Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG): Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots sowie Konsequenzen für die Schülerauswahl und das Schulgeld der Ersatzschulen und für die Finanzhilfe der Länder [1 ed.] 9783428554652, 9783428154654

Aus dem Sonderungsverbot des Grundgesetzes (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG) werden teilweise Vorgaben für den Schulg

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Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG): Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots sowie Konsequenzen für die Schülerauswahl und das Schulgeld der Ersatzschulen und für die Finanzhilfe der Länder [1 ed.]
 9783428554652, 9783428154654

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1383

Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG) Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots sowie Konsequenzen für die Schülerauswahl und das Schulgeld der Ersatzschulen und für die Finanzhilfe der Länder

Von

Frauke Brosius-Gersdorf

Duncker & Humblot · Berlin

FRAUKE BROSIUS-GERSDORF

Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG)

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1383

Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG) Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots sowie Konsequenzen für die Schülerauswahl und das Schulgeld der Ersatzschulen und für die Finanzhilfe der Länder

Von

Frauke Brosius-Gersdorf

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: 3p+w GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-15465-4 (Print) ISBN 978-3-428-55465-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-85465-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Im Jahr 2017 hat mich die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gebeten, Inhalt und Reichweite des grundgesetzlichen Sonderungsverbots für private Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG) juristisch auszuleuchten. Anlass hierfür war die von Michael Wrase und Marcel Helbig im Jahr 2016 veröffentlichte Studie „Das missachtete Verfassungsgebot – Wie das Sonderungsverbot nach Art. 7 IV 3 GG unterlaufen wird“ (NVwZ 2016, 1591 ff.). Wrase und Helbig werfen den Ersatzschulen, dem Gesetzgeber und den Schulbehörden vor, das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot systematisch zu missachten. Ihren Vorwurf stützen sie darauf, dass das Schulgeld privater Ersatzschulen nach dem Sonderungsverbot maximal 160 E/Monat im Durchschnitt betragen dürfe, wogegen die Ersatzschulen verstießen. Sie bemängeln außerdem, dass Kinder von Eltern mit höherem Einkommens-, Bildungs- und Berufsstand Privatschulen häufiger besuchten als Kinder von Eltern mit niedrigerem Einkommens-, Bildungs- und Berufsstand. In der Konsequenz fordern Wrase und Helbig „eine regelmäßige Kontrolle der Einhaltung des Sonderungsverbots in Bezug auf die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft im Vergleich mit den öffentlichen Schulen“ (NVwZ 2016, 1591 ff.). Die Studie gibt Anlass, sich des Inhalts und der Dimensionen des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG zu vergewissern sowie die Konsequenzen für die Schülerauswahl und die Erhebung von Schulgeld durch private Ersatzschulen zu untersuchen. Zusätzlich wird herausgearbeitet, welche Auswirkungen das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot auf die Finanzhilfe(-pflicht) der Bundesländer hat. Im Ergebnis zeigt die vorliegende Untersuchung, dass die Studie von Wrase und Helbig auf einer Fehlinterpretation des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG beruht. Das Sonderungsverbot enthält weder Vorgaben für die (monats-)durchschnittliche Höhe des Schulgelds von Ersatzschulen noch verlangt es, die Schülerschaft der Ersatzschulen in sozialer Hinsicht spiegelbildlich zur Schülerschaft öffentlicher Schulen zusammenzusetzen. Bei richtiger Verfassungsinterpretation fordert das Sonderungsverbot von den Ersatzschulen erstens, dass sie ihre Schülerinnen und Schüler unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern auswählen (Diskriminierungsverbot). Eine Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach ihrer persönlichen Eignung für das Schulprofil oder ihrer Begabung und Leistungsfähigkeit verwehrt das Sonderungsverbot den Ersatzschulen nicht. Zweitens müssen für den Schulbesuch erhobene Entgelte (Schulgeld) besitzbezogen so gestaltet sein, dass es sich Eltern aller Einkommensund Vermögensschichten leisten können (Fördergebot). Diesen Anforderungen ge-

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Vorwort

nügen verschiedene Schulgeldmodelle, zwischen denen die Ersatzschulen wählen dürfen. Eine gesetzliche Begrenzung der Höhe des monatlichen Schulgelddurchschnitts oder eine Verpflichtung der Ersatzschulen, Schulgeld nach einem fixen prozentualen Anteil am Haushaltseinkommen zu berechnen, wird dem Sonderungsverbot des Grundgesetzes nicht gerecht. Schließlich gilt: Damit die Ersatzschulen dem Sonderungsverbot entsprechen können, müssen die Länder ihnen auskömmliche Finanzhilfe gewähren, die sämtliche Gründungs- und Betriebskosten der Ersatzschulen deckt, welche bei wirtschaftlicher Betriebsführung entstehen. Schulgeld sowie eine (weitere) Eigenleistung der Ersatzschulen dürfen auf den Finanzhilfebedarf nur unter engen Voraussetzungen angerechnet werden. Hannover, März 2018

Frauke Brosius-Gersdorf

Inhaltsverzeichnis A. Aktuelle Debatte über das Sonderungsverbot und Gegenstand der Untersuchung 11 B. Das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot als Voraussetzung der Ersatzschulgenehmigung (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 I. Ersatzschulfreiheit unter Genehmigungsvorbehalt (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG) 16 II. Grundrechtsdogmatische Einordnung des Genehmigungsvorbehalts für Ersatzschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 III. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1. Pflicht zur Versagung bzw. Aufhebung der Ersatzschulgenehmigung . . . . . . . . 20 2. Verhältnismäßigkeitsprinzip: Mängelbeseitigungsverfahren vor Aufhebung der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Keine Versagung bzw. Aufhebung der Genehmigung bei unzureichender Finanzhilfe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 C. Adressat des Sonderungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Ersatzschulträger oder Bundesländer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Einzelner Ersatzschulträger oder Institution des Ersatzschulwesens? . . . . . . . . . . 27 D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. Besitzverhältnisse der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Besitzverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 a) Einkommens- und Vermögensverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 b) Bildungs- und Berufsverhältnisse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 a) Besitzschwache Eltern einschließlich Empfänger staatlicher Sozialleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) Besitzstarke Eltern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Keine Förderung der Sonderung der Schülerinnen und Schüler . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Teleologische und systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

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Inhaltsverzeichnis 3. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Dimensionen des Sonderungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Sonderungsverbot als Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Verbot unmittelbarer Diskriminierung: Keine Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Verbot mittelbarer Diskriminierung: Verbot der Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und Leistung zugunsten einer spiegelbildlichen sozialen Zusammensetzung privater und öffentlicher Schulen? 46 aa) These von Wrase und Helbig: Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gebietet eine spiegelbildliche soziale Zusammensetzung der Schülerschaft privater und öffentlicher Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 bb) (Begründungs-)Defizite der These von Wrase und Helbig . . . . . . . . . . . 48 cc) Grundsätzliche Bedenken gegen ein Verbot mittelbarer Diskriminierung in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 (1) Faktische Benachteiligung von Kindern aus besitzschwachen Schichten bei leistungsbezogener Schülerauswahl wegen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 (2) Diskussion zu Art. 3 Abs. 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (3) Einwände gegen die Interpretation des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 dd) Nichterfüllung der inhaltlichen Voraussetzungen eines Verbots mittelbarer Diskriminierung in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 ee) Fazit: Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG begründet kein Verbot mittelbarer Diskriminierung, das Ersatzschulen die Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und Leistung untersagt . . . . . . . . . . 60 2. Sonderungsverbot als Fördergebot: Verpflichtung zur besitzabhängigen Gestaltung des Schulgelds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld . . . . . . . . 64 I. Recht der privaten Schulen zur Erhebung von Schulgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 II. Gebot einkommens- und vermögensbezogener Gestaltung des Schulgelds . . . . . . 67 1. Zulässige Schulgeldmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Unzulässige Schulgeldmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Begrenzung der Höhe des (monatlichen) Schulgelddurchschnitts . . . . . . . . . 70 b) Fixer prozentualer Anteil am Haushaltseinkommen der Eltern als Schulgeld 74 III. Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern nur bei Antrag auf Schulgeldermäßigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Sub specie des Sonderungsverbots relevante Entgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Entgelte für Unterricht und Lernmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Inhaltsverzeichnis

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2. Entgelte für außerunterrichtliche Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 a) Schulische Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b) Nichtschulische Angebote mit Teilnahmepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 c) Nichtschulische Angebote ohne Teilnahmepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 F. Konsequenzen für den Gesetzgeber und die (Schul-)Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . 82 I. Schülerauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Schulgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 G. Verfassungsrechtliche Würdigung der Neuregelung des Schulgelds in BadenWürttemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 I. Ungeeignetheit des baden-württembergischen Schulgeldmodells zur Verwirklichung des Sonderungsverbots in Bezug auf einkommens- und vermögensschwache Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 1. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG: Keine Förderung der Sonderung bei monatlichem Schulgeld in Höhe von durchschnittlich maximal 160 E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG: Widerlegung der Vermutung durch Nachweis wirksamer wirtschaftlicher Erleichterungen für finanzschwache Schüler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG: Verpflichtung der Ersatzschulen, den Eltern ein Schulgeld in Höhe von maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens anzubieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Nichterforderlichkeit des baden-württembergischen Schulgeldmodells zur Verwirklichung des Sonderungsverbots im Hinblick auf einkommens- und vermögensstarke Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG: Vermutung der Förderung der Sonderung bei monatlichem Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 3 und Satz 4 VVPSchG: Widerlegung der Vermutung durch Nachweis wirksamer wirtschaftlicher Erleichterungen für finanzschwache Schüler ist begrenzt durch Verpflichtung der Ersatzschulen, den Eltern ein Schulgeld in Höhe von maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens anzubieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 III. Entgelte für Sonder- und Profilleistungen, deren Inanspruchnahme für die Schüler und deren Eltern nicht verpflichtend ist, können unabhängig vom Schulgeld erhoben werden (§ 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG) . . . . . . . . . 98 H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer . . . 100 I. Finanzhilfepflicht der Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

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Inhaltsverzeichnis II. Höhe der Finanzhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Herkömmliches Drei-Säulen-Modell zur Berechnung der Finanzhilfe . . . . . . . 102 2. Kritik am herkömmlichen Drei-Säulen-Modell und Weiterentwicklung . . . . . . 104 a) Höhe der Finanzhilfe: Deckung der notwendigen Gründungs- und Betriebskosten der jeweiligen Ersatzschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 aa) Kosten für Unterricht und Lernmittel und Kosten für schulische außerunterrichtliche Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 bb) Kosten für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote . . . . . . . . . . . 106 b) Berücksichtigung von Schulgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Unterschiedliche Möglichkeiten der Ersatzschulen zur Erhebung von Schulgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Verzicht der Ersatzschulen auf Schulgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (1) Entgelte für Unterricht und Lernmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (2) Entgelte für außerunterrichtliche Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 c) Berücksichtigung einer (weiteren) Eigenleistung der Ersatzschulen . . . . . . . 112 III. Ergebnis zur Finanzhilfepflicht der Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

I. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

A. Aktuelle Debatte über das Sonderungsverbot und Gegenstand der Untersuchung Das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot für private Ersatzschulen ist in aller Munde. Nachdem es lange Zeit stiefmütterlich behandelt wurde, erfreut es sich seit einiger Zeit beträchtlicher Aufmerksamkeit, die ihm sowohl von den Gesetzgebern und Schulbehörden der Bundesländer als auch von der Wissenschaft zuteil wird. Diskutiert wird über das Sonderungsverbot, das bundesverfassungsrechtlich in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG1 beheimatet ist, vor allem als Voraussetzung für die Genehmigung privater Ersatzschulen, wobei insbesondere über die Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld durch Ersatzschulen gestritten wird. Die Gerichte haben sich mit dem Sonderungsverbot und seinen inhaltlichen Direktiven für Schulgeld bislang fast ausschließlich als Faktor für die Berechnung der Finanzhilfe der Länder befasst. Zum Sonderungsverbot als Vorbedingung für die Ersatzschulgenehmigung existieren nur wenige Gerichtsentscheidungen. Gesetzgeber und Schulbehörden haben in jüngerer Vergangenheit vereinzelt den Inhalt des Sonderungsverbots konkretisiert. So ist in Baden-Württemberg zum 1. August 20172 eine Änderung des Gesetzes für die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PSchG) sowie der Verordnung des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zum Vollzug des Privatschulgesetzes (Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz – VVPSchG)3 mit dezidierten Regelungen zur Kontrolle des Sonderungsverbots durch die (obere) Schulaufsichtsbehörde und zur Höhe des maximal zulässigen Schulgelds in Kraft getreten.4 In Niedersachsen hat die Landesschulbehörde bereits im Jahr 2015 eine „Neuausrichtung der Schulaufsicht über die Schulen in freier Trägerschaft“ vorgenommen und hierzu in einem Projektbericht5 mit Blick auf das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG „ein

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Im Folgenden: Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Privatschulgesetzes und dessen Vollzugsverordnung, GBl. BW Nr. 19 vom 18. 10. 2017, S. 524. 3 GBl. BW Nr. 19 vom 18. 10. 2017, S. 521. 4 Näher unter G. 5 Landesschulbehörde, Neuausrichtung der Niedersächsischen Landesschulbehörde. Schulaufsicht über Schulen in freier Trägerschaft, Projektbericht vom 25. 2. 2015 (Abschlussversion vom 15. 2. 2017). 2

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A. Aktuelle Debatte und Untersuchungsgegenstand

durchschnittliches monatliches Schulgeld in Höhe von 200 E als Höchstgrenze festgelegt“.6 Im Schrifttum fehlte lange Zeit eine fundierte Untersuchung des Inhalts und der Reichweite des Sonderungsverbots als Voraussetzung für die Genehmigung privater Ersatzschulen. In diese Lücke ist im Jahr 2016 eine Studie von Wrase und Helbig getreten, die den prägnanten Titel trägt: „Das missachtete Verfassungsgebot – Wie das Sonderungsverbot nach Art. 7 IV 3 GG unterlaufen wird“.7 Darin werfen Wrase und Helbig den Ersatzschulen, den Landesgesetzgebern und den Schulbehörden vor, das Sonderungsverbot systematisch zu missachten.8 Diesen Vorwurf erheben sie in vier Schritten: Erstens: Das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verlange, „dass die Ersatzschule Schülerinnen und Schülern aus allen sozialen Schichten offensteht.“9 Nur „innerhalb dieser Vorgabe“ dürften Ersatzschulen ihre Schülerinnen und Schüler „weitgehend frei auswählen“.10 Zweitens: Diesen Vorgaben des Sonderungsverbots müsse durch eine sozialverträgliche Gestaltung des Schulgelds entsprochen werden, das nach konsolidierter Rechtsprechung bezogen auf das Jahr 2016 maximal 160 E/Monat im Durchschnitt für alle einkommensabhängig zahlenden Eltern betragen dürfe, was 10 % des durchschnittlich verfügbaren monatlichen Haushaltsnettoeinkommens in Deutschland entspreche.11 Dabei seien eine einkommensbezogene Staffelung des Schulgelds „nach unten“ bzw. Ermäßigungen und Befreiungen für gering verdienende Eltern und Eltern mit mehreren Kindern zwingend erforderlich.12 In die Betrachtung einzubeziehen sei „nicht nur das Schulgeld, sondern die Gesamtheit aller von den Eltern zu leistenden Beiträge … wie etwa zusätzliche Vereins- und Förderbeiträge, Son-

6 Landesschulbehörde, Neuausrichtung der Niedersächsischen Landesschulbehörde. Schulaufsicht über Schulen in freier Trägerschaft, Projektbericht vom 25. 2. 2015 (Abschlussversion vom 15. 2. 2017), S. 18 mit dem Hinweis, dass ein durchschnittliches monatliches Schulgeld in Höhe von 200 E nur mit Schulgeldstaffelung bzw. „Öffnungsklausel für sozialschwächere Familien“ zulässig sei. 7 NVwZ 2016, 1591 ff.; im Anschluss daran jüngst Wrase/Jung/Helbig, Defizite der Regulierung und Aufsicht von privaten Ersatzschulen in Bezug auf das Sonderungsverbot nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, Discussion Paper P 2017 – 003, Juli 2017 (https://bibliothek.wzb.eu/ pdf/2017/p17 – 003.pdf). 8 NVwZ 2016, 1591 (1591: „wird den Vorgaben des Sonderungsverbots jedoch weitgehend nicht entsprochen“; 1592: „faktische… Missachtung des Sonderungsverbots“; 1595: „NichtVollzug … des Sonderungsverbots“; 1595: Ersatzschulen machen die Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern „geradezu zum Programm“; 1596: „verfassungswidrige Verwaltungspraxis in Bezug auf das Sonderungsverbot“; 1598: „fortlaufende… Nichtbeachtung des Sonderungsverbots“). 9 NVwZ 2016, 1591. 10 NVwZ 2016, 1591. 11 NVwZ 2016, 1591 (1592 f.). 12 NVwZ 2016, 1591 (1593).

A. Aktuelle Debatte und Untersuchungsgegenstand

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derkosten für obligatorische Mittags- oder Nachmittagsbetreuung oder einzelne schulische Angebote“.13 Drittens: Gegen die Vorgaben des Sonderungsverbots verstießen sowohl die Ersatzschulen als auch die Bundesländer. Die meisten Landesgesetzgeber hätten es versäumt, das Sonderungsverbot in den Landesschulgesetzen zu konkretisieren und insbesondere die Höhe des maximal zulässigen durchschnittlichen Schulgelds sowie die Bedingungen für seine Erhebung zu regeln.14 Dem entspreche eine „verfassungswidrige Verwaltungspraxis“ in den Ländern durch „Nicht-Vollzug… des Sonderungsverbots“,15 aufgrund dessen sich private Ersatzschulen eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern „geradezu zum Programm gemacht“ hätten.16 Dies zeige sich zum einen daran, dass viele Ersatzschulen in Deutschland Schulgeld von mehr als 160 E/Monat erhöben.17 Zum anderen spiegele sich die Missachtung des Sonderungsverbots in dem empirischen Befund, dass Kinder von Eltern mit hohem Einkommen Privatschulen häufiger besuchten als Kinder von Eltern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen.18 Noch deutlicher zeige sich die soziale Selektivität der Privatschulen, wenn man den Berufs- und Bildungsstatus der Eltern betrachte.19 Kinder von Eltern aus „sozial höheren Berufsgruppen“ besuchten Privatschulen deutlich öfter als Kinder von Eltern aus „niedrigeren Berufsgruppen“.20 Das Gleiche gelte für Kinder von Eltern mit hohem Schulabschluss (Abitur) gegenüber Kindern von Eltern mit geringerem Schulabschluss (Real- oder Hauptschulabschluss).21 Exemplarisch verweisen Wrase und Helbig darauf, dass in Berlin der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Lernmittelbeihilfe („idealer Indikator“ für relative Armut) an Privatschulen niedriger sei als an öffentlichen Schulen.22 Viertens: Um Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gerecht zu werden, muss nach Ansicht von Wrase und Helbig „eine regelmäßige Kontrolle der Einhaltung des Sonderungsverbots in Bezug auf die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft im Vergleich mit den öffentlichen Schulen“ stattfinden.23 Damit die verfassungsrechtlich zwingende Einkommensstaffelung des Schulgelds überprüft werden könne, müssten die Ersatzschulträger landesrechtlich verpflichtet werden, das Einkommen der Eltern zu

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NVwZ 2016, 1591 (1593). NVwZ 2016, 1591 (1593 ff., 1597 f.). NVwZ 2016, 1591 (1595 f., 1597). NVwZ 2016, 1591 (1595). NVwZ 2016, 1591 (1595 f.). NVwZ 2016, 1591 (1596 f.). NVwZ 2016, 1591 (1596). NVwZ 2016, 1591 (1596). NVwZ 2016, 1591 (1596). NVwZ 2016, 1591 (1596 f.) mit Tabelle 1. NVwZ 2016, 1591 (1598).

14

A. Aktuelle Debatte und Untersuchungsgegenstand

erfragen und die Einkommensverhältnisse gegenüber den Aufsichtsbehörden (anonymisiert) offenzulegen.24 Im Ergebnis entnehmen Wrase und Helbig dem verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot damit unausgesprochen eine Verpflichtung der Ersatzschulen, ihre Schülerschaft im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse sowie die Bildungs- und Berufsverhältnisse der Eltern spiegelbildlich zur Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen. Eine Aufnahme der Schülerinnen und Schüler nach Maßgabe ihrer persönlichen Eignung für das Schulprofil oder ihrer Begabung und Leistungsfähigkeit wäre den Ersatzschulen damit verwehrt. Diese Studie von Wrase und Helbig gibt Anlass, sich des Inhalts und der Dimensionen des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots als Genehmigungsvoraussetzung für Ersatzschulen gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zu vergewissern sowie die Konsequenzen für die Schülerauswahl und die Erhebung von Schulgeld durch Ersatzschulen zu untersuchen. Da Ersatzschulen zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG auf eine auskömmliche Förderung durch Finanzhilfe angewiesen sind, wird zudem herausgearbeitet, welche Folgerungen sich aus dem Sonderungsverbot für die Finanzhilfe(-pflicht) der Bundesländer ergeben. Die Untersuchung beschränkt sich auf allgemeinbildende Ersatzschulen; berufsbildende Ersatzschulen bleiben außer Betracht. Nach einer kurzen verfassungssystematischen Einordnung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Voraussetzung der Ersatzschulgenehmigung wird dargelegt, welche Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen das Sonderungsverbot eintreten (B.). Anschließend wird erläutert, für wen das Sonderungsverbot gilt (Adressat des Sonderungsverbots, C.). Kernstück der Untersuchung ist die Beschäftigung mit dem Inhalt und den Dimensionen des Sonderungsverbots (D.). Welche Konsequenzen sich hieraus für die Erhebung von Schulgeld durch Ersatzschulen ableiten, wird unter E. betrachtet. Die Folgen für den Gesetzgeber und die Verwaltung sind Gegenstand von Abschnitt F. Die im Jahr 2017 in Kraft getretene Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg begegnet unter mehreren Gesichtspunkten verfassungsrechtlichen Bedenken (G.). Abschließend wird skizziert, welche Auswirkungen das Sonderungsverbot auf die Finanzhilfe der Bundesländer für Ersatzschulen hat (H.). Die Untersuchung schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse (I.). Im Ergebnis zeigt die Untersuchung, dass die Studie von Wrase und Helbig auf einer Fehlinterpretation des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG beruht. Das Sonderungsverbot enthält weder Vorgaben für die durchschnittliche Höhe des Schulgelds von Ersatzschulen noch verlangt es eine bestimmte soziale Zusammensetzung der Schülerschaft von Ersatzschulen im Hinblick auf die Besitzverhältnisse oder den Bildungs- und Berufsstand der Eltern. Ersatzschulen sind nicht gehalten, ihre Schülerinnen und Schüler unabhängig von 24

NVwZ 2016, 1591 (1598).

A. Aktuelle Debatte und Untersuchungsgegenstand

15

deren persönlicher Eignung für das Schulprofil oder deren Begabung und Leistungsfähigkeit so auszuwählen, dass ihre Schülerschaft in sozialer Hinsicht der Schülerschaft öffentlicher Schulen entspricht. Das gilt auch dann, wenn wegen der sozialen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland faktisch mehr Kinder von Eltern mit hohem Einkommen oder hohem Bildungs- und Berufsstand als Kinder von Eltern mit geringerem Einkommen oder niedrigerem Bildungs- und Berufsstand Ersatzschulen besuchen.25 In der Konsequenz lässt sich eine Missachtung des Sonderungsverbots weder aus der durchschnittlichen Höhe des Schulgelds von Ersatzschulen ableiten noch aus einem empirischen Befund, dass Kinder von Eltern mit hohem Einkommen oder hohem Bildungs- und Berufsstatus Privatschulen häufiger besuchen als Kinder von Eltern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen oder geringem Bildungs- und Berufsstatus. Ebenso ist der Vergleich des Anteils von Schülerinnen und Schülern mit Lernmittelbeihilfe an Privatschulen und öffentlichen Schulen sub specie des Sonderungsverbots nichtssagend. Bei richtiger Verfassungsinterpretation untersagt das Sonderungsverbot den Ersatzschulen erstens, die Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler abhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern vorzunehmen (Diskriminierungsverbot). Zweitens muss ein für den Schulbesuch erhobenes Schulgeld der Höhe nach so gestaltet sein, dass es sich Eltern aller Einkommens- und Vermögensschichten leisten können (Fördergebot). Diesen Anforderungen genügen verschiedene Schulgeldmodelle, zwischen denen die Ersatzschulen autonom wählen dürfen. Die Eltern dürfen zur Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nur verpflichtet werden, wenn sie eine Schulgeldermäßigung beantragen. Damit die Ersatzschulen dem Sonderungsverbot entsprechen können, müssen die Länder sämtliche Gründungs- und Betriebskosten der Ersatzschulen durch Finanzhilfe decken, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung entstehen. Schulgeld und eine (weitere) Eigenleistung der Ersatzschulen dürfen auf den Finanzhilfebedarf nur unter engen Voraussetzungen angerechnet werden.

25

Näher D. III. 1. b) cc).

B. Das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot als Voraussetzung der Ersatzschulgenehmigung (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG) I. Ersatzschulfreiheit unter Genehmigungsvorbehalt (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG) Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet ein Grundrecht26 zur Errichtung von privaten Schulen, welches neben der Gründungsfreiheit die Freiheit des Betriebs der Schule einschließt.27 Gewährleistet ist das Recht, die gesamten inneren und äußeren Schulangelegenheiten autonom zu gestalten, wozu namentlich die Festlegung der Bildungs- und Erziehungsziele, die eigenverantwortliche Gestaltung des Unterrichts, der religiösen und weltanschaulichen Prägung, der Lehrmethode und Lehrinhalte sowie des Schulschwerpunkts und -profils gehören.28 In personeller Hinsicht ist das Recht zur Auswahl der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schülerinnen und Schüler garantiert.29 Für private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen (Ersatzschulen) ist die Gründungs- und Betriebsfreiheit insoweit eingeschränkt, als sie der Genehmigung des Staates bedürfen (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG). Die Genehmigungsvoraussetzungen legt Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG abschließend fest; sie dürfen von den Ländern weder eingeschränkt noch erweitert werden (vgl. Art. 31, Art. 142 GG).30 Wegen des 26 Statt aller BVerfGE 27, 195 (201); 75, 40 (61); 88, 40 (46); 90, 107 (114); 112, 74 (83); BVerwGE 40, 347 (349). 27 BVerfGE 27, 195 (200 f.); 75, 40 (61 f.); 88, 40 (46); 90, 107 (114); 112, 74 (83) – std. Rspr. 28 Hierzu insgesamt mit weiteren Nachweisen Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 106. 29 BVerwGE 12, 349 (351); Kösling, Die private Schule gemäß Art. 7 Abs. 4, 5 GG, S. 139; Pieroth/Barczak, in: Avenarius – Pieroth/Barczak, Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen – eine Kontroverse, S. 71 (93 f.); Loschelder, in: Merten/ Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 110 Rn. 75, 99, der das Recht zur Lehrer- und Schülerwahl zum Kernbereich des Art. 7 IV 1 GG zählt; bezogen auf die Auswahl der Schülerinnen und Schüler auch BVerfGE 112, 74 (83): „Freiheit des Privatschulträgers, für seine Schule die Schüler so auszuwählen, dass ein seinen Vorstellungen entsprechender Unterricht durchgeführt werden kann.“ 30 Vgl. statt aller BVerwGE 12, 349 (351); 17, 236 (238); Vogel, DÖV 2008, 895 (901); Rennert, DVBl. 2001, 504 (515); Ogorek, DÖV 2010, 341 (348); Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 7 Rn. 30; Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, S. 98 f.

I. Ersatzschulfreiheit unter Genehmigungsvorbehalt

17

Charakters der Ersatzschulgenehmigung als Dauerverwaltungsakt müssen die Genehmigungsvoraussetzungen nicht nur im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, sondern auch danach während des gesamten Schulbetriebs vorliegen.31 Sind die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG erfüllt, muss das Land die Genehmigung erteilen; auf die Genehmigung als Ersatzschule besteht ein verfassungsunmittelbarer Rechtsanspruch (s. auch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG: „Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn … .“).32 Die gleiche Rechtslage bestand bereits unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung, die in Art. 147 Abs. 1 WRV wortgleiche Bestimmungen wie Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG enthielt.33 Zu den Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen gehört das sog. Sonderungsverbot, das bei Lichte betrachtet ein „Sonderungsförderungsverbot“ ist (im Folgenden gleichwohl weiterhin: Sonderungsverbot).34 Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG ist die Genehmigung zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Dieses Genehmigungsregime des Art. 7 Abs. 4 GG gilt für sämtliche privaten Ersatzschulen in Deutschland. Die Gesetzgeber, Schulbehörden und Gerichte sind an Art. 7 Abs. 4 GG unmittelbar gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Wegen des abschließenden Charakters des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG35 darf das Landesrecht einschließlich des Landesverfassungsrechts die Genehmigungsbestimmungen des Art. 7 Abs. 4 GG nur konkretisieren, nicht erweitern oder einschränken. Dem entsprechen die Landesverfassungen, die entweder keine Regelungen zum Sonderungsverbot für Ersatzschulen aufweisen36 oder eine Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG 31 Statt aller Rux/Niehues, Schulrecht, § 3 Rn. 1206; Vogel, Das Recht der Schulen und Heime in freier Trägerschaft, S. 83 f. 32 Statt aller BVerfGE 27, 195 (200); BVerwGE 112, 263 (266); Vogel, in: Jach/Jenkner (Hrsg.), 50 Jahre Grundgesetz und Schulverfassung, S. 39 (47). 33 Zum Rechtsanspruch auf Erteilung der Ersatzschulgenehmigung bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 147 Abs. 1 WRV Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reichs, Art. 147 S. 683 f.; Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 154; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 34 Näher bei Fn. 138. 35 Näher bei Fn. 30. 36 Verfassung des Landes Baden-Württemberg; Verfassung von Berlin; Verfassung der Freien Hansestadt Bremen; Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg; Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern; Verfassung des Landes Schleswig-Holstein; Verfassung des Freistaats Thüringen. Zum Teil ist eine Aufnahme der Schülerinnen und Schüler in die Schule nur nach seinen Anlagen, seiner Neigung, seiner Leistung und seiner inneren Berufung ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung der Eltern vorgesehen, s. Art. 132 i.V.m. Art. 134 Abs. 1 Satz 1 Verfassung des Freistaates Bayern.

18

B. Sonderungsverbot als Genehmigungsvoraussetzung

gleichlautende Bestimmung vorsehen37 oder auf Art. 7 Abs. 4 GG verweisen.38 Vereinzelt ist geregelt, dass die Privatschulen berechtigt sind, zulasten des Staates auf die Erhebung von Schulgeld zu verzichten, soweit der Staat für die öffentlichen Schulen Schulgeldfreiheit gewährt.39

II. Grundrechtsdogmatische Einordnung des Genehmigungsvorbehalts für Ersatzschulen Grundrechtsdogmatisch stellt das Genehmigungserfordernis des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG für private Schulen entweder eine verfassungsunmittelbare Schranke des Grundrechts der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG dar,40 die anders als andere Grundrechtsschranken angewendet werden muss („bedürfen der Genehmigung“)41 und keiner Abwägung mit dem Grundrecht aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugänglich ist. Alternativ lässt sich der Genehmigungsvorbehalt in Art 7 Abs. 4 Satz 2 GG als tatbestandsimmanente Begrenzung der grundrechtlich gewährleisteten Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) begreifen. Bei einer Einordnung des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG als tatbestandsimmanente Begrenzung des Grundrechts aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ist der Betrieb einer privaten Schule als Ersatzschule ohne Genehmigung nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG nicht durch das Grundrecht der Privatschulfreiheit geschützt. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schützte nur (genehmigungs-

37

Art. 28 Abs. 1 Satz 2 Verfassung des Saarlandes; Art. 102 Abs. 3 Satz 3 Verfassung des Freistaates Sachsen; Art. 28 Abs. 1 Satz 3 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt; s. auch Art. 30 Abs. 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz, der privaten Ersatzschulen eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern untersagt; gem. Art. 61 Satz 2 Verfassung des Landes Hessen ist die Genehmigung für private Mittel-, höhere und Hochschulen und Schulen besonderer pädagogischer Prägung zu versagen, wenn die Privatschulen eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördern. 38 Art. 30 Abs. 6 Satz 1 Verfassung des Landes Brandenburg; Art. 4 Abs. 3 Satz 2 Verfassung des Landes Niedersachsen; Art. 8 Abs. 4 Satz 1 Verfassung für das Land NordrheinWestfalen. 39 Art. 9 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen. Gem. Art. 9 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen sind, soweit der Staat Lehr- und Lernmittelfreiheit gewährt, Lehr- und Lernmittel in gleicher Weise für die Privatschulen zur Verfügung zu stellen wie für die öffentlichen Schulen. Schulgeldfreiheit für öffentliche Schulen sieht Art. 9 Abs. 1 Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vor. Zum Recht privater Schulen gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, auf die Erhebung von Schulgeld zu verzichten, und die Konsequenzen für die Finanzhilfe der Länder, s. unter H. II. 2. b) bb). 40 So wohl Hufen, in: Hufen/Vogel (Hrsg.), Keine Zukunftsperspektiven für Schulen in freier Trägerschaft?, S. 49 (60), der das Sonderungsverbot als verfassungsimmanente Schranke der Gründungsfreiheit bezeichnet; vgl auch Loschelder, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 110 Rn. 79. 41 Näher Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 113.

II. Grundrechtsdogmatische Einordnung des Genehmigungsvorbehalts

19

freie) private Ergänzungsschulen42 sowie nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG genehmigte private Ersatzschulen. Für die Qualifikation des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG als tatbestandsimmanente Begrenzung des Grundrechts aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG sprechen nicht bereits der Wortlaut und die Systematik des Art 7 Abs. 4 Satz 2 GG, der neben dem Genehmigungsvorbehalt für private Ersatzschulen („bedürfen der Genehmigung des Staates“, Halbsatz 1) auf die Geltung der Landesgesetze verweist („und unterstehen den Landesgesetzen“, Halbsatz 2). Zwar lässt sich argumentieren, dass Art. 7 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG einen Gesetzesvorbehalt beinhaltet und Art. 7 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 GG deshalb nicht ebenfalls als (verfassungsunmittelbare) Schranke, sondern als tatbestandsimmanente Einschränkung des Grundrechts aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zu verstehen ist. Gegen die Einordnung von Art. 7 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG als (einfacher) Gesetzesvorbehalt spricht aber, dass Art. 7 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 GG die Zulassungsanforderungen an Ersatzschulen abschließend definiert, sodass sie von den Ländern weder eingeschränkt noch erweitert werden dürfen.43 Dieser abschließende Charakter des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 GG würde unterlaufen, wenn man Art. 7 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG einen generellen Gesetzesvorbehalt für Ersatzschulen entnähme. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG ist daher wohl als (deklaratorischer) Hinweis auf die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG) und deren Kompetenz (nur) zur Konkretisierung der verfassungsunmittelbaren Genehmigungsanforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG zu verstehen44. Für die Einordnung des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG als tatbestandsimmanente Begrenzung des Grundrechts der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG spricht aber, dass der Betrieb einer privaten Schule als Ersatzschule ohne Genehmigung von Verfassung wegen untersagt ist. Ohne Ersatzschulgenehmigung dürfen private Schulen lediglich als sog. Ergänzungsschulen betrieben werden. Das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ist bezogen und beschränkt auf genehmigungsfreie Ergänzungsschulen und genehmigte Ersatzschulen. Nicht genehmigte Ersatzschulen können sich auf den Schutz des Grundrechts aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG nicht berufen. Sie sind aus dem Schutzbereich des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG herausgenommen. Dies spricht für die Qualifizierung des Genehmigungsvorbehalts des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG als tatbestandsimmanente Begrenzung des Privatschulgrundrechts. Der Genehmigungsvorbehalt des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG sowie die Genehmigungsbedingungen in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG sind überdies nicht abwägungsfähig, d. h., sie sind ohne Einschränkung zu erfüllen und können nicht zum 42

(413). 43

Zum Begriff und zur Kritik hieran Brosius-Gersdorf, Die Verwaltung 45 (2012), 389

s. bereits bei Fn. 30. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 7 Rn. 30; Kotzur, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte, Art. 7 Rn. 50; Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 118. 44

20

B. Sonderungsverbot als Genehmigungsvoraussetzung

Ausgleich mit dem Grundrecht der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) gebracht werden. Grundrechtsschranken sind dagegen regelmäßig ihrerseits Grenzen wie namentlich dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unterworfen, in denen sich die Schutzfunktion der Grundrechte entfaltet.45 Dies stützt die Interpretation des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG als tatbestandsimmanente Begrenzung des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG und spricht gegen seine Einordnung als (verfassungsunmittelbare) Schranke des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. Inhaltlich dienen die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG dabei nicht nur dem Schutz der „Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen“,46 sondern auch dem Schutz der Lehrkräfte vor einer ungenügenden wissenschaftlichen Ausbildung (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 1 GG) und einer ungenügenden Sicherung ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung (Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG).47 Das Sonderungsverbot ist zum Schutz der Schülerinnen und Schüler vor einer Ausgrenzung und Benachteiligung bei dem Ersatzschulzugang wegen der Besitzverhältnisse ihrer Eltern gewährleistet (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG). Hierauf wird zurückgekommen.48

III. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG Während feststeht, dass private Schulen bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG einen Rechtsanspruch gegen das Land auf Erteilung der Genehmigung als Ersatzschule haben,49 ist nicht geklärt, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn einzelne oder alle Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG nicht (mehr) erfüllt sind. Es stellt sich die Frage, ob in diesem Fall die Erteilung der Ersatzschulgenehmigung zwingend zu versagen bzw. die erteilte Genehmigung aufzuheben ist oder ob der Schulbehörde insoweit Ermessen zusteht.

1. Pflicht zur Versagung bzw. Aufhebung der Ersatzschulgenehmigung Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG regelt den Fall, dass die Genehmigung „zu versagen“ ist, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend 45 46 47 48 49

Eingehend Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Vorb. Rn. 134, 144 ff. BVerfGE 27, 195 (203). Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 113. s. unter D. Bei Fn. 32.

III. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Sonderungsverbot

21

gesichert ist. Für die anderen Genehmigungsvoraussetzungen fehlt eine entsprechende Regelung. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG thematisiert nur den umgekehrten Fall, dass die Genehmigung „zu erteilen“ ist, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Der Normtext des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG („Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn …“) sowie der grammatikalisch-systematische Vergleich mit Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG („Die Genehmigung ist zu versagen, wenn …“) legt nahe, dass die Genehmigung nicht zwingend versagt werden muss, wenn die private Schule Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG wie das Sonderungsverbot verfehlt. Für Ermessen der Schulbehörde spricht auch die historische Interpretation des Art. 7 Abs. 4 GG. Die Vorgängerregelung in Art. 147 Abs. 1 WRV, die Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG wortgleich entsprach, eröffnete nach dem seinerzeit einschlägigen Schrifttum Ermessen hinsichtlich der Erteilung der Ersatzschulgenehmigung, wenn eines der in Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV (heute: Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG) bezeichneten Erfordernisse nicht erfüllt war.50 Begründet wurde dies damit, dass Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV „eine Schutzvorschrift für den die Genehmigung Nachsuchenden, nicht auch eine Bindung der Verwaltung an Mindestvoraussetzungen“ sei.51 Ob die Genehmigung in diesem Fall zu erteilen oder zu versagen war, sollte der Entscheidung des Landesgesetzgebers obliegen.52 Dagegen sollte die Genehmigung „keinesfalls erteilt werden“ dürfen, wenn die Voraussetzung des Art. 147 Abs. 1 Satz 3 WRV (heute: Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG) nicht vorlag.53 Gegen diese Interpretation des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG spricht aber, dass die ursprünglich von der Weimarer Nationalversammlung als Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV vorgesehene Formulierung lautete: „Die Genehmigung ist insbesondere zu versagen, wenn die Privatschulen die Absonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördern …“. Diese Formulierung stieß nur deshalb auf Widerstand, weil sie ausschließlich die Genehmigungsversagung regelte und nicht auch einen „Genehmigungszwang“ vorsah.54 Aus diesem Grund wurde die ursprüngliche Fassung durch den endgültigen Text des Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV ersetzt. Mit dem Norm gewordenen Text des Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV sollte der Rechtsanspruch auf Genehmigung bei Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen 50

Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reichs, Art. 147 S. 684; Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 154 f.; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 51 Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, 1929, S. 155; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 52 Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reichs, Art. 147 S. 684. 53 Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reichs, Art. 147 S. 684; Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 155; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 54 Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 148.

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B. Sonderungsverbot als Genehmigungsvoraussetzung

zum Ausdruck kommen; an der Versagung der Genehmigung, wenn Genehmigungsvoraussetzungen fehlten, sollte nichts geändert werden. Zudem sprechen der systematische Vergleich zwischen Satz 3 und Satz 4 des Art. 7 Abs. 4 GG sowie der Schutzzweck der Norm dafür, dass die Genehmigung als Ersatzschule zu versagen ist, wenn die Schule die Anforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 (und 4) GG verfehlt. Der verfassungsrechtliche Genehmigungsvorbehalt für Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG) sowie die Genehmigungsvoraussetzungen (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG) sind weder im Interesse des Staates noch der Ersatzschulträger gewährleistet, sondern dienen dem Schutz der Schülerinnen und Schüler vor einem ungleichwertigen Bildungserfolg.55 Schülerinnen und Schülern sollen an Ersatzschulen gleichwertige Qualifikationen vermittelt werden wie an entsprechenden öffentlichen Schulen.56 Die Vorkehrungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind aber nicht weniger bedeutsam zur Gewährleistung eines gleichwertigen Schulbetriebs57 als die genügende Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrkräfte, bei deren Verfehlung nach Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG die Genehmigung zwingend zu versagen ist. Aus dem teleologisch-systematischen Zusammenhang zwischen Satz 3 und Satz 4 des Art. 7 Abs. 4 GG folgt daher, dass die Ersatzschulgenehmigung nicht nur versagt werden muss, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte der privaten Schulen nicht genügend gesichert ist (Satz 4), sondern auch, wenn die private Schule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen oder in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte hinter den öffentlichen Schulen zurücksteht oder sie eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördert (Satz 3). Dieser Interpretation steht der Wortlaut des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht entgegen, weil er die Rechtsfolge bei Nichterfüllung der in der Vorschrift bestimmten Genehmigungsvoraussetzungen offenlässt. Mit der Formulierung „Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn …“ bringt Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG den Rechtsanspruch der privaten Schule auf Erteilung der Ersatzschulgenehmigung bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen zum Ausdruck. Die Rechtsfolge bei Verfehlung der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG bleibt textlich offen. Entsprechend gilt, dass eine erteilte Genehmigung aufzuheben ist, wenn die private Schule die Bedingungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG nicht (mehr) erfüllt. Wegen des Charakters der Ersatzschulgenehmigung als Dauerverwaltungsakt

55 BVerwGE 112, 263 (268) unter Bezugnahme auf Vogel, Das Recht der Schulen und Heime in freier Trägerschaft, S. 86. 56 BVerwGE 112, 263 (268); 90, 1 (9). 57 Zum Erfordernis der Gleichwertigkeit der Ersatzschule mit entsprechenden öffentlichen Schulen als Maßstab für die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG statt aller BVerfGE 27, 195 (207); 90, 107 (122); 90, 128 (140); BVerwGE 12, 349 (350 f.); 17, 236 (237); 90, 1 (15); 112, 263 (268 f.); Baldus, Freiräume der Schulen in freier Trägerschaft, S. 12 f.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 120.

III. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Sonderungsverbot

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müssen die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG dauernd, d. h. während des gesamten Betriebs der Ersatzschule, vorliegen.58 In diesem Sinne hat auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG „als verbindliche Verfassungsnorm dazu zwingt, die Ersatzschulgenehmigung zu versagen oder aufzuheben, wenn überhöhte Schulgelder eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern … fördern“59 oder die private Schule andere Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 oder 4 GG nicht erfüllt.60

2. Verhältnismäßigkeitsprinzip: Mängelbeseitigungsverfahren vor Aufhebung der Genehmigung Mit der Aufhebung einer von der Schulbehörde erteilten Ersatzschulgenehmigung ist ein Eingriff in das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG verbunden,61 sodass für die Genehmigungsaufhebung das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gilt.62 Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip darf die Schulbehörde eine Ersatzschulgenehmigung wegen des Wegfalls von Genehmigungsvoraussetzungen erst aufheben, nachdem sie der Ersatzschule die Möglichkeit zur Mängelbeseitigung gegeben hat.63 Etwas anderes kann allenfalls bei besonders schwer-

58

Bei Fn. 31. BVerfGE 75, 40 (64); ebenso BayVerfGH, Vf. 14-VII-06 vom 9. 10. 2007, Rn. 40 (juris); OVG Bautzen, 2 A 47/09 vom 2. 3. 2011, Rn. 32 (juris); Avenarius, in: Avenarius – Pieroth/ Barczak, Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen – eine Kontroverse, S. 9 (52); Jach, in: Jach/Jenkner (Hrsg.), Autonomie der staatlichen Schule und freies Schulwesen, Festschrift für Vogel, S. 75 (90). 60 BVerfGE 88, 40 (47); vgl. auch BVerfGE 90, 107 (115); ebenso Thiel, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 68; Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 113. Für Ermessen hinsichtlich der Versagung der Ersatzschulgenehmigung bei Fehlen von Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG dagegen Uhle, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 7 Rn. 87; Robbers, in: Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Abs. 4 Rn. 189; Wegricht, R&B 1/2015, 3 mit Fn. 2. 61 Statt aller VG Sigmaringen, 4 K 1804/10 vom 16. 9. 2010, Rn. 17 (juris); vgl. OVG Bautzen, LKV 2007, 87 (88). 62 Zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips für die behördliche Ausübung der Schulaufsicht über Ersatzschulen s. nur VGH Baden-Württemberg, 9 S 1200/11 vom 17. 10. 2012, Rn. 24 (juris); OVG Bautzen, LKV 2007, 87 (88); VG Chemnitz, 1 K 1362/11 vom 18. 9. 2013, Rn. 51 (juris); VG Augsburg, Au 3 K 07.1043 vom 8. 4. 2008, Rn. 33 (juris); Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, S. 178. 63 VG Augsburg, Au 3 K 07.1043 vom 8. 4. 2008, Rn. 33 (juris); Rux/Niehues, Schulrecht, § 3 Rn. 1206; Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, S. 120. 59

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B. Sonderungsverbot als Genehmigungsvoraussetzung

wiegenden64 oder wiederholten65 Verstößen gegen die Genehmigungsbedingungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG gelten. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit steuert außerdem die Entscheidung der Länder über die Versagung von Finanzhilfe für die Ersatzschule bei der Verfehlung von Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG. Auch die Verweigerung von Finanzhilfe ist ohne vorherige Aufforderung zur Mängelbeseitigung unverhältnismäßig.66

3. Keine Versagung bzw. Aufhebung der Genehmigung bei unzureichender Finanzhilfe? Eine Ausnahme von der Verpflichtung der Schulbehörde, die Ersatzschulgenehmigung zu versagen oder aufzuheben, wenn eine private Schule hinter den Genehmigungsbedingungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG zurückbleibt, könnte in Fällen bestehen, in denen ein Land seiner verfassungsrechtlichen Finanzhilfepflicht nicht gerecht wird. Die Länder trifft nach Art. 7 Abs. 4 GG die (Schutz- und) Förderpflicht, Ersatzschulen durch eine auskömmliche Finanzhilfe zu ermöglichen, die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG einschließlich des Sonderungsverbots zu erfüllen. Die Länder sind verfassungsrechtlich verpflichtet, die mit der Errichtung und dem Betrieb der genehmigten Ersatzschulen notwendig verbundenen Kosten vollständig durch Finanzhilfe zu decken. Auf die Finanzhilfe dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Schulgeld sowie eine (weitere) Eigenleistung der Schulen angerechnet werden.67 Bleiben die Länder hinter dieser verfassungsrechtlichen Förderpflicht zurück, könnte eine Versagung oder Aufhebung der Ersatzschulgenehmigung unzulässig sein. Da eine auskömmliche Finanzhilfe der Länder zwingend notwendig ist, damit die privaten Schulen die hohen Genehmigungshürden des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG nehmen können,68 könnte die Verfehlung der Genehmigungshürden bei unzureichender Finanzhilfe ohne Folgen für die Genehmigungserteilung bzw. -versagung bleiben. Durch ungenügende Finanzhilfe verhindern die Länder, dass private Schulen 64

Ein schwerwiegender Verstoß mag vorliegen, wenn die private Schule keine der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG erfüllt. 65 In diesem Fall kann eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung aussichtslos und daher nicht geeignet bzw. nicht erforderlich sein. 66 Vgl. OVG Münster, BeckRS 2013, 45111: Unverhältnismäßigkeit der Kürzung der Finanzhilfe für eine Ersatzschule um die Personalausgaben für eine Lehrkraft, für die der Schulträger keine Unterrichtsgenehmigung eingeholt hat, wenn die Schulbehörde vorher kein Mängelbeseitigungsverfahren durchgeführt hat. 67 Hierzu insgesamt näher unter H. 68 Näher unter H. I.

III. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das Sonderungsverbot

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die Genehmigungsanforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG erfüllen können; die Länder „treiben“ die privaten Schulen geradezu zum Verfassungsbruch. Verantwortlich für die Nichterfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen sind nicht (nur) die privaten Schulen, sondern (auch) die Länder. In einer solchen Situation, in der der Eintritt einer Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird, gilt im Zivilrecht die Bedingung als eingetreten (§ 162 Abs. 1 BGB). Gleichwohl gibt es Gründe, die dafür sprechen, dass die privaten Schulen auch bei unzureichender staatlicher Finanzhilfe an die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG gebunden sind und die Schulbehörde verpflichtet ist, die Genehmigung bei Verfehlung der Voraussetzungen zu versagen bzw. aufzuheben. Die Genehmigungsanforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG sind nicht im Interesse des Staates oder der Ersatzschulen gewährleistet, sondern dienen dem Schutz der Schülerinnen und Schüler vor einem ungleichwertigen Bildungserfolg.69 Dieser Schutzzweck liefe leer, wenn der Staat es in der Hand hätte, durch unzureichende Finanzhilfe die Genehmigungsanforderungen für Ersatzschulen außer Kraft zu setzen. Aus diesem Grund kann der Verfassungsbruch des Staates (Verstoß gegen das Fördergebot des Art. 7 Abs. 4 GG) wohl nicht mit einem Verfassungsbruch der Schulträger (Verstoß gegen Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG) beantwortet oder „geheilt“ werden. Einen Dispens von den Genehmigungsanforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG wird man wohl auch bei unzureichender Finanzhilfe nicht bejahen können. Kommen die Länder ihrer verfassungsrechtlichen Finanzhilfepflicht nicht nach, müssen die Ersatzschulen auf Erfüllung der Finanzhilfepflicht klagen. In diesem Sinne hat auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass höhere Schulgelder selbst dann nicht zulässig sind, wenn die Ersatzschulen „vom Staat nicht eine materielle Förderung in solchem Umfang erfahren, daß sie nach den Besitz- und Einkommensverhältnissen der Eltern ihrer Schüler nicht mehr zu fragen brauchen“.70 Hieran ändert die Rechtsprechung nichts, nach der das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für die von den Ersatzschulen zu erbringende sog. Eigenleistung zumindest während der schulgesetzlichen Wartefrist für die Finanzhilfe („Gründungsphase“ der Ersatzschule) nicht gilt.71 Zwar ließe sich argumentieren, dass auf der Grundlage dieser Rechtsprechung auch das Schulgeld der Ersatzschulen während der Wartefrist bis zum Einsetzen der Finanzhilfe von den Bindungen des Sonderungsverbots freigezeichnet sein muss, da anderenfalls die Existenz der Schulen gefährdet ist. Wie noch gezeigt wird, verkennt diese Rechtsprechung aber den Zweck des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots. Die Ersatzschulen sind weder während der schulgesetzlichen Wartefrist für die Finanzhilfe noch danach von dem Sonderungsverbot oder den übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 69 70 71

Nachweise in Fn. 55. BVerfGE 75, 40 (64). Näher unter H. II. 1.

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B. Sonderungsverbot als Genehmigungsvoraussetzung

Abs. 4 Satz 3 und 4 GG entbunden. Ebenso wenig lassen sich umgekehrt die schulgesetzlichen Wartefristen damit rechtfertigen, dass es den Ersatzschulen möglich sei, eine Eigenleistung zu erbringen, die dem Sonderungsverbot nicht unterfalle.72 Stattdessen muss der Gesetzgeber durch Regelungen zur Finanzhilfe sicherstellen, dass die Länder ihrer Finanzhilfepflicht gegenüber den Ersatzschulen nachkommen. Der Gesetzgeber muss gewährleisten, dass das Land den genehmigten Ersatzschulen sämtliche mit der Schulgründung und dem Schulbetrieb verbundenen Kosten ersetzt und Schulgeld sowie eine (weitere) Eigenleistung nur unter den verfassungsrechtlich zulässigen Bedingungen auf die Finanzhilfe anrechnet.73 Eine generelle mehrjährige Wartefrist für die Finanzhilfe ist unzulässig.74

72

Hierzu insgesamt näher unter H. II. 2. c). Näher unter H. II. 2. a) und b). 74 Näher, auch zu den Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Wartefristen mit Art. 7 Abs. 4 GG, Brosius-Gersdorf, R&B 1/2016, 2 ff.; s. auch noch unter H. II. 2. c). 73

C. Adressat des Sonderungsverbots I. Ersatzschulträger oder Bundesländer? Adressat des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind die privaten Schulträger, nicht das Land. Zwar lässt der Wortlaut des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG offen, wen das Sonderungsverbot verpflichtet (ebenso Art. 7 Abs. 4 Satz 4 GG). Für die Bindung der Ersatzschulen an das Sonderungsverbot spricht aber, dass auch die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG von den Ersatzschulen zu erfüllen sind (und nicht vom Land). Das Gebot, in den Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückzustehen, ist nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG explizit von den „privaten Schulen“ sicherzustellen. Zudem adressiert das Sonderungsverbot (ebenso wie die anderen Genehmigungsvoraussetungen) nach seinem Zweck die Ersatzschulen. Die Erfüllung der Genehmigungsbedingungen ist eine Obliegenheit desjenigen, der die Genehmigung begehrt, also der privaten Schule. Das Land trifft allerdings gem. Art. 7 Abs. 4 GG eine verfassungsrechtliche (Schutz- und) Förderpflicht, durch ausreichende Finanzhilfe dafür zu sorgen, dass die privaten Schulen die Genehmigungsanforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG erfüllen können. Hierauf wird zurückgekommen.75

II. Einzelner Ersatzschulträger oder Institution des Ersatzschulwesens? Das Sonderungsverbot gilt ebenso wie die weiteren Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG für jeden einzelnen Ersatzschulträger, nicht lediglich für das Ersatzschulwesen als Institution. Dem Sonderungsverbot ist nur entsprochen, wenn die jeweilige Ersatzschule eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht fördert. Nur unter dieser Voraussetzung besteht ein Anspruch der Schule auf Erteilung der Ersatzschulgenehmigung. Ob andere Ersatzschulen dem Sonderungsverbot genügen und damit die Zugänglichkeit zum Ersatzschulwesen generell gewährleistet ist, ist sub specie Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG irrelevant.

75

s. unter H.

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C. Adressat des Sonderungsverbots

Dies ergibt sich daraus, dass das Sonderungsverbot ebenso wie die übrigen Anforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG Bedingung für die Genehmigung als Ersatzschule ist, die für die einzelne Schule und nicht für die Institution Ersatzschulwesen erteilt wird. Auch könnte die Genehmigung einer Ersatzschule versagt werden, wenn nicht sie, aber andere Ersatzschulen eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördern würden, wollte man das Sonderungsverbot auf das Ersatzschulwesen als Institution beziehen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der das Fördergebot des Art. 7 Abs. 4 GG der Funktionsfähigkeit des Ersatzschulwesens als Institution dient76 und grundsätzlich kein verfassungsunmittelbarer Anspruch des einzelnen Ersatzschulträgers auf Finanzhilfe besteht.77 In der Konsequenz ließe sich zwar argumentieren, dass auch die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG nur für das Ersatzschulwesen als Institution und nicht für jede einzelne Ersatzschule gelten. Dies überzeugt aber schon deswegen nicht, weil die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht trägt. Die Deutung des Art. 7 Abs. 4 GG als der Institution Ersatzschulwesen dienendes Fördergebot steht im Widerspruch zu dem Telos des Fördergebots, den privaten Schulen die Erfüllung der Genehmigungsanforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG zu ermöglichen, was ihnen aus eigener Kraft verwehrt ist.78 Aus diesen Gründen adressiert das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG die einzelne Ersatzschule und nicht lediglich die Institution des Ersatzschulwesens.

76 77 78

BVerfGE 112, 74 (84); vgl. auch BVerfGE 75, 40 (68); 90, 107 (116). BVerfGE 112, 74 (84); vgl. BVerfGE 90, 107 (117). Näher unter H. I.

D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots Inhaltlich untersagt Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG den Ersatzschulen, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu fördern. Nimmt man das Grundgesetz beim Wort, ist das verkürzt als „Sonderungsverbot“ bezeichnete Verfassungspostulat ein „Sonderungsförderungsverbot“.79 Mit den „Besitzverhältnissen der Eltern“ hebt Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG auf die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Eltern ab (I.). Das Verbot, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler zu fördern, untersagt den Ersatzschulen, den Zugang zur Schule von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern abhängig zu machen (II.). Diesem Inhalt des Sonderungsverbots entsprechen verschiedene Dimensionen, die auf unterschiedlichen Stufen des Zugangs zur Ersatzschule zugunsten der Schülerinnen und Schüler zum Tragen kommen. Das Sonderungsverbot entfaltet sich im Interesse und zum Schutz der Schülerinnen und Schüler zum einen als Diskriminierungsverbot bei dem Zugang zur Ersatzschule und zum anderen als Fördergebot bei der Erhebung von Schulgeld. Als Verbot unmittelbarer Diskriminierung untersagt das Sonderungsverbot den Ersatzschulen jede Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern bei der Schülerauswahl, die Kinder aus einkommens- und vermögensschwachen Elternhäusern gegenüber Kindern aus einkommens- und vermögensstärkeren Elternhäusern benachteiligt. Als Fördergebot gibt Art. 7 Abs. 4 Satz 3 66 den Ersatzschulen auf, das Schulgeld durch Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern so zu gestalten, dass jedes Kind die Schule unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen seiner Eltern besuchen kann. Ein Verbot mittelbarer Diskriminierung, das die Ersatzschulen verpflichtet, ihre Schülerinnen und Schüler nicht nach Eignung, Begabung und Leistungsfähigkeit, sondern im Hinblick auf das Einkommen und Vermögen sowie den Bildungs- und Berufsstand der Eltern spiegelbildlich zur Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen, kennt Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht (III.).

79

Näher bei Fn. 138.

30

D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

I. Besitzverhältnisse der Eltern 1. Besitzverhältnisse a) Einkommens- und Vermögensverhältnisse Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG knüpft mit den „Besitzverhältnissen“ an die Eigentumsund Vermögensverhältnisse der Eltern an.80 Der Begriff „Besitzverhältnisse“ erfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch die gesamten finanziellen Verhältnisse der Eltern, die aus dem (ihnen wertmäßig zufließenden) Einkommen und dem (bei ihnen vorhandenen) Vermögen bestehen.81 Zum Einkommen zählen die Einnahmen in Geld und Geldeswert, die den Eltern während des Schulbesuchs des Kindes zufließen (vgl. § 11 Abs. 1 SGB II). Als Einkommen sind sowohl laufende, regelmäßige Einkünfte (z. B. Lohn) als auch einmalige Einnahmen erfasst (z. B. Lottogewinn, Erbschaft) (vgl. § 11 Abs. 2 und 3 SGB II).82 Ob und inwieweit (Unterhalts-)Zahlungen Dritter sowie Familienleistungen des Staates (z. B. Mutterschaftsgeld, Kindergeld, Elterngeld) zum Einkommen der Eltern zu rechnen sind, ist anhand des Zwecks der jeweiligen Leistung zu entscheiden. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (vgl. § 12 Abs. 1 SGB II). In welchem Umfang vorhandenes Einkommen und Vermögen der Eltern für die Berechnung des nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zulässigen Schulgelds einbezogen werden darf, wird an anderer Stelle erörtert.83 Für die Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens der Eltern als „Besitz“ i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sprechen auch der Sinn und Zweck der Norm sowie ihr systematischer Zusammenhang mit dem Sozialstaatsgebot. Als Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 1 GG84 sucht das Sonderungsverbot sicherzustellen, dass „die Privatschule grundsätzlich allen Bürgern ohne Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse“ offensteht.85 Sie muss „von allen Eltern und Schülern ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage in Anspruch genommen 80

Für eine Einbeziehung der Vermögensverhältnisse auch Reich, Magdeburger Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 8. 81 Zu der entsprechenden Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Sozialrecht statt aller Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz (Hrsg.), SGB II, § 11 Rn. 187 ff. 82 Zur Parallele im Sozialrecht s. nur Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz (Hrsg.), SGB II, § 11 Rn. 157 ff. 83 s. unter F. II. 84 Vgl. BVerfGE 90, 107 (120), wonach Art. 7 Abs. 4 GG als Freiheitsrecht „auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsgebots“ zu interpretieren ist; vgl. auch Badura, in: Maunz/ Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 121, der das Sonderungsverbot als sozialstaatliche Bedingung der Ersatzschulgenehmigung bezeichnet; Geis, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 84 sieht in dem Sonderungsverbot „eine Ausprägung des sozialstaatlich-integrativen Ansatzes“; Müller/Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 141, 148: „Ausprägung des allgemeinen Sozialstaatsprinzips“. 85 BVerfGE 90, 107 (119), s. auch BVerfGE 75, 40 (65).

I. Besitzverhältnisse der Eltern

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werden können.“86 Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG will verhindern, dass der Zugang zu Ersatzschulen durch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern bestimmt wird. In diesem Sinne muss die Ersatzschule „allgemein zugänglich“ sein.87 Da die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern sowohl durch ihr Einkommen als auch durch ihr Vermögen bestimmt wird, ist die allgemeine Zugänglichkeit der Ersatzschule nur sichergestellt, wenn der Schulbesuch unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern möglich ist. Das unmittelbar an den Staat adressierte Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG88 wird insofern konkretisiert und auf die privaten Ersatzschulen als Grundrechtsträger (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) erstreckt. Dieses Verständnis des Begriffs „Besitzverhältnisse“ als Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern stützt die historische Norminterpretation. Die wortgleiche Vorgängerregelung des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV, wollte die allgemeine Zugänglichkeit der Ersatzschule „ohne Rücksicht auf die Wirtschaftslage der Benutzerkreise“ sichern.89 Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV suchte Standes- und Kastenschulen zu verhindern, wobei die Zugänglichkeit der Ersatzschule für „vielleicht nur einige Kinder“ nicht genügte.90 Ein Anspruch auf Genehmigung als Ersatzschule bestand nach Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV nur dann, wenn sie in demselben Maße wie die öffentliche Schule „die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern ausschaltet“.91 Zu diesen wirtschaftlichen Verhältnissen, ungeachtet derer öffentliche Schulen besucht werden können, gehören sowohl die Einkommens- als auch die Vermögensverhältnisse der Eltern. Entsprechend waren nach Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV für die Aufnahme des Kindes in eine bestimmte öffentliche Schule seine Anlage und Neigung, nicht die wirtschaftliche Stellung (oder die gesellschaftliche Stellung oder das Religionsbekenntnis) seiner Eltern maßgebend. Auch der mit der Erarbeitung des Grundgesetzes betraute Parlamentarische Rat wollte mit dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG „eine Entwicklung der privaten Ersatzschulen in Richtung auf eine Art von „Standes- oder Plutokratenschulen“ vermeiden“.92 Im Parlamentarischen Rat war gegen Privatschulen grundsätzlich zu bedenken gegeben worden, dass sie einen „sozialen Beigeschmack nach 86

BVerfGE 90, 107 (119); s. auch bereits BVerfGE 75, 40 (64). BVerfGE 75, 40 (64); 90, 107 (119). 88 Statt aller Wittreck, in Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 (Sozialstaat) Rn. 24 f.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 20 Rn. 155. 89 Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 156; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 90 Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 329, 1929, S. 2161 – 2163. 91 Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 156; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 92 BVerfGE 75, 40 (63); VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 49 (juris); zur Verhinderung von Standesschulen Parl. Rat V/2, S. 815, Parl. Rat XIV/1, S. 626 und Parl. Rat XIV/2, S. 1371, 1373. 87

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

Vornehmheit, Reichtum und Sonderstellung der Eltern“ hätten93 und „ein Monopol für die Kinder wirtschaftlich und sozial besser gestellter Eltern“ seien.94 Diesen Bedenken trägt das Sonderungsverbot Rechnung, indem es sicherstellt, dass „Begüterte“,95 d. h. „reiche Leute“96, sich nicht „Sonderschulen“ einrichten können, in denen ihre Kinder getrennt von denen Nicht-Begüterter unterrichtet werden.97 Auch die Entstehungsgeschichte des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG spricht mithin dafür, dass das Sonderungsverbot mit der Bezugnahme auf die „Besitzverhältnisse“ den Zugang zur Ersatzschule unabhängig von den finanziellen Verhältnissen der Eltern sicherzustellen sucht, die durch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bestimmt werden. Maßgeblich sind die aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern während des Besuchs der Schule durch ihr Kind, nicht ihre (voraussichtliche) künftige Finanzsituation. Bei einem monatlich erhobenen Schulgeld ist auf die Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern in dem betreffenden Monat abzustellen. Ob die Möglichkeit besteht, dass die Eltern in der Zukunft Einkommen oder Vermögen erwerben, lässt sich regelmäßig nicht hinreichend sicher prognostizieren, sodass die künftige Einkommens- und Vermögenslage als Anknüpfungspunkt für das Sonderungsverbot ausscheidet. Aus demselben Grund sind die aktuellen und nicht die künftigen Besitzverhältnisse des Kindes maßgeblich,98 wenn wegen eigenen Einkommens und Vermögens des Kindes gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ausnahmsweise seine Besitzverhältnisse maßgeblich sind.99 b) Bildungs- und Berufsverhältnisse? Nicht geklärt ist, ob der Begriff „Besitzverhältnisse“ i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG auch die sozialen Verhältnisse im weiteren Sinne umfasst wie namentlich den Bildungs- und Berufsstatus der Eltern.100 Dies suggerieren Wrase und Helbig in ihrer Studie aus dem Jahr 2016, die dem Sonderungsverbot eine Forderung nach spiegelbildlicher Zusammensetzung privater und öffentlicher Schulen (auch) im Hinblick auf den Bildungs- und Berufsstand der Eltern entnehmen.101 93

Parl. Rat XIV/1, S. 626. Parl. Rat XIV/1, S. 630. 95 Parl. Rat XIV/2, S. 1355. 96 Parl. Rat XIV/2, S. 1371. 97 Parl. Rat XIV/2, S. 1355. 98 In diesem Sinne auch VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 82 (juris), wonach bei privaten Berufsschulen nicht deshalb ein höheres Schulgeld zumutbar sei, weil die Berufsschülerinnen und -schüler die Aussicht auf baldiges Erwerbseinkommen haben. 99 s. unter D. I. 2. 100 In diesem Sinne wohl von Pollern, DÖV 2011, 680 (681), der dem Sonderungsverbot „auch eine Integrationsfunktion für Schüler aus bildungsfernen … Elternhäusern oder aus Elternhäusern mit Migrationshintergrund“ beimisst. 101 Näher unter A. 94

I. Besitzverhältnisse der Eltern

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Gegen eine solche Deutung des Begriffs „Besitzverhältnisse“ spricht der Wortlaut der Norm. Mit „Besitzverhältnissen“ assoziiert man die finanziellen Verhältnisse, nicht die immateriell-geistige Situation der Eltern. Auch der systematische Zusammenhang des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG, dem zumindest primär an der Fürsorge für finanziell Hilfebedürftige gelegen ist,102 deutet darauf hin, dass das Sonderungsverbot die Zugänglichkeit der Ersatzschulen nur unabhängig von den finanziellen Verhältnissen der Eltern sicherzustellen sucht. Für eine Einbeziehung der Bildungs- und Berufsverhältnisse der Eltern in den Begriff „Besitzverhältnisse“ könnte dagegen historisch sprechen, dass sich sowohl Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als auch dessen Vorgängerregelung Art. 147 Abs. 1 Satz 2 GG nach dem Willen der Verfassungsväter und -mütter gegen Standes- und Kastenschulen richte(te)n,103 die nicht nur finanziell besser gestellten Schichten vorbehalten waren, sondern auch als exklusive Schulen für Gebildete oder Angehörige bestimmter (Berufs-)Stände dienten. Genannt seien nur die Ritterschulen und höheren Töchterschulen.104 Auch waren nach Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV für die Aufnahme des Kindes in eine bestimmte öffentliche Schule seine Anlage und Neigung, nicht die gesellschaftliche Stellung (oder die wirtschaftliche Stellung oder das Religionsbekenntnis) seiner Eltern maßgebend. Dies mag darauf hindeuten, dass Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG auch eine Förderung der Sonderung nach der Zugehörigkeit der Eltern zu einem bestimmten gesellschaftlichen (Berufs- oder Bildungs-)Stand untersagt. In dieselbe Richtung weist das Verbot der Diskriminierung wegen der „Herkunft“ nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Es unterbindet Benachteiligungen wegen der „sozialen Herkunft“, worunter die von den Vorfahren hergeleitete „ständisch-soziale Abstammung und Verwurzelung“ zu verstehen ist.105 Nicht zur „Herkunft“ gehört dagegen „die in den eigenen Lebensumständen begründete Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht“.106 Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG wird daher generell der Zweck entnommen, für soziale Durchlässigkeit und Chancengleichheit zu sorgen,107 und wird als Verbot interpretiert, Kinder aus privilegierten Schichten gegenüber

102 Wittreck, in Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 (Sozialstaat) Rn. 28; Sommermann, in: Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 Rn. 105. 103 Nachweis in Fn. 90. 104 Zu Standes- und Kastenschulen im 20. Jahrhundert näher Zymek, ZfG 8 (2015), 7 (10 ff.). 105 BVerfGE 48, 281 (287); vgl. auch BVerfGE 5, 17 (22); 9, 124 (128), 23, 258 (262); BVerwGE 106, 191 (194). 106 BVerfGE 9, 124 (129). 107 Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 132; Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 60; vgl. auch Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 125: „Verhinderung einer Klassengesellschaft mit schichtenspezifischen Privilegien“.

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

Kindern aus nicht privilegierten Schichten zu begünstigen.108 Es sei unzulässig, Kinder aus besseren gesellschaftlich-sozialen Schichten (z. B. Diplomaten-, Arztoder Akademikerkinder) bei dem Zugang zum Studium und Beruf gegenüber Kindern aus „schlechteren“ Schichten (z. B. Handwerker- oder Arbeiterkinder) zu bevorzugen.109 Dieses Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG könnte Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für den Bereich der Ersatzschulen konkretisieren.110 Letztlich kann die Frage dahinstehen. Selbst wenn man Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG in einem weiten Sinne verstünde und ihm auch das Verbot entnähme, die Schülerinnen und Schüler nach der sozialen (Bildungs- und Berufs-)Schicht der Eltern zu sondern, wäre den Ersatzschulen nur untersagt, bei der Schülerauswahl unmittelbar an den Bildungs- und Berufsstand der Eltern anzuknüpfen. Ein Verbot, die Schülerinnen und Schüler nach ihrer Eignung, Befähigung und Leistungsfähigkeit auszuwählen, begründet Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht. Das gilt auch dann, wenn eine Begabungs- und Leistungsauswahl wegen der sozialen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland faktisch dazu führt, dass mehr Kinder aus besitzstarken Elternhäusern Ersatzschulen besuchen als Kinder aus besitzschwachen Elternhäusern und dass die soziale Zusammensetzung der Ersatzschulen im Hinblick auf den Bildungs- und Berufsstand der Eltern nicht der sozialen Zusammensetzung öffentlicher Schulen entspricht.111

2. Eltern Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind die Besitzverhältnisse der „Eltern“ maßgeblich. Der Grund hierfür ist, dass die Pflege und Erziehung des Kindes gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht sind (vgl. § 1626 Abs. 1 BGB). Das Pflege- und Erziehungsrecht sowie die korrespondierende Pflicht der Eltern umfasst die Sorge für die schulische Bildung des Kindes112 einschließlich der Schulwahl.113 Die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihrem Kind (vgl. §§ 1601 ff. BGB)114 erstreckt sich auf den gesamten Lebensbedarf des Kindes einschließlich der Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Beruf (§ 1610 Abs. 2 BGB).115 Zu diesen von den Eltern zu tragenden 108 Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 132; ähnlich Langenfeld, in: Maunz/ Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 60. 109 Vgl. etwa Rüfner, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Rn. 845. 110 Näher D. III. 1. b). 111 Näher D. III. 1. b). 112 Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 6 Rn. 159. 113 BGH, NJW 1983, 393. 114 Statt aller BVerfGE 68, 256 (267); 80, 81 (90 f.); 103, 89 (107). 115 BGH, NJW 1983, 393.

I. Besitzverhältnisse der Eltern

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Kosten gehört auch Schulgeld für den Besuch einer privaten Schule.116 Zu den pflegeund erziehungsberechtigten Eltern i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gehören die Personen, die durch Abstammung oder einfachgesetzliche Zuordnung in einem Elternverhältnis zum Kind stehen.117 Die Verpflichtung der Eltern, das Schulgeld für den Besuch einer Ersatzschule zu zahlen, besteht nicht nur gegenüber dem minderjährigen Kind, sondern grundsätzlich auch gegenüber dem volljährigen Kind. Zwar ist die Unterhaltspflicht der Eltern zeitlich prinzipiell auf das minderjährige Kind begrenzt.118 Befindet sich das Kind in einer Schul- oder Berufsausbildung und dauert diese über seine Volljährigkeit hinaus, besteht aber die Unterhaltspflicht der Eltern entsprechend fort.119 Aus diesem Grund dürften die Besitzverhältnisse der Eltern – und nicht des Kindes – im Grundsatz auch dann maßgeblich sein, wenn das Kind volljährig ist und eine allgemein- oder berufsbildende Schule besucht.120 Etwas anderes wird aber wohl nach dem Sinn und Zweck des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gelten müssen, wenn das Kind über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügt, sodass seine Bedürftigkeit und entsprechend die Unterhaltspflicht der Eltern entfällt. Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist und ob dabei zwischen dem minder- und dem volljährigen Kind zu differenzieren ist, liegt es nahe, auf die zivilrechtlichen Grundsätze des § 1602 BGB zurückzugreifen. Soweit ein Kind gem. § 1602 BGB wegen eigenen Einkommens und Vermögens mangels Bedürftigkeit nicht unterhaltsberechtigt ist121, dürften sub specie des Sonderungsverbots nicht die Besitzverhältnisse der Eltern, sondern des Kindes maßgeblich sein. Diese Frage, die insbesondere für berufsbildende Ersatzschulen relevant ist, kann im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht vertieft werden.

116

BGH, NJW 1983, 393; OLG Naumburg, NJW 2012, 623 (624). BVerfGE 133, 59 (81); Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 6 Rn. 147 ff. 118 Statt aller Heinemann, in: Münch (Hrsg.), Familienrecht, § 15 Rn. 86. 119 s. nur Heinemann, in: Münch (Hrsg.), Familienrecht, § 15 Rn. 86. 120 Vgl. VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 82 (juris), wonach bei privaten berufsbildenden Schulen kein höheres Schulgeld zumutbar sei als bei allgemeinbildenden Schulen, weil die Aussicht von Berufsschülerinnen und -schülern auf baldiges Erwerbseinkommen außer Acht bleiben müsse; ebenso VG Stuttgart, 13 K 3238/09 vom 2. 2. 2010, Rn. 24 (juris) mit dem zusätzlichen Argument, dass auch ein Hinzuverdienst älterer Schülerinnen und Schüler außer Betracht zu bleiben habe. 121 Näher Graba/Maier, in: Johannsen/Henrich (Hrsg.), Familienrecht, § 1602 Rn. 7 ff.; Dethloff, Familienrecht, § 11 Rn. 5 ff.; Schwab, Familienrecht, § 74 Rn. 887 f. 117

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

a) Besitzschwache Eltern einschließlich Empfänger staatlicher Sozialleistungen Normtextlich enthält Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG keine Einschränkung auf bestimmte Schüler- oder Elterngruppen. Nach seinem Sinn und Zweck sowie seiner Historie sucht das Sonderungsverbot sicherzustellen, dass Ersatzschulen auch für Kinder aus besitzschwachen Elternhäusern zugänglich sind. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG liegt ebenso wie seiner Vorgängerregelung, Art. 147 Abs. 1 Satz 2 GG, der Zweck zugrunde, „Standes- oder Plutokratenschulen“ zu verhindern.122 „Sonderschulen“ für die Kinder wirtschaftlich besser gestellter Eltern sollen unterbunden werden.123 Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG untersagt daher eine Benachteiligung von Kindern, deren Eltern über kein oder nur geringes Einkommen und Vermögen verfügen, gegenüber Kindern aus besseren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Das gilt auch und gerade für Empfänger staatlicher Sozialleistungen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen (oder aus zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen Dritter, s. § 9 Abs. 1 SGB II, §§ 1 Abs. 1, 19 Abs. 1 SGB XII) sichern können und deswegen auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), Sozialhilfeleistungen (SGB XII) oder andere staatliche Leistungen zur Existenzsicherung angewiesen sind.124 Entsprechend seinem Schutzzweck, „Sonderschulen“ für „Begüterte“ zu verhindern und den Zugang zu Ersatzschulen „grundsätzlich allen Bürgern ohne Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse“ zu ermöglichen,125 kommt das Sonderungsverbot auch zugunsten von Kindern zur Anwendung, deren Eltern über keinerlei verwertbares Einkommen und Vermögen verfügen und daher sozialstaatlicher Leistungen bedürfen. Ein Ausschluss der Ärmsten der Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich des Sonderungsverbots liefe seinem Schutzzweck zuwider. Hieran ändert die Rechtsprechung der Verwaltungs- und Sozialgerichte nichts, nach der die Übernahme von Schulgeld für eine private Ersatzschule keine im Rahmen der Eingliederungshilfe vom Sozialhilfeträger zu erbringende Leistung für angemessene Schulbildung ist. Der Anspruch von Eltern oder Kindern auf Sozialhilfe umfasse nicht das Schulgeld für eine Ersatzschule, weil ein Besuch der schulgeldfreien öffentlichen Schulen möglich und zumutbar sei.126 Das gelte umso 122 Näher Graba/Maier, in: Johannsen/Henrich (Hrsg.), Familienrecht, § 1602 Rn. 7 ff.; Dethloff, Familienrecht, § 11 Rn. 5 ff.; Schwab, Familienrecht, § 74 Rn. 887 f. 123 Nachweis in Fn. 97. 124 Im Ergebnis ebenso Langer, R&B 4/2010, 11 (14); gleichsinnig, wenngleich als Frage formuliert, Hardorp, R&B 1/2017, 5 (17); anderer Ansicht wohl Theuersbacher, RdJB 1994, 497 (505); Heinig/Vogel, LKV 2012, 337 (340). 125 Näher bei und in Fn. 85. 126 BSG, NJOZ 2014, 797 (798 f.); BVerwG, NVwZ 1993, 691 (691 f.) bezogen auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG – auch zu Ausnahmen, wenn der Besuch einer öffentlichen Schule aus objektiven Gründen wie der Entfernung vom Wohnort oder aus schwerwiegenden subjektiven Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (691); VGH

I. Besitzverhältnisse der Eltern

37

mehr, als die Schulgeldfreiheit für öffentliche Schulen eine Konkretisierung des Sozialstaatsgebots des Grundgesetzes darstelle.127 Ungeachtet dessen, ob diese Rechtsprechung zum Sozialhilferecht Zustimmung verdient, folgt hieraus für die Auslegung des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots nichts. Das Sonderungsverbot sucht nach seinem Zweck auch den Zugang von Empfängern sozialstaatlicher Leistungen zur Ersatzschule sicherzustellen; damit dies möglich ist, müssen die Ersatzschulen auf Schulgeld von ihnen verzichten.128 Den durch das Sonderungsverbot bedingten Schulgeldausfall hat das Land durch entsprechend erhöhte Finanzhilfe zu kompensieren.129 Dies verkennt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, der aus der Exklusion des Schulgelds aus sozialstaatlichen Leistungen folgert, dass Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG die Allgemeinzugänglichkeit privater Ersatzschulen nicht für Empfänger staatlicher Sozialleistungen gewähre und daher das Schulgeld von Ersatzschulen nicht so bemessen sein müsse, dass es auch von Beziehern der Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII entrichtet werden kann.130 b) Besitzstarke Eltern? Ob Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG umgekehrt auch für Kinder einkommens- und vermögensstarker Eltern gilt, ist nicht vergleichbar eindeutig. Diese Frage stellt sich mit Blick auf Ersatzschulen, die nach ihrem schulischen Konzept ausschließlich von Kindern aus besitzschwachen Schichten besucht werden sollen. Für die Geltung des Sonderungsverbots auch für Kinder einkommens- und vermögensstarker Eltern mag der Normtext des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sprechen, der keine Einschränkung auf besitzschwache Gruppen vorsieht. Hinzu kommt entstehungsgeschichtlich, dass der Parlamentarische Rat „Sonderschulen“ für „Begüterte“ verhindern wollte, in denen ihre Kinder getrennt von denen Nicht-Begüterter unterrichtet werden.131 Das Sonderungsverbot besitzt auch eine Integrationsfunktion.132 Zudem hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass „die Privatschule grundsätzlich allen Bürgern ohne Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse of-

Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 53 (juris); LSG Schleswig-Holstein, NZS 2007, 164 (165). 127 BVerwG, NVwZ 1993, 691 (691 f.); LSG Schleswig-Holstein, NZS 2007, 164 (165). 128 Näher unter E. II. 1. 129 s. unter H. II. 130 VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 53 (juris); ebenso Kleimann, IAW Analysen 8/2016, S. 7. 131 Nachweis in Fn. 95 bis 97. 132 Robbers, in: Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Abs. 4 Rn. 199; Uhle, in: Epping/ Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 7 Rn. 85.

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

fenstehen“ muss;133 sie muss „von allen Eltern und Schülern ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage in Anspruch genommen werden können“.134 Gegen eine Geltung des Sonderungsverbots zugunsten von Kindern aus einkommens- und vermögensstarken Verhältnissen spricht aber, dass Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG eine Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 1 GG darstellt, dem primär an der Fürsorge für finanziell Hilfebedürftige gelegen ist.135 Auch nach seinem Sinn und Zweck hat sich das Sonderungsverbot den Schutz finanziell minderbemittelter Schichten und nicht wirtschaftlich gut gestellter Schichten auf die Fahnen geschrieben. Das Sonderungsverbot sucht „die Herausbildung von Eliteschulen für Besserverdienende“ zu unterbinden.136 Es richtet sich gegen die Unzugänglichkeit von Ersatzschulen für Kinder, deren Eltern sich die Schulkosten aufgrund ihrer Besitzverhältnisse nicht leisten können.137 Vor diesem Hintergrund drängt das Sonderungsverbot nicht für Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern auf Verwirklichung, die nach ihren Besitzverhältnissen ein kostendeckendes Schulgeld tragen können. Sie sind aus eigener Kraft in der Lage, sich Zugang zu Ersatzschulen zu verschaffen, sodass das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot nach seinem Schutzzweck nicht gilt. In der Konsequenz geraten Ersatzschulen, die nur für Kinder aus besitzschwachen Schichten zugänglich sind, mit dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht in Konflikt.

II. Keine Förderung der Sonderung der Schülerinnen und Schüler Welche Anforderungen Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG an Ersatzschulen mit dem Postulat stellt, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler (nach den Besitzverhältnissen der Eltern) nicht zu fördern, ist nicht geklärt.

133

BVerfGE 90, 107 (119), s. auch BVerfGE 75, 40 (65). BVerfGE 90, 107 (119); s. auch bereits BVerfGE 75, 40 (64). 135 s. unter D. I. 1. 136 Pieroth, in: Geis/Winkler/Bickenbach (Hrsg.), Von der Kultur der Verfassung, Festschrift für Hufen, S. 381 (389); ebenso Hufen, in: Hufen/Vogel (Hrsg.), Keine Zukunftsperspektiven für Schulen in freier Trägerschaft?, S. 49 (60); VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/ 09 vom 14. 7. 2010, Rn. 49 (juris). 137 Vgl. Heinig/Vogel, LKV 2012, 337 (340), denen zufolge nach dem Sonderungsverbot der Zugang zur Ersatzschule für Schülerinnen und Schüler aus schwächeren finanziellen Verhältnissen nicht unmöglich sein darf; Vogel, RdJB 2014, 261 (263), dessen Ansicht nach sich das Sonderungsverbot gegen den Ausschluss nicht vermögender Kinder aus der Ersatzschule richtet; Langer, R&B 1/2009, 8 (10): Das Sonderungsverbot verbietet den Ausschluss von Kindern aus sozial benachteiligten Familien von dem Besuch privater Schulen; Keller/Hesse/ Krampen, in: Keller/Krampen (Hrsg.), Das Recht der Schulen in freier Trägerschaft, 6. Kap. Rn. 37: Das Sonderungsverbot dient nicht dem Schutz reicher Eltern. 134

II. Keine Förderung der Sonderung der Schülerinnen und Schüler

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1. Grammatikalische Auslegung Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG untersagt den Ersatzschulen nicht eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler, sondern verbietet lediglich, eine Sonderung zu fördern. Dieser textliche Unterschied wird im Schrifttum betont, weil eine Sonderung wegen der ungleichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern mit jeder Schulgelderhebung verbunden sei;138 das Verbot der Förderung der Sonderung schließt dagegen die Erhebung von Schulgeld nicht aus.139 Grammatikalisch knüpft Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG mit dem Verbot, die Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu fördern, an die Spaltung („Sonderung“) der Gesellschaft in unterschiedliche Einkommens- und Vermögensschichten an und untersagt den Ersatzschulen, diese Spaltung zu vertiefen („fördern“).140 Es muss sichergestellt sein, dass jedes Kind ungeachtet der finanziellen Leistungsfähigkeit seiner Eltern die Ersatzschule besuchen kann.141 Schülerinnen und Schüler aus einkommens- und vermögensschwachen Schichten dürfen nicht wegen der Besitzverhältnisse ihrer Eltern schlechteren Zugang zur Ersatzschule haben als Schülerinnen und Schüler aus einkommens- und vermögensstarken Schichten.142 Hätten Kinder einkommens- und vermögensstarker Eltern wegen ihrer Besitzverhältnisse besseren Zugang zur Ersatzschule als Kinder von Eltern mit geringerem Einkommen und Vermögen, würden durch einen „Bildungskauf“ die Besitzunterschiede in der Gesellschaft gefördert. Für eine restriktivere Lesart des Sonderungsverbots etwa in dem Sinne, dass das Sonderungsverbot nur Schulgeldermäßigung oder Freiplätze für „eine bestimmte Anzahl von Schülern, die das Schulgeld nicht aufbringen können“, gebietet143 oder dass Schulgeld „nicht in einer Höhe erhoben werden (darf), die einem durchschnittlichen Bürger den Zugang zu der Ersatzschule faktisch versperrt“144, oder dass Ersatzschulen nur für „breite Kreis(e) einer relativ gut verdienenden Mittel138

So namentlich Umbach, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 IV, V Rn. 188; Vogel, RdJB 2014, 261 (264); Vogel, R&B 4/2017, 2; Woltering/Bräth, Niedersächsisches Schulgesetz, § 144 Ziff. 3; VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 48 (juris). 139 Näher unter E. I. 140 Ähnlich Müller/Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 143, die in dem Sonderungsverbot das Verbot sehen, „eine aus den bestehenden, unterschiedlichen elterlichen Vermögensverhältnissen resultierende … soziale Ungleichheit auf Schülerebene zu fördern.“ 141 Vgl. auch Badura, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 120. 142 Gleichsinnig Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 52, nach dessen Ansicht eine Auswahl der Schülerinnen und Schüler durch die finanziellen Möglichkeiten der Eltern nicht begünstigt werden darf. 143 So Jach, in: Vogel/Knudsen (Hrsg.), Bildung und Erziehung in freier Trägerschaft, S. 117. 144 Pieroth, in: Geis/Winkler/Bickenbach (Hrsg.), Von der Kultur der Verfassung, Festschrift für Hufen, S. 381 (389).

40

D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

schicht“145 bzw. für die meisten Eltern offenstehen müssen,146 geben weder der Normtext des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG noch die weitere Norminterpretation etwas her. „Einige wenige Freiplätze oder Schulgeldstipendien in Ausnahmefällen … gewährleisten die allgemeine Zugänglichkeit … nicht“.147 Um diesen Anforderungen des Sonderungsverbots zu entsprechen und den Zugang zur Ersatzschule für jedes Kind ungeachtet der Besitzverhältnisse seiner Eltern sicherzustellen, muss erstens die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern erfolgen. Zweitens muss ein von der Ersatzschule erhobenes Schulgeld148 so gestaltet sein, dass es Eltern aller Einkommens- und Vermögensschichten zahlen können.

2. Teleologische und systematische Auslegung Der grammatikalischen Auslegung des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG entsprechen der Telos der Norm und sein systematischer Zusammenhang mit dem Sozialstaatsgebot. Als Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 1 GG sucht das Sonderungsverbot sicherzustellen, dass „die Privatschule grundsätzlich allen Bürgern ohne Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse“ offensteht.149 Sie muss „von allen Eltern und Schülern ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage“ „gleichberechtigt in Anspruch genommen werden“ können.150 Die Ersatzschule muss „allgemein zugänglich sein, zwar nicht in dem Sinne, daß sie wie die öffentliche Schule jeden Schüler bei Erfüllung allgemeiner Voraussetzungen aufnehmen muß, wohl aber in dem Sinne, daß sie grundsätzlich ohne Rücksicht auf deren Wirtschaftslage besucht werden kann.“151 Diese Zugänglichkeit der Ersatzschule unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Eltern ist nur sichergestellt, wenn zum einen die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern erfolgt und zum anderen Schulgeld so gestaltet ist, dass es Eltern aller Einkommensund Vermögensschichten tragen können.

145

Theuersbacher, RdJB 1994, 497 (505). VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 81 (juris); VGH BadenWürttemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 137 (juris). 147 BVerfGE 90, 107 (119); s. auch bereits BVerfGE 75, 40 (63); aus dem Schrifttum ebenso Theuersbacher, RdJB 1994, 497 (505); Geis, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 84; Robbers, in: Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Abs. 4 Rn. 199. 148 Zum Recht der Ersatzschulträger, Schulgeld zu erheben, s. unter E. I. 149 BVerfGE 90, 107 (119), s. auch BVerfGE 75, 40 (65). 150 BVerfGE 90, 107 (119); s. auch bereits BVerfGE 75, 40 (64). 151 BVerfGE 75, 40 (64); vgl. ferner BVerfGE 90, 107 (119). 146

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

41

3. Historische Auslegung Gestützt wird dieses Verständnis des Sonderungsverbots durch die historische Interpretation des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Bereits die Vorgängerregelung in Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV sollte die allgemeine Zugänglichkeit der Ersatzschule „ohne Rücksicht auf die Wirtschaftslage der Benutzerkreise“ sichern.152 Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV suchte Standes- und Kastenschulen zu verhindern, wobei die Zugänglichkeit der Ersatzschule für „vielleicht nur einige Kinder“ nicht genügen sollte.153 Ein Anspruch auf Genehmigung als Ersatzschule bestand nach Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV nur dann, wenn sie in demselben Maße wie die öffentliche Schule „die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern ausschaltet“.154 Gem. Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV waren für die Aufnahme des Kindes in eine bestimmte öffentliche Schule seine Anlage und Neigung, nicht die wirtschaftliche Stellung (oder die gesellschaftliche Stellung oder das Religionsbekenntnis) seiner Eltern maßgebend. Entsprechend hatte der Parlamentarische Rat mit dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG vor Augen, „eine Entwicklung der privaten Ersatzschulen in Richtung auf eine Art von „Standes- oder Plutokratenschulen“ (zu) vermeiden“.155 Ersatzschulen sollten nicht „ein Monopol für die Kinder wirtschaftlich und sozial besser gestellter Eltern“ sein;156 sie sollten nicht nur für „Begüterte“157, d. h. „reiche Leute“,158 offenstehen. Auch hieraus ergibt sich, dass die Ersatzschulen nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für alle Kinder unabhängig von der wirtschaftlichen Lage ihrer Eltern zugänglich sein müssen. Dies setzt voraus, dass erstens die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern erfolgt und sich zweitens das Schulgeld Eltern aller Einkommens- und Vermögensschichten leisten können.

III. Dimensionen des Sonderungsverbots Diesem Inhalt des Sonderungsverbots entsprechen verschiedene Dimensionen, die sich auf zwei verschiedenen Stufen des Zugangs der Schülerinnen und Schüler 152

Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 156; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 153 Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 329, 1929, S. 2161 – 2163. 154 Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 156; Landé, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Artikel 143 – 149 S. 67. 155 Nachweise in Fußnote 92. 156 Nachweis in Fn. 94. 157 Nachweis in Fn. 95. 158 Nachweis in Fn. 96.

42

D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

zur Ersatzschule entfalten. Das Sonderungsverbot stellt grundrechtsdogmatisch für die Ersatzschulen eine tatbestandsimmanente Begrenzung des Grundrechts der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) dar, das inhaltlich dem Schutz der Schülerinnen und Schüler vor einer Ausgrenzung und Benachteiligung bei dem Ersatzschulzugang wegen der Besitzverhältnisse ihrer Eltern dient.159 Die privaten Schulen werden als Grundrechtsträger (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) zugunsten anderer Grundrechtsträger (Schülerinnen und Schüler) durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 (und Satz 4) GG in die Pflicht genommen, wobei durch das Sonderungsverbot bewirkte finanzielle Verluste (Schulgeldausfall) durch Finanzhilfe des Staates zu kompensieren sind, sodass die „Kosten“ des Sonderungsverbots letztlich die Länder treffen.160 Damit für jedes Kind der Zugang zur Ersatzschule ungeachtet der Besitzverhältnisse seiner Eltern sichergestellt ist, müssen die Ersatzschulen erstens die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern vornehmen (1. Stufe).161 Auf dieser 1. Stufe des Ersatzschulzugangs kommt dem Sonderungsverbot eine Dimension als Diskriminierungsverbot zugunsten der Schülerinnen und Schüler zu, das den Ersatzschulen untersagt, bei der Auswahl der Schülerschaft an die Besitzverhältnisse der Eltern anzuknüpfen (Verbot unmittelbarer Diskriminierung). Ein Verbot mittelbarer Diskriminierung, das den Ersatzschulen aufgibt, auf eine Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und Leistungsfähigkeit zu verzichten und ihre Schülerschaft stattdessen im Hinblick auf das Einkommen und Vermögen sowie den Bildungs- und Berufsstand der Eltern spiegelbildlich zur Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen, beinhaltet Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht (1.). Zweitens muss zur Verwirklichung des Sonderungsverbots ein von der Ersatzschule erhobenes Schulgeld so gestaltet sein, dass es Eltern aller Einkommens- und Vermögensschichten zahlen können (2. Stufe).162 Auf dieser 2. Stufe des Ersatzschulzugangs kommt dem Sonderungsverbot eine Dimension als Fördergebot zugunsten der Schülerinnen und Schüler zu. Als Fördergebot verpflichtet das Sonderungsverbot die Ersatzschulen, die Höhe des Schulgelds durch Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern so zu gestalten, dass jede ausgewählte Schülerin und jeder ausgewählte Schüler (1. Stufe) die Schule tatsächlich besuchen kann. Die Schulgeldhöhe darf kein unüberwindbares Hindernis für den Ersatzschulzugang sein (2.). Ob das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG neben seiner Bedeutung als tatbestandsimmanente Begrenzung des Grundrechts der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) für die privaten Schulen zugleich wegen seiner Schutzfunktion 159 160 161 162

Näher unter B. II. Dazu unter H. s. bereits unter D. II. s. bereits unter D. II.

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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zugunsten der Schülerinnen und Schüler ein subjektives (Grund-)Recht der Schülerinnen und Schüler begründet, soll dahinstehen.

1. Sonderungsverbot als Diskriminierungsverbot Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verpflichtet die Ersatzschulen sicherzustellen, dass jedes Kind ungeachtet der Besitzverhältnisse seiner Eltern Zugang zur Ersatzschule hat. Um diesem Verfassungsgebot zu entsprechen, müssen die Ersatzschulen die Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern vornehmen.163 Das Sonderungsverbot statuiert insofern ein unmittelbar an die privaten Ersatzschulen als Grundrechtsträger (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) adressiertes Verbot der Diskriminierung bei dem Schulzugang.164 Den Ersatzschulen ist eine Benachteiligung oder Bevorzugung von Schülerinnen und Schülern wegen der Besitzverhältnisse ihrer Eltern bei der Gewährung des Zugangs zur Schule untersagt. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG markiert die Besitzverhältnisse der Eltern als absolut unzulässiges Auswahlkriterium165 und begrenzt damit das durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistete Recht der privaten Schulen zur Schülerauswahl verfassungsimmanent.166 Entsprechend der einseitigen Schutzrichtung des Sonderungsverbots, das Eliteschulen für „Begüterte“ verhindern und den Zugang zu Ersatzschulen für Kinder aus minderbemittelten Schichten sicherstellen will, gilt das Diskriminierungsverbot nicht zugunsten von Kindern sowie Eltern, die nach ihren Besitzverhältnissen in der Lage sind, ein kostendeckendes Schulgeld zu zahlen.167 Eine Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern aus solchen Schichten durch bevorzugte Auswahl besitzschwacher Schülerinnen und Schüler untersagt das Sonderungsverbot nicht. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG stellt insofern nicht nur eine Konkretisierung und Erstreckung des staatsgerichteten Sozialstaatsprinzips des Art. 20 Abs. 1 GG auf die Ersatzschulen als grundrechtlich geschützte Rechtsträger dar, sondern auch des Verbots der Diskriminierung wegen der Herkunft aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, wenn

163

Näher unter D. I. und II. Interpretation des Sonderungsverbots als Diskriminierungsverbot auch bei Müller/ Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 141: Schutz „vor sozialer Diskriminierung“; ebenso Langer, R&B 1/2009, 8 (10): „Verbot sozialer Diskriminierung“. 165 Vgl. auch Vogel, RdJB 2014, 261. 166 Vgl. Heckel, Deutsches Privatschulrecht, S. 285. Zu der grundrechtsdogmatischen Einordnung des Sonderungsverbots als tatbestandsimmanente Begrenzung oder verfassungsunmittelbare Schranke des Grundrechts der Privatschulfreiheit s. bereits unter B. II. 167 s. unter D. I. 2. b). 164

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

man unter „Herkunft“ i.S.d. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG auch die aktuellen Besitzverhältnisse der Eltern versteht.168 a) Verbot unmittelbarer Diskriminierung: Keine Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern Als Diskriminierungsverbot untersagt das Sonderungsverbot den Ersatzschulen – entsprechend den Diskriminierungsverboten des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG169 – jede Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern bei der Schülerauswahl, die Kinder aus einkommens- und vermögensschwachen Elternhäusern gegenüber Kindern aus einkommens- und vermögensstärkeren Elternhäusern benachteiligt (Verbot unmittelbarer Diskriminierung). Erforderlich ist ein Kausalzusammenhang zwischen der Verwendung des unzulässigen Merkmals (Besitzverhältnisse der Eltern) und der Benachteiligung.170 Ob Kinder aus unteren Einkommens- und Vermögensgruppen der Zugang zur Ersatzschule absichtlich verwehrt wird, ist irrelevant.171 Auch eine versehentliche Benachteiligung besitzschwacher Schülerinnen und Schüler gegenüber besitzstarken Schülerinnen und Schülern bewirkt eine Diskriminierung.172 Eine offene Diskriminierung von Schülerinnen und Schülern wegen des Besitzstands ihrer Eltern ist ebenso unzulässig wie eine verdeckte Diskriminierung,173 bei der „der wahre Diskriminierungsgrund … verschleiert werden soll“.174 Wählen Ersatzschulen ihre Schülerschaft nach scheinbar neutralen Kriterien aus (z. B. nach Eignung, Befähigung und Leistung), begünstigen tatsächlich aber Schülerinnen und Schüler wegen ihrer Herkunft aus besitzstarken Elternhäusern, liegt eine verdeckte 168

Zweifel hieran bestehen, weil nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts zur Herkunft i.S.d. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nicht „die in den eigenen Lebensumständen begründete Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht“ gehört, s. mit Nachweisen bei Fn. 106. 169 Zu Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG als Verbot unmittelbarer oder direkter Diskriminierung, das eine unmittelbare Anknüpfung an das verbotene Diskriminierungsmerkmal untersagt, statt aller BVerfGE 107, 257 (269); Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 34; Nußberger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 255; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 119. 170 Zum Erfordernis der Kausalität bezogen auf Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG eingehend Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 120 ff.; Uerpmann-Wittzack, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 128 Rn. 6; Rebhahn/Kietaibl, RW 2010, 373 (376 f.). 171 Anderer Ansicht Vogel, R&B 1/2012, 23 (27). 172 Zur Unerheblichkeit einer Diskriminierungsabsicht bei Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG Richter, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 126 Rn. 72. 173 Zur verdeckten Diskriminierung als Unterfall der unmittelbaren Diskriminierung Kischel, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 3 Rn. 216; Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 32 f.; im Ergebnis auch Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 125. 174 Formulierung von Kischel, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 3 Rn. 216.

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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Diskriminierung vor, die das Sonderungsverbot nach seinem Schutzzweck ebenso untersagt wie eine offene Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern. Die Ersatzschulen müssen die Schülerauswahl rechtlich und faktisch ungeachtet der Besitzverhältnisse der Eltern vornehmen. Sowohl die Formulierung der Kriterien für die Schülerauswahl als auch deren tatsächliche Anwendung muss diskriminierungsfrei sein. Eine Bevorzugung von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern nach ihren Besitzverhältnissen ein hohes Schulgeld zahlen können, und eine entsprechende Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern sich nur ein geringeres Schulgeld leisten können, ist unzulässig. Ob als unzulässige verdeckte Diskriminierung auch eine Beschränkung des Zugangs zur Ersatzschule auf Kinder anzusehen ist, deren Eltern finanziell in der Lage sind, ein kostendeckendes Schulgeld zu entrichten, ist zweifelhaft. Die Zweifel rühren daher, dass die Erhebung eines kostendeckenden Entgelts aus der Sicht eines rational handelnden Unternehmers Ausdruck wirtschaftlicher Vernunft ist, da anderenfalls der Betrieb der Einrichtung gefährdet ist. Letztlich kann die Frage dahinstehen, weil den Ersatzschulen eine Beschränkung des Schulbesuchs auf Kinder, deren Eltern finanziell in der Lage sind, ein kostendeckendes Schulgeld zu entrichten, jedenfalls aufgrund des Fördergebots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verboten ist.175 Entsprechend dem Schutzzweck des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG176 ist dagegen eine (offene oder verdeckte) Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern nach ihren Besitzverhältnissen in der Lage sind, ein kostendeckendes Schulgeld zu zahlen, gegenüber finanziell leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern erlaubt. Gegen Ersatzschulen, die ausschließlich Kindern von Eltern mit geringem Einkommen und Vermögen oder nur Empfängern staatlicher Sozialleistungen offenstehen, erhebt das Sonderungsverbot keine Einwände.177 Insofern ist ausnahmsweise bei der Schülerauswahl eine Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern gestattet, weil dadurch der Zugang besitzschwacher Kinder zur Schule sichergestellt werden soll. Eine Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach besitzneutralen Kriterien wie zum Beispiel ihrer persönlichen Eignung für das Schulprofil oder ihrer Begabung und Leistungsfähigkeit verbietet Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot unmittelbarer Diskriminierung nicht. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG untersagt den Ersatzschulen ausschließlich die Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern bei der Schülerauswahl und lässt die Anwendung anderer Auswahlkriterien unberührt. Welche besitzneutralen Kriterien die Ersatzschulen der Schülerauswahl zugrunde legen, überantwortet Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ihrer Gestaltungsfreiheit. Die Anknüpfung einer Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule an die Religion bzw. Weltanschauung der Schülerinnen und Schüler ist ebenso zulässig wie die Aufnahme der 175 176 177

s. unter D. III. 2. Näher mit Nachweisen bei Fn. 95. Näher unter D. I. 2. b).

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

Schülerinnen und Schüler nach Maßgabe ihrer Eignung für ein reformpädagogisches Profil der Ersatzschule oder ihrer fachlichen Leistungsfähigkeit. Auch die Beschränkung des Zugangs zu einer Ersatzschule auf leistungsschwache Kinder, die fachlich besonderen Unterstützungsbedarf haben, ist mangels Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern erlaubt. Um sicherzustellen, dass die Ersatzschulen dem verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot als Diskriminierungsverbot bei der Schülerauswahl rechtlich und tatsächlich nachkommen, wird es verfahrensrechtlich durch Transparenzpflichten der Schulen flankiert. Gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG stehen die privaten Schulen in der Verpflichtung, die Einhaltung des Sonderungsverbots als Voraussetzung der Ersatzschulgenehmigung sicherzustellen. Damit jedes Kind unabhängig von den Besitzverhältnissen seiner Eltern Zugang zur Ersatzschule hat, müssen die Eltern vor der Bewerbung an der Schule erkennen können, dass die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unabhängig von den Besitzverhältnissen erfolgt. Ist dies für Eltern nicht erkennbar, kann sie das von einer Bewerbung abhalten. „Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann,“ dass die Schülerauswahl unabhängig von dem Besitz der Eltern erfolgt, „kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden.“178 Wer damit rechnet, dass der Besuch einer Ersatzschule an seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen scheitert, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner Grundrechte verzichten.179 Das Sonderungsverbot liefe faktisch leer. Zudem ist eine effektive Aufsicht über die privaten Ersatzschulen durch die Schulbehörden (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG) sowie die Wirksamkeit der gerichtlichen Kontrolle des Sonderungsverbots nur bei Transparenz über die Aufnahmekriterien möglich. Aus Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG folgt daher eine Verpflichtung der privaten Schulen, sowohl gegenüber den Eltern als auch gegenüber den Aufsichtsbehörden Transparenz über die Besitzunabhängigkeit der Schülerauswahl herzustellen (Transparenzgebot).180 b) Verbot mittelbarer Diskriminierung: Verbot der Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und Leistung zugunsten einer spiegelbildlichen sozialen Zusammensetzung privater und öffentlicher Schulen? Ein Verbot mittelbarer Diskriminierung, das den Ersatzschulen eine Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und Leistung zugunsten einer spiegelbildlichen sozialen Zusammensetzung privater und öffentlicher Schulen untersagt, begründet das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht. Von einem solchen Gehalt des Sonderungsverbots gehen unausgesprochen Wrase und 178 179

(43). 180

Formulierung aus BVerfGE 65, 1 (43). Vgl. bezogen auf die Datenerhebung nach dem Volkszählungsgesetz BVerfGE 65, 1 s. auch unter E. II. 1.

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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Helbig in ihrer Studie aus dem Jahr 2016181 aus (aa)). Abgesehen von (Begründungs-) Defiziten der These von Wrase und Helbig (bb)) sprechen grundsätzliche Bedenken gegen die Deutung des Sonderungsverbots in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung (cc)). Im Übrigen lägen die inhaltlichen Voraussetzungen eines solchen weit verstandenen Diskriminierungsverbots nicht vor (dd)). aa) These von Wrase und Helbig: Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gebietet eine spiegelbildliche soziale Zusammensetzung der Schülerschaft privater und öffentlicher Schulen Wrase und Helbig gehen in ihrer Studie aus dem Jahr 2016182 unausgesprochen von einem Gehalt des Sonderungsverbots als Verbot mittelbarer Diskriminierung aus. Sie leiten ihre Kernthese einer systematischen Missachtung des Sonderungsverbots durch die Ersatzschulen, die Landesgesetzgeber und die Schulbehörden aus dem empirischen Befund ab, dass Kinder von Eltern mit hohem Einkommen und Kinder von Eltern mit hohem Bildungs- und Berufsstatus Privatschulen häufiger besuchten als Kinder von Eltern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen und als Kinder von Eltern mit geringem Bildungs- und Berufsstatus.183 Exemplarisch verweisen Wrase und Helbig darauf, dass in Berlin der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Lernmittelbeihilfe an Privatschulen niedriger sei als an öffentlichen Schulen. Um dem Sonderungsverbot gerecht zu werden, müsse „eine regelmäßige Kontrolle der Einhaltung des Sonderungsverbots in Bezug auf die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft im Vergleich mit den öffentlichen Schulen“ stattfinden. Wrase und Helbig entnehmen dem verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot damit letztlich die Verpflichtung der Ersatzschulen, ihre Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse sowie den Bildungs- und Berufsstand der Eltern spiegelbildlich zur Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen.184 In der Konsequenz dieser These wäre den Ersatzschulen eine Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung untersagt. Ersatzschulen müssten ihre Schülerinnen und Schüler eignungs- und leistungsunabhängig so auswählen, dass die Zusammensetzung ihrer Schülerschaft der Schülerschaft öffentlicher Schulen nach Einkommen und Vermögen sowie Bildungsund Berufsstand der Eltern entspricht.

181

NVwZ 2016, 1591 ff. NVwZ 2016, 1591 ff. 183 In der Tendenz ebenso Eisinger/Warndorf/Falterbaum/Feldt, Bildungsfinanzierung, S. 29, denen zufolge daraus, dass private Schulen überproportional von Schülerinnen und Schülern aus sozial besser gestellten Familien besucht werden, eine widerlegliche Vermutung folgen kann, dass die privaten Schulen gegen das Sonderungsverbot verstoßen; s. auch Langer, R&B 1/2009, 8 (10 f.). 184 Näher unter A. 182

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

bb) (Begründungs-)Defizite der These von Wrase und Helbig Die These von Wrase und Helbig leidet bereits daran, dass sie lediglich auf die Einkommensverhältnisse und nicht auch auf die Vermögensverhältnisse der Eltern abstellen, womit sie die „Besitzverhältnisse“ i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verengen.185 Außerdem beziehen sie den Bildungs- und Berufsstand der Eltern ein, ohne zu erörtern, ob dies den verfassungsrechtlichen Begriff „Besitzverhältnisse“ überstrapaziert.186 Überdies bestehen Zweifel an der Validität der Erhebungen von Wrase und Helbig zum Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Lernmittelbefreiung an privaten und öffentlichen Schulen in Berlin. Es ist unklar, ob sich die Erhebung auf sämtliche privaten Schulen oder nur auf private Ersatzschulen bezieht, für die allein das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gilt. Im Übrigen lässt sich nicht nachvollziehen, ob die Erhebungen repräsentativ sind. Wrase und Helbig haben hierfür nach eigenen Angaben „auf Daten zu allen Schülern im Land Berlin zurückgreifen (können), für die angegeben war, ob sie Lernmittelbeihilfe erhalten.“187 Die vorliegenden Daten zur Lernmittelbefreiung (sog. Lmb-Daten) sind aber nur von begrenzter Aussagekraft, weil nicht alle Berliner Privatschulen Daten zur Lernmittelbefreiung erheben.188 Vor allem aber fehlt eine Begründung der These, dass die Schülerschaft von Ersatzschulen der Schülerschaft öffentlicher Schulen im Hinblick auf das Einkommen sowie den Bildungs- und Berufsstand der Eltern entsprechen müsse. Wrase und Helbig unternehmen nicht einmal den Versuch, diese weitreichende Aussage (verfassungs-)rechtlich abzusichern, sondern schließen schlicht aus ihren empirischen Beobachtungen der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft öffentlicher und privater Schulen auf den Inhalt des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG – ein dogmatisch zweifelhaftes Vorgehen. cc) Grundsätzliche Bedenken gegen ein Verbot mittelbarer Diskriminierung in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG Versucht man die These von Wrase und Helbig zur spiegelbildlichen Zusammensetzung der Schülerschaft privater und öffentlicher Schulen argumentativ einzuordnen, lässt sie sich dogmatisch nur untermauern, wenn man das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung der Schülerinnen und Schüler wegen der Besitzverhältnisse ihrer Eltern deutet. Als Verbot mittelbarer Diskriminierung könnte Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG die Anwendung besitzunabhängiger, durch das Sonderungsverbot nicht verbotener sachlicher Kri185 186 187 188

s. unter D. I. 1. a). Vgl. oben D. I. 1. b). Wrase/Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1596). Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 18/11656, S. 1 f.

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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terien für die Schülerauswahl untersagen, die wegen der gesellschaftlichen Wirklichkeit ganz oder überwiegend Kinder aus einkommens- und vermögensschwachen Schichten treffen und sie gegenüber Kindern aus einkommens- und vermögensstarken Schichten faktisch benachteiligen. Anders als das Verbot unmittelbarer Diskriminierung189 untersagte ein Verbot mittelbarer Diskriminierung nicht eine direkte Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern als unzulässiges Diskriminierungsmerkmal, sondern ginge darüber hinaus und verwehrte den Ersatzschulen, besitzneutrale Kriterien oder Verfahren bei der Schülerauswahl anzuwenden, die wegen der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit dazu führen, dass ausschließlich oder überwiegend Schülerinnen und Schüler aus einkommens- und vermögensstarken Elternhäusern Zugang zur Ersatzschule erhalten. (1) Faktische Benachteiligung von Kindern aus besitzschwachen Schichten bei leistungsbezogener Schülerauswahl wegen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland Auf eine faktische Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern aus besitzschwachen Schichten bei einem eignungs- und leistungsbezogen gestalteten Zugang zu (Ersatz-)Schulen mögen soziologische Untersuchungen hindeuten, nach denen Kinder aus sozial benachteiligten Familien deutlich schlechtere schulische Leistungen erzielen und erheblich geringere Chancen auf einen höheren Bildungsabschluss haben als Kinder aus sozial begünstigten Elternhäusern.190 Das Gleiche gilt für Kinder mit Migrationshintergrund im Verhältnis zu Kindern ohne Migrationshintergrund.191 Die Herkunft und die soziale Lage entscheiden in Deutschland auch noch im 21. Jahrhundert maßgeblich über die Bildungs- und Entwicklungschancen.192 Wenn Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern schlechtere Bildungsund Entwicklungschancen haben als Kinder aus sozial begünstigten Elternhäusern, könnte indes eine Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach ihrer Befähigung und fachlichen Leistung dazu führen, dass mehr Kinder aus sozial begünstigten Schichten Zugang zu Ersatzschulen erhalten. Eine Auswahl nach besitzneutralen Kriterien wie Befähigung und fachlicher Leistung könnte wegen der sozialen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland faktisch Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen bei dem Zugang zu Ersatzschulen diskriminieren. 189

Hierzu unter D. III. 1. a). Bertelsmann Stiftung/Institut fu¨ r Schulentwicklungsforschung der Technischen Universita¨ t Dortmund/Institut fu¨ r Erziehungswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universita¨ t Jena, Chancenspiegel 2014, S. 30 ff.; zur Abhängigkeit der Bildungschancen eines Kindes von dem sozialen Status seiner Eltern auch Langenfeld, Die Verwaltung 40 (2007), 347 (350). Zum negativen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen in der Weimarer Republik Lucas, R&B 3/2010, 14 (15). 191 Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2014, S. 40 f., 88 f.; Solga/Dombrowski, in: Hans Böckler Stiftung (Hrsg.), Arbeitspapier 171, S. 1 (16 ff.). 192 s. nur Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2014, S. 40 f., 88 f.; Solga/Dombrowski, in: Hans Böckler Stiftung (Hrsg.), Arbeitspapier 171, S. 1 (13 ff.). 190

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

(2) Diskussion zu Art. 3 Abs. 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung Ob verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbote neben einer unmittelbaren Anknüpfung an das unzulässige Merkmal (Verbot unmittelbarer Diskriminierung)193 auch eine Verwendung merkmalsneutraler Kriterien untersagen, die faktisch eine bestimmte Personengruppe gegenüber einer anderen Personengruppe benachteiligen (Verbot mittelbarer Diskriminierung), ist bei Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht einmal ansatzweise untersucht. Bei den Diskriminierungsverboten des Art. 3 Abs. 3 GG wird diese Frage dagegen lebhaft diskutiert. Nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts beinhaltet Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG bezogen auf das Merkmal des Geschlechts nicht nur ein Verbot unmittelbarer Diskriminierung, das Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern durch direkte Anknüpfung an das Geschlecht untersagt. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG untersagt auch geschlechtsneutral formulierte Regelungen, wenn sie überwiegend Frauen treffen und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (Verbot mittelbarer Diskriminierung).194 Die Anknüpfung an durch Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nicht verbotene Kriterien, die in der gesellschaftlichen Wirklichkeit weitgehend nur für ein Geschlecht zutreffen oder sich nur auf ein Geschlecht im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirken, ist unzulässig.195 Ergänzend verweist das Bundesverfassungsgericht auf Art. 3 Abs. 2 GG, der auf eine Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern zielt und durch Erstreckung des Gleichberechtigungsgebots auf die gesellschaftliche Wirklichkeit ebenfalls Schutz vor faktischen Benachteiligungen bietet.196 Ob auch die übrigen Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG eine mittelbare Diskriminierung untersagen, hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden. Im Schrifttum werden hierzu unterschiedliche Positionen eingenommen. Zum Teil wird vertreten, dass auch die nicht geschlechtsbezogenen Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, namentlich das Verbot der Diskriminierung wegen der Herkunft, sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen und Bevorzugungen untersagen.197 Zur Begründung wird auf den

193

Dazu unter D. III. 1. a). BVerfGE 121, 241 (254 f.); 104, 373 (393); 97, 35 (43 f.). 195 BVerfGE 121, 241 (254 f.). 196 BVerfGE 109, 64 (89); 113, 1 (15 f.). 197 So etwa Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 119; Nußberger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 255 ff.; Richter, Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 126 Rn. 75; Uerpmann-Wittzack, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 128 Rn. 13 ff.; Barczak, Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe als Grundrechtsproblem, S. 287 f.; Baer/ Wrase, KritV 4 (2006), 401 (405). 194

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Gedanken der Effektivität des Schutzes vor Diskriminierung,198 auf den Telos der Norm, Ausgrenzung zu verhindern,199 oder auf das Gebot einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung200 verwiesen. Nach anderer Ansicht ist die Einbeziehung der mittelbaren Diskriminierung in Art. 3 Abs. 3 GG auf das Merkmal des Geschlechts (Satz 1) und das Merkmal der Behinderung (Satz 2) beschränkt.201 Für die anderen Merkmale des Art. 3 Abs. 3 GG gelte lediglich ein Verbot unmittelbarer Diskriminierung.202 Bei faktischen Benachteiligungen einer Gruppe durch Anknüpfung an Kriterien, deren Verwendung Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nicht verbietet, fehle der notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Verwendung eines unzulässigen Merkmals und der Benachteiligung und liege daher keine Benachteiligung „wegen“ (s. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG) des Merkmals vor.203 Verfassungstextliche Anhaltspunkte für ein Verbot mittelbarer Diskriminierung im Sinne der Herstellung faktischer Gleichheit in der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit existierten nur für das Merkmal des Geschlechts (s. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie für das Merkmal der Behinderung (s. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG).204 (3) Einwände gegen die Interpretation des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung Überträgt man diese zu Art. 3 Abs. 3 GG geführte Diskussion auf Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, lässt sich einerseits für die Deutung des Sonderungsverbots als Verbot mittelbarer Diskriminierung der Schutzzweck der Norm sowie der Gedanke der Effektivität des Schutzes vor Diskriminierung205 anführen und argumentieren, dass mittelbare Diskriminierungen zwar nicht unbedingt in ihrer Zielsetzung, aber in ihren Wirkungen unmittelbaren Diskriminierungen entsprechen können. Insofern mag auch die Parallele zu der Dimension der Grundrechte als Abwehrrechte (status 198 Richter, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 126 Rn. 75; ähnlich Barczak, Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe als Grundrechtsproblem, S. 288, der auf das „Interpretationsprinzip der optimalen Wirksamkeit“ verweist. 199 Baer/Wrase, KritV 4 (2006), 401 (405). 200 Barczak, Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe als Grundrechtsproblem, S. 288. 201 Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 38; in der Tendenz auch Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 125, der die generelle Einbeziehung eines Verbots mittelbarer Diskriminierung in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG für „höchst problematisch“ hält. 202 Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 38; Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 29. 203 Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 29. 204 Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 38; vgl. auch Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 125. 205 Vgl. oben bei Fn. 198.

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negativus), die nicht nur durch unmittelbar-finale Eingriffe, sondern auch durch mittelbar-faktische Beschränkungen betroffen sein kann,206 für die Einbeziehung mittelbarer Diskriminierungen in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sprechen. Andererseits lässt sich einwenden, dass bei mittelbaren Diskriminierungen ohne eine Anknüpfung an das unzulässige Diskriminierungsmerkmal regelmäßig ein Kausalzusammenhang zwischen der Verwendung des Merkmals und der Benachteiligung fehlt, sodass es zweifelhaft ist, ob eine Benachteiligung „nach“ den Besitzverhältnissen der Eltern i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gegeben ist. Insofern hinkt auch die Parallele zu mittelbar-faktischen Einwirkungen auf die Grundrechte, weil diese einen Grundrechtseingriff wohl nur bewirken, wenn sie nicht allein in ihren Wirkungen, sondern auch in ihrer Zielsetzung unmittelbar-finalen Eingriffen entsprechen.207 Ungeachtet dieser der Diskussion zu Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG entlehnten Argumente sprechen gegen die Deutung des Sonderungsverbots aus Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung die historische Interpretation der Norm, ihr systematischer Zusammenhang mit dem Grundrecht der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) und anderen Grundgesetzbestimmungen (Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG; Art. 33 Abs. 2 GG) sowie die gebotene Gleichbehandlung der Ersatzschulen mit öffentlichen Schulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG). (a) Die Zulässigkeit einer Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und Leistung ergibt sich schon aus der historischen Auslegung des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV bestimmte bezogen auf das öffentliche Schulwesen (s. Art. 146 Abs. 1 Satz 1 und 2 WRV), dass „für die Aufnahme eines Kindes in eine bestimmte Schule … seine Anlage und Neigung, nicht die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung oder das Religionsbekenntnis seiner Eltern maßgebend“ sind. Unzulässige Kriterien für die Schülerauswahl waren mithin nur die finanzielle und gesellschaftliche Stellung sowie das Religionsbekenntnis der Eltern (s. aber Art. 146 Abs. 2 WRV), nicht hingegen die „Anlage und Neigung“ des Kindes, also seine persönliche Eignung, Begabung und Leistungsfähigkeit. Hierdurch sollte „jede… Art von Standes- oder Gesellschaftsklassenschulen“ ausgeschlossen sein.208 Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV beinhaltete damit eine Art Sonderungsverbot für das öffentliche Schulwesen, das dem Staat die Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausdrücklich erlaubte und aufgab. Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen in Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV sollte sicherstellen, dass die Ersatzschule „in demselben Maße wie die öffentliche (Schule) die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern

206

Näher statt vieler mit weiteren Nachweisen Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Vorb. Rn. 125 f.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Vorb. Vor Art. 1 Rn. 29. 207 Mit weiteren Nachweisen Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Vorb. Vor Art. 1 Rn. 29. 208 Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reichs, Art. 146 S. 679.

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ausschaltet“.209 Mehr als öffentliche Schulen zu leisten, war Ersatzschulen nicht zuzumuten.210 Da für öffentliche Schulen eine Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler nach „Anlage und Neigung“ gem. Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV erlaubt (und geboten) war, galt dies auch für private Ersatzschulen gem. Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV. Die Zulässigkeit der Schülerauswahl nach Eignung, Begabung und Leistungsfähigkeit folgt historisch überdies aus Art. 146 Abs. 3 WRV, wonach „für den Zugang Minderbemittelter zu den mittleren und höheren Schulen … durch Reich, Länder und Gemeinden öffentliche Mittel bereitzustellen (sind), insbesondere Erziehungsbeihilfen für die Eltern von Kindern, die zur Ausbildung auf mittleren und höheren Schulen für geeignet erachtet werden, bis zur Beendigung ihrer Ausbildung.“ Auch hieraus ergibt sich, dass der Staat den Zugang zu (mittleren und höheren) öffentlichen Schulen nach Maßgabe der Eignung der Schülerinnen und Schüler für die Schulausbildung gestalten durfte und musste („die zur Ausbildung auf mittleren und höheren Schulen für geeignet erachtet werden“) und nur für geeignete Schülerinnen und Schüler den Schulbesuch durch finanzielle Unterstützung zu ermöglichen hatte. Zu jener Zeit waren lediglich der Unterricht und die Lernmittel in den Volksschulen und Fortbildungsschulen, nicht hingegen in den mittleren und höheren Schulen unentgeltlich (Art. 145 Satz 3 WRV). Da der Staat die Auswahl der Schülerinnen und Schüler für die (mittleren und höheren) öffentlichen Schulen gem. Art. 147 Abs. 3 WRV nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gestalten durfte (und musste), galt für die privaten Ersatzschulen nach Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV nichts anderes. Auch insoweit gilt: Mehr als öffentliche Schulen zu leisten, war Ersatzschulen nicht zuzumuten. (b) Das Recht der Ersatzschulen, ihre Schülerschaft nach Maßgabe der persönlichen Eignung für das Schulprofil (z. B. Weltanschauung, Religion oder Reformpädagogik) oder der Begabung und Leistungsfähigkeit auszuwählen, ist zudem durch das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert. Das Privatschulgrundrecht gewährt privaten Schulen das Recht, ihr Schulprofil eigenverantwortlich festzulegen und die Schülerinnen und Schüler dem gewählten Profil entsprechend auszuwählen.211 Dieser Kern des Grundrechts der Privatschulfreiheit liefe leer, wenn man dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG die Verpflichtung der Ersatzschulen entnähme, ihre Schülerschaft unabhängig von Eignung und Leistung unter sozialen Gesichtspunkten spiegelbildlich zur Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen. Private Ersatzschulen mit eigener Prägung und entsprechendem Profil wie zum Beispiel Religions- oder Weltanschauungsschulen oder reformpädagogische Schulen würden damit praktisch unmöglich. Zugleich 209 Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 156. Für einen „Vergleich mit dem öffentlichen Schulwesen“ sub specie des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG auch BVerfGE 75, 40 (63 f.). 210 Etwas vorsichtiger Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, S. 156: „nicht wohl zumuten können“. 211 Näher mit Nachweisen unter B. I.

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

würde der mit der Garantie privater Schulen durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG verfolgte Pluralismus der Bildungs- und Erziehungsziele sowie -inhalte212 nicht erreicht. Entsprechend liefe das Ziel des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, Eltern die Möglichkeit zu bieten, einen „eigenverantwortlich geprägte(n) und gestaltete(n) Unterricht … im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte“ zu realisieren,213 und somit das Erziehungsrecht der Eltern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie das Persönlichkeitsgrundrecht des Kindes (Art. 2 Abs. 1 i.S.d. Art. 1 Abs. 1 GG),214 leer. (c) Und weiter: Deutete man Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung, das die Ersatzschulen verpflichtet, ihre Schülerinnen und Schüler unabhängig von Eignung, Befähigung und Leistung schematisch nach der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen, müsste man auch die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG entsprechend interpretieren. Eine solche Deutung des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG führte dazu, dass die verfassungsrechtliche Garantie des Leistungsprinzips für den öffentlichen Dienst in Art. 33 Abs. 2 GG leerliefe. Das in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Prinzip der Bestenauslese, nach dem jeder (Deutsche) nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte hat, würde ausgehöhlt, wenn nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG eine Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung unterbleiben müsste, durch die faktisch weniger Angehörige mit einer bestimmten Abstammung, Heimat oder religiösen Anschauung Zugang zum öffentlichen Dienst erhielten als Angehörige anderer Abstammung, Heimat oder religiöser Anschauung. Wären in der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit Angehörige einer Religion schlechter gebildet als Angehörige einer anderen Religion oder wären Personen mit einer bestimmten örtlichen Herkunft für einen Beruf zum Beispiel wegen schlechterer Ausbildungsmöglichkeiten in ihrer Heimat weniger geeignet als Personen mit anderer örtlicher Herkunft, müsste der Staat sie bei dem Zugang zum öffentlichen Dienst unabhängig von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nominal gleich behandeln. Damit liefen der Regelungsinhalt des Art. 33 Abs. 2 GG sowie die ihm zugrunde liegenden Ziele, das fachliche Niveau, die Funktionsfähigkeit, die Effektivität und die rechtliche Integrität des Staates sowie die Grundlagen des rechtsstaatlichen Handelns der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) zu sichern,215 leer.

212 Zu diesem Zweck des Privatschulgrundrechts vgl. BVerfGE 90, 107 (116); näher Tillmanns, Die Freiheit der Privatschulen nach dem Grundgesetz, S. 11; Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 103. 213 BVerfGE 90, 107 (114); vgl. auch BVerfGE 27, 195 (200 f.); 88, 40 (46 f.). 214 BVerfGE 88, 40 (46 f.); näher Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 103. 215 Näher mit Nachweisen Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 33 Rn. 35.

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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Entsprechendes gälte für Privatpersonen, etwa private Arbeitgeber, die an die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG zwar nicht unmittelbar,216 aber wegen der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf das Privatrecht mittelbar gebunden sind.217 Auch sie wären verpflichtet, den Zugang zu privaten Einrichtungen wie die Auswahl und Einstellung von Arbeitskräften schematisch nach einem Proporz zwischen den Angehörigen der in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Gruppen unabhängig von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Die grundrechtliche Freiheit Privater (insbesondere Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) würde faktisch aufgehoben. (d) Gegen ein in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verortetes Verbot, Schülerinnen und Schüler nach persönlicher Eignung, Begabung und Leistungsfähigkeit auszuwählen, spricht außerdem, dass ein solcher Regelungsgehalt nicht einmal Grundrechten zukommt, die eine Dimension als Fördergebot aufweisen wie Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet den Staat, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Den Staat trifft damit die verbindliche Pflichtaufgabe, faktische Nachteile, die typischerweise ein Geschlecht betreffen, durch begünstigende Maßnahmen auszugleichen.218 Als Mittel zum Abbau faktischer Nachteile für ein Geschlecht ist in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips auch eine „umgekehrte“ rechtliche Diskriminierung des nicht benachteiligten Geschlechts erlaubt.219 Dieser Verfassungsauftrag legitimiert aber keine Bevorzugung eines Geschlechts gegenüber dem anderen Geschlecht ungeachtet der Leistung. Das ist höchstrichterlich für gesetzliche Geschlechterquoten im öffentlichen Dienst entschieden, die nur unter der Voraussetzung gleicher Eignung von Mann und Frau für die betreffende Stelle zulässig sind.220 Nicht einmal das Fördergebot des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG, dem mit der Verpflichtung des Staates zum aktiven Handeln ein über die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 GG hinausgehender Gehalt zukommt,221 gestattet – geschweige denn gebietet – mithin eine Bevorzugung von Angehörigen 216

Statt fast aller Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 79. Statt vieler Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 133; anderer Ansicht Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 Rn. 81 ff. 218 Vgl. BVerfGE 74, 163 (180); 85, 191 (208); 92, 91 (109). 219 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 97; Nußberger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 264 ff.; Vollmer, Das Ehegattensplitting, S. 121 f.; vgl. auch BVerfGE 92, 91 (112). 220 Bezogen auf die Vereinbarkeit von Quotenregelungen mit Unionsrecht EuGH, Rs. C158/97, Slg. 2000, S. I-1919 Rn. 23 und S. I-1923 Rn. 38 (Badeck u. a.); EuGH, Rs. C-407/98, Slg. 2000, S. I-5585 Rn. 62 (Abrahamsson und Anderson); EuGH, Rs. C-409/95, Slg. 1997, S. I-6393 Rn. 35 (Marschall); aus dem Schrifttum statt vieler Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 106; Kischel, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 3 Rn. 200, 202. 221 Vgl. Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 20. 217

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

der gesellschaftlich benachteiligten Gruppe unabhängig von ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gegenüber Angehörigen der gesellschaftlich begünstigten Gruppe. Für ein Diskriminierungsverbot, das den Staat lediglich zu einem Unterlassen und nicht wie das Fördergebot des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG zu aktivem Handeln anhält,222 kann nichts anderes gelten. Selbst wenn man Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung deutete, verpflichtete es die Ersatzschulen daher nicht zur Schülerauswahl unabhängig von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Eine Verpflichtung der Ersatzschulen, ihre Schülerschaft im Hinblick auf die Besitzverhältnisse der Eltern nach Maßgabe der sozialen Struktur der Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen, lässt sich Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht entnehmen. (e) Schließlich spricht gegen eine Deutung des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung, welches den Ersatzschulen untersagt, Kinder aus einkommens- und vermögensschwachen Schichten durch Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung faktisch gegenüber Kindern aus einkommensund vermögensstarken Schichten zu benachteiligen, dass solche Nachteile auch bei dem Zugang zu öffentlichen Schulen bestehen. Wollte man Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG – wie Wrase und Helbig – ein Gebot entnehmen, die Schülerschaft von Ersatzschulen in sozialer Hinsicht an der Schülerschaft öffentlicher Schulen auszurichten, würde den Ersatzschulen mehr zugemutet als dem Staat. Das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nimmt jeden einzelnen Ersatzschulträger in die Pflicht, nicht das Ersatzschulwesen als Institution.223 Eine Deutung des Sonderungsverbots als Verbot mittelbarer Diskriminierung in dem Sinne von Wrase und Helbig führte daher dazu, dass jede einzelne Ersatzschule ihre Schülerschaft nach Maßgabe der sozialen Struktur der Schülerschaft der öffentlichen Schulen im Land aufnehmen müsste. Der Staat sorgt aber bezogen auf die einzelnen öffentlichen Schulen nicht für einen Proporz bei der Zusammensetzung der Schülerschaft entsprechend der sozialen Zusammensetzung der Gesellschaft. So führen die in den meisten Bundesländern für die Grundschulen und teilweise für die Sekundarschulen sowie die Berufsschulen geltenden Regelungen zum Schulsprengel224 dazu, dass die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft öffentlicher Schulen der sozialen Zusammensetzung des jeweiligen Schulbezirks entspricht. Entsprechend gibt es Hinweise darauf, dass Schülerinnen und Schüler öffentlicher Schulen in sozial benachteiligten Schulbezirken deutlich seltener höhere Schulabschlüsse erreichen als Schülerinnen und

222

Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 59. Näher unter C. II. 224 Zu Schulsprengeln für Grundschulen s. zum Beispiel § 41 Abs. 1 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt und § 63 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Niedersächsisches Schulgesetz. Zu Schulsprengeln für Sekundarschulen s. zum Beispiel § 41 Abs. 1 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt und § 14 Abs. 1 Thüringer Schulgesetz. Zu Schulsprengeln für Berufsschulen s. etwa Art. 42 Abs. 3 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und § 24 Satz 2 und 3 Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz. 223

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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Schüler öffentlicher Schulen in sozial begünstigten Schulbezirken.225 Umgekehrt liegt der Anteil der Schülerinnen und Schüler öffentlicher Schulen, die keinen Schulabschluss oder lediglich Berufsbildungsreife erreichen, in sozial benachteiligten Schulbezirken erheblich über dem Anteil der Schülerinnen und Schüler öffentlicher Schulen in sozial begünstigten Schulbezirken.226 Der Staat benachteiligt durch Schulsprengel Kinder aus besitzschwachen Verhältnissen nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar durch eine entsprechende Segregation an den öffentlichen Schulen.227 Wollte man den Ersatzschulen eine Auswahl ihrer Schülerschaft nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung wegen faktischer Nachteile für Kinder aus besitzschwachen Schichten untersagen, nähme man sie stärker in die Pflicht als den Staat. Das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot soll aber nur sicherstellen, dass die Ersatzschulen in gleichem Maße wie die öffentlichen Schulen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern ausschalten; mehr als öffentliche Schulen zu leisten, ist den Ersatzschulen nicht zumutbar.228 An die Zugänglichkeit privater Ersatzschulen dürfen von Verfassung wegen keine höheren Anforderungen gestellt werden als an die Zugänglichkeit entsprechender öffentlicher Schulen. dd) Nichterfüllung der inhaltlichen Voraussetzungen eines Verbots mittelbarer Diskriminierung in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG Selbst sofern man das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot trotz der zuvor genannten Bedenken als Verbot mittelbarer Diskriminierung interpretierte, folgte daraus keine Verpflichtung der Ersatzschulen, ihre Schülerschaft eignungs- und leistungsunabhängig auszuwählen. Eine spiegelbildliche Zusammensetzung der Schülerschaft privater Ersatzschulen und der Schülerschaft öffentlicher Schulen im Hinblick auf das Einkommen und Vermögen oder den Bildungs- und Berufsstand der Eltern ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Das gilt auch dann, wenn eine Schü225 s. etwa die Antwort der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck zur „Entwicklung der Schulabschlüsse in den Bezirken im Schuljahr 2016/2017 II“, LT-Drs. 18/13146 mit Anlage: Im Stadtbezirk Neukölln erzielen deutlich weniger Schülerinnen und Schüler öffentlicher Schulen die allgemeine Hochschulreife (36,3 %) als in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf (58,5 %) und Steglitz-Zehlendorf (64,6 %). 226 s. etwa die Antwort der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck zur „Entwicklung der Schulabschlüsse in den Bezirken im Schuljahr 2016/2017 II“, LT-Drs. 18/13146 mit Anlage: Der Anteil der Schülerinnen und Schüler öffentlicher Schulen in Neukölln, die ohne Berufsbildungsreife bleiben oder nur die Berufsbildungsreife erreichen, ist mit 16,9 % bzw. 7,6 % deutlicher höher als der entsprechende Anteil der Schülerinnen und Schüler öffentlicher Schulen in Charlottenburg-Wilmersdorf (3,4 % bzw. 4,7 %) und Steglitz-Zehlendorf (5,1 % bzw. 3,1 %). 227 Das Bundesverfassungsgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung, eine Grundschülerin in einer anderen Grundschule als jener einzuschulen, in deren Schulsprengel sie wohnt, abgelehnt, s. BVerfG, 1 BvQ 37/09 vom 26. 8. 2009. 228 Vgl. bereits bei Fn. 210.

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

lerauswahl nach Begabung und Leistungsfähigkeit wegen der sozialen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland dazu führt, dass faktisch mehr Kinder aus besitzstarken Elternhäusern als Kinder aus besitzschwachen Elternhäusern an Ersatzschulen aufgenommen werden. Interpretierte man Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung, wäre seine Anwendung ebenso wie die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG tatbestandlich an drei Voraussetzungen geknüpft. Erstens müsste die Anwendung merkmalsneutraler, durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht verbotener Kriterien (hier: besitzunabhängiger Kriterien) ganz oder überwiegend Angehörige der Gruppe treffen, die das unzulässige Merkmal (hier: Herkunft aus einkommensund vermögensschwachem Elternhaus) verbindet, und sie gegenüber Angehörigen der Gruppe ohne das Merkmal (hier: Herkunft aus einkommens- und vermögenstarkem Elternhaus) benachteiligen. Zweitens muss die Benachteiligung auf gesellschaftliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zurückzuführen sein. Drittens darf die faktische Benachteiligung der merkmalsaffinen Gruppe nicht durch sachliche Gründe objektiv gerechtfertigt sein.229 Es ist bereits zweifelhaft, ob die erste Voraussetzung erfüllt wäre. Welche Anforderungen an eine statistisch nachweisbare überproportionale Betroffenheit der merkmalsaffinen Gruppe (hier: Kinder einkommens- und vermögensschwacher Eltern) zu stellen sind (1. Voraussetzung), wird unterschiedlich beurteilt.230 Die von Wrase und Helbig genannten Zahlen, dass Kinder von Eltern mit einem Einkommen von mehr als 150 % des Medianeinkommens Ersatzschulen 1,6-mal so häufig besuchen wie Kinder von Eltern, die weniger als 75 % des Medianeinkommens besitzen,231 dürften prima facie angesichts der in der Rechtsprechung und im Schrifttum genannten Anforderungen an die überproportionale Betroffenheit einer Gruppe232 nicht genügen. Das Gleiche gilt für die von Wrase und Helbig exemplarisch genannte Erhebung zum höheren Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Lernmittelbeihilfe in Berlin, der zum Beispiel bei privaten Grundschulen 3,3-mal und bei privaten Gymnasien beginnend mit der 7. Klasse 1,8 mal so hoch sei wie an entsprechenden

229

Zu diesen Voraussetzungen des Verbots mittelbarer Diskriminierung bezogen auf Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG insgesamt BVerfGE 97, 35 (43); 104, 373 (393); 121, 241 (254 f.); Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 39 ff.; Richter, in: Merten/ Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 126 Rn. 81. 230 Zu den Anforderungen an die überproportionale Betroffenheit einer Gruppe bezogen auf Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG eingehend Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 39 ff.; vgl. auch BVerfGE 113, 1 (15); 126, 29 (53 f.). 231 NVwZ 2016, 1591 (1596). 232 s. etwa Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 40: Betroffenheit von 75 % der einen Gruppe und 10 % der anderen Gruppe genügt (ebenso BVerfGE 112, 241 [254 f.]), nicht aber Betroffenheit von 77,5 % der einen Gruppe und 68,9 % der anderen Gruppe; nach Barczak, Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe als Grundrechtsproblem, S. 288 muss eine Gruppe deutlich unterrepräsentiert und die andere Gruppe erheblich überrepräsentiert sein.

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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öffentlichen Schulen.233 Nach statistischen Erhebungen des DIW Berlin hat weniger das Haushaltseinkommen als der Bildungs- und Berufsstatus der Eltern Einfluss auf den Privatschulbesuch der Kinder.234 Auch der Haushaltstypus (z. B. alleinerziehend oder Elternpaar), die Religionszugehörigkeit der Mütter, die (Nicht-)Erwerbstätigkeit der Mütter und sogar das Geschlecht der Kinder sowie die Gemeindegröße beeinflussen, ob Kinder öffentliche oder private Schulen besuchen.235 Nicht minder unsicher ist es, ob eine (unterstellt) überproportionale Betroffenheit von Kindern einkommens- und vermögensschwacher Eltern gegenüber Kindern einkommens- und vermögensstarker Eltern bei einer Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf gesellschaftliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zurückzuführen wäre (2. Voraussetzung). Um dies beantworten zu können, wäre es erforderlich, die Ursachen dafür zu kennen, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien bei einer Leistungsauswahl schlechter abschneiden als Kinder aus sozial begünstigten Familien.236 Wenn Kinder einkommens- und vermögensschwacher Eltern Privatschulen seltener besuchen als Kinder einkommensund vermögensstarker Eltern, muss dies seinen Grund nicht (allein) in gesellschaftlich ungleichen Bildungsbedingungen oder Vorurteilen gegenüber sozial benachteiligten Kindern haben.237 Es kann auch darauf zurückzuführen sein, dass private Ersatzschulen im Gegensatz zu öffentlichen Schulen nicht „jeden Schüler bei Erfüllung allgemeiner Voraussetzungen aufnehmen“ müssen.238 Verantwortlich sein könnte alternativ eine bewusste Schulwahlentscheidung der Eltern,239 die bei Eltern aus unteren Einkommens- und Vermögensschichten anders ausfallen könnte als bei Eltern mit besserem finanziellen Hintergrund. Eine unzulässige mittelbare Diskriminierung liegt bei einer Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach ihrer persönlichen Eignung für das Schulprofil oder ihrer Begabung und Leistungsfähigkeit jedenfalls deswegen nicht vor, weil sie durch sachliche Gründe objektiv gerechtfertigt wäre (3. Voraussetzung). Das Recht der Ersatzschulen zur Schülerauswahl ist sowohl historisch (s. Art. 146 Abs. 1 Satz 3, Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV) als auch durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gesichert und ergibt sich zudem aus verfassungssystematischen Erwägungen (s. Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG; Art. 33 Abs. 2 GG) sowie unter dem Aspekt der gebotenen Gleichbehandlung der Ersatzschulen mit öffentlichen Schulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. 233

NVwZ 2016, 1591 (1597). Lohmann/Spieß/Feldhaus, Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 38/2009, 640 (640 ff.). 235 Lohmann/Spieß/Feldhaus, Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 38/2009, 640 (642 ff.); zum Einfluss der Gemeindegröße auf den Schulbesuch auch Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2016, S. 79, 260. 236 Erklärungsversuche bei Becker, in: Becker/Lauterbach (Hrsg.), Bildung als Privileg, S. 129 (157); Zimmermann/Spangler, Zeitschrift für Pädagogik 47 (2001), 461. 237 Zu gesellschaftlichen Vorurteilen als Gründen für eine ungleiche Gruppenbetroffenheit Langenfeld, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Abs. 2 Rn. 43. 238 BVerfGE 75, 40 (64); vgl. auch BVerfGE 90, 107 (119); näher bei Fn. 151. 239 Langer, R&B 1/2009, 8 (10). 234

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

Art. 3 Abs. 1 GG). Hierin liegen sachliche Gründe, die eine – unterstellte – mittelbare Diskriminierung von Kindern wegen der Besitzverhältnisse ihrer Eltern rechtfertigten. Selbst sofern man Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung deutete, lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen für seine Anwendung mithin nicht vor. ee) Fazit: Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG begründet kein Verbot mittelbarer Diskriminierung, das Ersatzschulen die Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und Leistung untersagt Im Ergebnis ist festzuhalten, dass gegen die Interpretation des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung gewichtige Gründe sprechen. Und selbst wenn man Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ein Verbot mittelbarer Diskriminierung entnähme, lägen seine tatbestandlichen Voraussetzungen bei einer Auswahl der Schülerinnen und Schüler von Ersatzschulen nach Eignung, Begabung und Leistungsfähigkeit nicht vor. Die Ersatzschulen sind daher von Verfassung wegen nicht verpflichtet, ihre Schülerschaft eignungs- und leistungsunabhängig so auszuwählen, dass sie in sozialer Hinsicht der Schülerschaft öffentlicher Schulen entspricht. Ein Gebot, die Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung nach Maßgabe der sozialen Schichtung öffentlicher Schulen aufzunehmen, lässt sich Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht entnehmen. Das gilt auch, wenn die Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung wegen der sozialen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland faktisch dazu führt, dass mehr Schülerinnen und Schüler aus besitzstarken als aus besitzschwachen Elternhäusern Ersatzschulen besuchen. Aus denselben Gründen lässt sich aus Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, wenn man unter die „Besitzverhältnisse“ auch den Bildungs- und Berufsstand der Eltern fasst,240 keine Verpflichtung der Ersatzschulen herleiten, ihre Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf den Bildungs- und Berufsstatus der Eltern spiegelbildlich zur Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen. Auch insoweit errichtet das Sonderungsverbot keine Sperre für eine Aufnahme der Kinder nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung, selbst wenn dies dazu führt, dass faktisch mehr Kinder von Eltern mit hohem Bildungs- und Berufsstatus als Kinder von Eltern mit niedrigerem Bildungs- und Berufsstatus aufgenommen werden. Der Ausgleich von Bildungsunterschieden zwischen Kindern aus verschiedenen Einkommens- und Vermögensschichten obliegt dem Staat, nicht den privaten Ersatzschulen. Der Staat muss für soziale Durchlässigkeit des (öffentlichen und privaten) Schulsystems sorgen, etwa indem er konsequent für frühkindliche Bil-

240

Dazu unter D. I. 1. b).

III. Dimensionen des Sonderungsverbots

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dungseinrichtungen für Kinder aus sozial benachteiligten Schichten sorgt.241 Es spricht viel dafür, aus den Grundrechten der Kinder, namentlich dem Persönlichkeitsgrundrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und dem Grundrecht der Ausbildungs- und Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nicht nur eine Berechtigung, sondern auch eine Verpflichtung des Staates abzuleiten, für tatsächlich gleiche Chancenbedingungen bei dem Zugang zu und der Entwicklung in der Schule zu sorgen.242 Staatliche Quotenregelungen für den Schulbesuch, die Kindern aus unteren Einkommens- und Vermögensschichten Zugang zur Schule ungeachtet ihrer Eignung und Leistungsfähigkeit gewähren, scheiden jedoch auch insoweit aus. Dem entspricht es, dass nach nahezu einhelliger Ansicht im Schrifttum das Sonderungsverbot einer Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach Begabung243 und Leistungsfähigkeit244 oder nach dem Bekenntnis245 bzw. der Weltanschauung246 (bei einer Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule) nicht entgegensteht.247 In solchen Auswahlkriterien „kommt vielmehr die Privatschulfreiheit gerade zum Ausdruck.“248 Solche Auswahlkriterien, die nicht an die einkommens- und vermö241 Näher Brosius-Gersdorf, in: Heimbach-Steins/Riedl (Hrsg.), Kindeswohl zwischen Anspruch und Wirklichkeit, S. 73 (82 f.); Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 12. 242 Näher Brosius-Gersdorf, in: Wittreck (Hrsg.), Grundlagen des Grundgesetzes. Festgabe für Horst Dreier aus Anlass seines 60. Geburtstages, S. 105 (117 ff.). Zum Unterschied zwischen Chancengleichheit „i.S. von Startgleichheit“ und einer „Garantie gleicher Erfolgsverwirklichung“ Schoch, DVBl. 1988, 863 (880); zur Chancengleichheit als „Startgleichheit, also gleiche Ausgangsbedingungen“ auch Starck, in: Link (Hrsg.), Der Gleichheitssatz im modernen Verfassungsstaat, Symposium zum 80. Geburtstag von Gerhard Leibholz, S. 51 (70). 243 Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 253; Jestaedt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, § 156 Rn. 56; Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 124. 244 Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 124. 245 Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 253; Jestaedt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, § 156 Rn. 56; Reich, Magdeburger Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 8. 246 Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 253. 247 Pointiert Heckel, Deutsches Privatschulrecht, S. 285: Das Sonderungsverbot „schränkt die Freiheit der Schüleraufnahme nur von der wirtschaftlichen Seite ein. Weitere Beschränkungen der Freiheit der Schülerwahl bestehen nicht“; ebenso Müller/Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 156; VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 29 (juris). Anderer Ansicht Barczak, Der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe als Grundrechtsproblem, S. 288 f., der bei einer Schülerauswahl „anhand scheinbar merkmalsneutraler Kriterien“ wie der Eignung bzw. Nichteignung eine unzulässige mittelbare Diskriminierung annimmt, wenn die Auswahl statistisch nachweisbar dazu führt, „dass das Nichteignungsverdikt typischerweise Kinder aus sozial deprivierten Gesellschaftsschichten betrifft“. 248 So explizit Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 253.

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D. Inhalt und Dimensionen des Sonderungsverbots

gensrechtliche Situation der Eltern anknüpfen, dürfen den Zugang zur Ersatzschule verschließen.249 Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 13. November 2007 in der Rechtssache D.H. u. a. ./. Tschechien250. Der EGMR hat darin zwar eine mittelbare Diskriminierung i.S.v. Art 14 EMRK i.V.m. Art. 2 des Zusatzprotokolls (Recht auf Bildung) in einem Fall bejaht, in dem in Tschechien erheblich mehr Roma-Kinder in Sonderschulen aufgenommen wurden als andere Kinder und als Roma-Kinder Regelschulen besuchten. Diese Diskriminierung hatte ihren Grund aber nicht darin, dass RomaKinder wegen sozialer Nachteile bei einer Auswahl nach Eignung, Begabung und Leistung faktisch benachteiligt wurden. Vielmehr hat der EGMR eine mittelbare Diskriminierung angenommen, weil die im tschechischen Schulsystem verwendeten Leistungstests Mängel aufwiesen, sodass Roma-Kinder trotz durchschnittlicher oder überdurchschnittlicher Intelligenz Sonderschulen zugewiesen wurden.

2. Sonderungsverbot als Fördergebot: Verpflichtung zur besitzabhängigen Gestaltung des Schulgelds Damit dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG entsprochen ist und Ersatzschulen für Kinder aus allen Einkommens- und Vermögensschichten zugänglich sind, muss nicht nur die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation ihrer Eltern erfolgen.251 Vielmehr muss auch ein von der Ersatzschule erhobenes Schulgeld der Höhe nach so gestaltet sein, dass es sich Eltern aller Einkommens- und Vermögensschichten leisten können.252 Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG entfaltet sich nicht nur als Verbot unmittelbarer Diskriminierung bei der Schülerauswahl (1. Stufe), sondern statuiert auch ein Fördergebot zugunsten von Kindern aus besitzschwachen Schichten bei der Gestaltung des Schulgelds (2. Stufe). Es darf „keinem Schüler und keiner Schülerin aus wirtschaftlichen Gründen verwehrt sein …, eine Schule in freier Trägerschaft zu besuchen.“253 Zwar steht den Ersatzschulen von Verfassung wegen (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) das Recht zu, Schulgeld zu erheben.254 Das Sonderungsverbot verpflichtet sie aber, die Höhe des Schulgelds nach den Besitzverhältnissen der Eltern so festzusetzen, dass es von allen Eltern gezahlt werden kann, deren Kinder nach besitzunabhängigen Kriterien zur Schule zugelassen werden. Dadurch ist den Er249

Reich, Magdeburger Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 8. EGMR, NVwZ 2008, 533 (536). 251 s. unter D. II. 252 s. unter D. II. 253 VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 26 (juris); ebenso Hufen, in: Hufen/ Vogel (Hrsg.), Keine Zukunftsperspektiven für Schulen in freier Trägerschaft?, S. 49 (61). 254 Näher unter E. I. 250

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satzschulen „die Möglichkeit einer Selbstfinanzierung durch die Erhebung annähernd kostendeckender Schulgelder … praktisch genommen“.255 Anders als als Diskriminierungsverbot bei der Schülerauswahl, das den Ersatzschulen eine Differenzierung zwischen den Schülerinnen und Schülern durch Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern untersagt (1. Stufe), gebietet das Sonderungsverbot beim Schulgeld eine besitzbezogene Differenzierung. Es verpflichtet die Ersatzschulen, Kinder aus besitzschwachen Verhältnissen durch Reduzierung des Schulgelds unter die Grenze der Kostendeckung gegenüber Kindern aus besitzstarken Verhältnissen zu begünstigen, und entfaltet sich insofern als eine Art sozialstaatlich motiviertes Fördergebot für die Ersatzschulen. Bei der Erhebung von Schulgeld ist eine Anknüpfung an die Besitzverhältnisse nicht nur zulässig, sondern regelmäßig geboten, weil hierdurch sichergestellt wird, dass sich Schülerinnen und Schüler aus allen Einkommens- und Vermögensschichten die Ersatzschule „leisten können“.256 Durch das Sonderungsverbot entstehende finanzielle Verluste (Schulgeldausfall) müssen die Länder durch Finanzhilfe vollständig kompensieren. Die „Kosten“ des Sonderungsverbots belasten daher letztlich die Länder und nicht die Ersatzschulen.257

255 BVerfGE 75, 40 (63). Anderer Ansicht Vogel, R&B 1/2012, 23 (27), der in der Erhebung von Schulgeld, das die objektiv notwendigen Kosten einer Schulart deckt, keinen Verstoß gegen das Sonderungsverbot sieht. Nur „überhöhte Schulgelder für Luxusbedürfnisse, überzogene Gehälter oder Gewinnabschöpfungen durch den Träger“ verletzten das Sonderungsverbot; mit Blick auf den Wortlaut des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zustimmend Wegricht, R&B 1/2015, 3 (4). 256 Zur Zulässigkeit einer Anknüpfung des Schulgelds an die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern auch BVerwG, 6 C 18/10 vom 21. 12. 2011, Rn. 32 (juris): „Das Sonderungsverbot verbietet nicht, an die Einkommensverhältnisse der Eltern anzuknüpfen, wenn gerade dadurch die Zugänglichkeit der Schule offen gehalten wird.“; vgl. auch Brockmann, in: Brockmann/ Littmann/Schippmann (Hrsg.), Niedersächsisches Schulgesetz, § 144 Ziff. 2.2. 257 Dazu unter H.

E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld Aus dem Inhalt und der Dimension des Sonderungsverbots als Fördergebot ergeben sich konkrete Konsequenzen für die Erhebung von Schulgeld. Den Ersatzschulen steht zwar von Verfassung wegen das Recht zu, Schulgeld zu erheben (I.). Dieses Recht ist aber durch das Sonderungsverbot insofern eingeschränkt, als das Schulgeld der Höhe nach so gestaltet sein muss, dass es sich alle Eltern ungeachtet ihrer Besitzverhältnisse leisten können. Dies lässt verschiedene Schulgeldmodelle zu, zwischen denen die Schulen frei wählen dürfen. Andere Schulgeldmodelle sind verfassungsrechtlich ausgeschlossen (II.). Eltern, deren Kind eine Ersatzschule besucht, dürfen zur Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Schule und/oder der Schulverwaltung nur unter engen Voraussetzungen verpflichtet werden (III.). Das Sonderungsverbot gilt für sämtliche Entgelte, von denen die Ersatzschule den Schulbesuch des Kindes abhängig macht (IV.).

I. Recht der privaten Schulen zur Erhebung von Schulgeld Privaten Schulen steht gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG das Recht zu, ihre Finanzierung durch Erhebung von Schulgeld sicherzustellen. Ohne die Möglichkeit, die Kosten für den Bau oder die Beschaffung von Schulräumen, für die personelle und sächliche Ausstattung sowie für die Unterhaltung und den Betrieb der Schule durch Aufbringung der hierfür notwendigen finanziellen Mittel zu decken, wären die Gründung und der Betrieb einer privaten Schule nicht möglich und liefe die durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistete Gründungs- und Betriebsfreiheit privater Schulen258 leer. Ergänzend lässt sich das Recht der privaten Schulen zur Finanzierung durch Schulgeld aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ableiten, das für private Schulträger neben dem Grundrecht der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) zur Anwendung kommt. Das Sonderungsverbot lässt dieses grundrechtlich verbürgte Recht zur Erhebung von Schulgeld dem Grunde nach unberührt.259 Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG reguliert nur 258

Zur Gründungs- und Betriebsfreiheit gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG oben unter B. I. So im Ergebnis die einhellige Rechtsprechung und Literaturmeinung, s. nur BayVerfGH, Vf. 14-VII-06 vom 9. 10. 2007, Rn. 23 (juris); OVG Bautzen, 2 A 47/09 vom 2. 3. 2011, Rn. 32 (juris); Badura, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 121; Wißmann, in: Kahl/ 259

I. Recht der privaten Schulen zur Erhebung von Schulgeld

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die Höhe des Schulgelds zugunsten von Kindern aus einkommens- und vermögensschwächeren Schichten, hebt aber das Recht der Schulträger, den Schulbesuch an die Zahlung eines Entgelts zu knüpfen, nicht auf. Die Belastung mit Schulgeld mag zwar wegen der Einkommens- und Vermögensunterschiede in der Gesellschaft eine Sonderung begründen.260 Die Besitzunterschiede zwischen den verschiedenen Elterngruppen werden aber durch Schulgeld bei besitzangemessener Staffelung nicht vertieft, was Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG mit dem Verbot, eine Sonderung zu fördern, (nur) untersagt.261 Lediglich in Fällen, in denen die Besitzverhältnisse der Eltern überhaupt kein Schulgeld zulassen (Empfänger staatlicher Sozialleistungen), steht das Sonderungsverbot einer Erhebung von Schulgeld entgegen.262 Unberührt bleibt das Recht, Schulgeldverluste durch entsprechend höhere Entgelte für besitzstarke Eltern zu kompensieren. Das Recht der Ersatzschulen, Schulgeld zu erheben, ergibt sich auch aus der historischen Interpretation des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Nach der Weimarer Reichsverfassung waren trotz der Geltung eines Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG entsprechenden Sonderungsverbots für die Ersatzschulen (Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV) und für den Staat (s. Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV263 und Art. 146 Abs. 3 WRV264) nur der Unterricht und die Lernmittel in den Volks- und Fortbildungsschulen unentgeltlich (Art. 145 Satz 3 WRV). Für mittlere und höhere Schulen galt kein Schulgeldverbot. Die Erhebung von Schulgeld war mithin trotz Geltung eines Sonderungsverbots für die Ersatzschulen (Art. 147 Abs. 1 Satz 2 WRV) und den Staat (Art. 146 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 WRV) zulässig; es bestand nur eine Pflicht zur Bereitstellung öffentlicher Mittel für Minderbemittelte an mittleren und höheren Schulen (Art. 146 Abs. 3 WRV). In eine andere Richtung könnte Art. 14 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) weisen, wonach das in Art. 14 Abs. 1 GRC gewährleistete Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 252; Thiel, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 70; Jestaedt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, § 156 Rn. 56; Heinig/Vogel, LKV 2012, 337 (340); Sydow/Dietzel, RdJB 2014, 239 (246); Faber/Werner, BayVBl. 2009, 198 (199 Fn. 38); Vogel, RdJB 2014, 261 (264); Keller/Hesse/Krampen, in: Keller/Krampen (Hrsg.), Das Recht der Schulen in freier Trägerschaft, 6. Kap. Rn. 30; implizit auch BVerfGE 75, 40 (63 ff.); 90, 107 (115); BVerwG, 6 C 18/10 vom 21. 12. 2011, Rn. 17, 29 ff. (juris). 260 So Umbach, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 IV, V Rn. 188; Vogel, RdJB 2014, 261 (264); Woltering/Bräth, Niedersächsisches Schulgesetz, § 144 Ziff. 3; VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 48 (juris). 261 Näher unter D. II. 262 Dazu bei Fn. 276. 263 Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV: Verbot, die Aufnahme eines Kindes in eine bestimmte Schule nach der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung (oder dem Religionsbekenntnis) der Eltern vorzunehmen. 264 Art. 146 Abs. 3 WRV: Verpflichtung von Reich, Ländern und Gemeinden, für den Zugang Minderbemittelter zu den mittleren und höheren Schulen öffentliche Mittel bereitzustellen.

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

Recht jeder Person auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Aus- und Weiterbildung die Möglichkeit umfasst, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen. Aus dieser Bestimmung könnte ein Schulgeldverbot folgen. Sofern Art. 14 Abs. 2 GRC für private Ersatzschulen ein Verbot enthielte, Schulgeld für Pflichtschulunterricht zu erheben, käme Art. 14 Abs. 2 GRC verfassungsrechtlich (Art. 23 Abs. 1 GG) und unionsrechtlich (Art. 4 Abs. 3 EUV) Anwendungsvorrang zu gegenüber nationalem Recht265 einschließlich nationalem Verfassungsrecht.266 Bei Auslegungsspielräumen ist das nationale (Verfassungs-)Recht (hier: Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG) unionsrechtskonform auszulegen.267 Das Recht auf unentgeltlichen Pflichtschulunterricht nach Art. 14 Abs. 2 GRC gilt (ebenso wie die übrigen Gewährleistungen der Charta) für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC), d. h. insbesondere bei der Anwendung von EU-Verordnungen, der Umsetzung von EU-Richtlinien und der Beschränkung von Grundfreiheiten.268 Ungeachtet dessen lässt sich aus Art. 14 Abs. 2 GRC aber auch inhaltlich kein Verbot für Ersatzschulen ableiten, Schulgeld zu erheben. Dies ergibt sich aus den Erläuterungen zur Charta der Grundrechte, wonach der Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Pflichtschulunterrichts lediglich besagt, „dass in Bezug auf den Pflichtschulunterricht jedes Kind die Möglichkeit haben muss, eine schulische Einrichtung zu besuchen, die unentgeltlichen Unterricht erteilt. Er besagt nicht, dass alle – und insbesondere auch die privaten – schulischen Einrichtungen, die den betreffenden Unterricht oder berufliche Ausbildung und Weiterbildung anbieten, dies unentgeltlich tun müssen.“269 Art. 14 Abs. 2 GRC garantiert mithin nur das Recht, an irgendeiner Schule unentgeltlich Pflichtschulunterricht zu besuchen, fordert aber nicht die Unentgeltlichkeit des Pflichtschulunterrichts an allen öffentlichen oder gar privaten Schulen. Solange und soweit sichergestellt ist, dass jedes schulpflichtige Kind den Pflichtschulunterricht an einer öffentlichen Schule unentgeltlich besuchen kann, ist Art. 14 Abs. 2 GRC entsprochen. Weitere öffentliche Schulen oder gar die privaten Ersatzschulen müssen dann nicht unentgeltlich sein. Eine Verpflichtung zu unentgeltlichem Pflichtschulunterricht kann sich daher für eine private Ersatzschule aus Art. 14 Abs. 2 GRC nur ausnahmsweise in Situationen ergeben, in denen sie die einzige Schule im Einzugsgebiet für schulpflichtige Kinder ist (sog. systemrelevante Versorgungsschule). In einem solchen Fall ergibt sich aus Art. 14 Abs. 2 GRC – sofern der Anwendungsbereich der Charta gem. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist – das Recht des Kindes, den Pflichtschulunterricht an der Ersatzschule unent265 Vgl. nur EuGH, NJW 2013, 1215 (1219); EuGH, NJW 1964, 2371; BVerfG, NJW 2016, 1149 (1150); BVerfGE 73, 339 (374 f.); 129, 78 (100). 266 EuGH, NJW 2013, 1215 (1219); EuGH, NJW 1971, 343; BVerfGE 129, 78 (100). 267 Zu dem Gebot unionsrechtskonformer Auslegung s. etwa BVerfG, 1 BvR 1631/08 vom 30. 8. 2010, Rn. 54; BVerfG, 2 BvR 2236/09 vom 28. 10. 2009, Rn. 34. 268 Näher mit weiteren Nachweisen Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Rn. 21 ff. 269 ABl. C 303/02 vom 14. 12. 2007, S. 22.

II. Gebot einkommens- und vermögensbezogener Gestaltung des Schulgelds

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geltlich zu besuchen. Den Schulgeldausfall muss der Staat durch entsprechend erhöhte Finanzhilfe kompensieren.270 Mit Blick auf das grundgesetzliche Recht der privaten (Ersatz-)Schulen, Schulgeld zu erheben, ist bei landesgesetzlichen Regelungen, die die Finanzhilfe des Staates für Ersatzschulen an die Voraussetzung knüpfen, dass die Schulen kein Schulgeld oder sonstige Entgelte erheben, Folgendes zu beachten: Die Ersatzschulen sind auf Finanzhilfe existenziell angewiesen, sodass solche Regelungen faktisch einem Verbot, Schulgeld zu erheben, gleichkommen. Da das Recht zur Erhebung von Schulgeld verfassungsrechtlich durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gesichert ist, um die Gründung und den Betrieb der Ersatzschulen sicherzustellen, ist ein landesgesetzliches Verbot von Schulgeld allenfalls zulässig, wenn das Land den Schulgeldausfall vollständig durch Finanzhilfe kompensiert. Nur dann, wenn das Land seine Finanzhilfe um den Betrag erhöht, den die jeweilige Ersatzschule durch Schulgeld unter Wahrung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG hätte erwirtschaften können,271 mag Schulgeldverzicht als gesetzliche Voraussetzung für Finanzhilfe mit Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar sein. Bleibt die Finanzhilfe hinter einer vollständigen Kompensation des Schulgeldausfalls zurück, ist ein Schulgeldverzicht als gesetzliche Bedingung für Finanzhilfe verfassungswidrig. Den Ersatzschulen fehlen in diesem Fall die notwendigen finanziellen Mittel, um ihre Gründung und ihren Betrieb sicherzustellen, sodass das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG leerläuft.

II. Gebot einkommens- und vermögensbezogener Gestaltung des Schulgelds Das Recht zur Erhebung von Schulgeld (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) ist durch das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG insofern eingeschränkt, als die Ersatzschulen das Schulgeld der Höhe nach so gestalten müssen, dass es sich alle Eltern unabhängig von ihren Besitzverhältnissen leisten können (Fördergebot). Es muss sichergestellt sein, dass sämtlichen Kindern, die nach besitzunabhängigen Kriterien von der Ersatzschule aufgenommen werden, der Besuch der Schule ungeachtet der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihrer Eltern möglich ist. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind verschiedene Schulgeldmodelle zulässig, zwischen denen die Schulen autonom wählen dürfen (1.); andere Schulgeldmodelle sind verfassungsrechtlich unzulässig (2.).

270

Dazu unter H. II. 2. Für eine Begrenzung der Ausgleichspflicht des Landes auf das Schulgeld, das nach dem Sonderungsverbot zulässig gewesen wäre, bezogen auf Art. 14 Abs. 2 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg auch StGH Baden-Württemberg, 1 VB 130/13 vom 6. 7. 2015, Rn. 163, 169 (juris). 271

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

1. Zulässige Schulgeldmodelle Den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots genügen verschiedene Schulgeldmodelle, von denen hier nur drei exemplarisch dargestellt werden können. Mit Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG vereinbar ist ein einheitliches Schulgeld für alle Schülerinnen und Schüler, das auf Antrag von Eltern, die das Schulgeld nach ihrem Einkommen und Vermögen nicht entrichten können, vollständig erlassen wird (einheitliches Schulgeld mit Schulgelderlass). Das Schulgeld muss in diesem Fall für jede Schülerin und jeden Schüler erlassen werden, deren/dessen Eltern es sich nach ihren Besitzverhältnissen nicht leisten können. „Einige wenige Freiplätze oder Schulgeldstipendien in Ausnahmefällen für … besonders arme Kinder gewährleisten die allgemeine Zugänglichkeit … nicht“.272 Ebenfalls zulässig ist ein einheitliches Schulgeld ohne Ermäßigungsmöglichkeit, wenn es so niedrig bemessen ist, dass es von allen Eltern ungeachtet ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse getragen werden kann (einheitliches Schulgeld ohne Schulgelderlass).273 Alternativ wird dem Sonderungsverbot ein Modell gerecht, das Schulgeld nach Maßgabe der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern staffelt (Staffelung des Schulgelds).274 Die Ersatzschulen können Einkommens- und Vermögensgruppen bilden und die Höhe des Schulgelds nach diesen Gruppen differenzieren. Nach welchen Grundsätzen und Kriterien Einkommens- und Vermögensgruppen zu bilden sind und die Höhe des Schulgelds jeweils festzulegen ist, wird noch dargelegt.275 Zwischen diesen (und weiteren) Schulgeldmodellen dürfen die Ersatzschulen von Verfassung wegen gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG autonom wählen. Da dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verschiedene Schulgeldgestaltungen genügen, fällt die Wahl des Schulgeldmodells gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG in die 272

BVerfGE 90, 107 (119), wobei dem Verfahren ein Sachverhalt zugrunde lag, in dem die Eltern auf der Grundlage einer freiwilligen Selbsteinschätzung ihrer finanziellen Möglichkeiten ein Schulgeld in Höhe von durchschnittlich monatlich 190 DM bzw. 172 DM je Schülerin/ Schüler entrichtet hatten, s. BVerfGE 90, 107 (111). 273 Vgl. VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 27 (juris), das darauf abhebt, ob ein einheitliches Schulgeld „auch von Familien mit sehr niedrigen Einkommen geleistet werden kann.“ 274 Zu der Möglichkeit einer einkommensbezogenen Staffelung zur Wahrung des Sonderungsverbots explizit BVerwG, 6 C 18/10 vom 21. 12. 2011, Rn. 32 (juris); im Anschluss an das BVerwG auch VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 114 (juris); VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 27 (juris); aus dem Schrifttum statt vieler Jestaedt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, § 156 Rn. 56; Rux/Niehues, Schulrecht, Rn. 1177; Brockmann, in: Brockmann/Littmann/ Schippmann (Hrsg.), Niedersächsisches Schulgesetz, § 144 Ziff. 2.2. Anderer Ansicht Heinig/ Vogel, LKV 2012, 337 (340). 275 s. unter F. II.

II. Gebot einkommens- und vermögensbezogener Gestaltung des Schulgelds

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(Gestaltungs-)Freiheit der Schulen. Der Gesetzgeber und die Verwaltung dürfen diese Wahlfreiheit nicht durch Vorgabe eines bestimmten Schulgeldmodells verkürzen. Ungeachtet des gewählten Schulgeldmodells erscheint für Empfänger sozialstaatlicher Leistungen ein vollständiger Erlass des Schulgelds geboten.276 Sozialleistungen des Staates erhalten Personen nur dann, wenn sie hilfebedürftig sind, d. h., wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht (ausreichend) aus eigenen Kräften, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen sichern können (s. § 9 Abs. 1 SGB II, §§ 1 Abs. 1, 19 Abs. 1 SGB XII). Reicht das Einkommen und Vermögen nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, dürfte die Zahlung eines noch so geringen Schulgelds kaum möglich sein. Staatliche Grundsicherungsleistungen oder Sozialhilfe umfassen nach der Rechtsprechung nicht das Schulgeld für eine private Ersatzschule.277 Damit jedes Kind unabhängig von den Besitzverhältnissen seiner Eltern Zugang zur Ersatzschule hat, müssen die Eltern vor der Schulwahlentscheidung erkennen können, in welcher Höhe Ersatzschulen Schulgeld erheben. Ist für die Eltern nicht erkennbar, welche Kosten mit dem Schulbesuch verbunden sind und welche Ermäßigungstatbestände bestehen, kann sie dies von einer Bewerbung abhalten. „Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann,“ welche Kosten mit dem Besuch einer Ersatzschule tatsächlich für ihn verbunden sind, „kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden.“278 Wer damit rechnet, dass er sich den Besuch einer Ersatzschule finanziell nicht leisten kann, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte verzichten.279 Das Sonderungsverbot liefe faktisch leer. Zudem setzen eine effektive Schulaufsicht über die privaten Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG) sowie eine wirksame gerichtliche Kontrolle Transparenz über die Aufnahmekriterien voraus. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ist daher verletzt, wenn die Ersatzschulen nicht für Transparenz über die Kosten für den Schulbesuch einschließlich Ermäßigungsmöglichkeiten sorgen.

2. Unzulässige Schulgeldmodelle Mit Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG unvereinbar ist eine Festlegung der maximalen (monats-)durchschnittlichen Höhe des Schulgelds von Ersatzschulen. Dies gilt so276 Ebenso Bader, R&B 3/2006, 3 (5 f.). Anderer Ansicht Keller/Hesse/Krampen, in: Keller/ Krampen (Hrsg.), Das Recht der Schulen in freier Trägerschaft, 6. Kap. Rn. 32, die ein Mindestschulgeld für zulässig halten. 277 Näher bei Fn. 126. 278 Formulierung aus BVerfGE 65, 1 (43). 279 Vgl. bezogen auf die Datenerhebung nach dem Volkszählungsgesetz BVerfGE 65, 1 (43).

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

wohl dann, wenn die Ersatzschulen eine solche Festlegung treffen, als auch dann, wenn der Gesetzgeber oder die Verwaltung eine entsprechende Regelung erlässt (a)). Die Erhebung eines fixen Prozentsatzes des Elterneinkommens als Schulgeld kann, wenn die Ersatzschulen dies von sich aus vorsehen, zulässig sein; der Gesetzgeber oder die Verwaltung dürfen ein solches Schulgeldmodell nicht vorschreiben (b)). a) Begrenzung der Höhe des (monatlichen) Schulgelddurchschnitts Wrase und Helbig leiten in ihrer Studie aus dem Jahr 2016280 aus dem Sonderungsverbot bezogen auf dasselbe Jahr ab, dass das Schulgeld einer Ersatzschule mit einkommensbezogener Staffelung bzw. Ermäßigungen und Befreiungen für gering verdienende Eltern (und für Eltern mit mehreren Kindern) maximal 160 E/Monat im Durchschnitt für alle einkommensabhängig zahlenden Eltern betrage dürfe. Dieser Betrag entspreche einer „unmittelbar an den Vorgaben des BVerfG entwickelte(n) Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte“ und sei „konsolidiert“.281 Eine Begrenzung der Höhe des (monats-)durchschnittlichen Schulgelds je Ersatzschule ist nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht nur nicht gefordert, sondern ein solches Modell ist zur Wahrung des Sonderungsverbots aus mehreren Gründen ungeeignet und daher unzulässig. Erstens: Zur Erfüllung des Sonderungsverbots allein erforderlich und ausreichend ist es, dass die Ersatzschulen ihr Schulgeld so gestalten, dass es sich alle Eltern nach ihrem Einkommen und Vermögen leisten können. Das Sonderungsverbot erlaubt je nach Elternschaft und ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit unterschiedlich hohe Schulgeldeinnahmen. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG lässt sich nicht entnehmen, in welcher Höhe eine Ersatzschule oder (gar) alle Ersatzschulen Schulgeld durchschnittlich von sämtlichen Eltern der Schule (oder eines Jahrgangs oder einer Klasse) erheben dürfen. Der maximal zulässige Durchschnittsbetrag des Schulgelds lässt sich weder für die einzelne Ersatzschule noch für alle Ersatzschulen eines Landes abstrakt berechnen und daher auch nicht im Vorhinein festlegen.282 Das maximal zulässige durchschnittliche Schulgeld ergibt sich vielmehr bezogen auf jede einzelne Schule aus dem Mittelwert der von den Eltern nach Maßgabe des Sonderungsverbots zulässigerweise erhobenen Entgelte, die je nach Einzugsbereich der Schule und den entsprechenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern hoch oder niedrig sein können. Die durchschnittliche Höhe des Schulgelds lässt sich auf der abstrakten Ebene allenfalls aus einer vorgesehenen Staffelung des Schulgelds nach Einkommens- und

280

NVwZ 2016, 1591 ff. NVwZ 2016, 1591 (1592 f.). 282 Vgl. im Ergebnis ebenso VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 28 (juris); Hardorp, R&B 1/2017, 5 (16). 281

II. Gebot einkommens- und vermögensbezogener Gestaltung des Schulgelds

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Vermögensgruppen der Eltern errechnen.283 Ein solcher Schulgelddurchschnitt ist aber letztlich als Größe für das Sonderungsverbot irrelevant und vermag das Schulgeld der einzelnen Ersatzschule nicht zu begrenzen. Zweitens: Die Festlegung eines Betrags, den das Schulgeld einer Ersatzschule im Durchschnitt nicht übersteigen darf, scheidet nach dem Sonderungsverbot auch deswegen aus, weil damit keine Verpflichtung der Ersatzschulen zur Ermäßigung des Schulgelds für Eltern verbunden ist, die sich das durchschnittliche (oder ein geringeres) Schulgeld nicht leisten können.284 Das Schulgeldmodell belässt den Ersatzschulen zwar die Möglichkeit, das Schulgeld für einige Eltern zu ermäßigen und von anderen Eltern ein überdurchschnittliches Schulgeld zu erheben, solange nur im Durchschnitt das Schulgeld den festgesetzten Betrag nicht überschreitet.285 Eine Verpflichtung zur Schulgeldermäßigung besteht aber nicht ohne Weiteres; sie bedarf der gesetzlichen Regelung. Anderenfalls ist es den Ersatzschulen unbenommen, von sämtlichen Eltern ein Schulgeld in Höhe des Durchschnittsbetrags zu erheben. Dies kann für einkommens- und vermögensschwache Eltern und für Sozialleistungsempfänger nicht tragbar sein. Drittens: Das Modell eines durchschnittlichen Schulgelds eröffnet den Ersatzschulen im Gegenteil sogar die Möglichkeit, von einkommens- und vermögensschwachen Eltern ein Schulgeld zu erheben, das den festgesetzten Durchschnittsbetrag überschreitet, und von einkommens- und vermögensstarken Eltern ein deutlich niedrigeres (unterdurchschnittliches) Schulgeld zu verlangen oder sie vom Schulgeld zu befreien – solange nur das Schulgeld bezogen auf alle Eltern der Schule den festgesetzten Durchschnitt nicht übersteigt. Ein solches Schulgeldmodell stellt das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG „auf den Kopf“; es ist zur Verwirklichung des Sonderungsverbots ungeeignet und daher mit dem Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar. Viertens: Das Sonderungsverbot gestattet Ersatzschulen, einkommens- und vermögensstarke Eltern mit einem hohen Schulgeld zu belasten; Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG errichtet keine besitzunabhängige „Obergrenze“ für Schulgeld.286 An Ersatzschulen, die entsprechend ihrem Einzugsgebiet (z. B. gut situierter Stadtteil) einen hohen Anteil von Kindern aus guten Einkommens- und Vermögensverhältnissen haben, kann der Mittelwert des zulässigerweise erhobenen Schulgelds daher hoch ausfallen. Hiermit verträgt sich eine Begrenzung des Schulgelds auf einen bestimmten Durchschnittsbetrag im Monat durch den Staat nicht. Fünftens: Gegen eine Begrenzung des monatlichen Schulgelddurchschnitts spricht hingegen nicht zwingend, dass sie die durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gesi283

Zu dieser Möglichkeit unter E. II. 1. Ebenso VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 28 (juris). 285 Zu diesem Schulgeldmodell näher statt vieler Eisinger/Warndorf/Falterbaum/Feldt, Grenzen der Belastbarkeit privater Haushalte mit Schulgeld vor dem Hintergrund des Sonderungsverbotes nach Art. 7 GG, S. 22 ff. 286 Näher unter D. III. 2. 284

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

cherte Autonomie der Schulen zur Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler einschränkte.287 Es steht den Ersatzschulen nach diesem Schulgeldmodell frei, sämtliche Eltern mit einem fixen Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat zu belegen, sodass sie ihre Schülerinnen und Schüler nicht nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern auswählen müssen, sondern nach autonom bestimmten (besitzneutralen) Kriterien wie der persönlichen Eignung für das Schulprofil oder der Begabung und Leistungsfähigkeit wählen können. Eine Schülerauswahl nach wirtschaftlichen Kriterien ist nur erforderlich, wenn die Ersatzschulen eine Schulgeldstaffelung vorsehen. In diesem Fall sind sie zur Einhaltung des Schulgelddurchschnitts gezwungen, die Schülerauswahl maßgeblich an wirtschaftlichen Kriterien auszurichten. Etwas anderes folgt nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat sich bislang nur in wenigen Judikaten überhaupt mit der Schulgeldhöhe von Ersatzschulen beschäftigt. In seinem Urteil vom 8. April 1987 hat es in der kostendeckenden Erhebung von Schulgeld „in der Größenordnung von mehreren Hundert Mark monatlich pro Kind“ einen Verstoß gegen das Sonderungsverbot gesehen, weil nur „finanziell besser ausgestattete Bevölkerungskreise in der Lage oder auch nur bereit (wären), derartige Summen aufzubringen“.288 Diese Feststellung bezog sich indes auf ein einheitliches Schulgeld für alle Eltern in dieser Höhe, ohne dass Ermäßigungen für finanziell schlechter gestellte Eltern vorgesehen waren. Aussagen zur Zulässigkeit eines (monats-)durchschnittlichen Schulgelds hat das Bundesverfassungsgericht nicht getroffen.289 Das Gleiche gilt für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994, wonach „Beträge in der Größenordnung von monatlich 170 bis 190 DM … nicht von allen Eltern gezahlt werden können.“290 Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Eltern auf der Grundlage einer freiwilligen Selbsteinschätzung ihrer finanziellen Möglichkeiten ein Schulgeld in Höhe von durchschnittlich monatlich 190 DM bzw. 172 DM je Schülerin/Schüler entrichtet hatten.291 Die Zulässigkeit einer Begrenzung des monatlichen Schulgelddurchschnitts war nicht Gegenstand der Entscheidung. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Judikat die Schulgeldhöhe als Faktor zur Berechnung der Finanzhilfe des Staates betrachtet und sich nicht mit der Schulgeldhöhe als Voraussetzung für die Ersatzschulgenehmigung beschäftigt.292 All dies wird verkannt, wenn im Schrifttum sowie vereinzelt von Gerichten aus dem Sonderungsverbot ein maximal zulässiges Schulgeld von 160 E/Monat im 287

So aber VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 29 (juris). BVerfGE 75, 40 (64 f.). 289 Ebenso die Würdigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts bei VGH BadenWürttemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 119 (juris). 290 BVerfGE 90, 107 (119). 291 BVerfGE 90, 107 (111). 292 Näher VG Potsdam, 12 K 2304/13 vom 16. 5. 2014, Rn. 32 (juris). 288

II. Gebot einkommens- und vermögensbezogener Gestaltung des Schulgelds

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Durchschnitt abgeleitet wird,293 ganz abgesehen davon, dass dem mitnichten eine „unmittelbar an den Vorgaben des BVerfG entwickelte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte“ zugrunde liegt, die „konsolidiert“ ist.294 Entsprechend lässt sich aus der durchschnittlichen Höhe des von einzelnen oder allen Ersatzschulen eines Landes tatsächlich erhobenen Schulgelds nicht auf eine Verletzung des Sonderungsverbots schließen.295 Je nach dem Einzugsgebiet der Schule und der Elternschaft kann das Schulgeld einer Ersatzschule durchschnittlich über oder unter 160 Euro/Monat liegen, ohne dass das Sonderungsverbot hiergegen Einwände erhebt.296

293 Wrase/Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1592 f.); vgl. auch Brockmann, in: Brockmann/ Littmann/Schippmann (Hrsg.), Niedersächsisches Schulgesetz, § 144 Ziff. 2.2: „Maßgebend ist das durchschnittlich zu zahlende Schulgeld.“; Rux/Niehues, Schulrecht, Rn. 1175: Maximal 150 E im Monat, wobei unklar ist, ob ein einheitliches Schulgeld für alle Eltern oder die maximale Höhe des durchschnittlichen Schulgelds gemeint ist. Soweit ersichtlich aus der Rechtsprechung nur VG Stuttgart, 13 K 3238/09 vom 2. 2. 2010, Rn. 22: „obere Grenze des – durchschnittlichen – monatlichen Schulgelds in Höhe von ca. 150,00 EUR im Zeitraum 2008/ 2009“; s. auch Rn. 23: höchstzulässiges durchschnittliches Schulgeld von ca. 150 E. Relevant sind im gegebenen Zusammenhang nur Aussagen, die sich mit der Schulgeldhöhe im Kontext des Sonderungsverbots als Genehmigungsvoraussetzung befassen, und nicht solche, die das Schulgeld als Größe zur Berechnung der Finanzhilfe kalkulieren. Zum maximal zulässigen Schulgeld als rechnerische Größe für die Finanzhilfe etwa VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/ 12 vom 11. 4. 2013, Rn. 112 ff., insbes. 117 (juris), das als Rechengröße für die Finanzhilfe bezogen auf das Jahr 2003 ein durchschnittliches Schulgeld von 90 bis 95 E kalkuliert, welches nach den Einkommensverhältnissen der Eltern gestaffelt erhoben wird; s. auch Rn. 121: das zur Schließung der Deckungslücke erforderliche durchschnittliche Schulgeld in Höhe von rund 95 E ist verfassungsrechtlich unbedenklich; VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 48 ff. (juris): 70 E bezogen auf das Jahr 2003; VGH Baden-Württemberg, 9 S 47/03 vom 19. 7. 2005, Rn. 45 (juris): durchschnittliches monatliches Schulgeld von etwa 120 E bezogen auf das Jahr 2005; VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 81 (juris): Durchschnittliches Schulgeld von 130 DM pro Monat bezogen auf 1986 als „Grenze des Hinnehmbaren“; OVG Bautzen, 2 A 47/09 vom 2. 3. 2011, Rn. 33 (juris): Schulgeld von 120 E/ Monat ist als Rechengröße für Finanzhilfe zulässig. 294 So aber Wrase/Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1593). 295 s. aber Wrase/Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1595 f.), die aus ihrer Beobachtung, dass eine Reihe von Ersatzschulen Beiträge oberhalb eines durchschnittlichen Monatsbetrags von 160 E erheben, auf eine Verletzung des Sonderungsverbots schließen. 296 Wie hier für die Verfassungswidrigkeit der Festlegung eines maximalen durchschnittlichen Schulgelds Hardorp, R&B 1/2017, 5 (16) zugleich mit gründlicher Kritik an der Analyse der Rechtsprechung durch Wrase/Helbig (7 ff.); Schröder, R&B 3/2011, 3 (7); ebenso wohl Keller/Hesse/Krampen, in: Keller/Krampen (Hrsg.), Das Recht der Schulen in freier Trägerschaft, 6. Kap. Rn. 37: keine Obergrenze für zu erhebendes Schulgeld; Avenarius, in: Avenarius – Pieroth/Barczak, Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen – eine Kontroverse, S. 9 (52): keine Festsetzung eines landes- oder gar bundesweit geltenden Betrags.

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

b) Fixer prozentualer Anteil am Haushaltseinkommen der Eltern als Schulgeld Ebenfalls nicht geboten ist nach dem Sonderungsverbot ein Schulgeld, das in Höhe eines bestimmten, für alle Eltern gleichen prozentualen Anteils ihres Einkommens erhoben wird. Eine solche Schulgeldregelung kann zwar, wenn die Ersatzschulen sie autonom vorsehen, bei einem niedrigen Prozentsatz, der auch für Eltern mit geringem Einkommen und Vermögen tragbar ist, und bei Schulgeldfreiheit für Empfänger staatlicher Sozialleistungen mit dem Sonderungsverbot vereinbar sein. Geboten ist sie aber schon deswegen nicht, weil für Eltern mit hohem Einkommen ein höherer prozentualer Anteil ihres Einkommens als Schulgeld tragbar sein kann als für Eltern mit niedrigem Einkommen. Dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG lässt sich weder eine für alle Eltern gleich hohe absolute Obergrenze noch ein für sämtliche Eltern gleicher prozentualer Anteil des Einkommens als Schulgeld entnehmen. Die gesetzliche Festlegung eines bestimmten prozentualen Anteils des elterlichen Einkommens, den das Schulgeld bezogen auf alle Eltern nicht übersteigen darf, ist daher zur Verwirklichung des Sonderungsverbots nicht erforderlich. Sie schränkte die Möglichkeit der Ersatzschulen ein, von finanziell besser gestellten Eltern einen höheren prozentualen Anteil am Einkommen als Schulgeld zu erheben, was das Sonderungsverbot gestattet. Das gilt umso mehr, als an der Geltung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für einkommens- und vermögensstarke Eltern, die sich nach ihren Besitzverhältnissen ein kostendeckendes Schulgeld leisten können, erhebliche Zweifel bestehen.297 Umgekehrt kann nach dem Sonderungsverbot für Eltern mit niedrigem Einkommen ein geringerer Prozentsatz ihres Einkommens als Schulgeld geboten sein als für Eltern mit höherem Einkommen. Ein für alle Eltern gleich hoher Einkommensprozentsatz als Schulgeld müsste sehr niedrig sein, damit sich alle Eltern das Schulgeld leisten können. Für Sozialleistungsempfänger müsste das Schulgeld ganz erlassen werden. Eine gesetzliche Regelung, die als Schulgeld einen für alle Eltern gleichen Prozentsatz des Haushaltseinkommens vorsieht, verstieße auch deswegen gegen Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. Gegen ein solches Schulgeldmodell spricht zudem, dass die Ersatzschulen hierfür die Einkommens- und Vermögensverhältnisse aller Eltern kennen müssten. Sämtliche Eltern müssten ihre Finanzverhältnisse offenlegen, wozu sie jedoch verfassungsrechtlich nicht verpflichtet sind. Von Verfassung wegen sind Eltern nur dann zur Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Situation gehalten, wenn sie eine Ermäßigung des Schulgelds beantragen. Eltern, die nach ihren finanziellen Verhältnissen bereit und in der Lage sind, das von der Ersatzschule geforderte höchste Schulgeld zu zahlen, sind nicht verpflichtet, ihre Besitzverhältnisse offenzulegen.298

297 298

Dazu unter D. I. 2. b). s. sogleich unter E. III.

III. Offenlegung der Einkommensverhältnisse bei Antrag auf Schulgeldermäßigung 75

Abgesehen davon ist gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht nur das Einkommen, sondern auch das Vermögen der Eltern maßgeblich dafür, ob Schulgeld eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördert.299 Auch dies lässt die Erhebung eines Schuldgelds in Höhe eines bestimmten prozentualen Anteils des Einkommens der Eltern unberücksichtigt.

III. Offenlegung der Einkommensund Vermögensverhältnisse der Eltern nur bei Antrag auf Schulgeldermäßigung Ungeachtet des gewählten Schulgeldmodells dürfen Eltern, deren Kind eine Ersatzschule besucht, zur Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Schule und/oder der Schulverwaltung von Verfassung wegen nur unter engen Voraussetzungen verpflichtet werden. Eine (gesetzliche) Verpflichtung von Eltern zur Offenlegung ihrer Einkommensund Vermögenssituation bewirkt einen Eingriff in ihr Allgemeines Persönlichkeitsgrundrecht bzw. in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).300 Der Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn er dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt.301 Eine Verpflichtung sämtlicher Eltern, ihre Einkommens- und Vermögenssituation offenzulegen, ist zur Wahrung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht erforderlich und verletzt daher das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dem Sonderungsverbot ist entsprochen, wenn das Schulgeld der Höhe nach so gestaltet ist, dass es sich alle Eltern unabhängig von ihren Besitzverhältnissen leisten können. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es ausreichend, wenn die Ersatzschulen Eltern, die nach ihren finanziellen Verhältnissen kein kostendeckendes Schulgeld tragen können, auf Antrag Schulgeldermäßigung gewähren oder einen Freiplatz zur Verfügung stellen.302 Um die Einkommens- und Vermögensverhältnisse dieser Eltern überprüfen zu können, müssen sie ihre Finanzsituation offenlegen. Eltern, die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen bereit und in der Lage sind, das von der Ersatzschule geforderte höchste Schulgeld zu zahlen, sind dagegen verfassungsrechtlich nicht zur Offenlegung ihrer finanziellen Situation verpflichtet. Die 299

s. unter D. I. 1. a). Zum Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsgrundrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sowie ihrer Abgrenzung statt vieler Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 2 I Rn. 69, 79 ff. 301 Zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips als Schranke für Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsgrundrecht bzw. in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie zu ihrer Abgrenzung statt aller BVerfGE 32, 273 (279); 65, 1 (44); 78, 77 (85 ff.); 89, 69 (82 f.). 302 Insoweit sind verschiedene Schulgeldmodelle zulässig, s. unter E. II. 1. 300

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

Ersatzschulen und Schulbehörden müssen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse dieser Eltern nicht kennen, um dem Sonderungsverbot nachzukommen. Das Sonderungsverbot drängt für einkommens- und vermögensstarke Eltern, die sich das geforderte Schulgeld leisten können, nicht auf Verwirklichung, sodass eine Offenlegung ihrer Finanzsituation nicht erforderlich und mithin unverhältnismäßig ist. Eine Regelung, die sämtliche Eltern verpflichtet, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Ersatzschule und/oder der Schulbehörde zum Zwecke der Schulgeldberechnung und -erhebung offenzulegen, ist daher verfassungswidrig. Dasselbe gilt für eine gesetzliche Verpflichtung der Ersatzschulen, von den Eltern die Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verlangen und die entsprechenden Einkommens- und Vermögensdaten (anonymisiert) der Schulbehörde zur Verfügung zu stellen. Dem entspricht es, dass auch im Kontext anderer Gebühren und Beiträge, namentlich der Kostenbeiträge für die Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege (s. § 90 SGB VIII), die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nur von Personen offenzulegen sind, die eine Beitragsermäßigung beantragen.303 Das Gleiche gilt für die Inanspruchnahme staatlicher Sozialleistungen nach dem SGB II und SGB XII.

IV. Sub specie des Sonderungsverbots relevante Entgelte Ungeklärt ist, welche Entgelte dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG unterfallen, sodass sie für alle Eltern ungeachtet ihrer Besitzverhältnisse bezahlbar sein müssen.304 Neben Entgelten für Unterricht und Lernmittel als Schulgeld im engeren Sinne kommen weitere Entgelte in Betracht, die Eltern an Ersatzschulen leisten. Zu nennen sind zum Beispiel Aufnahmebeiträge, Vereins- und Förderbeiträge sowie Spenden oder Entgelte für außerunterrichtliche Angebote wie Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfeunterricht im Rahmen von Ganztagsschulen (sog. Sonder- und Profilleistungen). In Betracht kommen ferner Entgelte für die Heimunterbringung in Internaten. In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird überwiegend vertreten, dass nur Entgelte für Unterricht und Lernmittel dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4

303

Vgl. nur VG Hannover, NVwZ-RR 1996, 351 (355). Ob und inwieweit geldwerte Sach- oder Dienstleistungen der Eltern wie zum Beispiel Mitarbeit in der Schule (Nachmittagsbetreuung, Begleitung von Schulausflügen und Klassenfahrten, Schulraumsanierung etc.) dem Sonderungsverbot unterfallen, bleibt außen vor. 304

IV. Sub specie des Sonderungsverbots relevante Entgelte

77

Satz 3 GG unterfallen.305 Nur das Schulgeld im engeren Sinne (für Unterricht und Lernmittel) müsse so gestaltet sein, dass eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Entgelte für Sonder- und Profilleistungen der Ersatzschulen sowie weitere Geldleistungen der Eltern (z. B. Spenden, Förderbeiträge) sollen dem Sonderungsverbot nicht entsprechen müssen.306 Durch Erhebung solcher Entgelte könnten die Ersatzschulen daher ohne Bindung an das Sonderungsverbot die sog. Eigenleistung erwirtschaften, die nach der Rechtsprechung neben Schulgeld für Unterricht und Lernmittel (in den Grenzen des Sonderungsverbots) sowie der Finanzhilfe des Staates eine der drei Säulen der Ersatzschulfinanzierung ausmacht.307 Diametral hierzu meinen andere, dass „nicht nur das Schulgeld, sondern die Gesamtheit aller von den Eltern zu leistenden Beiträge“ dem Geltungsbereich des Sonderungsverbots unterfallen.308 Keiner der Standpunkte überzeugt. Für den Geltungsbereich des Sonderungsverbots ist nicht entscheidend, ob Ersatzschulen Entgelte für Unterricht und Lernmittel oder Entgelte für andere Angebote erheben. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Ersatzschulen den Zugang eines Kindes zum Schulangebot (insbesondere: zum Unterricht) von einer Entgeltleistung der Eltern abhängig machen, ob also die Inanspruchnahme des schulischen Angebots der Ersatzschule mit der Entgeltleistung „steht und fällt“.

1. Entgelte für Unterricht und Lernmittel Das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG verpflichtet die Ersatzschulen sicherzustellen, dass jedes Kind ungeachtet der finanziellen Verhältnisse seiner Eltern Zugang zur Schule hat. Der Zugang zur Ersatzschule kann durch jedes Entgelt versperrt werden, das mit dem Schulbesuch obligatorisch verbunden ist. Soweit eine Ersatzschule für den Zugang zur Schule ein verbindliches Entgelt erhebt, muss es so

305 Zur Geltung des Sonderungsverbots für Unterrichts- und Lernmittelentgelte statt aller StGH Baden-Württemberg, 1 VB 130/13 vom 6. 7. 2015, Rn. 169 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 70 (juris); bezogen auf Beiträge, die von den Eltern zur Abgeltung des Unterrichts verlangt werden, auch VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 52 (juris); ebenso Sydow/Dietzel, RdJB 2014, 239 (246); von Pollern, DÖV 2011, 680 (685); Keller/Hesse/Krampen, in: Keller/Krampen (Hrsg.), Das Recht der Schulen in freier Trägerschaft, 6. Kap. Rn. 31. 306 s. etwa VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 52 (juris), der beispielhaft Leistungen wie Verpflegung, Ganztagsbetreuung oder Internatsunterbringung nennt; ebenso von Pollern, DÖV 2011, 680 (685); Sydow/Dietzel, RdJB 2014, 239 (246); bezogen auf den Ausgleichsanspruch nach Art. 14 Abs. 2 Satz 3 Verfassung des Landes BadenWürttemberg auch StGH Baden-Württemberg, 1 VB 130/13 vom 6. 7. 2015, Rn. 166 (juris): „Kosten für Sonder- oder Profilleistungen sind in den Ausgleich nicht einzubeziehen.“ 307 Näher unter H. II. 1. 308 Wrase/Helbig, NVwZ 2016, 1591 (1593).

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

gestaltet sein, dass es von allen Eltern ungeachtet ihrer finanziellen Verhältnisse gezahlt werden kann. Zu dem Bereich der Ersatzschulen, zu denen Kinder nach dem Sonderungsverbot besitzunabhängig Zugang haben müssen, gehören sämtliche Veranstaltungen, die den Schulbegriff des Art. 7 Abs. 1 GG erfüllen.309 Das Sonderungsverbot ist systematisch auf den Begriff der (Ersatz-)Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG bezogen und beschränkt. Was zum Begriff der Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG gehört, ist derzeit im Fluss. Nach herrschender Auffassung, die den Begriff der Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 GG in Anlehnung an Heckel organisatorisch-formal definiert,310 ist zumindest der gesamte herkömmliche Unterricht durch Lehrerinnen und Lehrer Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG.311 Aus diesem Grund unterfallen dem Sonderungsverbot alle Entgelte, die eine Ersatzschule für die Teilnahme am (Pflichtschul-)Unterricht und die Lernmittel erhebt.312

2. Entgelte für außerunterrichtliche Angebote a) Schulische Angebote Ob auch Entgelte für außerunterrichtliche Angebote der Ersatzschulen von dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG erfasst sind, liegt nicht vergleichbar klar auf der Hand. Soweit solche Angebote Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG sind, sind auch sie dem Sonderungsverbot unterworfen. Allerdings ist nicht geklärt, ob und welche außerunterrichtlichen Angebote von (öffentlichen oder privaten) Bildungseinrichtungen als Schule im Verfassungssinne zu qualifizieren sind. Auf der Grundlage des herrschenden organisatorisch-formalen Schulbegriffs – der allerdings kritikwürdig ist313 – werden zum Beispiel Nachhilfeunterricht314 sowie Arbeitsge309

Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 105. Nach Heckel, Deutsches Privatschulrecht, S. 218 ist Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 GG „eine auf gewisse Dauer berechnete, an fester Stätte unabhängig vom Wechsel der Lehrer und Schüler in überlieferten Formen organisierte Einrichtung der Erziehung und des Unterrichts, die durch planmäßige und methodische Unterweisung eines größeren Personenkreises in einer Mehrzahl allgemeinbildender oder berufsbildender Fächer bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen bestrebt ist“; in Anlehnung an Heckel ebenso oder ähnlich statt vieler Guckelberger, RdJB 2012, 5 (13); Stern, Staatsrecht IV/2, S. 484 f.; Bezug nehmend auf die Schuldefinition von Heckel auch BVerfGE 75, 40 (77); BayVGH, NVwZ-RR 1995, 38 (39); VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 2003, 561 (562). 311 Statt aller mit weiteren Nachweisen Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 32. 312 So im Ergebnis die allgemeine Auffassung, Nachweise oben bei Fn. 305. 313 Eingehend Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 34. 314 Uhle, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 7 Rn. 8; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 7 Rn. 2; Geis, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 13; anderer Ansicht Bader, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 I-III Rn. 21 Fn. 69. 310

IV. Sub specie des Sonderungsverbots relevante Entgelte

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meinschaften und Arbeitskreise315 nicht als Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG angesehen. Dagegen sollen schulergänzende Veranstaltungen wie Schulspeisungen, -musik, -werkstätten, -reisen, -feste, -theater und -ausflüge nach wohl überwiegender Ansicht verfassungsrechtlich Schule sein.316 Ob das Nachmittagsangebot von Ganztagsschulen Schule im Verfassungssinne ist, ist ebenso ungeklärt317 wie die Zugehörigkeit der Heimunterbringung in Internaten zum Schulbereich. Im Rahmen dieser Untersuchung kann nicht eruiert werden, ob der herrschende Schulbegriff Zustimmung verdient und welche außerunterrichtlichen Angebote von (privaten oder öffentlichen) Bildungseinrichtungen Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG sind. Insbesondere kann nicht untersucht werden, ob außerunterrichtliche Angebote „unter dem Dach“ der Schule und unter der Aufsicht von Schulpersonal, die im Kern Erziehungs- und nicht Bildungszwecken dienen, dem verfassungsrechtlichen Schulbegriff unterfallen. Fest steht: Soweit außerunterrichtliche Angebote Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG sind, kommt das Sonderungsverbot für sie zur Anwendung. b) Nichtschulische Angebote mit Teilnahmepflicht Soweit außerunterrichtliche Angebote von Ersatzschulen nicht zum Bereich der Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG zu zählen sind, kommt das Sonderungsverbot für sie grundsätzlich nicht zum Tragen. Etwas anderes gilt nach dem Schutzzweck des Sonderungsverbots dann, wenn die Ersatzschule den Zugang zum schulischen Angebot (v. a. Unterricht) an die Voraussetzung knüpft, dass auch das nichtschulische Angebot in Anspruch genommen wird. In diesem Fall unterliegt das Entgelt für das nichtschulische Angebot dem Sonderungsverbot. Das Sonderungsverbot will sicherstellen, dass jedes Kind ungeachtet der finanziellen Leistungsfähigkeit seiner Eltern Zugang zum Unterricht (Schule im Verfassungssinne) von Ersatzschulen hat. Diese Allgemeinzugänglichkeit des Unterrichts wäre nicht sichergestellt, wenn zwar Entgelte für den Unterricht und Lernmittel dem Sonderungsverbot genügen müssten, Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote mit Teilnahmepflicht dagegen außen vor blieben. Sofern der Zugang zum Unterricht der Ersatzschule die Inanspruchnahme außerunterrichtlicher Angebote wie zum Beispiel Nachmittagsbetreuung voraussetzt, unterfallen Entgelte hierfür dem Sonderungsverbot. Da 315

Uhle, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 7 Rn. 8 mit weiteren Nachweisen. 316 BVerfG, NJW 2009, 3151 (3152): Schul-Theaterprojekt und Schul-Karnevalsveranstaltung; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 7 Rn. 2: „alle mit dem Zweck der Schule unmittelbar zusammenhängenden Unternehmungen“; s. auch Uhle, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 7 Rn. 10. 317 Dafür Bumke, NVwZ 2005, 519 ff.; in der Tendenz ähnlich Geis, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 38; dagegen Broosch, Ganztagsschule und Grundgesetz, S. 22 ff.; Schmahl, DÖV 2006, 885 (892); Tettinger, NWVBl. 2005, 332 (334).

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E. Konsequenzen des Sonderungsverbots für die Erhebung von Schulgeld

Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote nicht von Eltern aller Besitzschichten geleistet werden können, kann durch solche Entgelte der Zugang zum Unterricht der Ersatzschule ebenso versperrt werden wie durch Entgelte für den Unterricht selbst. Um zu verhindern, dass das Sonderungsverbot für den Schulunterricht faktisch leerläuft und um die Zugänglichkeit des Unterrichts für Kinder aller Einkommens- und Vermögensschichten zu gewährleisten, muss das Sonderungsverbot auch für Entgelte zur Anwendung kommen, die die Ersatzschulen für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote mit Teilnahmepflicht erheben.318 Irrelevant ist, ob die Teilnahmepflicht für nichtschulische Angebote aufgrund einer gesetzlichen Regelung oder aufgrund des Schulvertrags besteht. In beiden Fällen kann der Zugang zum Unterricht der Ersatzschule für Schülerinnen und Schüler aus besitzschwachen Elternhäusern faktisch versperrt werden, sodass das Sonderungsverbot sinnfällig wird. Bei der Bestimmung der Besitzangemessenheit des Entgelts für verpflichtende (schulische und nichtschulische) außerunterrichtliche Angebote sind Ersparnisse für eigene Aufwendungen der Eltern (z. B. für Mittagessen) zu berücksichtigen.319 Etwas anderes kann nur für verpflichtende (schulische und nichtschulische) außerunterrichtliche Angebote gelten, die auch an vergleichbaren öffentlichen Schulen entgeltlich sind. Das Sonderungsverbot für private Ersatzschulen soll sicherstellen, dass die Ersatzschule „in demselben Maße wie die öffentliche (Schule) die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern ausschaltet“; mehr als den öffentlichen Schulen ist den Ersatzschulen historisch320 und aus Gründen der gebotenen Gleichbehandlung (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zumutbar. Soweit allerdings die öffentlichen Schulen für verpflichtende entgeltliche Angebote außerhalb des Schulunterrichts Ermäßigungen für Schülerinnen und Schüler aus einkommens- und vermögensschwachen Verhältnissen vorsehen,321 ist dies nach dem Sonderungsverbot auch von den Ersatzschulen zu verlangen.

318 Für eine Geltung des Sonderungsverbots für von den Eltern erhobene obligatorische Entgelte wohl OVG Bautzen, 2 A 47/09 vom 2. 3. 2011, Rn. 33 (juris), das zur Berechnung der Finanzhilfe neben einem monatlichen Schulgeld auch einen Vereinsbeitrag, einen Förderbeitrag und Arbeitsleistungen der Eltern an dem verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot misst; in diese Richtung deuten auch Keller/Krampen, Das Recht der Schulen in freier Trägerschaft, 6. Kap. Rn. 31 mit Fn. 36. 319 Vgl. etwa im Kontext der Grundsicherungsleistungen § 28 Abs. 6 Satz 1 SGB II: Berücksichtigung der „entstehenden Mehraufwendungen“. 320 Näher mit Nachweisen bei und in Fn. 210. 321 s. für Empfänger staatlicher Sozialleistungen etwa § 28 SGB II, wonach die Aufwendungen für Schulausflüge, mehrtägige Klassenfahrten, Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf, Mittagsverpflegung, Schülerbeförderung und ergänzende angemessene Lernförderung als Bildungsbedarf anerkannt sind; s. auch § 27a Abs. 1 Satz 3 SGB XII, wonach der notwendige Lebensunterhalt für Schülerinnen und Schüler die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch umfasst.

IV. Sub specie des Sonderungsverbots relevante Entgelte

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c) Nichtschulische Angebote ohne Teilnahmepflicht Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote der Ersatzschulen ohne Teilnahmepflicht unterfallen dem Sonderungsverbot grundsätzlich nicht. Solche Angebote versperren die Teilnahme am Schulunterricht auch dann nicht, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden. Ein Entgelt für solche Angebote berührt daher, auch wenn es sich nicht alle Eltern leisten können, die Zugänglichkeit des schulischen Bereichs der Ersatzschule nicht, auf den das Sonderungsverbot systematisch bezogen und beschränkt ist. Etwas anderes kann nur gelten, wenn mit der Nichtinanspruchnahme des nichtschulischen außerunterrichtlichen Angebots eine soziale Abstempelung verbunden ist, etwa weil typischerweise wegen der materiellen Situation (nur) besitzschwache Schülerinnen und Schüler nicht teilnehmen. In diesem Fall kann ein Entgelt für ein freiwilliges nichtschulisches Angebot faktisch den Zugang zum Unterricht versperren. Besitzschwache Schülerinnen und Schüler mögen auch dem Unterricht fernbleiben, weil sie sich das nichtschulische Angebot nicht leisten können. In solchen Fällen kommt das Sonderungsverbot nach seinem Schutzzweck wohl auch für Entgelte für freiwillige nichtschulische Angebote zum Tragen. Diese Grundsätze gelten ebenso für andere Geldleistungen der Eltern wie zum Beispiel Spenden und Förderbeiträge. Auch sie unterfallen dem Sonderungsverbot sowohl, wenn sie von der Ersatzschule für den Zugang zu schulischen Angeboten gefordert werden, als auch, wenn sie für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote mit Teilnahmepflicht anfallen. Für Spenden und Förderbeiträge für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote ohne Teilnahmepflicht gilt das Sonderungsverbot dagegen nicht.

F. Konsequenzen für den Gesetzgeber und die (Schul-)Verwaltung Der durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gezogene verfassungsrechtliche Rahmen für die Schülerauswahl und das Schulgeld der Ersatzschulen hat Konsequenzen für den Gesetzgeber und die Schulverwaltung bei der Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots im Landesschulrecht. Ob und inwieweit der Gesetzgeber oder die Verwaltung das Sonderungsverbot in den Schulgesetzen bzw. -verordnungen konkretisieren muss, soll dahinstehen.

I. Schülerauswahl 1. Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf festlegen, dass Ersatzschulen die Schülerauswahl unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern gestalten müssen. Eine solche (deklaratorische) Regelung gibt lediglich den Inhalt des Sonderungsverbots aus Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG (Diskriminierungsverbot) wieder.322 Dem Schutzzweck des Sonderungsverbots entsprechend darf nur die Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern aus schlechteren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gegenüber Schülerinnen und Schülern aus besseren Einkommens- und Vermögensverhältnissen verboten werden. Ersatzschulen, die ausschließlich einkommens- und vermögensschwachen Schülerinnen und Schülern offenstehen, darf der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung nicht unterbinden.323 2. Welche einkommens- und vermögensfremden Kriterien bei der Schülerauswahl zur Anwendung kommen, darf gesetzlich nicht reglementiert werden. Die Entscheidung über die (besitzneutralen) Kriterien für die Schülerauswahl fällt gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG in die Autonomie der Ersatzschulen. Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf den Ersatzschulen insbesondere nicht untersagen, ihre Schülerschaft nach Maßgabe deren persönlicher Eignung, Befähigung und Leistung aufzunehmen. Auch die Vorgabe einer Zusammensetzung der Schülerschaft privater Ersatzschulen nach Maßgabe der sozialen Struktur der Schülerschaft entsprechender öffentlicher Schulen ist verfassungswidrig.324 3. Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf die Ersatzschulen verpflichten, die von ihnen autonom bestimmten (besitzneutralen) Kriterien für die Schülerauswahl in 322 323 324

s. unter D. III. 1. a). Hierzu oben unter D. I. 2. a). Hierzu insgesamt unter D. III. 1.

II. Schulgeld

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geeigneter Weise zu veröffentlichen. Eine solche Transparenzpflicht der Ersatzschulen leitet sich aus dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ab, weil ein diskriminierungsfreier Zugang zur Schule regelmäßig voraussetzt, dass die Eltern (sowie die Schulaufsicht) über die Besitzunabhängigkeit des Schulzugangs informiert sind.325

II. Schulgeld 1. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet das Recht der privaten Schulen, ihre Finanzierung durch Erhebung von Schulgeld sicherzustellen. Aus diesem Grund ist es zweifelhaft, ob der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung den Ersatzschulen untersagen darf, Schulgeld zu erheben. Ein Schulgeldverbot ist allenfalls zulässig, wenn das Land die dadurch entstehenden Mindereinnahmen vollständig durch Finanzhilfe ausgleicht.326 2. Gesetzlich festgeschrieben werden darf, dass dem Sonderungsverbot neben Entgelten für Unterricht und Lernmittel sowie für weitere schulische Angebote auch Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote mit gesetzlicher oder vertraglicher Teilnahmepflicht genügen müssen. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG erstreckt sich auf sämtliche Entgelte, von denen eine Ersatzschule den Schulbesuch des Kindes abhängig macht.327 3. Die verbindliche Regelung eines bestimmten Schulgeldmodells für Ersatzschulen ist dem Gesetzgeber bzw. der Verwaltung gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG untersagt. Dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG (Fördergebot) werden verschiedene Schulgeldmodelle gerecht, zwischen denen die Schulen autonom wählen dürfen.328 Mit Art. 7 Abs. 4 GG unvereinbar ist insbesondere die Vorgabe eines monatlichen Betrags, den das Schulgeld der Ersatzschulen durchschnittlich nicht übersteigen darf (durchschnittliches Schulgeld).329 Ebenso unzulässig ist die Regelung, dass Schulgeld nach Maßgabe eines für alle Eltern gleichen prozentualen Anteils am Haushaltseinkommen zu berechnen ist.330 4. Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf zur Konkretisierung des Sonderungsverbots Einkommens- und Vermögensgruppen bilden und festlegen, in welcher Höhe Eltern mit Schulgeld je Einkommens- und Vermögensgruppe maximal belastet werden dürfen. Nach welchen Grundsätzen und Kriterien solche Gruppen zu bilden

325 326 327 328 329 330

s. unter D. III. 1. a). s. unter E. I. s. unter E. IV. s. unter E. II. 1. Dazu unter E. II. 2. a). Hierzu unter E. II. 2. b).

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F. Konsequenzen für den Gesetzgeber und die (Schul-)Verwaltung

sind und die Höhe des Schulgelds jeweils besitzangemessen festzulegen ist, kann hier nicht geklärt werden. Lediglich einige Eck- und Problempunkte seien benannt: - Bei der Festlegung der Einkommens- und Vermögensgruppen und der jeweiligen Schulgeldhöhe steht dem Gesetzgeber bzw. der Verwaltung – und bei Fehlen einer gesetzlichen Regelung den Ersatzschulen – ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu.331 Der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Sonderungsverbots, das Schulgeld so zu gestalten, dass es sich alle Eltern unabhängig von ihren Besitzverhältnissen leisten können,332 lassen sich weder feststehende Kriterien zur Bildung bestimmter Einkommens- und Vermögensgruppen noch eine absolut gültige Grenze des jeweils zulässigen Schulgelds entnehmen.333 - Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums ergeben sich in Anlehnung an die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die für die Berechnung der Finanzhilfe für Ersatzschulen sowie für die Ermittlung der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz (Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) höchstrichterlich entwickelt wurden, aus den Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sowie dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) immanenten Verfahrenspflichten des Gesetzgebers bzw. der Verwaltung.334 Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung ist gehalten, sowohl die Einkommens- und Vermögensgruppen als auch die Höhe des Schulgelds folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren festzulegen.335 Die gesetzliche Regelung muss erkennen lassen, nach welcher Systematik und Methode und welchen plausiblen Kriterien sich die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern und die Höhe des Schulgelds bestimmt.336 Außerdem muss der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung die Auswirkungen der Schulgeldregelung auf die Praxis fortlaufend dahingehend beobachten, ob sich seine / 331 Zum Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung der Finanzhilfe für Ersatzschulen ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 134 ff. (juris). 332 Näher unter D. I. und II. 333 Vgl. SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 127 (juris); vgl. auch VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 118, wonach die Beurteilung der sondernden Wirkung von Schulgeld „von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, deren jeweiliges Gewicht schwer abschätzbar ist und sich auch mit Hilfe von wissenschaftlichen Untersuchungen nicht sicher erschließt“. Die Entscheidung darüber, ab welcher Schulgeldhöhe eine Sonderung eintritt, stelle „eine teilweise willkürliche Grenzziehung dar“; aus dem Schrifttum Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 252 mit der Feststellung, dass sich die Grenze, ab der eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern gefördert wird, „nicht starr beziffern“ lässt. 334 Vgl. bezogen auf die Finanzhilfe für Ersatzschulen ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 139 (juris). 335 Vgl. bezogen auf die Finanzhilfe für Ersatzschulen SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 133 (juris); vgl. bezogen auf existenzsichernde Leistungen des Staates BVerfGE 66, 214 (223); 68, 143 (153); 82, 60 (88); 99, 246 (260); 112, 268 (280); 120, 125 (155); 125, 175 (225). 336 Vgl. bezogen auf die Finanzhilfe für Ersatzschulen SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 134 (juris).

II. Schulgeld

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ihre Annahmen als zutreffend erweisen.337 Zeigen sich den Anforderungen des Sonderungsverbots zuwiderlaufende Entwicklungen, ist nachzubessern.338 - Bei der Bildung von Einkommens- und Vermögensgruppen ist das gesamte Einkommen und Vermögen der Eltern zu berücksichtigen. Wie das Vermögen der Eltern einbezogen werden kann, ist ungeklärt. Eine Orientierung bietet die Vorschrift des § 12 SGB II.339 - Für die Bemessung, in welcher Höhe Schulgeld von den Eltern getragen werden kann, darf nur auf den Teil des Einkommens und Vermögens der Eltern abgestellt werden, der ihnen nach Abzug sämtlicher Mittel verbleibt, die zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums für alle Familienmitglieder gem. Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG erforderlich sind.340 Der Anspruch auf Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ist „dem Grunde nach unverfügbar“ und muss daher bei der Betrachtung des für Schulgeld verfügbaren Einkommens und Vermögens außer Betracht bleiben.341 Von dem Brutto-Einkommen und Vermögen der Eltern sind daher neben gesetzlich zu entrichtenden Steuern, Gebühren und Beiträgen342 auch die notwendigen Ausgaben für die physische Existenz des Menschen abzuziehen.343 Zusätzlich müssen die Kosten für die Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben in Abrechnung gebracht werden.344 Die Fähigkeit der Eltern, für Schulgeld auf Konsumgüter zu verzichten, darf allenfalls außerhalb des existenzsichernden Mindestbedarfs i.S.d. Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG berücksichtigt werden.345 Einkommens- und vermögenssteigernd sind steuerliche Vorteile ein-

337 Vgl. in Bezug auf die Finanzhilfe für Ersatzschulen SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 135 (juris); vgl. bezogen auf existenzsichernde Leistungen des Staates BVerfGE 125, 175 (225). 338 Vgl. bezogen auf die Finanzhilfe für Ersatzschulen SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 135 (juris); vgl. bezogen auf existenzsichernde Leistungen des Staates BVerfGE 125, 175 (225). 339 Vgl. bezogen auf die Finanzhilfe für Ersatzschulen SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 135 (juris); vgl. bezogen auf existenzsichernde Leistungen des Staates BVerfGE 125, 175 (225). 340 Zum Inhalt des menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG näher BVerfGE 125, 175 (223). 341 BVerfGE 125, 175 (222 ff.) – std. Rspr. 342 BVerfGE 82, 60 (86 ff.); 120, 125 (143 ff.) – std. Rspr. 343 BVerfGE 125, 175 (223) – std. Rspr. 344 BVerfGE 125, 175 (223) – std. Rspr. 345 Zu dem Zusammenhang zwischen dem Sonderungsverbot und der Bereitschaft der Eltern, zugunsten der Bildung ihres Kindes finanzielle Einschränkungen in der übrigen Lebensführung hinzunehmen, SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, 127 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 145 (juris).

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F. Konsequenzen für den Gesetzgeber und die (Schul-)Verwaltung

zubeziehen wie beispielsweise die Absetzbarkeit eines Teils des Schulgelds (30 %, max. 5.000 E) als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG.346 - Ob und inwieweit die in der jüngeren Vergangenheit im Schrifttum entwickelten Methoden zur Bemessung der Schulgeldhöhe tauglich und sachgerecht sind, muss dahinstehen. Gegen den Ansatz von Kleimann, der die Höhe des Schulgelds danach bestimmt, ob die Armutsgefährdung des betreffenden Haushalts steigt,347 spricht prima facie, dass diese Methode lediglich die Auswirkungen des Schulgelds auf die Einkommenssituation der Eltern erfasst und ihre Vermögenssituation außer Betracht lässt. Außerdem bleiben Empfänger staatlicher Sozialleistungen in der Betrachtung von Kleimann außen vor,348 obgleich Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG die Allgemeinzugänglichkeit privater Ersatzschulen auch und gerade für Kinder aus den ärmsten Gesellschaftsschichten fordert.349 - Innerhalb der Grenzen des Gestaltungsspielraums liegt es, wenn bei der Bildung von Einkommens- und Vermögensgruppen sowie der Festlegung der jeweiligen Schulgeldhöhe Durchschnittswerte zugrunde gelegt und Typisierungen vorgenommen werden.350 Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf generalisierend und typisierend einschätzen, wie viel Schulgeld sich Eltern nach ihren Besitzverhältnissen leisten können.351 Zwar bestimmt sich die Tragbarkeit des Schulgelds nach den individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der je346 Ebenso VGH Baden-Württemberg, 9 S 47/03 vom 19. 7. 2005, Rn. 45 (juris); Brockmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann (Hrsg.), Niedersächsisches Schulgesetz, § 144 Ziff. 2.2.; zur steuerlichen Absetzbarkeit von Schulgeld Hutter, in: Blümich (Hrsg.), EStG – KStG – GewStG, § 10 EStG Rn. 430. 347 So zum Beispiel der Ansatz von Kleimann, IAW Analysen 8/2016, der als unzulässige Sonderung nach den Besitzverhältnissen die „materielle Unterversorgung im Vergleich zum Wohlstand der jeweiligen Gesellschaft“ versteht (S. 5) und einen Verstoß gegen das Sonderungsverbot annimmt, wenn das Schulgeld die Armutsgefährdungsquote des jeweiligen Haushaltstyps deutlich erhöht, wobei das Nettoäquivalenzeinkommen zugrunde gelegt wird und verschiedene Schulgeldmodelle untersucht werden (S. 5 ff.); Zustimmung zu diesem Ansatz von VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 123 ff. und 134 ff. s. auch den weiteren Ansatz zur Ermittlung der Belastbarkeit von Eltern mit Schulgeld von Eisinger/Warndorf/Falterbaum/Feldt, Bildungsfinanzierung, die ebenfalls – wenngleich im Detail vielfach anders als Kleimann – auf die Auswirkungen des Schulgelds auf die Armutsrisikoquote der Haushalte abstellen und dabei Nettoäquivalenzeinkommen zugrunde legen; ablehnend gegenüber diesem Ansatz VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 127 ff. und 134 ff. unter anderem wegen Nichtberücksichtigung der Auswirkungen eines gestaffelten Schulgelds. s. ferner Eisinger/Warndorf/Falterbaum/Feldt, Grenzen der Belastbarkeit privater Haushalte mit Schulgeld vor dem Hintergrund des Sonderungsverbotes nach Art. 7 GG, 2007. 348 Kleimann, IAW Analysen 8/2016, S. 7; ebenso VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 53 (juris). 349 Näher D. I. 2. a). 350 Vgl. bezogen auf die Finanzhilfe SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 138 (juris). 351 Vgl. bezogen auf die Finanzhilfe SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 138 (juris).

II. Schulgeld

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weiligen Eltern, deren Kind eine Ersatzschule besuchen will.352 Nur dann, wenn das Schulgeld für alle Eltern leistbar ist, ist dem Sonderungsverbot entsprochen. Jedoch darf der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung hierfür auf die Einkommensund Vermögensschichtungen in der Gesamtgesellschaft abstellen und die jeweilige maximale Schulgeldhöhe für die einzelnen Einkommens- und Vermögensgruppen typisierend festlegen, weil (und soweit) dadurch typischerweise sämtliche Besitzverhältnisse abgebildet werden.353 Es ist daher zulässig, dass der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung die maximale Höhe des Schulgelds je Einkommens- und Vermögensgruppe landesweit festsetzt.354 - Eine Berechtigung und Verpflichtung des Staates, innerhalb der Einkommensund Vermögensklassen nach Haushalts- und Familientypen zu differenzieren, besteht nur insofern, als berücksichtigt werden muss, dass mit einem größeren Haushalt und einer größeren Familie höhere Ausgaben der Eltern (einkommensund vermögensmindernd) verbunden sind. Sub specie des Sonderungsverbots ist nicht entscheidend, ob das Kind einen Elternteil oder zwei Elternteile und ob und wie viele Geschwister es hat, sondern wie viel Einkommen und Vermögen seinen Eltern nach Abzug der notwendigen Lebenshaltungskosten (Existenzminimum) für die Familie sowie der gesetzlichen Steuern, Gebühren und Beiträge verbleibt. Eine generelle Verpflichtung der Ersatzschulen, das Schulgeld nach der Haushaltsgröße bzw. Kinderzahl zu staffeln, besteht nicht und darf daher vom Staat nicht verlangt werden. Eine Schulgeldermäßigung ist nur geboten, wenn wegen der Haushaltsgröße oder der Kinderzahl die finanziellen Möglichkeiten der Eltern zur Zahlung des Schulgelds nicht genügen. Für einkommens- und vermögensstarke Eltern, die sich trotz mehrerer Kinder ein kostendeckendes Schulgeld leisten können, müssen die Ersatzschulen das Schulgeld nicht ermäßigen. - Auf welche Weise, d. h. durch welches Schulgeldmodell, die Ersatzschulen sicherstellen, dass die Eltern maximal mit Schulgeld in der gesetzlich festgelegten Höhe belastet werden, darf der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung nicht bestimmen; dies fällt in die Entscheidungsfreiheit der Schulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG).355

352

Missverständlich SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 138 (juris). So ist letztlich auch VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 116 (juris) zu verstehen, wonach für das Schulgeld „nicht die konkrete Zusammensetzung der jeweiligen Ersatzschule oder des jeweiligen Ersatzschultyps, sondern diejenige der Gesamtgesellschaft“ maßgebend sei, da „die soziale Zusammensetzung der Ersatzschulen in ihrer Relation der sozialen Zusammensetzung der Gesamtgesellschaft entspricht“. 354 Anderer Ansicht Avenarius, in: Avenarius – Pieroth/Barczak, Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen – eine Kontroverse, S. 9 (52). 355 s. unter E. II. 1. 353

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F. Konsequenzen für den Gesetzgeber und die (Schul-)Verwaltung

5. Ungeachtet des von den Ersatzschulen gewählten Schulgeldmodells muss das Schulgeld für Empfänger staatlicher Sozialleistungen regelmäßig vollständig erlassen werden, was der Staat im Gesetz entsprechend festlegen darf.356 6. Eltern, deren Kind eine Ersatzschule besucht, dürfen zur Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Ersatzschule und/oder der Schulbehörde von Verfassung wegen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) nur verpflichtet werden, wenn sie wegen ihrer Besitzverhältnisse Schulgeldermäßigung beantragen. Die Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse stellt eine Obliegenheit nur derjenigen Eltern dar, die nach ihrer Einkommens- und Vermögenssituation nicht in der Lage sind, ein kostendeckendes Schulgeld zu zahlen.357 7. Mit Art. 7 Abs. 4 GG vereinbar ist eine gesetzliche Regelung, die die Ersatzschulen verpflichtet, die Höhe des Schulgelds sowie Ermäßigungstatbestände in geeigneter Weise sowohl gegenüber den Eltern als auch gegenüber der Schulaufsicht zu veröffentlichen (Transparenzgebot).358 8. Da der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung den Ersatzschulen kein bestimmtes Schulgeldmodell vorgeben darf, sondern es in die Autonomie der Ersatzschulen fällt zu entscheiden, auf welche Weise sie dem Sonderungsverbot nachkommen, obliegt es der Schulbehörde, im Rahmen der Schulaufsicht bezogen auf das individuelle Schulgeldmodell der jeweiligen Ersatzschule und die konkreten Besitzverhältnisse der Eltern zu ermitteln, ob das von der Ersatzschule geforderte Schulgeld dem Sonderungsverbot entspricht.359

356

Dazu unter E. II. 1. Hierzu oben unter E. III. 358 s. unter E. II. 1. 359 Ebenso Avenarius, in: Avenarius – Pieroth/Barczak, Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen – eine Kontroverse, S. 9 (53 f.). 357

G. Verfassungsrechtliche Würdigung der Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg Das Land Baden-Württemberg hat den Vollzug des Sonderungsverbots und die Erhebung von Schulgeld durch Ersatzschulen durch eine am 27. September 2017 beschlossene360 und (rückwirkend) zum 1. August 2017361 in Kraft getretene Änderung des Gesetzes für die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PSchG) sowie der Verordnung des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zum Vollzug des Privatschulgesetzes (Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz – VVPSchG)362 neu geregelt. Diese Neuregelung begegnet unter mehreren Gesichtspunkten verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach dem in § 18a PSchG neu eingefügten Abs. 17 kann die obere Schulaufsichtsbehörde bei einer nach § 5 PSchG als Ersatzschule genehmigten Schule in freier Trägerschaft und bei ihrem Träger prüfen, ob eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern gefördert wird (Satz 1). Soweit dies zur Prüfung erforderlich ist, haben diese Schule und ihr Träger der oberen Schulaufsichtsbehörde auf Anforderung sämtliche oder von dieser ausgewählte im Zusammenhang mit der Schulgeldberechnung und Schulgelderhebung stehende Dokumente sowie die bei der Schule und dem Träger befindlichen Dokumente zu den jeweiligen Einkommensverhältnissen der Eltern in anonymisierter Form vorzulegen (§ 18a Abs. 17 Satz 2 PSchG). Das Nähere regelt die Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz (§ 18a Abs. 17 Satz 3 PSchG). Die Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz bestimmt in der seit 1. August 2017 geltenden Fassung: „Es wird vermutet, dass ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 Euro grundsätzlich geeignet ist, eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu fördern. Dieser Betrag wird durch den vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg ermittelten Verbraucherpreisindex, beginnend ab dem Jahr 2018, fortgeschrieben. Die Schule kann diese Vermutung im Einzelfall widerlegen, wenn sie der oberen Schulaufsichtsbehörde nachweist, dass in einem angemessenen Umfang für finanzschwache Schüler wirksame wirtschaftliche Erleichterungen hinsichtlich des Schulgeldes und der sonstigen im Zusammenhang mit dem Besuch der Schule stehenden Kosten angeboten und gewährt werden. In jedem Fall hat die Schule nachweislich sowohl all360

LT-Drs. 16/2732. Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Privatschulgesetzes und dessen Vollzugsverordnung, GBl. BW Nr. 19 vom 18. 10. 2017, S. 524. 362 GBl. BW Nr. 19 vom 18. 10. 2017, S. 521. 361

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G. Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg

gemein als auch gegenüber den jeweiligen Eltern anzubieten, dass diese ein nach einem prozentualen Anteil am Haushaltsnettoeinkommen berechnetes Schulgeld zahlen können, wobei dieses 5 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen darf. Die Schule ist darüber hinaus verpflichtet, die Eltern in einem Beratungsgespräch auf alle von ihr angebotenen Möglichkeiten zur Vermeidung einer finanziellen Überforderung hinzuweisen und diesen Hinweis schriftlich zu dokumentieren. Entgelte für Sonder- und Profilleistungen, deren Inanspruchnahme für die Schüler und deren Eltern nicht verpflichtend ist, können unabhängig vom Schulgeld erhoben werden. Die Ziffer 5 der VVPSchG in der Fassung vom 20. Juli 1971 (GBl. S. 346), die zuletzt durch Artikel 54 des Gesetzes vom 17. Dezember 2015 (GBl. S. 1210, 1231) geändert worden ist, gilt fort bis zum 1. August 2018.“363

I. Ungeeignetheit des baden-württembergischen Schulgeldmodells zur Verwirklichung des Sonderungsverbots in Bezug auf einkommens- und vermögensschwache Eltern 1. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG: Keine Förderung der Sonderung bei monatlichem Schulgeld in Höhe von durchschnittlich maximal 160 E Nach § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG wird vermutet, dass ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E grundsätzlich gegen das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot verstößt. Die Verfassungsmäßigkeit des § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG erscheint bereits mit Blick auf die Bestimmtheit der Norm (Art. 20 Abs. 3 GG) zweifelhaft. Es ist unklar, worauf sich die Limitierung des monatlichen Schulgelddurchschnitts bezieht. Aus dem Privatschulgesetz und der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz geht nicht hervor, ob das monatliche Schulgeld einer Ersatzschule in Baden-Württemberg insgesamt 160 E nicht übersteigen darf oder ob insoweit zwischen verschiedenen Schularten, Schulstufen oder Jahrgangsstufen (vgl. §§ 3 ff. Schulgesetz für Baden-Württemberg) zu differenzieren ist. Ungeachtet dessen ist die Festlegung der maximal zulässigen Höhe des monatlichen Schulgelddurchschnitts zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ungeeignet. Aus dem Umkehrschluss zu Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG folgt, dass ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich maximal 160 E 363 Ziff. 5 VVPSchG i. d. F. vom 20. 7. 1971 (GBl. S. 346), zuletzt geändert durch Art. 54 des Gesetzes vom 17. 12. 2015 (GBl. S. 1210, 1231) lautet: „Eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern (§ 5 Absatz 1 PSchG) wird nicht gefördert, wenn in einem angemessenen Umfang für minderbemittelte Schüler wirksame wirtschaftliche Erleichterungen hinsichtlich des Schulgeldes und der sonstigen im Zusammenhang mit dem Besuch der Schule stehenden Kosten gewährt werden.“

I. Ungeeignetheit des baden-württembergischen Schulgeldmodells

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grundsätzlich nicht geeignet ist, eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu fördern.364 Damit ist es den Ersatzschulen zum einen gestattet, von sämtlichen Eltern einschließlich einkommens- und vermögensschwachen Eltern ein fixes Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat zu erheben. Für Eltern mit einem sehr niedrigen Einkommen und für Eltern ohne Einkommen kann ein Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat aber zu hoch sein, sodass ihren Kindern der Zugang zur Ersatzschule versperrt ist.365 Zum anderen ist dem Sonderungsverbot nach Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG auch dann entsprochen, wenn Ersatzschulen eine Schulgeldstaffelung vorsehen und dabei von einkommens- und vermögensschwachen Eltern ein Schulgeld von mehr als 160 E/Monat erheben (z. B. 300 E), während einkommens- und vermögensstarke Eltern ein deutlich niedrigeres Schulgeld entrichten oder sogar vom Schulgeld befreit werden – solange das Schulgeld bezogen auf sämtliche Eltern im Durchschnitt nicht mehr als 160 E im Monat beträgt. Ein solches Schulgeldmodell stellt das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG geradezu „auf den Kopf“; es ist zur Verwirklichung des Sonderungsverbots ungeeignet und daher mit dem Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar.

2. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG: Widerlegung der Vermutung durch Nachweis wirksamer wirtschaftlicher Erleichterungen für finanzschwache Schüler Die Untauglichkeit des Schulgeldmodells des § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zur Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots wird nicht durch die Möglichkeit der Ersatzschulen relativiert, die Vermutung nach Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG im Einzelfall durch den gegenüber der oberen Schulbehörde zu erbringenden Nachweis zu widerlegen, dass sie in angemessenem Umfang für finanzschwache Schüler wirksame wirtschaftliche Erleichterungen hinsichtlich des Schulgeldes und der sonstigen im Zusammenhang mit dem Besuch der Schule stehenden Kosten anbieten und gewähren (Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG). Gelingt dieser Nachweis, ist die Vermutung widerlegt, dass ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E/Monat eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördert.

364 Ebenso wohl LT-Drs. 16/2597, S. 8 mit dem Hinweis, dass ein Schulgeld in Höhe von monatlich bis zu 160 E „ein glaubwürdiger, nachvollziehbarer, nicht sozial ausschließender Betrag“ sei, der sich als „sozial verträglich“ darstelle. 365 Ausdrücklich anders LT-Drs. 16/2597, S. 8: „Ein Schulgeld in Höhe von monatlich bis zu 160 E sei ein glaubwürdiger, nachvollziehbarer, nicht sozial ausschließender Betrag. Auch die unteren Einkommensklassen seien geschützt, der Zugang zu den Schulen sei möglich. … der Betrag von monatlich bis zu 160 E sei sozial verträglich. Daher müsse nicht weiter differenziert werden.“

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G. Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg

Diese Möglichkeit, die Vermutung der Verletzung des Sonderungsverbots zu widerlegen, ist bezogen und beschränkt auf Ersatzschulen, die ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E erheben. Für Ersatzschulen, deren monatliches Schulgeld durchschnittlich maximal 160 E beträgt, findet Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG keine Anwendung. Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG ändert nichts daran, dass ein durchschnittliches Schulgeld in Höhe von maximal 160 E/Monat gem. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG grundsätzlich keine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern fördert.366 Damit bleibt es den Ersatzschulen unbenommen, einkommens- und vermögensschwache Eltern mit einem Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat oder mehr zu belasten, während einkommens- und vermögensstarke Eltern mit einem niedrigeren Schulgeld bedacht werden dürfen. Maßgeblich ist nach Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG ausschließlich, dass das Schulgeld einer Ersatzschule bezogen auf sämtliche Eltern im Durchschnitt nicht mehr als 160 E/Monat beträgt. Ein solches Schulgeldmodell ist zur Verwirklichung des Sonderungsverbots ungeeignet.367

3. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG: Verpflichtung der Ersatzschulen, den Eltern ein Schulgeld in Höhe von maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens anzubieten Die Ungeeignetheit von Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für einkommens- und vermögensschwache Eltern wird durch die Bestimmung der Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG nur teilweise behoben. Gem. Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG müssen die Ersatzschulen in jedem Fall nachweislich sowohl allgemein als auch gegenüber den jeweiligen Eltern anbieten, dass diese ein nach einem prozentualen Anteil am Haushaltsnettoeinkommen berechnetes Schulgeld zahlen können, das 5 % des Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen darf. Diese Verpflichtung der Ersatzschulen, das Schulgeld bei entsprechendem Wunsch der Eltern auf maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens zu beschränken, besteht nach Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG „in jedem Fall“, also auch dann, wenn Schulen ein nach Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zulässiges (fixes oder gestaffeltes) Schulgeld in Höhe von monatlich maximal 160 E/Monat im Durchschnitt erheben. Nach den Gesetzesmaterialien müssen die Ersatzschulen „den jeweiligen Eltern auch tatsächlich … anbieten, das Schulgeld auch nach einem (sonderungsverbotsunschädlichen) Prozentsatz ihres Haushaltsnettoeinkommens bezahlen zu können. … Den Eltern muss … eine echte Auswahlmöglichkeit (fixes bzw. gestaffeltes

366 367

Näher unter G. I. 1. Näher unter G. I. 1.

I. Ungeeignetheit des baden-württembergischen Schulgeldmodells

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Schulgeld oder x Prozent des Haushaltsnettoeinkommens, wobei x kleiner gleich 5) eröffnet werden.“368 Diese Regelung in Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG stellt sicher, dass Eltern die Wahlmöglichkeit haben, entweder ein fixes oder gestaffeltes Schulgeld (s. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG) oder maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens als Schulgeld zu zahlen. Für einkommens- und vermögensschwache Eltern kann ein Schulgeld in Höhe von 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens finanziell deutlich vorteilhafter sein, als ein fixes Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat oder gar ein höheres Schulgeld entrichten zu müssen (s. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG). Machen einkommens- und vermögensschwache Eltern von der ihnen anzubietenden Möglichkeit Gebrauch, als Schulgeld maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens zu zahlen, liegt der als Schulgeld zu entrichtende Betrag regelmäßig unter 160 E/Monat, was für die Eltern in der Regel tragbar sein dürfte. Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG lindert deswegen die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG. Allerdings kann im Einzelfall auch ein Schulgeld in Höhe von 5 % des Haushaltsnettoeinkommens für einkommens- und vermögensschwache Eltern nicht zu finanzieren sein, sodass für ihre Kinder der Weg zur Ersatzschule versperrt ist. Solche Fälle sind insbesondere bei Eltern mit niedrigem Einkommen (z. B. 1.000 E/Monat oder 1.500 E/Monat) und mehreren schulpflichtigen Kindern denkbar. Für diesen Fall sieht Ziff. 5 VVPSchG keine Ausnahmen vor; sämtliche Eltern müssen entweder ein fixes oder gestaffeltes Schulgeld zahlen, das 160 E/Monat überschreiten kann (s. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG), oder bis zu 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens (s. Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG) als Schulgeld entrichten.369 Diese Regelung wird dem Sonderungsverbot nicht gerecht; sie stellt nicht sicher, dass eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern durch die Ersatzschulen nicht gefördert wird, sondern bewirkt eine solche Sonderung nachgerade. Ziff. 5 VVPSchG verstößt gegen Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, weil sie den verfassungsrechtlich gebotenen Zugang von Kindern einkommens- und vermögensschwacher Eltern nicht durchgehend gewährleistet. Ein weiterer Verfassungsverstoß liegt darin, dass Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG nur zugunsten von Eltern Anwendung findet, die ein Haushaltsnettoeinkommen vorweisen können. Empfänger von Sozialleistungen, die über kein (nennenswertes) Einkommen oder Vermögen verfügen, dürften nach Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG nicht in den Genuss kommen, anstelle eines fixen oder gestaffelten Schulgelds (s. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG) 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens als Schulgeld zu entrichten. 368 LT-Drs. 16/2333, S. 17; s. auch LT-Drs. 16/2333, S. 27: „Unabhängig davon hat die Schule in jedem Fall auch anzubieten, das Schulgeld nach einem sonderungsverbotsunschädlichen Prozentsatz des Haushaltsnettoeinkommens zu berechnen.“ Und: „Insbesondere mit Blick auf die ergänzende Pflicht der Schule, den Eltern auch die Möglichkeit einer prozentual vom Einkommen abhängige(n) Schulgeldberechnung anzubieten, …“. 369 s. auch LT-Drs. 16/2333, S. 27, wonach Staffelungen, Stipendien und Geschwisterermäßigungen in den Grenzen des Sonderungsverbots „möglich“ sind, aber nicht zur Pflicht erhoben werden.

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G. Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg

In Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG fehlt eine hinreichend bestimmte Regelung, dass Sozialleistungen als Haushaltsnettoeinkommen gelten. Empfänger von Sozialleistungen müssen daher nach Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG ein Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat zahlen, was sie sich nach ihren Besitzverhältnissen regelmäßig nicht leisten können. Der Zugang zur Ersatzschule muss nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG jedoch gerade auch für Kinder von Sozialleistungsempfängern sichergestellt sein. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG fordert die Allgemeinzugänglichkeit privater Ersatzschulen auch für Kinder aus den ärmsten Gesellschaftsschichten. Um dies sicherzustellen, gebietet Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für Kinder von Sozialleistungsempfängern regelmäßig einen vollständigen Schulgelderlass.370 Staatliche Grundsicherungsleistungen oder Sozialhilfe umfassen nach der Rechtsprechung nicht das Schulgeld für eine private Ersatzschule.371 Ziff. 5 VVPSchG verstößt daher auch deswegen gegen Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, weil sie den verfassungsrechtlich gebotenen Zugang der Kinder von Sozialleistungsempfängern zu den Ersatzschulen nicht sicherstellt.

II. Nichterforderlichkeit des baden-württembergischen Schulgeldmodells zur Verwirklichung des Sonderungsverbots im Hinblick auf einkommens- und vermögensstarke Eltern 1. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG: Vermutung der Förderung der Sonderung bei monatlichem Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG haftet ein weiterer Verfassungsverstoß an. Die Vermutung, dass ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E grundsätzlich geeignet ist, eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu fördern, ist zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG bezogen auf einkommens- und vermögensstarke Eltern nicht erforderlich. Die Vermutungsregelung verletzt die Ersatzschulen daher in ihrem Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. Dem Sonderungsverbot des Grundgesetzes lässt sich kein Betrag entnehmen, den das Schulgeld einer oder gar aller Ersatzschulen eines Bundeslandes im Durchschnitt nicht übersteigen darf. Die finanzielle Leistungskraft der Eltern ist je nach Einzugsgebiet der Schulen unterschiedlich, sodass Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG je nach Schule unterschiedlich hohe Schulgelder zulässt. Der maximal zulässige Durchschnittsbetrag des Schulgelds lässt sich weder für die einzelne Ersatzschule noch (gar) für alle Ersatzschulen eines Landes abstrakt berechnen und daher auch nicht im 370 371

Näher unter E. II. 1. Näher bei Fn. 126.

II. Nichterforderlichkeit des baden-württembergischen Schulgeldmodells

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Vorhinein festlegen.372 Da sich aus dem Sonderungsverbot nichts für die Höhe des durchschnittlichen Schulgelds aller Ersatzschulen eines Bundeslandes ableiten lässt, kann aus dem tatsächlichen Durchschnitt des Schulgelds der Ersatzschulen ohne Kenntnis von deren Elternstruktur nicht auf eine Verletzung des Sonderungsverbots geschlossen werden. Dies hat der baden-württembergische Gesetz- und Verordnungsgeber verkannt.373 Hinzu kommt, dass aus dem Sonderungsverbot keine Obergrenze für Schulgeld folgt. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gestattet den Ersatzschulen, einkommens- und vermögensstarke Eltern mit einem hohen Schulgeld zu belasten374. Hiermit verträgt sich eine Begrenzung des Schulgelds auf einen bestimmten Durchschnittsbetrag im Monat durch den Gesetzgeber nicht.

2. § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 3 und Satz 4 VVPSchG: Widerlegung der Vermutung durch Nachweis wirksamer wirtschaftlicher Erleichterungen für finanzschwache Schüler ist begrenzt durch Verpflichtung der Ersatzschulen, den Eltern ein Schulgeld in Höhe von maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens anzubieten Dem Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG anhaftenden Verfassungsverstoß hilft Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG nicht ab. Die Ersatzschulen haben nach Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG die Möglichkeit, die Vermutung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG durch den Nachweis zu widerlegen, dass sie in angemessenem Umfang für finanzschwache Schüler wirksame wirtschaftliche Erleichterungen hinsichtlich des Schulgelds und der sonstigen im Zusammenhang mit dem Besuch der Schule stehenden Kosten anbieten und gewähren. Zwar wird den Ersatzschulen dadurch ermöglicht, ein Schulgeld von durchschnittlich über 160 E/Monat zu erheben, wenn sie nachweisen, dass das Schulgeld für einkommens- und vermögensschwache Eltern nicht mehr als 160 E/ Monat (arg. e. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG) beträgt. Jedoch ist diese Möglichkeit der Vermutungswiderlegung durch Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG begrenzt. Gem. Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG muss die Schule in jedem Fall nachweislich sowohl allgemein als auch gegenüber den jeweiligen Eltern anbieten, dass diese ein nach einem prozentualen Anteil am Haushaltsnettoeinkommen berechnetes Schulgeld zahlen können, das 5 % des Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen darf. Die Verpflichtung der Ersatzschulen, das Schulgeld bei entsprechendem Wunsch der Eltern auf maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens zu beschränken, besteht

372 373 374

Näher unter E. II. 2. a). Ebenso verkennend Wrase/Helbig, NVwZ 2016, 1591 ff. Näher unter E. II. 2. a).

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G. Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg

nach Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG „in jedem Fall“. Die Begründung zu Ziff. 5 VVPSchG lautet: „Ausgehend vom IAW-Gutachten vom August 2016 besteht insoweit eine widerlegbare Vermutung, dass ein Schulgeld über 160 Euro sondernde Wirkung hat. … Eine Schule kann im Einzelfall gegenüber der oberen Schulaufsichtsbehörde nachweisen, dass aufgrund der besonderen Umstände auch ein höheres Schulgeld noch keine sondernde Wirkung entfaltet, insbesondere durch das Angebot und tatsächliche Gewähren wirtschaftlicher Erleichterungen für finanzschwache Schüler. Unabhängig davon hat die Schule in jedem Fall auch anzubieten, das Schulgeld nach einem sonderungsverbotsunschädlichen Prozentsatz des Haushaltsnettoeinkommens zu berechnen.“ (Hervorh. nur hier)375

Weiter steht in der Begründung zu Ziff. 5 VVPSchG: Die Ersatzschulen müssen „den jeweiligen Eltern auch tatsächlich … anbieten, das Schulgeld auch nach einem (sonderungsverbotsunschädlichen) Prozentsatz ihres Haushaltsnettoeinkommens bezahlen zu können. … Den Eltern muss … eine echte Auswahlmöglichkeit (fixes bzw. gestaffeltes Schulgeld oder x Prozent des Haushaltsnettoeinkommens, wobei x kleiner gleich 5) eröffnet werden.“376

Aus Ziff. 5 Satz 3 und 4 VVPSchG geht nicht mit der nach Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Bestimmtheit hervor, ob die Erhebung eines Schulgelds in Höhe von maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens der Eltern stets als nicht sondernd gilt. Alternativ könnte die Vermutung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG, dass gegen das Sonderungsverbot verstoßen wird, auch dann zum Tragen kommen, wenn die Erhebung von maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens der Eltern als Schulgeld dazu führt, dass das monatliche Schulgeld der Ersatzschule über 160 E im Durchschnitt beträgt. Insofern bestehen Zweifel an der Bestimmtheit der Norm (Art. 20 Abs. 3 GG). Klar ist dagegen, dass die den Ersatzschulen in Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG eingeräumte Möglichkeit, die Vermutung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zu widerlegen, nach Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG bei entsprechendem Wunsch der Eltern auf die Erhebung von maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens begrenzt ist. Die Möglichkeit, ein Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E/Monat durch Widerlegung der Vermutung nach Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zu erheben (Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG), ist durch Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG auf ein Schulgeld von maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens der Eltern beschränkt. Die Schulen dürfen gegen den Willen der Eltern kein Schulgeld erheben, das mehr als 5 % des Haushaltsnettoeinkommens beträgt. Die Formulierung „sowohl allgemein als auch gegenüber den jeweiligen Eltern“ (Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG) macht deutlich, dass die Ersatzschulen sämtlichen Eltern – und nicht nur einkommens- und vermögensschwachen Eltern – anbieten

375

LT-Drs. 16/2333, S. 26 f.; s. auch LT-Drs. 16/2333, S. 27: „Insbesondere mit Blick auf die ergänzende Pflicht der Schule, den Eltern auch die Möglichkeit einer prozentual vom Einkommen abhängige(n) Schulgeldberechnung anzubieten, …“. 376 LT-Drs. 16/2333, S. 17.

II. Nichterforderlichkeit des baden-württembergischen Schulgeldmodells

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müssen, ein Schulgeld in Höhe von maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens zu entrichten. Diese Regelung in Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG ist zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG bezogen auf einkommens- und vermögensstarke Eltern nicht erforderlich und verstößt daher gegen das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. Dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG lässt sich eine absolute Obergrenze für Schulgeld in Höhe eines für alle Eltern gleich hohen prozentualen Anteils ihres Einkommens nicht entnehmen. Eltern mit hohen Einkünften können im Einzelfall einen höheren Prozentsatz ihres Einkommens als Schulgeld entrichten, ohne dass dadurch der Zugang zur Schule für ihr Kind gefährdet ist.377 Für Eltern mit hohem Haushaltsnettoeinkommen kann ein Schulgeld von über 5 % ihres Einkommens finanzierbar sein. Eltern mit niedrigem Haushaltsnettoeinkommen können dagegen bereits mit einem Schulgeld in Höhe von 5 % ihres Einkommens finanziell überfordert sein. Die gesetzliche Festlegung eines fixen prozentualen Anteils des elterlichen Einkommens, den das Schulgeld bezogen auf alle Eltern nicht übersteigen darf, ist daher zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht erforderlich. Das gilt umso mehr, als an der Geltung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für einkommens- und vermögensstarke Eltern, die sich nach ihren Besitzverhältnissen ein kostendeckendes Schulgeld leisten können, erhebliche Zweifel bestehen.378 Die Begrenzung des Schulgelds in Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG auf maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens der Eltern (bei deren Wunsch) ist somit zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG bezogen auf einkommensund vermögensstarke Eltern nicht erforderlich. Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG verstößt daher gegen das Grundrecht der Privatschulfreiheit der Ersatzschulen aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. Zugleich sind Ziff. 5 Satz 1 und 3 VVPSchG verfassungswidrig, weil die in Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG eingeräumte Möglichkeit der Ersatzschulen, bei einem Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E/Monat die Vermutung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zu widerlegen, durch Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG bei entsprechendem Wunsch der Eltern unzulässigerweise auf die Erhebung eines Schulgelds in Höhe von maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens der Eltern begrenzt ist. An diesem Verfassungsverstoß vermag der in der Begründung zu Ziff. 5 VVPSchG erwähnte „Konsens“ zwischen den Schulverbänden und dem Kultusministerium, „dass das Sonderungsverbot sowohl durch fixe oder gestaffelte Schulgelder als auch durch prozentual am Haushaltsnettoeinkommen anknüpfende Schulgelder

377 378

Näher unter E. II. 2. b). Dazu unter D. I. 2. b).

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G. Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg

eingehalten werden kann“,379 nichts zu ändern. Art. 7 Abs. 4 GG steht nicht zur Disposition der Ersatzschulen und der Länder. Ein weiterer Verstoß der Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG gegen das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG liegt darin, dass danach für die Sonderungswirkung von Schulgeld ausschließlich das Haushaltseinkommen der Eltern maßgeblich ist; das Vermögen der Eltern blendet Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG aus. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG hebt jedoch mit den „Besitzverhältnissen“ auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern ab.380 Dies lässt Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG unberücksichtigt.

III. Entgelte für Sonder- und Profilleistungen, deren Inanspruchnahme für die Schüler und deren Eltern nicht verpflichtend ist, können unabhängig vom Schulgeld erhoben werden (§ 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG) Gem. Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG können Entgelte für Sonder- und Profilleistungen, deren Inanspruchnahme für die Schüler und deren Eltern nicht verpflichtend ist, unabhängig vom Schulgeld erhoben werden. Diese Bestimmung steht mit dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nur unter engen Voraussetzungen in Einklang. Zu diesen Voraussetzungen gehört, dass die in der Norm genannten „Sonder- und Profilleistungen“ ausschließlich nichtschulische Leistungen meinen und nicht auch schulische Angebote i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG umfassen. Entgelte für schulische Angebote sind dem Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG unterworfen und dürfen daher nicht „unabhängig vom Schulgeld erhoben werden“ (s. aber Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG).381 Nichtschulische Sonder- und Profilleistungen sind von Verfassung wegen zudem nur dann den Anforderungen des Sonderungsverbots enthoben, wenn ihre Inanspruchnahme für die Schülerinnen und Schüler weder kraft Gesetzes noch nach dem Schulvertrag verpflichtend ist. Das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG kommt auch für nichtschulische Angebote der Ersatzschulen zur Anwendung, wenn für sie eine gesetzliche oder eine schulvertragliche Teilnahmepflicht besteht.382 Die Formulierung in Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG „deren Inanspruchnahme für die Schüler 379

LT-Drs. 16/2333, S. 17 unter Hinweis auf einen „Konsens zwischen der AGFS und dem Kultusministerium“ sowie auf „Schreiben der Kultusministerin vom 26. April 2017 und Schreiben der AGFS vom 28. April 2017“. 380 s. unter D. I. 1. a). 381 Dazu unter E. IV. 1. und E. IV. 2. a). 382 Hierzu unter E. IV. 2. b).

III. Entgelte für Sonder- und Profilleistungen

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und deren Eltern nicht verpflichtend ist“ muss daher so ausgelegt werden, dass weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Teilnahmepflicht bestehen darf. Ob Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG in diesem Sinne auszulegen ist, also nur Entgelte vom Anwendungsbereich des Sonderungsverbots ausnimmt, die für nichtschulische Sonder- und Profilleistungen erhoben werden, deren Inanspruchnahme weder gesetzlich noch vertraglich für die Schülerinnen und Schüler verpflichtend ist, lässt sich dem Normtext nicht entnehmen. Die Gesetzesbegründung hilft ebenfalls nicht weiter. Ihr zufolge kommt es gem. Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG „mit Blick auf das Sonderungsverbot … bei den Sonder- und Profilleistungen mithin darauf an, ob deren Inanspruchnahme den Eltern freigestellt ist“.383 Das gibt nicht Aufschluss darüber, ob für die Freistellung das Gesetz oder der Schulvertrag maßgeblich ist. Die inhaltliche Bestimmtheit (Art. 20 Abs. 3 GG) der Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG lässt sich daher auch unter diesem Gesichtspunkt bezweifeln.

383 LT-Drs. 16/2333, S. 16. Ausweislich der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen (AGFS) zu Ziff. 5 VVPSchG soll allerdings „explizit als Verhandlungsergebnis“ zwischen der AGFS und dem Kultusministerium festgehalten worden sein, „dass Sonder- und Profilleistungen (insbesondere auch Mittagessen, Betreuungsangebote, besondere päd. Profile) nicht von der Begrenzungswirkung des Sonderungsverbotes gemäß der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz umfasst werden …, sondern nur verpflichtende Angebote im Sinne des Schulgesetzes hierunter subsumiert werden.“, s. LT-Drs. 16/2333, S. 32.

H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer Aus dem verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot – und den weiteren Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG – folgt die Verpflichtung der Länder, die Ersatzschulen durch Finanzhilfe zu fördern (I.) und ergibt sich zugleich die Höhe der geschuldeten Finanzhilfe (II.). Die Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfepflicht der Länder werden im Folgenden skizziert.

I. Finanzhilfepflicht der Bundesländer Das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 GG beinhaltet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein an die Länder adressiertes Gebot, Ersatzschulen i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG zu fördern.384 Diese Förderpflicht besteht gegenüber sämtlichen als Ersatz für öffentliche Schulen genehmigten privaten Schulen und ist nicht auf anerkannte Ersatzschulen oder Ersatzschulen von besonderer pädagogischer Bedeutung beschränkt.385 Der Grund für das Fördergebot sind nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts die hohen Genehmigungshürden, die das Grundgesetz für Ersatzschulen errichtet. Das Fördergebot hat seinen „Grund im regelmäßig bestehenden Unvermögen der privaten Schulträger, aus eigener Kraft sämtliche Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG) für die Genehmigung der Schule gleichzeitig und auf Dauer zu erfüllen“.386 Die Förderpflicht des Staates beruht „auf der mangelnden tatsächlichen Wahrnehmungsmöglichkeit des Freiheitsrechts unter gleichzeitiger Erfüllung 384 BVerfGE 75, 40 (62); 90, 107 (115); 112, 74 (83); BVerfG, 1 BvL 26/96 u. a. vom 4. 3. 1997, Rn. 29 (juris) – std. Rspr.; s. auch BVerwGE 79, 154 (155 f.); VerfG Bbg, 31/12 vom 12. 12. 2014, Rn. 112 (juris); aus dem Schrifttum statt aller Pieroth/Barczak, in: Avenarius – Pieroth/Barczak, Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen – eine Kontroverse, S. 71 (94 ff.); Vogel, in: Hufen/Vogel (Hrsg.), Keine Zukunftsperspektiven für Schulen in freier Trägerschaft?, S. 17 (17 ff.); Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 108. 385 Zur Unvereinbarkeit landesschulgesetzlicher Regelungen, die die Finanzhilfe des Landes auf staatlich anerkannte Ersatzschulen und Ersatzschulen von besonderer pädagogischer Bedeutung beschränken, mit Art. 7 Abs. 4 GG Brosius-Gersdorf, DÖV 2017, 881 (881 ff.). 386 BVerfGE 90, 128 (138); vgl. auch BVerfGE 75, 40 (62); 90, 107 (115); vgl. auch SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 93 (juris); VerfG Meckl.-Vorp., 1/00 vom 18. 9. 2001, Rn. 59 (juris).

I. Finanzhilfepflicht der Bundesländer

101

aller Genehmigungsbedingungen, also im wesentlichen auf der Unmöglichkeit einer Selbstfinanzierung privater Ersatzschulen“.387 Damit Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG „nicht zu einem wertlosen Individualgrundrecht auf Gründung existenzunfähiger Ersatzschulen“ verkümmert388 und die Privatschulfreiheit nicht leerläuft, „schuldet der Staat … einen Ausgleich für die vom Grundgesetz errichteten Hürden.“389 Das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot ist gemeinsam mit den übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG der Grund für die Finanzhilfepflicht des Staates. Ob ein weiterer Grund für die staatliche Finanzhilfepflicht darin liegt, dass den Ersatzschulen eine „Ersatz-Funktion“ gegenüber öffentlichen Schulen zukommt und sie dem Staat finanzielle Aufwendungen für öffentliche Schulen ersparen, ist nicht geklärt.390 Dem objektiven Fördergebot des Art. 7 Abs. 4 GG korrespondiert zwar nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich kein verfassungsunmittelbarer Anspruch der Ersatzschulen auf Förderung391 – wohl deswegen, weil die Förderpflicht „dem Ersatzschulwesen als Institution geschuldet“ sein soll.392 Das Bundesverfassungsgericht hat dies aber vor dem Hintergrund entschieden, dass die einzelne Ersatzschule keinen Bestandsschutz genießt und ihr Träger nicht verlangen könne, „vom Staat auch dann noch gefördert zu werden, wenn … die Schule nicht mehr lebensfähig ist, weil sie von der Bevölkerung … nicht mehr angenommen wird“.393 Es ist daher unklar, ob das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Förderanspruch auch für den Fall ausschließen wollte, dass die einzelne Ersatzschule nach ihren individuellen Gründungs- und Betriebsbedingungen Aussicht auf dauerhaften Bestand hat. Ein verfassungsunmittelbarer Förderanspruch der Ersatzschulen folgt letztlich aus der Ratio des Fördergebots. Da die Ersatzschulen die hohen Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG ohne Finanzhilfe des Staates nicht erfüllen können, liefe ohne einen Förderanspruch der einzelnen Ersatzschule

387

BVerfGE 75, 40 (67). BVerfGE 75, 40 (65). 389 BVerfGE 90, 107 (115). 390 Näher Brosius-Gersdorf, R&B 1/2016, 2 (10). 391 BVerfGE 112, 74 (84); vgl. BVerfGE 90, 107 (117); ebenso BVerwG, 6 C 18/10 vom 21. 12. 2011, Rn. 14 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 36 (juris). Kritisch gegenüber dieser Rechtsprechung statt vieler Vogel, R&B 1/2015, 15 (15 ff.); Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 109. 392 BVerfGE 112, 74 (84); vgl. BVerfGE 75, 40 (68); 90, 107 (116). Aus diesem Grund soll ein verfassungsunmittelbarer Förderanspruch der Ersatzschulträger ausnahmsweise bestehen, „wenn andernfalls der Bestand des Ersatzschulwesens als Institution evident gefährdet wäre“, BVerfGE 112, 74 (84); vgl. BVerfGE 75, 40 (67); 90, 107 (117). 393 BVerfGE 112, 74 (84). 388

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H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

das durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistete Grundrecht zur Gründung und zum Betrieb privater (Ersatz-)Schulen leer.394

II. Höhe der Finanzhilfe Aus dem Sonderungsverbot und den übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG ergibt sich zugleich die Höhe der von den Bundesländern zu leistenden Finanzhilfe. Das hierzu in der Rechtsprechung und im Schrifttum entwickelte Drei-Säulen-Modell (s. 1.) wird allerdings dem verfassungsrechtlichen Rahmen für die Ersatzschulen nicht gerecht. Das Drei-SäulenModell bedarf der Fortentwicklung, um dem Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zu genügen (s. 2.).

1. Herkömmliches Drei-Säulen-Modell zur Berechnung der Finanzhilfe Hinsichtlich der Höhe der Finanzhilfe für die Ersatzschulen ist der Staat nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts gem. Art. 7 Abs. 4 GG „nur verpflichtet, einen Beitrag bis zur Höhe des Existenzminimums der Institution Ersatzschulwesen zu leisten“.395 Im Lichte der Ratio des Fördergebots, das dazu dient, den Ersatzschulen die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen zu ermöglichen, muss diese Rechtsprechung so gedeutet werden, dass das „Existenzminimum der Institution Ersatzschulwesen“ der existenzsichernde Betrag ist, den die einzelne Ersatzschule zur Erfüllung der Genehmigungsbedingungen des Art. 7 Abs. 4 GG benötigt.396 Da das grundgesetzliche Fördergebot dem Unvermögen privater Schulen geschuldet ist, die Anforderungen an die Genehmigung als Ersatzschule aus eigener Kraft zu erfüllen, müssen die Länder die Ersatzschulen in dem Maße fördern, wie es zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG erforderlich ist. Entsprechend dem Zweck der Finanzhilfepflicht der Länder, den Ersatzschulen die Erfüllung der Genehmigungsbedingungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG zu ermöglichen, welche die Gleichwertigkeit der Ersatzschulen mit entsprechenden 394 Für einen verfassungsunmittelbaren Förderanspruch der Ersatzschulen im Ergebnis auch Loschelder, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 110 Rn. 78. 395 BVerfGE 75, 40 (68); BVerfG, 1 BvL 26/96 u. a. vom 4. 3. 1997, Rn. 29 (juris). 396 So auch ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 152 (juris); VerfG Meckl.Vorp., 1/00 vom 18. 9. 2001, Rn. 62 (juris); VerfG Bbg, 31/12 vom 12. 12. 2014, Rn. 135 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 40 (juris), vgl. auch Eisinger/ Warndorf/Falterbaum/Feldt, Bildungsfinanzierung, S. 23: Erforderlichkeit einer kostendeckenden Finanzierung privater Ersatzschulen.

II. Höhe der Finanzhilfe

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öffentlichen Schulen fordern,397 dürfen die Länder sich nach der Rechtsprechung hinsichtlich der Höhe des Finanzhilfebedarfs der Ersatzschulen an den Kosten des öffentlichen Schulwesens orientieren.398 Die Ersatzschulen sollen nicht beanspruchen können, „eine bessere Ausstattung als vergleichbare öffentliche Schulen zu erhalten“.399 Dieser Finanzhilfebedarf müsse nicht allein aus staatlichen Mitteln gedeckt werden, sondern die Länder dürften bei der Festlegung des Niveaus der Finanzhilfe in Rechnung stellen, dass die Finanzierung der Ersatzschulen auf drei Säulen beruht (Drei-Säulen-Modell). Zu diesen drei Säulen gehörten neben der staatlichen Finanzhilfe das in den Grenzen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zulässige Schulgeld sowie zumindest während der „Gründungsphase“ der Ersatzschule eine von ihr zu erbringende sog. Eigenleistung.400 Diese Eigenleistung, die im Gegensatz zum Schulgeld für Unterricht und Lernmittel nicht dem Sonderungsverbot unterliege,401 könne insbesondere durch die Nutzung eigenen Vermögens, aus Einnahmen kostenpflichtiger Zusatzangebote (Sonder- und Profilleistungen wie Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe), durch Fördervereine, Stiftungen und Spenden402 sowie zumindest vorübergehend auch durch die Aufnahme von Kredi-

397 Statt aller BVerfGE 27, 195 (207); 90, 107 (122); 90, 128 (140); BVerwGE 12, 349 (350 f.); 17, 236 (237); 90, 1 (15); 112, 263 (268 f.); Baldus, Freiräume der Schulen in freier Trägerschaft, S. 12 f. 398 BVerfGE 75, 40 (68); 90, 107 (116); 90, 128 (139); BVerwG, 6 C 18/10 vom 21. 12. 2011, Rn. 20, 22 (juris); VerfG Meckl.-Vorp., 1/00 vom 18. 9. 2001, Rn. 62 (juris); VGH BadenWürttemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 40 f. (juris); aus dem Schrifttum ebenso Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 231. 399 BVerfGE 75, 40 (68); 90, 107 (116); 90, 128 (139); VerfG Meckl.-Vorp., 1/00 vom 18. 9. 2001, Rn. 62 (juris). 400 s. nur ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 136 (juris); SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 126 (juris). Zur Berücksichtigung einer Eigenleistung der Ersatzschulen auch BVerfGE 75, 40 (68); 90, 107 (119 f.); BVerfG, 1 BvL 26/96 u. a. vom 4. 3. 1997, Rn. 29, 32 (juris); BVerwG, 6 C 18/10 vom 21. 12. 2011, Rn. 28, 36 f. (juris); VerfG Meckl.-Vorp., 1/00 vom 18. 9. 2001, Rn. 62 (juris); VerfG Bbg, 31/12 vom 12. 12. 2014, Rn. 115 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 46 (juris); VGH BadenWürttemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 60 ff. (juris) unter ausdrücklicher Beschränkung auf die Gründungsphase; vgl. auch StGH BW, 1 VB 130/13 vom 6. 7. 2015, Rn. 162, 166 f. (juris) unter Erstreckung auf die Zeit nach der Gründungsphase; aus dem Schrifttum zur Zulässigkeit einer Eigenleistung Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Art. 7 Rn. 29; Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 228; Wolff, in: Hömig/Wolff (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 15. 401 BVerfGE 90, 107 (120); zu dieser Rechtsprechung näher Vogel, RdJB 2005, 255 (259 f.). 402 Vgl. zu diesen Möglichkeiten BVerfGE 90, 128 (144); BVerfG, 1 BvL 26/96 u. a. vom 4. 3. 1997, Rn. 29 (juris); BVerwG, 6 C 18/10 vom 21. 12. 2011, Rn. 37 (juris); ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 136 (juris); SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 126 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 55 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 47/03 vom 19. 7. 2005, Rn. 50 (juris).

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H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

ten403 erwirtschaftet werden. Zur Finanzierung der Eigenleistung kämen sowohl finanzstarke Dritte als auch Eltern in Betracht.404 Außerdem könne die Eigenleistung durch Einsparungen der Ersatzschulen im Schulbetrieb generiert werden.405 Damit die drei Säulen insgesamt eine auskömmliche Finanzierung der Ersatzschulen ergeben, habe der Gesetzgeber zu ermitteln, in welchem Umfang Schul- und Lernmittelgeld im Rahmen des Sonderungsverbots erhoben werden darf406 und welche Eigenleistung den Schulen möglich und zumutbar ist.407 Dabei stehe dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu.408 Ob die einzelne Schule das vom Gesetzgeber ermittelte Schulgeld und die angenommene Eigenleistung tatsächlich erwirtschaften kann, sei ohne Belang.409

2. Kritik am herkömmlichen Drei-Säulen-Modell und Weiterentwicklung Dieses Drei-Säulen-Modell, das für die Höhe der Finanzhilfe für Ersatzschulen auf die Kosten öffentlicher Schulen abstellt und auf die Finanzhilfe ein nach Maßgabe des Sonderungsverbots mögliches Unterrichts- und Lernmittelentgelt sowie eine Eigenleistung anrechnet, wird dem Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG mehrfach nicht gerecht. Aus der Privatschulfreiheit und den besonderen Genehmigungsbedingungen für Ersatzschulen (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG) folgt, dass die Finanzhilfe sämtliche mit der Gründung und dem Betrieb der jeweiligen Ersatzschule verbundenen Kosten umfassen muss, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung anfallen (a)). Schulgeld und eine (weitere) Eigenleistung der Er403 s. nur BVerfGE 90, 128 (144); BVerfG, 1 BvL 26/96 u. a. vom 4. 3. 1997, Rn. 29 (juris); ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 136 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 55 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 66 (juris). 404 Explizit BVerfGE 90, 107 (119 f.); ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 136 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 60 ff. (juris), dabei ausdrücklich beschränkt auf die Gründungsphase der Ersatzschule („Gründungseltern“, nicht „Nutzungseltern“); Wißmann, in: Kahl/Waldhoff/Walter (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 Rn. 228. 405 So StGH BW, 1 VB 130/13 vom 6. 7. 2015, Rn. 168 (juris), wonach die Eigenleistung des Schulträgers „durch ein kostengünstigeres Wirtschaften generiert werden“ könne; gleichsinnig VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 64; VGH Baden-Württemberg, 9 S 47/03 vom 19. 7. 2005, Rn. 49 ff. (juris). 406 Vgl. SächsVerfGH, Vf. 25-II-12 vom 15. 11. 2013, Rn. 126 f. (juris); ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 137 (juris) mit weiteren Nachweisen. 407 ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 137 (juris) mit weiteren Nachweisen; VGH Baden-Württemberg, 9 S 233/12 vom 11. 4. 2013, Rn. 52 (juris). 408 ThürVerfGH, VerfGH 13/11 vom 21. 5. 2014, Rn. 137 (juris); SächsVerfGH, Vf. 25-II12 vom 15. 11. 2013, Rn. 127 (juris). 409 Explizit VGH Baden-Württemberg, 9 S 47/03 vom 19. 7. 2005, Rn. 48 (juris); näher Thiel, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 64.

II. Höhe der Finanzhilfe

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satzschulen dürfen nur unter engen Voraussetzungen finanzhilfemindernd berücksichtigt werden (b) und c)).

a) Höhe der Finanzhilfe: Deckung der notwendigen Gründungs- und Betriebskosten der jeweiligen Ersatzschule Eine Beschränkung des Umfangs der Finanzhilfe für Ersatzschulen auf die Höhe der Kosten entsprechender öffentlicher Schulen legt der Zweck des Fördergebots aus Art. 7 Abs. 4 GG nahe. Das Fördergebot soll die Ersatzschulen in die Lage versetzen, die Genehmigungsbedingungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG zu erfüllen, welche Gleichwertigkeit mit öffentlichen Schulen fordern.410 Auch dann, wenn man den Zweck der Finanzhilfe darin sähe, dass Ersatzschulen dem Staat finanzielle Aufwendungen für eigene (öffentliche) Schulen ersparen,411 wäre Finanzhilfe nur in dem Umfang der Kosten öffentlicher Schulen geboten. Eine solche Begrenzung des Finanzhilfeumfangs wird dem Grundrecht der Privatschulfreiheit nicht gerecht. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt ein Grundrecht zur Errichtung und zum Betrieb privater Schulen,412 was die Freiheit der Gestaltung der Privatschule einschließt.413 „Die Privatschule ist dadurch gekennzeichnet, daß in ihr ein eigenverantwortlich geprägter und gestalteter Unterricht erteilt wird insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte.“414 Es gehört daher zum Kern der Privatschulfreiheit, von den öffentlichen Schulen abweichende Schulprofile und -konzepte zu verwirklichen, solange nur die Gleichwertigkeit des Bildungserfolgs gewährleistet ist.415 Mit dieser Absage an ein Schulmonopol des Staates416 und dem entsprechenden „Wettbewerb“ öffentlicher und privater Schulen um Konzepte sucht Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG für Pluralismus im Bildungs- und Erziehungswesen zu sorgen417 und der Innovationsfreudigkeit der Privatschulen Rechnung zu tragen.418 Diese Autonomie der Privatschulen und die Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zugrunde liegenden Ziele können leerlaufen, wenn die Ersatzschulen nur über diejenigen finanziellen Mittel verfügen, die auch öffentlichen Schulen zur Verfügung stehen. Wenn für das autonom gewählte Konzept einer Ersatzschule (bei wirtschaftlicher 410

s. unter H. I. Näher unter H. I. 412 Statt aller BVerfGE 112, 74 (83). 413 Statt aller Vogel, Das Recht der Schulen und Heime in freier Trägerschaft, S. 17, 24. 414 BVerfGE 88, 40 (46 f.); 90, 107 (114). 415 Näher Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 106. 416 BVerfGE 27, 195 (201); 34, 165 (197); 75, 40 (62); 90, 107 (114). 417 Vgl. BVerfGE 90, 107 (116); näher Tillmanns, Die Freiheit der Privatschulen nach dem Grundgesetz, S. 11. 418 Brosius-Gersdorf, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 7 Rn. 103 mit weiteren Nachweisen. 411

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H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

Betriebsführung) höhere Kosten als für öffentlichen Schulen anfallen, muss gewährleistet sein, dass die Ersatzschule über die zur Deckung dieser Kosten notwendigen finanziellen Mittel verfügt. Anderenfalls könnten Ersatzschulen keine von öffentlichen Schulen abweichenden Schulprofile und -konzepte entwickeln, wenn hiermit notwendig höhere Kosten verbunden sind. Das Grundrecht der Privatschulfreiheit garantiert aber die Verwirklichung eigener, von öffentlichen Schulen abweichender Schulprofile. Die Ersatzschulen können daher durchaus beanspruchen, „eine bessere Ausstattung als vergleichbare öffentliche Schulen zu erhalten“,419 wenn dies zur Finanzierung ihres Schulprofils erforderlich ist.420 Da die Ersatzschulen wegen der hohen Genehmigungshürden des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG wie insbesondere dem Sonderungsverbot die mit ihrem Schulkonzept verbundenen Kosten nicht aus eigener Kraft erbringen können, müssen die Kosten durch Finanzhilfe des Staates gedeckt werden. Es mag daher zwar zulässig sein, dass sich der Staat hinsichtlich der Höhe des Finanzhilfebedarfs der Ersatzschulen an den Kosten des öffentlichen Schulwesens orientiert. Wenn aber die notwendigen Kosten der Ersatzschulen über die Kosten öffentlicher Schulen hinausgehen, muss die Deckungslücke durch staatliche Mittel geschlossen werden. Umlagefähig sind dabei nur die Kosten der wirtschaftlichen Betriebsführung. aa) Kosten für Unterricht und Lernmittel und Kosten für schulische außerunterrichtliche Angebote In die durch Finanzhilfe zu deckenden Kosten der Ersatzschulen sind die Kosten für sämtliche schulischen Leistungen einzubeziehen, weil für sie das Sonderungsverbot zur Anwendung kommt, sodass die Erhebung kostendeckender Schulgelder und damit eine Selbstfinanzierung praktisch ausgeschlossen ist. Zu berücksichtigen sind daher die Kosten für Unterricht und Lernmittel sowie die Kosten für außerunterrichtliche Angebote, soweit sie die Voraussetzungen von Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG erfüllen.421 bb) Kosten für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote Fraglich ist, ob eine Finanzgewährleistungspflicht des Staates auch für die Kosten von Ersatzschulen für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote besteht. Wenn für solche Angebote keine (gesetzliche oder schulvertragliche) Teilnahmepflicht besteht, muss der Staat die Kosten nicht durch Finanzhilfe ersetzen. Entgelte für nichtschulische Angebote ohne Teilnahmepflicht unterliegen nicht dem

419 420 421

Formulierung aus BVerfGE 75, 40 (68); 90, 107 (116); 90, 128 (139). Im Ergebnis ebenso Vogel, R&B 1/2017, 2 (3). Hierzu oben unter E. IV. 1. und E. IV. 2. a).

II. Höhe der Finanzhilfe

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Sonderungsverbot422 und können daher von den Ersatzschulen durch Erhebung kostendeckender Entgelte selbst finanziert werden. Eine andere Beurteilung könnte geboten sein, wenn die Ersatzschulen für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote eine Teilnahmepflicht vorsehen. Entgelte für solche Angebote unterliegen dem Sonderungsverbot.423 Da die Finanzhilfe die Kehrseite der verfassungsrechtlichen Regulierung, namentlich des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, ist, könnte für die mit solchen Angeboten verbundenen Kosten eine Finanzhilfepflicht der Länder bestehen. Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass die Ersatzschulen die Teilnahme an außerunterrichtlichen Angeboten, die nicht Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 GG sind, nicht zur Pflicht erheben müssen. Sie können den Eltern die Wahl lassen, ob sie das Angebot in Anspruch nehmen. Mit Blick hierauf erscheint es zweifelhaft, dem Staat die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote aufzuerlegen, wenn die Ersatzschule freiwillig eine Teilnahmepflicht vorsieht, sodass sie ihre Möglichkeiten zur Erhebung von Schulgeld selbst begrenzt. Die Ersatzschule „unterwirft“ sich gleichsam freiwillig dem Sonderungsverbot. Zur Lösung dieses Problems wird man wohl differenzieren müssen: Das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG erstreckt sich nur auf Angebote, die Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 GG sind. Den Ersatzschulen steht dabei gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG das Recht zu, über die Verteilung des Schulunterrichts über den Tag autonom zu befinden. Sehen die Ersatzschulen den Unterricht als Block am Vormittag vor und beschränken sie das Nachmittagsangebot im Wesentlichen auf nichtschulische Inhalte, lassen sich diese beiden Blöcke organisatorisch voneinander trennen (additives Modell). Die Ersatzschulen müssen in diesem Fall keine Teilnahmepflicht für das nichtschulische Nachmittagsangebot vorsehen, sondern können den Eltern die Wahl lassen, ob sie es in Anspruch nehmen. Da für freiwillige nichtschulische Angebote das Sonderungsverbot nicht gilt,424 können die Ersatzschulen diese Angebote selbst durch kostendeckende Entgelte finanzieren. Eine Finanzgewährleistungspflicht des Staates besteht nicht. Das gilt auch, wenn Ersatzschulen für das nichtschulische Angebot eine Teilnahmepflicht vorsehen, obwohl dies nach ihrem Schulkonzept organisatorisch nicht notwendig ist. Sie unterwerfen sich dadurch freiwillig dem Sonderungsverbot, was nicht zulasten der öffentlichen Haushalte gehen kann. Eine andere Konstellation ist gegeben, wenn nach dem Unterrichtskonzept der Ersatzschulen die schulischen (Unterricht) und nichtschulischen Angebote nicht als Blöcke nebeneinanderstehen, sondern zeitlich, personell und sächlich eng miteinander verknüpft sind, etwa indem unterrichtliche und außerunterrichtliche Inhalte im ständigen Wechsel folgen (integratives Modell). In diesem Fall kann organisatorisch eine Teilnahme an den nichtschulischen Elementen erforderlich sein, damit das 422 423 424

s. unter E. IV. 2. c). Dazu oben unter E. IV. 2. b). Oben unter E. IV. 2. c).

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H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

Unterrichtskonzept verwirklicht werden kann. Die schulischen und die nichtschulischen Elemente können ein einheitliches Schulkonzept bilden, das Ausfluss der Autonomie der Ersatzschulen aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ist. Bei einem solchen Schulkonzept dürften die Ersatzschulen berechtigt sein, auch für die außerunterrichtlichen Angebote eine Teilnahmepflicht vorzusehen. In der Konsequenz gilt das Sonderungsverbot auch für die nichtschulischen Elemente, sodass die Ersatzschulen diese Angebote nicht durch kostendeckende Entgelte finanzieren können. In diesem Fall dürfte sich die Finanzgewährleistungspflicht des Staates auch auf die Kosten der nichtschulischen Angebote erstrecken. Allerdings muss grundsätzlich vorab geklärt werden, ob und inwieweit außerunterrichtliche Angebote zur Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG gehören, sodass für sie das Sonderungsverbot unmittelbar zur Anwendung kommt und damit auch eine Finanzgewährleistungspflicht des Staates besteht.425 b) Berücksichtigung von Schulgeld Der Finanzhilfebedarf der Ersatzschulen muss nicht allein aus staatlichen Mitteln gedeckt werden. Die Länder dürfen bei der Festlegung des Umfangs ihrer Finanzhilfe in Rechnung stellen, dass die Finanzierung der Ersatzschulen nicht nur durch staatliche Mittel, sondern auch durch Schulgeld sowie ggf. eine (weitere) Eigenleistung sichergestellt werden kann (Drei-Säulen-Modell). Für die Berücksichtigung von Schulgeld und einer Eigenleistung der Ersatzschulen bei der Berechnung des Finanzhilfebedarfs gelten aber enge Voraussetzungen. aa) Unterschiedliche Möglichkeiten der Ersatzschulen zur Erhebung von Schulgeld Entgelte für Unterricht und Lernmittel darf der Staat auf die Finanzhilfe allenfalls in dem Maße anrechnen, in dem es die jeweilige Ersatzschule unter Wahrung des Sonderungsverbots tatsächlich erheben kann. Die Ersatzschulen haben jeweils unterschiedliche Möglichkeiten, Schulgeld für Unterricht und Lernmittel zu erheben. Wegen des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots hängt die Höhe des zulässigen Schulgelds von dem Einzugsgebiet der Schule und den Besitzverhältnissen der Eltern ab. Würde man – mit der Rechtsprechung – für die Berechnung der Finanzhilfe des Staates ein für alle Ersatzschulen gleichermaßen kalkuliertes durchschnittliches Schulgeld zugrunde legen,426 blieben die unterschiedlichen Möglichkeiten der Ersatzschulen zur Schulgelderhebung unbeachtet und würden die Kosten von Ersatzschulen, die nur ein geringes Schulgeld erwirtschaften können, teilweise ungedeckt.

425 426

Dazu auch bereits oben unter E. IV. s. dazu unter H. II. 1.

II. Höhe der Finanzhilfe

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Das Gleiche gilt für Entgelte für außerunterrichtliche Angebote, die Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG sind, sodass für sie das Sonderungsverbot ebenso gilt wie für Entgelte für Unterricht und Lernmittel. Solche Entgelte darf der Staat auf die Finanzhilfe nur anrechnen, soweit sie die einzelne Ersatzschule nach Maßgabe des Sonderungsverbots erheben darf. Desgleichen dürfen die Länder Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote, für die Ersatzschulen wegen des Schulkonzepts eine Teilnahmepflicht vorsehen dürfen, bei der Berechnung des Finanzhilfebedarfs nur berücksichtigen, soweit das Sonderungsverbot solche Entgelte erlaubt. bb) Verzicht der Ersatzschulen auf Schulgeld (1) Entgelte für Unterricht und Lernmittel Es gibt gute Gründe dafür, dass Schulgeld für Unterricht und Lernmittel bei der Berechnung der Finanzhilfe außerdem nur berücksichtigt werden darf, wenn die Ersatzschulen von den Eltern Schulgeld verlangen. Es genügt nicht, dass eine Ersatzschule die Möglichkeit hat, Entgelte für Unterricht und Lernmittel (unter Wahrung des Sonderungsverbots) zu erheben, sondern sie muss von dieser Erhebungsmöglichkeit auch Gebrauch machen. Verzichtet eine Ersatzschule auf Schulgeld für Unterricht und Lernmittel, darf der Staat das verfassungsrechtlich mögliche – fiktive – Schulgeld nicht finanzhilfemindernd berücksichtigen. Das gilt sowohl für den Fall, dass die Schule insgesamt auf Schulgeld für Unterricht und Lernmittel verzichtet, als auch, wenn sie Schulgeld in geringerem Maße fordert, als es das Sonderungsverbot gestattet. So kann eine Schule zum Beispiel von der Möglichkeit absehen, Verluste bei der Erhebung von Schulgeld für besitzschwache Eltern durch eine stärkere Belastung besitzstarker Eltern zu kompensieren. Dass ein Verzicht von Ersatzschulen auf Schulgeld die Finanzhilfe des Staates nicht mindern darf, legt das Grundrecht der Privatschulfreiheit nahe. Die Freiheit zur Errichtung und zum Betrieb privater Schulen gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG umfasst das Recht, über das innere Konzept der Schule autonom zu befinden.427 (a) Hiervon umfasst ist ein Konzept einer Ersatzschule, das sich speziell an Schülerinnen und Schüler aus finanziell benachteiligten Schichten wendet.428 Bei einem solchen Schulprofil sind bereits nach dem verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot kaum Schulgeldeinnahmen möglich, sodass nur das geringe Schulgeld auf die Finanzhilfe des Staates angerechnet werden darf. (b) Entsprechend ist ein Konzept einer Ersatzschule durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG legitimiert, das auf die Erhebung von Schulgeld ungeachtet dessen verzichtet, ob dies nach dem Sonderungsverbot in Anbetracht der Schüler- und Elternschaft not427 428

s. unter B. I. Näher unter D. I. 2. b).

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H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

wendig ist; die „entgeltfreie Schule“ bildet das Schulkonzept. Von Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ist die Entscheidung des Schulträgers umfasst, auf eine „Kommerzialisierung“ der Schule durch Erhebung von Schulgeld für Unterricht und Lernmittel zu verzichten. Ersatzschulen sind gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 und 3 GG zur Erhebung von Schulgeld zwar berechtigt,429 aber nicht verpflichtet. Bei einem solchen autonom gewählten Schulkonzept darf die Finanzhilfe des Staates zumindest dann nicht um die (unter Wahrung des Sonderungsverbots) möglichen Schulgeldeinnahmen gemindert werden, wenn und soweit das Land für öffentliche Schulen mit entsprechendem Schulkonzept (und vergleichbaren Kosten) ebenfalls Schulgeldfreiheit gewährt. Auf Schulgeld für den Unterricht an öffentlichen Schulen und für Lernmittel für minderbemittelte Schülerinnen und Schüler verzichten die öffentlichen Schulen regelmäßig,430 sodass das Land die Kosten des Schulunterrichts trägt. Es findet auch keine Kompensation des Schulgeldausfalls für Schülerinnen und Schüler aus finanziell benachteiligten Schichten durch Erhebung eines (hohen) Schulgelds von Schülerinnen und Schülern aus finanzstarken Schichten statt (Umverteilung). Entsprechend müssen die Ersatzschulen mit vergleichbarem Schulkonzept auf Schulgeld für Unterricht und Lernmittel verzichten können, ohne dass dies die Finanzhilfe mindert. Das ergibt sich schon aus der nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Gleichbehandlung von öffentlichen Schulen und privaten Ersatzschulen. Bei ungleichen Finanzierungsbedingungen für öffentliche Schulen und Ersatzschulen entstünden ungleiche Wettbewerbsbedingungen für den Staat und die privaten Schulträger. Der von Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG intendierte „Wettbewerb der Konzepte“431 würde verzerrt. Er würde zugunsten des Staates und zulasten der Ersatzschulen beeinflusst, wenn der Staat für öffentliche Schulen Schulgeldfreiheit gewähren dürfte und die Ersatzschulen für das gleiche (Schul-) Angebot Schulgeld erheben müssten. Auch insoweit gilt: Mehr als den öffentlichen Schulen ist den Ersatzschulen nicht zuzumuten.432 (c) Ein Verzicht von Ersatzschulen auf Schulgeld dürfte ohne finanzielle Abstriche bei der Finanzhilfe darüber hinaus auch zulässig sein, wenn die Ersatzschulen ein Schulkonzept wählen, das von dem Konzept öffentlicher Schulen abweicht, etwa weil es einen innovativen Ansatz bei der Vermittlung des Lernstoffs verfolgt oder einen besonderen inhaltlichen Schwerpunkt setzt, und das deshalb mit erhöhten Kosten verbunden ist. In diesem Fall würde der „Wettbewerb der Konzepte“ nicht unmöglich gemacht, aber wesentlich erschwert, wenn der Staat einen Verzicht der Ersatzschulen auf Schulgeld finanzhilfemindernd berücksichtigen dürfte. Müssten die Ersatzschulen von dem Bildungs- und Erziehungskonzept öffentlicher Schulen abweichende, innovative Schulkonzepte durch Schulgeld finanzieren, während der Staat für seine Schulen Schulgeldfreiheit vorsieht, wäre die Realisierung des be429 430 431 432

Dazu unter E. I. Näher Avenarius, in: Avenarius/Füssel, Schulrecht, Kap. 23.1, S. 505 f. s. bereits nach Fn. 416. Vgl. bei Fn. 210.

II. Höhe der Finanzhilfe

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sonderen Schulkonzepts der Ersatzschule und damit die Verwirklichung von Innovationen im Schulwesen wesentlich gehemmt. Das Anliegen des Grundrechts der Privatschulfreiheit, durch von öffentlichen Schulen abweichende Schulprofile und -konzepte und entsprechenden „Wettbewerb“ zwischen öffentlichen und privaten Schulen Innovation und Pluralismus bei der schulischen Bildung und Erziehung hervorzubringen,433 liefe ein Stück weit leer. Das gilt umso mehr, als die Länder in ihren öffentlichen Schulen gem. Art. 7 Abs. 1 GG ohne Weiteres neue, innovative Schulkonzepte einführen und hierfür Schulgeldfreiheit vorsehen dürfen. In diesem Fall sind auch die privaten Ersatzschulen berechtigt, für entsprechende Schulkonzepte auf Schulgeld zu verzichten, weil anderenfalls der verfassungsrechtlich intendierte „Wettbewerb der Konzepte“ zugunsten des Staates verzerrt würde.434 Umgekehrt muss es auch den privaten Ersatzschulen gestattet sein, von sich aus Innovationen im Schulwesen zu verwirklichen und hierfür Schulgeldfreiheit vorzusehen, ohne dass ihnen dadurch bei der Finanzhilfe Nachteile erwachsen. Anderenfalls würden Innovationen durch öffentliche Schulen gegenüber solchen durch private Schulen begünstigt und damit der Wettbewerb im Schulwesen eingeschränkt, was dem Zweck des Privatschulgrundrechts aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zuwiderliefe. Diese Erwägungen sprechen dafür, dass die Finanzhilfe des Staates nicht subsidiär ist gegenüber der Möglichkeit der Ersatzschulen, Schulgeld für Unterricht und Lernmittel zu erheben. Die Länder müssen die durch Verzicht auf Schulgeld entstehenden Mindereinnahmen der Ersatzschulen vollständig kompensieren, soweit dies zur Deckung der Kosten der Ersatzschule notwendig ist.435 (2) Entgelte für außerunterrichtliche Angebote Das Gleiche gilt für die Finanzierung außerunterrichtlicher Angebote der Ersatzschulen, die als Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG zu qualifizieren sind. Der Verzicht einer Ersatzschule auf die Erhebung von Entgelten für solche Angebote ist durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG legitimiert, sodass der Staat ebenso wie bei Entgelten für Unterricht und Lernmittel verpflichtet ist, die entsprechenden Mindereinnahmen durch Finanzhilfe auszugleichen.436 Nichts anderes wird man für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote annehmen müssen, für die die Ersatzschulen nach ihrem Schulkonzept eine Teilnahmepflicht vorsehen dürfen (integratives Modell). Ein Verzicht auf Entgelte für solche Angebote dürfte wegen der engen Verknüpfung mit dem Unterricht ebenfalls 433

Näher unter H. II. 2. a). s. bereits oben unter H. II. 2. a). 435 Ebenso bezogen auf Schulgeld allgemein Hufen, Staatsrecht II, § 32 Rn. 32: „Gewähren die Freien Schulen Schulgeldfreiheit …, so haben sie einen Anspruch auf einen entsprechenden Ausgleich.“ 436 Vgl. die Gründe unter H. II. 2. b) bb) (1). 434

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H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

von der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG umfasst und nicht „nur“ durch das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG geschützt sein. Der Staat ist daher wohl bei nichtschulischen außerunterrichtlichen Angeboten mit (zulässiger) Teilnahmepflicht ebenso wie bei schulischen Angeboten (Unterricht) verpflichtet, bei einem Verzicht der Ersatzschulen auf Entgelte die Mindereinnahmen durch Finanzhilfe zu kompensieren.437 Die Kosten für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote, für die die Ersatzschulen nach ihrem Schulkonzept keine Teilnahmepflicht vorsehen müssen (additives Modell), bleiben bei der Berechnung des Finanzhilfebedarfs von vornherein außen vor.438 c) Berücksichtigung einer (weiteren) Eigenleistung der Ersatzschulen Neben Schulgeld darf der Staat eine (weitere) Eigenleistung von den Ersatzschulen zur Deckung ihrer Kosten nur in engen Grenzen erwarten und entsprechend bei der Berechnung des Finanzhilfebedarfs berücksichtigen. aa) Soweit nach der Rechtsprechung die sog. Eigenleistung aus Einnahmen für außerunterrichtliche Angebote erbracht werden soll,439 verkennt sie, dass Entgelte für schulische außerunterrichtliche Angebote und Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote, für die Ersatzschulen nach ihrem Schulkonzept eine Teilnahmepflicht vorsehen dürfen, dem verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot unterliegen.440 Die Einnahmemöglichkeiten der Ersatzschulen sind insoweit begrenzt. Einnahmen aus solchen Angeboten dürfen daher auf die Finanzhilfe allenfalls in dem Maße angerechnet werden, wie sie von der jeweiligen Ersatzschule unter Beachtung des Sonderungsverbots erzielt werden können. Dies übersehen die Gerichte, die Einnahmen aus außerunterrichtlichen Angeboten als weitere Eigenleistung neben Schulgeld berücksichtigen und sie von den Bindungen des Sonderungsverbots freizeichnen.441 bb) Als schulgeldfremde Eigenleistung, die dem Sonderungsverbot nicht unterliegt, kommen daher von vornherein nur Einnahmen aus nichtschulischen außerunterrichtlichen Angeboten in Betracht, für die die Ersatzschulen nach ihrem Schulkonzept keine Teilnahmepflicht vorsehen dürfen, sowie (weitere) freiwillige Geldleistungen des Schulträgers, der Eltern und Dritter.442

437 438 439 440 441 442

Vgl. die Gründe unter H. II. 2. b) bb) (1). Näher unter H. II. 2. a) bb). s. unter H. II. 1. Dazu unter H. II. 2. a). s. oben unter H. II. 1. Vgl. oben unter H. II. 2. a) bb).

II. Höhe der Finanzhilfe

113

Eine solche Eigenleistung kann die Finanzhilfe der Länder allenfalls insoweit mindern, als sie von der jeweiligen Ersatzschule tatsächlich erwirtschaftet werden kann. Die Möglichkeiten der Ersatzschulen, Eigenleistungen aufzubringen, sind unterschiedlich. Ob und inwieweit die Ersatzschulen von den Eltern oder Dritten Förderbeiträge, Spenden oder sonstige Geldleistungen „einwerben“ oder Einnahmen für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote ohne Teilnahmepflicht generieren können, hängt maßgeblich von dem Profil der Schule und ihrer Attraktivität für Dritte (z. B. private Unternehmen) sowie von den Besitzverhältnissen der Eltern ab, deren Kinder die Ersatzschule besuchen. Hinzu kommt, dass solche Geldleistungen Dritter oder der Eltern erheblichen Schwankungen unterliegen dürften.443 Auswirkungen auf die Höhe der realistisch zu erwartenden Eigenleistung dürfte auch die Art der Schulträgerschaft haben. Von Schulen in Elternträgerschaft sind schon deswegen geringere Eigenleistungen zu erwarten, weil die „Gründungseltern“ regelmäßig mit den „Nutzungseltern“ identisch sind. Die meisten Eltern dürften finanziell kaum in der Lage sein, für die Gründung und erst recht den laufenden Betrieb der Schule neben Schulgeld weitere (Eigen-)Geldleistungen aufzubringen.444 Ersatzschulen in kirchlicher Trägerschaft oder Ersatzschulen in der Trägerschaft von Unternehmen mögen eine höhere Eigenleistung erbringen können.445 Auch die von den Gerichten postulierte Möglichkeit, zur Finanzierung der Schule vorübergehend Kredite aufzunehmen, besteht in der Realität nur teilweise. Denn zum einen werden Kredite nicht an jedermann ausgereicht; zum anderen müssen die Kredite nebst Zinsen zurückgezahlt werden, wofür namentlich Eltern die finanziellen Mittel fehlen können. Als Eigenleistung kommen auch nicht „Einsparmöglichkeiten“ der Ersatzschulen im Schulbetrieb infrage. Umlagefähig auf den Staat sind von vornherein nur die Kosten der Ersatzschulen bei wirtschaftlicher Betriebsführung, was Ineffizienzen ausschließt. Die Frage nach weiteren „Einsparmöglichkeiten“ stellt sich nicht. Eine Eigenleistung darf die Finanzhilfe daher allenfalls in dem Umfang verringern, der von der jeweiligen Ersatzschule bei realitätsgerechter Betrachtung erwartet werden kann.

443 Jach, in: Jach/Jenkner (Hrsg.), Autonomie der staatlichen Schule und freies Schulwesen, Festschrift für Vogel, S. 75 (83); bezogen auf Eigenleistungen zur Finanzierung des laufenden Betriebs der Ersatzschule ebenso VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 64 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 105 (juris). 444 Vgl. Vogel, in: Müller/Jeand‘Heur (Hrsg.), Zukunftsperspektiven der Freien Schule, S. 167 (185); Vogel, RdJB 2014, 261 (262 f.); ebenso bezogen auf Eigenleistungen der Eltern zur Finanzierung des laufenden Betriebs der Ersatzschule VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/ 09 vom 14. 7. 2010, Rn. 60, 64 (juris); vgl. auch VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 103 ff. (juris). 445 Vgl. VGH Baden-Württemberg, 9 S 2207/09 vom 14. 7. 2010, Rn. 64 (juris); VGH Baden-Württemberg, 9 S 317/98 vom 12. 1. 2000, Rn. 104 (juris).

114

H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

Im Übrigen spricht gegen eine Verpflichtung der Ersatzschulen, überhaupt Eigenleistungen aufzubringen, das verfassungsrechtliche Recht der Schulträger, auf eine „Kommerzialisierung“ der Schule durch Einwerbung von Spenden oder Förderbeiträgen oder durch Erhebung von Entgelten für außerschulische Angebote zu verzichten (Art. 7 Abs. 4 Satz 1, Art. 12 Abs. 1 GG). Dieses Recht zum Verzicht auf eine „Kommerzialisierung“ der Schule liefe leer, wenn der Staat eine (bei realitätsgerechter Betrachtung mögliche) Eigenleistung unabhängig davon finanzhilfemindernd berücksichtigen dürfte, ob die Ersatzschule die Eigenleistung tatsächlich erwirtschaftet. Nur am Rande sei bemerkt, dass die Rechtsprechung zur Erforderlichkeit einer Eigenleistung der Ersatzschulen in erkennbarem Widerspruch zu landesschulgesetzlichen Regelungen steht, welche die Finanzhilfe für Ersatzschulen an ihre Gemeinnützigkeit i.S.d. § 52 Abgabenordnung knüpfen.446 Verpflichtet man die Ersatzschulen, eine Eigenleistung aufzubringen und damit zu unternehmerischem Handeln, mutet die gleichzeitige Verpflichtung zur Gemeinnützigkeit paradox an. Hiervon abgesehen, erscheinen die schulgesetzlichen Verbote für Ersatzschulen, erwerbswirtschaftlichen Gewinn zu erzielen, unvereinbar mit dem Grundgesetz. Die Länder dürfen zwar nach dem das Fördergebot des Art. 7 Abs. 4 GG ausweislich der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts tragenden Zweck, Privatschulen die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 zu ermöglichen,447 für die Bestimmung des Finanzhilfebedarfs der Ersatzschulen berücksichtigen, ob und in welchem Umfang die Ersatzschulen Gewinne erwirtschaften. Soweit die Schulen aus eigener Kraft wirtschaftlich in der Lage sind, die hohen Genehmigungshürden des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG zu erfüllen, indem sie Schulgeld erheben oder andere Einnahmen generieren (Eigenleistung), ist es gerechtfertigt, die Finanzhilfe zu mindern. Die Finanzhilfe darf aber nicht an die Voraussetzung geknüpft werden, dass die Ersatzschulen keine Gewinnerzielungsabsicht haben, sodass Gewinne für Ersatzschulen faktisch ausgeschlossen sind. Das Recht der Ersatzschulen, Gewinne zu erwirtschaften, ist grundrechtlich durch die Berufsfreiheit verbürgt (Art. 12 Abs. 1 GG), welche durch Art. 7 Abs. 4 GG nicht verdrängt wird. Erst recht ist die Bindung der Finanzhilfe an die Gemeinnützigkeit der Ersatzschulen verfassungswidrig, wenn man die Ratio des Fördergebots des Art. 7 Abs. 4 GG darin sieht, den Ersatzschulen die durch die Gründung und den Betrieb der Schulen entstehenden Aufwendungen zu ersetzen, weil sie dem Staat finanzielle Aufwendungen für eigene öffentliche Schulen ersparen.448 Unter Zugrundelegung eines solchen Zwecks des Fördergebots des Art. 7 Abs. 4 GG müssen die Länder die schulischen Aufwendungen der Ersatzschulen vollständig ersetzen, ohne dass die Erwirtschaftung von Gewinnen die Finanzhilfe schmälert. 446

s. nur § 28 Abs. 2 Privatschulgesetz des Landes Rheinland-Pfalz; § 18 Abs. 3 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt; § 20 Abs. 1 Privatschulgesetz Bremen; § 149 Abs. 4 Niedersächsisches Schulgesetz. 447 Näher BVerfGE 75, 40 (62); 90, 107 (115); 90, 128 (138). 448 Näher zum Problem Brosius-Gersdorf, R&B 2016, 2 (10).

III. Ergebnis zur Finanzhilfepflicht der Bundesländer

115

Auch die schulgesetzlichen Wartefristen für die Finanzhilfe lassen sich nicht mit der Möglichkeit der Ersatzschulen rechtfertigen, die Kosten der Gründung und des Betriebs der Schule während der (mehrjährigen) Wartezeit durch Schulgeld und weitere Eigenleistungen zu decken.449 Die Möglichkeiten der Ersatzschulen, ihre Finanzierung ausschließlich durch Schulgeld und weitere Eigenleistungen sicherzustellen, sind durch das Sonderungsverbot, durch das Recht der Schulträger zum Verzicht auf eine „Kommerzialisierung“ der Schule und durch die individuell unterschiedlichen Möglichkeiten zur Aufbringung von Eigenleistungen begrenzt.

III. Ergebnis zur Finanzhilfepflicht der Bundesländer Im Ergebnis gilt damit für die Finanzhilfepflicht des Staates: Die Finanzhilfe muss die gesamten Kosten decken, die mit der Gründung und dem Betrieb der jeweiligen Ersatzschule verbunden sind. Umlagefähig sind sämtliche Kosten der wirtschaftlichen Betriebsführung. Hierfür dürfen sich die Länder zwar an den Kosten entsprechender öffentlicher Schulen orientieren. Erfordert aber das Konzept einer Ersatzschule höhere Kosten als das einer öffentlichen Schule, muss der Staat auch die Deckungslücke zwischen den Kosten der öffentlichen Schule und den Kosten der Ersatzschule durch Finanzhilfe schließen. In die durch Finanzhilfe zu deckenden Kosten sind sämtliche Kosten für das Schulangebot der Ersatzschulen einzubeziehen, also die Kosten für Unterricht und Lernmittel sowie für schulische außerunterrichtliche Angebote. Kosten für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote sind bei der Berechnung des Finanzhilfebedarfs nur zu berücksichtigen, wenn die Ersatzschule für sie nach ihrem Schulkonzept eine Teilnahmepflicht vorsehen darf, sodass das Sonderungsverbot notwendig gilt. Auf die Finanzhilfe der Länder darf Schulgeld für Unterricht und Lernmittel nur angerechnet werden, soweit es die jeweilige Ersatzschule nach Maßgabe des Sonderungsverbots tatsächlich erhebt. Verzichtet die Ersatzschule auf Schulgeld für Unterricht und Lernmittel, darf der Staat das verfassungsrechtlich mögliche – fiktive – Schulgeld nicht finanzhilfemindernd berücksichtigen. Das Gleiche gilt für Entgelte für außerunterrichtliche Angebote, die Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 GG sind, sowie für Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote, für die die Ersatzschulen wegen des Schulkonzepts eine Teilnahmepflicht vorsehen dürfen. Eine weitere Eigenleistung darf der Staat auf die Finanzhilfe allenfalls anrechnen, soweit sie von der Ersatzschule nach ihrem Profil, ihrem Träger und der Elternschaft bei realitätsgerechter Betrachtung erwartet werden kann.

449 So aber BVerfGE 90, 128 (140 f.); 90, 107 (119 ff.); BVerfG, 1 BvL 26/96 vom 4. 3. 1997, Rn. 26 (juris).

116

H. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer

Die Finanzhilfe der Länder darf daher nicht für jede Ersatzschule gleichermaßen kalkuliert sein, sondern muss sich nach den konkreten Kosten der jeweiligen Ersatzschule sowie deren Möglichkeiten (und Willen) richten, Schulgeld und Eigenleistungen zu erwirtschaften.

I. Zusammenfassung der Ergebnisse I. Das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot als Voraussetzung der Ersatzschulgenehmigung

(1) Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet ein Grundrecht zur Gründung und zum Betrieb privater Schulen. Umfasst ist das Recht zur Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach autonom bestimmten Kriterien. Für private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen (Ersatzschulen) ist die Gründungs- und Betriebsfreiheit dadurch eingeschränkt, dass sie der Genehmigung des Staates bedürfen (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG). Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG legt die Genehmigungsvoraussetzungen abschließend fest. Zu ihnen gehört das Verbot, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu fördern (sog. Sonderungsverbot, Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GG).450 (2) Das Genehmigungserfordernis des Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG stellt grundrechtsdogmatisch eine tatbestandsimmanente Begrenzung des Grundrechts der Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) dar. Inhaltlich dient das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG dem Schutz der Schülerinnen und Schüler vor einer Ausgrenzung und Benachteiligung bei dem Ersatzschulzugang wegen der Besitzverhältnisse ihrer Eltern.451 (3) Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung als Ersatzschule. Bleibt die Schule hinter den Anforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG zurück, ist die Genehmigung zu versagen bzw. aufzuheben. Vorher muss die Schulbehörde der Ersatzschule die Möglichkeit zur Mängelbeseitigung einräumen (Verhältnismäßigkeitsprinzip).452 (4) Die Länder trifft eine (Schutz- und) Förderpflicht, durch auskömmliche Finanzhilfe für Ersatzschulen sicherzustellen, dass sie die Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG erfüllen können. Die Ersatzschulen sind an das Sonderungsverbot auch bei unzureichender Finanzhilfe des Landes gebunden.453

450 451 452 453

B. I. 1. B. II. B. III. 1 und 2. B. III. 3.

118

I. Zusammenfassung der Ergebnisse II. Adressat des Sonderungsverbots

(5) Adressat des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 (und 4) GG sind die privaten Schulträger, wobei das Sonderungsverbot für jeden einzelnen Ersatzschulträger gilt, nicht (nur) für das Ersatzschulwesen als Institution.454 III. Inhalt des Sonderungsverbots 1. Besitzverhältnisse der Eltern

(6) „Besitzverhältnisse“ i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind nach allgemeinem Sprachgebrauch, dem Telos der Norm, ihrem systematischen Zusammenhang mit dem Sozialstaatsgebot und der historischen Norminterpretation die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Eltern. Ob auch die Bildungs- und Berufsverhältnisse der Eltern umfasst sind, ist zweifelhaft. Dagegen sprechen der Wortlaut des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG und der systematische Zusammenhang der Norm mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Dafür sprechen die historische Norminterpretation sowie die systematische Beziehung zwischen Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, der Diskriminierungen wegen der sozialen Herkunft untersagt.455 (7) Der Begriff „Eltern“ in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG entspricht dem Elternbegriff des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Zu den Eltern i.S.d. Art. 7 Abs. 4 Satz 3, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gehören die Personen, die durch Abstammung oder einfachgesetzliche Zuordnung in einem Elternverhältnis zum Kind stehen.456 (8) Das Sonderungsverbot gilt auch für Empfänger staatlicher Sozialleistungen. Ein Ausschluss der Ärmsten der Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich des Sonderungsverbots liefe seinem Schutzzweck zuwider.457 (9) Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, deren Eltern sich nach ihren Besitzverhältnissen ein kostendeckendes Schulgeld leisten können. Sie sind aus eigener Kraft in der Lage, sich Zugang zu Ersatzschulen zu verschaffen, sodass das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot nach seiner Ratio nicht zum Tragen kommt.458 2. Keine Förderung der Sonderung der Schülerinnen und Schüler

(10) Mit dem Postulat, eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler (nach den Besitzverhältnissen der Eltern) nicht zu fördern, verpflichtet Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG die Ersatzschulen, Kindern den Zugang zur Schule unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern zu gewähren. Kinder einkommensund vermögensschwacher Eltern dürfen nicht wegen der Besitzverhältnisse ihrer 454 455 456 457 458

C. D. I. 1. D. I. 2. D. I. 2. D. I. 2.

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

119

Eltern schlechteren Zugang zur Ersatzschule haben als Kinder einkommens- und vermögensstarker Eltern. Die Ersatzschulen müssen „grundsätzlich allen Bürgern ohne Rücksicht auf ihre finanziellen Verhältnisse“ offenstehen (BVerfG). Sie müssen „von allen Eltern und Schülern ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Lage“ „gleichberechtigt in Anspruch genommen werden“ können (BVerfG). In diesem Sinne müssen die Ersatzschulen „allgemein zugänglich“ sein (BVerfG).459 (11) Um diesen Anforderungen des Sonderungsverbots gerecht zu werden, muss erstens die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unabhängig von der Einkommensund Vermögenssituation der Eltern erfolgen. Zweitens muss ein von der Ersatzschule erhobenes Schulgeld der Höhe nach so gestaltet sein, dass es sich Eltern aller Einkommens- und Vermögensschichten leisten können.460 IV. Dimensionen des Sonderungsverbots

(12) Dem Inhalt des Sonderungsverbots korrespondieren verschiedene Dimensionen, die sich auf unterschiedlichen Stufen des Zugangs zur Ersatzschule zugunsten der Schülerinnen und Schüler entfalten.461 1. Diskriminierungsverbot a) Verbot unmittelbarer Diskriminierung: Keine Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern

(13) Dem Sonderungsverbot kommt erstens eine Dimension als Diskriminierungsverbot bei der Schülerauswahl zu (1. Stufe). Als Verbot unmittelbarer Diskriminierung untersagt das Sonderungsverbot den Ersatzschulen jede Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern, die Kinder einkommens- und vermögensschwacher Eltern gegenüber Kindern einkommens- und vermögensstarker Eltern bei dem Zugang zur Schule benachteiligt. Eine Bevorzugung von Kindern, deren Eltern ein hohes Schulgeld zahlen können, und eine Benachteiligung von Kindern, deren Eltern sich nur ein geringes Schulgeld leisten können, ist verfassungswidrig. Eine offene Diskriminierung ist ebenso unzulässig wie eine verdeckte Diskriminierung. Zulässig ist eine Beschränkung des Zugangs zu Ersatzschulen auf Kinder aus einkommens- und vermögensschwachen Schichten.462 (14) Einer Auswahl der Schülerschaft nach besitzneutralen Kriterien wie der persönlichen Eignung für das Schulprofil oder der Begabung und Leistungsfähigkeit steht Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot unmittelbarer Diskriminierung nicht entgegen. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG untersagt den Ersatzschulen ausschließlich eine Anknüpfung an die Besitzverhältnisse der Eltern und lässt die Anwendung anderer Auswahlkriterien unberührt. Welche besitzneutralen Kriterien die Ersatzschulen der

459 460 461 462

D. II. D. II. D. III. D. III. 1. a).

120

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

Schülerauswahl zugrunde legen, liegt nach Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG in ihrer Gestaltungsfreiheit.463 b) Verbot mittelbarer Diskriminierung: Verbot der Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zugunsten einer spiegelbildlichen sozialen Zusammensetzung privater und öffentlicher Schulen?

(15) Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG beinhaltet kein Verbot mittelbarer Diskriminierung, das den Ersatzschulen aufgibt, ihre Schülerinnen und Schüler ohne Rücksicht auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung nach Maßgabe der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen. Eine Verpflichtung zur spiegelbildlichen Zusammensetzung der Schülerschaft privater und öffentlicher Schulen im Hinblick auf das Einkommen und Vermögen sowie den Bildungs- und Berufsstand der Eltern besteht verfassungsrechtlich nicht. Das gilt auch dann, wenn eine leistungsbezogene Schülerauswahl wegen der sozialen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland faktisch dazu führt, dass mehr Kinder aus sozial begünstigten Schichten als Kinder aus sozial benachteiligten Schichten Zugang zu Ersatzschulen erhalten.464 (16) Eine Deutung des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Verbot mittelbarer Diskriminierung verkannte erstens die historische Dimension der Norm (vgl. Art. 146 Abs. 1 Satz 3 WRV: Aufnahme des Kindes nach „Anlage und Neigung“; s. auch Art. 146 Abs. 3 WRV: Bereitstellung öffentlicher Mittel für den Zugang Minderbemittelter zu den mittleren und höheren Schulen, „die zur Ausbildung auf mittleren und höheren Schulen für geeignet erachtet werden“). Zweitens liefe das Grundrecht der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG leer, das den privaten Schulen das Recht gewährt, ihr Profil eigenverantwortlich festzulegen und die Schülerinnen und Schüler entsprechend dem gewählten Profil autonom auszuwählen. Drittens müsste man den Diskriminierungsverboten des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ein entsprechendes Verbot der Leistungsauswahl entnehmen, was dazu führte, dass das Leistungsprinzip für den öffentlichen Dienst (Art. 33 Abs. 2 GG) und die grundrechtliche Freiheit privater Arbeitgeber, ihre Arbeitnehmer nach Eignung und Leistung auszuwählen (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG), entleert würden. Viertens gestatten – geschweige denn gebieten – nicht einmal grundrechtliche Fördergebote wie Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG dem Staat, faktische Nachteile für eine bestimmte Gruppe in der gesellschaftlichen Lebenswirklichkeit durch eignungs- und leistungsunabhängige Begünstigungen abzubauen. Fünftens würde den Ersatzschulen mehr zugemutet als dem Staat, wenn man sie verpflichtete, ihre Schülerschaft eignungs- und leistungsunabhängig nach Maßgabe der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft öffentlicher Schulen auszuwählen. Öffentliche Schulen sind vielfach kein Abbild der sozialen Zusammensetzung der Gesellschaft, sondern benachteiligen faktisch Kin-

463 464

D. III. 1. a). D. III. 1. b).

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

121

der aus besitz- und bildungsschwachen Schichten, etwa durch Regelungen zum Schulsprengel.465 (17) Sofern man Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ein Verbot mittelbarer Diskriminierung entnähme, lägen seine tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor. Eine Anwendung besitzneutraler Kriterien bei der Schülerauswahl, die Kinder aus sozial schwachen Schichten faktisch gegenüber Kindern aus sozial begünstigten Schichten beim Ersatzschulzugang benachteiligte, wäre durch sachliche Gründe objektiv gerechtfertigt.466 2. Fördergebot

(18) Dem Sonderungsverbot kommt zweitens eine Dimension als Fördergebot bei der Erhebung von Schulgeld zu (2. Stufe). Als Fördergebot verpflichtet Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG die Ersatzschulen, das Schulgeld der Höhe nach so zu gestalten, dass es sich Eltern aller Einkommens- und Vermögensschichten leisten können. Das Recht der Ersatzschulen zur Erhebung von Schulgeld (Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG) ist durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG eingeschränkt.467 V. Konsequenzen für die Erhebung von Schulgeld 1. Recht zur Erhebung von Schulgeld

(19) Privaten Schulen steht gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG das (Grund-)Recht zu, ihre Finanzierung durch Erhebung von Schulgeld sicherzustellen. Das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG lässt dieses Recht dem Grunde nach unberührt und reguliert nur die Höhe des Schulgelds zugunsten von Kindern aus einkommens- und vermögensschwachen Schichten.468 2. Zulässige Schulgeldmodelle

(20) Dem Sonderungsverbot als Fördergebot werden verschiedene Schulgeldmodelle gerecht, zwischen denen die Schulen frei wählen dürfen. Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf den Ersatzschulen kein bestimmtes Schulgeldmodell vorgeben.469 (21) Mit Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG vereinbar ist zum Beispiel ein einheitliches Schulgeld für alle Schülerinnen und Schüler, das auf Antrag von Eltern, die sich das Schulgeld nach ihren Besitzverhältnissen nicht leisten können, erlassen wird (einheitliches Schulgeld mit Schulgelderlass). Ebenso zulässig ist ein einheitliches Schulgeld ohne Ermäßigung, welches so niedrig ist, dass es alle Eltern ungeachtet ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zahlen können (einheitliches Schulgeld ohne Schulgelderlass). Alternativ wird dem Sonderungsverbot eine 465 466 467 468 469

D. III. 1. b). D. III. 1. b). D. III. 2. E. I. E. II. 1.

122

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

Staffelung des Schulgelds nach Maßgabe der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern gerecht (Staffelung des Schulgelds).470 (22) Für Empfänger sozialstaatlicher Leistungen erscheint ungeachtet des gewählten Schulgeldmodells ein vollständiger Erlass des Schulgelds geboten.471 3. Unzulässige Schulgeldmodelle

(23) Mit Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG unvereinbar ist eine Begrenzung der (monats-) durchschnittlichen Höhe des Schulgelds von Ersatzschulen (Begrenzung der Höhe des Schulgelddurchschnitts). Erstens lässt sich Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht entnehmen, in welcher Höhe eine Ersatzschule oder (gar) alle Ersatzschulen Schulgeld durchschnittlich von den Eltern erheben dürfen. Der zulässige Durchschnittsbetrag des Schulgelds lässt sich nicht abstrakt berechnen und daher nicht im Vorhinein festlegen. Zweitens ist ein durchschnittliches Schulgeld nicht geeignet sicherzustellen, dass die Ersatzschulen das Schulgeld für besitzschwache Eltern ermäßigen. Drittens: Dieses Schulgeldmodell eröffnet den Ersatzschulen die Möglichkeit, einkommens- und vermögensschwache Eltern mit einem höheren Schulgeld zu belasten als einkommens- und vermögensstarke Eltern, was das Sonderungsverbot „auf den Kopf stellt“. Viertens gibt das Sonderungsverbot keine besitzunabhängige „Obergrenze“ für Schulgeld vor. Es erlaubt Ersatzschulen, einkommens- und vermögensstarke Eltern mit einem hohen Schulgeld zu belasten. Hiermit verträgt sich eine Begrenzung des Schulgelds auf einen bestimmten Durchschnittsbetrag im Monat durch den Gesetzgeber oder die Verwaltung nicht.472 (24) Eine gesetzliche Verpflichtung der Ersatzschulen, als Schulgeld einen fixen, für alle Eltern gleich hohen prozentualen Anteil am Haushaltseinkommen zu erheben, verstößt gegen Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. Sie ist zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG weder geeignet noch erforderlich. Erstens kann für Eltern mit hohem Einkommen ein höherer prozentualer Anteil ihres Einkommens als Schulgeld tragbar sein als für Eltern mit niedrigem Einkommen. Umgekehrt kann zweitens für Eltern mit niedrigem Einkommen ein geringerer Prozentsatz ihres Einkommens als Schulgeld geboten sein als für Eltern mit höherem Einkommen. Drittens muss für Sozialleistungsempfänger das Schulgeld ganz erlassen werden. Viertens setzt die Erhebung von Schulgeld als prozentualer Anteil am Haushaltseinkommen voraus, dass die Ersatzschulen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse aller Eltern kennen. Eltern sind zur Offenlegung ihrer finanziellen Verhältnisse von Verfassung wegen jedoch nur gehalten, wenn sie eine Schulgeldermäßigung beantragen. Fünftens ist gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG neben dem Einkommen auch das Vermögen der Eltern maßgeblich dafür, ob Schulgeld eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern

470 471 472

E. II. 1. E. II. 1. E. II. 2. a).

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

123

fördert. Auch dies lässt die Erhebung eines Schuldgelds in Höhe eines prozentualen Anteils des Elterneinkommens unberücksichtigt.473 4. Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern nur bei Antrag auf Schulgeldermäßigung

(25) Eltern, deren Kind eine Ersatzschule besucht, sind zur Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Schule und/oder der Schulverwaltung von Verfassung wegen nur verpflichtet, wenn sie eine Schulgeldermäßigung beantragen. Eltern, die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen bereit und in der Lage sind, den Maximalbetrag des (kostendeckenden) Schulgelds zu zahlen, sind nicht gehalten, ihre finanzielle Situation offenzulegen. Eine gesetzliche Verpflichtung sämtlicher Eltern zur Offenbarung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse verstößt gegen das Allgemeine Persönlichkeitsgrundrecht bzw. gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).474 5. Sub specie des Sonderungsverbots relevante Entgelte

(26) Das Sonderungsverbot gilt für Entgelte, die von Ersatzschulen für Unterricht und Lernmittel als Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG erhoben werden.475 (27) Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG kommt auch für Entgelte zur Anwendung, die Ersatzschulen für außerunterrichtliche Angebote (z. B. Sonder- und Profilleistungen) erheben, welche als Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG zu qualifizieren sind.476 (28) Entgelte für außerunterrichtliche Angebote der Ersatzschulen, die nicht zum Bereich der Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG gehören, unterliegen dem Sonderungsverbot, wenn für sie (gesetzlich oder schulvertraglich) eine Teilnahmepflicht gilt, sodass der Unterrichtsbesuch die Inanspruchnahme des außerunterrichtlichen Angebots voraussetzt.477 (29) Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote der Ersatzschulen, für die keine Teilnahmepflicht gilt, unterfallen dem Sonderungsverbot nicht.478 VI. Konsequenzen für den Gesetzgeber und die (Schul-)Verwaltung 1. Schülerauswahl

(30) Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf festlegen, dass Ersatzschulen die Schülerauswahl unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Eltern gestalten müssen. Welche besitzneutralen Kriterien die Ersatzschulen ihrer 473 474 475 476 477 478

E. II. 2. b). E. III. E. IV. 1. E. IV. 2. a). E. IV. 2. b). E. IV. 2. c).

124

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

Schülerauswahl zugrunde legen, darf gesetzlich nicht reglementiert werden. Den Ersatzschulen darf insbesondere nicht untersagt werden, ihre Schülerinnen und Schüler nach persönlicher Eignung, Befähigung und Leistung aufzunehmen. Mit Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbar ist auch die Vorgabe einer bestimmten sozialen Struktur der Schülerschaft privater Ersatzschulen etwa nach Maßgabe der sozialen Struktur der Schülerschaft entsprechender öffentlicher Schulen.479 (31) Die Ersatzschulen dürfen gesetzlich verpflichtet werden, ihre Kriterien der Schülerauswahl in geeigneter Weise zu veröffentlichen (Transparenzgebot).480 2. Schulgeld

(32) Ein gesetzliches Verbot, Schulgeld zu erheben, steht mit Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG allenfalls in Einklang, wenn das Land die entstehenden Mindereinnahmen durch Finanzhilfe vollständig ausgleicht.481 (33) Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf festschreiben, dass dem Sonderungsverbot Entgelte für Unterricht und Lernmittel, Entgelte für weitere schulische Angebote und Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote mit gesetzlicher oder vertraglicher Teilnahmepflicht unterfallen.482 (34) Die verbindliche Festlegung eines bestimmten Schulgeldmodells für Ersatzschulen ist dem Gesetzgeber bzw. der Verwaltung gem. Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG untersagt. Verfassungswidrig ist insbesondere eine Begrenzung der Höhe des (monatlichen) Schulgelddurchschnitts sowie eine Verpflichtung der Ersatzschulen, Schulgeld als fixen, für alle Eltern gleich hohen prozentualen Anteil am Haushaltseinkommen zu berechnen.483 (35) Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf zur Konkretisierung des Sonderungsverbots Einkommens- und Vermögensgruppen bilden sowie die maximale Höhe des Schulgelds je Einkommens- und Vermögensgruppe festlegen. Hierbei steht dem Gesetzgeber bzw. der Verwaltung ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, der verfassungsrechtlich durch Transparenz- und Verfahrenspflichten begrenzt ist (Art. 7 Abs. 4 Satz 3, Art. 20 Abs. 3 GG). Der zur Sicherung des Existenzminimums der Familie notwendige Teil des Einkommens und Vermögens muss außer Betracht bleiben (Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Eine Differenzierung nach Haushalts- und Familientypen ist nur zulässig, wenn wegen der Haushaltsgröße und der Kinderzahl die finanziellen Möglichkeiten der Eltern zur Zahlung des (kostendeckenden) Schulgelds nicht ausreichen.484

479 480 481 482 483 484

F. I. F. I. F. II. F. II. F. II. F. II.

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

125

(36) Für Empfänger staatlicher Sozialleistungen darf der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung einen vollständigen Erlass des Schulgelds vorsehen.485 (37) Der Gesetzgeber bzw. die Verwaltung darf Eltern zur Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Ersatzschule und/oder der Schulbehörde von Verfassung wegen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) nur verpflichten, wenn sie eine Schulgeldermäßigung beantragen. Eine gesetzliche Offenlegungspflicht für Eltern, die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen bereit und in der Lage sind, den Maximalbetrag des (kostendeckenden) Schulgelds zu zahlen, ist verfassungswidrig.486 (38) Die Ersatzschulen dürfen gesetzlich verpflichtet werden, die Höhe ihres Schulgelds sowie Ermäßigungstatbestände in geeigneter Weise zu veröffentlichen (Transparenzgebot).487 VII. Verfassungsrechtliche Würdigung der Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg

(39) Die zum 1. August 2017 in Kraft getretene Neuregelung des Schulgelds in Baden-Württemberg (§ 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 VVPSchG) begegnet unter mehreren Gesichtspunkten verfassungsrechtlichen Bedenken. Neben Zweifeln an der Bestimmtheit der Normen (Art. 20 Abs. 3 GG) erscheint § 18a Abs. 17 PSchG i.V.m. Ziff. 5 VVPSchG weder geeignet zur Verwirklichung des Sonderungsverbots in Bezug auf einkommens- und vermögensschwache Eltern noch erforderlich zur Realisierung des Sonderungsverbots im Hinblick auf einkommens- und vermögensstarke Eltern.488 1. Ungeeignetheit des baden-württembergischen Schulgeldmodells zur Verwirklichung des Sonderungsverbots in Bezug auf einkommens- und vermögensschwache Eltern

(40) Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG verstößt gegen Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, weil sie zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG in Bezug auf einkommens- und vermögensschwache Eltern nicht geeignet ist. Aus dem Umkehrschluss zu Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG folgt, dass ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich maximal 160 E grundsätzlich nicht geeignet ist, eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern zu fördern. Dies erlaubt Ersatzschulen erstens, von sämtlichen Eltern einschließlich einkommensund vermögensschwachen Eltern ein fixes Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat zu erheben. Für Eltern mit geringem Einkommen und für Eltern ohne Einkommen (Sozialleistungsempfänger) kann ein Schulgeld in Höhe von 160 E/Monat nicht tragbar sein. Zweitens ermöglicht Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG bei einer Schulgeld485 486 487 488

F. II. F. II. F. II. G.

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I. Zusammenfassung der Ergebnisse

staffelung eine höhere Belastung einkommens- und vermögensschwacher Eltern und eine geringere Belastung einkommens- und vermögensstarker Eltern – solange das Schulgeld bezogen auf sämtliche Eltern im Durchschnitt nicht mehr als 160 E im Monat beträgt. Ein solches Schulgeldmodell stellt das Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG „auf den Kopf“.489 (41) Den Verfassungsmängeln der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG hilft Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG nicht ab, wonach die Ersatzschulen die Vermutung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG im Einzelfall dadurch widerlegen können, dass sie in angemessenem Umfang für finanzschwache Schüler wirksame wirtschaftliche Erleichterungen gewähren. Die Widerlegung der Vermutung ist bezogen und beschränkt auf Ersatzschulen, die ein monatliches Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E erheben. Für Ersatzschulen, deren monatliches Schulgeld durchschnittlich maximal 160 E beträgt, findet Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG keine Anwendung. Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG hilft daher den Verfassungsmängeln von Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG nicht ab.490 (42) Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG behebt die Untauglichkeit der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zur Verwirklichung des Sonderungsverbots des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG für einkommens- und vermögensschwache Eltern nur teilweise. Zwar verpflichtet Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG die Ersatzschulen, das Schulgeld auf Wunsch der Eltern nach einem prozentualen Anteil von maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens zu berechnen. Diese Regelung wirkt sich für einkommens- und vermögensschwache Eltern häufig günstiger aus als die Schulgeldregelung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG. Im Einzelfall kann für einkommens- und vermögensschwache Eltern (z. B. bei mehreren Kindern) aber auch ein Schulgeld in Höhe von 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens nicht finanzierbar sein. Da Ziff. 5 VVPSchG für solche Fälle keine Ausnahmen vorsieht, wird sie dem Sonderungsverbot nicht gerecht.491 2. Nicht-Erforderlichkeit des baden-württembergischen Schulgeldmodells zur Verwirklichung des Sonderungsverbots im Hinblick auf einkommens- und vermögensstarke Eltern

(43) Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG ist mit Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG auch deswegen unvereinbar, weil sie zur Verwirklichung des Sonderungsverbots in Bezug auf einkommens- und vermögensstarke Eltern nicht erforderlich ist. Erstens lässt sich dem Sonderungsverbot kein Betrag entnehmen, den das Schulgeld einer oder aller Ersatzschulen eines Bundeslandes im Durchschnitt nicht übersteigen darf. Aus dem tatsächlichen Schulgelddurchschnitt von Ersatzschulen kann ohne Kenntnis von deren Elternstruktur nicht auf eine Verletzung des Sonderungsverbots geschlossen werden. Zweitens folgt aus dem Sonderungsverbot keine besitzunabhängige Obergrenze für Schulgeld. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gestattet den Ersatzschulen, ein489 490 491

G. I. 1. G. I. 2. G. I. 3.

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kommens- und vermögensstarke Eltern mit hohem Schulgeld zu belasten. Hiermit verträgt sich eine Begrenzung des Schulgelddurchschnitts auf maximal 160 E/Monat nicht.492 (44) An diesem Verfassungsverstoß ändert Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG nichts, der den Ersatzschulen die Möglichkeit einräumt, die Vermutung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG im Einzelfall zu widerlegen. Zwar wird Ersatzschulen dadurch ermöglicht, ein Schulgeld von durchschnittlich über 160 E/Monat zu erheben, wenn sie nachweisen, dass das Schulgeld für einkommens- und vermögensschwache Eltern nicht mehr als 160 E/Monat (arg. e. Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG) beträgt. Jedoch ist die Vermutungswiderlegung durch Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG begrenzt, der die Ersatzschulen verpflichtet, den Eltern anzubieten, ein Schulgeld in Höhe von maximal 5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens zu zahlen. Die Möglichkeit, ein Schulgeld in Höhe von durchschnittlich über 160 E/Monat durch Widerlegung der Vermutung der Ziff. 5 Satz 1 VVPSchG zu erheben (Ziff. 5 Satz 3 VVPSchG), ist durch Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG auf die Erhebung eines Schulgelds in Höhe von maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens der Eltern beschränkt. Diese Begrenzung des Schulgelds auf maximal 5 % des Haushaltsnettoeinkommens der Eltern verstößt gegen Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, weil sich dem Sonderungsverbot keine Obergrenze für Schulgeld in Höhe eines für alle Eltern gleich hohen prozentualen Anteils ihres Einkommens entnehmen lässt. Eltern mit hohen Einkünften können im Einzelfall mehr als 5 % ihres Einkommens als Schulgeld entrichten, ohne dass dadurch der Zugang zur Schule für ihr Kind gefährdet ist. Eltern mit niedrigem Haushaltsnettoeinkommen können dagegen bereits mit einem Schulgeld in Höhe von 5 % ihres Einkommens finanziell überfordert sein.493 (45) Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG verletzt Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG überdies, weil danach für die Sonderungswirkung von Schulgeld ausschließlich das Haushaltseinkommen der Eltern maßgeblich ist; das Vermögen der Eltern blendet Ziff. 5 Satz 4 VVPSchG aus.494 3. Entgelte für Sonder- und Profilleistungen, deren Inanspruchnahme für die Schüler und deren Eltern nicht verpflichtend ist

(46) Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG, wonach die Ersatzschulen Entgelte für Sonder- und Profilleistungen, deren Inanspruchnahme für die Schüler und deren Eltern nicht verpflichtend ist, unabhängig vom Schulgeld erheben dürfen, steht mit Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nur unter engen Voraussetzungen in Einklang. Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG darf von Verfassung wegen nur Entgelte vom Anwendungsbereich des Sonderungsverbots ausnehmen, die für nichtschulische Angebote („Sonder- und Profilleistungen“) erhoben werden, deren Inanspruchnahme weder gesetzlich noch ver-

492 493 494

G. II. 1. G. II. 2. G. II. 2.

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I. Zusammenfassung der Ergebnisse

traglich für die Schülerinnen und Schüler verpflichtend ist. An der inhaltlichen Bestimmtheit (Art. 20 Abs. 3 GG) von Ziff. 5 Satz 6 VVPSchG bestehen Zweifel.495 VIII. Auswirkungen des Sonderungsverbots auf die Finanzhilfe der Bundesländer 1. Finanzhilfepflicht

(47) Aus dem Sonderungsverbot (und den weiteren Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG) folgt die Verpflichtung der Länder, die Ersatzschulen durch Finanzhilfe zu fördern.496 2. Höhe der Finanzhilfe

(48) Das in der Rechtsprechung und im Schrifttum zur Berechnung der Höhe der Finanzhilfe entwickelte Drei-Säulen-Modell wird Art. 7 Abs. 4 GG nicht gerecht. Es bedarf der Fortentwicklung.497 (49) Die Finanzhilfe der Länder muss gem. Art. 7 Abs. 4 GG sämtliche mit der Gründung und dem Betrieb der jeweiligen Ersatzschule verbundenen Kosten decken. Umlagefähig sind nur die Kosten der wirtschaftlichen Betriebsführung. Hierfür dürfen sich die Länder zwar an den Kosten entsprechender öffentlicher Schulen orientieren. Erfordert aber das Konzept der Ersatzschule höhere Kosten, als für öffentliche Schulen anfallen, muss der Staat auch die Deckungslücke durch Finanzhilfe schließen. Anderenfalls liefe das durch Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gesicherte Recht der Privatschulen leer, von den öffentlichen Schulen abweichende Schulprofile und -konzepte zu verwirklichen.498 (50) In die durch Finanzhilfe zu deckenden Kosten der Ersatzschulen sind sowohl die Kosten für Unterricht und Lernmittel als auch die Kosten für außerunterrichtliche Angebote einzubeziehen, die Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG sind. Für Kosten für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote hat der Staat nur dann eine Finanzgewährleistungspflicht, wenn für die Angebote eine Teilnahmepflicht besteht und die Ersatzschulen sie nach ihrem Schulkonzept vorsehen dürfen.499 (51) Schulgeld für Unterricht und Lernmittel darf der Staat auf die Finanzhilfe nur anrechnen, soweit die jeweilige Ersatzschule Schulgeld nach dem Sonderungsverbot erheben darf und sie nicht freiwillig auf Schulgeld verzichtet. Führte ein Verzicht der Ersatzschulen auf Schulgeld für Unterricht und Lernmittel zu einer Minderung der Finanzhilfe, würde angesichts der Schulgeldfreiheit öffentlicher Schulen der von Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG intendierte „Wettbewerb der Konzepte“ zugunsten des Staates verzerrt.500 495 496 497 498 499 500

G. III. H. I. H. II. H. II. 2. a). H. II. 2. a). H. II. 2. b).

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(52) Das Gleiche gilt für Entgelte für außerunterrichtliche Angebote, die als Schule i.S.d. Art. 7 Abs. 1 und 4 GG einzuordnen sind, sowie für Entgelte für nichtschulische außerunterrichtliche Angebote, für die eine Teilnahmepflicht gilt, welche die Ersatzschule nach ihrem Schulkonzept vorsehen darf.501 (53) Als Eigenleistung der Ersatzschulen kommen nur Einnahmen aus nichtschulischen außerunterrichtlichen Angeboten in Betracht, für welche die Ersatzschulen nach ihrem Schulkonzept keine Teilnahmepflicht vorsehen dürfen, sowie (weitere) freiwillige Geldleistungen des Schulträgers, der Eltern und Dritter. Eine solche Eigenleistung darf der Staat auf die Finanzhilfe anrechnen, soweit sie von den Ersatzschulen bei realitätsgerechter Betrachtung erwirtschaftet werden kann.502

501 502

H. II. 2. b). H. II. 2. c).

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Sachwortverzeichnis Baden-Württemberg – Entgelte für Sonder- und Profilleistungen 98 f., 127 f. – Neuregelung des Schulgelds 12, 14, 89 ff., 125 ff. – prozentualer Anteil am Haushaltseinkommen 89 f., 92 ff., 95 ff., 126 f. – Schulgelddurchschnitt 90 ff., 94 ff., 125 ff. – verfassungsrechtliche Würdigung der Neuregelung des Schulgelds 89 ff., 125 ff. Berlin – Lernmittelbeihilfe 13, 15, 47 ff. Besitzverhältnisse 30 ff., 118 – Bildungs- und Berufsverhältnisse 32 ff., 118 – Einkommensverhältnisse 30 ff., 118 – Offenlegung 75 f., 88, 122, 123, 125 – Vermögensverhältnisse 30 ff., 118 Bildungssystem – soziale Undurchlässigkeit 15, 34, 57 f., 60, 120 Diskriminierung – faktische 46 ff., 120 f. – mittelbare 29, 46 ff., 120 f. – offene 44 f., 119 – unmittelbare 29, 44 ff., 119 f. – verdeckte 44 f., 119 Diskriminierungsverbot 5, 15, 29, 42, 43 ff., 82, 119 ff. – Anknüpfung an Besitzverhältnisse der Eltern 29, 44 ff., 119 f. – bei Schülerauswahl 5, 15, 29, 42, 43 ff., 60 ff., 82 f., 119 ff., 123 f. – Verbot mittelbarer Diskriminierung 29, 46 ff., 120 f. – Verbot unmittelbarer Diskriminierung 29, 44 ff., 119 f. – wegen Besitzverhältnissen 15, 29, 42, 43 ff., 82, 119 ff. – wegen Geschlecht 50 f., 55

– wegen Herkunft 33, 43 f., 50 ff., 118 Drei-Säulen-Modell 77, 102 ff., 128 f. – herkömmliches 102 ff., 128 – und Finanzhilfe 77, 102 ff., 128 f. – Weiterentwicklung 104 ff., 128 f.

Eigenleistung 6, 15, 24 ff., 77, 103 f., 112 ff., 115 f. – Anrechnung auf Finanzhilfe 6, 15, 24 ff., 77, 103 f., 112 ff., 115 f. – Möglichkeiten der Erwirtschaftung 77, 103 f., 108, 113 f., 115 f. – Wartefrist für Finanzhilfe 25 f., 115 Einkommensverhältnisse siehe Besitzverhältnisse Eliteschulen 38, 43 Eltern – Begriff 34 ff., 118 – besitzschwache 36 f., 118 – besitzstarke 37 f., 118 – Besitzverhältnisse 30 ff., 118 – Bildungs- und Berufsverhältnisse 32 ff., 118 – Einkommensverhältnisse 30 ff., 118 – Vermögensverhältnisse 30 ff., 118 Entgelte siehe Schulgeld Ersatzschulen – Autonomie 71 f., 82, 88, 105 f., 108 – Betriebskosten 6, 15, 105 f. – Eigenleistung 6, 15, 24 ff., 77, 103 f., 112 ff., 115 f. – Existenzgefährdung 25, 67, 101, 102 – Genehmigung siehe Ersatzschulgenehmigung – Gründungskosten 6, 15, 104 ff., 115, 128 – Institution des Ersatzschulwesens 27 f., 101 ff., 118 – Schülerauswahl siehe dort – Schulgeld siehe dort – Sonderungsverbot siehe dort

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Sachwortverzeichnis

– soziale Zusammensetzung 5, 13 ff., 32 ff., 46 ff., 83, 120 f. – Spiegelbild zu öffentlichen Schulen 5, 13 ff., 32 ff., 46 ff., 83, 120 f. – wirtschaftliche Betriebsführung 6, 15, 104 ff., 113, 115, 128 – Zugänglichkeit 28, 31, 33, 36 ff., 57, 62, 68, 79 ff., 86, 94, 119 Ersatzschulgenehmigung – abschließende Regelung 16, 17, 19, 118 – Aufhebung 20 ff., 117 – Dauerverwaltungsakt 17, 22 – grundrechtsdogmatische Einordnung 18 ff., 117 – Grundrechtsschranke 18 ff. – Mängelbeseitigung 23 f., 117 – Rechtsanspruch auf Erteilung 17, 20 ff., 27, 31, 41, 117 – Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der Voraussetzungen 20 ff., 117 – tatbestandsimmanente Begrenzung 18 ff., 42 f., 117 – und Anspruch auf Finanzhilfe 100 ff., 128 f. – und unzureichende Finanzhilfe 100 ff., 128 f. – Verfassungsvoraussetzungen 16 ff., 117 ff. – Versagung 20 ff., 117 Ersatzschulwesen – Institution 27 f., 101 ff., 118 Finanzhilfe – Anrechnung einer Eigenleistung 6, 15, 24 ff., 77, 103 f., 112 ff., 115 f. – Anrechnung von Schulgeld 26, 102 ff., 128 f. – auskömmliche 102 ff., 128 f. – Betriebskosten der Ersatzschulen 6, 15, 104 ff., 115, 128 – Drei-Säulen-Modell 77, 102 ff., 128 f. – Förderpflicht 100 ff., 128 f. – Gründungskosten der Ersatzschulen 6, 15, 104 ff., 115, 128 – Höhe 102 ff., 128 f. – Kompensation von Schulgeldausfall 67, 110 – Konsequenzen für das Sonderungsverbot 24 ff., 117

– Kosten für außerunterrichtliche Angebote 78 ff., 106 ff., 111 ff., 123 f., 128 f. – Kosten für Unterricht und Lernmittel 76 ff., 83, 106, 108 ff., 115, 123, 124, 128 – Schulgeldverzicht 18, 37, 67, 109 ff., 114 f., 128 – und Ersatzschulgenehmigung 24 ff., 118 – unzureichende 24 ff., 100 ff., 117, 128 f. – Wartefrist 25 f., 115 Fördergebot – bei Schulgelderhebung 5, 15, 29, 42, 62 f., 64, 67, 83, 121 f. – und Finanzhilfe siehe dort – und Sonderungsverbot siehe dort Förderung der Sonderung siehe Sonderungsverbot Freie Schulen siehe Privatschulen Genehmigung siehe Ersatzschulgenehmigung Genehmigungsvoraussetzungen siehe Ersatzschulgenehmigung Genehmigungsvorbehalt siehe Ersatzschulgenehmigung Gesetzgeber 5, 11 ff., 17, 26, 47, 69 f., 82 ff., 89 ff., 104, 121, 122, 123 ff. Grundrechtecharta 65 ff. Haushaltseinkommen 6, 59, 74 ff., 83, 98, 122, 124, 127 – und Schulgeld 6, 74 ff., 83, 98, 122, 124, 127 Herkunft 33, 43 f., 50 ff., 118 Höhere Töchterschulen 33 Kastenschulen 31, 33, 41 Kind – minderjährig 35 – volljährig 35 Lernmittelbeihilfe 13, 15, 47 ff. Mängelbeseitigung 23 f., 117 Öffentliche Schulen – Schulbezirke 56 f. – Schulsprengel 56 f., 120 f. – soziale Zusammensetzung 56 f., 120 f.

Sachwortverzeichnis Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse 75 f., 88, 122, 123, 125 Persönlichkeitsgrundrecht 54, 61, 75 f., 123 Pflichtschulunterricht 65 ff. Plutokratenschulen 31, 36, 41 Private Ersatzschulen siehe Ersatzschulen Privatschulen – Betriebsfreiheit 16, 64, 117 – Gründungsfreiheit 16, 64, 117 Privatschulfreiheit siehe Privatschulgrundrecht Privatschulgrundrecht – Genehmigungsvorbehalt siehe Ersatzschulgenehmigung – Gründungs- und Betriebsfreiheit 16, 64, 117 – Recht zur Lehrerauswahl 16 – Recht zur Schülerauswahl 16, 53 f., 117, 120 – Recht zur Erhebung von Schulgeld 62, 64 ff., 83, 121 – Schranken 18 ff. – Schulprofil 16, 53 f., 105 f., 111, 120 – tatbestandsimmanente Begrenzung 18 ff., 42 f., 117 Recht auf informationelle Selbstbestimmung 75, 123, – Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse 75 f., 88, 122, 123, 125 Ritterschulen 33 Schüler siehe Schülerschaft Schülerauswahl – besitzunabhängige 41 ff., 82 f., 119 ff. – Eignung, Befähigung und Leistung 5, 14 f., 34, 42, 44 ff., 46 ff., 82, 119 ff., 124 – Religion 31, 33, 41, 45, 52 ff., 59 – spiegelbildlich zur öffentlichen Schule 5, 13 ff., 32 ff., 46 ff., 83, 120 f. – Transparenzgebot 46, 82 f., 124 – und Sonderungsverbot siehe dort – Weltanschauung 45, 53, 61 Schülerin siehe Schülerschaft Schülerschaft – Auswahl siehe Schülerauswahl

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– soziale Zusammensetzung 5, 13 ff., 32 ff., 46 ff., 83, 120 f. Schulaufsicht 11 f., 46, 69, 82 ff., 89 ff., 123 ff. – Neuausrichtung 11 f. Schulbegriff – und Sonderungsverbot 78 ff., 123 – verfassungsrechtlicher 78 ff., 123 Schulbezirke 56 f. Schulen in freier Trägerschaft siehe Privatschulen Schulgeld – 160 E/Monat 5, 12, 13, 70 ff., 89 ff., 125 ff. – Anrechnung auf Finanzhilfe 26, 102 ff., 128 f. – Baden-Württemberg 11, 14, 89 ff., 125 ff. – besitzbezogene Gestaltung 5, 62 f., 64, 67 ff., 83 ff., 119, 121 ff. – Besitzverhältnisse der Eltern 30 ff., 118 – durchschnittliches 5 f., 11 ff., 69 ff., 83, 90 ff., 108, 122, 124, 125 ff. – einheitliches 68, 72, 121 – einkommens- und vermögensbezogene Staffelung 5, 62 f., 64, 67 ff., 83 ff., 119, 121 ff. – Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern 30 ff., 118 – Entgelte für außerunterrichtliche Angebote 76, 78 ff., 83, 106 ff., 108 ff., 112 ff., 123, 124, 128 f. – Entgelte für Sonder- und Profilleistungen 76 ff., 90, 98 ff., 103, 123, 127 f. – Entgelte für Unterricht und Lernmittel 76 ff., 83, 106, 108 ff., 115, 123, 124, 128 – Erlass 68 f., 74, 88, 94, 121 f., 125 – Ermäßigung 12, 15, 39, 68 ff., 75 ff., 80, 87 f., 121, 122, 123, 125 – Existenzminimum 36, 84 f., 87, 124 – Familiengröße 87, 124 – Geschwister 87, 124 – Grundrechtecharta 65 ff. – Haushaltsgröße 87, 124 – kostendeckendes 38, 43, 45, 62 f., 72, 74, 75, 87, 88, 97, 106 ff., 118, 123, 124, 125 – Modelle 5 f., 15, 64, 67 ff., 83, 87 f., 89 ff., 121 ff., 125 ff. – Obergrenze 71, 74, 95, 97, 122, 126, 127

140

Sachwortverzeichnis

– prozentualer Anteil am Haushaltseinkommen 6, 70, 74 f., 83, 89 ff., 122 ff., 125 ff. – Recht zur Erhebung 62, 64 ff., 83, 121 – Regelung durch Gesetzgeber 5 f., 11 ff., 67 ff., 75 f., 76 ff., 82 ff., 89 ff., 121 ff., 123 ff., 125 ff. – Staffelung 12 ff., 65, 68, 70 ff., 89 ff., 121 f., 125 ff. – Transparenzgebot 69, 88, 124, 125 – und Sonderungsverbot siehe dort – unzulässige Schulgeldmodelle 5 f., 64, 67, 69 ff., 83 ff., 89 ff., 122 f., 123 ff., 125 ff. – Verbot der Erhebung 67, 83 – Verzicht auf Erhebung 18, 109 ff., 112, 114, 115, 128 f. – zulässige Schulgeldmodelle 5 f., 15, 64, 67, 68 f., 83 ff., 89 ff., 121 f., 123 ff., 125 ff. Schulgeldmodelle – prozentualer Anteil am Haushaltseinkommen 6, 70, 74 f., 83, 89 ff., 122 ff., 125 ff. – Schulgelddurchschnitt 5 f., 11 ff., 69 ff., 83, 90 ff., 108, 122, 124, 125 ff. – unzulässige 5 f., 64, 67, 69 ff., 83 ff., 89 ff., 122 f., 123 ff., 125 ff. – Wahlfreiheit der Schulen 5 f., 15, 64, 67, 68 f., 83, 121, 124 – zulässige 5 f., 15, 64, 67, 68 f., 83 ff., 89 ff., 121 f., 123 ff., 125 ff. Schulgeldverbot 67, 83 – Konsequenzen für die Finanzhilfe 67, 83 – Zulässigkeit 67, 83 Schulgeldverzicht 18, 109 ff., 112, 114, 115, 128 f. – Konsequenzen für die Finanzhilfe 109 ff., 112, 114, 115, 128 f. – Zulässigkeit 109 ff., 112, 114, 115, 128 f. Schulsprengel 56 f., 120 f. Schulverwaltung 11 f., 46, 69, 82 ff., 89 ff., 123 ff. Sonder- und Profilleistungen 76 ff., 90, 98 ff., 103, 123, 127 f. Sonderung – durch Ersatzschulen 5 f., 11 ff., 20 ff., 46 ff., 70 ff., 95, 117 – durch öffentliche Schulen 56 f., 120 f. Sonderungsförderungsverbot siehe Sonderungsverbot

Sonderungsverbot – Adressat 27 f., 118 – aktuelle Debatte 5 f., 11 ff. – als Voraussetzung für Ersatzschulgenehmigung 16 ff., 117 ff. – besitzschwache Eltern 36 f., 118 – besitzstarke Eltern 37 f., 118 – Besitzverhältnisse der Eltern 30 ff., 117 ff. – Dimensionen 29, 41 ff., 119 ff. – Diskriminierungsverbot 5, 15, 29, 42, 43 ff., 82, 119 ff. – Entgelte für außerunterrichtliche Angebote 76, 78 ff., 83, 106 ff., 108 ff., 112 ff., 123, 124, 128 f. – Entgelte für Unterricht und Lernmittel 76 ff., 83, 106, 108 ff., 115, 123, 124, 128 – Fehlinterpretation 5 f., 11 ff. – Fördergebot 5, 15, 29, 42, 62 f., 64, 67, 83, 121 f. – grundrechtsdogmatische Einordnung 18 ff., 42 f., 117 – Inhalt 5 f., 11 ff., 29 ff., 118 f. – Konsequenzen für die Finanzhilfe 5 f., 14 f., 27, 37, 42, 63, 67, 100 ff., 117, 124, 128 f. – Konsequenzen für den Gesetzgeber 5 f., 11 ff., 69, 70, 82 ff., 89 ff., 121 ff., 123 ff., 125 ff. – Konsequenzen für die Schülerauswahl 5 f., 11 ff., 41 ff., 82 ff., 89 ff., 121 ff., 123 ff., 125 ff. – Konsequenzen für Schulgeld 5 f., 11 ff., 62 f., 67 ff., 82 ff., 89 ff., 118 f., 121 ff. – Konsequenzen für die Schulverwaltung 5 f., 11 ff., 69, 70, 82 ff., 89 ff., 121 ff., 123 ff., 125 ff. – Kontrolle 5, 11, 13 f., 46 f., 69, 82 ff., 123 ff. – Missachtung 5 f., 11 ff., 20 ff., 46 ff., 56 f., 70 ff., 95, 117, 120 f. – Rechtsfolgen bei Verstößen 20 ff., 117 – relevante Entgelte 76 ff., 83, 90, 98 ff., 123, 124, 127 f. – Schulgeldmodelle 5 f., 15, 64, 67 ff., 83, 87 f., 89 ff., 121 ff., 125 ff. – Schutzzweck 22, 25, 27, 30 f., 35, 36 ff., 40, 45, 79 f., 81, 82, 118

Sachwortverzeichnis – Sozialleistungsempfänger 36 f., 45, 65, 69, 71, 74, 76, 86, 88, 93 f., 118, 122, 125 – Sozialstaatsprinzip 30 f., 33, 38, 40, 43, 118 – Transparenzgebot 46, 69, 82 f., 88, 124, 125 – unzulässige Schulgeldmodelle 5 f., 64, 67, 69 ff., 83 ff., 89 ff., 122 f., 123 ff., 125 ff. – Verbot mittelbarer Diskriminierung 29, 46 ff., 120 f. – Verbot unmittelbarer Diskriminierung 29, 44 ff., 119 f. – verfassungsrechtlicher Schulbegriff 78 ff., 123 – Vermutung der Sonderungsförderung 89 ff., 125 ff. – zulässige Schulgeldmodelle 5 f., 15, 64, 67, 68 f., 83 ff., 89 ff., 121 f., 123 ff., 125 ff. Sozialleistungsempfänger 36 f., 45, 65, 69, 71, 74, 76, 86, 88, 93 f., 118, 122, 125 Standesschulen 31, 33, 36, 41, 52 Transparenzgebot 46, 69, 82 f., 88, 124, 125 Undurchlässigkeit des Bildungssystems 15, 34, 57 f., 60, 120

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Verhältnismäßigkeitsprinzip – Mängelbeseitigung 23 f., 117 – und Ersatzschulgenehmigung 23 f., 117 – und Finanzhilfe 24 – und Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse 75 f., 88, 122, 123, 125 Vermögensverhältnisse siehe Besitzverhältnisse Verwaltung siehe Schulverwaltung Wartefrist – für Finanzhilfe 25 f., 115 – und Eigenleistung der Ersatzschulen 25 f., 115 Weimarer Reichsverfassung 17, 21, 31, 33, 41, 52 f., 59, 65, 120 – Ersatzschulgenehmigung 17, 21, 31, 33, 41, 52 f., 59, 65, 120 – Schülerauswahl 31, 33, 41, 52 f., 59, 65, 120 – Schulgeld 65 – Sonderungsverbot 17, 21, 31, 33, 41, 52 f., 59, 65, 120 – Zugang Minderbemittelter zu Schulen 31, 33, 41, 52 f., 65, 120