelnden Rechtsposition zu umreißen.261 Deshalb ficht für sich genommen die empirische Feststellung der überragenden Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Normen das Verständnis der baulichen Nutzung als eines dem privatrechtlichen Zuordnungsverhältnis über das Grundeigentum zugehörigen Rechtes nicht an.262 Ein Gegenargument liegt in dieser Beobachtung folglich nur dann, wenn ein Maßstab behauptet werden könnte, an dem ablesbar wäre, ab welchem Grad öffentlichrechtlicher „Überformung“ eine Nutzung des bürgerlich-rechtlichen Grundeigentums nunmehr (nach dem Willen des Gesetzgebers) als durch eine eigenständige öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung geregelt zu denken wäre. Nicht die Beschreibung der Rechtswirklichkeit allein, sondern erst die Verbindung des empirischen Befunds mit einer wie auch immer im Einzelnen gefassten Auslegungsregel zur Frage, ob eine eigenständige abgetrennte Nutzungsordnung vorliegt, ließe sich als Argument zur Stützung der Ansicht Breuers werten.263 recht sowie von der gemeindlichen Bauleitplanung und Erschließung ab. Die Bodennutzbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage mithin im öffentlichen Recht“. Dies ist im Übrigen auch das ganz zentrale Argument sämtlicher sonst eine Bebauungsverleihung annehmenden Stimmen, dazu näher unten S. 303 ff. 260 Im Sinne der sog. subjektiven Rechtsstellungsgarantie. 261 Vgl. oben S. 259 bei Fn. 120. 262 So auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 58. Vgl. ferner Huber, DÖV 1999, 173 (175), der dort darauf hinweist, dass all jene zahlreichen planungsrechtlichen Einschränkungen gleichwohl immer nur als Einschränkungen der Baufreiheit verstanden wurden, ohne – das ist hinzuzufügen – dass der offensichtliche empirische Befund das zu ändern vermochte. 263 Zustimmend zu dieser Argumentation Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 138 in und bei Fn. 579. An anderer Stelle möchte er allerdings zunächst die etwaige Verleihung der Bebauungsbefugnis als Folgefrage des Problemes erkennen, ob einzelne Befugnisse oder die Gesamtrechtsstellung maßgeblich sind bei der Qualifizierung als Eigentum (S. 132, insgesamt dazu S. 120 – 131). Dies ist zumindest missverständlich. Wer nämlich einer Verleihung der Bebaubarkeit das Wort redet, muss damit nicht die prinzipielle Maßgeblichkeit der Gesamtrechtsstellung in Zweifel ziehen. Andernfalls müsste man nicht von einer Abspaltung reden, sondern könnte sich sogleich um die Qualifizierung der einzelnen Befugnis kümmern. Es ist daher kaum zutreffend, dass die von Appel aufgeworfene Frage „Hauptgegenstand des rechtswissenschaftlichen Streites um den Eigentumsschutz der Baubefugnis“ ist. Wenn Appel hingegen auf Entscheidungen des BVerfG verweist, bei denen sich das BVerfG wohl implizit die Frage gestellt hat, inwieweit es auf die Gesamtrechtsstellung oder aber die einzelne Befugnis

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Eine solchermaßen zugespitzte Argumentation lässt sich den Ausführungen Breuers264 gleichwohl nicht entnehmen, und das mit gutem Grund: Weder lässt sich ein Maßstab, anhand dessen der „Umschlagspunkt“ von zunächst privatrechtlich fundierter Baunutzungszuordnung in die ab dann erfolgende öffentlich-rechtliche Verleihung festgestellt werden kann,265 in irgendeiner Weise sachlich begründen,266 noch wäre ein solcher Maßstab in der Praxis handhabbar. Zu Letzterem führt Leisner ganz zu Recht aus: „Nie könnte ja, mit einer auch nur annähernden Sicherheit, festgestellt werden, wann sich der Umschlag […] in [eine bloße] ,Verleihung vollzöge.“267 Auch die sachliche Begründung einer solchen Auslegungsregel gelingt nicht. Schließlich sind keine Anhaltspunkte auszumachen, weshalb aus der besonderen Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Regelungen auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen ist, dieser wolle eine konkludente Abtrennung herbeiführen. Mehr noch, die Besonderheiten der zu regelnden Materie verbieten einen solchen Rückschluss. Dass nämlich öffentliche Regelungen in solch einem Maße und auf diese Weise268 – insoweit zutreffend von Breuer beschrieben – die Bebaubarkeit reglementieren, ist zwingend vorgegeben. Dies ist schließlich Konsequenz der Berücksichtigung der durch das Bebauungsansinnen des Einzelnen berührten Interessen der Allgemeinheit i. S. d. Art. 14 II GG.269 Um dieser seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung bei der Qualifzierung als Eigentum ankäme, so sind dies wohl Ausnahmen (siehe dazu ebd. S. 127 – 131). Grundsätzlich dürfte das von Appel befürwortete Ergebnis, auf die Gesamtrechtsstellung abzuheben, gemeinhin befürwortet werden. 264 Ebenso wenig wie denen der anderen Vertreter einer öffentlich-rechtlichen Baurechtsverleihung. 265 Ein Maßstab, der dann nach der Auffassung Breuers in concreto überschritten sein müsste, sodass also de lege lata von einer öffentlich-rechtlichen Verleihung ausgegangen werden müsste. 266 Ein solcher Maßstab müsste zudem auch auf andere denkbare Fälle als den der Baunutzung Anwendung finden können. Doch weder Breuer noch sonst jemand anderes hat es bislang vermocht, dahin gehende Argumente aufzuzeigen, obwohl – wie gezeigt – nur eine solche Argumentationsweise ihre Ansicht zu stützen vermocht hätte. Vielmehr begnügt man sich damit, immer wieder auf den empirischen Befund hinzuweisen, gänzlich unbeeindruckt sowohl von der Existenz der §§ 903, 905 BGB als auch davon, dass selbst die Vertreter der Baufreiheit sich ganz zu Recht alleinig von diesem empirischen Befund nicht angefochten fühlen. 267 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1070). Unter Rückgriff darauf sowie auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 167, 169 f. zustimmend auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 58 f. 268 D. h. unter Einbeziehung eines sog. Planungsvorbehalts, was ausdrücken soll, dass nicht nur formell überprüft wird, ob gesetzliche Vorschriften im Sinne eines präventiven Verbots dem Vorhaben entgegenstehen, sondern dass die Planung materiell erst in Ermessensausübung der beteiligten Behörden die Voraussetzungen der Bebaubarkeit eines Grundstücks schafft. 269 Vgl. anschaulich die von Wahl, DVBl. 1982, 51 (57), herangezogenen Zitate einer Schweizer Arbeitsgruppe: „Wer baut, nutzt die Infrastruktur und stellt damit – gewollt oder ungewollt – Ansprüche an das Gemeinwesen. […] Das Bauen ist mehr als Grundstücksnutzung, es ist bauliche Raumnutzung“.

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Folge zu leisten, kommt der Gesetzgeber nicht umhin, sich einer rigiden öffentlichrechtlichen270 Normierung zu bedienen.271 Zur Veranschaulichung: Ob ein neues Baugebiet im Westen oder im Osten einer Stadt ausgewiesen werden soll, oder ob eine solche Planung zunächst ganz unterbleibt, darauf kann der jeweils Einzelne augenfällig keinen eigentumskräftigen Anspruch im Hinblick auf die konkret von ihm gewünschte Entscheidung haben.272 Planung ist dabei nicht nur Interessenausgleich zwischen Belangen der Allgemeinheit wie dem Umweltschutz auf der einen und Eigentümerinteressen auf der anderen Seite, sondern auch Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Eigentümeranliegen selbst: Die den einen begünstigende Planungsentscheidung bedeutet oftmals für andere die Ablehnung deren eigener Wünsche. Solange Art. 14 II GG geltendes Verfassungsrecht ist, wird es deshalb für den Einzelnen unausweichlich bleiben, gesetzliche Regelungen hinzunehmen, die seine individuellen Bauwünsche von autonomen planungsrechtlichen Entscheidungen abhängig machen. Unterstellt, es sei ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers, die Bebauungsbefugnis privatrechtlich zu gestalten, so wäre also dieser Gesetzgeber gleichwohl durch Art. 14 II GG bindend dazu verpflichtet, durch das Planungsrecht in hinreichender Weise dem Wohle der Allgemeinheit zur einfachgesetzlichen Geltung zu verhelfen. Der Gesetzgeber ist also unabhängig davon, ob er die Bebauungsbefugnis in das Grundeigentumsverhältnis aus- oder eingegliedert sehen will, aus Sachzwängen gehalten, das Bauplanungsrecht so oder ähnlich wie in den §§ 29 ff. BauGB geschehen zu regeln. Folglich kann dann allein aus eben dieser Regelungsintensität kein Rückschluss auf einen bestimmten Willen des Gesetzgebers in Hinblick auf diese Zuordnungsfrage gezogen werden.273

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Vgl. zur Heranziehung des öffentlichen Rechts BVerfGE 58, 300 (344), Beschl. v. 15.7.1981, wonach zur Bewältigung von dem Gemeinwohl dienenden Aufgaben typischerweise das öffentliche Recht herangezogen wird, sowie BVerfGE 58, 300 (302), Beschl. v. 15.7.1981; dort wird vorgebracht, dass die Regelung des Preußischen Wassergesetzes vom 7. April 1913, in der versucht worden sei, „einen Ausgleich der verschiedenen am Grundwasser bestehenden Nutzungsinteressen mit privatrechtlichen Mitteln herbeizuführen“, aus heutiger Sicht als nicht mehr ausreichend eingestuft werden kann. Vgl. weiterhin Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 307, zur Heranziehung des öffentlichen Rechts. Vgl. allgemein zu den notwendig zu beachtenden, sachangemessenen Unterschieden zwischen öffentlichem und privatem Recht Ehlers, VerwR, in: Erichsen/ders., AVR (2006), § 3, Rn. 10 ff. 271 Die Notwendigkeit des modernen Planungrechts wird schließlich von niemandem in Frage gestellt. 272 Vgl. Wahl, DVBl. 1982, 51 (56). Eine Einbeziehung eines solchen Anspruchs in die subjektive Rechtsstellungsgarantie scheidet somit aus. 273 Andernfalls verböte man dem Gesetzgeber entgegen seiner aus Art. 14 I 2 GG folgenden verfassungskräftigen Gestaltungsfreiheit, eine bestimmte Befugnis so einem rechtlichen Zuordnungsverhältnis zuzuordnen, dass sie aufgrund dessen ohne Einhaltung weiterer Voraussetzungen des Schutzes der Eigentumsgarantie teilhaftig würde. Vgl. dazu S. 259 bei Fn. 121 sowie S. 261 bei Fn. 124.

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Ebenso wenig wäre es vor dem Hintergrund der durch Art. 14 I 2 GG verfassungsrechtlich zugewiesenen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zulässig, diesem im Sinne eines „venire contra factum proprium“ eine bestimmte Auslegung vorzugeben. So könnte man geneigt sein zu behaupten, es müsse ein widerspruchsfreies einfachrechtliches Auslegungsergebnis gefunden werden. Dies wiederum erfordere, dass die Zuordnung einer einzelnen Befugnis zum öffentlichen oder privaten Recht danach zu erfolgen hat, wo der jeweilige Regelungsschwerpunkt in Bezug auf diese Befugnis liege, nicht aber einzig am „Willen“ des Gesetzgebers. Ein solches Gegenargument gegen die hier vorgetragene Ansicht wäre jedoch nicht tragfähig. Es ist nämlich ganz und gar nicht widersprüchlich, wenn der Gesetzgeber eine in sachlichem Zusammenhang mit einem privatrechtlichen Zuordnungsverhältnis stehende Nutzungsbefugnis in das privatrechtliche Rechtsverhältnis miteinbezogen wissen will. Daran ändert sich nichts dadurch, dass man regelungstechnisch diese Befugnis ebenso gut verselbstständigt in einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung normieren könnte. Schließlich unterfällt diese Befugnis in Anbetracht der zutreffenden Rechtsprechung des BVerfG eben nur dann vollumfänglich und voraussetzungslos274 dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie, wenn ihre Rechtsgrundlage nicht öffentlich-rechtlicher Natur ist.275 Mit der Entscheidung über die Anbindung an den privaten oder an den öffentlichen Rechtskreis liegt es am Gesetzgeber, in welchem Maße eigentumsgrundrechtliche Freiheit hier eröffnet oder aber zumindest partiell verweigert werden soll. Dies ist eine entscheidende Gestaltungsaufgabe kraft seiner Kompetenz aus Art. 14 I 2 GG. Demgegenüber ist es eine belanglose, bloß regelungstechnische Frage, zu welchem Anteil die sich aus der Zusammenschau der gesetzlichen Regelungen ergebende Befugnis dabei dann durch privat- oder öffentlich-rechtliche Normen umrissen wird.276 Es fehlt somit eine dogmatische Handhabe, um aus der Dominanz öffentlichrechtlicher Normen in Bezug auf die bauliche Nutzbarkeit tatsächlich Rückschlüsse auf den Regelungswillen des Gesetzgebers ziehen zu können.277 Folglich muss dieser „nur“ empirische Befund für die Frage nach einer konkludent erfolgten Abtrennung der Bebauungsbefugnis ohne Relevanz bleiben.278 Es besteht also keinerlei Anlass, 274 Zustimmend Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 63. Voraussetzunglos deshalb, weil die Qualifizierung des Grundeigentums als Eigentum i. S. d. Eigentumsbegriffs des Art. 14 I 1 GG geklärt ist. Dass im Übrigen nicht jedwedes privatrechtliche Recht voraussetzungslos als Eigentum geschützt ist, hebt Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), 65, Fn. 224 hervor. 275 So ja die Prämisse dieser Untersuchung, siehe oben S. 286. 276 Zustimmend Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 65. 277 Ebenso Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 65. 278 Ergänzend sei hier noch auf Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 174, und dem zustimmend Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1071), hingewiesen, die in der Tatsache, dass nach geltendem Recht einzig der Bodeneigentümer „Verleihungsberechtigter“ der Bebauungsbefugnis sein kann, ein weiteres Indiz für die Verbindung der Baunutzung des Bodens mit dem Rechtsverhältnis des Grundeigentümers sehen.

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von einer stillschweigenden Derogation der §§ 903, 905 BGB auszugehen, ganz abgesehen davon, dass eine Abkehr von der ausdrücklichen Regelungsanordnung dieser privatrechtlichen Vorschriften in Anbetracht der herausragenden Stellung der Nutzungsform des Bebauens klar hätte erkennbar sein müssen.279 Mithin führt die ausdrückliche Normierung in Verbindung mit dem „beredten Schweigen“ dem Interpreten dieses einfachrechtlichen Zuordnungsverhältnisses das Auslegungsergebnis deutlich vor Augen: Aus der Zusammenschau aller die bauliche Nutzbarkeit regelnden Vorschriften ergibt sich, dass das auf Grundlage und im Rahmen aller einschlägigen Gesetze ausgeübte Recht zu bauen Bestandteil des Grundeigentums ist. Wenn auch die Rolle der öffentlich-rechtlichen Vorschriften hinsichtlich des tatsächlichen Umfangs des Rechts überragend ist und wenn auch die landesrechtlichen Vorschriften über die Erteilung der Baugenehmigung280 augenfälliger Beweis für diese insoweit konstitutive Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Normen sind, so ändert das nichts am Ergebnis der hier erörterten Frage: Das Recht zu bauen nach Maßgabe der öffentlich-rechtlichen Vorschriften und der §§ 903, 905 BGB wurzelt in der privatrechtlichen Eigentümerstellung am Grundstück und ist damit Bestandteil dieses eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnisses i. S. d. Art. 14 I 1 GG, ohne dass es noch auf die Frage der Äquivalenz zur eigenen Leistung ankäme. Der inhaltsbestimmende Gesetzgeber hat diese Befugnis nicht vom zivilrechtlichen Grundeigentum abgespalten, um sie dann von diesem Zuordnungsverhältnis losgelöst allein aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften einigen wenigen wieder zu verleihen.281 279

Siehe schon oben S. 289 bei Fn. 255. Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 64 schreibt: „Berücksichtigt man die erheblichen Auswirkungen einer völligen Abspaltung auf den Umfang des eigentumsgrundrechtlichen Schutzes baulicher Nutzungrechte (näher dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 175 ff., Huber, DÖV 1999, 173 (174)), so könnte eine Verlagerung der Befugnis in den Bereich des öffentlichen Rechts durch den einfachen Gesetzgeber wohl nur eindeutig und zweifelsfrei erfolgen ([…] widersprüchlich insoweit Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 146/166, der auch einen konkludenten Ausschluss für möglich hält, andererseits aber auf S. 167, Fn. 771 [jetzt: Fn. 255] und S. 172 [jetzt: soeben im Text] ausführt, dass eine Abkehr von der ausdrücklichen Regelungsanordnung der §§ 903, 904 BGB in Anbetracht der Wichtigkeit der Bebauung als Nutzungsform klar hätte erkennbar sein müssen.“ Heemeyer missversteht hier den Unterschied zwischen Prüfungsfrage („Obersatz“) und nachfolgendem „Argument“. Eine konkludente Abspaltung durch den einfachen Gesetzgeber kann nicht a priori ausgeschlossen werden. Sie ist zunächst einmal als einfachgesetzliche Ausgestaltung denkbar (insoweit eben „möglich“) und daher zu überprüfen. U. a. mit dem oben entfalteten Argument, dem Heemeyer sich in vollem Umfang anschließt, wird dann im Weiteren die Frage verneint, weshalb hier eine konkludente Abspaltung allerdings zu verneinen ist. 280 Vgl. etwa § 75 BauO NRW. 281 Das oben gefundene Auslegungsergebnis (S. 261 f.) ist folglich nicht zu korrigieren. Ergänzend sei angemerkt, dass in anderem Zusammenhang auch Di Fabio zur Rolle der §§ 903 ff. BGB ausgeführt hat, dass diese „bezüglich des Schutzumfangs aus Art. 14 I 1 GG einerseits nicht isoliert gesehen, andererseits aber auch nicht übersehen werden“ dürfen. Die §§ 903 ff. BGB stünden neben öffentlich-rechtlichen Normen, aufgrund derer etwaig notwendige Genehmigungen erteilt würden, siehe dens., Ausstieg aus der Kernenergie (1999), S. 122 f., bezüglich atomrechtlicher Genehmigungen; darauf bezogen a. A. Roßnagel, Verfassungsrechtliche Zulässigkeit, in: ders./Roller, Beendigung der Kernenergienutzung (1998),

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c) Ergänzend: Gebot der verfassungskonformen Auslegung Ist der exakte Umfang einer eigentumsvermittelnden Rechtsbeziehung festzustellen, so muss dabei auch immer das Gebot der verfassungskonformen Auslegung beachtet werden.282 Für die Frage nach der möglicherweise erfolgten konkludenten Abspaltung der Bebauungsbefugnis aus dem rechtlichen Zuordnungsverhältnis über das Grundeigentum bedeutet dies, dass unter Umständen aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einfachrechtliche Auslegung im Sinne Breuers ausgeschlossen ist. Das wäre nämlich dann der Fall, wenn eine solche Abspaltung nicht den verfassungsrechtlichen Maßstäben des Art. 14 GG genügen könnte und gleichzeitig die Zuordnung zum Grundeigentum als verfassungsmäßige einfachrechtliche Auslegungsalternative zur Verfügung stünde. Letztere Voraussetzung kann ohne weiteres bejaht werden. Die Zusammengehörigkeit von Bebaubarkeit und Grundeigentum ist angesichts des normativen Anknüpfungspunktes der §§ 903, 905 BGB zumindest eine Auslegungsalternative. Der erstgenannten Voraussetzung einer verfassungskonformen Auslegung, der Verfassungswidrigkeit der Abspaltung der Bebauungsbefugnis, muss hingegen nähere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies gilt allein deshalb, da nicht nur de lege lata das bereits gewonnene Auslegungsergebnisses abgesichert wird. Vielmehr käme diesen Überlegungen de lege ferenda entscheidende Bedeutung zu, wenn sich der Gesetzgeber in Zukunft anschicken sollte, durch Gesetzesänderung explizit eine öffentlichrechtlich fundierte Verleihung der Bebauungsbefugnis anzuordnen.283 Außerdem gewinnt man so einen Einblick in die rechtspraktische Tauglichkeit der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. 14 GG. Das überwiegende Schrifttum findet diesbezüglich klare Worte: Die Abspaltung der Bebauungsbefugnis verstoße gegen die Institutsgarantie284 des Art. 14 GG: „Die bauliche Nutzung von Grundstücken gehört zum elementaren Bestand der vermögensrechtlichen Betätigung, welcher der Privatrechtsordnung nicht gänzlich entzogen werden darf.“285 Auch wenn man nicht auf die Institutsgarantie zurückgreifen S. 33 f. (atomrechtliche Genehmigung als konstitutive Verleihung einer Rechtsposition). Eine solche aufgrund öffentlich-rechtlicher Gesetze erteilte Genehmigung, die eine Nutzung des zivilrechtlichen Grundeigentums betrifft, kann deshalb nach Di Fabio dem zivilrechtlichen Zuordnungsverhältnis über das Grundeigentum zugerechnet werden und unterfällt dann dem Schutz des Art. 14 I 1 GG, ohne dass es auf die für öffentlich-rechtliche Rechtspositionen geltende Voraussetzung des Äquivalents eigener Leistung ankommt. 282 Vgl. Hesse, VerfR (1995), Rn. 79 ff. m. w. N.; dort Näheres auch zum Verhältnis des Auslegenden zum Gesetzgeber. Speziell zu Art. 14 GG vgl. BVerfGE 98, 17 (45), Beschl. v. 8.4.1998. 283 Wie oben S. 287, Fn. 248 schon angemerkt, sei eben dies das Ansinnen in einem unveröffentlicht gebliebenen Regierungsentwurf zur Novellierung des damaligen BBauG der Fall gewesen, so Breuer, Bodennutzung (1976), S. 169. 284 Grundsätzlich ablehnend zur Konstruktion der Institutsgarantie oben ab S. 197. 285 Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (217), unter Berufung auf BVerfGE 24, 367 (389), Urt. v. 18.12.1968, und 58, 300 (339), Beschl. v. 15.7.1981, zur Frage nach dem elementaren

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will, hätte die einfachrechtliche Abspaltung der Bebauungsbefugnis zumindest der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu genügen.286 Fraglich ist zunächst, ob eine solche Abspaltung wirklich, wie vom überwiegenden Schrifttum (implizit in der Behauptung der Verletzung der Institutsgarantie) vorgetragen,287 eine Veränderung zu Lasten des Eigentums i. S. d. aus Art. 14 I 1 GG

Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung. Ferner Schönfeld, Nutzungsbeschränkungen (1996), S. 99; Grooterhorst, Raumordnung (1985), S. 126 ff.; Battis, BauR (1999), 3 III 1 (S. 65); Erbguth, BauR, in: Tettinger/ders./Mann, BVR (2007), Rn. 817. Im Ergebnis auch Wendt, Eigentum und Gesetzgebung (1985), S. 201 ff., allerdings mit weitergehender Begründung, da nach ihm die Institutsgarantie in Anbetracht des „traditionsbezogenen Garantiegehalts“ es auch erfordere, das Eigentum an beweglichen Sachen und an Grund und Boden als ein grundsätzlich umfassendes Herrschaftsrecht auszugestalten. Damit vertrage sich nicht die Vorstellung einer Abspaltung einer derart zentralen Nutzungsform ganz unabhängig davon, ob der eigenständigen Nutzungsordnung ein gleichwertiger Eigentumsschutz zukommen könne. Einen Verstoß gegen die Institutsgarantie verneinend demgegenüber Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 168. Siehe überdies schon Klein, Institutionelle Garantien und Rechtsinstitutsgarantien (1934), S. 113, zitiert oben S. 207, Fn. 738, wobei es hier allerdings in erster Linie um einen kommunistisch inspirierten Systemwechsel ging, der nur bedingt mit dem Ansinnen einer Abspaltung im Sinne Breuers vergleichbar ist. Denn danach soll schließlich zumindest durch Inswerksetzung das Recht zur Bebaung wieder eigentumskräftig und damit dem späteren Zugriff anderer entzogen werden. 286 Allgemein zur Anwendbarkeit unabhängig von Eingriffen in konkrete Rechtspositionen oben ab S. 125. Allein Peine, BauR (2003), Rn. 327 sowie Huber, DÖV 1999, 173 (175 linke Spalte; in der rechten Spalte wird dann unter Berufung auf Ehlers von einem Verstoß gegen die Institutsgarantie ausgegangen) sehen in einer Abspaltung – wie zu zeigen sein wird – insoweit überzeugend zunächst einmal einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil kein Grund ersichtlich sei, weshalb der „Baufreiheit“ der Eigentumsschutz genommen werden solle. Auch Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 64, sieht in der Konzeption einer „öffentlich-rechtliche[n] Beleihung“ einen Verstoß „gegen die Gebote der Verhältnismäßigkeit und der sachgerechten Abwägung“; es wird ein letztlich „grundrechtsfreie[r] Raum“ vermutet (Rn. 65); siehe ferner dens., Eigentum in der Planung, in: FS Hoppe (2000), S. 220 f.; vgl. insoweit ähnlich im Ergebnis sogleich bei Fn. 301. 287 Vgl. insoweit auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 59 f. mit einer allgemein gehaltenen Argumentation, weshalb die Ausgliederung zu einer „drastischen Entwertung der Eigentumsfreiheit der Grundeigentümer führen“ würde. Damit allein, ebenso wie mit der apodiktischen Feststellung von anderen, die Institutsgarantie sei verletzt, ließe sich Breuer vielleicht nicht überzeugen. Schließlich besteht Breuer gerade darauf, dass auch nach seiner Auffassung gleichwohl die Bebauung nach Maßgabe des öffentlichen Bau- und Planungsrechts zurückverliehen werde und dass sich darüber hinaus subjektivrechtliche Ansprüche ergäben. Es geht ihm hier also nicht um eine Überführung der Bebauungsbefugnis ins Volkseigentum oder dergleichen. Es bleibt auch bei Breuer eine gewisse Verbindung zum jeweiligen Grundeigentümer, sodass er selbst seine Auffassung keineswegs als revolutionär bezeichen würde (Breuer, Aussprache, VVDStRL 51 (1992), 320) Diese Ansicht bedarf daher einer detaillierteren Widerlegung.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

zu folgernden Abwägungsdirektive bewirkt.288 Die Beantwortung dieser Frage steht in engem Zusammenhang mit der nun schon mehrfach angeführten Auffassung des BVerfG und der herrschenden Meinung, wonach subjektive öffentliche Rechte im Unterschied zu privatrechtlichen Zuordnungsverhältnissen nur unter einengenden Voraussetzungen (vor allem: als Äquivalent eigener Leistung) in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallen.289 Vor Erlass290 einer so verstandenen Abspaltung der Bebauungsbefugnis stand dem bauwilligen Eigentümer bei Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen ein privatrechtlich fundiertes Recht auf diese Nutzungsform zu, das damit Teil seiner subjektiven Gewährleistung i. S. d. Art. 14 I 1 GG war.291 Ferner waren alle dieses Nutzungsrecht betreffenden Normen zwanglos als rechtfertigungsbedürftige Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu qualifizieren. Nach Abspaltung der Befugnis handelt es sich um eine öffentlich-rechtlich gewährte Rechtsposition. Will der Eigentümer nun überhaupt noch des Schutzes der Eigentumsgarantie teilhaftig werden, sich also bezüglich der Bebaubarkeit gegenüber staatlichen und sonstigen Eingriffen einen vermögensrechtlichen Freiraum schaffen, so ist es an ihm, zunächst Vorleistungen zu treffen: Eine normativ – vor allem bauplanungsrechtlich – bestehende Möglichkeit, ein konkretes Grundstück zu bebauen, müsste erst durch Erlangung einer Baugenehmigung und daran anschließendes „Inswerksetzen“ der solchermaßen verliehenen Bebauungsbefugnis eigentumskräftig verfestigt werden,292 bevor die Eigentumsgarantie auch nur irgendeinen Schutz in Bezug auf den Fortbestand dieser planungsrechtlichen Situation zu vermitteln im Stande wäre.293 Die frei288

Zur Abwägungsdirektive „zugunsten“ des Eigentümers aus Art. 14 I 1 GG sowie der dem entgegenstehenden, das Allgemeinwohl i. S. d. Art. 14 II GG zur Geltung bringenden Abwägungsdirektive vgl. näher oben S. 103 ff. 289 Siehe S. 257, Fn. 109 f. und S. 43 sowie zur Frage, wann eine solche Äquivalenz im Hinblick auf die Bebaubarkeit von Grundstücken gegeben sein kann, S. 283 f. 290 Wobei, wie oben schon ausgeführt, der „Erlasszeitpunkt“ einer Abspaltung der Bebauungsbefugnis vom Grundeigentum angesichts der schleichenden Entwicklung kaum präzise zu bestimmen wäre. 291 Weil jedenfalls Grundeigentum vom Eigentumsbegriff erfasst ist und insoweit die dazugehörigen Befugnisse voraussetzunglos vom Gewährleistungsgehalt des Art. 14 GG umfasst sind. Siehe auch Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 65, Fn. 224 zu zu weit geratenen Formulierungen bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 171, 175. 292 Vgl. zu den sonstigen wenig praxisrelevanten Möglichkeiten, eine Bebauungsbefugnis durch „eigene Leistung“ anzureichern, näher oben S. 283, Fn. 229. Siehe zu den dadurch entstehenden Schwierigkeiten ferner Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1071); Huber, DÖV 1999, 173 (174). 293 Allerdings muss beachtet werden, dass auch nach h. M. die tatsächliche Bebauung Relevanz hat, allerdings auf einer anderen Ebene. Denn die Eröffnung der Gewährleistung aus Art. 14 I 1 GG ergibt sich schon der normativen Verfestigung des Bebaubarkeit (vgl. dazu S. 264, Fn. 138), jedenfalls aber mit der Baugenehmigung, ohne dass es auf Weiteres ankäme. Will der Gesetzgeber jedoch baurechtliche Vorschriften zum Nachteil der Eigentümer ändern, so verengt sich der Regelungsspielraum hierzu umso mehr, als von solch einer Normierung tatsächliches Vertrauen der Eigentümer betroffen ist. Insoweit kommt dem „Inswerksetzen“ als besondere Vertrauensinvestition eine schutzverstärkende Funktion in Anbetracht der eigentumsgrundrechtlichen Kontrolle des Gesetzgebers zu.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

299

heitsschützende Funktion der Eigentumsgarantie verkehrt sich so partiell ins Gegenteil: zu einem fremdbestimmten Zeitpunkt294 müssen Handlungen vorgenommen werden, die einem ebenso fremdbestimmten Maßstab295 zu genügen haben, damit danach überhaupt erst einmal der Schutz des Art. 14 GG in Anspruch genommen werden kann.296 Darüber hinaus gilt ganz allgemein: Sind andernfalls nicht anwendbare Voraussetzungen zu erfüllen, damit die Baunutzungsmöglichkeit verfassungsrechtlich geschützt wird, so liegt schon in der Maßgeblichkeit eben dieser zusätzlichen Voraussetzungen eine Verkürzung von Eigentümerinteressen. Die nachteiligen Folgen i. S. d. der Abwägungsdirektive des Art. 14 I 1 GG können noch weitergehend präzisiert und in ihrer Tragweite ausgelotet werden. Wirkmächtigster Bestandteil der Eigentumsgarantie ist nicht die Gewährleistung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlich schon verfestigten konkreten Baunutzungsmöglichkeit. Dies ist vielmehr der Schutz in Form der verfassungsautonomen Einwirkung auf die Gestaltung des normativen Umfeldes, d. h. der gesetzlichen Reglementierung der Baunutzung insgesamt. Danach sind die Eigentümerinteressen angesichts der Zugehörigkeit des Grundeigentums zum grundrechtlich geschützten Vermögensbereich in einem Umfang zu beachten, der dem Grundrecht des Bürgers hinreichend gerecht wird. Das Eigentum und die ihm zugeordnete Nutzung sind um ihrer selbst willen geschützt, als Bestandteil der vom Staat grundsätzlich zu respektierenden fremden Vermögenssphäre.297 Bei einer Abspaltung müsste fortan anderes gelten. Dann käme es beim Planungsrecht nicht mehr „bloß“ auf eine den planungsspezifischen Anforderungen raumschaffende Wahrnehmung von Allgemeininteressen an. Ist die Baunutzung ein (im Rahmen der Pflichtbindungen) frei vom Staat verliehenes Recht, so fragt sich ganz grundsätzlich, wie und was für welche verfassungsrechtliche Grenzen dem Gesetzgeber bei seiner inhaltsgestaltenden Tätigkeit noch gesetzt werden können. Während zuvor in Anbetracht dessen, dass die Nutzung des Grundeigentums eine Handlung im staatsfremden Vermögensbereich ist, schon allein deshalb alle Einschränkungen rechtfertigungsbedürftig waren, stehen in konsequenter Fortführung des Abspaltungsgedanken zugunsten des Bürgers nun nur noch die von ihm in Bewegung gesetzten Anstrengungen und Geldbeträge zur „Inswerksetzung“ in Rede. Auf etwas anderes könnte sich, bleibt man einem solchen einfachrechtlichen Verständnis treu,298 der Betroffene hinsichtlich einer ihn belastenden 294

Der erstmaligen „Verleihung“ der Bebauungsbefugnis. Den vom Eigentumsschutz öffentlich-rechtlicher Positionen herrührenden Kriterien bezüglich des Äquivalents eigener Leistung. 296 Vgl. allgemein zum (auch marktwirtschaftlich gesehen unsinnigen) „Inswerksetzungszwang“ Leisner BB 1992, 72 (79); Huber, DÖV 1999, 173 (176). 297 Was natürlich keineswegs ausschließt, dass das „Inswerksetzen“ eigentumsgrundrechtlich irrelevant wäre, doch treten solche berechtigtes Vertrauen manifestierenden Handlungen nur verstärkend neben den allgemeinen Eigentumsschutz, vgl. soeben Fn. 293. 298 Dass sich die Vertreter einer Abspaltung in praxi niemals zu einem solch schutzminimierenden Konsequenz bekennen würden (vgl. sogleich zu Breuer Fn. 302), ändert nichts daran, dass ihr eigenes Konzept sie unbefangen betrachtet an sich dazu zwänge. 295

300

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Neuregelung nicht mehr berufen. Die „Eigentumsfähigkeit“ beruhte schließlich einzig auf der dieser Verleihung gegenüberstehenden Gegenleistung in Form des „Inswerksetzens“, die Verleihung selbst jedoch wäre bis dahin allein als staatliche Wohltat299 zu verstehen. Diese übrig bleibende Abwägungsposition im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung durch öffentliche Interessen überwiegen zu lassen, fällt dann folgerichtig auch nicht mehr schwer.300 Der Ursprung des Schutzes, die Verbindung dieser Nutzungsform mit dem unstreitig als solches vom Staat zu respektierenden Grundeigentum, ist durch eine solche Betrachtung weggefallen.301 Zwar sagt Breuer, das subjektive öffentliche Recht zu bauen müsse unter solchen Voraussetzungen und in solcher Beständigkeit eingeräumt werden, „dass der privatnützigen Disposition des Eigentümers hinreichender Spielraum gegeben“ sei.302 Gerade dies ließe sich angesichts des weggefallenen Schutzgrundes des privaten Eigentums am Grundstück eigentumsgrundrechtlich nicht mehr stringent begründen.303 Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der einfachrechtliche Gesetzgeber durch die Abspaltung der Bebauungsbefugnis vom Grundeigentum die durch die Eigentumsgesetze ausgeformte Vermögenssphäre der Bürger zum Nachteil der durch die Abwägungsdirektive des Art. 14 I 1 GG geschützten Eigentümerinteressen verändern würde. Unter Art. 14 II GG fallende Interessen der Allgemeinheit, die zugunster einer solchen nachteiligen Veränderung sprächen, sind – wenn überhaupt –304 kaum er299

Vgl. auch die Formulierung vom „Bebaubarkeits-Geschenk“ bei Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1072). 300 Nicht mehr die eigentlichen Interessen des Bürgers an eigenverantwortlicher Betätigung in seinem durch das Grundeigentum oftmals wesentlich geprägten Lebensbereich müssten in die Waagschale der eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung geworfen werden, sondern einzig seine (potentiellen) Aufwendungen hinsichtlich der verliehenen Baugenehmigung. Die wiederum lassen sich in Geld leicht aufwiegen. Der Kommerzialisierung des Eigentumsgrundrechts wäre für diesen zentralen Bereich die Tür weit geöffnet. 301 In letzter Konsequenz stellte sich darüber hinausgehend dann noch die Frage, ob und warum in Zukunft die die bauliche Nutzbarkeit regelnden Normen, die nicht direkt einwirken auf das „Inswerksetzen“ des Baunutzungswillens, überhaupt noch als Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu qualifizieren wären. Bei Verneinung einer solchen Qualifizierung stände in der Tat der grundrechtsfreie Raum zu befürchten, der im Schrifttum mitunter als Folge der Abspaltung befürchtet wird, vgl. etwa Ehlers VVDStRL 51 (1992), 211 (217: die öffentlichrechtliche Verleihung bewege sich „weitgehend im grundrechtsfreien Raum“); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 65. 302 Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7, vgl. schon oben S. 282, Fn. 222 f. m. w. N. 303 Sofern man darunter eben mehr als Schutz des bloßen Vertrauens in den Nutzen der einmal getätigten Investitionen verstehen möchte, dem der Staat größtenteils immer schon dann genügen könnte, wenn er nur den Wert dieser Investitionen zurückerstattete. 304 Es erscheint hier zumindest als zweifelhaft, solche Interessen überhaupt benennen zu können. Bei solchermaßen gänzlich fehlenden, unter Art. 14 II GG zu fassenden Allgemeinwohlinteressen gewährt Art. 14 GG gegenüber nachteiligen Veränderungen absoluten Schutz, vgl. oben S. 181 ff. Das bloß fiskalische Interesse an einem abstrakten Planungswertausgleich

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

301

sichtlich. Jedenfalls sind sie nicht so gewichtig, als dass das aus der Verhältnismäßigkeitsprüfung folgende Verdikt der Verfassungswidrigkeit dadurch vermieden werden könnte. Denn die hinter der Normierung des öffentlichen Baurechts stehenden, gewichtigen Allgemeinwohlinteressen können schließlich sehr wohl im Sinne der bürgerlich-rechtlichen Auslegungs„alternative“305 verwirklicht werden, und zwar durch öffentlich-rechtliche Einschränkungen des gleichwohl unbeschadet dessen weiterhin im Privatrecht wurzelnden Rechts am Grundeigentum. Für die darüber hinausgehende, zusätzliche Abspaltung der Bebauungsbefugnis können diese Allgemeinwohlinteressen angesichts ihrer gänzlichen Verwirklichung auf milderem Wege nicht mehr herangezogen werden.306 jedenfalls hat vor Art. 14 II, I 1 GG keinen Bestand, vgl. ausführlich dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 184 ff. 305 Oben wurde schließlich schon dargestellt, dass schon nach einfachrechtlicher Auslegung keineswegs von einer Abspaltung auszugehen ist, mithin insoweit nicht bloß von einer Auslegungsalternative, sondern von einem Auslegungsergebnis auszugehen ist, siehe S. 284 ff. 306 Zur Verdeutlichung: Natürlich mag es dem Gesetzgeber gelegener erscheinen, bei der Regelung von Gemeinwohlinteressen gänzlich ungebunden an Eigentümerinteressen seine Ziele zu verfolgen. Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass stattdessen der Gesetzgeber unter Zugrundelegen einer privatrechtlichen Verwurzelung der Baunutzung sehr wohl immer auch die Eigentümerinteressen in den notwendigen Ausgleich bei der Gestaltung der Eigentumsordnung miteinzubeziehen hat. Von dieser Metaebene aus betrachtet könnte man sagen, es gäbe ein „Gemeinwohlinteresse“ an einer Abtrennung, da durch die Abtrennung nämlich lästige Bindungen aus Art. 14 GG über Bord geworfen werden könnten. Eine solche Überlegung hilft jedoch nicht weiter, Art. 1 III GG. Wenn gem. Art 14 GG eben nicht Gemeinwohlinteressen die alleinige Direktive sind, die Eigentumsordnung zu gestalten, sondern dies in Abhängigkeit von einer Abwägung mit Eigentümerinteressen zu geschehen hat, so ist das „Freiwerden“ von Eigentümerinteressen an sich kein zulässiger Gemeinwohlbelang. Zurück zum oben Vorgetragenen: Hierbei geht es konkret um den Nachweis, weshalb für eine Abtrennung keine relevanten Gemeinwohlinteressen bestehen. Das gesamte Arsenal insbesondere öffentlich-rechtlicher Beschränkungen bleibt dem Gesetzgeber schließlich erhalten, um jedwedes Gemeinwohlinteresse verfolgen zu können, und zwar vollständig. Um – beispielhaft – ein bestimmtes Vogelschutzziel zu erreichen, ist es ausreichend, dem Grundeigentümer sämtliche insoweit Schäden verursachende Nutzungen (inkl. der Bebauung) zu verbieten oder ihn gar zu bestimmten positiven Maßnahmen zu verpflichten (um hier eine extreme Form gesetzgeberischen Beeinträchtigens zu benennen): Das konkrete Naturschutzziel wäre jetzt also schon in vollem Umfang gewährleistet. Darüber hinaus zusätzlich noch die Baunutzung abstrakt aus dem Eigentum auszugliedern, besteht dann kein Interesse mehr. Dies hätte schließlich keinen weiteren positiven Effekt mit Blick auf das zulässige Gemeinwohlinteresse, nämlich den angestrebten Naturschutz: Die gefährdete Vogelart pfeift bei „bloßem“ Verbot sämtlicher schädlichen privaten Nutzung genauso fröhlich als wäre die fragliche Nutzung vom Staat schon abstrakt vom Grundeigentum abgespalten (und dann nur gegebenenfalls wieder zurück-„verliehen“). Nun braucht an dieser Stelle nicht erörtert zu werden, ob nicht in bestimmten Fällen eine gewisse partielle Abtrennung von bestimmten Nutzungen doch nötig wäre, um ganz rigiden Schutz und sofortige Einwirkungsmöglichkeiten des Staates (statt vermittelt über den Eigentümer) garantieren zu können (vgl. insoweit den Gedanken beim Wasserrecht). Denn selbst wenn – was nachhaltig zu bezweifeln ist – dies in Randbereichen nötig wäre, gilt dies nicht allgemein für die Nutzung durch Bebauen. Diese muss also zumindest grundsätzlich und weitestgehend dem Grundeigentum zugeordnet bleiben, eben weil schon jetzt alle wesentlichen Gemeinwohlinteressen auch ohne Abspaltung realisiert werden können.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Damit steht fest, dass eine Auslegung des einfachen Rechts im Sinne einer konkludenten Abspaltung der Bebauungsbefugnis (bzw. de lege ferenda eine dahingehende explizite Neuregelung des Gesetzgebers) gegen die eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung verstieße und damit verfassungswidrig wäre. Somit bestätigt die Anwendung des Gebots verfassungskonformer Auslegung das ohnehin schon gefundene einfachrechtliche Auslegungsergebnis: Auch von Verfassungs wegen muss die Auslegungs„variante“ einer einfachrechtlichen Zuordnung der baulichen Nutzbarkeit in das im Privatrecht wurzelnde Rechtsverhältnis über das Grundeigentum gewählt werden. Die Bebauungsbefugnis ist nicht vom zivilrechtlichen Grundeigentum abgespalten (und in eine öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung überführt), sondern findet weiterhin hierin ihre privatrechtliche Rechtsgrundlage.307 d) Zusammenfassung Breuer hat das konstitutive Wirken des Gesetzgebers früh explizit herausgearbeitet und dabei auch die Erkenntnis gewonnen, dass das Eigentum, ebenso wie dies auch das BVerfG später besonders im Nassauskiesungsbeschluss308 betonte, gleichrangig und „zeitgleich“ durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprägt werden kann. Obgleich seine zentrale These der Abspaltung der Bebauungsbefugnis vom Grundeigentum sich als nicht überzeugend erwiesen hat, zwingen doch Breuers Ausführungen dazu, sich Klarheit über die eigenen dogmatischen Vorstellungen zu machen; eine Aufgabe, der die herrschenden Vorstellungen von der Baufreiheit kaum gerecht geworden sind. Denn der Behauptung Breuers, auch bei Zugrundelegung einer öffentlich-rechtlichen Verankerung der Bebauungsbefugnis ändere sich nichts am grundrechtlichen Schutzniveau309, kann nicht schlicht mit der zunächst ebenso wenig begründeten Auffassung begegnet werden, der Grundrechtsschutz entfalle weitestgehend bei einer Abspaltung dieser Nutzungsform. Vielmehr bedarf es der näheren argumentativen Zurückweisung, da zum einen Breuers einfachrechtliche Auslegung nicht zu überzeugen vermag; nach der sich derzeitig ergebenden Gesetzeslage kann nämlich keineswegs von einer Abtrennung ausgegangen werden. Zum anderen hielte eine Abspaltung einer Überprüfung am Maßstab der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht Stand. Schließlich wäre es dann erforderlich, zunächst eine eigene Leis-

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass beim eben genannten Vogelschutzbeispiel ein solch extremer Zugriff zumeist gegen Art. 14 GG verstieße. Es sollte mit dem Beispiel nur nochmals dokumentiert werden, dass schon jetzt das prinzipiell denkbare Arsenal des Gesetzgebers so umfassend ist, dass für eine zusätzliche Abspaltung wohl keinerlei durchgreifende Gemeinwohlinteressen benannt werden können. 307 Unter Verweis u. a. auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 173 ff. zustimmend Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 66. 308 BVerfGE 58, 300 (336, 330), Beschl. v. 15.7.1981. 309 Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. in Rn. 12 a. E.: „Für das materiell gebotene Maß des Eigentumsschutzes ist es unerheblich, ob die subjektive Rechtsstellung des Grundeigentümers durch privates oder öffentliches Recht eingeräumt ist“.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

303

tung zu erbringen,310 ohne dass dieses Erfordernis durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt würde. Was angesichts einer fehlgehenden herrschenden Eigentumsdogmatik vor dem Nassauskiesungsbeschluss311 noch angängig erschien, lässt sich bei Zugrundelegen des jetzigen Eigentumsverständnisses nicht mehr länger aufrechterhalten.312 2. Sonstige Stellungnahmen a) Vor dem Nassauskiesungsbeschluss Die Diskussion um die öffentlich-rechtliche Verleihung der Bebauungsnutzung nahm ihren Ursprung mehrere Jahre vor dem mit dem Nassauskiesungsbeschluss313 eintretenden Meinungsumschwung in der Eigentumsdogmatik.314 Unabhängig von daraus etwaig resultierenden Schwierigkeiten ist die noch heute oft praktizierte Inbezugnahme auf ältere Stimmen in der Sache zu hinterfragen. Die ständig vorgenommene Einbeziehung der Ausführungen Schmidt-Aßmanns in seiner Habilitationsschrift315 unter die Befürworter einer Baunutzungsverleihung316 beispielsweise erscheint unzutreffend zu sein.317 Wahl, auf welchen ferner des Öfteren als jemand ver310

Zur Erreichung eigentumsgrundrechtlichen Schutzes. BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 312 Zwar ist richtig, dass die These einer öffentlich-rechtlichen Begründung der Bebauungsbefugnis nicht „revolutionär“ (Breuer, Aussprache, VVDStRL 51 (1992), 320), weil systemsprengend und schon grundsätzlich undenkbar zu qualifizieren ist. Wenn sie deshalb auch keinen „Sturm der Entrüstung“ mehr hervorrufen muss (vgl. allerdings Leisner, DVBl. 1992, 1065), so ist die These gleichwohl wenig überzeugend. 313 BVerfGE 58, 300, Beschl. v. 15.7.1981. 314 Vgl. insoweit Böckenförde, Eigentum, in: Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft (1972), S. 220 ff., der in seinen allgemeinen Erläuterungen zu Art. 14 GG von einem allgemein sehr weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ausgeht (S. 216, 220). Es sind aber erst die kurz darauf vom BVerfG verfestigten Eingrenzungen durch ein wirkungsvolles objektives Abwägungsgebot sowie durch den Vertrauensschutz bei Eingriffen, die dem Gesetzgeber Grenzen setzen – und zwar auch bei seinem Ansinnen, eine verselbständigte Nutzungsordnung für die Bebaubarkeit zu schaffen (so der Vorschlag S. 224 ff.). 315 Schmidt-Aßmann, Städtebaurecht (1972), S. 88 ff. 316 So etwa bei Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 40; Oldiges, BauR, in: Steiner, BVR (2006), III. Abschn., Rn. 163; Brohm, BauR (2002), § 1, Rn. 21; Just, in: Hoppe/Bönker/ Grotefels, BauR (2004), § 2, Rn. 55; Depenheuer, in: Entwicklungslinien, in: von Danwitz/ ders./Engel, Bericht zur Lage des Eigentums (2002), S. 173; Peine, BauR (2003), Rn. 323; Brock, Bestandsschutz und Landwirtschaft (2003), S. 55; Wahl, DVBl. 1982, 51 (56, Fn. 43); Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 14 („vgl. auch“); Bohn, Zeitlich begrenzte bauliche Nutzungsrechte (2003) S. 118; Dähne, JURA 2003, 455 (456); Breuer, in: Schrödter, BauGB (2006), § 42, Rn. 7 („sachlich übereinstimmend“). 317 Mit Brief v. 24.1.2001 bestätigte der Autor, dass die nun folgende, in Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 179, Fn. 825 vorgelegte Deutung seine seinerzeitigen Überlegungen zutreffend wiedergegeben habe: Zunächst beschreibt Schmidt-Aßmann, Städtebaurecht (1972), S. 89 ff., nichts weiter als die in der Regel fehlende Aussagekraft des Begriffs der „Baufreiheit“; vgl. insoweit ebenso die hier 311

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

wiesen wird, der eine Verleihung annähme,318 spricht zwar davon, dass seine Auffassung der Position Breuers u. a. entspräche.319 In der Sache jedoch analysiert er im Wesentlichen320 nur näher das einfachgesetzliche Zusammenspiel der die Baunutzung reglementierenden öffentlich-rechtlichen Normen (Kombination von Planungsakt und Einzelfallentscheidung), ohne zur Frage des verfassungsrechtlichen Schutzes dieser hiernach noch bestehenden Position Stellung zu beziehen. b) Nach dem Nassauskiesungsbeschluss Das Augenmerk ist nun noch auf die Stellungnahmen zu richten, die auch nach Bekanntwerden dieses Beschlusses weiterhin mit der Annahme einer Verleihung der Bebauungsbefugnis in Verbindung gebracht werden können. So scheint Hans Schulte von einer öffentlich-rechtlichen Verleihung der Bebauungsbefugnis auszugehen.321 Dabei insistiert er darauf, in der Abspaltung einer vertretene Auffassung S. 278, Fn. 202. Vgl. weiterhin zu von Schmidt-Aßmann sogar befürworteten Möglichkeiten der Berufung auf die „Baufreiheit“ S. 92 f. In der Sache scheint es Schmidt-Aßmann vor allem darum zu gehen, eine einseitige Bevorzugung der privaten Interessen unter Rückgriff auf die Argumentationsfigur der Baufreiheit im Sinne eines „in dubio pro libertate“ abzuwehren und stattdessen zu einer gerechten, weil unvorbelasteten Abwägung der beteiligten Belange zu gelangen, vgl. etwa S. 93, 91. Dass darüber hinaus auch eine Verleihung der Bebauungsbefugnis allein auf öffentlich-rechtlicher Grundlage von Schmidt-Aßmann vertreten wird, lässt sich daraus aber wohl kaum schließen. Vgl. insoweit auch S. 96: „Die Zuerkennung [erhöhter Nutzbarkeit eines Grundstücks] ist nach heutiger Wertung kein Akt reiner Gewährung, wie etwa die Bewilligung einer Subvention“ (Hervorhebung nicht im Original). 318 Vgl. etwa Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 98; Bryde, in: v. Münch/ Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 14; Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 199. 319 Wahl, DVBl. 1982, 51 (56, Fn. 43). Der Nassauskiesungsbeschluss wird von Wahl noch nicht herangezogen. 320 Vgl. allenfalls noch die Bemerkung, dass der Zuteilungscharakter der Ausübung des Planungsvorbehalts „faktisch in den beträchtlichen Wertsteigerungen nach einer Ausweisung von Bauland zum Ausdruck“ komme, Wahl, DVBl. 1982, 51 (56). 321 Schulte, JZ 1984, 297 (301); unklar allerdings ebd. S. 302 (doch noch Verbindung zum Grundeigentum?); vgl. ferner Schulte, VerwArch 77 (1986), 372 (395 f.). Vgl. weiterhin Schulte, DVBl. 1979, 133 (138 ff.). Dort wurde überzeugend die direkte Ableitung von Rechtsfolgen aus der sog. Baufreiheit unter Hinweis auf die angesichts des Spielraums möglicher Lösungen bestehende gesetzgeberische Konkretisierungsbefugnis abgelehnt (S. 139 f.) und dessen Gestaltung unter verfassungsrechtlichen Abwägungsgesichtspunkten zu steuern gesucht (S. 140 f.). Obwohl er dort ausdrücklich die Berücksichtigung der Eigentümerbelange als berechtigt ansah, stellte sich ihm die Zuerkennung der Planungsgewinne bei einer konkreten eigentümergünstigen Planung als ein „Lotteriegewinn“ (S. 138) dar, dessen Abschöpfung ohne weiteres verfassungsmäßig sein soll (S. 139, allerdings auch unter Einbeziehung von Überlegungen über die Wertigkeit der aktiv durch die Planungstätigkeit des Staates erbrachten Leistungen). Anders, diesmal wie hier, Schulte, JZ 1984, 297 (302), wo er als abschöpfungstauglich allein den Wert der „echte[n] Management-Leistungen der Gemeinde“ (Fn. 39) betrachtet. Vgl. nun jedoch wieder (sogleich bei Fn. 337) die 1999 vorgenommene Positionierung Schultes vergleichbar der erstgenannten Stellungnahme. Siehe allgemein zum Planungswertausgleich Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 184 ff.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

305

Befugnis vom Grundeigentum für sich allein genommen noch keinen eigentumsfeindlichen Akt zu sehen.322 Daran ändere sich erst etwas durch die Übertragung der Befugnis an andere als den Eigentümer oder durch die Minderung der Eigentümerposition bei dem nun platzgreifenden Verleihungsakt.323 Dies sei wohl bei der aufgrund des öffentlich-rechtlichen Planungsvorbehalts324 errichteten Nutzungsordnung bezüglich des Bebauens nicht geschehen.325 Mit der über die Anwendung und die Qualität des Eigentumsschutzes entscheidenden Frage, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind, dass die abgespaltene Befugnis nun öffentlich-rechtlich verankert ist, setzt er sich anders als Breuer nicht auseinander. Die apodiktische Feststellung über den sich aus den Gesetzen ergebenen Befund einer Abspaltung der Befugnis zur baulichen Nutzung von Grundeigentum326 hilft ebenfalls nicht über die fehlende genaue Analyse der einfachrechtlichen Gesetzeslage327 hinweg. Zu weiteren Erörterungen geben diese Stellungnahmen deshalb keinen Anlass. Zurückgewiesen werden muss ebenso ein später veröffentlichter Festschriftbeitrag Schultes.328 In einem ersten Abschnitt will sich Schulte dort der Behauptung Leisners329 erwehren, die „am ,Dogma Baufreiheit“ zweifelnde Gegenauffassung330 sei in neuerer Zeit hinfällig geworden, um im Gegenteil dazu – allerdings nicht ganz schlüssig –331 zu belegen, dass diese Meinung heute „stärker denn je vertreten“ werde.332 322

Schulte, JZ 1984, 297 (299 f.). Schulte, JZ 1984, 297 (300 f.). 324 Schulte, JZ 1984, 297 (299). 325 Vgl. Schulte, JZ 1984, 297 (301). 326 So Schulte, JZ 1984, 297 (301). 327 Näheres dazu noch bei Schulte, DVBl. 1979, 133. 328 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 197 ff.; vgl. auch dens., UmweltR (1999), Kap. 5 C IV (S. 145 f.), wo die Lehre von der Baufreiheit als Frucht einer unzutreffenden „Eigentumsideologie im industriellen Zeitalter“ beschrieben wird. 329 Leisner, DVBl. 1992, 1065 (1066). 330 So die Charakterisierung der Gegenauffassung bei Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 198. 331 Seiner Darstellung kann man vorwerfen, dass sie Literaturstimmen schon dann zur „Gegenauffassung“ zählt, wenn dort eine unmittelbare Ableitung der Baufreiheit aus Art. 14 I 1 GG abgelehnt wird (zwar heißt es auf S. 199 zunächst nur, solche Stimmen möchte „Leisner wohl auch kaum als ,herrschend bezeichnen“, doch scheinen eben diese Stimmen bei der abschließenden Bewertung der „Stimmungslage“ auf S. 200 f. zur „Gegenauffassung“ hinzugerechnet zu werden). Solche Ansichten gehen gleichwohl im Unterschied zur Annahme einer öffentlich-rechtlichen Verleihung von einer Verknüpfung der baulichen Nutzung mit dem privatrechtlichen Grundeigentum aus. Dies gilt mit Ausnahme der immerhin zweifelnden Stellungnahme Brydes (vgl. sogleich im Text) für alle von ihm hier herangezogenen Stellungnahmen. Gerade der Unterschied in der privat- oder öffentlich-rechtlichen Herleitung der Bebaubarkeit führt nun aber in der verfassungsrechtlichen Praxis zu erheblichen Abweichungen bezüglich der eigentumsgrundrechtlichen Bewertung, vgl. die wiederholenden Ausführungen dazu sogleich. Ferner ist noch darauf hinzuweisen, dass das Zitat von Jarass, in: ders./Pieroth, GG, Art. 14, Rn. 18, der 4. A. 1997 zugeschrieben wird, es sich dabei jedoch um eine in der 3. A. 323

306

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

In der Sache erkennt er einen Einwand an, der seiner „vor vielen Jahren geäußerten und ausführlich begründeten Meinung“333 entgegenstehen könnte: Die „Verneinung der grundrechtlichen Existenz von Baufreiheit“ vermöge den Eindruck zu erwecken, als werde das Bodenrecht untragbar von rechtsstaatlichen und eigentumsgrundrechtlichen Bindungen gelöst.334 Dieser Einwand griffe letztlich jedoch nicht durch. Eine Neuregelung der Rechtslage zu Lasten der Grundeigentümer sei bezogen auf die schon bestehenden Baubefugnisse „unstreitig“ ein Eingriff, der Art. 14 GG gerecht werden müsse.335 Zukunftsbezogen sei eine weitergehende Abspaltung der Bebauungsbefugnis in dem Sinne, dass andere als der Grundeigentümer das Grundstück auf Grundlagen einer abgespaltenen Befugnis bebauen dürften, aus rechtspraktischen Gründen nicht zu befürchten.336 In späteren Zeiten jedoch könne sich das Rechtsgefühl und damit einhergehend die Rechtslage weiter zu Lasten der Eigentümer ändern, wenn das heutige Bodenrecht dann möglicherweise nur noch als „pure[r] Feudalismus“ erscheine.337 Soweit Schulte die unmittelbare Ableitung der Baufreiheit aus Art. 14 I 1 GG abzulehnen sucht und die Rechtswirklichkeit der durch das öffentliche Planungsrecht ganz überwiegend zurückgedrängten Bebauungsmöglichkeit der Grundeigentümer beschreibt, bedarf es keiner Zurückweisung dieser Stellungnahme.338 Doch unterliegt Schulte der Gefahr, aufgrund der kategorischen Ablehnung der Baufreiheit zu verkennen, dass gleichwohl die Verknüpfung der Bebaubarkeitsmöglichkeit mit dem Grundeigentum nicht gänzlich verleugnet werden kann339 und darf.340 Diese Verknüpfung ist schon allein deshalb zwingend notwendig, will man das von ihm als „unstreitig“341

noch verwendete Formulierung handelt, die nun fallen gelassen wurde. Die Vereinnahmung dieser Literaturstimmen durch Schulte ist daher ohne weitere Erläuterung so zumindest zweifelhaft (zu den Unterschieden zwischen der insoweit deutlich fehlgehenden unmittelbaren Herleitung der Baufreiheit im Sinne Leisners und den sonstigen, die Baufreiheit annehmenden Stellungnahmen in der Literatur vgl. die danach differenzierende Bewertung oben S. 267 ff.,276 ff.). 332 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 201, 198 ff. 333 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 201, unter Zurückweisung des „Verrisses“ durch Leisner (DVBl. 1992, 1065 ff.), der zu seiner „eigenen Überraschung kein einziges Wort davon“ widerlege. 334 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 203, auch S. 207. 335 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 203. 336 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 204 f. 337 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 205 f. 338 Vgl. ebenso schon oben S. 267 ff. 339 Als einfachrechtliches Auslegungsergebnis, siehe oben S. 284 ff. 340 Um dem Freiheitsrecht des Art. 14 GG gerecht werden zu können, vgl. oben S. 296 ff. 341 Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 203; ebenso bezeichnend das „selbstverständlich“ in Fn. 29 auf S. 304.

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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bewertete Ergebnis begründen können, dass der „Eingriff“ in bestehende Baubefugnisse vor Art. 14 GG zu rechtfertigen ist.342 Nicht zu überzeugen vermag ferner die Annahme, zukünftige eigentümernachteilige Änderungen des Planungsrechts bezüglich noch unbeplanter Grundstücke seien eigentumsgrundrechtlich irrelevant343 und rechtspraktisch (noch) nicht zu befürchten. Denn hierbei geht es nicht um die von Schulte in den Vordergrund gerückte (sonst nirgends behandelte) Frage nach der Abspaltung der Bebauungsbefugnis, um sie – unter offenkundigem Bruch mit der bisherigen Rechtsgestaltung – in die Hände anderer Rechtssubjekte als die der Grundeigentümer zu legen. Ein solches Ansinnen steht wohl in der Tat in näherer Zukunft nicht zu befürchten.344 Vielmehr steht jedwede Form einer weitergehenden Umgestaltung des geltenden Planungsrechts zu Lasten der Eigentümer in Rede. Nach allen eine Baufreiheit annehmenden Auffassungen sowie der hier vertretenen Meinung ist dies insoweit tatsächlich „unstreitig“ als eine vor Art. 14 GG zu rechtfertigende Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung zu qualifizieren. Indes bleibt die Frage offen, wie eine solche Änderung der Rechtslage zu bewerten ist, wenn man die Verbindung der Bebauungsbefugnis mit dem Grundeigentum negiert.345 Schultes Ausführungen entbehren daher insoweit an Überzeugungskraft, als sie sich zu sehr darauf beschränken, Baufreiheitslehren zurückzuweisen, ohne sich dabei der für die eigentumsgrundrechtliche Bewertung zunächst entscheidenden Frage zu stellen, ob die Bebauungsbefugnis im öffentlichen oder aber im privaten Rechtskreis wurzelt.346 Auch Wieland lehnt die Baufreiheit annehmenden Auffassungen ab und führt dann aus, dass der „Gegenauffassung[, die] unter Baufreiheit nur eine verwaltungsrechtlich vermittelte Bebauungsbefugnis“ verstehe, „die dem Bauwilligen vom Staat als

342 So Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 203, ohne Begründung für diese „unstreitige“ Ansicht. 343 Vgl. zu dieser sich aus den Ausführungen bei Schulte, Baufreiheit, in: FS Hagen (1999), S. 204 ff., ergebenden Einschätzung (beachte allerdings dem entgegenstehend S. 207, wo ohne weitere Begründung die Anwendbarkeit des Art. 14 I 2 GG angenommen zu werden scheint) noch dens., UmweltR (1999), Kap. 5 (S. 134 ff.) zur „prinzipiellen“ Untauglichkeit der Grundrechte in Bezug auf eine intensive materielle Kontrolle des gesetzgeberischen Handelns sowie dazu kurz oben S. 52, Fn. 122. 344 Nur noch rechtshistorisch relevant sind insoweit die Befürchtungen eines Systemwechsels bei Klein, Institutionelle Garantien und Rechtsinstitutsgarantien (1934), S. 113, zitiert oben S. 207, Fn. 738. 345 Siehe S. 300, Fn. 301. Die Ansicht Schultes vermag man hier schwer einzuschätzen. Während seine Ausführungen zur Möglichkeit der weitergehenden „Abspaltung“ und Übertragung der Bebauungsbefugnis deutlich auf die Verneinung eigentumsgrundrechtlicher Bindungen hinweisen, sieht er gleichwohl (und ohne Begründung) Art. 14 I 2 GG als für die Bauleitplanung einschlägig an (S. 207). 346 Wie gesagt: Die Deskription der überragenden Bedeutung des Bauplanungsrecht ersetzt die Beantwortung dieser Frage nicht.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Rechtsposition zugeteilt“ werde, zuzustimmen sei.347 Der Sache nach geht es ihm anscheinend jedoch nicht um die Abtrennung einer Nutzungsform als solches und nicht um eine öffentlich-rechtliche Verankerung vergleichbar zu den sonstigen öffentlichrechtlichen Eigentumspositionen. Vielmehr steht die Abwehr eines mit den herkömmlichen Baufreiheitsvorstellungen verbundenen Verständnisses eines „,an sich umfassende[n] und universelle[n] Eigentumsrecht[s]“ im Vordergrund.348 Schließlich heißt es bei ihm auch, dass „für die Baufreiheit […] nichts anderes [gelte] als für sonstige Formen der Eigentumsnutzung“, dass im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben „der Grundeigentümer das durch Art. 14 I 1 GG geschützte Recht, sein Grundstück zu bebauen“ habe.349 Die umfassende verwaltungsrechtliche Nutzungsordnung hinsichtlich des Bodeneigentums lässt Bryde zumindest zweifeln, ob nicht etwa die Ansicht einer „konstitutiven öffentlich-rechtlichen Nutzungszuweisung (,Zuteilung)“ zuträfe.350 Beiläufig hat auch Herzog die Ansicht geäußert, dass durch das Bauplanungsrecht Grundstücke von der baulichen Nutzung ausgenommen würden.351 Bei Rittstieg ist zu lesen, dass die Erwägungen des BVerfG im Nassauskiesungsbeschluss sich auf „andere öffentlich-rechtlich geregelte Nutzungen übertragen“ ließen. Das Baurecht stehe dem Grundeigentümer also nicht kraft Verfassung zu, sondern werde „ihm nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes durch die Aufnahme seines Grundstückes in einen Bebauungsplan zugewiesen“.352 Auch später spricht er unter Verweis auf Breuer353 von der Zuteilung des Baurechts, also wohl des Bebauungsrechts an den Grundeigentümer durch Ausweisung seines Grundstücks im Bebauungsplan. Es heißt dazu: „Dem vorhandenen Bündel von Eigentümerrechten wird durch den Bebauungsplan das Baurecht hinzugefügt. Erst von diesem Zeitpunkt an genießt es den Schutz der Rechtstellungsgewährleistung als (ohne Gegenleistung) erworbenes Recht. […] Die konkrete Nutzungsbefugnis wird dem jeweiligen Eigen347 Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 40, unter Rückbezug u. a. auf Breuer, Bodennutzung (1976), S. 158 ff., Schmidt-Aßmann, Städtebaurecht (1972), S. 89 ff., und Badura, Eigentum (1994), in: HdbVerfR, § 10, Rn. 80. 348 Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 40. 349 Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 40 a. E., Hervorhebung nicht im Original. 350 Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 14, unter Verweis auf Breuer, Bodennutzung (1976), S. 169 ff., u. a. Es heißt dort aber auch, dass „privatrechtliches Eigentum und öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung […] nämlich verbunden“ seien und es ebenso nicht falsch sei, von einer „mit dem Grundeigentum verbundenen ,potentiellen Baufreiheit zu sprechen.“ 351 Herzog, Grundrechte, in: FS Zeidler, Bd. II (1987), S. 1421, unter Vergleich zur Rechtslage bei spaltbaren Stoffen sowie beim Bergbau; die Äußerung steht im Zusammenhang mit Ausführungen zur „Definitionskompetenz“ des einfachen Gesetzgebers und der dem allein entgegenstehenden Instituts- bzw. Wesensgehaltsgarantie, dazu näher oben S. 198 f. in Fn. 704. 352 Rittstieg, NJW 1982, 721 (722), unter Berufung auf Wahl, DVBl. 1982, 51 (56) „m. w. N.“; zu den dort gemachten Verweisen auf Breuer u. a. vgl. oben S. 304 bei Fn. 319. 353 Breuer, Bodennutzung (1976), S. 162, sowie wieder auf Wahl, DVBl. 1982, 51 (56).

B. Nutzung des Grundeigentums durch Bebauung

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tumsobjekt durch die positive Rechtsordnung zugewiesen. Dazu gehört neben dem Zivilrecht das gesamte raumwirksame öffentliche Recht […]. Die Gesamtheit dieser Rechtsnormen und der darauf beruhenden konkreten Rechtsakte umschreiben das jeweilige Bündel von Rechten und Pflichten des Eigentümers im Sinne der Rechtstellungsgewährleistung.“354 Inwieweit Rittstieg mit den eine Verleihung im Sinne Breuers annehmenden Ansichten zu vergleichen bleibt, mag hier dahinstehen. Wesentliche Argumente, die nicht schon anlässlich der Auseinandersetzung mit der Ansicht Breuers behandelt worden wären, sind von diesen Stimmen jedenfalls nicht aufgezeigt worden.355 Gleiches gilt für die neueste356 Stellungnahme im Sinne der Verleihungstheorien, nämlich diejenige von Dähne.357 Zustimmung können die detaillierten Ausführungen insoweit finden, als sie den Begriff der Baufreiheit hinterfragen, da dieser nicht den tatsächlichen einfachrechtlichen Zustand wiedergebe. Mit der Kritik an diesem Begriff verbindet Dähne jedoch die Zustimmung zur These, die Bebaubarkeit werde durch den Gesetzgeber öffentlich-rechtlich verliehen. Insoweit aber führen seine Darlegungen kaum weiter. „Mit dem öffentlichen Baurecht ist die Grundstücksnutzung einer öffentlich-rechtlichen Ordnung unterworfen (Schulte, JZ 1984, 297 (299)).“358 Die einzige Begründung dieser These ist auch bei Dähne nur die Darstellung der maßgeblichen Relevanz des Planungsrechts.359 „Erst der Bebauungsplan verleiht dem Bauherrn die Baubefugnis. Die Bauleitplanung des 354 So Rittstieg, in: AK-GG, Art. 14/15 (Bearb. 2001), Rn. 98; danach heißt es: „Statt von den positiven Rechten und Pflichten des Grundeigentümers spricht allerdings das Bundesverfassungsgericht missverständlich von den ,Rechtspositionen machmal aber auch von den ,Rechten, die in unklarer Weise dem Grundeigentümer zugerechnet werden (vgl. Kammerbeschluss v. 10.10.1997, NJW 1998, 367 mit Nachweisen).“ In der 2. A. 1989, Art. 14/15, Rn. 92 wurde dagegen noch eine größere Übereinstimmung mit dem BVerfG vermutet. 355 Siehe noch Heinze, Fachplanvorhaben, in: FS Blümel (1999), S. 159, 172 ff. Die Darstellung vermag indes kaum zu überzeugen. So vertritt er vollumfänglich Bestandsschutz, und zwar derart, dass dieser sich selbst gegen eine ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers durchsetzen soll (S. 160, in und bei Fn. 28). Wie solch eine nur mit verfassungsunmittelbarer Baufreiheit erklärliche Position mit der gänzlichen Abspaltung der Baunutzung vom Grundeigentum vereinbar sein soll, wird nicht erläutert. Ebenso wenig findet eine Auseinandersetzung mit der – auf Grundlage der unterschiedlichen Baufreiheitslehren – entgegenstehenden Auffassung zur Abtrennung der Bebauungsbefugnis statt. 356 Die Auffassung Wielands, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, Rn. 40 entspricht der in der 1. A. 1996, Rn. 32 vorgetragenen. 357 JURA 2003, 455. Hierauf verweist Lege, UTR 2005, 7 (39), siehe dazu S. 277, Fn. 196. 358 Dähne, JURA 2003, 455 (457). Weiter behandelt er danach die Wassernutzung. Eine Begründung dieser These erfolgt also nicht, bevor dann in Abschnitt IV (Baufreiheit und einfaches Recht) eine mögliche Begründung genannt wird (zuvor in Abschnitt III 5 und 6 stellt er sich der anders gelagerten – die These nicht begründende – Frage, inwieweit die Verfassung wohl die Baufreiheit zwingend erfordere). Auf S. 457, Fn. 36 beschreibt er, was er unter öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnungen versteht, nämlich „umfassende Regelungskomplexe, die privatrechtliche Verfügungsbefugnisse ausschließen. Dem (Grund-)eigentum werden einzelne Befugnisse entzogen, es bleibt aber bestehen“. 359 Siehe die vorangegangene Fußnote.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

BauGB ist das Argument gegen die Existenz der Baufreiheit.“360 Damit verschließt sich auch Dähne der nüchternen Betrachtung, in welchem Rechtsgebiet denn nun der einfache Gesetzgeber die Baunutzung normativ verankert hat. Auch die Darstellung der eigentumsgrundrechtlichen Überprüfungsmechanismen überzeugt kaum. Man mag seine Einschätzung teilen oder nicht, dass die Herauslösung der Bebauungsbefugnis nicht gegen die Institutsgarantie verstieße.361 Entscheidend ist, dass er die Kontrolle anhand der – von ihm immerhin für einschlägig erachteten – Verhältnismäßigkeitsprüfung362 schlichtweg nicht zur Anwendung bringt.363 Durchaus konsequent, aber aufgrund der nicht überzeugenden Grundlegung im Ergebnis zweifelhaft, vertritt er im Weiteren die Zulässigkeit eines abstrakten Planungswertausgleichs, da einzig „die staatliche Verleihung […] ohne Leistung des Eigentümers“ zu den Wertzuwächsen führe.364 Die zutreffende Kritik an der Begrifflichkeit führt aber mit Blick auf § 35 II BauGB365 zu einem bedenkenswerten Anliegen: Wenn und weil nämlich keine vorrechtliche verfassungsrechtlich unmittelbar wirkende Baufreiheit existiert, steht die Notwendigkeit in Frage, gleichwohl das vom Gesetzgeber vorgesehene Ermessen zu eliminieren.366 Ob dieses Ergebnis durch eine verfassungskonforme Auslegung gleichwohl gefordert sein kann, mag hier dahinstehen.367 Die Baufreiheit als Argumentstopos, um dieses Ergebnis zu stützen, ist jedenfalls mit Dähne abzulehnen.

360 Dähne, JURA 2003, 455 (459), Hervorhebung schon im Original. Siehe auch ibid. S. 460: „Lediglich ein gewisses Maß an Freiheit des Bauens mag existieren, z. B. was die gestalterische Freiheit der Bauausführung anbelangt, sofern sie sich an den Bebauungsplan hält.“ 361 So Dähne, ibid., S. 458. Zur Gegenauffassung siehe die Nachweise oben S. 296, Fn. 285. 362 Ibid. bei Fn. 58. 363 Siehe dazu jedoch oben ausführlich ab S. 297 bei Fn. 286. Überdies spricht er bei der allgemeinen Beschreibung der Eigentumsdogmatik davon, Eigentum sei alles, „was das einfache Recht zu einem bestimmten Zeitpunkt als solches definiert […], d. h. Eigentumsbegriff und -schutz [sind] wandelbar“. Zur Zurückweisung dieser Terminologie siehe oben S. 79 bei Fn. 216 sowie zur Wandelbarkeit ausführlich ab S. 73. 364 Dähne, JURA 2003, 455 (460), siehe zur Unzulässigkeit des abstrakten Planungswertausgleichs ausführlich Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 184 ff. 365 Siehe dazu schon Ortloff, NVwZ 1998, 320 passim. 366 Dähne, JURA 2003, 455 (460) mit Nachweisen, sowie zur Frage, inwieweit beispielsweise das BVerwG sich überhaupt auf die Baufreiheit tatsächlich stütze. Siehe dazu etwa auch Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 270 sowie allgemein zur Begründung des BVerwG Ortloff, NVwZ 1998, 320 (321). 367 Dagegen Dähne, ibid., Fn. 102: „Eine verfassungskonforme Auslegung ist gar nicht möglich, da keine Mehrdeutigkeit vorliegt; vgl. Rüthers, Rechtstheorie, 1999, § 22, Rn. 763. Das BVerwG hätte daher die Norm nach Art. 100 I GG dem BVerfG vorlegen müssen.“ Siehe auch Ortloff, NVwZ 1998, 320 (ebd.).

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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IV. Zusammenfassung Es hat sich gezeigt, dass die eine Verleihung der Baubefugnis annehmenden Ansichten weder der einfachgesetzlichen Gestaltung noch den verfassungsrechtlichen Prüfungsmechanismen gerecht zu werden vermögen. In der Ablehnung dieser Meinungsströmung liegt auch ein zutreffender Kern der Berufung auf die Baufreiheit. Denn abgesehen von unterschiedlichen Einstellungen zur Frage einer unmittelbar auf Art. 14 GG gestützten Baufreiheit lehnen alle sich überhaupt zur Baufreiheit Bekennenden unisono eine bloße Verleihung der Bebauungsbefugnis ab. Es scheint gar, als sei die Widerstandsfähigkeit, die die Lehren von der Baufreiheit gegenüber den ihnen entgegenstehenden Erkenntnissen der allgemeinen Eigentumsdogmatik entwickelt haben, zu einem nicht unwesentlichen Teil von der Angst genährt, dass es eines starken Bollwerks gegen die grundrechtsfreie und konfiskationsoffene Räume schaffende Annahme der Baurechtsverleihung bedürfe. Gegen die Verleihungslehren ist man bei konsequenter Anwendung der allgemeinen Eigentumsdogmatik jedoch auch ohne Rückgriff auf die ihrerseits so kaum368 aufrechtzuerhaltenden Vorstellungen von der Baufreiheit hinreichend gefeit.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz Da nach Art. 14 I 2 GG allein der Gesetzgeber den Inhalt des Eigentums bestimmt, kann sich niemand auf konkrete Befugnisse berufen, die unmittelbar aus der Verfassung selbst gewonnen werden. Folgerichtig kann es auch keinen sog. verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz geben. Gegenstand dieser ehemals insbesondere369 vom BVerwG370 entwickelten Rechtsfigur war es nämlich, durch direkten Rückgriff auf die Verfassung besondere Befugnisse des Eigentümers zu bestimmen. Dem Betroffenen erkannte man das Recht zu, Gebäude weiter zu nutzen und gegebenenfalls sogar in Maßen zu erweitern, obschon das materielle Recht nunmehr dem entgegenstand. Voraussetzung war einzig, dass das Vorhaben zuvor einmal im

368 Nämlich nur unter großen Anstrengungen bezüglich der deutlichen Abgrenzung von damit sonst verbundenen Fehlvorstellungen. 369 Zur Zustimmung durch das Schrifttum siehe statt vieler vgl. Friauf, BauR (1988), in: v. Münch, BVR (8. A.), 6. Abschn., S. 531 m. w. N. („verdient Beifall“); Krebs, BauR (1986), in: Grimm/Papier, StVwR NRW, S. 414; Krohn, in: ders./Löwisch, Eigentumsgarantie (1984), Rn. 109 ff.; Nüßgens/Boujong, Eigentum (1987), Rn. 70 ff.; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 (Bearb. 1988), Rn. 116 ff., siehe ebenso ibid. (Bearb. 2000), Rn. 117 ff.; Frings, Bestandsschutz atomrechtlicher Anlagen (1992), S. 168 ff., zum aktiven Bestandsschutz. 370 Schon BVerwGE 25, 161 (162), Urt. v. 19.10.1966, beschreibt den sog. passiven Bestandsschutz; vgl. weiterhin BVerwGE 50, 49 (56 ff.), Urt. v. 12.12.1975, zum sog. „überwirkenden Bestandsschutz“; zuletzt BVerwGE 72, 362 (363 ff.), Urt. v. 17.1.1986, m. w. N. und mit letzten Erweiterungen der Rechtsfigur des Bestandsschutzes.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Einklang mit dem materiellen Baurecht gestanden hatte.371 Im Überwinden einfachrechtlicher, das Eigentum gestaltender Gesetze besteht das Wesen der Bestandsschutzlehren.372 Das BVerwG hat indes entgegen der bis dahin ganz herrschenden Meinung373 die Bestandsschutzlehre aufgegeben. Nach ersten wichtigen Schritten374 zeigte sich das 371 Zusammenfassende Darstellung etwa bei Krohn, in: ders./Löwisch, Eigentumsgarantie (1984), Rn. 109 ff.; Wahl, Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 246 f. Dort ferner zur Unterscheidung in aktiven, passiven und überwirkenden Bestandsschutz. 372 Siehe BVerwGE 50, 49 (57), Urt. v. 12.12.1975; BGHZ 140, 285 (292), Urt. v. 21.1.1999, OVG Münster BauR 1997, 811 (811 f.), VII, Urt. v. 14.3.1997, vgl. auch die Beschreibung bei Krohn, in: ders/Löwisch, Eigentumsgarantie (1984), Rn. 109: Es gehe hierbei darum, bisher rechtmäßig Innegehabtes „auch gegen neues entgegenstehendes Gesetzesrecht durch[zu]setzen.“ Ferner beispielsweise Koch, in: ders./Hosch, BauR, 1. A. 1988, S. 259 f.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 84.; Krautzberger, in: B/K/L, BauGB (2007), § 35, Rn. 127; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB (6. A. 1998), § 35, Rn. 103; Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 237; Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 IV 1 b (S. 203); Uechtritz, Baugenehmigung, in: FS Gelzer (1991), S. 268; Gohrke/Brehsan, NVwZ 1999, 932 (934); Uschkereit, Vergleich BauR / Immissionsschutzrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 73; Millgramm, NuR 1999, 608 (610). 373 Die Baurechtsliteratur hat wenig Vorarbeit geleistet; siehe anders allerdings Koch, in: ders./Hosch, BauR, 1. A. 1988, S. 258 ff.; vgl. hinsichtlich des baurechtlichen Nachbarschutzes auch schon Ramsauer, AöR 111 (1986), 501 (516 ff., insbesondere S. 518 f.). Das mag ein wenig verwundern. Schon in BVerfGE 4, 219 (233 f.), Beschl. v. 21.7.1955 wurde eindringlich auf das zur Behebung gesetzgeberischer Missstände eingreifende Vorlageverfahren nach Art. 100 I GG hingewiesen. Anlass zu Zweifeln an der tradierten Auffassung musste jedenfalls die Neuregelung der §§ 34 III, 35 IV BauGB, jeweils i. d. F. v. 8.12.1986 (BGBl. I, S. 2253 (2264 f.)) geben. Durch diese „Konkurrenzsituation“ zwischen einfachrechtlicher Regelung und den unmittelbar aus Art. 14 GG „abgeleiteten“ Ansprüchen musste schlagartig deutlich werden, dass ein Kompetenzproblem im Sinne des Art. 14 I 2 GG bestand (zu den Unterschieden zwischen dem (nunmehr aufgehobenen) § 34 III I Nr. 2 BauGB und dem richterrechtlichen Bestandsschutz siehe BVerwGE 84, 322 (344), Urt. v. 15.2.1990). Es konnte nicht länger vernachlässigt werden, dass Spielräume bezüglich der Regelung des Bestandsschutzes vorhanden sind. Somit musste sich der Frage gestellt werden, wie eine verfassungsunmittelbare Ausgestaltung am Gesetzgeber vorbei mit Art. 14 I 2 GG in Einklang gebracht werden kann. 374 Vgl. BVerwGE 84, 322 (334 sowie LS 3), Urt. v. 15.2.1990; 85, 289 (294 sowie LS 3), Urt. v. 10.8.1990, zur Parallelproblematik der sog. „eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition“, ohne Art. 14 I 2 GG zu erwähnen und ohne näher darauf einzugehen, weshalb die Normierung durch den Gesetzgeber den einst verfassungsunmittelbar gewährten Anspruch verdrängt; BVerwGE 88, 191 (203 f. sowie LS 5), Urt. v. 16.5.1991, zum bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht; Zweifel zum sog. „überwirkenen Bestandsschutz“ noch einmal in BVerwG DVBl. 1993, 1097 (1098), Beschl. v. 6.5.1993. In BVerwG BRS 57, Nr. 100, Beschl. v. 1. 12. 1995, heißt es sogar schon weitergehend: „Einen eigentumsrechtlichen Bestandsschutz außerhalb der gesetzlichen Regelungen gibt es nicht.“ Jedoch kann diese Aussage angesichts des Fehlens weiterer Argumentationen auch als auf die im dortigen Beschluss in Bezug genommene Regelungsmaterie des § 35 IV BauGB beschränkt gedacht werden. Sehr weitgehend jedenfalls schon BVerwG NVwZ 1998, 735 (736) ffi DVBl. 1998, 587 (588 f.) ffi NuR 1998, 415 (416 f.), Urt. v. 7.11.1997, wo es allerdings noch einschränkend heißt, dem „unmittelbaren

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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BVerwG in seinem Urteil vom 12.3.1998375 als konsequent. Die frühere Rechtsprechung wurde ausdrücklich aufgegeben.376 Nunmehr wird ausgeführt:377 Verfassungsrechtlichen Schutz genießt eine Eigentumsposition im Bereich des Baurechts nur im Rahmen der mit ihr zulässigerweise verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse.378 Weist eine gesetzliche Regelung vor dem Hintergrund der Anforderungen des Art. 14 I 1 GG Defizite auf, die sich weder durch Auslegung noch im Wege der Analogie beheben lassen […], so ist es den Fachgerichten verwehrt, unter Umgehung des einfachen Rechts unmittelbar auf der Grundlage der Verfassung Ansprüche zu gewähren, die von der Entscheidung des hierzu berufenen Gesetzgebers nicht gedeckt werden. Vielmehr ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 100 I GG das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen […]. Art. 14 I 1 GG fungiert in diesem Zusammenhang als verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, an dem das einfache Recht zu messen ist, nicht aber als eigenständige Anspruchsgrundlage, die sich als Mittel dafür benutzen läßt, die Inhaltsund Schrankenbestimmung des Gesetzgebers fachgerichtlich anzureichern.

Damit sollte dem Wunsch, dass nunmehr „Abschied von den [unmittelbaren] Ansprüchen aus Art. 14 GG“379 genommen werden möge, zumindest für diesen Bereich380 Genüge getan worden sein.381 Schließlich spricht das Gericht hier nicht allein Rückgriff auf Art. 14 I 1 GG [seien] enge Grenzen gesetzt“; ganz ähnlich BVerwG NVwZ 1998, 969 (ebd.), Beschl. v. 3.12.1997. Siehe noch zur verfassungsunmittelbaren Herleitung von Nachbarschutz beispielsweise BVerwG NVwZ 1996, 888 (ebd.), Beschl. v. 19.10.1995, sowie BVerwG NVwZ 1997, 384 (386, 389), Urt. v. 23.8.1996, m. w. N. unter anderem auf die ablehnenden Stellungnahmen von Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (222); Wahl, Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 266 f. 375 BVerwGE 106, 228. 376 BVerwGE 106, 228 (233 f.), Urt. v. 12.3.1998. 377 BVerwGE 106, 228 (234 f.), Urt. v. 12.3.1998. Vgl. instruktiv auch eine diese Entscheidung verarbeitende Fallbearbeitung bei Brohm, BauR (2002), § 22, Rn. 20 ff. Siehe weiterhin BVerwG NVwZ 1999, 523 (524 f.), Urt. v. 27.8.1998 sowie die Bestätigung in BVerwGE 120, 130 (137), Urt. v. 19.2.2004. 378 Unter Verweis auf die oben S. 27 bei Fn. 21 zitierte Passage aus BVerfGE 95, 64 (82), Beschl. v. 15.10.1996, dort allerdings ohne die hier hinzugefügte Hervorhebung, mit der die über die entschiedene Konstellation hinausgehende Bedeutung betont wird (auch die Lehre vom passiven, verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz bewegt sich im Bereich des Baurechts). 379 So der Titel der Abhandlung von Wahl (1993); vgl. auch dessen diesbezügliche Sorge in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 II (1996), Rn. 87. Gemäß dieser Formulierung den Abschied feststellend etwa Krane, DVBl. 2002, 1484 (ebd.). 380 Zur Übertragbarkeit dieser Aussagen auf den Bereich des baurechtlichen Nachbarschutzes, zur sog. „eigentumsrechtlich verfestigten Anspruchsposition“ sowie zum im Straßenrecht angenommenen Anspruch auf sog. Anliegergebrauch (siehe etwa BverwG DVBl. 1999, 1513, Beschl. v. 11.5.1999) siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 213 m. w. N. sowie jetzt auch Papier, in: Recht der öffentlichen Sachen, in: Erichsen/Ehlers, AVR (2006), § 40, Rn. 20 f. 381 Diese Begründung der Entscheidung trifft auf jedwede Form des Bestandsschutzes zu, so auch Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 IV 2 b (S. 205); Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 238; Brenner, BauR (2006), 5. Teil, B VII 3 (S. 172); Schmaltz, Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 460 („kein Zurück mehr“);

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

in eigener fachgerichtlicher Autorität. Es fasst nichts anderes zusammen, als was Grundlage und was zwingende Konsequenz der Eigentumsdogmatik des BVerfG und der h. M. ist: Die Eigentumsgarantie ist Maßstab des einfachen Gesetzes, kann dessen Inhaltsbestimmung jedoch niemals ersetzen. Weiterhin unmittelbar auf Art. 14 I 1 GG zurückzugreifen, hieße, eine Grundfeste der herrschenden Eigentumsdogmatik – die Normgeprägtheit – in einem solchen Maße zu missachten, dass dies ohne Begründung einer alternativen Gesamtkonzeption zur Eigentumsgarantie nicht mehr möglich ist.382 Ein Zurückfallen hinter die neuen Erkenntnisse des BVerwG erscheint im Rahmen der vom BVerfG geprägten Eigentumslehre als ausgeschlossen.383 Noch immer384 – mehr als 10 Jahre seit diesem Grundsatzurteil des BVerwG –385 besteht Bedarf an Klarstellungen,386 denn nicht nur Grundsatzkritik387 wird an dieser Lieder, ThürVBl. 2004, 53 (56 f.), 81 (84; siehe auch 82 unter Verweis auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 198 ff. u. a.), vgl. auch Brenner, Verfassungsrechtliche Vorgaben, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 15; Erbguth, BauR, in: Tettinger/ders./Mann, BVR (2007), Rn. 1103; Hoppe/Krane, Bestandsschutz, in: FS Allgemeines Baugesetz in Sachsen (2000), S. 392; a. A. Söfker, in: BauGB, E/Z/B/K, § 35 (Bearb. 2006), Rn. 183; offengelassen bei Rieger, in: Schrödter, BauGB (2007), § 35, Rn. 126. 382 Schon deshalb überzeugen Darstellungen wie diejenige von Dürr, VBlBW 2000, 457 passim nicht. 383 So das Fazit bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 213, unter Rückgriff auf Koch, in: ders./Hendler, BauR (2. A. 1995), 3. Teil, III, Rn. 97, zur schon damals im Wandel begriffenen Rechtsprechung. Mittlerweile mehren sich im Schrifttum die Stellungnahmen, die den verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz ablehnen, siehe Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 passim; Brenner, BauR (2006), 5. Teil, B VII 3 (S. 172 f.); siehe allerdings auch letzte Vorbehalte bei dems., Verfassungsrechtliche Vorgaben, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 20, überzeugend ibid. S. 22 f.; Brock, Bestandsschutz und Landwirtschaft (2003), S. 35 ff., insbesondere S. 48 ff.; Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (214, 231); Erbguth, BauR, in: Tettinger/ ders./Mann, BVR (2007), Rn. 1103; Götze, SächsVBl. 2001, 257 (261, 263); Hansmann, Bestandsschutz im Immissionsschutzrecht, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 939 ff.; Heemeyer, DVBl. 2006, 25 (27 f.); Hoppe/Krane, Bestandsschutz, in: FS Allgemeines Baugesetz in Sachsen (2000), S. 391 f.; Jarass, UPR 2006, 45 (48); Lieder, ThürVBl. 2004, 53, 81 passim; Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 238, siehe ferner Rn. 338 ff.; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB (6. A. 1998), § 35, Rn. 115 f.; Schmehl, DVBl. 1999, 19 (20 f.); Schoch, Bergwerkseigentum (1995), S. 46, Fn. 78; Uschkereit, Vergleich BauR / Immissionsschutzrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 75 f.; ders., Bestandsschutz (2007), S. 68 ff.; Wehr, Verw. 38 (2005), 65 passim; Wickel, Bestandsschutz (1996), S. 68: „unauflöslicher Widerspruch“. Vgl. ferner Stober, Allg. WirtschaftsverwR (2006), § 22 II 1 a (S. 157), sowie dazu oben S. 268, Fn. 156. 384 Vgl. auch die Nachweise auf die überaus zahlreichen Stimmen, die zumindest vor dem Urteil des BVerwG vom 12.3.1998 einschränkungslos verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz befürworteten bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 206 f., Fn. 977. Siehe darüber hinaus noch BGHZ 140, 285 (291 f.), Urt. v. 21.1.1999; vgl. auch Rinne, NVwZBeilage 2/2000, S. 1; Dürr/Middeke, BauR NRW, 3. A. 2005, Rn. 137; Hufen, Staatsrecht II (2007) § 38, Rn. 9.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

315

Rechtsprechung geübt. Insbesondere werden noch immer Teile der Bestandsschutzrechtsprechung aufrechterhalten, soweit man meint, diese seien noch nicht direkt von der Rechtsprechungswende betroffen. Auf dreierlei ist daher nochmals388 hinzuweisen: Erstens ist selbst eine teilweise Aufrechterhaltung der Bestandsschutzlehren auf Grundlage der Eigentumsdogmatik unmöglich. Zweitens darf nicht vorschnell eine Bestandsschutzsituation herbeigeredet werden, da schon das einfache Recht umfassenderen Schutz gewährt, als bisweilen angenommen wird.389 Drittens ist es eine Fehlinterpretation anzunehmen, verfassungsunmittelbarer Bestandsschutz sei notwendig, um dem Eigentümer Schutz zu vermitteln. Das Gegenteil ist der Fall. Die gut gemeinten Anstrengungen, verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz zu retten, führen gerade mit Blick auf angebliche Lücken im einfachrechtlichen Schutz zu einer deutlichen Benachteiligung. Die Rettungswilligen wissen die tatsächlich greifenden Schutzmechanismen der Eigentumsgarantie nicht hinreichend zu würdigen.390 Bedauerlich ist dabei, dass das BVerfG mit einer beiläufigen391 Bemerkung in einer Kammerentscheidung392 hinter dem zurückbleibt, was das BVerwG an dogma385

Zudem befürchten Mampel und Brenner, wiedergegebene Diskussionsbeiträge, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 29 f., dass sich „gegenwärtig in der Rechtsprechung eine Renaissance des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes abzeichne“, siehe dazu näher – auch zu einem Beschluss des BVerwG vom 18.3.2001 – Mampel, ZfBR 2002, 327 (329). 386 Das gilt auch insoweit, als teilweise diese Rechtsprechung übergangen wird, vgl. insoweit Mainczyk, Neue Justiz 2003, 518 (518 f.: verfassungsunmittelbarer Bestandsschutz sei „st. Rspr. des BVerwG seit BVerwGE 25, 162 f.“); Peine, BauR (2003), Rn. 825 – 828. Dort wird zunächst festgehalten, es gäbe „neben den §§ 30 – 35 als ,Anspruchsgrundlagen Art. 14 GG als selbständige Anspruchsgrundlage“, worauf dann passiver und aktiver Bestandsschutz erläutert werden. Einzig hinsichtlich der „eigentumsrechtlich verfestigten Anspruchsposition“ heißt es: „Das BVerwG hat jüngst jedoch festgestellt, dass es einen solchen Anspruch nicht (mehr) gibt, da die Fallgruppen, für die er ursprünglich gedacht war, inzwischen vom Gesetzgeber normiert wurden“; siehe ferner Stollmann, BauR (2008), insbesondere § 2, Rn. 5 ff. unter verfehltem Hinweis auf Lieder, ThürVBl. 2004, 53, 91; siehe ferner § 21, Rn. 30; Heinze, Fachplanvorhaben, in: FS Blümel (1999), S. 160, in und bei Fn. 28. 387 Siehe insbesondere Dürr, VBlBW 2000, 457 passim., sowie dens., in: Brügelmann, BauGB, § 35 (Bearb. 2000), Rn. 122a ff.; ferner etwa Söfker, in: BauGB, E/Z/B/K, § 35 (Bearb. 2006), Rn. 183; Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 62 ff. 388 Ausführlicher hierzu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 197 ff.; siehe mit Verweis hierauf Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 84; Stober, Allg. WirtschaftsverwR (2006), § 22 II 1 a (S. 157). 389 Wenngleich abschließend darauf hingewiesen wird, dass dies bei den sog. Schwarzbaufällen nicht der Fall ist. 390 Oder erachten den dadurch erwirkten Schutz, was insoweit zumindest in der rechtsanwaltlichen Praxis verständlich sein mag, aufgrund des „Umwegs“ über das BVerfG für nicht ausreichend schnell erreichbar. 391 Wohl als obiter dictum zu werten, denn da bei dem zu entscheidenden Fall noch nicht einmal nach früherem Recht Genehmigungsfähigkeit vorlag, kam es auf die Frage, ob „Art. 14 I GG“ Bestandsschutz bewirkt, nicht an.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

tischer Klarstellung geleistet hat. Doch ungeachtet der Angreifbarkeit solch einer Bemerkung ist allein deshalb393 in der Praxis keine erneute Rückkehr zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz zu befürchten.394

392 BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 24.7.2000, NVwZ 2001, 424 (ibid.). Siehe dazu, auch im Wortlaut, unten S. 325, bei und in Fn. 432. Siehe ferner Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 200 zu abweichenden Tendenzen bei BVerfG (1. K/I) NVwZ-RR 1996, 483 ffi BRS 57, Nr. 246, Beschl. v. 15.12.1995. Vgl. ferner BVerfG (1. K./I) NVwZ 2005, 203 (204), Beschl. v. 2.9.2004 zur sog. Pirmasenser Amnestie (Duldung von Schwarzbauten). Auch hier wird eine auf den ersten Blick besonders „gesetzestreue“, weil den Abriss von Schwarzbauten legitimierende Rechtsprechung als Verletzung von Art. 14 GG gewertet. Doch stützt sich dabei die Kammer auf die – bei Beseitigungsverfügungen auch einfachrechtlich vorzunehmende, dem pflichtgemäßen Ermessen immanente – Verhältnismäßigkeitsprüfung und verneint dabei „unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls“ die Angemessenheit. Es geht also nicht um die Gewährung verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes. Die Entscheidung ist allerdings wenig überzeugend begründet. So wird nicht hergeleitet, weshalb die nur zwischenzeitlich – per „Amnestie“ – „geduldete“, durch Umbau jedoch wieder materiell illegale Bebauung solch ein Gewicht in der Verhältnismäßigkeitsprüfung gewinnen soll. Vgl. zu diesem Problemkomplex die Hinweise unten S. 333, Fn. 471 sowie zur Entscheidung noch S. 357, bei und in Fn. 9. Umfassend wird dann die Frage, inwieweit Schwarzbauten angesichts der Normgeprägtheit überhaupt berücksichtigungsfähig sind, unten ab S. 336 erörtert. 393 Man darf vielmehr mit Blick auf die allgemeine Eigentumsdogmatik des Gerichts noch immer davon sprechen, dass jedwede Form verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes dem Verständnis der Normgeprägtheit i. S. d. BVerfG widerspricht, siehe nur Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 68. 394 Insoweit mag auch darauf verwiesen werden, dass dieser Kammerbeschluss vom 24.7.2000 als einzigen Beleg auf die 1994er-Kommentierung von Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14, Rn. 84 verweist (vgl. dagegen Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 206, Fn. 977). Nunmehr, ibid. Rn. 84 ff., Bearb. 2002, gibt Papier jedoch die Bestandsschutzlehren nur noch als „traditionelle Sichtweise“ wieder, und zeigt sich unentschieden, ob „im Hinblick auf die Tatsache, dass Inhalt und Grenzen auch des Grundeigentums durch die Gesetze beschrieben werden […], überhaupt noch ein Rückgriff unmittelbar auf Art. 14 GG möglich ist. Dies verneine nunmehr die Literatur überwiegend, u. a. mit Verweis auf Grochtmann, ibid., S. 197 ff. m. w. N. Neuerdings hat sich Papier dieser Auffassung explizit angeschlossen, und zwar mit Blick auf das – insoweit parallel zu betrachtende – Straßenrecht und dort den ehemals verfassungsunmittelbar hergeleiteten sog. Anliegergebrauch, siehe nun in: Recht der öffentlichen Sachen, in: Erichsen/Ehlers, AVR (2006), § 40, Rn. 20 f. in ausdrücklicher Abkehr von seiner alten Auffassung.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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I. Unauflöslicher Widerspruch zwischen den Bestandsschutzlehren und der herrschenden Eigentumsdogmatik 1. Allgemeine Erwägungen Einen unmittelbaren Rückgriff auf Art. 14 I 1 GG, um über das geltende Recht hinausgehende Eigentumsrechte zu vermitteln, kann es nicht geben.395 Wenn man sich bezüglich eines Anspruchs auf eine gesetzliche Regelung nicht mehr berufen kann, so besteht insoweit – Folge des exklusiven gesetzgeberischen Inhaltsbestimmungsrechts – kein Eigentum. Nicht ausreichend ist es, dass gewisse Zuordnungen oder Befugnisse früher einmal von der einfachen Rechtsordnung als Eigentum anerkannt wurden. Ist die einfachrechtliche Anerkennung eines Zuordnungsverhältnisses nämlich konstitutiv, so bedarf es dieser Anerkennung eben auch und gerade zu dem Zeitpunkt, in dem ein Anspruch geltend gemacht werden soll.396 Die Ausgestaltungskompetenz des Gesetzgebers wäre Makulatur, würde sie nicht auch in zeitlicher Hinsicht gelten. Neues, verfassungsmäßig zustande gekommenes Recht muss das frühere Recht grundsätzlich verdrängen dürfen.397 Die aus Art. 14 I 2 GG fließende Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers wäre andernfalls nicht unerheblich beschnitten.398 Dem widerspricht die Grundannahme der Lehre vom verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz – gleich welcher Variante. Denn danach seien auf altem Recht begründete Positionen gerade so im Sinne des Art. 14 I 1 GG geschützt, dass sie sich prinzipiell auch gegen neues, entgegenstehendes Recht durchzusetzen vermögen. Stattdessen bestimmt der aktuelle Gesetzgeber innerhalb des Rahmens, den ihm die Verfassung dabei belässt,399 über die Fortdauer und Gestaltung eines Zuordnungsverhältnisses als Eigentum i. S. d. Art. 14 GG in die Zeit hinein.400 Der Gesetzgeber 395

Siehe die Nachweise auf das Schrifttum oben S. 314, Fn. 383. Oftmals wird allerdings neues Recht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu Konsequenzen für Alteigentümer führen, siehe dazu unten ab S. 326. Das alte Recht gilt weiter. Es geht hier nur darum aufzuzeigen, dass rechtstechnisch dies eine Frage ist, die der Gesetzgeber zu beantworten hat. 397 Es wäre widersinnig, dem neuen einfachen Gesetzesrecht die Wirksamkeit absprechen zu wollen, obschon gerade die ausreichende Beachtung der nach altem Recht gewährten Befugnisse im Rahmen der Verhältnismäßigkeit die Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit eines jeden neuen Gesetzes ist, vgl. dazu näher sogleich im Text. 398 Deshalb heißt es in einer Passage des Nassauskiesungsbeschlusses (BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981, Hervorhebungen nicht im Original): „Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich […] aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften.“ Weiter wird dann ausgeführt: „Aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze, die den Inhalt des Eigentums bestimmen, ergeben sich somit Gegenstand und Umfang des durch Art. 14 I 1 GG gewährleisteten Bestandsschutzes […].“ 399 Zu den Grenzen des Gesetzgebers einführend oben ab S. 40. 400 Wie hier etwa Heemeyer, DVBl. 2006, 25 (27). 396

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

ist somit befugt, frühere Gesetze in der Weise durch neue zu ersetzen oder zumindest so umzugestalten, dass fortan die aufgrund der alten Gesetze begründeten Zuordnungsverhältnisse nicht mehr länger als Eigentum i. S. d. Art. 14 GG gelten.401 Die Frage nach der Eigentumsqualität einer Position oder eines Anspruchs richtet sich dann einzig nach den neuen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen, sofern bei der Neuregelung den verfassungsrechtlichen Vorgaben hinreichende Beachtung geschenkt wird.402 Der Gesetzgeber ist nicht von vornherein gezwungen, die Maßstäblichkeit neuer Inhalts- und Schrankenbestimmungen auf erst in der Zukunft liegende Sachverhalte zu beschränken. Die gegenteilige Annahme, es gäbe eine zeitlich unvorhersehbar lange Bindung an Rechtspositionen, die aufgrund womöglich längst außer Kraft getretener Gesetze einstmals legal erlangt wurden, ist so nicht tragbar. In der dadurch verursachten Beschneidung der Ausgestaltungsbefugnisse des aktuellen Gesetzgebers liegt die Unvereinbarkeit dieser Lehre mit den vom BVerfG zutreffend aus Art. 14 I 2 GG gezogenen Rückschlüssen.403 Die überkommenen Bestandsschutzlehren sind überdies deshalb nicht mit der Eigentumsdogmatik des Grundgesetzes vereinbar, weil sie deren kompetenzielle Grundentscheidung missachten. Es genügt nicht zu sagen, die Verfassung gebiete es unmittelbar, ein bestimmtes Nutzungsrecht oder ein einst materiell rechtmäßig errichtetes Gebäude in seinem Bestand zu schützen. Auch das BVerwG war auf einen weitergehenden Interessenausgleich angewiesen, der ebenfalls dem Bestandsschutz entgegenstehende berechtigte Interessen zu berücksichtigen suchte. Das Gericht entwickelte deshalb eine umfangreiche und ausdifferenzierte Kasuistik zur Frage des Bestandsschutzes.404 Wenn nun das BVerwG dabei für sich in Anspruch nahm, Wer-

401

Vgl. hier nur BVerfGE 83, 201 (212), Beschl. v. 9.1.1991, wonach „selbst die völlige Beseitigung bisher bestehender, durch die Eigentumsgarantie geschützter Rechtspositionen […] unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein“ kann; zur Inhaltsänderung schon erworbener Rechtspositionen vgl. etwa BVerfGE 100, 1 (40), Urt. v. 28.4.1999. 402 Die Herrschaft des Gesetzgebers wird dezidiert betont von Breuer, NuR 1996, 537 (545). 403 Näher dazu Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 200, auch zu abweichenden Tendenzen bei BVerfG (1. K/I) NVwZ-RR 1996, 483 ffi BRS 57, Nr. 246, Beschl. v. 15.12.1995. Siehe ferner Mampel, ZfBR 2002, 327 (328). 404 Gerade diese Ausdifferenziertheit hätte Anlass zum Nachdenken sein müssen über die von der Lehre vom Bestandsschutz suggerierte Vorstellung, diese Kasuistik sei nichts weiter als eine „Auslegung der Verfassung“. Vgl. beispielsweise BVerwGE 50, 49 (59), Urt. v. 12.12.1975, wo nach ausführlicher Darstellung des sog. überwirkenden Bestandsschutzes und Herleitung von mehreren Kriterien hinsichtlich einer weiteren Fragestellung behauptet wird, das „Art. 14 I GG“ für „eine Differenzierung in dieser Richtung […] nichts her[gebe].“ So richtig dies Feststellung diesbezüglich auch war, drängt sich jedoch die Frage auf, wie der IV. Senat es bezüglich all der anderen ausdifferenzierten Kriterien bewerkstelligte, sie aus Art. 14 I GG abzuleiten. Die Bedenklichkeit, Wertungen als von der Verfassung vorgegeben zu verstehen, wird besonders deutlich bezüglich der Frage, ob Schutzwürdigkeit vorliege; siehe dazu z. B. BVerwG DÖV 1974, 814 (815), Urt. v. 5.7.1974; sowie dagegen überzeugend Wickel, Bestandsschutz (1996), S. 57, m. w. N. zur Rechtsprechung des BVerwG.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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tungsspielräume eigenständig auszufüllen, so hatte das zur Folge,405 dass damit korrelierend dem Gesetzgeber gerade diese Kompetenzen genommen wurden.406 Nur Letzterem hat aber das Grundgesetz diese Ausfüllungskompetenz zugewiesen. Das Parlament ist danach dieser schwierigen Aufgabe407 eher gewachsen als das mit dem Einzelfall befasste Gericht.408 Vor allem aber ist das Parlament unmittelbar demokratisch legitimiert, diese politisch-dezisionistischen Entscheidungen letztverbindlich zu treffen. Die Gerichte, hierbei letztlich das BVerfG, haben zwar dafür Sorge zu tragen, dass der verfassungsrechtliche Rahmen eingehalten wird, außerhalb dessen auch sämtliche parlamentarischen Entscheidungen abgewehrt werden können. Zu mehr sind sie hingegen nicht befugt. Auf das Fehlen einer dem verfassungsrechtlichen Mindeststandard409 oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht genügenden einfachgesetzlichen Regelung410 hätten die Instanzgerichte und das BVerwG also, wollten sie den Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen, mit dem Vorlageverfahren nach Art. 100 I GG reagieren müssen.411 In die kraft Verfassung nur dem Gesetz-

Siehe auch die Bezeichnung all solcher „Auslegungsleistung[en]“ als „bemerkenswert“ bei Wahl, Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 247, Fn. 9. 405 Bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 203 heißt es, dies wäre die „unweigerlich[e]“ Folge gewesen. Dies gilt zumindest für den Zeitraum, in dem das BVerwG trotz einfachrechtlicher Regelung seine eigene Kasuistik weiter verwendete. Sofern das Gericht jedoch später zumindest den Vorrang des Gesetzgebers anerkannte, ging es dann nicht mehr um ein Entziehen der Kompetenz, sondern um das Ausübung einer fremden Kompetenz, die dem Gericht nicht zugewiesen ist. 406 So auch Dreier, Verw. 36 (2003), 105 (124); Mampel, NJW 1999, 975 (977); Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 69. 407 So die Bezeichnung in BVerwGE 88, 191 (194), Urt. v. 16.5.1991. 408 Siehe ähnlich etwa Hoppe/Krane, Bestandsschutz, in: FS Allgemeines Baugesetz in Sachsen (2000), S. 391 (Blick notwendig nur auf Teilbereiche gerichtet). Ebenso ferner Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 69. Siehe zum Vorrang des Gesetzgebers auch oben ab S. 34. Vgl. ferner Stern, Ausstrahlungswirkung der Grundrechte, in: FS Wiedemann (2002), S. 140 ff. zur Bedeutung der von der Verfassung festgelegten Gewaltenteilung. Dass der Gesetzgeber regelungstechnisch Raum für Einzelfallentscheidungen im Rahmen des von ihm grundsätzlich gestalteten Regelungsprogramms lassen kann, versteht sich von selbst. Wenn bei § 35 IV BauGB etwa eine „Unflexibilität im Einzelfall“ zu beklagen sein sollte (so Erbguth/ Wagner, BauR (2005), § 8, Rn. 97), kann (und gegebenenfalls müsste) der Gesetzgeber dies durch entsprechende Öffnungsklauseln ändern. 409 Bei Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (218), als Untermaßverbot bezeichnet. Allgemein zu dieser (hier nicht näher behandelten) dogmatischen Konstruktion Canaris, Grundrechte und Privatrecht (1999), S. 39 f., 83 ff., m. w. N. auch zu ablehnenden Stellungnahmen sowie einer beispielhaften Anwendung des Untermaßverbots in Bezug auf Art. 14 GG auf S. 85; für eine kritische Bestandsaufnahme vgl. Gellermann, Grundrechte in einfachgesetzlichem Gewande (2000), S. 342 – 350. 410 Bei nicht mehr bestehender Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung oder einer etwaig zulässigen Analogie. Siehe zum Erfordernis verfassungskonformer Auslegung sowie zu Möglichkeiten der Analogie näher sogleich ab S. 326. 411 So schon Koch, in: ders./Hosch, BauR, 1. A. 1988, S. 263; siehe ferner Schmaltz, in: Schrödter, BauGB (6. A. 1998), § 35, Rn. 115 a. E.; Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR,

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

geber übertragene genuin politische Entscheidungskompetenz unter dem Deckmantel der Verfassungsauslegung einzugreifen, ist den Gerichten jedenfalls untersagt.412 2. Zur teilweisen Aufrechterhaltung der Bestandsschutzlehren Es bleibt aufzuzeigen, weshalb auch diejenigen Auffassungen nicht überzeugen, die nur teilweise von den alten Bestandsschutzlehren abrücken.413 a) Subsidiärer Rückgriff auf die Bestandsschutzlehren Zwar erkennen viele – der neuen Rechtsprechung des BVerwG414 folgend – nunmehr an, dass insoweit, als der Gesetzgeber den Bestandsschutz explizit geregelt hat, für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch kein Raum mehr verbleibt. Fehlt es aber an einer einfachgesetzlichen Bestandsschutzregelung, meint man auf die in Reserve stehenden althergebrachten Grundsätze des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes zurückgreifen zu können.415 Nur wenn vom Gesetzgeber „als abIII. Abschn., Rn. 238. Art. 100 I GG greift nicht bei Rechtsverordnungen und Satzungen, darauf hinweisend Jarass, UPR 2006, 45 (48). Ob darüber hinaus noch eine Art „Notkompetenz“ zur Ausfüllung bestehender Lücken bei Untätigbleiben des Gesetzgebers anzunehmen ist, ist sehr zweifelhaft, kann hier aber dahinstehen. Eine Kompetenz, im Nachbarrecht „subjektivrechtliche Gesetzeslücken“ kraft einfach-rechtlich i. S. d. Art. 14 I 2 GG wirkenden Richterrechts sogar über eine bloße Notkompetenz hinaus zu füllen, wird jedenfalls vertreten von Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Vorb § 42 II (1996), Rn. 80 ff., und DVBl. 1996, 641 (648 f.) an; siehe dazu auch Pauli, Drittschutz im Bauplanungsrecht (2005), S. 25; vgl. kritisch Mampel, NJW 1999, 975 (977). Siehe. insoweit auch oben S. 254, Fn. 94. 412 Vgl. Mampel, NJW 1999, 975 (977). 413 Insoweit geht es nicht allein um die allgemeine Begründung, weshalb es keinen verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz geben kann, dazu schon oben sowie etwa zusammenfassend Mampel, NJW 1999, 975 (977). Im Vordergrund steht hier die Behandlung von „Rückzugsgefechten“ im Schrifttum, die sich in dem Bestreben zeigen, zumindest soweit möglich noch herkömmlichen Bestandsschutz aufrecht zu erhalten, ohne sich dabei offen in Widerspruch zum BVerwG zu setzen. Siehe dazu schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 210 ff.; wie hier nun auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 67 ff.; Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 76 ff. 414 Vgl. soeben die Nachweise S. 312 in Fn. 374 f. 415 Brohm, BauR (2002), § 22, Rn. 4 (dafür spräche viel), siehe auch – mit Blick auf das Gebot der Rücksichtnahme – deutlicher § 18, Rn. 35; Tyczewski/Freund, Zulässigkeit, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch UmweltR, A IV (Bearb. 2008), Rn. 219; Stüer, Bebauungsplan (2006), G III 1, Rn. 927 f. (nur „in erster Linie“ Aufgabe des Gesetzgebers); Heintz, in: Gädtke, BauO NRW (2008), Einl., Rn. 35, § 75, Rn. 105 ff. (allerdings bei Bevorzugung umfassender Regelungen durch den einfachen Gesetzgeber, Rn. 108), insbesondere Rn. 127 („da … einfachrechtlich [ge]regelt, [sind] heute keine Fälle mehr denkbar, die zu einem Rückgriff auf Art. 14 Abs. 1 GG nötigen.“), ferner Rn 128 a. E.; ferner § 87, Rn. 1, wonach es „einen sich aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG als Ausfluss der Baufreiheit ergebenden Bestandsschutz“ gäbe. Vgl. aber ein wenig restriktiver dens., in: Rabe/ders., BauR (2006), E 6.3, Rn. 227 (S. 276: „der

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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schließend konzipierte“ und den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht werdende Bestandsschutzregelungen erlassen seien, bleibe der unmittelbare Rückgriff auf das Grundrecht des Art. 14 GG versperrt.416 Die Frage nach einer abschließenden Konzeption drückt dabei anschaulich den Gedanken der Reservefunktion des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes aus. Es wird suggeriert, der Gesetzgeber (und – was entscheidend ist – damit auch der Rechtsanwender) könne hierauf konkludent zurückgreifen, wenn er den Bestandsschutz eben nicht abschließend regele. verfassungsrechtliche Bestandsschutz als Anspruchsgrundlage hat seine Bedeutung verloren“); Lüers, WiVerw 1998, 57 (67); Söfker, Statement, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 7; Stühler, BauR 2002, 1488 (1492 f., 1494 f.); Oehmen/Bönker, BauR (1999), 4.4.1.4, Rn. 333 (Rückschluss aus „abschließend“, da „verfassungskonform“); wohl auch Konrad, JA 2000, 408 (413), Rückschluss aus „nicht mehr“; weiterhin Taegen, in: Berliner Kommentar zum BauGB (2. A. 1995), § 35, Rn. 93; so auch Krebs, BauR (10. A. 1995), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 141 a. E., sowie an gleicher Stelle in der 9. A. (1991); zur ab der 11. A. (1999) vertretenen Ansicht sogleich ab S. 324; vgl. ferner Battis, Inhalt und Schranken, in: FS Leisner (1999), S. 685 f. Uechtritz, DVBl. 1997, 347 (348, 350 f.), bemüht sich zwar um die Auslotung der Reichweite der einfachrechtlichen Regelungen zum Bestandsschutz (vor allem im Hinblick auf die Geltungsdauer der Bestandsschutz vermittelnden Baugenehmigung), hält aber nach wie vor den unmittelbaren Rückgriff auf Art. 14 I GG für „unabdingbar“, wenn das einfache Recht keine Bestandsschutzregelung enthalte (S. 350), weiterhin „möglicherweise auch noch dann, wenn die einfachgesetzliche Norm hinter den Anforderungen, die sich aus Art. 14 I GG ergeben, zurückbleib[e]“ (S. 348); uneingeschränkte Annahme der Existenz verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes noch bei dems., Baugenehmigung, in: FS Gelzer (1991), S. 268 ff., wo allerdings schon die besondere Bedeutung des durch die Baugenehmigung vermittelten einfachrechtlichen Bestandsschutzes bzw. die dort sog. „Legalisierungswirkung“ der Baugenehmigung besonders herausgestellt wurde. Siehe auch Peine, BauR (2003), Rn. 828 sowie dazu oben S. 315, Fn. 386. Wohl auch Ferner, in: HkBauGB (2008), § 35, Rn. 41 (kein Bestandsschutz „neben den gesetzlich geregelten Möglichkeiten“ (Hervorhebung nicht im Original); Art. 14 I GG sei aber „– für sich betrachtet – nicht zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen eine Änderung der vorhandenen Bausubstanz von einer früheren Baugenehmigung als nicht gedeckt anzusehen ist; die hat vielmehr der Gesetzgeber des einfachen Rechts zu entscheiden“; andererseits wird in § 30, Rn. 4 ff. ohne jede Einschränkung auf Grundlage einzig der aufgegeben alten Rechtsprechung erklärt, baurechtlicher Bestandsschutz beruhe auf Art. 14 I GG); wohl auch Roeser, Berliner Kommentar zum BauGB, § 35 (Bearb. 2002), Rn. 98 f. (Wiedergabe der Rechtsprechung des BVerwG, wonach es „einen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichen Bestandsschutz […] nicht gibt […]. Dies gilt auch für den Anwendungsbereich des § 35 […]; neben dieser gesetzlichen Regelung kommt Bestandsschutz im Außenbereich nicht in Betracht.“ Zur Parallelproblematik der Herleitung des Nachbarschutzes unmittelbar aus Art. 14 I GG beim Fehlen einfachrechtlicher Regelungen, die dem Schutzbedürfnis des jeweiligen Baurechtsinterpreten genügen, vgl. statt vieler befürwortend Brohm, BauR (2002), § 18, Rn. 35 („zugunsten einer überschaubaren und verständlichen Dogmatik“); Muckel, JuS 2000, 132 (136 f.) m. w. N.; aus der einen „schweren und unerträglichen“ Eingriff fordernden Rechtsprechung vgl. beispielsweise BVerwGE 50, 282 (287 f.), Urt. v. 26.3.1976; gegen diesbezügliche verfassungsunmittelbare Ableitungen Mampel, NJW 1999, 975 (977 f.) m. w. N. und Roeser, Berliner Kommentar zum BauGB, Vor §§ 29 – 38 (Bearb. 2002), Rn. 15 ff. (wobei Letzterer Ausnahmen für Fälle sog. „unmittelbaren Eingriffs“ zulassen will). 416 Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 140 f.; ferner Stüer, Bebauungsplan (2006), G III 1, Rn. 928; Lüers, WiVerw 1998, 57 (67).

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Indes lässt sich solch eine subsidiäre Form verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes nicht mit dem alleinigen Inhaltsbestimmungsrecht des Gesetzgebers vereinbaren. Schließlich geht es auch hier darum, mittels eines direkten Rückgriffs auf die Verfassung dem Einzelnen Rechte zu geben, die ihm die einfache – zu seinen Ungunsten veränderte417 – Rechtsordnung versagt. Insoweit gilt in gleicher Weise das eben Ausgeführte: Ohne einfachrechtliches Zuordnungsverhältnis und erst recht nicht gegen das durch den einfachen Gesetzgeber gestaltete Zuordnungsverhältnis gibt es kein Eigentum im Sinne der Verfassung.418 Insbesondere ist schon die Prämisse der einen subsidiären Bestandsschutz annehmenden Auffassung zweifelhaft, wonach es Konstellationen ohne gesetzliche Bestandsschutzregelung gebe. Zeigt sich nämlich, dass durch oder aufgrund eines bestimmten Gesetzes belastende Maßnahmen herbeigeführt werden, die konkretes Eigentum betreffen, so hat doch der Gesetzgeber eben damit eine Entscheidung herbeigeführt. Schließlich muss zuvor in der Auslegung des neuen Gesetzes festgestellt werden, dass es auch auf nach altem Recht schon begründete Rechtspositionen zurückwirken soll.419 Ist dagegen ein solcher gesetzgeberischer Wille nicht das Ergebnis der Auslegung, so stellt sich die Frage nach (verfassungsunmittelbarem) Bestandsschutz erst gar nicht. Es kann also nie eine Lücke geben. Die „Regelung“ des Bestandsschutzes besteht darin, jedweden Schutz zu verweigern. Ob sich der Gesetzgeber der den Einzelnen treffenden Konsequenzen voll bewusst war, als er eine Regelung erließ, die uneingeschränkt und ohne Abfederung auch auf Alteigentum Anwendung finden soll, ist hier wie auch sonst irrelevant. Bewusst oder unbewusst – der Regelungsgehalt, d. h. hier die uneingeschränkte Geltung auch für schon begründetes Eigentum, bleibt derselbe.420 Die Absage an eine eigentümerfreundliche Bestandsschutzregelung kann deshalb nicht kurzerhand in das gänzliche „Fehlen“ einer solchen umgedeutet werden, sodass die dadurch entstandene „Lücke“ nun für die Ausfüllung durch verfassungsunmittelbares Bestandsschutzrecht bereitsteht. Entweder lehnt somit der einfache Gesetzge417 Was – um es ein weiteres Mal zu betonen – voraussetzt, dass die verfassungsrechtlichen Bindungen, die den Einzelnen (und insbesondere sein Vertrauen in den Bestand des Eigentums) zu schützen bestimmt sind, dabei eingehalten wurden. 418 Siehe im Ergebnis ebenso gegen eine „Aufleben“ verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes etwa Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 238 m. w. N.; Brenner, Verfassungsrechtliche Vorgaben, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 23 f.; Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 65 ff. 419 Wenn sich in Auslegung des einfachen Rechts das Ergebnis finden ließe, „daß sich ein früherer Anspruch gegenüber einer Rechtsänderung auch ohne ausdrückliche Regelung durchsetzt“ (Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 IV 4 c (S. 211)), so bestünde insoweit einfachrechtlicher Bestandsschutz, und zwar vollumfänglich. Des Rückgriffs auf Art. 14 I 1 GG bedürfte es nicht. 420 Man mag in diesem Zusammenhang die Frage nach „unbewussten Regelungslücken“ stellen, sofern man dies als Voraussetzung einer Analogie verstünde. Darum geht es hier indes nicht. Verfassungsunmittelbarer Bestandsschutz, wie vom Schrifttum vertreten, übernimmt hier zwar die Funktion einer Analogie, er ist es aber nicht.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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ber bei seinem Ansinnen, die Neuregelungen auch auf Altfälle zu erstrecken, eine Bestandsschutzregelung ab, oder aber er bedient sich ihrer. Dieser Verantwortung kann er sich nicht begeben. Ein Offenlassen dieser Frage ist dogmatisch nicht fassbar.421 Jede Auslegung des einfachen Rechts führt zwangsläufig zu einem eindeutigen Ergebnis,422 das dann zur Grundlage der nachfolgenden eigentumsgrundrechtlichen Bewertung wird. Bei einer einfachgesetzlichen Nichtnormierung des Bestandsschutzes bleibt dann allein zu prüfen, ob dieses Gesetz dabei den Anforderungen des Art. 14 GG entspricht (und damit der Bestandsschutz in verfassungsmäßiger Weise verweigert wurde) oder ob dieses Gesetz (zumindest in seinem vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalt) und damit die Beeinträchtigung zu verwerfen ist.423 Einigen Anhängern der Bestandsschutzlehren zufolge scheint es dagegen verfassungswidrige Bestandsschutzregelungen des Gesetzgebers kaum geben zu können. Wenn nämlich eine ausdrückliche und als „abschließend“ gedachte Bestandsschutzregelung nicht den Anforderungen der Eigentumsgarantie standhalten könne, so sei sie dann wegen einer „verfassungskonformen Auslegung“ eben doch als nicht abschließend zu verstehen.424 An einer strikten Überprüfung des Gesetzgebers scheint dann kein Bedarf zu bestehen, wenn schon 421 Denkbar wäre allenfalls ein konkludenter Verweis – erkennbar etwa in der Gesetzesbegründung – auf die vom Gesetzgeber gewünschte Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zum Bestandsschutz, doch selbst eine solche Annahme hilft nicht weiter, angesichts dessen, dass Art. 14 I 2 GG hier vom Gesetzgeber in Anbetracht seines Verfassungsauftrags zur Eigentumsgestaltung eine auf eigenständiger Wertung beruhende, für die betroffenen Grundrechtsträger anhand des Gesetzeswortlauts erkennbare Regelung herbeizuführen hat (anders als bei den sog. salvatorischen Klauseln bestehen schließlich keine regelungstechnischen Probleme, Bestandsschutz ausdrücklich zu formulieren). Erfordert die Verfassung Bestandsschutz, so hat in erster Linie niemand anders als der Gesetzgeber dieser Forderung nachzukommen. 422 Um Missverständnisse zu vermeiden: Von Eindeutigkeit ist hier die Rede mit Blick darauf, dass entweder einfachrechtlich das neue Recht das schon Erworbene nicht berührt (Bestandsschutz also gewährt wird) oder aber, dass das neue Recht auch daraufhin Anwendung finden soll. Der Rechtsanwender – die Verwaltung, das Gericht – kann also nicht unentschieden bleiben, sondern muss sich positionieren. Dass der Weg zum jeweiligen Auslegungsergebnis gleichwohl äußerst schwierig sein kann, versteht sich indes von selbst. Gerade weil zunächst Möglichkeiten zu finden sind, in verfassungskonformer Weise hinreichenden Bestandsschutz einfachrechtlich zu verorten, darf nicht vorschnell eine Lösung angenommen werden. Das einfache Recht ist gründlich und umfassend, auch mit Blick auf Analogien hin auszulegen. Dies ändert aber nichts daran, dass am Ende ein Ergebnis gefunden sein muss. Wie angreifbar oder unsicher seine Begründung auch sein mag, so ist das Ergebnis als solches zwingend eindeutig. 423 Letztlich durch das BVerfG entweder im Wege der Urteilsverfassungsbeschwerde durch den Betroffenen oder nach Art. 100 I GG, und zwar mit der Folge, dass die eigentümernachteilige Regelung solange unbeachtlich bleibt, bis sich der Gesetzgeber selbst in Ausfüllung der ihm dabei zukommenden Spielräume einer verfassungskonformen Regelung angenommen hat; vgl. zu den schutzintensiveren Folgen S. 333 sowie hinsichtlich des Wunsches nach Erweiterung des erworbenen Baubestands S. 332, Fn. 468. 424 Siehe so explizit Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 140 a. E., zur Frage, ob die Zulassungstatbestände der §§ 30 ff. BauGB als „abschließend konzipiert“ zu verstehen seien.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

ohne unbequemen „Umweg“ über das gemäß der Verfassung für zuständig erachtete BVerfG die Bestandsschutzregelung durch eigene „Auslegung“ mit den gewünschten Inhalten angereichert werden kann. Unbefriedigend ist vor allem, dass die Befürworter solcher Ansichten sich nicht oder nicht hinreichend mit den aus Art. 14 I 2 GG resultierenden Vorgaben auseinandersetzen. Zumeist beschränkt man sich auf die bloße Wiedergabe der neueren Rechtsprechung des BVerwG zum Vorrang des einfachen Gesetzesrechts, um dann für die Fälle „fehlender“ Regelungen verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz weiterhin anzunehmen, ohne dies näher argumentativ zu untermauern.425 b) Fortbestehen passiven Bestandsschutzes Ebenso wenig vermag die von vielen426 vorgetragene weitere Variante eines immer noch unmittelbar auf Art. 14 I GG gestützten passiven Bestandsschutzes den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen. Paradigmatisch entfaltet Krebs diese Ansicht. Zunächst trennt er zwischen „passivem Bestandsschutz“ und sonstigen Ausformungen des Bestandsschutzes. Aufgrund Ersterem könne „zB die Beseitigung […] einer rechtmäßig errichteten baulichen Anlage nicht allein mit der Begründung angeordnet werden, sie widerspreche zwischenzeitlich geändertem Planungsrecht und sei insofern planungsrechtlich unzulässig“. Dabei verweist er auf BVerwGE 72, 362 (363).427 Dann heißt es: „Es fragt sich, ob darüber hinaus die verfassungsrechtliche Sicherung des status quo auch zu unmittelbar aus Art. 14 I GG abzuleitenden Ansprüchen auf die Zulassung von Vorhaben führen kann.“ Als somit einzig zu diskutierende Problemkreise werden dann der „aktive Bestandsschutz“, der sog. „überwirkende Bestandsschutz“ und die „eigentumskräftig verfestigte Anspruchspo-

425

Vgl. statt vieler Heintz, in: Gädtke, BauO NRW (2008), Einl., Rn. 35, § 75, Rn. 105 ff. Im Ergebnis Trennung zwischen aktivem und passivem Bestandsschutz (dazu sogleich) bei Dolde, Eigentumsdogmatik des BVerwG, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 311 f.; Söfker, in: BauGB, E/Z/B/K, § 35 (Bearb. 2006), Rn. 178 ff., insbesondere Rn. 182 f., allein der sog. überwirkende Bestandsschutz sei von der Rechtsprechung des BVerwG (zu Unrecht) in Frage gestellt; Heintz, in: Rabe/ders., BauR (2006), F 2.4, Rn. 43 (passiv = Bestandsschutz), Rn. 44 (außerhalb der gesetzlichen Regelungen kein Anspruch); Rabe, ibid. (2006), C 4.7.3, Rn. 428 (passiv = „echte[r] Bestandschutz aus Art. 14 GG“ (siehe auch Rn. 415), daneben außerhalb des einfachen Rechts kein Anspruch auf Erweitungen); Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 138 ff.; Gohrke/Brehsan, NVwZ 1999, 932 (936); Krautzberger, in: B/K/L, BauGB (2007), § 35, Rn. 126 einerseits, Rn. 127 f. andererseits; Erbguth/Wagner, BauR (2005), § 2, Rn. 56; vgl. ferner Taegen, in: Berliner Kommentar zum BauGB (2. A. 1995), § 35, Rn. 93, Seidel, ZG 2002, 131 (134); Dolde/Menke, NJW 1999, 2150 (2157); ähnlich auch Düppenbecker/Greiving, DVBl. 1999, 1014 (1017 f.). Vgl. auch Schoch, JURA 2005, 178 (181), der im Zusammenhang mit der Beseitigungsanordnung nur einen Widerspruch zwischen Art. 14 GG (in der Auslegung von BVerwGE 106, 228, Urt. v. 12.3.1998) sowie der Beseitigungsanordnung insoweit sieht, als es um einen „übergesetzlichen Bestandsschutz“ geht (unter Verweis auf Gohrke/Brehsan, ibid.). Offen bleibt, ob hier mit Gohrke/Brehsan unter „gesetzlichem“ Bestandschutz auch die bloß passive Ausformung verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes zu verstehen ist. 427 Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 138. 426

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

325

sition“ genannt.428 Hieraus ist zu schließen, dass Krebs den unmittelbar aus Art. 14 I GG abgeleiteten Bestandsschutz im Grundsatz, d. h. für die Fälle des „passiven Bestandsschutzes“, weiterhin anerkennt.429 An einer näheren Begründung dafür fehlt es. Vermutlich sucht er so, sich nicht in Widerspruch zur von ihm nicht in Abrede gestellten430 Gesetzesabhängigkeit des verfassungsrechtlichen Eigentums zu setzen. Schließlich sind die Positionen, die er durch den verfassungsunmittelbaren passiven Bestandsschutz schützen will, zuvor aufgrund einer ehemals gültigen gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung erworben worden.431 Bei den anderen Formen des Bestandsschutzes geht es jedoch immer um ein wenig mehr als das bislang schon normativ zugeordnete Eigentum. Auch der eingangs erwähnte Kammerbeschluss des BVerfG scheint einem solchen Denken verfassungsgerichtliche Weihen zu geben.432 Erkennt man aber im Grundsatz einmal die auf Art. 14 I 2 GG gestützte Argumentation an – was zwingend ist, will man sich nicht grundsätzlich der Eigentumsdogmatik des BVerfG433 und der herrschenden Meinung in der staatsrechtlichen Literatur verweigern –, so zeigt sich, dass diese Argumente in gleicher Weise einschlägig sind, wenn es sich um Fälle des sog. passiven Bestandsschutzes handelt.434 Eine solche Unterscheidung zur „Rettung“ wenigstens eines (nicht unbedeutenden) Teils der 428

Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 138 (Hervorhebungen nicht im Original). 429 Die Aufspaltung in passiven und sonstigen Bestandsschutz, wobei Ersterer gesondert behandelt werden soll, findet sich in den von ihm bearbeiteten Auflagen aus 1991 und 1995 noch nicht. 430 Krebs, BauR (2005), in: Schmidt-Aßmann, BVR, 4. Abschn., Rn. 28. 431 Vgl. auch – allerdings nicht in Bezug auf die hier erläuterte Ansicht – allgemein beschreibend Brenner, BauR (2006), 5. Teil, B VII 2 (S. 172): Bestandsschutz „findet […] seine Rechtfertigung darin, […] dass eine bauliche Anlage, die in der Vergangenheit dem materiellen Recht entsprach, den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz deshalb genießt, weil sie sich nicht im Widerspruch zu der gesetzlichen Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Eigentums i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG befand.“ 432 BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 24.7.2000, NVwZ 2001, 424 (ibid.). Zumindest wird dort in einem obiter dictum (vgl. dazu S. 315, Fn. 391) dem Bestandsschutz insoweit Relevanz zugemessen, als es um Rechtspositionen geht, die schon einmal im Einklang mit dem damals geltenden Recht sich befanden. Es heißt dort: „Ein durch Art. 14 I GG bewirkter Bestandsschutz liegt nur dann vor, wenn der Bestand zu irgendeinem Zeitpunkt genehmigt worden oder jedenfalls genehmigungsfähig gewesen ist (vgl. Papier, in: Maunz/Dürig, GG II, Stand: Mai 1994, Art. 14, Rn. 84). Hiervon ausgehend setzt sich das OVG im Einzelnen und mit nachvollziehbarer Begründung […] auseinander und widerlegt […]“. 433 Inwieweit das BVerfG allerdings selbst immer konsequent seine allgemeine Eigentumsdogmatik umsetzt, steht auf einem anderen Blatt, vgl. insoweit die vorangegangene Fußnote sowie oben die weiteren Hinweise auf S. 313. 434 Siehe beispielsweise so auch Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (79), siehe auch S. 80: „Basierte […] Bestandsschutz auch contra legem auf Art. 14 GG, so würde ein Anwendungsvorrang der Verfassung unter Leugnung seines Geltungsvorrangs postuliert“, Leugnung mag hier ein missverständlicher Ausdruck sein; recht verstanden ist der Geltungsvorrang insoweit „geleugnet“, als man ihm nichts „zutraut“, d. h. die verfassungsrechtliche Kontrolle als nicht ausreichenden Ersatz bewertet. Siehe ferner Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 (417 f.).

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

althergebrachten Lehre vom Bestandsschutz kann nicht fruchten: Wie das BVerfG zutreffend herausgestellt hat, ist gerade die Möglichkeit, alte Inhalts- und Schrankenbestimmungen in den Grenzen der Verfassung durch neue zu ersetzen, Teil der aus Art. 14 I 2 GG erwachsenden Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers.435 Die Annahme eines zwar nur passiven, gleichwohl aber verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes lässt sich hiermit nicht vereinbaren.

II. Reichweite des einfachrechtlich schon gewährten Bestandsschutzes Für den Bauherrn ist kaum etwas entscheidender als sein Anliegen, dass sein Bauwerk in seinem Bestand nicht durch spätere Rechtsänderungen gefährdet wird. Eines fürsorglichen Verweises etwa auf verfassungsunmittelbar bestehenden passiven Bestandsschutz bedarf es aber zur Antwort zunächst nicht, wenn tatsächlich das einfache Recht diesen Bestandsschutz schon gewährt. Es ist daher angezeigt, das angebliche „Gefahrenpotential“, das aus etwaigen Änderungen im materiellen Baurecht zzt. resultieren könnte, dem tatsächlichen Rechtszustand entsprechend einzugrenzen.436 Hinzu kommt das Gebot verfassungskonformer Auslegung.437 Auch die Möglichkeiten der Analogie sind auszuloten.438 435

Vgl. mit Nachweisen oben S. 318 bei Fn. 401. Siehe dazu insbesondere die umfassende Analyse bei Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 105 ff. 437 Was vorrangig geprüft werden muss (Jarass, UPR 2006, 45 (48); Wahl, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 42 II (1996), Rn. 81) und auch zumindest stellenweise zum Erfolg geführt hätte, so Wahl, Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 254. Die Notwendigkeit verfassungskonformer Auslegung besonders betonend Di Fabio, Ausstieg aus der Kernenergie (1999), S. 124 f. Nach Battis, Inhalt und Schranken, in: FS Leisner (1999), S. 686, sei es gerade die verfassungskonforme Auslegung, die „dem Streit für die Praxis in den meisten Fällen die Spitze“ nehme. Zu den Grenzen verfassungskonformer Auslegung vgl. BVerfGE 98, 17 (45), Beschl. v. 8.4.1998, m. w. N. Siehe ferner die Nachweise unten S. 388, Fn. 115. Siehe überdies dort im Haupttext zur Unterscheidung zwischen dem Erfordernis, die Ermessensspielräume gesetzeskonform auszufüllen (statt direkt anhand des Art. 14 GG) sowie dem Gebot verfassungskonformer Auslegung. 438 Vgl. diesbezüglich diesen Grundsatz hervorhebend BVerwGE 106, 228 (234 f.), Urt. v. 12.3.1998, zitiert oben S. 313, Fn. 377; siehe ferner am Beispiel Hoppe/Krane, Bestandsschutz, Festschrift Allgemeines Baugesetz in Sachsen (2000), S. 396 sowie den Vorschlag S. 406 f. Siehe ferner Ortloff, Bauordnungsrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 60 f. sowie die Diskussion dazu, wiedergegeben auf den S. 67 ff. Allgemein zur Analogie siehe insoweit auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 92 ff. Siehe darüber hinaus Hansmann, Bestandsschutz im Immissionsschutzrecht, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 940 f., der die Möglichkeit untersucht, ob es nicht Bestandsschutz als ein „allgemeines Rechtsprinzip des (einfachgesetzlichen Immissionsschutzrecht“ gebe, verneint dies dann allerdings. Insoweit wird indes schon grundsätzlich die Möglichkeit eines solchen allgemeinen Prinzips auch mit Blick auf das Baurecht zu verneinen sein. Die Frage des Bestandsschutzes ist derart zentral, dass sie einer eigenständigen, ausdrücklichen normativen 436

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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Ohne diesbezüglich Einzelheiten wie beispielsweise die sog. Legalisierungswirkung der Baugenehmigung439 darzustellen,440 ist festzustellen, dass nach einfachem Recht in weitem Umfang Schutz gewährt wird.441 Hinsichtlich des Bauplanungsrechts beispielsweise wird vorgetragen, § 29 I BauGB beträfe ausweislich seines Wortlauts nur „künftiges Baugeschehen“.442 Änderungen auf Grundlage der §§ 30 ff. BauGB beträfen daher schon errichtete Vorhaben ohne (Nutzungs-)Ände-

Regelung bedarf. Gerade in Anbetracht der jüngeren Rechtsgeschichte wäre die Berufung auf ein allgemeines Rechtsprinzip eine kaum überzeugende Blankovollmacht für Richterrecht anstelle der Art. 14 I 2 GG geschuldeten Parlamentsentscheidung. 439 Man kann die Frage stellen, inwieweit die Bestandskraftregelungen Art. 14 GG zuzuordnen sind. Bestandskraft ist zu einem gewissen Grad auch rechtsstaatlich gefordert. Einige wollen diesen Regelungskomplex losgelöst von der Eigentumsgarantie gewertet wissen (siehe Lieder, ThürVBl. 2004, 53 (59); Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 107 f.; Dolde, Eigentumsdogmatik des BVerwG, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 311, Fn. 47 jeweils m. w. N.). Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes wird jedoch durch sämtliche Normierungen geregelt. Will man überprüfen, ob das einfache Recht den Anforderungen des Art. 14 GG genügt, ist daher auch die Gesamtrechtslage heranzuziehen. Soweit durch Bestandskraft Schutz gewährt wird, kommt das auch dem Eigentümer zu Gute. Dies gilt unabhängig davon, ob die Regelung ihrerseits durch Art. 14 GG motiviert ist und ob sie auch Fälle außerhalb der Eigentumsgarantie umfasst bzw. auch ohne Existenz der Eigentumsgarantie gegeben wäre. Ob und inwieweit es eines weitergehenden Schutzes aufgrund von Art. 14 GG bedarf, ist ebenso eine andere Frage. Jedenfalls muss im Rahmen der Erörterung des einfachrechtlichen Bestandsschutzes zunächst einmal auch der Frage nach dem Schutz durch die sog. Legalisierungswirkung nachgegangen werden. Wenn dann das tatsächliche einfachgesetzliche Schutzniveau festgestellt ist, mag auch hinsichtlich nicht primär durch die Eigentumsgarantie motivierter Regelungen beispielsweise an eine verfassungskonforme Auslegung aus Art. 14 GG mit Blick auf Eigentümer gedacht werden. Das scheitert nicht daran, dass es sich um landesrechtliche Materien handelt (a. A. wohl Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 114 m. w. N.). Wesentlich ist, dass Gegenstand der eigentumsgrundrechtlichen Überprüfung die gesamte Rechtslage ist, ohne dass zuvor Teile ausgegliedert werden könnten. 440 Vgl. insoweit beispielsweise Lieder, ThürVBl. 2004, 81 (82 ff.). 441 Siehe im Überblick etwa Hoppe/Krane, Bestandsschutz, in: FS Allgemeines Baugesetz in Sachsen (2000), S. 393 ff. 442 Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338d, Hervorhebung nicht im Original. Ebenso schon Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (83). Dass neuartige, noch nicht verwirklichte Nutzungen folglich durch das neue Bauplanungsrecht verboten sind (dahin gestellt sei, inwieweit zuvor überwirkender Bestandsschutz ein anderes Ergebnis herbeigeführt hätte), sei überdies eigentumsgrundrechtlich gut zu erklären. Denn schließlich fehle insoweit die Inswerksetzung, die zur Intensivierung des Schutzes, d. h. Eingrenzung des gesetzgeberischen Spielraums geführt hätte. Anzufügen ist, dass auch insoweit zumindest die „normale“ Kontrolle der Eigentumsgarantie für Inhaltsbestimmungen greifen wird. Vgl. im Umkehrschluss so auch BVerwG NVwZ 2002, 1250 (1252), Urt. v. 11.4.2002. Dort wird nämlich ganz ausführlich begründet, weshalb es bei einem bei Errichtung noch genehmigungsfreien Vorhaben (Lagerplatz im Außenbereich) nachträglich im Anschluss an eine Änderung (Umzäunung) zu einer Genehmigungspflicht und damit dann zu formeller Illegalität gekommen ist. Nachträgliche materielle Illegalität eines nicht veränderten genehmigungsfreien Vorhabens hätte also nicht ausgereicht, eine Beseitigungsanordnung zu rechtfertigen.

328

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

rung nicht.443 Selbst wenn sich also die aktuelle bauplanungsrechtliche Rechtslage ändert, sind die schon errichteten Vorhaben bestandsgeschützt, und zwar unabhängig davon, ob zudem Schutz infolge der Baugenehmigung besteht.444 Begrifflich können sie schließlich nicht als „materiell illegal“445 bezeichnet werden, sofern sie nur bei ihrer Errichtung dem geltenden Recht entsprachen; auf die etwaig fehlende Baugenehmigung käme es insoweit nicht an.446 Landesrechtliche Befugnisnormen der Bauaufsicht könnten an dieser bauplanungsrechtlichen Regelung nichts ändern, auch wenn sie etwa anders als § 29 I BauGB wie etwa § 61 I 1 BauO NRW „an den gesamten Lebenszyklus der baulichen Anlage“ anknüpften.447 Der einfachrechtliche bauplanungsrechtliche Bestandsschutz trete daher nicht hinter denjenigen zurück, der zuvor unter unmittelbarem Rückgriff auf Art. 14 GG gewonnen worden sei.448

443

Da daher alles Handeln unterhalb der Schwelle „Errichtung“, „Änderung“ oder „Nutzungsänderung“ hiervon nicht erfasst ist, ist insoweit im vollen Umfang „aktiver“ Bestandsschutz einfachgesetzlich garantiert, siehe etwa Uschkereit, Vergleich BauR / Immissionsschutzrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 86; siehe zu § 29 I BauGB auch dens., Bestandsschutz (2007), S. 174 f. 444 Letzteres ist wichtig für nicht genehmigungspflichtige Vorhaben. 445 Im Sinne der jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen für Abrissverfügungen. Zur Verwendung des Begriffs der „formellen und materiellen Illegalität“ von Bauvorhaben vgl. nur BVerwG NVwZ 2002, 1250 (1252), Urt. v. 11.4.2002 sowie mit zahlreichen Nachweisen Fischer, NVwZ 2004, 1057 (ebd). An dieser Stelle soll allerdings nicht näher darauf eingegangen werden, ob und in welcher Weise dies tatsächlich Voraussetzung ist, siehe dazu etwa Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 143 f. m. w. N., sowie zur etwaigen Berücksichtigung bei der Ausübung des Ermessens S. 150 ff. Allgemein abweichendes Verständnis hierzu dann unten ab S. 336. 446 So Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338d; Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (83), vgl. ähnlich auch Brenner, BauR (2006), 5. Teil, B VII 4 b bb (S. 177). Auch ein Schwarzbau ist danach also weiterhin materiell legal im Sinne der betreffenden Vorschriften, selbst wenn nach geltendem Recht – das eben kraft einfachgesetzlicher Anordnung in § 29 I BauGB nicht anwendbar ist – Genehmigungsfähigkeit nicht vorläge. Nach dieser Ansicht bedürfte es keiner verfassungskonformen Auslegung, wie Lieder, ThürVBl. 2004, 81 (83) sie annimmt, oder einer Berücksichtigung auf der Ebene der Ermessensentscheidung, wie im Allgemeinen beispielsweise von Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 150 ff. gefordert (siehe S. 151 dazu, dass er den Zeitpunkt der Beseitigungsanordnung für entscheidend hält mit Blick auf den Gesichtspunkt der „materiellen Illegalität“); siehe allerdings ebenso auf die „Tatbestandswirkung des § 29 I BauGB“ abgestellend ibid. S. 174 f. 447 So Jäde, Bauplanungsrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 38; siehe allerdings auch die Entgegnung durch Uechtritz, zusammengefasst ebenda. S. 54. Siehe zur Nichtberücksichtigung neuen Bauplanungsrechts bei der Anwendung bauordnungsrechtlicher Anpassungsregeln auch Koch, in: ders./Hendler, BauR (2004), § 27, Rn. 13. Vgl. allgemein zur Fixierung der meisten Ermächtigungsgrundlagen, die zum Abriss berechtigen, auf den Zustand bei Errichtung sowie den daraus resultierenden einfachrechtlichen Bestandsschutz auch Ramsauer, NordÖR 2006, 282 (283); Schoch, JURA 2005, 178 (181). 448 Jäde, Bauplanungsrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 39. Vgl. ferner noch mit Blick auf das Bauordnungsrecht zu den einschlägigen Rechtsnormen Koch, in: ders./Hendler, BauR (2004), § 27, Rn. 11 f. m. w. N.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

329

Geht es darum, die Grenzen abzustecken, inwieweit tatsächlich einfachrechtlich Bestandsschutz gewährt wird, steht zumeist449 nur die Behandlung des sog. Schwarzbaus in Frage, der nach nunmehr geltendem Recht nicht mehr genehmigungsfähig450 ist. Überwiegend wird aber selbst dabei ein weitreichender einfachgesetzlicher Bestandsschutz angenommen.451 Allenfalls mit Blick auf den – noch selteneren – Fall, dass hinsichtlich eines unter Verstoß gegen die Genehmigungspflicht und gegen materielles Baurecht errichteten Vorhabens, das aufgrund zweier, danach aufeinander folgenden Rechtsänderungen nur zwischenzeitlich einmal mit dem materiellen Baurecht in Einklang stand, wird festgehalten, dass hier kein Bestandsschutz bestehe.452 Einzig hier sei also verfassungsunmittelbarer Bestandsschutz, der selbst diese Situation erfasst hat, schutzintensiver.453 Nur vereinzelt wird demgegenüber vorgetragen, bloß aufgrund formeller Rechtswidrigkeit könnten – als Beispiel – zumindest die aktuellen Brandschutzvorschriften 449 Bisweilen wird auch auf vom Genehmigungserfordernis freigestellte Vorhaben verwiesen, dann aber einfachrechtlicher Bestandsschutz bejaht, zur Argumentation dazu siehe soeben bei Fn. 550. 450 Wenn ein Schwarzbau hingegen noch nie der materiellen Gesetzeslage entsprach, bedarf es von vornherein keines Bestandsschutzes. Wenn ein Schwarzbau jetzt der materiellen Gesetzeslage entspricht, dann ist (zumindest) eine Beseitigungsanordnung im Ergebnis nach allgemeiner Auffassung unzulässig (siehe dazu S. 337, in und bei Fn. 489), sieht man hier nicht interessierenden Ausnahmekonstellationen ab (etwa Werbeanlagen, die leicht demontierbar sind, siehe dazu S. 339, Fn. 502 m. N.). 451 Siehe gegen eine Abrissmöglichkeit bei ursprünglich bloß formeller Baurechtswidrigkeit statt vieler Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338c; Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (82 f.); Lieder, ThürVBl. 2004, 81 (83); Grotefels, in: Hoppe/Bönker/dies., BauR (2005), § 15, Rn. 89; vgl. auch Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 IV (S. 202 ff.). 452 So die Auffassung von Schoch, JURA 2005, 178 (182); Brohm, BauR (2002), § 22, Rn. 11; Brenner, BauR (2006), 5. Teil, B VII 4 a bb (S. 175 f.); Uschkereit, Vergleich BauR / Immissionsschutzrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 80; dems., Bestandsschutz (2007), S. 161 f.; mit Blick auf das baden-württembergische Recht auch Aichele/ Herr, NVwZ 2003, 415 (417 f.), siehe ferner ebenso Mampel, ZfBR 2002, 327 (330, Beispiel (3)); vgl. auch Jäde, Bauplanungsrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 37, sofern man isoliert die landesrechtlichen Befugnisnormen betrachte. A. A. Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338e; Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (84). Vgl. im Ergebnis so auch Battis, BauR (2006), 7 IV 2 c (S. 227 f.), jedoch insoweit wohl nicht in Auslegung einfachen Rechts, sondern sachlich in Anwendungg der verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzlehre; ähnlich auch Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 IV 3 b (S. 206 f.), siehe auch ibid. III 2 a (S. 200), III c (S. 201 f.); Hellermann, BauR, in: Dietlein/Burgi/ders., ÖffR NRW (2007), § 4, Rn. 294; Grotefels, in: Hoppe/Bönker/dies., BauR (2005), § 15, Rn. 88 f.; allerdings erwähnt sie die Notwendigkeit einfachrechtlicher Herleitung des Bestandsschutzes (dabei Verweis auf die Genehmigung), erklärt dann aber nicht, weshalb beim formell rechtswidrigen Vorhaben gleichwohl eine bloß zwischenzeitliche Übereinstimmung mit dem materiellen Baurecht dazu führen soll, eine Beseitigungsanordnung unmöglich zu machen. 453 So zusammenfassend Brohm, BauR (2002), § 22, Rn. 11; Lieder, ThürVBl. 2004, 81 (83 f.).

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

in vollem Umfang durchgesetzt454 bzw. im Einzelfall der Abriss angeordnet werden455, sofern zumindest unter bewusstem Verstoß456 gegen die Genehmigungspflicht gebaut wurde. Die im Streit stehende Frage, inwieweit einfachrechtlicher Bestandsschutz mit Blick auf Schwarzbauten besteht, wird hier erst an späterer Stelle behandelt.457 Doch mögen schon diese kurzen Hinweise auf das Schrifttum zeigen, dass die Problemkomplexe nicht übermäßig bedeutend sind, in denen darüber diskutiert wird, ob tatsächlich einfachgesetzlicher Bestandsschutz gegeben ist. Selbst hinsichtlich der zweifelhaft gebliebenen Fälle ist zumindest eine beachtliche Zahl der Interpreten der Auffassung, es bestehe Bestandsschutz. „Die unterverfassungsrechtliche Eigentumsordnung [scheint danach also] im Hinblick auf die Gewährung von Bestandsschutz gar nicht so defizitär [zu sein], wie es den Anschein hat“.458 Wer verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz befürwortet, stünde zumindest in der Pflicht, zunächst einmal diejenigen zu widerlegen, die den einfachrechtlichen Bestandsschutz auf eine solch breite Basis stellen. Nun könnte man allerdings – insoweit mit Recht – vortragen, die jetzige einfachrechtliche Ausgestaltung des einfachen Bestandsschutzes sei kein Argument, die Lehre vom verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz prinzipiell zurückzuweisen. Lässt man sich einmal auf die alleinige Maßgeblichkeit der einfachgesetzlichen Ausgestaltung ein, so wäre man daran auch dann gebunden, wenn in näherer oder ferner Zukunft dieser Gesetzgeber bewusst ein System einführt, das nunmehr die Eigentümer krass benachteiligt. Eine andere Argumentation ist daher entscheidend, will man den – eigentumsdogmatisch überfälligen – Abschied von den verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzlehren überzeugend begründen. Dabei geht es um die verfassungsrechtliche Bindungskraft des Art. 14 GG, die auch einem bewusst konfiskationslüsternen Gesetzgeber wirksam Grenzen zu setzen weiß.

454 Siehe Schmaltz, in: Große-Suchsdorf/Lindorf/ders./Wiechert, Niedersächsische BauO (2006), § 99, Rn. 22; Mampel, ZfBR 2002, 327 (330, Beispiel (4)), d. h. ohne den Schutz, der bei genehmigten Vorhaben besteht (nur bei konkreter Gefahr für Leib und Leben). 455 Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 (417 ff.). Siehe differenzierend, weil auf die Ermessensebene abstellend, auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 146 ff., Kriterien hierzu auf S. 156 ff.; siehe ferner dens., Vergleich BauR / Immissionsschutzrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 81 f. 456 Anderes solle gelten, „wenn der Bauherr irrtümlich, aber in vertretbarer Weise davon ausging, das Vorhaben sei verfahrensfrei“, Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 (418). 457 Ab S. 336. 458 Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338c. Vgl. zudem statt vieler auch die Einschätzungen von Jarass und Ortloff, wiedergegeben in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 71.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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III. Höheres Schutzniveau für den Eigentümer durch Abschaffung der Bestandsschutzlehren Dem Einzelnen vermittelt Art. 14 GG auch in herkömmlicher459 Auslegung ausreichenden Schutz. Sicherlich: Eine eigentumsgrundrechtliche Gewährleistung, die gerade das Vertrauen des Einzelnen in den fortdauernden Bestand des rechtmäßig Erworbenen nicht in genügender Weise zu sichern weiß, verdiente ihren Namen nicht. Ein Grundrecht auf Eigentum ohne hinreichende Bestandsgarantien wäre weitgehend sinnentleert.460 Wenn also grundsätzlich der Schutz des Vertrauens in den Bestand des rechtmäßig Erworbenen für eine grundrechtliche Garantie des Eigentums unabdingbar ist, so muss doch ebenso betont werden, dass das den Bestand einfordernde Interesse keineswegs das einzig relevante und zu berücksichtigende Interesse in diesem Zusammenhang darstellt. Neben genuinen Interessen des Gemeinwohls mögen auch konfligierende Interessen privater Dritter zu berücksichtigen sein. Der nähere Umfang des prinzipiell461 notwendigen Schutzes des Bestandsinteresses, d. h. seine exakten zeitlichen und sachlichen Grenzen, ist wegen dieser Konfliktträchtigkeit462 des Regelungsbereichs nicht einfach zu bestimmen. Es bestehen nicht geringe463 Ermessensspielräume, wie auf solche Konflikte zu reagieren ist. Diese Spielräume auszufüllen, ist aber eine Frage der näheren Inhaltsbestimmung, mit der allein der Gesetzgeber kraft seines Gestaltungsauftrags aus Art. 14 I 2 GG betraut ist.464 Die Verfassung 459

Es wäre wohl unangemessen, die Auslegung der Eigentumsgarantie durch das BVerfG und die h. M. im staatsrechtlichen Schrifttum stattdessen noch immer als „neu“ zu bezeichnen. Vom Grundansatz wenig überzeugend daher die Frage, ob „Art. 14 GG für das öffentliche Baurecht noch Bedeutung“ habe, so der Aufsatztitel von Dürr, VBlBW 2000, 457. Als weitgehend überzeugende Entgegnung mag insoweit Mampel, ZfBR 2002, 327 gelesen werden, der umgekehrt die „Perversion des Eigentumsgrundrechts“ durch die These vom verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz beklagt (327) und insoweit feststellt, „die Eigentumsordnung steht Kopf“. 460 Zustimmend Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 120. Zum Bedeutungsgehalt der Eigentumsgarantie hinsichtlich der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich vgl. oben S. 104, bei Fn. 324. 461 Hiermit soll nicht auf das spezifische Begriffsverständnis hinsichtlich von „Prinzipien“ im Sinne Alexys, GrundR (1985), zurückgegriffen werden. 462 Die fortwährende Nutzung des Eigentums kann eben mitunter die Interessen anderer und/oder der Allgemeinheit betreffen, sodass es im Einzelnen einer Abwägung bedarf, vgl. BVerwGE 88, 191 (194), Urt. v. 16.5.1991. 463 Wobei dieses „nicht gering“ in Ansehung des mitunter engen verfassungsrechtlichen Rahmens sich vor allem darauf bezieht, dass viele verschiedene Möglichkeiten denkbar sind, die sich nicht unbedingt so sehr in der sachlich unterschiedlichen Gewichtung der verschiedenen Interessen unterscheiden müssen, sondern eben in der konkreten Ausgestaltung des Interessenausgleichs. 464 Siehe schon oben ab S. 34. Jede Form von Bestandsschutz, d. h. die Berücksichtigung des Interesses nach Weitergeltung früher gewährter Rechte, birgt (angesichts dem entgegenstehender privater oder öffentlicher Interessen) Spielräume hinsichtlich der konkreten Umsetzung, die „in Ausübung der in Art. 14 I GG ihm erteilten Ermächtigung“ allein der Gesetz-

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

selbst vermag deshalb auch hier „nur“ einen den Gesetzgeber bindenden Rahmen abzustecken, innerhalb dessen sowohl die Bestandsinteressen des Einzelnen als auch die sich auf Art. 14 II GG stützenden Interessen der Allgemeinheit bzw. diejenigen privater Dritter jeweils in einer dem Grundrecht genügenden Weise gewahrt bleiben. Dieser jene Spielräume respektierende Rahmen ist hier allerdings enger, als dies bei anderen Fragen der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung465 von Eigentum der Fall ist. Die Frage nach dem Bestandsschutz drängt sich schließlich immer dann auf, wenn der Gesetzgeber Umgestaltungen und Neuordnungen im Vergleich zur alten Rechtslage vornehmen will. Sofern dabei ehemals gewährte Rechte befugnismindernd berührt werden, so hat das BVerfG für solche nicht bloß in die Zukunft hinein wirkenden gesetzlichen Vorhaben strenge verfassungsrechtliche Überprüfungskriterien aufgestellt.466 Eben weil das Bestandsinteresse einen so hohen Rang einnimmt, verstoßen gesetzliche Neuregelungen, die dem nicht genügend Beachtung schenken, gegen den eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oder womöglich gar gegen die Institutsgarantie.467 Die geltende Verfassungslage, wonach über die engen Vorgaben an den Gesetzgeber der Bestandsschutz realisiert wird, führt deshalb für den Betroffenen nicht zu unangemessenen Folgen.468 geber zu regeln befugt ist, vgl. für das auch dort als „Bestandsschutz“ bezeichnete Interesse der Wohnungsmieter schon BVerfGE 18, 121 (132), Beschl. v. 1.7.1964. 465 Dass es hier terminologisch um Schrankenregelungen geht, wurde oben ab S. 216 aufgezeigt. 466 Vgl. auch hier nur BVerfGE 83, 201 (212 f.), Beschl. v. 9.1.1991; Näheres oben ab S. 138; zum Zusammenhang von Bestandsschutz und strengen eigentumsgrundrechtlichen Überprüfungskriterien bei Anwendung der Verhältnismäßigkeitsprüfung vgl. auch Di Fabio, Ausstieg aus der Kernenergie (1999), S. 124 ff. 467 Vgl. jedoch grundsätzlich gegen den Rückgriff auf das Konstrukt der Institutsgarantie oben ab S. 197. 468 Verstößt eine gesetzliche Neuregelung gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben, so kann der von den Folgen eines solchen Gesetzes Betroffene sich dagegen mittels einer Verfassungsbeschwerde zur Wehr setzen, sofern sich nicht schon die Fachgerichtsbarkeit selbst dazu veranlasst sieht, eine Klärung der verfassungsrechtlichen Problematik über das Vorlageverfahren nach Art. 100 I GG (dazu nochmals sogleich) herbeizuführen. Gleiches gilt letztlich auch hinsichtlich der Ansprüche auf Genehmigung gewisser Erweiterungen des rechtmäßig erworbenen Bestands. Die hierzu teilweise erforderliche (siehe eingrenzend nämlich soeben S. 327 bei Fn. 442) Baugenehmigung ist gemäß den Landesbauordnungen (vgl. etwa § 75 I 1 BauO NRW) zu erteilen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Werden dem Eigentümer Erweiterungen seines Baubestands auch dann verweigert, wenn angesichts berechtigter Erweitungs- bzw. Instandhaltungsinteressen dem keine durchgreifenden öffentlichen Interessen entgegenstehen, so sind die entsprechenden Vorschriften insoweit teilnichtig. Wegen der fehlenden Verwerfungskompetenz der Verwaltung wird die Baugenehmigung zwar nicht durch die zuständige Behörde erteilt werden können, doch kann die Teilnichtigkeit des Gesetzes im Rahmen der gegen die Versagung zu richtenden Verpflichtungsklage geltend gemacht werden, über die das VG unter Beachtung des Art. 100 I GG zu entscheiden hat. Schließen sich die Fachgerichte (zu Unrecht) nicht der Rechtsansicht des Betroffenen an, so kann er sich dagegen (erfolgreich) mit der Urteilsverfassungsbeschwerde wenden.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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Der Schutz des Bestandsinteresses durch die Verfassung würde nach dem eben Ausgeführten zweifelsohne greifen, schickte sich der einfache Gesetzgeber an, beispielsweise die sog. Legalisierungswirkung der Baugenehmigung abzuschwächen oder etwa bauordnungsrechtliche Maßnahmen nachträglich einzufordern, obschon keine Gefahr für Leib und Leben besteht. Es darf aber nicht verkannt werden, dass die Aufgabe des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes nach wohl herrschender Auffassung bisweilen zu Nachteilen für die jeweils Betroffenen führt.469 Mit guten Argumenten gehen viele davon aus, dass beispielsweise eine Beseitigungsanordnung hinsichtlich eines formell und materiell baurechtswidrigen Bauwerks möglich sei, auch wenn dieses Bauwerk über einen früheren Zeitraum einmal zwischenzeitlich als materiell baurechtsgemäß zu beurteilen gewesen wäre.470 Träfe diese Auffassung zu,471 so kann man hier nur dann zu einem anderen materiellen Ergebnis kommen, wenn man der Auffassung ist, der einfache Gesetzgeber habe mit einer solchen Regelung die Interessen des Eigentümers zu sehr hintan gesetzt, habe also seinen Regelungsspielraum überschritten. Diese Frage bedarf hier keiner Entscheidung.472 Es ist aber keineswegs a priori falsch, dem entgegenzusetzen, dass „wer es unterlassen hat, die erforderliche Genehmigung einzuholen“ deshalb „auf eigenes Risiko“ baue und daher „später keinen Härtefall für sich reklamieren“ könne,473 insbesondere dann, wenn bei Baubeginn das Vorhaben auch den materiellen Voraussetzungen nicht entsprach.474 Wichtig jedenfalls ist, dass es insoweit nicht darum geht, die „richtige“ Lösung aus Art. 14 I GG zu extrahieren, sondern den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des zur Abwägung berufenen Gesetzgebers zu respektieren. Von daher können – aufgrund der hohen Bedeutung des Vertrauensschutzes allerdings nur in Randbereichen – sehr wohl aus der Aufgabe des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes negative Konsequenzen resultieren. 469 Siehe insoweit allerdings auch, dass gerade mit Blick auf die verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzlehren gesagt wird, dass sie dahin tendieren, Eigentümerinteressen überzubewerten, vgl. Hösch, GewArch 2002, 303 (308); Götze, SächsVBl. 2001, 257 (261). 470 Siehe die Nachweise oben S. 329, Fn. 452. 471 Noch immer griffe allerdings nach wohl herrschenden Meinung zumindest das Erfordernis pflichtgemäßer Ermessensausübung ein, siehe Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338e, Uschkereit, Vergleich BauR / Immissionsschutzrecht, in: Bestandsschutz bei Gewerbebetrieben (2007), S. 82; ders., Bestandsschutz (2007), S. 155 f.; allerdings ihm zufolge mit regelmäßig negativen Ergebnis, siehe S. 161 f.; dem Grunde nach auch Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 (418 f.); wohl noch strikter Mampel, ZfBR 2002, 327 (330, Beispiel (3), der das Ermessen zwar erwähnt, aber es nicht konkretisiert, sondern grundsätzlich den Abbruch für fehlerfrei möglich hält. 472 Siehe näher allgemein zur Schwarzbauproblematik ab S. 336. 473 Zumindest, sofern er dieses Risiko bewusst eingegangen ist, siehe Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 (418). 474 Auf diese Besonderheit der hier in Rede stehenden Fallgestaltung – der nur zwischenzeitlichen materiellen Rechtmäßigkeit – abstellend z. B. Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 161 m. w. N.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Deshalb bedarf es nun der Begründung, weshalb hier475 gleichwohl die Rede von einem grundsätzlich höheren Schutz für den Eigentümer die Rede ist, wenn die Eigentumsdogmatik ernst genommen wird. In der Tat, wer sich zum Bestandsschutz gezwungen sieht, um die Interessen der Eigentümer hinreichend zu verteidigen, der scheint die schutzintensiveren Konsequenzen der Behandlung der Bestandsschutzproblematik nach Maßgabe der herrschenden Eigentumsdogmatik nicht wahrzunehmen.476 Während die Verfechter verfassungsunmittelbarer Bestandsschutzlehren dem Alteigentümer allein die Berufung auf eine Abwägung nach Maßgabe eines ungemein komplizierten richterrechtlichen Gebildes477 ermöglichen, ist der Schutzgehalt nach hier vertretener Auffassung weitaus intensiver: Hat der Gesetzgeber überhaupt keine oder keine hinreichende Bestandsschutzregelung getroffen, so wird der den Eigentümer belastende Regelungsgehalt nicht bloß durch die Abwägungen der Bestandsschutzlehre ersetzt, sondern ist478 insoweit unanwendbar bzw. nichtig.479 Keinerlei das Eigentum belastende Maßnahmen der Verwaltung können hierauf gestützt werden; dem Alteigentümer bleiben seine Befugnisse vollumfänglich und nicht lediglich bei Einhaltung der Voraussetzungen der Bestandsschutzlehren erhalten.480 Angesichts dessen ist der Gesetzgeber faktisch gezwungen, sich selbst um eine ausreichende Normierung des Bestandsschutzes zu kümmern. Unterlässt er dies nämlich, so begibt er sich der Möglichkeit, auch auf das schon erworbene Eigentum in der Hand von Grundrechtsträgern nachträglich einwirken zu können. Schließlich werden solche Normierungsversuche wegen unangemessener Beeinträchtigung der Eigentümerinteressen regelmäßig in dem Umfang nichtig sein, in welchem sich der Gesetzgeber nicht um eine Normierung des Bestandsschutzes gesorgt hat. Der

475

Siehe schon Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 204 f.; zustimmend hierzu Heemeyer, Baurecht auf Zeit (2003), S. 77. 476 A. A. – gerichtet gegen Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 202 f. – Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338c, der davon ausgeht, die hier als maßgebend betrachteten Verhältnismäßigkeitsabwägungen reichten nicht, Bestandsschutz angemessen abzusichern. Siehe dazu sogleich Fn. 483. Grundsätzlich a. A. auch Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 63, Fn. 235. 477 Mit dementsprechend unsicherem Ausgang im Einzelfall bei der Anwendung dieses verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes. 478 Falls nicht ganz ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls ein Bestandsschutz des Alteigentums durch Art. 14 GG nicht geboten wäre. 479 Vgl. auch Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (80 f.). Zumeist wird es sich dabei um eine Teilnichtigkeit handeln, die den zukunftsgerichteten Regelungsgehalt der Inhalts- und Schrankenbestimmungen unangetastet lässt; vgl. allgemein zur bloßen Teilnichtigkeit auch Hoppe/Spoerr, NVwZ 1999, 945 (949). Bis zum Abschluss des letztlich zum BVerfG führenden Verfahrens kann die Behörde faktischen Bestandsschutz durch Duldung gewähren, so Götze, SächsVBl. 2001, 257 (263). 480 Geht es um die von Art. 14 GG erforderte Möglichkeit der Erweiterung des rechtmäßig erworbenen Bestands, so ist wegen Teilnichtigkeit der entgegenstehenden Vorschriften die etwaig erforderliche Baugenehmigung zu erteilen, siehe näher S. 332, Fn. 468.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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Wunsch,481 auch auf Alteigentum regulativ einzuwirken, zwingt somit zur Regelung ausreichenden, expliziten Bestandsschutzes auf einfachrechtlicher Ebene. Um den „Vorher-Nachher-Vergleich“ des Schutzniveaus in der Bestandsschutzdebatte zusammenzufassen: Hat der einfache Gesetzgeber seine ihm von der Verfassung zugedachte Aufgabe wahrgenommen, Bestandsschutz zu regeln,482 mag es dazu kommen, dass der Betroffene im Einzelfall weniger Rechte hat, als ihm die Gerichte zuvor in usurpierter Kompetenz zugemessen hatten. Dies ist allerdings nicht weiter zu beklagen, eingedenk des – wo nötig – sehr engen verfassungsrechtlichen Rahmens. Eines weitergehenden Anrechts auf hergebrachtes, dezisionistisch festgelegtes Richterrecht bedarf es nicht. Der Gesetzgeber darf und muss demgegenüber seinen eigenen demokratisch legitimierten Spielraum in Anspruch nehmen, auch wenn dies zu Lasten Einzelner gehen mag. Niemals aber darf Angst vor „Lücken“ im Bestandsschutz die Diskussion bestimmen. Des Auferstehens des Bestandsschutzgespenstes aus den Ruinen veralteter Eigentumsdogmatik bedarf es nicht. Insoweit geht der Schutz der Eigentumsgarantie weit über das hinaus, was die Lehre vom Bestandsschutz stattdessen anzubieten vermochte. Beim „Fehlen“ einer einfachgesetzlichen Bestandsschutzregelung ist die kategorische Unzulässigkeit sämtlicher beeinträchtigender staatlicher Handlungen die Folge, ohne dass es noch auf irgendwelche einschränkenden Kriterien im Sinne der Lehre vom verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz ankäme.483

481

Bzw. die durch Art. 14 II GG als Richtschnur des Gesetzgeber eingeforderte Pflicht. Eine solche Regelung mag überdies sehr alt sein, aber von den Bestandsschutzbefürwortern zu Unrecht ins Abseits geschoben sein. Erhellend insoweit die Verweise bei Mampel, ZfBR 2002, 327 (330, Beispiel (4)) zur Auslegung von Brandschutzvorschriften). 483 Von daher ist auf die Kritik von Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338c an der hier vertretenen Position (1. A., S. 202 f.) zu antworten: Soweit die „bloße“ Verhältnismäßigkeit gegen explizit geregelten einfachrechtlichen Bestandsschutz gerichtet ist, mag sie weniger einschneidend wirken, als dies von manchem gewünscht wäre. Das sei zugegeben. Soweit es aber um einen Gesetzgeber geht, der angebliche „Lücken“ lässt, ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung ein äußerst schneidiges Schwert, das dem Betroffenen besser zu seinem Recht verhilft als es andere Hilfskonstruktionen je könnten. Dann ist es auch nicht notwendig, über den rechtsmethodisch zulässigen Rahmen hinaus in das einfache Recht Bestandsschutzregelungen hineinzulesen. Dies ist nämlich die Gefahr, wenn man – im Grundansatz natürlich überzeugend (siehe oben ab S. 326) – wie Oldiges dem einfachen Recht mehr Bestandsschutz zutraut, als dies von der h. M. womöglich erkannt wird (siehe ibid. 338b ff.). Zudem bedarf es, wie in der Überleitung zu diesem Abschnitt ausgeführt wurde (S. 330), ohnehin dieses – wirksam auszugestaltenden – verfassungsrechtlichen Instrumentariums, da der einfache Gesetzgeber nicht Herr über den durch Art. 14 GG gewährten Schutz sein darf, Art. 1 III GG. 482

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

IV. Zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen hinsichtlich formell rechtswidriger Bauvorhaben (sog. Schwarzbau) Im Fokus der Diskussion um die Reichweite einfachgesetzlichen Bestandsschutzes stehen die sog. Schwarzbau-Konstellationen, d. h. die Behandlung von Bauwerken, die trotz Genehmigungspflicht ohne Baugenehmigung errichtet wurden. Besonders bedeutsam ist dabei die Variante, in der ein Vorhaben dem geltenden Recht entsprach und einzig die notwendige Genehmigung nicht eingeholt wurde. Hier steht nämlich im Hintergrund die – wohl überwiegend geteilte – Einschätzung, dass es schwerlich tragbar sei, jemandem eine Abrissverfügung zuzumuten, soweit er tatsächlich nichts weiter getan hat, als ein formales Erfordernis nicht zu erfüllen.484 Im Folgenden ist nun zu prüfen, ob die oben wiedergegebene485 herrschende Meinung zutrifft, wonach für die meisten Fallkonstellationen tatsächlich einfachrechtlich Bestandsschutz gewährt wird. Mehrere Argumentionen sind insoweit zu erörtern, auf deren Grundlage man einfachrechtlichen Bestandsschutz hier als gegeben ansehen will. So stützen sich einige auf eine Begründung, die zunächst mit Blick auf genehmigungsfreie Vorhaben486 wohl überzeugend ist: Wenn ein Vorhaben im Einklang mit dem geltenden Recht errichtet wurde, dann entfaltet beispielsweise § 29 I BauGB einfachrechtlichen Bestandsschutz vor Änderungen des Bauplanungsrechts.487 Zweifelhaft aber ist es, wenn ebenso vorgetragen wird, auch der Schwarzbau sei vor Änderungen des Bauplanungsrechts geschützt. Dies setzt nämlich die Prämisse voraus, dass ein bloßer Verstoß gegen die Genehmigungspflichtigkeit (d. h. formelle Illegalität) nicht ausreichend sei, um eine Beseitigungsanordnung zu legitimieren.488 Das einfache Recht stützt diese Prämisse unumstritten aber nur dann, wenn zum Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens Genehmigungsfähigkeit (sprich: materielle Legalität) gegeben ist. Dann nämlich wäre eine Beseitigungsanordnung nicht erforderlich und daher unverhältnismäßig, da ein milderes Mittel zur Verfügung steht: Der Eigentümer kann

484 Vgl. etwa Ramsauer, NordÖR 2006, 282 (287); Brohm, BauR (2002), § 22, Rn. 11; Battis, BauR (2006), 7 IV 2 (S. 225); Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 149 (zitiert S. 352, Fn. 563). 485 Siehe S. 329, Fn. 451. 486 Diese dementsprechend ausdrücklich mit einbeziehend Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 338 c. 487 Denn danach ist nur zukünftiges Baugeschehen erfasst. Für das schon – rechtmäßig – errichtete Gebäude bleibt die Rechtsänderung ohne Belang, solange es nicht zu einer Nutzungsänderung kommt. Siehe dazu oben S. 327 bei Fn. 442. Zur Terminologie mit Blick auf die Genehmigungsfreiheit siehe genauer etwa Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 III 1 a (S. 198 f.). 488 Diese Prämisse findet sich etwa bei Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 331.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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angehalten werden, jetzt eine Baugenehmigung zu beantragen.489 Dieses mildere Mittel fehlt aber mangels Genehmigungsfähigkeit im Fall des Schwarzbaus, der dem materiellen Baurecht nun widerspricht.490 Der Verstoß gegen das formelle Baurecht ist für diese Konstellation unabänderlich geworden. Schon deshalb ist es kaum überzeugend, apodiktisch von Unverhältnismäßigkeit auszugehen, wenn „nur“491 wegen eines Verstoßes gegen die Genehmigungspflichtigkeit (formelle Illegalität) eine Abrissverfügung angeordnet werden soll.492 Schließ-

489 Zumindest eine Beseitigungsanordnung wäre also nicht erforderlich, selbst dann nicht, wenn das Vorhaben ursprünglich dem materiellen Recht widersprach und deshalb damals nicht versucht wurde, eine Baugenehmigung zu erlangen, siehe nur Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 III 2 a (S. 200). Siehe ferner zur Unverhältnismäßigkeit Hellermann, BauR, in: Dietlein/Burgi/ders., ÖffR NRW (2007), § 4, Rn. 294; Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 141 f. m. w. N.; Battis, BauR (2006), 7 IV 2 (S. 225); Brohm, BauR (2002), § 29, Rn. 8. Ein Genehmigungsfähigkeit für schon errichtete Vorhaben wird nach h. M. wohl nur dann abgelehnt, wenn zum Zeitpunkt des Antrags keine Übereinstimmung mehr mit dem materiellen Recht besteht, siehe insoweit die Nachweise bei Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 IV 4 b (S. 209 f.)). Die bauliche Vollendung des Vorhabens steht der Genehmigung im Umkehrschluss also nicht entgegen. Eine sog. Nachtragsbaugenehmigung (Erbguth, BauR, in: Tettinger/ders./Mann, BVR (2007), Rn. 1252; Brohm, BauR (2002), § 29, Rn. 7) ist damit möglich (siehe auch Peine, BauR (2003), Rn. 1123; Ramsauer, NordÖR 2006, 282 (286)). Auf die vom Landesrecht abhängende weitergehende Frage, inwieweit die Behörde den Eigentümer zwingen kann, eine nachträgliche Genehmigung herbeizuführen, soll es hier nicht ankommen, siehe dazu etwa OVG Münster BauR 2003, 677, Beschl. v. 27.8.2002, hier zitiert nach JURIS, Abs. Nr. 12 f. m. w. N. 490 Siehe auch Brohm, BauR (2002), § 22, Rn. 11. 491 Um einen Abriss nur wegen formeller Rechtswidrigkeit geht es indes nicht. Materielle Illegalität liegt im Zeitpunkt der Behördenentscheidung schließlich zusätzlich zur ursprünglichen allein formellen Illegalität ebenso vor. Die Befürworter doppelter „Illegalität“ fordern genau genommen dieses Erfordernis zum Zeitpunkt der Errichtung und teilweise darüber hinaus gehend, das Nicht-Vorliegen materieller Legaltität zu keinen oder zumindest zu keinem ausreichend langen Zeitraum. 492 So aber Hellermann, BauR, in: Dietlein/Burgi/ders., ÖffR NRW (2007), § 4, Rn. 294; Ramsauer, NordÖR 2006, 282 (286 f.), Dürr, JuS 2007, 431 (ebd.); Erbguth, BauR, in: Tettinger/ders./Mann, BVR (2007), Rn. 1252; Erbguth/Wagner, BauR (2005), § 13, Rn. 53; Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 III 2 c (S. 200) sowie ibid. 3 c (S. 201 f.) sowie ibid. IV 2 a (S. 204 f.). Soweit bei Letzterem (insoweit ähnlich Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 148 f.) ausgeführt wird, die formelle Rechtmäßigkeit dürfe nicht überbewertet werden, da es doch einen zunehmenden Wegfall der Genehmigungsbedürftigkeit gebe, ist dies nach hier vertretener Ansicht nicht durchgreifend. Wie oben im Text ausgeführt, ergeben sich in diesen Konstellationen eben nicht die Probleme, die sich beim Schwarzbau einzig durch den Widerspruch zum Baurecht – und des dadurch verursachten Fehlens normativer Zuordnung – bei Errichtung ergeben. Siehe ferner im Ergebnis diese doppelte Voraussetzung befürwortend im Rückschluss auch Oldiges, BauR (2006), in: Steiner, BVR, III. Abschn., Rn. 331 i. V. m. Rn. 338 c; vgl. auch Peine, BauR (2003), Rn. 1124; letztlich auch Schoch, JURA 2005, 178 (181), der dies zumindest als Formel für den Normalfall befürwortet.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

lich liegt ein Verstoß gegen maßgebliche „öffentlich-rechtliche Vorschriften“493 vor, über deren Einhaltung die Bauaufsichtsbehörden gerade zu wachen haben (vgl. beispielsweise § 61 I 1 und 2 BauO NRW). Hier eine Auslegung der Verhältnismäßigkeit anzunehmen, nach der die Einhaltung von bestimmten Vorschriften – Genehmigungspflichtigkeit – per se494 nicht mehr durchgesetzt werden kann, ist zweifelhaft. Die Auslegung der einfachrechtlichen Verhältnismäßigkeit hat sich am Regelungswillen des Gesetzgebers auszurichten. Eine ausdrückliche Regelung dieses Gesetzgebers – rechtliche Pflicht zur Genehmigung – durch die allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung495 auszuhebeln, erscheint danach kaum angängig zu sein.496 Insbesondere aber werden viele sachliche Gründe vorgetragen, weshalb es in vielen Fällen geradezu geboten, jedenfalls aber nicht unverhältnismäßig sei, gegen ein nun materiell baurechtswidriges Vorhaben vorzugehen, auch wenn der Bauherr zunächst nur seiner Genehmigungspflicht nicht nachgekommen ist. Insbesondere ist die Planungshoheit der Gemeinde zu beachten. Dieser soll es nämlich durch Kenntnisnahme von neuen Bauvorhaben ermöglicht werden, bei entsprechend gewichtigen Interessen497 auf eine – noch – rechtmäßige Bebauung zu reagieren, indem durch neue Planung dieses Bauvorhaben unzulässig wird.498 Privilegierungen des ohne Genehmigung Bauenden gilt es zu vermeiden, indem dessen Rechtsposition nicht als sakrosankt hingenommen wird.499 Beseitigungsanordnungen, die sich – neben500 der jetzigen materiellen Baurechtswidrigkeit – auf die fehlende Baugenehmigung zu Baubeginn stützen, erscheinen Vgl. auch BVerwG NVwZ 2002, 1250 (1252), Urt. v. 11.4.2002, wo von der formeller und materieller Illegalität als Voraussetzung einer Beseitigungsanordnung gesprochen wird. Allerdings lag im zu entscheidenden Sachverhalt beides vor, sodass sich eine nähere Auseinandersetzung hiermit erübrigte. 493 In den maßgeblichen Befugnisnormen geht es allgemein um Rechtsverstöße; nirgends findet sich dort eine weitergehende Differenzierung, so Fischer, NVwZ 2004, 1057 (ebd.). 494 Zumindest nach einer Rechtsänderung. 495 Bzw. durch die allgemeine Pflicht, das Ermessen ordnungsgemäß, und damit auch verhältnismäßig, auszuüben (siehe nur Battis, BauR (2006), 7 IV 2 d (S. 228); Kloepfer, Verhältnismäßigkeitsprinzip, in: Festgabe 50 Jahre BVerwG (2003), S. 337 m. w. N.). 496 A. A. Ramsauer, NordÖR 2006, 282 (287), der zum einen die Verhältnismäßigkeit mit Blick auf den noch genehmigungsfähigen Schwarzbau erwähnt (so auch hier, siehe dazu Fn. 489), zum anderen aber – ohne Nachweise oder weitere Ausführungen – schreibt: „Es wäre unverhältnismäßig, ein materiell rechtmäßig errichtetes Vorhaben allein deshalb zu beseitigen, weil es ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt wurde.“ Als Ausnahme dieser Auslegung wird später nur der Fall der Werbeanlagen erwähnt, die leicht demontierbar sind (siehe sogleich Fn. 502 m. N.). 497 Die sich insbesondere in einem geschlossenen (neuen) Plankonzept äußern müssen. 498 Zu den dabei allerdings bestehenden eigentumsgrundrechtlichen Grenzen siehe BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 19.12.2002, DÖV 2003, 376 (ebd.) und dazu sogleich S. 340, Fn. 507. 499 Vgl. zu beiden Gesichtspunkten – Planungshoheit und Verhindern einer Privilegierung – die Nachweise unten S. 353, Fn. 565 f. 500 Wobei genau genommen die materielle Baurechtswidrigkeit nicht als konstitutiv verstanden werden muss. Sie ist aber jedenfalls mitentscheidend hinsichtlich der Abwägung im

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daher nur dann unverhältnismäßig zu sein, wenn sich dies nach Maßgabe einer Einzelfallabwägung begründen lässt. Bedarf es also zunächst einer Abwägung, um überhaupt entscheiden zu können, ob tatsächlich zum Verstoß gegen die Genehmigungspflicht auch ein Verstoß gegen gegen das damalige501 materielle Recht hinzutreten muss, um Beseitigung anordnen zu können, so wird eine weitere Konsequenz sichtbar. Bestandsschutzinteressen desjenigen, der „schwarz“ baut, können – wenn überhaupt – einzig auf der Rechtsfolgenseite verankert werden, nämlich bei der (auch die Verhältnismäßigkeit enthaltenden) Ermessensausübung. Es macht wenig Sinn, ein Tatbestandsmerkmal einzuführen – etwa: Bauvorhaben muss formell und materiell illegal gewesen sein –, wenn gleichwohl infolge von Abwägungen etwa mit dem Planungsinteresse der Gemeinden oder bei Bagatellfällen502 Ausnahmen zuzulassen sind. Denn für solche Abwägungen hat der Gesetzgeber im Rahmen des Ermessens schon Raum geschaffen. Der Tatbestand selbst indes spricht eine andere Sprache. In keiner Ermächtigungsgrundlage findet sich ein Anhaltspunkt dafür, den Verstoß allein gegen „formelle“ Voraussetzungen als unbeachtlich ansehen zu können.503 Will man nicht doch in der Sache einen verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz postulieren – der sich nicht weiter um die tatsächliche einfachrechtliche Ausgestaltung zu kümmern hat –, so muss man diesen Wortlaut ernst nehmen und einzig darum ringen, ob und inwieweit im Rahmen des Ermessens die berechtigten Interessen des Schwarzbauers einzufangen sind.504 Diesbezüglich die Koordinaten für die Verhältnismäßigkeitsprüfung herauszuarbeiten, hat sich insbesondere Uschkereit zur Aufgabe gemacht. Nachvollziehbar legt er Kriterien505 für die Ermessensausübung dar.506 Nicht von der Hand zu weisen sind Ermessen: Je deutlicher der Verstoß und je gewichtiger die durch die jeweilige Norm geschützten Allgemeinwohl- oder Drittinteressen sind, desto mehr ist dies zu Lasten des Grundeigentümers zu berücksichtigen. 501 Dass zudem immer ein Verstoß gegen das heute geltende materielle Recht Voraussetzung ist, wurde schon oben festgehalten, siehe S.337, bei Fn. 489 sowie die vorangegangene Fußnote. 502 Etwa leicht abzumontierende Werbetafeln etc., zu Letzterem siehe etwa OVG Münster BauR 2006, 369, Beschl. v. 7.10.2005, hier zitiert nach JURIS Abs.-Nr. 10; Battis, BauR (2006), 7 IV 2 (S. 226) m. N. 503 Siehe Fischer, NVwZ 2004, 1057 (ebd.). 504 Siehe zur a. A., die schon tatbestandlich formelle und materielle Illegalität verlangen will, die Hinweise S. 345, Fn. 538 und 539. 505 Wenngleich die Kriterien nachvollziehbar hergeleitet werden, fragt es sich, ob diese ebenso nachvollziehbar praktiziert werden können. Im Zentrum seiner Ausführungen (siehe die Darstellung in der folgenden Fußnote) steht die Frage, ob der Eigentümer tatsächlich darauf vertraut habe, sein Vorhaben entspreche dem geltenden Recht. Sachgerecht zu ermitteln, ob dieses vorentscheidende Kriterium gegeben ist, könnte für die Bauaufsichtsbehörden mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein. Wichtig wäre hier wohl noch, die Frage nach der Beweislast näher zu entfalten, und das auch, um so einschätzen zu können, ob tatsächlich eine Regelwirkung zugunsten des Schwarzbauers besteht, wie man bei Lektüre von Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 160 f. denken könnte. Dass danach vermutlich noch nicht einmal mit den ausdifferenzierten Darstellungen Uschkereits alles Wesentliche erschöpfend gesagt ist,

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

indes auch die teils entgegengesetzten Überlegungen von anderen, bei denen – zusätzlich zur jetzt auch vorliegenden materiellen Baurechtswidrigkeit –507 der Fokus auf den berechtigten Interessen insbesondere der planenden Gemeinden508 sowie der fehlenden Schutzwürdigkeit des „schwarz“ Bauenden509 liegt. Mit diesen Hinweisen dazu, wie dem ersten Anschein nach die einfachrechtliche Verhältnismäßigkeit mit Blick auf die Schwarzbaufälle ausgelegt werden könnte, mag es hier sein Bewenden haben. Es bestehen nämlich Zweifel, ob nicht wichtige Koordinaten der Eigentumsdogmatik missachtet werden, wenn man vom Normtext losgelöste, ausdifferenzierte Abwägungen als Auslegung einfachen Rechts begreifen verdeutlicht die Komplexität der hier zu bewältigenden Fragestellung. Zu Konsequenzen daraus siehe die folgenden Ausführungen. 506 Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 157 ff.: Zugunsten des Eigentümers spreche ein langer Zeitraum der Übereinstimmung des Schwarzbaus mit dem geltenden Recht, zulasten hingegen, dass sich eine „Investition des Errichtens durch die bezweckte Nutzung bereits ,amortisiert“ habe. Das Wissen um die materielle Rechtmäßigkeit sei Voraussetzung für eine Berücksichtigung der Eigentümerinteressen, es müsse sich „reales Vertrauen“ gebildet haben. Auch könne es von Bedeutung sein, „inwieweit er von der formellen Rechtwidrigkeit seines Vorhabens Kenntnis hatte“. Auch die Duldung durch die Bauaufsichtsbehörden könne relevant werden. Nicht zu berücksichtigen seien die Kosten des Abbruchs. Auf Seiten des öffentlichen Interesses verweist er knapp auf die Erreichung baurechtmäßiger Zustände sowie das Abschreckungsinteresse (S. 159). Es heißt dann: „Im Regelfall kann wohl davon ausgegangen werden, dass in der Konstellation einer bei Errichtung bestandenen materiellen Rechtmäßigkeit und eines nachweislichen schutzwürdigen Vertrauens des Bauherrn auf die Rechtskonformität der getätigten Investitionen das besondere Gewicht des Bestands- und Vertrauensschutzes die öffentlichen Interessen an der Beseitigung überwiegt.“ Dieses Regelverhältnis sei umgekehrt gegeben, sofern es nur um eine zwischenzeitlich bestandene materiell-rechtliche Legalität gehe (S. 161). 507 Angemerkt sei, dass es überhaupt nur deshalb zu einer verfassungsgemäßen Regelung kommen kann, die nun zur materiellen Illegalität führt, wenn zumindest zu einem gewissen Ausmaß zuvor auch die Interessen des Betroffenen berücksichtigt werden. Wenn und soweit das Interesse des Schwarzbauers schon berücksichtigt ist, kann es nun ohnehin nur noch geschwächt in die Auslegung der Verhältnismäßigkeit mit eingebracht werden. Neben der objektiven Verhältnismäßigkeitskontrolle ist bei der Neuplanung jedenfalls zu berücksichtigen, dass unabhängig vom Schwarzbau durch die normative Verfestigung der Baunutzbarkeit ein subjektiver grundrechtlich geschützter Belang entstanden ist. Dieser ist kein bloßes „Verleihungsgeschenk“, selbst bei bloß zwischenzeitlicher Übereinstimmung mit dem Baurecht (kritisch insoweit Dürr, VBlBW 2000, 457 (459), wohl auch Mampel, ZfBR 2002, 327 (330, Beispiel 3)) und vermittelt einen (allerdings tendenziell nicht besonders schutzintensiven) Minimalschutz, siehe insoweit jedenfalls BVerfG (3. K./I), Beschl. v. 19.12.2002, DÖV 2003, 376 (ebd.), wo darüber noch hinausgehend davon gesprochen wird, dem bloßen, noch nicht verwirklichten Recht zur Bebauung käme bei der „normativen Entziehung desselben erhebliches Gewichts zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muß“, vgl. dazu auch S. 264, Fn. 138. Hinzukommt eine gewisse faktische Berücksichtigung des vorhandenen baulichen Bestands von einer bestimmten Erheblichkeitsschwelle an in bauplanungsrechtlicher Hinsicht, siehe dazu Schmaltz, Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 464 m. N. auf die Rechtsprechung des BVerwG. 508 Siehe beispielsweise Aichele/Herr, NVwZ 2003, 415 (418). 509 Dazu etwa Schmaltz, in: Große-Suchsdorf/Lindorf/ders./Wiechert, Niedersächsische BauO (2006), § 99, Rn. 21; vgl. auch Koch, in: ders./Hendler, BauR (2004), § 27, Rn. 25.

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will.510 Ferner fragt sich, inwieweit überhaupt eigentumsgrundrechtlich fundierte Interessen dem „schwarz“ Bauenden zustehen, wo doch das einfache Recht ihm den Schwarzbau gerade nicht erlaubt und zuordnet. Es ist daher fraglich, inwieweit das Interesse des Bauherrn an seinem Schwarzbau im Rahmen der einfachrechtlichen Verhältnismäßigkeit überhaupt einzustellen ist. Zunächst zur Auffächerung der involvierten Interessen. Wie auch immer man die Plausibilität hinsichtlich der einzelnen Thesen, was zu beachten sei und was nicht, einschätzen mag: Um was es hier geht, ist Dezision. Die Entscheidung, wann der Schwarzbau zu akzeptieren ist und wann nicht, lässt sich nicht unter Rückgriff auf die in Art. 14 GG grundgelegten Maßstäbe511 mit hinreichender Sicherheit feststellen.512 Die unterschiedlichen Wertungen der verschiedenen Autoren, die zu entgegengesetzen Ergebnissen führen, lassen sich nach richtig oder falsch einteilen. Der Grund hierfür ist, dass es genuin um eine Frage der angemessen Gestaltung der Eigentumsordnung geht. Die wiederum ist allein dem Gesetzgeber vorbehalten. Ferner gilt auch insoweit, dass eine Auslegung im Ergebnis nichts anderes bedeutet, als dem Gesetzgeber vorbehaltene Wertungen durch den Auslegenden – letztentscheidend durch das BVerwG – usurpieren zu lassen.513 Die Interpretation wäre als eine „fachgerichtliche Anreicherung“ der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Gesetzgebers zu qualifizieren, die vom BVerwG zu Recht zurückgewiesen wird.514 Beschränkt sich indes der Gesetzgeber hier auf eine Blankettformel – Erfordernis pflichtgemäßen Ermessens bzw. der Verhältnismäßigkeit – so ist dies nicht genug. Er ist dazu verpflichtet, selbst die Gestaltungsaufgabe wahrzunehmen, soweit dies angezeigt ist.515 „Das Gesetz muß die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren und darf sich nicht darauf beschränken, allgemein gehaltene Grundsätze aufzustellen.“516 Geht es um den Abriss eines Bauwerks, ist zumeist Kapital involviert. Es ist für den Betroffenen durchaus

510 Insoweit betrifft dies nicht nur die auf das Ermessen bezogene Ansicht Uschkereits u. a., sondern erst recht die Auffassung, wonach schon im Tatbestand Bestandsschutz fördernde „Auslegungen“ vorgenommen werden. 511 Zur Beachtung dieser Maßstäbe bei der Auslegung einfachen Rechts siehe näher unten ab S. 386. 512 Dies betrifft nicht nur die Kriterien an sich, sondern die mitunter entscheidende Frage, welche Darlegungs- und Beweislast hier den schwarz Bauenden (insbesondere hinsichtlich seines Vertrauens) betrifft, denn gerade hieran kann sich in der Praxis entscheiden, inwieweit die Interessen des Eigentümers gewahrt werden oder nicht; siehe schon soeben Fn. 505. 513 Siehe m. N. dazu S. 319 bei und in Fn. 408. 514 Vgl. das entsprechende Zitat aus dem Grundsatzurteil vom 12.3.1998 oben S. 313, bei Fn. 377. Im Unterschied zum vormaligen verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz fehlt zwar ein ausdrücklicher Verweis auf Art. 14 I GG als „Anspruchsgrundlage“. In der Sache ist diese „Auslegung“ indes kaum etwas anderes. Siehe überdies dazu, weshalb eine besondere Ausdifferenziertheit Anlass zur Sorge sein muss, oben S. 318, Fn. 404. 515 Vgl. allgemein dazu Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 300 f. m. w. N.; Stüer/Thorand, NJW 2000, 3737 (3741) mit Blick auf die Wesentlichkeitslehre. 516 BVerfGE 52, 1 (41), Beschl. v. 12.6.1979.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

wichtig,517 ob hier ein Abriss angeordnet werden kann oder nicht. Auch bestehen keine faktischen Schwierigkeiten, zumindest einige Klarheit schaffende Kriterien normativ vorzugeben. Schon mit einem einzigen Satz, der festhielte, dass unter gewissen Umständen schutzwürdiges Vertrauen beachtlich ist, wäre viel gewonnen.518 Bedenkt man, welch detaillierte Regelungsanforderungen das BVerfG beispielsweise aufstellt, um die Verfassungsmäßigkeit einer ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung zu erreichen,519 ist dies sicherlich nicht sonderlich viel verlangt. Regelbarkeit520 und Bedeutung der Materie führen daher zu einer Gestaltungspflicht521 des Gesetzgebers. Da dieser dem nicht nachgekommen ist, liegt Verfassungswidrigkeit vor. Diese kann jedenfalls durch den Adressaten der Beseitigungsverfügung geltend gemacht werden, da er sich gestützt auf Art. 14 I 1 GG gegen Maßnahmen aufgrund (partiell) verfassungswidriger Gesetze wehren kann.522 Angesichts der möglichen Beteiligung von Gemeinden könnten womöglich auch diese ihr Recht aus Art. 28 II GG prozessual geltend machen und in der Verweigerung einer effizienten Verhinderung des Schwarzbauens523 eine Verletzung ihrer Planungshoheit524 sehen. Die Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Regelungen zum Schwarzbau lässt sich überdies wohl auch materiell begründen. Es fehlt nämlich an einer überzeugenden Handhabe, den Schwarzbau hinreichend als ein berücksichtigungsfähiges Interesse525 einzustufen. Daran vermag die Übereinstimmung des Schwarzbaus mit dem zzt. der Errichtung geltenden materiellen Rechts nicht zu ändern. Die deshalb vorliegende rigorose, weitgehende Nichtbeachtung des Schwarzbaus durch den Gesetzgeber lässt sich indes nicht mit Art. 14 GG vereinbaren. Die nun zu entfaltende Fragestellung stellt sich allerdings nur dann, wenn man auch hier die Konsequenzen der Normgeprägtheit zu Ende zu denken bereit ist. Es

517 An dieser Wichtigkeit ändert sich kaum dadurch etwas, dass der Einzelne die Situation – den Schwarzbau – selbst zu verantworten hat. 518 Im Vorgriff auf das Kommende: Neben sachlichen Kriterien für die nötigen Umstände wäre so eine einwandfreie, in die Eigentumsdogmatik sich einfügende, hinreichende normative Zuordnung des Schwarzbaus gegeben. 519 Siehe etwa zum Stichwort „verwaltungsverfahrensrechtliches Junktim“ BVerfGE 100, 226 (246), Beschl. v. 2.3.1999, sowie dazu oben m. N. S. 119 bei und in Fn. 390. Siehe ferner zur Unzulässigkeit sog. („reiner“) salvatorischer Entschädigungsklauseln sowie oben S. 121, bei und in Fn. 395. 520 Siehe dazu allgemein mit Blick auf Art. 14 GG Kischel, VerwArch 2006, 450 (462 ff.). 521 Dazu ausführlich m. w. N. unten ab S. 385. 522 Einzelheiten dazu unten ab S. 378. 523 Soweit sich zumindest die Ansicht derer in der Rechtspraxis durchsetzt, die zumindest eine substantielle, für den Eigentümer schutzintensive Abwägung fordern, bevor eine Beseitigungsanordnung ergehen darf. 524 Vgl. dazu den Überblick bei Oebbecke, Planungshoheit, in: FS Hoppe (2000), S. 239 ff. 525 Bei der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens bzw. Prüfung der Verhältnismäßigkeit (zum Zusammenhang siehe S. 338, Fn. 495).

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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scheint nämlich so, als hätte auch im Zeitpunkt der Errichtung526 – trotz damaliger527 Übereinstimmung mit dem materiellen Recht – keine normative Zuordnung des Schwarzbaus zum Grundeigentümer bestanden. In Zusammenschau aller maßgeblichen Gesetze folgt aus der Genehmigungspflicht eine einschneidende Wirkung: Es ist gesetzlich verboten, ohne Baugenehmigung das Gebäude zu errichten und zu nutzen. Daher hilft hier weder § 903 BGB noch eine sonstige Norm darüber hinweg, dass gerade das ungenehmigte Vorhaben dem Gesetz widerspricht, folglich nicht normativ zugeordnet ist.528 Zwar wird erkennbar nicht das zivilrechtliche Eigentum an den Bauteilen, sprich den Ziegeln und dergleichen durch die Genehmigungspflichtigkeit außer Kraft gesetzt.529 Aufgrund der zivilrechtlichen Regelungen gibt es insoweit noch immer eine normative Zuordnung, die erkennbar nicht durch die öffentlich-rechtliche Genehmigungspflicht berührt wird. Diese normative Zuordnung wird auch nicht betroffen durch irgendwelche Änderungen materiellen Baurechts: Das zivilrechtliche Eigentum bleibt unangefochten weiter bestehen.530 Im Zeitpunkt der Beseitigungsanordnung könnte es als Anknüpfungspunkt herangezogen werden. Die behördliche Anordnung führt nun dazu, dass das (ehemalige) Baumaterial, das zwar auch nach dem aufgezwungenen Abriss im Eigentum verbleibt, dadurch einen deutlichen Wertverfall erleidet.531 Es besteht also auch am Schwarzbau eine normative Zuordnung,

526 Worauf es für viele Formen einfachrechtlichen Bestandsschutzes zunächst ankommt, siehe etwa soeben S. 336, Fn. 487 m. N. 527 Bestünde jetzt noch eine Übereinstimmung, gäbe es keine Bestandsschutzproblematik, siehe oben S. 337, in und bei Fn. 489. 528 Der Nassauskiesungsbeschluss spricht hier mit mit deutlichen Worten, siehe BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981: „Welche Befugnisse einem Eigentümer […] konkret zustehen, ergibt sich […] aus der Zusammenschau aller […] die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Ergibt sich hierbei, daß der Eigentümer eine bestimmte Befugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht. Wie der Gesetzgeber ihren Ausschluß herbeiführt, ist lediglich eine Frage der Gesetzestechnik. Definiert er die Rechtsstellung zunächst umfassend, um in einer weiteren Vorschrift bestimmte Herrschaftsbefugnisse von ihr auszunehmen, so ist dem Betroffenen von vornherein nur eine in dieser Weise eingeschränkte Rechtsposition eingeräumt“; Hervorhebung nicht im Original; zunächst spricht das Gericht damit wohl die Frage an, ob in § 903 BGB umfassend zugeordnet werden kann, an anderer Stelle (im Öffentlichen Recht) dann indes die Einschränkungen erfolgen. Nach Wortlaut und ratio gilt diese Aussage indes auch für die hier interessierende Frage des Verhältnisses von Verfahrensvorschriften zu „materiellen“ Vorschriften. 529 Einzelheiten der zivilrechtlichen Zuordnung – vermittelt über das Grundeigentum oder nicht – sowie wie die Frage nach etwaigen Eigentumsrechten Dritter in konkreten Beispielsfällen sollen hier nicht erörtert werden. 530 Dazu bedarf es auch keiner sonstigen einfachrechtlichen Mechanismen, aufgrund derer einzig der Zustand bei Errichtung zählt, siehe insoweit wieder oben S. 336, Fn. 487 m. N. 531 Dass durch eine Abrissanordnung zudem Kosten für die Beseitigung entstehen, dürfte klar sein (siehe zur rechtlichen Relevanz etwa Battis, BauR (2006), 7 IV 2 d (S. 228 f.)), steht aber insoweit nicht in Zusammenhang mit der Frage, ob und inwieweit der Schwarzbau normativ zugeordnet ist.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

deren Beeinträchtigung532 folgerichtig bei der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden könnte.533 Dieses Interesse, wie es sich in der zivilrechtlichen Zuordnung verkörpert, steht indes nicht im Vordergrund der Interessen des Bauherrn. Es geht ihm vielmehr zuvorderst um das Gebäude in seiner Funktion, in der von ihm gewünschten Nutzung.534 Sein Hauptinteresse ist einzig dann gewahrt535, wenn in der Abwägung auch berücksichtigt wird, dass er weiterhin wie bisher das im Bestand beibehaltene Bauwerk nutzen darf. Nur dieses Bestands- und Nutzungsinteresse – nicht aber die Entwertung des zivilrechtlichen Eigentums – steht auch im Raum, wenn der Eigentümer, um gewissen von der Bauaufsicht eingeforderten materiellen baurechtlichen Kriterien zu entsprechen, eine Rückbauverpflichtung eher zu tragen gewillt ist als einen Abriss. Weil bei einem bloßen Rückbau das Gebäude insoweit weiter Bestand hat und genutzt werden kann, ist dies aus seiner Sicht die bessere Alternative. Hinsichtlich dieses Interesses an Bestands- und Nutzungserhaltung jedoch bedarf es – aufgrund der Regelungssystematik – zwingend (auch) der öffentlich-rechtlichen Zuordnung. Allein das zivilrechtliche Eigentum am Gebäude, vermittelt über das Grundeigentum, hilft nicht weiter. Mangels Baugenehmigung ist dem Eigentümer die Bestandserhaltung sowie die Nutzung dieses Gebäudes nie normativ zugeordnet worden. Verfassungsrechtliches Eigentum scheint insoweit folglich nicht vorzuliegen. 532

Hinsichtlich der Begrifflichkeiten in diesem Zusammenhang sollte besondere Vorsicht geübt werden. Ob eine Regelung im Sinne der jeweiligen Bauordnungen verhältnismäßig ist, bestimmt sich danach, ob die zulässigen Belange nach den Kriterien der Verhältnismäßigkeitsprüfung richtig gewichtet und abgewogen sind. Ein Belang, der als Teil eines eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnisses qualifiziert werden kann, ist in diesem Sinne zulässig. Seine „Beeinträchtigung“ ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeit bzw. des Ermessens zu beachten. Diese Beeinträchtigung darf jedoch nicht als Grundrechtseingriff bezeichnet werden. Soweit nämlich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im Ergebnis diese Beeinträchtigung gerechtfertigt ist, soweit fehlt es an einer Berührung des Schutzbereichs (anders die ganz h. M.). Zu diesen (zumeist nur) terminologischen Fragen siehe ausführlich unten ab S. 371. 533 Darauf wohl abstellend Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (225, Fn. 75 a. E.). 534 Wobei allerdings daraufhin zu weisen ist, dass bei der grundsätzlich Bestandsschutzmöglichkeiten für Schwarzbauten befürwortenden ganz herrschenden Meinung noch näher zu differenzieren ist, inwieweit nicht zumindest eine Nutzungsuntersagung allein gestützt auf die formelle Illegalität erlassen werden kann (so nämlich die h. M., siehe zum Meinungsstand Schoch, JURA 2005, 178 (180)). An dieser Stelle braucht nicht geklärt werden, inwieweit das auch für Sachverhalte tragfähig ist, bei denen nach Untersagung keinerlei Nutzungsmöglichkeit verbleibt. Jedenfalls werden wohl zumindest ermessensabhängige Möglichkeiten gewährt, auch die Nutzung fortzuführen, siehe Erbguth, BauR, in: Tettinger/ders./Mann, BVR (2007), Rn. 1257. Die hier angestellten Überlegungen beziehen sich insoweit also auch auf die (u. U. nur unter besonderen Voraussetzungen) zuerkannte Möglichkeit der Weiternutzung. Von einigen wird ohnehin generell formelle und materielle Illegalität auch für die Nutzungsuntersagung verlangt, siehe etwa Brohm, BauR (2002), § 29, Rn. 15, weitere Nachweise bei Schoch, ibid. 535 Wahren meint hier: Zumindest so auch in die Waagschale der Verhältnismäßigkeitsprüfung gelegt (d. h. über den damit einhergehenden bloßen Wertverlust des Eigentums hinaus). Im Ergebnis können im Einzelfall andere Belange auch dieses Interesse natürlich gleichwohl überwiegen.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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Belange, die nicht verfassungsrechtlichem Eigentum zuzuordnen sind, können insoweit wohl keine Berücksichtigung bei der Abwägung finden. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit auf der Ebene des einfachen Rechts geht es nämlich nicht um die Frage, wie allgemein die Eigentumsordnung zu gestalten ist. Nur dann, wenn die Eigentumsgestaltung durch den Gesetzgeber überprüft wird, finden auch abstrakte Interessen von Eigentümern Berücksichtigung, ohne dass es darauf ankäme, dass tatsächlich subjektiv-rechtlich zugeordnetes Eigentum betroffen ist.536 Auf der Ebene des Baurechts jedoch ist einzig zu prüfen, ob die Maßnahme dem konkret Betroffenen zumutbar ist. Eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung wiederum kann sich nur auf dessen subjektive Eigentumspositionen beziehen. Die Berücksichtigung bloß abstrakt-objektiv gegebener Interessen gelänge nur, wenn man die Vorstellung einer verfassungsunmittelbaren Baufreiheit teilte. Denn nur danach besteht eine „an sich“ umfassende Möglichkeit des Bauens und Nutzens, die folgerichtig auch den Schwarzbau miteinschlösse. Das Konzept einer verfassungsunmittelbaren Baufreiheit überzeugt jedoch nicht.537 Den Einzelnen hier über sein konkretes Eigentum hinaus zu schützen, ist mit Art. 14 I 2 GG nicht vereinbar. Die ganz herrschende Meinung scheint indes vom Gegenteil auszugehen und möchte das Interesse am Schwarzbau berücksichtigt sehen, wenn nicht gar schon tatbestandlich,538 so doch zumindest im Rahmen des Ermessens.539 Vereinzelt werden hierfür auch Begründungen entfaltet, die nun näher in den Blick zu nehmen sind. Zunächst ist insoweit auf einen Vorschlag hinzuweisen, wonach Gesetze danach zu unterscheiden sind, ob sie tatsächlich materielle Inhaltsbestimmungen des verfassungsrechtlichen Eigentums sind oder ob sie bloße Formalitäten regeln. Dürr führt aus: Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte inhaltliche Ausformung des Eigentums durch einfachgesetzliche Regelungen kann sich aber nur auf materiell-rechtliche Vorschriften be-

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Dazu ausführlich im Abschnitt beginnend ab S. 125. Zur Ablehnung dieses Verständnisses oben ab S. 267. 538 Siehe insoweit insbesondere die Nachweise zu der Ansicht, es müsse formelle und materielle Illegalität vorliegen, um eine Abrissverfügung zu rechtfertigen, oben S. 337, Fn. 492. 539 Vgl. statt vieler – tatbestandliche Berücksichtigung – Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 III 2 c (S. 200) und öfter; Battis, BauR (2006), 7 IV 2 c (S. 226 ff), insoweit wohl tatbestandliche Berücksichtigung, ferner ibid. d (S. 228 ff.) im Ermessen. Auch diejenigen, die eher gewillt sind, Maßnahmen gegen formell illegale Vorhaben zuzulassen, wollen zumeist immerhin noch bei Vorliegen schutzwürdigen Vertrauens des „Schwarzbauers“ dieses berücksichtigen, siehe so etwa Koch, in: ders./Hendler, BauR (2004), § 27, Rn. 26; umfassend Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 157 ff. m. w. N. Hinzuweisen ist darauf, dass es bei dieser Berücksichtigung durch die ganz herrschende Meinung erkennbar nicht um das zivilrechtliche Eigentum geht, vgl. insoweit etwa Schoch, JURA 2005, 178 (183) zur Irrelevanz der „wirtschaftlichen Interessen des Bauherrn“ m. w. N. 537

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

ziehen, Verfahrensvorschriften können schon begrifflich keine Inhaltsbestimmungen des Eigentums sein.540

Hiermit ist eine Begründung gegeben, weshalb der Schwarzbau sehr wohl verfassungsrechtlich als Eigentum geschützt sein könnte, obschon dem eine gesetzliche Norm entgegensteht. Wenn Verfahrensvorschriften nicht unter Art. 14 I 2 GG zu subsumieren sind, besteht kein Widerspruch zur Normgeprägtheit, wenn man den Schwarzbau als insoweit vollwertiges Eigentum deklariert.541 Diese Überlegung findet indes weder eine Stütze im Normtext des Art. 14 I 2 GG, noch ist ersichtlich, wie eine derartige Unterscheidung praktikabel gehandhabt werden könnte. Wenn das BVerfG in ständiger Rechtsprechung ohne jedwede Unterscheidung davon ausgeht, dass aus der Zusammenschau aller einschlägigen öffent540 Dürr, VBlBW 2000, 457 (459), ohne Nachweise. Die Aussagen stehen im Zusammenhang mit der Frage, ob verfassungsunmittelbar Bestandsschutz zu gewähren ist. Der Text wird wie folgt weitergeführt: „Auch der Vergleich mit dem Gewerbe- und Immissionsschutzrecht bestätigt dies. In diesen Rechtsgebieten geht es zunächst nur darum, dass eine ungenehmigte Anlage stillgelegt wird, bis die Genehmigungsfrage geklärt ist. Demgegenüber soll der passive Bestandsschutz eine Beseitigung einer Anlage verhindern.“ Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 147, ordnet auch Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (76) dieser Ansicht zu, da dieser schreibt, „Normen des materiellen Baurechts […] sind […] konstitutive Inhaltsbestimmungen des Eigentums“, Hervorhebung nicht im Original. Thematisch behandelt Wehr hier allerdings nur die Frage, ob und wie Baufreiheit einfachrechtlich konstitutiert sei. Später (S. 88) setzt sich Wehr jedoch von Dürr ab (dies wäre eine Lösung nur auf terminologischer Ebene), und schreibt, dieses Ergebnis könne gleichwohl wie folgt begründet werden: „Ergiebiger wäre es, stattdessen die systematische Funktion von Genehmigungsvorbehalten zu untersuchen. Eine genauere Betrachtung würde zu Tage fördern, dass sich hinter der Terminologie eine sachliche Differenzierung verbirgt, die auf dem Unterschied von Eigentumsrecht [Verweis auf Böhmer] und Eigentumsgrundrecht ([Fn.:] Dem entspricht entgegen der h. M. die Notwendigkeit, zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu unterscheiden.) Es würde sich daraus die Folgerung ergeben, dass die Genehmigungspflicht keine inhaltliche Ausgestaltung des Eigentumsrechts als Schutzgut der Eigentumsgarantie darstellt, sondern eine auf das Verhältnis zum Staat fokussierte Beschränkung des Grundrechts“; Hervorhebungen schon im Original. Um besser beurteilen zu können, was im Detail Wehr hiermit meint, wäre wohl die Durchführung der von ihm angemahnten genaueren Betrachtung hilfreich. Wie Dürr jedenfalls noch Lieder, ThürVBl. 2004, 81 (83). Er äußert die Ansicht, dies entspreche dem Nassauskiesungsbeschluss, wonach „sich der Inhalt des Eigentums aus der Gesamtheit der zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden, insbesondere den öffentlichrechtlichen Regelungen über die Eigentumsnutzung bestimmt [mit Nachweisen]. Insofern wird also [sic!] ein im Zeitpunkt der Errichtung materielle rechtmäßiges Bauwerk durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 geschützt, so dass eine Baubeseitigungsverfügung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsgarantie darstellen würde. In dieser Konstellation stellt sich der Verstoß des Bauherrn nur als formell-rechtlich dar“ [Verweis auf Dürr]. Klarzustellen ist demgegenüber, dass sich der zitierten Seite des Nassauskiesungsbeschlusses (S. 336) nichts für eine deratige Unterteilung nach materiell und formell entnehmen lässt. Im Gegenteil wird dort explizit von der „Zusammenschau aller […] die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften“ gesprochen, sowie von der Gleichrangigkeit von bürgerlichem Recht und öffentlich-rechtlicher Gesetze. Siehe hierzu näher das Zitat soeben S. 343 in Fn. 528. 541 Dieser Gedanke Dürrs ist auf die Schwarzbauproblematik übertragbar, vgl. Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 147.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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lich-rechtlichen und privatrechtlichen gesetzlichen Regelungen sich die Reichweite des durch Art. 14 I 1 GG gewährleisteten Eigentums ergibt,542 so ist das plausibel. Schließlich kann durch „bloß“ verfahrensrechtliche Regelungen empfindlich auf die Rechtsstellung des Einzelnen eingewirkt werden: Verwendet der Gesetzgeber ein repressives Verbot mit Dispensvorbehalt anstelle eines präventiven Erlaubnisvorbehalts, so gibt er durch die Wahl dieses Verfahrens wichtige Koordinaten für die materielle Entscheidung vor. Durch ausufernde, zeitraubende Verfahrensvorschriften kann das materiell bestehende Eigentum entwertet werden, wenn hierdurch die Nutzung ungebührlich verzögert wird. Muss ein Eigentümer gewisse Fristen einhalten, um seine Rechte zu wahren, so könnte die konkrete Ausgestaltung dieser Fristregelung ein wichtiger – und integrativer –543 Gesichtspunkt für die Frage sein, ob eine gesetzliche Gesamtregelung angemessen ist. All dies sind Fragen der Gestaltung der Eigentumsordnung. Beschreibt ein Gesetz das Verfahren, ändert allein das mithin nichts an seiner Qualifizierung als Gesetz i. S. d. Art. 14 I 2 GG. Nun mag man zwar einwenden, der Gesetzgeber habe nicht die mitunter harten Konsequenzen vor Augen, wenn er verfahrensrechtliche Vorschriften schafft.Hier geht es doch, könnte man sagen, nur um eine bloße Formalität. Darf es dann sein, dass – legt man die Maßstäbe des Art. 14 GG an – daraus die unerwartete Folge erwächst, dass ein Stein gewordenes Bauvorhaben gleichsam zum eigentumsgrundrechtlichen Nichts verkommt?544 Zu beachten ist jedoch zunächst, dass es sich verbietet, isoliert mit Blick auf Einzelprobleme generelle Aussagen zur Auslegung des Art. 14 GG zu treffen.545 Wollte 542 BVerfGE 58, 300 (336, 330), Beschl. v. 15.7.1981; 72, 66 (77), Beschl. v. 12.3.1986; 1. K./I, NVwZ 2003, 197 (198), Beschl. v. 11.11.2002. Vgl. ferner die Hinweise bei Berkemann, GG-Mitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 416. Die Frage, ob ein Gesetz Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung ist, muss allerdings davon unterschieden werden, ob ein Anspruch auf Genehmigung seinerseits selbst Eigentum i. S. d. Art. 14 GG ist, siehe auch dazu – in der Abgrenzung wohl nicht ganz deutlich – Berkemann, ibid., Rn. 471. 543 Will sagen: Ein Bestandteil einer Gesamtregelung, der nicht schlichtweg als bloß verfahrensrechtlich ausgesondert werden kann. Es wäre kaum denkbar, allein die materiellen Vorschriften anhand der Eigentumsgarantie zu messen, da das gesetzgeberische Gesamtkonzept nur in Zusammenschau aller Vorschriften bewertet werden kann. Vgl. insoweit auch oben S. 327, Fn. 439 dazu, dass insoweit nicht rechtstaatliche begründete Bestandskraftregelungen von genuin eigentumsgrundrechtlich erforderlichen Regelungen zu trennen sind. 544 BVerfG (1. K./I) NVwZ 2005, 203 (204), Beschl. v. 2.9.2004 scheint dagegen gar nicht erst Zweifel daran zu haben, dass die Bausubstanz eines zwischenzeitlich materiell legal gewordenen Bauwerks Eigentumsschutz genießt, siehe dazu oben S. 316, Fn. 392. Mangels Begründung hilft diese Kammerentscheidung allerdings wenig weiter. Gegen die naturalistisch anmutende Eigentumsbegründung siehe näher unten S. 357, bei und in Fn. 9. 545 Plastisches Beispiel für solch ein nicht überzeugendes Vorgehen ist es, wegen steuerrechtlicher Problemstellungen aus Art. 14 II 2 GG einen sog. Halbteilungsgrundsatz zu folgern, vgl. S. 193, Fn. 684. Siehe allgemein Schmidt-Aßmann, Aktieneigentum, in: FS Badura (2004), S. 1010: „Eine ausgewogene Dogmatik zu Art. 14 GG verlangt die Verallgemeinerungsfähigkeit ihrer Aussagen.“

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

man Verfahrensregeln für unbeachtlich erklären, resultierten daraus zumindest in anderen Bereichen der Eigentumsordnung Probleme, in denen solche Vorschriften erkennbar keineswegs bloße, präventive Förmelei sind. Eine inkonsistente Eigentumsdogmatik wäre die Folge, will man an einer solchen Begründung für die Baugenehmigung gleichwohl festhalten. Richtig ist wohl, dass solchen Bedenken hinsichtlich der Baugenehmigung im Ergebnis entsprochen werden kann, wenn und soweit es Anhaltspunkte dafür gibt, dass es dem Gesetzgeber hier tatsächlich nur um eine „reine Formalität“ gegangen ist. Es ist denkbar, dass der Gesetzgeber die Erfüllung von gewissen formalen Anforderungen zwar erwartet, unabhängig von der tatsächlichen Erfüllung indes die grundlegende normative Zuordnung unangetastet lassen will. Wenn beispielsweise der Gesetzgeber ausdrücklich normiert, eine Beseitigungsanordnung dürfe beim Schwarzbau nicht ergehen, dann ist genau das eben Beschriebene geschehen: Noch immer besteht zwar das Erfordernis der Baugenehmigung. Da aber der Abriss nicht erlaubt ist, ergibt sich zwingend, dass insoweit trotz der nicht erfüllten Formalität noch immer eine normative Zuordnung des Schwarzbaus zum Grundeigentum besteht. Eine normative Zuordnung trotz entgegenstehenden Verbots kann aber wohl nur dann angenommen werden, wenn tatsächlich irgendein Anhaltspunkt für eine solche gesetzgeberische Regelung gefunden werden kann.546 Dergleichen lässt sich aber hinsichtlich Schwarzbauten bislang nicht hinreichend deutlich547 erkennen. Dass der Gesetzgeber sich womöglich nicht der Konsequenzen bewusst war, die daraus entstehen, dass er keine ausreichende normative Zuordnung auch des Schwarzbaus zum Grundeigentum geschaffen hat, mag sein, ist aber für die rechtliche Qualifizierung irrelevant.548 Eine andere Begründung, weshalb gleichwohl die Interessen des Eigentümers am Schwarzbau geschützt werden könnten, zeigt Uschkereit auf.549 Er verweist darauf,

546 Wichtig allerdings ist, dass der Gesetzgeber nur die „Festigkeit“ der normativen Zuordnung selbst bestimmen kann. Dies ist zwar vorentscheidend für die Frage, ob Verfassungseigentum vorliegen kann, ist aber nicht mit einer direkten definitorischen Kompetenz zu verwechseln, was Eigentum ist und was nicht; siehe dazu oben S. 79 bei Fn. 216. 547 Vgl. etwa den Hinweis von Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 I (S. 194) dazu, dass der Verstoß gegen die Genehmigungspflicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann (unter Verweis auf § 84 I Nr. 13 BauO NRW). Insoweit könnte man zunächst an einen eigenständigen Regelungskomplex denken. Wie hier vertreten führt indes Ortloff aus, dass „sich damit nichts an dem herbeigeführten rechtswidrigen Zustand“ ändere. Hier ist also wohl nur ein zusätzliches Sanktionsinstrumentarium geschaffen. 548 Siehe so schon in anderem Zusammenhang oben S. 322. 549 Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 147 – 149, wobei er auch der soeben genannten Begründung – anders als hier i. E. vertreten – eine gewisse Berechtigung zuspricht und dann die danach entfaltete „systematische Begründung“ als überzeugender als die „terminologische Argumentation“ im Sinne von Dürr bezeichnet. Letztere Qualifizierung findet sich auch bei Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (88).

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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dass – wie es hier entfaltet wird –550 subjektives Eigentum nicht erst entstehe, wenn eine Baugenehmigung erteilt sei. Deshalb – so soll wohl zu schließen sein –551 könne systematisch betrachtet auch Nutzung und Bestand des Schwarzbaus im Rahmen des Ermessens berücksichtigt werden. Dass „nur“ die Baugenehmigung fehle, sei irrelevant. Ein solcher Rückschluss ist zweifelhaft. Zwar ist richtig, dass schon die normativ abgesicherte Bebaubarkeit ein grundrechtlich geschütztes Interesse ist.552 Daraus resultiert aber noch keine Verbindung zum konkret errichteten Schwarzbau. Ein normativ geknüpftes Band zwischen Grundeigentümer und Baunutzbarkeit als solches besteht also schon vor Baugenehmigung.553 Doch umfasst dieses Band nicht auch den Schwarzbau, solange man nicht gleichzeitig die gesetzliche Genehmigungspflicht für irrelevant erklärt. Sie ist und bleibt indes, wie oben gesehen, auch ein Teil der gesetzgeberischen Ausgestaltung des Eigentums. Danach umreißt die Verfahrensregelung hier Grenzen der normativen Zuordnung: Die Nutzbarkeit als solche ist zwar schon erfasst, das darauf aufbauende Vorhaben aber erst, wenn zudem eine Baugenehmigung erteilt ist. Somit fügt Uschkereit mit seiner Argumentation keine eigenständig systematische Begründung hinzu, sondern müsste letztlich auf die – indes nicht überzeugende – Unterscheidung zwischen prozessualen und materiellen Normen rekurrieren. Festzuhalten bleibt, dass auf normativer Ebene eine Lücke klafft zwischen Zuordnung der Baunutzbarkeit einerseits und dem konkreten, nicht genehmigten Bauvorhaben und dessen Bestand und Nutzung andererseits, die zu überspringen kaum gelingt.554 550 Siehe oben ab S. 263; Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 148 verweist insoweit auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 147, 158 ff. 551 Uschkereit verneint zwar – wie auch hier vertreten – eine konstitutive Wirkung der Baugenehmigung, führt diesen Gedanken indes nicht näher aus. Im Ergebnis ergibt sich dies aber im Rückschluss aus der von ihm behandelten Fragestellung („Berücksichtigung als Abwägungsposten bei der Ermessensausübung“ (Überschrift S. 146) bei fehlender formeller Rechtmäßigkeit). 552 Siehe oben S.264, in und bei Fn. 138 m. N. 553 U. a. mit der Konsequenz, dass dies im Folgenden bei der Planung zu berücksichtigen ist, siehe dazu S. 340, Fn. 507. 554 Ein weiteres Problem dieser Ansicht ist es, dass sie zumindest für bestimmte Fälle eine einfachrechtliche Beachtung des Interesses am Schwarzbau schon im Ansatz nicht gewährleisten kann. Es gibt nämlich Fälle, in denen plakativ deutlich wird, dass die (zunächst schon vor Genehmigungserteilung grundrechtlich geschützte) normativ verfestigte Baunutzung entfallen ist. Dies ist dann der Fall, wenn in der Ermächtigungsgrundlage für Beseitigungen nicht angeordnet ist, dass der Zeitpunkt der Errichtung maßgeblich für die Vereinbarkeit mit öffentlichrechtlichen Vorschriften sei. Daran fehlt es jedenfalls in Niedersachsen, siehe § 89 BauO (sowie dazu Schmaltz, Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 462 f.). Hinsichtlich anderer Landesbauordnungen geht Wehr, Verw. 38 (2005), 65 (85) davon aus, dass der sonst bisweilen angenommene Grundsatz falsch wäre, „dass vorhandene bauliche Anlagen den Vorschriften unterworfen bleiben, die zur Zeit ihrer Errichtung, Änderung oder ihres Nutzungsbeginns gegolten haben“ (m. N.). Denn es

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werde z. B. von der bayerischen Bauordnung (so etwa auch § 61 I 1, § 3 I 1 BauO NRW) verlangt, dass bauliche Anlagen „auch so instandzuhalten sind“ (Hervorhebung im Original). Deshalb gelte insoweit „auch die (Zeit der) Nutzung“. Das erscheint zweifelhaft. Wenn der Grundeigentümer von sich aus darum Sorge trägt, den Schwarzbau insoweit zu pflegen, dass insbesondere keine Gefahren für Nutzer und Dritte entstehen (siehe dazu Heintz, in: Gädtke, BauO NRW (2008), § 3, Rn. 27), so fragt sich, worauf gestützt dann die Bauaufsicht einschreiten und in diesem Moment dann das aktuelle Baurecht in Stellung bringen könnte. Die Instandhaltung kann kaum als Einfallstor zur jederzeitigen Durchsetzung sämtlichen neuen Rechts verstanden werden, da sonst die übrige Aufzählung (Errichtung, Änderung etc.) sinnlos wäre. Vielmehr ist es wohl erst das Dem-Verfall-Preisgeben (zu welchem Grad auch immer, sei hier dahingestellt), das der Bauaufsicht Handlungsmöglichkeiten eröffnet (vgl. auch Heintz, ibid., Rn. 26, sowie § 61, Rn. 10). Bejaht man jedenfalls mit Blick auf die niedersächsische Bauordnung nun hinsichtlich – aller –Schwarzbauten den Tatbestand (Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, hier in Form der fehlenden Genehmigung), so gibt es keinen Grund mehr, weshalb man dann nicht bei der Ermessensausübung die aktuelle Rechtslage anzuwenden hätte, wenn man die Frage beantworten will, ob Eigentumsbelange zugunsten des Eigentümers zu berücksichtigen sind. Dass man zuvor das Recht innehatte, nach Maßgabe der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen in Verbindung mit der günstigeren bauordnungsrechtlichen Regelung – beispielsweise mit geringeren Abstandsflächen – bauen zu dürfen, ist nunmehr irrelevant. Dieses ehemals eigentumskräftige Recht ist mit Erlass der verfassungsmäßigen neuen bauordnungsrechtlichen Regelung – beispielsweise größere Abstandsfläche – abgelöst und dadurch insoweit im hier entscheidenden Zeitpunkt behördlichen Eingreifens erloschen. In Niedersachsen ist daher der Abriss sämtlicher Schwarzbauten, die jetzt auch dem materiellen Baurecht widersprechen, grundsätzlich möglich, ohne dass daran sich etwas änderte, dass sie zuvor einmal oder gar bei Errichtung dem materiellen Recht entsprachen (siehe i. E. so auch Schmaltz, Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 463, allerdings ohne Bezug zu der Frage, ob die vormalige grundrechtlich verfestigte Zuordnung der Baunutzbarkeit herangezogen werden könnte, um die Berücksichtigung des Schwarzbaus zu begründen; ferner dort keine Beschränkung auf bauordnungsrechtliche Fälle, was angesichts der möglicherweise fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes sowie der Regelung in § 29 I BauGB zu hinterfragen wäre). Dies verdeutlicht auch ein Vergleich mit dem einfachrechtlichen bauplanungsrechtlichen Bestandsschutz (Gleiches gilt für bauordnungsrechtlichen Normen, die direkt auf die Errichtung und Änderung etc. verweisen, siehe z. B. § 61 I 2 i. V. m. S. 1 BauO NRW). Bei der dafür entscheidenden Norm, § 29 I BauGB, ist es wohl denkbar, hinsichtlich des Schwarzbaus anders zu argumentieren. Hier besteht eine einfachgesetzliche Norm, deren Aussagegehalt dahingehend zusammengefasst werden kann, dass jedwede bauplanungsrechtliche Neuerungen zunächst einmal nur zukünftiges Baugeschehen betreffen sollen. Man hätte womöglich eine Handhabe, weshalb man im Zeitpunkt behördlichen Einschreitens gleichwohl insoweit auf die ursprüngliche bauplanungsrechtliche Lage abstellen sollte. Das wiederum wäre die Voraussetzung, um bei der Verhältnismäßigkeit zumindest auf einen– damals – bauplanungsrechtlich verfestigten, eigentumskräftigen Belang verweisen zu können. Ein neuer Bebauungsplan bliebe nach dieser Argumentation auch für einen Schwarzbau irrelevant, solange nicht ein Vorhaben i. S. d. § 29 I BauGB durchgeführt wird (etwa eine Nutzungsänderung). Für den unveränderten Schwarzbau mag man also sagen können, dass insoweit die ursprüngliche eigentumskräftige Nutzungszuweisung streitentscheidend sei für die Frage, ob eine normative Zuordnung besteht oder nicht. Es bedarf hier keiner Vertiefung, inwieweit eine solche Argumentation für die einfachrechtlichen Bestandsschutzregeln, die auf die Errichtung des unveränderten Schwarzbaus abstellen, tatsächlich tragfähig wäre. Zweifel entstehen jedenfalls, vergleicht man die Situation des Schwarzbauers mit demjenigen, der nicht gebaut hat: Dass man beim Schwarzbauer mit

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass bei einer behördlichen Beseitigungsanordnung hinsichtlich eines Schwarzbaus keine hinreichende Handhabe besteht, den Schwarzbau als solchen im Rahmen der Ermessensausübung bzw. der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Es gibt zwar die Möglichkeit, ersatzweise zumindest auf den Wertverfall des zivilrechtlichen Eigentums555 abzustellen, der durch die Beseitigungsanordnung verursacht wird. Dies kann indes nicht kein Ausweg sein. Das Interesse des Eigentümers ist tiefgreifender. Es geht um Bestand und Nutzung des Schwarzbaus, nicht (allein) um monetäre Nachteile. Zwar scheinen einige Stimmen in der Literatur es im Wesentlichen für sachlich angemessen zu halten, das Eigentümerinteresse in Schwarzbaukonstellationen so zu vernachlässigen.556 Es ist hier nicht darüber zu befinden, ob dies für viele oder gar die meisten Fälle zutrifft. Ausreichend ist es an dieser Stelle, darauf hinzuweisen, Blick auf die Beseitigung überhaupt daran denkt, sein Interesse zu wahren, liegt wohl nicht an der bloßen Zuordnung der Baunutzbarkeit, sondern eben doch am konkret errichteten Schwarzbau. Letzteren zu berücksichtigen, erscheint zirkulär und ist zumindest wohl nicht mit Verweis auf die Zuordnung der Baunutzbarkeit zu begründen. Wollte im umgekehrten Fall der Gesetzestreue etwa eine Befreiung nach § 31 BauGB für ein Vorhaben ersuchen, so würde man dabei wohl kaum zu seinen Gunsten berücksichtigen, dass zuvor einmal eine Nutzungszuordnung bestand, wenn sich jetzt das Recht nun einmal (verfassungsmäßig) geändert hat. Warum indes beim Schwarzbauer die abstrakte Nutzungszuordnung fortdauernd berücksichtigt werden soll, obschon dies beim Gesetzestreuen, der eine Befreiung erlangen will, nicht gelingt, ist nicht einsichtig. Festgehalten werden kann jedenfalls im Umkehrschluss, dass das Abstellen auf das schon vor Baugenehmigung grundrechtlich geschützte Interesse nicht in allen Fällen einfachrechtlich geltend zu machen ist (so im Fall der niedersächsischen Bauordnung). Selbst soweit dies möglich sein sollte, gilt indes das zuvor Gesagte: Entscheidend ist das Interesse des Bauherrn am konkreten Bestand und an der Nutzung des Schwarzbaus. Insoweit aber hat es nie eine Zuordnung gegeben. Die Lücke zwischen zugeordneter Baunutzung und verbotenem Bauwerk ist nicht zu überspringen. 555 Die herrschende Meinung steht dem wohl ablehnend gegenüber (vgl. Schoch, JURA 2005, 178 (183) zur Irrelevanz der „wirtschaftlichen Interessen des Bauherrn“ m. w. N.) Zumindest die – davon zu unterscheidenden – Abbruchkosten will sie nicht berücksichtigt wissen (siehe nur Battis, BauR (2006), 7 IV 2 d (S. 228 f.)). Allerdings kommt dem insoweit nur begrenzte Aussagekraft zu, als dieselbe herrschende Meinung kein Problem darin sieht, schon den Schwarzbau als solchen zu berücksichtigen. Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner Suche nach möglichen Auswegen. Soweit ersichtlich als einziger sich auf das zivilrechtliche Eigentum am Schwarzbau berufend, um einen Eingriff in Art. 14 GG zu begründen – das schließt die Berücksichtigungsfähigkeit im Ermessen mit ein – Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (225, Fn. 75 a. E.). 556 Siehe Mampel, ZfBR 2002, 327 (328 ff.); Schmaltz, in: Große-Suchsdorf/Lindorf/ders./ Wiechert, Niedersächsische BauO (2006), § 99, Rn. 21; ders., Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 462 ff., insbesondere S. 462: Der niedersächsische (dazu Fn. 554) „Gesetzgeber wollte Schwarzbauten unabhängig von dem zur Zeit ihrer Errichtung geltenden materiellen öffentlichen Baurecht ausschließlich nach dem ,neuen materiellen Recht beurteilen. Eine solche Regelung stellt […] eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums […] dar, die unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichheit und des Vertrauensschutzes nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 58, 137 (148)).“

352

2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

dass es zumindest einige Konstellationen gibt, in denen eine solche Nichtberücksichtigung des Schwarzbaus nicht akzeptabel ist. Dies ist etwa557 dann der Fall, wenn der Bauherr mit nur leichtester Fahrlässigkeit zu Unrecht davon ausging, er könne sein Bauvorhaben ohne Baugenehmigung errichten.558 Ein weiteres Beispiel könnte womöglich dem vom BVerfG entschiedenen Fall der sog. Pirmasenser Amnestie zugrunde liegen.559 Eine vom Eigentümer vertretbar als nicht besonders beachtlich eingestufte Änderung des Baubestands sollte nicht dazu führen, dass wegen Nutzungsänderung nunmehr anstelle einer Rückbauverpflichtung eine Beseitigungsanordnung erlassen wird.560 Nun mag man darauf vertrauen, dass die Bauaufsichtsbehörden derlei gelagerte Ausnahmefälle beispielsweise über Befreiungen nach § 31 BauGB oder allgemein durch eine dem entsprechende Ermessensausübung sachgerecht zu behandeln wüssten.561 Selbst wenn dies der Praxis entspräche, hilft das nicht weiter, wenn und solange die Berücksichtung lege artis nicht widerspruchsfrei herbeizuführen ist.562 Festzustellen ist vielmehr, dass mit Blick auf solche Fälle der Gesetzgeber gegen die eigentumsgrundrechtliche Abwägung verstößt.563 Diese setzt schließlich nicht 557 Es kann hier keineswegs um eine erschöpfende Darstellung gehen, auch angesichts der Vielzahl denkbarer Konstellationen. Siehe etwa den Fall eines Schwarzbaus, der im Anschluss an die zu Unrecht ergangene, aber bestandskräftige Ablehnung eines Bauantrags errichtet wurde und dazu beispielsweise Battis, BauR (2006), 7 IV 2 c (S. 227 f.). 558 Vgl. insoweit auch die Nachweise oben S. 345, Fn. 539 a. E. 559 Siehe dazu BVerfG (1. K./I) NVwZ 2005, 203 (204), Beschl. v. 2.9.2004 sowie oben S. 316, Fn. 392. Zur Behandlung einer „,wilde[n] Wochenendhaussiedlung“ siehe auch m. w. N. Battis, BauR (2006), 7 IV 2 d (S. 229). 560 Das aber mag einfachrechtlich nicht herzuleiten sein – insoweit a. A. das BVerfG –, weil der Schwarzbau eben nicht als solcher berücksichtigt werden darf. Auf die Einzelheiten – etwa die Berücksichtigung der „Amnestie“, die zur Duldung der Wochenendhäuser führte – soll es hier nicht ankommen; siehe dazu etwa Battis, BauR (2006), 7 IV 2 d (S. 229). 561 Siehe insoweit beispielsweise Battis, BauR (2006), 7 IV 2 d (S. 230) m. w. N. zur Verhältnismäßigkeit (S. 230), bei denen das soeben in der vorangegangenen Fußnote Gesagte gilt: Eine einfachrechtlich überzeugende Begründung für die jeweils angemessen erscheinenden Ergebnisse fällt schwer, wenn und soweit der Schwarzbau an sich kein berücksichtigungsfähiger Belang ist. 562 Vgl. insoweit auch Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 V (S. 211 f.). Auch das BVerfG lässt insoweit die Hoffnung auf Einzelfallgerechtigkeit schaffendes Verwaltungshandeln unberücksichtigt, siehe oben m. N. S. 118, bei und in Fn. 384. 563 Ebenso Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 149, der dies als Konsequenz auffasst, wenn man seiner Auffassung nicht folgt, wonach der Schwarzbau in die Ermessensabwägung einzustellen ist. Es heißt dort: „Eine Auffassung, die einem Bauherrn, der sein Bauwerk im Einklang mit allen materiellen Vorschriften des öffentlichen Rechts errichtet und entsprechend diesen Regelungen unter Umständen jahrzehntelang genutzt hat, jeglichen anhand des Eigentumsgrundrechts zu bestimmenden Bestandsschutz verwehrt und im Ergebnis Beseitigungsanordnungen allein deswegen zulässt, weil der Bauherr eine Baugenehmigung nicht eingeholt und daher einen formellen Verstoß begangen hat, kann unter verfassungsrechtlichen Aspekten schwerlich als sachgerecht bezeichnet werden. […] Die Verfassungsmäßigkeit einer so zu verstehenden Ermächtigungsgrundlage für Beseitigungsanordnungen ließe sich wohl nicht

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

353

voraus, dass ein Eingriff in subjektive Rechte vorliegt. Dass eine für Schwarzbauten nachteilige Regelung nicht in schon normativ zugeordnetes Eigentum eingreift, ändert nichts daran, dass hiermit allgemein die Grenzen des Grundeigentums bestimmt werden. Es liegt damit eine Inhaltsbestimmung vor, die vor Art. 14 GG rechtfertigungsbedürftig im Sinne der eigentumsgrundrechtlichen Abwägung ist. Ausreichend ist hierbei, dass es ein abstrakt zu schützendes Interesse auf Seiten der Eigentümer ist, dass bei bloß formalen Nachlässigkeiten nicht die Rechtsfolge droht, mit einer Beseitigungsanordnung konfrontiert zu werden. Der Gesetzgeber hat zwar gewichtige Allgemeinwohlbelange auf seiner Seite, will er im Normalfall gegen Schwarzbauten vorgehen, beispielsweise die Planungshoheit der Gemeinden zu schützen564 sowie zu verhindern, Schwarzbauten zu privilegieren.565 Diese Interessen überwiegen aber erkennbar nicht in den genannten Ausnahmefällen. Das Risiko, dass mit einer Privilegierung des Schwarzbaus einhergeht, die Nachahmung, greift nicht, da es um Fälle von leichter Fahrlässigkeit geht. Insoweit liegt auch keine Privilegierung vor, sondern eine Form ungleichen Behandelns ungleicher Sachverhalte. Auch ihre Planungshoheit durchzusetzen, wird der Gemeinde nicht verwehrt. Zum einen betreffen Ausnahmefälle kaum je die Grundzüge kommunaler Planung. Zum anderen ist ihr der Einsatz der sonstigen baurechtlichen Handlungsinstrumente bis hin zur Enteignung nicht verwehrt. Dass dies mühsamer sein dürfte als eine Beseitigungsanordnung, liegt auf der Hand, ist indes nichts anderes als die Konsequenz der Grundrechtsgebundenheit öffentlicher Planung. Mit diesen Überlegungen kann indes nicht jedweder Einzelfall angemessen berücksichtigt werden. Materielles Baurecht durchzusetzen, ist schließlich gerade auch deshalb angezeigt, weil durch dieses Recht zahllose weitere Interessen geschützt sind, wie etwa Umweltbelange und Nachbarinteressen. So mag im Einzelfall der nicht genehmigungsfähige Schwarzbau nicht hinnehmbar sein. Bei den hier relevanten Schwarzbaukonstellationen geht es indes nur um Fälle, bei denen zumindest zeitweilig schon einmal Übereinstimmung mit dem materiellen Baurecht gegeben war.566 Folglich ist wohl – da zuvor schon einmal eine Abwägung zugunsten des Schwarzbaus ausgegangen ist – im Regelfall davon auszugehen, dass auch diese entgegenstehenden Interessen hier nicht so deutlich ausgeprägt sind, als dass sie dem Schwarzbau gleichsam zwingend entgegenstünden. Zudem gilt das soeben zur Planungshoheit Ausgeführte: Auf Umstände, die als untragbar bewertet werden, kann weiterhin – grundrechtskonform – eingewirkt werden. mehr begründen, und die Norm könnte gem. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden.“ 564 Siehe nur Schmaltz, Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 458 f. 565 Siehe nur Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 I (S. 195); Koch, in: ders./Hendler, BauR (2004), § 27, Rn. 25; Schmaltz, Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 457 f. jeweils m. w. N. 566 Andernfalls ist nach allgemeiner Auffassung der Abriss – wegen durchgängig vorliegender formeller und materieller Illegalität – grundsätzlich möglich; es besteht also kein Anhaltspunkt, überhaupt an Bestandsschutz zu denken.

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2. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit

Mithin überwiegt insoweit die aus Art. 14 I 1 GG zu folgernde Abwägungsdirektive deutlich.567 Die weitgehende Nichtbeachtung der Eigentümerinteressen in diesen Schwarzbaukonstellationen ist unverhältnismäßig und verletzt die Eigentumsgarantie. Der Gesetzgeber ist vielmehr verpflichtet, für derartige Konstellationen das Interesse des Grundeigentümers am Schwarzbau zu schützen.568 Die Betroffenen sind notfalls569 gehalten, mit der Urteilsverfasssungsbeschwerde die partielle Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Normen570 geltend zu machen – was dann mangels entgegenstehenden verfassungsmäßigen Gesetzes zu Bestandsschutz und Weiternutzung jedenfalls aus § 903 BGB führt. Ist dieser Weg einmal bestritten, wird die dadurch notwendig gewordene Bereinigung durch die – Novellierungen des Baurechts gewohnten – jeweils zuständigen Gesetzgeber naturgemäß umfassend wirken. Die Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie im Baurecht anzuerkennen, führt somit für den Bestandsschutz zu tiefgreifenden Konsequenzen. Diese betreffen nicht nur das dogmatische Verständnis des Art. 14 GG. Es wird nicht allein die eine Begründung durch eine andere ersetzt. Zwar wird für viele Bereiche im Ergebnis weitreichend insoweit Übereinstimmung bestehen, dass Bestandsschutz statt ehedem verfassungsunmittelbar nun vermittelt über das einfache Gesetz zu bejahen ist. Mit Blick auf die akademisch oft im Zentrum stehende und auch in der Praxis zumindest

567 Auf weitere Einzelheiten soll es hier nicht ankommen, weil für diese Fallsituationen keine Gemeinwohlbelange und keine Berücksichtigung eines besonders weiten Spielraums des Gesetzgebers in Frage kommen. Bei anderen Fällen ist dies weniger deutlich. Ist aber der Gesetzgeber einmal dazu gezwungen, seinem Regelungsauftrag entsprechend die Schwarzbauproblematik näher zu normieren, darf man ohnehin hoffen, dass dann insgesamt ein hinreichend detaillierter, verfassungsgemäßer Ausgleich innerhalb des dem Gesetzgeber zukommenden Regelungsspielraums gefunden wird. 568 Durch ein solches gesetzgeberisches Anerkenntnis wird unvermeidlich eine normative Zuordnung geschaffen, die als lex specialis insoweit die formelle Rechtswidrigkeit als folgenlos erscheinen lässt; siehe dazu schon oben im Text S. 348. 569 Sollte das letztinstanzliche Verwaltungsgericht ihrem Vortrag nicht folgen und schon von Amts wegen nach Art. 100 I GG dem BVerfG vorlegen. 570 Auf verfassungsprozessuale Einzelheiten soll es hier nicht ankommen. Die zur Untersuchung vorgelegte Norm zu benennen, mag nicht ganz einfach sein. Hier wird jedenfalls die jeweilige Befugnisnorm im Vordergrund stehen. Schließlich besteht kein Zweifel an der Verfassungsgemäßheit des präventiven Erlaubnisvorbehalts an sich. Es bedarf nur einer gesetzlichen Klärung, dass trotz dessen zumindest für die vom Gesetzgeber zu bestimmenden Fälle noch immer eine (partielle) normative Zuordnung auch des Schwarzbaus bestehen muss. Dieses Fehlen einer Zuordnung bei der Befugnisnorm gilt es anzugreifen. Eine weitere hier nicht behandelte Frage ist es, ob auch diejenigen „Schwarzbauer“ von der jetzigen Verfassungswidrigkeit profitieren können, die ihrerseits nicht zu denjenigen Extremfällen gehören, die erst zum Verstoß gegen die Eigentumsgarantie geführt haben (sprich: diejenigen mit nur leichtester Fahrlässigkeit bei berechtigtem Vertrauen o. ä.). Wird etwa bei einer Urteilsverfassungsbeschwerde die Zulässigkeitsschwelle überschritten, könnte das BVerfG gegebenenfalls die Begründetheit unter Rückgriff auf die (im Ausgangssachverhalt nicht vorliegenden) Extremfälle feststellen, sodass dann u. U. die Verfassungswidrigkeit im Ergebnis auch dem Kläger zugute käme.

C. Zum verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz

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nicht irrelevante571 Behandlung von sog. Schwarzbauten ist indes ein Umdenken gefragt. Art. 14 GG zwingt hier zu einer expliziten Regelung durch den Gesetzgeber. Andernfalls verletzte dieser seinen Gestaltungsauftrag. Darüberhinaus führt die Nichtregelung zu einer – zumeist allerdings nicht erkannten und so wohl nicht gewollten – Hintanstellung der Eigentümerinteressen mit Blick auf Schwarzbauten. Dies hat vor Art. 14 GG keinen Bestand.

571 Siehe etwa Schmaltz, Formelle Illegalität, in: FS Götz (2005), S. 457 („nicht sonderlich häufig, aber auch nicht nur graue Theorie“); vgl. ferner zur Praxisrelevanz Ortloff, in: Finkelnburg/ders., BauR, Bd. II (2005), § 13 I (S. 194).

3. Teil

Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur: Zur Einordnung des Verwaltungshandelns Die Normgeprägtheit der Eigentumsgarantie führt dazu, dass die von anderen Grundrechten bekannte dogmatische Prüfungsstruktur von Grundrechtsbeeinträchtigungen nicht unbesehen übernommen werden darf. Mit Blick auf die Einordnung von Verwaltungshandeln haben sich – oftmals ohne Auseinandersetzung mit der Gegenauffassung – zwei Hauptansichten entwickelt, die jedoch beide dem Wortlaut des Art. 14 GG entgegen stehen. Vielen weiteren Stellungnahmen fehlt das notwendige Problembewusstsein. Es bedarf einer Neukonzeption, will man die Eigentumsgarantie zugänglich machen für Erläuterungen, die das Verständnis erleichtern, dabei aber mit der Auffassung von Art. 14 GG als normgeprägtem Grundrecht vereinbar sind.

A. Problembeschreibung I. Allgemeines Das die Inhalts- und Schrankenbestimmungen umsetzende, für den Betroffenen ungünstige Verwaltungshandeln wird zu Unrecht von nahezu allen diesbezüglichen Stellungnahmen als ein Eingriff in die Eigentumsgarantie verstanden. Nach näherer Begründung für diese These sucht man zumeist vergeblich; die Eingriffsthese scheint nicht mehr rechtfertigungsbedürftiges Allgemeingut geworden zu sein.1 Neben der sachlichen Zweifelhaftigkeit dieser Auffassung verwundert dies insofern, als der ehemalige Bundesverfassungsrichter Böhmer in einem im Übrigen viel beachteten Aufsatz Gegenteiliges zu Papier brachte: „Werden Vorschriften, die generelle Grenzen des Eigentums statuieren, angewendet, so greift die Verwaltung nicht in das Eigentum ein, sondern verweist den Eigentümer deklaratorisch in die Schranken, die seiner Rechtsstellung aus Gründen des Gemeinwohls gezogen sind. Es sollte deshalb der Terminus ,Eingriff für solche Sachverhalte vermieden werden.“2 Ebenso wird im 1

Zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 240. Böhmer, NJW 1988, 2561 (2572), unter teilweiser Hervorhebung gerade dieser Passage. Als Ausnahme ist allerdings Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 VI 4 a (S. 2257 f.) zu nennen, der diese Aussage Böhmers benennt, jedoch anderer Ansicht bleibt (dazu sogleich S.360, Fn. 18 sowie S.382, Fn. 95); ebenso Külpmann, Ent2

A. Problembeschreibung

357

Nassauskiesungsbeschluss die dem Eigentümer nachteilige Anwendung einer verfassungsmäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung „lediglich“ als eine Aktualisierung bezeichnet.3 Auch in zwei Kammerbeschlüssen neueren Datums heißt es, dass durch eine Umsetzungsmaßnahme der Verwaltung4 die entsprechende Inhaltsund Schrankenbestimmung „lediglich aktualisiert“ werde.5 Aufgegriffen wurde letztere Wendung nun wieder im Grundsatzbeschluss des BVerfG zur ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung6, allerdings mit entscheidender Veränderung: Die Aktualisierung wird nun als „ein die Eigentumsbeschränkung aktualisierende[r] Eingriffsakt“, als ein „in Rechtspositionen eingreifende[r] Verwaltungsakt“ beschrieben.7 Noch deutlicher heißt es in einem neueren Kammerbeschluss zur Einordnung einer Gerichtsentscheidung, mittelbar aber auch zur Qualifizierung des Verwaltungshandelns: Der Beschluss [des OVG8] berührt den Schutzbereich des Art. 14 I 1 GG. Dies folgt bereits daraus, dass die Bf. durch die auf § 81 RhPfBauO gestützte Abbruchsanordnung verpflichtet werden, das Gebäude zu beseitigen, und damit in das Eigentum an der tatsächlich vorhandenen Gebäudesubstanz eingegriffen wird.9

Hiernach ist Verwaltungshandeln jedenfalls immer dann als Eingriff in den Schutzbereich zu verstehen, wenn dieses Handeln gleichsam fühlbar und real das Eieignende Eingriffe? (2000), S. 108 (dazu S. 365, Fn. 32, S. 365, Fn. 35). Siehe ferner Böhmer sehr ähnelnd – allerdings dort ohne Verweis – Klawonn, Eigentumsgewährleistung als Grenze der Besteuerung (2007), S. 20 (siehe zitiert unten S.372, Fn. 61). 3 BVerfGE 58, 300 (337), Beschl. v. 15.7.1981, die Anwendung „verlautbar[e] die dem Eigentümer gezogenen Schranken“, dort allerdings in Abgrenzung zur möglicherweise hierin zu erkennenden Administrativenteignung. Nur darauf beschränkt auch die Übernahme des Begriffs „Aktualisierung“ bei Kube, JURA 1999, 465 (468, 471, 472). 4 Hinsichtlich einer Versagung der Erlaubnis (sowie einer Ausnahmegenehmigung) zur Kiesausbeutung in einem Naturschutzgebiet. 5 BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997; (3. K./I), NVwZ 2005, 1412 (1415), Beschl. v. 6.9.2005 (siehe dazu auch S. 370, Fn. 54): „Die Unklarheiten in Bezug auf den Rechtsschutz bestehen naturgemäß aber nur dann, wenn die Eigentumsbeschränkung durch Verwaltungsakt aktualisiert wird.“ 6 BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999. 7 BVerfGE 100, 226 (246), Beschl. v. 2.3.1999, Hervorhebung nicht im Original. Siehe zumindest missverständlich auch BVerfGE 102, 1 (16), Beschl. v. 16.2.2000: „Diese Vorschriften und die daran anknüpfenden Befugnisse der Behörden bestimmen somit in allgemeiner Form den Inhalt des Grundeigentums“ (Hervorhebung nicht im Original). Vgl. ebenso zumindest missverständlich auch schon BVerfGE 58, 137 (146), Beschl. v. 14.7.1981, wonach die Verwaltung ermächtigt werden dürfe, den Gebrauch des Eigentums zu beschränken. Zudem wurde jüngst in einem Kammerbeschluss ausgeführt, bei einem „Spielraum bei der Anwendung eigentumsbestimmender Normen“ müsse das Verwaltungshandeln an dem „Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung“ gemessen werden, so BVerfG, NVwZ 2008, 780 (783), Beschl. v. 20.2.2008. 8 Wonach an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, welches die Rechtmäßigkeit der Abbruchsanordnung festgestellt hat, keine ernsthaften Zweifel bestehen. 9 BVerfG (1. K./I) NVwZ 2005, 203 (204), Beschl. v. 2.9.2004 zur sog. Pirmasenser Amnestie (Duldung von Schwarzbauten).

358

3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

gentum „berührt“ – und damit wohl unabhängig davon, wie sich dieses Handeln zum zugrunde liegenden Gesetz verhält. Angesichts der in dieser Form nicht zustimmungswürdigen Positionierung der ganz herrschenden Lehre und der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG harrt diese Problematik noch einer angemessenen Behandlung. Doch soll hiermit keine rechtspraktische Brisanz vorgetäuscht werden: Die vorliegenden Ausführungen werden am Ergebnis, wie Anwendungs- und Vollzugsakte von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen zu beurteilen sind, d. h. der Frage nach deren Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit, ebenso wenig etwas ändern wie an den Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen. Es besteht nämlich Einigkeit darüber, dass derartige Verwaltungshandlungen rechtmäßig sind, so sie auf einer verfassungsmäßigen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung beruhen und etwaig eingeräumte Beurteilungs- oder Ermessensspielräume fehlerfrei ausgeübt wurden. Der durch sie belastete Bürger kann sich ihrer nicht erwehren.10 Gleichwohl ist die Art und Weise, wie bislang versucht wird, dieses Ergebnis zu begründen, mit dem Normtext des Art. 14 GG nicht zu vereinbaren. Die dabei herangezogenen Argumentationen verdunkeln zudem den Blick für die im Grundgesetz angelegte Struktur der Eigentumsgarantie. Vielmehr gilt es, die Konsequenzen herauszuarbeiten, zu denen die in Art. 14 GG dem Gesetzgeber aufgetragene Gestaltungsfreiheit in Bezug auf die Beurteilung der ausführenden Verwaltungshandlungen führt: Verwaltungshandeln im Rahmen der verfassungsmäßigen gesetzlichen Inhaltsund Schrankenbestimmungen ist nicht nur nicht als Eingriff zu qualifizieren, es führt nicht einmal zur Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 14 GG.

II. Einführende Beispielsfälle (1) Ein Gesetz bestimmt, dass Landwirte ab einer gewissen Größe der von ihnen bewirtschafteten Flächen Ausgleichsflächen zur Verfügung stellen müssen. Dabei handelt es sich um einen in diesem Gesetz genau bestimmten Prozentsatz der Gesamtfläche nach Maßgabe detaillierter Bestimmungen, und zwar zur zeitweiligen Schaffung von landwirtschaftlich nicht nutzbaren Wildwiesen. Die Verwaltung erlässt darauf einen VA, in dem sie von E die Einhaltung der neuen gesetzlichen Bestimmungen durch Zurverfügungstellung der Ausgleichsflächen einfordert.11 (2) Die Einfahrt des Landhauses des E ist von einer selten hohen und sehr schönen Buchshecke flankiert. Vorfahren des E haben sie nicht nur aus ästhetischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen gepflanzt. Dies geschah noch vor In-Kraft-Treten des LG NRW. Als E, der der Hecke ohnehin überdrüssig geworden ist, in finanzielle 10 Vgl. zu diesem Ergebnis zunächst nur statt aller Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 946. 11 Ein ausführlicherer, ähnelnder Sachverhalt ist gebildet bei Schmalz, VerfR/Fälle (2003), S. 282. (Bewirtschaftungsverbot für Ackerrandstreifen).

B. Derzeitiger Stand der Eigentumsdogmatik

359

Schwierigkeiten gerät, will er das sehr wertvolle Holz abschlagen lassen und verkaufen. Eine gemeindliche Bausatzung existiert nicht. Die für Natur- und Landschaftsschutz zuständige Behörde erfährt von diesem Vorhaben und setzt die Hecke als Naturdenkmal fest, sodass E sie nunmehr gemäß § 22, 34 LG NRW nicht mehr abholzen darf.12

B. Derzeitiger Stand der Eigentumsdogmatik in Bezug auf Vollzugs- und Konkretisierungsakte von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen Die nicht an strikte Prüfungsschemata gebundene Rechtsprechung weiß sich zumeist13 näherer Aussagen über die Qualifizierung des Inhalts- und Schrankenbestimmungen umsetzenden Verwaltungshandelns zu enthalten, um zu den allgemein anerkannten Ergebnissen14 zu gelangen. Im Schrifttum sind dagegen weitaus öfter systematisierende und sich damit auf eine bestimmte Qualifizierung festlegende Stellungnahmen auszumachen.

I. Schrifttum Die Literatur stimmt insoweit weitgehend überein, als das Verwaltungshandeln als ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG verstanden wird, der jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei, wenn den dafür herangezogenen Kriterien der Art. 14 I 2, II GG Genüge getan werde.15 Die Eingliederung in das auch sonst bekannte Schema einer Grundrechtsprüfung (Eröffnung des Schutzbereichs, Eingriff, verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs)16 geschieht dabei oftmals ohne 12 Nach Pieroth/Schlink, GrundR (2007), vor Rn. 893; vgl. in Rn. 956 auch den Hinweis auf den ähnlich gelagerten Sachverhalt bei BGH DVBl. 1957, 861, Urt. v. 25.3.1957 (Eintragung einer als „Buchendom“ bezeichneten Baumgruppe als Naturdenkmal); dort wurde allerdings nicht vorgetragen, die Anpflanzung sei damals zur späteren wirtschaftlichen Verwertung erfolgt. 13 Vgl. zu einigen Ausnahmen unten S. 368 f. 14 Siehe zunächst nur oben bei S. 358, Fn. 10. 15 Allein Wieland, in: Dreier, GG (2004), Art. 14, greift in seiner systematischen Darstellung die Frage nach der Eingriffsqualität des Verwaltungshandelns – soweit ersichtlich – nicht auf, was möglicherweise daran liegen könnte, dass er sich der (hier abgelehnten) Mindermeinung angeschlossen hat, wonach schon den verfassungsmäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen auch bei Beeinträchtigungen sog. wohlerworbener Rechte keine Eingriffsqualität zukomme (ibid. Rn. 74, siehe dazu oben S. 216 ff. sowie speziell zu Wieland S. 221 bei Fn. 795). Bisweilen wird die oben im Text genannte Grundansicht auch ohne jede weitere konstruktive Bemühung – d. h. Qualifizierung als „sonstiger Eingriff“ einerseits oder aber als „administrative Inhalts- und Schrankenbestimmung“ andererseits – festgehalten. Vgl insoweit etwa Grote/Kraus, Fälle GrundR (2000), S. 129 (Fall 8, B II). 16 Vgl. repräsentativ Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 346 f.

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

weit ausholende konstruktive Bemühungen. Der von Grundrechten mit Gesetzesvorbehalt her bekannten Prüfungsstruktur folgend, scheint man ein Stück Grundrechtsnormalität für Art. 14 GG erlangen zu wollen.17

1. Umsetzendes Verwaltungshandeln als Eingriffsform, die von der gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung zu unterscheiden ist („sonstiger Eingriff“) Den Hintergrund einer vielfach vertretenen Auffassung bildet wohl der Wortlaut des Art. 14 I 2 GG, wonach der Inhalt und die Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt wird. Somit liegt der Schluss nahe, der zumeist nicht in Gesetzesform handelnden Verwaltung einen eigenständigen Stellenwert in der Prüfungsstruktur des Art. 14 GG zukommen zu lassen. a) Eröffnung des Schutzbereichs Zur Eröffnung des Schutzbereichs werden indes zumeist nur wenige Ausführungen gemacht.18 Augenscheinlich wird dies bei einem Handeln der Verwaltung, das sich auf eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 GG bezieht und in der Sache dem Eigentümer unliebsame Folgen auferlegt, als selbstverständlich vorausgesetzt. Im Rahmen der allgemeinen Ausführungen zu Art. 14 GG finden sich beispielsweise auch bei Pieroth/Schlink keine Ausführungen zur Eröffnung des Schutzbereichs. Nur bei der Besprechung des oben aufgeführten Beispielsfalls (2), bei dem es gerade um ein solches Handeln ging, finden sich nähere Ausführungen. Es heißt dort19, die Nutzung sei vom Schutzbereich erfasst. Allerdings könne sie „durch das 17

Herangezogen wird die Formel von der „grundrechtlichen Normalität“ in anderen Zusammenhängen beispielsweise bei Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 36; Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 17; aber auch hier, siehe oben im Text, etwa S. 49. 18 Keine Ausführungen zur Frage, wann eine Eröffnung des Schutzbereichs bei der Umsetzung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung vorliegt, etwa bei Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 443; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 6 ff.; dems., NJW 2000, 2841 (ebd., 2843); Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 23; Schmalz, GrundR (2001), Rn. 936; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 10 ff.; Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./ Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 622 ff.; Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 4 ff.; R. Schmidt, Verfassungsrechtliche Grundlagen, in: ders./Vollmöller, Kompendium Öff. WirtschaftsR (2007), § 2, Rn. 68 a. E. (Schema), Herdegen, Eigentum, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II (2001), S. 283; Wahlhäuser, Planungsschadensrecht (2002), S. 50. Bei Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 52, heißt es, der jeweilige Eigentumsfreiheitsbereich könne „durch Normen oder Einzelfallregelungen beeinträchtigt werden“ (im Original andere Hervorhebung). Siehe auch die Behandlung des Verwaltungshandelns im Rahmen der „Beeinträchtigungen“ (Rn. 121 f.), die die Eröffnung des Schutzbereichs voraussetzt. Vgl. überdies Sieckmann, Berliner Kommentar zum GG, Art. 14 (Bearb. 2000), Rn. 105, 156 ff. 19 Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 956.

B. Derzeitiger Stand der Eigentumsdogmatik

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naturschutz- oder landschaftsgesetzliche Beseitigungs- und Veränderungsverbot definiert“ werden. Dann „könnte die fragliche Nutzung aus dem Schutzbereich von Art. 14 I GG herausfallen“. „Die durch die Naturschutz- und Landschaftsgesetze eingeführten […] Verbote sind jedoch neueren Datums und haben hier einen schon vorhandenen Bestand vorgefunden. Das Eigentum an der Buchshecke ist also nicht etwa durch die genannten Gesetze lediglich definiert.“ Weitere Aussagen finden sich dort nicht, die Eröffnung des Schutzbereichs soll damit also feststehen. b) Eingriff Nach – wie oben dargestellt20 – herrschender Auffassung werden Inhalts- und Schrankenbestimmungen unter Berufung auf ihren vergangenheitsbezogenen, das konkrete Eigentum belastenden Gehalt (auch) als Eingriffe in Art. 14 GG verstanden. Dass dann auch die Konkretisierung dieser Beeinträchtigung durch die Verwaltung im Vollzug und in der Anwendung des Gesetzes selbst einen Eingriff darstellt, scheint sich in den Augen vieler von selbst zu verstehen. Nähere Begründungen scheint man zumeist jedenfalls nicht für notwendig zu halten.21

20

S. 216 ff. Die Eingriffsqualität wird schlichtweg festgestellt etwa bei Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 443; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 49, dems., NJW 2000, 2841 (2843); unter Rückgriff auf Jarass so auch Herdegen, Eigentum, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II (2001), S. 283; Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 23, 17; R. Schmidt, Verfassungsrechtliche Grundlagen, in: ders./Vollmöller, Kompendium Öff. WirtschaftsR (2007), § 2, Rn. 68 a. E. (Schema); Schmalz, GrundR (2001), Rn. 936; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 38 („soweit sie unmittelbar in die Eigentumssubstanz eingreifen“); Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 925; Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 643; Ibler, AcP 197 (1997), 565 (573); vgl. auch Sproll, in: Detterbeck/Windthorst/Sproll, StaatshaftungsR (2000), § 16, Rn. 83; Roth, Faktische Eingriffe (1994), S. 173 f. Siehe ferner Schoch, Übungen – VerfR (2000), S. 403, wo es heißt: „In der Sache liegt dieser [im Hinblick auf das im Rahmen der Bestandsgarantie Erworbene grundsätzlich mögliche] Eingriff – selbstverständlich – in demjenigen Hoheitsakt, der die Freiheitsverkürzung bewirkt. Bei der untergesetzlichen Rechtsetzung durch Naturschutzverordnung ist dies die Verordnung“ (Hervorhebung schon im Original). Zum hier allein betrachteten Verwaltungshandeln, das nicht in der Form des materiellen Gesetzes erfolgt, äußert Schoch sich allerdings nicht. Dietlein, Eigentumsfreiheit, in: Stern, Staatsrecht IV/1 (2006), § 113 VI 4 a (S. 2257 f.) nennt indes eine Begründung. Es müsse berücksichtigt werden, dass „der Betroffene die Wirkungen des Gesetzes erst durch eine zusätzliche Maßnahme der Behörden zu spüren bekommt.“ Es gäbe eine „eigenständige Belastungswirkung. Dies gilt erst recht, soweit die angewandten Normen behördliche Bewertungs- oder Ermessensspielräume vorsehen (so wohl auch Wendt, in: Sachs, GG, Art. 14, Rn. 122).“ Denselben Gedanken führte er aus in: Schutzpflichten (1992/ 2005), S. 96 unter Verweis auf ein (fast gleichlautendes) Zitat von Pieroth/Schlink, GrundR (2. A. 1986), Rn. 1051. Überdies verneint Dietlein, ibid. m. w. N. zumindest dann eine Eingriffswirkung einer Verwaltungsentscheidung, wenn es um einen angeblichen Eingriff gänzlich losgelöst vom einfachen Recht gehen soll. Dies ist der Fall, wenn „schwere und unerträgliche“ Wirkungen richterrechtlich festgestellt werden, die trotz Einklang der Maßnahme mit dem geltenden, 21

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

Allerdings wird bei den Erörterungen zur Eingriffsfrage deutlich, dass diese Literaturauffassung solche Eingriffe durch die Umsetzung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen von den sonst bekannten Eingriffen unterscheiden will.22 Die exekuverfassungsmäßigen Recht dazu führen sollen, dass ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 14 GG vorliege. Eine ausführlichere Begründung trägt Bumke, NJ 1999, 235 (237 f.) vor, siehe dazu auch Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 294, Fn. 1351. Die Eingriffsqualität des Verwaltungshandelns wird zunächst mit den mitunter entstehenden Verpflichtungen des Eigentümers zu begründen versucht (unter dem Stichwort „Eingriffsmittel“, S. 237). Bezüglich der „Eingriffswirkungen“ stellt Bumke sich dann – soweit ersichtlich als einziger – explizit der Frage, ob die Normgeprägtheit des Eigentums der Eingriffsqualität des Verwaltungshandelns entgegenstehe (S. 238). Dies wird beim Beispiel der Eintragung eines Gebäudes in die Denkmalliste zunächst verneint unter Hinweis darauf, dass erst hierdurch die Einschränkungen der Nutzbarkeit eingetreten seien. Dann heißt es: „Dem könnte man allerdings entgegenhalten, daß das Nutzungsrecht des Eigentümers von vornherein potentiell eingeschränkt gewesen ist, da die Rechtsordnung Veränderungen der beschriebenen Art vorsieht. Dann müßte jedoch gezeigt werden, warum eine solche potentielle Begrenzung nicht, wie dies bei den anderen Grundrechten geschehen würde, als Eingriffsermächtigung einzuordnen ist. Dazu reicht der Verweis nicht aus, daß das von Art. 14 I 1 GG erfaßte Eigentumsrecht nur in dem Umfang geschützt wird, wie es sich aus der Zusammenschau aller die Eigentümerstellung bestimmenden Regelungen ergibt. Denn unter Berücksichtigung aller Bestimmungen ergibt sich bspw. für den Zeitpunkt vor Eintragung in die Denkmalliste, daß der Eigentümer sein Gebäude auf einer dem Denkmalschutz widersprechenden Weise nutzen darf. Die rechtliche Ausgestaltung der Eigentumsrechte steht hier also dem Eingriffscharakter nicht entgegen.“ Ein ähnlicher Ansatz findet sich nunmehr auch bei Bumke/Voßkuhle, Casebook VerfR (2008), S. 240 zum Thema „Eingriffe in das Eigentumsrecht“: „Eine Nutzungsbefugnis wird verkürzt, wenn durch die Eintragung in eine Denkmalschutzliste ein Gebäude als Denkmal unter Schutz gestellt […] wird. In diesen Fällen hatte der Eigentümer vor der untergesetzlichen Rechtsänderung ein umfassenderes Nutzungsrecht. Der Umstand, dass bereits vor dem Eingriff eine gesetzliche Eingriffsgrundlage vorhanden war, vermag an dieser Tatsache nicht das Geringste zu ändern.“ Cremer, Eigentumsschutz, in: EMRK/GG (2006), Kap. 22, Rn. 69 betont zunächst eindringlich, dass die Exekutive niemals den Inhalt des Eigentums bestimmen können. Deren Akte könnten indes als Aktualisierung von Eigentumsschranken verstanden werden: „Insoweit lässt sich jedenfalls von Eigentumseingriffen sprechen“. 22 Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 49; ders., WiVwR (1997), § 3, Rn. 55; vgl. auch Rn. 43, 45; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 36 a. E.; Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 643 („weitere Eingriffe“ nach Erörterung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen und Enteignung). Nicht ganz deutlich zuordnen lässt sich Sachs, GrundR (2003), B 14, Rn. 23, der zunächst festhält, dass neben der Eingriffsform „Enteignung“ sehr wohl eine weitere gesetzliche Eingriffsform anzuerkennen ist – was aus dem Blick geraten kann, wenn man einheitlich nur von Inhalts- und Schrankenbestimmungen spricht, die solchermaßen auch insgesamt als Ausgestaltung verstanden werden könnten; eine insoweit sicherlich zutreffende Verdeutlichung durch Sachs. Dann aber folgt der „Hinweis: Wie bei der Enteignung können auch sonstige Einschränkungen nicht nur unmittelbar durch Gesetz angeordnet, sondern ebenso auch auf Grundlage entsprechender gesetzlicher Ermächtigung im konkreten Fall durch behördliche … Entscheidung bewirkt werden. Auch dies ist eine Variante einer Schrankenbestimmung zu sehen“ (Hervorhebung nicht im Original). Schon hier sei darauf hingewiesen, dass bei der Enteignung ein anderer Normtext die Einschränkung durch behördliche Akte explizit zulässt. Jedenfalls spricht der Gebrauch des Wortes „sonstige“ für eine Vergleichbarkeit zur hier nun besprochenen Ansicht.

B. Derzeitiger Stand der Eigentumsdogmatik

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tivischen Eingriffe sind zumeist individuell-konkret und fallen von hier nicht zu berücksichtigenden Ausnahmefällen abgesehen23 nicht unter den Gesetzesbegriff des Art. 14 I 2 GG. Folglich können sie nicht selbst auch als Inhalts- und Schrankenbestimmungen bezeichnet werden können.24 Soweit das Gesetz, aufgrund dessen das Verwaltungshandeln ergeht, nicht zu Enteignungen ermächtigt, sind diese Umsetzungshandlungen auch nicht als (Administrativ-)Enteignung zu qualifizieren. Es ist daher nur folgerichtig, wenn Teile der herrschenden Meinung diese Art des Eingriffs, die weder Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung noch Enteignung ist, als „sonstigen Eingriff“ bezeichnen.25 c) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Der Eingriff durch Anwendungs- und Vollzugsakte soll dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn (a) die gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung, auf die die Verwaltung sich stützt, selbst verfassungsmäßig ist und (b) die Voraussetzungen des Gesetzes sowie des Art. 14 GG bei der konkreten Umsetzung eingehalten wurden.26

23 Von der Verwaltung erlassene Verordnungen und Satzungen werden von der h. M. (vgl. oben S. 102, Fn. 318 m. w. N.) selbst als Gesetze i. S. d. Art. 14 I 2 GG anerkannt und fallen damit aus der hier zu untersuchenden Fallgruppe umsetzenden Verwaltungshandelns heraus. 24 Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 49; ders., Enteignungsbegriff und Planungsrecht, in: FS Hoppe (2000), S. 233; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 36 a. E.; vgl. auch Dieterich, Grundwasserschutz (1990), S. 35 f., der allerdings in diesem Zusammenhang nur von einer Eigentumsbeeinträchtigung spricht und auf den Ausdruck der „Aktualisierung“ einer Inhaltsbestimmung zurückgreift. Nicht ganz deutlich Sachs, siehe soeben das Zitat in Fn. 22 (Einschränkung sei selbst auch „Variante einer Schrankenbestimmung“). 25 Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 925; Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 40; Schmalz, GrundR (2001), Rn. 905; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 38; Ibler, AcP 197 (1997), 565 (573); Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 49 „sonstige Beeinträchtigung“, die im Haupttext als Eingriff bezeichnet wird, Überschrift „sonstiger Eingriff“ aber noch ibid, 5. A. 2000, Rn. 43. Bei Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 443, finden sich keine Ausführungen zur Frage, wie diese „sonstige“ Beeinträchtigung zu benennen oder qualifizieren ist. Inhalts- und Schrankenbestimmungen werden allerdings explizit als „abstraktgenerell“ bezeichnet (Rn. 437); auch aus dem Prüfungsschema Rn. 479 (unter „c) Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts“ ergibt sich, dass in der Sache von einer Form des „sonstigen Eingriffs“ ausgegangen wird. 26 Jarass, WiVwR (1997), § 3, Rn. 56; ders., in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 50 ff.; Wendt, in: Sachs, GG (2007), Art. 14, Rn. 122; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 946; vgl. auch zusammenfassend das Aufbauschema zum Verwaltungshandeln in Rn. 958; R. Schmidt, Verfassungsrechtliche Grundlagen, in: ders./Vollmöller, Kompendium Öff. WirtschaftsR (2007), § 2, Rn. 68 a. E. (Schema unter 3. a) und c)). Vgl. ferner, allerdings ein wenig undeutlich Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 655.

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

Nähere Ausführungen, weshalb die sonstigen Eingriffe in dieser Weise verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sind, werden nicht gemacht.27 Exemplarisch können die Ausführungen bei Pieroth/Schlink herangezogen werden: Soweit die sonstigen Eingriffe Anwendungs- und Vollzugsakte von Inhalts- und Schrankenbestimmungen sind, hängt ihre Rechtfertigung wie stets von der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen und davon ab, dass etwa vorhandene Beurteilungs- und Ermessensspielräume unter Beachtung von Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 GG ausgefüllt werden.28

2. Fehlende Zäsur zwischen Gesetz und Verwaltungsvollzug – „Berichtigende Auslegung“ des Art. 14 I 2 GG Eine neuere, sehr häufig vertretene Literaturansicht ist hingegen nicht gewillt, die kategorische Trennung zwischen dem Gesetz als der eigentlichen Inhalts- und Schrankenbestimmung und der bloß vollziehenden Verwaltungshandlung (dem „sonstigen Eingriff“) mitzutragen. Sind nämlich die Anwendungs- und Vollzugsakte selbst als Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 I 2 GG aufzufassen, so werden weitere dogmatische Bemühungen um eine Einordnung in den Kontext des Art. 14 GG hinfällig. Die Prüfung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG anhand der Eigentumsgarantie ist schließlich ebendort selbst geregelt und bereitet keine weiteren Schwierigkeiten.29 So lässt sich diese Ansicht im Schrifttum dadurch kennzeichnen, dass zunächst die dogmatischen Vorstellungen der Gegenauffassung hinterfragt werden, um dann die Einheit zwischen Gesetz und Vollzugsakt herauszustellen.30 Die Annahme einer dritten Eingriffskategorie („sonstiger Eingriff“) wird von dieser Auffassung für ein „Neutrum“ gehalten.31 Damit wird wohl darauf abgestellt, dass 27 So heißt es etwa bei Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 49, es handle sich bei den sonstigen Eingriffen um „Einwirkungen auf das Eigentum, die keine Enteignung darstellen und daher an Art. 14 I 2 GG und an Art. 14 II GG zu messen sind“; Kimms/Schlünder, VerfR II (1998), § 12, Rn. 54, schreiben lapidar, die „sonstigen Eingriffe“ seien „an den Maßstäben der Art. 14 I 2, II GG zu messen. Sie bedürf[t]en daher einer gesetzlichen Regelung und [seien] am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen.“ Keine Erläuterungen auch bei R. Schmidt, Verfassungsrechtliche Grundlagen, in: ders./Vollmöller, Kompendium Öff. WirtschaftsR (2007), § 2, Rn. 68 a. E. (Schema); Sodan/Ziekow, ÖffR (2007), § 42, Rn. 40; siehe auch Schmalz, GrundR (2001), Rn. 937 f. Siehe ferner Epping/Lenz/Leydecker, GrundR (2007), Rn. 443, wo es nur heißt: „Gegenüber bestehenden Eigentumspositionen kommt Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG in seiner Wirkung einem einfachen Gesetzesvorbehalt gleich.“ 28 Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 946. 29 Zumindest keine Schwierigkeiten, die dann noch aus der individuell-konkreten Rechtsnatur der Anwendungs- und Vollzugsakte resultieren könnten. 30 Zumindest von den Protagonisten dieser Auffassung, denen sich zahlreiche Stimmen im Schrifttum jedenfalls im Ergebnis (Einheit von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Verwaltungshandeln) angeschlossen haben, siehe die Nachweise in den folgenden Fußnoten, insbesondere S. 365 in Fn. 35. 31 Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 32; ablehnend auch Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 108 bei Fn. 95: „Diese […] Konkretisierungsakte außerhalb von Art. 14 Abs. 1

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eine derartige Eingriffsform im Wortlaut des Art. 14 GG keine Entsprechung findet.32 Weiterhin wird bezweifelt, dass die Qualifizierung der Inhalts- und Schrankenbestimmung als abstrakt-generelle Bestimmung des Eigentums von praktischem Nutzen sei, da durch sie die Problemfälle der Abgrenzung zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung „gleichsam ausgeblendet“ würden.33 Eine „trennschärfere Unterscheidung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung“ müsse deshalb „vor allem die Schwierigkeiten der Zäsur zwischen generellem Gesetz und konkretem Vollzugsakt überwinden“.34 Deshalb wird die Gegenbehauptung aufgestellt, zwischen dem generellen Gesetz und der konkreten Anwendung durch die Verwaltung bestehe keine Zäsur. Vielmehr sei die Anwendung selbst auch eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 I 2 GG.35 Mit der RechtspreS. 2 GG als ,sonstige Eingriffe anzusiedeln [Verweis auf Pieroth/Schlink], erscheint sinnlos, wenn für die Kontrollmaßstäbe dann erneut auf die Verfassungsgemäßheit der Inhalts- und Schrankenbestimmung verwiesen wird. Vollzieht die Verwaltung eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, ist auch der Vollzugsakt Inhalts- und Schrankenbestimmung.“ Ferner Kischel, VerwArch 2006, 450 (456). 32 Zwar führt Lege nicht weiter aus, weshalb solch ein „Neutrum“ abzulehnen ist, doch rührt dies wohl daher, dass Art. 14 I 2 GG insoweit eben nicht wie ein Gesetzesvorbehalt gefasst ist, der die Ausführungshandlungen mit berücksichtigen könnte und ein „sonstiger Eingriff“ deshalb dem Wortlaut des Normtextes nach nicht zu rechtfertigen und somit in aller Regel verfassungswidrig wäre. 33 Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 33. Problemfälle seien die „Sonderbelastung durch gesetzliche Neubestimmung des Eigentuminhalts“, „konkrete Gestaltungsakte mit genereller Wirkung“ und – hier vor allem interessierend – die „extreme Belastung durch den Vollzug inhalts- und schrankenbestimmender Gesetze“; vgl. auch Schwabe, JURA 1994, 529 (530), wonach die These einer bloß abstrakt-generellen Inhalts- und Schrankenbestimmung etwa bei der Verfügung zum Fällen eines morschen Baumes „evident versage“; auf die Konstruktion des „sonstigen Eingriffs“ geht er im Übrigen nicht ein. 34 Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 161. 35 Hendler, Inhalts- und Schrankenbestimmung, in: FS Maurer (2001), S. 128 (da sie „Aktualisierung“ sei, als a. A. ist Jarass genannt); Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 160 ff.; Rn. 140: Dass die Konkretisierung der Gesetze selbst als Inhalts- und Schrankenbestimmung aufgefasst werden müssen, sei grundsätzlich „ganz selbstverständlich“; die oben aufgeführte, in der Literatur auch stark vertretene Auffassung bleibt unbeachtet; ebenso Detterbeck, ÖffR (2008), Rn. 829, im Prüfungsschema siehe Rn. 853 a. E.; Berkemann, GGMitarbeiterkommentar (2002), Art. 14, Rn. 270, 306 siehe auch Rn. 258, 240, 244, ferner dann allerdings nur auf den Gesetzgeber abstellend Rn. 284 ff., ferner Rn. 386; Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 32, vgl. auch dens., JZ 1994, 431 (437, Fn. 78); Dähne, JURA 2003, 455 (457, Fn. 33); Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 234 ff. („administrative Inhaltsund Schrankenbestimmung); siehe auch S. 219, 223, wo er sich auf BVerwGE 94, 1 (4 f.), VII, Urt. v. 24.6.1993 (siehe dazu sogleich im Text ab S. 370) sowie auf Boujong, Staatshaftung, in: FS Geiger (1989), S. 443 f., beruft (dort wird von einem „einheitlichen Vorgang“ gesprochen; gerade diesbezüglich das Fehlen einer Begründung beklagend jedoch Baumeister/Ruthig, JZ 1999, 117 (124)); ferner S. 162; dabei äußert er die Meinung, dass bei einer Übertretung der gesetzgeberischen Ermächtigung durch die Behörde eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung vorliege; „eine Zäsur zwischen Gesetz und Vollzugsakt besteh[e] genau genommen nicht, weil das Gesetz diesen rechtswidrigen Vollzugsakt eben nicht deck[e].“ In dieser Fallkonstellation soll man sich also ein Nebeneinander von verfassungsmäßiger Inhaltsund Schrankenbestimmung in Form des Gesetzes und verfassungswidriger Inhalts- und

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

chung des BVerfG, wonach die Inhalts- und Schrankenbestimmung als die „generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber“ zu verSchrankenbestimmung in Form des Verwaltungshandelns vorstellen (so wohl auch Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 141). Vgl. ferner Qualifizierung des Verwaltungshandelns als Inhalts- und Schrankenbestimmung bei Degenhart, Klausurenkurs StaatsR (2007), Rn. 960, im Schema dann Rn. 966; Schwabe, JURA 1994, 529 (530), wonach diese Problemlage „fortlaufend unendlich viel Verwirrung stifte“; die oben dargestellte Meinung („sonstiger Eingriff“) wird zwar nicht genannt, doch heißt es, man könne durch BVerfGE 52, 1 (27), Beschl. v. 12.6.1979, „verleitet“ werden, da dort „unter Inhaltsbestimmung die generelle und abstrakte Festlegung“ verstanden werde. Dazu, dass es Art. 14 I 2 GG selbst ist, wo von Gesetzen die Rede ist, äußert sich Schwabe indes nicht; Schmalz, GrundR (3. A. 1997), Rn. 822, 791 mit Hinweis auf Schwabe sowie unter keineswegs zwingendem Verweis auf BVerfGE 79, 174 (191 f.; Bebauungsplan), Beschl. v. 30.11.1988; in der 4. A. 2001 unter Verweis auf Jarass nun Befürwortung des Konzepts des „sonstigen Eingriffs“ (Rn. 905, 936 ff.); siehe auch Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 14, Rn. 211; ferner Volkmann, GrundR (2007), § 16, Rn. 23 (dort im Anschluss an Depenheuer Ablehnung der Position von Jarass; dann in Rn. 36: „Wichtig ist ferner, daß die Einordnung einer gesetzlichen Regelung als Inhaltsund Schrankenbestimmung auch für die Vollzugsebene wirksam bleibt“ (dort auch Verweis auf Rozek und Lege). Siehe ferner Mengel, Naturschutz, Grundeigentum (2004), S. 106 ff. in ausdrücklicher Darstellung der Gegenauffassung von Jarass („sonstige Eigentumsbeeinträchtigung“) schließt er sich der Auffassung von Rozek, Lege u. a. an. Vgl. ferner wohl – ohne weitere Nachweise – Koch/Rubel/Heselhaus, AVR (2003), VI, Rn. 112 a. E.; Roller, NJW 2001, 1003 (1006, Fn. 41 im Anschluss an Rozek) sowie Cremer, Eigentumsschutz, in: EMRK/GG (2006), Kap. 22, Rn. 120, Fn. 580: „Nicht übersehen werden sollte, daß es auch exekutivische […] Akte gibt, die in das Eigentum eingreifen können, sei es, indem sie einen Einzelfall regeln und dadurch eine gesetzliche Schranke konkretisieren (BVerfGE 44, 308 (313); 102, 1 (14, 15 f.)) und zur Anwendung bringen, sei es, daß es sich […] um faktisches Tun handelt.“ Vgl. ferner Rn. 121. Siehe auch Grzeszick, Eigentumsbeeinträchtigungen, in: Baldus/ders./Wienhues, Staatshaftungsrecht (2007), Rn. 354: „Eine abstrakt-generelle Festlegung von Eigentümerpflichten durch ein Änderungsgesetz ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu qualifizieren, und diese Rechtsnatur teilt auch der administrative Umsetzungsakt, mit dem die Verwaltung in konkrete Eigentumspositionen eingreift.“ Die genaue Bedeutung dieser Aussage wird nicht ganz deutlich, da gleichzeitig Inhalts- und Schrankenbestimmungen explizit als generell und abstrakt beschrieben werden (Rn. 352, 404). Ob also mehr ausgesagt werden soll, als dass eine Umsetzung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung (natürlich) nicht Enteignung ist, sei dahingestellt (siehe zudem noch Rn. 420 von der „Aktualisierung der Eigentümerbeschränkung in Form eines Verwaltungsaktes“ sprechend). Nur i. E. ebenso Kischel, VerwArch 2006, 450 (455 f.). Zunächst hält er nämlich explizit fest, dass Inhalts- und Schrankenbestimmungen generell-abstrakt seien. Dann nutzt er indes die Redewendung von der „Aktualisierung“ dazu, um unter Verweis u. a. auf Rozek, Kempen und Külpmann dann den Anwendungsfall dem jeweiligen Gesetz zuzuordnen. Zusammenfassend heißt es dann auch bei ihm: „Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ist nicht nur durch Gesetze, sondern auch durch untergesetzliche Vollzugsakte möglich, die die im Gesetz selbst liegende Beschränkung aktualisieren.“ Unbestimmt Zippelius, in: Maunz/ders., StaatsR (30. A. 1998), § 28 II 7 (S. 251), wo schlicht festgestellt wird, dass der Vollzugsakt einer Inhalts- und Schrankenbestimmung (im Beispiel: Versagung einer Bauerlaubnis) diese konkretisiere und mithin keine Enteignung sei; bei Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 31, Rn. 57 heißt es nur, dass das, was nicht Enteignung sei, Inhalts- und Schrankenbestimmung sein müsse (ohne die Frage nach der Verwaltungsumsetzung aufzuwerfen); bei Manssen, GrundR (2007), § 28, Rn. 636, wird nur schlicht darauf hingewiesen, dass die „normativ vorgezeichneten Grenzen der Eigentümerbefugnisse durch Exekutivmaßnahmen (Verwaltungsakte) konkretisiert werden“ können.

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stehen sei,36 wird sich dabei zumeist nicht oder zumindest nicht argumentativ auseinandergesetzt. Um argumentative Untermauerung dieser Auffassung vom Ergebnis her bemüht sich vor allem37 Lege. Verstünde man Inhalts- und Schrankenbestimmungen nur als abstrakt-generelle Regelungen durch den Gesetzgeber, so könnte der Inhalt des Eigentums schließlich nur durch diejenigen Gesetze definiert werden, die abschließend selbst die Bestimmung dieses Inhalts vornähmen („self-executing“). Dies sei nicht tragbar. So ergebe sich etwa die Bebaubarkeit, die als wesentlicher Teil der Nutzung des Grundeigentums durch Art. 14 I 1 GG geschützt sei,38 nicht schon aus den abstrakten Vorschriften des BauGB und der Landesbauordnungen sowie der Festsetzung der Bauleitpläne, sondern erst aus der konkret-individuellen, von der Verwaltung erlassenen Baugenehmigung selbst.39 Weiterhin weist Lege darauf hin, dass das, was „im Allgemeinen, d. h. auf Gesetzesebene, Inhalts- und Schrankenbestimmung ist (oder Enteignung), [… dies] auch bei seiner Umsetzung ins Besondere“ bleibe und möchte die damit aufgestellte These unter Rückgriff auf philosophische Überlegungen untermauern.40 Fraglich ist jedoch, wie derartige Bemühungen mit dem Wortlaut der Vorschrift („Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt“; Verwaltungshandlungen fallen in der Regel nicht unter den Gesetzesbegriff) in Einklang gebracht werden sollen. Diese nahe liegende Frage wird jedoch nicht beantwortet.41 Einzig Lege und 36 Vgl. nur BVerfGE 52, 1 (27), Beschl. v. 12.6.1979 (Hervorhebung nicht im Original); 72, 66 (76), Beschl. v. 12.3.1986; BVerfG (1. K./I) NJW 2000, 798 (799) ffi RdE 2000, 22 (23), Beschl. v. 25.8.1999; so etwa auch BVerwGE 84, 361 (366 f.), Urt. v. 15.2.1990. 37 Bei Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 139 ff., 159 ff., finden sich insoweit keine näheren Begründungen. Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 161 ff., 218 ff., meint allein in seiner These der administrativen Inhaltsbestimmung den Ausweg zu erkennen, um zu dem allerdings zutreffenden Ergebnis zu gelangen, dass die Umsetzung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht deshalb als Enteignung zu qualifizieren sein kann, weil sie konkret-individuell ist und womöglich zu starken Belastungen des Eigentümers führt. Die Unterscheidung zur Enteignung ist auch ein Anliegen von Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 108 f., das allerdings seiner Auffassung nach insbesondere erst dadurch auftritt, dass man gemäß seiner eigenen Ansicht nun Inhalts- und Schrankenbestimmungen nicht mehr nur als abstrakt-generell erfassen kann. Siehe in diesem Sinne auch Külpmann, JuS 2000, 646 (647) und dazu näher Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 297, Fn. 1364. 38 Siehe dazu ausführlich oben ab S. 255. 39 Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 31. Die Bedeutung der konkreten behördlichen Entscheidung werde insbesondere deutlich, wenn die Baugenehmigung durch einen Dispens erteilt sei. Vgl. insoweit auch das Beispiel Schwabes (JURA 1994, 529 (530)) von der Fällung eines morschen Baumes, oben Fn. 33. 40 In Fn. 65 auf S. 32 schreibt er: „Philosophisch betrachtet, hält es die hier vertretene These also mit dem Universalienrealismus: Das Allgemeine und das Besondere sind Ausprägungen derselben Realität – weshalb denn auch die Subsumtion des letzteren unter das erste möglich ist (dazu Zippelius, Juristische Methodenlehre, 6. A. 94, § 16 I)“. Ähnlich auch in Fußnote 70 auf S. 48 mit Verweis auf Bertrand Russell. 41 Vgl. Kempen, Eingriff ins Eigentum (1991), Rn. 140 f., 159 ff. Zu Schwabe, JURA 1994, 529 (530) vgl. Fn. 35. Bei Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 227, heißt es

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

Külpmann nehmen hierzu insoweit Stellung, als es ihrer Ansicht nach einer „berichtigenden Auslegung“42 des Art. 14 I 2 GG bedürfe. „Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ist also korrigierend zu lesen: ,Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze oder auf Grund dieser Gesetze geregelt.43 Wie dogmatisch eine solche „berichtigende Auslegung“ zu rechtfertigen ist, wird nicht ausgeführt. Sonstige Erklärungsansätze zur Frage nach der dogmatischen Einordnung des Verwaltungshandelns werden im Schrifttum soweit ersichtlich nicht vorgetragen.44

II. Rechtsprechung Das BVerfG hat sich der Frage nach der dogmatischen Einordnung des Verwaltungshandelns explizit – soweit ersichtlich – noch nicht angenommen.45 Während man jedoch (ausweislich auch der Erläuterungen des Richters am BVerfG Böhmer) beim Nassauskiesungsbeschluss und zwei neueren Kammerbeschlüssen46 möglicherweise eine Verneinung des Eingriffscharakters beim vom Gesetz gedeckten Verwaltungshandeln herausdeuten konnte, sind nun in einem neuen Beschluss beiläufige und nicht begründete Formulierungen zu finden, aus denen hervorgeht, dass auch das Gericht wie schließlich ebenso das gesamte Schrifttum das den Eigentümer belastende Verwaltungshandeln als Eingriff versteht.47 Auch ein weiterer neuer Kammerbeschluss gibt Anlass zu Nachfragen. Daraus ergibt sich, dass das Gericht Verwaltungshandeln direkt an den Maßstäben des Art. 14 GG messen will. Daraus wiederum kann man schließen, dass die Kammer dieses Verwaltungshandeln zunächst einmal als rechtfertigungsbedürftigen Eingriff bewertet.

lapidar, dass die „Formulierung des Art. 14 I 2 GG […] einer verkürzten Betrachtungsweise in gewissem Umfang Vorschub“ leiste – ebenso wie die (nichts weiter als diesen Normtext wiedergebende) vom BVerfG verwandte Bezeichnung der Inhalts- und Schrankenbestimmung als gesetzgeberische Maßnahme. 42 Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 31, in der Überschrift. 43 So die Formulierung bei Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 108. 44 Siehe allerdings den – sich ausdrücklich von den beiden eben genannten Ansichten abgrenzenden Ansatz von Axer, DVBl. 1999, 1533 (1539 ff.), dargestellt bei Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 298 f.; zur Kritik daran ibid., S. 322. Axer, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 14 (Bearb. 2008), Rn. 69 ff. greift diesen Ansatz in seiner Kommentierung insoweit nicht auf. Dort findet sich in Rn. 71 ein Verweis darauf, dass es eine Auffassung gebe, wonach „eine dritte Kategorie sonstiger Eingriffe“ anzuerkennen sei. 45 Vgl. dazu auch Jarass, Enteignungsbegriff und Planungsrecht, in: FS Hoppe (2000), S. 229 f.; dens. NJW 2000, 2841 (ebd.). 46 BVerfGE 58, 300 (337), Beschl. v. 15.7.1981, Böhmer, NJW 1988, 2561 (2572), sowie BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 367 (368), Beschl. v. 10.10.1997; vgl. insoweit die wörtliche Wiedergabe oben S. 356. 47 BVerfGE 100, 226 (246), Beschl. v. 2.3.1999; vgl. auch hier das Zitat oben S. 357, Fn. 7. Siehe weiterhin dort auch das Zitat von BVerfGE 102, 1 (16), Beschl. v. 16.2.2000.

B. Derzeitiger Stand der Eigentumsdogmatik

369

So führt das BVerfG nach Beschreibung des „Gebot[s] einer sozialgerechten Eigentumsordnung“ und dem dazu vorzunehmenden „gerechten Ausgleich“ aus: Entsprechendes gilt auch für Einzelmaßnahmen der Verwaltung, wenn die Verwaltung einen Spielraum bei der Anwendung eigentumsbestimmender Normen hat (vgl. BVerfGE 53, 352 (357 f); 68, 361 (372); Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG, 8. Aufl. 2006, Art. 14 Rn. 51). Damit ist auch ein luftverkehrsrechtlicher Planfeststellungsbeschluss und die ihm zugrunde liegende zielförmige Standortfestlegung in einem Raumordnungsplan, die nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 3 Nr. 2 ROG und § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG für ihn verbindlich ist, an den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen.48

Soweit sich die Kammer hier zur Erörterung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Rechtsprechung des Senats beruft, besteht allerdings ein Unterschied. Bei den damaligen Entscheidungen ging es um die Anwendung der Gesetze durch die Gerichte, und dabei um das Erfordernis der „verfassungskonformen Handhabung“49. Das Gebot verfassungskonformer Auslegung zu beachten, setzt jedoch nicht voraus, jede Anwendung eines Gesetzes per se dogmatisch als „Eingriff“ zu werten. Mit Blick auf diesen Kammerbeschluss ist daher Vorsicht geboten, Rückschlüsse zu ziehen auf Fragestellungen, die so explizit nicht behandelt wurden.50 Die deutlichste Positionierung findet sich in dem oben zitierten Kammerbeschluss vom 2.9.2004.51 Wenngleich das Verwaltungshandeln nur mittelbar angesprochen wurde, wird mit dieser naturalistisch anmutenden Argumentation klar ausgesagt, dass aufgrund der rein tatsächlichen Konsequenzen des angedrohten Abbruchs des Schwarzbaus der Schutzbereich eröffnet sei. Ein Eingriff liege vor. Eine Auseinandersetzung mit der im Nassauskiesungsbeschluss angelegten Fragestellung – bloße Aktualisierung ist kein Eingriff – findet indes nicht statt. Insoweit ist der Kammerbeschluss sachlich wenig überzeugend. Im Vergleich zur sonstigen, eigenen Rechtsprechung, die so sehr die – vom bloß tatsächlichen Zugriff auf Gegenstände abstrahierende – normative Geprägtheit des Eigentums hervorhebt, wirkt eine entscheidend auf tatsächliche Auswirkungen ausgerichtete Begründung deplaziert. Letztlich bewegt sich die Kammer hier mit dieser unglücklich wirkenden Formulierung aber auf der Line des insoweit insgesamt sich einig zeigenden Schrifttums: Das Vorhandensein einer belastenden Wirkung von Verwaltungshandeln führt zur Eröffnung des Schutzbereichs und zum Eingriff. Mehr als die Feststellung einer Belastung – die hier offensichtlich ist – vermag die Kammer nicht zur Begründung zu benennen. Dieses dem Aktualisierungsgedanken entgegenstehende Judikat wird allerdings (noch) nicht als prägend bezeichnet werden können. 48

BVerfG, NVwZ 2008, 780 (783), Beschl. v. 20.2.2008. So BVerfGE 53, 352 (358), Beschl. v. 12.3.1980; nichts hierzu bei E 68, 361 (372), Beschl. v. 8.1.1985, wo es auch um die „Auslegung und Anwendung von eigentumsbeschränkende[n] Vorschriften“ ging. 50 Missverständlich ist die Ausdrucksweise der Kammer allemal, siehe insoweit auch den Verweis auf die Ausführungen von Jarass, die nach hier vertretener Auffassung insoweit nicht überzeugen. 51 Siehe das Zitat S. 357, Fn. 9. 49

370

3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

Hingewiesen sei noch darauf, dass das BVerfG die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Öfteren explizit als generell-abstrakt definiert.52 Ansatzpunkte dafür, das konkrete Verwaltungshandeln gleichwohl ebenso als Inhalts- und Schrankenbestimmung zu verstehen, wie dies von Teilen des Schrifttums nun mit Vehemenz gefordert wird,53 finden sich dagegen wohl nicht.54 Das BVerwG führt aus, dass die „Definition“ des Art. 14 I 2 GG, die vom Gesetzgeber spreche, es nicht ausschließe, „daß die gesetzlichen Anordnungen der Konkretisierung durch weitere Rechtsakte bedürfen“.55 Daran anschließend wird vorgetragen, dass die zu überprüfenden Regelungen der Verwaltung Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 I 2 GG seien, doch ging es dabei um eine Naturschutzverordnung. Dass der Begriff des Gesetzgebers wie auch sonst oft nicht allein den parlamentarischen Gesetzgeber meint und deshalb eine solche Verordnung selbst eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG darstellt, entspricht jedoch der herrschenden Meinung.56 Somit lässt sich auch diesem Beschluss des

52

Vgl. schon oben die Nachweise S. 367, Fn. 36. Siehe oben S. 364 ff. 54 Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 242 f. sieht – auch unter Rückgriff auf die Stellungnahme Böhmers – Anhaltspunkte dafür, dass sich das BVerfG eher dem sogleich entfalteten Ansatz zuordnen lasse. Gerade mit Blick auf die von ihm dann S. 245 in Fn. 496 angesprochenen, abzulehnenden Entscheidungen ist diese Einschätzung wohl zu optimistisch. Siehe jedenfalls beispielhaft zur fehlenden Gleichsetzung von Verwaltungshandeln mit einer Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung selbst BVerfG (3. K./I), NVwZ 2005, 1412 (1414), Beschl. v. 6.9.2005: „Überschreitet der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die dargelegten Grenzen, so ist die gesetzliche Regelung unwirksam […], hierauf gestützte Beschränkungen oder Belastungen sind rechtswidrig und können im Wege des Primärrechtsschutzes abgewehrt werden.“ 55 BVerwGE 94, 1 (4 f.), VII, Urt. v. 24.6.1993, unter Verweis auf BVerfGE 79, 174 (191 f.), Beschl. v. 30.11.1988. In diesem Beschluss des BVerfG wird jedoch zum Verhältnis des Verwaltungshandelns zum Gesetzesbegriff des Art. 14 I 2 GG explizit keine Stellung genommen. Dort heißt es lediglich, dass der Bebauungsplan keine Enteignung bewirke. Es gehe im zu entscheidenden Sachverhalt nur darum, welche Verkehrslärmimmissionen der Eigentümer hinzunehmen habe. Dann wird ausgeführt: „Das ist eine Frage der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 I 2 GG (vgl. BVerfGE 72, 66 (76)), so daß nach dieser Verfassungsnorm zu beurteilen ist, ob die zugrundeliegenden Rechtsvorschriften und deren Anwendung mit dem Eigentumsgrundrecht vereinbar sind.“ Der weiterhin angeführten Entscheidung BVerfG (3. K./II) NJW 1990, 1229, Beschl. v. 19.1.1989, lässt sich diesbezüglich nichts entnehmen, denn die konkrete Beschlagnahme und Einziehung von Elfenbeingegenstände durch Hauptzollamt und Gerichte wird dort nicht einer eigenständigen Prüfung unterzogen (siehe S. 1230 a. E.). Auch bei BVerfG (1. K./I) NVwZ 1991, 358 (ebd.), Beschl. v. 11.9.1990, worauf sich der VII. Senat ferner beruft, wird nicht ersichtlich, wie die Kammer das von ihr im Ergebnis als rechtmäßig beurteilte umsetzende Verwaltungshandeln eigentumsgrundrechtlich einordnet. 56 Vgl. die Nachweise oben S. 102, Fn. 318. 53

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

371

BVerwG keine Aussage zur Einordnung des umsetzenden (konkret-individuellen) Verwaltungshandelns entnehmen.57 Dagegen spricht eine Formulierung des IV. Revisionssenats – ähnlich wie die Rechtsprechung des BVerfG – zumindest gegen diejenige Ansicht, die meint, umsetzendes Verwaltungshandeln könne auch selbst als Inhalts- und Schrankenbestimmung behandelt werden. Auch dort heißt es nämlich: Das Grundgesetz versteht „unter einer Inhaltsbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber oder den hierzu ermächtigten Verordnungsgeber.“58 Die Verwaltung wird also explizit im Hinblick auf die Frage nach der Qualifizierung einer Handlung als Inhalts- und Schrankenbestimmung genannt, aber eben nur bezüglich der Handlungsform des materiellen Gesetzes. Wenig aussagekräftig für diesen Zusammenhang ist es, dass der BGH im Rahmen der Behandlung staatshaftungsrechtlicher Ansprüche allein diejenigen Verwaltungshandlungen für unbeachtlich hält, die „keine eigene, das Eigentum des Klägers zusätzlich beeinträchtigende Regelung“ enthalten, die sich also „lediglich in einer Bestätigung der vorgegebenen Gesetzeslage“ erschöpfen.59 Der Überblick über die Rechtsprechung lässt somit keine eigenständigen Konzepte zur dogmatischen Einordnung des umsetzenden Verwaltungshandelns erkennen.60 Im Folgenden sind deshalb die Qualifizierungsversuche des Schrifttums näher zu untersuchen.

C. Notwendigkeit und Durchführung einer Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik zum umsetzenden Verwaltungshandeln Die Entwicklung einer den Anforderungen des Art. 14 GG genügenden Neubestimmung der Dogmatik zur Behandlung der Anwendungs- und Vollzugsakte von In57

So aber die Deutung von Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 213 ff., insbesondere S. 219, 223, der unter alleinigem Verweis auf dieses Urteil (das in seiner Bedeutung „kaum zu überschätzen“ sei, S. 214, und dessen „wegweisende[r] Charakter […] nicht hoch genug veranschlagt werden“ könne, S. 217) darum ringt, wenigstens die Rechtsprechung des BVerwG als einen Befürworter seiner These der umsetzenden administrativen Inhalts- und Schrankenbestimmung einordnen zu können. Vgl. insoweit auch Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 661, bei Fn. 38, der den bedenklichen, weil weitgreifenden Begriff der „administrativen Inhaltsbestimmung des Eigentums“ verwendet (so nun auch ders., Übungen – VerfR (2000), S. 395, wieder auf eine Verordnung bezogen), aber inhaltlich nicht über die Aussagen des VII. Senats des BVerwG hinausgeht. 58 BVerwG NVwZ-RR 1998, 225 (227), Beschl. v. 18.7.1997, Hervorhebung nicht im Original. 59 So BGH NJW 1998, 1398 (1399), Beschl. v. 29.1.1998. 60 Zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 240.

372

3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

halts- und Schrankenbestimmungen erfolgt in der Weise, dass zunächst der hier vorgeschlagene Ansatz61 dargestellt wird, um vor diesem Hintergrund dann die Mängel der bisherigen Bemühungen herauszuarbeiten.

I. Darstellung des eigenen Ansatzes 1. Konsequenzen der Normgeprägtheit des Schutzbereichs des Art. 14 GG für die dogmatische Einordnung des Verwaltungshandelns Was nun ausgeführt wird, ist vom Grundgedanken her keineswegs kompliziert strukturiert: Wenn Eigentum nur das durch die Gesetze dem Einzelnen Zugeordnete ist, dann kann jegliches Verwaltungshandeln, das sich innerhalb des gesetzlich eingeräumten Rahmens bewegt, nicht als Grundrechtseingriff qualifiziert werden. Es fehlt aufgrund der Normgeprägtheit dieses Grundrechts schon an der Eröffnung des Schutzbereichs: Eine Eigentumsposition, deren Verletzung der Einzelne geltend machen könnte, existiert bei gesetzestreuer Verwaltungsarbeit nicht. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass mitunter erst durch die Konkretisierung und das selbstständig wertende Handeln der Verwaltung die für den Einzelnen wesentlichen Entscheidungen gesetzt werden, die zuvor auf der abstrakten Ebene des Gesetzes noch gar nicht getroffen werden konnten. Dabei mag solch ein individualisierendes Verwaltungshandeln gar als entscheidender gesetzlicher Anknüpfungspunkt genommen werden, ob überhaupt Eigentum entsteht. Verhaltungshandeln erlangt allein schon damit immense praktische Bedeutung.62 Doch kann jegliches Verwaltungshandeln, solange es sich im Rahmen der Gesetze bewegt, per definitionem nicht als ein Eingriff gewertet werden. Schließlich lässt es das normative Zuordnungsverhältnis unberührt, eben weil es im Gesetzesrahmen verbleibt. Es wird zu zeigen sein, dass diese Irrelevanz auch des belastenden, aber eben gesetzeskonformen

61

Dieses Verständnis in vollem Umfang übernehmend siehe Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 240 – 248. Siehe zustimmend auch Uschkereit, Bestandsschutz (2007), S. 153 bei und in Fn. 193; S. 72; siehe ferner am Beispiel der Aktualisierung von Rückbauverpflichtungen im Baurecht S. 201. Siehe weiterhin Raue, Zwangsvollstreckung / Enteignungsbegriff (2006), u. a. S. 79 f., S. 121 f. sowie Klawonn, Eigentumsgewährleistung als Grenze der Besteuerung (2007), S. 20 f. und zu beiden ausführlicher unten S. 380, Fn. 93. Vgl. beiläufig (ohne Nachweise) auch Seewald, Agrar- und Umweltrecht 2004, 1 (5): „Hat der Gesetzgeber […] seine Vorstellungen […] festgelegt, dann ist damit konstitutiv Eigentum definiert und die diesbezügliche Verfügungsmacht – häufig begrenzend – festgelegt. Der Vollzug eines solchen Gesetzes ist folgerichtig kein konstitutiver Eingriff der Verwaltung (oder des Gerichts) in das Eigentum.“ 62 Zum Verwaltungshandeln mit Ermessensspielraum eigens und ausführlich im Anschluss an die allgemeinen Ausführungen an späterer Stelle, ab S. 382.

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

373

Verwaltungshandelns im Hinblick auf den Eingriffsbegriff des Art. 14 GG gleichwohl in der Sache selbst zu keinerlei Schutzeinbußen für den Einzelnen führt.63 a) Fehlende Eröffnung des Schutzbereichs bei einem durch eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung gedeckten Verwaltungshandeln Der zentrale Gedanke – der Schutzbereich ist bei gesetzeskonformem Verwaltungshandeln nicht eröffnet (und es liegt damit auch kein Eingriff vor)64 – soll nun noch einmal unter besonderer Berücksichtigung der zeitlichen Ebene akzentuiert werden. Ist zu überprüfen, ob ein auf eine Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung gestütztes Verwaltungshandeln zu einer Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 14 GG führt, bedarf es zunächst einer Vermögensposition, die unter den Eigentumsbegriff des Art. 14 GG fällt, mithin einer rechtlichen Zuordnung, die als Eigentum zu qualifizieren ist.65 Ohne eine solche durch das einfache Recht vermittelte normative Zuordnung gibt es kein verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum. „Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich […] aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften.“66 Wenn nun die Verwaltung in Anwendung und Vollzug eines Gesetzes handelt, welches als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung zu qualifizieren ist, dann geschieht dieses Handeln dem Erlass des Gesetzes zeitlich nachfolgend. Wenn weiterhin das Gesetz gemäß Art. 14 I 2 GG den Inhalt des Eigentums ausformt und bei Einhaltung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen eine zunächst vorhandene Eigentumsposition schmälert,67 dann ist im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes das Eigentum neu bestimmt. Das zeitlich später liegende Handeln der Verwaltung wiederum bewegt sich dann nur noch im Rahmen dieser Neudefinition des Eigentums. Es nimmt dem Betroffenen nichts, was ihm zu diesem Zeitpunkt das einfache Recht noch gewähren würde. Das für das Eingreifen der Eigentumsgarantie zwingend notwendige rechtlich strukturierte Zuordnungsverhältnis existiert nicht mehr in dem zuvor geltenden Umfang. Es fehlt an einer noch Geltung beanspruchenden rechtlichen 63 Im Vergleich zu der Vorstellung der sonstigen Auffassungen, die davon ausgehen, hier läge ein Grundrechtseingriff vor. 64 Vgl. die Hinweise zur allgemeinen Grundrechtsdogmatik oben S. 216, bei Fn. 777. 65 Vgl. insoweit BVerfGE 20, 351 (355), Beschl. v. 17.11.1966: „Ehe aber beurteilt werden kann, ob ein verfassungsrechtlich untersagter Eingriff in das Eigentum vorliegt und welche Folgen er hat, muß Klarheit darüber bestehen, wie weit sich der verfassungsrechtlich geschützte Bereich des Eigentums erstreckt. [… Dabei] ist es Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Art. 14 I 2 GG).“ 66 BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981, Hervorhebung nicht im Original; vgl. m. w. N. zur Normgeprägtheit aus der Rechtsprechung des BVerfG oben S. 27, Fn. 23. 67 Bzw. präziser die Voraussetzungen dafür schafft, dass gewisse Verwaltungshandlungen unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben das eigentumskräftige Zuordnungsverhältnis fortan nicht mehr berühren.

374

3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

Zuordnung, vermöge derer festgestellt werden könnte, dass das Verwaltungshandeln gegen die gesetzliche Eigentumsordnung verstieße. Folglich kann sich der Betroffene dann insoweit auch nicht mehr auf eine Eigentumsposition i. S. d. Art. 14 I 1 GG berufen. Den Schutz aus Art. 14 GG konnte der Betroffene diesbezüglich deshalb nur bis zum Erlass des neuen Gesetzes in Anspruch nehmen; seit dessen In-Kraft-Treten ist dagegen der Schutzbereich hinsichtlich des rechtmäßig umsetzenden Verwaltungshandelns nicht mehr eröffnet.68 Die Rechtsposition, die der Bürger im Einzelfall gefährdet sieht, ist ihm demnach nicht erst mit dem Erlass der ihn direkt treffenden Verwaltungsmaßnahme abhanden gekommen bzw. beeinträchtigt worden. Vielmehr war sein Eigentum genau solchen Verwaltungsmaßnahmen gegenüber schon in dem Zeitpunkt „gemindert“, als die Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG verkündet wurde.69 Zwar hat der Betroffene durch das Verwaltungshandeln in der Tat eine Beeinträchtigung zu erdulden, doch ist dies wegen der gesetzlichen Neudefinition eben keine Beeinträchtigung von Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG mehr. Mangels Eigentums kann diese Belastung dann auch nicht mehr weiter anhand des Art. 14 GG überprüft werden. Wenn jegliches Verwaltungshandeln, das durch verfassungsmäßige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen gedeckt ist, den Schutzbereich also nicht betrifft, so wird damit deutlich, dass Art. 14 GG insoweit keinerlei Schutz gewährt, der über das hinausgeht, was die jeweils aktuellen einfachen Gesetze dem Einzelnen zuordnen. b) Verletzung des Art. 14 GG durch Verwaltungshandeln Mit den nun dargelegten Ausführungen ist jedoch nicht gesagt, untergesetzliches Verwaltungshandeln könne Art. 14 GG nicht verletzen. aa) Überschreiten des gesetzlichen Rahmens Vielmehr liegt eine Verletzung der Eigentumsgarantie durch Verwaltungshandeln dann vor, wenn bei der Umsetzung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung die gesetzlich eingeräumten Befugnisse überschritten werden. (1) Eröffnung des Schutzbereichs Auch hier gilt, dass sich die in Zusammenschau aller die Eigentümerstellung regelnden Vorschriften ergebende Rechtsposition nach den aktuell im Zeitpunkt des exekutivischen Handelns gültigen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen richtet. Um die Eröffnung des Schutzbereichs festzustellen, ist in einem ersten Schritt

68 Dem sich anschließend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 241 f. bei und in Fn. 480. 69 Vgl. dazu vertiefend Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 303 sowie auch hier unten am Beispiel S.381.

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

375

– wie sonst auch –70 zu klären, ob die danach maßgebliche Rechtsposition unter den Eigentumsbegriff des Art. 14 I 1 GG zu fassen ist. Ist dies der Fall und lässt sich weiterhin das beeinträchtigende Verwaltungshandeln gar nicht (oder so nicht) auf eine zum Zeitpunkt des Handelns geltende Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung stützen, so wird also eine Position berührt, die wegen des noch andauernden Schutzes durch das einfache Recht als Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG zu qualifizieren ist. Der Schutzbereich ist damit eröffnet. (2) Eingriff Bei der Frage nach der Eingriffsqualität dieses Handelns ist zunächst der Normtext des Art. 14 GG zu betrachten. Dort werden gewisse Arten eines Eingriffs explizit geregelt. Sofern man in dem Erlass einer (Inhalts- bzw.) Schrankenbestimmung einen Eingriff sieht,71 ist diese Art eines Eingriffs ebenso in Art. 14 I 2 GG erwähnt wie der Eingriff durch Administrativ- oder Legislativenteignung72 in Art. 14 III 2 GG. Das die Gesetze umsetzende Verwaltungshandeln ist nicht vom Gesetzesbegriff des Art. 14 I 2 GG selbst umfasst und kann demnach nicht als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung verstanden werden.73 Demgemäß lässt sich das hier zu untersuchende Verwaltungshandeln nicht den in Art. 14 GG explizit geregelten Eingriffsarten zuordnen. Es liegt also eine Eingriffsform vor, die in der Tat wegen dieser fehlenden Regelung zur besseren Unterscheidbarkeit als „sonstiger Eingriff“ bezeichnet werden könnte.74 Da somit keine speziell geregelten Eingriffsformen einschlägig sind, aufgrund derer man einen Eingriff bejahen könnte, muss nunmehr – ebenso wie bei anderen Grundrechten – auch bei Art. 14 GG auf die allgemeinen Lehren zur Bestimmung der Eingriffsqualität75 zurückgegriffen werden. Das ein Gesetz anwendende und vollziehende Handeln der Verwaltung wird in der Regel durch einen Verwaltungsakt76 (vgl. § 35 VwVfG) vorgenommen. Der Erlass eines VAes ist ein final auf die bewirkte Beeinträchtigung gerichtetes, unmittelbares Handeln der Verwaltung (dabei zumeist 70

Vgl. oben S. 216 bei Fn. 777. Wie dies nach herrschender, auch hier vertretener Auffassung im Hinblick auf die Beeinträchtigung des schon zuvor Erworbenen bei (deshalb so zu nennenden) Schrankebestimmungen der Fall ist, siehe oben S. 216 ff. 72 Zum von Maurer vorgeschlagenen Begriff der „Legislativenteignung“ siehe dens., AVR (2006), § 27, Rn. 51; gebräuchlich ist die Bezeichnung Legalenteignung, vgl. nur BVerfGE 45, 297 (LS 1, 330 und öfter), Beschl. v. 10.5.1977; 95, 1 II (22), Beschl. v. 17.7.1996. 73 Zur a. A. im Schrifttum siehe oben ab S. 364; wie hier (implizit) die einen „sonstigen Eingriff“ annehmende Auffassung, dazu oben ab S. 360; ferner ebenso die Rechtsprechung, siehe S. 367, Fn. 36. 74 Vgl. die Nachweise auf die Stellungnahmen oben S. 363, Fn. 25, denen nach hier vertretener Ansicht insoweit zugestimmt werden kann. 75 Vgl. exemplarisch die Zusammenfassung bei Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 238 ff., sowie weitere Nachweise oben S. 216, Fn. 777. 76 Von jetzt an auch: VA bzw. VAen, VAes etc. 71

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

mit Befehl und Zwang durchsetzbar) und erfüllt damit77 – wie dies bei VAen auch sonst regelmäßig der Fall sein wird – die Kriterien eines Grundrechtseingriffs.78 Ein in Anwendung und Vollzug einer Inhalts- und Schrankenbestimmung ergangener VA, der sich nicht in den ihm gesetzten normativen Grenzen bewegt, stellt somit einen (sonstigen) Eingriff in Art. 14 GG dar. Sollte ein nicht als VA ergangenes Verwaltungshandeln in Betracht kommen, so muss bedacht werden, dass auch dieses Handeln in Art. 14 GG nur dann eingreifen kann, wenn zunächst der Schutzbereich wegen fehlender Deckung durch die umzusetzenden Inhalts- und Schrankenbestimmungen eröffnet wäre. Ist dies der Fall, so ist dieses Handeln dann – ebenso wie sonst auch – an den Kriterien des von Rechtsprechung und Lehre erweiterten sog. modernen Eingriffsbegriffs79 zu messen.80 (3) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Um eine dogmatisch befriedigende Antwort auf die Frage nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung solcher Eingriffe geben zu können, bedarf es nichts als einer bloßen Anwendung der allgemeinen Grundrechtslehren unter Beachtung des Wortlauts des Art. 14 GG. Ein Eingriff in ein Grundrecht ist danach dann gerechtfertigt, wenn in dem Grundrecht Möglichkeiten für dessen Rechtfertigung normiert sind (Gesetzesvorbehalte) und diese eingehalten wurden. Ist im Grundrecht kein Gesetzesvorbehalt vorgesehen, so kann sich eine Rechtfertigung allenfalls auf die Berufung auf kollidierendes Verfassungsrecht stützen.81 Zwar lassen sich Eingriffe durch Enteignung anhand der Vorgaben des Art. 14 III GG rechtfertigen. Sofern man in (Inhalts- bzw.) Schrankenbestimmungen einen Eingriff sieht, lässt sich auch insoweit der Eigentumsgarantie entnehmen, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine derartige Tätigkeit des Gesetzgebers zu stellen sind.82 Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die hier interessierenden sonstigen Eingriffe der Verwaltung ließe sich Art. 14 GG aber nur dann entnehmen, wenn eben 77 Auf die in Ausnahmefällen eintretende Nichtigkeit i. S. d. § 44 I VwVfG, sodass man deshalb an der Eingriffsqualität des VAes zweifeln könnte, braucht hier nicht eingegangen werden. 78 Beschreibt man das Kernmerkmal des sog. klassischen Eingriffs als einer unbedingt rechtfertigungsbedürftigen Maßnahme (so Sachs, GrundR (2003), A 8, Rn. 13) in der „rechtsverbindlichen Anordnung, die die Rechtssphäre des Betroffenen verkürzt“, d. h. in der „Imperativität“ (so Sachs, ibid., Rn. 10, vgl. auch Dreier, in: ders., GG (2004), Vorb., Rn. 124), so ließe sich jedenfalls dann solches Verwaltungshandeln zumeist auch dem so verstandenen klassischen Eingriffsbegriff zuordnen (vgl. zu dessen üblicherweise genannten Voraussetzungen Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 238). 79 Vgl. dazu beispielsweise Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 240 ff. 80 Vgl. insoweit Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 (Bearb. 2002), Rn. 29 m. w. N. 81 Vgl. Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 325 ff. Insoweit gilt das oben S. 216, Fn. 775, Gesagte entsprechend. 82 Zum – zu bejahenden – Eingriffscharakter von Schrankenregelungen siehe oben ab S. 216, zu den Bindungen des Gesetzgebers umfassend im ersten Teil ab S. 40.

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

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dort ein Gesetzesvorbehalt für solches Verwaltungshandeln normiert wäre. Danach sucht man jedoch vergeblich. Somit ist die Gewährleistung der Eigentumsgarantie insoweit eben schrankenlos. Sonstige Eingriffe führen demzufolge angesichts regelmäßig fehlender Möglichkeit der Berufung auf kollidierende Verfassungsgüter zu einer Verletzung des Grundrechts. Der einzigen für eine Rechtfertigung ausführenden Verwaltungshandelns in Betracht kommenden Formulierung, nämlich der des Art. 14 I 2 GG, mangelt es insoweit an einer Vergleichbarkeit zu einem herkömmlichen Gesetzesvorbehalt.83 Will der Verfassungsgeber nämlich auch das Handeln der Verwaltung mit einbeziehen, so verwendet er die Formulierung „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“. Ebenso hätte Art. 14 I 2 GG lauten können: „Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze oder auf Grund von Gesetzen bestimmt“. Das Fehlen eines Gesetzesvorbehalts für das Verwaltungshandeln darf – bei Zugrundelegen der zutreffenden dogmatischen Prämissen – auch nicht weiter verwundern. Denn aus systematischen Gründen bedarf es keiner Gleichsetzung des Art. 14 I 2 GG mit einem Gesetzesvorbehalt. Eben weil nur dasjenige Verwaltungshandeln überhaupt den Schutzbereich betrifft und Eingriffsqualität entfaltet, welches gegen einfachgesetzliche Normen verstößt, wäre es sinnwidrig, hierfür in Art. 14 GG eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung vorzusehen. Vom Wortlaut nicht mehr gedeckte Bemühungen um eine Umdeutung des Art. 14 I 2 GG in einen Gesetzesvorbehalt erübrigen sich deshalb, wenn man nur bereit ist, zuvor den Schutzbereich den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend präzise anhand der einfachrechtlichen Normen zu bestimmen. Somit ist also das Fehlen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung für eingreifendes Verwaltungshandeln als bloße Konsequenz der Normgeprägtheit des Schutzbereichs zu begreifen. Abschließend bleibt daher festzustellen, dass Anwendungsund Vollzugsakte einer Inhalts- und Schrankenbestimmung, die durch eben jene nicht mehr gedeckt werden, zu einer Verletzung des Art. 14 GG führen.

83

Die fehlende Vergleichbarkeit bezieht sich auf die Miteinbeziehung der Exekutive. Siehe im Übrigen oben S. 229. Die Stellungnahmen im Schrifttum zur Vergleichbarkeit des Art. 14 I 2 GG mit einem Gesetzesvorbehalt erscheinen dagegen zu undifferenziert. Stellenweise wird pauschal die Vergleichbarkeit abgestritten, siehe etwa Böhmer, NJW 1988, 2561 (2563, 2573 „absurde Vorstellung“); Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG (2000), Art. 14, Rn. 50; Schoch, JURA 1989, 113 (115, 116), kein Gesetzes- oder Einschränkungsvorbehalt, sondern Auftrag zur Ausgestaltung; Schulte, VerwArch 77 (1986), 372 (402); vgl. auch Kimminich, in: BK zum GG, Art. 14 (Bearb. 1992), Rn. 28. Andererseits wird mitunter ohne weiteres eine Gleichsetzung vorgenommen, vgl. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., GG (2005), Art. 1 (III), Rn. 269; Siekmann, Art. 14 GG, in: ders./Duttke, StaatsR I (1999), Rn. 617 (vgl. auch Rn. 650); ebenso der Pflichtexemplarbeschluss BVerfGE 58, 137 (145), Beschl. v. 14.7.1981, dort aber möglicherweise nur in dem einengenden Sinne gemeint, dass es im Bereich der Eigentumsgarantie aufgrund von Art. 14 I 2 GG immer der Regelungsform des Gesetzes bedürfe.

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

bb) Verfassungswidrigkeit der dem Handeln zugrunde liegenden Inhalts- und Schrankenbestimmung Offen ist daher nur noch, ob das ausführende Verwaltungshandeln nach der hier dargelegten Konzeption auch dann zu einer Verletzung des Art. 14 GG führt, wenn die Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung selbst verfassungswidrig ist. Dann müsste zunächst wieder der Schutzbereich eröffnet sein. Daran mangelte es, wenn die verfassungswidrige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung den Schutzbereich neu bestimmen würde. Verstößt ein Gesetz jedoch gegen das Grundgesetz – in diesem Fall, weil die Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung den durch Art. 14 GG an sie gestellten Anforderungen nicht genügen konnte – ist es nichtig und damit rechtlich nicht existent.84 Deshalb wird der Schutzbereich auch nicht neu definiert. Vielmehr ist es nach wie vor die alte Gesetzeslage, nach der sich ungeschmälert die eigentumskräftige Zuordnung der Befugnisse im Sinne des Art. 14 I 1 GG bestimmt. Damit wird der Schutzbereich durch jede Verwaltungsmaßnahme eröffnet, die entgegen dieser gesetzlichen Zuordnung dem Einzelnen Belastungen in Anwendung bloß vermeintlich bestehenden neuen Rechts auferlegt.85 Zum Eingriff und der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung gilt das oben Ausgeführte. Auf eine nichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung gestütztes Verwaltungshandeln verletzt demnach Art. 14 GG. Zur Verdeutlichung mag man an ein landesrechtliches Pflichtexemplargesetz denken, wonach die Verwaltung per Bescheid ausnahmslos unentgeltlich von Verlegern die Abgabe eines Belegexemplars einfordern kann. Ein solches Gesetz ist verfassungswidrig und damit nichtig, zumindest hinsichtlich der Verleger kostbarer Werke in Kleinstauflage.86 Ein einem (solchen) Verleger auferlegter Bescheid führt deshalb zur Eröffnung des Schutzbereichs. Schließlich sind die konkreten, durch das BGB geregelten sachenrechtlichen Zuordnungsverhältnisse an den Büchern, eigentumskräftig i. S. d. Art. 14 I 1 GG.87 Auch in Zusammenschau mit den Vorschriften des öffentlichen Rechts ist das Eigentum – angesichts der Unbeachtlichkeit des versuchten 84 Die Ausnahmen von der Nichtigkeitsfolge (vgl. die Hinweise oben S. 234, Fn. 8) sollen in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden. Der Frage, ob das Recht des Einzelnen mit dem Schutz der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit (siehe dazu etwa Würtenberger, in: Zippelius/ders., StaatsR (2008), § 49, Rn. 72) kollidieren könnte, kann hier nicht näher nachgegangen werden. Grundsätzlich sollen jedenfalls dem einzelnen, sich auf sein Grundrecht (gerichtlich) Berufenden keine Nachteile aus einer verfassungswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmung erwachsen können. 85 A. A. insoweit Bumke, NJ 1999, 235 (236), der vorträgt, der Eigentümer könne sich bei verfassungswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen nicht auf die Beeinträchtigung eines konkreten Eigentumsrechts berufen, sondern solle vortragen, der Gesetzgeber hätte sein Recht anders gestalten müssen. Eine „abwehrrechtliche Schwäche“ (Fn. 11) existiert diesbezüglich nicht. Zum Sachverhalt der Pflichtexemplarentscheidung, auf welchen er sich beruft, vgl. sogleich im Text. 86 Vgl. dazu BVerfGE 58, 137 (144 ff.), Beschl. v. 14.7.1981, sowie oben ab S. 173. 87 Zweifelhaft dagegen die Rede vom „Eigentum am Druckwerk“ im Pflichtexemplarbeschluss, siehe dazu S. 57, Fn. 138.

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

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Pflichtexemplargesetzes – frei von weitergehenden öffentlichen Pflichten, die den Gemeinwohlbelang bezüglich des Bedürfnisses nach „möglichst vollständiger Sammlung des gedruckten Geistesschaffens“88 dieses Bundeslandes konkretisieren sollen.89 Die gleichwohl durch Verwaltungsakt auferlegte Belastung stellt einen Eingriff in diese sachenrechtlichen Zuordnungsverhältnisse dar, ohne dass ersichtlich wäre, weshalb die Eingriffsqualität daran scheitern sollte, dass sich der Verleger „aussuchen“ kann, auf welches der konkreten Bücher er verzichtet, um dem Bescheid nachzukommen. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung schlägt mangels eines dies deckenden Gesetzesvorbehalts und mangels kollidierenden Verfassungsrechts fehl. Der Bescheid verletzt somit Art. 14 GG.90 c) Somit: Keine Veränderung im Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung des Verwaltungshandelns Betrachtet man nun die Ergebnisse der hier vorgenommenen Überprüfung exekutivischen Handelns anhand der Eigentumsgarantie, wird Folgendes deutlich: Die konsequente Anerkennung der Normprägung des Art. 14 GG führt zwar zur Änderung der Prüfungsstruktur, jedoch zu keinerlei Rechtsschutzminderungen für den Betroffenen. Schließlich werden ebenso nach sonstigem Verständnis alle Verwaltungshandlungen, die sich außerhalb des von den Gesetzen umrissenen Rahmens bewegen oder die auf einer nichtigen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung beruhen, als verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt qualifiziert. Die von verfassungsmäßigen Gesetzen gedeckten Akte dagegen sollen verfassungsrechtlich gerechtfertigt und damit im Ergebnis zulässig sein.91 Die Prüfung nach den Maßgaben der übrigen Auffassungen führt also nicht zu abweichenden Ergebnissen. Begehrt ein Betroffener Rechtsschutz, weil er eine Verletzung der Eigentumsgarantie vorträgt, so ist nämlich ebenso nach dem nun Dargelegten zu prüfen, ob entweder das Verwaltungshandeln mit dem einfachen Recht nicht in Einklang steht oder ob die Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung, auf die es sich stützt, ihrerseits verfassungswidrig ist. Der verbleibende Unterschied besteht demzufolge neben einer präziseren Eingriffsbestimmung allein in der Tatsache, dass nach hier vertretener Auffassung bei 88

So die Beschreibung in BVerfGE 58, 137 (138), Beschl. v. 14.7.1981. Unmittelbare, d. h. nicht durch einfaches Gesetz konkretisierte Rechtspflichten können aus Art. 14 II GG ohnehin nicht herausgelesen werden, so überzeugend die h. M., vgl. oben S. 183. 90 Wäre ein sich selbstvollziehendes, der Eigentumsgarantie nicht genügendes Pflichtexemplargesetz in diesem Sinne erlassen worden, so könnte wie sonst auch schon vor Erlass konkreter ordnungsrechtlicher Maßnahmen zur Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen das neue Gesetz in den Rechtsscheinwirkungen des nichtigen Gesetzes ein nicht gerechtfertigter Eingriff in oben aufgeführtem Sinne liegen. 91 Insoweit besteht auch kein Unterschied zwischen den unterschiedlichen, oben dargestellten Literaturauffassungen. 89

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

einem vom einfachen Recht gedeckten Verwaltungshandeln noch nicht einmal der Schutzbereich eröffnet ist. Insoweit nimmt die herrschende Meinung stattdessen noch einen Eingriff in Art. 14 GG an, der dann jedoch deshalb zu keinen Konsequenzen führt, weil er verfassungsmäßig gerechtfertigt sein soll.92 Einer Änderung bedarf es also nur insoweit, als dass schon bei der Frage nach der Eröffnung des Schutzbereichs all das abzuhandeln ist, was sonst im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung geprüft wird.93 92 Siehe insoweit allerdings auch Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 119, der zusammenfassend Folgendes – indes nur mit Blick auf (einheitlich verstandene) Inhalts- und Schrankenbestimmungen – festhält: „Verstößt der Gesetzgeber nicht gegen die ihm obliegenden Bindungen, so ist das Gesetz verfassungsgemäß. Die Inhalts- und Schrankenbestimmung ist dann kein Eingriff in den Schutzbereich, sondern hat lediglich den Schutzbereich der Eigentumsgarantie gestaltet“. Wohl eher beiläufig hält hiermit auch Külpmann fest, dass bisweilen erst das Ergebnis einer Überprüfung anhand des Art. 14 GG aufzeigen kann, ob ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegt oder nicht. 93 Dass diese Präzisierung gleichwohl „nicht unter den Tisch fallen“ darf (dagegen Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 244), ist Konsequenz daraus, dass allseits Verständnisschwierigkeiten hinsichtlich der Eigentumsdogmatik beschworen werden. Wie oben S.372, Fn. 61 schon festgehalten, gibt es nun diesem Verständnis teilweise entsprechende Ausführungen. Vgl. insoweit Raue, Zwangsvollstreckung / Enteignungsbegriff (2006), S. 79 f. zur Rechtslage, sofern man die h. M. zur Normgeprägtheit zugrunde legen wolle. Siehe dort insbesondere die Anwendung dieses Verständnisses mit Blick auf Umsetzungsmaßnahmen in der Zwangsvollstreckung S. 85 ff., wobei er die Diktion vom BVerfG diesbezüglich kritisch hinterfragt. Siehe jedenfalls ibid. S. 85: Hält man fest, „dass Gegenstand und Umfang des verfassungsrechtlichen Bestandsschutzes sich aus der Gesamtheit aller inhaltsbestimmenden Gesetze ergeben und der verfassungsrechtliche Schutz der Eigentumsposition nicht weiter reicht als die zulässigerweise mit ihr verbundenen Befugnisse […], dann bewirken die §§ 808 ff. ZPO, dass das Sacheigentum gegenüber Vollstreckungsmaßnahmen, die sich im Rahmen dieser Vorschriften halten, nicht geschützt [ist]. Der als Folge dieser Maßnahmen eintretende Verlust des Sacheigentums kann folglich nicht der Entzug einer durch Art. 14 I 1 GG geschützten Rechtsposition sein.“ (Hervorhebung im Original.) Ein weiteres Mal, wieder unter Rückgriff auf Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 304 ff., hält er auf S. 121 f. fest, dass sich die maßgebliche Prüfung „von der Ebene der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung auf die des Schutzbereichs verschöbe […] und ein Eingriff in den Schutzbereich gleichbedeutend mit einer Verletzung des Grundrechts wäre. Kann ein Eingriff nämlich nur in einem gesetzwidrigen Vollzugsakt oder im Vollzug einer verfassungswidrigen Inhaltsbestimmung liegen, dann ist eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung nicht denkbar.“ Raue zieht allerdings andere Schlussfolgerungen mit Blick auf die – nach der hier vertretenen Auffassung – bisweilen anzutreffende unpräzise Begriffswahl des BVerfG. Dabei geht er anders als hier ausgeführt (siehe dazu ab S. 216) davon aus, das „Inhalts- und Schrankenbestimmungen“ niemals als Eingriff verstanden werden können (siehe S. 88, ferner S. 128 f. sowie S. 86 f.; jeweils nicht mit Begründungen, die über das ab S. 216 Dargelegte hinausgehen). Hiervon hängen die weiteren Schlussfolgerungen ab (siehe S. 90 ff.). Ebenso konstitutiv ist seine These, mit Blick auf Nutzungen gäbe es eine verfassungsunmittelbare Zuordnung, zur Zurückweisung siehe insoweit S. 251, Fn. 79. Siehe ferner noch kurz und ohne Verweise Klawonn, Eigentumsgewährleistung als Grenze der Besteuerung (2007), S. 20 f.: „Werden Vorschriften, die generelle Grenzen des Eigentums statuieren, angewendet, so greift die Verwaltung nicht in das Eigentum ein, sondern verweist den Eigentümer in die Schranken, die seiner Rechtsstellung aus Gründen des Gemeinwohls gezogen sind“. Zur ähnlichen Formulierung Böhmers siehe das Zitat oben S. 356 bei Fn. 2.

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

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2. Verdeutlichung am Beispiel Zum Ausgangsbeispiel (1): In diesem Beispielsfall war der Verwaltung kein irgendwie gearteter Entscheidungsspielraum durch die Inhalts- und Schrankenbestimmung zugewiesen. Ihre Aufgabe erschöpfte sich darin, nach Maßgabe strikter Vorgaben das Gesetz zu vollziehen. Bis zum Erlass des neuen Gesetzes gab das Grundeigentum an seinen Äckern gemäß § 903 BGB und den sonstigen Gesetzen dem Landwirt E das Recht, diese in dem dadurch abgesteckten Rahmen nach Belieben landwirtschaftlich zu nutzen. Das einfache Recht ordnete das Rechtsgut „Boden“ dem E so zu, dass er sich gegen fremdbestimmte Nutzungen wehren konnte. Mit Gültigkeit der neuen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung hingegen wurden auf der Ebene des einfachen Rechts die Nutzungsmöglichkeiten des Eigentums neu definiert. Zwar ordnet das einfache Recht dem E diesbezüglich noch immer die freie Nutzbarkeit zu, doch gilt dies ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Gesetzes nur noch solange, bis nicht die Verwaltung ihm in Einhaltung dieses Gesetzes anderes auferlegt. E hat insoweit nicht mehr wie noch vor Erlass der neuen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung das eigentumskräftige Recht, die nunmehr gesetzestreuen, aber unerwünschten Umsetzungsakte der Verwaltung zu unterbinden. Die Abwehrbefugnis gegenüber eben diesen Handlungen, die zuvor noch Teil seines Eigentums i. S. d. Art. 14 I 1 GG gewesen ist, entfiel im Zeitpunkt der Wirksamkeit der neuen eigentumsgestaltenden Rechtslage. Eigentumsgrundrechtlich betrachtet ist einerseits zwar erst mit Wirksamwerden des Verwaltungshandelns die konkrete Einschränkung des zuvor noch gegebenen freieren Beliebens entstanden, andererseits – und das ist hier entscheidend – stellt eine durch die Verwaltung veranlasste Entstehung dieser konkreten Einschränkung schon seit dem In-Kraft-Treten der neuen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung keine Berührung von Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG mehr dar. Die entscheidende Frage nach der normativen Zuordnung von Nutzungen im Zeitpunkt des angegriffenen Verwaltungshandelns ist also im Einklang mit der zuvor schon wirksam gewordenen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung zu beantworten: Es besteht kein rechtlich strukturiertes Zuordnungsverhältnis auf der Ebene des einfachen Rechts mehr, vermöge dessen dem E sein Rechtsgut „Boden“ zur insoweit selbstbestimmten Nutzung überlassen wäre. Mangels einfachrechtlicher Rechtsposition schlägt die durch die Verwaltungsentscheidung erst entstehende Belastung des E nicht auf eine Eigentumsposition im Sinne des Art. 14 I 1 GG durch. Deshalb kann sich E nicht auf die Eröffnung des Schutzbereich des Art. 14 GG berufen. Anderes könnte hier nur unter zwei Gesichtspunkten gelten: Wenn die Verwaltung die gesetzlichen Vorgaben missachtete, indem sie etwa den E verpflichtete, obwohl die in seinem Eigentum stehenden Äcker die vom Gesetz vorgeschriebene Mindestgröße nicht erreichten. Dann wäre das Verwaltungshandeln vom einfachen Recht nicht mehr gedeckt; eine Verletzung des Art. 14 GG läge vor. Hielte sich jedoch die Verwaltung an die gesetzlichen Vorgaben des Gesetzes, so stellte sich der Erlass der Norm als die eigentlich den E belastende Maßnahme dar. Innerhalb des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes gegen das Vorgehen der Ver-

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

waltung ist der E gegen die gesetzgeberische Maßnahme allerdings in vollem Umfang geschützt. Wenn er der Auffassung ist, die fragliche Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung verstoße gegen die Eigentumsgarantie, so müsste sein Vorbringen dahin gehen, dass das ihn konkret betreffende umsetzende Verwaltungshandeln deshalb eine Verletzung des Art. 14 GG bewirke, weil es sich auf ein verfassungswidriges und damit nichtiges Gesetz stütze und somit die noch immer tatsächlich geltende (vorherige) Rechtslage verletze. Unter Beachtung des Art. 100 I GG hat nun das VG darüber zu entscheiden. 3. Besonderheiten bei normativ eingeräumten Entscheidungsspielräumen Es gibt indes zahlreiche Konstellationen, in denen der Verwaltung ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Erst bei den die lediglich abstrakten Vorgaben der Inhaltsbzw. Schrankenbestimmungen individualisierenden Umsetzungsakten der Verwaltung werden dann die für den Bürger wesentlichen Entscheidungen getroffen.94 In solchen Fällen kommen zunächst Bedenken auf, noch zu behaupten, auch diese Verwaltungshandlungen, die womöglich die Belastung für den Betroffenen überhaupt erst spürbar machen, seien kein Eingriff in das Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG. Es mag als zu wenig erscheinen, nur zu fordern, sie müssten sich im Rahmen der abstrakt-generellen, mitunter nur in spärlicher Regelungsdichte gefassten gesetzlichen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung halten.95 Die vordergründige Brisanz dieser Problematik kann anhand des Ausgangsbeispiels (2) nachvollzogen werden.96 Auch hier hat die Schutzbereichsbestimmung den hergebrachten Regeln zu folgen. Entscheidend wird sein, ob E sich in diesem Fall auf Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG berufen kann. Vor Erlass des LG NRW ordnete das einfache Recht (§ 903 BGB i. V. m. dem konkreten Grundeigentum und mangels sonstiger entgegenstehender rechtlicher Vorschriften) dem E bzw. dessen Vorfahren die freie Verfügbarkeit über die fest mit dem Boden verbundene (§ 94 I BGB) Buchshecke zu. Fraglich ist, ob sich an dieser einfachrechtlichen Zuordnung durch den Erlass des LG NRW als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG etwas geändert hat. Man könnte sich hierbei auf den Standpunkt stellen, dass mit Erlass dieses Gesetzes sich an der vom einfachen Recht gewährten freien Verfügbarkeit über die Buchshecke nichts geändert habe. Schließlich bleiben die Nutzungsmöglichkeiten des E zunächst im gleichen Umfang wie bei der vorherigen Rechtslage gewahrt. Bis zur Wirksamkeit des VAes gewährt das einfache Recht insoweit noch immer die freie Verfügbarkeit. Also könnte hier der Verkündung des Gesetzes nicht schon die Kraft beigemessen werden, den Schutzbereich – wie oben dargelegt – dergestalt neu zu definie94

Vgl. etwa für das Denkmalschutzrecht Lubberger, Eigentumsdogmatik (1995), S. 99 f., im Unterschied zu den von ihm so bezeichneten „gesetzeskonkretisierenden Verfügungen“. 95 Vgl. beispielsweise so die Bedenken bei Dietlein, siehe oben S.360, Fn. 18. 96 Siehe ebenso Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 245 f.

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ren, dass der Erlass des VAes noch nicht einmal den Schutzbereich beträfe und somit erst recht keinen Eingriff in Art. 14 GG darstellen könne. Vielmehr erfolgte nach dieser Betrachtungsweise die Belastung also erst durch den VA, mithin müsste dieser auch als Eingriff aufgefasst werden. Der gerade aufgezeigte Gedankengang mag auf den ersten Blick plausibel scheinen, tatsächlich trägt er aber nur dazu bei, die eigentliche dogmatische Fragestellung nach einer Verletzung des Art. 14 GG zu verdecken. Diese ist auch hier Schritt für Schritt zu beantworten. a) Und wieder: Kein Unterschied im Ergebnis Das auch hier kein Eingriff in den Schutzbereich vorliegt, vermag überzeugender vorgetragen zu werden vor dem rechtspraktischen Hintergrund, dass dies wiederum zu keinen Unterschieden im Ergebnis führt. Denn die Annahme der Eingriffsqualität i. S. d. sonstigen Konzeptionen hat einzig die Konsequenz, dass auch die ausfüllende, insoweit teilselbstständige Verwaltungsarbeit den (Verhältnismäßigkeits-)Anforderungen des Art. 14 GG zu genügen hat. An dieser Stelle kann vorweggeschickt werden, dass im Ergebnis Gleiches auch dann gilt, wenn man das gesetzeskonforme Handeln zwar als schutzbereichsindifferent betrachtet. Denn Gesetzeskonformität kann es nur dann geben, wenn zuvor eine den Anforderungen der Eigentumsgarantie gerecht werdende Anwendung der normativ eingeräumten Befugnisse vorgenommen wurde.97 b) Eröffnung des Schutzbereichs nicht nach Intensität der Beeinträchtigung, sondern allein nach Beeinträchtigung der normativen Zuordnung Um bei der Frage nach der dogmatischen Einordnung des ermessensbeinhaltenden Verwaltungshandelns zu einer angemessenen Lösung zu kommen, hat man sich nämlich zunächst eines zu vergegenwärtigen: Die am Anfang stehende Frage nach der Schutzbereichsbestimmung ist zu trennen von der funktional nachrangigen Frage nach der Eingriffsqualität. Der Schutzbereich wird dabei umschrieben als der „grundrechtlich geschützte Lebensbereich.“98 Der Grundrechtsfallaufbau dient als Hilfsinstrument, anhand dessen das vor dem jeweils herangezogenen Grundrecht zu rechtfertigende Handeln abgegrenzt zu werden vermag, um darauf aufbauend die Frage nach der Vereinbarkeit einer Handlung mit einem Grundrecht verbindlich zu beantworten. Ein Schutzbereich ist insoweit nur dann dienlich, wenn allein das konkret vom Grundrecht Geschützte darunter zu subsumieren ist. Deshalb kann man begrifflich den Schutzbereich vom „Regelungsbereich“ unterscheiden, der allgemeiner die „Thematik“, den Lebensbereich umschreibt, von dem ein Grundrecht handelt, der aber dabei 97 98

Dazu näher unten ab S. 386. So Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 197.

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nicht strikt auf die Beantwortung der Frage nach der Grundrechtsmäßigkeit bezogen ist.99 Es ist nicht ersichtlich, weshalb bei der Beantwortung der Frage, welcher „Lebensbereich“ oder „Wirklichkeitsausschnitt“ als „Schutzbereich“ durch ein Grundrecht geschützt wird,100 schon der Blick auf die Schwere der Beeinträchtigung irgendwelcher staatlicher Handlungen gerichtet werden sollte. Was geschützt wird (Schutzbereich) ist grundsätzlich unabhängig festzustellen von der Bewertung des Wie (Eingriff) einer konkreten Beeinträchtigung.101 Dieses Was des Schutzes wird bei Art. 14 GG als „Eigentum“ benannt. Liegt kein Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG vor, führt der Hinweis auf die tatsächliche Intensität einer konkreten Beeinträchtigung nicht weiter. Die Schwere einer belastenden Maßnahme – sei sie noch so erdrückend – ändert nichts daran, dass diese Maßnahme nur dann direkt102 anhand des Art. 14 GG zu kontrollieren ist, wenn sie sich auf verfassungskräftiges Eigentum bezieht. Der Schutzbereich ist also allein dann eröffnet, wenn die Berührung von Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG in Rede steht. Eigentum ist aufgrund des Art. 14 I 2 GG nichts anderes als das, was die Gesetze dem Einzelnen im Zeitpunkt der staatlichen Maßnahme fest zuordnen. Deshalb gilt bei auf normativ eingeräumten Entscheidungsspielräumen beruhendem Verwaltungshandeln nichts anderes als bei ausführenden Verwaltungshandeln überhaupt: Bewegt sich die Verwaltung bei Ausfüllung der Handlungsspielräume innerhalb eines verfassungsrechtlich zulässig durch Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen gesteckten Rahmens, so kann der Betroffene angesichts der dies erlaubenden Gesetzeslage sich nicht auf ein eigentumskräftiges Zuordnungsverhältnis berufen. Insoweit fehlt es an der notwendigen Festigkeit der Zuordnung, da gegen die konkret getroffene Maßnahme dem Einzelnen vom inhaltsbestimmenden Gesetzgeber keine Abwehrmöglichkeit gegeben wurde; er soll sie vielmehr hinnehmen müssen. Die tatsächliche Belastung berührt damit nicht das (normgeprägte) Eigentum des Betroffenen. So verstanden hat die Rede von der bloßen Aktualisierung der abstrakten Inhalts-

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Vgl. nur Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 197 f., mit dem Beispiel, dass der Regelungsbereich des Art. 8 I GG alle Versammlungen umfasse, während der Schutzbereich sich nur auf friedliche und waffenlose Versammlungen erstrecke, sowie dazu Gusy, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG (2005), Art. 8, Rn. 14 m. w. N. 100 Siehe Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 197, 203. 101 Daran ändert sich deshalb nichts, dass der Schutzbereich abstrakt gesehen „gelegentlich schon mit Blick auf den Eingriff bestimmt werden“ muss (Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 236). Im Hinblick auf die im Ergebnis auch bei Ermessenshandlungen der Verwaltung gleiche Schutzintensität der hier entfalteten Konzeption mit den sonstigen Auffassungen zur dogmatischen Einordnung ergeben sich insoweit keine Besonderheiten. 102 Dass selbstverständlich (auch bei fehlender Eröffnung des Schutzbereichs) eine umfassende Kontrolle anhand der Eigentumsgarantie stattgefunden hat, wird im Text ausführlich aufgezeigt. Nur ist dies eben eine Kontrolle, die sich – ohne dadurch an Schutzintensität zu verlieren – vorentscheidend schon auf der Ebene der Schutzbereichseröffnung vollzieht und nicht erst bei der Frage nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung eines Eingriffs.

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und Schrankenbestimmungen durch die umsetzende Verwaltung103 ihre volle Berechtigung. Zum Zeitpunkt der die tatsächliche Beeinträchtigung erst herbeiführenden Verwaltungsentscheidung steht kein Eigentum vermittelndes Zuordnungsverhältnis in Rede, auf welches sich der Betroffene berufen könnte. Schließlich wird seine Rechtsstellung durch Zusammenschau aller relevanten Vorschriften ermittelt,104 mithin auch der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung, die diese Verwaltungsentscheidung legitimiert. Ohne Berufung auf die Eigentumsgesetze, ohne Bestehen eines Widerspruchs zwischen einfachem Recht und dem gerügten Verwaltungshandeln kommt es angesichts des Art. 14 I 2 GG nicht zur Eröffnung des Schutzbereichs. Dass also die erst durch die Verwaltungsmaßnahme eintretende tatsächliche Belastung für die Bestimmung der Schutzbereichseröffnung irrelevant bleiben muss, ist plausibel wohl nur, sofern man sich des aus der Normgeprägtheit resultierenden, insgesamt anders strukturierten Prüfungsaufbaus bewusst wird. Bevor nämlich die Frage nach der Eröffnung des Schutzbereichs überhaupt beantwortet werden kann, muss zunächst in abschließender und vollständiger rechtlicher Würdigung feststehen, dass das einfache, eigentumsvermittelnde Recht nicht verletzt worden ist. Die Schutzbereichseröffnung ist hier alles andere als nur ein Grobfilter, als der sie bei anderen Grundrechten verstanden werden mag. Dass in dieser exakten Prüfung des einfachen Rechts darüber hinaus alle eigentumsgrundrechtlichen Sicherungen schon implementiert sind, wird weiter unten dargelegt werden. Jedenfalls ist es Folge einer solch „kopflastigen“ Prüfungsstruktur, dass das vorentscheidende Ergebnis der eigentumsgrundrechtlichen Kontrolle schon bei der ersten Prüfungsfrage nach der Schutzbereichseröffnung herbeigeführt wird. c) Sicherung der eigentumsgrundrechtlichen Gewährleistungsgehalte Das Verwaltungshandeln ist in eigentumsgrundrechtlicher Hinsicht trotz der eigenständigen Entscheidungsspielräume also schon dann irrelevant, wenn die Vorgaben des einfachen Rechts eingehalten sind. Deshalb bleibt die Frage zu beantworten, ob und wie Art. 14 GG die Ausfüllung der Entscheidungsspielräume durch die Verwaltung verfassungsrechtlich zumindest mittelbar hinreichend zu determinieren weiß. Die Tätigkeit der Verwaltung ist es schließlich erst, die die tatsächlich belastende Wirkung erzeugt. aa) Besondere Bedeutung der verfassungsautonomen Bindungen hinsichtlich des Ermessen einräumenden Gesetzgebers Die Eigentumsgarantie sichert zunächst dadurch den Bürger vor freiheitseinschränkenden Verwaltungshandlungen, dass sie die Einräumung von Entscheidungs103 104

Siehe die Nachweise oben S. 356 – 357, Fn. 2–5. Vgl. nur BVerfGE 58, 300 (336), Beschl. v. 15.7.1981.

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spielräumen durch speziell hierfür geltende Voraussetzungen im verfassungsdirigierten Rahmen belässt. Der Gesetzgeber ist nämlich nicht befugt, der Verwaltung das Feld der Eigentumsgestaltung ohne sachgegebenen Zwang in rechtspraktisch wesentlichen Fragen zu überlassen. Der immer wieder betonten Bedeutung der Eigentumsgarantie für die Freiheit des Einzelnen entsprechend105 ist der Auftrag zur Inhaltsbzw. Schrankenbestimmung nicht bloße Möglichkeit. Er verdichtet sich vermittels der eigentumsgrundrechtlichen Bindungen zu einer nicht beliebig übertragbaren Gestaltungspflicht des direkt demokratisch legitimierten Gesetzgebers. Die Anknüpfung der gesetzlichen Inhaltsbestimmung des Eigentums an Handlungen der Verwaltung kann nur bei Sachnotwendigkeit sowie Sachgerechtigkeit vor Art. 14 GG Bestand haben. Die eigene Verantwortung abwälzende Blankoermächtigungen an die Verwaltung verstoßen gegen die Verhältnismäßigkeitsprüfung und sind damit hinfällig.106 So heißt es etwa in BVerfGE 58, 137 (146)107: Zwar werden nach Art. 14 I 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums „durch die Gesetze“ bestimmt. Daraus leitet sich indes keine generelle Pflicht des Gesetzgebers ab, den Inhalt der Rechtsstellung des Eigentümers bis ins letzte selbst zu regeln. Im Blick auf die elementare freiheitssichernde Bedeutung des Art. 14 I 1 GG (vgl. BVerfGE 24, 367 (389); 50, 290 (339)) ist er allerdings gehalten, die Voraussetzungen, unter denen der Gebrauch des Eigentums beschränkt werden darf, durch eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Ermächtigung selbst festzulegen.108

Unter diesem Gesichtspunkt (Anforderungen an die Delegierung eigentumsrelevanter Entscheidungen an die Verwaltung) ist auch die neuere Rechtsprechung des BVerfG zur ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung zu betrachten.109 bb) Implementierung der eigentumsgrundrechtlichen Wertungen in das einfache Recht aufgrund der Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie Kontrolle durch das Gebot verfassungskonformer Auslegung Weiterhin ist darzulegen, dass das Erfordernis der bloß gesetzeskonformen Ausfüllung der Entscheidungsspielräume110 – verglichen mit den sonstigen Auffassun105

Vgl. oben die Nachweise S. 104, Fn. 324. Dieser Argumentation (siehe Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 313 f.) folgend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 246 f. 107 Beschl. v. 14.7.1981. 108 Vgl. auch BVerfGE 52, 1 (41), Beschl. v. 12.6.1979: „Das Gesetz muß die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren und darf sich nicht darauf beschränken, allgemein gehaltene Grundsätze aufzustellen.“ 109 Vgl. BVerfGE 100, 226, Beschl. v. 2.3.1999, und dazu oben S. 113 ff. 110 Dem zustimmend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 247. Siehe hinsichtlich des Gebots der bloßen einfachgesetzlichen Auslegung auch Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte (1998), S. 134 ff., der allerdings das Gebot verfassungskonformer Auslegung deshalb wohl zu weit zurückdrängt, weil er den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers – insbesondere in Verkennung der Wirksamkeit des objektiven Abwägungsgebots – überschätzt (siehe insbesondere S. 137 f.). 106

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gen, denen zufolge diese Ausfüllung direkt anhand der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 GG gemessen wird –111 keineswegs geringerwertige Schutzwirkungen für den Betroffenen zur Folge hat. Zwar muss es dem Gesetzgeber schon aufgrund der faktischen Grenzen der Normierbarkeit erlaubt sein, der Verwaltung eigenständige Entscheidungsspielräume zu belassen. Doch muss er gleichwohl Sorge dafür tragen, dass sich dadurch nicht etwa eine Lockerung der eigentumsgrundrechtlichen Bindungen beim Handeln der Verwaltung vollziehen kann. Art. 14 GG fordert vom Gesetzgeber eine Gestaltung der Eigentumsordnung, der eine hinreichende Abwägung zwischen den Verfassungsdirektiven des Art. 14 I 1 und II GG zugrunde liegt.112 Daraus folgt, dass jedwede Delegierung von Entscheidungsbefugnissen auf die Verwaltung unverhältnismäßig wäre, die diese nicht dabei verpflichtete, ebenfalls für diese Abwägung Sorge zu tragen. Der Gesetzgeber muss die Exekutive dazu zwingen, bei der Entscheidung des Einzelfalls den Abwägungsdirektiven des Art. 14 GG Genüge zu tun. Mitunter mag es erforderlich sein, dass der Gesetzgeber selbst die abzuwägenden Güter konkret auf die in Rede stehende Regelungsmaterie bezogen beim Namen nennt und sich die Verwaltung somit an diese näher konkretisierten Abwägungsvorgaben halten kann.113 Oftmals wird sich aber aus dem Regelungszusammenhang des Gesetzes und im Wissen um den verfassungsrechtlichen Hintergrund auch ohne ausdrückliche gesetzliche Konkretisierung erschließen lassen, unter welchen Prämissen im Einzelfall vorgegangen werden muss.114 111 Vgl. BVerfG, 1 BvR 2722/06, Beschl. v. 20.2.2008, Abs.-Nr. 54, ebenso beispielsweise BVerfG (1. K./I) NVwZ 2005, 203 (204), Beschl. v. 2.9.2004. Siehe ferner beispielhaft Pieroth/ Schlink, GrundR (2007), Rn. 946: Ausfüllung „unter Beachtung von Art. 14 Abs. 1 und 2 GG“; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 35, 51, 69 (selbstständige Prüfung der Einzelmaßnahme anhand der Absätze 1 und 2); Hufen, Verw. (32) 1999, 519 (536). Insoweit dagegen wie hier Melchinger, Eigentumsdogmatik (1994), S. 173: „Das behördliche Vorgehen ist nur an den zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen, nicht aber unmittelbar selbst an Art. 14 GG zu messen.“ Inwieweit man überdies die Abgrenzung zwischen den Entscheidungskompetenzen der Fachgerichtsbarkeit und des BVerfG (Verkennung der grundrechtlichen Wertungen, siehe etwa die Nachweise oben S. 38, Fn. 57) vor dem Hintergrund der alleinigen Maßgeblichkeit des einfachen Rechts präziser formulieren müsste, soll hier dahingestellt bleiben. 112 Vgl. dazu näher oben S. 100 ff. 113 Insoweit ist das einfache Recht seinem Inhalt nach konkretisiertes Verfassungsrecht, vgl. Wahl, Ansprüche aus Art. 14 GG, in: FS Redeker (1993), S. 257, Fn. 42. 114 Vgl. insoweit auch die allgemeine Verpflichtung durch § 40 VwVfG zur Ermessensausübung nach Maßgabe des Gesetzeszwecks. Siehe auch BVerwG NVwZ 1997, 384 (385 f.), Urt. v. 23.8.1996. Insoweit lassen sich auch Parallelen zur Anwendung von Gesetzesrecht durch die Gerichte ziehen. Weil Zivilgerichte „die im Gesetz auf verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck gekommene Interessenabwägung“ im Hinblick auf gewisse Mietrechtsnormen nicht nachvollzogen hatten, hoben BVerfGE 37, 132 (148, 143 ff.), Beschl. v. 23.4.1974, 53, 352 (356 ff.), Beschl. v. 12.3.1980, 68, 361 (373, 374 f.), Beschl. v. 8.1.1985, und 81, 29 (31 ff.), Beschl. v. 3.10.1989, die Entscheidungen der Zivilgerichte wegen Verstoßes gegen Art. 14 I 1 GG auf; zum Kleingartenrecht so auch BVerfG (1. K./I) NJW 1998, 3559 (3559 f.), Beschl. v. 9.4.1998.

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

Im Übrigen ist insoweit vor allem das Erfordernis verfassungskonformer Auslegung115 zu beachten. Es mag sein, dass Zweifel verbleiben, ob gemäß des Normtextes des einfachen Gesetzes die Verwaltung verpflichtet wird, konform zu den eigentumsgrundrechtlichen Wertungen abzuwägen. Gleichwohl ist diejenige Auslegungsalternative, die die Beachtung dieser Wertungen beinhaltet, die einzige, die die gesetzliche Ermächtigung nicht als verfassungswidrig und damit nichtig erscheinen lässt. Somit sind die eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsdirektiven im einfachen Gesetz entweder sachspezifisch näher konkretisiert oder aber zumindest implizit in ihm enthalten, soll das Gesetz nicht verfassungswidrig sein. Durch diese Implementierung der eigentumsspezifischen Wertungen ist in vollem Umfang gesichert, dass die alleinige Orientierung am einfachen Recht zu keinerlei schutzmindernden Auswirkungen für die von Ermessensentscheidungen der Verwaltung betroffenen Grundrechtsträger führt. Eine „nur“ gesetzeskonforme Ausfüllung der normativ gewährten Entscheidungsspielräume genügt somit dem Schutzbedürfnis des Einzelnen vollauf. d) Verfristeter Rechtsschutz? Das Verwaltungshandeln ist – wie oben ausgeführt – selbst nicht von Verfassungs wegen als eigenständige Inhaltsbestimmung zu betrachten. Schließlich verdankt dieses Handeln trotz seiner mitunter eminent praktischen Bedeutung seine Autorität nicht Art. 14 GG selbst. Vielmehr rührt seine die Rechtsstellung des Einzelnen konkret ausformende Kraft allein aus der gesetzlichen Inbezugnahme her.116 Aus dieser Abhängigkeit von den Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen folgt, dass das Verwaltungshandeln anhand der einfachgesetzlichen Maßstäbe zu prüfen ist, und zwar ohne unmittelbaren Durchgriff auf die Maßstäbe der Eigentumsgarantie. Nur bei den Gesetzen selbst greifen die eigentumsgrundrechtlichen Bindungen unmittelbar ein. Kommt nun allein diese gesetzgeberische Handlung als Beschränkung des Eigentums i. S. d. Art. 14 I 1 GG in Frage und ist das umsetzende Verwaltungshandeln eine insoweit irrelevante „Aktualisierung“ dieses Gesetzes, so könnte sich die Frage stellen, ob dem Bürger bei solchem dogmatischen Verständnis nicht der ihm zukommen-

Vgl. auch BVerfGE 89, 1 (9 ff.), Beschl. v. 26.5.1993; BVerfG NJW 2000, 413 (415), Urt. v. 23.11.1999. 115 Siehe beispielsweise BVerfGE 46, 325 (335), Beschl. v. 7.12.1977; 95, 64 (93 ff.), Beschl. v. 15.10.1996; 98, 17 (45), Beschl. v. 8.4.1998, und – im Hinblick auf die integrierte Prüfung des Gleichheitssatzes – BVerfGE 87, 114 (144 f.), Beschl. v. 23.9.1992. 116 Vgl. auch Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum (1994), S. 43: „Den normanwendenden Instanzen [ist] die originäre Eigentumsinhaltsbestimmung versagt.“ Vgl. demgegenüber die missverständliche Formulierung bei Schoch, Eigentumsdogmatik, in: FS Boujong (1996), S. 661 (ebenso ders., Übungen – VerfR (2000), S. 395), von der „administrativen Inhaltsbestimmung des Eigentums“, die sachlich allein dann richtig ist, wenn sie sich auf den Erlass von Rechtsverordnungen bezieht (da diese materielle, auch unter Art. 14 I 2 GG fallende Gesetze sind). Diese Einschränkung muss deutlich gemacht werden, um sonst naheliegende Missverständnisse zu vermeiden. Vgl. insoweit auch oben ab S. 370.

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

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de Rechtsschutz abgeschnitten wird. In der Tat geht Eschenbach davon aus, dass bei Zugrundelegung der Ansicht Böhmers, der wie hier (allerdings ohne nähere Ausführungen) von der fehlenden Eingriffsqualität des Verwaltungshandelns ausgeht,117 der potentiell von einem Gesetz Betroffene die Verfassungsbeschwerde auch bei fehlender Beschwer durch die umsetzende Verwaltung innerhalb der Jahresfrist des § 93 III BVerfGG einlegen müsste. Eschenbach schreibt unter Wiedergabe der Formulierung Böhmers:118 Wenn durch die behördliche Maßnahme, die irgendwann nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt, der „Eigentümer deklaratorisch in die Schranken, die seiner Rechtsstellung aus Gründen des Gemeinwohls gezogen sind, (verwiesen wird)“, müßte der möglicherweise später einmal betroffene Alteigentümer bereits gegen das noch nicht angewendete Gesetz verfassungsgerichtlich vorgehen, obwohl ihn zu diesem Zeitpunkt allenfalls eine „Pflichtigkeit“ zur Befolgung des noch nicht ergangenen Ge- oder Verbots treffen könnte.

In der dieser Aussage folgenden Fußnote weist er dann insoweit zutreffend darauf hin, dass eine solche Verfassungsbeschwerde gleichwohl kaum den dafür geltenden Anforderungen genügen könnte. Daraus zieht er den Rückschluss, dass diese Konstruktion also insgesamt nicht tragfähig sei. Diese Ansicht Eschenbachs beruht auf einer Fehleinschätzung. Der lediglich potentiell von einer behördlichen Umsetzungsmaßnahme Betroffene119 braucht und kann nicht120 schon gegen den Erlass des die Verwaltung zu weiteren Maßnahmen ermächtigenden Gesetzes vorgehen. Sind es nämlich die nicht der Eigentumsgarantie genügenden Vorgaben dieses Gesetzes, welche der potentiell Betroffene rügen will, so ist es für seinen Rechtsschutz ausreichend, bis zur behördlichen Konkretisierungsmaßnahme abzuwarten. Im Wege der Urteilsverfassungsbeschwerde gegen die letztinstanzliche, die Umsetzungsmaßnahme bestätigende Entscheidung kann er nämlich ohne weiteres gegen die ihm auferlegte Belastung vorgehen.121 Die Rüge lautet dann dahingehend, dass die behördlichen und gerichtlichen Akte den Beschwerdeführer in seiner durch Art. 14 I 1 GG geschützten Rechtsstellung verletzen. Als Ursache hierfür muss vorgetragen werden, dass wegen Nichtigkeit der gesetzlichen Neuregelung noch die zuvor bestehende Zusammenschau der alten Gesetzeslage seine zum Zeitpunkt der Eingriffshandlung bestehende Rechtsstellung i. S. d. Art. 14 I 1 GG ausformt, wogegen die auf das neue, jedoch eben nichtige Recht gestützten staatlichen Maßnahmen verstoßen. Mag die eigentlich gerügte gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung auch Jahre zuvor ergangen sein, an ihrer Nichtigkeit ändert sich bei 117

Seine Aussage hierzu ist oben S. 356 bei Fn. 2 wiedergegeben. Eschenbach, Eigentum (1996), S. 545. 119 Wie etwa im Ausgangsbeispiel (2). 120 Insoweit überzeugend Eschenbach; vgl. weiterhin diesbezüglich Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 23, der ausführt, dass die „Ermächtigung zu Beschränkungen durch Ermessensentscheidungen in der Regel noch nicht den Bestand“ von Eigentumsrechten betreffe. 121 Sofern nicht schon die Gerichte den Ausführungen des Betroffenen gefolgt sind und das Vorlageverfahren gemäß Art. 100 I GG angestrengt haben. 118

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

zutreffender Rüge des Beschwerdeführers nach Ablauf der hier erst gar nicht einschlägigen Jahresfrist des § 93 III BVerfGG deshalb nichts. Liegt die Rüge aber in der falschen Anwendung einer an sich verfassungsmäßigen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung, so ergibt sich schon von daher, dass der Rechtsschutz (und die mögliche Verfassungsbeschwerde) erst dem behördlichen Umsetzungsakt folgen kann (ohne dass besondere Probleme hierbei sichtbar wären)122. e) Zum Ausgangsbeispiel (2) Ob E zu Recht eine Verletzung des Art. 14 GG rügen kann, hängt davon ab, ob das von ihm angegriffene Verwaltungshandeln den Schutzbereich der Eigentumsgarantie betrifft. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt ist der Erlass des angegriffenen VAes. Eine möglicherweise betroffene Eigentumsposition könnte hier das bürgerlich-rechtliche Eigentum an der Buchshecke123 sein. Um die Eröffnung des Schutzbereichs feststellen zu können, muss in Zusammenschau aller dieses Zuordnungsverhältnis gestaltenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vorschriften eine Befugnis festgestellt werden können, der das Verwaltungshandeln zuwiderläuft. Hier steht die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Buchshecke durch Abholzen in Rede. Zwar steht dies dem Eigentümer gemäß § 903 BGB grundsätzlich frei, doch könnte sich in Zusammenschau mit §§ 22, 34 LG NRW anderes ergeben. Bei diesen Vorschriften soll hier zum einen davon ausgegangen werden, dass sie ihrem Inhalt nach grundsätzlich mit den eigentumsgrundrechtlichen Vorgaben zu vereinbaren sind124 und dass zum anderen auch die darin enthaltene Anknüpfung an das Verwaltungshandeln als sachnotwendig zu werten ist. Angesichts der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften ergibt sich damit insoweit folgende eigentumskräftige, gesetzliche Zuordnung der Buchshecke an den E: Die Nutzung ist ihm frei zugeordnet, sofern nicht die Verwaltung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Hecke als Naturdenkmal festsetzt. Bedingt durch die konkretisierende Verwaltungsentscheidung steht ihm insoweit keine verfassungsrechtliche Befugnis zur Eigentumsnutzung zu. Also hängt die Eröffnung des Schutzbereichs durch die Maßnahme der Verwaltung davon ab, ob die Grenzen der verfassungsmäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung hier 122

Im Falle einer Rüge des die Gesetze missachtenden Verwaltungshandelns stellt sich auch nicht die Frage nach Art. 100 I GG (vgl. im Ergebnis auch Hoppe/Spoerr, NVwZ 1999, 945 (949)). Der Weg vor das BVerfG wäre hier erst dann eröffnet, wenn das letztinstanzliche Urteil „Bedeutung und Tragweite“ der eigentumsvermittelnden Gesetze (in ausreichend gewichtigem Maße) verkannt hätte (vgl. zur die einfachrechtliche Auslegung der Fachgerichte betreffenden Zurückhaltung etwa BVerfG (1. K./I) NVwZ 1999, 62 (ebd.), Beschl. v. 8.7.1998). 123 Hier wird untechnisch von „Eigentum an der Buchshecke“ gesprochen. Die Einzelheiten der zivilrechtlichen Zuordnung auch der Buchenhecke an den Grundeigentümer interessieren in diesem Zusammenhang nicht. 124 Und zwar mit Blick auf die zukünftige Gestaltung der Eigentumsordnung als auch mit Blick darauf, dass mit Erlass des LG in schon wohlerworbenes Eigentum eingegriffen wurde. Siehe allerdings kritisch zu diesem Fallbeispiel Lege, UTR 2005, 7 (62): Dass die Buchsbaumhecke, wie Pieroth/Schlink formulieren, „,nicht durch Arbeit und Lesitungs gewonnen [… sei,] ist wohlwollend formuliert, lebensfremd.“

C. Neubestimmung der eigentumsrechtlichen Dogmatik

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der §§ 22, 34 LG NRW eingehalten worden sind. Davon ist auszugehen. Aufgrund dieser abschließenden einfachgesetzlichen Prüfung ist deshalb kein eigentumsvermittelndes Gesetz im Sinne des Art. 14 I 1 GG berührt und damit der Schutzbereich des Art. 14 GG nicht aufgrund des Erlasses des VA eröffnet. 4. Vergleich zur Schutzbereichsbestimmung bei den anderen Grundrechten Die hiermit dargelegte Schutzbereichsbestimmung mag auf den ersten Blick Verwunderung erregen, als danach der Erlass eines Gesetzes zur Minderung des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie hinsichtlich umsetzenden Verwaltungshandelns führen kann. Dies ist bei anderen Grundrechten nicht so. Allerdings lässt sich diese Divergenz aus der Struktur sonstiger Grundrechte erklären. Dies mag am Beispiel des Art. 8 GG veranschaulicht werden. Dessen Schutzbereich greift auf eine sozial fassbare Erscheinungsform zurück; sich zu versammeln ist Ausdruck „natürlicher Geselligkeit“.125 Das hat Konsequenzen für die Eingriffsbestimmung. Gemäß Art. 8 II GG können Versammlungen unter freiem Himmel „durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden“. Wird nun aufgrund dessen ein Gesetz erlassen, so stellt nicht nur dies einen Eingriff dar. Denn auch durch den Erlass eines verfassungsmäßigen Gesetzes ändert sich nicht der Schutzbereich.126 Deshalb ist das durch Art. 8 GG geschützte Recht, sich zu versammeln, noch immer betroffen, wenn ein VA in Vollzug dieses Gesetzes ergeht. Erlässt der Gesetzgeber ein Gesetz i. S. d. Art. 8 II GG, so findet dieses seine Bedeutung „nur“ darin, dass es Grundlage einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von aufgrund des Gesetzes erfolgendem Verwaltungshandeln sein kann. Wird hingegen eine verfassungsmäßige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung normiert, so hat dies – entgegen den bisherigen Auffassungen – wegen der dadurch erfolgenden Normprägung des Schutzbereichs zur Konsequenz, dass alles darauf gestützte, zeitlich nachfolgende rechtmäßige Verwaltungshandeln wegen Minderung des Schutzbereichs diesen nicht mehr zu berühren vermag. Wenn sich auch infolge der hier versuchten Herausarbeitung der Strukturen – wie gesagt – zunächst am Ergebnis der Prüfung keine Änderungen ergeben werden, so drückt sich doch hierin auch ein Stück weit das „Mehr“ aus, das der Verfassungsgeber dem einfachen Gesetzgeber im Gegensatz zum bloßen Gesetzesvorbehalt so nur bei der Eigentumsgarantie zugesprochen hat. Die Divergenz in der Wirkung gesetzgeberischen Handelns – hier schutzbereichsbestimmend, dort nur die Grundlage einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bildend – findet seine Entsprechung in der unterschiedlichen Normtextgestaltung. Der Unterschied in der Formulierung 125

So Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 210. Siehe differenzierter Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG (2005), Art. 8, Rn. 51, der wie oben im Text feststellt, dass Art. 8 GG nicht rechtlich konstituiert ist, jedoch gleichwohl auf eine gewisse Ausgestaltungsbedürftigkeit durch Gesetze hin angelegt ist. 126

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des Art. 14 I 2 GG als Grundlage der Normgeprägtheit im Vergleich zur Formulierung eines Gesetzesvorbehalts hat seine volle Berechtigung. Dort lässt sich schon dem Wortlaut entnehmen, dass auch die Verwaltungshandlung „aufgrund eines Gesetzes beschränkt“, also selbst einen Eingriff darstellt. Es ergibt also einen Sinn, dass gerade dies der Textfassung der Eigentumsgarantie nicht zu entnehmen ist.

II. Stellungnahmen zu den anderen Auffassungen 1. Zur Verwaltungshandlungen generell als sonstige Eingriffe verstehenden Auffassung Wie oben dargestellt127 soll nach einer weit verbreiteten Meinung bei einem Handeln der Verwaltung zur Umsetzung gesetzlicher Inhalts- und Schrankenbestimmungen der Schutzbereich der Eigentumsgarantie ohne weiteres eröffnet sein. Vor dem Hintergrund der eben aufgezeigten Prüfung anhand des Art. 14 GG stellt sich die Frage, in welcher Weise diese Auffassung dennoch gerechtfertigt sein könnte. Art. 14 I 2 GG bestimmt schließlich, dass der Inhalt der Eigentumsgarantie sich nach den einfachen Gesetzen bestimmt. Auffällig ist deshalb, dass das Schrifttum die Frage nach den Konsequenzen des Erlasses neuer Gesetze i. S. d. Art. 14 I 2 GG für die Schutzbereichsbestimmung entweder erst gar nicht stellt, oder aber argumentativ nicht überzeugend beantwortet.128 Dies gilt umso mehr, als (Inhalts- bzw.) 127

S. 360 ff. Letzteres gilt für die Ausführungen von Bumke, NJ 1999, 235 (238), im Wortlaut zitiert oben S. 361, Fn. 21. Es geht nicht um Sinn oder Unsinn einer Betrachtungsweise, die die in den Denkmalschutzgesetzen getroffenen Regelungen als „potentielle“ Einschränkung versteht. Denn ohne eine vom Grundrechtsträger angegriffene staatliche Handlung stellt sich die Frage eines Eingriffs nicht und es ist grundrechtlich gesehen müßig, sich zu fragen, ob die Rechtssphäre des Eigentümers eines denkmalwürdigen, aber noch nicht in die Liste eingetragenen Gebäudes als „potentiell“ schon eingeschränkt zu beschreiben ist (vgl. dazu allerdings Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 303). Zu beantworten ist allein die Frage, ob ein Eingriff vorliegt, wenn die Verwaltung einen vollumfänglich vom Gesetz gedeckten VA (im Beispiel zur Unterschutzstellung eines Gebäudes) erlässt. Im Zeitpunkt dieses Eingriffs existiert dann jedoch kein Gesetz, das das konkrete Gebäude des Eigentümers als einen von denkmalschutzrechtlichen Verwaltungsentscheidungen frei zu haltenden Eigentumsgegenstand beschreibt. Mangels eines Gesetzes, das gegen eine solche Maßnahme der Verwaltung gleichwohl Eigentum zuordnet, vermag sich der Eigentümer nicht auf Art. 14 I 1 GG zu berufen. Dass also das Verwaltungshandeln noch nicht einmal den Schutzbereich zu berühren vermag und damit die Gesetze mehr als eine bloße „Eingriffsermächtigung“ darstellen, ist nichts weiter als die Folge stringenter Anwendung des allgemeinen Prüfungsschemas für Grundrechte auf ein gesetzesgeprägtes Grundrecht: eine Abweichung, die auch im nicht wie ein Gesetzesvorbehalt gefassten Normtext des Art. 14 I 2 GG greifbar ist. Insoweit ist Bumke die Gegenfrage zu stellen, womit er die aus seiner Auffassung resultierende Negierung der Unterschiedlichkeiten des Normtextes zu rechtfertigen gedenkt (siehe auch sogleich im Text bei Fn. 130). Die Normgeprägtheit des Eigentums zieht also auch insoweit Konsequenzen nach sich – in der dogmatischen Betrachtungsweise, nicht jedoch in der praktischen Wirkungskraft der Eigentumsgarantie, wie oben im Text deutlich gemacht worden ist. 128

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Schrankenbestimmungen doch gerade nur dann verfassungsmäßig und deshalb sofort gültig sind, wenn sie zuvor dem in die alte Rechtslage gesetzten Vertrauen hinreichend Beachtung geschenkt haben.129 Ist man dann im Prüfungsaufbau zur Frage der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung gelangt, kommt es zu einer weiteren Nivellierung des Wortlauts des Art. 14 GG. Obwohl man vergeblich im Normtext nach einer dort geregelten Rechtfertigung einer „sonstigen“, „dritten“ Eingriffskategorie neben der Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung und den beiden Formen der Enteignung sucht, soll sich „wie stets“130 die Rechtfertigung in Abhängigkeit der Verfassungsmäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmungen und ihrer rechtmäßigen Anwendung ergeben. Der Sache nach wird also der Formulierung des Art. 14 I 2 GG ein einfacher Gesetzesvorbehalt entnommen,131 ohne auf den doch wohl kaum von der Hand zu weisenden Unterschied im Wortlaut hinzuweisen, geschweige denn, ihn zu erklären. Eine solche argumentationslose Abkehr vom Normtext ist der Überzeugungskraft der Gesamtkonstruktion dieser Ansicht sicherlich nicht zuträglich. 2. Zur Annahme einer fehlenden Zäsur zwischen Gesetz und Vollzugsakt Das Dilemma der von der Einheit zwischen Gesetz und Vollzugsakt ausgehenden Literaturauffassung besteht darin, dass sie nicht zu begründen vermag (und dies deshalb auch zumeist gleich gänzlich unterlässt), wie jegliches umsetzende Verwaltungshandeln unter den Gesetzesbegriff des Art. 14 I 2 GG gefasst werden sollte.132 Deutlich wird dies vor allem am Eingeständnis Leges und Külpmanns, es bedürfe einer berichtigenden Auslegung des Art. 14 I 2 GG.133 Angesichts der soeben dargelegten Möglichkeit, Anwendungs- und Vollzugsakte der Verwaltung dem Wortlaut der Eigentumsgarantie entsprechend an diesem Grundrecht zu überprüfen, ohne dass dies zu Rechtsschutzeinbußen für den Bürger oder dogmatischen Unstimmigkeiten führt, besteht keine Notwendigkeit einer Korrektur mehr. Angemerkt sei, dass es auch nicht einer philosophisch begründeten134 Annahme einer Einheit zwischen Anwendung und Gesetz bedarf, um die Verwaltungsumsetzung von Enteignungsgeset-

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Siehe oben die Nachweise ab S. 111 und S. 138. Exemplarisch Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 946. 131 So wird interessanterweise bei Schmalz, GrundR (2001), Rn. 937 folgendes Zitat – allerdings ohne Nachweis – gegeben: „Für die Rechtsmäßigkeit [sonstiger Eingriffe durch die Verwaltung] ist erforderlich, dass die Maßnahme ,auf Grund eines Gesetzes erlassen wird.“ Was auch immer Schmalz hiermit zitieren wollte, Art. 14 GG ist es nicht. 132 Ebenso Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 241; vgl. ferner Mengel, Naturschutz, Grundeigentum (2004), S. 106 f. 133 Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 31; Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 108. 134 Siehe oben den Nachweis auf S. 367, Fn. 40. 130

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

zen (Administrativenteignung) dogmatisch zu kategorisieren.135 Wenn ein Gesetz (gemäß der verfassungsautonomen Unterscheidung zwischen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen und Enteignungen) Enteignungen legitimiert, ist dieses Gesetz kein Eigentumsgesetz, das zuvor den Schutzbereich hätte beeinflussen können.136 Nach wie vor bestimmen sich die eigentumskräftigen Befugnisse also nach den Eigentumsgesetzen. Eine auf ein zu Enteignungen ermächtigendes Gesetz gestützte Maßnahme der Verwaltung kann zwar bei Vorliegen aller eigentumsgrundrechtlichen und einfachrechtlichen Voraussetzungen rechtmäßig sein, an dem Eingriffscharakter dieser Handlung ändert das (angesichts der fortbestehenden Eigentumskonstituierung allein durch die Eigentumsgesetze) nichts. Art. 14 III 2 GG unterscheidet sich insoweit nicht von den Gesetzesvorbehalten anderer Grundrechte.137 Hat man die Frage nach der Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung oder als Enteignung im dafür allein geeigneten Zusammenhang beantwortet – nämlich auf der Ebene der Handlungsform der Parlamente, dem formellen138 Gesetz, so führt die zumeist bestehende Notwendigkeit der Umsetzung durch die Exekutive nach zutreffendem dogmatischen Verständnis folglich zu keinerlei sinnwidrigen Einordnungsschwierigkeiten.

III. Zusammenfassung Es besteht Klärungsbedarf, was die dogmatische Einordnung des umsetzenden Verwaltungshandelns von Eigentumsgesetzen betrifft. Während sich die Rechtsprechung näherer Aussagen zumeist enthält, stehen sich im Schrifttum mittlerweile zwei Ansichten recht unversöhnlich gegenüber. In zwei Dingen aber gleichen sich beide Auffassungen: Sowohl im Ergebnis als auch im Vorliegen jeweils einer (wechselsei-

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Gerade im Hinblick auf die Abgrenzungsfrage zwischen Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmungen entfaltet beispielsweise Rozek, Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 161 ff., 218 ff., seine These der Einheit zwischen Gesetz und Vollzugsakt („eine noch trennschärfere Unterscheidung von Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung muß vor allem die Schwierigkeiten der Zäsur zwischen generellem Gesetz und konkretem Vollzugsakt überwinden“, S. 161, siehe auch S. 136 f. sowie S. 158, Fn. 96, m. w. N. unter anderem auf Lege, Zwangskontrakt (1995), S. 50); siehe ferner Külpmann, Enteignende Eingriffe? (2000), S. 108 f.; im Zusammenhang mit dieser Abgrenzungsfrage von „Aktualisierung“ sprechend auch Dietlein, Examinatorium StaatsR (2006), S. 241 f. 136 Zum Begriff „Eigentumsgesetz“ siehe oben S. 61. Ein Enteignungsgesetz dient der singulären Durchbrechung der Eigentumsordnung und kann daher nicht den Schutzbereich gestalten, siehe dazu näher Grochtmann, Art. 14 GG (1. A., 2000), S. 275 f. sowie dem beipflichtend Appel, Entstehungsschwäche und Bestandsstärke (2004), S. 205 bei und in Fn. 280. 137 Vgl. dazu oben ab S. 391. 138 In Anwendung der Wesentlichkeitslehre bedarf es eines parlamentarischen Gesetzes zur Festlegung der die Enteignung legitimierenden Gemeinwohlaufgaben, siehe BVerfGE 56, 249 (261), Urt. v. 10.3.1981; Pieroth/Schlink, GrundR (2007), Rn. 938; Jarass, in: ders./Pieroth, GG (2007), Art. 14, Rn. 79.

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tig angegriffenen) Kernaussage, die sich durch ihre Unvereinbarkeit mit dem Normtext des Art. 14 GG auszeichnet. Die einen ringen darum, eine Identität des Allgemeinen mit dem Besonderen, der exekutivischen Umsetzungshandlung mit der gesetzlichen Ermächtigung zu begründen, die dem Wortlaut des Art. 14 I 2 GG entgegensteht. Die anderen behaupten sowohl vorschnell einen „sonstigen“ Eingriff in den Schutzbereich, als auch die Möglichkeit verfassungsrechtlicher Rechtfertigung, obwohl Art. 14 GG im Gegensatz zur Regelungstechnik der sonstigen Grundrechte eine solche Rechtfertigungsmöglichkeit gar nicht vorsieht. Am von allen Auffassungen geteilten Ergebnis soll mit vorliegender Untersuchung nicht gerüttelt werden. Der fehlenden Relevanz hinsichtlich des Ergebnisses mag es wohl zu verdanken sein, dass sich bislang noch nicht in hinreichender Konsequenz der vorliegenden Problematik gewidmet wurde. Möglich ist eine in sich schlüssige dogmatische Einordnung der verwaltungsrechtlichen Umsetzungsakte gleichwohl, ohne dabei den Normtext des Art. 14 GG gleich an welcher Stelle zu missachten. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie ist normgeprägt. Gemäß der Vorschrift des Art. 14 I 2 GG bestimmen nur die Gesetze Inhalt und Schranken des Eigentums. Verlässt die Verwaltung diesen Rahmen der eigentumsbestimmenden Normen, so liegt ein Eingriff vor, der mangels Rechtfertigungsmöglichkeit zur Verletzung der Eigentumsgarantie führt. Verwaltungshandeln, dass sich dagegen innerhalb der geltenden Normen bewegt, betrifft wegen der Normgeprägtheit keine eigentumsrechtliche Positionen i. S. d. Art. 14 I 1 GG. Somit wird dadurch noch nicht einmal der Schutzbereich eröffnet. Schutzbereichsbestimmend in diesem Sinne sind die aktuellen Gesetze. Die zeitliche Abfolge von Gesetzeserlass und nachfolgendem Verwaltungshandeln gewinnt in diesem Zusammenhang entscheidende Bedeutung. Daraus erschließt sich, dass seit dem Wirksamwerden eines neuen verfassungsmäßigen Eigentumsgesetzes keine eigentumskräftige einfachrechtliche Regelung mehr existiert, die dem Betroffenen die Abwehr der gesetzestreuen exekutivischen Umsetzungshandlungen als Eigentumsrecht i. S. d. Art. 14 I 1 GG zuordnen würde. Sollte aber ein Gesetz verfassungswidrig sein, so entfaltet es keine schutzbereichsprägende Kraft, die alte Rechtslage gilt fort, und der Betroffene kann sich auf deren Verletzung berufen, sollte die Verwaltung die verfassungswidrigen Normen umsetzen wollen. An diesen Grundsätzen zur Einordnung umsetzenden Verwaltungsakten ändert sich nichts, wenn die Verwaltung normativ eingeräumte Entscheidungsspielräume ausfüllt. Alleiniger Maßstab der Ausfüllung bleibt das das Eigentum prägende einfache Recht. Den Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen sind zwar die Grundgedanken des Art. 14 GG immanent, diese gewinnen damit als Auslegungsvorgabe im Rahmen der Frage nach der Ermessensfehlerhaftigkeit aber nur mittelbar an Gewicht. Da bei einer gesetzeskonformen Ausfüllung der Entscheidungsspielräume mangels eines dann dem Betroffenen zugeordneten einfachrechtlichen Schutzes nämlich keine Eigentumsposi-

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3. Teil: Konsequenzen der Normgeprägtheit für die Prüfungsstruktur

tion betroffen ist, kommt es auch hier nicht zu einer eigenständigen Prüfung der Ausfüllungstätigkeit der Verwaltung direkt am Maßstab der Eigentumsgarantie. Der bislang recht stiefmütterlich behandelten Frage nach der Eröffnung des Schutzbereichs kommt also – dies sei abschließend festgehalten – vorentscheidende Bedeutung zu. Hierbei ist eine abschließende Erörterung des Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 GG zuordnenden einfachen Rechts vorzunehmen.139 Schon hier ist auch zu entscheiden, ob das einfache Recht seinerseits verfassungsmäßig ist, denn nichts anderes als die exakte Bestimmung des tatsächlich wirksamen einfachen Rechts erlaubt die Beantwortung der Frage nach der Eröffnung des normgeprägten Schutzbereichs der Eigentumsgarantie.

139 Insoweit ist es überzeugend, wenn es bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im ersten Beschluss zum Kleingartenrecht zu Beginn heißt: „Die Darstellung der Rechtslage nach einfachem Recht hat ergeben, daß […]“, BVerfGE 52, 1 (30 f.), Beschl. v. 12.6.1979.

Zusammenfassung (1) Die Gewährleistung des Eigentums knüpft exklusiv an das an, was dem Grundrechtsträger durch die Gesetze zugeordnet ist (Normgeprägtheit des Eigentums).1 Von der Eigentumsgarantie als einem freiheitlichen Grundrecht kann daher nur dann gesprochen werden, wenn sie diese Freiheit auch dem eigentumsgestaltenden einfachen Gesetzgeber gegenüber zu sichern weiß. (2) Die eigentumsgrundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung als zentrales Kontrollinstrument der Tätigkeit des einfachen Gesetzgebers ist geprägt durch die beiden Abwägungsdirektiven des Art. 14 I 1 GG und Art. 14 II GG. Immer, wenn die Eigentumsordnung gestaltet werden soll, müssen dabei sowohl die Eigentümerinteressen als auch diejenigen des Allgemeinwohls jeweils nach ihrer Bedeutung im Einzelfall berücksichtigt werden. Dem Gesetzgeber ist damit ein eigentumsgrundrechtlicher Rahmen gezogen, innerhalb dessen ihm Gestaltungsvollmacht zugesprochen ist.2 (3) Schon aus dieser theoretischen Fundierung der Verhältnismäßigkeitskontrolle ergibt sich, dass diese Abwägung nicht etwa nur dann durchzuführen ist, wenn in „wohlerworbenes“ Alteigentum eingegriffen wird. Wenn und soweit der Gesetzgeber sich darauf beschränkt, Regelungen nur hinsichtlich zukünftig zu erwerbenden Eigentums zu erlassen, bewegt er sich noch immer auf dem Feld der Eigentumsgestaltung. Deshalb ist auch hier die dem Gesetzgeber durch Art. 14 I 2 GG erteilte Ermächtigung durch die eigentumsgrundrechtlichen Abwägungsdirektiven eingegrenzt. Obwohl von der Literatur weitestgehend unbemerkt geblieben, hat das BVerfG in ständiger Rechtsprechung ein eigentumsgrundrechtliches Abwägungsgebot mit hinreichend berechenbaren Strukturen ausgeformt. Hiermit werden unabhängig von einem Eingriff in schon bestehendes Eigentum – wenn nötig höchst wirksam – die Normierungen des einfachen Gesetzgebers kontrolliert. Bedauerlich ist nur, dass diese dogmatisch entscheidende Weichenstellung vom Gericht nirgends explizit als solche benannt worden ist.3 (4) Eine stark vertretene Auffassung in der Literatur geht demgegenüber davon aus, dass zukunftsgerichtet die Tätigkeit des einfachen Gesetzgebers einzig an der Institutsgarantie zu messen sei. Unbewusst gibt man damit – in so nicht akzeptabler Weise – das Grundrecht auf Eigentum in die Zeit hinein in weitem Umfang dem Gutdünken des einfachen Gesetzgebers preis. Denn die Institutsgarantie im Verständnis 1 2 3

Dazu ab S. 24. Dazu ab S. 100. Dazu ab S. 128.

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des BVerfG ist nicht zu mehr als zu einer letzten, absoluten Grenze ausgeformt worden, die dem Gesetzgeber weitestgehend freie Hand lässt. Der Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber regelmäßig bei seinen Normierungen auch Alteigentum beeinträchtige und somit schon deshalb die eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitserwägungen beachten müsse, trägt nicht. Schließlich steht es dem Gesetzgeber frei, durch (strikte) Übergangsregelungen den Eingriff in die Altrechte zu verhindern oder verhältnismäßig zu gestalten. Das einzige, was er dann noch bräuchte, um seine Vorstellungen in einer nicht grundrechtsdirigierten Weise durchzusetzen, ist Zeit, denn mit Zeitablauf wird sich die Mehrzahl der Rechtsgeschäfte nach dem neuen, allein an der Institutsgarantie gemessenen Recht richten.4 (5) Erkennt man die zukunftsgerichtete, objektive Verhältnismäßigkeitsprüfung an, so bedarf es des Konstrukts der Institutsgarantie nicht mehr. Von einigen wird indes ein neues, erweiterndes Verständnis der Institutsgarantie vorgetragen, dem sich so auch das BVerfG angeschlossen habe. Danach umfasse die Institutsgarantie mehr als nur einen Kernbereichsschutz, nämlich auch das soeben beschriebene objektive Abwägungsgebot. Wenngleich es sich insoweit nur um eine terminologische Anknüpfung an die Institutsgarantie handelt, ist dem nicht beizupflichten, um Verwirrung zu vermeiden. Denn die Institutsgarantie wird als eng, absolut und damit auch abwägungsfeindlich verstanden, und zwar von ihrem Beginn an zu Zeiten der Weimarer Reichsverfassung bis hin zur heutigen Rechtsprechung des BVerfG.5 (6) In Art. 14 II GG trifft die Verfassung explizit Aussagen über die Allgemeinwohlinteressen, die – wegen der Normgeprägtheit – der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Eigentumsordnung berücksichtigen soll. Art. 14 II GG als lex specialis verbietet es, auf sonstige Allgemeinwohlinteressen zurückzugreifen, die sich nicht auf Art. 14 II GG stützen lassen. Fehlt es an solchen, so ist es dem Staat kategorisch versagt, eine den Eigentümerinteressen zuwider laufende Normierung herbeizuführen. So verstanden führt das BVerfG ganz zu Recht aus, das Wohl der Allgemeinheit sei nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen.6 (7) Dem so in der Theorie Erkannten käme nur dann rechtspraktische Relevanz zu, wenn sich tatsächlich aus Art. 14 II GG Einschränkungen für die eigentumsgrundrechtliche Zulässigkeit von Allgemeinwohlbelangen ergäben. Gemäß Art. 14 II 1 GG verpflichtet „das Eigentum“, nicht aber wird der (potentiell als wohlhabend betrachtete) Eigentümer verpflichtet, generell für die Belange der Allgemeinheit aufzukommen. Somit sind Allgemeinwohlbelange nur dann zulässig, wenn sie sich auf das konkret zu regelnde Zuordnungsverhältnis beziehen. Schon deshalb bleiben dem Gesetzgeber rein fiskalische Zielsetzungen verwehrt. Letzteres wird bestätigt durch den Blick auf den X. Abschnitt des Grundgesetzes, in dem explizit die Befriedigung staatlicher Finanzinteressen durch Rückgriff auf das Vermögen der Bürger 4 5 6

Dazu ab S. 151. Dazu ab S. 197. Dazu ab S. 181.

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einer Regelung zugeführt worden ist. Unter dem Deckmantel der Sozialbindung dürfen diese speziell normierten Befugnisse nicht schleichend erweitert werden. Denkmalschutzrechtliche Maßnahmen, deren Angemessenheit sich undifferenziert auf den Rückgriff auf das sonstige Vermögen des Eigentümers stützt, sind von daher unzulässig, ebenso wie beispielsweise die Vorstellung einer unbegrenzten Zustandsverantwortlichkeit im Polizei- und Ordnungsrecht.7 (8) Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff bestimmt, welche normativen Zuordnungsverhältnisse in der Hand von Grundrechtsträgern es sind, die i. S. d. Art. 14 I 1 GG gewährleistet werden. Die dazu in einem ersten Teilschritt notwendige Abgrenzung der Gesetze, auf deren Grundlage Eigentum erworben werden kann, von den sonstigen Gesetzen, erfolgt nach verfassungsautonomen Kriterien des Eigentumsbegriffs unabhängig vom Willen des einfachen Gesetzgebers.8 (9) Sachlich eng verbunden, doch dogmatisch strikt zu trennen ist davon die Frage nach der Qualifizierung eines Gesetzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung. Diese Abgrenzung dient allein dazu festzustellen, welche Gesetze den spezifisch eigentumsgrundrechtlichen Anforderungen zu genügen haben. Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung ist ein Gesetz immer dann, wenn es zur Gestaltung einer Rechtslage dient, die dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff zuzuordnen ist, eine Rechtslage also, aufgrund derer der Einzelne Eigentum erwerben kann. Um Schutzlücken zu schließen, muss eine Auslegung hinzutreten, die als Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung auch solche Gesetze auffasst, die eine ehemals eigentumskräftige Rechtslage so abändern, dass fortan hierauf keine normativen Zuordnungsverhältnisse i. S. d. Art. 14 I 1 GG mehr gegründet sind (rückwärts gewandte Qualifizierung der Inhaltsund Schrankenbestimmungen).9 (10) Der Eigentumsbegriff ist entgegen der wohl herrschenden Ansicht im Schrifttum keineswegs wandelbar, denn dessen Merkmale, die zur Abgrenzung der Zuordnungsverhältnisse herangezogen werden, verändern sich nicht. Die Wandelbarkeit, die mit den jeweiligen Änderungen der Rechtslage einhergeht, bezieht sich allein auf die konkreten eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnisse. Die Verfassungsrechtlichkeit des Eigentumsbegriffs ergibt sich schon aus der Eigenständigkeit der Auslegung jener Abgrenzungsmerkmale des Eigentumsbegriffs, die sich beispielsweise in der Unbeachtlichkeit des vom Gesetzgeber gewählten Namens ausdrückt. Eines Rückgriffs auf materielle Gehalte des Eigentumsbegriffs bedarf es also nicht, um sich eines Eigentumsbegriffs nach „Maßgabe der einfachen Gesetze“ zu verwehren.10 (11) Die Auffassung, dass Inhalts- und Schrankenbestimmungen keinen Eingriff in das Eigentum darstellen können, ist nicht überzeugend. Denn dass sich der Schutz7

Dazu ab S. 186. Dazu ab S. 46. 9 Dazu ab S. 52. 10 Dazu ab S. 73. 8

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bereich durch den Erlass von Inhalts- und Schrankenbestimmungen ändert, ist zwar eine zutreffende Beobachtung, doch ist dies irrelevant für den Eingriffsbegriff. Eigentum sind nicht die Gesetze, die bei Rechtsänderung durch gleichrangige Gesetze abgelöst werden; Eigentum sind die konkreten Zuordnungsverhältnisse in der Hand von Grundrechtsträgern und dieses Eigentum ist durch den vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalt von Inhalts- und Schrankenbestimmungen in einer Weise betroffen, die den Kriterien des Eingriffbegriffs genügt. So betrachtet ist der vergangenheitsbezogene Regelungsgehalt (Schrankenregelung) wegen der allein dort bestehenden Eingriffsqualität dogmatisch strikt zu trennen vom zukunftsgerichteten Regelungsgehalt (Inhaltsbestimmung). Die Ununterscheidbarkeitsthese der Inhalts- und Schrankenbestimmungen ist deshalb aufzugeben.11 (12) Im Schrifttum wird immer wieder im Rahmen der Erörterungen zum Schutzbereich hinsichtlich des Umfangs der Gewährleistungen ausgeführt, die Nutzung des Eigentums sei geschützt. Ist verfassungsrechtliches Eigentum jedoch normgeprägt, so gibt es keinen Grund, hinsichtlich der zentralen Frage nach den Nutzungen (sei es in der Sache, sei es bloß hinsichtlich der Diktion) davon abzuweichen. Die Befugnisse des Eigentümers, d. h. seine Nutzungsmöglichkeiten sind vielmehr nur insoweit eigentumskräftig i. S. d. Art. 14 I 1 GG, als der Gesetzgeber sie als Bestandteil der einfachrechtlichen Zuordnungsverhältnisse normiert hat. Die eigentumsgrundrechtliche Behandlung der Nutzungsproblematik setzt dagegen – wie sonst auch, so auch hier – vor allem bei der Frage nach den Grenzen des Gesetzgebers an, so dieser Nutzungen nicht oder nur eingeschränkt in die eigentumskräftigen Zuordnungsverhältnisse einbeziehen will. Eine Nutzungen in nicht hinreichendem Maße gewährende Eigentumsnormierung verstößt gegen die – auch objektiv wirkende – Verhältnismäßigkeitsprüfung des Art. 14 GG.12 (13) Wegen Missachtung der Normgeprägtheit sind die noch immer vertretenen verfassungsunmittelbaren Baufreiheitslehren mit der herrschenden Eigentumsdogmatik unvereinbar und verschleiert die Berufung auf die Baufreiheit „im Rahmen der Gesetze“ mehr, als sie zu helfen vermag. Mit der Ansicht, die von einer im öffentlichen Recht wurzelnden, dem Eigentümer zugeteilten Bebauungsbefugnis ausgeht, steht den hergebrachten Baufreiheitslehren freilich keine überzeugende Alternative gegenüber. Denn diese Ansicht schließt von der Quantität der öffentlich-rechtlichen Regelungen auf einen qualitativen Umschlag von der zunächst bestehenden privatrechtlichen Verwurzelung in eine nunmehr öffentlich-rechtliche Verleihung. Doch wird dieser dogmatische Umschlagspunkt weder als Regel benannt, geschweige denn als solche zu begründen gesucht. Da der einfache Gesetzgeber durch Art. 14 II GG ohnehin gezwungen ist, in solchem oder ähnlichem Maße dem Grundeigentümer harsche Restriktionen seiner Baunutzungswünsche entgegenzuhalten, kann aus dem Umfang der öffentlich-rechtlichen Regelungen dagegen kein Wille zur nunmehr öffentlich-rechtlichen Verwurzelung der Baunutzung geschlossen wer11 12

Dazu ab S. 216. Dazu ab S. 231.

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den. Überdies benachteiligte eine solche öffentlich-rechtliche Verleihung den Eigentümer insofern, als dieser für den Eigentumsschutz zunächst ein Äquivalent eigener Leistung erbringen müsste, ohne dass ein Gemeinwohlinteresse diese Einschränkung rechtfertigen könnte, die über die – berechtigten – sonstigen bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Interessen hinausgeht. Eine öffentlich-rechtliche Verwurzelung verstieße damit gegen den eigentumsgrundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wollte der einfache Gesetzgeber sie einführen.13 (14) Hinsichtlich des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes ist die Kehrtwende in der Rechtsprechung des BVerwG mit Nachdruck zu begrüßen. Gleiches gilt nicht für die Rückzugsgefechte im baurechtlichen Schrifttum, mittels derer wenigstens ein Teils der althergebrachten Bestandsschutzlehren aufrecht erhalten werden soll. Der für zulässig erachtete subsidiäre Rückgriff auf verfassungsunmittelbaren Bestandsschutz scheitert daran, dass die Prämisse – das Bestehen einer „Lücke“ – die Auslegung des allein inhaltsbestimmenden einfachen Rechts konterkariert. Voraussetzung für das Vorliegen einer Bestandsschutzproblematik ist schließlich die Feststellung, dass nach der gesetzgeberischen Konzeption eine baurechtliche Regelung auch in schon rechtmäßig erworbenes Eigentum eingreift und aufgrund dessen eben keinen Bestandsschutz gewährt. Anstatt des schutzmindernden Rückgriffs auf das abwägungsabhängige Konstrukt des verfassungsunmittelbaren Bestandsschutzes ist in solchen Fällen vielmehr (über Art. 100 I GG bzw. die Verfassungsbeschwerde) die Teilnichtigkeit der baurechtlichen Regelung hinsichtlich des vergangenheitsbezogenen Regelungsgehalts festzustellen.14 (15) Auch gibt es keinen passiven Bestandsschutz, der nicht eigens im einfachen Recht verankert ist. Damit ist u. a. der Ansicht die Grundlage entzogen, die schon in den Tatbestand einer bauaufsichtrechtlichen Beseitigungsanordnung die Anforderung hineinliest, bei Errichtung eines sog. Schwarzbaus müsse sog. formelle und materielle Illegalität vorliegen. Bei Schwarzbauten führt darüber hinausgehend allein der Verstoß gegen das Baugenehmigungserfordernis dazu, dass es an einer ausreichenden normativen Zuordnung des Bestands- und Nutzungsinteresses fehlt. Deshalb kann bei bauaufsichtsrechtlichen Maßnahmen noch nicht einmal im Rahmen des Ermessens der Schwarzbau zugunsten des Grundeigentümers hinreichend berücksichtigt werden. Indem sich der Gesetzgeber der Schwarzbauproblematik, deren Wertungen im Schrifttum kontrovers diskutiert werden, nicht angenommen hat, verstößt er gegen seine aus Art. 14 GG folgende Gestaltungspflicht. Da zudem der Grundeigentümer nach derzeitiger Gesetzeslage selbst dann weitgehend ungeschützt ist, wenn er es nur aus leichter Fahrlässigkeit unterlassen hat, bei Errichtung des Schwarzbaus die Baugenehmigung zu beantragen, sind die Ermächtigungsgrundlagen insoweit unverhältnismäßig.15

13 14 15

Dazu ab S. 255. Dazu ab S. 311. Dazu insbesondere ab S. 336.

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(16) Das verfassungsmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen gesetzestreu umsetzende Verwaltungshandeln ist entgegen der allgemeinen Auffassung16 keine Handlung, die zur Eröffnung des Schutzbereichs führt. Denn im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns fehlt es wegen der Gesetzestreue an einer normativen Zuordnung, die beeinträchtigt wäre. Allein diese Betrachtungsweise zieht die Konsequenzen aus der Normgeprägtheit des Eigentums, zu Änderungen im praktischen Ergebnis führt sie gleichwohl nicht. Hier wie dort kann die Umsetzung verfassungswidriger Inhaltsund Schrankenbestimmungen ebenso als nicht gerechtfertigter Eingriff geltend gemacht werden wie die gesetzeswidrige, beispielsweise ermessensüberschreitende Umsetzung der Gesetze.17 (17) Die Auffassung, auch die Umsetzung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen durch die Verwaltung sei selbst Inhalts- und Schrankenbestimmung, kann schlechterdings nicht mit dem Wortlaut des Art. 14 I 2 GG vereinbart werden, der auf Gesetze abstellt. Weder allgemein gehaltene Bemerkungen über die Einheit des Besonderen mit dem Allgemeinen noch eine „berichtigende Auslegung“ helfen über diese Hürde hinweg.18 Die zuvor schon in der Literatur entwickelte Konzeption eines „sonstigen Eingriffs“ missachtet, dass mangels insoweit bestehender Vergleichbarkeit des Art. 14 I 2 GG mit einem Gesetzesvorbehalt für solche sonstigen Eingriffe keine Grundlage einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung besteht.19 Erkennt man dagegen die hier entwickelte dogmatische Einordnung des umsetzenden Verwaltungshandelns an, so besteht keine Notwendigkeit mehr, an der einen oder anderen Stelle den Normtext zur Erreichung des von allen geteilten Ergebnisses beiseite zu schieben.

16

Nachweise auf diejenigen, die sich nun der hier vertretenen Auffassung angeschlossen haben, auf S. 372, Fn. 61. 17 Dazu ab S. 371. 18 Dazu ab S. 364 sowie zur Kritik ab S. 393. 19 Dazu ab S. 360 sowie zur Kritik ab S. 392.

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Sachwortverzeichnis Abwägungsgebot (eigentumsgrundrechtliches) 101 ff., 128 ff., 167 ff. – Verhältnis zum Vertrauensschutz 150 f. Altlastenproblematik s. Zustandshaftung des Eigentümers Äquivalent eigener Leistung (als Kriterium bei öffentlich-rechtlichen Positionen) 257 f., 284, 286 f. Aufopferung 235, 237 f. Ausgestaltung s. Grundrechtsausgestaltung Ausgleichspflichtige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung 112 ff. Baufreiheit 267 ff. Bestandsgarantie 331 f. – im Rahmen der Verhältnismäßigkeit 111 f., 138 ff. Bestandsschutz 311 ff. – einfachrechtlich gewährter Bestandsschutz 326 ff. – passiver Bestandsschutz 324 ff. – s. auch Schwarzbau – subsidiärer Rückgriff auf die Bestandsschutzlehren 320 ff. Eigentumsbegriff 43 ff. – Absolutheit 71 – Bestimmung des Eigentums durch die Verfassung? 36, 87 ff. – und bürgerliches Recht und gesellschaftliche Anschauuungen 28 f., 67 f., 70 f., 89 – Definitionsansätze 98 f. – Ermittlung durch Verfassungsauslegung 24 f., 49 ff. – Funktion 46 ff., 96 f. – und Institutsgarantie 81 ff. – und Legislative 64 f., 95 (Fn. 296), 101 ff. – Normgeprägtheit als bloße Teilvorgabe 48 f. – Praxisrelevanz 51 – Rechtsprechung 66 ff.

– Verfassungsrechtlicher Selbststand 43 ff., 46 ff., 52, 69, 73 (Fn. 192), 81 ff., 92 f., 99 f. – Wandelbarkeit? 73 ff. – Widerspruch zwischen Gesetzesabhängigkeit und Verfassungsrechtlichkeit? 46, 63 f., 87 ff. Eingriff (Voraussetzungen) 216 ff. – beim Verwaltungshandeln 364 ff., 375 ff. – sonstiger Eingriff bei Art. 14 GG 392 ff. Enteignung 39, 97 – nudum ius 116 f. s. auch: Salvatorische Klauseln sowie Schwellentheorien – zugleich enteignende Inhalts- und Schrankenbestimmung 239 (in und bei Fn. 28) Erwerbschancen (Schutz durch Art. 14 GG) 153, 174 (Fn. 607), 263 Fiskalische Interessen 189 ff. Grundrechtsausgestaltung 164 ff., 226 (bei und in Fn. 815) Grundwassernutzung und Eigentumsschutz 54 f. (Fn. 131), 72 f., 135 f., 285 f. (Fn. 237) Halbteilungsgrundsatz 193 (Fn. 684) Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen 52 ff. – Abgrenzung zu Eigentumsgesetzen bzw. -begriff 51, 61 f. – Abspaltung von Rechten aus dem Eigentumsschutz 54 ff., 58 ff. – s. auch: Ausgleichspflichtige Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung – s. auch Enteignung/ zugleich enteignende Inhalts- und Schrankenbestimmung – Inhaltsbestimmungen 57 – Neuschöpfung von Rechten 53, 55 (Fn. 132)

Sachwortverzeichnis – Rückwärts gewandte Qualifizierung 53 ff., 72 f. – Unterscheidbarkeit von Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen 56 (Fn. 136), 152 ff., 216 ff. – Verfassungsautonome Qualifizierung 52 ff. Institutsgarantie 42 f., 197 ff., 235, 296 – und Eigentumsbegriff 81 ff. – erweiternde Auslegung 200 ff. – traditionelles Verständnis (WRV) 205 ff. – und Verhältnismäßigkeitsprüfung 177 ff. – und Wesensgehaltsgarantie 200 Legalisierungswirkung der Baugenehmigung 327 Legislative, Gestaltungsspielraum 101 ff., s. auch Eigentumsbegriff (Legislative) Leistung s. Äquivalent eigener Leistung Normgeprägtheit – Freiheitsbedrohung durch Normgeprägtheit? 31 ff. – Herleitung 24 ff. – in der Literatur 30 ff. – in der Rechtsprechung 27 ff. – Sinngehalt 34 ff. Nutzungen 231 ff. – aufgedrängte Nutzungen 234 Öffentliches Recht: Relevanz der Unterscheidung zum Privatrecht 260 f. Planungswertausgleich 184 (Fn. 643), 194 Privatnützigkeit 68 f., 104 f., 115 f., 241, 244 f.

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Salvatorische Klauseln 120 ff. Schwarzbau 336 ff. Schwellentheorien 123 f. Situationsgebundenheit 109 (Fn. 348) Sozialpflichtigkeit bzw. -bindung (Art. 14 II GG) 107 f., 181 ff. – Richtschnur des Gesetzgebers statt unmittelbare Rechtspflicht 184 f. Steuern und Art. 14 GG 190 ff Subjektive Rechtsstellungsgarantie 37 ff., 47 ff. Verfassungswandel 73 ff. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 42, 100 ff. – Determinanten 103 ff. – Eingriff, Abhängigkeit vom? 156 ff. – Objektive Prüfung auch ohne Eingriff in subjektive Rechte 125 ff. – Terminologie 159 ff. – Zeitabhängigkeit 110 ff. – s. auch Vertrauensschutz Verleihungslehren 281 ff. Vertrauensschutz 138 f. – Verankerung im Rechtsstaatsprinzip? 140 ff. Verwaltungshandeln 356 ff. Wandelbarkeit des Eigentums 27, 73 f., 110 f., 172 ff., s. auch Eigentumsbegriff (Wandelbarkeit) Wesensgehaltsgarantie 40 f., 198 (Fn. 704), 200 Wohl der Allgemeinheit als Grenze des Gesetzgebers 181 ff. Zustandshaftung des Eigentümers 188 f.