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German Pages 471 [484] Year 2017
Die Makkabäer
Hendrik Stoppel
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber / Editor Jörg Frey (Zürich) Mitherausgeber / Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) · James A. Kelhoffer (Uppsala) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL) · Tobias Nicklas (Regensburg) J. Ross Wagner (Durham, NC)
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Die Makkabäer Herausgegeben von
Friedrich Avemarie (†), Predrag Bukovec, Stefan Krauter und Michael Tilly unter Mitarbeit von
Hendrik Stoppel
Mohr Siebeck
Friedrich Avemarie (†), Studium der Ev. Theologie in Heidelberg, München, Montpellier und Tübingen; Studium der Judaistik in Jerusalem und Berlin; 1995 Promotion; 2000 Habilitation; 2002–12 Professor für Neues Testament und antikes Judentum in Marburg. Predrag Bukovec, geboren 1986; Studium der Kath. Theologie, des Christlichen Orients und der Musikwissenschaft in Tübingen; 2017 Promotion; derzeit Universitätsassistent am Institut für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie in Wien. Stefan Krauter, geboren 1973; Studium der Ev. Theologie und lateinischen Philologie in Tübingen und Helsinki; 2004 Promotion; 2009 Habilitation; derzeit Privatdozent für Neues Testament in München und Pfarrer der Ev. Münstergemeinde Ulm. Michael Tilly, geboren 1963; Studium der Ev. Theologie in Mainz und Heidelberg; 1993 Promotion; 2001 Habilitation; derzeit Professor für Neues Testament und antikes Judentum in Tübingen.
ISBN 978-3-16-153861-2 ISSN 0512-1604 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2017 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.
Vorwort Dem Aufstand des Judas Makkabäus und seiner Brüder war auf lange Sicht eine sehr eigenartige Nachwirkung beschieden: Einerseits wurde mit diesem Aufstand und seinen politischen Folgen erstmals seit Jahrhunderten in Israel wieder eine eigene Geschichte fassbar, die nicht nur in den ersten beiden Makkabäerbüchern und bei Flavius Josephus in je verschiedener Weise als zielgerichtete Entwicklung wahrgenommen wurde, sondern in der sich auch religionsgeschichtlich herausbildete, was sich an Institutionen und religiösen Grundüberzeugungen für das Judentum der Folgezeit – von der herodianisch-römischen Epoche über die entstehende rabbinische Kultur bis heute – als prägend erweisen sollte: Die mosaische Tora gelangte als Offenbarungsschrift und Fundament des jüdischen Rechtes endgültig zum Durchbruch; Synhedrien etablierten sich als konstitutionelle Gremien jüdischer Jurisdiktion; paradigmatische Glaubensdoktrinen kamen auf, allen voran eine messianische Endzeiterwartung, die Glorifizierung des als sühnend gedeuteten Märtyrertodes und die Hoffnung auf die Auferweckung der Toten. Es entstanden die von Josephus als „Philosophenschulen“ bezeichneten religiösen Gruppierungen, aus denen sich in der Folgezeit unter weiteren heftigen Reibungen und Verschiebungen das Christentum und das rabbinische Judentum herausbilden sollten. Allmählich gewann eine Sammlung normativer religiöser Schriften Gestalt, ausgehend von dem Doppelkern der Tora und der Propheten und im Gegenzug mit der Zurückdrängung einer blühenden parabiblischen Literatur. Nicht zuletzt beflügelten die Erfolge der makkabäischhasmonäischen Kriegführung das Bewusstsein vom machtpolitisch-territorialen Anspruch Israels, in restaurativer Anknüpfung an die biblische Davidserzählung, jedoch relativiert durch die asymmetrische Beziehung Judäas zum Römischen Imperium. Andererseits löste sich mit der Zeit die Erinnerung an die historischen Grundlagen all dieser Entwicklungen im Judentum mehr oder minder nachhaltig auf und schmolz im Christentum auf einige ausgewählte Aspekte zusammen. Die ersten beiden Makkabäerbücher, literaturgeschichtlich zunächst derart prägend, dass sie auch einem dritten und vierten Makkabäerbuch ihren Titel zu geben vermochten – obwohl deren alternativ überlieferte Bezeichnungen Ptolemäer bzw. Von der Macht der Urteilskraft sachlich viel besser passen –, erlangten nur in einigen christlichen Kirchen (z. T. temporären) kanonischen Rang. Das hebräische Original des Ersten Makkabäerbuches, welches einigen Kirchenvätern noch bekannt war, geriet unter den Rabbinen in Vergessenheit. Seine griechische Übersetzung blieb wie die drei übrigen, ursprünglich in griechischer Sprache
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Vorwort
verfassten, Bücher der Nachwelt nur auf dem Weg der christlichen Tradierung erhalten. Im Bereich der jüdischen Liturgie hat der Aufstand immerhin in Gestalt des Chanukkafestes eine Spur hinterlassen, dessen ätiologische Fundierung sich freilich im Talmud (bShab 21b) und der Megillat Ta‘anit (25. Kislew) auf ein legendenhaftes Minimum, nämlich das Ölwunder während der Tempelweihe nach dem errungenen Sieg der Hasmonäer, beschränkt. In christlicher Rezeption dagegen reduzierte sich die Bedeutung der Makkabäer auf Widerstand und Bereitschaft zum Martyrium, ja sie wurden gleichsam zu heldenhaften Protomärtyrern, die die Ankunft Christi präfigurierten. Das Vierte Makkabäerbuch wurde schließlich primär wegen seiner pseudepigraphischen Zuschreibung an Flavius Josephus abgeschrieben. Vor dem Hintergrund dieses idiosynkratischen Auseinanderklaffens von historischer Wirkung, literaturgeschichtlichem Niederschlag und kulturellem Gedächtnis verfolgte eine in Tübingen vom 30. Mai bis 2. Juni 2013 veranstaltete Tagung das Ziel, dieses Auseinandertretende unter einer Vielzahl differierender Gesichtspunkte wieder einer umfassenden Gesamtschau zuzuführen: die Analyse der Makkabäerbücher als Literatur, die Erhellung verschiedener Aspekte der Ereignis-, Sozial‑ und Religionsgeschichte der Makkabäerzeit sowie die exemplarische Betrachtung der Rezeption dieser Schriften von der Antike bis in die Neuzeit. Diese thematische und methodische Interdisziplinarität macht auch den grundlegenden Unterschied gegenüber dem letzten großen Sammelband zu den Makkabäerbüchern von G. Xeravits und J. Zsengellér aus.1 Die vielfältige und folgenreiche Bedeutung der Makkabäerzeit wird an den unterschiedlichen Zugängen und Fragestellungen der Beitragenden deutlich. Einen literaturtheoretischen Zugang wählen Jan Willem van Henten, der das Erste und das Zweite Makkabäerbuch unter Zuhilfenahme der Kategorie der Zeit als literarische Komplexe betrachtet, und Anders Klostergaard Petersen, der sich der Geschichtsdeutung und ‑konstruktion im Ersten Makkabäerbuch widmet. Literaturgeschichtlich gehen folgende Beiträge an das Thema heran: Luke Neubert versucht in seinem Aufsatz, die Gattung der Epitome aus der hellenistischen Literatur heraus für das Verständnis des Zweiten Makkabäerbuches fruchtbar zu machen. Thomas Knöppler arbeitet die Wissenschaftsgeschichte des weitgehend noch unbeachteten Dritten Makkabäerbuches auf. Zu den Einleitungsfragen des Vierten Makkabäerbuches nimmt Anna Maria Schwemer ausführlich Stellung. Andere Autoren untersuchen die Ereignisgeschichte: Aus dem Blickwinkel der archäologischen Befunde veranschaulicht Achim Lichtenberger die Makkabäerbücher und ‑zeit. Die Bedeutung der in den Qumran-Höhlen gefundenen 1 G. G. Xeravits / J. Zsengellér (Hg.), The Books of the Maccabees. History, Theology, Ideology. Papers of the Second International Conference on the Deuterocanonical Books, Pápa, Hungary, 9–11 June, 2005 (JSJ.S 118), Leiden 2007.
Vorwort
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Schriften vom Toten Meer als zeitgenössischer und daher kaum zu überschätzender Quellen für die Makkabäerzeit unterstreicht Hermann Lichtenberger in seinem Beitrag, welcher als öffentlicher Abendvortrag die Tübinger Tagung auch vor einem interessierten größeren Publikum repräsentierte. Daniel Schwartz deckt auf, wie man hinter 1 Makk 14 Spannungen und Brüche innerhalb der hasmonäischen Dynastie erkennen kann. Sozialgeschichtlich gehen Markus Öhler und Johannes Bernhardt an die antiken Texte heran: Die Identitätsfrage und, damit unmittelbar zusammenhängend, die Terminologie der Makkabäerbücher in bezug auf das Selbstverständnis der Judäer bzw. Juden beschäftigt Markus Öhler; im Zentrum steht hierbei der Diskurs über eine primär ethnische und/oder religiöse Fundierung des Frühjudentums. Johannes Bernhardt untersucht die Herrschaftslegitimation der Hasmonäerdynastie anhand ihres Gründungsmythos – des Aufstandes gegen die griechische Besatzungsmacht und der Wiedererlangung der Eigenstaatlichkeit. Wieder andere Beiträge widmen sich der Religionsgeschichte der Makkabäerzeit bzw. den religiösen Vorstellungen in den Makkabäerbüchern: Tempeltheologische Aspekte beschäftigen Beate Ego, während Clemens Leonhard danach fragt, ob religiöse Feste auch außerhalb des Heiligtums existiert haben. Armin Lange untersucht die Figur des Jeremia in den Makkabäerbüchern. Jan Dochhorn spürt eine Referenz auf die Eva-Geschichte im Vierten Makkabäerbuch auf. Wie postmortale Existenz im Vierten Makkabäerbuch gedacht wird und welche griechisch-römischen Vorläufer dafür zur Verfügung standen, erläutert Predrag Bukovec. Die kaum zu überschauende und komplexe Wirkungsgeschichte wird anhand ausgewählter und repräsentativer Einblicke thematisiert. Stefan Krauter geht den Schilderungen des Makkabäeraufstands beim römischen Historiker Tacitus nach. Demselben ersten christlichen Jahrhundert entstammt der Apostel Paulus, dessen Briefcorpus Allusionen auf apokryphe und pseudepigraphische Schriften des frühen Judentums aufweist (Gerbern S. Oegema). Christliche Rezeption im Bereich der Martyrologie skizziert Dieter Richter, der den Fokus seines Beitrags auf die Verehrung der sieben Märtyrer in der lateinischen Hagiographie legt. Das Feld der jüdischen Moderne kommt in den Blick, wenn Matthias Morgenstern die Befassung des „orthodoxen“ Judentums mit den Makkabäern nachzeichnet und Hans P. Lichtenberger die Reflexionen des Philosophen Hermann Cohen vorstellt. Es ist kein Zufall, dass gleich drei „Lichtenberger“ als Referenten und Autoren vertreten sind. Die Tagung sollte ein Zeichen der Anerkennung und des Dankes für Hermann Lichtenberger als Mensch und akademischer Lehrer sein, von dessen väterlicher und loyaler Begleitung seine Schülerinnen und Schüler viel berichten können. Ihm ist der Band deswegen auch gewidmet. Leider gesellt sich zur Freude und Dankbarkeit in einem Zug auch die Trauer über den viel zu frühen Tod des Kollegen und Freundes Friedrich Avemarie. Die schockierende
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Vorwort
Nachricht traf uns völlig unerwartet mitten in der Vorbereitung der Tagung. Die Konzeption des Symposiums geht zu einem guten Teil auf seine Mitarbeit zurück, und es ist deswegen nicht nur dem Respekt ihm gegenüber geschuldet, dass er posthum ebenfalls als Herausgeber genannt wird. Michael Tilly und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Tübinger „Institut für antikes Judentum und hellenistische Religionsgeschichte“ sind die beiden damals übriggebliebenen Herausgeber dankbar, dass sie solidarisch eingesprungen sind und das gemeinsame Projekt vor dem Scheitern bewahrten. Tagung wie Sammelband hätten ohne vielfältige Mithilfe und Unterstützung nicht verwirklicht werden können. Deswegen haben wir als Herausgeber des Bandes vor allem Dank zu sagen: der Fritz Thyssen Stiftung für ihre großzügige finanzielle Förderung; dem Verlag Mohr Siebeck, besonders Dr. Henning Ziebritzki, für seine andauernde tatkräftige Unterstützung; den Herausgebern Prof. Dr. Jörg Frey, Prof. Dr. Markus Bockmuehl, Prof. Dr. James A. Kelhoffer, Prof. Dr. Hans-Josef Klauck und Prof. Dr. Tobias Nicklas für die Möglichkeit der Publikation in der renommierten Reihe WUNT; der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen für die Bereitstellung ihrer Räumlichkeiten; den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IAJ für ihren eifrigen Einsatz während der Tagung und bei allen anfallenden Korrekturarbeiten; Herrn Dipl. Theol. Hendrik Stoppel für die akribische Bearbeitung sämtlicher Manuskripte und die professionelle Erstellung der Satzvorlage. Im Februar 2016
Predrag Bukovec Stefan Krauter Michael Tilly
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Achim Lichtenberger Die Jerusalemer Religionsreform im Kontext. Antiochos IV., Antiochia und Zeus Olympios . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Hermann Lichtenberger Die Qumrantexte als Quelle für die Makkabäerzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Anders Klostergaard Petersen 1 Maccabees from an Axial Age Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Daniel R. Schwartz 1 Maccabees 14 and the History of the Hasmonean State . . . . . . . . . . . . . . . 69 Jan Willem van Henten Time as a Narrative Tool in 2 Maccabees . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Beate Ego Der Tempel im 2. Makkabäerbuch im Kontext der Jerusalemer Kultkonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Clemens Leonhard Tempelfeste außerhalb des Jerusalemer Tempels in der Diaspora . . . . . . . . . 123 Markus Öhler Judäer oder Juden? Die Debatte „Ethnos vs. Religion“ im Blick auf das 2. Makkabäerbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Luke Neubert Inventing Jason of Cyrene? 2 Maccabees and the Epitome . . . . . . . . . . . . . . 187 Armin Lange Jeremia in den Makkabäerbüchern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
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Inhaltsverzeichnis
Johannes C. Bernhardt Judas und seine Brüder. Zum Bild der Hasmonäerfamilie in den Makkabäerbüchern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Anna Maria Schwemer Zu Entstehungszeit und ‑ort des 4. Makkabäerbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Predrag Bukovec Per aspera ad astra. Leben nach dem Tod im 4. Makkabäerbuch . . . . . . . . . . 275 Jan Dochhorn „Ich bewahrte die gebaute Seite“ (4 Makk 18,7). Eine Referenz auf die Verführung der ersten Frau im vierten Makkabäerbuch und ihre überlieferungsgeschichtlichen Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Stefan Krauter Tacitus über Antiochos IV. und die Makkabäer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Gerbern S. Oegema 1 and 2 Maccabees in Paul’s Letter to the Galatians . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Dieter Richter Die Geschichte vom Martyrium der Sieben Brüder (2 Makk 7) in der westlichen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Matthias Morgenstern „Gendered Resistance“. Anmerkungen zur Makkabäer-Rezeption im rabbinischen und modernen Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 Hans P. Lichtenberger Judentum und Griechentum bei Hermann Cohen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Thomas Knöppler Marksteine der wissenschaftlichen Arbeit am 3. Makkabäerbuch (1564–1913) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469
Abkürzungen Verwendete Abkürzungen richten sich nach S. M. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin/New York, NY 19922. Zusätzlich werden die antiken Autoren abgekürzt nach DNP1 (1996), XXXIX–XLVII. Abgekürzt zitierte Textausgaben: LXX.D PG PL PVTG
Septuaginta Deutsch. Erläuterungen und Kommentare zum griechischen Alten Testament, hg. v. M. Karrer, Stuttgart 2011. Patrologia graeca. Du premier siècle à 1478, hg. v. J.-P. Migne, Paris 1857–1866. Patrologiae cursus completus / Series Latina, hg. v. J.-P. Migne, Paris 1844–1974. Pseudepigrapha Veteris Testamenti Graece, hg. v. A. M. Denis, 1964–2005.
Abgekürzt zitierte Werke: AncBD DNP
Anchor Bible Dictionary, hg. v. D. N. Freedman, New York, NY 1992. Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, hg. v. H. Cancik und H. Schneider, Stuttgart/Weimar 1996 ff.
Bibliographische Abkürzungen: ABG AJEC BSt CBET CEJL HThKAT KEHA MTSR NSK
Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte, Leipzig. Ancient Judaism and Early Christianity, Leiden/Boston, MA. Biblische Studien, Neukirchen-Vluyn. Contributions to Biblical Exegesis and Theology, Leuven. Commentaries on Early Jewish Literature, Berlin u. a. Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg u. a. Kurzgefasstes exegetisches Handbuch zu den Apokryphen des Alten Testamentes, Leipzig. Method & Theory in the Study of Religion, Leiden. Neuer Stuttgarter Kommentar, Stuttgart.
Die Jerusalemer Religionsreform im Kontext Antiochos IV., Antiochia und Zeus Olympios Achim Lichtenberger
Die unter dem Seleukidenkönig Antiochos IV. (175–164 v. Chr.)1 stattfindenden Ereignisse einer „Religionsreform“ in Jerusalem gelten zu Recht als einer der entscheidenden Katalysatoren der Herausbildung des Judentums, wie es uns in hellenistisch-römischer Zeit entgegentritt.2 Die Dynamiken von Hellenisierung und Resistenz und die Motivationen der unterschiedlichen Akteure – Jerusalemer priesterliche Elite, konservative Kreise und nicht zuletzt der Seleukidenkönig selbst – sind bis heute Gegenstand von Forschungskontroversen, bei denen ein Konsens kaum absehbar ist. Im Wesentlichen lassen sich zwei Positionen umreißen.3 (1) Die Einführung des Zeus Olympios in Jerusalem und eine angestrebte Umwidmung des Jüdischen Tempels in einen Tempel des Zeus Olympios war eine repressive Maßnahme des Seleukidenkönigs, welche auf eine Zwangshellenisierung Jerusalems abzielte. Dagegen regte sich der Widerstand der Juden,
1 Zu Antiochos IV. siehe grundlegend O. Mørkholm, Antiochus IV of Syria, Kopenhagen 1966 und P. F. Mittag, Antiochos IV. Epiphanes. Eine politische Biographie (Klio.B NF 11), Berlin 2006. 2 Vgl. etwa V. Tcherikover, Hellenistic Civilization and the Jews, Philadelphia, PA 1959, 235; M. Hengel, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh.s v. Chr. (WUNT 10), Tübingen 19883, 555–564; F. Millar, The Background to the Maccabean Revolution: Reflections on Martin Hengel’s „Judaism and Hellenism“, JJS 29 (1978) 1–21, hier 1. 3 Vgl. dazu im Folgenden (in Auswahl) E. Bickermann, Der Gott der Makkabäer. Untersuchungen über Sinn und Ursprung der makkabäischen Erhebung, Berlin 1937; V. Tscherikover, Civilization, 152–203; F. Millar, Background; T. Fischer, Seleukiden und Makkabäer. Beiträge zur Seleukidengeschichte und zu den politischen Ereignissen in Judäa während der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr., Bochum 1980; K. Bringmann, Hellenistische Reform und Religionsverfolgung in Judäa. Eine Untersuchung zur jüdisch-hellenistischen Geschichte (175–163 v. Chr.) (AAWG.PH 132), Göttingen 1983; M. Hengel, Judentum, 503–555; O. Keel / U. Staub, Hellenismus und Judentum. Vier Studien zu Daniel 7 und zur Religionsnot unter Antiochus IV. (OBO 178), Fribourg 2000, 87–117; J. Scurlock, 167 BCE: Hellenism or Reform?, JSJ 31 (2000) 125–161; P. F. Mittag, Antiochos, 225–281; J. Ma, Relire les Institutions des Séleucides de Bickerman, in: S. Benoist (Hg.), Rome, a City and its Empire in Perspective. The Impact of the Roman World through Fergus Millar’s Research, Leiden 2012, 59–84, hier 70–84.
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Achim Lichtenberger
welcher in den Makkabäeraufstand mündete. Diese Erklärung findet sich bereits in 1 Makk 1,41–51 und 2,19 f. (2) Die Einführung des Zeus Olympios in Jerusalem und das Eindringen des Zeus Olympios in den jüdischen Tempel war Schlusspunkt einer Selbsthellenisierung, welche innerhalb der priesterlichen Jerusalemer Elite betrieben wurde, die Unterstützung des Seleukidenkönigs erhielt und gegen die sich „konservative“ Kreise des Judentums im Makkabäeraufstand wandten. Im Kern geht die These auf Elias Bickermann zurück.4 Grundlage dieser Interpretationen, bei denen es zahlreiche differenzierte Zwischenstufen gibt, sind die literarischen Quellen, insbesondere die Makkabäerbücher und das Danielbuch. Im Folgenden sollen archäologische Zeugnisse zur Kontextualisierung der Ereignisse unter Antiochos IV. diskutiert werden; doch seien zunächst noch einmal kurz die bekannten Textzeugnisse der Makkabäerbücher vorgestellt. Die Ereignisse werden üblicherweise in zwei Phasen eingeteilt: I. Die Reformbestrebungen unter dem Hohenpriester Jason (ca. 174–171 v. Chr.). II. Der Konflikt bis zur makkabäischen Erhebung (ca. 171–167 v. Chr.) Zu I.: Über die erste Phase berichtet uns 2 Makk 4,7–15 (Übersetzung Christian Habicht): „Da aber Seleukos aus dem Leben geschieden war und Antiochos mit dem Beinamen Epiphanes das Königtum übernommen hatte, erschlich Jason, der Bruder des Onias, die Hohepriesterwürde, indem er dem König in einer persönlichen Unterredung 360 Silbertalente versprach und aus einer anderen Einnahmequelle nochmals 80. Darüber hinaus versprach er, noch weitere 150 Talente zu überweisen, wenn ihm zusätzlich gewährt würde, in eigener Kompetenz ein Gymnasion und eine Ephebie zu gründen und die Liste derer aufzustellen, die in Jerusalem Bürger von Antiocheia sein sollten. Als der König dies gewährt hatte, bemächtigte Jason sich des Hohenpriesteramtes und formte sogleich seine Stammesbrüder nach griechischer Weise um. Über die bestehenden königlichen Privilegien für die Juden ging er hinweg, die sie durch Johannes, den Vater des Eupolemos (…), erhalten hatten. Er hob die auf dem Gesetz beruhende Verfassung auf und führte dem Gesetz zuwiderlaufende neue Bräuche ein. Er machte sich ein Vergnügen daraus, gerade unterhalb der Akropolis ein Gymnasium zu erbauen, und führte dorthin die kräftigsten Epheben unter dem Sonnenhut. Es entstand aber eine solche Blüte des Hellenismus und ein solcher Zulauf zur Fremdtümelei durch die übermächtige Verruchtheit des gottlosen Jason, der alles andere als ein Hoherpriester war, daß die Priester zum Altardienst nicht mehr willig waren, sondern voll Verachtung für den Tempel und unbekümmert um die Opfer wetteiferten, an der gesetzwidrigen Ölverteilung in der Palästra teilzunehmen, sobald nur der Schall des Diskus zu ihnen drang. Und die von den Vätern übernommenen Ehren achteten sie nichts, sondern hielten die griechischen Auszeichnungen für die besten.“ 4 E. Bickermann, Gott. Siehe dazu etwa M. Hengel, Judentum, 525 und zur forschungsgeschichtlichen Einordnung von Bickermann A. I. Baumgarten, Elias Bickerman on the Hellenizing Reformers: A Case Study of an Unconvincing Case, JQR 97 (2007) 149–179, und J. Ma, Relire, 72. 83.
Die Jerusalemer Religionsreform im Kontext
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Etwas knapper berichtet 1 Makk 1,10–15 (Übersetzung Klaus-Dieter Schunck): „Aus ihnen (den Diadochen) ging ein sündhafter Sproß hervor, Antiochos Epiphanes, ein Sohn des Königs Antiochos. (…) In jenen Tagen traten in Israel frevelhafte Leute auf, und sie überredeten viele, indem sie sagten: ‚Laßt uns hingehen und mit den Völkern, die rings um uns sind, ein Übereinkommen treffen, denn seitdem wir uns von ihnen abgesondert haben, traf uns viel Unheil.‘ Dieser Vorschlag fand Beifall bei ihnen, und einige aus dem Volk erklärten sich bereit, zum König zu gehen; der erteilte ihnen Vollmacht, die Satzungen der Heiden einzuführen. Da erbauten sie eine Ringschule in Jerusalem nach der Sitte der Heiden, und stellten sich (künstlich) ihre Vorhaut wieder her und fielen (so) vom heiligen Bund ab. Sie verbanden sich mit den Heiden und verkauften sich dazu, das Böse zu tun.“
Zu II.: Die zweite Phase beginnt während des 2. Ägyptischen Kriegs (170/169 v. Chr.) des Antiochos IV. Zuvor wurde der Hohepriester Jason von Menelaos als Hoherpriester abgelöst, doch Jason versuchte nun gewaltsam Jerusalem wieder zu erobern. Dieser interne Konflikt im Seleukidenreich, der die Ruhe im Reich und die Einnahmen des Königs gefährdete,5 provozierte das Eingreifen des Antiochos IV. in Jerusalem, der den Tempel beraubte, und einen Aufseher in Jerusalem zurückließ, den Phryger Philippos. Kurze Zeit später schickte er den Mysiarchen Apollonios nach Jerusalem, der ein Massaker anrichtete. In 2 Makk 6,1–9 geht es dann weiter: „Nach nicht langer Zeit aber entsandte der König den Athener Geron, um die Juden zu zwingen, vom väterlichen Glauben abzugehen und nicht mehr nach Gottes Geboten ihr Leben einzurichten, aber auch um den Tempel in Jerusalem zu entweihen und umzutaufen in Tempel des „Olympischen Zeus“, den auf dem Berg Garizim in Tempel des „Gastlichen Zeus“, wie es die den Platz Bewohnenden beantragt hatten. Dieses Überhandnehmen der Schlechtigkeit aber war schlimm und in allem verdrießlich. Denn das Heiligtum wurde von der Liederlichkeit und den Gelagen der Heiden erfüllt, die sich mit Hetären dem Liebesgenuß hingaben und sich im eingezäunten heiligen Bereich Frauen näherten, obendrein aber noch in ihn hineinbrachten, was nicht geziemend war. Der Opferaltar füllte sich mit unreinen, von Gesetzen verbotenen Gaben. Und es war weder möglich den Sabbat zu feiern, noch die väterlichen Feste zu begehen, noch sich überhaupt nur als Juden zu bekennen. Mit bitterem Zwang wurden sie am Geburtstag des Königs allmonatlich zum Opferschmaus geschleppt. Am Fest der Dionysien zwang man sie, mit Efeu bekränzt an der Prozession für Dionysos teilzunehmen. In die benachbarten griechischen Städte aber erging ein Erlass, in dem Ptolemaios befahl, dieselbe Einstellung zu den Juden einzunehmen [und die Eingeweide der Opfertiere zu verspeisen], diejenigen jedoch zu töten, die es ablehnten zur griechischen Art überzutreten. Da konnte man nun das ganze Ausmaß des Elends sehen.“
Im Folgenden berichtet der Autor von Martyrien und schließlich dem Beginn des makkabäischen Aufstands in Modein. 5 Zu den übergeordneten politischen Herrschaftsinteressen des Antiochos IV. vgl. P. F. Mittag, Antiochos, 67–70.
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Auch 1 Makk 1,41–59 erzählt von diesen Ereignissen: „Da erließ der König ein Dekret für sein ganzes Reich, daß alle ein Volk bilden sollten und ein jeder seine (besonderen) Gebräuche aufgeben sollte; und alle Völker fügten sich dem Befehl des Königs. Auch viele aus Israel fanden Gefallen an seinem Kult, opferten den Götzen und entweihten den Sabbat. Doch der König sandte durch Boten (noch) schriftliche Anweisungen nach Jerusalem und in die Städte Judas, daß sie die dem Lande fremden Gebräuche befolgen sollten, Brandopfer, (Schlacht)opfer und Trankopfer im Heiligtum unterlassen, Sabbate und Feste entweihen und Heiligtum und Heilige verunreinigen sollten. Dagegen sollten sie Altäre, heilige Bezirke und Götzenheiligtümer errichten, sowie Schweine und (andere) unreine Tiere opfern, ihre Söhne sollen sie unbeschnitten lassen und ihre Seelen durch allerlei Unreines und Greuliches beflecken, so daß sie das (jüdische) Gesetz vergäßen und alle (seine) Gebote abschafften. Wer aber nicht nach der Weisung des Königs handelte, sollte sterben. Entsprechende Anordnungen sandte er in das ganze Reich und setzte Aufseher über das ganze Volk ein; den Städten Judas aber befahl er, (heidnische) Opfer darzubringen – Stadt für Stadt. Da schlossen sich ihnen viele aus dem Volk an, – ein jeder, der vom Gesetz abfiel. Sie verübten Böses im Lande und zwangen (das wahre) Israel, sich in jedem ihrer Schlupfwinkel zu verbergen. Am 15. Chislew des Jahres 145 (168 v. Chr.) erbaute (der König) ein Greuel der Verwüstung auf dem Brandopferaltar, und in den Städten Judas ringsum erbauten (die Leute des Königs heidnische) Altäre; vor den Türen der Häuser und auf den Straßen brachten sie Opfer dar. Die Gesetzbücher, die sie fanden, zerrissen sie und verbrannten sie; wenn aber bei jemand ein Buch des Bundes gefunden wurde oder richtete sich jemand nach dem Gesetz, dann überlieferte ihn der Erlaß des Königs dem Tode. Sie machten gegenüber Israel (schonungslos) von ihrer Macht Gebrauch, – gegenüber allen, die sie Monat für Monat in den Städten ertappten. Am 25. des Monats opferten sie auf dem Altar, der auf dem Brandopferaltar stand.“
Auch hier folgen im Weiteren die Martyriumsberichte und der Beginn des Makkabäeraufstands. Im Hinblick auf die Übersetzung sei jedoch angemerkt, dass folgender Absatz in der Übersetzung von Schunck eine Interpretation nahelegt, die vom griechischen Text her nicht zwingend gefordert ist.6 „Am 15. Chislew des Jahres 145 (168 v. Chr.) erbaute (der König) ein Greuel der Verwüstung auf dem Brandopferaltar, und in den Städten Judas ringsum erbauten (die Leute des Königs heidnische) Altäre; vor den Türen der Häuser und auf den Straßen brachten sie Opfer dar.“
Dass „der König“ ein „Greuel der Verwüstung“ baute, wird von oikodomäsen nicht gefordert, Subjekt ist unbestimmt „er“ oder „man“. Dasselbe gilt für den weiteren Verlauf des Textes: dass die „Leute des Königs“ für den Bau der Altäre verantwortlich seien, ist nicht zwingend, denn oikodomäsan sieht ebenfalls unbestimmt nur ein „sie“ als handelnde Personen vor. In beiden Fällen bleibt unklar, ob die Initiative vom König Antiochos und seinem unmittelbaren Umfeld ausging, oder ob nicht etwa Juden aus Jerusalem die Initiative ergriffen. 6 Vgl. auch J. A. Goldstein, I Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 41), New York, NY u. a. 1976, 206.
Die Jerusalemer Religionsreform im Kontext
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Auf die Bezugnahmen des Danielbuchs zu den Ereignissen soll nicht weiter eingegangen werden, sie berichten in ähnlicher Weise einerseits von Zwangsmaßnahmen des Königs, zum anderen aber auch von der Beteiligung der jüdischen Bevölkerung an den „Reformen“. Der „Greuel der Verwüstung“ geht auf das Danielbuch zurück.7 Soweit also die wichtigsten literarischen Quellen. Reduziert man diese aus einer anti-hellenistischen Tendenz geschriebenen Berichte der hasmonäischen Sieger des Konflikts8 auf den Kern und entkleidet sie der tendenziösen Erklärungen der Motivationen der Akteure, so bleibt folgendes: – Unter dem Hohenpriester Jason kulminiert die Selbsthellenisierung in dem Wunsch, ein Antiochia in Jerusalem zu gründen. Der Seleukidenkönig Antiochos IV. gibt dazu sein Einverständnis und die Institutionen einer hellenistischen Polis wie das Gymnasium werden etabliert. Zu diesem Zeitpunkt ist keine Rede von heidnischem Kult in Jerusalem, nur eine Vernachlässigung des jüdischen wird beklagt. – Ab 171 v. Chr. schickt Antiochos verschiedene Gesandte nach Jerusalem, die Maßnahmen durchführen. Offenbar wurde heidnischer Kult eingeführt, möglicherweise – was allerdings nur 2 Makk überliefert – sogar der Kult des Zeus Olympios im Jerusalemer Tempel installiert. Außerdem wurden Maßnahmen durchgeführt, welche die traditionelle jüdische Religionspraxis einschränkten bzw. untersagten (bezogen auf Sabbat, Opfer, Speisevorschriften, Beschneidung). Bei diesen Maßnahmen bleiben die Akteure aber relativ unklar: Man gewinnt den Eindruck, dass es durchaus auch Juden gewesen sein könnten, die diese Maßnahmen, gedeckt durch Gesandte des Königs, vorantrieben. Für die Maßnahmen am Garizim wird in 2 Makk explizit vermerkt, dass die Initiative von der Lokalbevölkerung ausging.9 Es sei nun im Folgenden vor allem der Frage nachgegangen, ob das, was durch den ägyptischen Feldzug getrennt ist, wirklich zwei verschiedene Stufen sind, oder ob nicht die Gründung eines Antiochias in Jerusalem und die Einführung 7 „Greuel der Verwüstung“ auch in 1 Makk 6,7. Zu der Narration im Danielbuch vgl. auch O. Keel / U. Staub, Hellenismus, 89–91; 103–112. 8 Vgl. dazu mit weiterer Literatur J. A. Goldstein, I Maccabees, 62–89; J. Maier, Israel als Gegenüber der Diadochenreiche, in: F. Siegert (Hg.), Israel als Gegenüber. Vom Alten Orient bis in die Gegenwart. Studien zur Geschichte eines wechselvollen Zusammenlebens (SIJD 5), Göttingen 2000, 53–72, hier 60–63; P. F. Mittag, Antiochos, 225–230; D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin/New York, NY 2008, 38–56. 9 Zum Hintergrund und zur Durchführung der Maßnahmen am Garizim vgl. auch E. Bickermann, Gott, 123–126; F. Millar, Background, 5 f., 15 f.; T. Fischer, Seleukiden, 39–41; M. Hengel, Judentum, 535–537; W. Thiel, Überlegungen zur Kultur‑ und Religionspolitik König Antiochos’ IV. Epiphanes am Beispiel der Entwicklung des Heiligtums des Zeus Olympios/Akraios von Nysa-Skythopolis, in: C. Frevel / H. von Hesberg (Hg.), Kult und Kommunikation. Medien in Heiligtümern der Antike, Wiesbaden 2007, 121–163, hier 130–135. Siehe jetzt aber auch D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 537–540.
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heidnischen Kultes, wohl des Zeus Olympios, ein und derselbe Vorgang sind. Daran schließt sich die Frage an, ob überhaupt König Antiochos Hauptakteur dieser Reformen ist oder ob es sich nicht vielmehr auch in der zweiten Stufe vor allem um einen innerjüdischen Konflikt handelt, der im Nachhinein einem auswärtigen König angelastet wird. Letzteres zeichnet sich in der Forschung in der Folge von Elias Bickermann10 tendenziell durchaus ab; solches legte auch Martin Hengel nahe, der auf die geopolitische Dimension des Konflikts zwischen Jason und Menelaos und den Ptolemäern und Seleukiden hinwies.11 Auch die jüngste Untersuchung des Konflikts, jene des Althistorikers Peter Franz Mittag, relativiert die aktive Beteiligung des Antiochos und stellt den Hohenpriester Menelaos als Hauptakteur heraus, der natürlich nur mit Zustimmung des Seleukidenkönigs handeln konnte.12 Um sich diesen Fragen anzunähern, sollen Zeugnisse aus der Umwelt betrachtet werden. Zunächst einmal sei (1), was auch andere schon vorher gemacht haben,13 kurz angerissen, ob die beschriebenen Vorgänge überhaupt zur Einstellung des Antiochos IV. gegenüber lokalen Kulten in seinem Reich passen. (2) Sollen dann Beispiele aus der Region betrachtet werden, bei denen vermutlich tatsächlich Antiochos IV. in lokale Gemeinwesen eingriff, Antiocheiai gegründet und den Kult des Zeus Olympios eingeführt hat. Zu (1): Es wurde wiederholt herausgestellt, dass es keine Zeugnisse für ein vergleichbar restriktives Verhalten des Antiochos IV. gegenüber lokalen Kulten gibt.14 Wir sind weit davon entfernt, dass Antiochos IV. irgendwo einen allgemeinen Kult einführen wollte, und der Vorwurf, er habe keine Götter geachtet (Dan 11,37 f.), trifft nicht. Die numismatischen Zeugnisse, die den Vorteil haben, dass sie zeitgenössisch und offiziell sind, legen ein ganz anderes Bild nahe. Die seleukidische Reichsprägung, die auch in der Levante verschiedene Prägestätten hatte, folgte der Tradition Antiochos III. (223–187 v. Chr.), lokale Kulte und Mythen der Prägestätten auf den Rückseitenbildern zu propagieren. Es kam sogar 10 E. Bickermann,
Gott. Siehe dazu oben mit Anm. 4. M. Hengel, Judentum, 486–515. Siehe dazu jetzt auch K. Ehling, Unruhen, Aufstände und Abfallbewegungen der Bevölkerung in Phönikien, Syrien und Kilikien unter den Seleukiden, Historia 52 (2003) 300–336, bes. 332–336, der den Großteil der Aufstandsbewegungen im Seleukidenreich vor dem Hintergrund der geopolitischen Konkurrenz zwischen Ptolemäern und Seleukiden sehen möchte. 12 P. F. Mittag, Antiochos, 268: „Eines dürfte aber unstrittig sein: Antiochos IV. war an dem ‚Religionsedikt‘ beteiligt – und sei es nur durch seine Unterschrift.“ Hingegen stärker als Hauptakteur der Maßnahmen wird Antiochos IV. von F. Millar, Background und J. Ma, Relire, bes. 83 dargestellt. Vgl. auch A. I. Baumgarten, Bickerman; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 273. 13 Vgl. etwa O. Keel / U. Staub, Hellenismus, 94 f. 14 Kaum als Gegenbeispiel taugt der Bericht über eine Tempelplünderung des Antiochos IV. in der Elymais. Vgl. dazu J. Wiesehöfer, Συνοίκησις und ἀπορία χρημάτων. Antiochos IV. und die Heiligtümer der Elymais, in: N. Ehrhardt / L.-M. Günther (Hg.), Widerstand – Anpassung – Integration. Die griechische Staatenwelt und Rom. FS für J. Deininger zum 65. Geburtstag, Stuttgart 2002, 109–120, und P. F. Mittag, Antiochos, 149–151. 11
Die Jerusalemer Religionsreform im Kontext
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zu einer Ausweitung der Prägestätten,15 und so wird in den Bronzeemissionen in Berytos auf den lokalen Poseidon (Abb. 1)16, in Sidon auf Apollon, Dionysos und Europa (Abb. 2)17, in Byblos auf ägyptisierende Lokalkulte (Abb. 3)18 und in Tyros auf Europa und Herakles-Melqart (Abb. 4)19 Bezug genommen. Solche Zeugnisse sprechen von Respekt gegenüber den Lokalkulten; die Respektierung solcher Kulte konnte die Loyalität der Stadtbewohner befördern. In der Edelmetallprägung des Antiochos IV., neben Antiochia auch in der Münzstätte Akko-Ptolemais, erscheint nun nicht mehr allein der seleukidische Dynastiegott Apollon20, sondern auch Zeus Olympios (Abb. 5)21, der unter Antiochos IV. an dynastisch-repräsentativer Bedeutung gewann.22 Auch wenn Peter Franz Mittag die Bedeutung des Zeus Olympios für Antiochos IV. zuletzt herunterspielen wollte,23 ist doch unzweifelhaft, dass Zeus Olympios in der Repräsentation des Antiochos IV. eine hervorragende Rolle einnahm, wie etwa auch der Neubau des Zeus Olympios-Tempels in Athen unterstreicht.24 Weiter kann beobachtet werden, dass unter Antiochos IV. eine verstärkte Sakralisierung des Herrscherbildes durch Epitheta und Attribute erfolgte, was möglicherweise als autokratisches Gebaren des Königs gedeutet werden kann.25 Dennoch gibt uns die Münzprägung des Antiochos IV. zunächst einmal keinen Anlass, auf eine drastisch restriktive Religionspolitik gegenüber lokalen Kulten in seinem Reich zu schließen. Zu (2): In der römischen Kaiserzeit haben zahlreiche Städte der Levante begonnen, eigene Bronzemünzen auszugeben. Sie thematisierten einerseits die lokalen Gottheiten, Mythen und Bauwerke, andererseits die eigene Vergangenheit. Daher sind sie eine Primärquelle der Stadtgeschichte.26 15 Vgl.
198.
zum Hintergrund O. Mørkholm, Antiochus, 125–130; P. F. Mittag, Antiochos, 182–
16 A. Houghton / C. Lorber / O. D. Hoover, Seleucid Coins. A Comprehensive Catalogue. Part 2: Seleucus IV through Antiochus XIII. Volume I: Introduction, Maps, and Catalogue. Volume II: Appendices, Indices, and Plates, New York, NY/Lancaster/London 2008, 81–82 Nr. 1448–1449; 1451–1452. Münzen von „Laodikeia in Kanaan“. 17 A. Houghton / C. Lorber / O. D. Hoover, Seleucid Coins, 83–84 Nr. 1455–1456 (Europa); 1457–1458 (Apollo); 1459 (Dionysos); 1460 (Mänade). 18 A. Houghton / C. Lorber / O. D. Hoover, Seleucid Coins, 80–81 Nr. 1442–1447 (diverse ägyptische bzw. ägyptisierende Gottheiten). 19 A. Houghton / C. Lorber / O. D. Hoover, Seleucid Coins, 87 Nr. 1469 (Europa); 1471 (Herakleskeule). 20 A. Houghton / C. Lorber / O. D. Hoover, Seleucid Coins, 89 Nr. 1472–1475. 21 A. Houghton / C. Lorber / O. D. Hoover, Seleucid Coins, 89–90 Nr. 1476. 22 P. F. Mittag, Antiochos, bes. 142 f. 23 P. F. Mittag, Antiochos, 139–145. 24 Zur Bedeutung des Zeus Olympios für Antiochos IV. vgl. auch W. Thiel, Überlegungen; N. Kreutz, Zeus und die griechische Polis. Topographische und religionsgeschichtliche Untersuchungen von archaischer bis in hellenistische Zeit (TAF 3), Rahden 2007, 215–222. 25 Vgl. auch zuletzt P. van Nuffelen, Le culte royal de l’empire des Séleucides. Une réinterprétation, Historia 53 (2004) 278–301, hier 297 mit Anm. 102 und P. F. Mittag, Antiochos, 128–139. 26 Dies wurde insbesondere für Kleinasien extensiv betrachtet. Vgl. dazu etwa P. Weiss,
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Achim Lichtenberger
In der Levante standen insbesondere die Städte der Dekapolis in hellenistischer Zeit unter einem besonderen griechischen Einfluss. Nach der Schlacht vom Paneion 200 v. Chr., mit der die Seleukiden von den Ptolemäern die Region eroberten, wurde Südsyrien gewissermaßen Grenzgebiet zwischen den beiden hellenistischen Reichen. Daher hatten die Könige vitales Interesse an der Sicherheit und Loyalität der Städte. Insbesondere im Ostjordanland kann im 2. Jh. v. Chr. ein Urbanisierungsschub festgestellt werden, der sich in einer Reihe von Neugründungen von Siedlungen niederschlug.27 Diese Siedlungen sind für uns im archäologischen Befund nur punktuell fassbar, allerdings geben uns die bis in die Kaiserzeit tradierten dynastischen Toponyme einen eindeutigen Hinweis darauf, dass nach der seleukidischen Eroberung ein Gründungs‑ und Urbanisierungsprogramm einsetzte.28 So wurden Gerasa, Gadara und Hippos als Antiochia, Abila und Gadara als Seleukeia und Skythopolis als Nysa neu gegründet. Zudem sind weitere seleukidische Toponyme belegt (u. a. ein Seleukeia in Nordpalästina29 und weitere Orte30, welche sich allerdings nicht immer eindeutig lokalisieren lassen). Solche Neugründungen sind ein Hinweis darauf, dass Bürgergemeinschaften unter dem Schutz des seleukidischen Königshauses (und von diesem wohl Lebendiger Mythos. Gründerheroen und städtische Gründungstraditionen im griechisch-römischen Osten, Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft 10 (1984) 179–195; ders., Kaiserzeitliche Städteprägung und klassische Altertumswissenschaften, in: J. Nollé / B. Overbeck / P. Weiss (Hg.), Nomisma. Historisch-numismatische Forschungen. 1. Internationales Kolloquium zur kaiserzeitlichen Münzprägung Kleinasiens. 27.–30. April 1994 in der Staatlichen Münzsammlung München, Mailand 1997, 27–36; K. W. Harl, Civic Coins and Civic Politics in the Roman East A. D. 180–275, Berkeley, CA/Los Angeles, CA/London 1987, 16; R. Lindner, Mythos und Identität. Studien zur Selbstdarstellung kleinasiatischer Städte in der römischen Kaiserzeit (Schriften der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann-WolfgangGoethe-Universität Frankfurt am Main / Geisteswissenschaftliche Reihe 9), Stuttgart 1994, 21 f. Zu der Region vgl. u. a. (und mit weiterführender Literatur) A. Lichtenberger, Kulte und Kultur der Dekapolis. Untersuchungen zu numismatischen, archäologischen und epigraphischen Zeugnissen (ADPV 29), Wiesbaden 2003; ders., City Foundation Legends in the Decapolis, Bulletin of the Anglo-Israel Archaeological Society 22 (2004) 23–34. 27 W. Thiel, Untersuchungen zum hellenistischen Siedlungswesen in Palästina und Transjordanien, München 2007. 28 Vgl. im Folgenden A. Lichtenberger, Kulte, 345–351 und ders., Artemis and Zeus Olympios in Roman Gerasa and Seleucid Religious Policy, in: T. Kaizer (Hg.), The Variety of Local Religious Life in the Near East in the Hellenistic and Roman Periods (Religions in the Graeco-Roman World 164), Leiden/Boston, MA 2008, 133–153. Siehe auch grundlegend zu den griechischen Toponymen E. Frézouls, Fondations et refondations dans l’Orient syrien. Problèmes d’identification et interpretation, in: P.-L. Gatier u. a. (Hg.), Géographie historique au Proche-Orient, Paris 1988, 111–131. Vgl. aber auch die kritischen Ausführungen zu möglichen Städtegründungen durch Antiochos IV. bei O. Mørkholm, Antiochus, 115–118 und P. F. Mittag, Antiochos, 201–208. 29 Ios. bell. Iud. 1,105; ant. Iud. 13,393. Vgl. dazu G. Schmitt, Siedlungen Palästinas in griechisch-römischer Zeit. Ostjordanland, Negeb und (in Auswahl) Westjordanland (BTAVO.B 93), Wiesbaden 1995, 305; A. Lichtenberger, Kulte, 315 f.; G. M. Cohen, The Hellenistic Settlements in Syria, the Red Sea Basin, and North Africa, Berkeley, CA/Los Angeles, CA/London 2006, 288 f. 30 Vgl. G. M. Cohen, Settlements, 228–233. 286–288 (zu Gaza).
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Die Jerusalemer Religionsreform im Kontext
Zeus Olympios
Asylia
Seleukid. Stadtname
Hippos
X
X
X
Gadara
X
X
X
Skythopolis
X
X
X
Gerasa
X
X
X
X
X
Abila
Ptolem. Stadtname
Pella
X
Philadelphia
X
Tabelle 1: Vorkommen von Zeus Olympios, Asylia und dynastischen Stadtnamen
auch mit Privilegien versehen) gegründet wurden. Ein Privileg war die sakrale Unverletzlichkeit des Ortes bzw. des Hauptheiligtums des Ortes, die Asylia31 (Tabelle 1). Sie ist in allen fünf genannten Städten in der Kaiserzeit belegt. Dass dies kein Zufall war, belegen zwei andere Städte der Dekapolis, Philadelphia und Pella, welche beide noch über ptolemäische dynastische Namen verfügten (Pella trug auch den Namen einer ptolemäischen Königin, Berenike32, und Philadelphia war nach Ptolemaios II. Philadelphos benannt33). Beide erhielten unter den Seleukiden keinen neuen Namen und in beiden ist die Asylia nicht belegt. Die Gegenprobe ist auch in einer anderen Beziehung aufschlussreich, denn der Kult des Zeus Olympios scheint in unmittelbarer Beziehung zu den seleukidischen Aktivitäten zu stehen:34 Bis auf Abila ist in allen fünf seleukidischen Städten der Kult des Zeus Olympios nachweisbar. In Abila fehlt bislang der Nachweis. Ebenfalls nicht nachgewiesen ist der Kult des Zeus Olympios in den beiden ptolemäischen Städten Pella und Philadelphia. Fassen wir diese Beobachtungen kurz zusammen, so ist zu konstatieren, dass es in der Zeit nach 200 v. Chr. einen klaren Zusammenhang zwischen seleukidischen Neugründungen, Zeus Olympios und der Asylia, gibt. Schauen wir uns etwas genauer die Städtenamen an: Skythopolis heißt – wohl nach einer Nichte des Antiochos IV. und Enkelin des Antiochos III. – Nysa.35 Für Abila und Gadara sind die Beinamen Antiochia und Seleukeia belegt,36 ohne 31 Zur Asylia siehe die umfassende Arbeit von K. J. Rigsby, Asylia. Territorial Inviolability in the Hellenistic World, Berkeley, CA/Los Angeles, CA/London 1996. Zur Asylia in den Städten der Dekapolis vgl. im Folgenden auch A. Lichtenberger, Kulte, 337 f. 32 Steph. Byz. sub voce Berenike. 33 Steph. Byz. sub voce Philadelphia; Hier. in Ez 25. 34 Vgl. im Folgenden A. Lichtenberger, Kulte, 341–343; A. Lichtenberger, Artemis. 35 K. J. Rigsby, Seleucid Notes, TPAPA 110 (1980) 233–254. 36 Seleukeia Abila: A. Spijkerman, The Coins of the Decapolis and Provincia Arabia, Jerusa-
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Achim Lichtenberger
dass spezifizierende Hinweise zu den Königen vorliegen, die eine Gründung vorgenommen haben. Dasselbe gilt für Gerasa und Hippos (beide Antiochia).37 Es spricht aber nichts dagegen, dass wegen der Verbindung mit dem Kult des Zeus Olympios (außer in Seleukeia Abila), Antiochos IV. mit diesen Gründungen zu verbinden ist. Ist vielleicht gerade das Fehlen des Zeus Olympios in Abila ein Hinweis darauf, dass hier vor Antiochos IV., nämlich unter Seleukos IV. (187–175 v. Chr.),38 eine seleukidische Gründung erfolgte, bei der dann kein Zeus Olympios eingeführt wurde? Hippos und Gerasa liefern uns in ihren Stadtnamen weitere Hinweise auf die Umstände der Gründungen. Hippos hieß Antiochia pros Hippo39 und Gerasa Antiochia pros Chrysorrhoa e proteron Gerasa40. Beginnen wir mit Hippos. Die heutige Ortslage heißt Sussita, was von der Wortbedeutung das semitische Äquivalent zu Hippos, Pferd, ist.41 Wie diese Gleichsetzung historisch erfolgt ist, ist unklar. Allerdings zeigt das griechische Toponym, dass ein Antiochia bei einem Hippos liegt und dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass ein Antiochia bei einer bestehenden Siedlung gegründet wurde und diese bestehende Siedlung war möglicherweise eine indigene (SussitaHippos). Diese Überlegung wird auch von dem Toponym Gerasas bestätigt.42 Denn übersetzt lautet es: Antiochia am Goldfluss, das frühere Gerasa. Der Fluss spezifiziert das Toponym, doch erfahren wir auch, dass der Ort zuvor Gerasa hieß. Gerasa wird allgemein als ein semitisches Toponym hergeleitet und erscheint in einer solchen Form auch in einer nabatäischen Inschrift als Garshu.43 Offenbar verweisen die Stadtnamen von Hippos und Gerasa darauf, dass beide hellenistischen Antiochias nicht an zuvor unbesiedelten Orten gegründet wurden, sondern dass es bereits ältere Orte dort gegeben hat, die zum Teil neben den Neugründungen bestanden. Dieser Befund ist eine Parallele zu der Gründung eines Antiochias in/bei Jerusalem. Auf weitere vergleichbare Neugründungen neben bestehenden Siedlungen und Heiligtümern im Seleukidenreich hat John Ma kürzlich hingewiesen; er nennt Babylon, Antiochia in Pisidien und Mylasa.44 lem 1978, 48–57. Antiochia und Seleukeia Gadara: Steph. Byz. sub voce Gadara sowie die neue Inschrift bei M. Wörrle, Eine hellenistische Inschrift aus Gadara, AA 2000, 267–271. 37 Gerasa: s. u. Anm. 40. Hippos: s. u. Anm. 39. 38 Vgl. auch M. Wörrle, Inschrift, 269; A. Lichtenberger, Kulte, 316. 39 A. Spijkerman, Coins, 168–179. 40 A. Spijkerman, Coins, 156–167 und C. B. Welles, The Inscriptions, in: C. H. Kraeling (Hg.), Gerasa. City of the Decapolis, New Haven, CT 1938, 355–494, Nr. 30. 56–58. 69. 143– 145. 147. 153. 192. 41 In Hippos wurden in den letzten Jahren umfangreiche Ausgrabungen durchgeführt, die in jährlichen Vorberichten vorgelegt werden, zuletzt: A. Segal / M. Schuler / M. Eisenberg, Hippos-Sussita. Eleventh Season of Excavations (July 2010), Haifa 2011. 42 Im Folgenden A. Lichtenberger, Artemis. 43 J. Starcky, Nouvelle épitaphe nabatéenne donnant le nom sémitique de Pétra, RB 72 (1965) 95–97, 95 f. 44 J. Ma, Relire, 76 f.
Die Jerusalemer Religionsreform im Kontext
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Am Beispiel von Gerasa und Hippos sei weiter ausgeführt, welche Auswirkungen die Neugründungen auf das religiöse Leben der Städte hatten. Beginnen wir mit Gerasa, und ich fasse kurz zusammen, was ich an anderer Stelle bereits ausführlicher behandelt habe.45 Wenn wir die Topographie der Stadt betrachten, stellen wir fest, dass die Stadt von zwei großen Heiligtümern geprägt ist (Abb. 6): dem Heiligtum des Zeus Olympios im Süden der Stadt und dem Heiligtum der Artemis im Norden. Das Heiligtum des Zeus Olympios ist archäologisch auf das 2. Jh. v. Chr. zurückzuführen und gegenüber liegt am Camp Hill die hellenistische Siedlung. Es ist also sehr wohl denkbar, dass Siedlung und Heiligtum auf die Gründung des Antiochias zurückgehen und dass Zeus Olympios der Gott der Siedlung war. Für Artemis, die einen großen Heiligtumsneubau unter Hadrian erhielt, kann plausibel gemacht werden, dass sie die interpretatio Graeca einer älteren semitischen Göttin ist („Astarte“). In der Nähe des Heiligtums finden sich Belege für weitere lokale („nicht-griechische“) Kulte, so dass es vorstellbar ist, dass um diesen Ort die lokale Siedlung lag. Letzteres wird insbesondere von der kaiserzeitlichen Münzprägung unterstützt. Dort beobachten wir nämlich eine singuläre Zweiteilung: Alle Münzen mit dem Bild der Artemis überliefern ausschließlich den Stadtnamen Gerasa (Abb. 7). Zeus taucht kaum in der Münzprägung auf, doch finden wir die griechische Tyche, die Stadtgöttin (Abb. 8), welche auch in einer Inschrift zusammen mit Zeus Olympios genannt wird. Tyche als Münzbild ist immer mit der Legende Antiochia am Chrysorrhoas, dem früheren Gerasa, verbunden. Offenbar ist also der griechische Zeus Olympios der Gott von Antiochia, und die lokale Artemis jene von Gerasa. Auch Artemis reklamiert auf Münzlegenden für sich den Titel Tyche (Abb. 7), was ein Hinweis darauf ist, dass hinter Artemis eine ältere stadtschützende Göttin stand und die Stadt zwei Tychai hatte. In Hippos fehlen uns vergleichbare archäologische Funde, doch können wir feststellen, dass dort in der Münzprägung zwei unterschiedliche Zeus-Gottheiten auftreten: einerseits ein Zeus, der im Typus Zeus Olympios entspricht46 (Abb. 9). Daneben gibt es aber auch noch einen Zeus, der beischriftlich als Zeus Arotesios, also Zeus Pflüger, bezeichnet wird und in seinem statuarischen Typus kaum hellenisiert ist47 (Abb. 10). Dieses Nebeneinander korrespondiert möglicherweise zu dem Antiochia (Zeus Olympios) und dem Hippos-Sussita (Zeus Arotesios). Zeus Olympios ist der Gott der hellenistischen Gründung, Zeus Arotesios ist ein Lokalgott, der später in der interpretatio Graeca als Zeus Arotesios identifiziert wurde. Eine Visualisierung des Nebeneinanders einer älteren Siedlung Hippos-Sussita und eines Antiochias war möglicherweise auch 45 A. Lichtenberger,
Artemis. A. Lichtenberger, Kulte, MZ 10 f. 47 A. Lichtenberger, Kulte, MZ 12. 46
12
Achim Lichtenberger
mit dem Bild der städtischen Tyche, die bei einem Pferd steht (Abb. 11), intendiert: Antiochia pros hippo. Auch in Gadara können wir etwas Vergleichbares beobachten. Dort gibt es neben dem Zeus Olympios (Abb. 12) der Münzprägung auch noch einen Herakles (Abb. 13), der wahrscheinlich auf einen Gott zurückgeht, der nicht einfach deckungsgleich mit dem griechischen Gott ist, sondern Herakles-Melqart ist, also auch ein Lokalgott, der nicht zwingend auf die Gründung des hellenistischen Antiochias oder Seleukias zurückzuführen ist, sondern möglicherweise älter ist.48 Ähnlich wie die Artemis in Gerasa, die den Tyche-Titel für sich reklamierte, beanspruchte der Herakles-Melqart in Gadara das Blitzbündel (eigentlich ein Attribut des Zeus) für sich. In Gadara lässt sich archäologisch der Bau des Zeus Olympios,-Tempels in das 2. Jh. v. Chr. datieren, also in den Zeithorizont um Antiochos IV.; dieser Tempel lag – ähnlich wie in Gerasa derjenige des Zeus Olympios – topographisch gegenüber der hellenistischen Siedlung.49 Eine ähnliche topographische Situation postuliert Wolfgang Thiel für den hellenistischen Zeus Olympios-Tempel in Nysa-Skythopolis im Verhältnis zur hellenistischen Wohnsiedlung.50 Wir können feststellen, dass an den drei Orten Gerasa, Hippos und Gadara vermutlich im 2. Jh. v. Chr. unter seleukidischem Einfluss Neugründungen stattfanden und der Kult des Zeus Olympios eingeführt wurde. In allen drei Städten gab es ältere Siedlungen und ältere Gottheiten, die jedoch bis in die römische Kaiserzeit weiterhin belegt sind (auch wenn sie offenbar einen beträchtlichen Hellenisierungsprozess durchliefen). Der Befund ist natürlich mit großer Vorsicht zu genießen, doch gibt es keine Hinweise darauf, dass mit der Gründung der Antiochias/Seleukeias ein Ersetzen oder ein Verbot des älteren Kultes verbunden war, sondern dass vielmehr von einem Nebeneinander ausgegangen werden muss. Fassen wir die Beobachtungen zusammen, so können wir feststellen, dass in mehreren Städten der südlichen Levante in der Folge der seleukidischen Eroberung Neugründungen von Städten als Antiochia oder Seleukeia an und neben älteren Siedlungen stattfinden.51 Verbunden mit den Neugründungen ist häufig die Einführung des Kults des Zeus Olympios.52 Außerdem scheint mit der Ein48 Zu den Kulten in Gadara vgl. A. Lichtenberger, Kulte, 87–114; N. Riedl, Gottheiten und Kulte in der Dekapolis, Dissertation Berlin 2005 (http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/ FUDISS_thesis_000000001712), 94–146. 49 Zuletzt C. Bührig, The Development of Urban Structures in the Decapolis City of Gadara. From a Hellenistic Hilltop Site to a Roman Linear-structured Urban Layout, ARAM 23 (2011) 285–307, hier 287. 50 W. Thiel, Überlegungen, bes. 148 f. 51 Contra V. Tcherikover, Civilisation, 165. Vgl. auch zu Jerusalem T. Fischer, Seleukiden, 20 und jetzt vor allem die klaren Ausführungen von J. Ma, Relire, 76 f. 52 Contra J. Ma, Relire, 78, der weiterhin daran festhält, dass Zeus Olympios erst in einer zweiten Stufe eingeführt wurde.
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führung des neuen Kultes und den neuen Bürgern kein Verbot lokaler Kulte einhergegangen zu sein, auch wenn natürlich eine Assimilierung der lokalen Kulte (z. B. interpretatio Graeca) die Folge war. Direkte Beweise, dass Antiochos IV. Initiator dieser Vorgänge war, lassen sich nicht in ausreichender Breite finden, doch deutet viel auf den König hin. Allerdings sei nicht ausgeschlossen, dass wir es hier mit einem längeren Prozess zu tun haben, an dem auch Antiochos III. und Seleukos IV. sowie Nachfolger des Antiochos IV. beteiligt waren. Wir haben bei diesen Beispielen alle Elemente der Religionsreform von Jerusalem und vielleicht auch jener vom Garizim, auf die nicht weiter eingegangen werden soll, wo wir aber ebenfalls den Beleg haben, dass an der lokalen Siedlung eine seleukidische Neugründung stattfand, welche mit dem Kult des Zeus verbunden war. Auf späteren städtischen Münzen von Neapolis werden tatsächlich zwei Heiligtümer, vermutlich das griechische und das samaritanische, nebeneinander abgebildet53 (Abb. 14). Was uns aber an den Beispielen fehlt, sind Berichte über Konflikte, wie wir sie aus Jerusalem haben. Das heißt zwar nicht, dass es keine gegeben haben muss,54 doch würde ich annehmen, dass dies tatsächlich ein qualitativer Unterschied zwischen Jerusalem und den anderen südsyrischen Beispielen war. Das Konfliktpotential in Jerusalem war größer und dies wohl auch insofern zu recht, als die Neugründungen eine massive Hellenisierung der lokalen Gottheiten nach sich zog und der Gott von Jerusalem vielleicht wie der Gott von Hippos irgendwann als Zeus Arotesios im höchst integrativen griechisch-römischen Pantheon aufgegangen wäre. Aufschlussreich sind die Beispiele für die Religionsreform in Jerusalem insofern, als dass bei den diskutierten Fällen die Gründung eines Antiochias und die Einführung des Kults der neuen Bürgergemeinde, Zeus Olympios, einhergehen, was ein Hinweis dafür sein könnte, dass die Trennung der beiden Maßnahmen u. a. in den Makkabäerbüchern nicht den Abläufen entspricht. Außerdem zeigen die Beispiele, dass mit den Maßnahmen – wenn man die Intention der seleukidischen Seite rekonstruiert – wohl kein grundsätzliches Verbot lokaler Kultpraktiken verbunden war. Dass im Konfliktfall solche Maßnahmen erfolgen konnten und Jerusalem mit seinem Tempel wohl trotzdem ein Sonderfall bleibt, soll nicht verschwiegen werden, doch ist die breitere Kontextualisierung der Ereignisse und die Loslösung von einer weitgehend textinhärenten Interpretation gewinnbringend.
53 Vgl. jetzt das prächtige Medaillon unter Antoninus Pius: Y. Meshorer (zusammen mit G. Bijovsky und W. Fischer-Bossert), Coins of the Holy Land. The Abraham and Marian Sofaer Collection at the American Numismatic Society and the Israel Museum, New York, NY 2013, 51 Nr. 19. 54 Siehe aber die eindrückliche Liste von lokalen Aufständen und Abfallbewegungen im Seleukidenreich: K. Ehling, Unruhen.
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Abb. 1: Bronzeprägung aus Berytos unter Antiochos IV. Vs.: Kopf des Antiochos IV. mit Strahlenkrone n.r.; Rs.: Stehender Poseidon mit Dreizack und Patera (Classical Numismatic Group. Electronic Auction 83, 18. 2. 2004 Nr. 37) [Durchmesser: 21mm]
Abb. 2: Bronzeprägung aus Sidon unter Antiochos IV. Vs.: Kopf des Antiochos IV. mit Strahlenkrone n.r.; Rs.: Europa auf dem Stier (Classical Numismatic Group. Electronic Auction 200, 3. 12. 2008 Nr. 107) [Durchmesser: 17 mm]
Abb. 3: Bronzeprägung aus Byblos unter Antiochos IV. Vs.: Kopf des Antiochos IV. mit Strahlenkrone n.r.; Rs.: Sechsflügeliger Kronos (Classical Numismatic Group. Electronic Auction 214, 15. 7. 2009 Nr. 212) [Durchmesser: 22 mm]
Abb. 4: Bronzeprägung aus Tyros unter Antiochos IV. Vs.: Kopf des Antiochos VI. mit Diadem n.r.; Rs.: Keule des Herakles (Houghton/Lorber/Hoover 2008, 87 Nr. 1471) [Durchmesser: 10 mm]
Abb. 5: Tetradrachme des Antiochos IV. aus der Münzstätte Akko-Ptolemais. Vs.: Kopf des Antiochos IV. mit Diadem n.r.; Rs.: Zeus Olympios (Ira & Larry Goldberg Coins & Collectibles Auction 69, 29. 5. 2012 Nr. 3165) [Durchmesser: 30 mm]
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Abb. 6: Plan der Stadt Gerasa (nach: T. Lepaon, Un nouveau plan pour Jerash/Gerasa, Annual of the Department of Antiquities of Jordan 55 (2011) 416)
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Abb. 7: Bronzeprägung aus Gerasa unter Mark Aurel, Vs.: Belorbeerte Panzerbüste des Mark Aurel n.r. Rs.: Artemis-Tyche n.r. (Classical Numismatic Group. Electronic Auction 296, 13. 2. 2013, Nr. 184) [Durchmesser: 29 mm]
Abb. 8: Bronzeprägung aus Gerasa unter Mark Aurel. Vs. Belorbeerter Kopf des Commodus n.r.; Rs.: Stehende Tyche mit Füllhorn und Steuerruder, dahinter männliche Person (Stadtgründer?) (Classical Numismatic Group. Electronic Auction 277, 11. 4. 2012 Nr. 153) [Durchmesser 21 mm]
Abb. 9: Bronzeprägung aus Hippos unter Commodus. Vs.: Belorbeerte Panzerbüste des Commodus n.r.; Rs.: Zeus Olympios (Lichtenberger 2003, MZ 11) [Durchmesser: 19/20 mm]
Abb. 10: Bronzeprägung aus Hippos unter Elagabal. Vs.: Belorbeerte Panzerbüste des Elagabal; Rs.: Viersäuliger Tempel des Zeus Arotesios (Spijkerman 1978, 176 f. Nr. 29) [Durchmesser: 28 mm]
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Abb. 11: Bronzeprägung aus Hippos unter Mark Aurel. Vs.: Belorbeerte Büste des Mark Aurel n.r.; Rs.: Tyche und Pferd (Heritage World Coin Auctions. Long Beach Signature Sale 3018, 5. 9. 2012, Nr. 20416) [Durchmesser: 23,6 mm]
Abb. 12: Bronzeprägung aus Gadara unter Elagabal. Vs.: Belorbeerte Panzerbüste des Elagabal n.r.; Rs.: Viersäuliger Tempel des Zeus Olympios (Classical Numismatic Group. Mail Bid Sale 69, 8. 6. 2005, Nr. 1228) [Durchmesser: 23 mm]
Abb. 13: Bronzeprägung aus Gadara unter Mark Aurel. Vs.: Belorbeerte Panzerbüste des Lucius Verus n.r.; Rs.: Kopf des Herakles mit Löwenfell und Blitzbündel n.r. (Ira & Larry Goldberg Coins & Collectibles Auction 37, 10. 9. 2006 Nr. 3438) [Durchmesser: 24 mm]
Abb. 14: Bronzeprägung aus Neapolis unter Trebonianus Gallus. Vs.: Belorbeerte Panzerbüste des Trebonianus Gallus n.r.; Rs.: Adler trägt Garizim mit zwei Gipfelheiligtümern (Classical Numismatic Group. Electronic Auction 296, 13. 2. 2013, Nr. 199) [Durchmesser: 26 mm]
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Die Qumrantexte als Quelle für die Makkabäerzeit Hermann Lichtenberger
Hartmut Stegemann (1933–2005) und Gert Jeremias (1936–2016) zum Gedenken
1. Hinführung Die bisherige Forschung hat vornehmlich die Makkabäerbücher und insbesondere die Nachrichten des Josephus über die Makkabäerzeit als Quelle für die historische und geistesgeschichtlich-theologische Einordnung der Funde vom Toten Meer in die jüdische Geschichte seit der Makkabäerzeit genutzt. Mit ihrer Hilfe konnte z. B. die Gestalt des „Frevelpriesters“ als der Hasmonäer Jonathan (G. Jeremias, H. Stegemann u. a.) historisch identifiziert und die in 4QpNah berichtete Kreuzigung durch den „Zorneslöwen“ mit einer Rachehandlung von Johannes Hyrkan an den Pharisäern (Ios. bell. Iud. 1,97) in Verbindung gebracht werden. Die Taten der Kitti’im von 1QpHab sind u. a. dank Josephus mit dem römischen Zugriff auf Syrien-Palästina im Jahr 65 v. Chr. und damit die Kitti’im mit den Römern zu identifizieren. So hat zunächst das Bekannte dazu dienen können, das Neue und bisher Unbekannte zu verstehen und einzuordnen. In diesem Beitrag soll der umgekehrte Weg beschritten, nämlich danach gefragt werden, was die Funde vom Toten Meer zu unserer Kenntnis der Makkabäerzeit beitragen. Dabei sind wir uns bewusst, dass wir uns in einem Zirkel bewegen: Erst aufgrund der Klärungen durch 1 und 2 Makk und Josephus wird ermöglicht, die umgekehrte Fragerichtung zu versuchen. Die Texte vom Toten Meer beleuchten die Makkabäerzeit in unterschiedlicher Weise: 1.1 Sie nehmen direkten Bezug auf Gestalten und Vorgänge Ich nenne im Vorgriff einige Beispiele: – Die schon genannte Kreuzigung von 600 Pharisäern durch den „Zorneslöwen“ Johannes Hyrkan in 4QpNah; ein nicht vollständig erhaltener anschließender
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Hermann Lichtenberger
Satz bringt wohl das Außergewöhnliche dieser Freveltat zum Ausdruck: „[was nicht geschehen war] in Israel vorher“ (4QpNah 3–4 I 8).1 – Die Nennung von Salome Alexandra Schalamzion in 4Q324b 1 II 7 und Erwähnung eines Massakers unter Aemilius Scaurus (4Q324a 2,4), einem der Generäle des Pompejus und erstem Prokurator in Syrien (65–62 v. Chr.). Derartige Beispiele sind singulär, häufiger ist der Sachverhalt, dass auf sehr indirekte Weise auf Personen oder Vorgänge Bezug genommen wird. – Das wichtigste Beispiel ist die Entschlüsselung der Decknamen des „Frevelpriesters“ und des „Lehrers der Gerechtigkeit“. 1.2 Sie beleuchten die zeitgeschichtliche Situation Ich nenne hier 4Q179 und 11QApostZion.2 Für die spätere Hasmonäerzeit kennen wir die Auseinandersetzung rivalisierender Gruppen untereinander, wie in dem Text 4QMMT, aber auch die Polemik gegen die doresche ha-hachalkot, wohl die Pharisäer. Ein Geschichtsabriss am Anfang der Damaskusschrift CD ordnet die Entstehung der Gemeinde in die Geschichte Israels ein.3 Schließlich sind die Kriegsregeln 1QM und Parallelen als Zeugnisse makkabäischer Kriegführung zu betrachten, wobei die Ansprachen vor der Schlacht in 1/2 Makk und 1QM eine besondere Bedeutung haben.4 1.3 Sie haben den Ausgang der Hasmonäerzeit mit dem Auftreten der Römer vor Augen, wie 1QpHab Die Fruchtbarkeit des traditionellen Wegs soll an einem, wie mir scheint, überzeugenden Beispiel aus der Forschungsgeschichte erläutert werden, aber auch hier werden wir sehen, wie sich die Sichtrichtung ändert. Dieses Beispiel betrifft die Anfänge der qumran-essenischen Gemeinschaft in der frühen Makkabäerzeit. In einem zweiten Abschnitt möchte ich zunächst das Gesamtzeugnis der
1 Zur Kreuzigung in 4QpNah und der Tempelrolle siehe grundlegend Y. Yadin, Pescher Nahum (4Q p Nahum) erneut untersucht, in: K. E. Grözinger / N. Ilg / H. Lichtenberger / G.W. Nebe / H. Pabst (Hg.), Qumran (WdF 410), Darmstadt 1981, 167–184 (ursprünglich Y.Yadin, Pesher Nahum [4Q pNahum] Reconsidered, IEJ 21 [1971] 1–12). 2 4Q179 in: J. M. Allegro, Qumrân Cave 4, I (4Q158–4Q186) (DJD V), Oxford 1968, 75–77; ders., 4QApostZion, in: J. A. Sanders, The Psalms Scroll of Qumrân Cave 11 (11QPsa) (DJD IV), Oxford 1965, 85–89. 3 Siehe H. Lichtenberger, Historiography in the Damascus Document, in: N. Calduch-Benages / J. Liesen (Hg.), History and Identity. How Israel’s Later Authors Viewed Its Earlier History (DCL-Yearbook 2006), Berlin/New York, NY 2006, 231–238; ders., Geschichte und Heilsgeschichte in der Damaskusschrift, in: J. Frey / S. Krauter / ders., Heil und Geschichte. Die Geschichtsbezogenheit des Heils und das Problem der Heilsgeschichte in der biblischen Tradition und in der theologischen Deutung (WUNT 248), Tübingen 2009, 175–184. 4 Siehe P. von der Osten-Sacken, Gott und Belial. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zum Dualismus in den Texten aus Qumran (StUNT 6), Göttingen 1969, 90 ff.
Die Qumrantexte als Quelle für die Makkabäerzeit
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Textfunde vom Toten Meer, dann einige Einzelphänomene erläutern, bei denen die Qumrantexte Quellen für die Makkabäerzeit sind. Im letzten Kapitel richten wir den Blick auf den Ausgang der makkabäisch-hasmonäischen Zeit mit dem Eingreifen der Römer.
2. Die Identifizierung des „Frevelpriesters“ als Schlüssel für die zeitliche Einordnung des „Lehrers der Gerechtigkeit“ und die Frühzeit der Gemeinschaft Der „Lehrer der Gerechtigkeit“ ist eine Gestalt der Frühzeit der Gemeinde vom Toten Meer, dessen zeitliche Einordnung und Identifizierung nur auf indirektem Weg erreicht werden können, und zwar durch seinen Gegenspieler, eine als „Frevelpriester“ benannte Gestalt. Ich folge nun zunächst der Argumentation von Gert Jeremias in seinem grundlegenden Werk „Der Lehrer der Gerechtigkeit“5 und führe sie in Aufnahme von Hartmut Stegemann, „Die Entstehung der Qumrangemeinde“6 weiter. An dieser Stelle möchte ich einen persönlichen Dank an die beiden Lehrer abstatten, die wie keine anderen die historische, literarische und theologische Gestalt des „Lehrers der Gerechtigkeit“ haben erstehen lassen. Im Wintersemester 1966/67 hat mich Gert Jeremias in die von K. G. Kuhn gegründete und geleitete Heidelberger Qumranforschungsstelle („Qumranhöhle“) aufgenommen und mich und meine Arbeit seither, also ein halbes Jahrhundert lang, als ein wahrer „Lehrer der Gerechtigkeit“ begleitet. Als die Qumranforschungsstelle 1973 zu Hartmut Stegemann nach Marburg überging, wurde dieser mein Doktorvater und im Blick auf die Dissertation mein „endzeitlicher Lehrer“.
Der „Frevelpriester“ war nach dem Zeugnis des Habakuk-Kommentars ein amtierender Hoherpriester am Jerusalemer Tempel. Wenn es also gelingt, ihn zu identifizieren, kann auf die Zeit des „Lehrers der Gerechtigkeit“ geschlossen werden. Im Kommentar zu Habakuk (1QpHab) lesen wir als Erklärung zu Hab 2,5 f. über den Gewalttäter, der Hab und Gut anderer raubte (ich folge der Übersetzung von Gert Jeremias): „Seine Deutung (scil. des Bibeltextes) geht auf den Frevelpriester, der am Anfang seines Auftretens nach dem Namen der Wahrheit genannt wurde. Aber als er über Israel herrschte, da überhob sich sein Herz, und er verließ Gott und verriet die Satzungen um Reichtums willen, und er raffte und sammelte den Besitz von gewalttätigen Menschen, die sich gegen Gott auflehnten, und den Besitz von Völkern nahm er, so daß er Sündenschuld 5 G. Jeremias, Der Lehrer der Gerechtigkeit (StUNT 2), Göttingen 1963. Diss. Heidelberg 1961. 6 H. Stegemann, Die Entstehung der Qumrangemeinde. Diss. theol. Bonn 1965, Disserta tionsdruck Bonn 1971; siehe auch seinen Bestseller: ders., Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus, Freiburg 1993 (zahlreiche Neuauflagen).
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Hermann Lichtenberger
auf sich lud, und Greuelwege beging er in jeglicher unreinen Befleckung.“7 Das Bild, das hier vom „Frevelpriester“ entworfen wird, ist sehr unbestimmt und ergeht sich weitgehend in den Topoi der Gegnerbeschimpfung. Vermittelt werden soll: „Sein ganzes Tun bestand nur in Frevel und Unreinheit, denn er ging auf Greuelwegen.“8 Etwas konkreter wird die nächste ausführlichere Stelle 9,1–2: „ihn schlagen mit bösen Gerichten, und Abscheulichkeiten böser Krankheiten machten sie an ihm und Racheakte an seinem Leib.“9 Der Text spricht von Racheakten am Frevelpriester durch Feinde, die aus der Sicht der Gemeinde mit „Frevel“ zu tun haben, also keineswegs positiv gesehen werden. Die wichtigste und eindeutigste Stelle ist 9,9–12, die Auslegung von Hab 2,8b: „Wegen der Bluttat an den Menschen und der Gewalt am Lande, an der Stadt, und allen, die darin wohnen.“ Der Kommentar erklärt: „Seine Deutung geht auf den Frevelpriester, den wegen des Frevels gegen den Lehrer der Gerechtigkeit und seine Anhänger Gott in die Hand seiner Feinde gab, um ihn zu demütigen durch Plage bis zur Vernichtung, durch Bitternisse der Seele, [we]il er frevelhaft handelte gegen seine (i. e. Gottes) Auserwählte.“10 Was in der vorhergehenden Stelle angedeutet war, ist hier nun ausgesprochen: „Der Hohepriester ist in den Händen seiner Feinde ums Leben gekommen.“11 Wir lassen die weiteren Aussagen über den „Frevelpriester“ und den „Lehrer der Gerechtigkeit“ beiseite und wenden uns dieser „harten“ biographischen Nachricht vom gewaltsamen Ende des als „Frevelpriester“ apostrophierten Hohenpriesters zu, eine Nachricht, die auch vom Kommentar zu Ps 37 (4QpPs 37 3–10 IV 10) gestützt wird: Der Frevelpriester wird in die Hand von „Gewalttätigen der Heiden“ gegeben werden.12 Fragt man nun, welcher Hoherpriester in der in Rede stehenden Entstehungszeit der qumran-essenischen Gemeinschaft durch Heiden getötet wurde, so kommen nur zwei ernsthaft in Frage: Menelaos, Hoherpriester 172–162 v. Chr. und 162 vom Seleukiden Antiochus V Eupator hingerichtet, und Jonathan, der 153 Hoherpriester wird und 143 von den Seleukiden nach längerer Gefangenschaft hingerichtet wird. Zwischen Menelaos und Jonathan hat Alkimus 162–160 das Amt inne, danach ist bis zum Amtsantritt des Jonathan ein siebenjähriges Intersacerdotium.13 Diese Nachrichten fußen auf dem 1. Makkabäerbuch und Josephus (1 Makk 12,39–13,23; Ios. ant. Iud. 13,187–209; bell. Iud. 1,49)14. Menelaos scheidet nun deswegen aus, weil auf ihn unter keinen Umständen zutrifft, was über den Frevelpriester in 1QpHab 8,9 gesagt wird, nämlich, dass er zu Beginn seines Auftretens „nach dem Namen der Wahrheit genannt wurde“, hatte G. Jeremias, Lehrer, 36. Lehrer, 41. 9 G. Jeremias, Lehrer, 42. 10 G. Jeremias, Lehrer, 45 f. 11 G. Jeremias, Lehrer, 46. 12 G. Jeremias, Lehrer, 63. 13 Siehe H. Stegemann, Geschichte, 214. 14 Nach G. Jeremias, Lehrer, 75. 7
8 G. Jeremias,
Die Qumrantexte als Quelle für die Makkabäerzeit
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er doch das Hohepriesteramt durch hohe Bestechungsgelder von Antiochus IV erkauft. So kommt nur Jonathan in Frage, und auf ihn passen alle Aussagen des Habakuk-Kommentars. Der Konflikt zwischen dem „Frevelpriester“ und dem „Lehrer der Gerechtigkeit“ hat sich nach Jeremias während der Amtszeit Jonathans 153–143 v. Chr. zugetragen.15 Wenn aber Jonathan der „Frevelpriester“ und Gegner des Lehrers der Gemeinde, des „Lehrers der Gerechtigkeit“ ist, dann erklärt sich auch, warum bei den ca. 1000 Handschriften der Textfunde vom Toten Meer keine Handschrift des 1. Makkabäerbuches belegt ist, zumal dieses ursprünglich hebräisch verfasst war. Der Grund ist offensichtlich: Es ist die Legitimationsschrift der Hasmonäer, und deren erster Hoherpriester war der Todfeind des „Lehrers der Gerechtigkeit“ gewesen.16 Hartmut Stegemann setzt an dem sog. Intersacerdotium ein.17 Mit Recht hält er es für ganz unwahrscheinlich, dass es über sieben Jahre, vom Tod des Alkimus 160 bis zum Amtsantritt des Jonathan, keinen Hohenpriester gegeben haben sollte. Im Blick auf die Bedeutung des Versöhnungstages und der Rolle des Hohenpriesters an diesem Tag ist dies auch kaum vorstellbar. Hat es ein Intersacerdotium von sieben Jahren gegeben? Stegemanns Antwort ist „nein“. „Erst die Qumran-Funde haben die Informationslücke der bisherigen historischen Überlieferung geschlossen. Sie zeigen, dass der ‚Lehrer der Gerechtigkeit‘, bevor er die essenische Union gründete, Hoherpriester am Jerusalemer Tempel gewesen sein muss, und zwar als unmittelbarer Amtsvorgänger des Makkabäers Jonathan, der das Hohepriesteramt im Jahre 152 v. Chr. [oder 153] okkupierte.“18 Bei der Gestalt des „Lehrers der Gerechtigkeit“ ist also von einer historischen Einzelpersönlichkeit auszugehen, nicht von einer typologischen Gestalt, wie die Groningen-Hypothese annimmt.19 Hier sei eine kurze methodologische Reflexion eingebracht: Hatten wir bis zur Entdeckung und dem Bekanntwerden der Funde vom Toten Meer die Geschichte des Judentums im 2. und 1. Jh. v. Chr. aus historischen Quellen über diese Zeit erforschen müssen, wobei zu bemerken ist, dass diese Quellen, gerade wie bei den beiden ersten Makkabäerbüchern, zwar oft sehr nahe an den Ereignissen aber doch tendenziell sind, so haben wir durch die Funde vom Toten Meer nun Quellen, d. h. Handschriften, aus dieser Zeit. Die Textcorpora stehen in einer engen Wechselbeziehung, erklären sich, ergänzen sich, geben Rätsel auf, widersprechen sich. Der Zirkel ist somit fruchtbar. Und diesen wollen wir nun gewissermaßen von der anderen Seite angehen. Also nicht: Wie lassen sich G. Jeremias, Lehrer, 76. G. Jeremias, Lehrer, 74. 17 H. Stegemann, Geschichte, 214; ders., Essener, 205 f. 18 H. Stegemann, Geschichte, 214; ders., Essener, 205. 19 F. García Martínez / A. S. van der Woude, A „Groningen“ Hypothesis of Qumran Origins and Early History, in: dies. (Hg.), The Texts of Qumran and the History of the Community. Proceedings of the Groningen Congress on the DSS 3, Paris 1990, 521–541 (= RdQ 14 [1990] 521–541). 15
16 Siehe
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die Funde vom Toten Meer in das Wissen über die beiden Jahrhunderte vor der Zeitenwende einordnen, sondern: Was erfahren wir aus den Funden vom Toten Meer über die genannten Jahrhunderte, das wir nicht wussten bzw. wofür wir keine genauen Vorstellungen hatten?
3. Die Texte vom Toten Meer als Quelle für die Makkabäerzeit 3.1 Die Textfunde vom Toten Meer Schon vordergründig stellen die Textfunde vom Toten Meer eine unvergleichliche Quelle für die makkabäische Zeit dar, handelt es sich doch um zeitgenössische Originalquellen. Nicht nur Bibelhandschriften reichen ins 3. Jh. v. Chr. zurück, sondern auch bisher unbekannte Texte, die z. T. einer speziellen Gruppe angehören, die wir mit den Essenern in Verbindung bringen können. Dabei sind nicht nur solche Texte, die sich konkret auf Personen oder Vorgänge der Hasmonäerzeit beziehen, von Bedeutung, sondern schon allein die Gleichzeitigkeit und geographische Nähe in Judäa. Längst ist der anfängliche Standpunkt überwunden, wonach die Funde vom Toten Meer ausschließlich der literarischen Produktivität und Abschreibertätigkeit der Gemeinde vom Toten Meer zu verdanken seien. Darum stellt sich die Frage, welche Texte und Handschriften aus der Zeit stammen, die vor der Entstehung der Gemeinde vom Toten Meer anzusetzen ist. Dies ist in jedem Fall die Zeit vor dem Makkabäeraufstand (167–164 v. Chr.), und in der Tat lassen sich nicht nur Bibelhandschriften, sondern auch bisher unbekannte (oder in hebräischer oder aramäischer Sprache unbekannte) Texte in die vormakkabäische Zeit datieren.20 Unser Blickwinkel wird sich daran anschließen und weiter sein, weil ein großer Teil der Handschriften vom Toten Meer in der makkabäischen Zeit abgeschrieben wurde, und weil die dadurch repräsentierten Texte selbstverständlich in makkabäischer oder vormakkabäischer Zeit verfasst worden sind. 3.2 Die Zeitgenossenschaft In 1 Makk und 2 Makk haben wir es mit Schriften zu tun, die für antike Verhältnisse ungewöhnlich zeitnah von den Ereignissen berichten. Antike Historiker beanspruchen oft Augenzeugenschaft, aber ihr Bericht beruht auch auf Quellen. 20 Siehe dazu die Arbeiten von A. Lange, Pre-Maccabean Literature from the Qumran Library and the Hebrew Bible, DSD 13 (2006) 277–305; E. Schuller, Prayers and Psalms from the Pre-Maccabean Period, DSD 13 (2006) 306–318; L. H. Schiffman, Pre-Maccabean Halakhah in the Dead Sea Scrolls and the Biblical Tradition, DSD 13 (2006) 348–361. Ihre Intention ist, einerseits Texte zu identifizieren, die als „vormakkabäisch“ angesehen werden können, andererseits (halachische) Traditionen zu benennen, die eindeutig in vormakkabäische Traditionen zurückreichen.
Die Qumrantexte als Quelle für die Makkabäerzeit
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Um es an Josephus deutlich zu machen: Er beschreibt sich als Teilnehmer und Zeuge des 1. Jüdischen Krieges, und bei Ereignissen, bei denen er Augenzeuge war, ergeht er sich in ausführlichen Schilderungen, aber es fällt auf, dass er auch dort, wo er nicht präsent war, präzise Daten und zeitliche Abläufe nennt, die er nur den Quellen der römischen Kriegsberichterstatter entnehmen konnte. Und wenn man die Schilderung von Ereignissen, die ihn selbst betreffen, betrachtet, wird deutlich, dass eine Augenzeugen‑ und Zeitgenossenschaft nicht eo ipso eine historische Quelle konstituiert, noch weniger tut es eine detaillierte Schilderung. Dies kann mit der „Karl-May-Regel“ erläutert werden: Karl May gibt detaillierte Schilderungen von Ländern ohne sie selbst gesehen zu haben.21 Eine ausführliche und gegebenenfalls zutreffende Beschreibung ist kein Erweis der Augenzeugenschaft. 3.3 Texte aus früh‑ oder vormakkabäischer Zeit Zwei Texte beziehen sich auf die Jerusalem-„Verwüstung“ der Jahre 167–164 v. Chr.22: 11QPsa XXII, 1–15 Apostrophe to Zion und 4Q179 Lamentations. Dabei beleuchten die Klagen von 4Q179 ganz konkret Verwüstungen vergleichbar der Beschreibung von 1 Makk 1,30–40 (in Auszügen): „Plötzlich aber überfiel er (d. h. der seleukidische Feldherr Apollonius) die Stadt, versetzte ihr einen schweren Schlag und brachte viel Volk aus Israel um. Er plünderte die Stadt aus, steckte sie in Brand und riß ihre Häuser und die Mauern ringsum nieder. Die Frauen und Kinder führten sie als Gefangene weg […]. Sie vergossen unschuldiges Blut rings um das Heiligtum, und sie verunreinigten das Heiligtum. Da flohen die Bewohner 21 Zur „Karl May-Regel“ H. Conzelmann / A. Lindemann, Arbeitsbuch zum Neuen Testament (UTB 52), Tübingen 19762, 41; 199514, 52. J. Wehnert, Die Karl-May-Regel in der neutestamentlichen Wissenschaft, Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft 61 (1984) 42 hat Hans Conzelmann als Urheber der Regel erwiesen. 22 Beide Texte können sich aus paläographischen Gründen auch auf spätere Ereignisse beziehen, wie auf Pompejus’ Eroberung Jerusalems und die Entweihung des Tempels im Jahr 63 v. Chr. Die Handschrift 11QPsa stammt nach dem Herausgeber J. A. Sanders, Psalms Scroll, 9, aus der 1. Hälfte des 1. Jh.s n. Chr. (siehe auch A. Lange, Handbuch der Textfunde vom Toten Meer. Bd. 1: Die Handschriften biblischer Bücher von Qumran und den anderen Fundorten, Tübingen 2009, 395–400); 4Q179 ist nach J. Strugnell, Notes en marge du volume V des „Discoveries in the Judaean Desert of Jordan“, RdQ 7 (1970) 163–276, hier 250, „légèrement avant la période hérodienne“ anzusetzen. Dabei könnte vor allem 4Q179 einen Bezug zur Eroberung Jerusalems durch Pompejus haben, da dabei die Stadt hochgradig zerstört, der Tempel aber, abgesehen von Pompejus Eindringen in ihn, und das Allerheiligste unberührt blieben. Doch wird in I,1,7 auf die „Höfe unseres Heiligtums“ Bezug genommen, was auf Verhältnisse schließen lässt, wie sie in der seleukidischen Bedrückung stattfanden. Die Zionshoffnung von „Apostrophe to Zion“ ist so unbestimmt gehalten, dass eine historische Einordnung schwierig ist. Eine Entscheidung ist letztlich mit der Frage nach der Entstehung der Sammlung 11QPsa zu treffen; aber auch damit ist nicht über die Entstehung eines bestimmten Lieds entschieden. Sieht man in ihr älteres Gut versammelt, ist ein Bezug auf die Jahre 167–164 v. Chr. durchaus möglich, doch auf Pompejus und 63 v. Chr. nicht ausgeschlossen. Die beiden Texte stehen also entweder am Anfang oder am Ende der hasmonäischen Epoche.
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Jerusalems ihretwegen, und (die Stadt) wurde zu einer Wohnstadt für Fremde; sie wurde fremd ihren Nachkommen, und ihre Kinder verließen sie. Ihr Heiligtum wurde öde wie eine Wüste, ihre Feste wurden in Trauer verwandelt, ihre Sabbate in Schmach, ihre Ehre in Verachtung.“23
3.3.1 4Q179 (Lamentations) kann sich nur auf die Jahre zwischen 167 und 164 v. Chr. beziehen. Dies gilt, auch oder gerade dann, wenn der Text als literarische Imitation der biblischen Threni anzusehen ist:24 Die gegenwärtige Entweihung des Tempels entspricht der Zerstörung des 1. Tempels 587 v. Chr. Fragment 1,I25: (2) [ ]… all unsere Verschuldungen, doch nicht (liegt es) in unserer Hand, denn wir hörten nicht (3) [ ] … Heimsuchung26 uns zu widerfahren27 all dies durch Bosheit (4) [ ]. seinen Bund vacat Wehe uns [ ] (5) [ ] verfiel Feuerbrand und Zerstörung (6) [ ] und unsere Herrlichkeit. Und keinen Beschwichtigung(sduft) (gibt es) in ihm …[.] (7) [ ] Höfe unseres Heiligtums waren (8) [ ] … [..] … Jerusalem, Stadt [ ] (9) [ Lagersta]tt28 für Tiere und kein […] und ihre Plätze (10) [ ]. Wehe! Alle ihre Paläste sind verwüstet, (11) und Festbesucher gibt es keine unter ihnen, alle Städte von (12) [ ] unser Erbteil wurde wie eine Wüste, ein Land, das nicht (13) [ Stimme von] Fr[eu]de ward nicht gehört in ihr, und einer, der sich kümmert, (14) [gibt es nicht für sie …]
Übersetzung nach K.-D. Schunck, 1. Makkabäerbuch (JSHRZ I,4), Gütersloh 1980, 301 f. Aufgrund des fragmentarischen Charakters der Handschrift – keine einzige Zeile ist vollständig erhalten – sind die Stichen nicht sicher abgrenzbar. 25 Siehe J. Maier, Die Qumran-Essener. Die Texte vom Toten Meer. Bd. 2: Die Texte der Höhle 4 (UTB 1863), München/Basel 1995, 123 f. 26 Zu lesen ( פקודהJ. Strugnell, Notes, 250; Hartmut Pabst mündlich). 27 Auch möglich statt „ לקרותנוuns zu widerfahren“ zu lesen „ לקריתנוunserer Stadt“ (Hartmut Pabst mündlich). 28 Mit J. Strugnell, Notes, 250: מרבץ. 23 24
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für das Heillose29 unserer {Wunde}30 [ ] alle unsere Verschuldungen31 (15) [ ] unsere [Ve]rgehen .[…] unsere Sünden
Fragment 1,II: (1) Wehe uns, denn der Zorn Gottes hat sich erhoben [ ] (2) und sie wurde befleckt mit Toten. [ ] (3) wie eine Verstoßene verst[ößt du (?) …] (4) ihre Kinder und die Tochter meines Volkes ist grausam (5) […] ihre Jünglinge, es erschaudern die Söhne [meines] Vo[lks]32 (6) vor dem Winter mit ihren zarten Händen [ ] (7) Aschegruben sind die Wohnstatt ihres Hauses [ ] (8) sie baten um Wasser (9) und keiner gießt ein [ ] Die bezahlt waren [mit R]ei[ngold und feinem Gold (?) ] (10) und keinen Gefallen gibt es an ihm. Die man legte auf Purp[ur ] (11) und feines Gold als ihren Schmuck tragend. Die geklei[det waren …] (12) und Seide, Purpur und Stickwirkerei … [ ] (13) {die Töchter}33 Zions {, die teuren}34 die zarten, in … [ ]
Fragment 235: (4) [Ach, wie sitzt] (so) einsam da [die g]roß[e] Stadt [Jerusa]lem! Die Mä[chtigste unter den (5) Völk]ern, die Fürstin aller Nation[en] ist verlassen wie eine Wüste. Und alle ihre Häuser sind (verlassen) [wie] eine (Frau), die allein zurückgeblie[ben] ist (6) [ohne] ihren M[a]nn, ihre Burgen wie eine (in ihrer Verlassenheit) Betrübte. Und wie eine (Frau), welche [die gute Laune] verlassen hat, sind alle ihre Paläste. Und [ihre] Plät[ze] sind (7) wie eine Unfruchtbare. Und wie eine, (deren Mutterleib) verschlossen ist, sind alle [ihre] Weg[e]. Ihre [Landgüter] sind (verlassen) wie eine schmerzverbitterte Frau, Lies mit J. Strugnell, Notes, 25: לאנוש. J. Maier, Qumran-Essener, 124 Anm. 220: „verbessert aus ‚unseres Schmerzes‘.“ 31 Lies mit J. Strugnell, Notes, 251, Hartmut Pabst mündlich חובינו. 32 So vielleicht mit J. Strugnell, Notes, 251. 33 J. Maier, Qumran-Essener, 124 Anm. 221: aus „Söhne“ korrigiert. 34 J. Maier, Qumran-Essener, 124 Anm. 222: ungültig gemacht. 35 Nach der Rekonstruktion und Übersetzung von H. Pabst, Eine Sammlung von Klagen in den Qumranfunden (4Q179), in: M. Delcor (Hg.), Qumrân. Sa piété, sa théologie et son milieu (BEThL 46), Paris/Louvain 1978, 137–149, hier 144–147. 29 30
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(8) und alle ihre Töchter wie (Frauen), die um [ihre] Män[ner] trauern, und ihre [Dör]fer wie (Mütter), denen (9) ihre einzigen (Kinder) weggenommen worden sind. Es weint, ja weint Jeru[salem des Nachts], und auf ihrer Wange stehen (10) [ihr die Tränen] um ihre Kinder, [ohne daß sie unter allen ihren (früheren) Liebhabern einen Tröster] hätte, und sie seufzt …
3.3.2 11QPsa XXII, 1–1536 dagegen ist ein Hoffnungslied auf die künftige, wieder hergestellte Herrlichkeit Jerusalems: ( )אIch will dein zum Segen gedenken, Zion, ( )בaus all meinem Vermögen habe ich dich geliebt. Das Andenken an dich ist gesegnet in Ewigkeit. ( )גGroß ist die Hoffnung auf dich, Zion, und (auf) künftige Hoffnung deiner Errettung. ( )דGeneration um Generation wird in dir wohnen, und die Generationen der Frommen sind dein Ruhm. ( )הDie sich nach dem Tag deiner Errettung sehnen, ( )וsie werden sich freuen an der Fülle deiner Herrlichkeit. ( )זDen Glanz deiner Herrlichkeit werden sie saugen und auf den Plätzen deiner Herrlichkeit werden sie sich schmücken. ( )חGedenke der Gnaden deiner Propheten und werde durch deine Gnadentaten verherrlicht. ( )טReinige Gewalttat aus deiner Mitte, Trug und Frevel sollen aus dir vernichtet werden. ( )יEs sollen sich freuen deine Söhne in deiner Mitte, deine Geliebten werden dir folgen. ( )כWie sie auf deine Rettung gehofft haben, so werden sie über dich immer trauern. ( )לNicht wird untergehen die Hoffnung auf dich, Zion, und nicht wird die Hoffnung auf dich vergessen werden. ( )מWelcher Gerechte ist untergegangen, und wer wurde gerettet in seiner Bosheit? ( )נEin Mensch wird geprüft aufgrund seines Wandels, einem Mann wird vergolten nach seinen Taten. ( )סUm dich herum wurden deine Feinde vernichtet, Zion, zerstreut wurden alle deine Hasser.
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Eigene Übersetzung.
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( )עAngenehm in der Nase ist dein Ruhm, Zion, er steigt auf, auf die ganze Erde. ( )פViele Male will ich dein gedenken zum Segen, mit meinem ganzen Herzen will ich dich segnen. ( )צEwige Gerechtigkeit mögest du erlangen, die Segnungen der Geehrten mögest du empfangen. ( )קNimm Vision, ausgesprochen über dir, und Träume von Propheten, die für dich gesucht werden. ( )רWerde hoch und weit, Zion, ( )שpreise den Höchsten, deinen Retter, ( )תes freue sich meine Seele an deiner Herrlichkeit.
Auch hier wird in biblischer Psalmensprache die Hoffnung auf eine Wiederherstellung Jerusalems und Zions zum Ausdruck gebracht, wie sie dann tatsächlich 164 v. Chr. erfolgt.
4. Bibliotheken in der Makkabäerzeit (bzw. der Vormakkabäerzeit) Ein Einzelbeispiel soll die Bedeutung der Qumranfunde für die Makkabäerzeit aufzeigen. 4.1 Nehemia und Judas gründeten Bibliotheken (2 Makk 2,13–15) Im 2. Einleitungsbrief in 2 Makk 1,10–2,18, in einem Schreiben der „Jerusalemer und Judäer und der Gerusie und des Judas“ an „Aristobul […] und den Juden in Ägypten“, wird am Ende berichtet, Nehemia habe eine Bibliothek gegründet: „Er sammelte die Bücher über die Könige und Propheten und die [Bücher] Davids und die Briefe der Könige über Weihegeschenke“ (2,13).37 „Ebenso hat auch Judas das während des geschehenen Krieges Zerstörte alles für uns wieder gesammelt, und es ist bei uns“ (2,14).38 Bei Bedarf können die Schriften den Juden in Ägypten zur Verfügung gestellt werden (2,15). In diesem Text gibt es eine Reihe von Besonderheiten, ich nenne nur die wichtigsten: 4.1.1 Nehemia soll bereits eine Bibliothek aufgebaut haben. Schwartz kommentiert lapidar: „We have no other information on such a role by Nehemia“,39 er verweist aber auf die Nachricht des Josephus (c. Ap. 1,34 f.), dass nach Katastrophen die Tempelarchive wiederhergestellt wurden. Die Aufzählung der „Bi37 Eigene
Übersetzung. Eigene Übersetzung. 39 D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin/New York, NY 2008, 166. 38
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bliothek“ des Nehemia beinhaltet mit „Briefe der Könige über Weihegeschenke“ auch Archivmaterial. 4.1.2 In der Sammlung Nehemias wird die Tora nicht eigens erwähnt. Dies ist vielleicht der auffälligste Zug. Möglicherweise steht dahinter das Wissen, dass nicht Nehemia, sondern Esra mit der Wiedereinführung der Tora im Lande Israel nach der Rückkehr aus dem Exil in Verbindung steht. Von Judas heißt es allgemeiner, dass er das im Krieg Zerstörte wiederhergestellt hatte. Im jüngsten Krieg sind ebenfalls, wie in der Notzeit vor Nehemia, Bücher zerstört worden, die nun von Judas wiederhergestellt wurden. Zu dem vor und im Krieg Zerstörten gehören nach 1 Makk eindeutig Torarollen: „Die Gesetzbücher, die sie fanden, zerrissen sie und verbrannten sie; wenn aber bei jemand ein Buch des Bundes gefunden wurde oder richtete sich jemand nach dem Gesetz, dann überlieferte ihn der Erlaß des Königs zum Tode“ (1 Makk 1,56 f.).40 4.1.3 Diese Bibliothek befindet sich in Jerusalem, und aus ihr können Bücher nach Ägypten entliehen werden. Das ist bemerkenswert. Vordergründig handelt es sich um eine Leihbibliothek. Wichtiger ist der damit verbundene Anspruch, die „richtigen“ Texte zu besitzen. 4.2 Welches Licht werfen die Funde vom Toten Meer auf diesen Sachverhalt? 4.2.1 Der Gesamtbefund: Die Texte von Qumran Es ist heute in der seriösen Forschung unstrittig, dass die Deponierung bzw. das Verstecken der Qumrantexte im Sommer 68 n. Chr. erfolgte, um sie vor den anrückenden Römern zu schützen und zu verbergen. Dabei sind gegen 1000 HSS in (11 bekannten) Höhlen verborgen worden, Fragmente von ca. 800 konnten identifiziert werden, davon 1/4 (202) solche, die dem (späteren) bib lischen (hebr.) Kanon angehören. Es folgt eine knappe Übersicht (in Anlehnung an Stegemann41), wobei nur auf die wichtigsten Fundhöhlen (1, 3, 4 und 11) eingegangen werden soll. Höhle 1 1947 (oder schon früher) durch Beduinen entdeckt, erhalten sind 74 Rollen bzw. Überreste; Besonderheit: mindestens 56 Krüge, in denen ein oder zwei Rollen deponiert waren, z. T. noch in Leinen eingeschlagen. Ihr entstammen die wichtigsten Funde 1QJesa, Jesb, 1QH, 1QM, 1QpHab, 1QS. Seit der Antike, genaugenommen seit 68 n. Chr., wurde die Höhle 1947 zum ersten Mal wieder betreten.
40 41
Übersetzung nach H.-D. Schunck, 1. Makkabäerbuch, 302 f. H. Stegemann, Essener, 98–115.
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Höhle 3 1952 von Archäologen entdeckt, Scherben von ca. 35 Tonkrügen, von 34 Handschriften jeweils nur ein oder wenige Fragmente, von 24 Handschriften nur ein Fragment, von 5 Handschriften je zwei Fragmente, von 5 Handschriften 3–7 Fragmente; von der Zahl der Krüge her zu schließen, hätten es 70–140 Handschriften sein müssen. Nicht in, sondern am Eingang der Höhle wurde die sog. Kupferrolle gefunden – sie fällt auch von ihrem Fundort her aus dem Rahmen. Angesichts der archäologischen Umstände von Höhle 3 kann man diskutieren, ob die Texte nicht aufgrund eines früheren Fundes (Spätantike – frühes Mittelalter) entnommen worden waren.
Höhle 4 1952 von Beduinen entdeckt, künstliche Höhle im Mergel; Reste von ca. 566 Handschriften (wechselnde Zahlenangaben), darunter auch Quittungen, Schreibübungen, Unbeschriftetes. Die Art der Zerstörung verweist darauf, dass die Höhle schon früher durchsucht worden war. Von diesem größten Teil des Handschriftenbestandes sind für die einzelnen Handschriften meist nur kümmerliche Reste geblieben.
Höhle 11 1956 von Beduinen entdeckt, unversehrt; bekannt sind 23 Rollen bzw. deren Fragmente; dass Handschriften entnommen wurden, ohne sie den Wissenschaftlern zu übergeben, beweist die Tempelrolle (11Q19) (beschlagnahmt bei Khalil Iskander Schahin [„Kandu“] in Bethlehem im Sechs-Tage-Krieg 1967).42
Zusammenfassung: Von ca. 1000 Handschriften sind 7 einigermaßen vollständig erhalten bzw. von 10 mehr als die Hälfte, die übrigen mehr oder weniger fragmentarisch (das trifft vor allem auf die Texte von Höhle 4 zu).43 Der größte Teil ist auf Leder geschrieben, ca. 95 auf Papyrus. Dies führt zur Frage nach dem Charakter der Büchersammlung. 4.3 Der Charakter der Bibliothek Gegen die anfängliche Vermutung, bei den Textfunden von Qumran handle es sich um eine Bibliothek, die die literarische Produktion und das Abschreibpensum der Qumrangemeinde darstellte, spricht entscheidend die Tatsache, dass nur ein geringer Teil der Texte essenischen Ursprungs ist. Das betrifft nicht nur die Bibelhandschriften, sondern auch die Literatur, die den Apokryphen und Pseudepigraphen zuzuordnen ist, sowie viele bisher unbekannte Texte. Nur solche Texte, bei denen aufgrund gewisser Kriterien essenische Herkunft anzunehmen 42 Siehe den Bericht bei Y. Yadin, The Temple Scroll. Bd. 1: Introduction, Jerusalem 1983, 4 (siehe zuvor ders. [hebr.], Megillat ham-miqdash. Bd. 1, Jerusalem 1977, 3 f.). 43 Zahlen nach H. Stegemann, Essener, 115.
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ist, können im engen Sinn als Qumrantexte gelten. Verschiedene Lösungen werden für die Büchersammlung vorgeschlagen: (a) Bei den Fundhöhlen handle es sich um Genizot, d. h. Stätten, an denen unbrauchbar gewordene Handschriften niedergelegt wurden. Dagegen spricht die Vielfalt der biblischen Handschriften wie auch die direkten Verbindungen, die zwischen genuinen essenischen Texten mit ihren Lebensordnungen und der Siedlung bestehen; dagegen spricht auch der vorzügliche Zustand von Rollen wie 1QJesa. (b) Der Qumranfund stelle die aus dem bedrohten Jerusalem ausgelagerte Tempelbibliothek dar,44 aber diese These scheitert schon an dem Jerusalem‑ und tempelkritischen Charakter eines Teils der Texte. Gegen Rengstorf und Golb spricht auch die Tatsache, dass die in 4Q477 berichteten Zurechtweisungen auf den Gemeinderegeln der Damaskusschrift basieren. Den Zusammenhang zwischen den in 1Q-11Q gefundenen Handschriften und der Siedlung von Qumran wurde jüngst durch ein dort in situ aufgefundenes Ostrakon bestätigt: Es vermerkt die Übergabe des Besitzes eines neuen Mitglieds an den jahad nach 1QS I 12.45 Die plausibelste Erklärung besteht immer noch darin, in den Schriftrollen den vor den Römern geretteten Bestand der Bibliothek der essenischen Gemeinschaft zu sehen. Die Funde vom Toten Meer belegen, dass es so etwas wie Büchersammlungen – wir würden sagen Bibliotheken – in hasmonäischer und herodianischer Zeit gegeben hat. Dabei ist in diesem Zusammenhang zunächst nicht entscheidend, wer Eigentümer jener auf ca. eintausend Handschriften zu zählenden Sammlung war, sondern allein die Tatsache ihrer Existenz ist wichtig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass uns in den 11 Fundhöhlen von bis zu tausend Handschriften meist nur Fragmente erhalten geblieben sind. Aus dem fragmentarischen Befund müssen wir schließen, dass ganze Handschriften völlig untergegangen sind, so dass wir hypothetisch die Größe der „Bibliothek“ wesentlich höher ansetzen müssen. Dies gilt noch aus zwei Gründen: Wir wissen von früheren Funden aus Höhlen in der Nähe von Jericho, mit denen mit großer Sicherheit die Fundlage der Qumrantexte gemeint ist. Dabei können Texte erhalten und weiterüberliefert worden sein, wie z. B. die Damaskusschrift, oder aber untergegangen sein. Archäologisch sind für einige Höhlen „frühere Besuche“, d. h. Mitnahme und/ oder Zerstörung von Handschriften, nachzuweisen.
44 K. H. Rengstorf, Ḫirbet Qumrân und die Bibliothek vom Toten Meer, Stuttgart 1960; jetzt wieder N. Golb, Hypothesis of Jerusalem Origin of DSS-Synopsis, in: Z. J. Kapera (Hg.), Mogilany 1989. Papers on the Dead Sea Scrolls Offered in Memory of Jean Carmignac. 1: General Research on the Dead Sea Scrolls, Qumran and the New Testament. The Present State of Qumranology, Krakau 1993, 53–57; siehe auch W. Ekschmitt, Ugarit – Qumran – Nag Hammadi. Die großen Schriftfunde zur Bibel, Mainz 1993, 157–159. 45 E. Eshel, KhQ1, in: Qumran Cave 4. XXVI (DJD 36), Oxford 2000, 498–505.
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4.4 Die „Bücher Davids“ (2 Makk 2,13) In 2 Makk 2,13 erfahren wir, Nehemia habe die „Bücher Davids“ gesammelt. Nach der traditionellen biblischen Tradition hat David einen Teil der 150 Psalmen des biblischen Psalters gedichtet, dazu außerhalb des Psalters Einzeltexte, wie seine letzten Worte 2Sam 23,2–7. Schon in der biblischen Überlieferung werden David immer mehr Psalmen „angedichtet“, das verstärkt sich in der nachbiblischen Tradition. So gibt uns die Psalmenhandschrift 11QPsa XXVII,2–11 eine Liste der Dichtungen Davids, die David als umfassenden Produzenten kultischer Lieder und Psalmen erscheinen lassen: 3600 Psalmen, 364 Lieder für das tägliche Tamidopfer, 52 für das Sabbatopfer, für die Opfer an Festtagen 30 und gegen Dämonen 4. Das sind insgesamt 4050 Dichtungen. Die Zahlen stehen in einem Text, dessen Handschrift zwar in die erste Hälfte des 1. Jh.s n. Chr. zu datieren ist, dessen Gesamtkomposition jedoch in die frühe hasmonäische Zeit, also in die Mitte des 2. Jh.s, zurückweist.46 „Bücher Davids“ konnten für den Verfasser des 2. Einleitungsbriefes nicht lediglich die Davidspsalmen des biblischen Psalters sein, sondern all die weiteren, David zugeschriebenen Psalmen, die er vorausschauend für den Jerusalemer Tempelkult gedichtet habe. Dies ist mit einem Davidsbild zu verbinden, das in David den idealen König Israels sieht, das in der Herrschaft der Hasmonäer, die nicht davidischer Herkunft sind, einen Frevel sehen muss, der sich in der ab 104/103 v. Chr. erfolgten Übernahme des Königstitels noch steigert. Die Messiaserwartung der Gemeinde vom Toten Meer, die wohl unterschiedliche messianische Gestalten erwartete, darunter den Messias aus dem Hause Aaron, hat an der Hoffnung auf einen Messias aus dem Hause David festgehalten. Mit der doppelten Messiaserwartung eines legitimen priesterlichen Messias aus dem Hause Aaron und dem Messias Israels aus dem Hause David liegt in der Gemeinde vom Toten Meer ein eindeutiger Gegenentwurf zu der hasmonäischen Usurpation des hohepriesterlichen Amtes und des Königstitels in Gestalt einer Person vor, die weder eine vollgültige priesterliche Abstammung noch die Herkunft aus dem Hause David aufweisen kann (was in einer Gestalt vereint ohnehin eine contradictio in adjecto wäre). Die Hasidäer, die „Frommen“, hatten zunächst an dem mit den Makkabäern gemeinsamen Widerstand gegen die Religionsreformen der aristokratischen Jerusalemer Oberschicht und der seleukidischen Herrschaft teilgenommen, sich dann aber angesichts der Herrschaftsausübung der Makkabäer zurückgezogen. Die Hasidäer lebten fort in Kreisen, die der Gemeinschaft vom Toten Meer verwandt sind oder deren Vorläufergruppen waren. Mit ihrer Distanz zur Amtsführung der nun in Jerusalem 46 So weist E. Schuller, Prayers, 314 die Psalmen, die in 11QPsa über den Bestand des masoretischen Textes hinausgehen (darunter auch „Apostrophe to Zion“) der „pre-Maccabean period“ zu.
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herrschenden hochpriesterlichen Familie und damit der Ablehnung des von dieser ausgeübten Kults verband sich zugleich die Hoffnung auf einen künftigen legitimen Tempelkult in Jerusalem. Für diesen hatte bereits David die Lieder und Psalmen gedichtet, und zwar 3600 Psalmen und 450 Lieder, unter ihnen 364 Lieder für die täglichen Tamidopfer. Dann wird der Tempel auch wieder dem allein legitimen Sonnenkalender von 364 Tagen folgen.
5. Das Auftreten der Römer – Das Bild des Judas Makkabäus und ihr Erscheinen im Osten 5.1 Der Vertrag mit den Römern Das 1. Makkabäerbuch berichtet, dass nach dem Sieg über Nikanor Judas Makkabäus einen Beistandspakt mit den Römern geschlossen habe. „Judas hörte vom Ruhm der Römer, daß sie mächtig an Stärke seien und allen denen, die zu ihnen hielten, Wohlwollen bezeugten, und wer immer zu ihnen kam, mit denen hielten sie Freundschaft“ (1 Makk 8,1). Er sandte eine Gesandtschaft nach Rom, die durch den Senat ein Waffen‑ und Friedensbündnis erhielt, das auf bronzene Tafeln geschrieben nach Jerusalem geschickt wurde: „Heil sei den Römern und dem Volk der Juden zu Wasser und zu Lande auf ewig, und Schwert und Feind bleibe fern von ihnen!“ (8,23). Der Vertrag sieht vor, dass wenn den Römern oder ihren Bundesgenossen ein Angriff droht, die Juden ihnen beistehen und die Gegenseite in keiner Weise unterstützen. „Das Volk der Juden [wird] aus vollem Herzen mitkämpfen, wie die zeitliche Situation es ihnen vorschreibt“ (8,25). Umgekehrt werden die Römer im Fall einer Kriegsgefahr für das „Volk der Juden“ „bereitwillig mitkämpfen, wie es ihnen die zeitliche Situation vorschreibt“ (8,27). 47 Dass dieser Vertrag nicht die Bronze wert war, in die er gegossen war, sollte sich sogleich erweisen, als die Seleukiden Judas und sein Heer überrannten und Judas fiel (9,1–21). Als Pompejus bei der Neuordnung des Ostens im Jahr 63 v. Chr. nach Jerusalem kam, richtete er zusammen mit einer der beiden feindlichen jüdischen Parteien, der Hyrkanpartei, in Jerusalem ein Blutbad an, betrat mit seinem Gefolge das Allerheiligste, ließ die Mauern Jerusalems schleifen und verkleinerte das ehemalige Königreich um ein Drittel.48 Ein realistischeres Bild gegenüber der Verklärung der Römer im Vertrag des Judas hat sich im Kommentar zum Buch Habakuk aus Höhle 1 (1QpHab) niedergeschlagen.
47 48
Zitate nach H.-D. Schunck, 1 Makkabäer, 332. Siehe dazu M. Gelzer, Pompeius. Lebensbild eines Römers, Stuttgart 2005, 102 f.
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5.2 Die Römer im Habakuk-Kommentar von Qumran49 Damit kommen wir in die Endphase der Makkabäerzeit. Der Kommentar aus Qumran deutet fortlaufend den Bibeltext des Propheten im Hinblick auf die Geschichte und die eigene Zeit der Qumran-Gemeinde. Wenn es in Habakuk 1,6 heißt: „Denn siehe, ich lasse erstehen die Chaldäer, das bittere und ungestüme Volk“, so wird das sogleich auf die Römer bezogen: „Seine Deutung bezieht sich auf die Kitti’im (Kittäer), die schnell sind und stark im Kampf, viele zu verderben, [so daß das Land unterworfen wird] der Herrschaft der Kitti’im. Sie haben in Besitz genommen [viele Länder] und glauben nicht an die Gesetze [Gottes]“ (1QpHab II, 12–15). Die politische Expansion und Herrschaft wird in der Auslegung von Hab 1,6–7 weiter angeprangert: „Seine Deutung bezieht sich auf die Kitti’im, vor denen Furcht und [Schrecken] auf allen Völkern liegt. Und mit Absicht ist all ihr Sinnen darauf gerichtet, Böses zu tun, und mit List und Trug gehen sie mit allen Völkern um“ (1QpHab III,4–6). In diesem Sinne wird auch Hab 1,8–9 auf „die Kitti’im“ gedeutet, „die das Land mit ihren Rossen und mit ihren Tieren zerstampfen. Und von fernher kommen sie, von den Inseln des Meeres, um alle Völker zu fressen wie ein Geier, ohne Sättigung zu finden“ (1QpHab III,9–12). Die Gewalt der römischen Befehlshaber, die Übermacht der römischen Heere und ihre Belagerungstechnik sind das Thema der Auslegung von Hab 1,10: „Seine Deutung bezieht sich auf die Herrscher der Kitti’im, die die Befestigungen der Völker verachten und höhnisch über sie lachen. Und mit viel Volk schließen sie sie ein, um sie einzunehmen. Und mit Furcht und Schrecken werden sie in ihre Hand gegeben“ (1QpHab IV,5–8). Mit Hab 1,17: „und kennt keine Schonung“, wird über die Grausamkeit der Kriegführung geklagt: „Seine Deutung bezieht sich auf die Kittäer, die viele mit dem Schwert vernichten, wehrlose Knaben, Männer und Greise, Frauen und Kinder, und sogar mit der Frucht im Mutterleib haben sie kein Erbarmen“ (1QpHab VI,10–12). Die „Herrscher der Kitti’im“ handeln nach dem „Rat des Sündenhauses“, womit vermutlich der römische Senat gemeint ist; sie kommen „einer nach dem anderen, um das Land zu verderben“ (1QpHab IV,11–13). Diese Wendungen haben nicht nur Roms militärische Gewalt im Blick, sondern auch die wechselnden Prokuratoren in Syrien und die wirtschaftliche Ausbeutung durch diese. In Hab 1,16b, „denn durch sie wurde sein Anteil fett und seine Speise reichlich“, erkennt der Ausleger die Methoden, mit denen Rom zu Lasten anderer Völker – nicht nur Judäas – zu seinem Reichtum kommt: „Seine Deutung ist, daß sie ihr Joch und ihre Fronlast, ihre Speise, auf alle Völker Jahr um Jahr verteilen, so daß sie viele Länder verwüsten“ (1QpHab VI,5–8). Und Hab 1,16a gibt Anlass, neben den finanziellen Lasten, die Rom auferlegt, auch die in den römischen Legionen 49 Zitate aus 1QpHab nach E. Lohse, Die Texte aus Qumran. Hebräisch und Deutsch, München/Darmstadt 1964, Darmstadt 19712, Darmstadt 19864.
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gepflegte religiöse Verehrung der Feldzeichen zu geißeln, denen die Eroberer ihren Erfolg zu verdanken meinen: „Und sie (die Kittäer) häufen ihren Besitz mit all ihrer Beute wie die Fische des Meeres. Und wenn es heißt: Deshalb opfert er seinem Netz und bringt Rauchopfer seinem Fischergarn, so ist seine Deutung die, daß sie ihren Zeichen Opfer bringen, und ihre Kriegswaffen sind Gegenstand ihrer Verehrung“ (1QpHab VI,1–5). Der Schrecken, den die Kitti’im = Römer verbreiteten, war der Schrecken der Endzeit. Die Vermutung, in den Kitti’im des Habakuk-Kommentars die Römer zu erkennen, wird zur Gewissheit durch den Nahum-Kommentar 4Q169 (4QpNah) 3–4 I,3, wo von den Königen Javans (= Griechenlands, d. h. den Seleukiden) gesprochen wird, „von Antiochus bis zum Auftreten der Herrscher der Kitti’im“, d. h. die Zeitspanne von Antiochus IV (175–164) bis zur römischen Eroberung mit der Entsendung aufeinander folgender römischer Statthalter (mit unterschiedlichen Rängen bzw. Titeln) in Syrien (ab 65 v. Chr.). 5.3 Qumran und andere jüdische und christliche Romkritik50 Die scharfe Kritik der Qumrangemeinde an Rom, seiner militärischen Expansion und politischen Herrschaft, an der Ausbeutung der unterworfenen Völker und an der römischen Religion fügt sich ein in die Romkritik jüdisch-apokalyptischer Texte wie der Esra-Apokalypse (4 Esr 11,1–12,3) und der jüdischen Sibylle (4,158–161.167 ff.). Die scharfen Töne gegen Pompejus in den pharisäischen Psalmen Salomos (Ps 17 und 18) aus dem 1. Jh. v. Chr. ergänzen das Bild. In der rabbinischen Literatur der ersten Jahrhunderte wird sich der geistige Widerstand gegen Rom fortsetzen und die antirömische Polemik zu neuer Entfaltung kommen. Der babylonische Talmud bShab 33b berichtet von einem Gespräch dreier Gelehrter der Mitte des 2. Jh.s: „Einst saßen R. Yehuda, R. Jose und R. Shim‘on beisammen, und der Proselytenabkömmling Yehuda war unter ihnen. Da begann R. Yehuda und sprach: Wie schön sind doch die Werke dieser Nation [gemeint: Rom]! Sie haben Straßen angelegt, Brücken gebaut und Bäder errichtet. R. Jose schwieg. Darauf nahm R. Shim‘on b. Yochai das Wort und sprach: Alles, was sie errichtet haben, geschah nur in ihrem eigenen Interesse. Sie haben Straßen angelegt, um da Huren zu setzen, Bäder errichtet zu ihrem Behagen, Brücken gebaut, um Zoll zu erheben.“51 Ein christliches Pendant hat die jüdische Ablehnung Roms in der vehementen Romkritik der Johannes-Apokalypse. Über die „Hure Babylon“ (17,3–18) kann jetzt schon das Siegeslied über ihren Untergang angestimmt werden (19,1–10). H. Fuchs, Der geistige Widerstand gegen Rom in der Antiken Welt, Berlin 1938. Zitiert nach L. Goldschmidt, Der babylonische Talmud. Bd. 1, Berlin 1929, Nachdruck Königstein 1980, 532; vgl. G. Stemberger, Die Beurteilung Roms in der rabbinischen Literatur, ANRW II,19,2 (1979) 338–396, hier 386 f.; ders., Die römische Herrschaft im Urteil der Juden (EdF 195), Darmstadt 1983, 112. 50 51
Die Qumrantexte als Quelle für die Makkabäerzeit
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6. Abschluss Es ist eine Ironie der Geschichte, dass wir gerade Rom, gegen das der Verfasser des Habakuk-Kommentars so schonungslos deutliche Worte fand, und dessen Ende die Kriegsregel so definitiv erwartete, die Erhaltung der Qumrantexte verdanken: Um sie vor den Römern zu schützen, waren sie 68 n. Chr. in Höhlen versteckt worden, wo sie, nachdem ihre Besitzer umgebracht oder zerstreut worden waren, mit wenigen Störungen ruhten, bis 1947 ein Beduinenjunge auf der Suche nach einer verlorenen Ziege die erste Höhle entdeckte.
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1. Setting the Frame There seems to be an unresolved and to the best of my knowledge unacknowledged problem in the study of historiography in general and in the study of Second Temple Judaism in particular. Most scholars agree that 1 Maccabees constitutes a type of history writing frequently designated historiography. Yet, scholarly opinio communis with respect to Jewish history writing implies that 2 Maccabees and Josephus’ Bellum and the Antiquitates are the first works to exhibit a form of Jewish historiography that demonstrates decisive influence from the Greek historiographical tradition. In a recent article, Gregory Sterling espouses the prevalent scholarly view: When the encounter with Greeks came, it had a significant impact on Jewish historiography. While some Jewish historians deliberately followed the Jewish biblical precedents (e. g. 1 Maccabees, 1 Esdras, Pseudo-Philo), others embraced Greek historiography (e. g. 2 Maccabees, Josephus). The former wrote in a semitic language (either Hebrew or Aramaic), the latter in Greek, though it would be naïve to draw a line between the two on strictly linguistic grounds. Hellenism had an impact on virtually all of these authors and their histories; conversely, the biblical tradition exerted an enormous influence on the majority of Jewish historians, no matter what language they used.1
The problem may be encapsulated in the following manner: since the Greek tradition for time-honoured reasons has been understood to epitomise the beginning of historiography par excellence, such an appreciation inevitably raises the question of how exactly we should conceive of antecedent Jewish writings of history. In what way do they represent a historiographical tradition if they are independent of that Graeco-Roman trajectory of development which traditionally we designate historiography? In this essay I shall take up the discussion by placing it in a larger cultural frame. I suggest that the emergence of historiogra1 G. Sterling, The Jewish Appropriation of Hellenistic Historiography, in: J. Marincola (ed.), A Companion to Greek and Roman Historiography, West Sussex 2011, 231 ff., here 231. Cf. H. Attridge, Historiography, in: M. E. Stone (ed.), The Literature of the Jewish People in the Period of the Second Temple and the Talmud. Jewish Writings of the Second Temple Period. Apocrypha, Pseudepigrapha, Qumran Sectarian Writings, Philo, Josephus, Assen/Philadelphia, PA 1984, 157 ff., here 157.
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phy as a mode of writing and a concomitant intellectual activity should be seen as intrinsically related to the appearance of what have sometimes been dubbed axial age cultures.2 Rather than extending and reducing other cultural forms of history writing in the Procrustean bed of early Greek historiography I suggest that we expand our concept of historiography to constitute a mode of writing rather than a particular genre. Yet, this endeavour is only meaningful to the extent that we confront the criteriological problem of differentiating between different forms of conceptualising history, both at the horizontal and at the vertical level. Older forms of history writing such as, for instance, Egyptian, Israelite, and Mesopotamian incontestably existed prior to the appearance of axial age cultures, so we need, on the one hand, to be able to distinguish these types from the latter ones.3 On the other hand, in order to acknowledge the ‘axial breaktrough’ in the context of historiography without subsuming all forms of axial history writing under a Greek historiographical paradigm we also need to make a horizontal distinction between, for instance, Greek, Chinese, and Jewish forms of historiography.4 In fact, the more a historiographical form of writing is inherently linked to the particular Greek development, the more difficult it becomes both at the theoretical and the empirical level of analysis to acknowledge how the Greek tradition manifests a wider Eurasian tendency. By pursuing the question of the emergence of historiography in Second Temple Judaism and by emphasising how the Jewish development was part of a more comprehensive Eurasian development, I want to take into account the scholarly legacy of my two former teachers, Professor Martin Hengel and Professor Hermann Lichtenberger. During three crucially formative years of my early career, I had the privilege of studying late Second 2 Since there is no direct relationship between the writings that may be subsumed under the category of historiography, I deliberately avoid the notion of genre and prefer the more elusive concept of mode. Additionally, it is only within part of the tradition such as the Greek one that from the emic level of analysis we eventually observe the emergence of an awareness of genre. Finally, the differences between the individual traditions with respect to content, form, and function are too great to warrant the use of the category of genre even at the etic level of analysis, which is why I prefer the more comprehensive notion of mode. 3 For ancient Egyptian, ancient as well as later Mesopotamian ideas about the past, see the recent contributions by J. Baines, Ancient Egypt, in: A. Feldherr / G. Hardy (ed.), The Oxford History of Historical Writing. Volume 1: Beginnings to AD 600, Oxford 2011, 53 ff., P. Michalowski, Early Mesopotamia, in: A. Feldherr / G. Hardy (ed.), The Oxford History of Historical Writing. Volume 1: Beginnings to AD 600, Oxford 2011, 5 ff., and M. Liverani, Later Mesopotamia, in: A. Feldherr / G. Hardy (ed.), The Oxford History of Historical Writing. Volume 1: Beginnings to AD 600, Oxford 2011, 29 ff.. For Israelite commemorative literature of the past, see M. Z. Brettler, Historical Texts in the Hebrew Bible?, in: K. A. Raaflaub (ed.), Thinking, Recording, and Writing History in the Ancient World, West Sussex 2014, 213 ff. 4 We have Lloyd to thank for having shown how the emergence of Chinese types of historiography is contemporaneous with the rise of Greek history writing, although the two take very different forms. See G. E. R. Lloyd, Disciplines in the Making. Cross-Cultural Perspectives on Elites, Learning, and Innovation, Oxford 2009.
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Temple Judaism and the early Christ-movement at the Institut für antikes Judentum und hellenistische Religionsgeschichte in Tübingen, one of the most prolific and intellectually stimulating research environments one could imagine. As I have argued in a recent article, there is hardly any human culture that does not in one way or the other exhibit a relationship with the past.5 In that regard, Geoffrey Lloyd makes the perspicacious observation: “It might be assumed that every human group has an interest in its past and therefore a concern with history. But the conception of the past, and the nature of that interest differ, and so whether the concern is what we can call a historical one becomes problematic”6. Lloyd’s acknowledgement leads us to recognise that we are facing a continuum upon which for analytical reasons we may be justified in imposing different caesurae that will enable us to differentiate between different forms of thinking and writing about the past and, thereby, to deepen our understanding of the particularities that pertain to particular epochs and areas. It is the challenge implied by Lloyd’s reflection that I want to take up in this essay, with a special focus on the question of Jewish historiography. If historiography – properly understood – is a result of the axial age, what does this imply for our conception of those Jewish texts that antedated 2 Maccabees and Josephus, in which the influence of the Greek historiographical tradition became prevalent? In line with the topic of this volume, I will concentrate exclusively on 1 Maccabees, although the argument will also at a later stage inevitably have to include older commemorative works such as Chronicles and Kings. Before I approach the specific topic of my essay, however, I will take an extensive theoretical detour that paves the ground for the subsequent argument.
2. Problems Pertaining to the Notion of the Axial Age I presume that the discussion about cultural evolution and the so-called axial age is still controversial for a majority of scholars in the fields of biblical scholarship and Second Temple Judaism, so I will briefly attempt to explain why I find it imperative to take up these questions in this context. I will begin by elaborating on the problems pertaining to the concept of the axial age, which in recent years once again has come to the fore of the discussion of cultural history in general and the history of religions in particular. Although the notion had a prehistory in the works of Hegel, Ernst von Lassaulx and Max Weber,7 it was Karl Jaspers who coined the exact term in a 5 See A. K. Petersen, The Emergence of Historiography. An Axial Age Phenomenon, in: J. Rüpke / S. Rau / B.-C. Otto (ed.), Historiography and Religion, Berlin/New York, NY 2014. 6 G. E. R. Lloyd, Disciplines, 59. 7 On the basis of Jaspers’ own acknowledgement of the influence that Hegel exerted on his use of the term (K. Jaspers, Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, München 1949, 19), Hegel
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lecture held in Geneva in 1946. However, it was not before the publication of Jaspers’ book from 1949 Vom Ursprung und Ziel der Geschichte that the concept gained wide prominence. In stark contrast to the atrocities of the Second World War and as a springboard for a new era, the aspiration of the Geneva conference was to create a point of departure for a renewed and decisive reflection on European identity and the humanistic tradition. This is the context for Jaspers’ argument. The lecture bears the significant title Vom europäischen Geist. With respect to the discussion of the axial age, the lecture has two statements of paramount importance. First, Jaspers points to three independent and decisive developments. The first one took place in ancient India, the second in ancient China, and the third one in the Occident. He proceeds to argue that for the Christian Christ is the axis of world history, but for an empirical point of view not obliged to include a religious perspective the axis of world history is located in the period from 800–200 BCE: Es ist die Zeit von Homer bis Archimedes, die Zeit der großen alttestamentlichen Propheten und Zarathustras – die Zeit der Upanishaden und Buddhas – die Zeit von den Liedern des Shiking über Laotse und Konfuzius bis zu Tschuang-tse. In dieser Zeit wurden alle Grundgedanken der folgenden Kulturen gewonnen. Zu ihr kehrt man mit Renaissancen in China, in Indien und im Abendland immer wieder zurück. Dieser Zeit ist gemeinsam, daß in den menschlichen Grenzsituationen die äußersten Fragen auftreten – daß der Mensch sich in seiner ganzen Brüchigkeit erkennt und zugleich die Bilder und Gedanken hervorbringt, mit denen er trotzdem weiter zu leben vermag – daß die Erlösungsreligionen auftreten – daß die Rationalisierung beginnt – und daß in allen drei Gebieten am Ende ein Zusammenbruch des als kritisch empfundenen Zeitalters steht mit der Bildung despotischer Großreiche. Die parallele Vergegenwärtigung dieses Jahrtausends gehört zu den ergreifendsten weltgeschichtlichen Erfahrungen, die wir machen können. Je weiter wir in der Geschichte zurückgehen, desto ähnlicher werden wir einander.8
With direct reference to Max Weber, Jasper draws attention to the fact that he intends to pose a sequence of questions to world history that also governs the important work of Weber: What do these three cultures share? What is particular to the Occident, etc.? Jaspers contends that these questions do not have a final answer; but as a scholarly task they are conducive not only to a clarification of has sometimes been taken to be the originator of the concept. Although Hegel has a comparable expression, he never uses the German term axis. In fact, Hegel argues that: „Gott wird nur so als Geist erkannt, indem er als der Dreieinige gewusst wird. Dieses neue Prinzip ist die Angel, um welche sich die Weltgeschichte dreht. Bis hieher und von daher geht die Geschichte“ (G. W. F. Hegel, Werke in 20 Bänden. Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Werke 12, Frankfurt am Main 1986, 386). For the origin of the term and also the influence of Ernst von Lassaulx and Max Weber on Jasper’s use, see H. Joas, The Axial Age Debate as Religious Discourse, in: R. N. Bellah (ed.), The Axial Age and Its Consequences, Cambridge, MA/London 2012, 9 ff., here 10–21. An additional source of influence was the brother of Max Weber, Alfred Weber. See, for instance, A. Weber, Das Tragische und die Geschichte, Hamburg 1943. 8 K. Jaspers, Vom europäischen Geist. Vortrag gehalten bei den Rencontres Internationales de Genève September 1946, München 1946, 8.
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facts but also to an awareness of the grandness and secrets of humanity. In this particular context, the concept of the axial age appears for the first time: “Die Frage wendet sich forschend zurück bis in die Achsenzeit – wenn wir die Zeit um die Mitte des letzten Jahrtausends v. Chr. so nennen dürfen. Liegen in der Eigenart der Bibel und der abendländischen Antike schon die Keime oder wenigstens die Ermöglichung dessen, was als moderne Wissenschaft und Technik erst in den letzten Jahrhunderten sich gezeigt hat?”9. As is evident from this and the previous quote from Jaspers, his notion is intrinsically related to the yearning for a reinvention of European identity founded on the legacy of Athens and Jerusalem. In Jaspers’ view, this heritage was essential to free Europe from its current moral morass occasioned by the Second World War. Through a return and reflection on this legacy, the axial age cultures – according to Jaspers comparable to previous periods of crisis – could endow Europe with a resource conducive to renewed European revitalisation. On the basis of this brief recapitulation of the background of the notion of the axial age, it is clear that Jaspers’ term has an ideologically loaded pre-history. In fact, Hans Joas in a recent article emphasises the extent to which the interest in the enigma of the axial age, for instance that of Weber and Jaspers, was itself part of a religious discourse.10 However, I think Joas is mistaken when he infers from this that every talk about the axial age is inevitably part of a religious discourse.11 Obviously, as in all historical studies there will be an enduring element of identity formation at play in the axial age discussion. As Michel de Certeau constantly emphasised, presentism is an intrinsic element in all writing of history.12 But it is first important to underline that this element is not necessarily religious, but rather a question of identity forging in general. Secondly, as Joas also maintains, the ideological presuppositions are not particularly problematic if one is methodologically and theoretically aware of the problems pertaining to the ideological aspect and, therefore, succeeds in giving them their due attention in one’s work.13 Thirdly, the identification of a religious element in the conceptualisation of the discussion among the founders of the debate does not in itself constitute an objection against the plausibility of the argument. It is only to the extent that it can be documented that such an element distorts the argument that it may have negative impact on the explanatory power of the interpretation. In saying this, I do not intend to downplay the problems pertaining to an underlying ideological agenda; but I think it is fallacious to surmise that it has K. Jaspers, Geist, 9 Axial Age. Cf. J. Assmann, Cultural Memory and the Myth of the Axial Age, in: R. N. Bellah (ed.), The Axial Age and Its Consequences, Cambridge, MA/London 2012, 366 ff., here 375. 11 H. Joas, Axial Age, 23 f. 12 M. de Certeau, The Writing of History, New York, NY 1988, 23. 13 H. Joas, Axial Age, 24. 9
10 H. Joas,
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such an extent that it inhibits the entire debate of the axial age. To the best of my knowledge, every scholarly argument is prone to falling victim to ideological agendas so this in itself cannot be a substantial argument against a particular scholarly discussion. Although some solitary voices such as Alfred Weber’s and Jaspers’ student Eric Voegelin, the late American sociologist Robert Bellah, and the Israeli sociologist Shmuel Eisenstadt continued to work on matters related to the axial age, it is only in recent years that the concept has once again come to the fore of the scholarly discussion. There are several reasons for this, which the career of Bellah vividly illustrates. Despite his strong interest in the topic, Bellah in the early 60’s came to recognise that it would be extremely difficult to take up the debate of cultural evolution in a socio-cultural milieu in which matters pertaining to this theme had been renounced. Bellah had to acknowledge that the time was not yet ripe for the reception of such thinking.14 With ground-breaking research taking place during the last two decades in the field of cognitive science, however, things have begun to change. There are several reasons for this change. First, the emergence of cognitive science from the early nineties has by its interest in evolutionary questions forced the humanities and the social sciences to rethink their relationship on matters concerning not only biological but also cultural evolution. Secondly, some of the ideological biases characteristic of previous forms of evolutionary thinking are deliberately detached from the manner in which evolutionary questions are being posed in the current context of cognitive science. Thirdly, five decades of postmodernism and especially during recent years the influence of various forms of post-criticism have paved the way for the reappearance of questions, which, because of the culturally biased and intrinsically suppressive nature of past generations of criticism, were for a long period dismissed as illegitimate. Although some reluctance lingers on, sometimes verging on opposition towards evolutionary thinking,15 the picture has begun to change in such a manner that it is increasingly being acknowledged within the humanities and the social sciences that evolutionary questions are germane and inevitable for fields that aspire to examine culture, religion, and society. This brings me to the second, thorny part, that is, cultural evolution.
14 This information comes from a personal conversation with Prof. Bellah. See also R. N. Bellah, Nothing is Ever Lost: An Interview with Robert Bellah, The Immanent Frame. Secularism, Religion, and the Public Sphere. http://.ssrc.org/tif/2011/09/14/nothing-is-ever-lost/ 2011 (seen January 15, 2014). 15 See, for instance, M. Satlow, Introduction, in: idem (ed.), The Gift in Antiquity, West Sussex 2013, 1 ff., 6, who speaks about outdated forms of evolutionary thinking, but neither considers the possibility of revising the evolutionary perspective, nor thinks of evolutionary questions as ineluctable for the humanities and the social sciences.
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3. In Defence of the Concept of Cultural Evolution and Its Implications Matters pertaining to cultural evolution had their scholarly heyday in the period from 1860 to 1920. The experience of the barbarism witnessed by the trenches of the First World War made it intellectually impossible to continuously endorse a form of thinking that had conceived of Western culture as the fulcrum of culture and Christianity as the zenith of the history of religion. Obviously, evolutionism lingered on in other socio-cultural segments and had an atrocious political aftermath in the fascist and Nazi thinking of the 1930s and early 1940s; but as an intellectual trajectory of thinking it had come to a halt already around 1920. Personally, however, I think there is good reason to revitalise not only cultural but also biological evolutionary thinking in the context of the humanities and the social sciences. There are important questions within this trajectory of scholarship that, deplorably, have been neglected for a long period of time. To unpack this claim let me briefly explain what I think deserves the merit of attention with respect to evolutionary questions: What were the reasons why particular forms of religion intrinsically connected to particular socio-cultural configurations arose in particular periods and at particular places? When we think of religion today, it is commonly taken for granted that, for instance, the three monotheistic religions have a history dating back to time immemorial. We are taking their givenness for granted. Yet, it is frequently forgotten that none of these religions has a history that by any standard can be compared with that of Egyptian religion which lasted more than 3000 years. Despite this, it faded away at a certain period in time. In that regard it suffered the same inescapable fate that all cultural entities are inevitably susceptible to disappearance and oblivion. But the crucial question to pose, of course, is why such a time-honoured religion became extinct at the time it did? Additionally, the acknowledgement of oblivion and annihilation as intrinsic vice to cultural entities should put restraints on our propensity to take the ‘given’ cultural entities of the present for granted.16 For a long period, partly out of the well-justified fear for relapsing into the cultural arrogance of previous forms of scholarship concerned with evolutionary questions such as ‘primitivism’, we have not dared to pose questions that implied an acknowledgement of different forms of social organisation and cultural formation with respect to thinking. However, in my opinion such questions are indispensable for the humanities and the social sciences. To say that a particular form of society and a complementary form of culture is more 16 The threat of oblivion and annihilation intrinsic to all cultural entities is a basic tenet of the Durkheimian tradition, but it is particularly elaborated in the context of Rappaport’s grand theory of cultural sustainability, see R. A. Rappaport, Ritual and Religion in the Making of Humanity, Cambridge 1999, 9–22.
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complex than another does not necessarily imply cultural arrogance and disdain of the other culture if it is made patently clear that the argument is of an aesthetic nature and has neither a bearing on ethical value nor a claim to truth with respect to the examined culture. It also flies against the face of not only scholarship but also common opinion if we are not able to make such distinctions. Certainly, we would put ourselves in a problematic position if we were not able to differentiate in terms of complexity between, for instance, a modern urban society and the community of an indigenous people, just as any study of the ancient Graeco-Roman world would have to acknowledge the gross differences between cultural systems found in the context of the polis and that of the later Roman Empire.17 I hope that some will be persuaded by parts of this argument; but undoubtedly some will also be prone, even if they do not straightforwardly oppose my use of the term evolution – at least to challenge it. So why retain this nomenclature if it creates additional problems? The reluctance towards the use of the category stems from a pervasive tradition for insisting on a categorical difference between biology and culture. Evolution is reserved for what takes place in terms of biology, whereas development proper is meant to designate matters pertaining to historical contingency and human volition, i. e. culture. Although such a differentiation may be perceptive in terms of the nuances it makes, it easily becomes problematic by its frequently asserted categorical nature. I do not want to underplay the difference between what we are wont to single out as the difference between biology and culture. However, I insist that even the most genuine and subtle form of culture is also part and parcel of biology, which is my reason for favouring the notion of evolution for matters pertaining to both biological and cultural change. It may well be that the emergence of particular religions or the creation of particular texts are far away from what takes place in the secretion of dopamine and endorphins in a religious ritual. Yet, all these elements constitute different points on the same continuum of human biology, however more complex the one may be in comparison with the other. Organisms alone and not genes undergo evolution. Bellah makes it palpably clear that the difference between genes and organisms rests on the fact that organisms are able to learn
17 Cf. R. N. Bellah, Religious Evolution, ASR 29/3 (1964) 358 ff., here 358: “Evolution at any system level I define as a process of increasing differentiation and complexity of organization that endows the organism, social system, or whatever the unit in question may be with greater capacity to adapt to its environment, so that it is in some sense more autonomous relative to its environment than were its less complex ancestors. I do not assume that evolution is inevitable, irreversible, or must follow any single particular course. Nor do I assume that simpler forms cannot prosper and survive alongside more complex forms. What I mean by evolution, then, is nothing metaphysical but the simple empirical generalization that more complex forms develop from less complex forms and that the properties and possibilities of more complex forms differ from those of less complex forms.”
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and thereby change their environments, whereby they actively exert influence on the survival chances of their successors.18 The second misunderstanding that I need to rule out pertains to the level at which one may talk about cultural evolution. It should be made abundantly clear that when I am using the term I am applying it to an aesthetic domain only, which has to do with matters of cultural and social complexity (cf. my previous emphasis on this aspect). Contrary to previous forms of scholarship on cultural evolution, I do not mean to use it with respect to matters of veracity. It lies beyond the scope of science to adopt a stance on whether a particular form of religion or a particular type of culture is truer than another one. Nor do I intend to apply it with respect to the ethical domain, that is, whether one form of culture should be conceived of as ethically superior to another one. Such questions are not for historians to take a stance on. What I can do, however, is to raise culturally evolutionary questions pertaining to matters of social complexity. Although such an assertion may appear controversial to some, I find it hard to see how one can possibly ignore the fact that a contemporary Western culture is more complex than a Medieval Western culture. The same obviously holds true if one compares an archaic form of religion with that of a tribal culture. Needless to say, such a contention is not meant to deny the high level of social complexity that pertains to, for instance, hunter-gatherers. However, in my opinion a problem arises if scholarship is not capable of acknowledging the differences between such a social formation and one with a higher degree of complexity with respect to, for example, its division of labour by the existence of different social groups. One other element should be added to this argument. When Bellah in his most recent work on cultural evolution differentiates between tribal, archaic, historic, early modern and modern societies, he does not endorse the view of irreversible clear-cut distinctions between the five categories in question. Nor does he claim that the individual stages are void of development, which he acknowledges by, for instance, differentiating in tribal societies between hunter-gatherers and societies based on horticulture. In contrast to a static fossilised view on evolution, Bellah fully acknowledges the existence of transitional stages between the five forms of society. They are third-order categories. Additionally, he makes the extremely important contention that when it comes to cultural evolution: “Nothing is ever lost”19, which is an almost emblematic summary of his basic view. That is to say that cultural evolution should be conceived of in a manner resembling geological layers by which one underneath the surface of the particular object of study may scrape away one layer after another. A modern church service in the Protestant church is a good example. The service is constituted by different 18 R. N. Bellah, Religion in Human Evolution. From the Paleolithic to the Axial Age, Cambridge, MA/London 2011, xiii. 19 R. N. Bellah, What is Axial about the Axial Age?, European Journal of Sociology 46/1 (2005) 69 ff., here 72. Cf. ibid, Religion, 267.
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elements each of which belongs to different stages in the cultural evolution of human memory cognition. The most archaic is the ritual layer upon which the mythological has been grafted. At the surface layer one finds the sermon which clearly belongs to the theoretical stage of culture. Be that as it may, the important point to take away from these ruminations is the acknowledgement that this way of conceptualising cultural evolution flies in the face of the old manner by which new forms of culture were thought to have taken leave of antecedent forms once and for all and irreversibly. In an essay on “What is Axial about the Axial Age?” from 2005, Bellah formulates the importance of this assertion in the following way: At this point it might be worth noting a central principle that has governed all my work on religious evolution: Nothing is ever lost. Just as the face-to-face rituals of tribal society continue in disguised form among us, so the unity of political and religious power, the archaic “mortgage”, as Voegelin called it, reappears continually in societies that have experienced the axial “breakthrough”. Kings who ruled “by divine right”, are obvious examples, but so are presidents who claim to act in accordance with a “higher power”. At every point as our story unfolds, we will have to consider the relation between political and religious power. However, but one thing is certain, the relationship never goes away.20
Therefore, Bellah may also criticise the Israeli historian and philosopher of science Yehuda Elkana for his essay “The Emergence of Second-Order Thinking in Classical Greece” for not acknowledging that the transcendental breakthrough characteristic of axial age forms of thinking involved a radicalisation of mythosspeculation, but not an abandonment of it as contended by Elkana (Bellah 2005, 81). In Bellah’s view, the classical debate of the transition from mythos to logos, therefore, is not a matter of an irretrievable transformation, but more a matter of supplementation, whereby mythos is augmented by logos: a fact which any reading of Plato should make abundantly clear.
4. Defining Cultural Evolution, Axiality, and the Axial Age There are different ways of thinking about cultural evolution.21 One prominent strand is a neo-Lamarckian one which Robert Bellah by his close reliance on 20 R. N. Bellah,
What is Axial, 72. Cf. ibid, Religion, 278. For a recent discussion of different ways of conceptualising evolution in the context of culture, see J. Bulbulia et al., The Cultural Evolution of Religion, in: P. J. Richerson / M. H. Christiansen (ed.), Cultural Evolution. Society, Technology, Language, and Religion, Cambridge, MA/London 2014. A very different approach to the understanding of the evolution of human sociality is found in S. K. Sanderson, The Evolution of Human Sociality. A Darwinian Conflict Perspective, Lanham, MD 2001. Sanderson founds his approach on a combination of a Darwinian and Marxist understanding of evolution; see especially S. K. Sanderson, Evolution, 143–157. A very useful discussion of the differences between biological and cultural evolution is found 21
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Merlin Donald’s stage theory is following. According to Donald, memory cognition involves four different types: 1) the episodic; 2) the mimetic; 3) the mythical; 4) and the theoretical. Each phase is aligned with a particular stage in human evolution and may be substantiated both at the onto‑ and the phylogenetic level.22 Donald endorses the view that “the scenario of human evolution seems to be one of tension between culture and conscious capacity, with culture steadily pushing that capacity to the edge, so that it continuously expanded”23. The first and oldest episodic phase pertains to episodic memory which human predecessors shared with all other mammals. It designates the ability to organise experience in terms of a series of events or discrete episodes, hence the name.24 The first decisive transition took place possibly three to two million years ago when early hominins appeared on earth and mimetic culture was added to the episodic. It refers to the pre-linguistic, but not necessarily pre-vocal ability whereby the early hominins became capable of enacting events and communication with others through the use of indexical and iconic bodily signs.25 The first rudimentary forms of culture appear at this stage, since: “mimesis is the level of cultural interaction on which we first assume a basic tribal identity and become conscious of ourselves with reference to our primary social group”26. The second decisive change occurred approximately 450,000 years ago with the arrival of archaic Homo sapiens. However, it was not before the emergence of our particular subspecies, Homo sapiens sapiens, around 125,000 years ago that the capacity to engage in mythic culture came into existence. Within a relatively brief period of time Homo sapiens sapiens attained the ability of language. The final transition took place about 40,000 years ago, when our predecessors developed memory externalisation, that is, the ability “to employ a huge number of powerful external symbolic devices to store and retrieve cultural knowledge.”27 Donald does not argue that the three transitions emerged in terms of single leaps. They developed gradually through incremental and non-categorical change, since natural selection can only work to the extent that the preceding species is already close to having the capacities to be introduced.28
in M. Stausberg, Distinctions, Differentiations, Ontology, and Non-Humans in Theory of Religion, MTSR 22 (2010) 354 ff., 360 f. 22 M. Donald, An Evolutionary Approach to Culture. Implications for the Study of the Axial Age, in: R. N. Bellah (ed.), The Axial Age and Its Consequences, Cambridge, MA/London 2012, 47 ff., here 61–63; R. N. Bellah, Interview, 1. 23 M. Donald, A Mind So Rare. The Evolution of Human Consciousness, New York, NY 2001, 260. 24 Ibid, 200–202. 25 Ibid, 260–269. 26 Ibid, 266. 27 Ibid, 262. Cf. R. N. Bellah, What is Axial, 78. 28 M. Donald, Mind, 267.
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Complementary to this argument is his tenet that the individual phases do not replace the cognition of the former ones. They enhance the previous ones by combining the different forms of cognition and expanding the capacities pertinent to each of the previous forms of cognition: “The fate of human consciousness is thus tied to all the stages of human cultural evolution. Each major transition has increased the scope of basic awareness by looping it through a new kind of public process. We now have three distinct layers of cultural representations, each of which has a magnifier effect on the previous layers”29. Donald’s acknowledgement of the accretion of evolutionary layers led Bellah to a more comprehensive understanding of the dictum that pervades all his scholarship, that is, the idea that “nothing is ever lost.”30 It is a basic view of Bellah that each of Donald’s stages is: “a “conserved core process,” never lost even though reorganized in the light of new core processes, each promoting variation, adaptive and innovative, but each essential to cultural integrity”.31 Although Donald dates the appearance of theoretic culture to approximately 40,000 years ago, he also allows for a gradual process of acceleration which has not yet been completed. Theoretic culture is still in the formative stage, since it is dominated by a relatively small elite and has a dominance in the Western part of the world.32 Pivotal to the development towards theoretic culture was the invention and dissemination of writing. It is a decisive presupposition for facilitating external memory storage, whereby the possibilities for thought became considerably enhanced.33 Although writing came into being already in the third millennium BCE, it was not prior to the centuries preceding the middle of the first millennium that forms of writing emerged by virtue of which new alphabetic systems and novel writing material could be easily and quickly disseminated to considerably larger groups of people, thereby increasing the possibilities for external memory storage. Notwithstanding the fact that writing continued to constitute an elite phenomenon, the number belonging to the elite had also increased, compared with the previous millennia. This Eurasian development characteristic of ancient China, Greece, India, and the Near-East is hardly conceiv Ibid, 320. R. N. Bellah, What is Axial, 72.83; cf. idem / S. M. Tipton, The Robert Bellah Reader, Durham, NC/London 2006, 4; idem, Religious Evolution, 361; idem, Religion, xviii.65. Cf. M. Donald, Mind, 178. 31 R. N. Bellah, Religion, 65. Cf. M. Donald, Approach, 70: “The evolutionary context leads to at least one major insight: cognitive-cultural adaptations occurred in a cascade, with each previous stage remaining in certain domains where it served its purpose well. Thus the mimetic still dominates in certain areas of cultural activity, and the mythic in others. The cognitive system available to human beings has become wider, richer, and much more flexible over time. This has happened despite the uneven historical trajectory produced by the combination of sudden spurts of advancement, long periods of stagnation, and many periods where this trend toward increased complexity was severely reversed.” 32 Ibid, 67.70. 33 Ibid, 360 f. 29
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able without a parallel socio-technological transition with respect to an increase in food surplus resulting from novel and more advanced types of cultivation, growing urbanisation, an increase in population density, an enhanced division of labour resulting in new and independent social classes, more complex forms of political organisation corresponding to types of government that reached far beyond the boundaries of the city, the introduction of new technologies with respect to metallurgy, an increase in commerce over wider distances, and the introduction of new monetary systems, etc.34 Before I proceed to discuss the relation between this way of viewing cultural evolution, axiality and the axial age, we need to acknowledge some of the criticism advanced against this way of conceptualising human evolution. A frequently presented criticism is that such a perspective does not take historical contingency satisfactorily into account and that it fails to do justice to the synchronicity operating in the later individual historical phases. Additionally, it is claimed that a stage theory approach to evolution is conducive to a problematically teleological and functional way of thinking and that it does not pay satisfactory heed to internal contestation within the individual stages. I think much of this critique is off target. First, it should be granted that to the extent that one places emphasis on evolutionary processes there may be an inevitable tendency to downplay the continuity operating in every cultural development. Thus it is fair to acknowledge a pragmatic element of inevitable aspectualism. To the extent that one retrospectively seeks to highlight what characterises a particular epoch and geographical area with respect to development one cannot simultaneously take stability and continuity into account, on the one hand, and novelty and break, on the other. Secondly, the identification of cultural novelties is necessarily something that can only be identified in hindsight. Thirdly, the focus placed on evolutionary processes does not necessarily imply the negation of internal controversy within a particular evolutionary stage. In fact, I would find it hard to imagine cultural evolutionary processes of an irreversible nature. Cultural novelties can only appear as such to the extent that they are met with opposition. Were it not so, they would and could not eo ipso be reckoned to be of an innovative character. Fourthly, to the best of my knowledge no subscribers to this type of understanding of cultural evolution have argued that the processes are of an irreversible nature. In fact, it is a point in highlighting cultural over biological evolution that volatility and fragility are an inherent element of the former.35 Sixthly, there is nothing intrinsically wrong with functional analysis 34 A. Momigliano,
Alien Wisdom. The Limits of Hellenization, Cambridge 1975, 8 f. However, matters are also changing in biology with respect to biological evolution. It is often assumed that biological evolution presupposes a strong notion of cause and effect, but the majority of biologists today no longer conceive of causality in such a strong manner. They speak about cause and effect in terms of interrelationships. Neither epigenetics nor biologists conceive of evolution as a Darwinian uni-linear, irreversibly progressive development (cf. E. Jablonka / 35
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as long as it avoids the circular inferences that often pertain to such analyses, i. e. “a is used to explicate x which is simultaneously surmised to be the cause of origin for a.” In other words, functional analysis only becomes problematical when it is mistakenly identified with an explanation of origin. Jonathan Turner and Alexandra Maryanski, for instance, have paved the way for a slightly revised form of functional analysis that avoids the pitfalls of many functional analyses. They have attained this by isolating a limited number of forces that drive the formation of social structures and the cultures that regulate them.36 In sum they endorse the view that: … by knowing where selection pressures come from, we can better understand the origin and later evolution of human societies in terms of natural selection, but a form of natural selection – what we term Spencerian selection – that emerges when an animal uses cultural codes to organize social relations. Spencerian selection does not supplant Darwinian selection; instead, they both operate in societies and significantly shape the trajectory of their evolution.37
On the basis of these clarifications, I will now briefly return to the narrow topic of highlighting the relationship between cultural evolution, the axial age, and axiality. In addition to the predominantly social and technological changes characteristic of the mid-First millennium BCE, which were previously mentioned, Bellah in continuity with scholars like Momigliano and Elkana points to the emergence of the ability to engage in second-order discourse as a hallmark of an early theoretic form of culture.38 Complementary to this cultural change there was also an increased acknowledgement of the existence of other cultures that by virtue of their alternative claims to truth constituted rivalling cultural narratives that had to be defeated by one’s own cultural truth. All these socio-cultural transitions allow Bellah to establish a close relationship, verging on identification, between the emergence of theoretic culture and the axial age. In the wake of Donald, the argument neither entails an irreversible breakthrough nor does it imply the extension of theoretic cognition to all parts of culture and social segments. On the contrary, the axial age constituted an exclusive elite phenomenon and has remained so for an extensive period of time that extends to the present. Yet, it was during this period that the possibility of thinking about thinking was forged and that the acknowledgement of rivalling cultural claims which had to be M. Lamb, Evolution in Four Dimensions. Genetic, Epigenetic, Behavioral, and Symbolic Variation in the History of Life, Cambridge, MA 2005). There is no inevitability or non-repeatability in biological evolution. In this regard, the majority of them add a Lamarckian perspective to their thinking about biological evolution. 36 J. Turner / A. Maryanski, On the Origins of Societies by Natural Selection, London 2008. 37 Ibid, 124. 38 See R. N. Bellah, Religion, 275 f., A. Momigliano, Wisdom, 9, and Y. Elkana, The Emergence of Second-Order Thinking in Classical Greece, in: S. N. Eisenstadt (ed.), The Origins and Diversity of Axial Age Civilizations, Albany, NY 1986, 64.
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repudiated in order to adhere to one’s own interpretation came into existence. To the extent that these phenomena are extended to wider social segments whereby they become a more prevalent feature of common culture one can talk about axiality. But one may reasonably ask what all this has to do with historiography in general and 1 Maccabees in particular. On the basis of this extensive theoretical detour, I am now prepared to raise the question of 1 Mac and the emergence of historiography in a Jewish context.
5. Basic Ideas in 1 Maccabees As I already noted, I do not argue that the Hebrew Bible is without commemorative works of the past. As indicated by my initial quote from Geoffrey Lloyd, it is unlikely that we could find any culture which does not witness to some kind of relationship with the past; but there is a great difference between this phenomenon and the emergence of a historiographical genre proper. If we detach the discussion of the emergence of historiography from the particular form it takes in the Greek context with Herodotus, Thucydides, and subsequent writers, we will be able to examine the Jewish case without presupposing that there can be no Jewish historiography prior to the ‘Greek’ types of Jewish history writing with 2 Mac and the two historiographical works of Josephus. There are works such as Chronicles that may be representative of a transitional stage from commemorative works of the past to historiography proper. Anything else would constitute a surprise, since evolutionary leaps in the context of culture do not happen by sudden breaks or saltations. But does it make sense to conceptualise 1 Mac as a work of historiography proper? In the event of an affirmative answer, what are the criteria that enable us to conceive of the text in such a manner? In the wake of the work of Momigliano, Bellah and Elkana, a crucial basis for assigning 1 Maccabees to a historiographical mode of writing is an awareness on the part of the authorial instance of conducting historical studies. In addition, we should look for the occurrence of second-order thinking in the text and pay supplementary heed to attentiveness to the existence of other cultures and a concomitant need to discursively disprove their claims to truth. Most scholars agree that 1 Maccabees dates from the latter part of the Second century BCE and possibly even from the very first part of the First century BCE. It appears evident from 16:24 that the author is familiar with the reign of the high priest John Hyrcanus from 134–104 BCE. The text was originally composed in Hebrew, as attested by Origen and Jerome,39 but at some unknown
39 J. A. Goldstein, 1 Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 41, Garden City, NY 1976, 14–16.
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point translated into Greek.40 The geographical origin of the text both with respect to the Hebrew Vorlage and the Greek translations is unknown, but it is likely that it originated in Jerusalem in circles strongly in support of the Hasmonean dynasty. I will leave these eisagogic considerations aside, and focus on the historiographical question; but let me begin by taking a closer look at how the text instantiates its worldview by orchestrating a cultural war. Since I cannot do justice to the entire text I will concentrate on the first chapters, though I believe that these chapters will give us substantial insight into the basic schemes that the book recurrently evokes in its historiographical elaboration of two contradictory cultural perspectives. There is no doubt that the text continues an older biblical tradition of commemorative literature that we find in works such as 1 and 2 Samuel and in Kings. Yet, it also evinces new traditions that are not found in the biblical predecessors. This is clear from the beginning of the book which has an in medias res nature. The author initiates his narrative by presenting the ‘global’ state of the present world: “After Alexander son of Philip, the Macedonian, who came from the land of Kittim, had defeated King Darius of the Persians and the Medes, he succeeded him as king. (He had previously become king of Greece.) He fought many battles, conquered strongholds, and put to death the kings of the earth. He advanced to the ends of the earth, and plundered many nations. When the earth became quiet before him, he was exalted (hupsōthē), and his heart was lifted up (eperthē). He gathered a very strong army and ruled over countries, nations, and princes, and they became tributary to him” (1:1–4).41 Yet, despite all his success Alexander succumbed to the fate destined for those who do not accept the lot of men, that is, the acceptance of human limitation and a concomitant course of behaviour. Although the specific term hubris (‘great insolence’ or ‘arrogance’) does not appear before 3:20, the cognate semantic field plays a pivotal role from the beginning of the book. Throughout 1 Mac there is a recurrent emphasis placed on the idea that human beings (in the context of the ancient world: men)42 who do not accept the constraints of human life and, therefore, also of God as the lord of human life will be punished. It is quite striking, however, that when the text proceeds to argue that Alexander the Great had to suffer for his lack of modesty and acknowledgement of 40 For the discussion of date and provenance, see J. A. Goldstein, 1 Maccabees, 62–89, and H. Anderson / T. Fischer, Maccabees, Books of, AncBD 4 (1992) 440–442. Possibly the text existed in several Greek translations, since the Old Latin version seems to pay witness to a more faithful translation of the Hebrew Vorlage, see F. M. Abel / J. Starcky, Les Livres des Maccabées, Paris 1961, 80. 41 I use the New Revised Standard Version as translation of 1 Mac except in a few cases, where I prefer a more idiomatic translation closer to the Greek text. 42 In its understanding of gender, 1 Mac exhibits the cultural values of a traditional ancient worldview. See A. K. Petersen, Konstruktionen von Geschlecht und Sexualität im Neuen Testament, ZNT 30 (2012) 12 ff., here 15–19.
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human limitation it does not mention God. On the contrary, 1 Maccabees states bluntly in concise terms that “after these events Alexander fell sick and perceived that he was dying” (1:5). The same line of argument is taken up in the subsequent verses, when it is recounted how the generals of Alexander came to engage in internal strife. Alexander summons them on his death bed and divides his kingdom between them. Despite the fact that they have grown up with Alexander ever since his youth and are thus expected to behave in a ‘family like’ manner, they dismiss the former ‘kinship’ bonds as soon as Alexander has died. Like Alexander, they transgress the limits of human existence. Not only “did they seize power (epekratēsan) but they also did it each in their own place,” whereby they are implicitly shown to forsake the cohesion characteristic of Alexander’s twelve year rule. Following Alexander’s death they also demonstrate their impertinence and arrogance by putting diadems on themselves. In the same vein, it is reported that their sons did the same things for many years, thereby causing many evils on the earth (1:10). The text proceeds to focus on the narrow world of the intended audience by turning its attention to the king immediately responsible for the calamities of Israel, that is, Antiochus IV Ephiphanes. He is located in the same cultural narrative of decline of which Alexander constitutes the apex: “From them came forth a sinful root, Antiochus Epiphanes, son of King Antiochus; he had been a hostage in Rome. He began to reign in the one hundred thirty-seventh year of the kingdom of the Greeks” (1:10). The pertinence of Antiochus to the history of Israel is evident from verse 11, which contributes to underlining the cultural deterioration of the present situation. Strife and dissension are not only hallmarks of the Greek external world but have also gained ground within Israel: “In those days certain renegades came out from Israel and misled many, saying, “Let us go and make a covenant with the Gentiles around us, for since we separated from them many disasters have come upon us.” This proposal pleased them, and some of the people eagerly went to the king, who authorized them to observe the ordinances of the Gentiles (ta dikaiōmata tōn ethnōn)” (1:11–13). The text proceeds to orchestrate the misery of the current situation as a cultural war, in which some people of Israel prostitute themselves to foreign and, therefore, in the worldview of the author, evil practices: “so they built a gymnasium in Jerusalem, according to Gentile custom, and removed the marks of circumcision, and abandoned the holy covenant. They joined with the Gentiles and sold themselves to do evil” (1:14 f.). Cultural decline accelerates with increased arrogance on the part of King Antiochus. Seeing that his kingdom is already established, he seeks to enhance it by adding Ptolemaic Egypt to it rather than retaining it. His impudence has consequences for Israel as well, since Antiochus, subsequent to his conquering of Egypt moves towards Israel and Jerusalem. He arrogantly (en huperēphania, v. 21) enters the sanctuary and robs it of all its valuables, which he takes with him back to his own country. The author is keen
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to point out how Antiochus fails to accept and acknowledge human constraint: “He shed much blood, and spoke with great arrogance (huperēphania megalē)” (1:24b). It may well be, as Jonathan Goldstein suggests, that the author is alluding to Isa 10:5–27;43 but Goldstein fails to acknowledge that the intended audience is likely to have recognised the author’s emphasis on ‘arrogance’ or ‘impudence’ as a far wider cultural scheme than a particular Isaiahnic motif. In fact, as I have already indicated, the emphasis placed by the author on arrogance is a prevalent motif that permeates the entire book in its description of those who do not abide by the Law of Israel. The consequences of Antiochus’ actions are depicted as resulting in a crisis that chokes the life of Israel: “Rulers and elders groaned, young women and young men became faint, the beauty of the women faded. Every bridegroom took up the lament; she who sat in the bridal chamber was mourning. Even the land trembled for its inhabitants, and all the house of Jacob was clothed with shame” (1:26–28). The crisis worsens as the result of a new act of hubris on the part of Antiochus. He sends a chief collector of tribute, who arrives with a great army. Despite the fact that he speaks peaceful words to the people of Israel, which leads them to trust him, he acts in guile. This is another recurrent motif in the book that underlines a particular feature of the hubris demonstrated by both gentile rulers and internal deceivers such as the high priest Alcimus. They act deceitfully (en dolō, 1:30; cf. 7:27.30; 13:17. See also 11:53; 15:27, in which the same semantic field is evoked). The current crisis of the people and the land is shown to lead to a religious crisis. Innocent blood is shed around the sanctuary and it is defiled (1:37). Therefore the sanctuary is transformed into a desolate desert (ērēmōthē hōs ērēmos) and the religious feasts into mourning. Similarly, shabbats are turned into reproach and the glory of the sanctuary is changed into contempt (1:39). The king’s arrogance takes on a new form, since he forces Jerusalem and the cities of Judah to commit blasphemy and idolatry (1:44–50). He is engaged in a cultural war by which he attempts to turn all inhabitants of his kingdom into one people, in which all men and women are forced to abandon their own particular customs (nomima) (1:41 f.). The crisis is total in nature, since the king orders that “a desolating sacrilege” be erected on the altar of burnt offering, that altars are built in the surrounding cities of Judah, and that incense is burned at the doors of the houses and in the streets. Sacrilege and blasphemy is all-embracing. The books of the law are torn to pieces and thrown on the fire. Anyone in possession of the covenantal book or abiding by the law is condemned to death. Despite the comprehensiveness of the crisis, many of Israel stood firm and were resolved in their hearts not to eat unclean food. Preferring death to defiling food and profaning the holy covenant, they died (1:62 f.). Once again, we notice that the book does not 43
J. A. Goldstein, 1 Maccabees, 210.
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refer to God. Many of Israel are said to stand firm (ekrataiōthēsan) and among themselves be resolved (ōkurōthēsan en autois) not to touch the unclean food. As a continuation of the reference to the many of Israel who abided by the law, the author introduces the Hasmonean lineage as a contrast to generally negative state of the art of the first chapter. Matthathias acknowledges the blasphemies committed in Judah and Jerusalem and intones a lamentation over the present situation, characterised by the lack of honour of the temple. Confronted by the envoy of the king, who flatters Matthathias by acknowledging his high status in the city of Modein, Matthathias as a representative of the authorial voice declares his fidelity to the law: “Even if all the nations that live under the rule of the king obey him, and have chosen to obey his commandments, everyone of them abandoning the worship (latreia) of their ancestors, I and my sons and my brothers will continue to live by the covenant of our ancestors. Far be it from us to desert the law and the ordinances. We will not obey the king’s words by turning aside from our worship (latreia) to the right hand or to the left” (2:19–22). As a result of Matthathias’ speech, a defector steps forward to offer sacrifice on the altar in accordance with the ruling of the king. Matthathias, however, burned with zeal (ezēlōsen) and his heart was stirred (etromēsan hoi nephroi autou). Not only does he kill the disloyal Jew but he also kills the emissary of the king and destroys the altar. Once more his zeal is emphasised: “Thus he burned with zeal for the law (ezēlōsen tō nomō), just as Phineas did against Zimri son of Salu. Then Matthathias cried out in the town with a loud voice, saying: “Let everyone who is zealous for the law (ho salon tō nomō) and supports the covenant come out with me!” (2:26 f.). Subsequent to this event, which instigates the revolt of the Maccabeans against the Seleucid king, a great many Israelites withdraw to the desert, where they hide. When the king learns that some men have defied the king’s command, he attacks them on the Shabbat. Rather than transgressing the law and thereby profaning the Shabbat, the men refrain from fighting and stay in their hiding places, which means that they die, together with their wives, children, and cattle (2:38). When Matthathias and his compatriots come to learn about the incident they mourn the deceased but at the same time they decide to take up fight against the Gentiles for the sake of their lives and ordinances, even if the battles take place on a Shabbat. Although the text does not engage in direct criticism against those Israelites who have hidden in the wasteland it does contain an implicit critique. Matthathias and his friends are reported as saying: “let us not all die as our kindred died in their hiding places” (2:41). In the following text Matthathias, his sons, and their followers are depicted as fighting courageously in the open. Matthathias and his sons are joined by a group of Hasideans who are characterised as mighty warriors of Israel and all prepared to offer themselves for the law (hekouziazomenos tō nomō) (2:42). They gather an army and as an epitome of their zeal for the law they furiously strike down the sinners and renegades. Depicted in a spatial
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code, the world is reduced to a digital choice between Matthathias and his men on the one hand, and the Gentiles on the other hand. The perfidious Israelites who escape have no other option but to flee to the Gentiles. Matthathias and his followers purify the land by dismantling the altars and forcibly circumcising all uncircumcised boys within the confines of Israel (2:44–46). In sharp contrast to the insolence of their opponents, the author states how Matthathias’ army persecutes the sons of arrogance (hoi huio tēs uperēphanias), and how their work prospered by their hand. In the eyes of the author, Matthathias and his army are not guilty of arrogance, since their concern is for the law and not for their own potential enrichment: “They rescued the law out of the hands of the Gentiles and kings, and they never let the sinner gain the upper hand” (2:48). The author encapsulates the central values of his worldview in a farewell speech given by Matthathias at the time when he acknowledges that the end of his life is drawing near. The current situation is described as one in which arrogance (huperēphania) and scorn have become strong. It is a period characterised by catastrophe (kairos katastrophēs) and furious anger (orgē thumou) (2:49). Contrary to the current situation, Matthathias enjoins his sons to show zeal for the law (zēlōsate tō nomō) and offer their lives for the covenant of their ancestors (2:50). By remembering the deeds of the ancestors, they will attain great honour and an everlasting name (2:51). The reward is obviously opposed to the shame and ignomy characterising the profaned Jerusalem and its temple. Similarly, the glory promised to the Maccabees is representative of true honour and not the shallow one thought to represent real glory by King Antiochus. Then follows a catalogue of biblical ancestors who in different ways are understood to have epitomised the two central values emphasised by the author of the book: zeal for the law and preparedness to offer one’s life for the covenant. Abraham, for instance, is conceived as the faithful par excellence in a situation of trial. Similarly, Joseph held on to the commandment in a time of distress. Phinehas – already mentioned in 2:26 – is particularly interesting, since he is said to have received the covenant of everlasting priesthood because he was deeply zealous (en tō zēlōsai zēlon) (2:54). Based on nine biblical examples, Matthathias encourages his sons to acknowledge from generation to generation that everyone who puts his hope in him shall not become weak. This is, in fact, the first time in the book that God is mentioned expressis verbis, although in the form of the simple pronoun. As I have already noted, throughout the book there is a conspicuous lack of clear references to God. Measured against the background of biblical predecessors, it is noticeable that 1 Mac, in cases where one would expect a reference to God in light of the biblical antecedents, makes do with mentioning the Maccabees (e. g. 2:19–22.47; 3:3–9.43; 5:45–54; 9:7–10.(21); 11:71–74; 13:3–11; 14:29–37; 15:33 f; 16:2). Additionally, it is striking that in the instances where it does refer to God, the book prefers the circumlocution ‘heaven’ (e. g. 3:19.60; 4:10.24.40.55; 9:46; 12:15; 16:3; cf. 4:11). The same tendency may be observed in
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other indirect references to God. At various points, the terms ‘law’, ‘covenant’, and ‘sanctuary’ appear to function as a paraphrase for God in the sense that law, covenant, and the temple constitute earthly correlates to God (see, for instance, 2:20–22.42.50; 13:3). I will conclude this discussion of the book by turning to two last examples that will serve to summarise the provisional results of my analysis. In 5:55 Judas and Jonathan are located in Gilead, while Simon is in Galilee by Ptolemais. Their absence prompts two other Jewish, but non-Maccabean commanders to take the initiative in renewing the fight : “Joseph son of Zechariah, and Azariah, the commanders of the forces, heard of their brave deeds and of the heroic war they had fought. So they said, “Let us also make a name for ourselves; let us go and make war on the Gentiles around us.” So they issued orders to the men of the forces that were with them and marched against Jamnia” (5:56–58). Joseph and Azariah are defeated and forced to flee with their army. More than two thousand Israelites are killed due to the arrogance of the two commanders, because they thought they could accomplish the same brave deeds as Judah and his brothers. The text, however, makes it patently clear that it is only for the Maccabees to undertake such deeds: “But they did not belong to the family of those men through whom deliverance was given to Israel” (5:62). As with my previous observations, we see here how insolence may gain ground not only among the foes of Israel, but also internally among both betrayers and supporters who do not acknowledge their own constraints. The motif of hubris is also strongly underlined in the depiction of the end of Antiochus. The king is informed about how his previous accomplishments have been nullified by Judas. He is astounded (ethambēthē) and badly shaken (esaleuthē sphodra). And as if this was not enough, the king goes to bed, sick with disappointment, because things have gone against his wishes (6:8). According to the cultural conventions of the era, the king is depicted as acting in a womanly and wimpish manner. Far from acting courageously and actively, as was the ideal behaviour, Antiochus succumbs to despondency and self-pity: “sleep has departed from my eyes and I am downhearted with worry. I said to myself, ‘to what distress I have come! And into what a great flood I now am plunged! For I was kind and beloved in my power’” (6:10 f.). Prior to his death, however, the king gives voice to the view of the author, since he comes to acknowledge how his suffering is a result of his mistreatment of the Israelites: “but now I remember the wrong I did in Jerusalem. I seized all its vessels of silver and gold, and I sent to destroy the inhabitants of Judah without good reason. I know that it is because of this that these misfortunes have come upon me; here I am, perishing of bitter disappointment in a strange land” (6:12 f.). Similar to the fate of Alexander the Great, the point of the book is patently clear: He who acts impudently – and even more so in cases where the arrogance is directed against Israel as the people of God – will come to suffer a wretched death.
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Before I proceed to discuss the specific question of 1 Mac and the emergence of historiography in the Jewish context, there is another element of particular interest for my study that may shed additional light on the overall theme, that is, the importance accorded to writing throughout the book. It is already evident in the first chapters that we are looking at a period in time in which scripturalisation has come to play an increasingly important role. There are several references to writing and letters throughout the book, starting in 1:41–44 with King Antiochus first writing to his entire kingdom and subsequently sending letters by envoys to the inhabitants of Jerusalem and the cities of Judah. Books of the law are destroyed by being torn to pieces and burned, and anyone in possession of the book of the covenant is condemned to death (1:56 f.). Conversely, the Maccabees may turn to the book of the law to inquire into such matters about which the Gentiles consulted the likenesses of their gods (ta homoiōmata tōn eidolon autōn) (3:48). In 5:42 Judah places the scribes as a distinct social group among the people (tous grammateis tou laou, cf. 7:12) by the brook and instructs them not to permit anyone to encamp but to have them all enter the battle. Quite peculiar in this regard are, as already mentioned, a number of letters referred to at several places in the book. 16 letters are quoted and even more letters are referred to. The introduction of the letters serves to undergird the narrated story with credibility, while simultaneously, at least in some places, functioning as a token of recognition of the Maccabees as widely acknowledged leaders of Israel. In 8:17 ff., for instance, Judas sends Eupolemus and Jason to Rome in order to establish friendship and an alliance with the Romans, and to have them help the Israelites free themselves of the yoke of the Seleucids. Eupolemus and Jason are reported to have given a speech before the senate which was so well-received that a letter in the form of bronze tablets was sent to Jerusalem as a visible token of the peace and alliance between the Romans and the Jews. The letter is recounted in extenso in 8:23–32. The different letters sent to the Maccabees by various representatives of external powers presuppose that there is a reciprocal relationship between them and the Maccabees. The ninth letter quoted is from King Demetrius to Jonathan (11:31–37). The end of the letter concludes with an injunction to make a copy of the letter and not only pass it on to Jonathan but also to place it in a conspicuous location on the holy mountain. In this manner, some of the letters are not only important in terms of their symbolic content but also by virtue of their transformed materiality, that is, they have become indexical signs that affirm the recognition of the Maccabees as true leaders of Israel (cf. 14:18 f.23.26; 15:48 f.). Since scripturalisation is obviously a precondition for historiography, it is conspicuous that throughout the work we find these extensive references to textualisation in the form of letter writing and subsequent descriptions of their preservation in the form of bronze tablets or similar copies. In the textual world of the book, the letters emphasise the recognition by others of the legitimacy of
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the Maccabees. Additionally, they affirm the veracity of the account by providing allegedly external evidence. Finally, in a world in which scripture and textualisation had gained enhanced importance the mention of the letters and not least their material preservation in the form of bronze tablets serves to endow the narrative with a seemingly indexical nature. The sheer recording in an allegedly stable material such as bronze tablets underscores the irreversibility of the Maccabean rule.
6. 1 Mac and the Emergence of Historiography in the Jewish Context: a Conclusion On the basis of this reading of the first two chapters of 1 Maccabees especially, does it make sense to conceptualise the book in terms of historiography? Let us briefly return to the elements that I highlighted as being particularly important for ascribing the work to the overall mode of historiography, that is, from an etic perspective. They are: 1) awareness on the part of the authorial voice of conducting historical studies; 2) the occurrence of second-order thinking; 3) and a supplementary attentiveness to the existence of other cultures and a concomitant need to discursively negate their claims to truth. With respect to the first element, 1 Mac does not demonstrate an authorial awareness of conducting history as such. There are no meta-theoretical statements about the purpose of the work comparable to what we find in Herodotus, Thucydides and the subsequent Graeco-Roman tradition.44 Nor is there any explicit polemic against rivalling historical accounts of the events purportedly held to be true. We do not find statements pertaining to the veracity of the story told, or a discussion of the criteria applied for establishing it. Finally, the author does not make any attempt to claim a neutral stance with respect to his narrative. He is not detached from the account he recounts. On the contrary, he wholeheartedly expresses his agreement with the understanding of the Maccabees as the divinely ordained leaders of the people of Israel: They will release the people from their present evils when the Israelites come to recognise them as their legitimate leaders. Yet, as already indicated in my introduction, it would be unfair to measure all types of historiography against the standards of the Graeco-Roman tradition. Even if we do not find any meta-theoretical statements pertaining to the author’s accomplishment as a historiographer, is it correct to surmise that the work is totally free of such an element? I do not think so. My analysis of the first chapters of the book has provided us with sufficient evidence to substantiate the claim that the author is, in fact, engaged in a historiographical endeavour. At two points in the book, he emphasises Cf. A. K. Petersen, Emergence.
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his own acknowledgement of recording and preserving tradition as central points of the book. First, in 9:22 the author emphasises how he has had to abbreviate his account of Judas: “Now the rest of the acts of Judas, and his wars and the brave deeds that he did, and his greatness, have not been recorded, but they were very many.” In addition, the work comes to an end on the note that: “The rest of the acts of John and his wars and the brave deeds that he did, and the building of the walls that he completed, and his achievements, are written in the annals of his high priesthood (epi bibliō hēmerōn archierōsunēs autou), from the time that he became high priest after his father” (16:23 f.). In addition to these remarks, we have also seen how the account is structured by a general scheme that runs as a thread throughout the whole book. From Alexander the Great and onwards ‘Greek’ leaders make themselves guilty of committing hubris, for which reason they are punished by enemies in the form of disease and eventually death. The same holds true for those within Israel who do not recognise the Maccabees as the proper leaders of the people and divinely ordained to restore Israelite sovereignty. Although the use of sources in the book may have a rather tendentious nature, as they have been made up for the purpose of legitimising the narrated story, they nevertheless function in a way that is similar to that found in other historiographical works of the age. I cannot underscore enough that it is a gross misunderstanding to think of ancient historiography in terms similar to those that developed in Germany in the 19th century with the works of von Ranke and Droysen. Similar to his Greek counterparts, the author of 1 Mac was not searching for history wie es eigentlich gewesen, but for verisimilitude.45 Throughout the book there is certainly a strong awareness of the fact that other accounts exist which do not ascribe the same glorious role to the Maccabees as the author does. Numerous scholars, therefore, have rightfully characterised the work as a piece of propaganda. Although the text does not engage in an explicit polemic against rivalling accounts, it does presuppose the existence of competing interpretations. Both within Israel and outside there are enemies who do not think of the Maccabees as the right leaders of Israel. In fact, some of them do not even think that Israel should enjoy the sovereignty of which the author sees the Maccabees as true guarantors. Throughout his narrative the author strives to undermine competing claims to power in Israel. Simultaneously, he underscores how the Seleucid rulers are not the true leaders of Israel. On the contrary, the whole story serves in historiographical form to substantiate the Maccabees as the authentic rulers of Israel. In this manner, the work engages in both a glorifica45 Cf. S. Saïd, Myth and Historiography, in: J. Marincola (ed.), A Companion to Greek and Roman Historiography, Oxford 2007, 76 ff., here 87 f.: “When they (sc. the ancient Greek historians) attempted to tell ‘how things really were,’ they were not the precursors of Ranke; they were just looking for verisimilitude.”
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tion of a particular group and a concomitant vilification and denigration of other groups both within and outside Israel. On the basis of what we have observed, it would obviously be strange to deny the author an ability to explain the way in which he sees that things happened. In fact this is what he attempts to do throughout the book. It is an extensive attempt to document in commemorative form how and why the Maccabees have become the present leaders of Israel and should remain so. Additionally, the author has a strong ‘global’ awareness of the existence of other cultures from which Israel may have been benefitting in its struggle against foreign rule. The book also has a strong admonishing or paraenetic purpose.46 Only those who abide by the constraints of human life will thrive. This applies in particular to Israel, but logically one would surmise that the same idea pertains to the present rule of Rome and, potentially, Sparta. Ultimately, the book exhibits an increased form of ‘demythologisation’ in the sense that God is not directly needed for the narrative. One may obviously argue that the support of God is presupposed in the accounts of the successes of the Maccabees as, for instance, in the allusions to God by reference to heaven, but it is conspicuous that the author does not need God on the scene. There are several instances where one would expect to find mention of God as the acting agent, but the book restricts itself to emphasising the contribution of the Maccabees. Heaven may be referred to as the ultimate safeguard for the success of the Maccabees, but it is never ascribed the role of a directly acting agent. So to encapsulate my initial question, does it make sense to think of 1 Maccabees as the first work of Jewish historiography? Yes, I think it does, but the answer to the question is obviously dependent upon what one understands by the term historiography from an etic perspective. We are operating with a continuum where for analytical reasons we may impose caesurae that allow us to differentiate between different ways of recording the past. Traditionally the emergence of Jewish historiography is connected with the influence of Greek types of history writing on Jewish historical literature such as one finds in 2 Maccabees and in Josephus. At the other end of the spectrum, we find works like Kings and Chronicles which surely testify to a form of history writing, but yet do not exhibit the characteristics closely connected with the rise of axial types of culture. In that regard I have attempted to argue that rather than making a Jewish historiographical tradition dependent on the influence of a form of historiography known from Herodotus, Thucydides and subsequent endorsers of this mode of Graeco-Roman literature, it makes more sense to widen the concept of historiography by seeing it in the larger context of axial age transformations. When seen 46 Cf. G. E. R. Lloyd, Disciplines, 60 f., who also enlists a number of the points that I have adduced in his discussion of the emergence of Greek and Chinese historiography and the similarities between the two developments.
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from this perspective, 1 Maccabees does not constitute a form of history writing in the wake of biblical antecedents only. It also exhibits a number of those characteristics that we have come to identify with the axial age revolution. The most conspicuous being the awareness on the part of the author of conducting historical studies, the occurrence of second-order thinking, and a supplementary attentiveness to the existence of other cultures whose claims to truth have to be disproved by textual means. Although differences exist with respect to what we find in the Greek and the subsequent Roman historiographical tradition, at a more general level there are shared concerns. In this sense, I think it is fair to characterise the book as the first genuine example of Jewish historiography. The argument for this rests on the premise that historiography per se, when viewed from an etic perspective, constituted an axial age phenomenon, and that it had a broader range of ramifications than is allowed by a narrower understanding, according to which a particular cultural form of historiography, that is, the Graeco-Roman trajectory of historical writings, came to define the category.
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1 Maccabees 14 and the History of the Hasmonean State Daniel R. Schwartz*
I will begin with a brief discussion of the dating of 1 Maccabees and a method of studying this question. The conclusion of that discussion will provide the basis for the rest of the paper, which will be based upon a comparison of the book itself with one of the documents it preserves, and a discussion of what this comparison indicates about the development of the Hasmonean state over the course of several decades in the second half of the second century BCE.
1. Dating 1 Maccabees It is obvious that Simon’s death in 135/134 BCE, which is mentioned in the book’s final chapter, is the book’s terminus post quem. And it is almost as obvious that the Roman conquest of the Hasmonean state in 63 BCE is a terminus ad quem, since it is unthinkable that, after that, a pro-Hasmonean author would be so positive about Rome (1 Mac 8).1 But scholars differ as to where to place 1 Maccabees in the course of that seventy-year period. Most place it in the days * I am grateful to Doron Mendels for comments on a draft of this paper, and to the organizers of the conference, and the editors of this volume, for the opportunity to express my best wishes for Hermann Lichtenberger, who is a true scholar, a gentleman, and a friend – ‘ad me’ah ve‘esrim. 1 For the Hasmoneans’ enthusiastic presentation of Rome and its power in 1 Mac 8, see D. Mendels, Why Did Paul Go West? Jewish Historical Narrative and Thought, London 2013, 43–47, and D. Flusser, The Roman Empire in Hasmonean and Essene Eyes, in: idem, Judaism of the Second Temple Period. I: Qumran and Apocalypticism, Grand Rapids, MI 2007, 175–206. True, E. S. Gruen has urged that although the account of Rome in 1 Mac 8 is, in general, a “remarkable encomium to Roman power,” nevertheless scholars have missed some “negative undertones” and “darker hues”; see his The Hellenistic World and the Coming of Rome, Berkeley, CA 1984, 338–339. Here it is enough to say that, if such hints are there, they are so subtle and marginal that they could not have made this encomium acceptable to pro-Hasmoneans of the post-63 era, who were writing in Hebrew and not under any compulsion to hide antipathy for Rome. Beyond that, the undertones and hues Gruen posits have to do with the way an ancient empire treated its subjects, and if they are so subtle that scholars have missed them, it may be they are more in the mind of the modern liberal reader than in the book itself – which has no compunctions about praising the Hasmoneans’ for what today would be condemned as brutal use of force against conquered peoples. See, for example, 1 Mac 5:28, 35, 44, 51; 7:47; 9:38–42; 10:83–85; 13:45–48.
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of John Hyrcanus himself (135–104 BCE), both because he is the last ruler mentioned and (16: 23–24) because 1 Maccabees’ condemnation of royal crowns (1:9; 8:14) would not have been acceptable to Hyrcanus’ successor, Aristobulus I, who, the first among the Hasmoneans, proclaimed himself king and took a royal crown (Ios. bell. Iud. 1:70 // ant. Iud. 13:301). But where within John’s three decades the book should be placed has remained controversial. One standard way of dealing with the issue has been to depend upon one or two isolated statements that seem to imply the passage of a considerable amount of time since the 140s: the statement at 1 Maccabees 13:30 that the memorial erected in Modiin upon the death of Jonathan, around 143 BCE, may still be seen “until today,” and the statement at 1 Maccabees 8:10 that the Roman subjugation of Greece continues “until today”; as Momigliano noted, concerning the latter, “the whole of vv. 9–10 makes sense only if they are taken to refer to the death of the Achaean League and the destruction of Corinth in 146 BCE.”2 If such formulations are taken, as is natural, to indicate that a substantial period of time had passed between the 140s and the composition of the work, the result will bring us to the latter half of John’s period of rule – the second decade BCE or later. So, for example, Menahem Stern and Joseph Sievers.3 We shall term that the late dating. Another approach, however, has fixed not upon an isolated phrase here or there, but upon some broader aspects of 1 Maccabees that, it is argued, could only have been written early in John’s days, say until around 130; we shall call this the early dating. There are three main examples of this approach, which I will now review in brief. Of them, I find the first two unconvincing and the third 2 A. Momigliano,
The Date of the First Book of Maccabees, in: idem, Sesto contributo alla storia degli studi classici e del mondo antico. II, SeL 150, Roma 1980, 561–566, see 564. 3 M. Stern, The Documents on the History of the Hasmonaean Revolt, Tel-Aviv 19722 (in Hebrew), 14 (in Hebrew; he places the book in John’s days, but “at least a few decades” after 143); J. Sievers, The Hasmoneans and Their Supporters. From Mattathias to the Death of John Hyrcanus I, SFSHJ 6, Atlanta, GA 1990, 3 (“a date late in the reign of John Hyrcanus is most plausible”). The same opinion is basically held by J. C. Dancy, A Commentary on I Maccabees, Oxford 1954, too (who writes that “unto this day” “can hardly have been written before c. 110 B. C.”), although he then proceeds to consider the possibility that the verse is a late interpolation into a book written earlier in John’s period of rule. Of course, no one would want to build too much on this consideration, for in a book that imitates biblical style the phrase might be no more than a mere flourish (à la Gen 26:33, 47:26; Josh 10:27, etc.), and even if the author wrote around 130 he might have been impressed even by a single decade. Such doubts are raised, of course, by proponents of an earlier date, such as A. Momigliano, Date, 555–556, and B. BarKochva, Judas Maccabaeus: The Jewish Struggle against the Seleucids, Cambridge 1989, 165. (But in case three years make a difference in our impressions about such things, I will note that Bar-Kochva’s reference to 13:30 as if it referred to the construction of the monument already around 146, “immediately after the death of his brother John,” was only a slip of a pen, as he confirmed in private communication; the text clearly states that it was after Jonathan’s death that Simon built the monument – and Bar-Kochva too [151], adheres to 143 BCE [see 1 Mac 13:41] as the date of Jonathan’s death).
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convincing, but, as I will note, the data upon which that third argument is based have now changed, in a way that allows us to adopt the late dating. The first two arguments were proposed by Arnaldo Momgliano and Bezalel Bar-Kochva. Momigliano argued that the mistakes about Rome in ch. 8 could only have been made when Rome was far away, which he takes to impose a terminus ad quem of 129 BCE: Like the notions of the Roman Senate meeting every day and of Rome ruled by one consul each year, the fantasy about Pergamum is the result of remoteness which seems unbelievable after the Roman take-over in 129 B. C. More generally, the whole image of the Roman State is that of a distant organization which has not yet established itself in Asia Minor, not very far from Palestine.4
Similarly, Bar-Kochva argued that battle reports in 1 Maccabees, including those concerning some of Judas Maccabaeus’s battles in the 160s, derive from eyewitness testimony; since Bar-Kochva, as Momigliano, is skeptical about the possibility that the author of 1 Maccabees used written sources, that too would result in an early terminus ad quem.5 Neither of these two arguments seems to be very convincing. Pergamum is not very close to Judaea,6 and even if it were and even if the Judaeans knew about Roman rule there, that would not have had to correct their notions about the way the Senate worked or other aspects of Rome that are misrepresented in ch. 8. Moreover, it seems quite impossible to judge how long incorrect notions about Rome or authentic traditions about early battles could be maintained.7 Finally, I would note that the possibility of written sources, in both cases, cannot really be excluded.8 The third argument of this type, however, seems more convincing. In an important article published in 1991, Seth Schwartz argued that 1 Maccabees should be placed early in John’s days, because the book’s thoroughgoing and consistent scorn for Gentiles and hatred of them would not sit well with John’s Judaiza4 A. Momigliano,
Date, 563. B. Bar-Kochva, Judas Maccabaeus, 158–162. On the next few pages (162–165) Bar-Kochva deals with the arguments offered in favor of the late dating, which he finds to be nugatory; see above, n. 3. 6 Pergamum is around 1200 km from Jerusalem as the crow flies. For an ancient impression of Rome’s distance from Judea during the Hasmonean period, see below, n. 17. 7 Note, for example, that although Bar-Kochva too argues that mistakes about Rome point to an earlier period rather than a later one, he concludes only that they point to the days of John rather than those of his son, Alexander Jannaeus (Judas Maccabaeus, 164). 8 For a study that emphasized the literary nature of a battle account in 1 Mac 6, and BarKochva’s response, see: D. Gera, The Battle of Beth Zachariah and Greek Literature, in: I. M. Gafni / A. Oppenheimer / D. R. Schwartz (ed.), The Jews in the Hellenistic-Roman World. Studies in Memory of Menahem Stern, Jerusalem 1996, 25–53 (in Hebrew), B. Bar-Kochva, The Description of the Battle of Beth Zacharia. Literary Fiction or Historical Fact?, Cathedra 86 (1998) 7–22 (in Hebrew). 5
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tion of the Idumeans and association of other non-Judeans with his kingdom.9 Accordingly, if, as still thought when Schwartz wrote in 1991, John began his expansion of the kingdom “immediately” (Ios. ant. Iud. 13:254) after the death of Antiochus Sidetes in ca. 129 BCE, the result is, as Schwartz inferred, that 1 Maccabees is to be dated to the very first years of John’s period of rule. I believe that Schwartz’s method is very convincing, and what I have to say below builds on basically the same approach, although not with regard to Gentiles and with a distinction between parts of 1 Maccabees. However, the data have changed. Just a year after Seth Schwartz wrote it became clear from numismatic evidence that Josephus’s “immediately” (Ios. ant. Iud. 13:254) elegantly elides (knowingly or not) more than a decade and a half, meaning that John’s expansion of the Hasmonean state is to be placed, as Dan Barag showed, in the last decade of his rule, beginning around 112.10 This new datum moves the terminus ad quem generated by Seth Schwartz’s argument down to well past the middle of Hyrcanus’s period of rule – and thus allows for agreement with the later dating. True, this new terminus ad quem does not require that we move the book down so late; it only allows us to do so. However, in the remainder of this paper I will offer some additional reasons to infer that, just as is indicated by the references to “until today” at 8:10 and 13:30, it does makes sense to infer that at least a two or three decades elapsed between the late 140s and the composition of 1 Maccabees.
2. The Document in 1 Maccabees 14 and the Rest of the Book Turning now to 1 Maccabees 14, it should be obvious that this chapter is the point of the book and its pinnacle. For it is clear that the book’s purpose is to take us from The Problem portrayed in its first chapter, foreign rule and persecution, to The Solution that is portrayed step by step in the rest of the chapters of the book: home rule, more specifically – Hasmonean rule, most specifically – Simonide rule. That is the solution that we already find ascribed to Mattathias at the end of his deathbed speech in ch. 2, where he appoints Simon to be his successor – “he shall be unto you a father” (2:65). But in fact Simon takes over only after Judas and Jonathan, after chs. 3–9 are devoted to Judas and chs. 9–12 9 S. Schwartz, Israel and the Nations Roundabout. 1 Maccabees and the Hasmonean Expansion, JJS 42 (1991) 16–38. Schwartz’s argument and dating of 1 Maccabees, ca. 130, were followed, for the most part, by Williams, the only difference being that since Williams thought the last part of 1 Maccabees (beginning with 14:16) was added only in a second edition, which appeared ca. 100 BCE, he argued, accordingly, that that final section had a much more positive attitude toward Gentiles. See D. S. Williams, The Structure of 1 Maccabees, CBQ.MS 31, Washington, DC 1999, 117–122. 10 D. Barag, New Evidence on the Foreign Policy of John Hyrcanus I, Israel Numismatic Journal 12 (1992/93) 1–12.
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to Jonathan. It is that takeover by Simon, in ch. 13, that is justified at length and ratified in a special document in ch. 14. Everything that happens after that in the last two chapters of the book simply illustrates ch. 14 and draws the conclusions from it, down to the book’s very last words, where we read that John Hyrcanus took over the high priesthood “after his father” (16:24). This special status of ch. 14 is all the clearer when we note that there is nothing like it concerning Simon’s predecessors or his successor. Judas simply takes over, at the outset of ch. 3; Jonathan is appointed by Judas’s survivors in ch. 9; and there is no need for any explanation at all for John Hyrcanus’s succession to the throne, in ch. 16 at the very end of the book, for it was mandated by our text in ch. 14. Only for Simon are we presented with a formal document that justifies his appointment, defines his titles, specifies when, where, and by whom the decision was made, and explicitly refers to its publication and binding nature. This document has been studied not only by commentators on 1 Maccabees but also by the authors of several studies that focus upon it or upon the early history of the Hasmoneans. Although some earlier scholars, such as Grimm, Wellhausen, and Willrich, expressed doubts or worse about its authenticity,11 in recent decades the consensus has come to admit its basic authenticity. Although there are tensions between the document and the rest of the book, they are now taken to indicate that it is an authentic document used by the author of 1 Maccabees, not one composed by him – a conclusion that goes along well with the document’s own directive (in vv. 48–49) that it be published on a bronze inscription in the Temple and deposited in the Temple archives.12 In line with that con11 See esp. C. L. W. Grimm, Das erste Buch der Maccabäer, KEHA 3, Leipzig 1853, 219–220; J. Wellhausen, Israelitische und jüdische Geschichte, Berlin 19045, 275, n. 1; H. Willrich, Urkundenfälschung in der hellenistisch-jüdischen Literatur, FRLANT 38, Göttingen 1924, 69–72. Apart from Grimm’s problems with the order of earlier events in the document as opposed to the narrative, which need not mean much, the main problem that formerly bothered critics was the statement at 14:40 that Demetrius II had heard of Roman recognition of Simon. That contradicts the obvious inference from the next chapter, 1 Mac 15, that Simon heard from Rome (15:15 ff.) only in 174 SE (139/138 BCE), an inference that derives in general from the reference to 174 at 15:10 and in particular from the reference at 15:16 to a consul named Lucius as the author of the relevant Roman document; he was usually identified with a consul of 139 BCE. For recognition that this is the main problem, and an unsatisfactory attempt to deal with it, see B. Niese, Kritik der beiden Makkabäerbücher, Berlin 1900, 98. However, it has become clear that that identification is impossible, and that the consul of 15:16 was most probably that of 142 BCE; see M. Stern, Documents, 128–129; E. Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ (175 B. C.–A. D. 135). I (new English ed. G. Vermes et al.), Edinburgh 1973, 195–197; J. A. Goldstein, 1 Maccabees, AncB 41, Garden City, NY 1976, 493. For the conclusion that the document of 15:16–24 should be relocated after 14:23, see ibid., 485–486, 492–494. 12 M. Stern, Documents, 120–121, 132–139; J. Sievers, Hasmoneans, 119–127; U. Rappaport, The Foundational Document of the Hasmoneans’ State, ‘Et HaDa‘at 2 (1997/98) 21–28 (in Hebrew); J. A. Goldstein, 1 Maccabees, 500–509; E. S. Gruen, Heritage and Hellenism. The Reinvention of Jewish Tradition, Hellenistic Culture and Society 30, Berkeley, CA 1998, 35; J. W. van Henten, The Honorary Decree for Simon the Maccabee (1 Mac 14:25–49) in Its Hellenistic Context, in: J. J. Collins / G. E. Sterling (ed.), Hellenism in the Land of Israel, CJAn 13,
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sensus, in what follows I will use this document as a window upon Hasmonean history and self-fashioning around 140 BCE, as opposed to the picture proposed by the author of the book itself, who – as indicated above – seems to have worked some two-three decades later, in the latter half of John Hyrcanus’s rule. To the extent that there are striking contrasts between the document and the rest of the book, contrasts that can be explained by the passage of time and change of circumstances, such contrasts will provide evidence that a considerable period of time did in fact separate the document from the book itself. Let us compare, first of all, the way the document relates to the Seleucid monarchy to the way the rest of the book does. The contrast is very stark. On the one hand, the document points to Demetrius II’s recognition of Simon as high priest as one of his achievements, and also takes the time to record the fact that Demetrius appointed Simon among his Friends. This is particularly interesting insofar as the document reports, in v. 35, that “the people” appointed Simon leader and high priest, and v. 41 says the same, this time specifying that “the Jews and their priests” did so. But Demetrius is not said to have related to Simon as the Jews’ “leader,” only as their high-priest. In a formal document such as this, such silence amounts to the admission that Demetrius refused to recognize Simon as their leader. Nevertheless, the writer of this document found it important to record Demetrius’s approval of Simon’s high priesthood. Moreover, in referring to Simon only as the Jews’ “leader,” using only a participle (hegoumenos) rather than a title, the document indicates a desire to avoid a clash on this matter; had any formal title been used, such as “king” or even “ethnarch,” Demetrius’s failure to recognize it would have been much more conspicious. That is, the document in 1 Maccabees 14, in defining Simon’s formal positions, limits itself to the one recognized by Demetrius II, is proud to mention another honorific title (“Friend”) bestowed by Demetrius upon Simon, and is happy to depend upon Demetrius’s confirmation of Simon’s position as part of the “whereas” clauses justifying Simon’s position. Correspondingly, when the document relates to something more general, leadership, it carefully does so in a nebulous way that avoids raising the question, whether or not Demetrius confirmed it.13 The deference to Demetrius II that we find in this document matches what we find in another: Demetrius II’s letter to Simon in ch. 13, in which he terms him high priest and royal Friend (13:36) – the same titles used in 14:38–39. In contrast, it is clear that the body of the book suggests a very negative attitude toward Hellenistic kings in general and Demetrius II in particular. This is most clear and most prominent at the very opening of the book, where Alexander the Great is portrayed as a cruel and arrogant tyrant and the doings of his Notre Dame, IN 2001, 116–145, see 119. For an imaginative treatment of 14:41 and 14:27, see W. Wirgin, Simon Maccabaeus and the Prophetes Pistos, PEQ 103 (1971) 35–41. 13 For further emphasis on the way in which the document still suggests dependence upon the Seleucids, see E. S. Gruen, Heritage, 21–22.
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successors over 150 years are simply summarized by the words “and they did evil things upon the earth” (1:9); accordingly, when Antiochus Epiphanes is introduced at 1:10 no explanation is needed for his evil nature, apart from the fact that he grew out of such evil roots. Being evil was simply the nature of Hellenistic kings. More particularly, note that according to 1:9 they all took royal crowns – which is a special sign of their arrogance, as is also shown by the praise for the Romans at 8:14, that none of them was so arrogant as to take a royal crown. True, the Hasmoneans could find it useful to negotiate with Seleucid rulers and ally themselves with them. Indeed, the author of 1 Maccabees is proud to show how they even courted the Hasmoneans; ch. 10, which has Alexander Balas and Demetrius I competing for the Jews’ favors, is a prime case of that. However, the book’s basic position is that Hellenistic kings are not to be trusted: Antiochus Epiphanes was terrible; when Antiochus V sent Bacchides and Alcimus to Judea they spoke words of peace but the wise Judas realized that they were treacherous liars (7:11, 18); when Demetrius I made numerous promises (10:25–45), at a time that he was competing with Alexander Balas, Jonathan and his men of course dismissed them out of hand “because they remembered that Demetrius had done great evil to Israel and oppressed them severely” (v. 46), just as – and this is most important here – at 11:53 the author reports that once Demetrius II secured his throne, with Jonathan’s help, he treacherously violated all of his promises to Jonathan. Again, in the very next chapter Demetrius II makes war against Jonathan, and he made his peace with the Hasmoneans again, in ch. 13, only when he needed their help against Trypho. Finally, after Antiochus VII (the brother of Demetrius II) makes a long overture of peace and support to Simon (15:1–9), since he too still needed his help against Tryphon, the minute he overcame Tryphon he just as treacherously repudiated the agreements and began to treat Simon with hostility (15:27). Thus, it seems very clear that while Demetrius II, who was still ruling in 140, when our document in ch. 14 was written, would have been very happy to read it, since it shows the Judeans under Simon were happy to trumpet his support of them and of Simon, as if they needed it and were proud of it, he would have been very unhappy with 1 Maccabees as a whole. The work condemns all Hellenistic kings as terrible, himself included. The only Seleucid who comes out well is Alexander Balas, who was the exception that proved the rule, since it was generally assumed that he was a usurper, not really of the royal family.14 In interpreting this contrast between the document in 1 Maccabees 14 and the rest of the book, it seems fair to assume that it reflects the change between Simon’s status and John’s. Simon, to a very significant extent, achieved what he achieved due to Seleucid help, and was able to hold onto it only as long as the 14 See D. Ogden, Polygamy, Prostitutes and Death. The Hellenistic Dynasties, London 1999, 143–146.
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Seleucids allowed it; indeed, within a couple of years after his death Jerusalem was besieged and conquered by Antiochus Sidetes, and John Hyrcanus reverted to the status of a Seleucid vassal.15 Later, however, after the death of Sidetes in 129 or 128 BCE, and especially after the end of Antiochus VIII Grypus’s decade of remarkably sole rule from 125 until 113 BCE,16 the Seleucid state really began to fall apart, and that was, accordingly, when – as Barag has shown – the Hasmonean state began to grow.17 Hence it may readily be understood that the Hasmonean court historian, writing in the days of John, could take such a disparaging attitude toward the Seleucids, and toward their ancestors as well. As a highly symptomatic indication of this new situation, note that Stern’s collection of Hasmonean documents, which is full of correspondence between Seleucids and Hasmoneans until the days of Simon, contains correspondence with Rome alone for the period of John.18 Such coming of age of the Hasmonean state, in its move from the days of Simon as represented by the document in 1 Maccabees 14 to the late days of John as represented by the book as a whole, is also evident in our second comparison, which concerns the way Simon relates to his Hasmonean predecessors. To understand this comparison, we must realize two points: (1) dynasties are created retrospectively; and (2) Simon was only the third of the Hasmonean brothers to lead the movement they began, and so – especially if Judas and/or Jonathan left male heirs, but even if not19 – the assumption of 1 Maccabees 14, that Simon’s son should succeed him as ruler of the nascent state (as emerges from the references to “Simon and his sons” in vv. 25 and 49, and to “forever” in v. 41), was not at all to be taken for granted. How should Simon, and his heirs, deal with the fact that he had been preceded by Judas and by Jonathan? One obvious option is the one taken by our document in 1 Maccabees 14: while in v. 29 Simon’s scribe carefully introduces Simon as Mattathias’ son and even specifies the priestly clan of which he was a descendant, he marginalizes Simon’s brothers to the greatest extent possible. Note that, the document is introduced in v. 25 as resulting from the people’s desire to show its thanks to “Simon and his sons” for all that, as v. 26 puts it, “he and his brothers and his father’s house” had done; no names are mentioned. Indeed, in this entire docu15 See Diod. 34–35:1:1–5 (M. Stern, Greek and Latin Authors on Jews and Judaism. I, Jerusalem 1974, 181–185 [no. 63]) and Ios. ant. Iud. 13:236–253; E. Schürer, History, I, 202–206. 16 For a survey of the Seleucids after Antiochus Sidetes, see ibid., 131–136. 17 As Tacitus was to explain the rise of the Hasmonean state, in a nutshell: “Later on, since the power of Macedon had waned, the Parthians were not yet come to their strength, and the Romans were far away, the Jews selected their own kings” (hist. 5:8:3, trans. C. H. Moore; M. Stern, Authors, II, no. 281). For Barag’s study, see above, n. 10. 18 M. Stern, Documents, 143–165. 19 We do not know if they left surviving heirs. About Judas, see only 2 Mac 14:25. As for Jonathan, the reference at 1 Mac 13:16 to “two of his sons” indicates there were more, but in the absence of the original Hebrew text and of further data it is not wise to build much on this.
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ment Judas is not mentioned at all, nor of course, are Eleazar and John; as for Jonathan (Simon’s immediate predecessor, who could not be ignored) – he gets only short shrift, a single verse (v. 30) which seems, moreover, to be quite ironic: Jonathan gathered his people and became high priest and was gathered unto his people.
καὶ ἤθροισεν Ἰωνάθαν τὸ ἔθνος αὐτοῦ καὶ ἐγενήθη αὐτοῖς ἀρχιερεὺς καὶ προσετέθη πρὸς τὸν λαὸν αὐτοῦ.
In the original Hebrew, this verse probably opened ויאסף את עמוand ended, after mentioning only Jonathan’s high-priesthood but no actions or accomplishments, with ויאסף אל עמו.20 My sense is that such word-play is somewhat humorous or ironic (similar to the use of “lift up your head” in Gen 40:13, 19) and amounts to disparagement, as if to say: “he began actively and even became high priest, but died shortly thereafter with doing anything worthy of notice.”21 Thus, our document identifies Simon as his father’s son and descendant of a priestly clan, but of the two brothers who preceded him at the helm of the national movement, it ignores one and belittles the other. If we now turn from the document in ch. 14 to the body of the book, we see that the author takes the same approach concerning Mattathias, introducing him just as prominently at 2:1, which is the beginning of the Hasmonean part of the story: “In those days there arose from Jerusalem Mattathias, son of Johanan son of Simon, a priest of the sons of Jehoiarib, and he took up residence in Modiin.” But concerning Judas and Simon the author of a book took an approach that is very different from that of whoever drafted the document. Namely, he gave them both much space, but took care to introduce Simon into their stories, even at the risk of engendering roughness and incongruity. 20 This
reconstruction of the final clause is more or less unanimously assumed by scholars, inasmuch as it echoes the familiar biblical phrase (Gen 49:29; Num 20:24; Deut 32:50; etc.). As for the opening clause, its Hebrew original is not at all as clear-cut, for in the Septuagint ἀθροίζω is never used to render ;אסףthus, for example, at Num 21:16 אסף את העםis rendered Συνάγαγε τὸν λαόν and that verb is used very frequently to render אסףin the Septuagint. Nevertheless, I see that several modern Hebrew translations of 1 Maccabees (Artom, Rappaport, also M. Stern, Documents, 133) render the first occurrence as well with אסףand I take that to confirm the sense that such a short summary of Jonathan’s career cannot be full of respect for him and that, on the contrary, it probably included word-play that will have undercut any tendency readers had to take Jonathan very seriously. 21 Note that some translators, perhaps moved by this consideration, render one or two of the finite verbs in this verse in temporal clauses and therefore continue the sentence into the next verse (“[…] and when he was gathered unto his people their enemies attempted […]”), thus blunting or hiding the comic contrast between the two verbs. So, for example, E. Kautzsch (“Und als Jonathan ihr Volk vereingt hatte und ihr Hoherpriester geworden und zu seinem Volke versammelt worden war, da beschlossen ihre Feinde […]” [E. Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments. I, Tübingen 1900, 76]) and M. Stern, Documents, 133. For an even more complete elimination of the problem, see the Hebrew translation in Y. L. Baruch, Ketuvim Aḥaronim, Vilna 1921/22 (in Hebrew), 85: it uses two different verbs and ends the first verse with Jonathan becoming high priest, so that the reference to his being “gathered unto his people” is linked only to what comes after it.
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Concerning Judas, this is very clear. The author has Mattathias’s deathbed speech, at the end of ch. 2, conclude with his appointment of Simon as his main successor, with Judas being only the commander of military operations. That this is the author’s doing is clear from a few minor points but also, and especially, from the fact that, immediately thereafter, ch. 3 opens with Judas succeeding his father and no mention made of Simon. Indeed, in the coming chapters Simon is not mentioned at all, apart from ch. 5, in which Simon engages in a military expedition and takes his orders from Judas. Hence, it seems clear that the author of 1 Maccabees has doctored Mattathias’s testament in order to justify the final situation.22 True, he does not invest much effort in carrying this through; nowhere in chs. 3–9 does Simon appear in a position superior to Judas. Nevertheless, Mattathias’s words function, at least formally, to establish Simon’s superiority. For a good example of how this works, note the RSV and NRSV translations of 3:1: “Then his son Judas, who was called Maccabaeus, took command in his place.” Although the Greek here is “and there arose (καὶ ἀνέστη) Judas, called Maccabaeus, his son, in his stead” (ἀντ’ αὐτοῦ), this translation uses “command” in order to reflect the fact that Mattathias’s testament had limited Judas’s sphere to the military. This unnatural translation illustrates the effect of the pro-Simonide editing. The author of 1 Maccabees takes a similar approach to Jonathan, but even more heavy-handedly. He refers to Simon several times in the course of the section of the work devoted to Jonathan,23 and – just as with Judas – he does this most prominently at the very beginning. Namely, after Judas dies he is brought to burial by Jonathan and Simon (9:19), just as, when after Jonathan accepts leadership (9:31), it is Jonathan and Simon who hear of Bacchides’s new expedition against them and respond accordingly (9:33). The latter case is especially interesting because it seems clear that here, just as at the end of Mattathias’s speech in ch. 2, the reference to Simon is secondary – as emerges from a reading of 9:31–38: (31) And Jonathan undertook rule at that time and arose instead of Judas his brother. (32) Bacchides learned of it and sought him to kill him. (33) But Jonathan and his brother Simon and all those who were with him learned of it, and they fled to the wilderness of Teqoa and made their camp next to the waters of the Asphar pool. (34) Bacchides learned
22 For a more detailed presentation of the argument offered in this paragraph, including the argument that the lines about Simon and Judas were added by the editor into an older version of Mattathias’s speech, see my D. R. Schwartz, Mattathias’ Final Speech (1 Maccabees 2). From Religious Zeal to Simonide Propaganda, in: A. M. Maeir / J. Magness / L. H. Schiffman (ed.), ‘Go Out and Study the Land’. Archaeological, Historical and Textual Studies in Honor of Hanan Eshel, Leiden 2012, 213–223. 23 Apart from the passages to be discussed, see also 9:37, 62, 65, 67; 10:74, 82; 11:59, 64–65; 12:33, 38.
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of it on the Sabbath day, and he and his whole army went and crossed the Jordan. (35) And he sent his brother to lead the mass of people and encouraged the Nabateans, his friends, to deposit their baggage with them, of which there was a considerable amount. (36) But the sons of Jambri, who are in Medeba, went out and took John and all that he had, and went off with everything. (37) After these events, it was reported to Jonathan and Simon his brother that the sons of Jambri were making a great wedding and leading the bride – a daughter of one of the great chieftains of Chanaan – from Nadabath, with a great wedding-train. (38) Remembering the blood of their brother John, they went up and hid under the shelter of the mountain.
Here we should focus on two problems regarding the use of pronouns in the opening words of v. 35. The first problem is that anyone who begins reading this verse is entitled to assume that the “he” mentioned at the outset is Bacchides, but the context soon makes it clear that it in fact refers to Jonathan. Why should the author have written in a way that misleads us? The second problem is that anyone who has read v. 35 and concluded, belatedly or not, that “he” is Jonathan, is totally entitled to assume that “his brother” is Simon; after all, Simon was identified as Jonathan’s brother just a verse or two earlier, as also in v. 19, and no other brother has been mentioned since the death of Eleazar in ch. 6. But then v. 36 shows that in fact “his brother” of v. 35 was John, and again we wonder what engendered the confusion. The first of the two problems, namely, the lack of clarity concerning “he,” has received some attention; many scholars have suggested, for various reasons, that v. 34 be eliminated as a marginal gloss that ended up in the wrong place, and some have noted that its elimination, which eliminates the reference to Bacchides, has the additional advantage of allowing “he” in v. 35 to be an unambiguous reference to Jonathan.24 But the other problem, as to “his brother,” has received virtually no attention; although some scribes (see Kappler’s apparatus), like Josephus (ant. Iud. 13:10) and some modern translators (such as Schunck and Rappaport), inserted John’s name to clarify the text for us, that only points out the need to explain what caused the lack of clarity. I would suggest that we allow it to indicate to us that the reference to “Simon his brother” in v. 33 is an editorial addition to a text that did not mention Simon; if in v. 19 the reference to him is surprising, in v. 33 it is positively confusing. We thus see the author of 1 Maccabees was working hard to make sure that readers of the work realize Simon’s prominence even in the days of Judas and Jonathan. He was, that is, working hard to eliminate the impression that Simon was chosen only faute de mieux, scraping the bottom of the Hasmonean barrel. Moreover, in ch. 5, smack in the middle of the long section on Judas, which is 24 See esp. H. Bruppacher, Textkritisches zu I Macc., ZAW 49 (1931) 149–150, who is followed by many, including Abel and Dancy. See esp. J. A. Goldstein, 1 Maccabees, 380–383.
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probably based on a source that focused on Judas (see 1 Mac 9:22), the author of 1 Maccabees takes the opportunity to emphasize that not only Judas, but also Jonathan and Simon, are members of “the seed of men, to which the salvation of Israel had been given” (5:62). If now, looking back, we compare the approach of the document in 1 Maccabees 14 to that taken by the book as a whole, we see that again, in the move from Simon’s days to those of John, there has been some development. In Simon’s day, it seems that he or at least his scribe was afraid of Judas and Jonathan, whether specifically because of their heirs or supporters, or in general because their precedence implied that Simon was only the last choice. By John’s days, in contrast, the fact that the Hasmonean line was now a Simonide line had become a fait accompli and the author could afford to bask John in the glory of earlier Hasmoneans without the fear of raising the question why it was not the heir of one of them who was at the helm. The fact that the Simonide identity of the high-priestly succession had become a fait accompli brings us to the third way in which we can see movement from Simon’s day to John’s in comparing the document in 1 Maccabees 14 with the rest of the work. It relates to the fact that the appointment of Simon includes the clause that he will be “high priest forever until there arises a true prophet” (1 Mac 14:41). As has often been recognized,25 this seems to be a concession to believers who were not willing to accept this revolutionary innovation in the high-priestly succession without such a qualification. Such believers were apparently part of Simon’s coalition and it did not cost Simon anything to appease them with such lip-service. We do not know, of course, who exactly it was that insisted on this qualification, although it is not difficult to nominate candidates; perhaps they were Pharisees, as some have assumed, or Hasidim, or perhaps they were Essenes. What is important for us is that it seems that within a few decades the Hasmoneans were no longer appeasing them. This may be seen in a few points, of which one is within 1 Maccabees and the others are documented by Josephus and the Dead Sea Scrolls. First, note that 1 Maccabees 7 presents the Asidaioi as pious Jews who were looking forward to the advent of a legitimate high priest but were naïve fools. They were stupid enough to believe that “a priest of the seed of Aaron” must be reliable, and they paid with their lives for their mistake – in contrast to the wise Judas and his supporters, who recognized the true intentions of Bacchides and Alcimus (1 Mac 7:11). While one need not agree with Morton Smith that this text implies that the Hasmoneans were not of Aaronite descent,26 it definitely 25 See
esp. J. Sievers, Hasmoneans, 127 and U. Rappaport, Document, 26. See M. Smith, Studies in the Cult of Yahweh. I. Ed. by S. J. D. Cohen, Religions in the Graeco-Roman World 130/1, Leiden 1996, 322. 26
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bespeaks the desire to proclaim that religious people are not the best guides to running a state in general or to choosing a high priest in particular. A similar message results from the way in which 1 Maccabees twice portrays martyrs, at the end of ch. 1 and in the middle of ch. 2, as pious people who accomplish nothing – part of the problem, not of the solution.27 That is, just as I remarked concerning how Demetrius II might have reacted to 1 Maccabees, so too the pious Jews of the second century BCE: it is difficult to imagine that the type of people that the document in ch. 14 was meant to appease would have been very happy with reading the rest of the work. Next, note that both Josephus and rabbinic tradition record John Hyrcanus’ claim to have been a true prophet28 – a claim also reflected, apparently, in Josephus’ statement (Ios. ant. Iud. 3:218) that the oracular Urim and Thummim went on working until two hundred years before he wrote, i. e., late in the second century BCE, around the end of John’s life.29 That is, we see here the claims that John was a prophet, and that as high priest he also had access to the oracles that could certify his right to serve in that function (see Ezra 2:63 / Neh 7:65!). These claims will have functioned to counter criticism of John’s high priesthood by those who claimed that it had not been ratified by a true prophet or, worse, that some true prophet had even denied its validity. That such criticism was being voiced seems obvious from the following: (a) We know from Josephus (ant. Iud. 13:311–313) of an Essene prophet who was active during the one-year reign of Aristobulus I. Probably he had been around in John’s days as well. (b) In wondering what an Essene prophet might have had to say about John and Aristobulus, we should probably refer not only, in general, to Qumran opposition to the Hasmonean “wicked priests,” but more particularly to a Qumran text, 4Q Testimonia, that expresses interest in Deuteronomy 18’s prediction that a new prophet would “arise” in the future and that he should be believed and obeyed. As the late Hanan Eshel showed, this Qumran text, which ends with a curse upon whoever rebuilds Jericho, was used to attack John Hyrcanus, who did precisely that.30 In this context, it is likely that we should read the Testimonia’s citation of Deuteronomy 18 as a rebuttal of John’s claims to prophecy. 27 I refer to the contrast between the pious martyrs of 1:60–64 and the rebels of the immediate continuation in ch. 2, and that between the pious martyrs of 2:29–38 and the Hasmonean rebels of 2:39 ff. 28 Ios. bell. Iud. 1:68–69; ant. Iud. 13:282–283, 299–300; tSot 13:5 (ed. Lieberman, 231–232). See J. C. VanderKam, From Joshua to Caiaphas. High Priests after the Exile, Minneapolis, MN/ Assen 2004, 304–306. 29 For the completion of Antiquities in 93/94 CE, see Ios. ant. Iud. 20:267. On 3:218, see J. C. Vanderkam, Joshua, 306, and L. H. Feldman, Flavius Josephus. Translation and Commentary. Vol. 3: Judean Antiquities 1–4, Leiden 2000, 289–290, n. 574. 30 See H. Eshel, The Dead Sea Scrolls and the Hasmonean State, Grand Rapids, MI/Jerusalem 2008, 63–89. For the text of 4QTest, see F. M. Cross’s edition in Testimonia (4Q175 = 4Testim),
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(c) More generally, we know of both Qumran and Pharisaic opposition to the Hasmonean high priests, beginning sometime in the second century BCE. Concerning Qumran the dating of its break with the Hasmoneans is a matter of some controversy, depending upon whom we identify as “the Wicked Priest,” who is condemned in Pesher Habakkuk and elsewhere as having persecuted the sect’s (founding?) Teacher of Righteousness;31 concerning the Pharisees, Josephus and the rabbis point to the late days of John and certainly to those of his son, Alexander Jannaeus.32 Thus, whatever coalition Simon had been able to maintain fell apart or was falling apart within a generation, and there would no longer have been any point for John to attempt to appease the dynasty’s religious opponents. Accordingly, if the document in ch. 14 is careful to avoid extravagant claims for Simon, limiting his priesthood to the interim until a true prophet would appear, the editor of 1 Maccabees had no compunctions about painting Simon’s rule even in messianic colors: at 14:8–9 and 14:12 he brazenly applies to Simon the language that Zechariah used to describe the messianic future (see Zech 3:10 and 8:4, 12). Given the fact that, according to ancient Jewish expectations, the appearance of a true prophet was, one way or another, part of the package that included the coming of the messiah,33 it is as clear as such things can be that these allusions to Zechariah at the beginning of ch. 14 mean that John’s editor no longer saw himself bound by the type of circumspect and low key presentation adhered to by Simon’s scribe a few decades earlier. Rather, the allusions are to be read in connection with John’s claim to be recognized as a prophet. In sum, it seems that the document in 1 Maccabees 14, said to have been preserved separately as an inscription in the Temple, indeed reflects an early stage in the history of the Hasmonean state. It shows us that, around 140 BCE, Simon was still deferential to the Seleucids, that he felt threatened by supporters and/ or offspring of his deceased brothers who had preceded him at the head of the movement, and that he was in need of the support of pious Jews who insisted that his status as ruler was less than ideal. By the time 1 Maccabees was written, some two-three decades later, all that had changed, and the mature and selfconfident Simonide line could ignore the Seleucids, co-opt other Hasmoneans, in: J. H. Charlesworth et al. (ed.), The Dead Sea Scrolls. Hebrew, Aramaic, and Greek Texts with English Translations. Vol. 6B: Pesharim, Other Commentaries, and Related Documents, Tübingen/Louisville, KY 2002, 308–327. 31 For the argument that “the Wicked Priest” was Jonathan, see H. Eshel, Scrolls, esp. 36–53. As Eshel notes on 42–43, the main other candidate proposed by scholars is Alexander Jannaeus. This is not the place to open that debate. In the present context it is enough to note, that even those who hold to the latter view would probably assume that the rift between Qumran and the Hasmonean government was developing even prior to Alexander’s days. 32 See esp. Ios. ant. Iud. 13:288–298 // bQid 66a; E. Schürer, History, I, 211–214. 33 See esp. Mal 4:5, along with Ben-Sira 48:10; Mark 1:2 and 9:11; John 1:21; 1QS 8:11 (“until there shall come the/a prophet and messiahs of Aaron and Israel”) and 4QTest (above, n. 30); J. Marcus, The Way of the Lord. Christological Exegesis of the Old Testament in the Gospel of Mark, Louisville, KY 1992, 110.
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and – so John and his sons apparently thought – claim a divine mandate without being overly bothered by their pious subjects who denied it. The latter claim contributed to the alienation of many of those subjects and helped confirm them in their stance as the dynasty’s enemies, who viewed the last Hasmoneans as wicked priests, or Sadducees, “Thracians” (Ios. ant. Iud. 13:383), or the like, and who would eventually make their contribution to bringing down the Hasmonean dynasty.
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Time as a Narrative Tool in 2 Maccabees Jan Willem van Henten
1. Introduction Hermann Lichtenberger, the person who celebrates his jubilee these days, spent many years of his rich academic life on the Maccabean literature. I have the greatest respect and admiration for Hermann, who is not only a superb scholar with a keen eye for details most people ignore and for the theological relevance of ancient Jewish writings, but also a very fine person who engages with his colleagues and students with warmth and wise empathy. It gives me great pleasure, therefore, to have been invited to contribute to this volume in honour of Hermann with an article in which I aim at trying out a new avenue that may also be relevant for the study of 2 Maccabees, including Hermann’s own work for a commentary on this book. As far as I know, narratology has hardly been applied to the Maccabean books.1 Becoming involved in this fascinating field during my research into Josephus, I propose to perform a small experiment and to see whether narratology also works for the Maccabean literature. More and more scholars of ancient studies, including Biblical studies, have decided to incorporate narrative analysis in their interpretation of ancient writings. Recently a tool has become available that is also relevant for scholars focusing on ancient Jewish narratives: the Studies in Ancient Greek Narrative series.2 I will follow the lead of this series and aim to analyze one aspect of narratology within the context of 2 Maccabees: time as a narrative tool. I will study the use of time, taking the entire narrative of 2 Maccabees as a coherent unity and identifying the narrator with the compiler of this unity, considering him simply “the author”.3 I will focus on the awareness of 1 An important exception is N. Martola, Capture and Liberation. A Study in the Composition of the First Book of Maccabees, AAAbo.H 63,1, Åbo 1984. 2 I. J. F. de Jong / R. Nünlist / A. Bowie (ed.), Narrators, Narratees and Narratives in Ancient Greek Literature, Mn.S 257, Leiden 2004; idem / R. Nünlist (ed.), Time in Ancient Greek Literature, Leiden 2007; idem (ed.), Space in Ancient Greek Literature, Leiden 2012. The next volume will be devoted to characterization. 3 With D. R. Schwartz, 2 Maccabees, CEJL, Berlin 2008, 25. Also J. W. van Henten, The Maccabean Martyrs as Saviours of the Jewish People. A Study of 2 and 4 Maccabees, Leiden 1997, 22–23; H. Lichtenberger, History-Writing and History-Telling in First and Second Maccabees, in: S. C. Barton / L. T. Stuckenbruck / B. G. Wold (ed.), Memory in the Bible and Antiquity.
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time in the narrative (including time markers), on the order (prolepsis and analepsis) and on the rhythm of the narrative (acceleration, slowing down) as well as on the frequency of the events described (repetition, summary, ellipsis). I hope this approach will offer a fresh perspective on 2 Maccabees, not in the least with the interpretation of some notoriously difficult passages, and help to articulate the author’s role as narrator, or, to switch to another paradigm, his role as intended author. I will give a survey of the various usages of time in 2 Maccabees and also try to highlight some passages where I see specimens of the use of time that may be typical for the narrator we come across in 2 Maccabees. In short, my focus will not be on what the narrator tells us, but on how he tells his story. My methodology in this contribution is based on narratological theories and insights which have become classics in literary studies, such as those elaborated by Gérard Genette, Roland Barthes, Mieke Bal and others.4 Here I am basically following the approach of the Studies in Ancient Greek Narrative series as presented in the introductions to these volumes by Irene de Jong and others.5 One central issue in narratology may, by way of example, illustrate my perspective: the distinction between fabula, story (or: sjuzet) and narrative (or: text). Fabula is the total complex of related events reported in a narrative in their appropriate order. Story (or sjuzet in the terminology of others) concerns the same events in the order and manner in which they are presented in the narrative.6 This important distinction has been reformulated in several ways, and unfortunately the technical terms used in this connection do not always have the same meaning.7 In line with the Studies in Ancient Greek Narrative project, I follow the elaboration of this distinction by Mieke Bal. She argues that a narrator relates a story in his or her narrative; the story consists of the events of the fabula in a certain order and manner; the fabula is a series of logically and chronologically related events that are caused or experienced by the characters in the story.8 Thus, the fabula is, in fact, a reconstruction by the narratees (the readers), on the basis of the story and the narrative. The application of this threefold distinction fabula-story-narrative enables us to undertake a precise analysis of the various temporal procedures which narrators apply in their narratives: they may change the order of events The Fifth Durham-Tübingen Research Symposium (Durham, September, 2004), WUNT 212, Tübingen 2007, 95–110, here 106–109; B. Herr, Der Standpunkt des Epitomators: Perspektivenwechsel in der Forschung am Zweiten Makkabäerbuch, Bib. 90 (2009) 1–31, here 9–10. 4 G. Genette, Narrative Discourse. An Essay in Method, Ithaca, NY 1980; M. Bal, Narratology. Introduction to the Theory of Narrative, Toronto 1997. Also B. Tomashevsky, Thematics, in: L. T. Lemon / M. J. Reis (ed.), Russian Formalist Criticism. Four Essays, Lincoln, NE 1965, 61–95; W. Martin, Recent Theories of Narrative. Ithaca, NY 1987. 5 See footnote 2, especially the second volume mentioned. 6 B. Tomashevsky, Thematics, 66–67. 7 J. Culler, Structuralist Poetics. Structuralism, Linguistics and the Study of Literature, London 1975, 169–187; W. Martin, Theories, 108. 8 M. Bal, Narratology; I. J. F. de Jong, Time, 2–3.
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(adaptation of the chronological order by way of anticipation and flashback), they may spend more or less time on recounting events (rhythm), and they may recount events once or several times (frequency).
2. Awareness of time How does the narrator of 2 Maccabees refer to time, do we find time markers and is time explicitly referred to in other ways? The first observation one can make is that the awareness of time in 2 Maccabees is mixed. On the one hand there is clearly a chronological timeframe, largely based on the Seleucid calendar, with references to successive Seleucid kings as well as other data. On the other hand, there seems to be only a vague or implicit awareness of time, not only in the festal letters in 2 Mac 1:1–2:18, which do relate events but differ from the historical narrative in 2:19–15:39,9 but also in some of the narrative sections in which the voice of the narrator is overtly present, such as the martyrdoms (6:12–7:42) or the end of Antiochus Epiphanes described in chapter 9. The prologue in 2 Mac 2:19–32 introduces the main events of the historical narrative of chapters 3–15 by way of a clustered prolepsis (2:19–22), which is at the same time a summary of the content of five books by Jason of Cyrene (2:23, see section 5). These events are set in the framework of two Seleucid rulers, Antiochus Epiphanes and Antiochus Eupator (2:20), while the narrative itself refers to four Seleucid rulers: Seleucus (i. e., Seleucus IV Philopator, 187–175 BCE; 3:3; 4:7; 5:18; 14:1), Antiochus Epiphanes (i. e., Antiochus IV Epiphanes, 175–164 BCE; 4:7, 21, 37; 5:1, 5, 17, 21; 7:24; 9:1, 2, 19; 10:9, 13; cf. 1:14–15), Antiochus Eupator (i. e., Antiochus V Eupator, 164–162 BCE; 9:25, 29; 10:10, 13; 11:22, 27; 13:1, 3, 4; 14:2), and Demetrius (i. e., Demetrius I, 162–150 BCE; 14:1, 4, 5, 11, 26; cf. 1:7). These four rulers are clearly connected with four series of events (3:1–4:6; 4:7–9:29; 10:1–13:26; 14:1–15:36), which implies that the history narrated in chapters 3–15 is structured at least to a certain extent after the rule of these four Seleucid kings.10 The tension between the rulers mentioned in 9 For discussions of the form and function of the letters, see E. Bickermann, Ein jüdischer Festbrief vom Jahre 124 v. Chr. (II Macc 1 1–9), ZNW 32 (1933) 233–254; J. G. Bunge, Untersuchungen zum zweiten Makkabäerbuch. Quellenkritische, literarische, chronologische und historische Untersuchungen zum zweiten Makkabäerbuch als Quelle syrisch-palästinensischer Geschichte im 2. Jh. v. Chr., Bonn 1971; B. Z. Wacholder, The Letter from Judah Maccabee to Aristobulus. Is 2 Maccabees 1:10b–2:18 Authentic?, HUCA 49 (1978) 89–133; J. W. van Henten, 2 Maccabees as a History of Liberation, in: M. Mor / A. Oppenheimer / J. Pastor / D. R. Schwartz (ed.), Jews and Gentiles in the Holy Land in the Days of the Second Temple, the Mishnah and the Talmud. A Collection of Articles, Jerusalem 2003, 62–86; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 8–14; 519–529; B. Herr, Standpunkt, 2–9; R. Doran, Temple Propaganda: The Purpose and Character of 2 Maccabees, CBQ.MS 12, Washington, DC 1981, 1–3; 23–38. 10 Cf. the proposals for a fourfold structure of the story in J. W. van Henten, Martyrs, 25–6; U. Mittmann-Richert, Einführung zu den historischen und legendarischen Erzählungen,
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the prologue and those referred to in the history supports, together with other discrepancies between the prologue and the main narrative, the argument that the author did indeed base himself on Jason of Cyrene’s five books, as indicated in 2:23.11 In fact, he may even have used additional sources.12 The dates of these Seleucid kings are not given by the narrator, but the succession of the kings implied by the chain of events indicates that he followed the chronological order of the rulers.13 Other time markers within the narrative also imply that the overall time framework of 2 Maccabees is chronological, apart from the letters in 2 Mac 1:1–2:18, where the readers go back and forth from one period to another. The chronological order is apparent from, for example, a transitional passage such as 2 Mac 10:9–10, which marks the end of the rule of Antiochus Epiphanes and the beginning of that of Antiochus Eupator: “So the events at the end of Antiochus called Epiphanes were after this manner. (10) Now, however, we will set forth the events during the time of Antiochus Eupator […]”14 It is significant that the beginning of the narrative (2 Mac 3:1–3) introduced by the prologue (2:19–22), the first event of the fabula in narratological terminology, lacks a specific date. It describes an ideal situation as a continuum and refers in this connection to two specific persons: the high priest Onias and Seleucus king of Asia: “When the holy city dwelt amid complete peace and the laws were maintained most admirably through the piety of Onias the high priest and his hatred of evil (3:1) […]” The JSHRZ Supplement 6, Gütersloh 2000, 41–43; D. S. Williams, Recent Research in 2 Maccabees, CBR 2 (2003) 69–83, here 77–78; R. Doran, 2 Maccabees, 11–13. W. Dommershausen, 1. Makkabäer 2. Makkabäer, NEB.AT 12, Würzburg 1985, 8 and H. Lichtenberger, History-Writing, 105 advocate a twofold structure. Further references: D. S. Williams, Research, 76–78; B. Herr, Standpunkt, 10–13. 11 See, for example, J. Geiger, The History of Judas Maccabaeus: One Aspect of Hellenistic Historiography, Zion 49 (1984) 1–8, here 6; W. Dommershausen, 1. Makkabäer 2. Makkabäer, 9; J. W. van Henten, Martyrs, 17–23; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 15–16.25.45.72 with footnote 177.171.175; B. Herr, Standpunkt, 16–18; R. Doran, 2 Maccabees. A Critical Commentary, Hermeneia, Minneapolis, MN 2012, 5–13. Differently: W. Richnow, Untersuchungen zu Sprache und Stil des 2. Makkabäerbuches. Ein Beitrag zur hellenistischen Historiographie, Göttingen 1967, 41 f.; R. Zwick, Unterhaltung zum Nutzen. Zum literarischen Profil des 2. Buches der Makkabäer, in: J. Frühwald-König / F. R. Prostmeier / idem (ed.), Steht nicht geschrieben? Studien zur Bibel und ihrer Wirkungsgeschichte. FS G. Schmuttermayr, Regensburg 2001, 125–149, here 143–145. Cf. H. Lichtenberger, History-Writing, 103 f.106–109. 12 See K. D. Schunck, Die Quellen des I. und II. Makkabäerbuches, Halle 1964; J. G. Bunge, Untersuchungen, 206–263; J. A. Goldstein, I Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 41A, New York, NY 1976, 90–103; R. Doran, Temple, 12–19; J. A. Goldstein, II Maccabees: A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 41B, New York, NY 1983, 37–41 and especially the recent detailed discussion in D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 15–37. 13 See, for example, 2 Mac 4:7, which reports the death of Seleucus (IV) and his succession by Antiochus Epiphanes. 14 The translations from 2 Maccabees are those of R. Doran, 2 Maccabees, with slight adaptations, unless indicated otherwise.
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end of this introduction indicates that King Seleucus financed the temple cult (3:3). The chain of events starts in 3:4 with the introduction of a new person, named Simon, and only the small word δέ indicates that with this person the peaceful existence of the Jews will be jeopardized: “Now Simon (Σιμον δέ […]), of the tribe of Balgea, who had become administrator of the temple, quarreled with the high priest about market regulation throughout the city.”15 The ideal situation is restored at the end of the narrative with the triumph over Nicanor, as 2 Mac 15:37 indicates, which is marked by the brief epilogue of the narrator (15:37–39) ending with “[…] Here let the end be [ἐνταῦθα δὲ ἔσται ἡ τελευτή].” (15:39). Apart from the references to specific Seleucid kings, 2 Maccabees contains time markers in the form of years of the Seleucid era and Macedonian months. Within the historical narrative, one of the references to the Seleucid era as time marker is 2 Mac 13:1, which is, in fact, the first date given in the historical narrative strictu sensu: “In the year 149, it came to the ears of Judah’s forces that Antiochus Eupator was coming with great numbers against Judah, and with him was Lysias […]” This date corresponds to the year fall 164 – fall 163 or spring 163 – spring 162 BCE of our calendar, depending on whether the Macedonian or Babylonian Seleucid calendar was followed.16 Another time marker refers to the 151st year of the Seleucid era (fall 162 – fall 161 BCE; 14:4).17 The festal letters contain two other references to this era, but they fall outside the events of the fabula as implied by the narrative in chapters 3–15.18 Several of the four letters in 2 Mac 11:16–38 refer to years of the Seleucid era as well as to Macedonian months.19 2 Maccabees also refers to non-Jewish festivals as time markers. 2 Mac 4:18 introduces a wicked deed by the high priest Jason with the following time marker: “When the quinquennial games were held in Tyre and the king was present […]”20 This festival refers to games in Tyre, which were organized every 15 Cf. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 6.189, who notes that the strongly adversative δέ is not preceded by μέν here. 16 R. Doran, 2 Maccabees, 252. 17 R. Doran, 2 Maccabees, 268. 18 2 Mac 1:7 refers to King Demetrius (i. e., the Seleucid King Demetrius II) in connection with a letter: “In the year 169 [fall 144 – fall 143 or spring 143 – spring 142 BCE, the latter is preferable, D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 11.139; R. Doran, 2 Maccabees, 28–30] of the Syrian kingdom, when Demetrius was our ruler, we wrote you a letter […]” This passage seems to function as flashback within the context of the first letter, D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 140–142. 2 Mac 1:10a mentions the year 188 [probably fall 125 – fall 124, or alternatively spring 124 – spring 123 BCE] in connection with the date of the first festal letter, R. Doran, 2 Maccabees, 33 with references). 19 Dates: 11:21: Year 148, the twenty-fourth of the month Dioskorinthios; 11:33: 148th year, the fifteenth Xanthikos; 11:38: 148th year, the fifteenth Xanthikos; no date in second letter. 14:4: 151st year. 20 Cf. 2 Mac 14:4 about Alcimus who offers King Demetrius a golden crown and a palm front, together with the usual gifts from the Temple in connection with a time marker referring to the Seleucid era (the 151st year).
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fourth year.21 In the larger context of 2 Maccabees this time marker can be seen as a characterization of Jason, which associates him with a Gentile festival, which usually had a religious dimension (as 4:19 indicates), as well as with the king, who was present during the festival. From the perspective of the Jewish identity advocated in 2 Maccabees this already disqualifies him as an unfaithful Jew. A similar time marker is found in 4:21, introducing a journey of Antiochus Epiphanes to Jerusalem: “When Apollonius, son of Menestheus, was sent to Egypt for the inaugural festival (τὰ πρωτοκλίσια) of King Ptolemy Philometor […]”22. The time references discussed so far are remarkable in the light of 2 Maccabees’ strong focus upon Jerusalem and the desecration and rededication of the Temple,23 because they imply that the time frame of the book is to a considerable extent based on non-Jewish data. The Jewish readers must have been experts in non-Jewish contemporary history in order to be able to contextualize these time references. 2 Maccabees does refer to the Jewish calendar, but mostly so in connection with internal affairs like Jewish holidays and the Sabbath. 2 Mac 12:31–32 connects a campaign of Judah the Maccabee and his men against Gorgias with a time reference concerning the Feast of Weeks, which is also called Pentecost: “They came to Jerusalem as the Feast of Weeks was at hand. After the so-called Pentecost, they marched […]”.24 The purification of the Temple is dated on the same day as its desecration, Chislev 25, and this day becomes a national holiday (2 Mac 10:5–8; see also 1:8–9, 18; 2:16). Another new national holiday is founded as a commemoration of the victory over Nicanor (15:36). The date of this festival is indicated as follows: “[…] to mark the thirteenth day of the twelfth month – called Adar in Aramaic – one day prior to the Day of Mordechai.” The Sabbath is mentioned several times as a day on which the enemy decides to attack the Jews or the day that is observed by Judah and his men. The military commander Apollonius treacherously kills many Jews on the Sabbath (2 Mac 5:25–26) and Nicanor plans to attack Judah and his men on the “day of rest” (15:1–5).25 In contrast to the references to the Gentile oppressors, the narrator indicates that Judah and his men were observing the Sabbath carefully. In 2 Mac 8:25–26 he reports 21 These quadrennial games (according to our calculation) probably concern the festival in honour of the Tyrian Heracles identified with Melqart, which was founded by Alexander the Great in 332 BCE after he had conquered Tyre (Arrian 2:24:6), C. Bonnet, Melqart. Cultes et mythes de l’Héraclès tyrien en Méditerranée, Studia Phoenicia 8, Louvain 1988, 57–58; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 226 f. See for other festivals to which the narrator could refer here R. Doran, 2 Maccabees, 107. 22 It is unclear what exactly was celebrated and when this happened, R. Doran, 2 Maccabees, 110. See also the time marker in 5:1 referring to Antiochus’ [i. e., Antiochus IV Epiphanes] second campaign in Egypt. 23 With, among others, D. Arenhoevel, Die Theokratie nach dem 1. und 2. Makkabäerbuch, WSAMA.T 3, Mainz 1967, 113; R. Doran, Temple; H. Lichtenberger, History-Writing, 103 f. 24 For the double name and references, see D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 435 f. 25 See also 2 Mac 6:6.11 (the celebration of the Sabbath was forbidden).
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that they stopped pursuing the defeated enemy because it was the day before the Sabbath (see also 8:27–28). In 2 Mac 12:38–39 he notes that they celebrated the Sabbath at Adullam. Three observations can be made in connection with the narrator’s references to the Jewish calendar. Firstly, these data do not add much to the chronological framework in 2 Maccabees that is created through nonJewish time markers.26 Secondly, the non-Jewish time references mostly concern political data like the rule of Seleucid kings, but the Jewish markers mainly refer to festivals and the Sabbath, i. e. issues of the Jewish calendar related to religious practices. Thirdly, the time references connected with the Jewish calendar as well as non-Jewish feasts function as characterizations: they help to identify the good and the bad guys in the story. The first and second point may be some indication of the location where the narrative of 2 Maccabees, at least chapters 3–15, may have been composed, because they seem to match a context where the Jews are located in a minority situation in a foreign Gentile world. The evidence discussed so far implies that 2 Maccabees includes relatively few dates that are explicit and linked to events known from other sources. The fact that the first actual date in the historical narrative is found only at 2 Mac 13:1 is telling. However, there are still other time markers within the narrative, but these are relative, that is they link events to each other without external references and basically imply a chronological order of the story. Chapter 4, for example, has several of this type of time markers:27 – 4:23: the introduction of the wicked high priest Menelaus starts with: “after a period of three years”; – 4:30: contains a synchronizing time marker that links the rebellion of Tarsus and Mallos to Menelaus’ plundering the Temple: “While such things were at issue (τοιούτων δὲ συνεστηκότων)”.28 – 4:36: the punishment of Andronicus is introduced by the following time marker “When the king returned from the regions throughout Cilicia”. Time markers like those in chapter 4 also occur frequently in other sections, such as 2 Mac 5:1–6:1129 and 11:1–12:1.30 Chapter 10 includes several time markers in the first ten verses, but this brief section about the purification of the temple and the founding of a new festival is introduced in 10:1 not by a time marker 26 An
exception is 2 Mac 12:32 (below). time marker in 2 Mac 4:7 referring to the death of Seleucus [Seleucus IV] and the succession by Antiochus [IV] Epiphanes is different (see above). 28 This marker creates a gap in the narrative, because the narrator tells us that after the high priest Onias discovered that Menelaus was plundering the Temple he retired to Daphne, which triggers the question what Onias was doing in between. 29 Time markers in chapter 5 include 2 Mac 5:1: a time marker connected with Antiochus’ 2nd invasion of Egypt: “Around this time (περὶ δὲ τὸν καὶρον τοῦτον)”; 5:11: “When news came to the king of what had happened”, which introduces Antiochus IV’s attack of Jerusalem. 30 For example, see the time marker in 11:1: “After an extremely short interval (Μετ’ ὀλίγον δὲ παντελῶς χρονίσκον), Lysias […]”. 27 The
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but by a change of persons, a short notice that Judah and his men recaptured the temple and the city.31 It is remarkable that the narrative is not consistent in its use of time markers. Other sections have far fewer time markers and the connections between the events of the story are much looser. This seems to be the case in 2 Mac 3:1–40; 6:12–9:29, in 10:11–38 as well as in chapters 12–15 (with the explicit time markers in 13:1–2 [above] and 14:1–2, 4 as exceptions).32 The new section starting in 2 Mac 8:1 (8:1–9:29) is loosely introduced by a change of person: “Now Judas, also called Maccabeus, and his companions […] (Ιουδας δὲ ὁ καὶ Μακκαβαῖος καὶ οἱ σὺν αὐτῷ)”, which connects in content and vocabulary with 5:27.33 Most of the other transitions in the story in 2 Mac 8:1–9:29 and 10:11–38 are indicated mainly by a change of persons (8:8, 10, 12, 34; 10:12, 14, 15, 16, 19, 20, 21, 24, 32, 33).34 The same seems to be true for most of chapter 12. 2 Mac 12:1 concludes the events narrated in chapter 11 with the following remark: “With these agreements in place, Lysias departed toward the king […]”. The story continues with a second remark that reflects two narratorial techniques simultaneously: synchronization and characterization. The narrator states: “The Jews engaged themselves with agriculture”. This brief note conveys a double message, which links up with other passages (e. g. 3:1–3): (1) when there is peace between the Seleucid overlords and the Jews, or perhaps even more generally, between Jews and non-Jews, (2) the Jews will act peaceably and return to their peaceful main activity, which is agriculture. The remaining part of chapter 12 narrates a cluster of events, which sequence is mainly indicated by a change of persons, often combined with a change of place, and a few times by a change of place only.35 The narrative slows down twice, in 2 Mac 12:21–25, the passage about the battle against Timothy at Karnion, and in 12:39–45, the passage about the sin offering for the fallen soldiers. Apart from 2 Mac 12:1, there are three time markers in 31 See further 2 Mac 10:3: two-year hiatus; 10:5: co-incidence: purification of the Temple happens on the same day as the defilement, 25 Kislev; 10:9–10: transition formula indicating the succession of Antiochus Epiphanes by Antiochus Eupator. 32 2 Mac 14:1 f.: “In the third year thereafter, news came to those around Judah that Demetrius […] had taken control of the region […].” 2 Mac 14:4 refers to the 151st year of the Seleucid era. 2 Mac 15:1 introduces a new episode by indicating a change of person: Nicanor plans an attack on the Sabbath, “receiving information that Judah’s forces were in the region towards Samaria […]” (see above). Another exception is the time marker in 9:1, combined with a change of person: “About that time (Περὶ δὲ τὸν καιρὸν ἐκεῖνον; cf. 5:1) Antiochus had unceremoniously returned from the regions around Persis”, but to what does “that time” refer? D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 352, comments that the author had no interest in giving a precise date. 33 Cf. 2 Mac 5:27: Ιουδας δὲ ὁ καὶ Μακκαβαῖος. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 325–326; R. Doran, 2 Maccabees, 170. 34 2 Mac 10:24 is a narratorial analepsis about Timothy’s defeat; 10:24–38 elaborates Timothy’s conflict with Judah and his fellow-soldiers, including a brief scene about the heavenly warriors (10:29–30) and the report of the attack of Gezer (33–38, cf. 4 days, 5th day: slowing down, see below, section 4). 35 Change of persons combined with change of place: 2 Mac 12:3, 8, 10, 13–14, 19, 26, 38; change of persons: 12:2, 5, 11, 12, 21, 26; change of place: 12:15, 27, 29.
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chapter 12, two of which refer to the Jewish calendar (12:31–32, referring to the Feast of Weeks/Pentecost; 12:38, referring to the Sabbath, see above).36 As mentioned already, in some sections of the story time markers are completely absent. The sequence of the events is only loosely indicated through a change of persons and sometimes a rather vague change of place. The most obvious examples of this loose technique form the introduction of the martyr stories in 6:18 and 7:1, as well as the story about the death of Razis (14:37), which lack specific information about time and place. Eleazar’s story begins with an introduction of the protagonist: “Eleazar was one of the leading officials, a man at that time advanced in age and, in personal appearance, most honorable. He was being compelled to pork.”37 The martyrdom of the mother and the seven sons is only loosely connected with Eleazar’s story by the phrase “It also happened that” (συνέβη δὲ καί). There is no time or space marker in 7:1 and the narrator concludes the martyrdoms with a general statement: “Let so much be set forth concerning the meals and the excessive tortures” (7:42). Despite the two references to Seleucid years in 1:7, 10 (the year 169 and 188 respectively) the letters at the beginning of 2 Maccabees (1:1–2:18) seem to share the loose and implicit awareness of time with the sections just mentioned. The presupposed context of these letters is an invitation for the joint celebration of the new festival of the purification of the Temple, dated in the year 188 (probably fall 125 – fall 124).38 The beginning of the letters is unclear with respect to the awareness of time. The date of the first letter comes only at the end (1:10a), which is usual in Greek as well as Hebrew or Aramaic letters,39 but confusing within the larger context of 2 Maccabees. The second letter (2 Mac 1:10b–2:18) lacks a date.40 The letters also contain several flashbacks to events in the periods of Jeremiah (2 Mac 2:1–8), Nehemiah (1:18, 20–21, 23, 31, 36; 2:13), Solomon (2:8–12) and even Moses (2:8–12), but the time transitions to these periods are either only loosely indicated or not indicated at all. The focus of the letters seems to be mostly thematic, pointing to analogies concerning the Temple and God’s connection to the Temple in these earlier periods and the narrative of 2 Mac 3:1–10:8.41 36 The other time marker is 2 Mac 11:36: “As Esdrin’s forces had been fighting for a long time […] Judas […]”. 37 Likewise the story of Razis (14:37–46) starts with an introduction of this hero (14:37–38). About the setting of the martyrdoms and Razis’ noble death, see J. W. van Henten, Martyrs, 85–123. 38 See footnote 18. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 143 f.519–529 reads “(celebrate the days of [the festival of] Tabernacles of the month of Kislev) of the year 148”. This is attested in a few minuscule manuscripts (55 and 62) and can also be explained as an attempt to clarify the date by linking it to the origin of the festival. For a criticism of Schwartz’s view, see R. Doran, 2 Maccabees, 33. 39 R. Doran, 2 Maccabees, 28 with footnote 29. 40 R. Doran, 2 Maccabees, 42. 41 See besides the references in footnote 9, H. Herkenne, Die Briefe zu Beginn des zweiten Makkabäerbuches (1,1–2,18), BSt 8,4, Freiburg 1904.
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3. Order: prolepsis and analepsis My analysis so far implies that the order of events in the story is basically chronological. Nevertheless, the narrator does deviate from this order by applying prolepsis and analepsis. Both devices are common features in the story of 2 Maccabees, and both narratorial and actorial forms of this technique are found in the book.42 One example of a narratorial prolepsis is 4:17, which concerns a comment by the narrator about unfaithfulness towards the divine laws. The comment includes a narratorial prolepsis because the narrator concludes it with “[…]as the following events will show”.43 An example of a narratorial flashback concerns the introduction of Razis in 14:37–38.44 The narrator refers to Razis’ defense of Judaism during a previous period of separation, which is, however, not explicitly narrated in the previous sections of 2 Maccabees.45 The prologue (2:19–32) includes a cluster of proleptic statements by way of a summary of the content of the following narrative (2:19–22), but, as indicated already above (section 2), some of these statements are not completely matched by the subsequent narrative. One example of these discrepancies concerns the reference to Judah the Maccabee and his brothers (2:19), whereas the subsequent narrative focuses almost exclusively on Judah.46 One other issue of the prologue is relevant for my discussion. The continuation of the prologue (2:23–32) explains to the reader what the style of the subsequent narrative is. In 2:28 the narrator indicates that he will not focus on detailed accounts but highlight “general descriptions” (τὸ δὲ ἐπιπορεύεσθαι τοῖς ὑπογραμμοῖς τῆς ἐπιτομῆς διαπονοῦντες), or, interpreting the passage differently, focus on outlines or patterns. Robert Doran argues, referring among other things to Plato’s use of the verb ὑπογράφω, that the Greek phrase quoted means “proceeding by means of the general descriptions [appropriate to] a concise version.47 Daniel Schwartz interprets the plural ὑπογραμμοί as rules, or perhaps models, translating the phrase as “the rules laid
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prolepsis or analepsis is expressed by one of the characters of the story. examples of narratorial prolepsis are 2 Mac 5:17–20 and 6:12–17; 5:2–4 is a combination of narratorial and actorial prolepsis. 44 Other examples of narratorial analepsis: 2 Mac 2:1 (flashback to the hiding of “the fire”, 1:19); 4:1 (“the previously mentioned Simon”); 13:8 (Menelaus); 14:3 (introduction of Alcimus: “who had previously been high priest […]”, although this has not been mentioned before); 15:37 (see below). 45 If this period concerns one of the events of the fabula, it may imply that Razis was tried or condemned but not executed during the period of Seleucid oppression described in chapters 5–7, J. W. van Henten, Martyrs, 93–4. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 469.488 connects it with the period of the decrees of Antiochus IV. 46 I cannot discuss this further here, see J. W. van Henten, Martyrs, 53–54; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 171. 47 R. Doran, 2 Maccabees, 65.71 f. 43 Other
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down for epitomizing”.48 However, if we combine this passage with the narrative techniques connected with time and space used in the subsequent narrative, one could argue that ὑπογραμμοῖ/ points to outlines or patterns.49 The story of chapters 3–15 is obviously selective, only certain events of the fabula are actually narrated and others are simply presupposed but not told. Of the events that are narrated some are highlighted in order to illustrate a certain point, a pattern of the story. This can be combined with another technique, the reduction of the pace of the narrative in such a way that one event is highlighted in great detail. These techniques often go hand in hand with attempts to visualize such events (see section 4). From this narrative perspective, the statement in 2 Mac 2:28 could mean that the narrator is announcing that his narrative will focus on the outline of the story and not on the entire complex of events. That implies that the narrator is aiming to illustrate the outline of the story by highlighting certain events by way of example, in order to make his point. The narrative is concluded by a narratorial flashback in which the narrator looks back at the defeat of Nicanor and marks the end of his story: “As the actions at the time of Nicanor turned out this way and after these critical times the city was controlled by the Hebrews, I myself will rest the narrative at this point” (15:37; 15:38–39 link up with the prologue; see also 15:39 “ […] Here let the end be [ἐνταῦθα δὲ ἔσται ἡ τελευτή].”). Several scholars have argued that this ending of 2 Maccabees is problematic in the light of what has been related so far in the narrative or of what actually happened soon after Nicanor was defeated.50 The end of chapter 15 implies that the entire city of Jerusalem was recaptured by the Hebrews (15:37), but looking back at the events that are actually narrated in the story it remains unclear whether that was really the case. A quick look at the parallel narrative of 1 Maccabees shows that 2 Maccabees’ hero, Judah Maccabaeus, was defeated and killed not long after his triumph over Nicanor (1 Mac 9:11–22). So if we compare the ending of the story in 2 Maccabees with what we can plausibly reconstruct on the basis of other sources, there certainly seems to be a problem. The chain of events in chapters 3–15 strongly suggests that the ideal situation described at the beginning of the historical section of the story (2 Mac 3:1) is restored when we have reached the end of it in 15:37, implying that the Seleucid oppression was undone in every respect.51 Doran 48 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 178, referring to Diog. Laert. 10:35; 10:84 f., passages which introduce Epicurus’ epitomes of his writings on physics and his views about celestial materials. 49 For the meanings “pattern” and “outline”, see LSJ 1877 s. v. ὑπογραμμός and Plat. rep. 8:548d; Isok. Phil. 5:85, passages also quoted by R. Doran, 2 Maccabees, 72. 50 For a detailed discussion of various opinions, see R. Doran, 2 Maccabees, 8–10.300 f. Also H. Lichtenberger, The Untold End. 2 Maccabees and Acts in: A. Houtman / A. de Jong / M. Misset-van de Weg (ed.), Empsychoi Logoi. Religious Innovations in Antiquity, Leiden 2008, 385–401. 51 With D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 512.
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correctly notes that the narrator doesn’t tell us that the Acra, the citadel where Seleucid troops were stationed, was captured by the Jews.52 But the narrator doesn’t tell us that the citadel was not captured either. There is a gap in the story here to be sure, but the question is whether that is a problem. The narrative of 2 Maccabees is full of gaps. In line with what he indicates in the prologue, the narrator is deliberately selective in what he tells the readers. Besides, it is not very difficult to fill this gap in the story. After the Seleucid general Nicanor was defeated, he was quickly found, and the torso (προτομῆ) and right hand of the blasphemer were fastened to the Acra by Judah (15:35). Scholars have rightly noted the close parallel with the fate of Holophernes (Jdt 13:15; 14:1, 11), whose head was hung on Betulia’s wall.53 It is plausible to assume, as the Judith story implies, that Nicanor’s soldiers were overcome with fear and trembling and fled when they saw the torso of their general hanging from the wall of their citadel.54 This is exactly what Holophernes’ soldiers do in the Book of Judith. There is another way of filling the gap of the capture of the Acra, which would be in line with the learning process some of the other opponents in the story undergo: in the end they acknowledge the power of the God of the Jews and behave accordingly.55 This is, perhaps, implied by the prayer of thanks to God referred to in 2 Mac 15:34. 2 Mac 15:31–32 says that Judah sent for the people of the Acra and showed them the torso and right arm of Nicanor. 2 Mac 15:33 indicates that Judah cut out Nicanor’s tongue and would feed it to the birds. 2 Mac 15:34 then reads: “And they all, looking to heaven, blessed the Lord who had manifested himself, saying: ‘Blessed is he who has kept his own place undefiled!’”. The question is whether the foreigners from the Acra are included in the “they all” of verse 34. This is absolutely possible in the light of the confession other opponents of Judah and God make after having surrendered to the power of God.56 Thus, there are two ways of filling the gap of the capture of the citadel. They are both plausible, because the final verses of chapter 15 strongly suggest that the people of the Acra were no longer a threat to Judah and his soldiers. 2 Mac 15:37, the final verse before the brief epilogue, rounds off the story.57 The threat of Nicanor was successfully countered and from that moment on the Hebrews were masters of the city. 52 R. Doran,
2 Maccabees, 9. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 510. 54 Cf. Jdt 15:1–3. The ἄκρα is mentioned twice in 2 Mac (15:31.35), it is probably identical with the ἀκροπόλις mentioned in 4:12.28. On the basis of the reference to Sostratus, the commander of the acropolis (4:28), scholars usually conclude that there was a Seleucid garrison stationed in the ἄκρα. 55 E. g. Heliodorus in 2 Mac 3:35–40; Antiochus Epiphanes in 9:11–17. 56 See the previous footnote. 57 R. Doran, 2 Maccabees, 300, argues that the two aorist participles in 2 Mac 15:37 (χωρη σάντων and κρατηθείσης) complete each other and together mark the beginning of a new period (cf. 13:26 and footnote 81). 53 E. g.
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The narrator also applies actorial prolepsis and analepsis in his story. There is a series of cases of actorial prolepis in the martyr story of chapter 7. Several of the sons of the anonymous mother announce in their final statements that King Antiochus will experience the power of God and be punished for his arrogance in acting as an adversary of God and the Jewish people (2 Mac 7:19, 21, 31, 34, 36–37).58 The intercessory prayer of the youngest martyr in 2 Mac 7:36–38, which includes the announcement of Antiochus’ punishment, is a complex actorial prolepsis. His statement anticipates several important events told in the subsequent narrative: the punishment of Antiochus Epiphanes by God (narrated in 9:1–18; cf. 7:36 “but you will obtain by God’s sentence the proper penalties for arrogance”),59 the King’s acknowledgement that only the God of the Jews is God (see 9:11–12, 17, 20; cf. 7:37 “and so you, by means of afflictions and whippings, acknowledge that he alone is God”), and God’s wrath about his people coming to an end (chapter 8; cf. 7:38: “and the wrath of the Almighty, which rightly was applied upon our whole race, come to a halt in me and my brothers”).60 A case of actorial analepsis, which concerns events outside the fabula, is Judah’ recollection before his soldiers, before entering a battle, of God’s assistance in previous military conflicts with Sennacherib and the Galatians: “He also gathered together for them the instances of assistance performed in the time of their ancestors: that at the time of Sennacherib, when 185,000 were destroyed; the one in Babylonia, the battle against the Galatians, when they all came to the engagement, 8,000 with 4,000 Macedonians […]” (8:19–20).61 A complicated case, finally, concerns Judah’s dream, which is narrated in 15:11–16. In the dream the prophet Jeremiah hands over a golden sword to Judah (15:15), which must be a symbolic act. Jeremiah explains this gift by stating: “‘Take this holy sword as a gift from God. Through it you will break down your opponents.’” (15:16). Scholars have interpreted the sword as a sign that God is here installing Judah as the military ruler of the Jewish people, but that is awkward since Judah is already
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in J. W. van Henten, Martyrs, 125–185. king’s punishment is reminiscent of the tortures of the martyrs ordered by him, according to the measure for measure principle, B. Ego, God’s Justice – The ‘Measure for Measure’ Principle in 2 Maccabees, in: G. Xeravits / J. Zsengellér (ed.), The Book of the Maccabees: History, Theology, Ideology, JSJ.S 118, Leiden 2007, 141–154, here 141–154. 60 S. K. Williams, Jesus’ Death as Saving Event. The Background and Origin of a Concept, HDR 2, Missoula, MT 1975, 82–89; U. Kellermann, Zum traditionsgeschichtlichen Problem des stellvertretenden Sühnetodes in 2 Makk 7,37 f., BN 13 (1980) 63–83, here 63–83; J. W. van Henten, Martyrs, 125–185. 61 The first event is narrated three times in the Hebrew Bible (Isa 37:36; 2 Kgdms 19:35 and 2 Chron 32:21), but the second event is unclear. The context implies it concerns a Jewish victory over a group of Gauls in Babylonia, but such an event has not so far been successfully identified. See also 15:22 (also referring to the defeat of Sennacherib) and 12:15 (referring to the capture of Jericho reported in Josh 6:1–21). 59 The
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acting as commander of the Jews as early as chapter 8. Within the immediate context the sword may plausibly be a symbol of victory that anticipates Judah’s victory over Nicanor. This would match Jeremiah’s statement at the end of the dream (above).62 In that case Jeremiah’s statement would be an actorial prolepsis of the defeat of Nicanor, which is narrated in the continuation of chapter 15 (see also above).
4. Rhythm 2 Maccabees’ narrator frequently applies another important narrative technique connected with time, rhythm. Particularly noteworthy in the book’s story is the device of the slowing down of the pace of the narrative. The narrator sometimes applies it in several steps, but he always moves on to the narration of one event in detail. Examples of this technique can be found in the martyrdoms in 2 Mac 6:18–7:42, the description of Antiochus Epiphanes’ death in chapter 9, Razis’ suicide in 14:37–46 and Nicanor’s defeat described in chapter 15. The slowing down of the pace of the narrative is also apparent in 2 Mac 10:24–38, a passage which deals with the military conflict between Judah the Maccabee (“Maccabaeus”, 10:33, 35) and a governor called Timothy.63 The narrator first briefly mentions that Timothy approached Judea with a huge force of mercenaries and cavalry from Asia (2 Mac 10:24), and then reports in greater detail how “Maccabaeus and his men” responded to this threat by highlighting their acts by a vivid description: they prayed, sprinkled dust on their heads, put sackcloth around their waists and prostrated themselves before the altar (10:24–26). Then the narrator starts describing the battle, contrasting the attitude of both armies (2 Mac 10:27–28), followed by a detailed description of the appearance of five horsemen from heaven, who take the lead and protect Judah (10:29–30), resulting in the defeat of the enemy (10:31). Timothy flees to Gezer/Gazara (10:32) and the narrative continues with the attack of this stronghold by Judah in a timeframe of five days (10:33–38).64 The pace of the narrative slows down once again when the narrator reports the events of the fifth day when the fortress was captured (10:35–38). Similar passages where the pace of the narrative slows down can be found in 2 Mac 11:6–15 (Judah’s conflict with Lysias),65 in chapter 12 (the
62 Further discussion in J. W. van Henten, Judas the Maccabee’s Dream (2 Macc 15:11–16) and the Egyptian King’s Sickle Sword, Zutot 4 (2004) 8–15, here 8–15. 63 Timothy is a governor according to 12:2 and is already mentioned as one of Judah’s opponents in 8:30–33. 64 Four days (10:33) plus one day (10:35). 65 “Maccabaeus” is the first to arm himself (11:7), a heavenly rider appears (11:8), and the battle is described, which leads to an agreement between Lysias and the Jews (11:9–15).
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conflicts with Timothy and others),66 in chapter 13 (the conflict with Antiochus Eupator),67 and in chapter 15 (the conflict with Nicanor).68 Sometimes a passage in which the pace of the narrative slows down emphasizes the consequences of an event, which are described in dramatic terms. The most elaborate example of this narrative technique is found in chapter 3 with respect to Heliodorus’ attempt to plunder the Temple. The attempt itself has already been described in considerable detail and the chapter contains three brief scenes that describe the anguish of the Jews in vivid terms (3:14–22). Subsequently, the feelings of the priests (3:15), the high priest (3:16–18) and the other Jewish inhabitants of Jerusalem (3:18–21) are highlighted. These scenes invoke a dramatic picture for the readers and use the body of those involved as a medium to express the drama. The sackcloth under the breasts of the married women69 in 3:19 are unconventional in a Jewish context, because in the Hebrew Bible males usually put on sackcloth in situations of mourning.70 The detail that these women with bared breasts filled the streets (3:19), a highly unconventional scene, further adds to the drama.71 The narrator may be highlighting the women’s role as mothers here. Maternal breasts are also highlighted in 2 Mac 6:10, which concerns the execution of those women who had their sons circumcised: the oppressors hang the babies from the women’s breasts in order to expose them.72 Perhaps the most 66 Chapter 12 describes several military conflicts, some of which receive more “narrative time” than others: 12:20–25 first briefly describes the battle at Karnion (mostly identified with Karnaim mentioned in Gen 14:5 and Amos 6:13; Schwartz [2008, 431]) and then focuses on Timothy’s treacherous behaviour. 2 Mac 12:38–45 first briefly reports that Judah re-grouped his troops, moved on to Adullam and celebrated the Sabbath there (12:38–39), after which the narrative focuses on Judah and his men dealing with the fallen soldiers and the sin offering for them (12:39–43), ending with an explanation of Judah’s deed (12:43–45). 67 See 2 Mac 13:10–17, which concerns the prayer and the preparation for battle. 68 The battle itself is narrated in a few verses (2 Mac 15:25–27, note the emphasis on “fighting piously”, Judah’s soldiers fight with their hands and pray at the same to God in their hearts), but the narrative slows down several times: 15:6–11 contrasts Nicanor and Judah, who both prepare for battle, which is followed by Judah’s dream in 15:12–16 (actorial prolepsis combined with visual description, see above section 3), the description of the continuation of the preparation for battle in 15:17–24, and a prayer combined with an analepsis about Sennacherib’s defeat (15:22, see above section 3). The narrative slows down once again in 15:28–36 after the report of the discovery of Nicanor’s body “As they joyfully returned after the battle […]” (15:28): praise of God (15:29), with a strong focus on what happens with Nicanor’s head and torso (15:30–35, vivid description, see below), ending in the decision to organize a new annual festival day (15:36). 69 These women are contrasted with the unmarried women, the virgins, mentioned in the second part of the verse, which implies they are married, R. Doran, 2 Maccabees, 85. 70 Gen 37:34; Jon 3:6; Isa 15:3; Est 4:1. See also 2 Mac: 10:25 and cf. Jer 9:17–22 and Joel 1:8, D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 198; R. Doran, 2 Maccabees, 85. 71 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 198, comments that the emphasis upon women’s suffering and the exposure of their bodies is a trope of pathetic Hellenistic historiography. 72 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 281. See also the references to the pregnancy and nursing of the mother of the seven brothers (2 Mac 7:22 f.27), which involve the readers and are also connected with the motif of motherly love in the martyrdom (elaborated in 4 Maccabees), J. W. van Henten, The Passio Perpetuae and Jewish Martyrdom. The Motif of Motherly Love, in:
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dramatic scene in this series of three describes the anguish of the high priest. The narrator describes it as if the readers are seeing the suffering high priest right in front of them, which is evoked by two verbs of seeing (3:16–17): “Now whoever was seeing (ἦν δὲ ὁρῶντα) the appearance of the high priest was pierced in mind. For his face [or “appearance”]73 and its change of color (ἡ ὄψις καὶ τὸ τῆς χρόας παρηλλαγμένον) were disclosing his anguish of soul (3:16). For a frightening bodily shudder (δέος τι καὶ φρικασμὸς σώματος) was spread over the man by which the pain lodged in his heart became clear to all who beheld it (τοῖς θεωροῦσιν) (my emphasis)”. The narrator not only slows down the pace of the narrative by moving over to a description of a scene, but he also invites his readers through a double reference to onlookers to visualize the scene by imagining they were present themselves. The scene focuses on Onias’ body and his appearance. The change of his colour and the frightening shudder of his body illustrate the message the narrator is apparently making: the body expresses what Onias thinks and feels, the man is in shock and great pain. The visualization of Onias’ suffering body not only dramatizes the report but also helps the reader to interpret the event, which implies that the body is a locus of meaning.74 The narrative slows down for a second time when Heliodorus tries to carry out his plan (3:21–30) and another brief and striking scene describes the man’s punishment from the perspective of Heliodorus’ companions, his bodyguards (3:24–29; cf. 3:25 “they saw […]”). A horse and a rider as well as two other men appear to Heliodorus and his men, and their punishment of the king’s delegate paralyzes him. Once again the message of the story is presented by focusing upon what happens to the body of the protagonist (3:26–29).75
5. Ellipsis, summary and frequency In sections 2 and 3 I have argued that the story of 2 Maccabees is basically told in a chronological order, and also that the narrator focuses mainly on presenting an outline of the story. This implies that the narrative is deliberately selective, by highlighting events which are thematically connected and illustrating the main points of the outline. This observation helps to explain why there are so many gaps in the story of 2 Maccabees, i. e., cases of ellipsis where an event is not narrated but presupposed by the narrative. The ellipsis concerning the capture of the Acra has already been discussed above (section 3). Another remarkable gap J. Bremmer / M. Formisano (ed.), Perpetua’s Passions. Multidisciplinary Approaches to the Passio Perpetuae et Felicitatis, Oxford 2012, 118–133. 73 With D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 198, who refers to changes of facial colour and trembling as visible signs of agonia. Cf. Ios. ant. Iud. 15:236; Phil. Leg. 266 f. 74 J. Z. Smyth, To Take Place: Toward Theory in Ritual, Chicago, IL 1987, 28. 75 There is another epiphany of these figures after Onias’ prayer for Heliodorus (3:31–35).
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in the story concerns the follow-up to 5:21, where we are told that Antiochus leaves for Antioch. The narrator tells his readers neither that the king arrives in Antioch, nor that he ever leaves the city again. The implication of this would be that the martyrdoms of 2 Mac 6:18–7:42 are set in Antioch, because the king is a character in the story about the mother and her seven sons. Indeed, a reading focusing strictly on the king’s movements could only conclude that this story is set in Antioch.76 However, the context of the martyrdoms strongly suggests that they take place in Jerusalem,77 which implies that the king’s return from Antioch to Jerusalem is one of those cases of ellipsis that are an obvious consequence of the type of narrative the narrator aims to tell. This presupposes that we shouldn’t over-interpret such ellipses and should exercise caution in making historical arguments on the basis of them. Sometimes people, locations or events are mentioned without proper introduction. The commander of the troops of Timothy and Kallisthenes, mentioned in 2 Mac 8:32, is not really introduced. 2 Mac 5:23 briefly mentions that the king stations Andronicus at Garizim, without going into further detail about this location or Antiochus’ policy with respect to it. Another gap concerns the transition from 4:6 to 4:7: the high priest Onias turns to the king [i. e. Seleucus IV] for help in 4:6, but 4:7 reports Seleucus’ death and not one word is spent on the interval between these two events. 2 Mac 10:3 indicates that there is a two-year hiatus between the desecration of the Temple and its restoration and re-purification (cf. 10:5), but this period of two years is not linked in any way to the narrative between the desecration (6:2–5) and the re-purification (10:1–3). That the sacrificial meal ordered by the king (6:7: ἐπὶ σπλαγχισμόν; 6:8: σπλαγχνίζειν; cf. 6:21; 7:42: σπλαγχνισμός) implied that a piece of pork had to be eaten becomes only apparent from the martyrdom narratives (6:18, 21; 7:1). The four letters recounted in chapter 11 imply several gaps.78 And finally there is no time marker at the beginning of the first festal letter in 1:1, which may be conventional in the context of letters, but for a moment leaves the readers in the dark about the timeframe of the story, since dates are only given in 2 Mac 1:7, 10a (above section 2). 76 A literal reading of 2 Mac 5–7 focusing upon the movements of the king may have triggered the idea that the martyrs were executed and buried in Antioch, which may be the foundation of the martyr cult there. For further information on this much discussed topic see L. V. Rutgers, The Importance of Scripture in the Conflict between Jews and Christians. The Example of Antioch, in: H. Havelaar / idem (ed.), The Use of Sacred Books in the Ancient World, CBET 22, Louvain 1998, 298 f., here 287–303. 77 See especially 6:1–11 with the reference to σπλαγχνίζειν in 6:8; cf. 6:21; 7:42; J. W. van Henten, Martyrs, 91–92; 101–103 and D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 19. 78 See 11:24: Τhe Jews apparently had asked that their customary usages be granted to them by Antiochus V, but this is not reported in the narrative; the same is true for Menelaus’ explanation to the king that the Jews wished to return to their own affairs (11:29). The king’s reference to “those who return home before Xanthikos 30” also remains unexplained in the narrative.
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An explicit summary is found in the prologue, which announces the events narrated in the story of chapters 3–15 (2:19–22, see also above, section 2). This prolepsis is connected with Jason of Cyrene’s history in five books, which the narrator attempts to summarize: “[Τhese events,] set forth by Jason of Cyrene in five scrolls, we will attempt to treat concisely in one composition (δι’ἕνος συντάγματος ἐπιτεμεῖν, 2:23).79 The epilogue very briefly summarizes the story of these chapters (or more precisely of chapters 14–15, which focus on Nicanor) in 15:37 by way of a flashback (“As the actions at the time of Nicanor turned out this way (τῶν οὖν κατὰ Νικάνορα χωρησάντων οὕτως) […]”, above, section 3).80 Another explicit summary sentence is found in 3:40, which concludes the story about Heliodorus: “In this way, the events relating to Heliodorus and the preservation of the treasury turned out (οὕτως ἐχώρησεν).”81 Similar summary sentences occur in 4:1, which summarizes Simon’s treacherous behavior narrated in chapter 3, 7:42, which rounds off the martyrdom stories, 10:9, which concludes the period of Antiochus Epiphanes, and 12:1, which refers to the agreements of the documents transmitted in chapter 11.82 Within the story, such sentences function as transitions from one episode to another. As a matter of fact, other passages also read as summaries, because they offer hardly more than the statement of an important fact. This would fit the information given in the prologue, which describes the narrative as a summary of a much larger work by Jason of Cyrene in 2:23, but it is important to note that the narrator does not mark these passages as summaries. 2 Mac 10:1, for example, very briefly notes that Maccabaeus and his men recaptured the Temple and the city, being led by the Lord, and then moves on to a somewhat more detailed report about the purification of the Temple complex (10:2–3). 2 Mac 10:24 simply refers to an earlier defeat of Timothy (see above, section 4), without elaborating upon it. This could refer to the defeat of Timothy and Bacchides narrated in chapter 8 (8:30–33), but this remains implicit. Interestingly, the festal letters at the beginning of the book contain several summaries, referring either to events reported in the letters themselves or in oth-
For a discussion of 2 Mac 2:23, see above, section 2. is not immediately clear to what “the actions at the time of Nicanor” refer. On the basis of the composition of the story (see footnote 10), in which chapters 14 f. form a coherent section focusing upon Nicanor’s threat of the Temple and its follow-up, rounded off by the foundation of a festival in memory of the victory over Nicanor (15:36), it is plausible to argue that the narrator refers to the events described in this section. However, Nicanor already figures in chapter 8, so perhaps the reference concerns the events of chapters 8–15. I thank Daniel Schwartz (Jerusalem) for his comments on this issue (communication by email, September 20, 2013). 81 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 205, who notes that the verb χωρέω “turn out” (indicating the activities during the event as well as its end) also occurs in other summary sentences (13:26; 15:37). 82 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 16 f. 79
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er documents providing information of an official nature.83 2 Mac 2:1 refers back to the story about Nehemiah recovering the fire of the altar, which remained in a fluid form (1:18–36), by briefly indicating that the exiles took it with them: “Now, it is found in the written records that Jeremiah the prophet ordered those being carried away to take some of the fire, as was signified above”. 2 Mac 2:1–2 summarizes the content of the records (ἀπογραφαί, 2:1; cf. 2:4) of the prophet Jeremiah, which is connected with a warning not to forget God’s Law (2:3). 2 Mac 2:13 refers to public records (ἀναγραφαί)84 and memoranda (ὑπομνηματισμοί)85 about Nehemiah and indicates that these report how he arranged for a library which included books about kings, prophets and David, as well as letters from kings about votive offerings.86 Finally, the issue of frequency should be briefly mentioned. As is well-known, one event is narrated twice in 2 Maccabees, i. e. the death of Antiochus IV. A passage in the festal letters recalls Antiochus’ death (1:13–16), indicating how he was killed during an attempt to rob the temple of Nanea in Persia by the priests of that temple, which is interpreted as his punishment by God for the wicked deeds committed in Jerusalem (1:12, 17). This implies an overlap with the description of Antiochus’ reign in 2 Mac 4:7–10:9, which elaborates upon the wicked behaviour of the king touched upon only briefly in the letter. Chapter 9 tells the story of the king’s death in greater detail and doesn’t completely match the information of 1:13–16, Antiochus dies abroad after entering the city of Persepolis and attempting to rob a temple there (9:1–2; 9:21). A similar puzzling doublet that is not really a repetition concerns the references to Jason in the first festal letter (1:7–8) and the story about him in chapters 4 and 5 (4:7–5:10). The letter highlights Jason as bad guy and indicates that Jason and those who were with him rebelled against the Holy Land and the kingdom.87 2 Mac 1:8 also mentions that Jason and his companions “burnt the gate”, whereas the narrator reports in 8:33 that it was Callistenes who burnt the gate. The complexities of these partial overlaps cannot be discussed further here, so I will only note that the narrator doesn’t mark these passages as a doublet or repetition.
J. W. van Henten, Martyrs, 49–50; R. Doran, 2 Maccabees, 55. 101 s. v. ἀναγραφή II. 85 LSJ 1889 s. v. ὑπομνηματισμός; U. Wilcken, Ὑπομνηματισμοί, Ph. 53 (1894) 80–126. 86 For a discussion of what the library of Nehemiah may have included, see R. Doran, 2 Maccabees, 59–60. 87 The letter includes a time reference to the years of oppression, which are connected with the earlier wicked deeds of Jason and others: “When Demetrius was king, in the year 169, we Jews wrote to you: “In the extreme oppression that came upon us during those years, from the time that Jason and his companions left the holy land and the kingdom and they burnt the gate and shed innocent blood […]”. For a detailed discussion and an attempt at a historical reconstruction, see R. Doran, 2 Maccabees, 28–33, who argues that the verb ἀπέστη in 1:7 should be translated as “(Jason and his companions) […] left (the holy land […]). 83
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6. Conclusion My analysis of the use of time as a tool for the narrator to tell his story produces a complicated picture of the awareness of time in 2 Maccabees. There are relatively few time markers that connect the events of the story with the world outside it, although the story is clearly set in a chronological timeframe based on the Seleucid calendar and references to successive Seleucid rulers. The Jewish calendar does play a role, but mainly in connection with internal Jewish practices like the celebration of Jewish holidays. Significantly, time markers are often missing or the narrative provides only vague information about the chronological setting of an event, especially in certain sections (1:1–2:18; 3:1–40; 6:12–9:29; 10:11–38; 12:1–15:36). The beginning of the so-called historical main part of the narrative in chapters 3–15 (2 Mac 3:1–3), for example, lacks a specific date and describes an ideal situation as a continuum. The order of the events in the story of 2 Maccabees is basically chronological, and narratorial as well as actorial forms of prolepsis and analepsis are used in the narrative. The prologue to the historical section (2 Mac 2:19–32) not only anticipates the main events of the subsequent story but also points out the way the narrator intends to tell it: he offers outlines (2:28), while highlighting selective events by way of example in order to illustrate his message. This implies that there are several gaps in the story, where events are presupposed but not narrated (e. g. the capture of the Acra in 15:37). In connection with the rhythm of the story the narrator frequently uses the technique of slowing down the narrative in order to highlight one event in detail, which illustrates a point made by the story. This is sometimes combined with the attempt to present what happens visually by vivid description and the reference to onlookers (most elaborately in chapter 3). The selectiveness of the narrative helps to explain why attentive readers encounter many gaps concerning events which are presupposed but not narrated. Persons and locations are sometimes not properly introduced (e. g. 2 Mac 5:23; 8:32). Explicit and implicit summaries of events enable the reader to move quickly on to the next event. A summary introduces and concludes the story of chapters 3–15 (2:19–22; 15:37). Within the story summaries sometimes form the transition from one episode to another (4:1, 30; 7:42; 10:9; 12:1; 13:26). The festal letters also include several summaries. The issue of frequency, finally, occurs twice in 2 Maccabees: the death of Antiochus Epiphanes is narrated twice (1:13–17; 9:1–29), and there is also a (partial) repetition of the wicked deeds of Jason briefly referred to in the first festal letter (1:7–8) and narrated in chapters 4–5 (4:7–5:10; see also 8:33).
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Der Tempel im 2. Makkabäerbuch im Kontext der Jerusalemer Kultkonzeption Beate Ego
Die Frage nach der Bedeutung des Tempels im 2. Makkabäerbuch gehört zu den Themen, die in der bisherigen Forschung zu den Makkabäerbüchern äußerst kontrovers diskutiert wurden. Während ein Teil der Ausleger die herausgehobene Bedeutung des Tempels in diesem Werk in den Vordergrund stellt, wollen andere dem Jerusalemer Heiligtum nur eine nachgeordnete Rolle zugestehen; im Zentrum des Interesses des Autors stehe vielmehr das Volk oder die Stadt Jerusalem sowie die Tatsache, dass Gott im Himmel (und eben nicht im Tempel) wohne. In diesem Beitrag soll diese Fragestellung aufgenommen und weiterverfolgt werden. Dabei soll zunächst ein Überblick zu den verschiedenen Positionen der Forschungsliteratur gegeben werden, um dann an diese Argumente anknüpfend die einzelnen Belege des 2. Makkabäerbuches zur Bedeutung des Tempels einer (Re‑)lecture zu unterziehen. Dabei kann gezeigt werden, dass „Stadt“ bzw. „Volk“ und „Tempel“ nur vordergründig eine Alternative bilden und dass der Tempel, trotz der Betonung des himmlischen Wohnens Gottes, dennoch ein wichtiges Symbol der Zuwendung Gottes zu seinem Volk darstellt, der zudem unter dessen ganz besonderem Schutz steht und als ein nationales Symbol fungieren kann.
1. Der Tempel im 2. Makkabäerbuch – ein Blick in die Forschungsgeschichte Wenn wir einmal einen Blick auf einige markante Beispiele der jüngeren Forschungsliteratur werfen, so begegnet ein relativ breites Spektrum von Ansätzen. So konnte Robert Doran in Anknüpfung älterer Arbeiten wie der von Elias Bickerman1 in seinem Werk „Temple Propaganda. The Purpose and Character of 2 Maccabees“ aus dem Jahre 1981 auf die zentrale Bedeutung des Tempelmotivs
1 S. hierzu E. Bickerman, Der Gott der Makkabäer. Untersuchungen über Sinn und Ursprung der Makkabäischen Erhebung, Berlin 1937, 32.
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für das 2. Makkabäerbuch verweisen.2 In diesem Sinne argumentiert auch Ulrike Mittmann, wenn sie in den „Supplementa zu den Jüdisch-Hellenistischen Schriften“ einen Entwurf zur Struktur des Buches vorlegt, der eindrücklich zeigt, dass der Jerusalemer Tempel die Mitte des gesamten 2. Makkabäerbuches bildet. Hier nämlich findet sich folgende Gliederung des Werkes: Zur Struktur des Buches (nach U. Mittmann-Richert)3 1,1–10a: 1. Brief an die ägyptische Diaspora 1,10b–2,18: 2. Brief an die ägyptische Diaspora 2,19–32: Vorwort des Verfassers 3,1–40: 4,1–6,17:
Die göttliche Bewahrung des Tempels vor Heliodor, der im Auftrag der heidnischen Macht die Hand gegen ihn ausstreckt Die erfolgreiche heidnische Inbesitznahme des Tempels als Strafe Gottes für den Abfall des Volkes vom Gesetz a) 4,1–22: Die Umwandlung Jerusalems in eine hellenistische Polis unter Iason b) 4,23–50: Die Freigabe des Tempelschatzes für heidnische Zugriffe unter Menelaos c) 5,1–6,17: Der zerstörerische Aufmarsch des Königs selbst: Schändung des Tempels und Religionsverbot Zeit der Wende 6,18–7,42: Der Tod der Märtyrer 8,1–36: Judas’ 1. Sieg über Nikanor 9,1–29: Der Tod Antiochos’ IV. 10,1–8: Die Tempelreinigung mit Laubhüttenfest
10,9–13,26: Der erfolglose Ansturm der Heiden gegen den gereinigten Tempel als Zentrum des gesetzestreuen Volkes a) 10,9–11,38: Die Bedrohung Jerusalems und des judäischen Kernlands b) 12,1–45: Die Kämpfe im nichtjüdischen Territorium und in den hellenistischen Städten c) 13,1–26: Der Aufmarsch des Königs selbst 14,1–15,36: Die göttliche Bewahrung des Tempels vor Nikanor, der im Auftrag der heidnischen Macht die Hand gegen ihn ausstreckt: Judas’ 2. Sieg über Nikanor Einsetzung des Nikanorfestes 15,37–39: Nachwort des Verfassers 2 S. R. Doran, Temple Propaganda. The Purpose and Character of 2 Maccabees (CBQ.MS 12), Washington 1981. 3 U. Mittmann-Richert, Einführung zu den historischen und legendarischen Erzählungen (JSHRZ VI Supplementa 1,1), Gütersloh 2000, 43.
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Wie die Verfasserin darlegt, bildet das „Zentrum der Erzählung […] die in 6,18– 10,8 geschilderte Zeit der Wende, die vier im Wechsel einander zugeordnete Etappen umfasst: den sühnewirkenden Tod der Märtyrer als Einleitung der Gnadenzeit (6,18–7,42), Judas’ Sieg über Nikanor als ihrem zeichenhaften Beginn (8), den Tod des Gottesfeindes Antiochus IV. als das negative Pendant zum Tod der Gerechten und als Zeichen der Gerichtswende (9) und schließlich, am Höhepunkt, die Wiedereinnahme und Reinigung des Tempels als Ausdruck des menschlichen und göttlichen Willens zur dauerhaften Versöhnung (10,1–8). Dieses innere Ziel der Erzählung nehmen die vorgeschalteten Briefe auf, die beide auf die liturgische Vergegenwärtigung der Tempelweihe drängen und die Kontinuität des Tempelkultes als das die Judenschaft weltweit zusammenschließende Band vor Augen stellen.“4 Des Weiteren betont die Autorin, dass „das Schicksal des Tempels als Spiegel des Verhältnisses zwischen Gott und seinem Volk“ das Hauptthema des Buches darstellt; da der Tempel wegen der Sünden des Volkes preisgegeben wird, sich Gott dessen aber schließlich wieder erbarmt, erscheint er als „Sinnbild seiner Allmacht und seines erzieherischen Führungswillens“, so dass letztlich von dem „auf Gottes Herrschaftsanspruch bezogene[n] Zeichencharakter des Tempels“ gesprochen werden kann.5 Andere Arbeiten sind weitaus zurückhaltender in ihrer Einschätzung zur Bedeutung des Tempels. So konnte bereits Diego Arenhoevel in seinem Werk zur Theokratie im 1. und 2. Makkabäerbuch (1967 erschienen) die These vertreten, dass nicht der Tempel, sondern vielmehr das Volk, dessen „Zeichen“ allerdings der Tempel ist, im Mittelpunkt des 2. Makkabäerbuches stehe. Da sich der Autor des 2. Makkabäerbuches nur in wenigen Versen in 2 Makk 10,3–8 über die Einweihung des Tempels äußert und zudem – im Gegenzug zum Siraziden – auch dem priesterlichen Ornat keine besondere Aufmerksamkeit schenkt, bewertet er dessen kultische Bedeutung eher gering.6 Der Tempel – so D. Arenhoevel – ist einerseits eine Schatzkammer und ein Repräsentationsbau7 und andererseits ein „Sinnbild“ und „Spiegelbild der Geschichte des Volkes“. In diesem Kontext spielt in der Argumentation 2 Makk 5,19 eine bedeutende Rolle, wo es heißt, dass „der Herr […] nicht wegen der Stätte das Volk, sondern wegen des Volkes die Stätte ausgewählt hatte“ und diese deshalb „so wie sie jetzt an den Unglücksfällen des Stammes teilhatte, später an den Wohltaten teil(hatte)“. Diesem Beleg sei, so D. Arenhoevel, eindeutig die Vorordnung des Volkes gegenüber dem Tempel zu entnehmen.8
U. Mittmann-Richert, Erzählungen, 41 f. U. Mittmann-Richert, Erzählungen, 52–54. 6 Vgl. D. Arenhoevel, Die Theokratie nach dem 1. und 2. Makkabäerbuch (WSAMA.T 3), Mainz 1967, 118–120. 7 Vgl. D. Arenhoevel, Theokratie, 120 f. 8 D. Arenhoevel, Theokratie, 121 f. Zu diesem Beleg s. auch u. 5 f. 4 5
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Ein prominenter Vertreter, der die herausragende Bedeutung des Tempels in Frage stellen möchte, ist auch Daniel Schwartz. Für ihn lautet die Alternative aber nicht „Tempel“ oder „Volk“, sondern er betont vielmehr, dass die für das 2. Makkabäerbuch bestimmende Struktur durch die Geschichte und den Status von Jerusalem diktiert wird. Denn für ihn stellt die Tatsache, dass die Erzählung nach den Briefen und dem Vorwort mit dem Satz „Als die heilige Stadt in völligem Frieden bewohnt wurde“ (2 Makk 3,1; zitiert nach LXX.D) beginnt und mit dem Satz „[V]on jenen Zeiten an [wurde] die Stadt von den Hebräern beherrscht“ (2 Makk 15,37; zitiert nach LXX.D) endet, einen bedeutenden Faktor dar. Damit bildet „Jerusalem“ den Rahmen, der die gesamte Handlung des Buches umspannt, und so kommt Daniel Schwartz zu dem Schluss, dass Jerusalem als jüdische Polis im Zentrum des Werkes stehe und dass Wohl und Wehe des Tempels (im Englischen: „the Temple’s problems and prosperity“) nur die Situation der Stadt widerspiegele.9 Als zentralen Beleg für die begrenzte Relevanz des Tempels führt der Autor 2 Makk 5,19 an, wo es heißt, dass Gott nicht das Volk um des Tempels willen, sondern vielmehr den Tempel um des Volkes willen erwählt habe.10 Diese Fokussierung auf die Stadt anstelle auf den Tempel habe – so D. Schwartz – einen doppelten Grund. Zum einen bevorzugten die Juden der Diaspora den Gedanken, dass Gott im Himmel wohne, da er so für alle gleichermaßen zugänglich sei; zum anderen entspreche ein solches Konzept der hellenistischen Tendenz, die Möglichkeit, dass etwas Geistiges in etwas Physischem enthalten sein könne, zu relativieren.11 Das für das 2. Makkabäerbuch bestimmende Konzept sei somit die Vorstellung, wonach Gott im Himmel wohne. Dieser Gott des Himmels ist – so eine der Grundüberzeugungen der religiösen Vorstellungswelt des antiken Judentums – ortsunabhängig und somit überall. Wenn der hellenistisch-jüdische Schriftsteller auch beschreiben kann, „wie schrecklich es ist, Jerusalem und den Tempel anzugreifen“, so hält er sich doch im Hinblick darauf mit Aussagen zur Bedeutung des Tempels bzw. Jerusalems insofern zurück, „um ihnen keinerlei Monopol auf Gott oder die Heiligkeit zuzuschreiben.“12 Der Abschnitt mit der Einweihung des Tempels in 2 Makk 9 Vgl. D. R. Schwartz, Temple or City. What did Hellenistic Jews See in Jerusalem?, in: M. Poorthius / C. Safrai (Hg.), The Centrality of Jerusalem. Historical Perspectives, Kampen 1996, 114–127, hier 122. 10 „[…] and the author even takes the trouble to emphasize, at 5:19, that God did not choose the nation because of the Temple; rather, He chose the Temple because of the nation. Correspondingly, Judah Maccabaeus is characterized in this book as he who was always first to fight on behalf of the citizens (protagônistês hyper tôn politôn – 15:30) just as the martyr Razis, for example, is characterized as philopolitês (14:37).“ (D. R. Schwartz, Temple, 122 f.) 11 „The negative factors are the existential situation of Diasporan Jews who would rather God live in the heavens, hence be everywhere accessible equally, and not in a building somewhere else; and the Hellenistic tendency to undercut the possibility that something spiritual could be contained in something physical“ (D. R. Schwartz, Temple, 123). 12 Zum Himmel s. D. R. Schwartz, „Wo wohnt Gott?“. Die Juden und ihr Gott zwischen Judenstaat, Diaspora und Himmel, in: S. J. Lederhilger (Hg.), Gottesstaat oder Staat ohne Gott.
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10,1–8, den man ja durchaus als einen Beleg für dessen zentrale Bedeutung sehen kann, stellt nach Daniel Schwartz einen sekundären Einschub dar, der wohl mit dem ersten Brief von Jerusalemer Juden zu dem Gesamtwerk ergänzt worden ist.13 Wie Robert Doran und Ulrike Mittmann möchte auch József Zsengellér annehmen, dass der Tempel ein bedeutendes Thema des 2. Makkabäerbuches darstellt. Sein Ansatz ist allerdings traditionsgeschichtlicher Art und so kommt er letztlich auch zu einer differenzierteren Lösung als die bisher genannten Autoren. In seinem Aufsatz „Maccabees and Temple Propaganda“, der auf einen Vortrag im Rahmen einer Konferenz zu den Makkabäern im ungarischen Pápa im Jahre 2005 zurückgeht und im Jahre 2007 veröffentlicht wurde, unterscheidet er nach einer knappen Auflistung der einschlägigen Belege für den Tempel im 2. Makkabäerbuch14 die verschiedenen Belege hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausrichtung und ihrer traditionsgeschichtlichen Einbindung. So deutet er die Wendung „ναὸν τῆς σῆς σκηνώσεως“ in 2 Makk 14,35 sowie die Rede vom „heiligen Haus des Allerhöchsten“ in 2 Makk 15,32 als Belege für die „classical form of Zion theology“, die den Tempel als irdische Wohnung Gottes beschreiben kann.15 Eine ganz entscheidende Rolle in der Konzeptionalisierung des Tempels bildet nach J. Zsengellér 2 Makk 5,17–20, wo von der Erwählung des Volkes bzw. des Tempels die Rede ist.16 In dieser Passage heißt es im Anschluss an die Schilderung des Übergriffs am Tempel durch Antiochus: „17Und es erhob sich in seinem Sinn Antiochus, da er nicht erkannte, dass wegen der Verfehlungen derer, die die Stadt bewohnten, der Herr kurz zürnte und deshalb eine Nichtachtung der heiligen Stätte eintrat. 18Wenn sie sich aber nicht zuvor in viele Verfehlungen verstrickt hätten, so wäre wie der von Seleukos, dem König, zur Musterung der Schatzkammer entsandte Heliodoros (auch) dieser Verleitete sofort gezüchtigt und wegen seiner Verwegenheit zu Fall gebracht worden. 19Aber der Herr hatte nicht wegen der Stätte das Volk, sondern wegen des Volkes die Stätte ausgewählt. 20Deshalb nahm auch die Stätte, so wie sie jetzt an den Unglücksfällen des Stammes teilhatte, später an den Wohltaten teil. Und der im Zorn des Allherrschers verlassene Platz wurde in der Versöhnung des großen Herrn mit allem Ruhm wieder aufgerichtet“ (2 Makk 5,17–20).
Politische Theologie in Judentum, Christentum und Islam (Linzer philosophisch-theologische Beiträge 8), Frankfurt am Main 2002, 58–73, hier 63. 13 Vgl. D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin 2008, 8–10. 14 Im Makkabäerbuch erscheinen die Begrifflichkeiten τὸ ἱερόν (1,18; 2,9.19.22; 3,2.4.12.30; 4,14.32; 5,15.21; 11,3; 13,10; 14,13.31; 15,17), ὁ ναὸς (6,2; 8,2; 9,16; 10,3.5; 13,23; 14,35; 15,18.33), ὁ οἶκος (14,36; 15,32) und ὁ τόπος (1,29; 2,18; 3,2.18; 8,17; 15,34) differenziert. 15 Vgl. J. Zsengellér, Maccabees and Temple Propaganda, in: G. G. Xeravits / ders. (Hg.), The Books of the Maccabees. History, Theology, Ideology. Papers of the Second International Conference on the Deuterocanonical Books, Papa, Hungary, 9–11 June, 2005 (JSJ.S 118), Leiden 2007, 181–195, hier 185. 16 Zu diesem Vers s. oben in der Zusammenfassung der Argumentation von D. Arenhoevel.
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Während V. 17 und V. 20b nach József Zsengellér zeigen, dass der Autor hier das deuteronomistische Denkmuster von Sünde und Strafe aufgreift, enthält der Abschnitt mit der Rede von der Erwählung des Volkes andererseits auch das Proprium der Konzeptualisierung des Jerusalemer Tempels im 2. Makkabäerbuch, in dem dessen Autor eine Weiterführung traditioneller Tempelkonzepte darstellt. So kann J. Zsengellér ausführen: „The author goes further in his theological thinking and declares something even more important but never written before. In vv. 19–20a he proclaims that the place is not so important, the election of the people is more significant. The place was chosen for the sake of the people and not the other way around.“17
Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch die Position des Autors in 2 Makk 6,12–17, wonach die Züchtigungen des Volkes nicht der Vernichtung, sondern der Erziehung dienen. „Without Cult and temple the religious activity and faithfulness to God and his Law is still possible. The martyr stories, the celebration of the festivals in the caves (6:11), and the circumcisions in defiance of the proscriptions all present religious life without the temple.“18
So wird deutlich, dass der Autor des 2. Makkabäerbuches also eine differenzierte Haltung gegenüber dem Tempel einnimmt, da dieser zum einen Ort der göttlichen Einwohnung ist, seine Bedeutung aber zum anderen dadurch relativiert wird, dass letztendlich nicht der Tempel, sondern das Volk Objekt der göttlichen Erwählung ist.
2. Der Tempel als Ort der göttlichen Einwohnung und Reinheit, des göttlichen Schutzes und als nationales Symbol Vor diesem Hintergrund ist nun die Frage nach der Bedeutung des Tempels im Kontext des 2. Makkabäerbuches noch einmal zu thematisieren. Hier an dieser Stelle ist zunächst der Hinweis J. Zsengellérs aufzunehmen, wonach der Tempel als ναὸς τῆς σῆς σκηνώσεως (2 Makk 14,35) bezeichnet wird. Dieser Begriff, der vielleicht den Ursprung des späteren Terminus „Schekhina“ darstellt,19 scheint 17 J. Zsengellér,
Maccabees, 185. J. Zsengellér, Maccabees, 185. 19 Vgl. hierzu B. Janowski, Die Einwohnung Gottes in Israel. Eine religions‑ und theologiegeschichtliche Skizze zur biblischen Schekina-Theologie, in: ders. (Hg.), Das Geheimnis der Gegenwart Gottes. Zur Schechina-Vorstellung in Judentum und Christentum (WUNT 318), Tübingen 2014. Vgl. ebd. auch die Hinweise auf J. Sievers, „Wo zwei oder drei …“ Der rabbinische Begriff der Schechina und Matthäus 18,20, Das Prisma. Beiträge zu Pastoral, Katechese & Theologie 17 (2005) 18–29, hier 19, sowie A. Goldberg, Untersuchungen über die Vorstellung von der Schekhinah in der frühen rabbinischen Literatur. Talmud und Midrasch, SJ 5 (1969) 439–443. 18
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auf das priesterschriftliche Konzept einer göttlichen Einwohnung im Heiligtum anzuspielen (s. Ex 25,8; 29,45). Wie der oben zitierte Beleg in 2 Makk 14,35 und sein Kontext eindeutig belegt, ist mit dem Konzept des Tempels als dem Ort der göttlichen Einwohnung auch die Vorstellung seiner Heiligkeit und seiner Reinheit verbunden. Beide Motive spielen ebenso an anderer Stelle im 2. Makkabäerbuch eine Rolle. So ist im Hinblick auf die Heiligkeit des Tempels ganz generell auf die Begrifflichkeit des Heiligtums (griech. ἱερός) zu verweisen (2 Makk 1,18; 2,9.19.22; 3,2.4.12.30; 4,42; 5,15.21; 11,3; 13,10; 14,13.31.33; 15,17 u. ö.). Von Bedeutung ist aber das Konzept der Reinheit, das im 2. Makkabäerbuch besonders herausgestellt wird. Dementsprechend ist in der Erzählung von der Wiedereinnahme des Tempels in 2 Makk 10,1–8 nicht nur von der Errichtung eines neuen Brandopferaltars die Rede, der es den Makkabäern erlaubt, wieder Opfer im Tempel darzubringen (2 Makk 10,3), sondern es wird hier auch mehrmals die Tatsache genannt, dass der Tempel eine Reinigung erfahren habe (2 Makk 10,3.5.7). Mit der Reinheit des Tempels findet die Rezeption eines Motivs statt, wie es vor allem in der priesterlichen und – im Anschluss daran – in der chronistischen Geschichtsschreibung bedeutsam ist. Bereits die einschlägigen Texte aus der priesterlichen Gesetzgebung zeigen, dass Kulthandlungen an einem reinen Ort durchgeführt werden müssen (s. Lev 4,12; 6,4 und Num 19,9 u. ö.). Vor diesem Hintergrund sind dann auch die chronistischen Erzählungen der Reform Hiskias (2 Chr 29) bzw. der Reform Josias (2 Chr 34) zu verstehen. So reinigen die Priester nach 2 Chr 29,15–19 das Innere des Tempels, indem sie das Unreine hinausschaffen. Nach 2 Chr 34,3 wiederum reinigt Josia Juda und Jerusalem von Kulthöhen, Ascheren und Götzenbildern. Die entsprechenden Vorlagen in den Königsbüchern dagegen, die insgesamt auch viel kürzer gestaltet sind, kennen diese Begrifflichkeit im Kontext der geschilderten Reformmaßnahmen nicht, so dass eine Entwicklung der tempeltheologischen Vorstellungen hin zu dem Konzept der Reinheit ganz offensichtlich wird. Entsprechende Vorstellungen haben sich auch in Neh 13,9 niedergeschlagen, wenn hier berichtet wird, dass Nehemia die Zellen im Tempelvorhof reinigte und auch die Kultgeräte dorthin brachte.20 Dass dem Tempel als solchem eine besondere Bedeutung zukommt, legen aber darüber hinaus auch noch weitere Belege nahe, die in der bisherigen Forschung ebenfalls eher am Rande des Interesses standen. Instruktiv in diesem Zusammenhang ist zunächst 2 Makk 3,38 f., wo es heißt: „38Wenn du einen weißt, der dir feindlich ist oder deiner Herrschaft auflauert, schicke ihn dorthin und du wirst ihn gezüchtigt empfangen, wenn er überhaupt heil davonkommt – 20 Zum Ganzen s. H. Ringgren, Art. ָט ַהרṭāhar, ThWAT 3 (1982) 306–315; F. Maass, Art. טהר ṭhr, ThHAT4 1 (1984) 646–652. Unter den zahlreichen Belegen ist hier darauf zu verweisen, dass sowohl nach 1 Chr 23,28 als auch nach Neh 12,45 die Aufgabe der Leviten darin bestand, die Reinheit des Tempels zu pflegen.
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deshalb, weil um die Stätte wirklich eine Kraft Gottes ist (διὰ τὸ περὶ τὸν τόπον ἀληθῶς εἶναί τινα θεοῦ δύναμιν). 39Denn er selbst, der den Wohnsitz im Himmel hat, ist der Aufseher und Helfer jener Stätte (αὐτὸς γὰρ ὁ τὴν κατοικίαν ἐπουράνιον ἔχων ἐπόπτης ἐστὶν καὶ βοηθὸς ἐκείνον τοῦ τόπου) und er richtet durch Schläge zugrunde, die in böser Absicht dorthin kommen.“
Dieser Beleg zeigt deutlich, dass die Vorstellung der himmlischen Wohnung Gottes nicht gegen die Tatsache ausgespielt werden darf, dass auch der irdische Tempel als solcher bedeutsam ist. Gerade in diesem Beleg erscheint er als eine Art Kraftort, der seine numinose Aura aus der Tatsache bezieht, dass er unter einem ganz besonderen göttlichen Schutz steht. Weitere Belege unterstützen diese Motivik, die an die Zionstheologie der Assyrerzeit erinnert. Wie Friedhelm Hartenstein jüngst in einer bedeutenden Publikation gezeigt hat, verbindet sich vermutlich in assyrischer Zeit die Jerusalemer Kulttheologie durch den Kulturkontakt mit der assyrischen Herrschaftsideologie mit dem Motiv des Völkerkampfes. Ein eindrückliches Beispiel für diese Konzeption ist Psalm 48: Völker, insbesondere deren Repräsentanten, ihre Könige, stürmen gegen die Stadt an. Beim Anblick der Gottesstadt und ihrer Befestigungen aber verfallen sie in eine Art Schrecken, der sie in die Flucht schlägt. Dadurch wird auf jeden Fall verdeutlicht, dass der Zion mit dem Tempel und somit die ganze Stadt unter dem ganz besonderen Schutz des Zionsgottes steht.21 Einen Nachhall auf solche Vorstellungen findet sich in der Erzählung von der Vorbereitung auf die militärische Auseinandersetzung mit Nikanor in 2 Makk 8,12–21. Gott kann – so schärft es Judas seinen Männern ein – die Angreifer mit nur einem einzigen Wink vernichten (2 Makk 8,18). Es ist sicherlich kein Zufall, dass der Autor des 2. Makkabäerbuches hier explizit auf die Tradition von der Belagerung Sanheribs zurückgreift. Als nämlich Judas seine Leute um sich versammelt hat, da erinnert er sie bei seiner Ermahnung zum mutigen Kampf „an die Hilfeleistungen zur Zeit ihrer Vorfahren und an die hundertfünfundachtzigtausend Mann des Sanherib, die vernichtet wurden“ (2 Makk 8,19). Diese Vorstellung vom Schutz des Tempels findet nun im 2. Makkabäerbuch insofern eine besondere Ausgestaltung, da es mit dem Motiv der Spiegelstrafe verbunden wird. Wenn man versuchte das Motiv der Spiegelstrafe näher zu beschreiben, stellt sich zuallererst heraus, dass es als eine besondere Form des Tun-Ergehens-Zusammenhangs verstanden werden kann. Postuliert der Tun-Ergehens-Zusammenhang zunächst ganz allgemein, dass das Tun des Menschen – 21 Unter den zahlreichen Publikationen zur Zionstheologie seien hier nur zwei neuere Arbeiten genannt: F. Hartenstein, „Wehe, ein Tosen vieler Völker …“ (Jesaja 17,12). Beobachtungen zur Entstehung der Zionstradition vor dem Hintergrund des judäisch-assyrischen Kulturkontakts, in: ders., Das Archiv des verborgenen Gottes (BTS 74), Neukirchen-Vluyn 2011, 127–174; B. Janowski, Die heilige Wohnung des Höchsten. Kosmologische Implikationen der Jerusalemer Tempeltheologie, in: O. Keel / E. Zenger (Hg.), Gottesstadt und Gottesgarten. Zu Geschichte und Theologie des Jerusalemer Tempels (QD 191), Freiburg 2002, 24–68; beide mit Hinweisen auf die ältere Forschungsliteratur.
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sei es kollektiv oder individuell – mit seinem Ergehen in einem kausalen Zusammenhang steht, so spezifiziert das „Spiegelprinzip“ die Relation dahingehend, dass Tun und Vergeltung in einer engeren Verknüpfung gedacht sind. Die Strafe, die ein Mensch bekommt, kann inhaltlich seinem Vergehen entsprechen; der Bezug zwischen Strafe und Vergehen kann aber auch etwas „lockerer“ oder „assoziativer“ gestaltet werden, wenn z. B. der Ort des Vergehens und der Ort der Bestrafung in einem Entsprechungsverhältnis zueinander stehen. Häufig weisen die Beispiele dabei einen direkten Bezug zum Tempel auf. Dieser Zusammenhang zeigt sich beim Schicksal des Nikanor, welches in 2 Makk 15,32–33 beschrieben wird. Nachdem dieser in einer Schlacht getötet worden ist, werden sein Haupt und sein Arm mit seiner Hand nach Jerusalem gebracht und dort öffentlich zur Schau gestellt. Der Erzähler kommentiert dies mit folgenden Worten: „Und er zeigte den Kopf des besudelten Nikanor vor und die Hand des Lästerers, die er gegen das heilige Haus des Allmächtigen ausgestreckt und sich großgetan hatte“ (zitiert nach LXX.D). Wenn zudem noch die Zunge Nikanors zerstückelt wird, so steht dies mit großer Wahrscheinlichkeit in direkter Beziehung zu dessen lästerlichen Reden, von denen wir zuvor in 2 Makk 14,33 gehört haben. Weitere Beispiele können angeführt werden: Menelaos wiederum, der vom Erzähler des 2. Makkabäerbuches als Urheber aller Unruhe entlarvt wird, wird auf Anordnung des Königs nach Beroia geschafft, um dort getötet zu werden. Er wird von einem 50 m hohen mit Asche gefülltem Turm gestürzt, so dass als Fazit festzuhalten ist, dass derjenige, der Sünden gegen den Altar verübt hatte, wo das Feuer und die Asche rein sind […] (auch) in Asche den Tod [erlangte]“ (2 Makk 13,6–8; zitiert nach LXX.D). Der Tempelräuber Lysimachos wiederum wird in der Nähe der Schatzkammer des Tempels getötet (4,42) und schließlich werden auch diejenigen, die einst die heiligen Tore in Brand gesteckt hatten (vgl. 1,8), nach dem Sieg des Timotheus und des Bakchides verbrannt, so dass sie „den verdienten Lohn ihrer Gottlosigkeit“ erhielten (8,33).22 22 Bei den anderen Beispielen ist der Bezug zum Tempel bzw. der Institution des Tempels indirekt durch den Erzählkontext gegeben. 1) Jason, der „den eigenen Bruder betrogen hatte“, wird selbst auch „von einem anderen betrogen und so als Flüchtling in das ammanitische Land vertrieben“ (2 Makk 4,26; zitiert nach LXX.D). Schließlich aber ist er gezwungen dieses Gebiet zu verlassen und kommt dadurch nach Ägypten. Der Erzähler kann diese Vorgänge mit folgenden Worten kommentieren: „Er, der viele aus der Heimat in die Fremde vertrieben hatte, ging selbst in der Fremde zugrunde, als er zu Schiff zu den Lakedaimoniern unterwegs war, um dort aufgrund der Verwandtschaft Schutz zu erlangen. Und er, der eine Vielzahl unbeerdigt hingestreckt hatte, blieb selbst unbetrauert und bekam weder irgendeine Trauerfeier noch ein Grab nach Vätersitte“ (2 Makk 5,9 f.). 2) Andronikus, der sich zwar nicht am Tempel direkt vergangen hat, aber an der Institution desselben, da er den rechtmäßigen Hohenpriester Onias ermordet hat (2 Makk 4,30–38), wird zur Vollstreckung seines Todesurteils genau an die Stelle geführt, wo er einst den rechtmäßigen Hohenpriester Onias getötet hatte, und der Erzähler kommentiert: „[S]o gab der Herr ihm die verdiente Strafe“ (2 Makk 4,38; zitiert nach LXX.D). 3) Wenn wir uns schließlich der Figur des Antiochus zuwenden, so wird er für seine Vergehen dadurch bestraft, dass Gott ihn deshalb mit unerträglichen Schmerzen in den Eingeweiden und heftigen inneren Qualen heimsuchte, weil auch er die Eingeweide anderer mit vielen und
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Andere Belege verdeutlichen, dass der Autor des 2. Makkabäerbuches noch weitere Vorstellungen mit dem Tempel verbindet. Bereits 2 Makk 2,22 kann von dem „auf dem ganzen Erdkreis berühmten Tempel“ sprechen, und in 2 Makk 3,2 f. können wir lesen: „2[So] kam es vor, dass sogar die Könige selbst die Stätte ehrten und den Tempel mit den wertvollsten Zuwendungen auszeichneten, 3sodass auch Seleukos, der König von Asien, aus seinen eigenen Einkünften alle für den Opferdienst entstehenden Aufwendungen aufbrachte“ (zitiert nach LXX.D).
Bei der Beschreibung der Tempelplünderung durch Antiochus in 2 Makk 5,15– 16 heißt es des Weiteren: „15Hiermit (gemeint ist ein Gemetzel in der Stadt mit 80 000 Opfern) noch nicht zufrieden, wagte er es, den heiligsten Tempel der ganzen Erde zu betreten, wobei er den Menelaos als Führer hatte, der zum Verräter an den Gesetzen und an der Heimat geworden war. 16Und mit seinen besudelten Händen nahm er die heiligen Geräte an sich und was von anderen Königen zur Erhöhung und zum Ruhm des Platzes und zu seiner Ehre aufgestellt worden war, zerrte er mit seinen unreinen Händen herum“ (zitiert nach LXX.D).
Mit der Erwähnung, dass Könige dem Tempel Gaben dargebracht haben, wird hier ganz deutlich auf das Motiv der Völkerwallfahrt angespielt, wie es insbesondere für Jes 60,2 ganz typisch ist, wo davon gesprochen wird, dass Völker und Könige zum Licht und Glanz Jerusalems hinziehen. Wenn nach der Darstellung des 2. Makkabäerbuches schließlich der frevlerische Antiochus kurz vor seinem grausigen Ende gelobt, dass er „den er vorher beraubt hatte, den heiligen Tempel, mit den schönsten Weihegeschenken schmücken und alle heiligen Geräte vielfältig zurückgeben werde, die aber für die Opfer anfallenden Jahrgelder aus den eigenen Einkünften aufbringen wolle“ (2 Makk 9,16; zitiert nach LXX.D), so wird dieses Motiv auch an dieser für die gesamte Erzählung so zentralen Passage ebenfalls nochmals eingespielt. Antiochus, bislang Inbegriff des Frevlers und des Widergöttlichen, zeigt somit kurz vor seinem Tod eine dem Tempel und seiner Größe angemessene Haltung. So sind im 2. Makkabäerbuch auch Elemente jener „Globalisierung“ der Zionstheologie zu finden, wie sie sich wohl in der Perserzeit unter dem Einfluss der achämenidischen Königsideologie herausgebildet haben.23 In jedem Falle machen diese Belege deutlich, dass der abartigen Qualen hatte foltern lassen“ (2 Makk 9,6; zitiert nach LXX.D); schließlich endet sein Leben „wobei er das Schlimmste (von dem) erlitt, was er gegenüber anderen verfügt hatte“ (9,28; zitiert nach LXX.D). Zum Motiv der Spiegelstrafe s. B. Ego, God’s Justice. The “Measure for Measure” Principle in 2 Maccabees, in: G. G. Xeravits / J. Zsengellér (Hg.), The Books of the Maccabees. History, Theology, Ideology. Papers of the Second International Conference on the Deuterocanonical Books, Papa, Hungary, 9–11 June, 2005 (JSJ.S 118), Leiden 2007, 141–154. 23 Zu diesem Aspekt s. B. Ego, Vom Völkerchaos zum Völkerkosmos. Zu einem Aspekt der Jerusalemer Kultkonzeption, in: A. Grund u. a. (Hg.), Ich will dir danken unter den Völkern. Studien zur israelitischen und altorientalischen Gebetsliteratur, Gütersloh 2013, 123–141. Interessant, und für weitere Studien zu bedenken, ist zudem der Hinweis bei D. Arenhoevel,
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Tempel eine Art Macht‑ oder Statussymbol darstellt, das geradezu universale Bedeutung besitzt. Durch die Superlative und die Ehrerbietung, die diesem Bauwerk durch die fremden Könige entgegengebracht werden, kommt letztlich nicht nur die kultische Dimension des Heiligtums, sondern auch die nationale Bedeutung Israels in bildlicher Sprache zum Ausdruck.24
3. Gottes Erwählung des Volkes und sein himmlisches Thronen – Alternativen zur Bedeutung des Tempels? In der Forschungsliteratur wurden zwei wesentliche Argumente gegen die Bedeutung des Tempels hervorgebracht. Diese sollen im Folgenden etwas breiter dargestellt werden: a) Zunächst spielte die Aussage in 2 Makk 5,19, wonach das Volk nicht um des Tempel willens, sondern vielmehr umgekehrt, der Tempel um des Volkes willen erwählt wurde, in der Forschung eine wichtige Rolle, wenn es darum ging, auf die nachgeordnete Rolle des Tempels in der Konzeption des 2. Makkabäerbuches zu verweisen. Möchte man die traditionsgeschichtliche Zuordnung des gesamten Passus näher beschreiben, so ist in Aufnahme der Ausführungen J. Zsengellérs zu 2 Makk 5,17–20 in der Tat zu bemerken, dass die Vorstellung, wonach der Tempel wegen der Sünden des Volkes zerstört worden sei, ein Konzept darstellt, das für die dtn-dtr Theologie von zentraler Bedeutung ist. Wenn aber in diesen Versen von der göttlichen Doxa und dem Entfernen Gottes von seinem Ort gesprochen wird, dann klingt hier auch die Ezechielsche Vorstellung an, wonach der Kabod JHWH sich wegen der Sünden des Volkes vom Tempelplatz zurückgezogen habe (Ez 11,23) und es kann vermutet werden, dass sich hinter der Rede „mit allem Ruhm wieder aufgerichtet“ (μετὰ πάσης δόξης ἐπανωρθώθη) (2 Makk 5,20) schließlich eine Anspielung auf die Vorstellung der Rückkehr des Kabod auf den Tempelberg (s. Ez 43,1–9) verbirgt.25 Der Gedanke wiederum, dass das Volk nicht um des Tempels willen erwählt wurde, sondern dass vielmehr die Bindung JHWHs an das Volk im Vordergrund stehe, scheint Vorstellungen aus der priesterschriftlichen Heiligtumskonzeption weiterzuführen. Wie bereits Theokratie, 121, wonach der Tempel als Schatzhaus ganz nach griechischem Vorbild gestaltet ist: „Der Verfasser sieht den Tempel von Jerusalem, wie die Griechen sich ihre Heiligtümer vorstellten: als einen Raum, der einem Gott gehört, an dem man sein Geld sicher aufbewahrt und reiche Weihegeschenke aufstellt.“ 24 Zu diesem Aspekt ganz knapp s. D. Arenhoevel, Theokratie, 120. D. Arenhoevel verweist hier noch auf die Funktion des Tempels als eines Schatzhaus sowie auf die Beeinflussung dieser Konzeption durch die griechischen Heiligtümer. 25 Vgl. W. Zimmerli, Ezechiel Bd. 1 (BK 13/1), Neukirchen-Vluyn 19792, 215–224; ders., Ezechiel Bd. 2 (BK 13/2), Neukirchen-Vluyn 19792, 1077–1084; M. Konkel, Architektonik des Heiligen. Studien zur 2. Tempelvision Ezechiels (Ez 40–48) (BBB 129), Berlin/Wien 2001, 71–82.
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Bernd Janowski in seinem erstmals 1987 im Jahrbuch für Biblische Theologie erschienenen Aufsatz mit dem Titel „,Ich will in eurer Mitte wohnen‘. Struktur und Genese der exilischen Schekina-Theologie“ festgestellt hat, betonte gerade die Priesterschrift in der Auseinandersetzung mit der Katastrophe der Tempelzerstörung des Jahres 587 vielmehr die „Selbstbindung Jahwes an sein Volk Israel“. Diese kommt in der Rede vom „Wohnen [Gottes] inmitten seines Volkes“26 zum Ausdruck. Seit der Exilszeit, so Bernd Janowski, „kommt es somit verstärkt zu einer Übertragung des in vorexilischer Zeit dem Gottesberg Zion und seinem Tempel zugesagten Heils auf das Volk Israel; anders ausgedrückt: Die SchekinaTheologie erhält jetzt eine nationale, auf die Restitution Israels als Gottesvolk bezogene, geradezu ekklesiologische Komponente.“27 2 Makk 5,17–20 bildet auf diese Weise eine Art Mischprodukt, das ganz unterschiedliche Konzepte der exilisch-nachexilischen Theologie zusammenstellt. Gerade vor diesem traditionsgeschichtlichen Hintergrund ist es fraglich, ob es wirklich sachgemäß ist, die Bedeutung des Volkes gegenüber der Bedeutung des Tempels auszuspielen. Die Frage ist nicht, was von größerer Signifikanz ist, Volk oder Tempel; beide sind unabdingbar aneinander gebunden. Der Tempel ist das Medium der Zuwendung Gottes zu seinem Volk, über das er seine Gegenwart als Ausdruck seiner Erwählung diesem zukommen lassen kann.28 b) Im Hinblick auf eine Relativierung der Bedeutung des Tempels ist an dieser Stelle des Weiteren auf das Motiv von Gottes himmlischem Thronen zu verweisen. Bereits D. Schwartz hat in diesem Zusammenhang auf zwei bedeutende Belege hingewiesen, die eindeutig zeigen, dass der Autor des 2. Makkabäerbuches vom Himmel als dem Wohnort der Gottheit ausgeht. So legt Heliodor nach seiner Rettung Zeugnis von „den Werken des allerhöchsten Gottes ab“ und zieht das Fazit: „Denn er selbst, der den Wohnsitz im Himmel hat, ist der Aufseher und Helfer jener Stätte und er richtet durch Schläge zugrunde, die in böser Absicht dorthin kommen“ (2 Makk 3,39 f.; zitiert nach LXX.D); ebenso ist auf das Gebet der Priester zu verweisen, mit welchem diese sich zum Himmel wenden, als der syrische General Nikanor in 2 Makk 14,33–36 droht, den Tempel wieder zu entweihen und in ein Heiligtum des Dionysos zu verwandeln. Hier in diesem Kontext sprechen die Priester nämlich die folgenden Worte:
26 B. Janowski, „Ich will in eurer Mitte wohnen“. Struktur und Genese der exilischen Schekina-Theologie, in: ders., Gottes Gegenwart in Israel. Beiträge zur Theologie des Alten Testaments, Neukirchen-Vluyn 1993, 119–147, hier 141. 27 B. Janowski, Schekina-Theologie, 144. 28 Vgl. hierzu auch S. von Dobbeler, Die Bücher 1/2 Makkabäer (NSK 11), Stuttgart 1997, 154 f.: „Volk und Tempel gehören zusammen, der Tempel hat keine Bedeutung an sich, sondern nur in seiner Bezogenheit auf Gott und sein Volk. Nur als (von Gott) geschaffene Möglichkeit der Begegnung zwischen Gott und Mensch gewinnt er seine Bedeutung als Zentrum jüdischer Frömmigkeit.“
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„35Du, Herr, der du völlig bedürfnislos bist, hast es für gut befunden, dass ein Tempel deines Zeltens unter uns entstand. 36Und nun, aller Heiligung heiliger Herr, bewahre dies, das erst jüngst gereinigte Haus, auf ewig unbefleckt“ (zitiert nach LXX.D).
Weitere Belege können dies ergänzen. An erster Stelle sei hier noch das Gebet der 6000 Männer des Judas in 2 Makk 8,2–4 genannt, die Gott darum bitten, „(er solle doch) zu (seinem) von allen geplagten Volk heruntersehen, auch mit dem von den gottlosen Menschen entweihten Tempel Mitleid haben“ (zitiert nach LXX.D). Wie bereits an anderer Stelle deutlich gezeigt werden konnte, ist das Motiv des Schauens integraler Bestandteil der nachexilischen Zionstheologie und der Konzeption des himmlischen Wohnen Gottes. Dem Motiv des göttlichen Schauens, das seinerseits in der Jerusalemer Kulttheologie beheimatet ist, kommt in diesem Kontext die Aufgabe zu, zwischen Himmel und Erde zu vermitteln und einen klaren Kontrapunkt zu der möglichen Annahme der Ferne Gottes zu setzen.29 Aber auch das Motiv der himmlischen Heerscharen, die vom Himmel auf die Erde herabfahren, um dann auch tatsächlich dem bedrückten Volk zu Hilfe zu kommen, sollte im Kontext der Vorstellung, dass Gott im Himmel wohnt, erwähnt werden. So nennt 2 Makk 2,19–22 die „Reinigung des Tempels des Größten und der Einweihung des Altars“ (zitiert nach LXX.D) sowie die Kriege gegen Antiochus Epiphanes, die von himmlischen Erscheinungen unterstützt wurden und die Rückeroberung des Landes zum Ziel hatten, als zentrale Themen des Buches. Dementsprechend wird in 2 Makk 10,29 erzählt, dass bei der Schlacht des Judas gegen Timotheus auf dem Höhepunkt der Schlacht den Feinden „aus dem Himmel fünf von Glanz strahlende Männer auf goldgezäumten Pferden“ erscheinen „und führten die Juden an“ (zitiert nach LXX.D), und so den Sieg über die Feinde einleiten. Dieser Gedanke, wonach Gott im Himmel thront, wurde in der Jerusalemer Kulttheologie vor allem in der Auseinandersetzung mit der Zerstörung des Salomonischen Tempels betont, da es diese Vorstellung gleichsam ermöglichte, an der Macht und Unversehrtheit JHWHs festzuhalten, auch wenn dessen Heiligtum in Trümmern lag. Für das 2. Makkabäerbuch kann als Fazit festgehalten werden, dass die Vorstellung, wonach Gott selbst im Himmel wohnt, nicht der Bedeutung des Tempels widerspricht, sondern gleichsam funktional mit dieser verbunden wird: Der Gott des Himmels erhört die Gebete der Seinen und entsendet seine himmlischen Heerscharen auf die Erde, um seinem Tempel umfassenden Schutz zukommen zu lassen.
29 S. hierzu B. Ego, „Der Herr blickt herab von der Höhe seines Heiligtums“. Zur Vorstellung von Gottes himmlischem Thronen in exilisch-nachexilischer Zeit, ZAW 110 (1998) 556–569.
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4. Die Tempelkonzeption des 2. Makkabäerbuches – eine stimmige Collage Die Zusammenstellung des einschlägigen Materials mit Aussagen zum Tempel im 2. Makkabäerbuch stehen in einem komplexen Traditionsgeflecht, das verschiedene Elemente der Zionstheologie aus ganz unterschiedlichen Epochen ähnlich einer Collage zusammenbaut und letztlich zu einem stimmigen Bild verbindet. In Aufnahme exilisch-nachexilischer Vorstellungen betont der Autor immer wieder, dass Gott im Himmel wohne. Allerdings führt die Rezeption dieser exilisch-nachexilischen Tempelkonzeption nicht zu einer Marginalisierung des Heiligtums. Auf dessen Bedeutung weist zunächst die Struktur des Buches hin, die dem Tempel eine zentrale Position in der Gesamtstruktur des Buches einräumt. Wenn man von hier aus weiter nach der spezifischen Bedeutung des Tempels fragt, so wird deutlich, dass der Tempel als Ort der (temporären) göttlichen Einwohnung gilt, dem nur in Reinheit und in Heiligkeit begegnet werden kann und der unter einem ganz besonderen göttlichen Schutz steht. So kann er als Medium der göttlichen Zuwendung zu seinem Volk fungieren. Der Tempel ist aber nicht nur Ort des Kultes, sondern dient zudem – wie es durch die Fokussierung auf das perserzeitliche Motiv der Gabendarbringung durch die Könige anderer Nationen deutlich wird – als sichtbares Zeichen der politischen Bedeutung Jerusalems und der nationalen Größe Israels. Wie bereits in der älteren Zionstheologie bilden „Tempel“ und „Stadt“ hier keine Gegensätze, sondern stehen in einem engen Bezugsverhältnis zueinander. Die Stadt ist der Ort des Tempels, von ihm bekommt sie ihren Glanz, wie umgekehrt auch der Tempel seine Herrlichkeit innerhalb der Stadt entfaltet. Wenn Israel sich dem Willen Gottes gemäß verhält, stehen beide unter dem göttlichen Schutz.
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Tempelfeste außerhalb des Jerusalemer Tempels in der Diaspora Clemens Leonhard
1. These: Feste des Jerusalemer Tempels wurden vor dessen Zerstörung außerhalb des Tempels nicht gefeiert Die folgende Untersuchung überprüft die Annahme, dass Juden der Diaspora die biblischen Feste des Jerusalemer Tempels, vor allem die Wallfahrtsfeste, vor dessen Zerstörung außerhalb von Jerusalem nicht gefeiert haben. Feste kommen und gehen und ihre Beibehaltung oder Abschaffung setzen Zeichen für die Feiernden sowie die Nicht-Feiernden. Dieser Prozess ist kein Werk einer unsichtbaren Hand der religiösen Märkte. Schaffung und Abschaffung von Festen folgen Interessen von Akteuren.1 Gruppen und Einzelpersonen treffen Entscheidungen für oder gegen die Feier von Festen. Sie setzen sich mit ihren aus den überlieferten Texten rekonstruierbaren Positionen durch oder scheitern. Die erhaltenen Quellen sind daraufhin zu untersuchen, inwiefern sie Spuren dieser Prozesse enthalten. Auch in Netzwerken verbundene Gruppen in der Antike, wie die Diaspora des Judentums, haben die Feier von Festen nicht als unhinterfragbaren Teil gemeinschaftlichen Verhaltens eines realen oder imaginierten Zentrums übernommen, sondern als Angebot verstanden und dasselbe in der Praxis angenommen, modifiziert oder abgelehnt. Manche Quellen beschäftigen sich sehr ausführlich mit der Frage einer Festpraxis ihrer literarischen Protagonisten oder auch ihrer implizierten Leser. Sie beantworten dabei aber viele Fragen, die aus heutiger Perspektive an ihre Zeit zu stellen sind, nicht. Der folgende Beitrag beschäftigt sich daher vor allem mit der Frage nach der Zulässigkeit der Verallgemeinerung spärlicher Daten. Wurde ein (für eine Epoche oder Gegend) nicht bezeugtes Fest dennoch gefeiert? War umgekehrt ein (für eine Epoche oder Gegend) literarisch belegtes Fest vielleicht reine Fiktion und anachronistische Textauslegung? Im Sinn eines breiten Kontexts wäre zu fragen, ob überhaupt Feste des Jerusalemer Tempels außerhalb dieses Tempels und vor seiner Zerstörung in der 1 Vgl. den Überblick bei H. Beck / H.-U. Wiemer, Feiern und Erinnern – eine Einleitung, in: diess. (Hg.), Feiern und Erinnern. Geschichtsbilder im Spiegel antiker Feste (Studien zur Alten Geschichte 12), Berlin 2009, 9–54.
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jüdischen Diaspora gefeiert wurden. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildeten zunächst einige Passagen aus den Makkabäerbüchern als explizite und reiche Quellen für die Arbeit an der Frage nach Festen in der Diaspora. Die Hinweise auf Feste in diesen Büchern müssen im breiteren Kontext ihrer Zeit verankert werden.2 Darüber hinaus sind weitere Einschränkungen der Fragestellung nötig, um eine nützliche Balance zwischen der vertieften Untersuchung einer kleinen Gruppe von Versen und allgemeinen anthropologischen Überlegungen zu Festkulturen im antiken Mittelmeerraum herzustellen. Im gegenwärtigen Kontext wird die Feier des Versöhnungstags außerhalb des Tempels und vor dessen Zerstörung weitgehend ausgeblendet. Nach den biblischen Vorstellungen über den Versöhnungstag besteht dieses Fest aus einem komplizierten Ritual am Tempel,3 zusammen mit einer an vielen Orten der Welt möglichen Praxis von Arbeitsruhe und Selbstkasteiung.4 Bei antiken Erwähnungen eines Fastens muss immer geprüft werden, ob ein solches Fasten als in Beziehung zum Versöhnungstag stehend interpretiert wurde und damit tatsächlich eine Feier des Versöhnungstags außerhalb von Jerusalem andeutet oder ob es ein mit ganz anderen Gründen und Zielen assoziiertes Fasten war (oder beides).5 Aus dieser Perspektive sind die biblischen Wallfahrtsfeste besonders interessant. Sie sind typischerweise mit dem Tempel verbunden, sodass ihre Feier außerhalb von Jerusalem gerade für die Geschichte der jüdischen und christlichen Feste nach der Zerstörung des Tempels von größter Bedeutung ist. Mit der Zerstörung des Tempels entsteht eine neue Situation, die den früheren Zustand der Diaspora dem des Heiligen Landes und Jerusalems annähert. Sobald kein regulärer, offizieller Betrieb des Tempels in Jerusalem mehr möglich war, unterscheidet sich Palästina in Bezug auf die Möglichkeit, ein Pilgerfest lege artis zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu feiern, nicht mehr von anderen Städten des römischen Reichs und seiner Nachbarn, in denen Juden leben. Aus diesem Grund ist die Frage nach der Praxis der Diaspora in Hinblick auf die Wallfahrtsfeste vor der Zerstörung des Tempels besonders wichtig. Rabbinische Juden und Christen feiern in der Spätantike manche der Wallfahrtsfeste zu ihrem als korrekt inszenierten Datum ohne praktischen Bezug zum Tempel in Jerusalem – sehr wohl aber in Auseinandersetzung mit jenen 2 Die Rückmeldungen während des Symposiums haben gezeigt, dass die Thesen dieses Essays einer breiteren Einleitung bedürfen, weil das ursprüngliche Ziel, die gegenwärtige Frage anhand der Makkabäerbücher zu testen, Hinweise auf all die übrigen Texte, die in der nun vorgelegten Fassung zumindest angedeutet werden, notwendig machten. Dieser Gesprächssituation folgt die Anlage des Essays mit einer längeren, wenn auch kursorischen Einleitung. 3 Vgl. Lev 16. 4 Lev 16,29.31; 23,27–32. 5 Das Repertoire wurde von D. Stökl-Ben Ezra, The Impact of Yom Kippur on Early Christianity. The Day of Atonement from Second Temple Judaism to the Fifth Century (WUNT 163), Tübingen 2003 bearbeitet.
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Ritualen der Vergangenheit (die für die rabbinischen Juden auch Rituale einer theoretisch erhofften Zukunft sind). Dabei stellt sich die Frage, ob diese christliche und jüdische Praxis (Tempelfeste jenseits des Tempels zu feiern) die Bräuche der jüdischen Diaspora zur Zeit des Zweiten Tempels fortsetzt oder aber eine Innovation darstellt. Die folgende Untersuchung stützt die Annahme, dass es sich um eine Innovation handelt. Innovativ ist die Feier dieser Feste, weil zur Zeit des Zweiten Tempels die Wallfahrtsfeste normalerweise nicht außerhalb des Tempels gefeiert wurden. Mögliche Ausnahmen werden im Folgenden genannt. In jedem Fall ist die Auffassung darüber, inwiefern oder in welchem Ausmaß in der jüdischen Diaspora vor der Zerstörung des Tempels jene Feste gefeiert wurden, entscheidend für die Rekonstruktion der Geschichte der Feste nach der Zerstörung. Aus diesen Anmerkungen ergibt sich die Struktur der folgenden Untersuchung. Zunächst müssen Texte aus der Zeit nach der Zerstörung des Tempels herangezogen werden. Das ist nötig, weil diese Texte als Zeugen einer alten Tradition interpretiert werden. Die Vermutung, dass es sich um eine alte Tradition handelt, gilt oft als Grund für die Annahme der Feier der von ihnen bezeugten Feste vor der Zerstörung des Tempels. Dieser Frage ist der erste Abschnitt, „Rezeptionsgeschichte und außerbiblische Quellen“, gewidmet. Es wird untersucht, ob die genannten Texte notwendigerweise und von sich aus als Endpunkte langer, mehr oder weniger gleichförmiger Traditionen einer Festpraxis gelesen werden müssen oder ob sie nahelegen, dass hier in innovatorische Prozesse eingegriffen werden sollte. Im zweiten Hauptabschnitt, „Wallfahrtsfeste in der Diaspora vor der Zerstörung des Tempels“, werden die älteren Quellen, die im Zentrum der Untersuchung stehen, bearbeitet. Am Ende steht eine kurze Auswertung der Ergebnisse, „Typische Feste der Diaspora und des Tempels“, die auch die Frage stellen muss, was jüdische Gruppen der Diaspora gefeiert haben könnten, wenn sie nicht die Feste des Tempels übernommen hatten.
2. Rezeptionsgeschichte und außerbiblische Quellen Wenn die gesamte jüdische Diaspora im ersten Jahrhundert nach Christus auf mehrere Jahrhunderte bestens eingespielter Praxis der Feier der Wallfahrtsfeste des Jerusalemer Tempels zurückblickt, war der Jerusalemer Tempel nur als literarische oder ideelle Größe eine conditio sine qua non der Feste. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass das Judentum der alten Welt gewisse Feste feiert, die unter anderem auch am Tempel stattfanden. Die Wallfahrtsfeste konnten außerdem nicht nur Judäer und Sympathisanten des Judentums mit unterschiedlicher Abstufung ihrer Interessen an seinen Bräuchen feiern. Auch von den Gruppen der späteren Christen wäre zu erwarten, dass sie diese Praxis nach dem Tod Jesu einfach fortgesetzt haben. Außerdem gibt es kein „Copyright“ auf Feste.
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Gruppen können bei anderen die Feier von Festen oder auch nur bestimmte Feierelemente beobachten und übernehmen. Wenn man von der ungebrochenen Kontinuität rabbinischer und christlicher Festpraxis ausgeht, ist schwer erklärbar, dass christliche Gruppen eine solche Praxis, für die der Tempel als Ort der Feier keine konkrete Voraussetzung war, während der Existenz des Tempels als jüdische Gruppe gepflegt, aber ausgerechnet nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels aufgegeben haben sollen. Unverständlich bliebe auch die Entwicklung der ersten Jahrhunderte nach Christus, in denen die aus unerfindlichen Gründen im Christentum untergegangene Diasporapraxis Schritt für Schritt neu entwickelt wurde. Einfacher ist die Annahme, dass die mit dem Tempel verbundenen Feste normalerweise nicht in der Diaspora gefeiert wurden, was im Folgenden zu zeigen ist. 2.1 Galater‑ und Kolosserbrief Aufgrund seines polemischen Tons ist die Passage des Galaterbriefs (4,8–11), die gegen griechisch-römische Feste und Modi der Zeitorganisation polemisiert, für unterschiedliche Deutungen offen. Paulus will die Adressaten des Briefes wahrscheinlich davon abbringen, die Feier der (heidnischen) Feste ihrer Umgebung wiederaufzunehmen.6 Die Vorstellung, dass er gegen heidnische Feste polemisiert, um die Adressaten des Briefes davon zu überzeugen, die Aufforderung zur Feier von jüdischen Festen von (in der modernen Forschung postulierten) judaisierenden Missionaren zu ignorieren,7 setzt bereits als evident voraus, was hier untersucht werden soll, nämlich ob alle Juden der Diaspora die Tempelfeste feierten und das sogar anderen Gruppen empfahlen. Für die folgenden Überlegungen wird Paulus mit seiner Polemik gegen die Feier heidnischer Feste beim Wort genommen. Daraus ist zwar nicht abzuleiten, dass Paulus prinzipiell gegen die Feier von Festen auftrat. Römer 12,1 und sein Kontext lassen aber bereits erkennen, dass Paulus Gottesdiensten keine hohe Priorität im Leben der Christen zuerkennt. Die logikē latreia und das „lebendige Schlachtopfer“ ist das konkrete Leben der Gläubigen. Das Pesach erwähnt Paulus nur als Metapher zur Charakterisierung der Weltgeschichte.8 Er tendiert, neben seinem allgemeinen Schweigen über die Feier von Wallfahrtsfesten, zu einer Ablehnung von Festen im Allgemeinen. Die Überlegungen dieses Aufsatzes legen nahe, dass das paulinische Schweigen über die Wallfahrtsfeste nicht nur andeutet, dass die Adressatengruppen seiner Briefe diese Feste nicht gefeiert haben, sondern dass sie sich in dieser Hinsicht nicht von jüdischen Gruppen ihrer Städte unterschieden haben. 6 Vgl. J. K. Hardin, Galatians and the Imperial Cult. A Critical Analysis of the First Century Social Context of Paul’s Letter (WUNT II 237), Tübingen 2008, 116–147. 7 Z. B. A. J. Mayer-Haas, „Geschenk aus Gottes Schatzkammer“ (bSchab 10b). Jesus und der Sabbat im Spiegel der neutestamentlichen Schriften (NTA NF 43), Münster 2003, 85–94. 8 S. Anm. 20.
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Der jüngere Kolosserbrief polemisiert gegen die Vorstellung, dass man biblische Feste irgendwie feiern muss.9 Wenn diese Texte als Zeugnisse für jeweils gegenläufige Praxis und Theorie in Anspruch genommen werden dürfen, dann polemisiert ein Deutero-Paulus gegen Leute unter den Kolossern, die jene wegen Speise, Trank, Festen, Neumonden und Sabbaten verurteilen. Der Kolosserbrief polemisiert bestenfalls gegen Leute, die biblische Feste einrichten wollen. Galater‑ und Kolosserbrief belegen, dass die Feier von Festen (im Allgemeinen) für Gruppen, die Jesus folgen wollten, zumindest nicht selbstverständlich war. Die biblischen Feste kommen in diesem Zusammenhang überhaupt erst im Kolosserbrief in den Blick. Auch der vom Autor der Apostelgeschichte erzählte Paulus will Shavuot in Jerusalem verbringen.10 Auf die Frage, warum er Shavuot nicht in der nächstbesten Synagoge in Ephesus oder Milet feiern will, sondern es ihn mit gehörigem Reiseaufwand nach Jerusalem zieht, hätte der literarische Paulus geantwortet: weil die nächstbeste Synagoge Shavuot nicht feiert. Denn Lukas kann noch nicht auf den Gedanken kommen, dass Shavuot in der gesamten jüdischen Diaspora gefeiert wird. Wenn christliche Gruppen die Feier der Wallfahrtsfeste in Opposition und als Differenzierungsmerkmal gegen das Judentum aufgegeben haben sollten, bestünde die Inszenierung ihrer Identität in der Ablehnung einer jüdischen Praxis. Diese Annahme setzt eine stabile und als typisch jüdisch verstehbare Festpraxis außerhalb des Tempels und für Paulus (nicht jedoch für den Kolosserbrief) vor der Zerstörung des Tempels voraus. Nach den hier angedeuteten Texten kam es Gruppen, die im Rückblick die Anfänge des Christentums getragen haben, nicht in den Sinn, den biblischen Festzyklus zu feiern. Sie tun das deswegen nicht, weil das andere jüdische Gruppen normalerweise auch nicht tun. Während sich eine solche Praxis bei den Rabbinen und vielleicht auch in anderen Teilen der ehemaligen Diaspora langsam zu etablieren begann, scheinen sich christliche Gruppen auch mit der Frage nach der biblischen Festpraxis auseinandergesetzt zu haben. Die großen, literarischen Gründergestalten der Geschichte des Christentums, Jesus und Paulus, nehmen an den Festen des Tempels teil. Sie tun dies aber ausschließlich in Jerusalem. Die bislang angedeuteten Texte stützen die Annahme, dass die Feier oder Nicht-Feier der biblischen Feste (besonders der Wallfahrtsfeste) Juden und Christen im ersten Jahrhundert nicht unterschieden hat.
9 Kol 2,16 f; vgl. Jes 1,13 für die geprägte Formel; C. Leonhard, The Jewish Pesach and the Origins of the Christian Easter. Open Questions in Current Research (SJ 35), Berlin/New York, NY 2006, 123 f. 10 Apg 20,16 – vielleicht nur als eine Anspielung auf 1 Kor 16,8 zur Konstruktion der Plausibilität des Reiseberichts nach Apg.
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2.2 Symposia zu den Festterminen in der Diaspora Die Annahme, mit der dieser erste Abschnitt (2.1) schloss, basiert vor allem auf einem Argumentum e silentio. Am Beginn der Geschichte der christlichen Literatur stehen, was Feste betrifft, nur ein paar kurze Notizen gegen dieselben. Eine jüdische Gruppe oder ein Verein mit jüdischen Mitgliedern könnte aber nicht nur im zweiten Jahrhundert nach Christus, sondern auch schon zur Zeit als der Tempel noch stand, um den Termin des Pesach ein Symposium abgehalten haben.11 Vielleicht hat auch jemand außerhalb des Heiligen Landes Sauerteig aus seinem Haus entfernt12 oder nach irgendeinem Kalender neben anderen Fastenterminen auch um des Versöhnungstags willen ein Fasten gehalten. Für die Rabbinen ist die rituelle Gestalt der Wallfahrtsfeste vor allem an der gesellschaftlich eingebürgerten Praxis des kommunalen oder häuslichen Feierns und nicht an den Ritualen der römischen oder griechischen Tempel einschließlich der biblischen Literatur über den zerstörten Tempel Jerusalems orientiert. Als die Rabbinen die Wallfahrtsfeste als in der Diaspora mögliche und damit für alle Juden obligatorische Praxis neu erfanden, rekonstruierten sie kein Pilgerfest und keinen Opferkult, sondern führten minimale Andeutungen an Elemente der Liturgie des Tempels in Strukturen normaler römischer und griechischer Gastmähler ein. Als für diese Veranstaltungen typische Beschäftigung betrachteten sie aber das Studium der Texte, die sich mit der Tempelliturgie befassen. Darüber hinaus schrieben sie fast keine Ritualelemente vor, die an den Tempel erinnerten (wie zum Beispiel für Sukkot, ein Gastmahl in einer Laubhütte zu halten und den Feststrauß zu schwenken13). Es gibt keinen Grund, auszuschließen, dass nicht-rabbinische Juden nach der Zerstörung des Tempels gelegentlich ähnlich handelten oder (wie im Fall der ungesäuerten Brote) bestimmte biblische, vom Tempel unabhängige Bräuche über die Grenzen des Landes Israel hinaus vollzogen.14 11 S. Anm. 21
für Hinweise auf Peri Pascha von Melito von Sardes. betont in seinem bei Eusebius überlieferten Brief (Eus. HE 5,24,6), dass er und seine Vorgänger im Bischofsamt Pascha immer dann gefeiert haben, wenn das (jüdische) Volk den Sauerteig entfernt hat; vgl. zur Diskussion des Belegs C. Leonhard, Pesach, 271 f. 13 C. Leonhard, Das Laubhüttenfest der Rabbinen und die Heiligung von Zeiten, in: P. Gemeinhardt / K. Heyden (Hg.), Heilige, Heiliges und Heiligkeit in spätantiken Religionskulturen (RVV 61), Berlin/Boston, MA 2012, 249–281. 14 Die von A. Edrei / D. Mendels, A Split Jewish Diaspora. Its Dramatic Consequences, JSPE 16 (2007) 91–137, 17 (2008) 163–187, rekonstruierten „biblischen Juden“ der westlichen Diaspora, die von Kontakten mit den Rabbinen aufgrund der Sprachbarriere ausgeschlossen gewesen sein sollen (was allerdings eigens zu diskutieren wäre), konnten die Wallfahrtsfeste nicht ohne weiteres feiern, wenn sie die in den biblischen Texten prominenten Gesetze zur Kultzentralisation ernst nahmen. Auf sie müssen die rabbinischen Vorschriften zur Feier der Wallfahrtsfeste außerhalb des Tempels hoch innovativ gewirkt haben. Sollten sie sich zu einem Symposium anlässlich eines solchen Festes getroffen haben, stand ihnen allerdings wie den Rabbinen auch neben dem Termin kein Ritual zur Verfügung, das dieses Symposium von anderen Symposia unterschieden hätte. Die Rabbinen haben diese innovative Entwicklung auch mit der Feier von 12 Polykrates
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2.3 Die Bekränzung des Grabes des Glykon und seiner Frau zu Azyma, Pentekoste und den Kalenden des Januar Wahrscheinlich in derselben Epoche, als die Debatte der Rabbinen über die Neueinrichtung der Feste in vollem Gang war – nämlich im dritten Jahrhundert – wurde eine griechische und vom rabbinischen Judentum unabhängige Inschrift verfasst.15 In dieser Inschrift aus dem kleinasiatischen Hierapolis ist festgesetzt, dass nach dem Tod des Besitzers eines Grabes und seiner Frau zwei Vereine zum Fest der ungesäuerten Brote und der Pentekoste das Grab bekränzen sollen. Die Inschrift ist neben einer (natürlich nicht erhaltenen) identischen Version in den Stadtarchiven auf dem Grab selbst angebracht. Zum Zweck der Erfüllung dieses Wunsches stiftet der Eigentümer des Grabes den zwei Vereinen je einen kleinen Fonds, aus dessen Zinsen die Vereinsmitglieder Geld erhalten und offenbar auch der Grabschmuck bezahlt werden soll. Neben dem Fest der ungesäuerten Brote und der Pentekoste soll das Grab auch zu den Kalenden des Januars – ein von den Rabbinen als götzendienerisch klassifiziertes Fest – geschmückt werden. Zu keinem der Termine soll außerdem ein Ritual, geschweige denn ein irgendwie als jüdisch gedeutetes Ritual, vollzogen werden. Hier scheinen zwar Elemente jüdischer Tradition als Faktoren in den Kalendern der genannten Gruppen auf. Es geht aber um die Kontinuität gesellschaftlichen Ansehens über den Tod hinaus. Die Darstellung dieser Kontinuität folgt den Regeln und Bräuchen vor Ort, nicht den Vorstellungen der hebräischen Bibel oder der Rabbinen darüber, wie Pesach am Tempel zu feiern gewesen war. Dieser Beleg bietet in Bezug auf die Frage nach der Feier von Wallfahrtsfesten außerhalb des Tempels von Jerusalem gut eineinhalb Jahrhunderte nach der Zerstörung des Tempels positive Daten. Die Eigentümer des Grabes trauen dem in Hierapolis ansonsten gut belegten und offenbar einflussreichen Verein der Purpurfärber und dem unsicher rekonstruierten und ansonsten nicht bekannten Verein der Teppichweber zu, dass jüdische Präsenz in Hierapolis gewahrt bleibt, dass auch nach dem Tod der Eigentümer die Gräber termingerecht bekränzt werden. Ob, und wenn ja, wie das „Fest der Azyma“ und der „Pentekoste“ in Hierapolis oder in den genannten Vereinen ansonsten begangen wurde, ist nicht rekonstruierbar. Die Inschrift weist nicht darauf hin, dass die genannten Vereine (oder sonst jemand) ein Symposium zu diesem Termin veranstaltet hätten. Wenn es allerdings nicht nur um die Geldverteilung und Bekränzung des Grabes ging, griechisch-römischen Symposia zu den Wallfahrtsfesten begonnen. Die Differenz zwischen den Rabbinen und der westlichen Diaspora wäre in genau diesem Punkt gering gewesen. 15 CIJ II 777 = Altertümer von Hierapolis 342 (SEG 46.1656; IJO II, 414–422). Es handelt sich um den einzigen Beleg der Termini azyma und pentekostē in IJO II = W. Ameling, (Hg.), Inscriptiones Judaicae Orientis. Band II: Kleinasien (TSAJ 99), Tübingen 2004; vgl. P. A. Harland, Associations, Synagogues, and Congregations. Claiming a Place in Ancient Mediterranean Society, Minneapolis, MN 2003, 85.
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ist im kulturellen Kontext nicht unwahrscheinlich, dass die Feste Thema eines Symposiums waren.16 Das Zeugnis der Inschrift von Hierapolis zum Thema der Feier von Festen in der Diaspora bleibt singulär und kann nicht verallgemeinert werden. Vielleicht deutet es im Hinblick auf Shavuot den Beginn einer Wahrnehmung wenigstens des Termins im dritten Jahrhundert und außerhalb der Kreise des rabbinischen Judentums an. 2.4 Feste christlicher Gruppen nach der Zerstörung des Tempels Dieselbe Situation zeigt sich in der frühen Geschichte des Christentums nach der Zerstörung des Tempels. Diejenigen Gruppen des römischen Reichs, die a posteriori als Teil der Geschichte des Christentums gesehen werden, feierten das größte Jahresfest des Jerusalemer Tempels, Sukkot, nie und entwickelten erst im Lauf des zweiten Jahrhunderts ein christliches Pascha und gegen Ende dieses Jahrhunderts eine Form von Pentekoste, die mit dem biblischen oder rabbinischen Shavuot nichts zu tun hat. 2.4.1 Kein christlicher Versöhnungstag Daniel Stökl-Ben Ezra sammelte und interpretierte Hinweise auf die Auseinandersetzung christlicher Gruppen mit dem Versöhnungstag.17 Immerhin sind das Einhalten eines Fasttages und sogar ein Gebet um Versöhnung mit Gott 16 Zum Datum des Versöhnungstags selbst ist die Abhaltung eines Symposiums nicht wahrscheinlich. Die Vorstellung, dass ein Fest mit einem Symposium begangen wird, ist bei den Rabbinen etabliert. mPes 68b (bYom 81b) erzählt von Mar Bar Ravina (der zu den spätesten Gelehrtennamen in der internen Chronologie gehört), der die ritualisierte Markierung des Jahreskreises umkehrte und außer an Purim, Shavuot und am Vortag des Versöhnungstags fastete. Wenn schon die Fastenpraxis des Versöhnungstags in seiner allgemeinen Askese verschwindet, so markiert er – wie andere auch – zumindest den Vortag des Versöhnungstags durch Fastenbrechen. Vgl. J. Tabory, Jewish Festivals in the Time of the Mishnah and Talmud, Jerusalem 20003 [hebräisch], 302 f zum Vortag des Versöhnungstags. 17 Vgl. z. B. D. Stökl-Ben Ezra, The Impact, 214 über Phil., De Vita Mosis 2,20–23: „Philo and Josephus boast that many God-fearers observed Yom Kippur.“ Stökl-Ben Ezra führt in seine Paraphrase von Philos Text zwei Einschränkungen ein, die der Behauptung Philos historische Plausibilität verleihen, der Quelle aber nicht entsprechen: „many“ und „God-fearers“. Philo meint tatsächlich, dass „alle“ Völker von den Gesetzen der Tora angelockt werden, sodass alle den Sabbat (v. 21 f) und den Versöhnungstag (23 f) halten. Philos globale Behauptungen haben jedoch rhetorische Interessen. Die Einhaltung von Sabbat und Versöhnungstag bei allen Völkern ist dort ein Beweis dafür, dass die Tora im Gegensatz zu den Gesetzen der anderen Völker „nicht nur bei den Juden, sondern bei allen anderen“ anerkannt ist. Die Toraübersetzung wird damit für die Griechen relevant. Erst in Nr. 44 gibt Philo zu, dass sich noch nicht alle Griechen der Wohltat der Tora zugewandt haben. Philos Bemerkung ist kein Beleg für eine globale Feier des Versöhnungstags oder der Einhaltung des Fastens. Auch in De specialibus legibus (bes. 1,186) und dem weiteren Kontext dieser Passage spricht Philo über Jerusalem und den Tempelkult. Die dort vorfindlichen Anmerkungen über die Fastenpraxis der Juden können – müssen aber nicht – darauf hinweisen, dass Philo meint, alle Juden der Diaspora fasteten am Versöhnungstag.
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unabhängig vom Vollzug komplizierter Rituale durch spezialisiertes Personal am Jerusalemer Tempel. Im Gegensatz zu den drei Wallfahrtsfesten könnte sich der Versöhnungstag dennoch als transportable Praxis für das Gepäck einer Diasporaidentität angeboten haben. Umgekehrt ist aber Fasten eine weit verbreitete und für mannigfaltige Codes und Deutungen offene Praxis. Der wichtigste, vom Tempel unabhängige und daher transportable Aspekt des Versöhnungstags – nämlich das Fasten –, ist daher weder typisch für den Versöhnungstag noch für das Judentum. Die Tempelliturgie, die ihn von anderer Fest‑ und Fastenpraxis unterscheidet, ist dagegen im Vollzug komplex, in ihren Deutungen opak und an den (oder zumindest an einen) Tempel gebunden. Der Autor des Hebräerbriefs konnte als christlicher Ausleger des Versöhnungstags im zweiten Jahrhundert keine zeitgenössische Entsprechung dieses Festes als christliches Fest andeuten. Der Hebräerbrief bedient sich ausführlich der biblischen Texte zum Versöhnungstag, kann ihn jedoch mit keinerlei christlicher, liturgischer Praxis verbinden. Der zeitlose, himmlische Versöhnungstag, den Christus der Hohepriester in seinem Tod vollzieht, klärt die Bedeutung der christlichen Existenz und des Todes Jesu. Er klärt keine Bedeutung eines nach dem Tod Christi noch gefeierten Festes. Erst zum Ende des vierten Jahrhunderts verstehen christliche Ausleger des Hebräerbriefs die Eucharistie als irdisches Abbild des platonisch-himmlischen Versöhnungstags. Die Verbindung mit der Eucharistie ist aufschlussreich, weil auch dann noch dem biblischen Versöhnungstag kein christliches Jahresfest entspricht oder je entsprochen hat. Auch großes Interesse am Versöhnungstag und dem Hebräerbrief hat in der Spätantike nicht zur Einrichtung eines christlichen Versöhnungstags geführt. 2.4.2 Christliche Pentekoste Gegen Ende des zweiten Jahrhunderts (nach Christus) bezeichnen christliche Texte die gesamte Periode der fünfzig Tage nach Ostern als „Pentekoste“.18 Der fünfzigste Tag selbst spielt dabei keinerlei Rolle. Weder in seiner Struktur noch in damit verbundenen Ritualelementen noch in einer damit verbundenen Deutung hat diese Festperiode irgendetwas mit dem biblischen Wochenfest zu tun, obwohl es einen der biblischen Namen des Festes trägt.19 Das christliche Pfingsten entwickelt sich erst im vierten Jahrhundert gegen diese etwas ältere Tradition als innovative Feier des Pfingstereignisses der Apostelgeschichte. Die nicht-biblische Vorstellung über die Feier von Pfingsten als den fünfzig Tagen nach Ostern verschwindet im vierten Jahrhundert bis auf geringe Spuren im liturgischen Repertoire der fünfzig Tage nach Ostern.
H. Buchinger / C. Leonhard, Pentekoste, RAC 27 (2015) 87–108, hier 92. 2,1; vgl. Tob 2,1; 2 Makk 12,13 f für den Begriff.
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2.4.3 Pesach und Ostern Analoges gilt auch für Pesach und Ostern. Erst Zeugen des zweiten Jahrhunderts kennen ein nicht-jüdisches Pascha. Das Schweigen der Quellen über die Zeit zwischen dem Tod Christi um die Zeit des Pesach und den ersten Belegen über ein christliches Pascha als Fest ist als beredtes Schweigen zu interpretieren. Christliche Gruppen haben ein gutes Jahrhundert weder Pesach noch ein christliches Anti-Pesach gegen ein jüdisches Jahresfest des Pesach gefeiert.20 Die Entstehung des christlichen Osterfestes lässt sich am besten als Absetzbewegung gegen eine Form des jüdischen Pesach verstehen. Das älteste christliche Dokument, das eine Feier eines christlichen Pascha nahelegt, ist die Rede „Über das Pascha“ von Melito von Sardes, die in die Mitte des zweiten Jahrhunderts datiert wird. Melito deutet zwar an, dass das Judentum mit dem Tod Christi jede Existenzberechtigung und damit auch seine Existenz verloren hat. Insofern tut der Text so, als gäbe es für christlichen Antijudaismus seit dem Tod Jesu de facto keine Ansprechpartner mehr. Dennoch setzen manche Elemente der Polemik Melitos voraus, dass zeitgenössische Juden zu Pesach ein Symposium gehalten haben, das mit dem Seder der Rabbinen nur gemeinsam hat, was beide aufgrund der verbreiteten Bräuche griechisch-römischer Mähler ohnehin verbindet.21 Obwohl Melito über ein jüdisches Pesach parallel zum Tod Jesu spricht, deuten seine Invektiven gegen die Juden eine zeitgenössische jüdische Feier anlässlich des Pesach an. Melito nimmt diese Feier offenbar als normales Symposium wahr. Nachdem auch im rabbinischen Judentum des zweiten Jahrhunderts noch keine Spur der Pesachhaggada existierte und die Feier des Seder sympotischen Charakter hatte, ist nicht zu entscheiden, ob Melito sich mit rabbinischen oder anderen Juden des römischen Reiches auseinandersetzt.
3. Wallfahrtsfeste in der Diaspora vor der Zerstörung des Tempels Sowohl die Inschrift von Hierapolis als auch die christlichen Quellen legen nahe, dass es im Judentum nach der Zerstörung des Tempels einige Jahrzehnte dauerte, bevor man begann, tempellose Tempelfeste als rituelle Praxis zu etablieren. 20 1 Kor 5,7 setzt voraus, dass Paulus weiß, dass die Korinther kein Pascha feiern; C. Leonhard, Pesach, 32. Das Pascha Christi (nämlich sein Tod und seine Auferstehung) funktionieret nur als metaphorische Plausibilisierung der ethischen Normen, wenn das Pascha, nämlich der Tod Christi, einen Epochenwechsel markiert und nicht als Fest jährlich begangen wird. Wer sich Paulus anschließt, lebt permanent (und unentrinnbar) im kosmischen Fest der ungesäuerten Brote und muss sich demgemäß verhalten. 21 Peri Pascha 79–80 Hall 1979; 43,553–45,581; C. Leonhard, Pesach, 42–55 und ders., Ritual Practices on the Move between Jews and Christians. Theories and Case Studies in Late Antique Migration, in: T. Berger (Hg.), Liturgy in Migration. From the Upper Room to Cyberspace (A Pueblo Book), Collegeville, MN 2012, 19–42, hier 25–29.
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Gegen diese Auffassung und vor der folgenden Untersuchung der Quellen zur Makkabäerzeit muss auf zwei wichtige Überlieferungen zur Festpraxis hingewiesen werden, die eine weit verbreitete Feier von Pesach und Sukkot vor der Zerstörung des Tempels, aber auch – im Fall von Sukkot – sechzig Jahre nach der Zerstörung anzudeuten scheinen: das ägyptische Pesach von Exodus 12, Andeutungen Philos über Sukkot und das Zeugnis der Briefe des Bar Kokhba aus dem zweiten jüdischen Aufstand. Diese Briefe werden hier ausnahmsweise zusammen mit den Dokumenten der Zeit vor der Zerstörung des Tempels bearbeitet, weil sie offenbar in enger Verbindung mit Restitutionsvorstellungen in Bezug auf den Tempel gedacht wurden. Sie sind daher nur formal Dokumente der Diaspora und gehören inhaltlich in die Epoche des Tempels und nicht in die Zeit der Suche nach Ersetzungsmechanismen nach seiner Zerstörung. 3.1 Das Ägyptische Pesach als häusliches, tempelunabhängiges Ritual Nach Exodus 12–13,16 (aber auch Num 9,6–14; Jos 5,5–12 und Weish 18,10–19) wird außerhalb eines Tempels Pesach gefeiert.22 Außer Jos 5 geben sich diese Texte aber nicht als Beschreibungen einer bestimmten Feier von Pesach, sondern als Gründungsgeschichten, bzw. normative Gründungstexte des Festes. Auf ihrer Basis wird die Geschichte des Pesach als Templisierung von einem oder zwei (wenn man Pesach und Maṣṣot als in einer früheren Stufe ihrer Geschichte getrennte Feste rekonstruiert) tempellosen Festen von kleineren Gruppen von Nomaden oder bäuerlicher Hausgemeinschaften erzählt. Das Hauptgewicht der Plausibilisierung dieses Narrativs trägt Exodus 12. Exodus 12 f ist vordergründig eine plausible Grundlage für Konstruktionen der Urgeschichte des Pesach. Es lassen sich allerdings nicht alle Details des Textes in diesen Rekonstruktionsversuch einpassen. Gerade die Wiederholungen des Materials mit kleinen Unterschieden im selben Kapitel laden moderne Rezipienten ein, aus dem Text dessen Entstehungsgeschichte zu rekonstruieren. Der Text bleibt dabei aber der einzige Zeuge für diese Entstehungsgeschichte. Dort wird das ägyptische Pesach als erste Feier seiner Art präsentiert. Es hat einen konkreten, apotropäischen Zweck in einer konkreten historischen Situation23, soll aber 22 Die Überlegungen zu Ex 12 finden sich mit ausführlicherer Diskussion der Quellen in C. Leonhard, Die Erzählung Ex 12 als Festlegende für das Pesachfest am Jerusalemer Tempel, in: M. Ebner u. a. (Hg.), Das Fest. Jenseits des Alltags (JBTh 18), Neukirchen-Vluyn 2003, 233–260; ders., Pesach, 15–72. J. J. Marcus, Passover and Last Supper Revisited, NTS 59 (2013) 303–324, setzt sich mit der oben und in diesen Publikationen vorgestellten These in einer Anmerkung auseinander: „This seems much less likely than that the domestic rite reflected in Exod 12 was later absorbed into the Temple cult; why would anyone have shaped the Exodus text in such an inevitably misleading way?“, 306, Anm. 14. Die von Marcus genannten Texte (C. Leonhard, Erzählung; ders., Pesach, 15–72) beantworten die Frage, warum in Exodus 12 f das Pesach nicht als Tempelfest dargestellt wird, aber dennoch nur das Tempelfest gemeint sein kann. 23 Vgl. Ex 12,13.28 und V. 23 als Vorschau auf VV. 29, 41, 50 f.
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fortan weiter gehalten werden24. Das Kapitel wird als Basis der Rekonstruktion von Jahrhunderten einer Vorgeschichte des Pesach gelesen. Die Bibel stellt das Pesach als typisch und ausschließlich israelitisches Fest dar. Das Pesach scheidet mit verheerenden Konsequenzen Israeliten von Ägyptern. Manche Exegeten versuchen dennoch, das angeblich typisch israelitische Fest als orientalische Banalität zu erklären. Es wird zu einem weit verbreiteten wenn auch historisch nicht belegten Komplex von Ritualen und Glaubensvorstellungen aus der Umwelt Israels.25 Gegen diese Auffassungen wird im Folgenden angenommen, dass Dtn 16,1–8 das älteste biblische Zeugnis über die Feier des Pesach ist.26 Der Text des Deuteronomiums beschreibt jedoch das Pesach‑ und Maṣṣotfest unter den Bedingungen eines Tempels, sogar unter der Vorstellung der Zentralisierung des Kults in Jerusalem. Die Beweislast einer vom Tempel unabhängigen Urgeschichte des Pesach muss daher weiterhin von Ex 12 als einem Text getragen werden, der einen jüngeren Zustand des Festes reflektiert als die Anordnungen zum Pesach des Tempels. Dieses Kapitel ist genauso zu lesen wie sein Kontext mittlerweile in Hinblick auf seinen historischen Wert gelesen wird.27 Ex 12 enthält keinen Hinweis, der einer Rekonstruktion eines israelitischen Pesach vor der Errichtung des Tempels dienen könnte. Seine Schilderungen sind aber keine narrative Fiktion. Sie haben einen sehr konkreten Bezug zu einer ebenso konkreten Realität, nämlich die Liturgie des Pesach am Tempel in Jerusalem. Die meisten Details von Exodus 12 f lassen sich kohärent als narrative Ätiologie zum Verständnis der Details der Tempelliturgie erklären.28 Menachem Haran bezeichnet denn auch Elemente des ägyptischen Pesach als „optische Täuschung“.29 Für die folgenden Überlegungen einer Suche nach einem tempellosen Pesach spielen daher das ägyptische Pesach30, das „zweite“ oder „kleine“ Pesach31 und das Pesach von Gilgal32 in dessen Vgl. Ex 12,14–20.24–27.42. H. Haag, Vom alten zum neuen Pascha. Geschichte und Theologie des Osterfestes (SBS 49), Stuttgart 1971 oder R. Albertz, Exodus. 1: Ex 1–18 (ZBK.AT 2), Zürich 2012, 212 f und dagegen C. Leonhard, Pesach, 56–59. 26 So auch R. Albertz, Exodus, 212. 27 Es ist erstaunlich, dass sich die historische Dekonstruktion der Bibeltexte in der Exegese des Alten Testaments als Evidenz durchgesetzt hat, während Hinweise auf Rituale in Erzähltexten Buchstabe für Buchstabe als Zeugnisse für eine konkrete Praxis gelten. So meint Rainer Albertz: „Die Anachronismen, sachlichen Fehler und relativ wenigen zutreffenden Kenntnisse deuten darauf hin, dass die Erzählungen vom Auszug aus Ägypten kaum aus konkreter historischer Erinnerung heraus erwachsen sind“; Exodus, 30. Die Decodierung der Informationen über Rituale erfordert eine ebenso große, hermeneutische Distanz. 28 C. Leonhard, Pesach, 62–69. 29 M. Haran, Temples and Temple-Service in Ancient Israel. An Inquiry into Biblical Cult Phenomena and the Historical Setting of the Priestly School, Oxford 1978, 347 f. 30 Ex 12–13,16; Weish 18,10–19. 31 Num 9,6–14. 32 Jos 5,5–12. 24
25 Vgl.
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Windschatten keine Rolle. Erzählung und Anordnungen des ägyptischen Pesach sind Ätiologie des Pilgerfestes am Jerusalemer Tempel und kein Zeuge für eine tempellose, häusliche Feier. An dieser Stelle könnte eingewandt werden, dass der Begriff „Pesach“ zwar in den Papyri aus der Militärkolonie in Elephantine nicht vorkommt. Der historische und literarische Kontext zusammen mit dem Hinweis auf das MaṣṣotFest zeigt aber, dass die dort stationierten judäischen Truppen zweifellos dieses Fest gefeiert haben. Für die folgende Untersuchung ist diese Feier Pesach/Maṣṣot jedoch nicht relevant. Es handelt sich nicht um ein tempelloses Pesach der Diaspora. Die Feier gehört zweifellos zu einem israelitischen Tempel. Der Kontext der Briefe und Listen, die mit dem Maṣṣot-Fest verbunden werden, zeigt, dass die Kolonisten fernab von Jerusalem und unter Wissen und Missbilligung der Jerusalemer Priesterschaft (und wahrscheinlich auch zum Ärger der lokalen Priesterschaft des Gottes Chnum) einen Tempel für Yhw betrieben haben. Die Papyri von Elephantine lassen eine entscheidende, hermeneutische Unterscheidung in den Vordergrund treten. Für die Frage von Kontinuität versus Innovation tempelloser Tempelfeste vor und nach der Zerstörung des Tempels ist neben der Differenz zwischen Jerusalem und der Diaspora die Differenz zwischen einem Fest an einem Tempel und außerhalb irgendeines Tempels entscheidend. Es ist nicht nur zu fragen, ob die Wallfahrtsfeste außerhalb des Tempels in Jerusalem gefeiert wurden, sondern ob sie unabhängig von einem Tempel gefeiert wurden. Wer die Papyri von Elephantine als Belege für ein Pesach in der Diaspora betrachtet, verwechselt eine literarische und historische Ideologie (dass es neben dem Tempel von Jerusalem keinen israelitischen Tempel geben darf) mit der historischen Realität (ob es solche Tempel gegeben hat). 3.2 Eine Feier von Sukkot im Heer des Bar Kokhba? Die Feier eines solchen Wallfahrtsfests außerhalb des Tempels, wenn auch schon einige Jahrzehnte nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels, könnte allerdings in drei Briefen aus der Korrespondenz der Truppen von Bar Kokhba verortet werden. Bar Kokhba bestellt im aramäischen Brief Yadin 15 „Palmwedel, Zitronen, Myrten, Weiden“, die „vier Arten“ nach der rabbinischen Terminologie zu Lev 23,40 und Neh 8,15; im griechischen Brief Yadin 3, thyrsous kai kitria, „Kultstäbe (Feststräuße?) und Zitronen“ in das Lager. Die Zahl der Soldaten ist groß und die Sendung ist dringend, weil das Fest nahe ist.33 Das Szenario einer Bestellung genau derjenigen Kultgegenstände, die nach der Zerstörung der Tempels in die rabbinische Form Sukkot zu feiern integriert wird, ist nicht unplausibel. Bar Kokhba würde dann bloß für sein Heer das bestellen, was ohnehin jeder Jude zur jeweils lokalen Feier von Sukkot immer schon (nämlich als alte Tradition) benötigt hätte oder wenigstens das, was rabbi33 Cf.
Yadin 3,16 f.
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nische Juden seit kurzem (nämlich als Innovation) für die Feier von Sukkot benötigen. Die genannten Zeugnisse lassen sich aber auch mit dem messianischen Anspruch von Bar Kokhba erklären.34 Wenn es Bar Kokhba nicht einfach den einzelnen Soldaten ermöglichen wollte, ein schlichtes rabbinisches Ritual zu vollziehen, sondern sie gerade mit den Utensilien für den Tempelgottesdienst ausstattete, und damit eine biblisch inspirierte, triumphale, messianische Feier von Sukkot plante, geht es auch im Fall der Briefe von Bar Kokhba gerade nicht um die ubiquitäre Feier eines tempellosen Sukkot, sondern pointiert um eine Tempelfeier – auch als politische Demonstration. Der Feststrauß war für Bar Kokhba auch außerhalb der Briefe ein machtvolles Zeichen in der öffentlichen Kommunikation über die messianische Bedeutung seines Aufstands. Die Münzen, die den Feststrauß auf ihrer Rückseite tragen, zeigen auf der Vorderseite den Tempel. Was immer Bar Kokhba mit den „vier Arten“ vorhatte und wie stark sich auch die rabbinische Bewegung zu seiner Zeit zur Feier tempelloser Feste mit den Paraphernalia der Tempelliturgie auszustatten pflegte, die Briefe über das Sukkot-Fest des Aufstands sind keine Belege einer allgemeinen jüdischen Gewohnheit, außerhalb des Temples Sukkot zu feiern. Anders gesagt feiert Bar Kochba nicht Sukkot im Heereslager, weil man immer und überall Sukkot feiert, sondern er plant trotz der Existenz im Heereslager eine Tempelliturgie. Hier ist gleichzeitig vor zirkulärer Argumentation zu warnen und die Bedeutung der folgenden Untersuchung zu profilieren. Wenn sich zeigen ließe, dass Israeliten oder Judäer immer schon überall in der alten Welt die Wallfahrtsfeste zu feiern pflegten, wird man geneigt sein, die Briefe des Bar Kokhba als selbstverständlichen Beleg für die Fortsetzung dieser Praxis nach der Zerstörung des Tempels zu deuten. Wenn eine solche Praxis vor der Zerstörung keinen Anhaltspunkt in den Quellen hat, stünde Bar Kokhba an vorderster Front einer rituellen Innovation oder hätte einen politisch-messianischen Coup und keine schlichte und normale Feier von Sukkot im Heer geplant. Die Belege aus der Zeit des Zweiten Tempels sind daher von größter Bedeutung für die Einschätzung dieser Situation, die isoliert betrachtet für verschiedene Deutungen offen bleibt. 3.3 Das Wochenfest bei Tobit Die soweit gesammelten Daten erlauben die Annahme, beweisen sie aber keineswegs, dass die Einrichtung der biblischen Feste als Praxis der Diaspora geraume Zeit nach der Zerstörung des Tempels begann. Die Feier von Festen in der Diaspora wird dennoch ab und zu angedeutet. So feiert Tobit das Wochenfest. Das Zweite Makkabäerbuch erklärt die Feier des Nikanortags und fordert die 34 Vgl. H. Lapin, Palm Fronds and Citrons. Notes on Two Letters from Bar Kosiba’s Administration, HUCA 64 (1993) 111–135 und in Aufnahme derselben Thematik bei S. Bergler, Jesus, Bar Kochba und das messianische Laubhüttenfest, JSJ 29 (1998) 143–191.
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Juden der ägyptischen Diaspora auf, das Tempelweihfest zu feiern. Das Dritte Makkabäerbuch erwähnt ein Fest der ägyptischen Diaspora. Analog dazu begründet das Buch Esther das Purimfest. Natürlich ist auch ein kursorischer Blick auf die Werke Philos nötig, der die Festgesetze auslegt und ebenfalls ein Fest der alexandrinischen Juden zur Feier der Toraübersetzung und zu Sukkot andeutet, beziehungsweise beschreibt. Dass Juden der Diaspora die Wallfahrtsfeste gefeiert haben, scheint durch das Symposium, das Tobit zum Wochenfest hält, bestätigt. Es widerspricht auch dem rabbinischen Verständnis des Festes nicht. Immerhin sieht dieses Fest keine Halakhot vor, die ein Einzelner erfüllen kann. Es ist das am meisten transportable der drei Wallfahrtsfeste. Die Speiseopfer im Tempel kann Tobit selbstverständlich nicht vollziehen. Er kann auch keine Erstlinge darbringen, was zur älteren Festgestaltung dazugehört hätte. Er tut, was man in der Diaspora tun kann, und begeht den Festtag durch ein feierliches Mahl. Anfragen bleiben. Tob 2,1 und 2 Makk 12,31 f legen der Bezeichnung des Festes die Zählung der 50 Tage zwischen der Darbringung der ersten Garbe beziehungsweise dem Beginn der Ernte zugrunde.35 An beiden Stellen sehen die Autoren die Notwendigkeit, den Begriff durch einen technischen Terminus der hebräischen Bibel, nämlich „Fest der Wochen“, zu erklären.36 Wenn auch die Feier eingebürgert gewesen sein mag, der griechische Begriff des fünfzigsten Tages war es nicht. Die Bezeichnungen der Septuaginta wie auch der Masoretentext basieren auf der Zählung der sieben Wochen „Shavuot“. Dieser Begriff für das Fest ist wahrscheinlich älter, weil trotz des Fehlens einer klaren Volksetymologie im AT37 das Jubiläenbuch Shavuot mit einzelnen Ereignissen der Bibel, die den Bund Gottes mit den Menschen thematisieren, mit dem Wortspiel „Wochen“/ „Eide“ implizit plausibilisiert. Der Anlass des Festes bei Tobit ist innerhalb der Erzählung mehrdeutig. Die Erzählung selbst bietet zwei Deutungsmöglichkeiten des Festes für Tobit an. Er kehrt zufällig am Tag der Pentekoste nach Hause zurück, nachdem er sich vor der Verfolgung durch den mittlerweile verstorbenen Sanherib versteckt hatte. Es ist nicht festzustellen, ob Tobit mit dem Wochenfest nicht auch seine Rückkehr feiert und es ist nicht gesagt, dass er jedes Jahr zum Wochenfest ein solches Festmahl veranstaltet.38 Tobit kommt außerdem nicht einmal zum gemütlichen Essen (2,4), weil er sogleich wieder einen Volksgenossen begraben muss – genau die 35 Die Vorstellung folgt Lev 23,16 und steht gegen das Zählen von sieben Wochen nach Lev 23,15; Dtn 16,9. 36 Vgl. S. Schreiber, Aktualisierung göttlichen Handelns am Pfingsttag. Das frühjüdische Fest in Apg 2,1, ZNW 93 (2008) 58–77, hier 62 f. 37 Cf. H. Buchinger / C. Leonhard, Pentekoste, 87 f. 38 In einem Teil der Texttradition ist der genannte fünfzigste Tag gleichzeitig das Fest Pentekoste und das Ende von Tobits 50 (bzw. 40) Tage im Versteck (Tob 1,21). Codex Sinaiticus liest „40“ Tage wie wahrscheinlich auch 4Q196 frg. 2 Z. 3 (4QpapTobita ar), dort allerdings bis auf den ersten (beschädigten) Buchstaben (Alef) rekonstruiert. Ḥag shavu[ot] ist in Z. 10 bezeugt.
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Tätigkeit, die ihn zuvor schon in Lebensgefahr gebracht hatte.39 Er isst sein Mahl, nachdem er den Leichnam versteckt hat, in Trauer und begräbt ihn nach Sonnenuntergang. Die weit über alle Normen hinaus fromme, literarische Gestalt des Tobit kann sich vielleicht nicht ohne gebührenden religiösen Anlass – nämlich nicht um bloß seine Rückkehr zu feiern – zu Tisch legen. In dieser Hinsicht gehört die Feier des Wochenfests zum Flair des Charakters Tobits, dessen Darstellung ein ironischer Zug nicht abgesprochen werden kann. Das Festmahl zu Pentekoste im Tobitbuch hat zumindest vier Implikationen. Erstens ist es zwar nicht undenkbar, wenn auch vielleicht Zeichen einer außergewöhnlichen Frömmigkeit, wenn ein Israelit eines der Wallfahrtsfeste in der Diaspora feiert. Zweitens kann sich ein solcherart frommer Mann die Gestalt der Feier auch nicht anders vorstellen, denn als griechisches Gastmahl mit üppigen Speisen und so früh am Nachmittag, dass es sich noch ausgeht, vor Sonnenuntergang einen Ermordeten zu verstecken und hernach das Mahl einzunehmen.40 Drittens zeigt sich, dass Tobit zwar Teil einer größeren Gruppe und bis in einflussreiche Positionen am königlichen Hof und quer durch das ganze Land sozial bestens vernetzt ist. Dennoch muss er Shavuot alleine, bzw. im Kreis seiner Kernfamilie, feiern. Eine kommunale Feier eines Wallfahrtsfests ist nicht im Blick. Viertens findet das Mahl von Tobit in der literarischen Situation des achten Jahrhunderts in Assyrien statt. Tobit, der ehemalige Bewohner des Nordreichs, ist aus der Sicht des Autors der Erzählung „mehrmals […] zu den Festen“ zum Jerusalemer Tempel gepilgert (1,6 f). Er hat peinlich genau die religiösen Abgaben – Erstlinge und Zehnte – an die korrekten Empfänger im Tempel abgeliefert. Das Shavuot-Mahl des Tobit bleibt daher nicht nur innerhalb der Erzählung mehrdeutig, sondern auch anachronistisch. Es folgt eher einer frommen Logik der Erzählung als den Vorstellungen seiner tatsächlichen Erzähler des dritten oder zweiten Jahrhunderts vor Christus41 darüber, was ein extrem frommer Jude in der Diaspora in hellenistischer Zeit anlässlich von Shavuot wohl getan haben sollte. Zumindest müsste mit Tobit 1,6 betont werden, dass der Protagonist in Mit der schwierigeren (und deswegen besseren?) Lesart der „40“ Tage ist diese Assoziationsbrücke nicht möglich. 39 Vgl. C. A. Moore, Tobit. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 40A), New York, NY 1996, 24 ff und J. A. Fitzmyer, Tobit (CEJL). Berlin/New York, NY 2003, 130 zu Ironie und Humor des Tobitbuchs. 40 Entgegen J. Magliano-Tromp, The Relations between Egyptian Judaism and Jerusalem in Light of 3 Maccabees and the Greek Book of Esther, in: C. Tuckett, (Hg.), Feasts and Festivals (CBET 53), Leuven 2009, 57–76, hier 72 ist aus Tob 2 nicht ableitbar, dass die nach Ninive verschleppten Juden die Wallfahrtsfeste feierten, bzw. dass die Juden Jerusalems und seiner Umgebung der Meinung waren, die gesamte Diaspora feiere die Wallfahrtsfeste zu Hause (oder sollte das tun). 41 C. A. Moore, Tobit, 40 ff. Die Datierung ist nur aufgrund von (immer anfechtbaren) inhaltlichen Kriterien möglich.
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keinem Fall eine Diaspora-Praxis als vollwertigen Ersatz der Pilgerschaft zum Tempel gesehen hat. Wenn das Buch Tobit in Palästina entstanden ist,42 rückt das Shavuot-Mahl noch näher an den Tempel heran. Das Buch ist kein verlässlicher Informant über Realien der Feste der Diaspora. 3.4 Der Überfall des Frevelpriesters am Versöhnungstag Die berühmte Passage des Pesher Habakuk scheint eine Feier des Versöhnungstags außerhalb des Tempels vorauszusetzen.43 Aufgrund des Streits um die Anwendung des schematischen oder eines der damals berechneten lunisolaren Kalender auf die Jahresfeste befindet sich der „Anweiser der Gerechtigkeit“ zu einem anderen Termin und sehr wahrscheinlich an einem anderen Ort als dem Tempel im Vollzug des Fastens und der Ruhe des Versöhnungstags als der „Frevelpriester“. Letzterer bedient sich nicht nur eines falschen Kalenders, sondern nützt die Diskrepanz der Kalender auch noch schamlos aus. Abgesehen davon, dass es hier um den Versöhnungstag und nicht um die Wallfahrtsfeste geht, könnte die Passage andeuten, dass man in Qumran – und damit außerhalb des Tempels aber zum korrekten Zeitpunkt – Elemente des Versöhnungstags vollzogen hat (Fasten, Ruhe; wahrscheinlich keine Opfer). Vielleicht hat die Gruppe um den „Anweiser der Gerechtigkeit“ den Versöhnungstag außerhalb des Tempels wenigstens so lange begangen, als sie den Tempelkult für unangemessen hielten. Abgesehen von der oben aufgestellten Vermutung, dass das Fasten des Versöhnungstags wie auch die Sabbatruhe transportablere Elemente waren als die Feier der Wallfahrtsfeste, wollen ja jüdische Gruppen in der Diaspora nicht in relativer Nähe zum Tempel dessen Gottesdienst substituieren. Wenn sie die Gelegenheit hätten, würden sie ja die Wallfahrtsfeste am Tempel feiern. Obwohl 1QpHab XI 4–8 es als denkbar erscheinen lässt, dass mit dem Tempel assoziierte Feste auch außerhalb desselben gehalten wurden, unterscheidet sich doch die Situation des Yaḥad in Bezug auf den Tempelgottesdienst fundamental von einer jüdischen Gruppe in der Diaspora. Jüdische Händler oder Philosophen in Rom, Alexandria oder Ephesus leben ja nicht außerhalb des hl. Landes, weil sie die gerade praktizierte Form des Tempelgottesdienstes und/oder dessen Trägergruppe für inakzeptabel halten.
42 J. A. Fitzmyer,
Tobit, 50–54. 1QpHab XI 4–8; J. Maier, Die Qumran-Essener. 1. Die Texte der Höhlen 1–3 und 5–11 (UTB 1862), München 1995, 163 f: „Seine Deutung (geht) auf den Frevelpriester, der den Anweiser der Gerechtigkeit verfolgt hat, um ihn zu verschlingen im Zorn seines Grimms, ihn gefangen wegführen wollend, und zur Zeit des Festtermins der Ruhe des Versöhnungstages erschien er ihnen, um sie zu verschlingen und um sie zu Fall zu bringen am Tag des Fastens ihrer Arbeitsruhe.“ 43
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3.5 Pesach, Sukkot und Fest der Toraübersetzung bei Philo Philos De Specialibus Legibus fordert die Frage nach der Feier der Wallfahrtsfeste für die Zeit vor der Zerstörung des Tempels in Jerusalem heraus.44 Philo versteht einerseits das Essen des Pesachtiers als normales Symposium. Er weist mit dem Stilmittel der Darstellung der eigenen Mahlpraxis vor dem dunklen Hintergrund der Essgewohnheiten der Umwelt auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Symposia hin. Der Horizont des Mahls steht aber fest. Andererseits vergleicht er explizit das einzelne Haus der Israeliten mit „einem Tempel“. Zu dieser Stelle wurde vorgeschlagen, an die Häuser der alexandrinischen Juden zu denken. Philo berichtet hier aber nicht über Sederabende der Juden in Ägypten, sondern über die Jerusalempilger. Wo normalerweise das Fleisch von Opfertieren im Areal des Tempels gegessen werden muss, besteht in Bezug auf Pesach eine Ausnahme. Das Pesach wird auch außerhalb des Tempels – sehr wohl aber in Jerusalem – gegessen, sodass die Häuser Jerusalems und nicht die Häuser Alexandrias einen Teil der Funktionen des Tempels übernehmen, nämlich die Funktion, als Raum für die Mahlzeiten zu dienen. Es handelt sich hier nicht um einen Beleg für eine Feier von Pesach in Ägypten. Wer hier an eine Feier des Pesach in Alexandria denken möchte, muss die gesamte Passage ernst nehmen. Dann müssten Israeliten quer durch die Diaspora (oder zumindest in Alexandria) jährlich in jedem Haus Pesachtiere geschlachtet haben, nachdem sie sich zuvor gereinigt hätten.45 Ein Fest, das Mitglieder der ägyptischen Diaspora offenbar sehr real feiern, deutet Philo nebenbei in De Vita Mosis an.46 Alljährlich treffen sich Juden (und 44 De Specialibus Legibus 2,148. Vgl. zur Debatte C. Leonhard, Pesach, 33–35. Vgl. die qualifizierte Gegenmeinung bei N. Martola, Eating the Passover Lamb in House-temples at Alexandria: Some Notes on Passover in Philo, in: U. Haxen / H. Trautner-Kromann / K. L. Goldschmidt Salamon (Hg.), Jewish Studies in a New Europe. Proceedings of the Fifth Congress of Jewish Studies in Copenhagen 1994 under the Auspices of the European Association for Jewish Studies, Copenhagen 1998, 521–531 und J. J. Marcus, Passover. „Jedes Haus erhält zu dieser Zeit den Charakter und die Weihe eines Heiligtums; denn das geopferte Tier wird zu weihevollem Mahle zubereitet und die Teilnehmer an diesem Festmahle haben sich mit heiligem Sprengwasser gereinigt: sie sind ja nicht zusammengekommen, um wie bei sonstigen Gelagen ihrem Leibe mit Wein und Speisen zu Willen zu sein, sondern um der Väter Brauch unter Gebeten und Lobgesängen zu erfüllen“ (Übersetzung: Cohn). Gebete und Hymnen/Psalmen sind hier nicht typisch für Pesach. Die Juden, die im Hippodrom ihre Befreiung mit Mählern und Tanz feiern, beten und singen Psalmen; 3 Makk 6,35. Auch das „Halleluja“ ist kein Festgesang im technischen Sinn der mittelalterlichen Haggadah von Pesach. Nach 3 Makk 7,13 stimmen die Priester und die Volksmenge „das Alleluja“ als spontanes Gotteslob an, während sie sich von der Audienz des Königs wegbegeben, um die in der Verfolgung abgefallenen Juden zu töten. Auch auf dem Heimweg singen sie Hymnen und danken Gott (V. 16). 45 J. Marcus, Passover, 309 möchte aus der Stelle die universale Feier des Pesach übernehmen, schwächt seine Schlussfolgerung aber angesichts der damit verbundenen Annahme einer ebenso universalen Schlachtung von Pesachtieren mit einer nebulösen Bemerkung ab: „[…] we seem to be dealing with at least the rudiments of a domestic celebration of Passover“ (kursiv: C. L.). 46 De Vita Mosis 2,41 f.
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vielleicht auch Nicht-Juden) auf der Insel Pharos, auf der einst die Tora ins Griechische übersetzt wurde.47 Sie ehren Gott mit Gebet und Dank und feiern in kleineren Gruppen Festmähler am Strand unter freiem Himmel oder in Zelten. Philos alexandrinische Juden haben ihre eigenen Gründe, Feste zu veranstalten. Sie sind darin vom Tempel und von Judäa unabhängig.48 Zur Feier des Pesach muss ein Jude Alexandrias nach Jerusalem gehen. In Alexandria wird das Gegenteil des Auszugs aus Ägypten gefeiert, nämlich das Fest des Einzugs der Tora in die griechische Kultur. Philo nennt keinen Termin für das Fest der Toraübersetzung. Die genannten Zelte könnten als Hinweis auf Sukkot interpretiert werden.49 Gegen eine Assoziation von Sukkot muss eingewandt werden, dass Mahlgruppen sich bei Mählern im Freien mit Sonnendächern ausstatten konnten. Die Zelte gesellten sich historisch gesehen wegen der Sonne und nicht als Vollzug einer Kultvorschrift und auch nicht zur Erinnerung an den Exodus zu den Requisiten des Festes.50 Sobald die Zelte aber im Ritual Verwendung gefunden hatten, war nicht mehr klar, ob es sich um theologisch bedeutungslose Sonnenschirme oder um einen Anknüpfungspunkt für die Erinnerung an die Geschichte des Volkes handelte. Bereits Lev 23,42 f beutet die grundsätzliche Ambiguität von ritualisierten Handlungen und heiligen Orten aus.51 Für Philo zeigt das Wohnen in Zelten bereits 47 Philo merkt an, dass die Übersetzung der Tora von dieser Insel zum ersten Mal „aufstrahlte“ (eklampein). Wenn man bedenkt, dass nahe der Insel der berühmte Leuchtturm von Alexandria stand, erhält der Ort der Übersetzung der Tora ins Griechische eine dermaßen überwältigend allegorische Plausibilität, dass zur Verteidigung der Historizität der Notiz auf den Aristeas-Brief verwiesen werden muss. Die Septuaginta wird auch dort (Arist. § 301, nur „die Insel“) am Strand, allerdings in einem Haus übersetzt. Die Vorstellung, dass Nicht-Juden an diesem Fest teilnehmen, ist Philo einerseits zuzutrauen, weil er auch sonst davon überzeugt ist, dass die Tora von universalem Wert ist. Allerdings könnte sich der Relativsatz eis hēn ouk Ioudaioi monon alla kai pamplētheis eteroi diapleusi sowohl auf die „Insel“ als auch das „Fest“ beziehen. Man muss außerdem, um am Fest teilnehmen zu können, kein Boot besteigen, weil die Insel vom Festland aus über eine Landbrücke erreichbar ist. Es wäre daher denkbar, dass der Relativsatz ausschließlich die Insel mit ihrem Leuchtturm qualifiziert, die ja nicht nur Juden, sondern auch viele andere Reisende auf ihrem Weg zum Hafen in ihren Schiffen passieren. In diesem Fall hätte Philo nicht behauptet, dass das Toraübersetzungsfest von Juden und NichtJuden gemeinsam gefeiert würde. 48 Die Therapeuten feiern nicht das biblische Shavuot, sondern organisieren ihr gesamtes Leben nach der Zahlensymbolik des Pythagoras (7×7+1); vgl. C. Leonhard, Pesach, 169–172. Philos De Vita Contemplativa enthält daher keinen Beleg für die Annahme einer Feier der Wallfahrtsfeste in Ägypten, obwohl klar ist, dass der Sabbat gehalten wird. 49 J. Leonhardt[‑Balzer], Jewish Worship in Philo of Alexandria (TSAJ 84), Tübingen 2001, 48. Auch Alexander von Abonouteichos bedient sich des Recyclings von bestehenden Ritualen zur gezielten Schaffung eines neuen Kults, vgl. A. Chaniotis, Wie (er)findet man Rituale für einen neuen Kult? Recycling von Ritualen – das Erfolgsrezept Alexanders von Abonouteichos, Forum Ritualdynamik 9 (2004) http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/ritualdynamik/ article/view/351/335. 50 Vgl. C. Leonhard, Laubhüttenfest zu Sukkot. 51 Phil., De Specialibus Legibus 2,207.
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eine Bedeutung des Festes an. Er konnte daher auch umgekehrt von der Existenz der Zelte auf die Bedeutung derselben schließen. Was Philo betrifft könnte ein anderer Text allerdings die Assoziation von Sukkot und dem Fest der Toraübersetzung stärken. Philo deutet an, dass die Verhaftung des Flaccus auf das Herbstäquinoktium fiel – ein Fest, „an dem es für die Juden Brauch war, in Zelten zu leben“.52 Zur Zeit des Flaccus sei das Fest aber wegen der trostlosen Situation des Volkes und seiner Führer überhaupt nicht vollzogen worden.53 Nachdem sich die Nachricht von der Verhaftung des Flaccus verbreitet hat, strömen die Juden aus ihren Häusern, stimmen ein Dankgebet an und verbringen die ganze Nacht mit Hymnen und Liedern.54 Im Morgengrauen ziehen sie an den Strand (um ein weiteres Dankgebet zu vollziehen). Den Ort dieses Gebets erklärt Philo damit, dass man den Juden ihre Gebetsräume (proseuchē) genommen hatte. Es hätte somit in den Gemeinschaftsräumen der Juden stattgefunden, wenn ihnen diese zur Verfügung gestanden wären. Die Verhaftung des Flaccus ist Anlass, Grundprinzip der Form (Ganznachtfeier, Dankgebete) und Thema der Versammlung – nicht aber Sukkot oder das Toraübersetzungsfest.55 Die Bemerkung Philos über den Brauch der Juden, zur Wintersonnenwende in Zelten zu leben, legt dennoch nahe, dass die Juden Alexandrias vor und nach der Unterdrückungszeit durch Flaccus dieses Fest in Zelten zu feiern pflegten. Wenn nun Philo in einem textorientierten Traktat wie De specialibus legibus ein ideales Wesen von Judentum und Gesetz darstellt, das sich nicht in genau dieser Form in der ägyptischen Realität wiederfindet,56 so wäre doch im Fall von In Flaccum ein größeres Interesse an historischen Tatsachen zu erwarten. Auch hier charakterisiert er das Fest über seine Nähe zum Herbstäquinoktium,57 was in einem kursorischen Blick auf den Jahreskreis stimmt, nicht aber die biblische Festorganisation reflektiert. Das ist ein weiterer Grund, die Vermutung von Jutta Leonhardt-Balzer, dass die alexandrinischen Juden das Toraübersetzungsfest um den Termin von Sukkot
52 In Flaccum 116 f, 122; De Vita Mosis 2,42. Eine sehr ähnliche Festbeschreibung findet sich auch in De Specialibus Legibus 2,204–214; zu den Zelten: 2,206. 53 In Flaccum 117. 54 In Flaccum 122. 55 Phil., De Specialibus Legibus 2,209. Sukkot ist allerdings auch ein Fest der Ehrerbietung und des Dankes an Gott. 56 Phil., De Specialibus Legibus 2,204. Auch das „kartalon (Körbchen)“-Fest, zur Darbringung der Erstlinge nach Dtn 26,1–11, scheint in Alexandria Tempel (eis to hieron 2,216) und Priesterschaft zu fehlen. Philo erklärt nicht, ob und wenn ja wie man dieses Ritual in Alexandria vollziehen sollte. Er streicht zwar den biblischen Hinweis auf den Tempel aus der Paraphrase des angeblichen Ritualtexts des Bauern; Dtn 25,9 (eis ton topon touton). Sein Interesse bleibt aber nach wie vor auf die Erklärung der Perikope und nicht auf eine Praxis der Juden seiner Stadt gerichtet. 57 In Flaccum 116: kata tēn metopōrinēn isēmerian.
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feierten, für erwägenswert zu halten, ja sogar weiterzudenken.58 Wenn die Juden Alexandrias ausgerechnet zu Sukkot die Toraübersetzung gefeiert haben, könnte es sich um eine implizite Revision von Dtn 31,9–13 handeln, der Anweisung zur Proklamation der Tora jedes siebte Jahr am Laubhüttenfest im Tempel von Jerusalem.59 Auch die umgekehrte Annahme einer regelmäßigen Feier einer (vor‑) rabbinischen Form von Sukkot in Alexandria dürfte in keinem Fall verallgemeinert werden. Nach den Indizes zur Textsammlung von Menachem Stern hat kein griechischer oder römischer Autor jemals Juden bei der Feier von Sukkot außerhalb von Jerusalem beobachtet. Keiner von ihnen hat je eine Laubhütte (als typisches Merkmal des späteren, rabbinischen Sukkot) wahrgenommen oder beobachtet, dass Juden zu Sukkot in „Zelten“ zu wohnen pflegen. Wenn Plutarch über ein jüdisches Fest spricht, das Sukkot sehr ähnlich sieht, meint er bestenfalls Sukkot am Tempel in Jerusalem oder überträgt griechische Kultpraxis auf das Judentum. Dieses absolute Schweigen der Quellen ist signifikant, weil Griechen und Römer über Grundlagenwissen zur Praxis des Sabbat und der Beschneidung, über den Tempel in Jerusalem und (im Fall von Tacitus) auch über die Legende des Exodus als Ursprungsgeschichte des Volkes verfügten.60 Juden der Diaspora haben nach erhaltenen literarischen Zeugnissen Feste gefeiert.61 Es muss gefragt werden, welche Feste oder welche Arten von Festen Juden der Diaspora gefeiert haben.
58 J. Leonhardt[‑Balzer], Worship, 46 f nimmt an, dass die Juden Alexandrias Sukkot gefeiert und anlässlich des Festes in Zelten gewohnt haben, ergänzt aber über die Parallelen zwischen der Beschreibung des Toraübersetzungsfestes und Sukkot, sie seien „possibly indicating the (very tentative) conclusion that the Alexandrian Torah festival was linked to the local celebration of Sukkot“, 48. Ihre Besprechung endet mit dieser Beobachtung, die hier konsequent fortgeführt werden soll. 59 Nach dem Index von http://www.biblindex.mom.fr/ (11. 08. 2015) legt Philo die Passage des „Haqhel“ nicht aus. 60 M. Stern, Greek and Latin Authors on Jews and Judaism. [Vol. 2]: From Tacitus to Simplicius (Publications of the IASH, Section of Humanities), Jerusalem 1980, Nr. 281 = Historiae V, 1–13. Die Beschreibungen des Laubhüttenfests bei Plutarch (Nr. 258 = Quaestiones Conviviales IV 6,1 f; Nr. 260 = Regum et Imperatorum Apophthegmata) beziehen sich auf den Tempel, nicht auf ein außerhalb eines Tempels gefeiertes Fest. 61 Schon die bei Josephus zitierten Dekrete mit Privilegien für die Juden der Diaspora erwähnen die Feier von „Festen“ (ant. Iud. 14,257). Dazu gehört aber auch die Annahme, dass die Juden von Sardis in Sardis (§ 260) „Gebete und Opfer“ (euchas kai thysias) vollziehen durften und vollzogen haben. Wenn man die „Opfer“ aus diesem Dekret nicht wegdiskutieren will (schlecht informierte römische Perspektive, metaphorische Verwendung des Begriffs) hatten die Juden in Sardis ein Interesse an Schlachtopfern (in einem größeren Tempel der Stadt, in einem eigenen Tempel oder in einer dafür eingerichteten Anlage in einem Vereinshaus). Wie unten gezeigt wird, ist die Feier von Tempelfesten an Tempeln außerhalb Jerusalems für die Frage dieser Untersuchung uninteressant. Als Vorbild für rituelle Praxis nach der Zerstörung des Tempels von Jerusalem ist die tempellose Feier von Tempelfesten in der Diaspora wichtig.
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3.6 Die „Tage des Herodes“ bei Persius Aus dem Zentrum des römischen Reiches stammt eine Passage aus der fünften Satire von Persius.62 Dort wird gegen ein aus der Sicht des Autors einerseits abstoßendes, für manche Römer aber doch paradoxer Weise anziehendes Fest der Juden polemisiert, das er „Tage des Herodes“ nennt. Gelegentlich wird diese Notiz als Hinweis auf die Feier von Chanukka durch die Juden der Stadt Rom interpretiert. Die vagen Andeutungen des Textes lassen jedoch weder typische Festelemente des rabbinischen Chanukka noch eine passende Ätiologie erkennen. Es lohnt sich daher, den Namen jenes Festes ernst zu nehmen und einfach davon auszugehen, dass manche Juden Roms anlässlich der „Herodestage“ ein Festmahl gehalten haben. Ein solches Fest mag sie einerseits als Gruppe mit ihrem ideellen Herkunftsland verbinden. Andererseits ist es in der römischen Umwelt ein weniger unplausibles Fest als die Feier der Einweihung des Jerusalemer Tempels. 3.7 Das doppelte Befreiungsfest der Juden im Dritten Makkabäerbuch Das doppelte Fest der Befreiung der Juden in Ägypten betonte nach der Erzählung der letzten beiden Kapitel des Dritten Makkabäerbuchs ein Volksbefreiungsfest als spezifisch ägyptisches Eigengut.63 Die Erzählung beginnt in Palästina, wo das Volk Jerusalems und sein tugendhafter Hoherpriester Simon auf heroische Weise Gott erfolgreich dazu herausfordern, das Eindringen von Ptolemaios IV ins Allerheiligste des Tempels zu verhindern. Die Rettung des Jerusalemer Tempels führt kurzfristig zur Gefährdung, mittelfristig aber doch zur Rettung der ägyptischen Juden. Die folgende Erzählung spielt in Ägypten, wo sich Ptolemaios an den lokalen Juden zunächst für seine Niederlage in Jerusalem rächen will. Durch das Eingreifen Gottes wird die Vernichtung der Juden Ägyptens jedoch verhindert. Nach dieser seiner zweiten Niederlage und seinem Sinneswandel ordnet Ptolemaios an, dass die Juden im Hippodrom mit Wein „und dem übrigen“ für ein siebentägiges Fest ausgestattet werden sollen, um „in aller Fröhlichkeit ein Fest zur Rettung zu feiern“. Sie stimmen einen väterlichen Gesang an und tanzen. Der König hält parallel dazu ein Symposion. Die Juden beschließen, diese (sieben64) Tage als Fest „für ihre gesamte Fremdlingschaft/ Diaspora auf Generationen hin“ wegen ihrer Rettung zu feiern. 62 Vgl. die Analyse und Diskussion im oben angedeuteten Sinn bei C. Leonhard „Herod’s Days“ and the Development of Jewish and Christian Festivals, in: B. Eckhardt (Hg.), Jewish Identity and Politics between the Maccabees and Bar Kokhba. Groups, Normativity, and Rituals (JSJ.S 155), Leiden/Boston, MA 2012, 189–208. 63 Vgl. B. Eckhardt, Ethnos und Herrschaft. Politische Figurationen judäischer Identität von Antiochos III. bis Herodes I (SJ 72), Berlin/Boston, MA 2013, 100–111 zur Rolle der Feste als „Figurationen des autonomen Ethnos“ in der Zeit der Hasmonäer. 64 3 Makk 6,36. Ios. c. Ap. 2,55 (zur gesamten Erzählung: 2,49–55) berichtet nur von einem einzigen Festtag, der aufgrund der Rettung der alexandrinischen Juden (und nur von ihnen)
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Das Dritte Makkabäerbuch macht keine Angaben darüber, ob das Fest ein biblisches Wallfahrtsfest oder ein außerbiblisches judäisches Fest ersetzen oder ergänzen soll. Es wird im ägyptischen und nicht im biblischen Kalender verankert.65 Für beide Feste wird betont, dass sie (nur) gefeiert werden, solange der Diasporazustand anhält.66 Auch Josephus erwähnt Eckdaten der Erzählung und das Fest. Das Volk erwirkt vom König die Erlaubnis, Volksgenossen67, die zu Kollaborateuren geworden waren, zu töten. Sie ziehen nach Ptolemais und feiern vor der Einschiffung in ihre Heimatorte sieben Tage ein weiteres Rettungsgelage.68 Dort bestimmen sie, dass auch diese sieben Tage für die Dauer ihres Aufenthalts als Fremdlinge in Ägypten als Freudenzeit zu halten sind, errichten eine Stele und eine proseuchē an der Stelle und kehren als freie Menschen nach Hause zurück. Dieses zweite Fest wird nicht datiert. Nach Ulrike Mittmann-Richert (und anderen) ist das Dritte Makkabäerbuch mit seinen beiden Festen eine Gegenerzählung gegen das griechische Esther‑ und das Zweite Makkabäerbuch.69 Die überlieferte Literatur reflektiere eine Konkurrenzsituation zwischen Judäa und Ägypten im ausgehenden zweiten Jahrhundert v. Chr. Die Juden Ägyptens signalisierten religiöse Autonomie in einem mit dem Mittel der Literatur ausgetragenen und dargestellten Konflikt. Johannes Magliano-Tromp rekonstruiert eine weniger polemische Begegnung zwischen den Juden Ägyptens und Palästinas auf der Basis der Briefe am Anfang des Zweiten Makkabäerbuchs, des Dritten Makkabäerbuchs und des griechischen Estherbuchs, die unten nochmals erwähnt werden.70 gefeiert wird. Vgl. J. Magliano-Tromp, Relations, 57 f und 72 f, sowie S. Johnson, Third Maccabees. Historical Fictions and the Shaping of Jewish Identity in the Hellenistic Period, in: J.A. A. Brant / C. W. Hedrick / C. Shea (Hg.), Ancient Fiction. The Matrix of Early Christian and Jewish Narrative (SBL Symposium Series 32), Atlanta, GA 2005, 185–197, hier 186. 65 3 Makk 6,38–41 berechnet den gesamten Zeitraum der Gefangennahme, des Aufenthalts im Hippodrom und des Festmahls mit 50 Tagen, macht aber sonst keine Anstalten, das Fest mit Shavuot zu assoziieren. Wenn hier eine Anspielung auf die 50 Tage zwischen der Darbringung des Omer und Shavuot intendiert ist, dann handelt es sich um die älteste Andeutung eines prekären und potentiell gefahrvollen Charakters der Zeit zwischen Pesach und Shavuot. 66 3 Makk 6,36; 7,19. 67 3 Makk 7,14; homoethnēs. Auch 2 Makk 4,2; 5,6; 12,5; 15,30 f; B. Eckhardt, Ethnos; z. B. 369–372 (Anhang 3), bes. 369. 68 3 Makk 7,18. 69 U. Mittmann-Richert, Theologie als Schlüssel zur Historie. Neue Wege zur Datierung frühjüdischer Schriften, in: H. Lichtenberger / G. S. Oegema (Hg.), Jüdische Schriften in ihrem antik-jüdischen und urchristlichen Kontext (Studien zu den JSHRZ 1), Gütersloh 2002, 75– 101. Vgl. auch P. S. Alexander, 3 Maccabees, Hanukkah, and Purim, in: A. Rapoport-Albert / G. Greenberg (Hg.), Biblical Hebrews, Biblical Texts. Essays in Memory of Michael P. Weitzman (JSOT.S 333 = The Hebrew Bible and its Versions 2), Sheffield 2001, 321–339, hier 333. Für die umgekehrte Richtung der Abhängigkeit, nämlich der königlichen Briefe in den griechischen Zusätzen zu Esther von 3 Makk, argumentiert N. Hacham, 3 Maccabees and Esther. Parallels, Intertextuality, and Diaspora Identity, JBL 126 (2007) 765–785. 70 J. Magliano-Tromp, Relations, 67–75. S. Anm. 94.
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Vor weiteren Überlegungen zu Tempelweihfesten und den Briefen des Zweiten Makkabäerbuchs ist daher kurz auf das eben erwähnte Purimfest einzugehen, weil dieses Fest in einer analogen, historischen Diskussion eine ähnliche Rolle gespielt hat – allerdings mit weit größerem, langfristigem Erfolg. 3.8 Purim Die deutlichen Berührungspunkte zwischen dem griechischen Estherbuch, sowie dem Zweiten und Dritten Makkabäerbuch sind literarische Parallelen. Die Plausibilisierung von Thesen über die gefeierten Feste ist komplexer. In diesem Zusammenhang muss große Zurückhaltung gegenüber Vermutungen über die Verwendung der überlieferten Texte innerhalb von Festritualen eingefordert werden. Obwohl es keinen Hinweis darauf gibt, dass das Purimfest an sich vor 70 (n. Chr.) gefeiert wurde, geht Günter Stemberger davon aus, dass den Rabbinen ein volkstümliches, karnevalistisches Fest vorlag, „gegen das sie sich nicht durchsetzen können“ und das sie „zumindest in der Linie des Esterbuches religiös deuten, indem sie die Lesung von Esther zu einem wesentlichen Bestandteil machen“71. Das Fest kann es in heute unklarer Beziehung zum überlieferten Buch gegeben haben. Aus der Existenz des Buches kann man daher mit aller Vorsicht auf ein Fest schließen. Die griechische Überarbeitung des Estherbuchs deutet ebenfalls die Existenz des Festes zur Zeit der Übersetzung vor der Zerstörung des Tempels an.72 Das bedeutet aber nicht, dass das Buch zum Fest vorgetragen wurde. Es dauert nach der Zerstörung des Tempels noch viele Jahrzehnte, bis sich die rabbinischen Vorstellungen über Notwendigkeit, Art und Weise der Ritualisierung der Lesung der Estherrolle durchsetzen. Die Rede von diesem Buch als „Festrolle“ für Feiern in der Zeit der Makkabäer ist daher anachronistisch. Wir haben „für die Zeit vor 70 keine klaren Belege“ für eine Feier von Purim „in Palästina
71 G. Stemberger, Die Megillot als Festlesungen der jüdischen Liturgie, in: ders., Judaica Minora I, Tübingen 2010, 234–247 [überarbeitete Ausgabe aus 2003 (erschienen 2004), JBTh 18, Neukirchen-Vluyn 2004, 261–276], hier 238. Alexander 2001, 336 f bezeichnet Esther und 2 Makk als „festal scrolls“. Wenn damit die liturgische Verwendung der Megillot der hebräischen Bibel assoziiert wird, ist der Vergleich anachronistisch und suggeriert Alter und Kontinuität einer rituellen Praxis, die erst Jahrhunderte nach der Entstehung von 2 Makk beginnt; vgl. G. Stemberger, Megillot, 261–276. Die Vorstellung einer Schriftengruppe von „Festrollen“ hat in den Qumrantexten, die das Estherbuch nur in Vorläufern bzw. ähnlichen höfischen Erzählungen kennen, ebenfalls keinen Anhaltspunkt; G. Stemberger, Megillot. Die „Mordechai-Tage“ in 2 Makk 15,36 par. 10,8.2 werden erwähnt, um den Nikanortag (1 Makk 7,49; B. Eckhardt, Ethnos, 100–111) zu datieren. Es ist nicht evident, dass damit auf Purim verwiesen wird. Josephus (ant. Iud. 11,295) deutet den Inhalt des Estherbuches und seine Funktion als Festlegende für Purim, das er auch als Namen des Festes erwähnt, an. Daraus ergibt sich nicht, dass eine Version der Geschichte am Fest vorgelesen werden sollte. 72 Vgl. Est 10,3k.
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oder in (Teilen der) Diaspora […] und schon gar nicht dafür, dass bei einem solchen Fest Ester vorgelesen wurde“73. Das literarische Purim ist ein Fest zu einem Diaspora-Thema, das zwar nicht mit dem Tempel in Jerusalem, vielleicht aber durch seinen kalendarischen Ansatz genau im Monat vor Pesach, dem Wallfahrtsfest der Befreiung des Volkes in und aus Ägypten, gegenübergestellt wird. Die inhaltlichen Ähnlichkeiten zwischen Purim und den Festen des Dritten Makkabäerbuches müssen daher nicht auf literarischer Abhängigkeit oder einem heortologischen Imperialismus Jerusalems basieren, sondern deuten an, was eine für die Diaspora typische Festlegende sein könnte. Ohne literarische Berührung gehört das Toraübersetzungsfest bei Philo ebenfalls in diese Kategorie. 3.9 Das Tempelweihfest im Zweiten Makkabäerbuch Die Situation in Bezug auf Chanukka bleibt komplizierter. Das Zweite Makkabäerbuch stellt sich als Sendschreiben der Jerusalemer an die ägyptischen Juden dar. Es will zwei Feste begründen: das Fest der Wiedereinweihung des Tempels und den Nikanortag. In der Analyse von Daniel Schwartz läuft das gesamte Buch auf den Nikanortag zu.74 In diese Erzählung wurde das Tempelweihfest eingefügt. Mit dem Tempelweihfest befassen sich die Briefe, die der Erzählung vorangestellt werden. So zitiert das Buch einen Brief der Juden Jerusalems an die Juden Ägyptens, in dem die Wiedereinrichtung der Rituale am Tempel angedeutet wird.75 Zusammen mit den Briefen76 erweitert das Buch die Funktion der Erzählungen über die Makkabäer zu einer Festlegende bzw. Legitimationsschrift für Chanukka. Der Brief fordert im Jahr 143/142 v. Chr.77 zur Feier „der Tage des
73 G. Stemberger, Megillot, 237 f. Der spätere Brauch, zu den Festen eine Festrolle zu lesen, wird auch z. B. bei J. Magliano-Tromp, Relations, 69 unhinterfragt vorausgesetzt und damit für mehrere antike Bücher eine raison d’être und ein sozialer Hintergrund des Textes postuliert. 74 D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin/New York, NY 2008, 520.526. Den Kompilatoren der überlieferten Gestalt des 2 Makk lagen der (erste) Festbrief und das 2 Makk, das auf den Nikanortag zuläuft, vor. Sie verbanden die beiden Texte, passten sie einander an und interpolierten u. a. 10,1–8, worin eine Gründungsgeschichte von Chanukka mit derselben Terminologie wie sie auch zum Nikanortag gegeben wird, erscheint. 75 Vgl. 2 Makk 10,3 (124 v. Chr.) und D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 526 Nr. 2. 76 Nach D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 527–529 kam der zweite Brief am Anfang des Kapitels zur selben Zeit an seine Position wie der erste. Vor allem die (der älteren Fassung von 2 Makk hinzugefügte) Notiz der Wiederentzündung des himmlischen Feuers von 10,3 ist zusammen mit ihrer Funktion in der gesamten Erzählung nur verständlich, wenn man zuvor den zweiten Einleitungsbrief gelesen hat. 77 2 Makk 1,7. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 139 zur Zeitrechnung: 169 der seleukidischen Ära.
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Zeltaufschlagens/Laubhütten des Chaslev (des Jahres 148 [der Seleukidischen Ära])“78 auf. Der zweite Brief (angeblich 164 v. Chr.) stellt zunächst die Absicht der Jerusalemer Juden dar, das Fest der Reinigung des Heiligtums am 25. Kislew zu feiern, „damit auch ihr sie (als Fest) des Zeltaufschlagens/der Laubhütten und des Feuers feiert“ (1,18). Darauf begründet der Brief den Feueraspekt des Festes und erzählt über Verunreinigungen und Wiedereinweihungen des Tempels. Der Feueraspekt des Festes wird auf die Wiederaufnahme der Opfer durch Nehemia und von da durch die Geschichte zurück über Jeremia bis Salomo und Mose erklärt. 2 Makk 2,16 f beendet die Erzählung der Geschichte des himmlischen Feuers und der früheren Einweihungen des Tempels und kommt wieder auf die Feste zu sprechen. Die Jerusalemer wollen die „Reinigung“ feiern und empfehlen den ägyptischen Juden auch „die Tage“ zu halten (agein). Der Text wendet sich dann einem Summarium über die Reinigung des Tempels und die Erneuerung des Altars unter Judas Makkabäus zu.79 Im Lauf des Buches kommen die Feste ein weiteres Mal in den Blick. Nach der Flucht des Judas aus Jerusalem bewirkt das Hellenisierungsprogramm, das auch den Tempel betrifft, dass man den Sabbat nicht mehr halten und die „väterlichen Feste“ nicht mehr feiern konnte.80 Sie werden aber nicht ersatzlos gestrichen. Monatlich muss der Geburtstag des Königs mit Opfermahlzeiten begangen werden. Das Volk wird zur Teilnahme an Prozessionen zu Ehren des Dionysos gezwungen.81 Wer typisch jüdisches Verhalten zeigt (Beschneidung, Sabbat, Ablehnung von Schweinefleisch) wird getötet. Nach dem Sieg der Makkabäer vollzieht Judas genau das, was die Jerusalemer zu Beginn des Textes als Grund für das Fest angegeben hatten – mit Daniel Schwartz denn auch ein gezielter Texteinschub in der Erzählung an dieser Stelle. Judas reinigt den Tempel und erneuert den Altar.82 Das Opferfeuer wird angezündet.83 Das Datum der Reinigung des Tempels entspricht dem Festdatum des 78 Vgl. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, Appendix 1 begründet die Wahl der Texttradition „148“ statt „188“. Damit zitiert der erste Brief nicht einen älteren Brief, sondern fordert die Juden Ägyptens auf, das „Tempelweihfest von 148“ (der Seleukiden) zu feiern, dem Datum, an dem die Einweihung des Tempels begann; 1 Makk 4,52; Hinweise: 2 Makk 11. Das Tempelweihfest ist demnach historisch genau mit der Tempelwiedereinweihung der Makkabäer verbunden. 79 Ab 2 Makk 2,19; 1 Makk 4,45 ff. 80 2 Makk 6,6. 81 2 Makk 6,7 f. 82 2 Makk 10,3. 83 Die Frage, ob an dieser Stelle wunderbare Erscheinungen bei der Entzündung des Feuers vorliegen, wird unterschiedlich beantwortet. G. Stemberger, Das Chanukkafest, das Buch Judit und damit verbundene Midraschim (TSAJ 133), in: ders., Judaica Minora I, Tübingen 2010, 266–280 [überarbeitete Ausgabe von La festa di Hanukkah, il libro di Giuditta e midrašim connessi, in: Busi, G. (Hg.), We-zo’t le-Angelo. Raccolta di studi giudaici in memoria di Angelo Vivian (TSAISG 11), Rom 1993, 527–545], hier 267 erwähnt in Anm. 2 den Vorschlag von D. R. Schwartz, 2 Maccabees; 376, 528, auch hier eine wunderbare Wiederherstellung des Feuers
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25. Kislew84 und dem Datum der früheren Entweihung.85 Danach feiern (agein) sie im Tempel acht Tage „in der Art wie die Zelte/Laubhütten“ (skēnōmatōn tropon) indem sie sich daran erinnern, wie sie noch vor kurzer Zeit dieses Fest in den Bergen und in den Höhlen nach Art von Tieren verbrachten (nemesthai und thēriōn tropon).86 Dieses Ur-Chanukka des Judas Makkabäus folgt in seinen Ritualelementen dem Laubhüttenfest.87 Die Feiernden beschließen, dass das gesamte ethnos der Judäer jedes Jahr diese Tage feiern sollte (V. 8).88 Schwartz notiert als signifikante Änderung zwischen dem älteren Text zum Nikanortag (2 Makk 15,36) und dem Einschub zu Chanukka (10,8), dass letzteres Fest „all of the people“89, „the entire people of the Jews“90 betrifft. Chanukka ist daher nicht nur ein Fest für die Judäer, sondern auch für die ägyptischen Juden. Die Feier des Nikanortages wird im Zweiten Makkabäerbuch durch öffentliche Beschlüsse eingerichtet, aber nicht explizit dem gesamten ethnos empfohlen. Der Einschub im Zweiten Makkabäerbuch geht nichts ins Detail, wie eine Feier des Laubhüttenfestes der Makkabäer außerhalb des Tempels ausgesehen haben könnte. Indem es aber einerseits zwischen agein und nemesthai unterscheidet und andererseits typische Ritualelemente des Laubhüttenfestes als Teil der Tempeleinweihung ansetzt, deutet dieses Kapitel an, dass das Laubhüttenfest gerade nicht „auf den Bergen und in den Höhlen“ lege artis gefeiert werden konnte. Während der Zeit der Unreinheit und Dysfunktion des Tempels können die Makkabäer das Laubhüttenfest eben nicht feiern. Chanukka holt das Laubhüttenfest, das Fest der Tempeleinweihung par excellence, nach und bezieht es auf die jüngste Neueinweihung des Tempels. Die Feier des echten Laubhüttenfestes im Tempel steht zum tierischen Verhalten in Bergen und Höhlen bestenfalls wie die Laubhütten zur Existenz Israels während der Wüstenwanderung. Zum Laubhüttenfest erinnert die Sukka an das Wohnen der Israeliten in Sukkot (Lev 23,42 f) und zum Tempelreinigungsfest seit den Makkabäern unter anderem auch an die Unmöglichkeit der Feier von Sukkot zu seinem Termin während des Aufzu sehen: „having ignited rocks and extracted fire from them“. Josephus, der das Fest in ant. Iud. 12,325 phōta, „Lichter“, nennt, deutet den Begriff allegorisch und verbindet die Lichter daher nicht mit der Entzündung des Altarfeuers. Der massive Einsatz von Lichtern wird im Johannesevangelium nicht „mit dem Tempelweihfest (10,22), sondern mit dem Laubhüttenfest (Kap. 7–9)“ verbunden; vgl. G. Stemberger, Chanukkafest, 266–274 (Zit. 267). 84 2 Makk 10,5. 85 Vgl. 1 Makk 1,59; 4,52. 86 2 Makk 10,6. 87 2 Makk 10,7 (nicht in 1 Makk 4). 88 Die analogen Bestimmungen des ersten Makkabäerbuches zeigen kein Interesse an einer weiteren Verbreitung der neueingerichteten Feste. Vgl. das Fest am 23. Tag des zweiten Monats in 1 Makk 13,51 f, das keiner anderen jüdischen Gruppe vorgeschrieben wird. In 1 Makk 4,59 betrifft der Beschluss über das Fest „seine Brüder“ und die ganze Versammlung Israels. 89 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 526. 90 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 379 ad loc. und vgl. 2 Makk 1,3 (D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 137) und 2,17 (2008, 168).
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enthalts in Bergen und Höhlen. 2 Makk 10,6 spricht daher nicht von einer Feier des Festes im Feld, sondern davon, dass das Fest im Feld damals nicht richtig gefeiert werden konnte. Für das Wochenfest wird später die Kriegskampagne unterbrochen, um es im „sechshundert Stadien“ entfernten Jerusalem zu halten.91 Die Truppen feiern das Wochenfest weder im Heerlager noch zusammen mit den Juden von Skythopolis, mit deren griechischen Nachbarn man sich soeben friedlich geeinigt hat. Das Zweite Makkabäerbuch empfiehlt den Juden Ägyptens denn auch nicht die Feier des Laubhüttenfestes in Ägypten, sondern die Feier des Tempelreinigungs-Zelterrichtungs-Festes, obwohl die beiden Feste nicht allzu weit voneinander im Jahreskreis fallen und einander auch aufgrund ihrer Festlegenden (der Beziehung zur Tempelweihe) nahestehen. Sollten die Juden Ägyptens Chanukka in Ägypten feiern? Der Vorschlag von Magliano-Tromp, dass der Brief die Einladung nach Jerusalem ausspricht, ist plausibler als die Annahme einer im Text auch nur intendierten, geschweige denn in der Praxis vorfindlichen, weltweiten Verbreitung der Feier von Chanukka.92 In den Briefen des Zweiten Makkabäerbuches erklären die Juden im Heiligen Land ihren Volksgenossen in Ägypten, warum sie selbst das Tempelweihfest halten, und bringen zum Ausdruck, dass sie die Empfänger des Briefes gerne in Jerusalem zum speziellen Fest der Laubhütten im Kislew zur Erinnerung an die Wiedereinweihung des Tempels antreffen würden.93 Sie tun dies analog zur Praxis griechischer Städte, die durch Sendschreiben ihre Schwesterstädte zu Festen und Wettkämpfen einladen.94 Jene nennen den Gott, zu dessen Ehren Spiele abgehalten werden und den historischen Anlass, aufgrund dessen die Spiele eingerichtet wurden (bzw. auf den sie sich beziehen). In der Folge ähnlicher Briefwechsel zwischen Jerusalem und Alexandria können sich Juden der ägyptischen Diaspora nach Jerusalem aufgemacht haben, um an dieser Art von Laubhüttenfest bzw. an Chanukka teilzunehmen. Wenn die ägyptischen Juden zu Chanukka nach Jerusalem geladen wurden, wird Chanukka analog zu Sukkot als Pilgerfest entworfen und propagiert. Keiner der an diesem Briefwechsel beteiligten Gruppen kommt auch nur der Gedanke, man könne Chanukka in Ägypten feiern.
91 2 Makk
12,29–32. Chanukkafest, 267: „[…] in der Diaspora gibt es nicht die geringste Spur von diesem Fest [nämlich Chanukka]. In Qumran gehörte es gewiss nicht zum religiösen Kalender.“ 93 J. Magliano-Tromp, Relations, 72. 94 3 Makk 6,30 f, sōtērion; vgl. J. Magliano-Tromp, Relations, 57, Anm. 2; R. Leszynsky, Die Juden in Arabien zur Zeit Mohammeds, Berlin 1910, 410 liest Sach 14,16 ff als Drohung gegen die ägyptischen Juden, die nicht zum Sukkotfest nach Jerusalem kommen. Einerseits drückt der Prophetentext eine klare Aufforderung zur Pilgerschaft nach Jerusalem aus. Der Text kann sich aber auch an die nicht-jüdischen Völker wenden. A. a. O., 72 f für Hinweise auf die zeitgenössischen griechischen Parallelen für Soteria-Feiern. 92 G. Stemberger,
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4. Typische Feste der Diaspora und des Tempels Wenn die Autoren der überlieferten Texte über Feste nachdenken, in deren Feier die Diaspora einstimmen kann, dann erzählen sie im Fall von Purim eine Legitimationsgeschichte für ein Befreiungsfest, das einen Monat vor Pesach gehalten werden soll. Sie empfehlen die Feier von Pesach oder Sukkot nicht. Die hier gesammelten Beobachtungen zeigen, dass Pesach und Sukkot nicht in gleichem Maß wie Purim an die Situation der Diaspora adaptierbar sind. Genauso wie die Befreiungsfeste der ägyptischen Juden nach dem Dritten Makkabäerbuch hat Purim keinerlei Beziehung zum Tempel in Jerusalem. Es ist ein mobiles Fest95 mit einer Diaspora-Legende als Begründung. Der literarische Text dieser Legende kommt in Ägypten als „Brief“96 an, der in Jerusalem ins Griechische übersetzt wurde. Obwohl es keinen Beleg dafür gibt, dass die Juden Ägyptens vor oder nach Erhalt des Briefes tatsächlich Purim gefeiert haben, zeigt der Text zusammen mit dem Dritten Makkabäerbuch, welche Art von Festen man sich für die Diaspora vorstellen soll. Im Hinblick auf Chanukka und Sukkot aber auch Pesach, Purim und das Befreiungsfest der ägyptischen Juden nach dem Dritten Makkabäerbuch, zeigt sich, dass neue Feste unter anderem durch Ritualzitate und Anspielungen an bereits eingespielte Feste erklärt werden. Ihre Feier wird durch sparsamen Rückgriff auf Bekanntes plausibler. Die neuen Feste partizipieren damit an einer Praxis, die sich auch sonst in der Umwelt Israels zeigt. Das Dritte Makkabäerbuch vermittelt noch deutlicher den Eindruck, dass Befreiungsfeste mit mehr oder weniger historisch verifizierbaren Festlegenden zur Gestaltung von Festkalendern der Diaspora beitragen sollten. Immerhin betont es, dass dieses Befreiungsfest in Ägypten zu feiern ist, solange die Diasporasituation anhält. Die Feier dieser Art von Festen war in der Diaspora und für die Diaspora annehmbar. Chanukka ist gegenüber den alten biblischen Wallfahrtsfesten ebenfalls eine Innovation. Insofern könnten auch die Jerusalemer Juden die ägyptischen Juden zur Feier des Festes in Ägypten aufgefordert haben. Dennoch scheint eine Einladung gerade zur Feier von Chanukka in Jerusalem wahrscheinlicher, weil es sich bei diesem Fest um eine Innovation handelt. Im Fall von Chanukka muss die Einladung erst noch erfolgen. Dass man zu Sukkot nach Jerusalem kommen sollte, versteht sich von selbst. Philo lässt nicht erkennen, dass man in Alexandria Pesach gefeiert hätte. Auch die Makkabäer holen aus der Sicht von 2 Makk das versäumte Laubhüttenfest nach, sobald der Tempel wieder benutzbar ist. Sie unterbrechen ihren Kriegszug zur Feier von Shavuot in Jerusalem und feiern nicht im Feld. Der literarische, Vgl. J. Magliano-Tromp, Relations, 75. 10,3l.
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96 Est
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in der Diaspora Shavuot feiernde Tobit, bleibt in diesem Kontext singulär. Der literarische Charakter des Buches macht diese Geschichte als Beleg für die Feier von Shavuot in der Diaspora unglaubwürdig. Das Dritte Makkabäerbuch konstruiert zwei Feste der Rettung und Befreiung für die Juden Ägyptens. Die Festlegende endet damit, dass sich das ptolemäische Abbild des biblischen Pharao im Gegensatz zu jenem bekehrt und die Juden in ihre Dörfer in Ägypten zurückkehren lässt. Insofern ist das ägyptische Befreiungsfest ein Anti-Pesach. Im Fall von Pesach ist eine Feier in Ägypten auch deswegen unwahrscheinlich, weil gleich zwei Quellen gute Gründe dafür anbieten, dass die ägyptische Diaspora ihre eigenen, mit Pesach gerade nicht kompatiblen Feste pflegt. Philo erzählt in Analogie dazu von einer jährlichen Feier der Übersetzung der Tora ins Griechische. Möglicherweise fällt das Fest der Toraübersetzung im Kalender in die Nähe von Sukkot in Jerusalem. Das alexandrinische Toraübersetzungsfest wäre dann der ägyptische Ersatz für Sukkot. Persius macht sich zur selben Zeit über die Juden Roms lustig, die zu den „Tagen des Herodes“ Mähler halten. Er spricht weder über Chanukka, noch über Pesach noch über Sukkot. Auch die „Tage des Herodes“ sind wahrscheinlich ein Diasporafest (wenn man dem Satiriker in diesem Detail des Textes Realientreue unterstellt). Nach der Zerstörung des Tempels entwerfen Rabbinen (aber auch Christen und wohl auch von rabbinischen Kreisen unabhängige Juden) den Festkalender neu und erklären die Feier der biblischen Feste, zu der man nun nicht mehr nach Jerusalem pilgern kann, zur realen Möglichkeit des Lebens in der Diaspora. Die Verpflichtung und Möglichkeit zur Feier der Wallfahrtsfeste wurde mit und nach den Rabbinen zu einer Angelegenheit der Diaspora. Diese Praxis setzt die Zerstörung des Tempels voraus und ist zwar nicht im Hinblick auf das biblische Repertoire an Festen, aber in Hinblick auf die jüdische Diaspora der Zeit des Zweiten Tempels eine Innovation. Die Abschlussüberlegungen dieses Essays führen zurück zur methodischen Frage, wie das (im Blick auf Tobits Symposium zu Shavuot oder auch die Erwähnung des Herbstfestes in Philos In Flaccum) fast absolute Schweigen der Quellen über eine Feier der Wallfahrtsfeste in der Diaspora interpretiert werden soll. Die Juden der Diaspora sprechen vor der Zerstörung des Tempels über verschiedene Feste. Jene werden als neue Feste legitimiert, eingeführt, behauptet alt zu sein oder auch anderen Juden zu feiern zu empfohlen. Es ist daher plausibel, das Schweigen der Quellen ernst zu nehmen und nicht als Auslassung des Evidenten zu deuten. Das unterstützt die These, dass Juden der Diaspora vor der Zerstörung des Zweiten Tempels und auch noch geraume Zeit danach die Feste des Tempels, vor allem die Wallfahrtsfeste, nicht gefeiert haben. Wenn eine literarische Figur dennoch ein solches Fest feiert, hält sie ein griechisches Symposium – genau das, was auch sonst Juden der Diaspora tun würden, um eines ihrer eigenen Feste zu feiern.
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Diese Annahme hat weitere Konsequenzen für die Rekonstruktion von antiken Vorstellungen über die Identität von jüdischen und mutatis mutandis auch von christlichen Gruppen. Während die Veranstaltung eines privaten Symposiums zu Anlässen des Festkalenders Jerusalems nicht ausgeschlossen werden kann, gehört die Feier der biblischen Wallfahrtsfeste nicht zum Repertoire der Identität jüdischer Gruppen der Diaspora. Diese Gruppen haben andere Feste gefeiert und dazu eigene Gründungslegenden entwickelt. Die mit dem Tempel assoziierten Feste – allen voran die Wallfahrtsfeste – blieben Veranstaltungen des Jerusalemer Tempels am Jerusalemer Tempel. Das Nicht-Feiern der Wallfahrtsfeste in den Gruppen, aus denen sich das Christentum entwickelt hat, zeigt sich als unbedeutend für die Konstruktion christlicher Identitäten im ersten Jahrhundert. Christen konstruieren aus dem Nicht-Feiern der Wallfahrtsfeste keine typisch christliche Identität. Die praktische Wiederentdeckung der biblischen Feste und ihr Einsatz zur Differenzierung, Polemik und Verdrängung zwischen Christentum und Judentum gehören späteren Epochen an. Bibliographie Albertz, R., Exodus. 1: Ex 1–18 (ZBK.AT 2), Zürich 2012. Alexander, P. S., 3 Maccabees, Hanukkah and Purim, in: Rapoport-Albert, A. / Greenberg, G. (Hg.), Biblical Hebrews, Biblical Texts. Essays in Memory of Michael P. Weitzman (JSOT.S 333 = The Hebrew Bible and its Versions 2), Sheffield 2001, 321–339. Ameling, W. (Hg.), Inscriptiones Judaicae Orientis. Band II: Kleinasien (TSAJ 99), Tübingen 2004. Beck, H. / Wiemer, H.-U., Feiern und Erinnern – eine Einleitung, in: diess. (Hg.), Feiern und Erinnern. Geschichtsbilder im Spiegel antiker Feste (Studien zur Alten Geschichte 12), Berlin 2009, 9–54. Bergler, S., Jesus, Bar Kochba und das messianische Laubhüttenfest, JSJ 29 (1998) 143–191. Buchinger, H. / Leonhard, C., Pentekoste, RAC 27 (2015) 87–108. Chaniotis, A., Wie (er)findet man Rituale für einen neuen Kult? Recycling von Ritualen – das Erfolgsrezept Alexanders von Abonouteichos, Forum Ritualdynamik 9 (2004) http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/ritualdynamik/article/view/351/335. Eckhardt, B., Ethnos und Herrschaft. Politische Figurationen judäischer Identität von Antiochos III. bis Herodes I (SJ 72), Berlin/Boston, MA 2013. Edrei, A. / Mendels, D., A Split Jewish Diaspora. Its Dramatic Consequences, JSPE 16 (2007) 91–137, 17 (2008) 163–187. Fitzmyer, J. A., Tobit (CEJL). Berlin/New York, NY 2003. Haag, H., Vom alten zum neuen Pascha. Geschichte und Theologie des Osterfestes (SBS 49), Stuttgart 1971. Hacham, N., 3 Maccabees and Esther. Parallels, Intertextuality, and Diaspora Identity, JBL 126 (2007) 765–785. Hall, S. G., Melito of Sardis. On Pascha and Fragments (OECT), Oxford 1979.
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Judäer oder Juden? Die Debatte „Ethnos vs. Religion“ im Blick auf das 2. Makkabäerbuch Markus Öhler
Wenn in antiken Texten von Ἰουδαῖοι die Rede ist, sind Übersetzer und Übersetzerinnen biblischer und anderer antiker Texte vor eine besondere Herausforderung gestellt. Denn anders als bei Ῥωμαῖοι oder Ἕλληνες gibt es im Deutschen wie im Englischen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, dies wiederzugeben: „Juden“, dem häufig eine mehr religiöse Konnotation entnommen wird, und „Judäer“, mit dem gerne ein geographischer Aspekt verbunden wird.1 Freilich handelt es sich im Eigentlichen um eine Debatte, die unter anderem für die Frage nach der Identität von Iudaioi in der Antike und deren Bewahrung bis in die Gegenwart von hoher Bedeutung ist.2 Die Diskussion hat, wie im ersten Teil der folgenden Untersuchungen gezeigt werden wird, in der angloamerikanischen Forschung eine hohe Dichte erreicht, deren Argumente auch hierzulande für die Erforschung zum 2. Makkabäerbuch wie insgesamt für Exegese und Erforschung des antiken Judentums von hoher Relevanz sind. Dies wird im zweiten Teil grundsätzlich erwogen werden, unter anderem unter Rückgriff auf Arbeiten zur antiken Ethnologie, bevor schließlich jene beiden Abschnitte des 2. Makkabäerbuches – 6,1–9 und 9,13–16 – erörtert werden, die exemplarisch für die beiden Grundansätze stehen: Handelt es sich bei der im 2. Makkabäerbuch erzählten Geschichte um die Auseinandersetzung zweier Ethnien oder um die Wandlung hin zu einem auch religiösen Selbstverständnis von Iudaios?
1 Die Annahme, wenigstens im Johannesevangelium sei nicht von Juden, sondern von Judäern im geographischen Sinn die Rede, findet sich etwa bei B. J. Malina / R. L. Rohrbaugh, SocialScience Commentary on the Gospel of John, Minneapolis, MN 1998, 44–46. 2 Zur Diskussion des Begriffs „Identität“, die hier nicht geführt werden kann, vgl. jetzt v. a. C. Strecker, Identität im frühen Christentum? Der Identitätsdiskurs und die neutestamentliche Forschung, in: M. Öhler (Hg.), Religionsgemeinschaft und Identität. Prozesse jüdischer und christlicher Identitätsbildung im Rahmen der Antike (BThSt 142), Neukirchen-Vluyn 2013, 113–167.
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1. Ethnos und/oder Religion – die gegenwärtige Debatte Fünf Positionen werden im Folgenden exemplarisch für die Debatte über die Bedeutung von Ioudaios knapp dargestellt, die sich gegenwärtig vor allem in der angloamerikanischen Forschung vollzieht und in denen der Bezug auf das 2. Makkabäerbuch eine wichtige Rolle spielt.3 Wir werden dabei auf jene Grundfrage stoßen, die einen Teil des Titels dieses Beitrags ausmacht, nämlich die Gegenüberstellung bzw. die Zusammenstellung von Ethnos und Religion. 1.1 Shaye J. D. Cohen Mit seinem Band „The Beginnings of Jewishness. Boundaries, Varieties, Uncertainties“ aus dem Jahr 1999 brachte Shaye Cohen mehrere frühere Studien zu diesem Thema auf den Punkt.4 Er setzt bei seiner Erörterung der Frage, was denn Ἰουδαῖος bedeute, damit ein, festzuhalten: „Greek Ioudaios (pl., Ioudaioi), Latin Iudaeus (pl., Iudaei), and Hebrew Yehudi (pl., Yehudim) are originally, and in antiquity primarily ethnic-geographic terms.“ (69).
Daher sollten auch alle Belege dieser Worte aus der Zeit vor der Mitte bzw. dem Ende des 2. Jh. v. Chr. mit „Judäer“ übersetzt werden (70). Diese letztere Bedeutung konzentrierte sich zunächst auf die Zugehörigkeit zum judäischen Ethnos („people or nation“; 71) mit einem engen Konnex zum Aufenthalt in Judäa. Cohen verweist dazu u. a. auf antike Bezeichnungen anderer Völker, in denen sich geographische und ethnische zugleich wiederfinden (Ägypter, Kappadozier, Thraker etc.). Für Ἰουδαῖος verweist er exemplarisch auf Josephus (ant. 3 Einen guten Überblick bieten Beiträge von D. M. Miller, The Meaning of Ioudaios and its Relationship to Other Group Labels in Ancient Judaism, CBR 9 (2010) 98–126; ders., Ethnicity Comes of Age: An Overview of Twentieth-Century Terms for Ioudaios, CBR 10 (2012) 293–311; ders., Ethnicity, Religion and the Meaning of Ioudaios in Ancient „Judaism“, CBR 11 (2013). Für die bescheidene Aufnahme der Debatte im deutschsprachigen Raum vgl. W. Stegemann, Jesus und seine Zeit, Biblische Enzyklopädie 10 (2010) 215.223–225; ders., Religion als Teil von ethnischer Identität. Zur aktuellen Debatte um Kategorisierung des antiken Judentums, KuI 25 (2010) 47–59; E. W. Stegemann, Zur „apokalyptischen“ Konstruktion einer kollektiven Identität bei Paulus, in: ders. (Hg.), Alttestamentliche Wissenschaft und kirchliche Praxis (Beiträge zum Verstehen der Bibel 18), Berlin 2009, 29–54; G. Gelardini, Religion, Ethnizität und Ethnoreligion. Die Entstehung eines Diskurses innerhalb deutschsprachiger historischer Jesusforschung, ThZ 66 (2010) 22–43; M. Öhler, Ethnos, Identität – der antiochenische Zwischenfall (Gal 2,11–14), in: W. Weiß (Hg.), Der eine Gott und das gemeinschaftliche Mahl. Inklusion und Exklusion biblischer Vorstellungen von Mahl und Gemeinschaft im Kontext antiker Festkultur (BThSt 113), Neukirchen-Vluyn 2011, 158–199; M. Vogel, Modelle jüdischer Identitätsbildung in hellenistisch-römischer Zeit, in: M. Öhler (Hg.), Religionsgemeinschaft und Identität. Prozesse jüdischer und christlicher Identitätsbildung im Rahmen der Antike (BThSt 142), Neukirchen-Vluyn 2013, 43–68. 4 S. J. D. Cohen, The Beginnings of Jewishness. Boundaries, Varieties, Uncertainties (Hellenistic Culture and Society 31), Berkeley, CA 2008 (Nachdruck).
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Iud. 11,173) bzw. auf Clearchus von Soli (ca. 320 v. Chr.), der von Josephus mit folgenden Worten zitiert wird (c. Ap. 1,179): „Die Ioudaioi nehmen den Namen von ihrem Ort, denn der Ort, an dem sie wohnen, wird Judäa genannt.“5
Dies gelte auch für die Diaspora: Dort sei die geographische Konnotation zwar nur noch abgeschwächt vorhanden und die ethnische Bedeutung betont, aber beides sei weiterhin präsent (73). Die ethnische Dimension der Bezeichnung Ioudaios war so stark, dass damit – sowohl in der Innen‑ wie in der Außenperspektive – alle Angehörigen dieses Volkes bezeichnet wurden, egal, wo sie wohnten (75).6 Cohen bezieht sich mit seinem Konzept eines ethnos bzw. einer „ethnic group“ vor allem auf die britischen Soziologen Anthony D. Smith und Ernest André Gellner.7 Als Kennzeichen eines Ethnos versteht Cohen (7) daher die gemeinsame Bezeichnung (Ἰουδαῖοι), die Beziehung zu einem spezifischen Territorium (Ἰούδα), das Wissen um eine gemeinsame Herkunft (von Abraham), die Behauptung einer gemeinsamen Geschichte und Zukunft (Pentateuch etc.), der Besitz bestimmter Charakteristika (z. B. Tora, Beschneidung) und das Gefühl einer kollektiven Einzigkeit und Zusammengehörigkeit (Volk Gottes).8 Dabei sei das hervorstechendste Merkmal der Ioudaioi die Art ihren Gott zu verehren, und das würden wir heute – so Cohen – als ihre Religion bezeichnen. Cohen geht nun aber weiter, da seiner Meinung nach die ethnisch-geographische Bedeutung nicht ausreiche, um den literarischen und inschriftlichen Befund einordnen zu können. Daher kommt er zu der zusätzlichen Bestimmung, dass mit Ioudaios auch ein religiöser bzw. kultureller Sinn verbunden sei (78 f.): „A Ioudaios is someone who believes (or is supposed to believe) certain distinctive tenets, and/or follows (or is supposed to follow) certain distinctive practices; in other words, a Ioudaios is a Jew, someone who worships the God whose temple is in Jerusalem and who follows the way of life of the Jews.“ (78 f).
5 Ἰουδαῖοι τοὔνομα λαβόντες ἀπὸ τοῦ τόπου· προσαγορεύεται γὰρ ὃν κατοικοῦσι τόπον Ἰουδαία. Vgl. auch Cass. Dio 37,16,5. Zur biblischen Überlieferung (Esra, Nehemiah) vgl. J. Blenkinsopp, Judaism: The First Phase. The Place of Ezra and Nehemiah in the Origins of Judaism, Grand Rapids, IL/Cambridge 2009, 20–28. 6 Mit dieser Einsicht ist im Übrigen eine opinio communis formuliert, die gegen eine einseitige Deutung einschlägiger Belege im Neuen Testament anzuführen ist. Weder meint οἱ Ἰουδαῖοι im Johannesevangelium ausschließlich Menschen, die in Judäa leben, noch ist in 1 Thess 2,14–16 die paulinische Polemik ausschließlich gegen Bewohner Judäas gerichtet. Solche simplen „Lösungen“ widersprechen dem antiken Sprachgebrauch. 7 A. D. Smith, The Ethnic Origins of Nations, Oxford 1994; E. A. Gellner, Nations and Nationalism. New Perspectives on the Past, Oxford 1983. 8 S. J. D. Cohen, Beginnings, 133: „Common blood, common language, a common mode of worshiping God, and a common way of life.“
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Diese Bedeutungsverlagerung demonstriert Cohen an Texten, die vielleicht innerhalb von zwei Jahrzehnten des 2. Jh. v. Chr. entstanden sind.9 Während sich in den Erzählungen über Susanna (22: ἡ Ἰουδαία), Bel und den Drachen (28: Ἰουδαῖος γέγονεν ὁ βασιλεύς) und im 1. Makkabäerbuch (2,23: ἀνὴρ Ἰουδαῖος) durchgängig die Bedeutung „Judäer“ als die beste Wiedergabe erweise, sei dies im 2. Makkabäerbuch anders. In 2 Makk 6,1–11 und 9,13–17 lasse sich nämlich eine religiöse Bedeutung von Ioudaios erkennen, da es hier um das Bekenntnis bzw. die Konversion zum Judentum gehe. Es sei gerade die in Hasmonäischer Zeit neu in den Blick kommende Änderung des Glaubens („belief“) der entscheidende Punkt. Damit sei nun keine Änderung ethnischer Zugehörigkeit impliziert, sondern jene der Religion. Ähnliches ließe sich – wenngleich nicht in Bezug auf Religion, sondern auf Kultur – auch von den Griechen sagen (132).10 Wie ein Barbar Grieche werden könne durch die Annahme griechischer Kultur, so eben auch ein NichtJude ein Jude durch die Verehrung Gottes in Jerusalem und/oder die Befolgung der väterlichen Gesetze der Judäer (133–135). Die Bezeichnung als „Jude“ sei in diesem religiösen Kontext daher durchaus angebracht. Zugleich betont Cohen, dass dennoch der ethnische Aspekt selbstverständlich erhalten bliebe: Aus dem Ethnos der Judäer werde eine „ethno-religion“, aus der Unwandelbarkeit ethnischer Identität eine Veränderbarkeit religiöser Identität: Nicht-Judäer können „Juden“ werden.11 1.2 Steve Mason Einen völlig anderen Weg ging Steve Mason, im Zusammenhang mit dem von ihm verantworteten Kommentar, der sich in einem Aufsatz aus dem Jahr 2007 ausführlich mit dem antiken Sprachgebrauch beschäftigt.12 Mason rückt zum einen in den Vordergrund, dass es sich bei Ἰουδαῖος um einen Ausdruck handelt, 9 Vgl. auch die spätere Ausarbeitung in S. J. D. Cohen, Ioudaios: „Judean“ or „Jew“ in Susanna, First Maccabees, and Second Maccabees, in: P. Schäfer (Hg.), Geschichte – Tradition – Reflexion: Judentum, FS M. Hengel I, Tübingen 1996, 211–220. 10 Vgl. aber etwa D. R. Schwartz, Studies in the Jewish Background of Christianity (WUNT 60), Tübingen 1992, 11, der für die Zeit des 2. Makkabäerbuches ein Übergewicht des kulturellen Aspekts feststellt („defined by their culture rather than – or more than – by their descent or place of origin“). 11 Vgl. den Titel des 4. Kapitels in S. J. D. Cohen, Beginnings. Ähnlich S. G. Wilson, „Jew“ and Related Terms in the Ancient World, Studies in Religion 33 (2004) 157–171, der im Anschluss an Cohen den Wechsel von einer ethnisch-geographischen Bedeutung von Ἰουδαῖος zu einer religiös-kulturellen um die Wende vom 2. zum 1. Jh. v. Chr. festmacht (158 f.). Vgl. schon früher D. R. Schwartz, Background, 5–15, der die Wende des Selbstverständnisses der Ioudaioi zu einer Religion in die hellenistische Zeit datiert. Gegen „ethno-religion“ versucht D. Goodblatt, Elements of Ancient Jewish Nationalism, Cambridge 2006, 1–27, die Bezeichnung „nationality“ zu setzen. 12 S. Mason, Jews, Judaeans, Judaizing, Judaism. Problems of Categorization in Ancient History, JSJ 38 (2007) 457–512. Entsprechend tragen die Bände zu Josephus die Titel „Judean War“ und „Judean Antiquities“.
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der in der antiken Literatur analog zu anderen Volksbezeichnungen ausschließlich ein Volk meint. Er setzt dabei v. a. beim Begriff Ἰουδαϊσμός an.13 Bekanntlich ist dieser Ausdruck zum ersten Mal im 2. Makkabäerbuch (2 Makk 2,21; 8,1; 14,38) belegt, dann auch im 4. Makkabäerbuch (4 Makk 4,26) und im Galaterbrief (Gal 1,13 f.). Weder Josephus noch Philo noch sonst ein nicht-christlicher Autor greift den Begriff auf, um zu beschreiben, was er unter „Judentum“ versteht. Lediglich zwei Inschriften aus dem 3.–5. Jh. erwähnen den Ausdruck ebenfalls.14 Nach Mason sei Ἰουδαϊσμός so zu verstehen, dass damit nicht die gesamte Kultur oder die Religion der Ioudaioi gemeint sei (468), sondern vielmehr analog zu Ἑλληνισμός (2 Makk 4,13) „a certain kind of activity over against a pull in another, foreign direction“ (466).
Erst mit Tertullian (nach einer Vorstufe bei Ignatius) sei aus Ioudaismos eine Religion geworden, und zwar aus christlich abgrenzender Perspektive.15 Das zweite bei Mason in den Vordergrund gerückte Thema ist mehr theoretischer Natur. Im Anschluss etwa an Jonathan Z. Smith bestreitet Mason, dass man für die Antike überhaupt von „Religion“ sprechen könne (480 f.).16 Vieles, was aus heutiger Perspektive als Religion verstanden würde, sei in antiker Sicht Kennzeichen eines Ethnos gewesen. Der Kult eines Volkes sei nicht von dem Volk selbst zu lösen (482). Im Blick auf das antike Judentum hält Mason dementsprechend fest, dass eine Trennung einer jüdischen Religion vom judäischen
13 Vgl. aus der älteren Forschung zu Ἰουδαϊσμός u. a. Y. Amir, Der Begriff Ἰουδαϊσμός – zum Selbstverständnis des hellenistischen Judentums, in: ders., Studien zum Antiken Judentum (BEAT 2), Frankfurt am Main/Bern/New York, NY 1985, 101–113; M. Hengel, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh.s v. Chr. (WUNT 10), Tübingen 19883, 2. Die Linie von Mason wird etwa auch vertreten von J. Pasto, The Origin, Expansion and Impact of the Hasmoneans in Light of Comparative Ethnographic Studies (and outside of its Nineteenth-Century Context), in: P. R. Davies / J. M. Halligan (Hg.), Second Temple Studies III (JSOT.S 340), London/New York, NY 2002, 166–201, hier 173–175. 14 Die Inschriften stammen aus Rom (CIJ I 537; D. Noy, Jewish Inscriptions of Western Europe, II: Rome, Cambridge 1995, No. 584) und Stobi (CIJ I 694; D. Noy / A. Panayotov / H. Bloedhorn, IJO I: Eastern Europe (TSAJ 101), Tübingen 2004, No. Macc 1). Vgl. dazu u. a. die Diskussion bei F. Avemarie, Jüdische Diasporagemeinden in der Antike. Ihr Selbstverständnis im Spiegel der Inschriften, in: U. H. J. Körtner (Hg.), Kirche – Christus – Kerygma, Neukirchen-Vluyn 2009, 21–61, hier 30 f.; M. H. Williams, The Meaning and Function of Ioudaios in Graeco-Roman Inscriptions, ZPE 116 (1997) 249–262. Auf die Bedeutung der Inschriften verweist – gegen Mason – auch S. Schwartz, How Many Judaisms Were There?, JAJ 2 (2011) 208–238, hier 226. 15 Zu Ignatius vgl. auch K.-W. Niebuhr, „Judentum“ und „Christentum“ bei Paulus und Ignatius von Antiochien, ZNW 85 (1994) 218–233. 16 Vgl. für J. Z. Smith, Religion, Religions, Religious, in: M. C. Taylor (Hg.), Critical Terms for Religious Studies, Chicago, IL/London 1998, 269–284; ders., Relating Religion. Essays in the Study of Religion, Chicago, IL/London 2004.
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Ethnos nicht möglich sei.17 Vielmehr sei der Jerusalemer Kult Teil der ethnischen Identität der Ioudaioi. Als Kennzeichen ethnischer Identität versteht Mason sohin folgende Elemente (484): Eine besondere Eigenart oder Natur (φύσις, ἦθος), die in einzigartigen väterlichen Traditionen formuliert ist (τὰ πάτρια), eine gemeinsame (möglicherweise fiktive) Herkunft (συγγένεια), eigene Geschichte(n) (μῦθοι), Sitten, Gebräuche und Gesetze (νόμοι, ἔθη, νόμιμα) und eine politische Verfassung (πολιτεία). Dementsprechend kommt Mason zu dem Ergebnis (489): „The Ioudaioi/Iudaei of Graeco-Roman antiquity understood themselves, and were understood by outsiders, as an ἔθνος.“
An zahlreichen Beispielen aus der antiken – jüdisch wie nicht-jüdischen – Literatur versucht Mason dies zu zeigen. Dabei hält er zusätzlich fest, dass mit der Bezeichnung eines Menschen als Ἰουδαῖος weder die geographische Herkunft,18 noch die Erziehung und schon gar nicht die Religion gemeint sei, sondern „an entire local culture“ (490). Der Kulturbegriff wird also als der umfassendste verstanden, mit dem ethnische Identität bzw. Erscheinung und Selbstverständnis eines Volkes benannt werden kann. Weil weder eine Einschränkung auf das Gebiet Judas als Wohnort noch ein Verständnis als „Religion“ dem antiken Sprachgebrauch und Weltverständnis entsprechen würden, sei Ἰουδαῖος mit „Judaean“ zu übersetzen, nicht mit „Jew“.19 1.3 Daniel Boyarin Nach zahlreichen früheren Arbeiten20 befasste sich Daniel Boyarin zuletzt in einem Artikel zur Bezeichnung „Jewish Christianity“ erneut mit dem Thema.21 17 Vgl.
auch W. Stegemann, Religion, 47–53. So etwa D. R. Schwartz, „Judean“ or „Jew“? How should we translate ioudaios in Josephus?, in: J. Frey / ders. / S. Gripentrog (Hg.), Jewish Identity in the Greco-Roman World (AGJU 71), Leiden/Boston, MA 2007, 3–27, hier 7–10, der „Judeans“ lediglich als geographischen Begriff versteht (22). 19 Abweichend davon, aber grundsätzlich in dieselbe Richtung, argumentiert Philip F. Esler in zahlreichen Beiträgen für die Wiedergabe mit „Judean“; vgl. zuletzt P. F. Esler, Judean Ethnic Identity and the Matthean Jesus, in: H. Roose / D. G. Horrell (Hg.), Jesus – Gestalt und Gestaltungen, FS G. Theißen (NTOA 100), Göttingen 2013, 193–210, hier 195–197; vgl. auch C. Johnson-Hodge, Olive Trees and Ethnicities. Judeans and Gentiles in Rom. 11.17–24, in: J. Zangenberg / M. Labahn (Hg.), Christians as a Religious Minority in a Multicultural City, London/New York, NY 2004, 77–89, hier 79. 20 D. Boyarin, Semantic Differences: or „Judaism“/„Christianity“, in: A. H. Becker / A. Y. Reed (Hg.), The Ways that Never Parted (TSAJ 95), Tübingen 2003, 65–85; ders., Border Lines. The Partition of Judaeo-Christianity. Divinations: Rereading Late Ancient Religion, Philadelphia, PA 2004; ders., The Christian Invention of Judaism. The Theodosian Empire and the Rabbinic Refusal of Religion, in: H. de Vries (Hg.), Religion. Beyond a Concept, New York, NY 2008, 150–177.864–873. 21 D. Boyarin, Rethinking Jewish Christianity. An Argument for Dismantling a Dubious Category (to which is Appended a Correction of my Border Lines), JQR 99 (2009) 7–36. 18
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Zwar geht es ihm darum, den grundsätzlich heresiologischen Gebrauch von „Jewish Christianity“ zu destruieren, doch beginnt der Beitrag mit dem ersten Abschnitt unter dem Titel „There is no Judaism“ (8). Dazu schließt sich Boyarin weitgehend an Masons Ausführungen an (11): „‚Judaism‘ as the name of a ‚religion‘ is a product of Christianity in its attempts to establish a separate identity from something else which they call ‚Judaism‘“.22
Hinsichtlich der Bedeutung von Religion ist Boyarin davon überzeugt, dass es sich dabei um eine moderne Kategorie handelt, die sich dadurch auszeichne, dass sie für die Antike völlig ungeeignet sei („simply false“ 9 Anm. 8). „Religion“ und damit auch das Verständnis von Ioudaismos sei eine christliche Erfindung des 4. Jh., weil zu diesem Zeitpunkt die Loslösung von Bestimmungen, die sich an Verwandtschaft, Sprache oder Land orientierten, notwendig geworden war. Erst in dieser Zeit wird „Religion“ als eigene Kategorie abgehoben, denn erst dann wird es möglich, sich von anderen Religionen zu unterscheiden (20). Daher wird in dieser Zeit auch das „Judentum“ als Religion „erfunden“.23 Wie bei Mason findet sich also auch bei Boyarin eine klare Differenzierung von Ethnizität und Religion als Beschreibungsbegriffe, wobei letzterem eine historiographische Funktion erst für die Zeit ab dem 3./4. Jh. zugesprochen wird. 1.4 Seth Schwartz Mit den Ausführungen von Seth Schwartz kommen wir wieder zurück zu einer weniger kritischen Position. In einem Beitrag unter dem Titel „How Many Judaisms Were There?“ aus dem Jahr 2011 will Schwartz sowohl die Rede von „Judaisms“, wie sie von Jacob Neusner geprägt wurde, destruieren, als auch Masons und Boyarins ethnozentristische Positionen.24 Schwartz’ Kritik an Letzteren richtet sich zum einen darauf, dass sie unzulässig voraussetzen würden, dass mit „Jew“ – so wie mit dem deutschen „Jude“ – notwendigerweise eine ausschließlich religiöse Orientierung angesprochen sei (223): „I will argue that ‚Jew‘ refers, and always had referred, to someone who is a member of both an ethnic and a religious group simultaneously.“
Grundsätzlich sei das „Entweder-Oder“ nicht sachgemäß, denn beide Konzepte – Ethnizität wie Religion – seien modern. Die Skepsis, die Mason und Boyarin gegenüber dem Konzept „Religion“ zeigen, sei ebenso notwendig, wenn man 22 Vgl. auch D. Boyarin, Invention, 150: „Ioudaismos […] doesn’t mean Judaism, the religion, but the entire complex of loyalties and practices that mark off the people of Israel.“ 23 D. Boyarin, Differences, 71 f.: „Ioudaismos in the sense of ‚Judaism‘ could only appear after Christianismos had appeared“; „When Christianity separated religious belief and practice from Romanitas, cult from culture, Judaism as a religion came into the world as well.“ 24 D. R. Schwartz, Judaisms, 221–238.
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von Volk, Nation oder Kultur rede. Das binäre Denken, entweder Ethnos oder Religion, entspreche nicht dem antiken Lebensgefühl und Selbstverständnis. Wie Cohen geht auch Seth Schwartz ausführlicher auf die Makkabäerbücher ein. Die Verwendung von Ἰουδαϊσμός in 2 Makk 8,1 und 4 Makk 4,26 hält er allerdings im Gegensatz zu Mason für einen deutlichen Hinweis darauf, dass hier schon „Judentum“ im Hintergrund stehe. In 2 Makk 8,1 heißt es, dass unter den Truppen des Judas Makkabäus auch jene waren, die ἐν τῷ Ἰουδαϊσμῷ verblieben waren. Während Mason dies als „Bleiben im Kampf für die judäische Kultur“ versteht, geht Schwartz von einem religiös konnotierten „Bleiben im Judentum“ aus. Ähnlich liegt der Fall in 4 Makk 4,26: Diejenigen, die dazu gezwungen werden, unreine Speisen zu kosten, sollen τὸν Ἰουδαϊσμόν abschwören, also dem jüdischen Glauben, nicht dem Kampf für die judäische Kultur. Auch die rabbinische Literatur weise doch andauernd darauf hin, dass die Unterscheidung von den Völkern eben auch eine hinsichtlich der Religion sei (227): „Sometimes the Rabbis thought of Israel as a nation, and sometimes they thought of Israel as a group set apart by the peculiar lifestyle demanded of them by God, in other words, without too big a stretch, as a religion.“25
Im Blick auf die Entstehung einer religiösen Sinnlinie von Ἰουδαϊσμός stellt Schwartz grundsätzlich in Frage, dass das Christentum der Erfinder dieser Bedeutung sei. Wenn es nicht schon vorher möglich gewesen sei, mit ‑ismen auch Religionen zu bezeichnen, wie seien dann Christen überhaupt auf diese Idee gekommen? Wie überhaupt zwar die Kategorie „Religion“ eine moderne sei, aber deswegen nicht grundsätzlich aufgegeben werden sollte. Eine bewusste und selbstkritische Anwendung würde mehr nutzen, als schaden. Dabei sei es aber eben wichtig, nicht in Alternativen zu denken, sondern – und hier folgt Schwartz explizit Cohen – beide Elemente zu verbinden: Die Rede von „ethno-religion“ im Blick auf das Judentum treffe die Sache daher am besten.26 Gerade weil für Ioudaioi seit jeher die gemeinsame Herkunft wichtig gewesen sei, seien sie immer auch Ethnos gewesen und seien es heute noch. Gegen Boyarin habe sich das auch mit dem 4. Jh. nicht geändert, wenngleich der religiöse Charakter da von christlicher Seite stärker betont wurde. Denn das Judentum war immer auch schon Religion (235 f.), mit der hellenistischen Zeit sogar eine für Außenstehende (vgl. 2 Makk 9,12–17; Jdt 14,10). Es gehe also nicht um eine jüdische Kultur, sondern um jüdische Religion in verschiedenen Kulturen. Nach Schwartz sei 25 Vgl. dagegen die Ansicht von D. Boyarin, Invention, 151, wonach eine Deutung von „Judentum“ als Religion zwar das ursprüngliche Anliegen der rabbinischen Bewegung gewesen, dies aber mit der Formulierung des Babylonischen Talmuds einem ekklesiologischen Prinzip gewichen sei. 26 Vgl. auch A. Runesson, Inventing Christian Identity. Paul, Ignatius, and Theodosius I, in: B. Holmberg (Hg.), Exploring Early Christian Identity (WUNT 226), Tübingen 2008, 59–92: „Judaism […] organized itself maintaining an essential historical continuity with regard to a shared religio-ethnic identity and a religio-political homeland“ (66).
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das Judentum daher jenseits von Bestimmungen wie Kultur, Religion, Ethnizität oder Nation angesiedelt und durch exakte Begriffe nicht zu fassen (238).27 1.5 Cynthia M. Baker In Cynthia M. Bakers Beitrag zu einem Sammelband, der sich in erster Linie mit dem Zusammenhang von Rasse, Geschlecht und Ethnizität im frühen Christentum beschäftigt,28 findet sich ein weiterer Ansatz, um der Frage nach der ethnischen Identität von Ioudaioi in der Antike nachzugehen. Grundsätzlich stimmt Baker allen zuvor genannten Arbeiten darin zu, dass antike Begrifflichkeit jene Elemente nicht zum Ausdruck bringt, die aus moderner Perspektive nötig wären.29 Zugleich hält sie im Blick auf die Bedeutung von Ioudaios daran fest, dass eine Wiedergabe mit „Jew“ durchaus jene ethnische Konnotation bis heute behalten hat, die in der Antike wichtig war.30 Zugleich sei ihrer Meinung nach allerdings daran festzuhalten, Religion als Element ethnischer Identität einzuordnen.31 In Weiterführung dieses Ansatzes geht Baker dann davon aus, dass sich für das antike Judentum so etwas wie ein multiethnisches Verständnis entwickelt hat, wonach den einzelnen Mitgliedern eine mehrfache ethnische Zugehörigkeit zugesprochen wurde.32 Sie verweist dazu auf zwei Textbelege: Philo ordnet in seinem Traktakt gegen Flaccus die Ioudaioi in zweierlei Weise ethnisch zu: Zum einen würden sie Jerusalem als ihre Mutterstadt (μητρόπολις) betrachten, zum anderen die Gegend, in der sie geboren wurden, als Vaterland (πατρίς).33 Philo plädiere also für ein duales Verständnis von Ethnizität: 27 So etwa auch David M. Miller in dem die Serie des Forschungsüberblicks (Meaning; Ethnicity) abschließenden Artikel (CBR 2013): „In the end, no single category is adequate. Our challenge is to learn how to hit a moving target: how to describe identity as a process of change, not simply as a static thing.“ Ähnlich J. Pasto, Origin, 177, der religiös, national und ethnisch nicht trennen will. 28 C. M. Baker, „From Every Nation under Heaven“. Jewish Ethnicities in the Greco-Roman World, in: L. Nasrallah / E. Schüssler Fiorenza (Hg.), Prejudice and Christian Beginnings. Investigating Race, Gender, and Ethnicity in Early Christian Studies, Minneapolis, MN 2009, 79–99; vgl. auch dies., A „Jew“ by Any Other Name?, JAJ 2 (2011) 153–180 (mit Kritik an Cohen, Mason, Blenkinsopp und Marc Zvi Brettler). 29 C. M. Baker, Jew, 155. 30 C. M. Baker, Jew, 172: „In what universe is the English term ,Jew(s)‘ not also an ,ethnic‘ signifier?“ 31 C. M. Baker, Jew, 174. Ähnlich, wenn auch mit einer anderen Stoßrichtung, L. I. Levine, Jewish Identities in Antiquity. An Introductory Essay, in: ders. / D. R. Schwartz (Hg.), Jewish Studies in Antiquity, FS Menahem Stern (TSAJ 130), Tübingen 2009, 12–40, hier 31 f. 32 C. M. Baker, Nation, 81; vgl. auch Jew, 175. Ähnlich auch P. F. Esler, Conflict and Identity in Romans. The Social Setting of Paul’s Letter, Minneapolis, MN 2003, 49 f., der auch von „Dual Ethnicity“ spricht. 33 C. M. Baker, Nation, 86–91. Zu vergleichen wäre unter dieser Perspektive auch Apg 4,36: Joseph Barnabas, von Geburt Zypriote, war als Levit ein Ioudaios. Mit Philos Beschreibungen beschäftigten sich zuletzt auch M. Böhm, Philo und die Frage nach der jüdischen Identität
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„,Jewish ethnicity‘ is of precisely the same nature and quality as ‚Hellenic ethnicity‘ – no more particular, no less universalistic.“ (90 f.).
Der zweite Belegtext für ein multiethnisches Verständnis von Ioudaios sieht Baker in der Völkerliste der Apostelgeschichte (Apg 2,5–13). Die Darstellung des Sprachenwunders spezifiziert zu Beginn die Zuhörerschaft als Ἰουδαῖοι, ἄνδρες εὐλαβεῖς ἀπὸ παντὸς ἔθνους (Apg 2,5). Diese hören die Apostel vom Evangelium reden in jenen Sprachen, ἐν ᾗ ἐγεννήθημεν (2,8), worauf die verschiedenen Völker bzw. Landschaften aufgezählt werden, aus denen diese Ioudaioi stammen. Ethnos und Genos sind die bestimmenden Faktoren, ähnlich wie bei Philon: „Luke, like Philo and other writers of Greco-Roman antiquity, recognized a world of ethnoracial diversity among the Jews of their era.“ (95).
Diese multiethnische Wahrnehmung von Ioudaioi habe offenbar nicht ausgeschlossen, sie als ein bestimmtes Volk wahrzunehmen (97). Religion habe dabei aber keine entscheidende Rolle gespielt.34 1.6 Zwischenresultat Diese fünf Positionen machen deutlich, welche Bedeutung Worte haben, sowohl die unterschiedlichen Übersetzungen von Ἰουδαῖοι als auch die Begriffe, die zum Verständnis des antiken Ἰουδαϊσμος verwendet werden.35 Dabei kristallisierte sich eine Spannung zwischen der begrifflichen Einordnung als Ethnos oder Religion heraus, aber auch Kultur spielt dabei eine gewisse Rolle. Zugleich ist in textlicher Hinsicht unter anderem das 2. Makkabäerbuch besonders stark gewichtet worden. Im Folgenden soll es daher zunächst eine Diskussion der beiden Konzeptbegriffe Ethnos (bzw. Ethnizität) und Religion geben, bevor wir schließlich zwei Abschnitte aus dem 2. Makkabäerbuch schärfer in den Blick nehmen wollen.
2. Begrifflichkeit auf dem Prüfstand: Ethnos und Religion Bevor wir die Begrifflichkeit genauerhin betrachten, sei vorausgeschickt, dass es sich bei beiden – Religion und Ethnos – um moderne Konzepte handelt, die sich seit der Aufklärung entwickelt haben, sodass sie in historischen, theologischen und kulturwissenschaftlichen Wissenschaftsbereichen verwendet werden. Sie in Alexandria, in: M. Öhler (Hg.), Religionsgemeinschaft und Identität. Prozesse jüdischer und christlicher Identitätsbildung im Rahmen der Antike (BThSt 142), Neukirchen-Vluyn 2013, 69–111 (mit zahlreicher Literatur); G. Guttenberger, Ethnizität im Markusevangelium, in: H. Roose / D. G. Horrell (Hg.), Jesus – Gestalt und Gestaltungen, FS G. Theißen (NTOA 100), Göttingen 2013, 125–152, hier 137–139. 34 Vgl. dazu C. M. Baker, Nation, 99, Anm. 42. 35 C. Johnson-Hodge, Olive Trees, 77–89.
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sind per definitionem Begriffe, die man als „etic“ bezeichnen kann, die also aus einer Außenperspektive auf die Geschichte, Texte, Gesellschaften etc. angewandt werden.36 Auch wenn die entsprechenden Ausdrücke eine griechische bzw. lateinische Wurzel haben und auch in der Antike verwendet wurden, gibt die moderne Kategorisierung doch ein anderes Verständnis wieder und kann nicht 1:1 auf die Antike übertragen werden, geschweige denn leitend für die Interpretation der Texte sein. 2.1 Ethnos 2.1.1 Grundsätzliches Grundsätzlich ist, vor jeder Diskussion über den Begriff Ethnos, festzuhalten, dass die Forschungslage keine einheitliche Definition von Ethnos und Ethnizität zulässt. Ein großer Teil gegenwärtiger anthropologischer Forschung arbeitet mit einem konstruktivistischen Ansatz, der sich im Blick auf die Antike durch Jonathan M. Hall folgendermaßen definiert:37 „On the one hand, there is […] no doubt that ethnic identity is a cultural construct, perpetually renewed and renegotiated through discourse and social practice. […] On the other hand, there is little to be gained, and much to be lost, by denying that the ethnic group does possess its own realm of reality.“
In der Tat wird man davon ausgehen dürfen, dass mit einer konstruktivistischen Perspektive gerade aus historischem Blickwinkel am besten gearbeitet werden kann: Die Identität eines Volkes, seine Grenzen und die Wahrnehmung durch Außenstehende sind beständig im Fluss, werden von Eliten oder historischen Ereignissen beeinflusst und verändert.38 Es ist kaum zu bezweifeln, dass jeder Blick auf das Selbstverständnis eines antiken Ethnos eine Momentaufnahme ist, die weder historisch noch gesellschaftlich das Ganze im Blick hat. Die historiographische Aufarbeitung der Geschichte des Judentums ist sich dieses Umstandes in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr bewusst geworden und hat zugleich auch aufgezeigt, welche Probleme eine konstruktivistische Sicht für ihre jeweiligen Fragestellungen bringt. Eine eindimensionale 36 Vgl. dazu etwa die Definition bei M. W. Morris / K. Leung / D. Ames / B. Lickel, Views from inside and outside. Integrating Emic and Etic Insights about Culture and Justice Judgment, The Academy of Management Review 24 (1999) 781–796: „Emic accounts describe thoughts and actions primarily in terms of the actors’ self-understanding-terms that are often culturally and historically bound. […] In contrast, etic models describe phenomena in constructs that apply across cultures“ (782). 37 Vgl. zum Folgenden besonders den Überblick bei J. M. Hall, Ethnic Identity in Greek Antiquity, Cambridge 1997, 19, der sich vor allem an A. D. Smith, Origins, anschließt. Halls Ausführungen werden u. a. weitergeführt von D. Konstan, Defining Ancient Greek Ethnicity, Diaspora. A Journal of Transnational Studies 6 (1997) 97–110. 38 Darauf hat u. a. auch D. K. Buell besonders hingewiesen: Why this New Race. Ethnic Reasoning in Early Christianity, New York, NY 2005, 9 u. ö.
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Rekonstruktion der Geschichte des Judentums lässt sich nämlich nicht mehr schreiben: Zu verschieden sind die Formen von Judentum zu einem gegebenen Zeitpunkt, zu sehr hat sich das Judentum über die Jahrhunderte verändert. Die Debatte darüber, was das Gemeinsame der verschiedenen einander ablösenden oder gleichzeitig bestehenden Formen von Judentum (oder: der Judentümer) ausmacht – nach James D. G. Dunn wären das z. B. Tempel, Gottesverehrung, Erwählung und die Torah39 – hat zu Tage gebracht, dass die Konstruktionsprinzipien antiker Ethnizität zu verschiedenen Zeiten durchaus unterschiedlich waren. Simplifizierungen geben das Ganze des Bildes nicht wieder. 2.1.2 Antike Kriterien Fragen wir nach antiken Kriterien, ist es sinnvoll, mit einer antiken Darstellung einzusetzen. In einer ethnographischen Behandlung der verschiedenen Völker, die den Skythen im Kampf gegen den Perserkönig Darius beistehen sollten (IV 102–117), beschreibt Herodot etwas ausführlicher die Budinen und Gelonen (IV 108 f.). Die Budinen sind ein großes, zahlreiches Volk (ἔθνος) und haben sämtlich ganz helle Augen und feuerrotes Haar. Sie haben eine Stadt, die aus Holz ausgeführt ist und Gelonos heißt. Jede Seite der Stadtmauer misst 30 Stadien in der Länge, sie selbst ist hoch und ganz von Holz, wie nicht anders auch die Häuser und Heiligtümer. Zudem befinden sich dort Heiligtümer hellenischer Götter mit hölzernen Götterbildern, Schreinen und Altären hellenischer Art (ἔστι γὰρ δὴ αὐτόθι Ἑλληνικῶν θεῶν ἱρὰ ἑλληνικῶς κατεσκευασμένα ἀγάλμασί τε καὶ βωμοῖσι καὶ νηοῖσι ξυλίνοισι). Auch feiern sie dem Dionysos alle drei Jahre ein Fest und führen bakchische Tänze auf. Denn die Gelonen sind ursprünglich Hellenen; vertrieben aus ihren Handelsplätzen, wohnen sie unter den Budinen und reden teils die skythische, teils die hellenische Sprache. Die Budinen reden nämlich nicht dieselbe Sprache wie die Gelonen, auch ihre Lebensweise ist nicht dieselbe (οὐδὲ δίαιτα ἡ αὐτή). Denn die Budinen, welche Autochthone (αὐτόχθονες) sind, sind Nomaden und essen allein unter den dort wohnenden Völkern Pinienkerne. Die Gelonen dagegen bebauen das Feld, essen Getreide, und legen Gärten an, sind auch weder an Aussehen noch an Farbe ihnen ähnlich. Von den Hellenen werden jedoch auch die Budinen Gelonen genannt, aber es ist unrichtig. Ihr ganzes Land ist dicht mit Waldungen von Bäumen jeder Art bewachsen. Im dichtesten Wald aber ist ein großer See und ein Sumpf sowie Rohr um den See; darin werden Fischotter gefangen, Biber und andere Tiere mit viereckigem Kopf, mit deren Fell sie ihre Röcke verbrämen; auch sind ihre Hoden nützlich zur Heilung von Krankheiten der Gebärmutter.40 39 J. D. G. Dunn, Jesus Remembered, Christianity in the Making 1, Grand Rapids, MI 2003, 287–292; vgl. etwa auch L. I. Levine, Identities, 26 f. 40 Βουδῖνοι δέ, ἔθνος ἐὸν μέγα καὶ πολλόν, γλαυκόν τε πᾶν ἰσχυρῶς ἐστι καὶ πυρρόν. Πόλις δὲ ἐν αὐτοῖσι πεπόλισται ξυλίνη, οὔνομα δὲ τῇ πόλι ἐστὶ Γελωνός· τοῦ δὲ τείχεος μέγαθος κῶλον ἕκαστον τριήκοντα σταδίων ἐστί, ὑψηλὸν δὲ καὶ πᾶν ξύλινον, καὶ οἰκίαι αὐτῶν ξύλιναι καὶ τὰ ἱρά. Ἔστι γὰρ δὴ αὐτόθι
Ἑλληνικῶν θεῶν ἱρὰ ἑλληνικῶς κατεσκευασμένα ἀγάλμασί τε καὶ βωμοῖσι καὶ νηοῖσι ξυλίνοισι, καὶ τῷ Διονύσῳ τριετηρίδας ἀνάγουσι καὶ βακχεύουσι. Εἰσὶ γὰρ οἱ Γελωνοὶ τὸ ἀρχαῖον Ἕλληνες, ἐκ τῶν δὲ ἐμπορίων ἐξαναστάντες οἴκησαν ἐν τοῖσι Βουδίνοισι· καὶ γλώσσῃ τὰ μὲν Σκυθικῇ, τὰ δὲ Ἑλληνικῇ χρέωνται. Βουδῖνοι
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Diese Miniatur einer antiken ethnographischen Beschreibung41 geht auf folgende Aspekte ein: – Aussehen: Budinen haben „ganz helle Augen und blondes Haar“, Gelonen sind „weder an Gestalt noch an Farbe ihnen ähnlich“ – Größe des Volkes – Bauart von Häusern, Städten und Tempeln: beide Völker nutzen Holz – Kulte: Gelonen verehren griechische Götter und bauen ihre Tempel nach griechischer Art – Sprache: Budinen sprechen Skythisch, Gelonen Skythisch und Griechisch – Wirtschaft: Budinen sind Nomaden, Gelonen betreiben Ackerbau – Speisen: Budinen essen Pinienkerne – Landschaft: Budinen leben in Waldgebieten – Kleidung: Budinen schmücken ihre Röcke mit Pelzen – Herkunft: Gelonen sind ursprünglich Griechen aus Kolonien Man kann durchaus festhalten, dass damit zahlreiche Aspekte angesprochen sind, die ein Volk nach antiker Perspektive ausmachen. Dies hat seine Ursache u. a. auch darin, dass Herodot hier auf zwei Völker in einem Gebiet eingeht, und dabei auf jene Dinge zu sprechen kommt, die das eine vom anderen Ethnos unterscheiden. Und genau hier kann dann auch der Aspekt der Religion als Teil der Identität eines Volkes eine wichtige Rolle spielen. Unter anderem auch daran kann ein Volk als solches – in Unterscheidung von anderen Völkern – bestimmt werden. Im Kontrast zu gegenwärtigen Konzepten wird deutlich, dass eine Zusammenstellung moderner Bestimmungen mit denen der Antike möglicherweise nicht immer etwas zu tun hat. Das liegt zum einen an der Kontextabhängigkeit antiker Ethnizitätskonstrukte, die benennen, was im historiographischen oder geographischen Umfeld jeweils von Bedeutung ist,42 zum anderen aber auch daran, dass moderne Begriffe und moderne Konzepte aus der soziologischen Forschung kommen, die für die antike Welt nicht oder nur eingeschränkt passen. Hinzu kommt, dass mit ἔθνος in der Antike nicht immer ein „Volk“ gemeint sein muss, vielmehr können damit ganz unterschiedliche Gruppen in den Blick δὲ οὐ τῇ αὐτῇ γλώσσῃ χρέωνται καὶ Γελωνοί, οὐδὲ δίαιτα ἡ αὐτή· οἱ μὲν γὰρ Βουδῖνοι ἐόντες αὐτόχθονες νομάδες τέ εἰσι καὶ φθειροτραγέουσι μοῦνοι τῶν ταύτῃ, Γελωνοὶ δὲ γῆς τε ἐργάται καὶ σιτοφάγοι καὶ κήπους ἐκτημένοι, οὐδὲν τὴν ἰδέην ὅμοιοι οὐδὲ τὸ χρῶμα. Ὑπὸ μέντοι Ἑλλήνων καλέονται καὶ οἱ Βουδῖνοι Γελωνοί, οὐκ ὀρθῶς καλεόμενοι. Ἡ δὲ χώρη σφέων πᾶσά ἐστι δασέα ἴδῃσι παντοίῃσι· ἐν δὲ τῇ ἴδῃ τῇ πλείστῃ ἐστὶ λίμνη μεγάλη τε καὶ πολλὴ καὶ ἕλος καὶ κάλαμος περὶ αὐτήν. Ἐν δὲ ταύτῃ ἐνύδριες ἁλίσκονται καὶ κάστορες καὶ ἄλλα θηρία τετραγωνοπρόσωπα, τῶν τὰ δέρματα παρὰ τὰς σισύρνας παραρράπτεται, καὶ οἱ ὄρχιες αὐτοῖσί εἰσι χρήσιμοι ἐς ὑστερέων ἄκεσιν (ed. Legrand).
41 Vgl. D. Asheri / A. Lloyd / A. Corcella, A Commentary on Herodotus Books I–IV, Oxford 2007, 657. 42 Vgl. auch D. K. Buell, Race, 76. Die genealogische Verbindung mit den Spartanern, die in 1 Makk 12,20–23 ausdrücklich betont wird, verweist auf die beinahe Beliebigkeit von solchen ethnischen Bestimmungen. Ähnliches findet sich hinsichtlich der Idumäer (Jub 15,33 f.), Araber (Ios. ant. Iud 1,12,2) oder Nabatäer (Ios. ant. Iud 1,12,4).
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genommen werden. Liddell/Scott/Jones geben als Grundbedeutung „number of people living together, company, body of men“ und dann u. a. „nation, people“, aber auch „club, guild, tribe“ an (480). Die Rede von einer ethnischen Identität bzw. von Ethnizität sollte daher nicht übersehen, dass sie zwar einen antiken Begriff aufnimmt, damit aber nicht den antiken Sprachgebrauch wiedergibt. Am Beispiel des 2. Makkabäerbuches lässt sich zeigen, dass es einen neutralen ebenso wie einen pejorativen Sprachgebrauch kennt.43 Die pauschale Verwendung von ἔθνη für die Israel, dem λαός, gegenüberstehenden Völker, findet sich entsprechend biblischer Tradition öfters: So stellt 2 Makk 13,11 die Erlösung des Volkes (λαός) der Bedrückung durch die ruchlosen Völker (ἔθνη) gegenüber (ähnlich 14,15). Allerdings wird λαός nur selten verwendet und lediglich „im Kontext von Gebeten, Gottesanrufungen und Erwartungen an Gott“.44 Die Völker sind oft der barbarische Feind, der Israel mit Aggression begegnet (2 Makk 6,4; 8,5.9.16; 10,4; 14,14 f.; 15,8.10; neutral: 12,13). Andererseits können die Völker des Seleukidenreiches auch gemeinsam mit den Ioudaioi über die Machenschaften des Menelaos (2 Makk 5,6) entsetzt sein. Ähnliche Formulierungen, die die Ioudaioi in den Kreis der Völker einordnen, finden sich 2 Makk 6,14; 11,3. Und schließlich wird auch das Volk Israel als ἔθνος bezeichnet. In dem rhetorisch ausgefeilten Kommentar des Erzählers in 5,19 „Aber der Herr hatte nicht wegen der Stätte das Volk, sondern wegen des Volkes die Stätte ausgewählt“ ist beide Male vom ἔθνος die Rede (auch 5,20). Eleazars Tod ist ein Beispiel für die meisten aus dem ἔθνος (2 Makk 6,31), wie sich das Gebet des letzten Sohnes auf das Erbarmen Gottes τῷ ἔθνει richtet (2 Makk 7,37). Die Feier der Wiedereinführung des Festes ist für παντὶ τῷ τῶν Ἰουδαίων ἔθνει Pflicht (2 Makk 10,8). Priester beten zu Gott als dem Beschützer des ἔθνος (2 Makk 14,34). Von dem ἔθνος der Ioudaioi kann auch Antiochos selbst schreiben (2 Makk 11,25; vgl. die Einleitung 11,27). Die Bezeichnung des Volkes als ὁμοεθνῆς (2 Makk 4,2; 5,6; 12,5; 15,30 f.) zeigt ebenfalls: Sie sind alle Angehörige desselben Ethnos.45 M. E. wird kaum jemand bestreiten, dass die Ioudaioi als ein ἔθνος hier ganz unzweifelhaft als Volk analog zu anderen Völkern verstanden werden. Eine Bedeutung als „Stamm“ gäbe nicht wieder, was der Verfasser im Blick hat: Das eine Volk gegen die Vielen, das eine Volk im Kontext der Vielen, das eine Volk als Gemeinschaft. Zurück zu der Frage nach Kriterien: Was macht eine Gemeinschaft als ἔθνος eigentlich aus? Jonathan M. Hall, dessen Untersuchungen zum antiken Verständnis von Ethnizität unter anderem von Shaye Cohen und Steve Mason herangezogen werden, unterscheidet für diese Frage zwischen indicia und criteria für die Bestimmung eines Ethnos (9). 43 Vgl. zuletzt B. Eckhardt, Ethnos und Herrschaft. Politische Figurationen judäischer Identität von Antiochos III. bis Herodes I. (StJ 72), Berlin/New York, NY 2013, 369 f. 44 B. Eckhardt, Ethnos, 370. 45 D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin/New York, NY 2008, 422, betont in diesem Zusammenhang, dass ὁμοεθνῆς auf eine gemeinsame Herkunft verweise.
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Zu den Indizien gehören nach dieser Definition biologische Eigenheiten, Sprache, Religion oder kulturelle Merkmale. Indizien sind nicht Teil des Grundbestands, sondern bleiben veränderbar, können aufgegeben und ersetzt werden. Am Beispiel der Sprache ist dies unmittelbar einleuchtend: Nur weil jemand eine andere Sprache spricht – wie etwa die Gelonen, die Skythisch und Griechisch sprechen – fällt ein Mensch deshalb nicht aus seinem Volk heraus. Indizien sind so also sekundäre Elemente, die freilich von innen oder von außen als Hinweise auf die Zugehörigkeit zu einem Ethnos gedeutet werden können. Als Kriterien versteht Hall die (vermeintliche) Übernahme eines Mythos von gemeinsamer Herkunft und Verwandtschaft, eine Verbindung mit einem bestimmten Territorium und das Gespür für eine gemeinsame Geschichte. Kriterien bestimmen aus antiker Perspektive den Kern eines Ethnos. Ohne dass diese Kriterien zutreffen, wird nach dieser Ansicht in der Antike gar nicht von einem Volk gesprochen bzw. verstehen sich Menschen nicht als Teil eines gemeinsamen Ethnos. Sind nur Indizien verbindend, kann es sich auch um eine andere Gruppe handeln, die etwa durch einen Kult, eine Sprache etc. gekennzeichnet ist. 2.1.3 Der Mythos gemeinsamer Herkunft Für die Gelonen des Herodot ist klar: Sie sind durch die gemeinsame griechische Herkunft miteinander verbunden. Als ehemalige Bewohner von Kolonien stehen sie zudem in gewisser Weise mit mythischen Anfängen im Zusammenhang, deren genaue Gestalt Herodot hier aber nicht weiter interessiert. Jonathan M. Hall formulierte die Bedeutung dieses Elementes so: „Above all else, though, it must be the myth of shared descent which ranks paramount among the features that distinguish ethnic from other social groups.“46
Ein Blick auf die uns interessierende ethnische Identität der Ioudaioi im 2. Makkabäerbuch lässt erkennen: Die Zugehörigkeit zum Ethnos wird gleich zu Beginn einmalig(!) definiert über die Abstammung von Abraham, Isaak und Jakob (2 Makk 1,2): „Gott segne euch und denke an seinen Bund, den er Abraham, Isaak und Jakob, seinen treuen Knechten, zugesagt hat.“47 Damit ist klar, dass die gemeinsame Herkunft ein wesentliches Element der ethnischen Identität der Ioudaioi ist.48 Aber auch die Erinnerung an die Väter in der Verschleppung nach Persien ist Teil der gemeinsamen Geschichte (2 Makk 1,19),49 denn es sind die Väter, die Gott erwählt und geheiligt hat (2 Makk 1,25), und mit denen er die Bündnisse 46 J. M. Hall,
232.
Identity, 25; vgl. auch S. J. D. Cohen, Jewishness, 7; D. R. Schwartz, Judaisms,
47 Καὶ ἀγαθοποιήσαι ὑμῖν ὁ θεὸς καὶ μνησθείη τῆς διαθήκης αὐτοῦ τῆς πρὸς Αβρααμ καὶ Ισαακ καὶ Ιακωβ τῶν δούλων αὐτοῦ τῶν πιστῶν·
48 Vgl. z. B. J. W. van Henten, The Maccabean Martyrs as Saviours of the Jewish People. A Study of 2 and 4 Maccabees (JSJ.S 57), Leiden/New York, NY/Köln 1997, 193. 49 Vgl. D. R. Schwartz, 2 Macc, 152.
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schloss (2 Makk 8,15). Den Vätern hatte Mose das Gesetz gegeben, das unter allen Umständen zu halten ist (2 Makk 7,30). Die Erinnerung an diese mythologische Vergangenheit soll Gott bewegen, das Volk zu beschützen. Auf die gemeinsame Herkunft verweisen auch die zahlreichen Nennungen „väterlicher“ Gebräuche, Ordnungen und Gesetze, die den Gedanken einer Verwandtschaft aller Ioudaioi evozieren.50 In der Auseinandersetzung mit den seleukidischen Herrschern geht es um die Frage, ob diese auf die Vorfahren zurückgehende Ordnung weiterhin beachtet werden darf oder nicht. Der Zwang, diese zu verlassen, wird etwa in 2 Makk 6,1 ausgedrückt: Der Athener Geron wurde gesandt, „um die Ioudaioi zu zwingen, abzugehen von den väterlichen Gesetzen und nicht nach den Gesetzen Gottes als Bürger zu leben.“51 Die Feste werden als „väterliche Feste“ bezeichnet (6,6), die Gesetze auch in 7,2 als πάτριοι νόμοι. Alles, was von dem jüngsten der sieben Brüder verlangt wird, ist abzufallen ἀπὸ τῶν πατρίων (7,24), was er unter anderem περὶ τῶν πατρίων νόμων ablehnt (7,37). Ebenso können Verweise auf die Vorfahren (προγόνοι) dazu dienen, an Gottes früheres Eingreifen zu erinnern (2 Makk 8,19) bzw. das Ethos als traditionelles zu verankern (11,25). Die unter den Vorfahren der Ioudaioi bestehende politische Ordnung aufzulösen, war eines der Ziele des Antiochos (2 Makk 8,17). Was hier zunächst von Bedeutung ist, ist die generelle Wertung der Verbindung zu den Vorfahren: Sie wird im 2. Makkabäerbuch zur Verpflichtung, wie auch sonst das Festhalten an dem Mythos gemeinsamer Herkunft zu den konstituierenden Faktoren ethnischer Identität in antiker Perspektive gehört. Dass sich das im Konfliktfall auch daran zeigt, ob die Gebräuche und Gesetze der Vorfahren, mit denen sich diese schon Gott verbunden wussten, gehalten werden, legt das 2. Makkabäerbuch deutlich offen. Die Forderung der seleukidischen Herrscher, diese Bestimmungen zu verlassen, hat so nicht nur eine wesentliche Bedeutung für Kult und Ritual, sie betrifft auch die Verbindung zu den von Gott erwählten Vorfahren. Die Einhaltung des Gesetzes ist eines jener Indizien, durch die die gemeinsame Verbindung zu den Vorfahren nach der Ansicht des Epitomators des 2. Makkabäerbuches erkennbar wird.52
50 Vgl. dazu v. a. R. Doran, The Persecution of Judeans by Antiochus IV. The Significance of „Ancestral Laws“, in: D. C. Harlow (Hg.), The „Other“ in Second Temple Judaism, FS J. J. Collins, Grand Rapids, MI/Cambridge 2011, 423–433. Das Festhalten an den traditionellen Gesetzen gehört zu den wesentlichen Identitätsmerkmalen antiker Völker und Städte. Der Verfasser will damit auch an das Verständnis der antiken Leserschaft appellieren; vgl. D. R. Schwartz, 2 Macc, 275. 51 Ἀναγκάζειν τοὺς Ιουδαίους μεταβαίνειν ἀπὸ τῶν πατρίων νόμων καὶ τοῖς τοῦ θεοῦ νόμοις μὴ πολιτεύ εσθαι. 52 Dennoch wird daran nicht ausschließlich festgemacht, ob jemand ein Ioudaios ist: Die Gefallenen der Ioudaioi in der Schlacht gegen Gorgias, bei denen Amulette gefunden wurden (12,40), werden selbstverständlich weiter als Ioudaioi verstanden und durch einen Sühnritus von dieser Sünde gereinigt.
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2.1.4 Die Verbindung mit einem Territorium Vor allem an den zu dem größeren Volk der Skythen gehörenden Budinen wird deutlich: Sie gehören in dieses Gebiet voller Wälder und mit dem tiefen See. Das ist ihr Land – wo auch immer es gelegen haben mag. Zwar nennt Herodot ihr Territorium nicht mit Namen, doch ist die Zugehörigkeit zu dieser Landschaft mit all ihren Eigenheiten und durch die sekundär erklärbaren Indizien ein wesentlicher Punkt ihrer ethnischen Bestimmung. An den griechischen Gelonen lässt sich zugleich erkennen, dass die Ferne von der Heimat keinesfalls dagegen spricht, jenem Volk zugeordnet zu werden, aus dem man ursprünglich stammt. Auch hier lässt sich dieses Kriterium an den Indizien näher bestimmen: Sie verehren griechische Götter nach griechischer Weise, unter anderem Dionysos. Die Zusammengehörigkeit mit einem spezifischen Territorium ist für die Ioudaioi auf den ersten Blick selbstverständlich. Sie stammen ja aus Juda.53 Die Bezeichnung des Landes bzw. des Volkes als Ἰουδαία findet sich in 1 Makk 29 mal,54 in 2 Makk 11 mal, wobei dies auch mit Jerusalem kombiniert wird (1 Makk 3,34 und 2 Makk 1,1; 1,10). In 2 Makk wird deutlich, dass die Ioudaioi in Ägypten oder Jerusalem und Judäa wohnen und sich als „Brüder“ verstehen. Die Einwohner des Landes können auch als „die im Gebiet von Judäa“ (2 Makk 1,1) bezeichnet werden bzw. als „die in Judäa“ (2 Makk 1,10). Auffällig ist die Formulierung in 2 Makk 8,9. Im Bericht über die Zusammenstellung des feindlichen Heeres unter Nikanor wird als dessen Ziel angegeben, τὸ σύμπαν τῆς Ιουδαίας ἐξᾶραι γένος. In der Übersetzung von Christian Habicht wird dies mit „damit er die gesamte jüdische Nation ausrotte“ wiedergegeben.55 Septuaginta Deutsch (Kai Brodersen, Tobias Nicklas) bietet: „das ganze Geschlecht der Juden auszurotten“. Die Wiedergabe von γένος mit „Nation“ ist zumindest problematisch, weil der Begriff seit der Aufklärung eng mit dem Selbstverständnis als Staat verbunden ist. „Geschlecht“ scheint da doch wohl die Sache eher zu treffen, da es ja vor allem um ein durch gemeinsame Herkunft bestimmtes Volk geht. Kaum zutreffend ist es allerdings, wenn der Genitiv τῆς Ιουδαίας mit „jüdisch“ bzw. „der Juden“ wiedergegeben wird. Es müsste korrekt „das ganze Geschlecht Judäas“ heißen, was den engen Zusammenhang zwischen Herkunft und Land unterstreicht.56 Bestätigt wird dies auch durch die enge Verbindung von γένος und χώρα in 2 Makk 14,9: Der König wird von dem Hohenpriester 53 Zur Entstehung der Bezeichnung Ίουδαία vgl. D. Goodblatt, From Judeans to Israel. Names of Jewish States in Antiquity, JSJ 39 (1998) 1–36, der auf den griechischen Einfluss verweist (11–13). 54 Vor allem in 1 Makk ist damit in der Regel das Land gemeint, und zwar verstreut über das gesamte Buch. Das Land Judäa wird durch seine Grenzen markiert (1 Makk 7,24; 11,34). 55 C. Habicht, 2. Makkabäerbuch (JSHRZ I/3), Gütersloh 1976, 239. 56 Vgl. D. R. Schwartz, 2 Macc, 332. J. W. van Henten, Martyrs, 91, verweist zu Recht darauf, dass die Formulierung in 2 Makk 8,9 ebenso wie in 5,24 und 9,4 auf eine Auslöschung der Ioudaioi abzielt.
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Alkimos aufgefordert, sich „sowohl um das Land als auch um unser bedrängtes Geschlecht“ zu kümmern (καὶ τῆς χώρας καὶ τοῦ περιισταμένου γένους ἡμῶν).57 Der Zusammenhang zwischen dem Land und seinen Bewohnern ist wie in anderen antiken Selbstbezeichnungen also selbstverständlich. Dabei spielt es – wie in 2 Makk 1,1 – keine Rolle, ob die Angehörigen eines Volkes tatsächlich in diesem Land wohnten oder ob sie lediglich – über wie viele Generationen auch immer – aus diesem Territorium stammten. Auch Römer, um einmal die Gegenprobe zu machen, sind im 1. und 2. Makkabäerbuch stets Menschen mit Bezug zur Stadt Rom. Öfters begegnen sie als Gesandte (2 Makk 11,34) oder als Ziel von Gesandtschaften (1 Makk 12,16). Eine Zusammenstellung von Romaioi und Ioudaioi findet sich z. B. in 1 Makk 8,23; 8,29; 14,40; 2 Makk 11,34. Dabei kann Ioudaioi näher bestimmt werden durch ἔθνος (1 Makk 8,23) bzw. auch δήμος (1 Makk 8,29; 2 Makk 11,34). Die Annahme, die Ioudaioi wären damit als Volk definiert, während die Römer dies nicht seien, ist absurd. Beide sind selbstverständlich Völker. Vielmehr geht es darum, dass die Römer den Bund mit einem Volk abschließen, das eben als ἔθνος oder δῆμος bezeichnet werden kann. 2.1.5 Die gemeinsame Geschichte Die Geschichte der Völker spielt in unserem Beispiel bei Herodot nur eine untergeordnete Rolle, hat aber dennoch eine gewisse Funktion. Denn über die Gelonen erzählt der Ethnograph nicht nur ihre Herkunft, die selbstverständlich auch Teil der Geschichte ist, sondern zudem, dass sie aus Handelsplätzen vertrieben wurden. Dieses Schicksal teilen die Gelonen, auch wenn die späteren Generationen dies nicht mehr selbst erlebten. Der Bezug auf eine gemeinsame Geschichte ist für die Ιοudaioi der Makkabäerbücher so selbstverständlich, dass hier eine ausführliche Darstellung nicht nötig ist. Hingewiesen sei aber zumindest darauf, dass es den Verfassern nicht nur darum geht zu zeigen, dass die Ioudaioi eine frühere Geschichte hatten, wie sie durch die Verweise auf die Väter angesprochen wird. Das eigentliche Anliegen sind vielmehr die erzählte Gegenwart und Zukunft, die für Leser und Leserinnen selbst Gegenwart ist. Der Wille, auch in der Gegenwart verbunden zu sein und die Zukunft als durch Abstammung und Herkunft miteinander verbundene Gemeinschaft zu gestalten, ist ganz zentral. Die innerjudäischen Auseinandersetzungen am Beginn des 2. Makkabäerbuches gehen – so scharf sie auch dargestellt werden – gerade um die Gestaltung der durch die Volkszugehörigkeit vorgegebenen bzw. zur Diskussion gestellten Geschichte. Die Verwendung des Neologismus Ιοudaismos (2 Makk 2,21; 8,1; 14,38), was immer er genau bedeuten 57 Zwar wird nur in 2 Makk 8,9 γένος explizit mit Ἰουδαία verbunden, doch finden sich ähnliche Genitivverbindungen mit γένος auch in 7,28.38 und 14,8 f. In 7,28 heißt es τὸ τῶν ἀνθρώπων γένος, in 7,38 τὸ σύμπαν ἡμῶν γένος und in 14,8 f. τὸ σύμπαν ἡμῶν γένος bzw. τοῦ περιισταμένου γένους ἡμῶν.
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mag, greift auf dieses, das Ethnos verbindende und ausrichtende Moment zurück. Dabei ist die Füllung dieses „Judentums“, „Jewishness/Judaism“, „Streitens für die Judäische Sache“, mithin des gesamten Komplexes von Loyalität und Praktiken, die das Volk Israel von anderen Völkern abgrenzen,58 veränder‑ und wandelbar. Dass aber grundsätzlich im Kontext eines Volkes darüber gestritten wird, macht das Kernelement eines Volkes aus. 2.2 Religion Während nach Jonathan Hall Religion nur ein Indiz für ethnische Identität ist, zeigt die Debatte um das antike Judentum, dass man auch davon ausgehen kann, dass im Zusammenhang der Gestaltung des 2. Makkabäerbuches und der darin dargestellten Ereignisse eine Transformation eines Ethnos zu einer Religion, die auch für andere Ethnien offen ist, bzw. die Etablierung einer religiösen Bedeutung einer ethnischen Bezeichnung stattfand. Allerdings gibt es, darauf insistieren etwa auch Mason und Boyarin, massive Zweifel, ob man für die Antike überhaupt von „Religion“ sprechen kann. Denn wie der Religionsbegriff in der Religionswissenschaft überhaupt in Diskussion geraten ist, so auch in der Erörterung antiker Religionsgeschichte. Daniel Boyarin etwa sieht in der Antike bis zur Zeit Eusebs kein Konzept von Religion. Während im 4. Jh. von Religion gesprochen werden könne, die verschiedene Formen annahm (christlich, jüdisch, hellenistisch), sei davor mit religio lediglich der einzelne angemessene religiöse Akt gemeint gewesen, und gerade nicht ein konzeptionelles oder auch praxisorientiertes System, das getrennt von Kultur und Politik bestanden hätte. So etwas habe es nicht gegeben und jede Suche danach führe nur zu falschen Schlüssen.59 Unbestreitbar scheint mir zu sein, dass man für die griechisch-römische Antike einen Begriff wie „Religion“ nicht finden wird, der einem „specific system of belief embodied in a circumscribed community“60 entspricht. Wenn James B. Rives für die Antike festhält, dass es unmöglich sei, ein kohärentes oder gar einheitliches System von Religion zu identifizieren, nimmt er freilich Judentum und Christentum aus.61 Zuletzt hat Michele Renee Salzmann wieder den konstruktiven Charakter der Bezeichnung „Religion“ für die Antike betont, ohne 58 Vgl.
D. Boyarin, Rethinking, 150. D. Boyarin, Invention, 153. Vgl. auch B. Nongbri, Before Religion. A History of a Modern Concept, New Haven, CT/London 2013, 16: „Religion is a modern innovation.“ Die von Nongbri vorgebrachten Einwände gegen den Gebrauch des Begriffes bzw. Konzeptes „Religion“ mahnen zur Vorsicht, lassen sich mit einer Unterscheidung von „emic“ und „etic“ aber wohl umgehen. 60 So definiert Esler den Begriff Religion (Conflict, 7). Zur Geschichte des Begriffs von der Antike bis zum 19. Jh. vgl. J. N. Bremmer, „Religion“, „Ritual“ and the Opposition „Sacred vs. Profane“, in: F. Graf (Hg.), Ansichten griechischer Rituale, FS W. Burkert, Stuttgart/Leipzig 1998, 9–32. 61 J. B. Rives, Religion in the Roman Empire, Malden 2007, 5. 59
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ihn deshalb für verzichtbar zu halten.62 Es ist also davon auszugehen, dass es „Religion“ im Sinne einer durch Handlungen, Kommunikation und begriffliches Nachdenken geprägten Religiosität, eines spezifischen Zeichen‑ (Geertz) oder Kommunikationssystems (Luhmann) gab. Sicherlich trifft die Rede von römischer, griechischer oder jüdischer Religion sich nicht 1:1 mit unserem modernen Verständnis, das sich seit der Aufklärung entwickelt hat. Denn der übergreifende Charakter dieser Bezeichnungen suggeriert „eine Kohärenz der rel. Handlungen und Vorstellungen, die in dieser Form“ nicht vorhanden war.63 Und gewiss ist auch zutreffend, dass auch die enge Verknüpfung aller Lebensbereiche mit Religion einem modernen Religions‑ und Gesellschaftsverständnis widerspricht. Dennoch ist ein grundsätzlicher Verzicht auf die Kategorie „Religion“ nicht angezeigt. Gleichzeitig ist allerdings zu fragen, wie weit Religion innerhalb eines Zeichen‑ bzw. Kommunikationssystems nicht besser als Teil von Kultur bzw. Ethnizität verstanden werden sollte. In beiden Bereichen ist selbstverständlich keine Einigkeit erzielt worden, doch möchte ich wenigstens knapp festhalten: Für die Antike lässt sich eine Trennung von Kultur und Religion schwer behaupten,64 wobei ich zugleich festhalten möchte, dass es sich bei Religiositäten zwar um Erscheinungen von Kultur handelt, diese aber deswegen nicht „bloß“ Kultur sind. Die Bereiche lassen sich nur m. E. nicht trennen. Gerade die Makkabäerbücher, v. a. aber das 2. Makkabäerbuch zeigen, dass jener Bereich von Religion, den wir als habituell verstehen können oder als performative Religion, besonders stark werden kann. Sabbat, Beschneidung, Speisen, Feste, korrekte Ausübung des Kultes etc. lassen sich, und zwar trotz der religiösen Dimension, auch als Kultur verstehen. Ähnliches lässt sich insofern für die Frage nach Ethnizität behaupten, als eine spezifische Form von Religion im weiteren Sinn als ethnisches Indiz gelten kann. Jonathan Hall hat dies so gewertet und dies ist auch kaum bestritten worden. Zugleich ist aber offensichtlich, dass gemeinsame Kulte nicht zum Kernelement eines Ethnos gehörten, sondern durchaus wandelbar waren. Die altorientalische und griechisch-römische Welt war in dieser Hinsicht durchaus flexibel. Das war vor allem durch den Umstand begünstigt, dass der Integration neuer Kulte bzw. der Adaption bereits bestehender Kulte keine grundlegenden, durch den Ethnos vorgegebenen Grenzen gesetzt waren. Diese konnten selbst in Fällen wie dem des aufgrund seiner ekstatischen Praxis suspekten Kybele-Kults durchaus neu 62 M. R. Salzmann, Introduction to Volumes I and II, in: dies. / M. A. Sweeney (Hg.), The Cambridge History of Religions in the Ancient World, Cambridge 2013, 4. 63 A. Bendlin, Religion I. Einleitung, DNP 10 (2001) 887–891. 64 Vgl. etwa auch M. R. Salzmann, Introduction, 4. Die Debatte über das Verhältnis von Kultur und Religion findet sich im Überblick etwa bei D. Sabbatucci, Kultur und Religion, HRWG I (1998) 43–58; vgl. auch J. Assmann, Ägypten – Theologie und Frömmigkeit einer Hochkultur, Stuttgart u. a. 1984, 9–24; W. C. Smith, The Meaning and End of Religion, Minneapolis, MN 19913.
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gesetzt werden. Mysterienkulte, Philosophenschulen und Ähnliches waren nicht durch ethnische Bestimmungen eingeschränkt. Insofern ist es m. E. durchaus möglich, dass sich bereits im 2. Jh. v. Chr. so etwas wie eine „jüdische Religion“ – zwar ohne konzeptionelle Einheit, aber immerhin mit einigen grundlegenden Eigenheiten – entwickeln konnte, die auch Angehörigen anderer Völker zugänglich war. Freilich besagt die theoretische Möglichkeit einer solchen Ausformung von „Religion“ jenseits ethnischer Bestimmung nicht, dass dies auch 1) geschehen sei, bzw. 2) im 2. Makkabäerbuch anvisiert wäre. Denn immerhin ist zu konstatieren, dass das, was wir herkömmlich mit „Judentum“ verbinden, stets mit einem Ethnos verbunden geblieben ist. Darin unterscheidet sich strukturell das Judentum von anderen Kulten und Formen von Religiosität.65
3. Zwei Abschnitte aus dem 2. Makkabäerbuch Im Folgenden möchte ich, um die oben genannten Überlegungen an zwei Texten durchzuspielen, zwei Abschnitte aus dem 2. Makkabäerbuch näher erörtern, in denen Indizien wie auch Kriterien ethnischer Identität aus antiker Perspektive besprochen werden. Beide Texte, 2 Makk 6,1–11 und 9,13–16, waren und sind in den Diskussionen, die ich oben besprochen habe, von großer Bedeutung.66 3.1 Übergang und Bekenntnis (2 Makk 6,1–9) Mit 2 Makk 6,1–9 kommt der Verfasser zu einer Darstellung innerhalb des Konfliktes der Ioudaioi mit Antiochos IV., die in Kap. 6 und 7 die heftige Bedrängnis sowie die Ermordung zahlreicher Ioudaioi beschreibt. Ein Athener namens Geron sollte dafür sorgen, dass die Ioudaioi „abgehen von den väterlichen Gesetzen und nicht nach den Gesetzen Gottes ihr Leben gestalten“. Ein erstes wesentliches Stichwort ist hier μεταβαίνειν: Es begegnet noch zweimal im 2. Makkabäerbuch, und zwar in 6,9 und 6,24.67 In 6,9 ist schon klar, dass es sich eigentlich nicht um ein Abgehen allein handelt, sondern dass damit auch das Hinübergehen zu etwas Anderem impliziert ist. In 6,9 ist dieses Neue nun τὰ Ἑλληνικά, was wohl nichts anderes meint als die Hellenistische Kultur. Hellenistische Kultur ist – das ist eine der Hauptbotschaften des 2. Makkabäerbuches – 65 Auffällig
ist auch 1 Makk 1,41: Alle sollen zu einem λαός werden. Umstand, dass es sich beim 2. Makkabäerbuch um einen Text handelt, der einen Konflikt erzählt, widerrät, die multiethnische Perspektive hier einzubringen. Sie könnte nur dort sinnvoll erscheinen, wo es nicht um Auseinandersetzungen geht, in denen nur das eine oder das andere möglich ist, sondern das friedliche Nebeneinander verschiedener ethnischer Identitäten beschrieben wird. 67 Vgl. auch 11,24, wo von der Änderung zur griechischen Lebensweise (ἐπὶ τὰ Ἑλληνικὰ μετά θεσις) die Rede ist, die im Gegensatz zum eigenen Verhalten (ἀγωγή) steht. 66 Der
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nicht mit der Identität als Ioudaios vereinbar. Dabei ist selbstverständlich klar, dass der Vf. aus der griechischen Kultur auswählt, denn die Sprache ist es ganz offensichtlich nicht.68 Er verwendet sie ja. Dass mit Geron ausgerechnet ein Athener dies vollziehen soll, ist nur konsequent. In 6,24 wird mit μεταβαίνειν noch klarer, dass es etwas anderes ist, zu dem hier ein Wechsel vollzogen wird: Die Alternative zu Eleazars bisheriger Haltung wäre ein Hinübergehen zum ἀλλοφυλισμός. Dieses Kunstwort, das der Vf. schon in 4,13 als Parallele zu Ἑλληνισμός gebracht hatte, meint nun allerdings wahrscheinlich nicht nur die Lebensweise, sondern verweist darüber hinaus auch darauf, dass für die Sache eines anderen Volkes statt für die des eigenen eingetreten werden soll. Eleazars Sorge in 6,24 bezieht sich ja gerade auf die Folgewirkung, die sein Handeln auf die Jungen haben würde. So geht es hier wohl um mehr als die Übernahme einer anderen „Kultur“, nämlich zugleich auch um die Propagierung dieser Kultur als der besseren. Wer zum ἀλλοφυλισμός wechselt, betreibt damit auch die Angelegenheiten einer anderen φυλή. In 2 Makk 6,1 betrifft das Hinübergehen die „väterlichen Gesetze“. Mit ihnen sind einerseits die Sitten und Gebräuche angesprochen, die in den Gesetzen festgelegt sind, deren Inhalt freilich wandelbar ist. Zugleich ist es aber auch die Geschichte des Volkes, die zur Debatte steht: Wenn die πατρίοι νόμοι verlassen werden, werden andere Gesetze und damit die Geschichte eines anderen Volkes für die Ioudaioi wichtig. Die mythologische Anbindung an die Geschichte des Volkes wird in 6,1 sofort deutlich: Die Gesetze sind nämlich keine anderen als die Gesetze Gottes. Nach ihnen richtet sich auch die Ordnung des Gemeinwesens, wie mit dem Stichwort πολιτεύεσθαι angedeutet wird (vgl. auch 2 Makk 11,25).69 Wie das Volk seine Angelegenheiten regelt, ist durch Gott festgesetzt, sodass sich eine Änderung, wie sie Antiochos will, gegen Gott selbst richtet. Es ist daher nur logisch, dass sich weitere Maßnahmen (6,2–5) auf den Bereich des Kultes richten: Der Jerusalemer Tempel wird geschändet durch die Widmung an Zeus Olympios. Ungehöriges wie Tempelprostitution und der Einlass von Frauen in von Gott gegebene verbotene Bereiche, Gesetzwidriges wie unreine Opfergaben70 verstärken dies. Die Gebote der Vorfahren werden dadurch verletzt, dass der Sabbat und die Feste nicht mehr gefeiert werden können. Das alles gipfelt dann aber darin, dass es nicht möglich ist, ἁπλῶς Ἰουδαῖον ὁμολογεῖν εἶναι (2 Makk 6,6). Diese letzte Formulierung ist zentral für die Frage, ob es sich bei Ioudaios um eine Religion oder um ein Volk handelt: 68 Zur Bedeutung der Sprache im 2. Makkabäerbuch vgl. J. W. van Henten, The Ancestral Language of the Jews in 2 Maccabees, in: W. Horbury (Hg.), Hebrew Study from Ezra to Ben-Yehuda, Edinburgh 1999, 53–68, der auf die hohe Bedeutung der Sprache (Hebräisch oder Aramäisch) für das Selbstverständnis der Ioudaioi verweist. 69 Vgl. dazu etwa J. A. Goldstein, II Maccabees (AncB 41A), New York, NY/London/Toronto/Sydney/Auckland 1984, 272; D. R. Schwartz, 2 Macc, 275. 70 J. A. Goldstein, 2 Macc, 275, geht von „idolatrous objects“ aus.
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– Die „religiöse“ Lesart ist relativ leicht nachzuvollziehen: Das simple Bekenntnis, Jude zu sein, sich also entsprechend den religiösen Vorschriften der Juden zu verhalten oder wenigstens verhalten zu wollen, wird unmöglich gemacht.71 Mit ὁμολογεῖν steckt dann vielleicht auch ein Stück Glaubensbekenntnis zu dem einen Gott Israels drin.72 Das wird auch durch 2 Makk 7,37 nahe gelegt: Dem König wird für das Gericht angekündigt, dass er Gott als den einzigen anerkennen muss (ἐξομολγήσασθαι). In 6,6 ist dann schon allein das Bekenntnis – man denke an die Parallele der Christenprozesse73 – verboten, jenseits aller Akte. Eine gewisse Schwierigkeit hat diese Deutung darin, dass sie damit rechnet, dass es ein Bekenntnis zum Jude-Sein gibt ohne konkrete Handlungen. Kann der Verfasser das tatsächlich gemeint haben? Ist nicht gerade das sein Punkt, dass nur in konkreten Handlungen deutlich wird, wer Ioudaios ist und wer nicht? Die nachfolgenden Erzählungen über die Märtyrer stellen dies ja unter Beweis, denn Ioudaios zu sein und gleichzeitig die hellenistischen Bräuche zu leben, hält er für unmöglich. – Nach der „ethnischen“ Lesart74 geht es nicht um ein religiöses Bekenntnis, sondern um eine hyperbolisch formulierte Aussage: Die Propagierung der Hellenika hätte eine Aufgabe ethnischer Identität als Ioudaios bedeutet.75 Was nach Ansicht des Vf. also entstehen sollte, war nicht eine hellenistische Form von Judentum (der gehörte er ja in gewisser Weise auch an), sondern die Aufgabe der eigenen ethnischen Identität zugunsten einer anderen. Wer diese weiterhin behalten wollte und dies allein schon durch das bloße Bekenntnis dazu zum Ausdruck brachte, war dem Untergang geweiht, weil er bei all dem, was nun verlangt wurde, nicht mitmachen konnte, ohne diese ethnische Identität als Ioudaios zu verlieren. Eine gewisse Schwierigkeit ergibt sich bei dieser Lesart dadurch, dass anders als in 1 Makk 1,41 in 2 Makk das Ziel, die Menschen zu einem Volk zu machen (εἰς λαὸν ἕνα), nicht angegeben ist. Zwar wird das Hinübergehen zu einem anderen Volk thematisiert, aber nicht ausdrücklich von Antiochos vorgegeben. Der Vf. müsste also meinen, dass durch die ethnischen Kriterien und Indizien,
71 D. R. Schwartz, 2 Macc, 273, sieht darin das Hauptthema des Abschnitts: „Suffering for one’s religion is a positive and useful thing.“ 72 Anders etwa J. A. Goldstein, 2 Macc, 276, der die religiöse Praxis und den Vollzug eines Rituals im Hintergrund sieht, oder D. R. Schwartz, 2 Macc, 274: „practice of Jewish law“. 73 So auch D. R. Schwartz, 2 Macc, 278. Schwartz verweist ebd. auch auf die Möglichkeit, dass die sprachliche Nähe eine christliche Redaktion nahelegen könnte. 74 Mason geht auf diesen Abschnitt des 2 Makk allerdings nicht ein. 75 Dafür spricht u. a. die sachliche Parallele in Ps-Hekateus (Ios. c. Ap. 1,191), wo für die persische Zeit behauptet wird, Ioudaioi hätten auch unter Folter ihre πάτρια nicht verleugnet (μὴ ἀρνούμενοι).
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die aufgegeben werden sollen, damit schon die Aufgabe judäischer Volkszugehörigkeit, ja der Bestand des ganzen Volkes beendet sei.76 3.2 Gleichstellung und Übergang (2 Makk 9,13–17) Um ein ähnliches Thema geht es in 2 Makk 9,13–17, freilich mit umgekehrten Vorzeichen. Der todkranke Antiochos will durch eine Umorientierung seiner Politik gegenüber den Ioudaioi das Erbarmen Gottes gewinnen. Dazu nimmt er sich vor, folgende Akte zu setzen: – Die Ernennung Jerusalems zu einer freien Stadt (9,14), die ihre Ordnung und Gesetze selbst bestimmen kann und volle Steuerhoheit hat. Die von Jason eingeführte hellenistische Verfassung (2 Makk 4,11) würde damit aufgehoben, die staatliche Ordnung, die von Gott festgesetzt wurde (2 Makk 6,1), würde wieder eingesetzt. – Die Gleichstellung der Ioudaioi – hier zweifellos mit „Judäer“ zu übersetzen – mit den Bürgern von Athen (9,15). Der Bezug auf den Athener Geron, der die Ioudaioi zu Griechen machen wollte, ist nahe liegend. Statt dieser Maßnahme soll nun das Gegenteil der Fall sein: Die Judäer sollen den Athenern in allen Rechten gleichgestellt sein. – Der Tempel wird wieder voll funktionsfähig (9,16): Das kultische Zentrum des Volkes, dessen Schändung, Missbrauch und Beraubung (2 Makk 5,16) dazu beitragen sollte, dieses von dem Ioudaios-Sein abzubringen, wird darüber hinaus von Antiochus selbst finanziert, wie es schon sein Vater Seleukos III. getan hatte (2 Makk 3,3). – Und schließlich will Antiochos „über dies hinaus auch Ioudaios werden (πρὸς δὲ τούτοις καὶ Ἰουδαῖον ἔσεθαι ) und die Kraft Gottes an allen Orten verkünden (9,17). Der Vf. nimmt damit auf ein Ereignis aus der Zeit des Seleukos Bezug (2 Makk 3,24–40): Heliodors versuchte Plünderung des Tempelschatzes wurde durch Gottes Eingreifen verhindert. Niedergestreckt und dem Sterben nahe wird er durch ein Sühneopfer des Hohenpriesters Onias wieder mit Gott versöhnt und geheilt. In einer Vision wird ihm aufgetragen, allen die Kraft Gottes zu verkündigen (2 Makk 3,34), was er auch tut (3,36). Nach einem Dankopfer und Gelübden geht er wieder zurück. Heliodor, der Kanzler des Königs, wird nun freilich weder „Jude“ noch „Judäer“. Antiochos will nun aber gerade dies werden. – Wiederum liegt die religiöse Lesart nahe: Abgesehen von der politischen Neuordnung und der Wiedereinrichtung des Tempelkultes will der sterbende König „Jude“ werden und Gottes Macht verkünden. Cohen verweist vor allem auf diesen Text, um zu zeigen, dass sich hier eine Konversion findet, die erkennen lässt, dass das Judentum eine Religion – oder genauer: Ethno76 Dass
die Zerstörung des Volkes im Blick ist, wird durch 2 Makk 5,24; 8,9; 9,4 nahegelegt.
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Religion – geworden sei.77 Ihr kann man sich zuwenden („conversion“), ohne seine ethnische Identität zu ändern, denn es sei ja selbstverständlich, dass Antiochos weiterhin Syrer bleibe.78 Oder umgekehrt: Da die Kategorie der genealogischen Abkunft für Antiochos nicht anwendbar war, muss Ioudaios eine andere Bedeutung gewonnen haben. Dafür spricht auch, dass die Verkündigung von Gottes Kraft eine religiöse Äußerung ist. Problematisch an dieser Lesart ist vor allem die Neuheit der Bedeutung von Ioudaios, das dann nicht mehr ausschließlich ein Volk meint, sondern auch – und unabhängig von einer ethnischen Bedeutung – eine Religion. – Die ethnische Lesart entzündet sich gerade an diesem Problem: Warum sollte Ioudaios ausgerechnet an dieser Stelle eine neue Bedeutung haben? Immerhin ist für den Rest des Buches die Übersetzung mit „Judäer“ doch die wahrscheinlichere. Rechnet man hingegen mit einer ausschließlich ethnischen Konnotation, wird dies zumindest durch die ersten Maßnahmen des Antiochos unterstützt. Diese betreffen ja wesentliche Indizien ethnischer Identität, konkret die politische Verfasstheit und die kultische Ordnung (Religion). Aber ist es eine realistische Lektüremöglichkeit, dass Antiochos meinte, „Judäer“ werden zu können? Das würde m. E. nur Sinn machen, wenn es bei der Auseinandersetzung im 2. Makkabäerbuch nicht bloß um die Frage von Kultur und/ oder Religion ginge, also um den Kampf gegen eine hellenistische Umformung verbunden mit religiöser Neuausrichtung, sondern um schlicht nichts anderes als den Bestand des Volkes der Ioudaioi als tatsächlich judäischem Volk. Denn in der Tat geht es Antiochos vor seiner Einsicht darum, das ganze Geschlecht der Ioudaioi auszurotten (2 Makk 8,9; vgl. 5,24; 9,4). Folgt man dieser Linie, ergibt sich für 2 Makk 9,17 als Sinn das Eingeständnis des Antiochos, dass lediglich das Judäer-Sein und die damit notwendig verbundene Anerkennung Gottes als des Einzigen retten kann. Das Ethnos mit seiner Religion steht über anderen Ethnien.
4. Schluss In Summe kann man zwei Möglichkeiten festhalten: Wenn es im 2. Makkabäerbuch tatsächlich um das Judentum als Religion geht, die zwar eng mit dem Volk der Judäer verbunden ist, deren Anhänger und Anhängerinnen aber nicht notwendig alle aus diesem Volk sein müssen, dann geht es um einen „Religionskrieg“. Die griechische Religion (Zeus, Dionysos) steht gegen die jüdische, die Verehrung des einen Gottes. S. J. D. Cohen, Jewishness, 92 f.129 f.151; vgl. auch D. R. Schwartz, 2 Macc, 360 f. J. Pasto, Origin, 179, versteht „conversion“ als lediglich einen Aspekt von Kulturwechsel, wie das Beispiel der Konversion der Idumäer zeigt (192). 77 78
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Wenn es im 2. Makkabäerbuch allerdings einzig und allein um „Religion“ als Teil ethnischer Identität geht, dann bedeutet der Anschluss an die Verehrung des einen Gottes den Anschluss an das judäische Volk. Die Konfrontation, die das 2. Makkabäerbuch beschreibt, ist nach dieser Sicht dann nicht eine über die Zulässigkeit einer Hellenisierung des Judentums, sondern eine über die Existenz des judäischen Volkes, das durch die Maßnahmen des Antiochos zu einem griechischen Volk hätte werden sollen. Mit Jonathan Hall gedacht würde das bedeuten: Aus einem Indiz ethnischer Identität wurde ein Kriterium ethnischer Identität, das andere Kriterien ersetzen kann. Gibt es dazwischen noch ein drittes? Shaye Cohen und Seth Schwartz propagieren, um diese entweder-oder-Entscheidung zu vermeiden, den Begriff einer „ethno-religion“. Das mag ein Kompromiss sein, der möglicherweise das gegenwärtige Verständnis erleichtert, zumal dadurch die Kontinuität der antiken Ioudaioi mit dem Judentum der Gegenwart gewahrt bliebe. Kompromisse waren allerdings nicht die Sache des Epitomators im 2. Makkabäerbuch, der in seiner Erzählung die geplante vollständige Vernichtung des judäischen Volkes und die tatsächliche glorreiche Rettung durch den Herrscher, Pantokrator und epiphanen Kyrios (2 Makk 15,29.32.34) beschreibt. Die damalige Debatte, was ein Ioudaios eigentlich ist, war das Anliegen des Epitomators, und sie wird auch im Streit um Begriffe und Kategorien weitergeführt.
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Inventing Jason of Cyrene? 2 Maccabees and the Epitome Luke Neubert*
“Mir scheint, daß über den Epitomator und Jason von Kyrene noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.”1
The second book of Maccabees purports to be an abbreviation of the five volume work of Jason of Cyrene: “The events concerning Judas the Maccabee and his brothers, the purification of the greatest temple and the dedication of the altar, as well as the wars against Antiochus Epiphanes and his son Eupator and the heavenly manifestations […] all this, which was recounted by Jason of Cyrene in five books, we will attempt to epitomize in one composition” (2 Macc 2:19–23). This claim, that the main text of 2 Macc, i. e. chapters 3–15, save a few redactional passages (5:17–20; 6:12–17) and the conclusion (15:37–39) are an epitome of Jason’s History, has been challenged by a handful of scholars, among them Wolfgang Richnow, Reinhold Zwick and Hermann Lichtenberger.2 This essay will contribute observations to this important discussion by first examining the arguments for and against the view that 2 Macc is an epitome. Secondly, the criteria and methods of abbreviating a longer historical treatise in the ancient world and Byzantium will be surveyed. Lastly, these insights will be applied to the text of 2 Macc in order to determine the plausibility that this book, in its present form, is based on the work of Jason of Cyrene.
* This article is a slightly revised version of a lecture given on the 30th of May, 2013 at the symposium “Die Makkabäerbücher. Literatur – Geschichte – Wirkung” on the occasion of Hermann Lichtenberger’s 70th birthday. I would like to thank Hermann Lichtenberger for his unfailing support in his role as Doktorvater. 1 H. Lichtenberger, Geschichtsschreibung und Geschichtserzählung im 1. und 2. Makkabäerbuch, in: E.-M. Becker (ed.), Die antike Historiographie und die Anfänge der christlichen Geschichtsschreibung, BZNW 129, Berlin 2005, 197–212, see 211. 2 W. Richnow, Untersuchungen zu Sprache und Stil des zweiten Makkabäerbuches, Diss. Göttingen 1966, 10; R. Zwick, Unterhaltung und Nutzen. Zum literarischen Profil des 2. Buches der Makkabäer, in: J. Frühwald-König / F. R. Prostmeier / idem (ed.), Steht nicht geschrieben? Studien zur Bibel und ihrer Wirkungsgeschichte. FS G. Schmuttermayr, Regensburg 2001, 125–149, see 144–145; H. Lichtenberger, Geschichtsschreibung, passim.
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1. Determining the Arguments Wolfgang Richnow has offered the most poignant and penetrating analysis against the epitome hypothesis. Firstly, he points out, that the epitomist does not further elaborate upon his named source, neither his person nor the nature of his opus.3 Furthermore he questions the need to shorten a work that is already relative terse, as 2 Macc claims, “(all this), which was recounted by Jason of Cyrene in five books” (2 Macc 2:23).4 Other examples of literary forgery are also documented in which the authors invent sources.5 His argument culminates in a cautious question “Wäre es nicht denkbar, dass der Autor des II Makk. den Namen Jason von Kyrene erfand?”6 Richnow then proceeds to offer two reasons to support his suspicion: explicitly identifying an historical source heightens the credibility of his account and through this fiction, he absolves himself from the task of writing an actual historical treatise.7 Hermann Lichtenberger has added a further criterion: the stylistic analysis. According to him, a stylometric study shows that the sections that were supposedly written by the epitomizer do not differ from those believed to be from Jason’s treatise.8 This seems for the most part to be true, but given the small quantity of text to examine and the limited selection of phenomena (just the particles), this sort of analysis offers possible but not conclusive evidence. Recently, Zwick has built on the work of Solomon Zeitlin and the literary analysis of Robert Doran, and emphasized the artfully implemented design of the whole work as evidence against Jason of Cyrene as source.9 These arguments have led to a stalemate in scholarship with the views being expressed amounting to little more than assertions. Two quotations illustrate this aptly; Hugo Bévenot, probably reacting to Kamphausen’s introduction to 2 Macc in Kautzsch’s “Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments”, wrote: “Die bisweilen geäußerte Vermutung, es habe nie ein Geschichtswerk Jasons gegeben, und die Berufung des Epitomators auf ein solches sei ein literarischer Kniff, ist aus der Luft gegriffen.”10 Bezalel Bar-Kochva writes: W. Richnow, Untersuchungen, 7–8. Untersuchungen, 8. 5 W. Richnow, Untersuchungen, 10; see below on the authors gathered in FGrH 321; cf. M. Jost / J. Roy, Art. Anonymous, On Arcadia (De Arcadia), BNJ 321 (http://referenceworks. brillonline.com/entries/brill-s-new-jacoby/anonymous-on-arcadia-de-arcadia-321-a321). 6 W. Richnow, Untersuchungen, 11. 7 W. Richnow, Untersuchungen, 11. Similarly Zwick writes: “Die Rede vom ‘Auszug’ erklärt sich dann aus einer captatio benevolentiae, mit der der Autor eingangs seiner Erzählung einen Teil der Verantwortung an ihr delegiert.” R. Zwick, Unterhaltung, 145. 8 H. Lichtenberger, Geschichtsschreibung, 210 citing the results of B. Meißner from a private communication. 9 R. Zwick, Unterhaltung, 144–145. 10 H. Bévenot, Die beiden Makkabäerbücher, HSAT IV/4, Bonn 1931, 10; A. Kamphausen, Das zweite Buch der Makkabäer, in: E. Kautzsch (ed.), Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments Bd. 1, Tübingen 1900, 81–119. 3
4 W. Richnow,
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“Why should any author describe his work as an abridgement of a non-extant work, attributing it to a man of no reputation and placing him in Cyrene, so far from the site of events?”11 In the newest commentaries to 2 Macc, Daniel Schwartz and Robert Doran minimize the possibility of recovering the work of Jason, elevating his status to author,12 though never questioning the existence of Jason. Of the arguments offered above, the most probative is that of continuity or discontinuity of style put forward by Hermann Lichtenberger. This stylistic analysis should however be expanded to include epitomizing techniques. The least probative, but most interesting since it gives us the parameters for understanding a given hypothesis, is that of bogus citations in the ancient world. Richnow adduced numerous examples of made up sources, culled from the works of Peter13 und Stemplinger.14 He cites Cic. Brut. 42 about rhetorical licence when portraying a character,15 and Quintilian on the grammarian’s duty to elucidate historical allusions within poems read under his tutelage. The first state sponsored rhetorician16 wrote: This happens especially in mythology, and sometimes reaches ludicrous or even scandalous extremes, so that the most unscrupulous writer has plenty of scope for invention, and can even lie in any way that occurs to him about whole books or authorities – all quite safely, because those which never existed cannot be found.17
Quintilian expounds here on the desire of some overachieving grammarians to hunt down everything ever said about a topic, and when dealing with fables, are even driven to fabrication of sources. By naming a source, the author substantiates each assertion with the appropriate demonstration of veracity. A caveat on Quintilian’s choice of the word fabulosus is in order. Tacitus uses this word 11 B. Bar-Kochva, Judas Maccabaeus, Cambridge 2002, 170 cited also by H. Lichtenberger, Geschichtsschreibung, 210. 12 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, CEJL, Berlin 2008, 25; R. Doran, 2 Maccabees. A Critical Commentary, Hermeneia, Minneapolis, MN 2012, 11: “Given the above arguments for the rhetorical style and structure of the condensed narrative as well as the author’s express aim to embellish the work of Jason of Cyrene (2:25–31), one should recognize that there was a Jason of Cyrene, but that attempts to reconstruct his work or to date it are like Don Quixote’s tilting at windmills.” 13 H. Peter, Wahrheit und Kunst, Geschichtsschreibung und Plagiat im klassischen Altertum, Leipzig/Berlin 1911, 416 ff. 14 E. Stemplinger, Das Plagiat in der griechischen Literatur, Leipzig/Berlin 1912, 177 ff. 15 Quoniam quidem concessum est rhetoribus ementiri in historiis, ut aliquid dicere possint argutius. “For it is the privilege of rhetoricians to exceed the truth of history, that they may have an opportunity of embellishing the fate of their heroes.” 16 According to the testimony of Jerome, cited in the Eusebian Chronicle: Quintilianus, ex Hispania Calagurritanus, primus Romae publicam scholam [aperuit]. Jerome’s authority is probably Suetonius. 17 Quint. inst. 1,8,21. Translation from D. A. Russell, Quintilian. The Orator’s Education Books 1–2, LCL, Cambridge 2001.
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beside miracula to describe the dubious and incredulous reports that a snake guarded Nero’s crib.18 Quintilian himself classifies fabula as one of the three species of narrative and says it is “found in tragedies and poems, and remote not only from truth but from the appearance of truth […] history, however, contains the narration of actual events.”19 It is the former, of which Quintilian speaks, when he deems obscurity a sufficient smokescreen to invent sources. One such researcher of obscure and incredible events, the author of Μικροὶ παράλληλοι, the Parallela minora, along with Ptolemy Chennon’s Περὶ τῆς εἰς πολυμαθίαν καινῆς ἱστορίας are Richnow’s prime examples of an inventive proclivity.20 The Parallela minora is transmitted among Plutarch’s corpus, but according to consensus this work, and the treatise On Rivers (Περὶ ποταμῶν), which probably stems from the same author, are pseudepigraphic.21 Nor, as Cameron writes, is this author by any means representative: “For sheer triviality, gross ignorance, and irresponsible fabrication no other ancient work I can think of (not even the Historia Augusta) comes even close to the Parallela.”22 The author of the Parallela and On Rivers invented numerous authors including Demaratos23 and Derkyllos.24 It should also be noted that these works have a mythological, paradoxical focus, showing a certain proximity to Quintilian’s complaint.25 18 Tac. ann. 11,11,3: vulgabaturque adfuisse infantiae eius dracones in modum custodum, fabulosa et externis miraculis adsimilata. Cf. Suet. Nero 6,4; E. Koestermann, Cornelius Tacitus Annalen. Band III: Buch 11–13, erläutert und mit einer Einleitung versehen, Heidelberg 1967, 49–50. 19 Fabulum, quae versatur in tragoediis atque carminibus non a veritate modo sed etiam a forma veritatis remota […] historiam, in qua est gestae rei expositio. Quint. inst. 2,4,2; Translation from D. A. Russell, Quintilian. 20 W. Richnow, Untersuchungen, 10–11. 21 R. Hercher, Plutarchi libellus de fluviis, Leipzig 1851; F. C. Babbit, Plutarch’s Moralia. Vol. IV, LCL, Cambridge 1927, 254. 22 A. Cameron, Greek Mythography in the Roman World, Oxford 2004, 128. Cf. F. Jacoby, Die Überlieferung von Ps. Plutarchs Parallela Minora und die Schwindelautoren, Mnemosyne 8 (1940) 73–144; Jacoby considers the authors gathered in FGrH 321 to be fictitious. Cf. M. Jost / J. Roy, On Arcadia. 23 T. Banchich, Demaratos, BNJ 42 (http://referenceworks.brillonline.com/entries/brill-snew-jacoby/demaratos-42-a42); cf. R. Hercher, Plutarchi libellus de fluviis, 5–16, who argued that Demaratos is the invention of the author of On Rivers. 24 Cf. P. Ceccarelli, Derkyllos, BNJ 288 (http://referenceworks.brillonline.com/entries/brills-new-jacoby/derkyllos-288-a288). 25 This distinction could be met with opposition, especially after the work of H.-J. Gehrke, who emphasizes the inclusion of myth in history writing, see H.-J. Gehrke, Myth, History, and Collective Identity: Uses of the Past in Ancient Greece and Beyond, in: N. Luraghi (ed.), The Historian’s Craft in the Age of Herodotus, Oxford 2001, 286–313; idem, Mythos, Geschichte, Politik – antik und modern, Saeculum 45 (1994) 239–264 who coined the term intentional history and S. Said, Myth and Historiography, in: J. Marincola (ed.), A Companion to Greek and Roman Historiography, Oxford 2009, 76–88, who gathers many instances of the use of myth in historical writings. Most of the examples are from the realm of patriotic folklore on the origins of cities or kinships, the kind of which Gehrke has emphasized for Hellenistic treaties (287–291). These continued uses of myth in historical writings coincide with that which Polybius did not wish to include in his useful history (2,56,10–13; 9,2,1: “genealogies, myths, the planting of
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This is not to deny a mythical element in history writing, especially when reporting primeval history, when gods and men stood in closer contact.26 These accounts were often demythologized, but local histories clung to mythology especially in substantiating kinship for the purpose of a treaty or recording other events relevant to the identity of a city-state.27 Theopompus’ Thaumasia (FGrH 115 75c = Aelianus, Varia Historia 3,18) is sometimes discussed in connection with bogus citations.28 In this work Theopompus relates a conversation between Midas and Silen, a mythological creature and a mixture of horse and human, about another world, Meropis, in which the fruit of the trees lining the Hedone river cause someone to age in reverse, an ancient predecessor to F. Scott Fitzgerald’s The Curious Case of Benjamin Button.29 This is of course incredible, as writers as ancient as Tertullian and Aelianus already noted. More importantly, Theopompus does not fabricate any authority but merely relates this mythological exchange. Therefore I do not see here “fabulistische Quellenfunde” as Stemplinger claims.30 Nevertheless, one example of inventing sources is found in historical writings, but as we shall see, this action was necessitated by rigorous historical principles. Xenophon in Hellenika 3,1,2 roughly outlines his own work entitled Anabasis and ascribes it to an otherwise unknown Themistogenes of Syracuse. As Plutarch remarks: Xenophon, to be sure, became his own history by writing of his generalship and his successes and recording that it was Themistogenes the Syracusan who had compiled an account of them, his purpose being to win greater credence for his narrative by referring to himself in the third person, thus favouring another with the glory of the authorship.31
MacLaren has plausibly argued that Xenophon published his Anabasis under this pseudonym because he was driven by a general principle in writing history: the writer and the subjects of the narrated events should not be one and the colonies, the foundations of cities and their ties of kinship have been recounted by many writers and in many different styles […] so omitting these things for the above and various other reasons”, Trans. W. R. Paton, Polybius: The Histories. Vol. IV, LCL, Cambridge 1925; 15,36,3) but Polybius does relate, as Said remarks, what “the myths say” about the promontory called the Cow as the landing place of Io (S. Said, Myth and Historiography, 85) 4,43,6. Polybius’ exclusion of such material was not explicitly due to his denial of its veracity. He does however denigrate Timaeus for including many marvels and myths in his history (12,24,5). When this is read together with 2,56,10–13 and 34,4,1–4 it becomes clear that Polybius sees myth and tragedy as identical in their goals to thrill and entertain. See F. W. Walbank, Tragic History: A Reconsideration, BICS 2 (1955) 4–14; idem, History and Tragedy, Historia 9 (1960) 216–234. 26 E. g. Diodorus, Library 1–6, on this see S. Said, Myth and Historiography, 79. 27 H.-J. Gehrke, Myth, 286–313 gives Magnesia as his prime example. 28 E. Stemplinger, Plagiat, 184. 29 F. Scott Fitzgerald, The Curious Case of Benjamin Button, in: idem, Tales of the Jazz Age, New York 1922. 30 E. Stemplinger, Plagiat, 184. 31 Translation from F. C. Babbitt, Plutarch’s Moralia, IV; W. Richnow, Untersuchungen, 11 cites De Gloria Atheniensium 545e but it should read 345e.
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same.32 He did however freely utilize the first person when acting as a narrator or commentator (Hellenika 2,3,56). As MacLaren points out, the ancients saw through this pseudonym and knew this book under the name Xenophon (Arr. per. p. E. 2,3; Strab. 8,7,5).33 This case is the exception among historians; Xenophon was compelled to write under this pseudonym to avoid what later became commonplace among historians.34 In this way Richnow’s argument from the existence of bogus citations, which Zwick also follows, becomes somewhat relativized.35 A relevant counter-argument from the existence and nature of the epitome throughout antiquity and its reception has yet to be formulated, because logically this could not prove or disprove the existence of Jason of Cyrene. It would however offer a further methodological tool for plausibly assessing the style and composition of 2 Macc.
2. The Epitome in the Ancient World An epitome is an abbreviated version of a given writing, fluctuating between direct excerpts, which retain the original wording, to rough paraphrasing, which either follows the macro structure of the original or departs from it, devising its own category for literary arrangement. Oppelt differentiates the epitome from excerpts, florilegia and periochae in that the epitomizer is redactionally active. Of the more than 120 known pagan epitomes, only 38 are wholly or partially extant.36 Of these 38 extant epitomes, only 18 allow comparison to the original.37 Already in the fourth century BCE, Theopompus abbreviated Herodotus’ Histories from nine books into two.38 Diogenes Laertius relates, that Theophrastus, a contemporary of Theopompus, penned an Ἐπιτομὴ τῆς Πλάτωνος Πολιτείας in two books.39 A similar ratio was calculated for Justin’s version of Pompeius Trogus’ Philippika by Alonso-Núñez (1/5),40 although Syme disagreed with this, estimating that Justin preserves merely 1/10 of the original Philippika.41 In the M. MacLaren, Xenophon and Themistogenes, TAPhA 55 (1934) 240–247, see 243. 241. 34 Cf. Pol. 31,13–14; Ios. vita; Caes. Gall. 35 R. Zwick, Unterhaltung, 145: “unter Hinweis auf viele antike Vorbilder und Seitenstücke.” 36 This count is based upon I. Oppelt, Epitome, RAC 5 (1962) 944–973. 37 See I. Oppelt, Epitome, 960. 38 Suidas art. Θεόπομπος. ἔγραψεν ᾽Επιτομὴν τῶν ῾Ηροδότου ῾Ιστοριῶν ἐν βιβλίοις β = FGrH 115 T1. 39 Diog. Laert. 5,43. 40 J. M. Alonso-Núñez, An Augustan World History. The Historiae Philippicae of Pompeius Trogus, GaR 34 (1987) 56–72, see 70. 41 R. Syme, The Date of Justin and the Discovery of Trogus, Historia 37 (1988) 358–371, see 358. Cf. O. Seel, Eine römische Weltgeschichte, Erlanger Beiträge zur Sprach‑ und Kunstwissenschaft 39, Nürnberg 1972, 1 and J. C. Yardley, Justin. Epitome of the Philippic History of Pompeius Trogus, Atlanta, GA 1994, 6, who accepts Syme’s estimate. 32
33 Ibid.,
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fourth century there is a further attestation of an epitome, an abbreviation by Philochorus of Athens of his own work.42 Geographically and chronologically closer to 2 Macc, Menippus, not the Phoenician from Gadara, who lived in the third century BCE, but another Menippus, who flourished prior to 100 BCE “wrote about the Lydians and epitomized the work of Xanthus.”43 The voluminous historical writings of the first century BCE were too long for the average reader and consumer, thus Dionysius of Halicarnassus took steps to remedy this: Ἀνεγνώσθη τοῦ αὐτοῦ σύνοψις τῶν τῆς ἱστορίας κʹ βιβλίων ἐν εʹ βιβλίοις·44 He published a Synopsis of his 20 historical books in five books.
This is even truer of Livy’s enormous Ab urbe condita in 142 books. Already at the end of the first century CE, Martial knows of an epitome of the Annals of Livy.45 Shortly thereafter in the time of Hadrian, Florus penned his Epitoma de Tito Livio. It is the object of scholarly debate whether or not Florus worked from a full text of Livy, though the balance of the evidence is in favour of an answer in the affirmative.46 In the fourth century, Livy’s text was once again abbreviated, this time to fabricate a Roman History up to the time of Augustus. This text, the Periochae, was an expansion of a complete table of contents of Livy’s work.47 A slightly earlier papyrus from the third century partially preserves eight columns of an abbreviated Livy based on books 37–40 and 48–55.48 This crudely executed epitome, with many errors of accidence and syntax, has no real structure apart from its Vorlage. This epitome is unfortunately little more than a list of important events, condensing book 39, for example, into just 36 lines of text (col. ii). A short time later, Marcus Junianus Justinus epitomized the universal History of Pompeius Trogus written in the first part of the first century CE, thereby preserving an otherwise lost work.49 Abbreviating his own work FGrH 328 T1 = Suidas art. Φιλόχορος ἔγραψεν […] ἐπιτομὴν
42
τῆς ἰδίας Ἀτθίδος.
43 Diog. Laert. 6,101: Γεγόνασι δὲ Μένιπποι ἕξ· πρῶτος ὁ γράψας τὰ περὶ Λυδῶν καὶ Ξάνθον ἐπιτεμόμενος (FGrH 765 T 7).
Phot. Cod. 84. 14,190: Pellibus exiguis artatur Livius ingens / quem mea ton totum bybliotheca capit. L. Ascher, An Epitome of Livy in Martial’s Day?, ClB 45 (1969) 53–54 argues against this understanding of Mart. 14,190, citing 1,2 in which Martial describes his own works in a similar manner. No epitome or selection of Martial’s poems is known, meaning that the line cited above refers to a complete version of Livy given as a present. 46 M. Hose, Erneuerung der Vergangenheit: Die Historiker im Imperium Romanum von Florus bis Cassius Dio, Stuttgart 1994, 138–140 who argues that the rhetorician Florus was likely keen on speeches, and that the supposition that Florus culled the idea found at 2,11,4 from Manlius’ speech at Liv. 38,17 is much more likely than the assumption that an unknown epitomist adapted a speech, which tend to be excised from such works. 47 Ibid., 140. 48 POxy 668. A scribe recycled this epitome in order to copy the Epistle to the Hebrews (known as p13 or POxy 657). 49 Cf. J. C. Yardley / W. Heckel, Justin. Epitome of the Philippic History of Pompeius Trogus. 44
45 Mart.
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It should have become clear through this discussion that epitomizing an existing work and shortening its length to twenty percent of the original were viable and plausible options for the writer of 2 Macc. These facts in and of themselves do not constitute compulsive evidence for the epitome view. However, the working methods of an epitomist could provide clues to the nature of 2 Macc. It goes without saying that only epitomes, whose source is likewise extant, can be utilized to reproduce these methods. Furthermore, I have not restricted the selection to ancient epitomes, as some of the best comparative material derives from the epitomes of the tenth through twelfth centuries. I am referring of course to the eleventh century epitome of Cassius Dio, books 36–80, made by John Xiphilinus50 and the slightly later Ἐπιτομὴ ἱστοριῶν compiled by John Zonaras.51 Furthermore, the excerpts commissioned by Constantine Porphyrogenitus (912–959 CE),52 were also checked at random due to the superb quality of the comparative material. The following phenomena were culled from a modest selection of epitomes and excerpts and could be relevant to the style of 2 Macc: 1) A Genitive Absolute construction is used two times in succession:53 Const. Porph., Excerpta de virtutibus et vitiis 46: Ὅτι Ἀντίοχος ἐπολιόρκει τὰ Ἱεροσόλυμα ἐπὶ Ὑρκανοῦ τοῦ ἀρχιερέως, καὶ ἐπιστάσης τῆς ἑορτῆς τῆς σκηνοπηγίας πέμψαντος τοῦ Ὑρκανοῦ πρὸς αὐτὸν Antiochus besieged Jerusalem during the high priesthood of Hyrcanus, and as the festival of Tabernacles was approaching, Hyrcanus sent to him […]
The ὅτι signals the beginning of a new excerpt. The first genitive participle ἐπιστάσης is added by the excerpter and sets the stage, the second, πέμψαντος, is taken from the Vorlage (Ios. ant. Iud. 13,242). In classical Greek, two consecutive genitive absolute constructions connected with a conjunction is attested but appears to be rare. There is one example in Hom. Od. 20,31254 and it also occurs among the orators (Lys. 18,21). Without a connecting conjunction however, its use is conspicuous. Vol. I: Books 11–12: Alexander the Great, Oxford 1997, 12; On the date of Trogus see O. Seel, Trogus, Pompeius. Weltgeschichte von den Anfängen bis Augustus, im Auszug des Justin, BAW. RR, Zürich 1972, 14–18, who dates his work to between 14 and 30 CE. 50 On Xiphilinus see K. Krumbacher / A. Ehrhard / H. Gelzer, Geschichte der byzantinischen Literatur von Justinian bis zum Ende des oströmischen Reiches (527–1453), HAW I,9, München 18972, 369 ff.; P. A. Brunt, On Historical Fragments and Epitomes, CQ 30 (1980) 477–494, see 488–492. 51 K. Krumbacher / A. Ehrhard / H. Gelzer, Geschichte, 370–376; B. Bleckmann, Die Reichskrise des III. Jahrhunderts in der spätantiken und byzantinischen Geschichtsschreibung. Untersuchungen zu den nachdionischen Quellen der Chronik des Johannes Zonaras, München 1992. 52 K. Krumbacher / A. Ehrhard / H. Gelzer, Geschichte, 252–261. 53 Ios. ant. Iud. 13,165 has two genitivi absoluti connected with a καί, the excerpter omits the καί, Const. Porph., Excerpta de legationibus gentium 6,1. 54 E. H. Spieker, On the so-called Genitive Absolute, AJP 6 (1885) 310–343, see 317.
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2) A participle is used to convey ideas, which were finite verbs in the original, so much so that participles are rather densely cumulated.55 Const. Porph., Excerpta de legationibus 10 Cass. Dio 42,36,1
Ὅτι Ποθεινοῦ τοῦ εὐνούχου, τοῦ τὴν διοίκησιν τῶν τοῦ Πτολεμαίου χρημάτων προστεταγ μένου, κατὰ Ῥωμαίων ἐκστρατεῦσαι τοὺς Αἰγυπτίους παρασκευάσαντος
τότε μὲν οὕτως ἐπαύσαντο, αὖθις δὲ οὐ πολλῷ ὕστερον ἐκινήθησαν ὥστε καὶ πολεμῆσαι. ὁ γὰρ Ποθεινὸς ὁ τὴν διοίκησιν τῶν τοῦ Πτολεμαίου χρημάτων προστεταγμένος (εὐνοῦχος δὲ ἦν καὶ τοὺς Αἰγυπτίους ἐν τοῖς μάλιστα συνετεταράχει), By this action they were temporarily calmed, but not long afterward were roused even to the point of making war. For Pothinus, a eunuch who was charged with the management of Ptolemy’s funds and who had taken a leading part in stirring up the Egyptians […]
The use of the participle here has spared only two words, but has eliminated the awkward and intrusive parenthesis, allowing the text to flow. When Xiphilinus is paraphrasing Dio, he sometimes omits the finite verbs, allowing the narrative to be carried by participles. There is nothing peculiar about his sentence structure except the number of coordinated predicated participles where we know finite verbs once stood. Xiphilinus
Cass. Dio 37,15,3
ὁ οὖν Πομπήιος Ὑρκανὸν μὲν οὐδεμίαν ἀξιόχρεων ἰσχὺν ἔχοντα ἀμαχεὶ εὐθὺς προσέθετο, Ἀριστόβουλον δὲ ἐς χωρίον τι κατακλείσας τὸν δὲ Ἀριστόβουλον δήσας, ὁμολογῆσαί οἱ ἠνάγκασε, ἐπειδὴ μήτε τὰ χρήματα μήτε τὸ φρούριον παρεδίδου, καὶ ἐπειδὴ μήτε τὰ χρήματα μήτε τὸ φρού καίτοι προσιὼν αὐτῷ καὶ ὑποσχόμενος ταῦτα, ριον παρεδίδου, ἔδησεν αὐτόν. κἀκ τούτου τοὺς μὲν ἄλλους ῥᾷον προσε ποιήσατο, τὰ δὲ Ἱεροσόλυμα πολιορκῶν πράγματα τὰ δὲ Ἱεροσόλυμα πολιορκῶν πράγματα ἔσχε. ἔσχε. τὸν μὲν οὖν Ὑρκανὸν οὐδενὸς λόγου ἀξιώσας,
Pompey immediately won over Hyrcanus without a battle, since the latter had no force worthy of note; and by shutting up Aristobulus in a certain place he compelled him to come to terms, and when he would surrender neither the money nor the garrison, he threw him into chains. After this, he more easily overcame the rest, but had trouble in besieging Jerusalem. 55 Const. Porph., Excerpta de legationibus gentium 6,1: οἱ δὲ ἐλθόντες εἰς τὴν Ῥώμην καὶ παρελ θόντες εἰς τὴν βουλὴν. Ios. ant. Iud. 13,164: οἱ δ’ ὡς ἦλθον εἰς τὴν Ῥώμην παρελθόντες εἰς τὴν βουλὴν.
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One glaring example of cumulating participles is found in Xiphilinus, as he is summarizing Pompey’s actions. Unfortunately he is not paraphrasing any known section of Cassius Dio: ὑποστρέψας δὲ ἐξ Ἀρμενίας, καὶ τοῖς βασιλεῦσι καὶ τοῖς δυνάσταις τοῖς προσιοῦσιν αὐτῷ διαιτήσας καὶ χρηματίσας, καὶ τοῖς μὲν τὰς βασιλείας βεβαιώσας τοῖς δὲ τὰς δυναστείας ἐπαυξήσας, τῶν δὲ καὶ τὰς ὑπεροχὰς κωλύσας καὶ ταπεινώσας, τήν τε κοίλην Συρίαν καὶ τὴν Φοινίκην ἄρτι τε βασιλέων ἀπηλλαγμένας καὶ ὑπό τε τῶν S. 7 Ἀρραβίων καὶ ὑπὸ τοῦ Τιγράνου κεκακωμένας συνεστήσατο. Returning from Armenia [Pompey] arbitrated disputes and managed other business for kings and potentates who came to him. He confirmed some in possession of their kingdoms, added to the principalities of others, and curtailed and humbled the excessive powers of a few. Coele-Syria and Phoenicia, which had lately rid themselves of their kings and had been ravaged by the Arabians and Tigranes, were united by him.
This section has seven participles in the nominative, the first three being asyndetic, to drive the narrative forward, and, in good style, the finite verb at the end.56 It should be noted that I am certainly not wishing to make the claim that other writers do not make use of culmulated participles. In Polybius, for example, we can also find an agglomeration of participles in one sentence (31,13,8–9). 3) The excerpter preserves the vocabulary and changing the order of the words: POxy 857
Herodotus, Histories 7,163
ἔπεμψε Κάδμον τὸν Σκύθου ἄνδρα Κῷον ἐπὶ πεντηκοντόρων τριῶν εἰς Δελφούς[…]
πέμπει πεντηκοντέροισι τρισὶ Κάδμον τὸν Σκύθεω ἄνδρα Κῷον ἐς Δελφούς,
He sent Cadmus son of Scythes, a man of Cos, to Delphi with three ships of fifty oars.
This famous epitome of Herodotus, which cannot be identified as the work of Theopompus with any certainty, retains the vocabulary, merely updating the Ionic of Herodotus to the Koine of his time, but changes the order of the words. From what little we know of Theopompus’ epitome of Herodotus, it seems that he closely followed his Vorlage, altering Herodotean idiom into intelligible contemporary Greek.57 A further example of varying word order is found once again in the Excerpta: Const. Porph. Excerpta de virtutibus 45
Ios. ant. Iud. 12,270
ὡς δὲ σιωπήσαντος αὐτοῦ προσελθών τις τῶν Ἰουδαίων ἔθυσεν εἰς μέσον[…]
ὡς δὲ σιωπήσαντος αὐτοῦ προσελθών τις τῶν Ἰουδαίων εἰς μέσον ἔθυσεν[…]
And as he finished speaking, one of the Jews came and sacrificed in their midst. Cass. Dio 37,7a. FGrHist 115 F3 = Antiatticista 115,18 Bk. Theopompus presumably writes φυγαδεῦσαι for τὸ φυγάδα ἐλάσαι. φυγαδεύω does not occur in Herodotus. 56 57
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Sometimes the changed word order leads to small changes in the syntax. Const. Porph. Excerpta de legationibus 6,2 Ios. ant. Iud. 13,261
καὶ ὅσας πόλεις αὐτῶν καὶ ἄλλα χωρία πολεμῶν καὶ ὅσας πόλεις αὐτῶν ἄλλας καὶ χωρία Ἀντίοχος πολεμῶν ἔλαβεν Ἀντίοχος and whatever cities and other territories Antiochus (took) in war.
This sentence is incomplete, lacking a main verb, but the excerpter moved καί to before ἄλλας and this caused a change in gender since it now modifies χωρία. This small change in word order involving καί will be important for 2 Macc. 4) The subject of the sentence changes due to brevity, causing distortions in the accuracy. Const. Porph. Excerpta de virtutibus 45
Ios. ant. Iud. 12,278
τῶν τε παίδων αὐτοῖς οὐ περιτετμημένων αὐτὰ περιέτεμεν.
τῶν τε παίδων τοὺς οὐ περιτετμημένους ἐκέλευσε περιτέμνεσθαι
Since their children were uncircumcised, he circumcised them.
Sometimes with the brevity comes a drastic distortion of history. Introducing the paraphrase of ant. Iud. 14,158 f. Phasael, son of Antipater, is appointed high priest and not governor of Judea! Const. Porph., Excerpta de virtutibus et vitiis 47 (Ios. ant. Iud. 14,158):
Ὅτι Ἀντίπατρος ὢν τῆς Ἰουδαίας Φασάηλον μὲν τὸν υἱὸν ἀρχιερέα ἀποδείκνυσιν Ἰουδαίας, Ἡρώδην δὲ τὸν νεώτερον τῶν παίδων ἐπίτροπον τῆς Γαλιλαίας, νέον ὄντα· Antipater being in (charge of) Judea, appointed Fasael his son high priest of Judea, and Herod the younger of his sons, governor of Galilea, although he was a youth.
Justin also commits an historical blunder while abbreviating Trogus’ Philippica by changing the sequence of the murders of Alexander’s sons from what can be presumed to be the correct order, Alexander IV then Hercules to the opposite.58
58 Iust., 15,2,3–5 cf. J. C. Yardley / P. Wheatley / W. Heckel, Justin. Epitome of the Philippic History of Pompeius Trogus. Vol. II: Books 13–15: The Successors to Alexander the Great, Oxford 2011, 15; this error was due to the method of Justin, who probably read the work of Trogus and then composed the various sections from memory, ibid., 5, citing F. Schachermeyr, Alexander in Babylon und die Reichsordnung nach seinem Tode, Wien 1970, 120–121.
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3. The Style of 2 Maccabees and Observations on the Nature of the Work As noted above, a stylometric study of 2 Macc, apart from the introductory letters, (1:1–2:18) has confirmed the uniform style of the book.59 This means that a simple comparison of the parts ascribed to Jason and those of the epitomizer will reveal very little. Furthermore, the difference in genre and small size of the sample text precludes such an examination. Nevertheless, four factors seem to point to the role of an epitomizer. 1) The stylistically different passage in chapter 13:19–26; 2) The dense use of the participle in a few places and connected with this the use of καί and the word order of selected passages, 3) prominent features of historical treatises, which are either lacking or minimally represented, 4) persons in the narrative who are introduced abruptly and events which are hinted at but not described. Ad 1. 2 Macc 13:19–26 stands out syntactically from the rest of the main body: καὶ ἐπὶ Βαιθσουρα φρούριον ὀχυρὸν τῶν Ιουδαίων προσῆγεν, ἐτροποῦτο, προσέκρουεν, ἠλαττονοῦτο· 20 τοῖς δὲ ἔνδον Ιουδας τὰ δέοντα εἰσέπεμψεν. 21 προσήγγειλεν δὲ τὰ μυστήρια τοῖς πολεμίοις Ρο δοκος ἐκ τῆς Ιουδαϊκῆς τάξεως· ἀνεζητήθη καὶ κατελήμφθη καὶ κατεκλείσθη. 22 ἐδευτερολόγησεν ὁ βασιλεὺς τοῖς ἐν Βαιθσουροις, δεξιὰν ἔδωκεν, ἔλαβεν, ἀπῄει, προσέβαλεν τοῖς περὶ τὸν Ιουδαν, ἥττων ἐγένετο, 23 μετέλαβεν ἀπονενοῆσθαι τὸν Φίλιππον ἐν Ἀντιοχείᾳ τὸν ἀπολελειμμένον ἐπὶ τῶν πραγμάτων, συνεχύθη, τοὺς Ιουδαίους παρεκάλεσεν, ὑπετάγη καὶ ὤμοσεν ἐπὶ πᾶσι τοῖς δικαίοις, συνελύθη καὶ θυσίαν προσήγαγεν, ἐτίμησεν τὸν νεὼ καὶ τὸν τόπον ἐφιλανθρώπησεν· 24 καὶ τὸν Μακκαβαῖον ἀπεδέξατο, κατέλιπεν στρατηγὸν ἀπὸ Πτολεμαίδος ἕως τῶν Γερρηνῶν Ἡγεμονίδην. 25 ἦλθεν εἰς Πτολεμαίδα· ἐδυσφόρουν περὶ τῶν συνθηκῶν οἱ Πτολεμαεῖς, ἐδείναζον γὰρ ὑπὲρ ὧν ἠθέλησαν ἀθετεῖν τὰς διαστάλσεις. 26 προσῆλθεν ἐπὶ τὸ βῆμα Λυσίας, ἀπελογήσατο ἐνδεχομένως, συνέπεισεν, κατεπράυνεν, εὐμενεῖς ἐποίησεν, ἀνέζευξεν εἰς Ἀντιόχειαν. οὕτω τὰ τοῦ βασιλέως τῆς ἐφόδου καὶ τῆς ἀναζυγῆς ἐχώρησεν. Against Beth-Zur, a secure stronghold of the Jews, he advanced, was put to flight, was tripped up, suffered a loss. 20 Judas sent to those inside what was necessary. 21 However, Rhodocus, from the Jewish ranks, disclosed the secrets to the enemy. He was sought out and seized, and confined. 22 The king spoke a second time to those in Beth-Zur, exchanged assurances, departed. 23 He made an attack on Judas’s forces, suffered loss, learned that Philip, who had been left behind in charge of state affairs in Antioch, had lost his senses, was in disarray, called upon the Jews, submitted and affirmed by oath on completely equitable terms, came to an agreement, and brought a sacrifice, honoured the temple and was benevolent toward the Place, 24 and he welcomed Judas favorably. He left Hegemonides as governor over (the region) “from Ptolemais to Gerar”. 25 He went to Ptolemais. The citizens were horrified about the agreement – for they were very angry – they wanted to 59 The style of chapters 3–15 of 2 Macc are fairly uniform. Cf. F. Siegert, Das Zweite Makkabäerbuch als christliche Komposition, in: M. Hirschberger (ed.), Jüdisch-hellenistische Literatur in ihrem interkulturellen Kontext, Frankfurt am Main 2012, 143–172, see 152; His view that 2 Macc is a Christian composition is however not correct. Cf. R. Doran, 2 Macc, 11 n. 51.
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annul the regulations. 26 Lysias went up onto the platform, spoke in defense as well as he could, won (them) over, placated (them), made them well-disposed, returned to Antioch. Thus the events of the king’s advance and return turned out.
George Rawlinson and Robert Hanhart interpreted the asyndetic sequence of finite verbs, in italics above, as evidence of abbreviation of a much longer Vorlage.60 Daniel Schwartz has also noted the staccato style of 13:14 and 13:19– 26 and posits they are possibly the unpolished notes of the epitomizer, which “he never wrote up properly,” citing Lucian, How to Write History 47 as evidence for such a practice.61 Lucian does indeed suggest penning a rough draft of collected sources and adding the adornment later, but he is speaking of the entire work (How to Write History 48), a sort of rough draft before the final draft. Furthermore, one must explain how this sort of passage, if it is indeed a rough draft of the epitomizer’s notes, made it into the final draft. According to Schwartz, the author is embarrassed about the narrative because of the presence of two accounts of fighting at Beth Zur.62 He maintains that 10:9–11:38 are from a different source, and that the author narrates here quickly due to the embarrassment of the whole matter being narrated twice. Setting aside the truth of this source theory, another explanation is equally plausible. Perhaps the author was aware of Lysias’ victory and did not wish to present Judas’ defeat. This could have been a factor in the author’s silence about the death of Judas, since as Lichtenberger notes, “death on the battlefield is the consequence of sin; or, even more precisely, of idolatry. Judas had nothing to do with all that.”63 I suspect that knowledge of the past also played a part in the insertion of 10:1–8 between the death of Antiochus (c. 9) and its summation in 10:9: “Such, then, were the circumstances of the death of Antiochus surnamed Epiphanes.” Thus if disconcertedness is in play, it probably stems from the fact that 2 Macc depicts the entire Lysias campaign and especially the siege of Beth Zur as a victory for Judas and his party, not mentioning the garrison, which Lysias stationed there before his departure to Antiochia to battle Philip (cf. 1 Macc 6:47 with 2 Macc 13:16). 2 Macc 13:18–23 describes Lysias’ defeat at Beth Zur, which led to negotiations and an armistice, while in 1 Macc 6:49–50, the truce precedes Lysias’ placing a garrison in Beth Zur, which was only made possible because of the withdrawal of people from the aforementioned fortress under the auspices of peace. The author of 1 Macc therefore does concede 60 R. Hanhart, Zum Text des 2. und 3. Makkabäerbuches. Probleme der Überlieferung, der Auslegung und der Ausgabe, NAWG 13, Göttingen 1961, 31–32; G. Rawlinson, 2 Maccabees, in: H. Wace (ed.), Apocrypha, London 1888, Vol. 2, 543. 61 D. R. Schwartz, 2 Macc, 34: “it seems that these terse verses are themselves a remnant of Jason’s account via our author’s unreworked notes on it.” 62 Ibid. 63 H. Lichtenberger, The Untold End: 2 Maccabees and Acts, in: A. Houtman / A. de Jong / M. Misset-van de Weg (ed.), Empsychoi Logoi – Religious Innovations in Antiquity. Studies in Honour of Pieter Willem van der Horst, AGAJU 73, Leiden 2008, 385–404, see 402.
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victory to Lysias in stark contrast to the glorification of Judas’ army in 2 Macc, which explicitly claims that Lysias suffered defeat (13:19). Another solution was presented by Zeitlin: that we have here the original words of Jason.64 Whatever the solution, these passages, although not exemplary Greek prose, are not so different from select passages in the Attic orators and Xenophon.65 Indeed, this type of emotional delivery is well attested among the orators (Antiph. 6,4 and Lykurg. 142) as well as the Attic prose writers like Plato (symp. 207e) and Xenophon (hell. 2,4,33; 4,3,19).66 We may compare 2 Macc 13:14 with Lykurg. 142. 2 Macc 13:14:
δοὺς δὲ τὴν ἐπιτροπὴν τῷ κτίστῃ τοῦ κόσμου παρακαλέσας τοὺς σὺν αὐτῷ γενναίως ἀγωνίσασθαι μέχρι θανάτου περὶ νόμων, ἱεροῦ, πόλεως, πατρίδος, πολιτείας· Handing over the decision to the Master of the world, he encouraged his forces to fight nobly to the death for the sake of laws, temple, city, fatherland, constitution. Lykurg. 142:
καὶ γὰρ δεινὸν καὶ σχέτλιον, ὅταν νομίζῃ δεῖν Λεωκράτης ἴσον ἔχειν ὁ φυγὼν ἐν τῇ τῶν μεινάντων πόλει, καὶ ὁ μὴ κινδυνεύσας ἐν τῇ τῶν παραταξαμένων, καὶ ὁ μὴ διαφυλάξας ἐν τῇ τῶν σωσάντων, ἀλλ’ ἥκῃ ἱερῶν θυσιῶν ἀγορᾶς νόμων πολιτείας μεθέξων […] It is an outrageous scandal for Leocrates to think that he, the runaway, should take his place in the city of those who stood their ground, the deserter among men who fought in battle, the one who left his post among those who saved their country, but he is returning to have access to your cults, sacrifices, market, laws, constitution […]
Nor is this kind of asyndeton restricted to the orators. In an important passage on Greek style in the tractate ‘On Style,’ attributed to Demetrius of Phaleron, such asyndetic connection of verbs is deemed improper for the written page, but is a favoured style for the stage and the courtroom. 193 Ἐναγώνιος μὲν οὖν ἴσως μᾶλλον ἡ διαλελυμένη λέξις, ἡ δ’ αὐτὴ καὶ ὑποκριτικὴ καλεῖται, κινεῖ γὰρ ὑπόκρισιν ἡ λύσις. γραφικὴ δὲ λέξις ἡ εὐανάγνωστος. αὕτη δ’ ἐστὶν ἡ συνηρτημένη καὶ οἷον
ἠσφαλισμένη τοῖς συνδέσμοις. διὰ τοῦτο δὲ καὶ Μένανδρον ὑποκρίνονται λελυμένον ἐν τοῖς πλείστοις, φιλήμονα δὲ ἀναγινώσκουσιν. 194 Ὅτι δὲ ὑποκριτικὸν ἡ λύσις, παράδειγμα ἓν κείσθω τόδε· ἐδεξάμην, ἔτικτον, ἐκτρέφω, φίλε. οὕτως γὰρ λελυμένον ἀναγκάσει καὶ τὸν μὴ θέλοντα ὑποκρίνεσθαι διὰ τὴν λύσιν· εἰ δὲ συνδήσας εἴποις, ἐδεξάμην καὶ ἔτικτον καὶ ἐκτρέφω, πολλὴν ἀπάθειαν τοῖς συνδέσμοις ἐμβαλεῖς. πάνυ δὲ τὸ ἀπαθὲς ἀνυπόκριτον. 193. No doubt the disjointed style lends itself better to debate. It likewise bears the name of ‘histrionic’, since a broken structure stimulates acting. On the other hand, the best S. Zeitlin, The Book of the Maccabees. Vol 2, New York, NY 1954, 22–23. Despite Schwartz’ statement: “However, it is nigh impossible to imagine any Greek author who could write this way,” 2 Macc, 35. 66 These examples have been well documented by Denniston. J. D. Denniston, Greek Prose Style, Oxford 1952, 122: “Andocides and Xenophon seem to stand alone in their free use of asyndeton without adequate stylistic grounds.” 64 65
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‘literary’ style is that which is pleasant to read; and this is the style which is compacted and (as it were) consolidated by the conjunctions. This is the reason why, while Menander (whose style is for the most part broken) is popular with the actor, Philemon is the reader’s favourite. 194. To show that the broken style suits the stage, take the following line as an instance: Thee I received, I bore, I nurse, O dear one.67 Thus disjointed, the words will of themselves force a man to be dramatic even in spite of himself. But if you employ conjunctions and say ‘I received and bore and nurse’, you will at the same time make the line quite lifeless. And what is unemotional is essentially undramatic.68
Given the poetical vocabulary in 2 Macc, especially in the prologue, we are led to ask, is the author imitating dramatical style? Or is his knowledge of oratory behind this section? Furthermore, is this style indicative of the epitomizer, Jason, or is there another source behind this passage? These questions must be reserved for further inquiry. Ad 2. Indicators of an abbreviated Narrative Excerpters and epitomizers tended to change the beginning and end of a given section. This could account for some text‑ critical problems in 2 Macc, especially when the fluctuating word order is factored into the equation. A prime candidate is 8:33, since, as has been shown by other scholars, the verses 30–33 do not belong in their current context.69 The text in Hanhart’s edition reads: ἐπινίκια δὲ ἄγοντες ἐν τῇ πατρίδι τοὺς ἐμπρήσαντας τοὺς ἱεροὺς πυλῶνας καὶ Καλλισθένην ὑφῆψαν εἰς ἓν οἰκίδιον πεφευγότα, καὶ τὸν ἄξιον τῆς δυσσεβείας ἐκομίσατο μισθόν.
From this episode, we can surmise that Callisthenes and perhaps also his deed, whether or not this was burning the temple gates, was previously mentioned in Jason’s larger historical work. Syntactically however, this verse is corrupt;70 therefore, in line with the sorts of minor changes in the excerpts, I propose placing ὑφῆψαν before καὶ Καλλισθένην thus creating two different events, the burning Men. fr. 230: Meineke IV. 284.285. Translation from W. R. Roberts, Demetrius on Style: The Greek Text of Demetrius de Elocutione, Hildesheim 1969. 69 After completing this essay, the article of K. Bringmann, Zur Kritik historischer Darstellung im Zweiten Makkabäerbuch, Klio 96 (2014) 587–606 appeared in print. He argues that the epitomator is responsible for the insertion 8:30–33 into the narrative about the battle with Gorgias and Nicanor (8:8–29; 8:34–36). He disagrees with Bar-Kochva, who sees this passage (8:30–33) as a didactic summary of the Gilead campaign in the work of Jason of Cyrene, and that the epitomist “confused the original purpose and presented these verses as a battle in itself“ (Judas Maccabaeus, 515). Bringmann also sees the insertion as a summary of the Gilead campaign, but points to the didactic correspondence between V. 32–33, the punishment accorded evil-doers and the end of the Nicanor episode. Although his argument is not compulsive, that the epitomist is ultimately responsible for 8:30–33 accords well with the argument brought forth here. 70 W. Kappler, De memoria alterius libri Maccabaeorum, Göttingen 1929, 63–64; R. Hanhart, Text, 26–27 n. 4. 67 68
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of those who set fire to the temple gates and the recompense paid to Callisthenes. The text, however, is not yet in order, for the participle πεφευγότα does not complete the sentence and must be emended. Doran, e.g, chooses to retain the words “and certain others”, attested only in the Lucianic and Syriac versions, and correspondingly, the plural participle πεφευγότας.71 However, the Lucianic recension seems to polish the text rather than offer any viable older testimony. The reading of Codex Alexandrinus is also not taken seriously in Hanhart’s version, instead of ἓν οἰκίδιον, it reads ἐνοίκιον. This reading alleviates the need for a plural subject since the restrictive “one house” falls away. Furthermore it is a sensible reading. The verb φευγαδεύω which means both to expel and to flee, occurs four times in 2 Macc (5:5; 9:4; 10:15; 14:14) and three of them are changed by various scribes to φεύγω.72 Given this confusion I propose the reading πεφευγαδεύκασι and that a paleographical error has been made with respect to the following word καί. An alternative would be πεφευγαδευκότες in which case the following καί would be superfluous. The idea of retribution by the same means as the sin is so ingrained in the epitomizer that this last clause possibly stems from him (cf. 13:8).73 The text thus reads: ἐπινίκια δὲ ἄγοντες ἐν τῇ πατρίδι τοὺς ἐμπρήσαντας τοὺς ἱεροὺς πυλῶνας ὑφῆψαν καὶ Καλλισθένην εἰς ἐνοίκιον πεφευγαδεύκασι / πεφευγαδευκοτες, καὶ τὸν ἄξιον τῆς δυσσεβείας ἐκομίσατο μισθόν. While celebrating the victory in the fatherland, they set on fire those, who had burned the holy gates and they chased Callisthenes into a dwelling, and he received a fitting recompense for his ungodliness.
Perhaps these changes occurred in the transmission of the text but the radical change of subject from the unknown “they” to Onias seems to signify a conflation of sources. A similar change occurs in 4:10: ἐπινεύσαντος δὲ τοῦ βασιλέως καὶ τῆς ἀρχῆς κρατήσας εὐθέως πρὸς τὸν Ἑλληνικὸν χαρακτῆρα τοὺς ὁμοφύλους μετέστησε. When the king assented and he (Jason) gained possession of the office, he immediately transformed his kinsfolk toward the Hellenic character.74
The change in subject is connected here to a genitive absolute, which is clumsily connected with a καί, probably due to abbreviation. A similar unclear change occurs in Xiphilinus’ paraphrase of Cass. Dio:
71
R. Doran, 2 Macc, 170.
72 14:14
οἱ πεφυγαδευκότες with the meaning ‘to flee’ changed to πεφευγότα by 542, 55, 58; 10:15: τοὺς φυγαδεύσαντας to φυγόντας L΄ 311; 5:5: ἐφυγάδευσεν to ἔφυγεν V L΄ 55 311. 73 R. Hanhart, Text, 26–27. 74 Translation from R. Doran, 2 Macc, 94.
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Xiphilinus
Cass. Dio 36,6,5
ὡς δ’ ἐκεῖνος πρέσβεις τε αὖθις πρὸς αὐτὸν ἀπέστειλε, καὶ πολλὰ μὲν ἐκείνου κατηγόρησε, πολλὰ δὲ καὶ ἐς τοὺς Ῥωμαίους ὑπεσήμηνεν, ᾐσχύνθη καὶ κατεπλάγη.
τοῦ τε Τιγράνου τὸν Πομπήιον ἐν Συρίᾳ ὄντα ἐπικαλεσαμένου, πρέσβεις τε αὖθις πρὸς αὐτὸν ἀπέστειλε, καὶ πολλὰ μὲν ἐκείνου κατηγόρησε, πολλὰ δὲ καὶ ἐς τοὺς Ῥωμαίους ὑπεσήμηνεν, ὥστε τὸν Πομπήιον καὶ αἰσχυνθῆναι καὶ καταπλαγῆναι.
As he again sent ambassadors to him, he was bringing many charges against him (Phraates) and making many insinuations against the Romans, and he was ashamed and perplexed.
As Tigranes invoked the assistance of Pompey, who was in Syria, Phraates again sent ambassadors to the Roman commander, bringing many charges against Tigranes, and making many insinuations against the Romans, so that Pompey was both ashamed and alarmed.
The corrupt text at 2 Macc 6:29 was probably an attempt at abbreviating a longer Vorlage by utilizing two genitive absolute participles.75 A similar linking of two absolute participles is found at 4:39 and 15:37. This last example is the epitomizer’s transition to the conclusion. Both verses appear to be transitions from source to summary. Furthermore, in the first sentence of the main body two genitive absolutes are used to set the stage (3:1), albeit connected here with a καί. In fact, a case can be made that the use of καί after a full stop is a characteristic of the epitomist, including two of the five narrative markers in 2 Macc (3:40; 10:9) and the switch at 3:29 from the second source posited by Bickermann back to Jason of Cyrene. Bickermann’s source theory is however controversial.76 One further text is 4:34, which could also explain the change in word order, which Habicht believes necessary for restoring a meaningful text (Text from Hanhart): ὅθεν ὁ Μενέλαος λαβὼν ἰδίᾳ τὸν Ἀνδρόνικον παρεκάλει χειρώσασθαι τὸν ᾽Ονίαν· ὁ δὲ παραγενόμενος ἐπὶ τὸν ᾽Ονίαν καὶ πεισθεὶς ἐπὶ δόλῳ καὶ δεξιασθεὶς μεθ᾿ ὅρκων δοὺς δεξιάν, καίπερ ἐν ὑποψίᾳ κείμενος, ἔπεισεν ἐκ τοῦ ἀσύλου προελθεῖν[…]
The drastic perceived subject change after ᾽Ονίαν, caused Habicht to question the word order and propose instead:77
75 See B. Risberg, Textkritische und exegetische Anmerkungen zu den Makkabäerbüchern, BRW 27 (1918) 6–31, see 19–22 and R. Doran, 2 Macc, 144 n. g. 76 E. Bickermann, Héliodore au Temple de Jérusalem, AIPh 7 (1939–1944) 5–40, see 18–40 who divides between two sources in the Helidor episode: 3:24,25,27,28 and 30 to one source and 3:26,29,31–36 another source. C. Habicht, 2. Makkabäerbuch, JSHRZ I.3, Gütersloh 1979, 172 f. follows him but differs from Bickermann on the origin of the two sources. The latter supposes both to be pre-jasonic but the former assigns the second version to Jason due to the similarity of 9:16–17 with 3:34–35. 77 C. Habicht, 2. Makkabäerbuch, 221 n. 34a.
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ὅθεν ὁ Μενέλαος λαβὼν ἰδίᾳ τὸν Ἀνδρόνικον παρεκάλει χειρώσασθαι τὸν ᾽Ονίαν· ὁ δὲ πεισθεὶς καὶ παραγενόμενος ἐπὶ τὸν ᾽Ονίαν ἐπὶ δόλῳ καὶ δεξιασθεὶς μεθ᾿ ὅρκων δοὺς δεξιάν[…] Therefore, Menelaus, taking Andronicus aside privately, asked him to eliminate Onias. And he, being thus persuaded, went to Onias in treachery and being welcomed, he gave his right hand with oaths. Although held in suspicion, he persuaded (him) to come out from the place of refuge[…]
The lack of congruity here may be the result of abbreviation. Two historical difficulties in chapter 13 could also point to the work of an abbreviator. On the presence of a Jewish unit among the Seleucid forces (2 Macc 13:21), Schwartz raises the possibility that the information crept into 2 Macc unintentionally due to its brevity.78 The defeat of Lysias in this same passage could also be due to the epitomists’ obfuscation of his source.79 The use of the participle should also be noted. Charles Mugler has already pointed out the abundant use of the participle, calculating about 90 occurrences per 1000 words in 2 Macc.80 This is similar to his tally for a selection of Josephus, meaning that the abundance of the participle does not offer a definitive argument either way. However the use of more than one genitive absolute participle in succession does seem to be specific to the genre of epitome, as noted above. Ad 3 et 4. Many features of Hellenistic historical treatises are lacking in 2 Macc: most notably Aitia and long-winded ideological speeches. These are mere arguments from silence but one example of a condensed narrative is found in 10:18–23. In 10:18 we are informed that 9,000 of the enemy escaped into two towers, which were impenetrable and moreover had all the necessary supplies for a siege. After some of Simon’s men were bribed into letting some foes slip away, whether Simon is included and is the brother of Judas need not detain us here, Judas takes the towers forthwith with no narrated struggle (10:23). The sparsity of dates and chronological markers in 2 Macc is indeed telling. Apart from the dates in the letters preserved in chapter 11, the first date in the narrative occurs at 2 Macc 13:1 “In the 149th year, Judas’ men heard that Antiochus Eupator […]”.81 This omission of chronological markers may well be intended when the epitomist writes that he has excised “the mass of numbers” from Jason’s account (2:14). This lack of chronological references is a characteristic of Justin’s Epitome of Pompeius Trogus.82 D. R. Schwartz, 2 Macc, 457. Studies in Jewish History of the Second Temple Period (Hebrew), Jerusalem 1995, 356. 80 C. Mugler, Remarques sur le second livre des Macchabées. La statistique des mots et la question de l’auteur, RHPhR 11 (1931) 419–423. 81 On converting the date see R. Doran, 2 Macc, 252. For a further chronological marker see 14:1. 82 For a rare reference see Hist. 14,5,10; J. C. Yardley / P. Wheatley / W. Heckel, Justin II, 1; J. M. Alonso-Núñez, World History, 62. 78
79 M. Stern,
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The presence of speeches in 2 Macc (8:16–20; 13:6–10) should not detract from the epitome theory. Speeches can be found in both Xiphlinus and Justin.83 Given the similar nature of the situation, it is surely a coincidence that Mithridates’ very long speech related in Justin’s epitome (38,4–7) parallels in many respects Judas’ encouragement to his troops in 2 Macc 8:16–20. Each refer to battles in which the outcome could be appropriately applied to the other. The short speech in 2 Macc contains references to situations in which an army found itself outmanned, but nevertheless gained the victory. In this way Senacharib’s loss of 185,000 men in one night, and an obscure battle in Babylon between Galatians and Jews in which 4,000 Jews defeated 120,000 enemies, serve as motivating examples for Judas’ men against Nicanor. Josephus delivered a speech in a similar situation but twisted the words of the Hebrew Bible to admonish his countrymen to quietism, even mentioning Senacharib and the 185,000 fallen soldiers (bell. Iud. 5,362–419 cf. ant. Iud. 10,21). His speech is long winded, as we would expect from someone writing in the Hellenistic era and aware of dramatic literature, and the epitomist possibly condensed the speech so carelessly that he invented a battle between Jews and Galatians. Finally, as has been noted often, many figures are introduced abruptly into the narrative, Dorymenes (4:45), Callisthenes (8:33), Apollophanes (10:37) and Esdris (12:36), leading one to suspect that a full episode introducing them earlier was omitted.84
4. Conclusion This essay has offered observations to advance the discussion about the nature of 2 Macc by pointing to an additional factor in the analysis of this important work. Various epitomes from the fourth century BCE to the fourth century CE were introduced in order to show the possibility and plausibility of such activity taking place in the second century BCE. The techniques involved in epitomizing or excerpting historical literature were also surveyed. With these observations, it was also suggested that a few stylistic and text-critical problems in 2 Macc could be best explained by the epitome hypothesis. Whether or not the source material for chapters 3–15 stems from a single five volume historical treatise penned by Jason of Cyrene will however continue to be debated. 83 Iust. 14,4,1–8. The speech of Eumenes cf. Plut., Eumenes 17,6–11 and the literature cited in J. C. Yardley / P. Wheatley / W. Heckel, Justin II, 178 and 38,4–7 the speech of Mithridates; Xiphilinus, Augustus and Livia’s long conversation on Lucius Cornelius Cinna, Cass. Dio, 55,14,2–21,4 preserved not only in the manuscript tradition but also in Xiphilinus and the tirades of Boudicca, Cass. Dio, 62,3–5. On Xiphilinus and his method see P. A. Brunt, On Historical Fragments and Epitomes, 488–492. 84 D. R. Schwartz, 2 Macc, 72; R. Doran, Temple Propaganda. The Purpose and Character of 2 Maccabees, CBQ.MS 12, Washington 1981, 81; B. Bar-Kochva, Judas Maccabaeus, 170 n. 53.
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Jeremia in den Makkabäerbüchern Armin Lange*
Hermann Lichtenberger vereint wie nur wenige Gelehrte unserer Zeit menschliche und wissenschaftliche Qualitäten. Ich habe das selbst in meiner Zeit als sein Assistent in Tübingen erfahren dürfen. Im Rahmen seiner breiten Interessen hat er seine Studierenden immer wieder auf die Intertextualität der antik-jüdischen Literatur hingewiesen. Es war dieses Interesse, das die von Matthias Weigold und mir vor kurzem veröffentlichte Liste von Zitaten und Anspielungen inspiriert hat.1 Ich habe mich daher entschlossen in meinem Beitrag zu dieser Festschrift der Aufnahme von Jeremiatraditionen in den Makkabäerbüchern nachzugehen. Obwohl der Prophet Jeremia und die ihm zugeschriebenen Schriften häufiger in der jüdischen Literatur aus der Zeit des Zweiten Tempels rezipiert werden,2 spiegelt sich dieser Befund in den Makkabäerbüchern nicht wider. Ja mehr noch, das Jeremiabuch selbst scheint mir nur jeweils einmal im ersten und im zweiten Makkabäerbuch rezipiert zu werden, wobei das zweite Makkabäerbuch allerdings ausführlich auf nichtbiblische Jeremiatexte zurückgreift. Im dritten und vierten Makkabäerbuch kommt weder der Prophet Jeremia noch eine Jeremiaschrift zu Wort. Dieser Befund ist um so auffälliger, weil insbesondere 1 Makkabäer aber auch 2 und 4 Makkabäer häufig auf die jüdischen Schriften zurückgreifen.3 Textkritisch sind die Aufnahmen jeremianischer Texte nur in 1 Makkabäer von Interesse, während die Jeremiarezeption des zweiten Makkabäerbuchs kanongeschichtliche Fragen in den Vordergrund rückt. Ich werde daher im ersten Teil meines Beitrags nach der textgeschichtlichen Bedeutung der Verwendung von Jer 49,26 und 50,30 in 1 Makk 2,9 fragen. Der zweite und dritte Teil meines Beitrags wird dann der kanongeschichtlichen Bedeutung der Jeremiarezeption in 2 Makk 2,1–8 und 15,12–16 gewidmet sein.
* Sowohl den Vortrag als auch den Aufsatz, der aus ihm hervorging, konnte ich nur ohne Zugriff auf eine wissenschaftliche Bibliothek schreiben. Daher ist die Diskussion der wissenschaftlichen Literatur auf ein Minimum beschränkt. 1 A. Lange / M. Weigold, Biblical Quotations and Allusions in Second Temple Jewish Literature (JAJSup 5), Göttingen 2011. 2 Vgl. A. Lange / M. Weigold, Biblical Quotations, 141–47. 3 S. ibid., 239–244.
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1. Jer 49,26 (27,30) und 50,30 (30,15[32]) in 1 Makk 2,9 In 1 Makkabäer wird weder der Prophet Jeremia noch sein Buch erwähnt. Extrabiblische Jeremiaschriften spielen in dem Werk keine Rolle. Das Wiener Forschungsprojekt zur Identifikation von Zitaten von und Anspielungen auf die biblischen Schriften in der jüdischen Literatur aus der Zeit des Zweiten Tempels ָ יה ִּב ְרחֹב ֶֹת ָ חּור ֶ יִ ְּפלּו ַבbzw. πεσοῦνται οἱ hat jedoch eine Aufnahme der Wendung יה νεανίσκοι αὐτῆς ἐν ταῖς πλατείαις αὐτῆς aus Jer 49,26 (27,30) und 50,30 (30,15[32]) in 1 Makk 2,9 festgestellt.4 In Jer 49,26 (27,30) beschreibt die Wendung „ihre jungen Männer werden in ihren Straßen fallen“ das kommende Unheil über Damaskus und in Jer 50,30 (30,15[32]) das kommende Unheil über Babylon. Im Kontext von 1 Makk 2,9 impliziert die Aufnahme einer Wendung, die sowohl Unheil für Damaskus (Jer-MT 49,26 [27,30]) als auch für Babylon (Jer-MT 50,30 [30,15(32)]) vorhersagt, das Unverständnis des Mattatias, dass Jerusalem und dem Tempel das gleiche Schicksal droht, wie es Jeremia für Damaskus und Babylon prophezeite. τὰ σκεύη τῆς δόξης αὐτῆς αἰχμάλωτα ἀπήχθη, ἀπεκτάνθη τὰ νήπια αὐτῆς ἐν ταῖς πλατείαις αὐτῆς, οἱ νεανίσκοι αὐτῆς ἐν ῥομφαίᾳ ἐχθροῦ.
Ihre herrlichen Geräte wurden als Gefangene weggeführt, ihre Kinder wurden in ihren Strassen getötet, ihre jungen Männer durch Feindesschwert (1 Makk 2,9)
διὰ τοῦτο πεσοῦνται οἱ νεανίσκοι αὐτῆς ἐν ταῖς πλατείαις αὐτῆς, καὶ πάντες οἱ ἄνδρες οἱ πολεμισταὶ αὐτῆς ῥιφήσονται, εἶπεν κύριος. Darum werden ihre jungen Männer in ihren Strassen fallen und alle ihre kriegerischen Männer werden niedergeworfen werden, spricht der Herr. (Jer-LXX 27,30)
διὰ τοῦτο πεσοῦνται νεανίσκοι ἐν πλατείαις σου, καὶ πάντες οἱ ἄνδρες οἱ πολεμισταί σου πεσοῦνται, φησὶν κύριος·
Darum werden junge Männer in deinen Strassen fallen und alle deine kriegerischen Männer werden fallen, spricht der Herr (Jer-LXX 30,15[32])
ל־אנְ ֵׁשי ַה ִּמ ְל ָח ָמה יִ ַּדּמּו ַּבֹּיום ַההּוא נְ ֻאם יְ הוָ ה ְצ ָבֹאות ַ יה וְ ָכ ָ יה ִּב ְרחֹב ֶֹת ָ חּור ֖ ֶ יִּפלּו ַב ְ ָל ֵכן
Darum werden ihre jungen Männer in ihren Strassen fallen und alle Männer ihres Krieges werden an jenem Tag vernichtet werden, Spruch des Herrn der Heerscharen (Jer-MT 49,26)
ל־אנְ ֵׁשי ִמ ְל ַח ְמ ָּתּה יִ ַּדּמּו ַּבֹּיום ַההּוא נְ ֻאם־יְ הוָ ה ַ יה וְ ָכ ָ יה ִּב ְרחֹב ֶֹת ָ חּור ֶ יִּפלּו ַב ְ ָל ֵכן
Darum werden ihre jungen Männer in ihren Strassen fallen und alle Männer ihres Krieges werden an jenem Tag vernichtet werden, Spruch des Herrn (Jer-MT 50,30)
Insbesondere die griechischen Texte von Jer-LXX 27,30 und 1 Makk 2,9 haben sieben Worte in genauer wörtlicher Parallele gemeinsam. Wegen fehlender Artikel und fehlender bzw. abweichender Possessivpronomen beschränkt sich die wörtliche Parallele zwischen Jer-LXX 30,15 und 1 Makk 2,9 dagegen auf drei 4 Cf.
A. Lange / M. Weigold, Biblical Quotations, 147.
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Worte.5 Der griechische Text legt damit eine Verwendung von Jer-LXX 27,30 in 1 Makk 2,9 nahe. Dabei rät die abweichende Wortfolge davon ab, die festgestellte Intertextualität als ein Zitat zu charakterisieren. Dass 1 Makkabäer wohl ursprünglich in hebräischer Sprache verfaßt und erst später ins Griechische übersetzt wurde,6 deutet allerdings darauf hin, dass 1 Makk 2,9 keinen griechischen, sondern einen hebräischen Prätext verwendete, als es die Wendung „junge Männer werden in ihren Strassen fallen“ in das Klagelied des Mattatias inkorporierte. Der Übersetzer von 1 Makkabäer dürfte diese Anspielung auf das Jeremiabuch sekundär an den Text von Jer-LXX 27,30 angeglichen haben.7 Die textlichen Divergenzen zwischen 1 Makk 2,9 und Jer 49,26 (27,30) sowie Jer 50,30 (30,15[32]) sind vor diesem Hintergrund zu verstehen. Jer 49,26 (27,30) und 50,30 (30,15[32]) sprechen nur von dem Fallen junger Männer in den Straßen Jerusalems. 1 Makk 2,9 spricht dagegen vom Getötet-Werden ihrer Kinder in ihren Straßen einerseits und vom Getötet-Werden ihrer jungen Männer durch ein Schwert des Feindes andererseits. Die Verwendung von ἀπεκτάνθη („getötet ְ bzw. des gr. πεσοῦνται („fallen“) in werden“) in 1 Makk 2,9 statt des hebr. יִּפל֥ ּו Jer-MT und Jer-LXX andererseits dürfte auf eine Umformulierung des jeremianischen Prätextes in 1 Makk 2,9 zurückgehen, wie sie in Anspielungen und Zitaten in der jüdischen Literatur aus der Zeit des Zweiten Tempels nicht unüblich ist. Wenn aber 2 Makk 2,9 die monostichische Aussage des Jeremiabuches, dass ihre jungen Männer in ihren Straßen fallen werden, in zwei Stichoi verwandelt – nämlich „ihre Kinder in ihren Straßen“ und „ihre jungen Männer durch Feindesschwert“ – dann geht das über die landläufige dichterische Freiheit hinaus, mit der die jüdischen Schriften in der Literatur aus der Zeit des Zweiten Tempels aufgenommen werden. Die Erklärung dieser Erweiterung dürfte in einem double reading zu suchen sein.8 Ein double reading entsteht immer dann, wenn ein Schreiber eine Textvariante in den Fließtext einer Handschrift notiert oder sie supralinear bzw. marginal vermerkt. Im Fall des hebräischen Textes von Jer 49,26 und 50,30 liegt die Erklärung für eine gleichzeitig sehr freie und sehr wörtliche Verwendung in 1 Makk 2,9 in der Wendung ἐν ῥομφαίᾳ („durch ein Schwert“). Es ist leicht denkbar, dass 5 Dass Jer-LXX in 30,15(32) νεανίσκοι ἐν πλατείαις σου statt יה ָ יה ִּב ְרחֹב ֶֹת ָ חּור ֶ ַבliest, ist für die textkritische Analyse der Jeremia-Anspielung in 1 Makk 2,9 bedeutungslos, da sich in der Parallelstelle Jer-LXX 50(27),30 das korrekte οἱ νεανίσκοι αὐτῆς ἐν ταῖς πλατείαις αὐτῆς findet. 6 Cf. e. g. J. A. Goldstein, I Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary (AB 41) Garden City, NY 1976, 14–16. 7 Eine solche sekundäre Harmonisierung mit dem Text von Jer-LXX lässt sich z. B. für die Anspielungen auf und Zitate des Jeremiabuchs in der griechischen Übersetzung des Buches Ben Sira nachweisen (cf. A. Lange, The Book of Jeremiah in the Hebrew and Greek Texts of Ben Sira, in: I. Himbaza (Hg.), Making the Biblical Text. Textual Studies in the Hebrew and the Greek Bible [OBO 273], Göttingen 2015, 118–161. 8 Zum Phänomen des double reading s. bes. S. Talmon, Double Readings in the Massoretic Text, Textus 1 (1960) 144–184.
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„( ברחבתיהin ihren Strassen“) durch eine Metathesis von resh und chet in einer Jeremiahandschrift zu „( בחרבתיהdurch ihre Schwerter“) wurde. Eine nächste
Abschrift notierte die abweichende korrumpierte Lesart dann in einem sonst korrekten Jeremia-Text. Das Ergebnis ist ein double reading, welches etwa wie folgt ausgesehen haben dürfte: לכן יפלו בחוריה ברחבתיה בחרבתיה
Darum werden ihre jungen Männer in ihren Straßen fallen durch ihre Schwerter
1 Makk 2,9 oder sein Prätext hat dieses double reading dann zu zwei Stichoi erweitert, um dem schwer verständlichen Text Sinn zu geben. Ob der zweigliedrige Parallelismus des „ihre Kinder wurden in ihren Strassen getötet, ihre jungen Männer durch Feindesschwert“ von 1 Makk 2,9 aus seinem jeremianischen Prätext entnommen oder erst im Rahmen der textlichen Tradierung des hebräischen Textes von 1 Makkabäer entstanden ist, kann nicht mehr erschlossen werden. Über die textkritische Einzelbeobachtung hinaus, darf meine Hypothese, dass der Aufnahme von Jer 49,26 und 50,30 in 1 Makk 2,9 ein double reading im hebräischen Jeremiatext zugrunde liegt, als ein weiteres Argument für einen hebräischen Urtext des ersten Makkabäerbuches gewertet werden.
2. Die Jeremiarezeption in 2 Makk 2,1–8 In dem zweiten Brief an die ägyptischen Juden in 2 Makk 1,10–2,18 findet sich ein ausführlicher Verweis auf ἀπογραφαί, nach denen Jeremia geboten habe, etwas von dem Feuer des Brandopferaltars mitzunehmen, die Gesetze zu befolgen und Kultbilder nicht zu verehren. Ferner habe der Prophet Zelt, Bundeslade und Rauchopferaltar am Berg Sinai versteckt. 1 Εὑρίσκεται δὲ ἐν ταῖς ἀπογραφαῖς Ιερεμιας ὁ προφήτης ὅτι ἐκέλευσεν τοῦ πυρὸς λαβεῖν τοὺς με ταγενομένους, ὡς σεσήμανται, 2 καὶ ὡς ἐνετείλατο τοῖς μεταγενομένοις ὁ προφήτης δοὺς αὐτοῖς τὸν νόμον, ἵνα μὴ ἐπιλάθωνται τῶν προσταγμάτων τοῦ κυρίου, καὶ ἵνα μὴ ἀποπλανηθῶσιν ταῖς διανοίαις βλέποντες ἀγάλματα χρυσᾶ καὶ ἀργυρᾶ καὶ τὸν περὶ αὐτὰ κόσμον· 3 καὶ ἕτερα τοιαῦτα λέγων παρε κάλει μὴ ἀποστῆναι τὸν νόμον ἀπὸ τῆς καρδίας αὐτῶν.4 ἦν δὲ ἐν τῇ γραφῇ ὡς τὴν σκηνὴν καὶ τὴν κιβωτὸν ἐκέλευσεν ὁ προφήτης χρηματισμοῦ γενηθέντος αὐτῷ συνακολουθεῖν· ὡς δὲ ἐξῆλθεν εἰς τὸ ὄρος, οὗ ὁ Μωϋσῆς ἀναβὰς ἐθεάσατο τὴν τοῦ θεοῦ κληρονομίαν. 5 καὶ ἐλθὼν ὁ Ιερεμιας εὗρεν οἶκον ἀντρώδη καὶ τὴν σκηνὴν καὶ τὴν κιβωτὸν καὶ τὸ θυσιαστήριον τοῦ θυμιάματος εἰσήνεγκεν ἐκεῖ καὶ τὴν θύραν ἐνέφραξεν. 6 καὶ προσελθόντες τινὲς τῶν συνακολουθούντων ὥστε ἐπισημάνασθαι τὴν ὁδὸν καὶ οὐκ ἐδυνήθησαν εὑρεῖν. 7 ὡς δὲ ὁ Ιερεμιας ἔγνω, μεμψάμενος αὐτοῖς εἶπεν ὅτι Καὶ ἄγνωστος ὁ τόπος ἔσται, ἕως ἂν συναγάγῃ ὁ θεὸς ἐπισυναγωγὴν τοῦ λαοῦ καὶ ἵλεως γένηται· 8 καὶ τότε ὁ κύριος ἀναδείξει ταῦτα, καὶ ὀφθήσεται ἡ δόξα τοῦ κυρίου καὶ ἡ νεφέλη, ὡς ἐπὶ Μωυσῇ ἐδηλοῦτο, ὡς καὶ ὁ Σαλωμων ἠξίωσεν ἵνα ὁ τόπος καθαγιασθῇ μεγάλως. 1 Man findet auch in den Urkunden (ἐν ταῖς ἀπογραφαῖς), der Prophet Jeremias habe den Nachgeborenen aufgetragen, etwas von dem Feuer mitzunehmen, so wie es (oben) be-
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zeichnet worden ist, 2 und der Prophet habe den Nachgeborenen, als er ihnen das Gesetz gab, aufgetragen, die Gebote des Herrn nicht zu vergessen und in ihrer Einstellung nicht abzuirren, wenn sie goldene und silberne Kultbilder und den sie umgebenden Schmuck sähen. 3 Und mit noch mehr Worten dieser Art forderte er sie auf, das Gesetz nicht ihrem Herzen zu entfremden. 4 In der … Schrift (ἐν τῇ γραφῇ) aber stand auch, der Prophet habe aufgrund einer göttlichen Eingebung aufgetragen, dass ihm Zelt und Bundeslade folgen sollten, und er sei hinausgegangen auf den Berg, auf den Moses gestiegen war und das Erbteil Gottes erblickt hatte. 5 Angekommen fand Jeremias ein höhlenartiges Haus, trug dort das Zelt, die Lade und den Opferaltar für das Rauchopfer hinein und verschloss die Tür. 6 Manche von denen, die ihm gefolgt waren, gingen hin, um den Weg zu markieren, konnten ihn jedoch nicht finden. 7 Als Jeremias dies erkannte, tadelte er sie und sprach, Dieser Ort wird auch unbekannt bleiben, bis Gott das Volk wieder versammelt hat und Gnade walten lässt; 8 und dann wird der Herr diese Dinge aufzeigen, und die Herrlichkeit des Herrn wird sichtbar sein und die Wolke, wie sie sich zur Zeit des Mose zeigte und wie dies auch Salomo erbeten hat, damit die Stätte groß geheiligt würde.9
Diese Verse lassen keinen Zweifel, dass hier weder auf die griechische noch die hebräische Fassung des biblischen Jeremiabuchs verwiesen wird. In beiden Fassungen finden sich selbstverständlich Mahnungen, den Bundesverpflichtungen nachzukommen und die Verehrung von Kultbildern zu vermeiden. Aber sie enthalten weder Anweisungen, etwas vom Tempelfeuer zu verbergen, noch berichten sie davon, wie Jeremia Zelt, Bundeslade und Rauchopferaltar am Berg Sinai verstecken ließ. Die Wendungen ἐν ταῖς ἀπογραφαῖς und ἐν τῇ γραφῇ in 2 Makk 2,1 und 4 lassen jedoch keinen Zweifel, dass das 2. Makkabäerbuch hier auf schriftliche Dokumente und nicht legendarische Erzählungen verweist, die dem Verfasser des Briefes zu Ohren gekommen sind. Allerdings gibt es keinen nichtbiblischen Jeremiatext aus der Antike, der alle erzählerischen Elemente aus 2 Makk 2,1–8 in sich vereinen würde. Es scheint mir daher am wahrscheinlichsten, dass 2 Makk 2,1–8 einzelne Elemente aus verschiedenen Jeremiaschriften miteinander kombiniert. Darunter könnte sich das biblische Jeremiabuch ebenso befunden haben, wie die Epistula Jeremiae,10 von Eupolemos verarbeitete Jeremiatraditionen11 und das Jeremiah Apocryphon aus Qumran.12 Andere Jeremia-Texte, die der zweite Brief an die ägyptischen Juden verwendet, sind uns heute unbe-
9 Übersetzung nach K. Brodersen / T. Nicklas, Makkabaion II – Das zweite Buch der Makkabäer, in: W. Kraus / M. Karrer (Hg.), Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung, Stuttgart 2009, 694–717, hier 696. 10 Cf z. B. C. Wolff, Jeremia im Frühjudentum und Urchristentum (TU 118), Berlin 1976, 16–17.20–26.62–63 (bes. 23 Anm. 1); J. A. Goldstein, II Maccabees. A New Translation and Commentary (AB 41A) Garden City, NY 1983, 182; D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin 2008, 160. 11 Cf. z. B. J. A. Goldstein, II Maccabees, 182; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 160. 12 Cf. z. B. D. Dimant, Qumran Cave 4 XXI. Parabiblical Text. Part 4: Pseudo-Prophetic Texts (DJD 30), Oxford 2001, 107–108.
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kannt.13 Eine solche Aufnahme mehrerer Jeremiaschriften würde auch erklären, wieso 2 Makk 2,1 von mehreren Urkunden – ἐν ταῖς ἀπογραφαῖς – spricht. Wenn 2 Makk 2,13 mit den Worten ἐν ταῖς ἀναγραφαῖς καὶ ἐν τοῖς ὑπομνηματισμοῖς τοῖς κατὰ τὸν Νεεμιαν („in den Urkunden und in den Denkschriften nach Nehemia“) auf Nehemiatexte verweist, die im Tempel gesammelt wurden, könnte das auch für die anderen, nicht Jeremia zugewiesenen Legenden des Briefes auf eine schriftliche Tradierung hinweisen, obwohl sich dafür im Text von 2 Makk 1,18–36 und 2,9–12 keine weiteren Hinweise finden. Um die Bedeutung der Jeremia-Passagen im zweiten Brief an die ägyptischen Juden für die Kanongeschichte der jüdischen Schriften verstehen zu können, ist es wichtig, sich die Argumentation des Briefes vor Augen zu führen. Der zweite Brief an die ägpytischen Juden gibt vor, sie davon überzeugen zu wollen, das Laubhüttenfest und das Feuer(fest) zu feiern. Eigentlich geht es dem Text jedoch darum, die Reinheit und Legitimität des wiedergeweihten Jerusalemer Tempels zu betonen. So spricht 2 Makk 1,18 davon, die Reinigung des Tempels zu feiern, und 2 Makk 2,16 betont, dass die Verfasser gerade die Reinigung des Tempels begehen wollen. Im Zentrum des Briefes steht somit die Frage der Reinheit des Jerusalemer Tempels nach seiner Entweihung durch die hellenistischen Religionsreformen. Obwohl alle ägyptischen Juden angesprochen werden, dürfte der Brief sich insbesondere gegen die Oniaden und ihren Konkurrenz-Tempel in Leontopolis richten.14 Die Legitimität des Jerusalemer Tempels wird mit Hilfe mehrerer Legenden belegt. In 2 Makk 1,18–36 wird geschildert, wie das Feuer des Opferaltars vor dem babylonischen Exil versteckt wurde und wie es unter Nehemia in Form von Nephtar wieder zum Leben erwachte. Nach 2 Makk 2,1–8 hat Jeremia die Priester vor ihrem Weg ins Exil nicht nur ermahnt, das Feuer zu verstecken, sondern auch Zelt, Rauchopferaltar und Bundeslade zu verbergen. Sowohl Mose als auch Salomo hätten schließlich nach 2 Makk 2,9–12 Feuer vom Himmel erbetet, um das Opfer zu verzehren. Die Legenden-Sammlung schafft so den Grundstock für einen legitimen und reinen Tempelkult nach seiner Unterbrechung durch die hellenistischen Religionsreformen. Genauso wie nach dem babylonischen Exil konnte der Jerusalemer Tempelkult und damit der Jerusalemer Tempel auch nach der Katastrophe der hellenistischen Religionsreformen wieder ins Leben gerufen werden. Die genannten Präzedenzfälle zeigen, wie vorzugehen war. Wenn das legendarische Material aus 2 Makk 1,18–2,12 den Jerusalemer Tempelkult legitimieren kann, muss es für den oder die Verfasser des zweiten Briefes 13 Ob 2 Makk 2,4–8 seinerseits Vitae Prophetarum, Jeremia 9–15, beeinflusst hat (so J. A. Goldstein, II Maccabees, 183) oder ob beide Texte auf eine gemeinsame Quelle zurückgreifen, muss unklar bleiben. D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 160, listet rabbinische Texte auf, in denen sich ebenfalls ein Wissen um Jeremiatraditionen erhalten haben könnte, auf die 2 Makk 2,1–8 zurückgreift. 14 Cf. e. g. J. A. Goldstein, II Maccabees, 160–162.
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an die ägyptischen Juden von sehr großer Autorität gewesen sein. Diese Autorität wird in 2 Makk 2,13–15 durch den Verweis auf die Jerusalemer Tempelbibliothek, die Judas Makkabäus nach dem Vorbild Nehemias eingerichtet hatte, noch unterstrichen. Ich habe mich andernorts schon ausführlich zu dieser Tempelbibliothek geäußert15 und gezeigt, dass es sich um eine Bibliothek handelt, deren Zusammensetzung typisch für die vorderorientalischen Tempelbibliotheken der Antike ist. Der zweite Brief an die ägyptischen Juden suggeriert nun geschickt, dass die in 2 Makk 1,18–2,12 berichteten Legenden aus Texten stammen, die in der Jerusalemer Tempelbibliothek vorhanden sind. Besonders interessant ist 2 Makk 2,14–15. Ebenso aber sammelte auch Judas alle (Schriften), die wegen des Kriegsgeschehens zerstreut worden waren, für uns, und sie sind bei uns. – Wenn ihr nun Bedarf danach habt, so sendet Leute, die sie Euch bringen.16
Der zweite Brief an die ägyptischen Juden suggeriert hiermit, dass die ägyptischen Juden nicht alle Werke zur Verfügung hatten, die in der Jerusalemer Tempelbibliothek nach den hellenistischen Religionsreformen wieder zusammengeführt wurden. Der Verweis auf die Jerusalemer Tempelbibliothek hat mehrfache Funktion. Er untermauert zum einen die Legitimität des Jerusalemer Tempels und des Laubhütten‑ und Feuerfestes. Zum andern autorisiert der Verweis auf die Jerusalemer Tempelbibliothek die Glaubwürdigkeit der in 2 Makk 1,18–2,12 zitierten Texte und Legenden. Entgegen eventueller Skepsis der ägyptischen Juden entsprechen diese Schriften den Standards des religiösen und kulturellen Zentrums des Judentums. Die Verwendung des Begriffes ἀπογραφή unterstreicht die Autorität und Akkuratesse der zitierten Erzählung zu Jeremia. Gerade die Jeremia-Schriften werden in 2 Makk 2,1 nicht einfach als γραφαί sondern als ἀπογραφαί beschrieben – ein Begriff, der als ἀναγραφαί ähnlich auch in 2 Makk 2,13 vorkommt. Das Nomen ἀπογραφή benennt eigentlich Rechts‑ und Verwaltungsdokumente wie Listen, Steuerrollen, Kataster etc.17 In dieser Bedeutung wird es wiederholt auch in antik-jüdischer Literatur verwendet.18 Aus seiner listenartigen Grundbedeutung heraus kann ἀπογραφή im Aristeasbrief (283) einen Reisebericht benennen. In der 15 A. Lange, 2 Maccabees 2,13–15. Library or Canon?, in: G. G. Xeravits / J. Zsengellér (Hg.), The Books of the Maccabees. History, Theology, Ideology. Papers of the Second International Conference on the Deuterocanonical Books, Papa, Hungary, 9–11 June, 2005 (JSJ.S 118), Leiden 2007, 155–167; cf. auch ders., The Qumran Dead Sea Scrolls – Library or Manuscript Corpus?, in: F. García Martínez / A. Steudel / E. Tigchelaar (Hg.), From 4QMMT to Resurrection. Mélanges qumraniens en homage à Émile Puech (StTDJ 61), Leiden 2006, 177–193. 16 Übersetzung nach K. Brodersen / T. Nicklas, Makkabaion II, 696. 17 Cf. e. g. Plat. leg. 745d; 850d; Lys. Orator, 9.3; 29.1; Luk 2,2; PapOxy 237 vii 33; PapLond. 2.260.79; Berliner griechische Urkunden 1147.26; Inschriften von Pergamon I.249, 34. 18 3 Makk 2,32; 4; 15,17; 7,22; 3 Es 8,30; Ios. ant. Iud. 18.3.
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Danielseptuaginta (10,21) übersetzt die Wendung ἐν ἀπογραφῇ ἀληθείας das hebräische „( ִּב ְכ ָתב ֱא ֶמתim Buch der Wahrheit“). Dabei dürfte das Wort ἀπογραφή in der Dan-LXX die besondere Zuverlässigkeit und Genauigkeit des fraglichen Textes andeuten. Es ist genau diese Suggestion von Genauigkeit, die den Verfasser des zweiten Briefes an die ägyptischen Juden in 2 Makk 2,1 motivierte, von Urkunden oder ἀπογραφαί zu sprechen statt wie in 2 Makk 2,4 von Schriften oder γραφαί. Die Verwendung des Begriffes ἀπογραφαί unterstreicht somit im zweiten Brief an die ägyptischen Juden nochmals die Genauigkeit und Bedeutung der zitierten Jeremialegenden. Damit wird klar, dass die Jeremialegenden und wahrscheinlich auch alle anderen Erzählungen aus 2 Makk 1,18–2,12 einer besonderen Rechtfertigung gegenüber den ägyptischen Adressaten des Briefes bedurften. Ähnliches ist wahrscheinlich mit dem in 2 Makk 2,13 erwähnten Begriff ἀναγραφαί beabsichtigt. Das bedeutet: In Ägypten waren weniger autoritative Texte bekannt oder akzeptiert als in Jerusalem. Dabei lässt der zweite Brief an die ägyptischen Juden keine Schlussfolgerungen mehr zu, ob es nur um die Bekanntheit der von ihm zitierten Texte in Ägypten geht oder auch um ihren autoritativen Status. Wie dem auch sei, anders als oft behauptet darf man keinesfalls davon ausgehen, dass 2 Makk 2,12–15 einen frühen Beleg für den dreiteiligen Kanon der hebräischen Bibel darstellen.19 Im Gegenteil, der Brief betont die Autorität heute extrabiblischer Texte gegenüber den ägyptischen Juden und versieht diese Texte mit der Autorität der Jerusalemer Tempelbibliothek.
3. Die Jeremiarezeption in 2 Makk 15,12–16 Eine weitere Erwähnung des Propheten Jeremia findet sich in der Vision des Judas Makkabäus in 2 Makk 15,12–16. Auch diese Vision enthält einen Narrativ, der sich im Jeremiabuch nicht findet. 12 ἦν δὲ ἡ τούτου θεωρία τοιάδε· Ονιαν τὸν γενόμενον ἀρχιερέα, ἄνδρα καλὸν καὶ ἀγαθόν,
αἰδήμονα μὲν τὴν ἀπάντησιν, πρᾶον δὲ τὸν τρόπον καὶ λαλιὰν προιέμενον πρεπόντως καὶ ἐκ παιδὸς ἐκμεμελετηκότα πάντα τὰ τῆς ἀρετῆς οἰκεῖα, τοῦτον τὰς χεῖρας προτείναντα κατεύχεσθαι τῷ παντὶ τῶν Ιουδαίων συστήματι. 13 εἶθ οὕτως ἐπιφανῆναι ἄνδρα πολιᾷ καὶ δόξῃ διαφέροντα, θαυμαστὴν δέ 19 S. Z. Leiman, The Canonization of Hebrew Scripture. The Talmudic and Midrashic Evidence (Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences 47), Hamden, CT 1976, 51–124; R. Beckwith, The Old Testament Canon of the New Testament Church and its Background in Early Judaism, London 1985; A. van der Kooij, The Canonization of Ancient Books Kept in the Temple of Jerusalem, in: ders. / K. van der Toorn (Hg.), Canonization and Decanonization. Papers Presented to the International Conference of the Leiden Institute for the Study of Religions (LISOR), Held at Leiden 9–10 January 1997 (SHR 82) Leiden 1998, 17–40; ders., Canonization of Ancient Hebrew Books and Hasmonean Politics, in: J.-M. Auwers / H. J. de Jonge (Hg.), The Biblical Canons (BEThL 163) Leuven 2003, 27–38.
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τινα καὶ μεγαλοπρεπεστάτην εἶναι τὴν περὶ αὐτὸν ὑπεροχήν. 14 ἀποκριθέντα δὲ τὸν Ονιαν εἰπεῖν Ὁ φιλάδελφος οὗτός ἐστιν ὁ πολλὰ προσευχόμενος περὶ τοῦ λαοῦ καὶ τῆς ἁγίας πόλεως Ιερεμιας ὁ τοῦ θεοῦ προφήτης. 15 προτείναντα δὲ Ιερεμιαν τὴν δεξιὰν παραδοῦναι τῷ Ιουδα ῥομφαίαν χρυσῆν, διδόντα δὲ προσφωνῆσαι τάδε 16 Λαβὲ τὴν ἁγίαν ῥομφαίαν δῶρον παρὰ τοῦ θεοῦ, δι’ ἧς θραύσεις τοὺς ὑπεναντίους. 12 Er hatte aber Folgendes geschaut: Onias, der Hoherpriester gewesen war, ein vortrefflicher Mann, bescheiden im Umgang, sanftmütig im Wesen, der in geziemender Weise die Rede führte, auch von Kindheit an sorgfältig alles geübt hatte, was zur Tugend gehört, habe die Hände ausgestreckt, um für die ganze Kampfeinheit der Juden zu beten. 13 Darauf sei ein Mann erschienen, ausgezeichnet durch weißes Haar und würdevolle Ausstrahlung, um ihn aber wunderbare und hoheitsvollste Majestät. 14 Onias aber habe geantwortet und gesprochen: Dieser bruderliebende (Mann) ist der, der vieles für das Volk und die heilige Stadt erbittet (ὁ πολλὰ προσευχόμενος περὶ τοῦ λαοῦ καὶ τῆς ἁγίας πόλεως): Jeremias der Prophet Gottes. 15 Jeremias aber habe die rechte Hand ausgestreckt, um dem Judas ein goldenes Schwert zu übergeben. Als er es (ihm) aber gab, habe er (ihm) Folgendes zugerufen: 16 Nimm von Gott das heilige Schwert als Geschenk, durch das du die Gegner fällen wirst.20
Anders als im Fall des zweiten Briefs an die ägyptischen Juden erscheint es mir unwahrscheinlich, dass das 2 Makkabäerbuch hier eine extrabiblische Jeremiaschrift rezipiert. Vielmehr handelt es sich um legendarisches Material, das sich um die Person des Judas Makkabäus herum entwickelte und das entweder Jason von Kyrene oder sein Epitomator in die Erzählung eingefügt haben. Anders ist es wohl kaum erklärbar, dass Judas eine Vision erfährt, und dass Jeremia Judas ein goldenes Schwert übergibt. In 2 Makk 15,14 lässt sich der Einfluß des Jeremiabuchs sogar textlich greifen. Eine Suche in der Textdatenbank Thesaurus Linguae Graecae21 ergab, dass in der vorchristlichen griechischen Literatur das Verb προσεύχεσθαι in Verbindung mit περὶ τοῦ λαοῦ nur in 2 Makk 15,14 und Jer-LXX 7,16; 11,14 und 14,11 vorkommt.22 Bedenkt man, dass die Vision des Judas Makkabäus die Fürbitte für das Volk in 2 Makk 15,14 ausdrücklich Jeremia zuschreibt, kann kein Zweifel bestehen, dass es sich hier um eine explizite Anspielung auf das Jeremiabuch handelt. Da sowohl das Geschichtswerk des Jason von Kyrene als auch die Epitome des zweiten Makkabäerbuchs in griechischer Sprache verfasst wurden, ist es mehr als wahrscheinlich, dass entweder Jason von Kyrene oder sein Epitomator auf die Jeremia-Septuaginta zurückgegriffen hat. Die explizite Anspielung auf Jer-LXX 7,16; 11,14 und 14,11 in 2 Makk 15,14 muss im Kontext der Jeremiarezeption des 2. Jh. v. u. Z. verstanden werden. Die einschlägige Auseinandersetzung mit Jeremias’ Prophezeiung von 70 Jahren der Verwüstung aus Jer 25,11–12 und 29,10 in Daniel 9 zeigt, dass man im Kontext der Makkabäerkriege ein Ende der von Jeremia angekündigten Periode der Übersetzung nach K. Brodersen / T. Nicklas, 716. http://www.tlg.uci.edu. 22 Cf. auch A. Lange / M. Weigold, Biblical Quotations, 242. 20 21
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Verwüstung erwartete. Während Gott dem Propheten in Jer 7,16; 11,14 und 14,11 die Fürbitte für das Volk untersagt, kann Judas daher in seiner Vision ausgerechnet den Propheten Jeremia damit beschäftig sehen, vieles für das Volk und die heilige Stadt zu erbitten. Der paradigmatische Unheilsprophet kann nach Ablauf der siebzig Jahre endlich in einer Umkehr der Zeit der Verwüstung für Stadt und Volk Heil erbitten. Kanongeschichtlich illustriert die Vision des Judas Makkabäus in 2 Makk 15,12–16 nicht nur die hohe Wertschätzung und Prominenz des Propheten Jeremia im 2. Jh. v. u. Z. sondern auch die Autorität der Jeremia-Septuaginta. 2 Makk 15,12–16 zeigt, dass sich mit Prophet und Buch leicht legendarisches Material verbinden und entwickeln ließ. Der textkritische Wert der expliziten Anspielung auf Jer-LXX 7,16; 11,14 und 14,11 in 2 Makk 15,14 ist begrenzt, weil sich für das μὴ προσεύχου περὶ τοῦ λαοῦ τούτου in den Textzeugen des Jeremiabuchs kaum Textvarianten finden und weil keine dieser Varianten für alle drei Stellen im Jeremiabuch belegt ist.
Bibliographie Beckwith, R., The Old Testament Canon of the New Testament Church and its Background in Early Judaism, London 1985. Brodersen, K. / Nicklas, T., Makkabaion II – Das zweite Buch der Makkabäer, in: Kraus, W. / Karrer, M. (Hg.), Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung, Stuttgart 2009, 694–717. Dimant, D., Qumran Cave 4 XXI. Parabiblical Text. Part 4: Pseudo-Prophetic Texts (DJD 30), Oxford 2001. Goldstein, J. A., I Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary (AB 41) Garden City, NY 1976. Ders., II Maccabees. A New Translation and Commentary (AB 41A) Garden City, NY 1983. Lange, A., The Qumran Dead Sea Scrolls – Library or Manuscript Corpus?, in: García Martínez, F. / Steudel, A. / Tigchelaar, E. (Hg.), From 4QMMT to Resurrection. Mélanges qumraniens en homage à Émile Puech (StTDJ 61), Leiden 2006, 177–193. Ders., 2 Maccabees 2,13–15. Library or Canon?, in: Xeravits, G. G. / Zsengellér, J. (Hg.), The Books of the Maccabees. History, Theology, Ideology. Papers of the Second International Conference on the Deuterocanonical Books, Papa, Hungary, 9–11 June, 2005 (JSJ.S 118), Leiden 2007, 155–167. Ders., The Book of Jeremiah in the Hebrew and Greek Texts of Ben Sira, in: I. Himbaza (Hg.), Making the Biblical Text. Textual Studies in the Hebrew and the Greek Bible [OBO 273], Göttingen 2015, 118–161. Ders. / Weigold, M., Biblical Quotations and Allusions in Second Temple Jewish Literature (JAJSup 5), Göttingen 2011.
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Leiman, S. Z., The Canonization of Hebrew Scripture. The Talmudic and Midrashic Evidence (Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences 47), Hamden, CT 1976. Schwartz, D. R., 2 Maccabees (CEJL), Berlin 2008. Talmon, S., Double Readings in the Massoretic Text, Textus 1 (1960) 144–184. van der Kooij, A., The Canonization of Ancient Books Kept in the Temple of Jerusalem, in: ders. / van der Toorn, K. (Hg.), Canonization and Decanonization. Papers Presented to the International Conference of the Leiden Institute for the Study of Religions (LISOR), Held at Leiden 9–10 January 1997 (SHR 82) Leiden 1998, 17–40. Ders., Canonization of Ancient Hebrew Books and Hasmonean Politics, in: Auwers, J.-M. / de Jonge, H. J. (Hg.), The Biblical Canons (BEThL 163) Leuven 2003, 27–38. Wolff, C., Jeremia im Frühjudentum und Urchristentum (TU 118), Berlin 1976.
Judas und seine Brüder Zum Bild der Hasmonäerfamilie in den Makkabäerbüchern* Johannes C. Bernhardt
Im ersten Makkabäerbuch steht die Hasmonäerfamilie ganz im Zentrum der Darstellung. Nachdem die religiöse Krise unter Antiochos IV. nur recht kurz berichtet wird, widersetzt sich Mattathias gleich im zweiten Kapitel den königlichen Anordnungen und beginnt den Kampf gegen die Seleukiden. Da Mattathias aber schon wenig später stirbt, besteht der eigentliche Hauptteil des Buches aus einem ausführlichen Bericht über seine Söhne: Der Reihe nach werden die Kämpfe und Taten des Judas, Jonathan und Simon dargestellt, auch die weniger bedeutenden Brüder Johannes und Eleazar finden Erwähnung. Ziemlich stringent läuft das gesamte Buch dann auf die Zeit Simons zu, der die Unabhängigkeit Judäas und die Etablierung der Hasmonäer als Hoherpriester und Anführer der Judäer erreicht; das Buch endet nach Simons Tod mit den Anfängen seines Sohnes und Nachfolgers Johannes Hyrkanos. In der Darstellung orientiert sich das erste Makkabäerbuch an biblischen Chroniken, inszeniert die Kämpfe der Hasmonäer als Religionskrieg nach den Regeln des Deuteronomiums und betont durchgehend die Kooperation und Eintracht der Familie – immer wieder unterstreicht die Formulierung „Judas und seine Brüder“ das gemeinsame Handeln.1 Im zweiten Makkabäerbuch spielt die Hasmonäerfamilie hingegen kaum eine Rolle. Das Buch kündigt zu Beginn zwar ebenfalls einen Bericht über die Taten von Judas und seinen Brüdern an, legt den Fokus aber in einer stärker heils* Für die Einladung zum Symposion anlässlich des Geburtstags von Hermann Lichtenberger möchte ich mich herzlich bei den Organisatoren und ganz besonders bei Stefan Krauter bedanken; die Tage in Tübingen im Kreis der Freunde und Schüler des Jubilars waren für mich in jeder Hinsicht eine sehr schöne Erfahrung. Der vorliegende Beitrag nimmt Überlegungen und Ergebnisse auf, die ich in meiner Dissertation entwickelt habe; da sie dort im Zusammenhang mit anderen Fragestellungen und über mehrere Kapitel verteilt zur Sprache kommen, schien mir eine systematisierte Zuspitzung ein vielversprechender Anstoß zur Diskussion. Vgl. daher zum Kontext sowie zur weiteren Dokumentation J. C. Bernhardt, Die Jüdische Revolution. Untersuchungen zu Ursachen, Verlauf und Folgen der hasmonäischen Erhebung (Klio.B NF 22), Berlin 2017. 1 1 Makk 3,1 f.: καὶ ἀνέστη ᾿Ιούδας ὁ καλούμενος Μακκαβαῖος υἱὸς αὐτοῦ ἀντ᾿ αὐτοῦ. καὶ ἐβοήθουν αὐτῷ πάντες οἱ ἀδελφοὶ αὐτοῦ […]. Die Formel ᾿Ιούδας καὶ οἱ ἀδελφοὶ αὐτοῦ erscheint 1 Makk 3,25; 3,42; 4,36; 4,59; 5,10; 5,61; 5,63; 5,65; 7,6; 7,10; 7,27.
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geschichtlichen Perspektive auf den Tempel in Jerusalem.2 So berichtet es zunächst ausführlich von den Konflikten zwischen den Priestersippen der Oniaden und Bilga um das Hohepriesteramt, die wesentlichen Anteil daran haben, dass es zum Abfall vom rechten Glauben, der Entweihung des Tempels und der religiösen Krise unter Antiochos IV. kommt. Auf dem Höhepunkt der Krise bringen dann mehrere Martyrien die Wende im Geschehen, Mattathias wird in diesem Zusammenhang aber nirgends erwähnt. Das zweite Makkabäerbuch lässt die Erhebung vielmehr gleich mit Judas beginnen, berichtet dann über seinen frommen Kampf für den rechten Glauben und schließt mit der letzten Verteidigung des Tempels kurz vor seinem Tod. Trotz der Ankündigung zu Beginn des Buches erscheint Judas durchgehend als der alleinige und entscheidende Anführer der Erhebung; seine Brüder werden im gesamten Bericht nur dreimal ganz beiläufig erwähnt, an einer Stelle scheinen sogar ihre Namen durcheinander geraten zu sein.3 Die Forschung hat sich bei der Darstellung der Hasmonäerfamilie in der Regel am ersten Makkabäerbuch orientiert. So werden die frühen Hasmonäer in den meisten Untersuchungen ganz selbstverständlich als Einheit angesprochen und als einträchtig agierende Familie verstanden.4 Das Fehlen des Mattathias und die marginale Rolle der Hasmonäerfamilie im zweiten Makkabäerbuch bildeten hingegen immer die zentralen Ansatzpunkte, das Buch als kühl oder sogar kritisch gegenüber den Hasmonäern zu beurteilen.5 Benjamin Scolnic hat diese Sicht 2008 in der bislang einzigen Studie zu den Familienbeziehungen der Hasmonäer detailliert ausgearbeitet: Ausgehend vom ersten Makkabäerbuch betont er die Kooperation und Eintracht der Hasmonäerfamilie und stellt sie zerstrittenen Sippen wie den Oniaden oder Bilga als beinahe schon vorbildlich gegenüber.6 2 2 Makk
2,19: τὰ δὲ κατὰ τὸν ᾿Ιούδαν τὸν Μακκαβαῖον καὶ τοὺς τούτου ἀδελφοὺς […]. 2 Makk 8,22 f.; 10,19 f.; 14,17. 4 Vgl. etwa J. Sievers, The Hasmoneans and their Supporters. From Mattathias to the Death of John Hyrcanus I (SFSHJ 6), Atlanta, GA 1990; I. Shatzman, Jews and Gentiles from Judas Maccabaeus to John Hyrcanus According to Contemporary Jewish Sources, in: S. J. D. Cohen / J. J. Schwartz (Hg.), Studies in Josephus and the Varieties of Ancient Judaism. L. H. Feldman Jubilee Volume (AGJU 67), Leiden/Boston, MA 2007, 237–270; J. Wilker, Von Aufstandsführern zur lokalen Elite – Der Aufstieg der Makkabäer, in: B. Dreyer / P. F. Mittag (Hg.), Lokale Eliten und die Herrschaft und Hegemonie hellenistischer Könige und der römischen Republik, Berlin 2011, 219–256; E. Regev, The Hasmoneans. Ideology, Archaeology, Identity (JAJSup 10), Göttingen 2013; C.-G. Schwentzel, Juifs et Nabatéens. Les monarchies ethniques du Proche-Orient hellénistique et romain, Rennes 2013. 5 A. Geiger, Urschrift und Übersetzungen der Bibel in ihrer Abhängigkeit von der inneren Entwicklung des Judenthums, Breslau 1857, 219 f. hält das zweite Makkabäerbuch für hasmonäerkritisch; J. A. Goldstein, II Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 41A), New York, NY 1983, 16–19 hält es für regelrecht hasmonäerfeindlich; F.-M. Abel, Les livres des Maccabées (EtB 40), Paris 1949, XXXV und C. Habicht, 2. Makkabäerbuch (JSHRZ 1.3), Gütersloh 1979, 188 halten es für kühl gegenüber den Hasmonäern. 6 B. E. Scolnic, Thy Brother’s Blood. The Maccabees and Dynastic Morality in the Hellenistic World, Lanham 2008, 145–178. 3
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In einer kritischen Perspektive greift diese Sicht aber deutlich zu kurz. Denn so umstritten die genaue Datierung der Makkabäerbücher auch sein mag, in der vorliegenden Form können sie nicht früher als zur Zeit Simons und der bereits etablierten Herrschaft seiner Nachkommen entstanden sein.7 Das erste Makkabäerbuch lässt sich vor diesem Hintergrund leicht als offiziöse Chronik aus dem Umfeld der Hasmonäer erkennen und läuft regelrecht auf die Legitimation Simons und der von ihm begründeten Dynastie zu.8 Die besondere Betonung der Eintracht und Kooperation der Hasmonäerfamilie ist daher erwartbar und schon per se mit einem Fragezeichen zu versehen. Und richtig besehen ist auch die Beurteilung des zweiten Makkabäerbuches als kühl oder gar kritisch gegenüber den Hasmonäern kaum haltbar: Während das Fehlen des Mattathias und die geringe Rolle der Hasmonäerfamilie vor allem im Vergleich mit dem ersten Makkabäerbuch auffallen, ist Judas ja durchgehend der fromme Held des Buches!9 Man kann das erste Makkabäerbuch also sicher nicht einfach gegen das zweite ausspielen. Stellt man die prohasmonäische Tendenz beider Texte in Rechnung, ergibt sich methodisch vielmehr die Herausforderung, durch Prüfung der in den Berichten gegebenen Informationen ein historisch-kritisches Modell der Familienbeziehungen zu entwickeln, das zugleich erklären kann, warum die Texte so verschiedene Bilder der Familie entwerfen. Für die Entwicklung eines historisch-kritischen Modells lässt sich auch ein Ansatzpunkt ausmachen. Denn in Untersuchungen zu den frühen Hasmonäern ist immer wieder betont worden, dass das in den Makkabäerbüchern entworfene Bild vom frommen Kampf für die Religion ebenfalls nicht aufrecht zu erhalten ist. In einer kritischen Perspektive sind die frühen Hasmonäer vielmehr in einer Kontinuität zu Sippen wie den Oniaden oder Bilga zu sehen und strebten zumindest gleichwertig auch nach Macht und ihrer eigenen Etablierung in Judäa.10 7 S. Schwartz, Israel and the Nations Roundabout. 1 Maccabees and the Hasmonean Expansion, JJS 42 (1991) 16–38 vertritt die früheste Datierung des ersten Makkabäerbuches 130 v. Chr., D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin 2008 die früheste Datierung des zweiten Makkabäerbuches 143/2 v. Chr. 8 A. Geiger, Urschrift, 206 ff.; J. A. Goldstein, I Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 41), New York, NY 1976, 4 ff.; U. Rappaport, 1 Maccabees, in: J. Barton / J. Muddiman (Hg.), The Oxford Bible Commentary, Oxford 2001, 711 f. 9 Das zweite Makkabäerbuch hebt die Frömmigkeit des Judas durch Gebete, Reden und Lobpreisungen sogar noch stärker hervor als das erste – vgl. 2 Makk 8,2–4; 8,16–23; 8,27– 29; 10,6–8; 10,16; 10,25 f.; 10,38; 11,6 f.; 12,5 f.; 12,15; 12,28; 12,36 f.; 13,10–15; 14,15; 15,8–16; 15,21–24; 15,34. Zurückhaltend gegenüber der vermeintlich hasmonäerkritischen Haltung D. R. Schwartz, 2 Maccabees und R. Doran, 2 Maccabees. A Critical Commentary (Hermeneia), Minneapolis, MN 2012. S. Honigman, Tales of High Priests and Taxes. The Books of the Maccabees and the Judean Rebellion against Antiochos IV., Berkeley, CA 2014, 65–94 klassifiziert das Buch nun dezidiert als „dynastic history“. 10 S. Schwartz, A Note on the Social Type and Political Ideology of the Hasmonean Family, JBL 112 (1993) 305–309; B. Nongbri, The Motivations of the Maccabees and Judean Rhetoric of Ancestral Traditions, in: C. Bakhos (Hg.), Ancient Judaism in its Hellenistic Context (JSJS 95), Leiden/Boston, MA 2005, 85–113; C. Seeman, Rome and Judea in Transition. Hasmonean
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Da das zweite Makkabäerbuch für die Oniaden viel über innerfamiliäre Konflikte zu berichten weiß und nach Josephus auch bei den späteren Hasmonäern innerfamiliäre Machtkämpfe an der Tagesordnung waren, würde man an sich auch bei den frühen Hasmonäern innerfamiliäre Konflikte erwarten. Liest man die Makkabäerbücher in dieser Hinsicht gegen den Strich, ergeben sich tatsächlich sowohl immanent als auch in der Gegenüberstellung immer wieder Brüche und Inkonsistenzen in der Darstellung der Familie. Daher wird im Folgenden an diesen Brüchen angesetzt und systematisch der Frage nachgegangen, ob es sich bei der Hervorhebung bzw. Ausblendung der Hasmonäerfamilie in den Makkabäerbüchern nicht eigentlich um komplementäre Strategien zur Verdeckung und Glättung innerfamiliärer Konflikte handelt.
1. Beginnt man mit dem ersten Makkabäerbuch und dem ersten Auftreten der Hasmonäer, muss man nach Brüchen und Inkonsistenzen in der Tat nicht lange suchen. Wie gesagt berichtet das Buch nur recht kurz über die religiöse Krise, bereits der Beginn des zweiten Kapitels ist dem Auftreten des Mattathias und der Vorstellung seiner Söhne gewidmet: „In jenen Tagen trat Mattathias auf, Sohn von Johannes, dem Sohn Simeons, ein Priester aus der Linie Joaribs aus Jerusalem, und ließ sich in Modein nieder. Er hatte fünf Söhne: Johannes genannt Gaddi; Simon genannt Thassi; Judas genannt Makkabaios; Eleazar genannt Auaran; Jonathan genannt Apphus.“11
Nach welchem Kriterium die Anordnung der fünf Söhne vorgenommen ist, sagt der Text nicht. In der Forschung ist aber zumeist angenommen worden, dass die Brüder nach ihrem Alter vom Ältesten zum Jüngsten aufgeführt werden.12 Da Brüderlisten in älteren Bibeltexten in der Regel mit dem Erstgeborenen beginnen und für eine andere Anordnung kein Indiz vorliegt, ist diese Deutung tatsächlich alternativlos.13 Liest man die Vorstellung der Brüder dementsprechend als Relations with the Roman Republic and the Evolution of the High Priesthood, New York, NY 2013. 11 1 Makk 2,1–5: ᾿Εν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις ἀνέστη Ματταθίας ᾿Ιωάννου τοῦ Συμεων, ἱερεὺς τῶν υἱῶν
Ιωαριβ ἀπὸ Ιερουσαλημ καὶ ἐκάθισεν ἐν Μωδεϊν. καὶ αὐτῷ υἱοὶ πέντε, ᾿Ιωάννης ὁ ἐπικαλούμενος Γαδδι, Σίμων ὁ καλούμενος Θασσι, ᾿Ιούδας ὁ καλούμενος Μακκαβαῖος, Ελεαζαρ ὁ καλούμενος Αυαραν, Ιωνάθης ὁ καλούμενος Απφους.
12 Vgl. etwa J. Sievers, Hasmoneans, 74 Anm. 3; J. C. VanderKam, From Joshua to Caiaphas. High Priests after the Exile, Minneapolis, MN 2004, 270 f.; B. E. Scolnic, Blood, 160. 13 B. Hensel, Die Vertauschung des Erstgeburtssegens in der Genesis. Eine Analyse der narrativ-theologischen Grundstruktur des ersten Buches der Tora (BZAW 423), Berlin/New York, NY 2011, 33: „In der Regel ist auch der Erstgenannte in einer Reihe der Erstgeborene, auch wenn er mit diesem Begriff nicht eigens hervorgehoben wird.“ Eine gewisse Parallele zur Anordnung nach Alter kann man im Bericht über die Martyrien der Mutter und ihrer sieben
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Staffelung nach dem Alter, wird umgehend eine Bruchlinie sichtbar: Judas war als erster Nachfolger des Mattathias gegen jede Erwartung jünger als Johannes und Simon.14 Wie ist es also zu dieser merkwürdigen Sukzession gekommen? Der folgende Bericht über Mattathias und den Beginn der Erhebung gehört dann zu den literarisch am stärksten ausgestalteten Passagen des gesamten ersten Makkabäerbuches. Als seleukidische Soldaten nach Modein kommen, um die vom König geforderten Opfer zu erzwingen, entbrennt Mattathias in religiösem Eifer, greift zur Waffe und erschlägt einen opferwilligen Judäer sowie den Anführer der Seleukiden.15 Der Text selbst parallelisiert Mattathias und seinen Widerstandsakt mit der Eifertat des Priesters Pinchas im Buch Numeri, und in der Tat ist der ganze Passus nach diesem Vorbild modelliert.16 Da Pinchas für seinen Eifer das ewige Priestertum erhalten haben soll, dient diese Angleichung des Mattathias offensichtlich der Rechtfertigung der späteren Hohenpriesterschaft der Hasmonäer.17 Zudem werden die übrigen Ereignisse unter Mattathias nur ganz allgemein berichtet und dienen vor allem als Stichwortgeber für programmatische Reden, in denen Mattathias den Kampf gegen die Seleukiden als bellum iustum begründet: Jerusalem und der Tempel sind von Antiochos IV. geschändet worden, das Halten zum Gesetz bedeute nun Kampf gegen den König, und dieser müsse zur Selbstverteidigung auch am Sabbat erlaubt sein.18 Schließlich läuft der gesamte Abschnitt auf die lange Abschiedsrede des Mattathias kurz vor seinem Tod zu, die ganz im Stil biblischer Partriarchenreden gehalten ist und den hasmonäischen Widerstand in die biblische Tradition einordnet. Gegen Ende dieser Rede wird dann auch die Nachfolge geregelt: „Da ist euer Bruder Simeon, ich weiß, daß er ein kluger Mann ist; hört auf ihn alle Tage, er sei euch ein Vater. Und Judas Makkabaios ist stark von Jugend an, er soll der Führer des Heeres sein und den Krieg der Aufgebote führen.“19
Auch dieser Passus ist offensichtlich aus der Perspektive der späteren Herrschaft der Hasmonäer entworfen, da Simon als Begründer der Hasmonäerdynastie Söhne sehen, der sich im zweiten Makkabäerbuch ziemlich exakt anstelle des Mattathiasberichts findet: Als die Söhne der Reihe nach zu Tode gefoltert werden, wird vom letzten gesagt, dass er der jüngste war (2 Makk 7,24). Zur Theorie von Goldstein, der Martyrienbericht reagiere sogar kritisch auf die Hasmonäerfamilie, s. u. Anm. 32. 14 Josephus scheint diesen Punkt ebenfalls als irritierend empfunden zu haben und erklärt Judas im Bellum kurzerhand zum ältesten Sohn des Mattathias (bell. Iud. 1,37). In den Antiquitates hat er dann auf das erste Makkabäerbuch zurückgegriffen und die Genealogie des Mattathias erweitert, die Anordnung der Brüder aber übernommen (ant. Iud. 12,265 f.). 15 1 Makk 2,15–28. 16 Num 25; 1 Makk 2,26. 17 1 Makk 2,54. 18 1 Makk 2,7–13; 2,27; 2,41. 19 1 Makk 2,65 f.: καὶ ἰδοὺ Συμεων ὁ ἀδελφὸς ὑμῶν, οἶδα ὅτι ἀνὴρ βουλῆς ἐστιν· αὐτοῦ ἀκούετε πάσας
τὰς ἡμέρας, αὐτὸς ὑμῖν ἔσται εἰς πατέρα. καὶ ᾿Ιούδας Μακκαβαῖος ἰσχυρὸς δυνάμει ἐκ νεότητος αὐτοῦ, αὐτὸς ἔσται ὑμῖν ἄρχων στρατιᾶς καὶ πολεμήσει πόλεμον λαῶν.
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prominent an erster Stelle genannt wird. Überdies bestätigt sich der Eindruck der ersten Vorstellung der Hasmonäerbrüder, dass Simon älter ist als Judas. Denn nach Mattathias soll er nun der neue Vater der Familie sein, der seit seiner Jugend starke Judas hingegen die Führung von Heer und Kampf übernehmen. Da Väter in älteren biblischen Texten häufig die Nachfolge gegen das Recht des Erstgeborenen regeln, kann man diesen Passus als nachgeschobene Erklärung lesen, warum zunächst Judas die Führung der Hasmonäer übernahm und nicht Johannes oder gleich Simon.20 Für ein historisch-kritisches Modell ist mit der Erklärung des ersten Makkabäerbuches allerdings noch nichts gewonnen. Denn wegen seiner stark literarischen Form und seiner legitimatorischen Ausrichtung ist der Mattathiasbericht in der Forschung immer wieder für eine retrospektive Fiktion und ein Stück hasmonäische Rechtfertigungsliteratur gehalten worden.21 Das heißt natürlich nicht, dass es Mattathias nicht gegeben hat oder dass er nicht der Vater der Hasmonäerbrüder war.22 Aber das über ihn Berichtete und vor allem die Aussagen in seinen Reden kann man kaum für die Rekonstruktion der Anfänge der Erhebung in Anschlag bringen, so dass in historischer Perspektive weiter offen bleibt, warum zuerst Judas die Führung der Hasmonäer übernahm. An diesem Punkt kann man sinnvoll auch das zweite Makkabäerbuch miteinbeziehen. Da sich der Mattathiasbericht im ersten Makkabäerbuch bei kritischer Betrachtung als hochproblematisch erweist, gewinnt der direkte und ganz unspektakuläre Beginn der Erhebung unter Judas im zweiten Makkabäerbuch deutlich an historischer Plausibilität. Judas tritt dort erstmals explizit im Jahr 168 v. Chr. auf, als die Seleukiden die nach dem sechsten syrischen Krieg ausgebrochenen Unruhen in Jerusalem niederschlagen: „Judas der Makkabäer zog sich aber mit neun Gefährten in die Wüste zurück; wie die wilden Tiere lebte er mit ihnen in den Bergen, und sie aßen die ganze Zeit nur Kräuter, um sich nicht an der Verunreinigung zu beteiligen.“23 20 F. E. Greenspahn, When Brothers Dwell Together. The Preeminence of Younger Siblings in the Hebrew Bible, Oxford 1994 hat der Vorrangstellung von jüngeren Brüdern in der Bibel eine gründliche Studie gewidmet: Demnach gingen derartige Regelungen weder auf alte Traditionen noch auf Kritik gegenwärtiger Praktiken oder der Primogenitur zurück, sondern reflektierten die Freiheit von Vätern bei der Benennung ihrer Nachfolger. Josephus hat die Rede des Mattathias in den Antiquitates zum Teil abgewandelt und lässt ihn direkt vor der Nachfolgeregelung noch eine zusätzliche Ermahnung zur Einigkeit an seine Söhne sprechen (ant. Iud. 12,283):
μάλιστα δ᾽ ὑμῖν ὁμονοεῖν παραινῶ καὶ πρὸς ὅ τις ὑμῶν πέφυκεν ἀμείνων θατέρου πρὸς τοῦτ᾽ εἴκοντας ἀλλήλοις οἰκείαις χρῆσθαι ταῖς ἀρεταῖς.
21 B. Niese, Kritik der beiden Makkabäerbücher nebst Beiträgen zur makkabäischen Erhebung, Hermes 35 (1900) 268–307.453–527, hier 456–459; O. Keel, 1 Makk 2 – Rechtfertigung, Programm und Denkmal für die Erhebung der Hasmonäer. Eine Skizze, in: O. Keel / U. Straub (Hg.), Hellenismus und Judentum. Vier Studien zu Daniel 7 und zur Religionsnot unter Antiochus IV. (OBO 178), Göttingen 2000, 123–135. 22 1 Makk 14,29 wird Mattathias auch im Ehrendekret für Simon genannt. 23 2 Makk 5,27: ᾿Ιούδας δὲ ὁ Μακκαβαῖος δέκατός που γενηθεὶς καὶ ἀναχωρήσας εἰς τὴν ἔρημον, θηρίων
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Nach dieser Darstellung zog sich Judas also aus Jerusalem zurück, da er sich vor religiöser Verunreinigung gefürchtet habe. Folgt man dem Bericht des zweiten Makkabäerbuches allerdings weiter, dann haben die Eingriffe Antiochos’ IV. in die religiösen Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht stattgefunden; erst im folgenden Kapitel werden diese ausführlich berichtet.24 Der Rückzug des Judas aus Jerusalem muss den Darstellungsinteressen des zweiten Makkabäerbuches also entgegengestanden haben und wird durch eine Vorwegnahme der späteren Entwicklungen wegargumentiert. Da die Information aber nicht einfach unterdrückt wird, ist sie historisch ernst zu nehmen und liefert einen wichtigen Ansatzpunkt für die Rekonstruktion des Erhebungsbeginns: Judas war eigentlich schon vor den Maßnahmen Antiochos’ IV. in Jerusalem aktiv und musste dann die Stadt verlassen. Bezeichnenderweise ist dabei auch mit keinem Wort von den Hasmonäerbrüdern die Rede, zunächst zog sich Judas lediglich mit neun Gefährten in die Wüste zurück, von denen man ansonsten aber nichts Genaueres erfährt. Erst nach den Eingriffen Antiochos’ IV. in die religiösen Verhältnisse berichtet das zweite Makkabäerbuch davon, dass Judas und seine Gefährten ihre Verwandten um sich scharten.25 In einer kritischen Perspektive lassen sich die Informationen der Makkabäerbücher plausibel zu folgendem historischen Modell verknüpfen: Judas war in die Auseinandersetzungen in Jerusalem schon vor den Maßnahmen Antiochos’ IV. verstrickt und schrieb sich erst in deren Folge die Rettung der Religion auf die Fahnen. Auch wenn er nicht der älteste der Hasmonäerbrüder war, hat er die Initiative ergriffen und wurde daher konsequenterweise auch zum ersten Anführer der Erhebung. Im ersten Makkabäerbuch ist der Beginn der Erhebung dann durch die literarische Konstruktion des Mattathiasberichts um eine Generation zurückverschoben und programmatisch von „Mattathias und seinen Söhnen“ die Rede.26 Dadurch standen zunächst alle Hasmonäerbrüder und der spätere Dynastiebegründer Simon gleichberechtigt nebeneinander, und es ließ sich zugleich erklären, warum Simon die Erhebung nicht von Anfang an führte. Das zweite Makkabäerbuch ist hingegen redlich darum bemüht, die Verstrickungen des Judas in die Unruhen in Jerusalem vor den religiösen Maßnahmen Antiochos’ IV. zu verschleiern.27 τρόπον ἐν τοῖς ὄρεσι διέζη σὺν τοῖς μετ᾿ αὐτοῦ, καὶ τὴν χορτώδη τροφὴν σιτούμενοι διετέλουν πρὸς τὸ μὴ μετασχεῖν τοῦ μολυσμοῦ (Text nach F.-M. Abel, Maccabées, 356 und C. Habicht, 2. Makkabäerbuch, 228). 24 2 Makk 6,1 ff. 25 2 Makk 8,1: ᾿Ιούδας δὲ ὁ Μακκαβαῖος καὶ οἱ σὺν αὐτῷ παρεισπορευόμενοι λεληθότως εἰς τὰς κώμας
προσεκαλοῦντο τοὺς συγγενεῖς καὶ τοὺς μεμενηκότας ἐν τῷ ᾿Ιουδαϊσμῷ προσλαμβανόμενοι συνήγαγον εἰς ἑξακισχιλίους. 26 Die Formel Ματταθίας καὶ οἱ υἱοὶ αὐτοῦ erscheint 1 Makk 2,14; 2,16 und wird 2,17 f.; 2,20; 2,28 sachlich vorausgesetzt; 1 Makk 2,39 und 45 ist im weiteren Sinne von Ματταθίας καὶ οἱ φίλοι αὐτοῦ die Rede. 27 Vgl.
zu dieser Rekonstruktion ausführlicher J. C. Bernhardt, Jüdische Revolution.
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Mit diesem historischen Modell des Beginns der Erhebung sind die Beziehungen der Brüder zueinander natürlich noch nicht geklärt. Es bleibt weiter zu fragen, ob die Führung des Judas von den älteren Brüdern Johannes und Simon akzeptiert wurde. Und ganz besonders spitzt sich diese Problematik mit Blick auf Jonathan zu, der in der Abschiedsrede des Mattathias und der Nachfolgeregelung vollständig übergangen wird, obwohl er als eigentlich jüngster der Brüder der Nachfolger des Judas werden sollte.28
2. Wendet man sich in dieser Hinsicht den Berichten über die Kämpfe des Judas gegen die Seleukiden zu, lassen sich tatsächlich weitere Brüche und Inkonsistenzen ausmachen. Für den Zeitraum von den Religionseingriffen 168 v. Chr. bis zur Eroberung Jerusalems und der Neuweihung des Tempels 164 v. Chr. erscheint der Bericht des ersten Makkabäerbuches zunächst geschlossen: Judas agiert als entscheidender Anführer der Erhebung, die Unterstützung durch seine Brüder wird aber von Anfang an betont und durch die Formel von „Judas und seinen Brüdern“ immer wieder unterstrichen.29 Nimmt man das erste Makkabäerbuch aber selbst beim Wort, ist sehr auffällig, dass Simon an keiner Stelle namentlich erwähnt wird.30 Mattathias hatte ihn ja erst kurz zuvor besonders hervorgehoben und wegen seiner Klugheit zum neuen Vater der Hasmonäer ernannt. In der Erzähllogik des Buches würde man dann an sich erwarten, dass Simon als Oberhaupt der Familie oder zumindest als Ratgeber häufiger in Erscheinung tritt. Und spätestens bei der Neuweihung des Tempels hätte er eigentlich eine zentrale Rolle spielen müssen. Glücklicherweise öffnet gerade in diesem Punkt das zweite Makkabäerbuch einen tieferen Einblick. Obwohl es Judas als alleinigen Anführer der Erhebung darstellt, überliefert es im Zusammenhang mit den ersten Kämpfen die einzige ausführlichere Nachricht über seine Brüder. So hält Judas kurz vor der Schlacht von Emmaus im Jahr 165 v. Chr. eine Rede, in deren Anschluss es dann heißt: „Mit diesen Worten ermutigte er sie und machte sie bereit, für die Gesetze und das Vaterland zu sterben, und er teilte das Heer in vier Abteilungen auf. Er setzte seine Brüder Simon, Joseph und Jonathan als Anführer von je einer Abteilung ein, wies jeder Abteilung 28 B. E. Scolnic, Blood, 147 f. zählt vermeintliche Anspielungen auf Jonathan in der Abschiedsrede des Mattathias auf, seine namentliche Ausblendung kann er dadurch aber nicht relativieren. 29 1 Makk 3,2; 3,25; 3,42; 4,36; 4,59. Zur Chronologie J. C. Bernhardt, Jüdische Revolution. 30 Josephus scheint bei seiner Paraphrase des ersten Makkabäerbuches in den Antiquitates bereits auf diese Widersprüchlichkeit reagiert zu haben: Zu Beginn betont er zwar die Unterstützung des Judas durch seine Brüder (ant. Iud. 12,286), bis zur Neuweihung des Tempels blendet er die Formel von „Judas und seinen Brüdern“ aber aus und lässt Judas weitgehend alleine agieren (ant. Iud. 12,292 f.; 12,300; 12,316; 12,323 f.).
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1500 Mann zu, auch noch Eleazar, und als er im heiligen Buch gelesen und die Losung ‚Gottes Hilfe‘ ausgegeben hatte, führte er selbst die erste Abteilung und warf sich Nikanor entgegen.“31
Einleitend war schon kurz davon die Rede, dass die Namen der Hasmonäerbrüder im zweiten Makkabäerbuch durcheinander geraten sind – und zwar genau an dieser Stelle. Zunächst fehlt der älteste Bruder Johannes und erscheint stattdessen ein sonst nirgends erwähnter Bruder namens Joseph. In der Forschung ist zwar erwogen worden, diesen Joseph tatsächlich als weiteren Bruder des Judas zu zählen.32 Da man dann aber annehmen müsste, dass die bereits diskutierte Brüderliste im ersten und viel stärker auf die Hasmonäerfamilie fokussierten Makkabäerbuch unvollständig oder sogar fehlerhaft ist, ein wenig wahrscheinliches Szenario.33 Erheblich plausibler ist der häufig eingebrachte Vorschlag, in Joseph einen später auch im ersten Makkabäerbuch erwähnten Gefolgsmann der Hasmonäer zu sehen, den Judas bereits hier zum Anführer einer Abteilung des Heeres ernennt und der dann in der Tradierung fälschlich zu den Brüdern des Judas gezählt worden ist.34 Tatsächlich kann man sogar argumentieren, dass bei der Einsetzung der Abteilungsführer des Heeres ursprünglich gar nicht von den Brüdern die Rede war. Denn zum einen ist die Nennung des jüngsten Hasmonäerbruders Eleazar in der zitierten Passage auffällig nachgestellt, so dass man sie immer wieder für eine später eingefügte Glosse gehalten hat.35 Und zum anderen berichtet die Passage von der Einteilung des Heeres in vier Abteilungen und der Führung der ersten Abteilung durch Judas selbst, so dass eigentlich nur die zuerst genannten Simon, Joseph und Jonathan als Anführer der übrigen drei Abteilungen in Frage
31 2 Makk 8,21–23: ἐφ᾿ οἷς εὐθαρσεῖς αὐτοὺς παραστήσας καὶ ἑτοίμους ὑπὲρ τῶν νόμων καὶ τῆς πατρίδος ἀποθνήσκειν τετραμερές τι τὸ στράτευμα ἐποίησεν. τάξας καὶ τοὺς ἀδελφοὺς αὐτοῦ προηγουμένους ἑκατέρας τάξεως, Σίμωνα καὶ ᾿Ιώσηπον καὶ Ιωναθαν, ὑποτάξας ἑκάστῳ χιλίους πρὸς τοῖς πεντακοσίοις, ἔτι δὲ καὶ ᾿Ελεάζαρον, παραγνοὺς τὴν ἱερὰν βίβλον καὶ δοὺς σύνθημα θεοῦ βοηθείας τῆς πρώτης σπείρης αὐτὸς προηγούμενος, συνέβαλε τῷ Νικάνορι. Die Aufteilung des Heeres wird auch 1 Makk 3,55 und Ios.
ant. Iud. 12,301 berichtet, allerdings ohne namentliche Nennung der Abteilungsführer. 32 T. Ilan, Lexicon of Jewish Names in Late Antiquity. Part I: Palestine 330 BCE – 200 CE (TSAJ 91), Tübingen 2002, 6 f.; R. Doran, 2 Maccabees, 177. J. A. Goldstein, II Maccabees, 289–317, bes. 299 f. ist noch weiter gegangen und hat nicht nur Joseph als Hasmonäerbruder identifiziert, sondern auch für die Nennung Eleazars die Variante der lateinischen Manuskripte „Ezra“ bevorzugt, so dass eigentlich von sieben Hasmonäerbrüdern auszugehen sei; im hasmonäerkritischen zweiten Makkabäerbuch sei dann die Martyriengeschichte der Mutter und ihrer sieben Söhne als kritischer Gegenentwurf zum Kampf des Mattathias und seiner Söhne zu sehen. Diese Hypothese ist aber zu voraussetzungsreich und mit der hier vertretenen Beurteilung des zweiten Makkabäerbuches nicht vereinbar. Vgl. ferner die Diskussion bei B. E. Scolnic, Blood, 149–154. 33 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 339 f. 34 1 Makk 5,18 f.; 5,55–62. 35 C. Habicht, 2. Makkabäerbuch, 241; R. Doran, 2 Maccabees, 177.
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kommen.36 Insgesamt kann man sich ja leicht vorstellen, dass spätere Abschreiber die zitierte Passage wegen der Nennung von Simon und Jonathan für eine Liste der Brüder hielten, analog zum ersten Makkabäerbuch Eleazar als fünften Bruder ergänzten und dann zu Beginn der Aufzählung auch die Benennung der Heerführer als Brüder einfügten.37 Da der Bericht jenseits dieser Probleme aber recht sachlich gehalten ist und keine erkennbare Agenda verfolgt, spricht in einer quellenkritischen Perspektive nichts dagegen, dass Judas seine Brüder Simon und Jonathan sowie den aus einer anderen Familie stammenden Joseph tatsächlich zu Anführern von Abteilungen des Heeres ernannte. Übersetzt man diese Beobachtungen zu den Makkabäerbüchern in ein historisches Modell, scheint Judas’ Führungsanspruch zunächst also nicht zur Debatte gestanden zu haben. Im Gegensatz zur Darstellung des ersten Makkabäerbuches war die Erhebung aber kein einträchtiges Familienunternehmen, da Judas mit Joseph einen nicht zur Hasmonäerfamilie gehörenden Heerführer einsetzte. Vor allem zeigen sich aber auch zwischen den Brüdern erneut Bruchlinien: Johannes als der älteste der Brüder erhielt kein Kommando, während Jonathan als zweitjüngster bereits in die Heeresführung miteinbezogen wurde; und hatte Simon bis zu diesem Zeitpunkt keine besondere Rolle in der Erhebung gespielt, scheint er tatsächlich erst im Verlauf der Kämpfe an der militärischen Führung beteiligt worden zu sein. Zusammengenommen kann man sich schon hier kaum des Verdachts erwehren, in Judas’ Heeresordnung das Ergebnis von Auseinandersetzungen und Kompromissen mit seinem Gefolge und seinen Brüdern zu sehen. Dieser Verdacht gewinnt weiter an Kontur, wenn man auch die Zeit nach der Neuweihung des Tempels 164 v. Chr. in den Blick nimmt. Nachdem Judas’ Siege über mehrere seleukidische Strafexpeditionen den Druck auf Judäa gemildert hatten, berichten beide Makkabäerbücher von Übergriffen auf Judäer in den Nachbarregionen Judäas. Judas brach daher 164/3 v. Chr. zu einer Reihe von Nachbarfeldzügen auf. Im zweiten Makkabäerbuch erscheint Judas auf diesen Feldzügen als der alleinige Anführer. Als er auf seinem ersten Feldzug nach Idumäa mehrere Festungen erfolgreich bestürmt hat und nur noch zwei Festungen standhalten, findet sich lediglich ein kurzer Seitenblick auf Simon: „Der Makkabäer selbst zog zu dringenden Angelegenheiten andernorts, ließ aber Simon und Joseph, dazu noch Zakchaios und seine Anhänger zurück, die für die Belagerung ausreichten. Die Anhänger Simons liebten aber das Silber, ließen sich von einigen in den Türmen mit Silber überzeugen und nach Erhalt von 70.000 Drachmen einige entkommen.“38
36 J. Wellhausen, Über den geschichtlichen Wert des zweiten Makkabäerbuches im Vergleich zum ersten, NGG (1905) 117–163, hier 133 Anm. 3. 37 Vgl. zum Ganzen D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 340 f. 38 2 Makk 10,19 f.: ὁ Μακκαβαῖος εἰς ἐπείγοντας τόπους ἀπολιπὼν Σίμωνα καὶ ᾿Ιώσηπον, ἔτι δὲ καὶ
Ζακχαῖον καὶ τοὺς σὺν αὐτῷ ἱκανοὺς πρὸς τὴν τούτων πολιορκίαν αὐτὸς ἐχωρίσθη. οἱ δὲ περὶ τὸν Σίμωνα
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Zunächst erscheint Simon hier in Übereinstimmung mit der bisherigen Rekonstruktion als Abteilungsführer des hasmonäischen Aufgebots. Auch bei dem neben Simon genannten Joseph handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um den schon eingeführten Abteilungsführer und bei Zacharias wahrscheinlich schlicht um dessen Vater.39 Da die Belagerung dann an Bestechungsproblemen gescheitert sein soll, hat man den zitierten Passus oftmals als weiteren Beleg für die kritische Haltung des zweiten Makkabäerbuches gegenüber Simon und der Hasmonäerfamilie angeführt.40 Da die Bestechlichkeit aber nur den Truppen und nicht Simon unterstellt wird, geht diese Sicht deutlich zu weit.41 Bei richtiger Nuancierung des Befundes kann man aber doch sagen, dass das zweite Makkabäerbuch in der Darstellung der Hasmonäerfamilie weniger Aufwand betreibt als das erste und daher bei den Aktionen Simons auch offener problematische Punkte ansprechen kann. Gemäß der prohasmonäischen Tendenz des Buches ahndet Judas die Bestechungsaffäre schließlich hart und erweist sich somit erneut als der eigentliche Held der Darstellung.42 Das erste Makkabäerbuch weiß dann erheblich mehr zu berichten. Nachdem Judas den Feldzug nach Idumäa auch dort alleine geführt hat, treffen Hilferufe der Judäer aus Gilead und Galiläa ein.43 Die Brüder teilen sich daher auf und führen parallel zwei Feldzüge: Judas zieht gemeinsam mit Jonathan nach Gilead, während Simon alleine nach Galiläa aufbricht.44 Eingeleitet und begründet wird dieses Vorgehen mit einer Rede des Judas: „Und Judas sagte zu Simon, seinem Bruder: Wähle dir Männer aus, ziehe los und rette deine Brüder in Galiläa; ich aber und mein Bruder Jonathan werden nach Gilead ziehen.“45
Diese Entwicklung ist im Kontext des ersten Makkabäerbuches überraschend. War erst wenige Zeilen zuvor mit der Formulierung von „Judas und seinen Brüdern“ noch einmal das gemeinsame Handeln hervorgehoben worden, spielen bei φιλαργυρήσαντες ὑπό τινων τῶν ἐν τοῖς πύργοις ἐπείσθησαν ἀργυρίῳ, ἑπτάκις δὲ μυρίας δραχμὰς λαβόντες εἴασάν τινας διαρρυῆναι.
39 F.-M. Abel, Maccabées, 411: „Pour Joseph voir aussi l Macc. 5, 55 et 60 dont le père, Zacharie, peut être identique à notre Zachée, car Ζακχαῖος est une abréviation de Ζαχαρίας.“ D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 383 hält auch eine Verselbständigung von Josephs Patronym für möglich, bis zur vorliegenden Formulierung im zweiten Makkabäerbuch ist es aber noch ein ziemlich weiter Weg. R. Doran, 2 Maccabees, 208 weist zwar zu Recht darauf hin, man müsse nicht jeden Namen im zweiten Makkabäerbuch an Nennungen im ersten Makkabäerbuch zurückbinden, im hiesigen Fall ist der Zusammenhang aber mehr als naheliegend. 40 A. Geiger, Urschrift, 219 f.; C. Habicht, 2. Makkabäerbuch, 252; J. A. Goldstein, II Maccabees, 390. 41 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 384. 42 2 Makk 10,21 f. 43 1 Makk 5,1–20. 44 Galiläafeldzug: 1 Makk 5,21–23; Gileadfeldzug: 1 Makk 5,24–54. 45 1 Makk 5,17: καὶ εἶπεν ᾿Ιούδας Σίμωνι τῷ ἀδελφῷ αὐτοῦ· ἐπίλεξον σεαυτῷ ἄνδρας καὶ πορεύου
καὶ ρῦσαι τοὺς ἀδελφούς σου τοὺς ἐν τῇ Γαλιλαίᾳ· ἐγὼ δὲ καὶ Ιωναθαν ὁ ἀδελφός μου πορευσόμεθα εἰς τὴν Γαλααδῖτιν.
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den weiteren Feldzügen neben Judas nur noch Simon und Jonathan eine Rolle; von den Brüdern Johannes und Eleazar ist im Bericht über die Feldzüge hingegen nichts zu hören. Vor dem Hintergrund der Abschiedsrede des Mattathias könnte man zwar annehmen, dass Simon nun mit einem eigenen Feldzug nach Galiläa besonders hervorgehoben werden soll.46 Für diese Lesart ist die Darstellung von Simons Feldzug aber zu unspektakulär und bei näherer Betrachtung auch zu brüchig: Denn Simon bestimmt als vermeintlicher Vater der Hasmonäer nicht selbst sein Vorgehen, sondern erhält von Judas den Auftrag zum alleinigen Auszug; und war Jonathan in der Nachfolgeregelung des Mattathias gänzlich übergangen worden, zieht er nun gemeinsam mit Judas aus. In dieser Hinsicht ist schließlich auch die Formulierung der zitierten Rede sehr auffällig: Dort spricht Judas gegenüber Simon nicht von unserem, sondern von seinem Bruder Jonathan. Das erste Makkabäerbuch scheint hier entgegen seinen Darstellungsabsichten eigentlich von zwei Lagern auszugehen: Auf der einen Seite Judas und sein jüngerer Bruder Jonathan, auf der anderen der ältere Simon.47 In einer historischen Perspektive lassen sich die Makkabäerbücher also dahingehend zur Deckung bringen, dass Simon eine zunehmend wichtigere Rolle in der Erhebung spielte. Sind die Informationen des ausführlicheren Berichts im ersten Makkabäerbuch schon wegen der Aussagewidersprüche grundsätzlich glaubwürdig, decken sich die Angaben auch mit der bisherigen Rekonstruktion, dass Judas im Verlauf der Kämpfe nur seine Brüder Simon und Jonathan an der Heeresführung beteiligte. Deutete schon diese Beteiligung an der Heeresführung auf Auseinandersetzungen und Kompromisse hin, kann man nun weiter präzisieren: Während Judas mit seinem jüngeren Bruder Jonathan kooperierte, muss der eigentliche Unruheherd Simon gewesen sein. Er strebte nicht nur eine Führungsrolle an, sondern konnte bei seinem Galiäafeldzug auch erstmals eine eigenständige Position einnehmen und seine Anhängerschaft weiter ausbauen.48 Diese Entwicklung setzt sich in den Jahren bis zum Tod des Judas 160 v. Chr. fort. Zunächst konnten die Seleukiden die Eskalationen in Judäa und Umgebung nicht einfach hinnehmen. Als alle Versuche einer diplomatischen Einigung scheiterten und Judas sogar mit der Belagerung der seleukidischen Garnison in Jerusalem begann, marschierten Antiochos V. und Lysias 163 v. Chr. erneut in
46 J. Wellhausen, Wert, 148 f.: „Es scheint also in 1 M. 5 dem Simon eine Ehre zugeteilt zu werden, die er nicht verdient hat.“ Vgl. ferner F.-M. Abel, Maccabées, 95; J. Sievers, Hasmoneans, 55 f. 47 B. E. Scolnic, Blood, 150 hat diesen Punkt zu Recht hervorgehoben, seine Relativierungsversuche zugunsten einer einträchtigen Hasmonäerfamilie 161–164 sind aber nicht stichhaltig. Josephus hat in seinen Antiquitates die auffällige Formulierung entschärft, indem er Judas und Ἰωνάθης ὁ ἕτερος ἀδελφός ausziehen lässt (ant. Iud. 12,333). 48 1 Makk 5,21–23 führt Simon die Judäer aus Galiläa nach Judäa zurück, was sicher ein besonders enges Bindungsverhältnis zur Folge hatte.
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Judäa ein.49 Das zweite Makkabäerbuch berichtet dann zwar von einem Sieg des Judas über die Seleukiden, muss für seine Darstellung aber erneut spätere Ereignisse vorwegnehmen.50 Daher ist sicher dem ersten Makkabäerbuch der Vorzug zu geben, das die Schlacht bei Beth-Zacharia nicht nur ausführlicher berichtet, sondern auch die Niederlage des Judas offen eingesteht.51 Im Kontext dieser Schlacht tritt dann das einzige Mal der zweitjüngste der Hasmonäerbrüder Eleazar in Erscheinung: „Und Eleazar Auaran sah eines der Tiere, das einen königlichen Panzer trug und alle Tiere überragte, und daher glaubte er, daß der König auf ihm sitze. Und er gab sein Leben hin, um sein Volk zu retten und sich für alle Zeiten einen Namen zu machen. Mutig lief er mitten in die Schlachtreihe hinein auf das Tier zu und tötete zu seiner Rechten und seiner Linken, und auf beiden Seiten wich man vor ihm zurück. Und er stellte sich unter den Elefanten, durchbohrte und tötete ihn, und der Elefant fiel auf die Erde und über ihn, und so fand er dort den Tod. Als sie aber die Macht des königlichen Aufgebots und den heftigen Angriff der Truppen sahen, zogen sie sich vor ihnen zurück.“52
Diese literarisch stark gestaltete Episode ist in mehrerlei Hinsicht aufschlussreich. So erscheint Eleazar ganz in Übereinstimmung mit der bisherigen Rekonstruktion nicht als Abteilungsführer des Heeres, sondern schlicht als Einzelkämpfer. Da die Hasmonäer durch die Niederlage bei Beth-Zacharia einen schweren Rückschlag erlitten und die Seleukiden in der Folge erneut Jerusalem einnehmen konnten, dient die Inszenierung von Eleazars Heldentod aber vor allem der Herausstellung der hasmonäischen Kampfbereitschaft bis in den Tod sowie der Rechtfertigung von Judas’ Rückzug. Und bezeichnenderweise setzt das erste Makkabäerbuch damit gerade jenem der Hasmonäerbrüder ein Denkmal, der in Fragen der Nachfolge nie irgendeine Rolle spielte.53 Mit Blick auf Simon ist vor allem die Entsendung des seleukidischen Kommandanten Nikanor 161 v. Chr. aufschlussreich. Grundsätzlich stimmen die Makkabäerbücher darin überein, dass Nikanor zunächst mit einem Friedensangebot nach Judäa kam, Judas schließlich aber doch gegen ihn antrat und bei Adasa seinen letzten Sieg über die Seleukiden davontrug.54 In den Abläufen und 49 Zum diplomatischen Verkehr 2 Makk 11; zur Belagerung der Akra 1 Makk 6,19 f.; zur Rekonstruktion der chronologischen Zusammenhänge J. C. Bernhardt, Jüdische Revolution. 50 2 Makk 13. 51 1 Makk 6,18–51. 52 1 Makk 6,43–47: καὶ εἶδεν ᾿Ελεάζαρος Αυαραν ἓν τῶν θηρίων τεθωρακισμένον θώραξι βασιλικοῖς,
καὶ ἦν ὑπεράγον πάντα τὰ θηρία, καὶ ᾠήθη ὅτι ἐν αὐτῷ ἐστιν ὁ βασιλεύς. καὶ ἔδωκεν ἑαυτὸν τοῦ σῶσαι τὸν λαὸν αὐτοῦ καὶ περιποιῆσαι ἑαυτῷ ὄνομα αἰώνιον. καὶ ἐπέδραμεν αὐτῷ θράσει εἰς μέσον τῆς φάλαγγος καὶ ἐθανάτου δεξιὰ καὶ εὐώνυμα, καὶ ἐσχίζοντο ἀπ’ αὐτοῦ ἔνθα καὶ ἔνθα. καὶ εἰσέδυ ὑπὸ τὸν ἐλέφαντα καὶ ὑπέθηκεν αὐτῷ καὶ ἀνεῖλεν αὐτόν, καὶ ἔπεσεν ἐπὶ τὴν γῆν ἐπάνω αὐτοῦ, καὶ ἀπέθανεν ἐκεῖ. καὶ εἶδον τὴν ἰσχὺν τῆς βασιλείας καὶ τὸ ὅρμημα τῶν δυνάμεων καὶ ἐξέκλιναν ἀπ’ αὐτῶν. 53 Im Bellum kommentiert Josephus den Heldentod Eleazars zunächst sehr negativ (bell. Iud. 1,42 ff.), schließt sich in den Antiquitates aber der Darstellung des ersten Makkabäerbuches an (ant. Iud. 12,373 f.). 54 Vgl. 1 Makk 7,26–50 und 2 Makk 14,11–15,36.
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Kausalitäten gehen die Darstellungen aber weit auseinander. So tritt Judas im ersten Makkabäerbuch alleine als Anführer auf, erkennt das Friedensangebot schnell als Hinterlist und nimmt den Kampf gegen Nikanor auf.55 Im erheblich detaillierteren Bericht des zweiten Makkabäerbuches sollen Judas und sein Gefolge hingegen vom Anmarsch des Nikanor gehört haben, und dann heißt es dort: „Auf Befehl des Führers (Judas – JCB) brachen sie von dort sogleich auf und stießen auf sie beim Dorf Dessau. Simon aber, der Bruder des Judas, war auf Nikanor getroffen und hatte wegen des plötzlichen Erscheinens der Feinde eine leichte Schlappe erlitten. Dennoch scheute sich Nikanor, der von der Tapferkeit des Judas und seiner Männer und von ihrem Mut in den Kämpfen für das Vaterland gehört hatte, die Entscheidung durch die Waffen herbeizuführen. Deshalb entsandte er Poseidonios, Theodotos und Mattathias, um einen Vertrag zu schließen. Hierüber kam es zu einer längeren Prüfung. Der Anführer machte die Menge mit den näheren Umständen vertraut, und als sich eine einstimmige Auffassung ergeben hatte, willigten sie in den Vertrag ein.“56
Quellenkritisch ist dieser Passus schwierig zu beurteilen. So soll es im Gegensatz zum ersten Makkabäerbuch zunächst zu einer friedlichen Einigung zwischen Judas und Nikanor gekommen sein. Da die negative Zeichnung Nikanors im ersten Makkabäerbuch erwartbar ist und Nikanor im zweiten Makkabäerbuch wenig später mit der Zerstörung des Tempels gedroht haben soll, steht diese friedliche Einigung im Widerspruch zu den Darstellungsinteressen beider Makkabäerbücher und ist historisch tatsächlich ernst zu nehmen.57 Vor diesem Hintergrund scheint das zweite Makkabäberuch dann einige Probleme mit der Zusatzinformation gehabt zu haben, Simon habe sich schon vor der Einigung ein Gefecht mit Nikanor geliefert: Denn zum einen wird die Schlappe Simons mit der Behauptung relativiert, er sei vom plötzlichen Erscheinen Nikanors überrascht worden;58 und zum anderen soll Nikanor nach dem siegreichen Zusammenstoß mit Simon plötzlich der Mut des Judas in den Sinn gekommen sein, so dass er auf einen Kurs friedlicher Annäherung einschwenkte. Lässt man sich von diesen gekünstelten Begründungen nicht blenden, ist die Information 55 1 Makk 7,27: καὶ ἦλθε Νικάνωρ εἰς Ιερουσαλημ δυνάμει πολλῇ, καὶ ἀπέστειλε πρὸς ᾿Ιούδαν καὶ τοὺς ἀδελφοὺς αὐτοῦ μετὰ δόλου λόγοις εἰρηνικοῖς λέγων. 56 2 Makk 14,16–20: προστάξαντος δὲ τοῦ ἡγουμένου εὐθέως ἐκεῖθεν ἀνέζευξαν καὶ συμμίσγουσιν αὐτοῖς ἐπὶ κώμην Δεσσαου. Σίμων δὲ ὁ ἀδελφὸς ᾿Ιούδα συμβεβληκὼς ἦν τῷ Νικάνορι, βραχέως δὲ διὰ τὴν αἰφνίδιον τῶν ἀντιπάλων φαντασίαν ἐπταικώς. ὅμως δὲ ἀκούων ὁ Νικάνωρ ἣν εἶχον οἱ περὶ τὸν ᾿Ιούδαν ἀνδραγαθίαν καὶ ἐν τοῖς περὶ τῆς πατρίδος ἀγῶσιν εὐψυχίαν, ὑπευλαβεῖτο τὴν κρίσιν δι’ αἱμάτων ποιήσασθαι. διόπερ ἔπεμψε Ποσιδώνιον καὶ Θεόδοτον καὶ Ματταθίαν δοῦναι καὶ λαβεῖν δεξιάς. πλείονος δὲ γενομένης περὶ τούτων ἐπισκέψεως καὶ τοῦ ἡγουμένου τοῖς πλήθεσιν ἀνακοινωσαμένου καὶ φανείσης ὁμοψήφου γνώμης ἐπένευσαν ταῖς συνθήκαις (Text und Übersetzung nach C. Habicht, 2. Mak-
kabäerbuch, 273). Vgl. zu den textkritischen Problemen dieser Passage ferner J. A. Goldstein, II Maccabees, 487 ff.; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 477 ff. und R. Doran, 2 Maccabees, 264. 57 2 Makk 14,31–34. Vgl. zur Freundschaft und zum Bruch zwischen Judas und Nikanor J. C. Bernhardt, Jüdische Revolution. 58 D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 478.
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über Simons Begegnung mit Nikanor wegen ihrer offensichtlichen Sperrigkeit aber historisch ernst zu nehmen und öffnet eigentlich einen Einblick in einen ganz anderen Zusammenhang: So scheint Simon nach den Nachbarfeldzügen nicht nur völlig unabhängig von Judas mit eigenen Truppen agiert zu haben, mit seiner Attacke auf Nikanor stellte er sich sogar offen in Opposition zur Konsolidierungspolitik seines Bruders und versuchte diese aktiv zu hintertreiben. Diese Bruchlinie tritt nach Judas’ Tod 160 v. Chr. schließlich voll zu Tage. Nachdem Judas bei Adasa seinen letzten Sieg über Nikanor errungen hatte und im Kampf gegen den seleukidischen Kommandanten Bakchides bei Elasa gefallen war, gerieten seine Anhänger unter massiven Druck durch die Seleukiden.59 In dieser schwierigen Lage weiß das erste Makkabäerbuch Folgendes zu berichten: „Und alle Freunde des Judas versammelten sich und sagten zu Jonathan: Seit dein Bruder Judas gestorben ist, ist kein ihm ebenbürtiger Mann mehr da, um gegen die Feinde, Bakchides und die Hasser unseres Volkes anzutreten. Daher wählen wir nun dich zum ersten Mann und zum Anführer unseres Kampfes.“60
Als eigentlich jüngster der noch lebenden Hasmonäerbrüder wurde Jonathan also von den Freunden (philoi) des Judas zum Nachfolger bestimmt.61 Anders gesagt: Jonathan wurde weder von der gesamten Anhängerschaft noch von seinen Brüdern zum neuen Anführer ausgerufen. Vor dem Hintergrund der Nachfolgeregelung des Mattathias würde man eigentlich ja erwarten, dass nun Simon als Vater der Hasmonäer die Nachfolge regelt. In einer historischen Perspektive setzt sich also die schon früher zu beobachtende Favorisierung Jonathans durch Judas fort, und entgegen seinen Darstellungsabsichten scheint auch das erste Makkabäerbuch erneut von Lagerbildungen unter den Brüdern auszugehen. Nach Judas’ Tod wäre der älteste der Hasmonäerbrüder eigentlich Johannes gewesen. Während sich die Makkabäerbücher bis zu diesem Zeitpunkt über Johannes ausgeschwiegen haben, tritt er nach Jonathans Übernahme der Führung bezeichnenderweise das erste und einzige Mal in Erscheinung. So berichtet das erste Makkabäerbuch, Jonathan habe ihn mit einer nicht näher definierten Menge von Leuten und viel Gepäck zu den Nabatäern entsandt, auf dem Weg sei er aber von den Söhnen Jambris überfallen und schließlich umgebracht worden.62 An dem recht kurz gehaltenen Bericht ist zunächst aufschlussreich, dass Jonathan nun auch seinen ältesten Bruder mit wichtigen Aufgaben betraute und dass somit ein ganz ähnliches Vorgehen sichtbar wird wie bei Judas’ früherer Beteiligung 59 1 Makk 60 1 Makk
9,1–27. 9,28–30: καὶ ἠθροίσθησαν πάντες οἱ φίλοι ᾿Ιούδα καὶ εἶπον τῷ ᾿Ιωνάθαν· ἀφ᾿ οὗ ὁ ἀδελφός
σου ᾿Ιούδας τετελεύτηκε, καὶ ἀνὴρ ὅμοιος αὐτῷ οὐκ ἔστιν ἐξελθεῖν πρὸς τοὺς ἐχθροὺς καὶ Βακχίδην, καὶ ἐν τοῖς ἐχθραίνουσιν τοῦ ἔθνους ἡμῶν· νῦν οὖν σε ᾑρετισάμεθα σήμερον τοῦ εἶναι ἀντ᾿ αὐτοῦ ἡμῖν εἰς ἄρχοντα καὶ ἡγούμενον τοῦ πολεμῆσαι τὸν πόλεμον ἡμῶν. 61 Josephus spricht in den Antiquitates von οἱ περιλειφθέντες τῶν ἑταίρων τῶν Ἰούδου (ant. Iud. 13,5). 62 1 Makk 9,35 f.
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Simons an der Heeresführung. Betrachtet man die Entsendung des Johannes zudem vor dem Hintergrund der angespannten Lage des Jahres 160 v. Chr., kann man sich kaum des Verdachts enthalten, dass Jonathan seinen Bruder von vornherein zu einem Himmelfahrtskommando entsandte. Das erste Makkabäerbuch hebt zwar besonders die spätere Racheaktion von Jonathan und Simon für ihren Bruder hervor, spricht letztlich aber sogar selbst für diese Deutung, da Johannes von den Söhnen Jambris zunächst nur gefangengenommen und erst später umgebracht worden sein soll.63 Noch vor aller Rache ist von einem Rettungs‑ oder Auslöseversuch aber nirgends etwas zu hören, und im Gegensatz zum Heldentod des Eleazar stirbt Johannes als der älteste der Hasmonäerbrüder auch unbeschrieben und ganz ruhmlos in der Fremde. Nach der Darstellungslogik des ersten Makkabäerbuches wäre der erwartbare Nachfolger ohnehin Simon gewesen. In der Nachfolgeregelung des Mattathias war Simon besonders hervorgehoben und zum Vater der Hasmonäer ernannt worden, während Judas wegen seiner militärischen Fähigkeiten die Führung der Erhebung übernahm. War die merkwürdige Sukzession mit dieser Konstruktion vorläufig erklärt, hat man im selben Buch nun hinreichend lesen können, dass auch Simon ein fähiger Militär war und im Gegensatz zu Jonathan sogar schon alleine einen Feldzug geführt hatte. Zudem hat die Lektüre der Makkabäerbücher auf Brüche und Inkonsistenzen ein deutliches Streben Simons nach der Führungsposition freilegen können, das von der Beteiligung an der Heeresführung über den Feldzug nach Galiläa bis zur aktiven Opposition gegen Judas reicht. Und da Jonathan in der Nachfolgeregelung des Mattathias völlig übergangen worden war und nun von den Freunden des Judas zum Nachfolger bestimmt wurde, kommt man eigentlich nicht um den Schluss herum, dass es spätestens nach dem Tod des Johannes zum Bruch zwischen Jonathan und Simon gekommen ist.
3. Tatsächlich lassen sich mit dieser Annahme sowohl die Darstellung als auch die historischen Zusammenhänge der Zeit Jonathans besser verstehen. Das erste Makkabäerbuch hebt bei der literarisch ausgeschmückten Racheaktion für Johannes zwar das gemeinsame Handeln von „Jonathan und seinem Bruder“ hervor,64 schon wenig später und dann im gesamten Folgebericht ist aber nur noch
63 1 Makk 9,36 ist nur von Johannes’ Gefangennahme, erst 1 Makk 9,38 von seinem Tod die Rede. Josephus lässt Johannes im Bellum wenige Tage nach Judas in einem Komplott umkommen (bell. Iud. 1,47), in den Antiquitates erweitert er den Bericht des ersten Makkabäerbuches und lässt ihn gleich beim Überfall der Söhne Jambris sterben (ant. Iud. 13,10 f.). 64 1 Makk 9,33: Ιωναθαν καὶ Σίμων ὁ ἀδελφὸς αὐτοῦ; 9,37: Ιωναθαν καὶ Σίμωνι τῷ ἀδελφῷ αὐτοῦ.
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von „Jonathan und seinen Anhängern“ die Rede.65 Beim erneuten Einmarsch des seleukidischen Kommandanten Bakchides und der Belagerung von Beth-Basi um 157 v. Chr. scheinen Jonathan und Simon zwar zusammengestanden zu haben, angesichts der Bedrohung durch die Seleukiden war die Kooperation aber noch vor aller Familienbande schlicht ein zwingendes Gebot der Stunde.66 Während der Belagerung machte Jonathan dann einen Ausfall, zog marodierend durchs Land und ließ Simon in Beth-Basi zurück.67 Als sich Jonathan schließlich mit Bakchides einigen und in Mischmas niederlassen konnte, ist von Simon geradezu folgerichtig nichts mehr zu hören.68 Die Zeit Jonathans wird im ersten Makkabäerbuch dann mit Abstand am wenigsten glanzvoll dargestellt. Das beginnt schon damit, dass Jonathan nach seiner Niederlassung in Mischmas Recht gesprochen haben soll und somit in die Tradition der biblischen Richter gestellt wird.69 Die Richter waren zwar auch in Mattathias’ Abschiedsrede schon angesprochen worden und sicher keine schlechten Vorbilder, nach der biblischen Tradition waren sie aber in der Not berufene Führer, keine Begründer von Dynastien und explizit noch keine Könige;70 gleichsam komplementär zur Zeichnung Jonathans als Richter werden Judas und Simon deutlich stärker in die Tradition der biblischen Könige David und Salomon gestellt.71 Jonathan ist weitergehend auch der einzige der „herrschenden“ Hasmonäerbrüder, der nicht mit poetischen Stücken oder Hymnen bedacht wird.72 Besonders auffällig ist dies im Bericht über Jonathans Ernennung zum Hohenpriester 152 v. Chr.: Obwohl die Besetzung des Hohenpriesteramtes 65 1 Makk 9,58; 9,60; 11,67; 12,28; 12,52. Lediglich 1 Makk 10,15 ist von „Jonathan und seinen Brüdern“ die Rede, bezeichnenderweise nimmt der Bericht dort aber die Sicht des Alexander Balas ein. 66 1 Makk 9,62. 67 1 Makk 9,65–68. In den Antiquitates deutet Josephus den Ausfall Jonathans als Teil eines mit Simon koordinierten Unternehmens (ant. Iud. 13,28 f.). 68 1 Makk 9,69–73. 69 1 Makk 9,73. 70 1 Makk 2,55 verweist Mattathias auf Josua als Richter. Zur Erwartung des späteren Königtums Ri 7,6; 18,1; 19,1; 21,25. Zum spannungsreichen Verhältnis des Richterbuches zum Königtum und seiner komplizierten Entstehungsgeschichte U. Becker, Richterzeit und Königtum. Redaktionsgeschichtliche Studien zum Richterbuch (BZAW 192), Berlin 1990, 303–306; G. T. K. Wong, Compositional Strategy of the Book of Judges. An Inductive, Rhetorical Study (VT.S 111), Leiden 2006, 191–223; W. Groß, Richter, (HThKAT), Freiburg 2009, 82–94, bes. 92 f. 71 A. Schenker, Die zweimalige Einsetzung Simons des Makkabäers zum Hohenpriester, in: ders., Recht und Kult im Alten Testament (OBO 172), Freiburg/Göttingen 2000, 158–169; H. Lichtenberger, Geschichtsschreibung und Geschichtserzählung im 1. und 2. Makkabäerbuch, in: E.-M. Becker (Hg.), Die antike Historiographie und die Anfänge der christlichen Geschichtsschreibung (BZNW 129), Berlin 2005, 197–212, hier 202; A. van der Kooij, The Claim of Maccabean Leadership and the Use of Scripture, in: B. Eckhardt (Hg.), Jewish Identity and Politics between the Maccabees and Bar Kokhba. Groups, Normativity, and Rituals (JSJS 155), Leiden 2012, 29–49, hier 42–47; K. Berthelot, Judas Maccabeus’s Wars Against Judaea’s Neighbours in 1 Maccabees 5: A Reassessment of the Evidence, Electrum 21 (2014) 73–85. 72 Vgl. zu Judas 1 Makk 9,21, zu Simon 1 Makk 14,4–15.
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für die Hasmonäerfamilie ein gewaltiger Triumph gewesen sein muss, ist sie dem ersten Makkabäerbuch geradezu beiläufig nur einen Satz wert.73 Schließlich wird Jonathan im Kontext der seleukidischen Thronkämpfe vor allem wie ein hellenistischer Höfling gezeichnet, der von der Kooperation mit den seleukidischen Königen zwar durchaus profitierte, sich letztlich aber auf nicht vertrauenswürdige Verhältnisse einließ.74 Man kann die zurückgenommene Darstellung Jonathans natürlich schlicht als literarisches Mittel begreifen, um den späteren Dynastiegründer Simon besonders glanzvoll hervortreten zu lassen. Gerade in einer dynastischen Perspektive wäre es aber viel sinnvoller gewesen, auch Jonathan als Nachfolger des Judas und Vorgänger Simons in die Königstradition einzuordnen und bestmöglich darzustellen. Ist das erste Makkabäerbuch hingegen vor dem Hintergrund des Bruchs mit Simon verfasst worden, ist die Darstellung Jonathans gut nachvollziehbar. Im Anschluss an die Belagerung von Beth-Basi erscheint Simon auch weiter wie ein autonomer Akteur mit einem eigenen Heer. So soll er Jonathan zwar 147 v. Chr. im Kampf gegen den von Demetrios II. eingesetzten Strategen von Koilesyrien unterstützt haben, angesichts der Gefahr für seine eigene Position wird er aber erneut noch vor aller Familienbande schon aus Eigeninteresse kooperiert haben;75 in Übereinstimmung mit der bisherigen Rekonstruktion gehörte er auch nicht von vornherein zum Gefolge Jonathans, sondern schloss sich dessen Aufgebot erst auf dem Vormarsch an und verfügte über eigene Truppen.76 Prominent erscheint Simon dann wieder im Kontext der Thronstreitigkeiten zwischen Demetrios II. und Antiochos VI. im Jahr 144 v. Chr.;77 während Jonathan für seinen Seitenwechsel zu Antiochos VI. im Hohenpriesteramt bestätigt wurde und in den Kreis der königlichen Freunde aufstieg, wurde Simon zum Strategen der Truppen zwischen der tyrischen Treppe und den Grenzen Ägyptens ernannt.78 In der Regel ist die Verleihung dieser Titel zwar als Ergebnis gemeinschaftlichen Handelns der Hasmonäerbrüder gesehen worden, angesichts der seleukidischen Politik des „divide et impera“ ist es aber deutlich plausibler, dass Simon seine 73 1 Makk 10,21: Καὶ ἐνεδύσατο Ιωναθαν τὴν ἁγίαν στολὴν τῷ ἑβδόμῳ μηνὶ ἔτους ἑξηκοστοῦ καὶ ἑκατοστοῦ ἐν ἑορτῇ σκηνοπηγίας καὶ συνήγαγε δυνάμεις καὶ κατεσκεύασεν ὅπλα πολλά. In den Antiqui-
tates hat Josephus den Bericht um die Information einer früheren Hohenpriesterschaft des Judas erweitert (ant. Iud. 13,46), vgl. dazu J. C. VanderKam, Joshua, 241–244. 74 1 Makk 10,61 profitiert Jonathan von der Kooperation mit Alexander Balas gegen judäische Opposition (ἄνδρες παράνομοι); ansonsten brechen aber eigentlich alle Seleukiden über kurz oder lang ihre Zusagen und Bündnisse. 75 1 Makk 10,67–89. 76 1 Makk 10,74: Ὡς δὲ ἤκουσεν Ιωναθαν τῶν λόγων Ἀπολλωνίου, ἐκινήθη τῇ διανοίᾳ καὶ ἐπέλεξε δέκα
χιλιάδας ἀνδρῶν καὶ ἐξῆλθεν ἐξ Ιερουσαλημ, καὶ συνήντησεν αὐτῷ Σίμων ὁ ἀδελφὸς αὐτοῦ ἐπὶ βοήθειαν αὐτῷ. In den Antiquitates hat Josephus den Bericht geglättet und lässt die Brüder gleich gemeinsam aus Jerusalem aufbrechen (ant. Iud. 13,91). Während Simon 1 Makk 10,82 ein eigenes Aufgebot befehligt, erhält er ant. Iud. 13,95 von Jonathan einen Teil von dessen Aufgebot. 77 1 Makk 11,52–74. 78 1 Makk 11,59.
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Titel direkt mit den Seleukiden aushandelte und dass diese Kooperation vielleicht sogar von beiden Seiten gegen Jonathan gerichtet war.79 Bei Simons anschließender Belagerung und Besetzung von Beth-Zur mit eigenen Truppen ist ein koordiniertes Vorgehen mit Jonathan jedenfalls nicht direkt erkennbar;80 und bei seinen Feldzügen später im Jahr scheint Simon ebenfalls ganz eigenständig agiert zu haben und marschierte zunächst sogar gegen die Stadt Askalon, die sich bislang eigentlich kooperativ gegenüber Jonathan gezeigt hatte.81 Alle diese Beobachtungen laufen schließlich auf den Bericht über Jonathans Ende zu. Da die Seleukiden Jonathans Umtriebe zunehmend misstrauisch beobachteten, lockte ihn der seleukidische Usurpator Tryphon unter falschen Vorhaltungen nach Ptolemais, stellte ihm dort eine Falle und nahm ihn noch 144 v. Chr. gefangen.82 Nach der Darstellung des ersten Makkabäerbuches sei Simon in dieser bedrohlichen Situation umgehend nach Jerusalem gezogen, habe dem verängstigen „Volk“ (laos) seinen Beistand zugesichert und sei daraufhin zum neuen Anführer ausgerufen worden.83 Prima facie mag diese Machtübernahme zwar konsequent erscheinen, bei genauerer Betrachtung erweist sie sich aber erneut als brüchig und inkonsistent. Denn zum einen wird Simon in einem Schreiben des Seleukiden Demetrios II. schon 143 v. Chr. als Hoherpriester angesprochen, obwohl von einer offiziellen Investitur bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts zu hören war;84 und zum anderen heißt es im später wiedergegebenen Dekret der Judäer für Simon, er sei zuerst vom „Volk“ (laos) zum Anführer und Hohenpriester ernannt worden.85 James VanderKam hat daher überzeugend argumentiert, dass sich der durchgehend erscheinende Terminus des „Volkes“ (laos) auf die militärische Anhängerschaft bezieht, und daher konsequent geschlossen, dass sich Simon bereits kurz nach der Gefangennahme Jonathans von den Truppen zum Anführer und zum Hohenpriester ausrufen ließ.86 Übersetzt man diese Zusammenhänge in ein historisches Modell, hat Simon 144 v. Chr. also seine Chance ergriffen und das Amt des Hohenpriesters usur79 Ein Parallelfall für die seleukidische Politik des divide et impera lässt sich 1 Makk 10,25–45 im Schreiben Demetrios’ I. fassen. Das erste Makkabäerbuch gibt dieses Schreiben zwar als Angebot an Jonathan aus, tatsächlich ist es aber an das ethnos der Judäer adressiert und sollte wohl die Gegner Jonathans mobilisieren. Vgl. hierzu ausführlicher J. C. Bernhardt, Jüdische Revolution. 80 1 Makk 11,64–66. In den Antiquitates baut Josephus den Bericht über Simons Belagerung aus (ant. Iud. 13,155 ff.). 81 1 Makk 12,33 f.; 12,38. Zu Jonathan und Askalon 1 Makk 10,86; Simon marschierte dann weiter nach Joppe, das Jonathan 1 Makk 10,75 f. bereits mit der Unterstützung Simons eingenommen hatte und das nun angeblich abzufallen drohte. In den Antiquitates glättet Josephus den Bericht des ersten Makkabäerbuches, indem er Simon auf seinem Marsch nach Askalon Befestigungen ausbauen lässt (ant. Iud. 13,180 f.). 82 1 Makk 12,39–52. 83 1 Makk 13,1–9. 84 1 Makk 13,36. 85 1 Makk 14,35. 86 J. C. VanderKam, Joshua, 270–281.
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piert. Nach Bekanntwerden von Simons Machtübernahme soll Tryphon dann für Jonathans Freilassung hundert Talente Silber sowie die Auslieferung von zweien seiner Söhnen gefordert haben.87 Nach der Darstellung des ersten Makkabäerbuches soll Simon den erneuten Hinterhalt Tryphons zwar sofort durchschaut haben, wegen des öffentlichen Drucks in Judäa habe er sich aber auf den Handel eingelassen und die Söhne ausgeliefert.88 Angesichts der hier entwickelten Rekonstruktion der Familienverhältnisse wird man an der Ernsthaftigkeit von Simons Befreiungsversuch schon per se zweifeln müssen, und letztlich wirken die Begründungszusammenhänge im ersten Makkabäerbuch auch wie eine retrospektive Rechtfertigung Simons.89 Tatsächlich ließ Tryphon den gefangenen Jonathan auch wenig später hinrichten; und da über den Verbleib seiner Söhne nach der Auslieferung nichts mehr zu hören ist, hat sie Simon nahezu sicher ebenfalls in den Tod geschickt.90 Auch wenn das erste Makkabäerbuch in dieser Hinsicht natürlich nicht offen sprechen kann, hatte Simon mit dem Ende Jonathans und seiner Söhne den Aufstieg zum alleinigen Führer erreicht und den Grundstein für die Herrschaft seiner Nachkommen gelegt.91 Abschließend kann man nun noch einmal zum Ausgangspunkt der Untersuchung zurückkehren. Da beide Makkabäerbücher eine prohasmonäische Tendenz haben und Konflikte in judäischen Familien an der Tageordnung waren, lässt sich anhand der Brüche und Inkonsistenzen in den Darstellungen tatsächlich ein historisch-kritisches Modell der Hasmonäerfamilie entwickeln, das vom Beginn der Erhebung unter Judas bis zum Tod Jonathans durchgehend von Spannungen und vom Aufstieg Simons bestimmt war. Da beide Makkabäerbücher frühestens zur Zeit Simons und der vom ihm begründeten Dynastie geschrieben worden sind, bestätigt sich der eingangs formulierte Verdacht, dass die differierenden Bilder der Hasmonäerfamilie als unterschiedliche Strategien im Umgang mit dieser Problematik zu sehen sind: Das erste Makkabäerbuch betreibt einen gewaltigen Aufwand, um mit dem Mattathiasbericht die merkwürdige Sukzession 1 Makk 13,15 f. 1 Makk 13,17–19. 89 A. Geiger, Urschrift, 209 f.: „Es mag sich damals mancher Zweifel bald an Simon’s vorausschauender Staatsklugheit, bald an seiner Harmlosigkeit bei der Auslieferung seiner Neffen geregt haben, und unser Reichshistoriograph fühlt sich gedrungen, Simon von allem gegen ihn sich etwa erhebenden Verdachte zu reinigen.“ Vgl. ferner J. A. Goldstein, I Maccabees, 76; U. Rappaport, 1 Maccabees, 730. Josephus hat diese Problematik zu entschärfen versucht, indem er Simon die Entscheidung über die Auslieferung der Söhne mit dem Heer beraten lässt (Ios. ant. Iud. 13,205 f.). Auch B. E. Scolnic, Blood, 165–170 hat Simon zu verteidigen versucht, gibt aber keine zwingenden Argumente. 90 1 Makk 13,23. 91 J. A. Goldstein, I Maccabees, 473 vermutet, dass sich die Formulierung 1 Makk 13,16 δύο τῶν υἱῶν αὐτοῦ im hebräischen Originaltext nicht auf zwei von mehreren, sondern auf die einzigen beiden Söhne Jonathans bezog: „If our author had intended to be vague, he would have written šnym mbnyw, „two from his sons,“ and the „from“ would be reflected in the Greek translation.“ 87 88
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der Brüder zu erklären und durch die Betonung von Einigkeit und Solidarität die innerfamiliären Konflikte zu verdecken; das zweite Makkabäerbuch fokussiert hingegen ganz auf Judas, blendet die Konflikte somit weitestgehend aus und kann daher auch auf die literarischen Konstruktionen um Mattathias verzichten. Akzeptiert man das hier entwickelte Modell, werden Erklärungen der hasmonäischen Erhebung künftig die Konkurrenz der Hasmonäerbrüder berücksichtigen müssen. In einer weiterführenden Perspektive wäre es sicher auch gewinnbringend, die zahlreich überlieferten Konflikte innerhalb judäischer Familien einmal systematisch in den Blick zu nehmen und nach spezifischen Verhaltensmustern sowie typischen Konstellationen zu fragen. Gerade mit Blick auf die Hasmonäer stellen sich schließlich auch Fragen nach den langfristigen Folgen innerfamiliärer Auseinandersetzungen sowie den Möglichkeiten zu ihrer Beilegung. Tatsächlich hat Flavius Josephus ja im ersten Jahrhundert n. Chr. eine königliche Abstammung für sich in Anspruch genommen, da sein Urgroßvater Matthias mit einer Tochter Jonathans verheiratet gewesen sei.92 Wie auch immer die Historizität dieser Genealogie zu beurteilen sein mag, sie setzt auf jeden Fall voraus, dass Jonathan neben seinen zwei Söhnen zumindest noch eine Tochter hatte und dass diese eine Nebenlinie der Hasmonäer begründete.93 Leider geht Josephus auf diese Hintergründe dann nirgends genauer ein. Während er im Bellum manche der hier diskutierten Sachverhalte variiert, übernimmt er in den Antiquitates die Darstellung des ersten Makkabäerbuches, folgt dem dortigen Bild der Hasmonäerfamilie und steigert die Eintracht der Brüder sogar noch durch Textglättungen.94 Sehr wahrscheinlich wird er von den hier herausgearbeiteten Konflikten und den Nachkommen Jonathans aber Kenntnisse gehabt haben. Daher ist es wohl kein Zufall, dass Josephus in seiner Paraphrase des ersten Makkabäerbuches die Darstellung Jonathans zu einem glänzenden Militär „aufpoliert“, nach dessen Tod seine Vorlage aufgibt, die Etablierung Simons auf eine knappe Zusammenfassung reduziert und dabei jeder Angleichung an die biblischen Könige entkleidet.95 Abgesehen von diesen impliziten Reflexen scheint Ios. vita 1–6; ant. Iud. 16,187. 2 Makk 14,25 soll Judas auf Anraten des Nikanor eine Familie gegründet haben, so dass es vielleicht auch noch Nachkommen des Judas gegeben hat. 94 Die bei Josephus überlieferten Varianten und Glättungen sind im Kontext der entsprechenden Sachverhalte aufgeführt; vgl. zum Bellum Anm. 14; 53; 63; zu den Antiquitates Anm. 14; 20; 30; 47; 53; 61; 63; 67; 73; 76; 80; 81; 89. 95 Zur Darstellung Jonathans in den Antiquitates L. Feldman, Josephus’ Portrayal of the Hasmoneans Compared to 1 Maccabees, in: F. Parente / J. Sievers (Hg.), Josephus and the History of the Graeco-Roman Period. Essays in Memory of Morton Smith (StPB 41), Leiden 1994, 59–62. Seit J. von Destinon, Die Quellen des Josephus I. Die Quellen der Archäologie Buch XII-XVII, Kiel 1882, 80–91 hat man den ab 1 Makk 13,42 abweichenden Bericht der Antiquitates zumeist mit dem Fehlen des letzen Abschnitts in der Josephus vorliegenden Fassung des ersten Makkabäerbuches erklärt; da für diese Hypothese aber keine zwingenden Argumente vorliegen, spricht vor dem Hintergrund der hiesigen Ausführungen mehr für eine bewusste Entscheidung des Josephus. Vgl. zur Debatte ferner D. S. Williams, The Structure of 1 Maccabees 92
93 Nach
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er sich aber gezielt dazu entschieden zu haben, die innerfamiliären Konflikte explizit erst eine Generation später mit dem Beginn der hasmonäischen Königsherrschaft zu thematisieren und dann ganz auf die Auseinandersetzungen der Nachkommen Simons zu fokussieren.96
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Zu Entstehungszeit und ‑ort des 4. Makkabäerbuchs* Anna Maria Schwemer
1. Vorüberlegungen Das 4. Makkabäerbuch ist eine erstaunlich vielschichtige Schrift, die in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend Beachtung gefunden hat. Das sieht man an den Übersetzungen und Kommentaren von Hans-Josef Klauck, David deSilva, Guiseppe Scarpat und anderen, aber auch an vielen Einzeluntersuchungen. Neutestamentler schätzen diesen Text vor allem als jüdischen Zeugen für ihre Spezialinteressen: das Sühnemotiv, den stellvertretenden Tod der Märtyrer, das postmortale ewige Leben, die Parallelen, die sich zu Paulus ergeben, wo sich ähnliche exegetische Themen finden, aber – wie auch unser Jubilar am Beispiel des Gebots „du sollst nicht begehren“ gezeigt hat1 – z. T. mit diametral entgegengesetzten Antworten. Zudem ist die Frage nach Ort und Datierung des 4. Makkabäerbuchs wichtig für die Geschichte des frühen Christentums. Wenn sich der Vorschlag von Elias Bickerman, den Martin Hengel aufgenommen und weiter geführt hat, erhärten lässt, dass diese Schrift in Antiochien am Orontes in der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts entstanden ist, dann gehört das 4. Makkabäerbuch zu den Quellen, die Aufschluss über die Stadt und ihre jüdische Bevölkerung in der Zeit geben können, als die ersten Christen hierher kamen.2
* Für das sorgfältige Überprüfen der Quellenhinweise und das Mitlesen der Korrekturen danke ich Frau cand. theol. et phil. Johanna Friederike Jebe. 1 H. Lichtenberger, Das Ich Adams und das Ich der Menschheit. Studien zum Menschenbild in Römer 7 (WUNT 164), Tübingen 2004, 243–245; vgl. M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus zwischen Damaskus und Antiochien. Die unbekannten Jahre des Apostels (WUNT 108), Tübingen 1998, 293–299. Vgl. zur Funktion der Märtyrer: H. Lichtenberger, Martyrium und Stellvertretung im 2. und 4. Makkabäerbuch, in: J. C. Janowski (Hg.), Stellvertretung. Interdisziplinäres Symposion Tübingen 2004, Neukirchen/Vluyn 2006, 69–86. D. A. deSilva, 4 Maccabees. Introduction and Commentary on the Greek Text in Codex Sinaiticus (Septuagint Commentary Series), Leiden/Boston, MA 2006. Zum Vergleich der literarischen Erzähltechnik zwischen 4 Makk und Matthäus‑ und Lukasevangelium s. B. Heininger, Der böse Antiochus. Eine Studie zur Erzähltechnik des 4. Makkabäerbuchs, BZ.NF 33 (1989) 43–59. 2 Vgl. S. A. Cummins, Paul and the Crucified Christ in Antioch. Maccabean Martyrdom and Galatians 1 and 2, Cambridge 2001.
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Anna Maria Schwemer
Nach den Untersuchungen von Jan Willem van Henten3 und Hans-Josef Klauck schien sich – in Deutschland – weitgehend der Konsens durchzusetzen, dass es zwar nur ungenaue Hinweise auf Abfassungszeit und ‑ort des 4. Makkabäerbuchs gibt, es aber wahrscheinlich in Antiochien oder einer griechischen Stadt in der Nähe entstanden sein wird, aber erst ans Ende des 1. oder in die Anfangsjahre des 2. Jahrhunderts zu datieren sei.4 Diese Hypothese wurde in den letzten Jahren auf unterschiedliche Weise aufgenommen. So hat der Alttestamentler Hermann Spieckermann in einer Abhandlung für die Göttinger Akademie der Wissenschaften im Jahr 2002 der Lokalisierung in Antiochien und der Datierung um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert zugestimmt, sieht aber dann folgerichtig den jüdischen Autor in scharfer Auseinandersetzung mit den frühen Christen, deren Bischof zu dieser Zeit Ignatius war, und kommt zu dem Schluss: „Es spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß das vierte Makkabäerbuch eine Reaktion auf die christologische Deutung der jüdischen Bibel in griechischer Gestalt ist, sei es in der subtilen Weise des Paulus, sei es in der elementaren des Ignatius.“5
Er fährt fort: „Abraham ist Vater der Juden. Das will in letzter Konsequenz im Martyrium bewährt sein. Blutzeugen gibt es nicht nur für den Christusglauben.“6
3 J. W. van Henten, Datierung und Herkunft des Vierten Makkabäerbuches, in: ders. / H. J. de Jonge u. a. (Hg.), Tradition and Re-Interpretation in Jewish and Early Christian Literature. Essays in Honour of Jürgen C. H. Lebram, Leiden/Köln 1986, 136–149 (plädiert für Kilikien um 100 n. Chr.); vgl. Ders., The Maccabean Martyrs as Saviours of the Jewish People. A Study of 2 and 4 Maccabees, Leiden/New York, NY/Köln 1997; Ders., Martyrdom and Persecution Revisited. The Case of 4 Maccabees, in: W. Ameling (Hg.), Märtyrer und Märtyrerakten (Altertumswissenschaftliches Kolloquium 6), Stuttgart 2002, 59–75; H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch (JSHRZ III/6), Gütersloh 1989. 4 J. W. van Henten, Art. Makkabäerbücher, RGG4 5 (2002) 704–705; anders dagegen D. A. deSilva (Foreword by J. H. Charlesworth), Introducing the Apocrypha. Message, Context, and Significance, Grand Rapids, MI 2002, 355–356: „a date in the first half of the first century C. E. is most likely“ (356). 5 H. Spieckermann, Martyrium und die Vernunft des Glaubens. Theologie als Philosophie im vierten Makkabäerbuch (NAWG 2004, Phil.-hist. Kl.), Göttingen 2004, 67–86, Zitat 86. Es ist m. E. umgekehrt, Ignatius kennt 4 Makk. So verbindet er etwa wie das 4 Makk den Terminus Frieden εἰρήνη mit dem Ende der Verfolgung (4 Makk 18,3 f., vgl. IgnPhld 10,1 [Die apostolischen Väter. Griechisch-deutsche Parallelausgabe auf der Grundlage der Ausgaben von F. X. Funk, K. Bihlmeyer und M. Whittaker, mit Übersetzungen von M. Dibelius und D.-A. Koch, neu übersetzt und herausgegeben von A. Lindemann und H. Paulsen, Tübingen 1992, 224,4–8]; IgnSm 11,2 [232,16–18 ed. Funk/Bihlmeyer]; IgnPol 7,1 [238,25 f., ed. Funk/ Bihlmeyer]); s. T. A. Robinson, Ignatius of Antioch and the Parting of the Ways. Early JewishChristian Relations, Peabody, MA 2009, 168 f.; Paulus kennt das 4 Makk – gegen die Annahme von E. Bickerman – wahrscheinlich nicht, aber es gibt eine Reihe von eigenartigen Berührungen, s. dazu M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 294–299. Zur Wirkungsgeschichte von 4 Makk im frühen Christentum s. auch D. A. deSilva, 4 Maccabees, Guides to Apocrypha and Pseudepigrapha, Sheffield 1998, 143–155. 6 H. Spieckermann, Martyrium, 86.
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Gewiss, der Alttestamentler spricht hier als Außenseiter. Doch Spieckermann zieht nur die Konsequenz aus der Spätdatierung. Nach seiner Meinung will der Verfasser die Christen hindern, die makkabäischen Märtyrer für sich zu beanspruchen „und zugleich die Überlegenheit des jüdischen Glaubens nach innen und nach außen ins Licht […] rücken.“7
Um zu diesem Ergebnis zu kommen, streicht Spieckermann die zweite Rede der Mutter, die eine ganze Reihe von Schriftbelegen anführt, als sekundäre Zutat und sieht den Schriftgebrauch konzentriert auf Abraham und Gen 22, die Opferung Isaaks als Vorbild der Märtyrer.8 Gegen Spieckermanns Lösung spricht, dass sie nicht ohne literarkritische Schere auskommt und dass er die jüdische Vorgeschichte der Märtyrertheologie des 4. Makkabäerbuches überhaupt nicht beachtet. David A. deSilva dagegen hält in seinem Kommentar und verschiedenen Veröffentlichungen zwischen 2002 und 2007 an der Frühdatierung in die 40er Jahre des 1. Jahrhunderts fest, rechnet mit Antiochien als Abfassungsort und sieht den Abfassungszweck nicht nur in der Aufforderung zur konsequenten Gesetzestreue und Warnung vor zu weit gehender Assimilation an die pagane Umwelt,9 sondern versucht auch zu zeigen, dass die Schrift mit dem Ziel geschrieben sei, Juden Mut zu machen zum passiven Widerstand gegenüber den Forderungen der allmächtigen Fremdherrschaft der Römer. Deshalb würden die militärischen Erfolge der Makkabäerzeit im Aufstand gegen das seleukidische Joch überhaupt nicht erwähnt, sondern nur die Märtyrer gerühmt, die den gottlosen Tyrannen nicht mit Waffen besiegten, sondern mit ihrem standhaften Festhalten am jüdischen Gesetz.10 Doch der Stolz auf die Märtyrer, auf deren „Tapferkeit ihrer A. a. O., 86. A. a. O., 84. 9 So in D. A. deSilva, 4 Maccabees, xvii–xx u. ö.; vgl. schon H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 664: „Auszugehen ist von der Alltagssituation des Diasporajudentums. Das große Problem, mit dem der Autor ringt, ist das der Assimilation.“ 10 D. A. deSilva, Using the Master’s Tools to Shore Up Another’s House. A Postcolonial Analysis of 4 Maccabees, JBL 126 (2007) 99–127. Es fragt sich aber weiter, ob für einen gebildeten Juden die Einsicht, dass ein Sieg über die Fremdherrschaft und über die pagane Unterdrückung jüdischer Lebensformen nur durch passiven Widerstand und nicht mit der Waffe in der Hand gewonnen werden kann, nicht erst im Nachhinein – nach den verschiedenen Aufständen – möglich war. Auf der anderen Seite betonen Philo und Josephus aus apologetischen Gründen die friedfertige Haltung und die Märtyrerbereitschaft des gesamten Volkes gerade in der Caligulakrise; vgl. dazu jetzt P. Bilde, Der Konflikt zwischen Gaius Caligula und den Juden, in: A. Lykke / F. T. Schipper (Hg.), Kult und Macht (WUNT II 319), Tübingen 2011, 9–48. Schuld an der Eskalation und der Katastrophe im 1. Jüdischen Krieg haben in der Darstellung des Josephus allein die radikalen Führer der Aufstandspartei der „Zeloten“; s. dazu M. Hengel, Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr., 3., durchgesehene und ergänzte Aufl. hg. v. R. Deines / C.-J. Thornton (WUNT 283), Tübingen 2011. Zum Lob des „Eiferers Pinchas“, des Idols im Freiheitskampf 7 8
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Tugend und ihr Standhalten in der Folter“, wiegt m. E. für den Verfasser des 4. Makkabäerbuches sehr viel schwerer als der Stolz auf die Siege der Hasmonäer, deshalb werden diese nicht erwähnt, sondern überboten mit den Worten: „Der Tyrann […] ließ ihre Standhaftigkeit öffentlich ausrufen, als Beispiel für seine eigenen Soldaten. Damit verhalf er ihnen zu Ehrgefühl und Tapferkeit in der Feldschlacht und im Belagerungskrieg und schlug vernichtend alle seine Feinde.“11
Schon im Danielbuch galten die militärischen Erfolge der Makkabäer nur als „eine kleine Hilfe“. Vor allem aber bringen bereits im 2. Makkabäerbuch die Märtyrer die eigentliche Wende, denn erst nach ihrem tapferen Festhalten am Gesetz und ihrem stellvertretenden Sterben erbarmt sich Gott wieder seines Volkes und rettet es. Danach sind auch die militärischen Siege der Hasmonäer möglich.12 Guiseppe Scarpat dagegen plädiert in seinem Kommentar, der ebenfalls 2006 – wie der von deSilva – erschienen ist, wegen der Verwandtschaft mit Josephus, Philo und dem Hebräerbrief für Rom als Abfassungsort und datiert die Abfassung ans Ende des 1. Jahrhunderts.13 Der Hebräerbrief ist für Scarpat das der Makkabäer und der Zeloten im 1. Jüdischen Krieg, in 4 Makk 18,12, s. u. Auf breiter Linie setzte sich die Erkenntnis, dass militärische Erhebungen gegen Rom zwecklos sind, noch nicht nach dem 1. Jüdischen Krieg durch. Der blutige Aufstand unter Trajan brachte dem blühenden Leben der Diaspora in Ägypten, in der Cyrenaica und auf Zypern das Ende, und erst nach dem katastrophalen Ausgang des Bar-Kochba-Aufstandes unter Hadrian wurde der militärische Widerstand aufgegeben. Josephus selbst als Jerusalemer Priester kommt bereits im Laufe des 1. Jüdischen Krieges zu der Einsicht, dass Gott jetzt Rom die Weltherrschaft gegeben hat, Gott allein ihm diese wieder nehmen und an der Wende der Zeiten seine Herrschaft einsetzen wird; s. dazu A. M. Schwemer, Die Gottesherrschaft bei Josephus, in: J. Frey / S. Krauter / H. Lichtenberger (Hg.), Heil und Geschichte. Die Geschichtsbezogenheit des Heils und das Problem der Heilsgeschichte in der biblischen Tradition und in der theologischen Deutung (WUNT 248), Tübingen 2009, 75–101. 11 4 Makk 17,23 f.; zur Übersetzung vgl. H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 753; Ders., 4. Makkabäerbuch, in: Septuaginta Deutsch, hg. v. W. Kraus / M. Karrer, Stuttgart 2009, 730–746 hier 745 f. Wenn nicht anders vermerkt, richtet sich die Übersetzung von 4 Makk im Folgenden nach H.-J. Klauck, Septuaginta Deutsch. Zu Antiochus als ‚Tyrann‘ s. ausführlich B. Heininger, Antiochus, 45–58. 12 Dan 11,34 (aber nicht in der vom Autor von 4 Makk verwendeten LXX-Version). Zu 2 Makk s. J. W. van Henten, Maccabean Martyrs, 155: „[…] the structure of the narrative suggests that the unconditional loyalty of the Maccabean martyrs to the Lord and his laws culminating in their self-sacrifice made the successful war of liberation possible.“ und passim. Vgl. auch S. Krauter, Bürgerrecht und Kultteilnahme. Politische und kultische Rechte und Pflichten in griechischen Poleis, Rom und antikem Judentum (BZNW 127), Berlin/New York, NY 2004, 334–336 „Die militärischen Aktionen der Makkabäer treten [im 2. Makkabäerbuch] ganz in den Hintergrund“ (334); „der Idealzustand, daß Israel nach der Tora lebt, [wird] im 2. Makkabäerbuch dadurch [erreicht], daß vorbildliche Juden bereit sind, für die Befolgung der Tora zu leiden. Darin erweisen sie sich als die wahren ,Eiferer für das Gesetz‘.“(335). 13 G. Scarpat, Quarto libro dei Maccabei. Testo, traduzione, introduzione e commento. Con una nota storica di G. Firpo (Biblica. Testi e studi 9), Brescia 2006, 66: „noi pensiamo a Roma“; 65: „pensiamo all’ultimo decennio del I sec. d.C.“ Er hält 4 Makk für eine für die Synagoge entstandene Homilie (85). Eine Entstehung in Rom würde sich treffen mit der Beobachtung von deSilva, dass es sich um Widerstandsliteratur handelt.
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christliche Pendant; dieser stehe dem 4. Makkabäerbuch inhaltlich, zeitlich und örtlich am nächsten. Vor inzwischen fast 20 Jahren waren Martin Hengel und ich zu einem Ergebnis gekommen, das sich mit den Arbeiten von David deSilva am engsten berührt. In einem Exkurs an etwas versteckter Stelle hatten wir auf die „eigenartigen Berührungen“ zwischen dem 4. Makkabäerbuch und Paulus hingewiesen und die Gründe dafür angeführt, die eine Abfassung in Antiochien und eine Datierung vor der Caligulakrise im Jahr 40 und vor der Tempelzerstörung 70 n. Chr. wahrscheinlich machen.14 Diesen Faden möchte ich nun wieder aufgreifen, um das Ergebnis noch einmal zu überprüfen und näher zu begründen. 1.1. Zum Charakter der Schrift Wo, wann, von wem und für wen das 4. Makkabäerbuch verfasst wurde, ist uns nicht zuverlässig überliefert. Wir kennen den Namen des Autors nicht, aber die Schrift selbst hat ein so deutliches Profil, dass der Rückschluss aus dem Werk auf ihn und seine Umwelt begründete Hypothesen erlaubt. Die griechische Abfassungssprache ist äußerst gepflegt und der Stil gewählt, manieriert. In der literarischen Form einer Festrede, genauer einer preisenden, „epideiktischen […] Lobrede“15, führt der Autor den Beweis, dass die „gottesfürchtige Vernunft“ bzw. die „gottesfürchtige Denkkraft“ – wie Hans-Josef Klauck εὐσεβὴς λογισμός übersetzt – souveräne Herrscherin ist über die Leidenschaften, die Affekte (πάθη): αὐτοδέσποτός ἐστιν τῶν παθῶν ὁ εὐσεβὴς λογισμός.16 Die Vernunft wiederum, also der λογισμός, selbst wird definiert als „Verstand, der mit klarer Überlegung das Leben der Weisheit wählt. Weisheit wiederum ist Erkenntnis der göttlichen und menschlichen Dinge samt ihrer jeweiligen Ursachen. Sie besteht näherhin in der Erziehung, die uns das Gesetz angedeihen läßt, durch die wir voll Ehrfurcht die göttlichen Dinge und zu unserem Nutzen die menschlichen erlernen.“17
Der Verfasser nimmt damit für die Weisheit eine weitverbreitete Definition aus der philosophischen Koine seiner Zeit auf und wandelt sie leicht ab: Er spricht statt von ἐπιστήμη von γνῶσις,18 und diese Erkenntnis wird vermittelt durch die
14 M. Hengel / A. M. Schwemer (transl. by John Bowden), Paul Between Damascus and Antioch. The Unknown Years, London 1997, 191–196; dazu die deutsche, etwas längere Version in: M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 293–299. 15 H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 659: „Wenn wir die konventionelle Zuteilung der Redeformen zur dikanischen, symbouleutischen und epideiktischen Beredsamkeit zugrunde legen, gehört 4 Makk zur Gattung der epideiktischen Rede mit der feiernden Lobrede vor der Festversammlung als Musterfall.“ 16 4 Makk 1,1. 17 4 Makk 1,15–17. 18 Vgl. H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 690 Anm. 16a: „Das ist wohl der Satz im 4 Makk, der einer schulmäßigen philosophischen Definition am nächsten kommt, wenn man davon absieht,
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Erziehung im jüdischen Gesetz (ἡ τοῦ νόμου παιδεία, δι’ ἧς τὰ θεῖα σεμνῶς καὶ τὰ ἀνθρώπινα συμφερόντως μανθάνομεν).19 Diese These, dass die „gottesfürchtige Vernunft“ souverän über die πάθη, das heißt, alle Leidenschaften, Triebe, Affekte, ja die Empfindungsfähigkeit überhaupt, herrscht, durchzieht die Schrift wie ein ,Leitmotiv‘ und verbindet den philosophischen Diskurs der Einleitung mit der Erzählung vom tapferen Sterben der Märtyrer, von Eleazar, dem ehrwürdigen Greis und Priester, und von den sieben Jünglingen mit ihrer Mutter. Dabei wird der Terminus λογισμός insgesamt 75 mal verwendet.20 Die philosophische These dient dazu zu beweisen, dass der frommen Vernunft, die dem vom Schöpfer gegebenen Gesetz treu bleibt, der Sieg gebührt über alle feindliche Tyrannis und die von ihr ersonnenen Folterqualen, die ebenfalls, wie die Leidenschaften, als πάθη bezeichnet werden und die die Körper und Seelen der Frommen angreifen. Der Tenor erinnert ganz an die letzte Strophe von „Ein feste Burg […]“.21 Doch in Bezug auf das „Weib“ klingt das 4. Makkabäerbuch im Vergleich mit Luther geradezu feministisch. Die Mutter der sieben Brüder erhält das höchste Lob, sie ist die Krone der Märtyrer, sie erringt den höchsten Sieg. Denn sie bezwingt nicht nur wie der alte Eleazar und ihre Söhne alle Anfechtungen und Verlockungen zum Abfall vom Gesetz. Nein, diese Mutter übertrifft alle anderen. Sie erleidet sieben Mal noch einmal verstärkt den Wehenschmerz um alle ihre Söhne, nun zu deren Geburt zur Unsterblichkeit als Lohn für ihre gesetzestreue Frömmigkeit, zu der sie sie unermüdlich anspornt. „An Seelenstärke dem Abraham gleich“22 ist sie bereit, ihre Söhne zu opfern: „O Mutter des Volkes, Verfechterin des Gesetzes und Beschirmerin der Frömmigkeit und preisgekrönte Siegerin des Kampfs im Inneren! Du, energischer als Männer an Charakterstärke und mannhafter als Männer im Aushalten (ὑπομονή)! Denn wie die Arche Noahs in der weltweiten Sintflut […] tapfer den Wogen standhielt, so hast du, Gesetzeswächterin (νομοφύλαξ), wiewohl vom allseitigen Wogenschwall der Leidenschaften (πάθη) überflutet und von heftigen Windstößen, (nämlich) den Foltern deiner Söhne, aufs Äußerste bedrängt, doch edelmütig die Stürme ertragen für die Frömmigkeit.“23 daß der Verf. γνῶσις wählt statt des gebräuchlicheren ἐπιστήμη“. Weiter R. Renehan, The Greek Philosophic Background of Fourth Maccabees, RMP 115 (1972) 223–238, hier 228 f. 19 4 Makk 1,17. 20 Vgl. J. M. G. Barclay, Jews in the Mediterranean Diaspora. From Alexander to Trajan (323 BCE – 117 CE), Edinburgh 1996, 369; H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 665 f.686 Anm. 1a; H. Spieckermann, Martyrium, 73. 21 Um für den Jubilar einen Choral zu zitieren: „Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib, laß fahren dahin, sie haben’s kein’ Gewinn, das Reich muß uns doch bleiben.“ Das „Wörtlein“, das den „Fürst dieser Welt“ im 4 Makk zu Fall bringt, ist der vom Schöpfer gegebene εὐσεβὴς λογισμός, der durch die Erziehung im Gesetz die Märtyrer befähigt zum passiven Widerstand und ihnen zum Sieg über den „Tyrannen der Griechen“ (18,20) verhilft. 22 4 Makk 14,20. Diese überragende Rolle der Mutter ist im 2 Makk bereits angelegt; vgl. 2 Makk 7,20–23; dazu D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin/New York, NY 2008, 308– 309 (mit Verweis auf weitere Literatur). 23 4 Makk 15,29–32.
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„O Mutter, um der Frömmigkeit willen Kriegerin Gottes […] wurdest in Werken und Worten stärker erfunden als ein Mann.“24 „O Mutter […] Denn wie ein Dach auf den Säulen der Knaben sicher ruhend, hast du, ohne zu wanken, dem Erdbeben der Foltern standgehalten.“25
Im von vielen Erdbeben geplagten Antiochien bietet sich dieser Vergleich an. Falls das 4. Makkabäerbuch einmal als „Festpredigt“ in einer Synagoge gehalten worden ist, dann hat dieses Lob der Mutter wohl auch zur in der Antike berühmt-berüchtigten Anziehungskraft dieses Gottesdienstes auf Frauen beigetragen.26 Im 4. Makkabäerbuch wird mit Hilfe der besten Grundsätze und der höchsten ethischen Ideale griechischer Philosophie in hellenistisch-römischer Zeit bewiesen, dass diese Ideale – konzentriert in den vier Kardinaltugenden – tatsächlich nur von Juden, den Hebräern, verwirklicht werden im Gehorsam gegenüber ihrem Gesetz, und zwar im tapferen Widerstand gegen die Befehle eines fremden Herrschers, der sich selbst auf philosophisch-ethische Grundsätze beruft, um die Hebräer zum Abfall von ihrem Gesetz zu bewegen. Diese Überlegenheit der jüdischen Philosophie über die griechische unterstreicht der Autor unentwegt. Es handelt sich um einen Topos, der sich bei allen jüdischen Autoren aus hellenistisch-römischer Zeit findet, insofern sie sich mit griechischer Weisheit beschäftigen.27 1.2 Die Zuschreibung an Josephus Das 4. Makkabäerbuch wurde in der Alten Kirche als bedeutende jüdische Schrift geschätzt, aber Anonymität war nicht hoch angesehen.28 Schon in der Antike wollten Christen diesem Problem mit konkreten Verfasserangaben abhelfen. 4 Makk 16,14. 4 Makk 17,2 f. 26 In Damaskus sollen nahezu alle vornehmen heidnischen Damen mit dem Judentum sympathisiert haben, und in Antiochien waren unter den Heiden, die sich zu den Gottesdiensten in den Synagogen hingezogen fühlten, vermutlich ebenfalls viele Frauen. S. dazu Ios. bell. Iud. 2,560 (De Bello Judaico I, 294 ed. Michel/Bauernfeind); zum größeren religiösen Interesse der Frauen in der Antike, aber auch zu ihrem Aberglauben s. M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 82.111–115 u. ö. Vielleicht zielte das besondere Lob der Mutter und die Beschreibung der Details der Folterqualen, die dann auch noch stereotyp wiederholt werden, gerade auch auf weibliches Mitgefühl. 27 Ausgeprägt finden wir diese Sicht schon bei Aristobul, dann besonders bei Philo von Alexandrien und Josephus. Vgl. M. Hengel, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh.s v. Chr. (WUNT 10), Tübingen 19883, 295–391; zu 4 Makk s. 304 f.464–473. 28 In der Regel wurden im antiken Judentum anders als bei Griechen und Römern Schriften anonym oder pseudonym, also einer Autorität der Vergangenheit aus grauer Vorzeit als Verfasser zugeschrieben, überliefert. Jesus ben Sira bildet in der hebräischen Literatur die große Ausnahme. Er nennt sich selbst als Autor und wird vom Enkel in seiner griechischen Übersetzung als solcher auch noch einmal gewürdigt. 24 25
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So wurde Philo zum Autor des Liber Antiquitatum Biblicarum, und Josephus wurde das 4. Makkabäerbuch zugeschrieben. Euseb ist der früheste Zeuge für die Annahme, dass Josephus eine Schrift mit dem Titel „Über die Selbstherrschaft der Vernunft“ (Περὶ αὐτοκράτορος λογισμοῦ) geschrieben habe, er fügt aber noch hinzu, dass andere dasselbe Werk unter dem Titel „Makkabäer“ zitierten, weil darin die Kämpfe der tapferen Hebräer um die „göttliche Frömmigkeit“ behandelt und diese Helden auch in den anderen Makkabäerbücher geschildert würden.29 Im Codex Sinaiticus trägt das Werk den Titel ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Δ.30 Es wurde als Teil der Septuaginta im Sinaiticus, im Alexandrinus und anderen Handschriften tradiert und den Makkabäerbüchern als viertes zugeordnet. Die Autorschaft des Josephus können wir mit Sicherheit ausschließen. Sie wird heute auch von kaum jemandem mehr ernsthaft in Erwägung gezogen, aber man kann sich natürlich vorstellen, wie es zu dieser Zuschreibung gekommen sein könnte.31 Wir müssen dazu die von Scarpat vorgeschlagene Entstehung in Rom nicht berücksichtigen. Josephus kennt das 2. Makkabäerbuch nicht und verwendet das 1. Makkabäerbuch als Quelle. Deshalb fehlen in seiner Beschreibung der Religionsnot unter Antiochus IV. die eindrücklichen Einzelmartyrien des Eleazar und der sieben Brüder mit ihrer Mutter, die im 2. Makkabäerbuch in den Kapiteln 6 und 7 geschildert werden. Josephus dagegen beschreibt in den Antiquitates die Maßnahmen am Jerusalemer Tempel, das Verbot des hergebrachten Gottesdienstes, die erzwungene Verehrung heidnischer Götter samt Schweineopfer, das Verbot der Beschneidung und die Errichtung heidnischer Altäre mit Opferzwang im ganzen jüdischen Land. Er berichtet von der Anpassung vieler Juden, aber vor allem auch vom heldenhaften Widerstand der δοκιμώτατοι, der Angesehensten, die „edle Seelen“ 29 Zu Josephus als Verfasser s. Eus. HE 3,10,6 (GCS Eusebius II,1, 224,17–20 ed. Schwartz/ Mommsen/Winkelmann); vgl. Hier. vir. ill. 13,3 (Bibliotheca Patristica, 100–102 ed. Ceresa/ Gastaldo); Greg. Naz. or. 15,2 (PG 35, 913B); Philost. h.e. 1,1 (GCS 5,13–16 ed. Bidez/Winkelmann); Suda, ed. A. Adler, Vol. II, Sammlung wissenschaftlicher Commentare. Lexicographi Graeci 1/2 1931, Ndr. Stuttgart 1967, 655,4–6. Diese und sämtliche anderen Belegstellen aus der Rezeptionsgeschichts sind besprochen in P. Bukovec, Das 4. Makkabäerbuch und Flavius Josephus. Die rezeptionsgeschichtliche Bedeutung des slavischen Josephus, ZSl 57 (2012) 3–24. Vgl. auch H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 647. Auch eine anonyme syrische Dichtung über die makkabäischen Märtyrer nennt Josephus als Autor (6 Makk 541, 250–251 ed. S. Peterson); die Herausgeberin hält den syrischen Text für jüdisch und eine ältere Quelle des 4 Makk; in den Versen 540–546 sieht sie eine der christlichen Interpolationen: S. Peterson, Martha Shamoni. A Jewish Syriac Rhymed Liturgical Poem About the Maccabean Martyrdoms (Sixth Maccabees) (UMI 3267127), Ann Arbor, MI 2007, 14 f.308. Das alles ist wenig überzeugend; m. E. verwendet der Text das 4 Makk und ist christlich. 30 S. dazu adscriptio und subscriptio in London, Brit. Library, Cod. Sin. fol. 43 und 41b (URL: www.codexsinaiticus.org/de/manuscript.aspx2book=13, Zugriff 1. 8. 2013). 31 Vgl. H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 665: „Wie es zu der seit Eusebius vertretenen Zuweisung von 4 Makk an Flavius Josephus als Autor kam, ist restlos gar nicht zu klären.“
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(ψυχὰς εὐγενεῖς) hatten und die väterlichen Gesetze höher achteten als die Strafen, die ihnen für ihren Ungehorsam drohten. Diese wurden täglich gefoltert, starben unter den bittersten Qualen, noch lebend wurden ihnen die Glieder abgehauen, wurden sie ans Kreuz geschlagen, und Frauen, die ihre Söhne beschnitten hatten, wurden stranguliert und samt ihren Kindern ans Kreuz gehängt. Josephus paraphrasiert 1 Makk die Leiden steigernd, aber bei ihm fehlt in den Antiquitates – wie gesagt – das Martyrium von Eleazar und den sieben Brüdern mit ihrer Mutter.32 Er erwähnt sie auch sonst nirgends. Das 2. Makkabäerbuch dient aber dem vierten als Quelle und hier im vierten werden diese Martyrien breit dargestellt. Auf der anderen Seite kann Josephus bei seiner Beschreibung des tapferen Sterbens der Sikarier nach dem 1. Jüdischen Krieg in Alexandrien, diese Märtyrer mit Philosophen vergleichen33. Oder er lässt Titus mit einer Rede seine Soldaten zur Eroberung des Jerusalemer Tempels anspornen, die der agonistisch-martialischen Rhetorik des 4 Makk ähnelt.34 Man könnte auch an die Adlerepisode erinnern, wo die Jünglinge König Herodes beim Verhör entgegenhalten, dass sie dem Gesetz Moses gehorchen und nicht den Anordnungen des Königs, dass sie mit Freude sterben werden, weil sie mit höchster ἀρετή und Liebe zur Frömmigkeit (φιλίᾳ τοῦ εὐσεβοῦς) gehandelt haben.35 Sie starben genauso wie die Märtyrer des 4. Makkabäerbuches einen „edlen Tod“ und stellten den Gehorsam gegenüber Gottes Gesetz über den Gehorsam gegenüber dem König. Einem anderen Eleazar, dem Zeloten Eleazar Sohn des Jair, legt Josephus den Schwanengesang auf die Aufstandspartei in den Mund. In zwei Reden fordert dieser Eleazar die Besatzung der Festung Masada vor der Eroberung durch die Römer zum rituellen Selbstopfer samt Frauen und Kindern auf, als einer von Gott und dem Gesetz befohlenen Notwendigkeit und gerechten Strafe.36 Josephus kann diesen „edlen Tod“ entsprechend schildern, aber er selbst hat ihn für seine eigene Person abgelehnt, seine Haltung entspricht der der beiden vornehmen Frauen in Masada, die sich mit fünf Kindern in den unterirdischen Kanälen der Wasserversorgung versteckten und als Zeuginnen das Blutbad überlebten. Josephus hat sich bekanntlich dem kollektiven Suizid seiner Kriegsgefährten in Jotapata entzogen und dies auch als Priester und Schriftgelehrter theologisch gerechtfertigt.37
Ios. ant. Iud. 12,248–256 (Flavii Iosephi Opera III, 114,6–116,5 ed. Niese). Ios. bell. Iud. 7,415–419 (De Bello Judaico II/2, 150 ed. Michel/Bauernfeind). 34 Ios. bell. Iud.. 6,33–53 (De Bello Judaico II/2, 6–10 ed. Michel/Bauernfeind); vgl. 4 Makk 17,17–24. 35 Ios. ant. Iud. 17,151–160 (Flavii Iosephi Opera IV, 97,9–99,5 ed. Niese); vgl. J. W. van Henten / F. Avemarie, Martyrdom and Noble Death. Selected Texts from Graeco-Roman, Jewish and Christian Antiquity, London/New York, NY 2002, 50. 36 Ios. bell. Iud. 7,320–388 (De Bello Judaico II/2, 132–144 ed. Michel/Bauernfeind). 37 Ios. bell. Iud. 3,340–408 (De Bello Judaico I, 366–378 ed. Michel/Bauernfeind); vgl. dazu A. M. Schwemer, Gottesherrschaft bei Josephus, 76–82. 32 33
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Deutlich ist die sprachliche Verwandtschaft zwischen Josephus, Philo und dem 4. Makkabäerbuch. Diese Schriften gehören zum selben sprachlichen und kulturellen Milieu. Aber das 4. Makkabäerbuch steht sprachlich auch neutestamentlichen und christlichen Autoren wie besonders Paulus, dem Hebräerbrief und dann Ignatius von Antiochien nahe.38 Auf dieser Beobachtung beruhen die modernen Versuche, den Autor über seine Nähe zu Josephus, dem Hebräerbrief und den Ignatianen zu bestimmen. Vermutlich suchten die antiken Christen nicht nur nach einem passenden, möglichst berühmten Autor für diese Schrift,39 sondern auch nach einer Erklärung, warum Josephus ausgerechnet auf die wichtigsten jüdischen Märtyrertexte, das Martyrium des alten Eleazar und der sieben Brüder mit ihrer Mutter, nicht eingegangen war. Die einfachste Erklärung dafür war: Er konnte sie in den Antiquitates übergehen, weil er ihnen ja eine eigene Schrift gewidmet hatte. Auf jeden Fall haben gelehrte Christen, wie Euseb und Hieronymus, das 4. Makkabäerbuch dem besten jüdischen Historiker der Antike, den sie kannten, zugeschrieben. 1.3 Der Verfasser Aus der Schrift selbst lässt sich für den Verfasser entnehmen, dass er ein hellenisierter Jude war, ein Schriftgelehrter (νομικός) – rhetorisch und philosophisch auf der Höhe seiner Zeit.40 Er vertrat die stoische κοινή und kannte wahrscheinlich auch Poseidonios – vermutlich durch seine Ausbildung zum Rhetor.41 Er wendet sich an ein ebenso gebildetes Publikum, das selbstverständlich auch über eine breite Kenntnis von Gesetz, Propheten und Psalmen verfügt, die ihm in der griechischen Übersetzung aus der Synagoge vertraut sind. Dem Thema und dem Charakter nach steht sein Werk Senecas De constantia sapientis, „Über die Standhaftigkeit des Weisen“, in nichts nach, wie schon deSilva betont hat.42 Ein wesentlich gründlicherer Philosoph als unser Autor war aber ohne Zweifel Philo von Alexandrien, und ein besserer Historiker war Josephus.43 Wie Seneca wählt der Verfasser historische Beispiele, um seine Hauptthese zu beweisen. Historische Beispiele galten in der Rhetorik als überzeugender und wirkungsvoller als fiktive.44 Aber anders als bei Seneca nehmen die historischen Beispiele im 4. Makkabäerbuch einen wesentlich breiteren Raum ein; die philosophische Erörterung dient nur als Einleitung und philosophische Grundsätze 38 Vgl. zur sprachlichen Verwandtschaft mit Josephus G. Scarpat, Quarto libro dei Maccabei, 55–66; zu der Verwandtschaft mit Philo und anderen Philosophen dort 66–75 u. ö. 39 So H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 665; vgl. o. Anm. 31. 40 S. dazu R. Renehan, Philosophic Background, 231. 41 Vgl. R. Renehan, Philosophic Background, 237–238. 42 D. A. deSilva, 4 Maccabees, xxiii: das 4 Makk gehört wie Senecas De constantia sapientis und Epiktets Dissertationes zur protreptischen Literatur. 43 R. Renehan, Philosophic Background, 224 mit Verweis auf R. Pfeiffer, History of New Testament Times with an Introduction to the Apocrypha, New York, NY 1949, 215. 44 H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 656.
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tauchen gegen Schluss immer seltener auf; der Argumentation mit jüdischer Tradition wird das Feld überlassen. Am Anfang steht dazu die Mahnung (1,1 f.): „Ich möchte euch aufrichtig raten, dass ihr bereitwillig aufmerkt auf die Philosophie. Denn unentbehrlich ist (diese) Erörterung zum Wissenserwerb für jeden, und sie enthält überdies ein Loblied auf die größte Tugend (ἀρετή).“
Und am Ende wird das Publikum noch einmal angesprochen: „O ihr Abkömmlinge von Abrahams Samen, Kinder Israels, gehorcht diesem Gesetz und lebt in jeder Hinsicht fromm.“ (18,1)
Mit diesem Apell warnt der fiktive Redner sein Auditorium vor den Gefahren der Assimilation. Die Märtyrer, die als Vorbilder geschildert werden, sterben lieber, als sich mit Schweinefleisch und Götzenopfer (εἰδωλόθυτος)45 zu verunreinigen. Jüdische Speisetabus sind im 4. Makkabäerbuch keine Adiaphora; die Speisegebote bilden auch sonst die Grenze zu den Heiden.46 Es ist keine kleine Sünde, etwas Unreines zu essen, „(d)enn in kleinen Dingen und in großen Dingen ungesetzlich zu handeln ist völlig gleichwertig“.47 In diesem Grundsatz zeigt sich die Nähe zum Mutterland. Josephus ,zitiert‘ einen solchen Apostaten mit der Rede des Simri bei seiner Schilderung der Pinchas-Episode. Simri bezeichnet die Gesetzgebung des Mose als eine Tyrannei, die allem, was bei anderen Völkern als richtig gelte, widerspreche, und beansprucht als freier Mann selbst am besten zu wissen, was er zu tun habe: „Lebe du selbst, Mose, nach deinen Gesetzen, für die du dich so eifrig bemühst […] Ich jedenfalls werde nicht deinen tyrannischen Vorschriften folgen. Bis jetzt hast du nichts anderes erstrebt als unter dem Vorwand von Gesetzen und von Gott uns zu versklaven und dir die Herrschaft auf schlechte Weise zu verschaffen. […] Ich opfere auch den Göttern, denn ich meine, es sei richtig, da so viele Wege zur Wahrheit führen, nicht wie unter einer Tyrannis zu leben und auf einen allein seine ganze Hoffnung fürs ganze Leben zu setzen.“48 45 4 Makk 5,2; dazu Apg 15,29; 21,25 (vgl. 15,20 ἀπέχεσθαι τῶν ἀλισγημάτων τῶν εἰδώλων) im Aposteldekret. 46 Zum Aposteldekret s. R. Deines, Das Aposteldekret – Halacha für Heidenchristen oder christliche Rücksichtnahme auf jüdische Tabus?, in: J. Frey / D. R. Schwartz / S. Gripentrog (Hg.), Jewish Identity in the Greco-Roman World – Jüdische Identität in der griechisch-römischen Welt (AGJU 71), Leiden/Boston, MA 2007, 323–395; F. Avemarie, Die jüdischen Wurzeln des Aposteldekrets. Lösbare und ungelöste Probleme, in: M. Öhler (Hg.), Aposteldekret und antikes Vereinswesen. Gemeinschaft und ihre Ordnung (WUNT 280), Tübingen 2011, 5–32 = Ders., Neues Testament und frührabbinisches Judentum, hg. v. J. Frey / A. Standhartinger (WUNT 316), Tübingen 2013, 773–800. 47 4 Makk 5,20; vgl. M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 296: „Gut palästinisch ist, daß im Gesetzesgehorsam die kleinen und die gewichtigen Gebote gleichwertig sind.“ 48 Ios. ant. Iud. 4,145–149 (Flavius Josèphe, Les Antiquités juives. Vol. II: Livres IV et V, ed. E. Nodet, Paris 1995, 36); vgl. zur Rede Simris A. M. Schwemer, Die „Eiferer“ Elia und Pinchas und ihre Identifikation, in: H. Lichtenberger (Hg.), Martin Hengels „Zeloten“. Ihre
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Gerade in griechischer παιδεία gebildete Juden aus der wohlhabenden Oberschicht waren in der Diaspora in der Gefahr zu meinen, es gebe unwichtige Gebote, oder gar abzufallen. Ein bekannter Apostat war Dositheos, Sohn des Drimylos, ein ägyptischer Jude, „der aber später die Befolgung der Satzungen aufgab und den von den Vätern überkommenen Geboten entfremdet wurde“.49
Dieser Dositheos amtierte um 222 als Priester Alexanders d. Gr. und der vergöttlichten Ptolemäer und besaß damit das höchste priesterliche Amt im hellenistischen Ägypten.50 Weiter Tiberius Julius Alexander, der Sohn des jüdischen Alabarchen Alexander, der „an vornehmer Herkunft und Reichtum alle seine Mitbürger übertraf“. Er war ein Neffe Philos, aber schlug die römische Ämterlaufbahn ein und brachte es bis zum Präfekten Ägyptens. Er vollzog die mit seinen Aufgaben verbundenen paganen Riten und „blieb nicht bei den althergebrachten Sitten (πατρίοις […] ἔθεσιν)“.51 Der dritte und für uns interessanteste Fall ist ein Antiochus, Sohn des Archonten der Juden in Antiochien, auf den ich später noch einmal zurückkommen möchte. Nach Josephus waren die Juden in Antiochien wohlhabend. Auch hier bestanden Sympathien zwischen Juden und Heiden in der Oberschicht52: „sie (die Juden) schmückten ihr Heiligtum (τὸ ἱερόν) mit kunstvollen und prächtigen Weihgeschenken und sie zogen durch ihre Gottesdienste eine große Menge von Griechen an und machten sie, in gewisser Weise, zu einem Teil von ihnen selbst.“53
Auf der anderen Seite nahm die jüdische Oberschicht auch vorsichtig pagane Sitten an. Insofern die jungen Männer an der Ausbildung als Epheben im Gymnasium in Antiochien teilnahmen, konnten sie sich vom Gymnasiarchen statt der Ölspende einen fixen Betrag auszahlen lassen, mit dem sie sich „reines Öl“ aus der Heimat beschaffen konnten, was eben wegen der Nähe zu Palästina möglich war. Dieses Ölprivileg spricht dafür, dass die Antiochener Juden in Reinheitsfragen strenger waren als andere in der Diaspora und sich stärker an den Forderungen im Mutterland orientierten.54 Bedeutung im Licht von fünfzig Jahren Forschungsgeschichte, Tübingen 2013, 21–80, hier 44 f.; zur literarischen Stilisierung von Antiochus IV. dagegen als Tyrannen in 4 Makk s. B. Heininger, Antiochus, 45–58. 49 3 Makk 1,3. 50 A. M. Schwemer, Art. Dositheos [1], DNP 3 (1997) 800; K.-G. Sandelin, Attraction and Danger of Alien Religion. Studies in Early Judaism and Christianity (WUNT 290), Tübingen 2012, 15.19.193, vgl. 58. 51 Ios. ant. Iud. 20,100 (Flavii Iosephi Opera IV, 293,1–5 ed. Niese); vgl. K.-G. Sandelin, Attraction, 15–18. 52 Vgl. J. M. G. Barclay, Jews, 254; K.-G. Sandelin, Attraction, 19–20. 53 Ios. bell. Iud. 7,45 (De Bello Judaico II/2, 84 ed. Michel/Bauernfeind); s. dazu M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 290–291, vgl. 139. 54 Ios. ant. Iud. 12,120 (Flavii Iosephi Opera III, 93,2–6 ed. Niese); vgl. M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 288–289: Diese „Tendenz [macht] die furchtsam-schwankende Haltung der
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2. Antiochien als Ort der Abfassung des 4. Makkabäerbuches Der Verfasser des 4. Makkabäerbuches rechnet mit Adressaten, die in Reinheitsfragen sensibel sind. Deshalb könnte das Ölprivileg für Antiochien als Entstehungsort sprechen.55 Mit erstaunlicher Einigkeit hält man heute – abgesehen von Scarpat – das „syrische(n) Antiochien“ oder eine der großen Städte in den „Anrainerstaaten“ für den Abfassungsort.56 Jan Willem van Henten hatte Kilikien vorgeschlagen, weil in 4,2 Apollonius Statthalter von Syrien, Phoinikien und Kilikien genannt wird, während er in der Vorlage 2 Makk 4,4 nur Statthalter von Koile Syrien und Phoinikien ist. Weiter hat van Henten darauf hingewiesen, dass die Grabinschrift, die gegen Schluss der Rede für die Märtyrer entworfen wird, mit ἐνταῦθα […] ἐνκεκήδευνται „hier […] liegen bestattet“ eine Formel verwendet, die sich ähnlich auf jüdischen und paganen Grabinschriften in Phrygien, Lykaonien, Lykien, Jonien und Galatien findet und besonders häufig dann auf christlichen Grabsteinen in Galatien, Lykaonien und Phrygien erscheint.57 Aber auch Josephus kann ἐγκηδεύω für „bestatten“ verwenden58 und in der Apokalypse des Mose – beziehungsweise der Vita Adae et Evae59 – dient das Simplex κηδεύω als „Schlüsselwort“ für die sorgfältige Vorbereitung des Leichnams mit kostbaren Aromata und Gewändern aus feiner Leinwand für das Begräbnis, es kann „aber auch die Bestattung als ganze“ bezeichnen.60 Das Verb begegnet aber auch in anderen frühjüdischen und ‑christlichen Texten für die Bestattung.61 In
antiochenischen Judenchristen in Gal 2,11–13 verständlicher“ (289); vgl. auch M. Bockmuehl, Jewish Law in Gentile Churches. Halakhah and the Beginning of Christian Public Ethics, Edinburgh 2000, 60. 55 Es steht fest, dass das Werk nicht in Palästina, sondern in der Diaspora geschrieben worden sein muss. 56 H.-J. Klauck, Septuaginta Deutsch, 730. 57 J. W. van Henten, A Jewish Epitaph in a Literary Text: 4Macc 17:8–10, in: Ders. / P. W. van der Horst (Hg.), Studies in Early Jewish Epigraphy (AGJU 21), Leiden 1994, 44–69; Ders., Maccabean Martyrs, 81: „The compositum ἐγκηδεύω occurs several times in inscriptions from Teos (Ionia) and very often in epitaphs from Olympus in Lycia. These parallels may support the hypothesis that the provenance of 4 Maccabees is in one of the cities in Asia Minor.“ Zu Kilikien als Abfassungsort s. schon Ders., Datierung, 149. Dagegen D. A. deSilva, 4 Maccabees, xviii–xix. 58 Ios. ant. Iud. 9,104 (Flavius Josèphe, Les Antiquités juives. Vol. IV: Livres VIII et IX, ed. E. Nodet, Paris 2005, 156). 59 So der Titel der Schrift in: A. M. Denis O. P., Concordance Grecque des Pseudépigraphes d’Ancien Testament, Louvain-la-Neuve 1987. 60 ApcMos 40,2–3.6 (J. Dochhorn, Die Apokalypse des Mose. Text, Übersetzung, Kommentar (TSAJ 106), Tübingen 2005, 523.527.538); 42,3 (551 ed. Dochhorn); 43,1–2 (560 ed. Dochhorn); der Terminus erscheint insgesamt 9mal; hinzu kommt ἀκήδευτος in 40,4 (527 ed. Dochhorn); s. dazu den Kommentar J. Dochhorn, Apokalypse des Mose, 525 (Zitat). 61 TestAbr (längere Version), 20,11 (F. Schmidt, Le Testament grec d’Abraham. Introduction, édition critique des deux recensions grecques, traduction (TSAJ 11), Tübingen 1986, 166); ParJer 9,10–12 (Writings from Greco-Roman world 22, 34 ed. Herzer) – diese Stelle ist vermutlich christlich; ApcEsr 7,15 (PVTG 4, 34 ed. Wahl); TestJob 39,10; 40,12 (PVTG 2, 48,18; 50,8 ed.
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Antiochien haben die bisherigen Grabungen m. W. leider keine jüdischen Grabinschriften zu Tage gefördert. Die ältere Vermutung, dass diese philosophische Schrift in Alexandria verfasst wurde, ist fast ganz aufgegeben worden.62 Man ist davon abgekommen, weil das 4. Makkabäerbuch so gar nichts mit der in Alexandria beliebten allegorischen Schriftauslegung gemein hat und zudem Alexandria nicht der einzige Ort war, an dem Juden mit populärer griechischer philosophischer Rhetorik in Berührung kamen, dafür bieten sich viele Städte rings ums Mittelmeer an. Auch konzentrieren sich vergleichbare jüdische Weisheitstexte aus Ägypten auf den Pentateuch und nicht wie das 4. Makkabäerbuch auf prophetische Bücher.63 Vor allem aber spielt Antiochus IV. in der ägyptischen jüdischen Literatur gar keine Rolle. Dort war man an Alexander dem Großen und an den Ptolemäern als Herrschern interessiert, aber nicht an den Seleukiden.64 In Antiochia blieb dagegen Antiochus IV. in lebendiger Erinnerung. Er war einer der Stadtgründer, dem der Stadtteil Epiphanía seinen Ursprung verdankte.65 Hier siedelte er autochthone Syrer an. Der Kult des κτίστης wird in diesem Stadtteil jährlich festlich begangen worden sein. Er blieb in Erinnerung als der große König. Auch das jüdische Viertel Kerateion im Südwesten der Stadt lag im Bezirk Epiphania. Wahrscheinlich siedelte Antiochus hier auch jüdische Kriegsgefangene an, nicht nur im Villenvorort Daphne.66 Brock) und ἀκηδία in 25,10; 39,6 (PVTG 2, 37,9; 48,9 ed. Brock). Zur fiktiven Inschrift in 4 Makk 17,8–10, s. u. 62 So hat auch Karl Hoheisel vor ein paar Jahren darauf hingewiesen, dass 4 Makk wahrscheinlich nicht zur hellenistisch-jüdischen Weisheitsliteratur aus Ägypten gehört. K. Hoheisel beruft sich dazu auf Nickelsburg und Rost: Das 4 Makk sei nicht in Ägypten, sondern in Antiochien in Syrien abgefasst unter dem Eindruck der Caligula-Krise um 40 n. Chr., als der Kaiser sein Standbild als das des neuen Zeus im Jerusalemer Tempel aufstellen lassen wollte, s. K. Hoheisel, Art. Ägypten II (literaturgeschichtlich), RAC Supplementum I (2001) 64. Zum Vorschlag der Verbindung der Entstehung mit der Caligula-Krise s. u. Anders wieder S. Rocca, Herod’s Judaea. A Mediterranean State in the Classical World (TSAJ 122), Tübingen 2008, 290 Anm. 28; er meint, das 4 Makk bezeuge ein Purim entsprechendes Fest, das die alexandrischen Juden gefeiert hätten. 63 Zu diesem Argument s. M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 295. 64 Dies kann man gut am 3. Makkabäerbuch ablesen, das ebenfalls das 2. Makkabäerbuch als Quelle aufnimmt. In 3 Makk 1,1.4 werden Antiochus III. und die Schlacht bei Rhaphia (vgl. M. Hengel, Juden, Griechen und Barbaren. Aspekte der Hellenisierung des Judentums in vorchristlicher Zeit (SBS 76), Stuttgart 1976, 55–57) zwar erwähnt, aber aus der Perspektive der ägyptischen Diaspora steht natürlich Ptolemaios IV. Philopator im Zentrum als heidnischer König und Widersacher der gesetzestreuen Juden. 65 Johannes Malalas, Weltchronik 8,21 (p. 205 ed. Dindorf; p. 155 ed. Thurn); zur Übersetzung und Kommentierung vgl.: J. Thurn / M. Meier u. a. (Hg.), Johannes Malalas. Weltchronik (BGrL 69), Stuttgart 2009, 215; vgl. M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 285. 66 ySan 29c, 62–70: „in drei Exile gingen die Israeliten ins Exil […] einmal nach Dafne bei Antiochia […] An den Wegen werden sie weiden, und an allen Kahlhöhen ihre Weide haben (Jes 49,9). Das sind die (Stämme Juda und Benjamin), die nach Dafne bei Antiochia ins Exil gingen.“ S. dazu die Übersetzung von G. A. Wewers, Sanhedrin. Gerichtshof. Übersetzung des Talmud Yerushalmi IV/4, Tübingen 1981, 294 (dort sind auch die Parallelstellen angegeben). Daphne bei
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Für die jüdische Bevölkerung blieb er jedoch der Frevler, der den Jerusalemer Tempel geplündert hatte. Vermutlich war es sein Nachfolger Demetrius, der den Antiochener Juden die kostbaren Geräte und Weihegeschenke, die Antiochus geraubt hatte, zurückgab und damit die Hauptsynagoge Antiochiens (ἱερόν nennt sie Josephus an dieser Stelle) ausstattete. Sie wurden nicht nach Jerusalem zurückgegeben, so hatten die Besucher der Synagoge diese Trophäen als Zeichen des jüdischen Sieges über den gottlosen König sogar ständig vor Augen: „Antiochus Epiphanes hatte nämlich Jerusalem zerstört und den Tempel geplündert; die Nachfolger auf seinem Thron erstatteten alle bronzenen Weihgeschenke den Juden Antiochias zurück und ließen sie in der Synagoge aufstellen. Dazu bewilligten sie ihnen die gleichen Rechte wie den Griechen.“67
Man kann annehmen, dass die Antiochener Juden ein bleibendes Interesse an den traumatisierenden Vorgängen in Jerusalem hatten, die zum Aufstand der Makkabäer gegen den König führten,68 der, wie Josephus berichtet, auch ihre Bürgerrechte eingeschränkt hatte. Ein weiteres Argument für die Abfassung des 4. Makkabäerbuches in Antiochien bildet die lokale Märtyrerverehrung. Die Quellenlage ist jedoch ziemlich kompliziert. Im 2. Makkabäerbuch erleidet Eleazar das Martyrium – so ist nach der Textabfolge anzunehmen – nicht in Jerusalem selbst, sondern in einer der Jerusalem „benachbarten griechischen Städte“. Er wird auf Befehl von Ptolemaios, dem Sohn des Dorymenes, dem Strategen von Koilesyrien und Phoinikien zum Schweinefleischessen gezwungen, gefoltert und umgebracht.69 Dadurch, dass der Epitomator eine Reflexion über die Grausamkeit der zu berichtenden Ereignisse eingefügt hat, wird die Lokalisierung von Eleazars Sterben etwas unklar.70 Antiochien war ein sehr vornehmes „Viertel“; hier fand der jüdische Hohepriester Onias III. zunächst Asyl im Apollon-Tempel, bevor er ermordet wurde (2 Makk 4,33 f.). Zur Synagoge in Daphne vgl. Johannes Malalas, Weltchronik 10,45 (p. 260 ed. Dindorf; p. 197 ed. Thurn), der erwähnt, dass diese Synagoge nach dem 1. Jüdischen Krieg profaniert und in ein Theater verwandelt worden sei mit der Inschrift „Aus der Kriegsbeute von Judäa“; vgl. dazu M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 290; L. Triebel, Die angebliche Synagoge der makkabäischen Märtyrer in Antiochia am Orontes, ZAC 9 (2006) 464–495, hier 474 f. hält dagegen die Nachricht bei Malalas für völlig wertlos; weiter dazu u. Anm. 108. 67 Ios. bell. Iud. 7,44 (De Bello Judaico II/2, 84 ed. Michel/Bauernfeind). 68 T. A. Robinson, Ignatius, 129 Anm. 6: „There is evidence that the Jews in Antioch had an interest in, or memory of, the crisis in Jerusalem under Antiochus IV, which provoked the Maccabean revolt.“ 69 2 Makk 6,8–9.18–31. Im Bericht des 2 Makk über Eleazar fallen auch λογισμός (6,23) und ἀρετή (6,31) auf. Der Schlusssatz lautet: Er hinterließ für die Jugend seines Volkes „ein Beispiel des Edelmuts und ein denkwürdiges Zeichen von ἀρετή.“ Auch der λογισμός der Mutter wird in 2 Makk 7,21 gerühmt. Beide Termini werden im 4 Makk aufgenommen und die Motivik ausgestaltet. 70 2 Makk 6,8 und 6,18 werden u. a. unterbrochen durch die Erklärung des Epitomators in 6,12–17. Die beiden Märtyrergeschichten, die des Eleazar und die der sieben Brüder und ihrer Mutter, verdankt der Epitomator anderen Quellen als den fünf Bänden des Jason von Cyrene,
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Die Mutter und ihre sieben Söhne dagegen sterben im 2. Makkabäerbuch in Gegenwart des Königs und als Ort ergibt sich aus dem Kontext dessen Hauptstadt Antiochien. Vielleicht lokalisierte die Überlieferung, die das 2. Makkabäerbuch aufnimmt, ursprünglich die legendäre Geschichte in Jerusalem, aber man kann nicht ausschließen, dass die ältere Überlieferung von einer Mutter und ihren sieben Söhnen erzählte, die zu den Kriegsgefangenen gehörte, die nach Antiochien verschleppt wurden.71 Aber ganz klar wird der Ort ihres Martyriums nicht angegeben; die Lokalisierung bleibt im 2. Makkabäerbuch sowohl für Eleazar wie für die sieben Brüder und ihre Mutter eigenartig in der Schwebe, was damit zusammenhängen wird, dass der Verfasser des 2. Makkabäerbuches seine Quellen hier nicht ganz nahtlos ineinander gearbeitet hat. Das 4. Makkabäerbuch verlegt beide Martyrien nach Jerusalem. Es korrigiert damit alle Unklarheiten seiner Vorlage. Der historische Rahmen wird nach 2 Makk 3–7 verkürzt und vereinfacht wiedergegeben, dafür die Folterqualen und die Reden des Königs und die der Märtyrer in aller Ausführlichkeit geschildert. Für die Lokalisierung in Jerusalem wird sich der Verfasser des 4. Makkabäerbuches zudem auf eine Tradition gestützt haben, die Josephus zweimal erwähnt und dabei einmal nach Diodorus Siculus zitiert.72 Antiochus IV. war in der Antike berühmt und bei Juden berüchtigt als der König, der ihnen ihren „Aberglauben“ austreiben und sie zur gesitteten Kultur der Griechen bekehren, ja zwingen wollte.73 So soll Antiochus im Jerusalemer dessen Werk er aufnimmt und verkürzt; s. dazu D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 19–25. Zu 2 Makk 7 s. schon C. Habicht, 2. Makkabäerbuch (JSHRZ I,3), Gütersloh 1979, 171.233. 71 In 2 Makk 5,21–23 zieht Antiochus IV. aus Jerusalem nach Antiochien ab und „ließ Aufseher zurück, die das Volk bedrückten“. Dann werden in c. 7 die sieben Brüder und ihre Mutter vom König selbst, der sich nicht mehr in Jerusalem, sondern in seiner Hauptstadt Antiochien aufhält, verhört und in seiner Anwesenheit unter Foltern zu Tode gebracht. J. A. Goldstein, II Maccabees. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 41A), Garden City, NY 1983, 298 nimmt eine komplizierte Entstehungsgeschichte von 2 Makk 7 an und rechnet damit, dass drei verschiedene Erzählungen ineinander gearbeitet wurden: Die eine erzählte von einer Familie in Antiochien, die dort in Gegenwart des Königs gefoltert wurde; die zweite von einer Familie, die aus Judäa oder Jerusalem in die Gefangenschaft nach Antiochien gebracht und „there to be martyred in the presence of the king“; die dritte habe von einer Familie gehandelt, die in Jerusalem das Martyrium erlitten habe. Vgl. auch D. Joslyn-Siemiatkoski, Christian Memories of the Maccabean Martyrs, New York, NY 2009, 179 Anm. 10; D. R. Schwartz, 2 Maccabees, 19 Anm. 47 und 89 Anm. 212. 72 Ios. ant. Iud. 12,253; 13,243 (Flavii Iosephi Opera III, 115,8–13; 196,15–19 ed. Niese). Vermutlich hatte auch die Quelle, beziehungsweise hatten die Quellen, die der Autor von 2 Makk in den Kapiteln 6 f. aufgenommen hat, die Martyrien in der Nähe von Jerusalem (6,8) und in Jerusalem lokalisiert. 73 2 Makk 11,24; Tac. hist. 5,8,2 (BSGRT Tacitus II/1, 172,8–10 ed. Wellesley; Text auch bei M. Stern, Greek and Latin Authors on Jews and Judaism, Jerusalem 19983, II, 21): rex Antiochus demere superstitionem et mores Graecorum dare adnisus, quo minus taeterrimam gentem in melius mutaret; vgl. den Kommentar von M. Stern, Authors II, 47. Dazu M. Hengel, Hadrians Politik gegenüber Juden und Christen, in: Ders., Judaica et Hellenistica. Kleine Schriften I (WUNT 90), Tübingen 1996, 358–391, hier 383 f.
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Tempel eine Marmorstatue gefunden haben, einen Esel auf dem ein bärtiger Mann saß mit einem Buch in der Hand. „Er nahm an, dass dies Mose sei, der Gründer von Jerusalem und Verfassungsgeber des Volkes, der den Juden die menschenfeindlichen und ungesetzlichen Sitten als Gesetz gegeben hatte. Er aber war schockiert von diesem Hass auf alle Völker und beschloss diese Gesetze aufzuheben. Deshalb opferte er vor der Statue des Gründers und dem Altar des Gottes unter freiem Himmel ein großes Schwein und goss das Blut über sie. Und nachdem er das Fleisch zubereitet hatte, befahl er ihre heiligen Bücher, die fremdenfeindliche Anordnungen enthielten, mit der Fleischbrühe zu besprengen, den bei ihnen, weil er ununterbrochen brennt, ‚unsterblich‘ genannten Leuchter auszulöschen und den Hohenpriester und die anderen Juden zu zwingen von dem Fleisch zu essen.“ 74
Auch das 4. Makkabäerbuch setzt voraus, dass Antiochus IV. selbst nach der Eroberung ein Schweineopfer im Jerusalemer Tempel darbrachte. Diese Tradition muss verbreitet gewesen sein. Vermutlich verdankt Diodorus Siculus diese Geschichte Poseidonius. Sie geht wohl letztlich auf die seleukidische antijüdische Propaganda zurück. Der Verfasser des 4. Makkabäerbuchs nimmt diese Tradition auf und durch die Kombination von Opferzwang und Martyrien in der Gegenwart des Königs gelingt ihm eine einheitliche Szenerie in Jerusalem. Er könnte aufgrund dieser Überlieferung Eleazar als Priester aufgefasst haben.75 Eine Antiochener Reminiszenz an den Opferzwang des Königs ereignete sich im Jahr 67 n. Chr. Der schon erwähnte Apostat Antiochus (nomen est omen), Sohn des Leiters der jüdischen Gemeinde, verleumdete zu Beginn des 1. Jüdischen Krieges, als Vespasian in Syrien ankam und als der Hass auf die Juden in den syrischen Städten „einen Höhepunkt erreichte“76, vor der im Theater versammelten antiochenischen Bürgerschaft seinen eigenen Vater und andere Juden, sie hätten sich verschworen die ganze Stadt in einer Nacht anzuzünden. Daraufhin wurden die im Theater befindlichen Juden sofort verbrannt und durch ein Pogrom kamen viele weitere ums Leben. Als besondere Perfidie – so erwähnt Josephus – verfiel Antiochus auf Opferzwang: „Antiochus steigerte aber ihren Zorn [das heißt: der paganen Bevölkerung] noch mehr; und weil er glaubte, er müsse einen Beweis seiner Sinnesänderung und seines Hasses gegen die jüdischen Gebräuche erbringen, opferte er nach griechischer Sitte. Dann forderte er die Griechen auf, die anderen Juden zu zwingen, dasselbe zu tun; an der Weigerung würden nämlich die Verschwörer erkannt. Als die Antiochener dies auch wirklich versuchten, 74 Ios. ant. Iud. 13,243 (Flavii Iosephi Opera III, 196,15–19 ed. Niese); vgl. den Text auch bei M. Stern, Authors I, 182–185 (Nr. 63); zur Frage, ob diese Überlieferung auf Diodorus Siculus oder schon auf Poseidonius zurückgeht s. P. Schäfer, Judeophobia. Attitudes toward the Jews in the Ancient World, Cambridge, MA/London 19982, 66–68. 75 In 2 Makk 6,18 ist er nur τις τῶν πρωτευόντων γραμματέων; in 4 Makk 5,4 gehört er zum Priesteradel τὸ γένος ἱερεύς und τὴν ἐπιστήμην νομικός. 76 Ios. bell. Iud. 7,46 (De Bello Judaico II/2, 86 ed. Michel/Bauernfeind).
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ließen sich nur wenige Juden darauf ein; die Widerspenstigen wurden hingerichtet. Antiochus bekam nun vom römischen Statthalter Soldaten, mit denen er seine Mitbürger noch schlimmer bedrängte: er ließ sie am siebten Tage nicht ruhen, sondern zwang sie […] zu arbeiten […]“.77
Worin das Opfer „nach griechischer Sitte“ bestand, teilt Josephus nicht mit, es wird sich um ein Schwein gehandelt haben; ein Opfer im Zusammenhang mit dem Kaiserkult ist weniger wahrscheinlich.78 Antiochus bekam Truppen vom Statthalter, weil er vermutlich selbst einen militärischen Posten hatte und mit der Rekrutierung römischer Truppen in Antiochien befasst war, die in dieser Zeit in der Stadt zum Kampf gegen die aufständischen Juden im 1. Jüdischen Krieg ausgehoben wurden. Wahrscheinlich wurde in diesem Kontext auch versucht, das Ölprivileg der jüdischen Bürgerschaft Antiochiens abzuschaffen.79 Als es dann vier Jahre später wirklich in der Stadt brannte, wurden die Juden ebenfalls verantwortlich gemacht, aber der Statthalter stellte dann rasch die wahren Schuldigen fest.80 Kommen wir auf die lokale Märtyrerüberlieferung zurück. Ein Hauptargument für die Entstehung des 4. Makkabäerbuchs in Antiochien bildet die dortige Tradition vom Grab der Mutter mit ihren sieben Söhnen. J. Hahn meinte, die „Grabstätte der makkabäischen Brüder“ in Antiochien war „eine auch von Christen eifrig frequentierte jüdische Verehrungsstätte“, die in den Jahren zwischen 386 und 398 von den antiochenischen Christen in Besitz genommen und „umgehend mit einer Märtyrerkapelle überbaut wurde.“ Frühester Beleg für diesen Besitzwechsel seien die Predigten des Chrysostomos.81 Ios. bell. Iud. 7,50–53 (De Bello Judaico II/2, 86 ed. Michel/Bauernfeind); Übersetzung von O. Michel / O. Bauernfeind, Flavius Josephus. De Bello Judaico. Der Jüdische Krieg. Griechisch und Deutsch, Bd. II/2, Darmstadt 1969, 85–87, Zitat: 87. Vgl. J. M. G. Barclay, Jews, 256 f. (vgl. 322). 78 So der Vorschlag von O. Michel / O. Bauernfeind, Flavius Josephus, Bd. II/2, 230 Anm. 31. 79 S. dazu J. M. G. Barclay, Jews, 256. 80 Ios. bell. Iud. 7,54–62 (De Bello Judaico II/2, 86–88 ed. Michel/Bauernfeind). 81 J. Hahn, Gewaltanwendung ad maiorem gloriam dei? Religiöse Intoleranz in der Spätantike, in: H.-G. Nesselrath u. a., Für Religionsfreiheit, Recht und Toleranz. Libanios’ Rede für den Erhalt der heidnischen Tempel (SAPERE XVIII), Tübingen 2011, 227–251, Zitate 248. Dagegen hält L. V. Rutgers, The Importance of Scripture in the Conflict Between Jews and Christians. The Example of Antioch, in: Ders. / P. W. van der Horst / H. W. Havelaar u. a. (Hg.), The Use of Sacred Books in Ancient World, Leuven 1998, 287–303, hier 299 f., jüdische Gräber innerhalb von Städten, eine jüdische Verehrung eines Märtyrergrabes und seine Verbindung mit einer Synagoge für unmöglich in der Antike; auf ihn beruft sich M. Zetterholm, The Formation of Christianity in Antioch. A social-scientific approach to the separation between Judaism and Christianity, London/New York, NY 2003, 81; s. auch L. Triebel, Synagoge. Aber es gibt sehr wohl eine jüdische Verehrung von Märtyrergräbern; das des Propheten Jesaja z. B. lag wie das königliche Davidgrab innerhalb von Jerusalem. Zur Kritik Jesu an der Verehrung von Propheten‑ und Märtyrergräbern s. Mt 23,29par.; vgl. dazu A. M. Schwemer, Vitae Prophetarum (JSHRZ I/7), Gütersloh 1997, 548–550 u. ö.; dies., Vitae Prophetarum und Neues Testament, 77
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Es gibt für dieses Märtyrergrab mehrere – jüdische und christliche – Hinweise. 1. In einem jüdisch-arabischen Text aus dem Mittelalter heißt es: „Und dort wurde über ihnen [das heißt: den sieben Brüdern und ihrer Mutter] die Synagoge von Haschmonith [die Mutter erhielt den Namen ,die Hasmonäerin‘] errichtet. Die Synagoge von Haschmonith war die erste Synagoge, die nach der Zerstörung des 2. Tempels errichtet wurde.“82
2. Eine arabische topographische Beschreibung von Antiochien, die auf das 6. Jahrhundert zurückgehen soll, bezeugt eine christliche Kirche im Westen der Stadt, eine ehemalige Synagoge; diese Kirche sei über dem Grab der makkabäischen Märtyrer errichtet worden und heiße St. Ashmunit, zu Ehren der Mutter der sieben Brüder.83 3. In einem syrischen Märtyrerkalender aus Edessa (ca. 412 n. Chr.) steht zum 1. August: „Diejenigen, die bestattet wurden in Antiochien, das heißt in Krtia [=Kerateion], die die Söhne waren der Shamuni, erwähnt im [Buch der] Makkabäer“.84
4. Hieronymus wundert sich in seiner Übersetzung und Bearbeitung von Eusebs Onomastikon um 390 n. Chr., dass Euseb die Gräber der Hasmonäer in Modein lokalisiert, wo doch die Reliquien der Makkabäer in Antiochien verehrt werden: Modeim, vicus juxta Diospolim, unde fuerunt Macchabaei, quorum hodieque ibidem sepulcra monstrantur. satis itaque miror, quomodo Antiochiae eorum reliquas ostendant, aut quo certo auctore sit creditum. in: H. Lichtenberger / U. Mittmann (Hg.), Deuterocanonical and Cognate Literature Yearbook 2008. Biblical Figures in Deuterocanonical and Cognate Literature, Berlin/New York, NY 2009, 199–230. 82 Farag-Book of Nissim Ibn Shahin of Kairowan; Edition von J. Obermann, Studies in Islam and Judaism. The Arabic Original of Ibn Shâhîn’s Book of Comfort (YOS.R 17), New Haven, CT 1933, 28 vgl. XLII; Plate XXVI; englische Übersetzung: J. Obermann, The Sepulchre of the Maccabean Martyrs, JBL 50 (1931) 250–265, hier 255–260; im Anschluss an Obermann rechneten J. Jeremias, Heiligengräber in Jesu Umwelt (Mt 23,29; Lk 11,47). Eine Untersuchung zur Volksreligion der Zeit Jesu, Göttingen 1958, 21–22.123–124 und M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 290 f. mit einer alten Tradition, die historisch zuverlässige Angaben mache. Die Ausgabe und Übersetzung ist überholt durch: W. M. Brinner, An Elegant Composition concerning Relief after Adversity, New Haven, CT/London 1977, XX.29–32 (c. VI, 22a–24b); mit Recht kritisch zu Obermanns Zutrauen zum Alter dieser Überlieferung: L. Triebel, Synagoge, 481–485: „Eine mittelalterliche jüdisch-arabische Adaption“; vgl. zum Book of Comfort schon zutreffend W. Horbury, The Cult of Christ and the Cult of the Saints, NTS 44 (1998) 444–469, hier 452: „These passages indicate ancient Christian and mediaeval Jewish veneration of a Maccabaean tomb in Antioch, but need not imply an earlier Jewish cult.“ 83 Vgl. J. Jeremias, Heiligengräber, 23 Anm. 1; S. A. Cummins, Paul, 84; L. Triebel, Synagoge, 477–481. 84 S. A. Cummins, Paul, 84 Anm. 108; Text und Übersetzung bei W. Wright, An Ancient Syrian Martyrology, JSL 8 (1865/6) 45–56 (in der Edition des syrischen Textes findet sich der Text auf p. 5). 423–432 (428 englische Übersetzung).
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„Modein […], woher die Makkabäer waren, deren Gräber heute dort gezeigt werden. Deshalb wundere ich mich ziemlich, wo man doch in Antiochien ihre Reliquien zeigt, oder auf Grund welchen sicheren Zeugnisses dies geglaubt wird.“85
5. Augustin berichtet von der christlichen Basilika, in der die makkabäischen Märtyrer verehrt werden.86 6. Chrysostomus bezeugt den Besitzwechsel des Grabes von jüdischer in christliche Hand.87 7. Gregor von Nazianz verteidigt die Verehrung der makkabäischen Märtyrer, sagt aber nichts über ihre Reliquien.88 8. Neben der zuerst erwähnten jüdisch-arabischen Notiz scheint Johannes Malalas am interessantesten, weil auch er einen Hinweis auf jüdische Verehrung der Märtyrer in Antiochien gibt. Er schreibt zwar erst im 6. Jahrhundert, verfügt aber neben dem Danielbuch und dem vierten Makkabäerbuch über „eine antiochenische Lokalchronik oder dergleichen“ als Quelle. Kolb fügt hinzu: „aber sein Werk ist bekannt wegen der zahlreichen Konfusionen, welche sich der Autor zuschulden kommen läßt, und diese betreffen leider auch manche Aspekte seiner Darstellung der Geschichte Antiochias.“89
Das gilt auch für seine Darstellung vom Martyrium Eleazars und der sieben Brüder mit ihrer Mutter und von der Bergung der Reliquien der Letzteren: „Und als er (Antiochus) bezüglich der Juden von Jerusalem erfahren hatte, was sie gegen ihn unternommen hatten in ihrer Freude über seine Niederlage, da rüstete er sich gegen Jerusalem. Und er belagerte es, nahm es im Sturm, zerstörte es und erschlug alle. Den Eleazar aber, den Hohenpriester der Juden, und die Makkabäer führte er nach Antiochia ab, marterte sie und brachte sie um. Und er löste die Hohepriesterschaft über Judäa auf und machte den Tempel der Juden – er ging auf Solomon zurück – zu einem des olympischen Zeus und der Athene. Er entweihte das Haus mit Schweinefleisch, er untersagte den Juden den Väterglauben, und er zwang sie über drei Jahre hinweg zu heidnischen Bräuchen.“90 85 Hier. On. (GCS Eusebius II/1, 133,17–19 ed. Klostermann); vgl. auch L. Triebel, Synagoge, 472 f. 86 Augustin, S. 300,6 (In solemnitate martyrum Machabaeorum) (PL 38, 1379); s. auch S. A. Cummins, Paul, 84 f.; L. Triebel, Synagoge, 485–487. 87 Chrysostomus, In sanctos Maccabaeos homilia 1,1 (PG 50, 617); vgl. S. A. Cummins, Paul, 85; zur Anziehungskraft der Synagogen der Stadt, die auch von Christen besucht wurden und deshalb von Chrysostomus gerügt werden, s. M. Hengel / A. M. Schwemer, Paulus, 291. 88 Gregor von Nazianz, In laudem Machabaeorum, Oratio 15 (PG 35, 911–934); S. dazu A. Cummins, Paul, 85. 89 F. Kolb, Antiochia in der frühen Kaiserzeit, in: H. Cancik / H. Lichtenberger / P. Schäfer (Hg.), Geschichte – Tradition – Reflexion. FS M. Hengel zum 70. Geburtstag. Bd. II. Griechische und Römische Religion, Tübingen 1996, 97–118, hier 98. 90 Johannes Malalas, Weltchronik 8,22 (p. 206 ed. Dindorf; p. 156 ed. Thurn); Übersetzung: J. Thurn / M. Meier u. a., Johannes Malalas, 215 f.
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Malalas fährt fort mit der Überlieferung vom Grab der Märtyrer. Unter der Regierung des Nachfolgers von Antiochus IV., Demetrius Seleukos, d. h. Demetrius Soter (162–150), soll ein Jude namens Judas – gemeint ist wohl der Hasmonäer Judas Makkabäus – vom König das Heiligtum in Jerusalem und die Gebeine, „Reliquien“ (λείψανα), der Makkabäer erbeten und erhalten haben: „Und er begrub sie in Großantiochia im sogenannten Kerateon; dort befand sich nämlich eine Synagoge der Juden. Denn nicht weit von der Stadt Antiochia hatte Antiochus an ihnen Rache geübt, am immer weinenden Berg gegenüber dem kasischen Zeus.“91
Offensichtlich gibt es hier eine ganze Reihe von historischen Ungereimtheiten bezüglich des „Judas“. Malalas kennt jedoch eine Lokaltraditon über ihr Martyrium auf dem Hausberg Antiochiens, dem wasserreichen Silpius, und über ihre Grabstätte in der Stadt. Leider wissen wir nicht, ob die Angaben bei Malalas für die Verhältnisse im 2. Jahrhundert v. Chr. oder im 1. Jahrhundert n. Chr. überhaupt zutreffend sind und inwieweit es sich hier um die bekannten „Konfusionen“ handelt. In der Grabnotiz ist auch bei Malalas der Hohepriester Eleazar völlig verschwunden. Das entspricht den anderen späten Quellen, die ebenfalls nur von der „Hasmonäerin“ und ihren Söhnen reden,92 das heißt der Mutter, die schon im 4. Makkabäerbuch den höchsten Preis erhielt. Die Grablegende bei Malalas spiegelt die Ortstradition im 6. Jahrhundert. Auch bei der jüdischen Version, die sich in der jüdisch-arabischen Quelle erhalten hat, dass eine Synagoge zum Gedenken an die makkabäischen Märtyrer direkt über den Gräbern der Toten gleich nach der Zerstörung des 2. Tempels errichtet wurde, wird es sich um keine historisch zuverlässige Tradition handeln. Zudem enthält der Text in der Handschrift am Anfang der Episode eine Lücke, so dass man nicht weiß, wer der „König“, der die Synagoge errichtet hat, gewesen sein soll und ob die Mutter in dieser Überlieferungsvariante einen Namen trug. Ist etwa an Hadrian gedacht, den die rabbinische Überlieferung sonst mit
91 Johannes Malalas, Weltchronik 8,23 (207 ed. Dindorf; 156–157 ed. Thurn); zur Übersetzung und Kommentierung vgl.: J. Thurn / M. Meier u. a., Johannes Malalas, 216. Vgl. auch J. Jeremias, Heiligengräber, 20; J. Hahn, The Veneration of the Maccabean Brothers, in: G. Signori (Hg.), Dying for the Faith, Killing for the Faith. Old-Testament Faith-Warriors (1 and 2 Maccabees) in Historical Perspective (Brill’s Studies in Intellectual History 206), Leiden/ Boston, MA 2012, 79–104, hier 82–85. Auf die Parallelen zwischen der Darstellung in 4 Makk und den griechischen Tragödien haben vor allem H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 661 f., und B. Heininger, Antiochus, schon nachdrücklich verwiesen. Es gibt in dieser Lokalüberlieferung bei Malalas aber auch eine gewisse Analogie zu Niobe, von der Ovid schreibt, dass sie nach dem Tod ihrer zwei mal sieben Kinder versteinert und auf einen Berg in ihrer phrygischen Heimat versetzt wird (Ov. met. 6,310–312 [BSGRT, 133 ed. Anderson]): „Dort an einem Berggipfel geheftet weint sie und auch heute noch vergießt der Marmor noch Tränen.“ 92 So wie ja auch das 2. Makkabäerbuch im Gesamtkontext nur von deren Martyrium in Antiochien zu wissen scheint.
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dem Martyrium der Sieben und ihrer Mutter verbindet?93 Auch die Stadt, in der die Synagoge errichtet wurde, erfahren wir durch den Textausfall nicht. Beide Zeugen für eine jüdische Verehrung der Märtyrer und ihrer Gräber in Antiochien sind sehr spät. Für unsere Frage nach der Abfassung des 4. Makkabäerbuches in Antiochien geben sie keinen sicheren Anhaltspunkt. – Aber von nichts kommt nichts. Die konfusen Nachrichten bei Malalas könnten verständlicher werden und uns weiterhelfen, wenn wir ihre Entstehung und legendäre Umformung im Lauf der Jahrhunderte verfolgen und nachvollziehen könnten. Leider fehlen dafür – soweit ich sehe – die Quellen.
3. Zur Datierung Für die Datierung des 4. Makkabäerbuches scheint sicher zu sein, dass es von der Lokalisierung der Martyrien und dem Märtyrergrab in Antiochien noch gar nichts weiß.94 Die spätere Märtyrerverehrung in der Stadt gibt keinen genaueren Aufschluß über seine Abfassungszeit, aber macht die Entstehung dort wahrscheinlich.95 Der Hinweis von Elias Bickermann, dass das 4. Makkabäerbuch in einer Zeit entstanden sei, wo Syrien, Phoinikien und Kilikien unter einem Statthalter vereint waren, hat immer noch seine Gültigkeit.96 Vespasian trennte im Jahr 72 Kilikien von Syrien ab und richtete die „provincia Cilicia“ ein.97 Das anscheinend geringe Interesse am Geschick des Jerusalemer Tempels ist kein Zeichen für eine Entstehung im 2. Jahrhundert n. Chr., verrät auch nicht die Haltung einer selbstbewussten Diaspora gegenüber der judäischen Heimat mit ihrem Opferkult, der aus der philosophischen Sicht des 4. Makkabäerbuchs in seiner Funktion als Sühne schaffender Ritualkult durch das Opfer der Märtyrer längst abgelöst sei.98 Die Restitution des Tempels ist implizit in der Reinigung 93 Zum Textausfall s. W. M. Brinner, Composition, 29 (c. VI, 22a); zur nahverwandten Version in EkhaRabba s. F. Avemarie, Martyrdom, 135–137.145–151. 94 Vgl. auch J. Hahn, Veneration, 84 Anm. 16. 95 S. schon H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 667: „[…] die spätere Verehrung der Märtyrer in Antiochien [bleibt] ein Faktor, der mit einzubeziehen ist. […] Die Martyrien finden nach 4 Makk zwar in Jerusalem statt, aber in ihnen spielt der Syrerkönig Antiochus eine unrühmliche Hauptrolle.“ Als Abfassungsort „stellt Antiochien wahrscheinlich die beste Lösung dar.“ 96 D. A. deSilva, 4 Maccabees, xv. 97 Vgl. dazu jetzt W. Eck, Der Anschluss der kleinasiatischen Provinzen an Vespasian und ihre Restituierung unter den Flaviern, in: L. Capogrossi Colognesi / E. Tassi Scandone (Hg.), Vespasiano e l’imperio dei Flavi. Atti del Convegno, Roma, Palazzo Massimo, 18–20 novembre 2009, Rom 2012, 27–44, hier 35. 98 Gegen den Vorschlag von M. Tuval, Doing without the Temple. Paradigms in Judaic Literature of the Diaspora, in: D. R. Schwartz / Z. Weiss / R. A. Clements (Hg.), Was 70 CE a Watershed in Jewish History? On Jews and Judaism before and after the Destruction of the Second Temple (AJEC 78), Leiden/Boston, MA 2012, 181–239, hier 211 f.
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des Vaterlandes enthalten, die durch das stellvertretende Sterben der Märtyrer von Gott gewährt wird. Diese Reinigung bildet die theologische inclusio der Rede (1,11): „Sie haben durch ihr Standhalten den Tyrannen besiegt, so dass durch sie das Vaterland gereinigt wurde.“
Und 17,20 f.: „Sie also, die sich heiligten um Gottes willen“, haben erreicht, „dass der Tyrann bestraft und unser Vaterland gereinigt wurde, sind sie doch zu einer Art Ersatzleistung für die Sünden des Volkes geworden.“99
Das 4. Makkabäerbuch setzt dieselbe Ausgangsituation in einer Zeit der Religionsnot wie das Gebet des Asarja voraus: Der Tempel ist geplündert und entweiht, und kein legitimer Hoherpriester amtiert. An seine Stelle treten die Märtyrer.100 Asarja betet: „Und es gibt zu dieser Zeit keinen Herrscher und Propheten und auch keinen Anführer und kein Brandopfer, noch Schlachtopfer, noch Darbringung von Weihrauch, […] Aber mit zerknirschter Seele und gedemütigtem Geist mögen wir angenommen werden wie mit Brandopfern von Böcken und Stieren, wie mit Myriaden von fetten Lämmern. So soll unser Opfer heute vor Dir geschehen, und entsühne (ἐξίλασαι) hinter dir. Denn keine Schande trifft die, die auf dich trauen, und weihe (τελειῶσαι) hinter dir.“101
Die Märtyrer treten an die Stelle des ermordeten legitimen Hohenpriesters, seine Funktionen sind mit Herrscher, Prophet und Anführer umschrieben. Sie bitten, dass Gott so Sühne schaffen möge für sein Volk. Das zweimalige „hinter dir“ (ὀπίσθέν σου) bezeichnet mit Semitismus „uns, die wir hinter dir hergehen“, das heißt „deine Anhänger“.102 Das Gebet des Eleazar im 4. Makkabäerbuch endet ganz ähnlich mit den Worten: „Sei gnädig deinem Volk, indem du an unserer Bestrafung (stellvertretend) für sie Genüge findest. Zu einem Reinigungsopfer für sie mache mein Blut, und als Ersatz für ihr Leben nimm mein Leben.“103
Übersetzung: H.-J. Klauck, Septuaginta Deutsch, 745. C. Grappe, De l’intérêt de 4 Maccabées 17.18–22 (et 16.20–1) pour la christologie du NT, NTS 46 (2000) 342–357, hier 348. 101 Zu Text, Übersetzung und Auslegung s. A. M. Schwemer, Jesus Christus als Prophet, König und Priester. Das munus triplex und die frühe Christologie, in: M. Hengel / Dies., Der messianische Anspruch Jesu und die Anfänge der Christologie (WUNT 138), Tübingen 2001, 165–230 (Zitat: 182); vgl. auch S. A. Cummins, Paul, 87 f. 102 Zur Begründung ausführlicher: A. M. Schwemer, Jesus Christus, 183 Anm. 89. 103 4 Makk 6,28 f. 99
100 Vgl.
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Der Autor des 4. Makkabäerbuches verwendet den älteren Septuagintatext104 des Prophetenbuches und nennt zweimal Daniel in der Löwengrube und die drei Männer im Feuerofen als Vorbilder für seine Märtyrer. Deshalb scheint es abwegig, seine Sühnetheologie als Reaktion auf die christliche Deutung des Todes Jesu zu verstehen.105 Die ca. 200 Jahre ältere Danieltradition war für die Entstehung der jüdischen Märtyrertheologie in Palästina entscheidend.106 Für unseren Redner liegt die Zeit der Religionsnot weit zurück. Der Tempel ist nicht mehr gefährdet Dank der Reinigung durch das stellvertretende Sterben der Märtyrer. Auch die verschiedenen Gefährdungen und Krisen, angefangen mit der Caligulakrise, in die auch Antiochien involviert war,107 und die schon erwähnten blutigen Unruhen in der Zeit des 1. Jüdischen Krieges108 oder des Diasporaaufstandes unter Trajan 115–117 oder gar des Bar-Kochba-Kriegs 132–136 sind nicht im Blick des Autors. Die Martyrien liegen weit zurück. Der Autor beschreibt die Situation seines Auditoriums in 14,9 mit der Reflexion: „Wir schaudern heute zurück (νῦν […] φρίττομεν), wenn wir von der Bedrängnis jener Jünglinge nur hören. Sie aber haben das alles nicht nur gesehen, haben nicht nur das augenblicklich vollzogene Drohwort vernommen, nein, sie haben alles erduldet, sie haben es ausgehalten, und dies in bitteren, vom Feuer verursachten Schmerzen.“
104 Die
Namensformen entsprechen LXX und nicht Prototheodotion. Auch dies spricht für die Frühdatierung von 4 Makk. 105 Gegen H. Spieckermann, Martyrium, 80. 106 Ebenfalls auf diese palästinische Märtyrertradition geht das 7. Kapitel des 2. Makkabäerbuches zurück; der Abschnitt über die Sieben und ihre Mutter wurde aus einer semitischen Sprache übersetzt. Zu Entstehung und Entwicklung der Märtyrertheologie vgl. M. Hengel, Zur Wirkungsgeschichte von Jes 53 in vorchristlicher Zeit, in: Ders., Judaica, Hellenistica et Christiana. Kleine Schriften II (WUNT 109), Tübingen 1999, 72–114; A. M. Schwemer, Prophet, Zeuge und Märtyrer, ZThK 96 (1999) 320–350 (328 f. zu 4 Makk). 107 Ios. ant. Iud. 19,279–285: Das Claudiusedikt vom Jahr 41 war nicht nur an Alexandria gerichtet, sondern auch an Antiochia, s. J. M. G. Barclay, Jews, 251. Das unterstreicht Barclay mit der Bemerkung zu Malalas (251 Anm. 51) „The notice of an expedition by Phineas from Jerusalem is fanciful, but that Jews were killed and some synagogues burned is not implausible.“ Johannes Malalas, Weltchronik 10,20 (244–245 ed. Dindorf; 185–186 ed. Thurn): Im 3. Jahr des Caligula soll es in Antiochien zu einem Pogrom gekommen sein, Synagogen wurden verbrannt, aber der jüdische Hohepriester Pinchas (Phinees) habe mit bewaffneten Juden und Galiläern eingegriffen und viele Antiochener getötet. Der Bericht ist etwas verworren, aber ein Nachklang der Wirren in Antiochien während der Caligulakrise; s. dazu A. M. Schwemer, „Eiferer“, 49 f. 108 Nach dem Ende des Krieges verlangte die pagane Bevölkerung der Stadt von Titus die Ausweisung der Juden. Titus gab in diesem Punkt nicht nach, aber wandelte die Synagoge in Daphne in ein Theater um mit Mitteln ex praeda Ioudaia, „aus der Kriegsbeute von Judäa“, wie die lateinische Inschrift festhielt, und stellte am Westtor der Stadt bronzene Cherubime auf, die ebenfalls aus der Kriegsbeute stammten. Josephus verschweigt diese Strafmaßnahmen, sie werden nur von Johannes Malalas (Weltchronik 10,45 [260 ed. Dindorf; 197 ed. Thurn] s. dazu o. Anm. 66) erwähnt, aber dieser verfügt in diesem Fall über zuverlässige Quellen. Vgl. auch J. M. G. Barclay, Jews, 257 f.
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Damit zeigt der Redner, dass er nicht Erlebnisse in der jüngsten Vergangenheit in Erinnerung rufen und kaum vernarbte Wunden aufreißen will,109 sondern in weiter Vergangenheit liegende Beispiele zitiert, um ,heute‘ strikten Gesetzesgehorsam im täglichen Leben zu fordern.110 Der Optimismus, der aus jeder Zeile des 4. Makkabäerbuches ins Auge springt, und das unhinterfragte Zutrauen zu stoischen Grundsätzen passen nicht in die Zeit nach den großen Katastrophen im 1. Jahrhundert. Die Frage der Theodizee, aber auch der Herrscherkult spielen im 4. Makkabäerbuch überhaupt keine Rolle.111 Für eine frühe Datierung spricht auch die Grabinschrift für die Märtyrer, die der Redner entwirft. Er setzt noch keine Übertragung der Martyrien und des Grabes an den Orontes voraus. Das Epigramm sollte vielmehr am fiktiven Grab in Jerusalem angebracht werden. Seit herodianischer Zeit setzte in Jerusalem die Errichtung von Grabbauten über den Gräbern von Märtyrern ein. So könnte sich der Verfasser des 4. Makkabäerbuches mit seinem Entwurf einer Inschrift für Eleazar und die Mutter mit den Sieben einen solchen Memorialbau für seine Helden in Jerusalem gewünscht haben, beziehungsweise mit einem solchen Wunsch bei seinem Auditorium rechnen: „Auch wäre es in der Tat angemessen, dazu noch auf dem Grabmal selbst zum Gedächtnis für die [Heroen] aus unserem Volk folgende Inschrift anzubringen: Hier liegen bestattet ein greiser Priester und eine betagte Frau und sieben Knaben, Opfer der Gewalt eines Tyrannen, der das Gemeinwesen der Hebräer vernichten wollte. Sie haben das Volk verteidigt, indem sie auf Gott schauten und Martern bis zum Tod ertrugen.“112
109 Anders T. A. Robinson, Ignatius, 159–160: Wenn es stimmt, dass 4 Makk in Antiochien am Ende des 1. oder Beginn des 2. Jahrhunderts verfasst wurde, so legt dieses Buch eine Situation nahe, „in which incidents of religious tension could place the Jewish community in jeopardy or focus their reflection on the theme of persecution and martyrdom“ (160 Anm. 111). 110 J. W. van Henten, Martyrdom, 72–74; 72 verweist er auf die Beispiele für den rigorosen Gesetzesgehorsam im täglichen Leben (5,13; 6,21 f.; 8,22; 18,10) und vor allem die Speisegesetze: 1,33 vgl. Lev 11; Dtn 14,1–21; Ehebruch; das Nichtbegehren 2,1–6; das Sabbatjahr 2,8 f.; die Verschonung des Besitzes der Feinde im Kriegsfall 2,14; Götzenopferfleisch 5,2 (auf S. 66 Anm. 29: zu den Stellen über unreine Speisen: 4,26; 5,1–3; 5,19.25; 8,2.12.29; 11,16; 13,2; μιαροφαγία 5,27; 6,19; 7,6; 11,25; σαρκοφαγεύω 5,26; σαρκοφαγία 5,8.14 „with ἔκθεσμος unlawful“; ἐσθίω 9,16.27; 11,13). 111 In dieser gedrückten Stimmung, der Depression, die diese Jahre bestimmte, wurden Schriften wie das 4. Esrabuch oder Ps-Philo, Liber Antiquitatum Biblicarum verfasst. Ein Gegenbeispiel könnte Josephus sein, der seinen Optimismus aus seiner priesterlichen Einsicht in den göttlichen Heilsplan von der Abfolge der Weltreiche und dem kommenden Gottesreich gewinnt, aber das Problem des Scheiterns des 1. Jüdischen Krieges ausführlich reflektiert. S. dazu A. M. Schwemer, Gottesherrschaft bei Josephus. 112 4 Makk 17,8–10; vgl. dazu J. Jeremias, Heiligengräber, 19: „Der Verfasser des 4. Makkabäerbuchs (um 35 n. Chr.) scheint anzunehmen, daß die Martyrien in Jerusalem stattfanden (4,22; 18,5 f.), steht damit jedoch ganz allein.“
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Dass er dabei eine Inschrift entwirft, die eher in die griechischsprachige Diaspora weist als nach Jerusalem, spricht nicht dagegen. Das stärkste Argument für eine Frühdatierung vor 70, das man nicht übersehen und unterschätzen darf, ist und bleibt aber die rühmende Erwähnung des „Eiferers Pinchas“ (τὸν ζηλωτὴν Φινεες) als ein vorbildliches Beispiel der Gesetzestreue für die Märtyrer.113 Nach allem, was wir wissen, war im antiken Judentum – zumal bei einem Autor, der sich auf seine griechisch-philosophische Bildung beruft – ein solcher Preis des Eifers des Pinchas nach dem 1. Jüdischen Krieg nicht mehr möglich. Pinchas war zusammen mit Elia das Idol der Aufstandspartei, die sich selbst den Ehrennamen „Zeloten“, das heißt „Eiferer“, gegeben hatte. Josephus übergeht diese Seite der Pinchasrezeption mit völligem Schweigen, und andere jüdische Texte aus der Zeit nach 70 n. Chr. erwähnen Pinchas nicht mehr ohne Tadel.114 Wenn im 4. Makkabäerbuch Pinchas ausdrücklich als „der Eiferer“ zum Vorbild der Märtyrer erkoren wird, habe ich zudem starke Zweifel, ob der Autor, so wie deSilva vorgeschlagen hat, zum rein passiven Widerstand gegen Rom auffordern will.115
4. Ergebnis Ich komme zu dem Ergebnis, dass man mit guten Gründen für eine Abfassung des 4. Makkabäerbuches in Antiochien plädieren kann und dass man dann aber auch eine Frühdatierung annehmen muss. Mit der nötigen Vorsicht in historischen Fragen kann man so das 4. Makkabäerbuch durchaus als eine Quelle für das Judentum in Antiochien in den 30er Jahren, bevor die ersten Christen dorthin kamen, betrachten.
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Per aspera ad astra Leben nach dem Tod im 4. Makkabäerbuch Predrag Bukovec
1. Zugang Die hier auf ihre Jenseitsvorstellungen untersuchte Schrift kennt zwei Titel, die komplementär zwei zentrale Momente herausstreichen: Die LXX ordnet das 4 Makk den Makkabäerbüchern zu und verweist darauf, dass sein quantitatives Schwergewicht auf der Relecture der Märtyrererzählungen in 2 Makk 6 f. liegt; die ebenfalls alte und vermutlich auch originäre Tradition benennt das Werk mit Περὶ τοῦ αὐτοκράτορος λογισμοῦ und geht damit auf die in 4 Makk 1,1 aufgeworfene Ausgangsfrage zurück, ob und inwiefern die menschliche Vernunfttätigkeit (bzw. Urteilskraft) in der Lage sei, die Affekte zu beherrschen (ebd.: αὐτοδέσποτος).1 Im selben ersten Vers stellt sich die Schrift daher als eine „philosophische Abhandlung“ (φιλοσοφώτατος λόγος) vor, die mit argumentativen Mitteln dieser ethischen Frage aus jüdischer Sicht nachgehen soll. Die später2 vordergründige Schilderung des Eleazar, der Mutter, ihrer sieben Söhne und ihres Antipoden Antiochos steht innerhalb dieses Traktats folglich unter der übergeordneten Perspektive der anfangs bezeichneten These; das 4 Makk ist primär keine Hagiographie, sondern die Makkabäer dienen der Beweisführung der faktisch möglichen Selbstbeherrschung auch unter extremen Umständen.3 Es verwundert deshalb auch nicht, 1 Zum Verständnis der πάθη im 4 Makk, cf. H.-J. Klauck, Hellenistische Rhetorik im Diasporajudentum. Das Exordium des Vierten Makkabäerbuchs (4 Makk 1,1–12), NTS 35 (1989) 451–465, hier 460; Ders., Brotherly Love in Plutarch and in 4 Maccabees, in: D. L. Balch (Hg.), Greeks, Romans, and Christians. FS A. J. Malherbe, Minneapolis, MN 1990, 144–156, hier 155. 2 Die Grobgliederung des 4 Makk folgt der zu begründenden These: Nach der philosophischen Exposition, die in den Diskurs mit den zeitgenössischen popularphilosophischen Strömungen tritt, wird die Behauptung einer selbstkontrollierten Vernunfttätigkeit im Sinne einer historisch-pragmatischen Beweisführung an Beispielen demonstriert: Zunächst werden biblische Episoden zu Rate gezogen, denen gewissermaßen als Krönung die Hinrichtung der makkabäischen Märtyrer folgt. Da sich der Verfasser von diesem letzten Exempel die definitive Verifizierung seiner Ausgangsthese verspricht, wird dieser Teil enorm ausgebaut, dramaturgisch und sprachlich anspruchsvoll angelegt und von jeder denkbaren Blickrichtung beleuchtet. 3 So geht der Verfasser in 1,3–6 auf prinzipielle Einwände ein und begründet danach in 1,7–12 seine Methodik, auch unter Heranziehung historischer Beispiele. In 1,18–3,18 bespricht er philosophische Propädeutika und Konkretionen am jüdischen Gesetz, u. a. die Terminologie, die
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dass die historiographische und geschichtstheologische Perspektive von 2 Makk 6 f. gegenüber reflektierenden Abschnitten (z. B. 6,31–35; 13,1–5; 16,1–4) und einer formkritischen Mannigfaltigkeit im 4 Makk zurücktritt.4 Die Gattung der philosophischen Abhandlung bei einer frühjüdischen Schrift lässt Rückschlüsse auf die Absicht und die Entstehungsumstände zu, auch in Anbetracht der artifiziellen griechischen Sprache und des thematischen Anspruchs:5 Hinter dem Autor von 4 Makk steckt ein in der Diaspora lebender, am Leben der hellenistisch-römischen Mehrheitsgesellschaft partizipierender Jude, der sich und seine Leserschaft der Legitimität der jüdischen Religion vergewissern will und sein Werk als Handreichung für eine Apologie jüdischer Identität übermittelt. Die Zugehörigkeit zum Judentum erscheint hier mit dem objektiven Anspruch versehen, auch in Konkurrenz mit gängigen philosophischen Diskursen der Umwelt treten zu können und dort sogar die besonderen Vorteile der jüdischen Religion zu beweisen, welche die ethischen Tugenden ausgezeichnet zu erfüllen weiß und damit als Philosophie wertzuschätzen ist. Die
Kardinaltugenden, die Liebe zur Familie und den Freunden, sodann die spezifisch jüdischen Speisevorschriften, den Dekalog, das Sabbatjahr, biblische Gestalten (Joseph, Mose, Jakob, David) und die Schöpfungslehre. Ab 3,19 bis zum Ende des Buches wird die Ausgangsthese anhand der Martyrien der Makkabäer veranschaulicht. – Diese Hierarchie verkennen gattungskritische Zuordnungsversuche in der Exegese, die vom Vorrang des Martyriums ausgehen und die Vorgaben der Schrift selbst zu wenig berücksichtigen: So sind sowohl die Klassifizierung als eine Synagogenpredigt (Jacob Freudenthal) als auch eine Grabrede (Jürgen C. H. Lebram) von außen herangetragene Gattungen, die entweder zusätzliche Prämissen einbauen müssen, um aufzugehen (etwa die vermeintliche Existenz eines jüdischen Makkabäerkultes in der Entstehungszeit von 4 Makk), oder andere Aspekte der Schrift vernachlässigen (zugunsten von Parallelen mit klassisch-attischen Lobreden am Grab von Gefallenen im Stil etwa eines Perikles). – Die unterstellte kultische Verehrung der makkabäischen Märtyrer in Antiochia wird von H. Lichtenberger, Martyrium und Stellvertretung im 2. und 4. Makkabäerbuch, in: J. C. Janowski et al. (Hg.), Stellvertretung. Interdisziplinäres Symposion Tübingen 2004, NeukirchenVluyn 2006, 69–86, hier 77; H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch (JSHRZ 3), Gütersloh 1989, 663 widerlegt. Die Spätdatierung des 4 Makk um 100 n. Chr. ist aufgrund von konvergierenden Erwägungen in Bezug auf Sprache und Stilistik, die hochentwickelte Martyrologie, die inhaltliche Nähe zu hellenistischen Autoren des zweiten Jahrhunderts (Plutarch, Cassius Dio, Lukian von Samosata) und zu christlichen Schriftstellern derselben Zeit (Ignatius von Antiochien, Hebr) gegenüber Frühdatierungen vorzuziehen, welche auf, bei näherer Betrachtung, widerlegbaren Prämissen beruhen und den problematischen Ansatz vertreten, die Datierung der Schrift atomistisch durch Einzelbeobachtungen festzumachen, dabei aber die grundlegenden inhaltlichen und kontextuellen Charakteristika des 4 Makk außer acht lassen. 4 Cf. P. Bukovec, Das 4. Makkabäerbuch und Flavius Josephus. Die rezeptionsgeschichtliche Bedeutung des slawischen Josephus, ZSl 57 (2012) 3–24, hier 4. Von einer „mixed form“ sprechen sinnvollerweise J. W. van Henten, The Maccabean Martyrs as Saviours of the Jewish People. A Study of 2 and 4 Maccabees (JSJ.S 57), Leiden u. a. 1997, 81; Ders. / F. Avemarie, Martyrdom and Noble Death. Selected Texts from Graeco-Roman, Jewish and Christian Antiquity, London/New York, NY 2002, 47. 5 Näheres zu den Einleitungsfragen in P. Bukovec, 4. Makkabäerbuch, 3–5 (mit Literatur); H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch.
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ostentative Betonung des „väterlichen Gesetzes“,6 d. h. der normativen religiösen Bestimmungen des Judentums, kann auf eine infrage gestellte bzw. bedrohte Identität angesichts der Herausforderungen der Gesellschaft bezogen werden, wobei der Verfasser eine vermittelnde Position einnimmt, um die beiden Pole – jüdisches Erbe und die intellektuellen Standards der Umwelt – zu konsolidieren. Er greift dafür auf philosophische Kategorien, sprachlich-rhetorische Topoi, dramaturgische Gestaltungselemente und Bildmotive des Hellenismus zurück und verbindet sie mit der biblisch-frühjüdischen Tradition. Im 4 Makk kann man daher einen gelungenen Versuch der Akkulturation und Integration erblicken, der mit Hilfe von Adaptionen die eigene Identität sichert und sie gleichzeitig für die Umwelt öffnet. Bei der exegetischen Arbeit am 4 Makk ist dieser grundlegende Umstand durchgängig zu berücksichtigen: Der Doppelhorizont von Judentum und Hellenismus muss bei der sachgerechten Erschließung dieses Textes die Matrix bilden. Da die Akkulturation auf verschiedenen Ebenen erfolgt, ist sie methodisch bei der Erfassung der Jenseitsvorstellungen im Auge zu behalten. Die Frage nach dem Geschick post mortem ist zudem keine periphere Angelegenheit, sondern gehört integral zur Behandlung des Martyriums der Makkabäer: Ihre exzeptionelle Leistung im martyrologischen Rahmen des 4 Makk besteht schließlich darin, dass die Märtyrer durch das Festhalten an den jüdischen Religionsnormen auch bewiesen haben, dass sie ihre natürlichen Triebe im Zaum halten konnten, bis hin zur Aufgabe des eigenen Lebens. Da der Tod notwendig zum Martyrium gehört, ist die Frage nach dem Jenseits und womöglich einer postmortalen Belohnung implizit immer schon inkludiert. Weil dieser Komplex in der Antike nicht nur dem Bereich des Glaubens zugewiesen wurde, sondern ebenfalls Gegenstand der philosophischen Spekulation war, kann bereits heuristisch vermutet werden, dass eine Korrelation biblischer und hellenistischer Jenseitsvorstellungen im 4 Makk anzutreffen ist. Wenn man außerdem den Umstand hinzunimmt, dass die Schilderung der Märtyrer gleich mehrfache Parallelen zu hellenistischen Vorstellungen aufweist (z. B. stellvertretender Tod für das Vaterland, Selbsthingabe im antiken Theater, Wettkampfmetaphorik, Anleihen bei Philosophenviten u. a.), wird der komparatistische Zugang virulent, der in dieser Untersuchung weiterverfolgt wird. Um die Propria der Aussagen über das Leben nach dem Tod im 4 Makk genauer zu bestimmen, lohnt sich in einem ersten Schritt der Vergleich mit der Vorlage 2 Makk 6 f.:
6 Der Begriff νόμος erscheint in 1,17.34; 2,5 f.8–10.13.23; 4,23; 5,16.18.21.25.29.33 f.; 6,21.27.30; 7,7 f.; 8,25; 9,2.15; 10,20; 11,5.12.27; 13,9.13.22.24; 15,9.29; 16,16; 18,1.10. Es ist hier mehr als die Tora gemeint und sollte als religiöses Gewohnheitsrecht verstanden werden.
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2. Aussagen über das Leben nach dem Tod im 2 Makk Das sechste Kapitel des 2 Makk, das dem Sterben Eleazars gewidmet ist und ursprünglich nicht mit dem siebten Kapitel verbunden war,7 gibt keine konkreten Hinweise zum postmortalen Geschick, charakterisiert den Tod selbst dafür umso stärker: Eleazars Widerstehen wird mit mehreren Adjektiven positiv konnotiert (ruhmvoll: μετ´ εὐκλείας θάνατον in V. 19; freiwillig: αὐθαιρέτως ebd.; mutig: προθύ μως in V. 28; edel: γενναίως ebd.). Der Grund für sein Handeln ist das unbedingte Festhalten an den ehrwürdigen und heiligen Gesetzen (ὑπὲρ τῶν σεμνῶν καὶ ἁγίων νόμων in V. 28), die in 2 Makk 7,2.9.11.30.37 als väterliche Gesetze patriotisch präzisiert werden. Dieser Patriotismus wird bei Eleazar dadurch deutlich, dass er aus der Sicht des Verfassers zum Vorbild (ὑπόδειγμα, V. 28) und Denkmal (μνημόσυνον, V. 31) für die Jugend avanciert. Eleazar und mit ihm die sieben makkabäischen Brüder werden dadurch zu Komplizen der Widerstandskämpfer bei der Befreiung Judäas – mit anderen Mitteln. Ihr Sterben nimmt im 2 Makk in Anlehnung an das dtr Geschichtsbild die Funktion der Wendemarke ein, da sich der Sieg der Juden nun endgültig durchsetzen wird.8 2 Makk 7 ist demgegenüber expliziter: Leitmotivisch wird herausgestellt, dass die Märtyrer von der Hoffnung auf die Auferstehung beflügelt sind und ihre Hinrichtung nicht das Ende sein wird. Im Vertrauen auf Gott und als Reaktion auf die inhärente Theodizee,9 d. h. die Rechtfertigung Gottes gegenüber dem Tod der für den Glauben an Ihn Gestorbenen, wird diese postmortale Vorstellung ausgearbeitet. Sie wird hauptsächlich schöpfungstheologisch konzipiert (V. 9.11.14.28 f.36), wobei der Gedanke im Vordergrund steht, dass der Gott Israels, der die Welt ins Sein gerufen hat, dasselbe analog auch an den sieben Brüdern vollbringen kann (οὐκ ἐξ ὄντων ἐποίησεν αὐτὰ ὁ θεός, V. 28). Sie werden wieder und dann ewig leben (αἰώνιος ἀναβίωσας ζωῆς, V. 36), allerdings offenbar nicht unmittelbar nach dem Tod, sondern zu einem späteren Zeitpunkt (V. 29). Das Vertrauen auf den Schöpfergott legitimiert 2 Makk 7 zufolge also diese 7 Dies sieht man etwa daran, dass Antiochos in 2 Makk 5,21 nach Antiochien zurückkehrt, in 2 Makk 6 nicht auftaucht, aber im siebten Kapitel plötzlich gegen die sieben Brüder vorgeht. Von einer Verlegung des Schauplatzes nach Jerusalem ist aber nirgendwo die Rede. Mit Antiochien haben die Erzählungen also nichts zu tun, daher steht die Rückdatierung der antiochenischen Märtyrerverehrung auf wackeligen Füßen. Zwischen 2 Makk 6 und 7 ist literarkritisch eine eindeutige Zäsur. 8 Cf. G. W. E. Nickelsburg, Judgement, Life-after-Death, and Resurrection in the Apocrypha and the Non-Apocalyptic Pseudepigrapha, in: A. J. Avery-Peck / J. Neusner (Hg.), Judaism in Late Antiquity. Bd. 4 (HdO 1,49), Leiden u. a. 2000, 141–162, hier 149 f. 9 Cf. H. Lichtenberger, Jenseitsvorstellungen – oder: Die Entdeckung und Besiedelung des Himmels, in: P. Bukovec / B. Kolkmann-Klamt (Hg.), Jenseitsvorstellungen im Orient. Kongreßakten der 2. Tagung der RVO (3./4. Juni 2011, Tübingen) (RVO 1), Hamburg 2013, 245–264, hier 264: „Als Antwort auf die Theodizee haben die Jenseitsvorstellungen vom Himmel und der jenseitigen (himmlischen) Welt zuerst Trostfunktion.“
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Neuschöpfung an den von Antiochos hingerichteten Makkabäern, von einer allgemeinen Totenauferstehung ist hier nicht die Rede, sondern der Kontext führt die Aussage auf die Gerechten eng und ist daher mit Dan 12,1–3 verwandt. In 2 Makk 7,23 tritt neben diese Vorstellung komplementär die zweite Geburt, die bildhaft das neue und ewige Leben umschreibt. Diese theologische Jenseitskonzeption, ursprünglich als Antwort auf den Sinn ihres Todes entstanden, wird in der Folge im Juden‑ wie im Christentum eine kaum zu überschätzende Wirkung entfalten. Auch in Bezug auf den Peiniger Antiochos werden Jenseitsaussagen getroffen: 7,14 stellt klar, dass er keine Auferstehung zu erwarten habe, sondern ihm – klassisch biblisch – das Strafgericht Gottes bevorsteht (V. 17.35 f.). Sein Los erscheint als Umkehrung desjenigen seiner Opfer. Eine letzte Stelle in 2 Makk beschäftigt sich noch mit dem Jenseits, wenn in 12,43–45 die Möglichkeit einer Fürbitte für die gefallenen jüdischen Soldaten in Aussicht gestellt wird, so dass ihr postmortales Sein von den Lebenden positiv beeinflusst werden kann. Insgesamt fällt im 2 Makk die Sensibilisierung für das Leben nach dem Tod auf und die bisherigen biblischen Aussagen über das Schattenreich der Unterwelt erscheinen angesichts der unschuldigen und gerechten Opfer nicht mehr zufriedenstellend. Hier koaliert das 2 Makk mit zeitgenössischen Schriften wie Dan 7–12 und 1 Hen. Die Grundlage für das Weiterdenken bildet das biblische Schrifttum (Schöpfungslehre, Strafgericht YHWHs, Unterwelt), das aber konsequent fortgeschrieben und angepasst wird und dadurch die Paradigmen der Auferstehung und der Solidarität (Israels untereinander und mit seinen Toten) ausbildet. Der Tod ist nun unter bestimmten Umständen keine Grenze für YHWHs Heilshandeln mehr.
3. Tod und Jenseits im 4 Makk Bei der eminenten Bedeutung, die das Konzept der Auferstehung im 2 Makk einnimmt, sticht es umso mehr ins Auge, dass das 4 Makk sie vollständig verdrängt hat.10 Von einer leiblichen Wiederkehr des Lebens ist in der jüngeren Schrift nicht mehr die Rede. Auch die Negation einer Auferstehung bei Antiochos wird ausgelassen, stattdessen wird das Gericht am Tyrannen wie in 9,32 so umschrieben, dass sogar Gottes Tun kaschiert bzw. unpersönlich umschrieben wird (Οὐκ ἐκφεύξῃ δέ, μιαρώτατε τύραννε, τὰς τῆς θείας ὀργῆς δίκας).11 Gleichzeitig wird sein künftiges Geschick dramatisch ausgemalt und es werden ihm ewige
Die crux interpretum 4 Makk 18,17 wird weiter unten besprochen. Cf. P. Hoffmann, Die Toten in Christus. Eine religionsgeschichtliche und exegetische Untersuchung zur paulinischen Eschatologie (NTA 2), Münster 1969, 91. 10
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Feuerqualen angedroht (9,9; 10,11.15; 12,12.18; 18,5), die eine Inversion der Folterung der Märtyrer sind.12 Die soeben angeklungene Dramatisierung geht im 4 Makk einher mit einer topographischen Ausdifferenzierung des Jenseits: Dem in den höllischen Feuersbrünsten bestraften Antiochos stehen die Märtyrer gegenüber, die in den Himmel gelangen. In Anlehnung an geläufige biblische Bildersprache werden die Märtyrer vor dem Thron Gottes stehen (17,18: τῷ θείῳ νῦν παρεστήκασιν θρόνῳ καὶ τὸν μακάριον βιοῦσιν αἰῶνα, cf. Sap 5,5; Apk 4,4; 7,9–11; 14,3; 15,2; 19,4).13 Ihnen beigesellt sind unter anderem die Patriarchen Israels – Abraham, Isaak und Jakob –, die einen „Chor der Väter“ bilden, Vorbilder der jüdischen Gemeinschaft sind und im Himmel Gott allezeit preisen (5,23; 7,19; 13,17; 16,25; 18,23).14 Die Korrelation von biblischer Tradition und hellenistischem Gedankengut zeigt sich schon am letztgenannten Punkt: Das Sein bei den Vätern ist den Sterbenotizen der Gen entnommen,15 die im 4 Makk topographisch weiterentwickelt werden, während Termini wie „Chor“16 und die Athletensprache bei den Märtyrern Anleihen an die Welt griechisch-römischer Veranstaltungen aus den Bereichen des Dramas und des Sports darstellen. Die stärkste Anleihe wird gleich besprochen werden. Doch ist zunächst noch deutlich zu machen, dass die Martyrologie des 4 Makk gegenüber der Vorlage 2 Makk einige Neuerungen aufweist: Davon ist die Wichtigste das der biblischen Kulttheologie entlehnte Konzept der stellvertretenden Sühne, die auf die Makkabäer bezogen wird. Sie werden begrifflich mit der Opfersprache des Tempelkultes assoziiert und vermitteln als menschliche Opfer die Sühnekraft, die bisher ausschließlich an die Tieropfer geknüpft war. Genauso wie bei den Tempelopfern wird diese Sühnewirkung stellvertretend für andere vollzogen und auf Israel appliziert. Eleazar, die sieben Söhne und ihre Mutter werden in Anlehnung an Lev 16 und 17,11 mit dem Neologismus ἀντίψυχον bezeichnet (6,29; 17,21, cf. Mk 10,45; IgnEph 21,1; IgnSm 10,2; IgnPol 2,3; 6,1) und 12 Cf. U. Fischer, Eschatologie und Jenseitserwartung im hellenistischen Diasporajudentum (BZNW 44), Berlin/New York, NY 1978, 92: „Damit steht die jenseitige Bestrafung des Antiochus in Entsprechung zu seinen Untaten an den Märtyrern, zugleich aber überbietet sie dieselben noch an Stärke und Dauer.“ 13 Cf. ApcAbr 18; TestXII.Iud 25,1–4. 14 Cf. auch 1 Hen 39,3–14; 48,1; 51,5; LAB 33,5; TestXII.Sim 6.8; TestXII.Sab 10,2–4; TestXII. Iud 25,1; TestXII.Ben 10,6; TestXII.Lev 19,2. Der Schoß Abrahams in Lk 16,19–31; cf. auch TestAbr 20,14; Mt 8,11 f.; 13,43; 1 Kor 15,41 Dazu s. O. Lehtipuu, The Imagery of the Lukan Afterworld in the Light of Some Roman and Greek Parallels, in: M. Labahn (Hg.), Zwischen den Reichen. Neues Testament und Römische Herrschaft (TANZ 36), Tübingen/Basel 2002, 133–146; M. Reiser, Das Jenseits im Neuen Testament, TTZ 110 (2001) 115–132, hier 122 f. 15 Cf. Gen 25,8.17; 35,29; 49,29.33. Zu den Sterbenotizen, cf. A. Krüger, Auf dem Weg „zu den Vätern“. Zur Tradition der alttestamentlichen Sterbenotizen, in: A. Berlejung / B. Janowski (Hg.), Tod und Jenseits im Alten Israel und in seiner Umwelt. Theologische, religionsgeschichtliche, archäologische und ikonographische Aspekte (FAT 64), Tübingen 2009, 137–150. 16 Cf. 8,4; 9,1; 13,6–8; 18,23.
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auch an vielen anderen Stellen im Werk mit Kultterminologie versehen (7,4; 8,15; 9,30; 11,24 f.; 17,21; 18,4). Die Stellvertretung ist hier primär und selbständig von den biblischen Schriften her weitergedacht, was nicht bedeutet, dass auch hier sekundär hellenistische Vorstellungen mitschwingen könnten.17 Die Verdrängung der Auferstehung muss im Zusammenhang der hellenistischen Anthropologie betrachtet werden, die das 4 Makk aufnimmt. Anstelle der biblischen Einheitskonzeption vertritt der Verfasser die binäre Vorstellung, wonach der Mensch aus Leib und Seele besteht. Zwar wird diese Dichotomie nirgends zu einem Dualismus radikalisiert, doch bezieht das 4 Makk die postmortalen Aussagen vorrangig auf die Seele.18 Eine Auferstehung des Leibes gerät dadurch zwangsläufig in den Hintergrund. Demgegenüber ist es bezeichnend, dass der Grundtenor der hier vorfindlichen Jenseitsvorstellungen auf die in hellenistischer Philosophie geläufige Unsterblichkeit der Seele ausgerichtet ist.19 So heißt es in 14,5 f., dass die Passion der Märtyrer den Weg zur Unsterblichkeit darstellt; die Wiedergeburtsmetaphorik, die schon aus dem 2 Makk bekannt ist (s. o.), wird in 16,13 auf die Mutter übertragen, welche ihre Söhne durch das Martyrium zur Unsterblichkeit zum zweiten Mal gebiert. Die etwa in platonischer Tradition vertretene Lehre der vorgeburtlichen, d. h. ontologischen, Unsterblichkeit der Seele als ihre spezifische Wesenseigenschaft20 wird in 18,23 aus jüdischer Sicht richtiggestellt,21 so dass diese Qualität gottgegeben ist und aufgrund des Martyriums verliehen wird. Gleichwohl ist die enge Anlehnung an die Umwelt allein schon daran zu ersehen, dass in 9,22 und 17,12 ein zentraler Begriff Verwendung findet, der schon in der hellenistisch angehauchten Weisheitsliteratur des Alten Testaments vorkommt: ἀφθαρσία „Unvergänglichkeit,
17 Einführend
hierzu J. W. van Henten / F. Avemarie, Martyrdom. Cf. G. W. E. Nickelsburg, Resurrection, 110. 19 Auch Flavius Josephus gibt diesen Glauben wieder, cf. bell. Iud. 2,154–157.163; ant. Iud. 18,13–18; c. Ap. 2,218, cf. auch J. Zangenberg, Trockene Knochen, himmlische Seligkeit. Todes‑ und Jenseitsvorstellungen im Judentum der hellenistisch-frührömischen Zeit, in: A. Berlejung / B. Janowski (Hg.), Tod und Jenseits im Alten Israel und in seiner Umwelt. Theologische, religionsgeschichtliche, archäologische und ikonographische Aspekte (FAT 64), Tübingen 2009, 655–689, hier 681; H. C. C. Cavallin, Life after Death. Paul’s Argument for the Resurrection of the Dead in 1 Cor 15, Bd. 1, Uppsala 1974, 146. Philo vertritt sogar eine dezidiert ontologische Unsterblichkeit der Seele, cf. spec. 1,345; cont. 13; opif. 77.139.143 f.146; gig. 6–11.14.37; det. 90.141; legat. 91; LA 1,105; 2,77; 3,161; mut. 223; her. 240.280–282; Mos. 2,108; Cher. 114 f.; somn. 1,31.134 f.; QG 2,8; QE 2,114; conf. 46; Abr. 258. Cf. auch P. Hoffmann, Die Toten, 81–84. 20 Cf. Plat. Tim. 41de. 21 Parallel dazu kann man Sap 3,1–6 lesen (cf. auch 1,15; 2,23 f.; 4,1 f.7; 6,17–21; 15,3). Resümierend sagt A. Berlejung, Was kommt nach dem Tod? Die alttestamentliche Rede von Tod und Unterwelt, BiKi 61 (2006) 2–7, hier 6 f.: „Der frühe Tod der Gerechten führt sie in die Unsterblichkeit, wo sie in Gottes Hand geborgen sind.“ Cf. auch E. Puech, La conception de la vie future dans le livre de la Sagesse et les manuscripts de la Mer Morte: Un aperçu, RdQ 21 (2003) 209–232, hier 221. 18
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Unzerstörbarkeit“.22 Der Terminus hängt ursprünglich mit der Unterscheidung von Menschen und Göttern zusammen; letztere zeichnen sich dadurch aus, dass sie keinen Tod befürchten müssen, der ihre Existenz (vorphilosophisch noch durchaus materiell verstanden) zerstört: Da das Sterben in plastischer Weise als Verwesung aufgefasst wurde,23 ist die ἀφθαρσία das schlechthinnige Kennzeichen für das Leben der Götter im Gegensatz zur Conditio humana. Die Philosophie übernahm den Begriff und trug ihn produktiv weiter. Resümierend lässt sich also folgender Befund für das 4 Makk konstatieren: Jenseitskonzepte der Vorlage 2 Makk werden übernommen (z. B. das Strafgericht am Tyrannen)24, jedoch nur selektiv (keine Auferstehung). Der Verfasser gestaltet das Leben nach dem Tod aus und erstellt eine Jenseitstopographie, die Momente biblischen Erbes in sich aufnimmt (Thron Gottes, Heimkehr zu den Vätern). Als Konsequenz der fortgeschrittenen Martyrologie und ihrer stellvertretenden Sühnelehre werden auch die postmortalen Vorstellungen in die Matrix eingetragen, wobei sich das 4 Makk an hellenistischen Vorbildern orientiert (dichotomische Anthropologie, Unsterblichkeit der Seele), diese allerdings theozentrisch skaliert.25 Es bleibt noch zu klären, wie die umstrittene Stelle 4 Makk 18,17 zu verstehen ist. Hier wird Ez 37,2 f. LXX zitiert, wo davon die Rede ist, dass „die morschen Knochen leben werden“ (ζήσεται τὰ ὀστὰ τὰ ξηρὰ ταῦτα). Strittig ist, ob diese Stelle einen Beleg für die leibliche Auferstehungshoffnung, die ansonsten in der Schrift keine Spuren hinterlassen hat (s. o.), darstellt.26 Der Grund, warum der Autor hier inkonsequent wird, wird entweder durch die These geglättet, der zufolge die gesamte Rede der Mutter 18,6–19 eine jüngere Interpolation sein soll27 und der Redaktor damit die hellenistische Schrift gewissermaßen jüdisch geradebiegen möchte; oder aber es wird angenommen, dass die Rede authentisch sei und der Verfasser gegenüber seinem jüdischen Publikum die Ver Cf. Sap 2,23; 6,18 f. P. Thieme, Studien zur indogermanischen Wortkunde und Religionsgeschichte (BVSAW.PH 98,5), Berlin 1952, 12 f. 24 Das Strafgericht gilt in 4 Makk nur für Antiochos, über die Frevler wird nichts Ausdrückliches gesagt, da die Schrift außer 7,19; 10,15; 13,15 keine kollektiven Aussagen trifft. Dies übersieht K. Bieberstein, Jenseits der Todesschwelle. Die Entstehung der Auferweckungshoffnung in der alttestamentlich-frühjüdischen Literatur, in: A. Berlejung / B. Janowski (Hg.), Tod und Jenseits im Alten Israel und in seiner Umwelt. Theologische, religionsgeschichtliche, archäologische und ikonographische Aspekte (FAT 64), Tübingen 2009, 423–446, hier 427. Für den Autor des 4 Makk fügt sich hier die Vorlage 2 Makk 6 f. gut in hellenistische Vorstellungen der postmortalen Strafe von Tyrannen ein, die sich schon ab Platon finden, z. B. in Plat. rep. 614–621b. 25 Cf. auch P. Hoffmann, Die Toten, 90: „Mit dem griechischen Unsterblichkeitsglauben ist der typisch jüdische Gedanke der Gemeinschaft mit den Vätern verbunden. Dies zeigt, wie stark die dem griechischen Seelenglauben entnommenen Vorstellungen dem jüdischen Denken angepasst sind.“ 26 Näheres bei H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch, 674 (mit Literatur). 27 Näheres, s. ebd., 657 f. 22
23 Cf.
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einbarkeit seiner Thesen mit der Tradition demonstrieren möchte. Nun leiden beide Deutungen an Schwächen: Im Fall der Interpolation wird nicht erklärt, warum der Interpolator es für nötig empfinden musste, das 4 Makk doktrinär zu verbessern, wenn – wie bereits gezeigt wurde – der Verfasser durchaus und sogar stärker als das 2 Makk die Bibel als Autorität im Rahmen seiner Jenseitskonzeption aufnimmt. Die Rede der Mutter bietet tatsächlich interpretatorische Schwierigkeiten, die sich jedoch auch ohne eine derartig radikale Lösung, die literarkritisch immer die Ultima ratio sein muss, klären lässt. Da das 4 Makk sonst keinen Grund zur Annahme sekundärer Überarbeitung gibt, erscheint die Interpolationsthese als bloße Verschiebung der Probleme. Die zweite erwogene Möglichkeit unterstellt dem Autor, dass er sich gegenüber dem Publikum zu weit vorgewagt hätte. Über das Publikum selbst erfährt man aber nur wenig (s. o.) und kann es nicht als Argumentum e silentio gegen den Autor geltend machen. Dass seine Hörerschaft eine traditionellere, hellenismuskritische Position eingenommen hätte, ist nur eine Vermutung. Die Schriftkonformität muss der Autor nicht erst am Ende beweisen, da er sich ihrer von Anfang an vergewissert und sogar biblische Episoden zur Beweisführung anführt. Eine genauere Lektüre der betreffenden Rede führt m. E. zu einem anderen Schluss: Die Mutter, die im 4 Makk selbst zur Märtyrerin wird, stellt sich hier als Modellfigur und Vorbild vor.28 Sie war bis zur Ehe jungfräulich und heiratete nur einmal (18,7–11). Der Autor schließt mit dieser Rede einige Leerstellen, die bisher aufgekommen sind: Wer ist diese Frau, die sich und ihre Söhne für den Glauben hingibt? Warum sind die Söhne, die teilweise noch blutjunge Kinder sind, im Judentum so bewandert? Wo ist der Vater? Die Antworten sind: Sie ist eine tugendhafte Jüdin und eine Univira;29 ihre Söhne wurden vom Vater unterrichtet; der Vater ist gestorben. Die Verse 11–19 bieten eine florilegienhafte Ansammlung biblischer Stellen, die der Vater seinen Söhnen beigebracht hat und deren gemeinsamer typologischer Nenner nicht die Auferstehungslehre ist, sondern das Martyrium: Abel, Isaak und Joseph (V. 11) stehen für unschuldige Opfer; Pinhas (V. 12) erweist den Eifer für den jüdischen Glauben30 und die drei Jünglinge im Feuerofen aus Dan 3 entsprechen den Qualen, die die Makkabäer zu erleiden haben, aber auch ihre Bereitschaft dazu; dasselbe gilt für Daniel in der 28 Der Autor nennt sie „Tochter Abrahams“ (18,20) und „Mutter des Volkes“ (15,29) und verleiht ihr gleichsam die Aura einer Matriarchin Israels. Innerhalb der Klimax der Martyrien nimmt sie durch den Suizid zusammen mit ihrem jüngsten Sohn den Höhepunkt ein (12,1–19; 17,1). 29 Cf. 1 Kor 7,40. Das Eheideal war seit der augusteischen Familienideologie die Frau, die nur einmal heiratete und nach dem Tod ihres Mannes Witwe blieb. 30 Deswegen hat Pinhas hier nichts mit den Zeloten zu tun, sondern dient typologisch als Vorbote des Glaubenseifers von Märtyrern. Seine Erwähnung für die Datierung des 4 Makk zu gebrauchen, verkennt die Aussageabsicht und führt als atomistisches Argument mehr Prämissen ein, als es zu lösen imstande ist. Einleitungsfragen sollten demgegenüber globaler geklärt werden.
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Löwengrube (V. 13), der ähnlich wie die Märtyrer von einem Tyrannen verurteilt wurde. Ab V. 14 werden Zitate angeführt, die die biblische Grundlegung des Martyriums verdeutlichen sollen: Jes 43,2 führt das Feuer aus V. 12 fort; Ps 34,20 die Leiden der unschuldigen Gerechten. Das unmittelbar vor der hier interessierenden Ez-Stelle zitierte Prov 3,18 beschreibt, dass jeder, der Gottes Willen tut, ein Baum des Lebens sein wird. Nach der Ez-Stelle erscheint ein Mischzitat aus Dtn 32,39 und 30,20, das die Macht Gottes unterstreicht, der töten und wieder lebendig machen kann. Ein synoptischer Vergleich der drei Zitate kann die Aussageabsicht des Autors erhellen: V. 16 = Prov: Ξύλον ζωῆς ἐστιν τοῖς ποιοῦσιν αὐτοῦ τὸ θέλημα V. 17 = Ez: Εἰ ζήσεται τὰ ὀστὰ τὰ ξηρὰ ταῦτα V. 18 = Dtn: Ἐγὼ ἀποκτενῶ καὶ ζῆν ποιήσω. Αὕτη ἡ ζωὴ ὑμῶν καὶ ἡ μακρότης τῶν ἡμερῶν
In allen drei Versen wird, verbal oder substantivisch, das „Leben“ betont. Ez 37,2 f. ist eingerahmt in zwei weitere Belegstellen für die Hoffnung, dass die Gerechten leben werden. Dass dies der Fokus der Aussage ist, wird auch dadurch erwiesen, dass es der Autor für nötig empfunden hatte, ein Mischzitat zweier Dtn-Stellen zu konstruieren, die durch den Stichwortanschluss „leben“ verbunden sind. Demgegenüber ist die konkrete Aussage nachrangig: Es kommt dem Autor weder darauf an zu behaupten, dass die Gerechten im Jenseits in Baumgestalt existieren, noch, dass Knochen leben werden, noch, dass Gott auch in der Lage ist zu töten. Stattdessen soll durch dieses Dreifachzitat aus der Bibel das Martyrium als legitime Form des Glaubens expliziert werden: Der Märtyrer (kontextuell hier: die Söhne) wird mit der Gewissheit hingerichtet, dass Gott ihn zum Leben erwecken wird. Im Zusammenhang des 4 Makk ist dies die Unsterblichkeit der Seele und nicht die Auferstehung des Leibes. „Baum des Lebens“ und „diese morschen Knochen“ sind metaphorisch zu verstehen.
4. Die Märtyrer und die Sterne (4 Makk 17,5) 4.1 Interne Deutung von 4 Makk 17,5 Dass die Märtyrer ihr Jenseitsgeschick im Himmel finden und das 4 Makk hierfür eine Topographie von oben und unten entwickelt, wurde bereits angesprochen; auch wird in der Schrift ausgesagt, dass die Makkabäer im Himmel vor Gottes Thron in der Gemeinschaft der Väter weilen. Innerhalb des Lobliedes auf die Mutter (17,2–6) etabliert der Autor in V. 5 einen schwer verständlichen Konnex zwischen den Märtyrern und den Sternen am Himmel und sagt zu ihr:31
31 Sämtliche
Übersetzungen in dieser Untersuchung stammen von mir.
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Οὐκ οὕτως σελήνη κατ´ οὐρανὸν σὺν ἄστροις σεμνὴ καθέστηκεν, ὡς σὺ τοὺς ἰσαστέρους ἑπτὰ παῖδας φωταγωγήσασα πρὸς τὴν εὐσέβειαν ἔντιμος καθέστηκας θεῷ καὶ ἐστήρισαι (var. ἠστήρισαι) σὺν αὐτοῖς ἐν οὐρανῷ. Nicht einmal der Mond ist am Himmel mit Sternen derart ehrwürdig angeordnet, wie du, die sieben sternengleichen Kinder zum Licht führend, sie vornehm im Hinblick auf die Frömmigkeit Gott zugeordnet hast und mit ihnen am Himmel befestigt (var. verstirnt) bist.
Der verschachtelte Satz entspricht der kunstvollen Stilistik des 4 Makk, die sich an hellenistischen rhetorischen Vorbildern orientiert. Trotzdem ist der inhaltliche Sinn prima facie nicht leicht zu verstehen: Es ist davon die Rede, dass die angesprochene Mutter ihre sieben Söhne zum Licht geführt habe und das Sternenzelt durch ihre fromme Tat dadurch noch übertreffe. Die Verständnisschwierigkeiten liegen im Detail, so dass eine behutsame, mehrstufige Annäherung sinnvoll erscheint. Der Aussagekern scheint sich um den Zentralbegriff des 4 Makk zu drehen: Die εὐσέβεια („Frömmigkeit“) erscheint in adjektivischer Form schon im ersten Vers der Schrift und ist Teil der Ausgangsthese, wonach die jüdische Frömmigkeit die Vernunfttätigkeit leitet und dadurch die Affekte beherrscht. Das stellare Bildfeld von V. 5 greift auf die der hellenistischen Literatur geläufige Harmonievorstellung zurück, die im 4 Makk öfters zum Tragen kommt, beispielsweise im „Chor der Väter“ oder der „symphonischen“ Wohlgeordnetheit der Brüder untereinander (s. o.), die in absteigender Reihenfolge ihres Alters das Martyrium freiwillig erleiden. Beide Termini sind nun auch der Musik entlehnt und haben in der Antike primär weniger mit der praktischen Musikausübung zu tun als mit einer theoretisch-spekulativen, von Pythagoras ausgehenden Form der Philosophie:32 So stehen die tonalen Intervallrelationen, die mathematisch ausgedrückt werden können, in engem Zusammenhang zum ordnungsgemäßen Aufbau der Welt. Besonders der Sternenhimmel lud zu einer Lehre ein, die im Sinne einer Sphärenharmonie eine unhörbare kosmische Musik kannte. Die Tetraktys, das Zahlenverhältnis 4:3:2:1, konnte auf dem Monochord hörbar gemacht werden, war aber die Basis des Weltordos. Dieser Hintergrund wird in 4 Makk 17,5 in Anschlag zu bringen sein, wenn mit musikalischer Terminologie die Märtyrer zu den Sternen erhoben werden. Inwiefern Menschen im Jenseits eschatologisch mit der Sphärenharmonie in der Antike zusammenzusehen sind, wird weiter unten ausgeführt. Hier sind der Mond und die Sterne zunächst einmal Vergleichsobjekte: Die Mutter wird mit dem Mond in Verbindung gebracht, während ihre Kinder „sternengleich“ sind. Die Komplikationen entstehen aber dadurch, dass das Bezugsprädikat καθίστημι gleich zweimal auftaucht: Einerseits sind die 32 Cf. P. Bukovec, Musik bei Nicolaus Cusanus, in: M. Eckert / H. Schwaetzer (Hg.), Cusanus: Ästhetik und Theologie (Texte und Studien zur europäischen Geistesgeschichte B,5), Münster 2013, 83–101, hier 83–88.
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Sterne am Himmel „angeordnet“, andererseits die Kinder – und zwar in Bezug auf die Frömmigkeit und in Gottes Richtung. Damit wird der einfache Vergleich verlassen und eine zweite inhaltliche Matrix gesetzt, die simultan mitschwingt. Man könnte darüber spekulieren, ob die eingeführte Größe „Gott“ nun die Rolle des Mondes von der Mutter übernimmt oder nicht doch eher die unerwähnte Sonne sein müsste. In jedem Fall ist das Tertium comparationis und die Achse des doppelten Bezugsrahmens die εὐσέβεια. Diese Verschachtelung wird – und das macht es nun noch komplexer – durch eine zweifache Ambivalenz verschoben: Erstens steht sich das Begriffspaar ἰσαστέρους und ἐ/ἠστήρισαι gegenüber. Das erste Lexem („sternengleich“) bezieht sich auf die Söhne der Mutter und kann im Griechischen entweder übertragen gemeint sein („wie Sterne“) oder aber real (wie bei ἰσοπολίτης „Mitbürger, gleichberechtigter Bürger“), eine Entscheidung kann nur kontextuell getroffen werden; das zweite Lexem wird handschriftlich nicht einheitlich überliefert, es bedeutet entweder „fixiert“ (< στηρίζω) oder „verstirnt“ (< ἀστηρίζω). Beide Ableitungen machen aber zum Glück keinen großen Unterschied, denn ob die Söhne und ihre Mutter am Himmel befestigt oder zu Sternen geworden sind, ist insofern eine Marginalität, als beide Male ein realistisches Verständnis impliziert wird. Hieraus könnte man auch für ein ebensolches Verständnis bei ἰσαστέρους plädieren. Das astrale Bildfeld kennt auch die Textüberlieferung, wenn sie die Lesart εἰς ἀστέρους („zu Sternen [geworden]“) bietet, die zwar jünger sein muss, aber intuitiv etwas Zutreffendes aussagt. – Zweitens fällt in V. 5 das Partizip φωτ αγωγήσασα auf. Das Lexem ist im Griechischen eigentlich ein terminus technicus für den Seelengeleiter, allen voran Hermes. Ab dem zweiten Jahrhundert wird übrigens der Begriff auch bei Jesus Christus im Kontext des descensus ad inferos adaptiert, d. h. der Hades-Fahrt zwischen Tod und Auferstehung, da Christus die Toten aus der Unterwelt heraus‑ und zum Licht führt.33 Es besteht zwar kein direkter Zusammenhang zwischen 4 Makk 17,5 und der regula fidei im zweiten Jahrhundert, doch kann die zeitliche Nähe darauf hindeuten, dass das Judentum wie das Christentum für die Übernahme der Psychopomposvorstellung offen waren. Die Mutter wird hier schließlich die Seelengeleiterin, wenn sie ihre Söhne durch ihre Motivierung zum Martyrium in den Himmel versetzt; ihre aktive Rolle wird in V. 5 deutlich hervorgehoben. Aus den philologischen Beobachtungen geht hervor, dass V. 5 viel komplexer angelegt ist als bisher in der Regel wahrgenommen wurde;34 es handelt sich nicht um eine reine Metapher. Vielmehr liegt hier eine bewusste, mehrfache Verschachtelung vor: Die Mutter übertrifft einerseits die Sterne durch ihr Handeln; andererseits werden sie und ihre Kinder astraleschatologisch konnotiert (astral 33 Cf. z. B. Melito, pasch. 527.631.671; TradAp 4; cf. auch TestAbr 7,8. Das Descensusmotiv ist im zweiten und dritten Jahrhundert bei nahezu allen christlichen Schriftstellern bezeugt und fächert sich in verschiedene Subkategorien auf, die hier nicht besprochen werden können. 34 Z. B. in P. Hoffmann, Die Toten, 90 f.
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wegen des Bildfeldes, eschatologisch wegen des Inhalts). In dieser Jenseitsaussage übernimmt sie die Funktion des Psychopompos gegenüber ihren Söhnen und führt sie durch die fromme Tat des Martyriums zu Gott. Die Motivverkettung Licht – Sterne ist inhaltlich auf zwei Ebenen angesiedelt: Φωταγωγήσασα meint sowohl die räumliche Dimension einer Anabasis („[nach oben] zum Licht [der Sterne] führen“) als auch den postmortalen Lohn, also die zeitlich-eschatologische Dimension („zum Licht [Gottes] führen“). Damit wäre die Tiefendimension des Verses schon geklärt, wenn es sich nicht außerdem noch um eine Allusion auf eine biblische Stelle handeln würde: 4.2. Dan 12,3 „Hier ist in einem biblischen Text zum ersten Mal die Versetzung in die himmlische Welt angedeutet. Es heißt noch ,strahlen wie die Himmelsfeste‘, aber das Bild ist da.“35 Die erste nachweisliche Verbindung der Gerechten mit einer stellaren Jenseitshoffnung findet sich in Dan 12,3, auf die 4 Makk 17,5 rekurriert. Zunächst ist der Text in seiner zweifachen Überlieferung selbst zu analysieren, bevor auf die Gemeinsamkeiten und vor allem die entscheidenden Unterschiede zum 4 Makk einzugehen sein wird: Dan 12,3 MT
Dan 12,3 LXX
וּמ ְצ ִדּ ֵיקי ָה ַר ִבּים ַ וְ ַה ַמּ ְשׂ ִכּ ִלים יַ זְ ִהרוּ ְכּז ַֹהר ָה ָר ִק ַיע עֹולם וָ ֶעד׃ ָ כֹּוכ ִבים ְל ָ ַכּ
Καὶ οἱ συνιέντες φανοῦσιν ὡς φωστῆρες τοῦ οὐρανοῦ καὶ οἱ κατισχύοντες τοὺς λόγους μου ὡσεὶ τὰ ἄστρα τοῦ οὐρανοῦ εἰς τὸν αἰῶνα τοῦ αἰῶνος
Und die Verständigen werden glänzen wie der Glanz des Firmaments, und die, die viele gerecht gemacht haben, wie die Sterne in alle Ewigkeit.
Und die Verständigen werden leuchten wie die Himmelslichter und die, die Meine Worte erfassen, wie die Sterne des Himmels in alle Ewigkeit.
Der historische Kontext der sogenannten Daniel-Apokalypse Dan 7–12 ist die Bedrängung der Gruppe der Gerechten, die während Antiochos IV. Epiphanes für ihren Glauben leiden mussten.36 Eine situative Nähe zu den Schilderungen von 2 Makk 6 f. (und damit indirekt zum 4 Makk) ist gegeben. Der Dan-Text schlägt aber einen anderen Weg ein und eröffnet den Gerechten eine postmortale Retribution, die daraus besteht, dass sie in (unbestimmter) Zukunft auf ewig weiterleben und – in scharfem Kontrast zu ihrer gegenwärtigen Situation –37 unüber H. Lichtenberger, Jenseitsvorstellungen, 256. Zu dieser Gruppe, s. Dan 11,33–35. 37 Zur Theodizeeproblematik in Dan 7–12, cf. M. Tilly, Apokalyptik (UTB 3651), Tübingen/ Basel 2012, 61: „Die sich aus den grausamen Martyriumserfahrungen der unterdrückten und verfolgten Gerechten Israels ergebende Theodizeefrage fand dabei eine Antwort in der Hoffnung auf Auferstehung und auf postmortale ausgleichende Gerechtigkeit“. Cf. auch A. F. Segal, 35 36
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sehbar leuchten und darin sogar die Sterne übertreffen werden. Der hebräische Text ist der ältere und hat zwei Differenzen zur griechischen Fassung aufzuweisen: Der Vergleichspunkt ist hier der Glanz des Himmelsgewölbes, während der Grieche die Sterne aus der zweiten Vershälfte vorzieht; die auf Jes 53,13 anspieַ wird in der LXX abstrahiert und zugleich veralllende Wendung ּומ ְצ ִּד ֵיקי ָה ַר ִּבים gemeinert, so dass diejenigen, die Gottes Worte auf‑ und annehmen, die Adressaten der Verheißung sind.38 Die Aussage in Jes 53,11, wonach der leidende Gottesknecht das Licht erblicken wird, wird in Dan 12,3 auf die Gerechten appliziert; es dürfte sich um eine exegetische Weiterentwicklung handeln.39 Wichtig für den Vergleich mit dem 4 Makk ist aber ein Umstand, der beiden Zeugen gemeinsam ist: Die Sterne sind ein Bild (zweifaches „wie“) und nicht konkret gemeint, sie dienen der kontrastiven, qualitativen Unterscheidung zwischen dem aktuellen Los der Unterdrückten und ihrer Hoffnung. Dazu kommt, dass Dan 12,3 anders als 4 Makk 17,5 diese Hoffnung in einer eschatologisch-protoapokalyptische Zeitachse ansiedelt, während die Mutter und ihre sieben Söhne unmittelbar nach dem Tod die Belohnung erfahren (der Autor spricht in 17,5 in der Vergangenheit!). Die hellenistisch geprägte Eschatologie hat im 4 Makk gegenüber der biblischen, von den Propheten ausgehenden Zukunftshoffnung den Unterschied verursacht. Aus dieser Perspektive wird auch klar, dass sich das 4 Makk im Gegensatz zu Dan nicht an die Vergleichsebene halten muss, die dem Konzept ausgleichender Gerechtigkeit subordiniert ist, sondern zumindest für weitere Interpretationen offen sein kann. Während in Dan 12,3 die Gerechten zu sichtbaren Zeichen der Gerechtigkeit YHWHs werden und Ihn damit als geschichtsmächtigen Gott ausweisen, liegt der Fokus in 4 Makk 17,5 – obwohl es auf Dan 12,3 anspielt – in der Lokalisierung des postmortalen Lebens für die Märtyrer im Himmel und dem Lob der Mutter, die für die Frömmigkeit sich und ihre Söhne in den Tod gegeben hat und dadurch zur Heilsmittlerin geworden ist. Zwischen Dan und 4 Makk liegen über 200 Jahre. Das Motiv aus Dan 12,3 hinterließ nicht nur Spuren in der hier untersuchten Schrift, sondern machte im Frühjudentum Schule. Um daher auch für das 4 Makk weitere Erkenntnisse zu gewinnen, lohnt es sich, im Folgenden die Rezeptionsgeschichte in diesem Zeitraum nachzuverfolgen. Dabei wird sich zeigen, dass das Motiv in der Apokalyptik produktiv war und das 4 Makk als nicht-apokalyptische Schrift gewissermaßen aus dem Rahmen fällt, was Rückschlüsse auf seine Eigenheiten geben kann. Life after Death. A History of the Afterlife in the Religions of the West, New York, NY u. a. 2004, 265: „It comes, no doubt, from the observation that the pious had been suffering, not for forgetting God’s law but precisely because they observed it“. 38 Cf. G. W. E. Nickelsburg, Resurrection, Immortality, and Eternal Life in Intertestamental Judaism (HThS 26), Cambridge, MA/London 1972, 26; U. Kellermann, Das Danielbuch und die Märtyrertheologie der Auferstehung (StPB 38), Leiden u. a. 1989, 51–75, hier 53. 39 Cf. ebd.
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4.3 Die Rezeption von Dan 12,3 im Frühjudentum Die erste Quelle, welche die Motivik aufnimmt, findet sich in den Mahnreden innerhalb der Schriftenkollektion, die als das 1 Hen geführt wird. In 104,2 wird den Trägern der sich auf die Henoch-Tradition berufenden Gemeinschaft das Heil verheißen, das die Schmach der Gegenwart kompensieren wird. Dieser Vers ist nur in der vollständigen äthiopischen Fassung und in einer griechischen Version überliefert, unter den Qumran-Funden gibt es keinen Beleg: 1 Hen 104,2gr40
1 Hen 104,2äth41
Θαρσεῖτε δὴ ὅτι ἐπαλαιώθητε ἐν τοῖς κακοῖς καὶ ተሰፈዉ: እስመ: በቀዳሚ: ኃሠርክሙ: በእከይ: ἐν ταῖς θλίψεσιν, ὡσεὶ φωστῆρες τοῦ οὐρανοῦ ወበስራኀ: ወይእዜኒ: ትበርሁ: ከመ: ብርሃናተ: ሰማይ: ἀναλάμψετε καὶ φανεῖτε, αἱ θυρίδες τοῦ οὐρανοῦ ወትትረኣዩ: ወኆኀተ: ሰማይ: ይትረኃወ: ለክመ:: ἀνοιχθλήσονται ὑμῖν Hofft jetzt, denn früher wart ihr in Schmach (Pl.) und Trübsalen, [nunmehr] werdet ihr wie die Himmelslichter aufleuchten und scheinen, die Tore des Himmels werden euch geöffnet werden.
Hofft, denn zuerst hattet ihr Schmach durch Unglück und Trübsal, aber jetzt werdet ihr leuchten wie die Lichter des Himmels und werdet scheinen, und das Tor des Himmels wird euch geöffnet werden.
Außer zwei textlichen Unterschieden (der Zwei‑ bzw. Dreigliedrigkeit des Kausalsatzes und dem Numerus des Eingangs zum Himmel) konvergieren beide Zeugen und können, weil sie voneinander unabhängig sind, für 1 Hen* veranschlagt werden. Hier wird von den „Himmelslichtern“ gesprochen, denen der Glanz der Gerechten entsprechen wird, d. h. 1 Hen folgt hier offenbar Dan 12,3 LXX resp. einer hebräischen Überlieferung, die nicht dem Masoretentext entspricht, sondern der Vorlage des LXX-Textes; Näheres kann aufgrund des Fehlens eines hebräischen oder aramäischen Zeugen für 1 Hen 104,2 nicht gesagt werden. Der Autor wendet sich direkt an die Unterdrückten und spricht nicht nur über sie wie in Dan 12,3. Der Kontrast zwischen Heute und Eschaton wird durch den Kausalsatz unterstrichen, doch die inhaltliche Aussage an sich bleibt gleich: Die Gerechten werden nicht Himmelslichter sein, sondern ihnen gleichen. Die Vergleichsebene wird noch dadurch fortgeführt, dass das Heil darin besteht, in den Himmel einzuziehen; dies stellt gegenüber Dan 12,3 eine gewisse Neuerung dar, da dort eine Lokalisierung des Aufenthaltes der Gerechten nicht ausdrücklich thematisiert wird. Eine leicht abgewandelte Tradition kennt 2 Hen 66,7. Das in altkirchenslawischer Sprache erhalten gebliebene Werk, ebenfalls aus der breiten HenochÜberlieferung, spricht davon, dass die Gerechten wie die Sonne sein werden. Sie
Black, Matthew (Hg.), Apocalypsis Henochi graecae, Leiden 1970, 42. Michael A. (Hg.), The Ethiopic Book of Enoch, Bd. 1, Oxford 1978, 401 f.
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werden also nicht mehr mit den Sternen verglichen, sondern mit dem hellsten Gestirn am Himmel überhaupt. Eine Harmonisierung beider Topoi kennt das 4 Esr.42 Im siebten Kapitel, das eine umfassende Schilderung der Endzeitereignisse präsentiert, gelangen die Gerechten in sieben Stufen zum Heil. In der sechsten Stufe wird der astrale Vergleich herangezogen: 4 Esr 7,97 (Vulg.) Sextus ordo, quando eis ostendetur quomodo incipiet vultus eorum fulgere sicut sol, et quomodo incipient stellis adsimilari lumini, amodo non corrupti. Die sechste Stufe: wenn ihnen gezeigt werden wird, wie ihr Antlitz wie die Sonne glänzen soll und wie sie den Sternen an Licht gleichen sollen, von nun an nicht mehr vergänglich.
Das scheinende Antlitz mag eine Anspielung auf das Gesicht Moses sein, der in Ex 34,29–32 vom Sinai kommt und es verdecken muss. Es ist ein Zeichen der Nähe Gottes, die auf die Gerechten gewissermaßen „abfärbt“. Die Erwähnung der Sonne in diesem Zusammenhang geht wohl auf eine Nebentradition der Rezeptionsgeschichte von Dan 12,3 zurück, wie 2 Hen 66,7 zeigt. Dem Verfasser scheint es wichtig zu sein, dass der folgende Vergleich mit den Sternen insofern unpassend ist, als sie von Gott geschaffen wurden und damit nicht ewig bestehen. Hier hinkt der Vergleich: Das Heil der Gerechten ist nicht befristet, sondern endgültig. Die Sterne werden während der letzten Tage dieser Welt vergehen, die Nähe zu Gott bleibt. In V. 125 wird das Bild wieder aufgegriffen. Das mit 4 Esr verwandte 2 Bar wird an einigen Punkten präziser:43 2 Bar 51,10 ̈ ̈ ܠܟܘܟܒܐ ܘܢܘܝܢ ܡܬܚܠܦܝܢ ܒܟܘܠ ܕܡܘ ܠܡܐܠܟܐ ܘܡܬܦܚܡܝܢ ܒܡ̈ܪܘܡܘܗܝ ܓܝܪ ܕܗܘ ܥܠܡܐ ܢܥܡܪܘܢ ܘܡܬܕܡܝܢ ܕܨܒܝܢ ܡܢ ܫܘܦܪܐ ܠܝܐܝܘܬܐ ܘܡܢ ܢܘܗܪܐ ܠܙܝܘܐ ܕܬܫܒܘܚܬܐ Denn in den Höhen jener Welt werden sie wohnen und den Engeln gleichen und den Sternen ähneln, und sie werden verwandelt werden in jede Gestalt, die sie wollen: von Schönheit zur Lieblichkeit und von Licht zum Glanz der Herrlichkeit.
Zunächst fällt auf, dass 2 Bar wie 1 Hen und anders als 4 Esr den himmlischen Aufenthaltsort der Gerechten konkretisiert. Darüber hinaus wird nun der Vergleich mit den Sternen in Verbindung gebracht mit dem engelgleichen Dasein im Jenseits.44 Die Verknüpfung von himmlischen Mächten und Sternen ist alt. Für 2 Bar ist nun wichtig, dass das jenseitige Dasein der Gerechten nicht eine 42 Einiges zu den Jenseitsvorstellungen in 4 Esr und 2 Bar findet sich in D. J. Harrington, Afterlife Expectations in Pseudo-Philo, 4 Ezra, and 2 Baruch, and Their Implications for the New Testament, in: R. Bieringer (Hg.), Resurrection in the New Testament. FS J. Lambrecht (EThl 165), Leuven 2002, 21–34; H. Lichtenberger, Jenseitsvorstellungen, 259–262. 43 Cf. M. Tilly, Apokalyptik, 73; H. Lichtenberger, Jenseitsvorstellungen, 262. 44 Cf. JosAs 18,7. Cf. auch P. Sprinkle, The Afterlife in Romans. Understanding Paul’s Glory Motif in Light of the Apocalypse of Moses and 2 Baruch, in: M. Labahn / M. Lang (Hg.),
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schlichte Perpetuierung des irdischen Lebens sein kann, sondern mit einer Verwandlung einhergehen wird, die die Geretteten zu Engeln (oder zumindest ihnen eng verwandt) umgestalten wird. Die Erscheinung der Gerechten wird veredelt und sie erhalten zum Teil Gottes Attribute („Herrlichkeit“). Nicht ganz verständlich ist die Aussage, dass die Gerechten ihre Gestalt selbst wählen können; ob hier ein Überlieferungsfehler durch die Übertragung ins Syrische vorliegt, kann wegen der fehlenden Vergleichsquellen nicht festgestellt werden. In jedem Fall ist es dem Autor wichtig, dass die geretteten Menschen im Himmel den Bewohnern von Gottes Hofstaat angeglichen werden und somit eine qualitative ästhetische Verbesserung geschieht.45 Diese apokalyptischen Schilderungen präzisieren jeweils eigenständig die Grundlage, die in Dan 12,3 gelegt wurde, sei es in topographischer, temporaler oder qualitativer Hinsicht. Dass es sich bei der Relation zwischen den Gerechten und den Sternen um einen Vergleich handelt, wird nicht infrage gestellt. Zentral ist vielmehr die damit intendierte Aussage vom künftigen Heil am Ende der Tage. Das 4 Makk geht über den Vergleich hinaus. Darin hat es eine Gemeinsamkeit mit der letzten hier zu besprechenden Stelle, nämlich AscMos 10,9; die Unterschiede sind aber gleichwohl frappierend: AscMos 10,9 Et altavit te Deus et faciet te herere caelo stellarum loco habitationis eorum. Und Gott wird dich erhöhen, und er wird dir einen festen Sitz am Sternenhimmel verschaffen, am Ort ihrer Wohnung.
Die Angesprochene ist die Kollektivperson Israel. Dem Volk wird im Kontext des Kapitels die Erhöhung gegenüber seinen Feinden verheißen, aber diese Erhöhung wird realistisch beschrieben: Israel wird unter den Sternen seinen Sitz bekommen und am Sternenhimmel wohnen. Es kann gewissermaßen von oben auf seine Feinde (d. h. die Römer) niederblicken und von dort über sie herrschen. Anders als bislang wird diese Verheißung nicht nur einer exklusiven Gruppe von Gerechten erteilt, sondern ganz Israel. Auch wenn die Aussage eschatologisch ist, ist sie insofern nicht transzendent, als die Geschichte unter veränderten Lebendige Hoffnung – ewiger Tod?! Jenseitsvorstellungen im Hellenismus, Judentum und Christentum (ABG 24), Leipzig 2007, 201–233, hier 209 f. 45 A. F. Segal, Life, 265; H. C. C. Cavallin, Life, 27 und J. J. Collins, Conceptions of Afterlife in the Dead Sea Scrolls, in: M. Labahn / M. Lang (Hg.), Lebendige Hoffnung – ewiger Tod?! Jenseitsvorstellungen im Hellenismus, Judentum und Christentum (ABG 24), Leipzig 2007, 103–125, hier 126, sehen dies schon für Dan 12,3 gegeben, was aber nicht der Fall sein dürfte. Cf. auch a. a. O., 104: „In the case of the wise teachers, at least, the resurrection appears to take the form of elevation from the Netherworld to the angelic realm.“ In a. a. O., 105 kann er auch nicht beurteilen, ob in 1 Hen 104 ein engelsgleicher oder astraler Zustand gemeint sei, was daran liegt, dass bei Collins die Zusammenhänge zwischen beiden nicht reflektiert werden, insbesondere nicht die frühjüdische (und letztlich hellenistische, s. u. bei Plutarch und Cicero) Interferenz zwischen Engeln, verstorbenen Gerechten und Sternen.
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Verhältnissen offenbar fortgesetzt wird. Das Sternenzelt ist kein in erster Linie paradiesischer Ort, sondern die ausgleichende künftige Gerechtigkeit für Israel unter den Bedingungen von Geschichte. Eine Dichotomie von Diesseits und Jenseits ist hier nicht intendiert, da das Volk aus erhobener Position über die Erde herrschen wird – die Verheißung bleibt weltimmanent.46 Auch hierin ist ein Unterschied zum 4 Makk und den anderen Texten zu sehen: AscMos äußert sich nicht über das Jenseits. Aber mit dem 4 Makk hat AscMos doch die Gemeinsamkeit, dass dem Frühjudentum die Vorstellung einer Verstirnung von Personen nicht fremd ist; in beiden Schriften ist die Vergleichsebene verlassen zugunsten eines eher realistisch gemeinten Verständnisses. Der Vergleich mit anderen Texten aus der frühjüdischen Literatur,47 welche Dan 12,3 rezipieren,48 ist ergiebig: Die Gemeinsamkeiten mit 4 Makk 17,5 lassen sich zwar auf den gemeinsamen Referenztext zurückführen, aber die Unterschiede sind groß: – Das 4 Makk gehört seiner Gattung nach nicht zu den apokalyptischen Schriften, sondern führt die Verstirnung in einen auf die Märtyrer bezogenen individualeschatologischen Kontext ein. – Der anthropologische Hintergrund ist durch die Übernahme des griechischen Menschenbildes mit seiner Zweiteilung von Seele und Leib gegeben. Die Vergleichsstellen teilen allesamt die biblische Einheitsanthropologie resp. stellen sie nicht infrage.49 – 4 Makk 17,5 verwendet dezidiert hellenistische Terminologie, etwa bei der „Lichtführung“ (s. Psychopompos) und dem Ordo-Denken. – Die Martyrologie wird inhaltlich mitbestimmt durch den Konnex zum jüdischen Patriotismus (Sterben für die väterlichen Gesetze) und die Über46 Die
Apk kann hierzu eine Parallele bringen: Apk 15,2. Zur Verstirnung im rabbinischen Judentum, cf. S. Lieberman, Some Aspects of After Life in Early Rabbinic Literature, in: ders., Texts and Studies, New York, NY 1974, 235–272. 48 Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass 4 Makk 17,5 selbst rezipiert wird: Ephräm der Syrer dichtet in seinen Hymni de paradiso 7,19 [E. Beck (Hg.), Ephraems Hymnen über das Paradies (StAns 26), Rom 1951, 29 f.]: ̈ ̈ ܘܐܝܠܝܢ ܕܐܬܟܠܠܘ ܒܣܝܦܐ ܚܠܦ ܡܪܢ ܬܡܢ ܒܬܫܒܘܚܬܐ ܕܒܣܪܘܗ ܒܦܓ̈ܪܝܗܘܢ ܠܢܘܪܐ ܕ̈ܪܕܘܦܐ ܘܐܝܟ ܢܨܚܝܢ ̈ܟܠܝܠܝܗܘܢ ̈ ̈ ܟܘܟܒܐ ܬܡܢ ܡܗܒܒܝܢ ܫܒܥܐ ̈ܒܢܝ ܢܘܗܪܐ ܕܐܡܗܘܢ ܒܗܘܢ ܢܨܚܬ ܕܫܛܘܗ ܒܡܘܬܝܗܘܢ ܠܚܡܬܗ ܕܪܫܝܥܐ („Und die mit dem Schwert für unseren Herrn gekrönt wurden, deren Kronen werden dort in Herrlichkeit erstrahlen, weil sie an ihren Körpern verachtet haben das Feuer der Verfolger; und die Sterne werden dort leuchten, die sieben Söhne des Lichts, deren Mutter unter ihnen erstrahlte, die in ihrem Tod verachtet haben den Zorn des Frevlers“). Ephräm vermengt hier Stellen aus dem 4 Makk mit klassischer Märtyrerterminologie christlicher Provenienz: So findet sich im 4 Makk nirgends die Hinrichtung mit dem Schwert (auch nicht in 2 Makk 6 f.), ebenfalls keine Kronen (nur der Kranz in 17,15), allerdings spielt das Feuer eine große Rolle (16,3.21; 18,12 mit Bezug auf Dan 3; 5,32; 6,24.27; 7,4.10.12; 9,9.19.22; 10,14; 11,26; 12,12 (Höllenfeuer); 18,14.20). Der Zorn des Antiochos begegnet in 8,9, dürfte bei Ephräm aber eher traditionell sein. 49 Dies bedeutet aber nicht, dass Dan 12 die Leiblichkeit der Auferstehung explizit thematisieren muss, cf. J. Zangenberg, Trockene Knochen, 678. Sie wird erst in 2 Makk 7 zum zentralen Gegenstand des Interesses, s. o. 47
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tragung der Kultterminologie auf die Märtyrer. Dieser Umstand schwingt in 17,5 mit, ist aber in den Vergleichstexten nicht gegeben. – Der Zusammenhang von Tod und Tugendhaftigkeit, von philosophisch untermauerter Frömmigkeit, d. h. die Ausgangsthese des 4 Makk, spielt nur hier eine Rolle. – Auch die Apokalyptiker möchten die eigene Gruppe des Heils vergewissern und übermitteln offenbarte Zukunftsszenarien. Der soziologische Hintergrund (Sitz im Leben) im 4 Makk ist jedoch nicht durch eine Verfolgungssituation bzw. die apokalyptische Tradition gegeben, sondern auf die Sicherung jüdischer Identität in einer hellenistischen Umgebung fokussiert. Diese Zwischenüberlegungen, die nicht nur den besprochenen Vers 17,5 beinhalten, sondern den größeren Kontext des 4 Makk für die Interpretation der Verstirnungsvorstellung in Anschlag bringen, lassen Zweifel aufkommen, ob die textinternen Überlegungen und der intertextuelle Bezug zu Dan 12,3 ausreichen, diese konkrete Jenseitskonzeption tiefschürfend zu deuten. Es besteht durch die weiterhin bestehenden Divergenzen die Möglichkeit, dass hier Topoi der religiösen Umwelt verarbeitet sind. Sowohl 4 Makk als Ganzes als auch 17,5 weisen eine Permeabilität zu außerjüdischen Konzepten auf, was mit der Absicht des Autors zusammenhängt, die Vereinbarkeit, ja Superiorität des Judentums gegenüber der Mehrheitsgesellschaft zu beweisen. Man könnte die Frage konkret stellen: Gibt es in dieser Zeit verwertbare Parallelen, die auch für 4 Makk 17,5 die Annahme einer Adaption rechtfertigen können und konzeptionell mit dem Vers konvergieren? 4.4 Der Katasterismos in der griechisch-römischen Antike Unter καταστερισμός (Verstirnung) versteht man eine Jenseitsvorstellung, der zufolge das postmortale Geschick in der Verwandlung in einen Stern besteht. Als vorsichtige, übergeordnete Definition könnte man formulieren: Menschen werden aus bestimmten Gründen nach ihrem Tod unter die Sterne versetzt. Es geht um die Verstirnung von Menschen, d. h. ein anthropologisches Konzept, und nicht um Götter, Tiere oder Mythenwesen; dadurch soll eine engere Bestimmung vorgeschlagen werden. Eine weiter gefasste Definition mag die Motivation und die Ursachen für dieses Ereignis betreffen; wie ersichtlich werden wird, sind die Gründe für eine Verstirnung in der Antike nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, wohl lässt sich hingegen feststellen, dass – zumindest im Regelfall – mit dem Katasterismos eine besondere Auszeichnung gemeint ist, die nicht jedem Sterblichen zuteil wird. Diese heuristische Orientierung rechnet damit, dass die konkrete Ausgestaltung (wie im Falle fast aller Jenseitsvorstellungen) variiert und ihre inhaltliche Füllung kontingent und kontextuell ist, während sich das Motiv über längere Zeiträume hinweg tradieren konnte. Hierfür soll zunächst ein kurzer Durchlauf des Verstirnungskonzeptes vorangestellt werden,
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der schließlich in die römische Kaiserzeit mündet und damit den unmittelbar relevanten Zustand zur Entstehungszeit des 4 Makk wiedergibt; die Skizzierung der Entwicklung dient auch dem adäquateren Verständnis der Vorgeschichte einer prominenten Vorstellung, die sich in den Zeitläuften gewandelt hat. Dass die Verstorbenen ein Jenseits im Himmel erwarten können, ist keine Vorstellung, die den Griechen ursprünglich fremd war. Auch wenn das gängige Konzept in historischer Zeit der subterrestrische Hades ist, lässt sich mit Hilfe der indogermanischen Paläontologie feststellen, dass der ältere Glaube derjenige an ein himmlisches Jenseits war.50 Dieser Umstand wird nicht nur durch die komparatistische Methode in der Indogermanistik erwiesen; in Griechenland selbst wurde er in bestimmten Traditionen überliefert, vor allem im Gefolge der älteren Mysterienreligionen wie in Eleusis oder dem Dionysos-Kult (bzw. dem sog. Orphismus)51, aber auch in Grabinschriften.52 Die spätantiken Mysterienkulte 50 Daher
kann die Annahme, der Sternenglaube sei ein orientalischer Import, nicht mehr aufrechterhalten werden, wie dies noch E. Pfeiffer, Studien zum antiken Sternglauben (ΣΤΟΙ ΧΕΙΑ 2), Leipzig/Berlin 1916, 113 postuliert hatte. – Die beiden Jenseitslokalisierungen – Unterwelt / Erde und Himmel – sind im Indogermanischen strenggenommen keine Alternative, sondern komplementär: Dahinter steht die Auffassung, dass die Verstorbenen, die im Grab, d. h. in und unter der Erde, bestattet sind, gleichzeitig auf der Milchstraße (dem Himmelsfluss) zum Sternenpol ziehen, weil der Himmel eine mobile Achse bildet, die zusammen mit dem Sonnenwagen zieht, cf. M. Witzel, Looking for the Heavenly Casket, StII 20 (1996) 531–544, hier 532 f. So kommt es, dass die Toten nachts, wenn die Sonne unter der Erde scheint, im Himmel bei den Sternen weilen, während sie tagsüber unter der Erde sind; beide Aspekte ergänzen folglich einander. Cf. dazu M. Janda, Elysion. Entstehung und Entwicklung der griechischen Religion (Innsbrucker Beiträge zur Sprachwissenschaft 119), Innsbruck 2005, 183 f. In Bezug auf die Doppelexistenz des Herakles bei Homer (s. u.) kann man dann zu folgendem Schluss kommen, cf. ebd., 317: „War der Hades in der frühgriechischen Mythologie, vielleicht bis in die Zeit Homers hinein, mit dem Nachthimmel (oder einem Teil desselben) identisch, so wird leichter verständlich, wie Herakles gleichzeitig auf der Asphodelos-Wiese und im Olymp sein konnte.“ Man beachte, dass das Wort für das selige Jenseits, Ἠλύσιον (Elysion), etymologisch aus *ēlusiio‑ < *ēluth-ii̯o‑ < idg. *eh1-ludh(‑ii̯o‑) „aufsteigen“ abzuleiten ist, cf. M. Janda, Jenseitsbilder der indogermanischen Vorzeit, in: P. Bukovec / B. Kolkmann-Klamt (Hg.), Jenseitsvorstellungen im Orient. Kongreßakten der 2. Tagung der RVO (3./4. Juni 2011, Tübingen) (RVO 1), Hamburg 2013, 289–310, hier 296 f. Andere Lexeme, die ein ursprünglich himmlisches Jenseits verraten, sind im Griechischen beispielsweise ὄλβ(ι)ος < idg. *sṷol-gṷh2o‑ „Sonnengegend“ (der zweite Bestand des idg. Kompositums meint „gehen zu“; im Vedischen wird das Jenseits mit demselben Lexem gebildet: svargá‑), cf. ebd., 297 f. 51 Auch bei der orphischen Eschatologie handelt es sich daher nicht um einen orientalischen Import, anders E. Pfeiffer, Studien, 130. Die drei Quellen für den Orphismus sind neben Andeutungen bei Platon und den jüngeren orphischen Hymnen insbesondere die Goldblättchen, die man als Grabbeigaben finden konnte und dem verstorbenen Mysten als „Totenpässe“ dienten, cf. G. Haufe, Die Mysterien, in: J. Leipoldt / W. Grundmann (Hg.), Umwelt des Urchristentums. Bd. 1, Berlin 1965, 101–126, hier 112; R. Parker, On Greek Religion, Ithaca, NY/ London 2011, 257; M. W. Meyer (Hg.), The Ancient Mysteries. A Sourcebook. Sacred Texts of the Mystery Religions of the Ancient Mediterranean World, New York, NY 1986, 101; M. Herrero de Jáuregui, Orphic Ideas of Immortality. Traditional Greek Images and a New Eschatological Thought, in: M. Labahn / M. Lang (Hg.), Lebendige Hoffnung – ewiger Tod?! Jenseitsvorstellungen im Hellenismus, Judentum und Christentum (ABG 24), Leipzig 2007, 289–313; durch sie konnte nun auch der archäologische Erweis für ihre deutlich vorchristliche
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verbinden dann genuine Überlieferungen mit synkretistischen, der Popularphilosophie entlehnten Momenten, z. B. der Mithraismus.53 Ebenfalls deuten einige ansonsten schwer verständliche Mythologeme auf diesen Glauben hin, die sich als zum Teil verzerrte Survivals indogermanischen Erbes verstehen lassen: So ist bei Homer, der den Hades als Schattenreich der Toten kennt, beispielsweise auffällig, dass in der Nekyia Herakles’ Schatten im Hades weilt, während seine Seele unter den Olympiern lebt;54 auch die Dioskuren müssen sich abwechselnd das Totenreich und den Olymp als Bleibe teilen. Verstirnungsmythen sind schon früh für Orion,55 Ariadne und andere bezeugt. Als gesichert kann gelten, dass Existenz erbracht werden. In ihnen wird der Hades als im Himmel gedacht vorgestellt, wie die Attribute ἀστέριος [B2 = C. Riedweg, Initiation – Tod – Unterwelt. Beobachtungen zur Kommunikationssituation und narrativen Technik der orphisch-bakchischen Goldblättchen, in: F. Graf (Hg.), Ansichten griechischer Rituale. FS W. Burkert, Stuttgart/Leipzig 1998, 359–398, hier 395], cf. H. D. Betz, „Der Erde Kind bin ich und des gestirnten Himmels“. Zur Lehre vom Menschen in den orphischen Goldplättchen, in: F. Graf (Hg.), Ansichten griechischer Rituale. FS W. Burkert, Stuttgart/Leipzig 1998, 399–419, hier 405; mit der Kenning „ταῦρος/κριὸς/ἔριφος ἐς γάλα ἔθορες“ [P1–2, A1, A4 = ebd., 392–394] ist die Milchstraße als Jenseitspfad gemeint, cf. M. Janda, Elysion, 328. 52 Cf. C. Bechtold, Gott und Gestirn als Präsenzformen des toten Kaisers. Apotheose und Katasterismos in der politischen Kommunikation der römischen Kaiserzeit und ihre Anknüpfungspunkte im Hellenismus (Schriften zur politischen Kommunikation 9), Göttingen 2011, 383 f.386 f. 53 Im Mithras-Kult spielen ikonographisch die Sterne eine entscheidende Rolle, auch baulich stellt das Heiligtum einen Mikrokosmos dar, cf. J. Alvar, Romanising Oriental Gods. Myth, Salvation and Ethics in the Cults of Cybele, Isis and Mithras, hg. u. übers. v. R. Gordon (Religions in the Graeco-Roman World 165), Leiden/Boston, MA 2008. 105 f.; R. Merkelbach, Mithras, Königstein Ts. 1984, 201; zur indogermanischen Vorstellung eines Himmels aus Stein, cf. H. Reichelt, Der steinerne Himmel, IGF 32 (1913) 23–57. Die mithräische Initiationsliturgie, die in einer magischen Handschrift überliefert wurde, kennt die Sternennatur der Seele. Der Myste spricht dort während der als Himmelsreise konzipierten Initiation zu den Sternen [A. Dieterich (Hg.), Eine Mithrasliturgie, Darmstadt 1966, ch 8]: Λόγος. Ἐγώ εἰμι σύμπλανος ὑμῖν ἀστὴρ καὶ ἐκ τοῦ βάθους ἀναλάμπων („Gebet: Ich bin ein Stern, der mit euch die Bahn geht und aus der Tiefe aufleuchtet“). Am Ende der Himmelsreise begegnet der Myste Mithras selbst und ist neu erschaffen worden zur Unsterblichkeit, so dass sein folgender irdischer Tod überwunden wurde. Cf. auch R. Merkelbach, Mithras, 244. Zur Authentizität dieser Liturgie, cf. M. Clauss, Mithras. Kult und Mysterien, München 1990, 114 f. 54 Darauf deutet übrigens auch die Etymologie seines Namens hin aus idg. *sērh -ƙleṷēs „den 2 Ruhm der Milchstraße habend“, cf. M. Janda, Elysion, 318 (zum idg. Terminus für die Milchstraße und seinen Fortsetzern, s. ebd., 216–218: Er ist etymologisch aus der Wurzel idg. *ser‑ „binden“ abzuleiten und meint bei der Milchstraße „das in einer Reihe aneinander Befestigte“, also die Sternenkette; weitere onomastische Ableitungen dieses wichtigen idg. Lexems sind im Griechischen die Götter Hermes: Ἕρμης < *ser-ṃn und Hera: Ἥρα < *sērah2, im Vedischen dann z. B. die Göttin Sarasvati). Cf. auch Cic. Tusc. 1,28, der außer Herakles noch Romulus, Dionysos, Ino und die Tyndariden erwähnt; er schließt mit der Frage [O. Gigon (Hg.), Marcus Tullius Cicero: Gespräche in Tusculum, München 1991, 32]: Totum prope caelum, ne pluris persequar, nonne humano genere completum est? Im zweiten Jahrhundert äußert sich auch der christliche Autor Justin der Märtyrer über den Katasterismos in der griechischen Mythologie und erwähnt in 1 Apol 21,2 Asklepios, Dionysos, Herakles, die Dioskuren, Bellerophontes und Ariadne; danach geht er auf die Verstirnung im Kaiserkult ein. Cf. auch 1 Apol 54,6 (Dionysos). 55 Cf. M. Janda, Elysion, 313 f.
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sich die indogermanischen Vorläufer der Griechen das Jenseits am Himmel gedacht haben und die Sterne dabei eine wichtige Rolle spielten. Nach dem Tod setzte ein Seelenaufstieg ein, der offenbar über die Milchstraße führte. Besonders ausgezeichnete Ahnen erschienen ihnen als Sternzeichen, Ursa maior wurde als ein Septemviratskolleg gesehen, das den Nachfahren segensspendend und fruchtbarkeitsbringend zur Seite stand. Fortsetzer dieser Siebenzahl und ihrer Funktionen sind die Ṛkṣis im Ṛgveda, die Frauuas˙ˇis des Avesta, aber auch die sieben Weisen in Theben.56 Die Philosophen der klassischen Zeit finden diese Nebenlinie der Jenseitsvorstellungen vor und integrieren sie kreativ in die eigene Kosmologie. Der früheste Zeuge dürfte Pythagoras gewesen sein, während durch Platons Jenseitsmythen der Himmel für die Verstorbenen in intellektuellen Kreisen wieder populärer gemacht wurde.57 Platon verbindet die Idee eines postmortalen Geschickes im Himmel, das er – wie er selbst sagt –58 vorgefunden hat, mit seiner Ideenlehre. Die topographische Hierarchisierung zwischen dem Tartaros und dem Himmel versinnbildlicht seine moralische Unterscheidung zwischen tugendhaften und frevelhaften Menschen.59 Aber auch die Vorstellung der Metempsychose findet Verwendung: Die Seelen kommen aufgrund ihrer Herkunft aus der Ideenwelt vom Himmel und kehren dorthin zurück oder müssen gegebenenfalls diesen Kreislauf mehrmals durchleben.60 Tugendhafte Philosophen werden verstirnt und dadurch besonders privilegiert. In der Folgezeit sollte die Stoa die prominenteste Schule sein, die eine himmlische (Feuer)natur der Seele vertritt und welche postuliert, dass sie zu ihrem Ursprung zurückzukehren hat. Kennzeichnend für die stoische Jenseitslehre ist der ontologische Grundsatz von Sein und Sollen, von Metaphysik und Ethik, von Makrokosmos und Mikrokosmos. Der Mensch, dessen Seele Äthernatur besitzt und der selbst als Miniaturwelt die Welt als ganze abbilden soll,61 wenn er ein glückliches Leben anstrebt, soll „entsprechend der Natur leben“ (κατὰ τὴν φύσιν ζῆν). Die für diese Denkschule charakteristische 56 Näheres bei M. Janda, Elysion, 86.184.302.313; Ders., Jenseitsbilder, 299–301. M. Witzel, Looking, 535. 57 Zum Verhältnis beider Philosophen äußert sich Cic. Tusc. 1,39. Noch Tertullian weiß um diese Verbindung, cf. anim. 54,1 f. Die Stellen bei Platon sind: leg. 896a–899d; Phaid. 113d ff.; Phaidr. 248c ff.; Gorg. 525b ff.; rep. 614b-Ende. 58 Cf. Plat. Phil. 66c; Krat. 400c; leg. 782cd; rep. 364b–365a. S. auch C. Riedweg, Mysterienterminologie bei Platon, Philon und Klemens von Alexandrien (UaLG 26), Berlin/New York, NY 1987, 57. 59 Cf. J. Dalfen, Platons Jenseitsmythen: Eine „neue Mythologie“?, in: M. Janka / C. Schäfer (Hg.), Platon als Mythologe. Neue Interpretationen zu den Mythen in Platons Dialogen, Darmstadt 2002, 214–230, hier 221; W. Eisele, Jenseitsmythen bei Platon und Plutarch, in: M. Labahn / M. Lang (Hg.), Lebendige Hoffnung – ewiger Tod?! Jenseitsvorstellungen im Hellenismus, Judentum und Christentum (ABG 24), Leipzig 2007, 315–340, hier 316. 60 Klassisch formuliert in Plat. Tim. 42bc: Καὶ ὁ μὲν εὖ τὸν προσήκοντα χρόνον βιούς, πάλιν εἰς τὴν
τοῦ συννόμου πορευθεὶς οἴκησιν ἄστρου, βίον εὐδαίμονα καὶ συνήθη ἕξοι, σφαλεὶς δὲ τούτων εἰς γυναικὸς φύσιν ἐν τῇ δευτέρᾳ γενέσει μεταβαλοῖ. 61 Cf.
E. Pfeiffer, Studien, 116 f.
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Verbindung in der Naturrechtslehre sieht die Tugendhaftigkeit als Erfüllung der Natur, deren wesenhaftes Ziel beim Menschen die Ataraxie bzw. Apathie, die emotionale Indifferenz im Leben darstellt. Dass das 4 Makk stoische Prinzipien aufnimmt, aber gerade bei der „Entwurzelung“, der Ausreißung der Affekte aus schöpfungstheologischen Gründen andere Wege geht, ist hinreichend erforscht worden.62 Insofern überrascht es keineswegs, wenn 4 Makk 17,5 auch (aber nicht nur) vor dem Hintergrund der stoischen Verstirnungslehre gelesen werden kann. Auch kann das 4 Makk keiner Philosophenschule zugewiesen werden, sondern es arbeitet eklektisch. Hier trifft sich die frühjüdische Schrift mit der zeitgenössischen Philosophie, die bei Seneca, Plutarch und Cicero ein Kombinat verschiedener Lehren zu einer neuen Mischlehre vereinigt.63 Dieser Zugang war in der ausgehenden Republik und in der frühen Prinzipats‑ und Kaiserzeit das „Gemeingut der gebildeten Kreise“.64 In römischer Zeit wurde das griechisch-hellenistische Erbe weitergeführt. Für den Vergleich mit dem 4 Makk erscheint besonders Cicero aussagekräftig, der in seinen Tusculanae disputationes und am Ende der Res publica den Himmel als 62 Weiteres
bei H.-J. Klauck, Hellenistische Rhetorik, 461. Bei Seneca, s. ad Marc. 26,6 f.; epist. 41,5; nat. 1,7.11 f. – Plutarch behandelt in seiner Schrift De facie in orbe lunae das himmlische Jenseits im Rahmen der Frage, ob es auf dem Mond Leben gebe, die er bejaht. Im Passus 943A-945D klärt er die Leser zunächst darüber auf, welche Rolle die Eleusinischen Mysterien bei der Trennung des Menschen in seine Bestandteile spielen, wobei sich Demeter auf der Erde und Persephone auf dem Mond diese Arbeit teilen. Plutarch vertritt hier eine trichotomische Anthropologie, cf. W. Deuse, Plutarch’s Eschatological Myths, in: H.-G. Nesselrath, (Hg.), Plutarch. On the Daimonion of Socrates. Human Liberation, Divine Guidance and Philosophy (SAPERE 16), Tübingen 2010, 169–197, hier 182. Die Ungerechten büßen im Äther zwischen Erde und Mond ihre Frevel ab, während die Gerechten den Mond passieren und die elysischen Gefilde auf der Rückseite des Mondes betreten können; der Mond ist dabei die Wendeplatte und zugleich aus demselben Stoff wie die Seele, cf. ebd., 179; s. auch Cic. rep. 6,17 f. Die zu Dämonen gewordenen Seelen sind dann durch Orakel und Weihen den Erdenbewohnern zugetan, werden aber reinkarniert, wenn sie Böses tun. Cf. auch ebd., 171. – Die zweite wichtige Schrift des Plutarch ist De genio Socratis: In 590A-592e wird das Traumgesicht des Timarchos beschrieben, das im Orakel des Trophonios stattgefunden habe und zwei volle Tage anhielt. Seine Seele trennt sich dabei zeitweise vom Körper und steigt auf (590b). Im Äther hört Timarchos die kosmische Musik (590c) und sieht einen See mit großen Untiefen, die zu einem spiralförmigen Schlund auslaufen; der See hat zwei Zugänge, einen aus Feuer und den anderen aus weißem Wasser, und dort hört er Klagelaute von Tieren, ungeborenen Kindern, Männern und Frauen (590c–f). Es tritt ein Daemon interpres auf (591a) und bietet ihm an, die μοῖρα Φερσεφόνης und den Styx zu besichtigen. Der Mond wird wiederum als Aufenthaltsort der zu Dämonen gewordenen Seelen und als Wendemarke aufgefasst (591bc). Daraufhin sieht Timarchos die Bewegungen der Sterne und fragt nach ihrer Bewandtnis; es wird ihm erklärt, dass die Sterne Seelen sind und ihre Bewegung die ethische Disposition während des Lebens wiedergibt, die postmortal widergespiegelt wird: Vernünftige Menschen haben eine reguläre Frequenz, lasterhafte Personen hingegen eine abrupte (591c–f). Cf. auch ebd., 183: „The motion of the stars reflect the behaviour of the souls within the body and their strength or weakness visà-vis their irrational element“. Als Bußort ist der Tartaros vorgesehen (592d). – Eine interessante frühjüdische Parallele zum o. g. Jenseitssee ist ApcMos 37,3. – Zum Verhältnis von Platons und Plutarchs Jenseitsmythen, cf. W. Eisele, Jenseitsmythen. 64 Cf. C. Bechtold, Gott, 48. 63
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Jenseitsort vorstellt. Im letztgenannten Werk erscheint dem Scipio sein gleichnamiger Vorfahr im Traum, und zwar de excelso et pleno stellarum, illustri et claro quodam loco (6,11 [Büchner 334]). Die nächtliche Seelenreise Scipios im Himmel dient bei Cicero der patriotischen Legitimation: Wer sich dem Vaterland zur Verfügung stellt, hat nach seinem Tod als Lohn die Verstirnung zu erwarten. Zum Stern werden omnibus, qui patriam conservaverint, adiuverint, certum esse in caelo definitum locum, ubi beati aevo sempiterno fruantur (6,13 [Büchner 336]).65 Die Verknüpfung zwischen Treue zum Vaterland und Sternwerdung findet sich auch im 4 Makk (s. o.), da die Märtyrer schließlich für die väterlichen Gesetze des jüdischen Glaubens ihr Leben hingaben und laut 17,5 am Himmel festgemacht sind. Cicero zufolge, der hier in seinem philosophischen Eklektizismus der Stoa folgt,66 begründet dies mit der Himmelsnatur der Seele. Auch wenn sich das 4 Makk und Cicero in der dichotomischen Anthropologie annähern, besteht hier ein Unterschied, weil das 4 Makk aus theologischen Gründen an der Geschaffenheit der Seele durch Gott festhält und daher die postmortale Belohnung eine von Gott gegebene Auszeichnung ist. Interessant ist auch der Ratschlag, der an Scipio am Ende ergeht: Sed sic Scipio, ut avus hic tuus, ut ego, qui te genui, iustitiam cole et pietatem, quae cum magna in parentibus et propinquis, tum in patria maxima est (6,16 [Büchner 338]). Das Ausüben von Gerechtigkeit, Frömmigkeit, familiärer Solidarität und Vaterlandstreue sind die Aufforderungen, die ein gelingendes Leben bestimmen und zur Rückkehr der Seele ins himmlische Jenseits führen.67 Alle vier Momente tauchen auch im 4 Makk auf: Gerechtigkeit ist das Leben nach den Gesetzen der jüdischen Religion; die Frömmigkeit ist schon in 17,5 als zentral herausgestellt und eines der Leitmotive der Schrift insgesamt; das Familienethos wird durch den Zusammenhalt der sieben Brüder und ihrer Mutter mehrfach gelobt; und die patriotische Färbung der Zugehörigkeit zum Judentum ist ein charakteristisches Merkmal des 4 Makk. Die ersten nachweislichen Verstirnungen von historischen Personen werden unter den Ptolemäern in Alexandria tradiert. Kallimachos spricht den Glauben an den Katasterismos aus, wenn er die Prinzessinnen Berenike II.68 und 65 Cf. auch 6,24 [K. Büchner (Hg.), Marcus Tullius Cicero: De re publica libri, Zürich/ München 19733, 346]: siquidem bene meritis de patria quasi limes ad caeli aditum patet. Cf. auch Cic. Tusc. 1,27 [Gigon 32]: Der Tod ist eine verwandelte Lebensform, quae in claris viris et feminis dux in caelum soleret esse, in ceteris humi retineretur et permaneret tamen. 66 Dies gilt auch für seine Auffassung vom Wesen der Seele, cf. Cic. Tusc. 1,40 [Gigon 42]: perspicuum debet esse animos, cum e corpore excesserint, sive illi sint animales, id est spirabiles, sive ignei, sublime ferri. Cf. auch ebd., 1,41–43, wo er feststellt, dass die Seele am Ende ihres Aufstieges aufgrund ihres astralen Wesens auf dieselbe Art wie die Sterne existieren wird, sowie rep. 6,15, wo die feurige Sternennatur der Seele genannt wird. 67 Cf. C. Bechtold, Gott, 50: „Die prinzipiell allen zustehende, weil auf der Unsterblichkeit der Seele beruhende Rückkehr der Seele zu den Sternen erfährt hier eine Privilegierung und Einschränkung. Sie wird zum Schicksal, das aus der Masse heraushebt und für Scipio Ansporn sein soll, sich um den Staat verdient zu machen“. 68 Cf. Kall. fr. 122–127 (Die Locke der Berenike).
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Arsinoë II. nach ihrem Tod am Sternenhimmel wiederfindet.69 Letztere wurde seines Erachtens von den Dioskuren entführt und hinter den Mond gebracht.70 Die gleich zu besprechenden Katasterismoi der Prinzipats‑ und Kaiserzeit gehen aber nicht nur auf griechische Vorläufer zurück, sondern auch auf römische Mythen. Am bekanntesten dürfte die Erzählung von den Todesumständen des Stadtgründers Romulus sein,71 dessen mysteriöses Verschwinden dadurch erklärt wurde, dass er in den Himmel aufgefahren sei und als Gott Quirinus das Patronat über die Römer übernommen habe.72 Er war das „Modell der Apotheose“73 für die Römer. Schule machen sollte die Propagandapolitik des Octavian-Augustus, der bei den Begräbnisfeiern seines Adoptivvaters Julius Cäsar dafür sorgte, dass die Kometenerscheinung einer größeren Öffentlichkeit publik gemacht wurde und damit seine Sukzession sicherte.74 Der Sidus Iulium, der während dieser Ereignisse erschienen sein soll, wurde als himmlisches Zeichen für die Aufnahme Cäsars unter die Götter und seine Verstirnung gedeutet und durch die Münzprägung immer wieder vervielfältigt.75 Dem Hof nahestehende Dichter wie Vergil, Ovid, Horaz und Livius popularisierten, wenigstens unter den Bildungsschichten der Bevölkerung, diese politische Symbolik und trugen dazu bei, dass sich der Katasterismos seit diesem „Präzedenzfall“76 zum festen Topos der Herrschaftsrepräsentation etablierte.77
Cf. auch C. Bechtold, Gott, 26.61 f. Cf. Kall. fr. 181 [M. Asper (Hg.), Kallimachos: Werke, Darmstadt 2004, 264]: Νύμφα, σὺ μὲν ἀστερίαν ὑπ´ ἄμαξαν ἤδη ὑπὸ τῶν Διοσκούρων κλεπτόμενα παρέθεις σελάνᾳ. 71 S. Liv. 1,16; Ov. fast. 2,491 ff.; Plut. q. R. 27,6 ff.; Cic. Tusc. 1,28; rep. 6,23 im Zusammenhang eines Jenseits im Himmel, das berühmten Menschen zukomme. Die Version bei Livius überliefert die Gleichsetzung mit Quirinus nicht. Allerdings bedeutet dies nicht, wie J. N. Bremmer / N. M. Horsfall, Roman Myth and Mythography (Bulletin.S 52), London 1987, 45–47 vermuten, dass die Apotheose des Romulus unbedingt durch griechische Vorbilder beeinflusst sein muss, cf. dagegen richtig C. Bechtold, Gott, 158 f. 72 Quirinus war ursprünglich die Stammesgottheit der Sabiner, cf. R. Muth, Einführung in die griechische und römische Religion, Darmstadt 19982, 249. 73 Cf. C. Bechtold, Gott, 154. 74 Cf. a. a. O., 283: „In praktisch allen Fällen – seien es sprachliche oder bildliche Äußerungen – wird die Versetzung von Mitgliedern der kaiserlichen Familie im Kontext der dynastischen Nachfolge und der Kontinuität des Kaiserhauses postuliert“. 75 Cf. Suet. Iul. 88; Plin. nat. 2,93 f.; Hor. carm. 1,12,45–48; Cass. Dio 45,7,1. 76 Cf. C. Bechtold, Gott, 28. 77 Eine Persiflage des Katasterismos stellt Senecas Apokolokynthosis dar. Hier wird die Apotheose des Kaisers Claudius teils in obszöner Weise angegriffen, z. B. wenn dessen Seele nach dem Tod keinen anderen Weg als den Hinterausgang findet. Claudius wird vom Seelengeleiter Merkur zuerst in den himmlischen Göttersenat geführt, aber von dort vertrieben und stattdessen in der Unterwelt für seine Untaten zur Rechenschaft gezogen; der Erzieher des späteren Kaisers Nero bezweckte mit dieser Satire auch, die Herrschaftsansprüche seines Schützlings zu sichern, was er später, als ihn Nero zum Suizid zwang, wohl bereut haben dürfte. Verg. Aen. Ende; Ov. met. Ende; fast. 2,133–144. 69 70
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Zusammenfassend kann man sagen, dass die stellare Jenseitsvorstellung in der religiösen Umwelt wohl nicht das einflussreichste Konzept war, aber gleichwohl durchgängig bezeugt ist. Hauptsächlich in vier Bereichen tritt sie in Erscheinung: – in den Grabinschriften – im Mythos (bei Griechen und Römern) – in der Philosophie (z. B. Pythagoreismus, Platon, Stoa, römische Eklektik) – in der politischen Herrschaftsrepräsentation (u. a. bei den Ptolemäern und in der römischen Kaiserzeit) 4.5 Vergleichsmomente zwischen 4 Makk 17,5 und dem Befund aus 4.4 a) Verstirnung als postmortaler Lohn für exzeptionelle Tugenden: Von Platon angefangen über die Stoa bis zum römischen Eklektizismus wird die philosophische Lehre vertreten, dass in außerordentlicher Weise tugendhafte Menschen nach ihrem Tod unter die Sterne versetzt werden können. Das 4 Makk bezeichnet die Märtyrer selbst bisweilen als Philosophen und vertritt den Standpunkt, dass der jüdische Glaube nicht nur mit der Philosophie konkurrieren kann, sondern gewissermaßen eine höhere Philosophie darstellt (5,22–24). Das ethische Ziel, seine Leidenschaften in den Griff zu bekommen, wird durch die Befolgung der religiösen Normen erreicht; die makkabäischen Märtyrer sind für den Verfasser das beste Beispiel, das er aufwenden kann. In ihnen verwirklicht sich die „dual basis“78, die Verbindung von Frömmigkeit und Vernünftigkeit (εὐσεβὴς λογισμός), des 4 Makk, das die Klammer zwischen dem ersten und dem letzten Wort der Schrift bildet. b) Verdienste um das Vaterland: Besonders der Vergleich mit Ciceros Somnium Scipionis hat gezeigt, dass in der römischen Kultur die Ansicht existierte, dass Menschen, die sich für das Gemeinwesen engagieren, nach ihrem Tod einen besonderen Lohn erhalten. Auch die Makkabäer befolgen, sogar unter Absehung ihres eigenen Lebens, die „väterlichen Gesetze“ und gereichen der jüdischen Gemeinschaft nicht nur zur Ehre, sondern werden dafür auch am Sternenhimmel befestigt. c) Leben bei den Ahnen: Cicero zeigte auch, dass sich am Firmament die Väter versammeln, die für die Republik gekämpft haben. Scipio trifft im Traum nicht nur auf seinen Ahn, sondern sieht die anderen Granden der römischen Geschichte. Im 4 Makk sind es die Patriarchen aus dem Buch Gen, die vor Gottes Thron stehen und zusammen mit den Märtyrern Gott verherrlichen. d) Kaiserideologie: Seit dem Sidus Iulium kennt der Prinzipat die Versetzung der verstorbenen Herrscher unter die Sterne. Die Makkabäer stehen im Kontrast zu Antiochos, dem tyrannischen Repräsentanten der Staatsmacht. Wie 2,23 zeigt, wurden herrschaftliche Attribute auf die Märtyrer übertragen, während 78 J.
W. van Henten, Maccabean Martyrs, 270.
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der eigentliche Herrscher sich durch seine Freveltaten selbst diskreditiert.79 Hier etabliert der Verfasser eine Umkehrung der eigentlichen politischen Ideologie, um die Märtyrer als überlegen zu erweisen.80
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79 Eine Ironie der Geschichte ist es, dass der historische Antiochos IV. Epiphanes in seiner Münzprägung den Stern als Symbol verwendete, cf. C. Bechtold, Gott, 453 f. 80 Die Vorstellung belebter Gestirne war dem Frühjudentum auch sonst nicht fremd, cf. Philo, aet. 3,10.
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„Ich bewahrte die gebaute Seite“ (4 Makk 18,7) Eine Referenz auf die Verführung der ersten Frau im vierten Makkabäerbuch und ihre überlieferungsgeschichtlichen Hintergründe Jan Dochhorn
1. Hinführung Eusebius nimmt auf das von uns und mehreren Bibelhandschriften so genannte vierte Makkabäerbuch1 unter dem Titel περὶ αὐτοκράτορος λογισμοῦ („Über die Vernunft als Selbstherrscherin“) Bezug, weiß aber zu berichten, dass einige es auch τὸ μακκαβαϊκὸν („das Makkabäerbuch“) nennen, vgl. Historia Ecclesiastica III,10,6.2 Beide Bezeichnungen sind sachgerecht, denn unser Buch will, wie schon seine erste Zeile darlegt, eine philosophische Abhandlung über die Frage sein, „ob die fromme Vernunft die Selbstherrscherin der Leidenschaften ist“ (4 Makk 1,1: εἰ αὐτοδέσποτός ἐστιν τῶν παθῶν ὁ εὐσεβὴς λογισμός), und zielt somit auf die Selbstbeherrschung des frommen Individuums ab. Zugleich aber wird der Nachweis dafür, dass in der Tat die fromme Vernunft eine solche Selbstherrscherin sei, anhand der Martyrien des Eleazar und der Mutter mit ihren sieben 1 Zur Überlieferung des 4 Makk vgl. H.-J. Klauck, 4. Makkabäerbuch (JSHRZ 3/6), Gütersloh 1989, 678–680: Es gibt ca. 70 Textzeugen; unter anderem ist das 4 Makk auch in zwei Handschriften als Werk des Josephus überliefert. Zitiert wird hier nach A. Rahlfs, Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes. Editio altera quam recognovit et emendavit Robert Hanhart. Duo volumina in uno, Göttingen 2006, 1157–1184, deren Text auf dem Sinaiticus (4. Jh.), dem Alexandrinus (4. Jh.) und dem Venetus (8./9. Jh) beruht (obwohl der Venetus in der Einleitung zum Apparat bei ihm nicht aufgeführt wird, vgl. dort 157). Mit dem Titel Μακκαβαιων δ ist das 4 Makk beispielsweise in den Subscriptiones des Sinaiticus und des Vaticanus bezeichnet, vgl. A. Rahlfs, Septuaginta, 1184. 2 Vgl. E. Schwartz / T. Mommsen (Hg.), Eusebius Werke, zweiter Band, erster Teil: Die Kirchengeschichte. Zweite, unveränderte Auflage von F. Winkelmann. Erster Teil (GCS NF 6,1), Berlin 1999, 224. Euseb schreibt das von ihm erwähnte Buch περὶ αυτοκράτορος λογισμοῦ dem Josephus zu. Als Verfasser des 4 Makk erscheint Josephus auch sonst in Testimonien und Handschriften, vgl. das Material bei C. L. W. Grimm, Kurzgefasstes exegetisches Handbuch zu den Apokryphen des Alten Testaments, Vierte Lieferung: das zweite, dritte und vierte Buch der Maccabäer, Leipzig 1857, 291–292, aber dies ist kaum historisch, vgl. die Argumente bei C. L. W. Grimm, Maccabäer, 293 sowie die Hinweise zur Forschungslage bei H.-J. Klauck, Makkabäerbuch, 665.
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Söhnen vor Antiochus Epiphanes geführt (4 Makk 5,1–18,5), die schon im zweiten Makkabäerbuch mit der Makkabäerzeit assoziiert sind (vgl. 2 Makk 6,18–31; 7,1–42), und damit dürfte der Grund dafür gegeben sein, dass ausweislich der Titulaturen bei Euseb und in Bibelhandschriften das 4 Makk schon früh als Teil der Makkabäerliteratur wahrgenommen worden ist. Dies lag wohl durchaus im Sinne des Verfassers, der in der Hauptsache ein Sujet aus der Makkabäerzeit behandelt und dessen wichtigste Quelle vermutlich die Schilderung der genannten Martyrien im zweiten Makkabäerbuch war.3 Für den Verfasser des 4 Makk werden die makkabäischen Märtyrer zu Paradigmen des vor allem stoischen Ideals der Beherrschung der Leidenschaften durch die Vernunft, wobei die Vernunft bei ihm eine fromme Vernunft ist, die sich an das Gesetz des Mose hält, weil dieses auch das Gesetz des Weltschöpfers darstellt und somit dem entspricht, wofür in der Stoa der die Natur durchwaltende Logos steht.4 Erkennbar wird dieser Zusammenhang nicht zuletzt im Disput zwischen Eleazar und König Antiochos, der den Verzehr von Schweinefleisch betrifft (4 Makk 5,5–38): Antiochos meint, es sei doch eigentlich nur vernünftig und der Natur entsprechend, sich dem Genuss des Schweins nicht zu verweigern – und den bei Nichtverzehr angedrohten Folterqualen zu entgehen (5,5–13). Eleazar aber antwortet, er werde am göttlichen Gesetz seiner Väter festhalten, das ihm die Beherrschung der Begierden auferlege, und da er wisse, dass dieses Gesetz von Gott stamme, wisse er auch, dass Gott mit seinen Geboten unserer Natur konform gehe und uns das zu essen verbiete, was unseren Seelen nicht entspreche (5,14–38, vgl. speziell 5,5–26). Die stoische Weltanschauung scheinen Antiochos und Eleazar gemeinsam zu haben; beide argumentieren mit Natur und Vernunft, nehmen sie aber für ansonsten konträre Positionen in Anspruch.5 3 Zum 2 Makk als Quelle des 4 Makk vgl. H.-J. Klauck, Makkabäerbuch, 654–656, wo auch Thesen diskutiert werden, die das Verhältnis zwischen 4 Makk und 2 Makk auf kompliziertere Weise bestimmen. 4 Zur stoischen Grundtendenz im 4 Makk vgl. schon C. L. W. Grimm, Maccabäer, 288–289. Vgl. ferner U. Breitenstein, Beobachtungen zu Sprache, Stil und Gedankenwelt des Vierten Makkabäerbuchs, Dissertation Basel, Basel/Stuttgart 1976, 158–167.168–171 (über die „fromme Vernunft“), der auch andere als stoische Einflüsse geltend macht, sowie R. Weber, Eusebeia und Logismos. Zum philosophischen Hintergrund von 4. Makkabäer, JSJ 22 (1991) 212–234. 5 Es ist wohl kein Zufall, dass gerade eine Diskussion über ein Speisetabu so tief in die Weltanschauung des Verfassers blicken lässt: H.-J. Klauck meint, das eigentliche Anliegen des Verfassers sei die Abwehr von Assimilationsbestrebungen im jüdischen Milieu und sieht hier auch den Grund für dessen Interesse an den im gesellschaftlichen Kontext des Judentums für widersinnig gehaltenen Speisegeboten, vgl. H.-J. Klauck, Makkabäerbuch, 664–665. Meines Erachtens ist noch ein anderer Zusammenhang in Erwägung zu ziehen, der mit dem von H.J. Klauck Genannten nicht notwendigerweise disharmoniert: Wenn man seine Genugtuung darin findet, Judentum und Vernunft für identisch zu halten, so bereitet es einfach nicht so viel Freude, diese Überzeugung anhand von völlig unkontroversiellen Themen zu demonstrieren, zum Beispiel daran, dass es sinnvoll sei, nicht zu stehlen usw., was ohnehin so gut wie alle glauben. Weltanschauung oder Identität bedürfen, um gefüllt zu werden, des Kontrasteffektes, und deswegen wird ein Experte in Sachen Weltanschauung oder Identität sich eher Themen-
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Es ist insbesondere die Mutter der sieben Söhne, auf der ein besonderer Fokus liegt: Zwar leidet sie kein Martyrium, weil sie sich der Misshandlung durch Selbstmord entzieht (17,1), aber sie hat den Widerstreit zwischen Frömmigkeit auf der einen Seite und Mutterliebe auf der anderen Seite durchzustehen (vgl. 15,2), und dieser besonderen Leistung sind mehr als zwei Kapitel gewidmet, welche die Martyriumserzählung abschließen (4 Makk 15,1–17,7). Ein Mittel der rhetorischen Fokussierung auf die Mutter scheint dabei darin zu bestehen, Reden der Mutter aus der Handlung auszulagern: So deutet der Erzähler in 12,6 an, dass die Mutter ihren jüngsten Sohn speziell zum Martyrium ermuntert habe, lässt den Leser aber – wohl absichtsvoll – auf die entsprechende Exhortatio ad Martyrium warten; sie folgt dann in 16,16–23, freilich als eine Rede der Mutter an alle ihre Kinder. Zu dieser Tendenz passt es eigentlich – ungeachtet einer gewissen Verwunderung in der Forschungsliteratur – ganz gut, wenn die Mutter dann auch noch einmal ganz am Ende des Buches zu Wort kommt, nämlich in 4 Makk 18,6–19.6 Hier haben wir es abermals mit einer Rede der Mutter an ihre Kinder zu tun. In dieser schildert die Mutter zunächst ihr eigenes jungfräuliches Leben bis zur Verheiratung (18,7–9a) und erinnert anschließend ihre Kinder daran, was sie bei ihrem – bisher unerwähnten – Vater vor dessen verfrühtem Tod an wichtigen Inhalten aus dem Gesetz und den Propheten gelernt haben (18,10–19). Es ist diese Rede, der unser Interesse gewidmet ist, und zwar speziell ihr erster Teil, welcher die Jungfrauschaft der Mutter betrifft. Das inhaltliche Anliegen der Rede als Ganzes scheint darin zu bestehen, Hintergründe aufzuzeigen: Wer ist es, die hier redet, und aufgrund welcher erzieherisch vermittelter Traditionen sind die Kinder derer, die hier redet, zu Märtyrern des jüdischen Gesetzes geworden? Erreicht wird so – vor allem durch den Abschnitt über die Erziehungstätigkeit des Vaters – eine Stabilisierung des Leserwissens über grundlegende Inhalte des biblischen Schrifttums, soweit sie für das im 4 Makk zentrale Martyriumsgeschehen relevant sind. Von ihnen sind einige schon in den vorhergehenden Kapiteln des Buches angeklungen, aber nicht in dieser Dichte. So kommt etwa in 18,11 das auch zuvor mehrfach alludierte Opfer Isaaks zur Sprache, das im 4 Makk als Paradigma des Todes um der Frömmigkeit willen fungiert (13,12; 16,20), und es werden die vier Jünglinge im Feuerofen (18,12) sowie Daniel in der Löwengrube (18,13) erwähnt; auch diese waren bereits zur Sprache gekommen (13,9; 16,3; 16,21). Dazu werden mehrere Schriftworte genannt, die anscheinend – wenigstens zum Teil – auf feldern widmen, wo diese gegen das vordergründig Richtige verteidigt werden müssen (weil sie in diesen Themenfeldern entweder hintergründig ganz besonders wahr oder aber in der Tat unvernünftig sind). Dieser Zusammenhang bewirkt, dass Religion und Ideologie zum Ausgangspunkt für Tiefsinn gleichermaßen wie für Fanatismus werden können. 6 Zu literarkritischen Hypothesen, die v. a. in 4 Makk 18 sekundäres Material ausmachen, vgl. H.-J. Klauck, Makkabäerbuch, 657–659.
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ganze Perikopen hindeuten.7 So spricht etwa 4 Makk 18,17 die Vision von der Belebung der Knochen in Ez 37 an und lässt damit vielleicht die Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten erkennen. Dies ist nicht ganz unerheblich, weil postmortales Heil im 4 Makk ansonsten eher mit Begriffen beschrieben wird, die auf Unsterblichkeit (der Seele?) hindeuten, vgl. 4 Makk 9,22; 14,5; 16,13; 17,12; 18,23; vielleicht zeigt sich hier ein Bemühen des Verfassers, seine dem hellenistischen Vorstellungshorizont angemessene Rede von einer individuellen Unsterblichkeit wenigstens andeutungsweise mit einem seiner Meinung nach durch die Schrift begründeten Wissen um eine Auferstehung der Toten, also mit traditionell-jüdischer Eschatologie, zu korrelieren.8 Es ist also nichts weniger als die Bezugsgröße Schrift, die hier abschließend vor Augen geführt wird, indem die Mutter davon berichtet, was ihre Kinder bei dem Mann gelernt haben, mit dem sie verheiratet war. Man könnte darüber noch vieles ergründen, doch soll hier – wie angedeutet – vor allem der erste Teil ihrer Rede in den Blick genommen werden, in dem die Mutter über ihr eigenes Leben vor der Verheiratung spricht. Auch dieser sagt etwas über Hintergründe, und er bleibt ebenfalls nicht ohne Bezug zur Schrift. Wenden wir uns diesem Abschnitt nun im Detail zu. Er wird im Folgenden zunächst analysiert werden; dabei wird herausgearbeitet werden, dass hier eine Referenz auf Wissen über die erste Frau in der biblischen Urgeschichte vorliegt (§ 2). Sodann wird eine Parallele bei Paulus besprochen werden, die ebenfalls die Geschichte der beiden ersten Menschen betrifft und zum Verständnis unseres Textes beitragen kann (§ 3). Danach wird skizziert, welche traditionsbildenden Prozesse unserem Text zugrundeliegen; auch hier wird der Bezug zu Paulus von Bedeutung sein (§ 4).
7 Auf die Bedeutung von 4 Makk 18,10–19 als Beleg für die Traditionsgeschichte von Perikopengliederung und ‑bezeichnung weist schon A. Deissmann hin, vgl. A. Deissmann, Das vierte Makkabäerbuch, in: E. Kautzsch (Hg.), Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments, zweiter Band: Die Pseudepigraphen des Alten Testaments, Tübingen 1900, 149–177, speziell 175 (dort Anm. g). 8 Zur Eschatologie des 4 Makk vgl. die Diskussion bei H.-J. Klauck, Makkabäerbuch, 672– 674, speziell 674 zu 4 Makk 18,17. Ein Nebeneinander verschiedener Typen von Eschatologie ist nicht untypisch für frühjüdische Schriften; dies zeigt wohl auch die Sapientia Salomonis, die einerseits von Unsterblichkeit als Bestimmung des Menschen redet (Sap 2,23) und die Seelen der Gerechten in Gottes Hand sieht (Sap 3,1), andererseits aber auch die Zukunft der Gerechten als Sieg am Tag der Heimsuchung und Herrschaft über die Ungerechten konzeptualisiert (Sap 3,7–8).
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2. Der Bericht der Märtyrermutter über ihre Jungfrauschaft (4 Makk 4,6–9a) 2.1 Der Text Der hier zur Rede stehende Text lautet in der Ausgabe von Rahlfs, auf die hier mangels einer Editio Critica maior zurückzugreifen ist, folgendermaßen (die von Rahlfs notierten Lesarten sind hier im Anmerkungsapparat wiedergegeben): 6 Ἔλεγεν δὲ ἡ μήτηρ τῶν ἑπτὰ9 παίδων καὶ ταῦτα τὰ δικαιώματα10 τοῖς τέκνοις 7a] ὅτι Ἐγὼ ἐγενήθην παρθένος ἁγνὴ b] οὐδὲ11 ὑπερέβην πατρικὸν οἶκον, c] ἐφύλασσον δὲ τὴν ᾠκοδομημένην12 πλευράν. 8a] οὐδὲ ἔφθειρέν13 με λυμεὼν ἐρημίας14 φθορεὺς ἐν πεδίῳ, b] οὐδὲ ἐλυμήνατό μου τὰ ἁγνὰ τῆς παρθενίας λυμέων ἀπάτης15 ὄφις. 9a] ἔμεινα δὲ χρόνον ἀκμῆς σὺν ἀνδρί· 6 Die Mutter der sieben Knaben aber sagte ihren Kindern die folgenden GerechtigkeitsSätze: 7a] Ich bin aufgewachsen als eine heiligmäßige Jungfrau. b] Ich habe die Grenzen des väterlichen Hauses nicht überschritten, c] sondern habe bewahrt die gebaute Seite. 8a] Nicht hat mich ein Schänder der Wüste verdorben, ein Verderber im Feld, b] noch hat das Heiligmäßige meiner Jungfrauschaft ein Schänder geschändet, ein Verführer, eine Schlange. 9a] Ich war aber zur Zeit meiner Blüte zusammen mit einem Mann.
2.2 Strukturanalyse Die Redeeinleitung in Vers 6 ist für den gegebenen Zusammenhang nur wichtig, als sie den Kontextbezug andeutet: Wir haben es mit einer Rede der Mutter an die sieben Märtyrer zu tun; wann sie gehalten wurde, erfahren wir nicht. Was sie sagt, wird – zumindest im Codex Sinaiticus – als δικαιώματα bezeichnet. Was auch immer damit gemeint ist und was auch immer von dieser Lesart zu halten ist, es muss uns hier nicht weiter bekümmern. Wichtig ist nur, dass die Rede – wie schon im vorhergehenden Kapitel festgestellt – in einem Zusammenhang mit dem Martyrium zu denken ist.
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ἑπτὰ] om. S. τὰ δικαιώματα] ἡ δίκαια Α. 11 οὐδέ] καὶ οὐχ Α. 12 ᾠκοδομημένην Fritzsche] οἰκοδομημένην V; οἰκοδομουμένην S pl; ὠκοδομουμένην A. 13 οὐδὲ ἔφθειρεν] οὐ διέφθειρεν A. 14 ἐρημίας] pr τῆς Avid. 15 ἀπάτης A* Sc] ἀπατητῆς S*; ἀπατηλός Ac. 10
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Wichtiger schon ist hier der abschließende Vers 9. Er leitet über zur Präsentation des Vaters der sieben Märtyrer. Er zeigt, dass die Jungfrauschaft der Märtyrermutter ein Ende fand: Aus der Jungfrau wurde eine Mutter, die als Frau ihres Mannes Kinder bekam. Es bleibt festzuhalten, dass wir es hier mit einer Jungfrau zu tun haben, deren Jungfrauschaft nicht permanent zu bewahren ist, sondern für den Mann reserviert bleibt, der sie heiraten wird. Von der Jungfrauschaft selbst handeln die Verse 7 und 8: Den Kopfsatz in Vers 7a bildet die Aussage, dass die Mutter der Märtyrer als eine heiligmäßige Jungfrau aufgewachsen ist. Was genau unter dem Wort für „heiligmäßig“ (ἁγνός) zu verstehen ist, wird im Laufe dieser Untersuchung klarer werden; dass sexuelle Unberührtheit in nicht unerheblichem Maße mitgemeint ist, auch bei dem Wort für „Jungfrau“ (παρθένος), wird wohl schon hier konstatiert werden können. Das hier gewählte Korrelat für ἁγνός, „heiligmäßig“, entbehrt mit Absicht nicht der Umständlichkeit; es soll einerseits das Bedeutungspotential des Wortes ἁγνός so weit möglich erfassen, denn dieses reicht von der Grundbedeutung „heilig“ bis hin zur Bedeutung „sexuell unberührt“ (die auch bei „heiligmäßig“ mitschwingt), und andererseits soll es durch seine Sperrigkeit Klärungsbedarf evozieren.16 Der Kopfsatz wird erläutert durch zwei je parallele Paare von Sätzen, deren erstes in Vers 7b–c die heiligmäßige Jungfrauschaft der Märtyrermutter durch ein Vermeiden seitens der Jungfrau erklärt, während das zweite Satzpaar in Vers 8 hervorhebt, dass der Märtyrermutter etwas bestimmtes, nämlich eine Schändung, nicht zugestoßen ist. Die Jungfrau hielt sich laut Vers 7b innerhalb der Grenzen des väterlichen Hauses, wie es – beispielsweise nach der Schilderung des Philo von Alexandrien in spec. leg. 169 – dem Herkommen entspricht,17 und damit korrespondiert in Vers 7c eine auf Vermeidung zielende Aussage, nämlich dass sie die gebaute Seite (ᾠκοδομημένη πλεῦρα) bewahrte. Wichtig ist hier vor allem das Wort „bewahren“ (φυλάσσειν), mit dem ein defensives Ethos formuliert wird, wie es schon in den vorhergehenden Sequenzen angeklungen ist. Was das Rätselwort von der „gebauten Seite“ betrifft, kann es hier vorerst bei der Feststellung bleiben, dass die Jungfrau ausweislich des Parallelismus zu Vers 7b damit sich selber meint. 16 Zur Bedeutung von ἁγνός, vgl. W. Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, 6. völlig neu bearbeitete Auflage herausgegeben von K. Aland / B. Aland, Berlin 1988, 20–21. Wie ἅγιος ist ἁγνός ein Derivat der Wurzel hag < i̯ a˜g, vgl. Sanskrit yaj („opfern“) und das formal zu ἁγνός genau passende Wort yajña („Opfer“); siehe hierzu H. Frisk, Griechisches etymologisches Wörterbuch, Band I: Α – Κο (Indogermanische Bibliothek, 2. Reihe: Wörterbücher; ohne Zählung), Heidelberg 1973, 10.13 (sub verbis ἅγιος, ἁγνός). Ihm ist offenbar schon früh ein weiteres als ein rein kultisches Bedeutungsfeld zugewachsen, unter anderem und mit nicht wenigen Belegen die Bedeutung „keusch“, „sexuell unberührt“ (Belege bei W. Bauer s. v. § 1, unter anderem aus Aischylos und Plato). 17 Vgl. L. Cohn, Philonis Alexandrini opera qui supersunt. Vol. 5, Berlin 1906, 197. Die Parallele wird schon bei C. L. W. Grimm, Maccabäer, 364 aufgeführt.
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Etwas überladen wirken die Aussagen in Vers 8, die mit dem Vermeidungshandeln der Jungfrau korrelieren: Es ist in beiden Sätzen von einem „Schänder“ (λυμέων) die Rede, mit dem die Jungfrau gerade nicht in Kontakt kam. Da schon die vorhergehenden Sequenzen (Vers 7b–c) durch einen Parallelismus gekennzeichnet sind, wird die Doppelung wohl auch hier eine aspekthaft differenzierende Wiederholung derselben Aussage intendieren; es ist also nicht von unterschiedlich gearteten Schändern, sondern jeweils von ein‑ und demselben Typus die Rede. Zu beachten ist, dass der Schänder indefinit bleibt: Es handelt sich um einen Schänder, nicht den Schänder, der schon bekannt wäre. Für die Jungfrau hat das Ausbleiben der Begegnung mit einem Schänder zur Folge, dass bewahrt wird, was schon der Kopfsatz angesprochen hat, nämlich „das Heiligmäßige ihrer Jungfrauschaft“ (τὰ ἁγνὰ τῆς παρθενίας – 8b, vgl. ἐγὼ ἐγενήθην παρθένος ἁγνή in 7a). Nicht ohne eine gewisse textgestalterische Wirkung tauchen Zentralbegriffe des Kopfsatzes im letzten Satz unserer Mikroeinheit wieder auf. Überladen erscheinen die Sätze aufgrund eines erkennbaren Bemühens um rhetorischen Effekt: Die Schändung bzw. Zerstörung wird durch Figurae etymologicae wiedergegeben (ἔφθειρεν […] φθορεύς; ἐλυμήνατο […] λυμεών), die vielleicht biblischen Sprachgebrauch konnotieren sollen; man vergleiche den paronomastisch gebrauchten Infinitivus absolutus im Hebräischen, dem in der Septuaginta freilich andere Konstruktionen entsprechen als hier.18 Es werden in diesem Zusammenhang auch vergleichsweise exquisite Wörter verwendet (λυμεών; φθορεύς);19 auch hier ist rhetorische Absicht zu bemerken. Eine weitere Überlast entsteht durch das Bemühen, einen potentiellen Gefährder der Jungfrauschaft in beiden Vershälften auf je unterschiedliche Weise zu spezifizieren: In Vers 8a werden ihm geographische Attribute zugewiesen – er ist mit der Einöde (ἐρημία) und dem Feld (πεδίον) assoziiert –, während Vers 8b ihn mit „Verführung“ (ἀπάτη) assoziiert und als „Schlange“ (ὄφις) bezeichnet. Eine leichte Fokusverlagerung von der 18 Zum paronomastischen Gebrauch des Infinitivus absolutus im Hebräischen vgl. R. Meyer, Hebräische Grammatik. Mit einem bibliographischen Nachwort von U. Rüterswörden, Berlin et al. 1992, § 103,3b (405). Ihm entspricht in der Septuaginta gewöhnlich eine Figura etymologica aus Partizip + Vollverb, vgl. πληθύνων πληθυνῶ für הרבה ארבהin Gen 3,16 sowie H. S. J. Thackeray, The Infinitive Absolute in the LXX, JTS 9 (1908) 597–601. 19 Beide Wörter sind Septuaginta-Hapaxlegomena, vgl. J. Lust / K. Eynikel / K. Hauspie, A Greek-English Lexicon of the Septuagint, Part II: Κ–Ω, Stuttgart 1996, 285.502. Sie sind freilich beide in der griechischen Literatur nicht unbekannt, vgl. H. G. Liddell / R. Scott / H. S. Jones, A Greek English Lexicon. With A Supplement, Oxford 199210, 1065 s. v. λυμεών und 1930 s. v. φθορά. Das Wort φθορεύς wird von J. Lust / K. Eynikel / K. Hauspie, Lexicon, als Neologismus bezeichnet (dort 02), vielleicht vorschnell, denn obschon es nur in späterer Literatur belegt ist (vgl. H. G. Liddell / R. Scott / H. S. Jones, Lexicon s. v.), so wird es doch mit Philo von einem Verfasser verwendet, der älter sein kann als 4 Makk, vgl. I. Leisegang, Philonis Alexandrini opera quae supersunt. vol. VII: Indices ad Philonis Alexandrini opera. Pars II, Reimer 1963, 819 s. v. φθορεύς (5 Belege). Die Frage der Datierung des 4 Makk lasse ich hier offen; H.-J. Klauck referiert unterschiedliche Datierungen (Bickerman: 35 n. Chr.; Dupont-Sommer: 117/8 n. Chr.) und votiert selber für den Zeitraum 90–100 n. Chr., vgl. H.-J. Klauck, Makkabäerbuch, 668 f.
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Jungfrau auf den Gefährder ist hier nicht zu verkennen. Aber das Hauptthema bleibt weiterhin die Jungfrau bzw. die Märtyrermutter, die offenbar schon durch ihre jungfräuliche Jugend Eignung für ihre spätere Rolle zeigt. 2.3 Das Weltbild des Textes Die Zentralidee des Textes ist die Bewahrung der Jungfrauschaft, und zwar als einer heiligmäßigen. In der Hauptsache geht es also um Sexualität bzw. um Vermeidung von Sexualität. Doch sowohl dem Motiv des Bewahrens als auch der Eigenschaft „heiligmäßig“ eignen darüber hinausgehende Konnotationen: Das Verb für „Bewahren“, φυλάσσειν, ist im vierten Makkabäerbuch ansonsten mit der Einhaltung des jüdischen Gesetzes assoziiert (4 Makk 5,29; 6,18; 15,10), während das Wort für „heiligmäßig“, ἁγνός, an zwei anderen Stellen den postmortalen Zustand der Seele des Märtyrers bezeichnet (4 Makk 5,37; 18,23). Damit dürfte an dieser Stelle auch an die Bewahrung eines religiös angemessenen Status zu denken sein; es bleibt ja zu beachten, dass hier die Mutter künftiger Märtyrer redet, deren Entscheidung für die Frömmigkeit zulasten der Mutterliebe zuvor nachdrücklich hervorgehoben wurde. Die Zentralidee des Textes konkretisiert sich in einer räumlichen Konstellation: Die Bewahrung der Jungfrauschaft geschieht, indem die Jungfrau sich innerhalb des väterlichen Hauses hält. Bewahren erscheint damit als Nichtübertretung einer Grenze, die den Innenbereich umgibt. Passend dazu kontrastiert mit dem Innenbereich ein Außenbereich, der mit den topographischen Begriffen „Feld“ (πεδίον) und „Wüste“ (ἐρημία) bezeichnet wird und in dem jemand umhergehen kann, der die Jungfrauschaft gefährdet. Auch diesem Gefährder eignen wohl mehr als nur sexuelle Eigenschaften; das noch näher zu erläuternde Epithet „Schlange“ (ὄφις) deutet wohl mehr an als nur unerwünschte Sexualität. 2.4 Biblische Bezüge Die Rede der Mutter läuft mit ihrer Schilderung der Erziehungstätigkeit des Vaters in 4 Makk 18,10–19 auf eine biblische Rückversicherung für die dem Martyrium zugrundeliegenden Ideen hinaus. Implizite Hinweise, die in der Sekundärliteratur überwiegend seit Längerem bekannt sind,20 finden sich aber auch schon im autobiographischen Bericht der Mutter in 18,6–9a. Es ist davon auszugehen, dass der Leser die biblischen Bezüge realisieren soll; sie werden zwar nicht zitiert, wohl aber durch Allusionsmarkierer angedeutet. Die Aufgabe der Allusionsmarkierung kommt im gegebenen Falle vor allem Wendungen zu, die im Rahmen des hier Erzählten auffallen, rätselhaft bleiben und zur Erklärung des Sachverhalts vordergründig nicht sehr viel beitragen, sondern den Leser 20 Vgl. die Kommentarnotizen bei C. L. W. Grimm, Maccabäer, 364–365; A. Deissmann, Makkabäerbuch, 175–176 und H.-J. Klauck, Makkabäerbuch, 754 f.
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eher ablenken – eben auf Wissenshintergründe, auf die er neugierig gemacht werden soll. Wir finden diese Allusionstechnik auch sonst in frühjüdischen und frühchristlichen Texten; speziell die Apokalypse arbeitet mit einer Strategie der Lektürewiderstände, die den Text vordergründig verrätseln und zugleich hintergründig öffnen für alludiertes Wissen.21 In unserem Text sind zwei der allusionsmarkierenden Elemente derart vom alludierten Fremdtext bestimmt, dass sie funktional eine gewisse Ähnlichkeit zu den Kenningar der altisländischen Literatur entwickeln, die nicht dem Verstehen des vorliegenden Textes dienen, sondern externes Wissen andeuten, vielfach solches aus der Mythologie.22 Es wird sich aber zeigen, dass hier mehr als nur biblisches Wissen memoriert, sondern die Erzählung durch das Wissen auch einer vertieften Deutung zugeführt wird, die auch das zuvor beschriebene Weltbild des Textes erweitert. Im Einzelnen lassen sich folgende Schriftbezüge ausmachen: 1. Wenn die Märtyrermutter sich in Vers 7c als „gebaute Seite“ (ᾠκοδομημένη πλεῦρα) bezeichnet, so ist das in der Tat nahezu ein Kenning, der nur Sinn als Referenz auf die Septuagintaversion von Gen 2,22 ergibt, wo es heißt, dass Gott „die Seite, die er von Adam genommen hatte, zu einer Frau ausbaute“ (καὶ ᾠκοδόμησεν κύριος ὁ θεὸς τὴν πλεῦραν, ἣν ἔλαβεν ἀπὸ τοῦ Ἁδάμ, εἰς γυναῖκα).23 Die Märtyrermutter bezeichnet sich hier also mit einem Begriff, der auf die erste Frau hindeutet. 2. Die mit dem potentiellen Schänder verbundenen topographischen Vorstellungsgehalte tendieren zur Plerophorie: Der Schänder ist in Vers 8a mit der „Einöde“ (ἐρημία) assoziiert und befindet sich „im Feld“ (ἐν πεδίῳ). Ein einziger Raumbegriff hätte genügt und den Text mit weniger Spannungen belastet, aber neben der Einöde war auch das Feld notwendig, weil damit erneut ein Text aus der Septuaginta anklingt. In Dtn 22,25 LXX ist von einem Mann die Rede, der „im Feld“ (ἐν πεδίῳ) eine verlobte Frau vergewaltigt und deshalb der Todesstrafe verfallen soll; die Wendung ἐν πεδίῳ ist übrigens die einzige wörtliche Überein21 Vgl. J. Dochhorn, Schriftgelehrte Prophetie. Der eschatologische Teufelsfall in ApcJoh 12 und seine Bedeutung für das Verständnis der Johannesoffenbarung (WUNT 268), Tübingen 2010, 64–76. 22 Eine Kenning, im Nominativ Plural Kenningar, ist in der altisländischen Dichtung ein mehrgliedriges Nominalgefüge, dessen Dekodierung Wissen und Hintersinn erfordert; das Wissen ist oft mythologischer Natur. Snorri Sturluson hat in seiner Poetik eine Liste zusammengestellt, was deutlich zeigt, wie sehr es sich hier um externes Wissen handelt, das nicht den gegebenen Kontext klärt, sondern die Gedanken in Richtung Enzyklopädie ablenkt. Vgl. J. Kühnel, Kenning, in: G. Schweikle / I. Schweikle (Hg.), Metzler Literatur Lexikon. Begriffe und Definitionen, Stuttgart 19902, 236 und F. Ranke / D. Hofmann, Altnordisches Elementarbuch. Einführung, Grammatik, Texte (zum Teil mit Übersetzung) und Wörterbuch (SG 2214), Berlin et al. 19704, 23 f. Dort wird als Beispiel die Wendung dverga drykkia = „Trank der Zwerge“ als Periphrase für „Dichtung“ aufgeführt, die auf dem mythischen Wissen basiert, dass einst die Zwerge den Dichtermet besaßen. 23 Die nachfolgenden Septuagintareferenzen sind nach der Ausgabe von A. Rahlfs / R. Hanhart zitiert.
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stimmung mit dem Septuagintatext. Die Schriftreferenz stabilisiert den sexuellen Aspekt: Es geht im Schriftwort um unerwünschten Sexualverkehr einer Frau mit einem Mann, und mehrere Momente weisen auch in unserem Text auf dieses Thema hin. 3. Die Assoziation des Schänders mit „Täuschung“ (ἀπάτη) verleiht Vers 8b eine gewisse Schwerfälligkeit; die Nominalphrase λυμέων ἀπάτης ὄφις wirkt nicht zuletzt aufgrund des Genitivattributs ἀπάτης überladen. Speziell durch dieses Wort wird ein weiterer Text aus der Septuaginta alludiert, der von der Verführung einer unverlobten Jungfrau handelt, vgl. Ex 22,15 LXX: Ἑὰν δὲ ἀπατήσῃ τις παρθένον ἀμνηστευτὸν κτλ. („Wenn aber jemand eine unverlobte Jungfrau verführt […]“). An diesen Text dürfte auch das Wort παρθενία im zur Rede stehenden Vers erinnern. Ex 22,15 beschreibt einen anderen Fall als das zuvor alludierte Schriftwort Dtn 22,25: Es geht nicht um eine Verlobte, und die Betroffene wird nicht vergewaltigt, sondern verführt. Der zweite Aspekt wird in 4 Makk 18,8b vermutlich realisiert; für die Bewahrung der Jungfrauschaft ist in unserem Text erkennbar nicht nur Gewalt, sondern auch Verführung eine Gefahr. Nicht realisiert wird der Unterschied zwischen einer verlobten und verheirateten Jungfrau, denn es ist in 4 Makk 18,6–9 nirgends von etwas anderem die Rede als ohne weitere Statusdifferenzierung von einer Jungfrau. Damit steht wohl vor allem eine Gemeinsamkeit zwischen beiden alludierten Texten im Vordergrund, nämlich dass es jeweils um eine noch nicht verheiratete Frau geht, deren zukünftige Verheiratung hier im Blick ist. 4. Als Nachklapp erscheint es, wenn in Vers 8b der Schänder auch noch als „Schlange“ (ὄφις) bezeichnet wird. Dieses Attribut dürfte ebenfalls als Allusionsmarkierer zu verstehen sein, der wie schon die Rede von der erbauten Seite in Vers 7c wie ein Kenning funktioniert, insofern es ohne den alludierten Text nahezu unverständlich erscheint. Als Bezugstext bietet sich aufgrund dieser in Vers 7c vorhergehenden Anspielung an die Erschaffung der Frau die Erzählung von der Schlange im Paradies in Gen 3 an, welche die erste Frau verführte. Diese Assoziation wird auch durch das Verführungsmotiv in Vers 8b gestützt, vgl. dort das Wort ἀπατή und in Gen 3,13 die Auskunft der Frau, der zufolge die Schlange sie verführt habe (LXX: ὁ ὄφις ἠπάτησέν με). Das Verführungsmotiv dient also gleich zweimal als Allusionsmarkierung, da es auch an Ex 22,15 anspielt. 5. Die Aufgabe einer doppelten Allusionsmarkierung wird auch der Verortung des Schänders im Felde zukommen, vgl. Vers 8a. In diesem Falle dürfte allerdings nicht die Septuaginta der Bezugstext sein, sondern exegetisches Wissen über Gen 3, das auf hebräischer Textüberlieferung beruht24: Die Schlange wird in Gen 3,1.14 als eines der Tiere des Feldes bezeichnet; im hebräischen Text steht das Wort שׂדה, das in der Septuaginta gewöhnlich mit πεδίον wiedergegeben wird, 24 Für die hebräische Bibeltextüberlieferung wird hier, wenn nicht vorrangig außermasoretisches Material relevant wird, auf BHS zurückgegriffen.
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vgl. etwa διέλθωμεν εἰς τὸ πεδίον // נלכה הׂשדהin Gen 4,8 LXX // Samaritanus.25 In Gen 3,1.14 steht freilich für שׂדהγῆ; die Schlange ist dort also eines der Tiere der Erde, und das passt nicht zu dem Kennwort πεδίον in unserem Text. Doch trotz des im vierten Makkabäerbuch normalerweise durchgehenden Septuagintabezugs26 scheint es mir nicht unmöglich, dass 4 Makk 18,8 hier auf septuagintaexternes Wissen zurückgreift: Auch andere überwiegend septuagintaorientierte Parabiblica aus dem frühen Judentum importieren zuweilen haggadisches Wissen, das auf Exegese an hebräischer Bibeltextüberlieferung beruht.27 Und im gegebenen Fall kann geltend gemacht werden, dass ausgerechnet die von hebräischer Bibeltextüberlieferung bezeugte Bezeichnung der Schlange als Tier des Feldes in der Apokalypse des Mose und in der von ihr abhängigen VitAd zum Ausgangspunkt parabiblischen Erzählens in griechischer Sprache geworden ist. Die Texte, um die es hier geht, sind einerseits der Bericht Evas von der Verführung der Schlange, Evas und Adams durch den Teufel in ApcMos 15–20 // VitAd 44 (15–30) und andererseits die Geschichte von der Nahrungssuche Adams und Evas nach deren Vertreibung aus dem Paradies in VitAd 1–22. Der erste Text ist von der VitAd nur wenig verändert aus der ApcMos übernommen worden, der zweite ist Sondergut der VitAd.28 25 Zu Gen 4,8 Sam vgl. A. Freiherr von Gall (Hg.), Der hebräische Pentateuch der Samaritaner, Gießen 1918, 6. Die Lesart נלכה הׂשדהist auch durch die Septuaginta, die Vulgata und Targumim bezeugt (vgl. BHS App.). Zur Korrelation πεδίον // שׂדהvgl. E. Hatch / H. A. Redpath, A Concordance to the Septuagint and the Other Greek Versions of the Old Testament (Including the Apocryphal Books), Oxford 1897 (Nachdruck: Graz 1975), II, 1113–1114 und T. Muraoka, A Greek ≈ Hebrew/Aramaic Two-Way Index to the Septuagint, Louvain etc. 2010, 93.353. 26 Zum Septuagintabezug des 4 Makk vgl. B. Schaller, Das 4. Makkabäerbuch als Textzeuge der Septuaginta, in: D. Fraenkel et al. (Hg.), Studien zur Septuaginta – Robert Hanhart zu Ehren. Aus Anlass seines 65. Geburtstages (MSU 20), Göttingen 1990, 323–331. 27 Beispiele für die Implementation von hebraicabasierter Haggada in einer septuagintabezogenen Schrift bietet das Testament Hiobs, dessen Bibeltextallusionen und Exegesen gewöhnlich auf der Septuagintaversion des Hiobbuches beruhen, das an einigen Stellen aber Erzählungen bietet, die nur auf Exegese hebräischer Bibelüberlieferung beruhen können und vermutlich vom Verfasser nicht entwickelt, sondern übernommen wurden, vgl. hierzu J. Dochhorn, Das Testament Hiobs als exegetischer Text. Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte der Hiob-Septuaginta, in: W. Kraus / M. Karrer (Hg.), Die Septuaginta – Texte, Theologien, Einflüsse (WUNT 252), Tübingen 2010, 671–688, speziell 674 f.680 f.688. 28 Als Textausgabe der ApcMos, vgl. J. Dochhorn, Die Apokalypse des Mose. Text, Übersetzung, Kommentar (TSAJ 106), Tübingen 2005, für die VitAd, deren griechischer Grundtext weitgehend verloren ist, kann jetzt auf A. Frey / J.-D. Kaestli / B. Outtier / J.-P. Petorelli, Synopsis Vitae Adae et Evae. Latine, graece, armeniace et iberice, in: J.-P. Petorelli adiuvante et perficiente J.-D. Kaestli (Hg.). Vita Adae et Evae, 2 Bände (CChr.SA 18 f.), Turnhout 2012, II, 743–905 verwiesen werden (in dieser Synopse wird auch die ApcMos wiedergegeben, allerdings in einer neuen Textgestalt, für deren Begründung den Verfassern die Seiten II, 746–754 ausreichen; für die VitAd-Rezensionen wurde eine neue Kapitelzählung eingefügt; statt 44 [15–30] steht dort 45–60). Die ApcMos und die VitAd beruhen beide auf exegetischer Arbeit am hebräischen Bibeltext und transformieren diese unter Berücksichtigung von Septuagintatextüberlieferung in originär auf Griechisch abgefasste Erzählungen (im Grunde kein aufsehenerregender Vorgang: Ein deutscher Exeget, der den griechischen Bibeltext analysiert, auf Deutsch
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Es lohnt sich, etwas genauer zu betrachten, was beide Texte mit dem Leitbegriff „Feld“ in Gen 3 gemacht haben, denn ihre narrativen Inventionen sind für das Verständnis unseres Textes höchst aufschlussreich. Speziell für die ApcMos muss allerdings festgehalten werden, dass dort ein Korrelat für das Wort „Feld“ nicht begegnet; was ich hier über diesen Text sage, betrifft also die dem Text zugrundeliegende Idee bzw. seine narrativ-exegetischen Hintergründe: Sowohl die Erzählung vom Paradiesgeschehen in ApcMos 15–20 als auch die Geschichte von der Nahrungssuche Adams und Evas nach deren Vertreibung aus dem Paradies in VitAd 1–22 basieren auf der Idee, dass es sich bei dem Feld aufgrund der Tatsache, dass Adam dorthin vertrieben wurde (Gen 3,18), um einen Bereich außerhalb des Paradieses handelt. In diesem Bereich wächst ausweislich Gen 3,18 Gras und damit eine Nahrung, die für Tiere bestimmt ist, dem Menschen aber, der sich von paradiesischer Nahrung gesättigt hat, nicht bekommt (VitAd 4). Und diesem Bereich gehört auch die Schlange an, die dort unvorteilhafte Nahrung zu sich nimmt, denn sie ist ein Tier des Feldes und damit nicht des Paradieses, aus dem Adam und Eva vertrieben wurden (vgl. ApcMos 16,3).29 Dies aber bedeutet: Um Eva zu verführen, muss die Schlange in ApcMos 15–20 von außen an das Paradies herankommen (vgl. ApcMos 17,1; 19,1) – und damit von dem her, was der biblische Bezugstext als „Feld“ bezeichnet. Verführung hat damit in den beiden Adamtexten wie in 4 Makk 18,6–9 einen spatialen Aspekt, und hier wie dort steht das Feld für den Bereich, der sich außen befindet und mit der Gefahr assoziiert ist. In der Apokalypse des Mose schreibt und dabei die Lutherbibel zitiert, arbeitet ganz ähnlich). Dies ist die Kernthese meiner oben erwähnten Dissertation, vgl. J. Dochhorn, Apokalypse des Mose, 115–120.140–145. Auf 140–142 findet sich Material zu den oben genannten exegetischen Narrationen der ApcMos und der VitAd. 29 In ApcMos 16,3 fragt der Teufel die Schlange, warum sie von dem „Unkraut Adams“ (ζιζάνια τοῦ Ἀδάμ) esse. Die Frage scheint rätselhaft und soll es auch sein (ζιζάνια τοῦ Ἀδάμ ist eine Kenning, die auf Tiefenstrukturen verweist). Das Rätsel ist aber lösbar: Dem Kontext in ApcMos 16 zufolge befindet sich die Schlange außerhalb des Paradieses. Sie weilt also in einem Bereich, in dem das wächst, was nach Gen 3,18 Adam nach dessen Vertreibung zugedacht wird, nämlich Gras. Da der Teufel die Vertreibung Adams intendiert (vgl. ApcMos 16,3b), weist er hier implizit auf den in Gen 3,18 angesprochenen Zustand hin. Dass dieser aber so nicht in Erfüllung geht, ist die narrative Intention der Geschichte von der Nahrungssuche Adams und Evas in VitAd 1–22, wo Adam und Eva zwar zunächst tatsächlich nur Gras vorfinden, Adam aber schließlich nach einer Bußhandlung in den Ackerbau eingeführt wird (VitAd [arm.georg] 20,1b // VitAd [lat] 22,2) und damit Brot als Nahrung erhält, von dem in Gen 3,18 ja auch die Rede ist. Vgl. meine aufgrund jugendlicher Schwerfälligkeit etwas komplizierter geratene Erklärung in J. Dochhorn, Apokalypse des Mose, 317 f. Mit ζιζάνια für den „Fraß“ der Schlange verwendet die ApcMos ein sehr seltenes Wort. Vermutlich ist wie in Mt 13,24–30 der Gegensatz Lolch : Weizen mitzudenken, so dass hier vielleicht die Vorstellung konnotiert ist, dass der Weizen anders als der Lolch aus dem Paradies stammt (und der Lolch eine Perversion des Weizens darstellt), vgl. hierzu das Material bei J. Dochhorn, Zizanion/Zizania, Glotta 80 (2005) 14–22 und ders., Warum gab es kein Getreide im Paradies? Eine jüdische Ätiologie des Ackerbaus in EvPhil 15, ZNW 89 (1998) 125–133.
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kommt dieser spatiale Aspekt unter anderem darin zum Tragen, dass Eva der Schlange das Tor des Paradieses öffnet (19,1). Was sie damit tut, steht im Gegensatz zu dem, was Adam und Eva ursprünglich für das Paradies zu tun hatten: Sie bewachten es nämlich (ApcMos 15,2), wie es schon der Bibeltext vorsah, vgl. Gen 2,15. Das griechische Wort für „bewachen“ ist übrigens sowohl in der Genesis als auch in der ApcMos φυλάσσειν bzw. φυλάττειν (so in der ApcMos), und dieses findet sich auch in 4 Makk 18,6–9. Und hier wie in der ApcMos bedeutet es mehr als einfach nur, dass aufgepasst werden soll; in ApcMos 30,1, wo Eva ihre Erzählung von der Paradiesbegebenheit paränetisch abschließt, steht φυλάττειν für eine Wachsamkeit gegen alles Böse, und in 4 Makk 18,6–9 geht es um eine Bewahrung der Jungfrauschaft, die auf mehr hinausläuft als nur sexuelle Reinheit, sondern auch auf den religiösen Status der künftigen Märtyrermutter hindeutet. Es besteht insofern ein Unterschied zwischen beiden Texten, als die Gefahr, um die es geht, in der ApcMos kaum sexueller Natur ist, während das sexuelle Moment in 4 Makk 18,6–9 vordergründig dominiert, aber die Gemeinsamkeiten sind doch augenfällig: Beide Texte propagieren ein defensives Ethos der Wachsamkeit als Garantie für Unverletztheit, beide verbinden dies mit einer topographischen Konstruktion, bei der die Gefahr von einem Außenbereich ausgeht, der als „Feld“ imaginiert wird, und beide beziehen sich auf die biblische Erzählung von den ersten Menschen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass beide eine kombinatorische Lektüre von Gen 3,1 und Gen 3,18 voraussetzen, die es ermöglichte, Paradies und Mensch einerseits sowie Feld und Schlange andererseits im Sinne einer Topographie der Verführung gegenüberzustellen. Grundlage dieser narrativen Exegese dürfte der hebräische Bibeltext gewesen sein. Darauf deutet in 4 Makk 18,6–9 das Stichwort πεδίον hin, das sich in Gen 3,1.18 LXX gerade nicht findet, und außerdem ergibt sich auch nur in der hebräischen Überlieferung eine Korrespondenz zwischen beiden Versen; sowohl in Gen 3,1 als auch in Gen 3,18 steht dort שׂדה, während die Septuaginta in Gen 3,1 γῆ und in Gen 3,18 ἀγρός hat. 2.5 Die Jungfrau als Antitypos der ersten Frau Der vorhergehende Überblick über die Schriftbezüge im Selbstbericht der Märtyrermutter zeigt: Ein besonders dichtes Netz von Allusionen verbindet diesen Selbstbericht mit narrativem Wissen über die erste Frau in der biblischen Urgeschichte. Durch sie wird dieser Selbstbericht in ein bestimmtes Licht gestellt, und zwar dahingehend, dass die Märtyrermutter in einer antitypischen Beziehung zur ersten Frau erscheint. Anders als diese ist sie nicht einem Schänder im Feld, einem verführenden Schänder anheimgefallen, und anders als diese hat sie die „gebaute Seite“ bewahrt. Momente, die an die ungute Begegnung zwischen der ersten Frau und der Schlange erinnern, sind bei der Märtyrermutter erklärtermaßen nicht vorhanden.
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Es sind hier allerdings Einschränkungen zu machen: Von einer symmetrisch durchgeführten Antitypik kann nicht die Rede sein. Es heißt in unserem Text nicht, dass die Märtyrermutter anders als Eva, von der Paradiesschlange verführt worden sei – oder gar vom Teufel, der sich in der Paradiesschlange verborgen hätte oder in der Paradieserzählung Schlange genannt würde (zu Möglichkeit zwei vgl. ApcMos 16, zu Möglichkeit drei den etwas späteren Text ApcMos 7–830 sowie Sap 2,23 f.). Wir dürfen 4 Makk 18,6–9 weder zu einem satanologischen Text machen noch dahingehend auffassen, dass auch die Märtyrermutter theoretisch der Paradiesschlange hätte begegnen können. Dagegen sprechen die Indefinita, die gerade die Figur des Schänders kennzeichnen: Es handelt sich nicht um den, sondern um einen Schänder, dem die Märtyrermutter nicht anheimfällt, und er wird ohne bestimmten Artikel als Schlange qualifiziert. Er erinnert an die Schlange, aber er ist nicht die Schlange, und was der Märtyrermutter nicht zustößt, lässt an das Ereignis in der Paradiesgeschichte denken, ist aber nicht mit diesem Ereignis identisch oder eine Wiederholung desselben. 31 Gleichwohl: Es kann konstatiert werden, dass in 1 Makk 18,6–9 die Geschichte einer jungen Frau vor ihrer Verheiratung im Kontrast zur Geschichte der ersten Frau und ihrer Verführung im Paradies erzählt wird. Es bleibt nur die Frage, warum eine solche Kontrasterzählung eigentlich plausibel erscheinen sollte. Was hat eine Frau, die vor ihrer Verheiratung steht, mit der Situation Evas gemeinsam? Es gibt eine Parallele in der frühchristlichen Literatur, aufgrund derer verständlicher werden kann, warum ein solcher Vergleich nahelag.
3. Eine Parallele zu 4 Makk 18,6–9 im zweiten Korintherbrief Paulus bezeichnet in 2 Kor 11,2–3 die korinthische Gemeinde als eine „heiligmäßige Jungfrau“ (παρθένος ἁγνή), die er mit dem Eifer Gottes Christus als Braut zuführen wolle. Er befürchtet aber, dass der Gemeinde, genauso wie Eva von der Schlange verführt wurde, die Gedanken verdorben würden; für „verderben“ steht im Griechischen das Wort φθείρω. Wie dieser Vorgang genau zu denken ist, ergibt sich aus dem Kontext: Es ist zu erwarten, dass ein anderer in die Gemeinde kommt, der ein anderes Evangelium als Paulus verkündigt und durch den die Korinther einen anderen Geist empfangen können (11,4). Dem entsprechen in 2 Kor 11,12–15 Pseudoapostel und Diener Satans, die in der Gemeinde einen „Anknüpfungspunkt“ (ἀφορμή – 11,12) suchen, um die Gemeinde auf ihre Seite 30 Die ApcMos ist ein Text, der – überwiegend – in Blöcken gewachsen ist (so noch die VitAd, die sich von der ApcMos im Wesentlichen durch den Einleitungsteil VitAd 1–22 unterscheidet), vgl. J. Dochhorn, Apokalypse des Mose, 124–138. 31 Vgl. hierzu die Ablehnung der satanologischen Deutung des λυμέων bei A. Deissmann, Makkabäerbuch, 176 (Anm. 175k), die allerdings von H.-J. Klauck, Makkabäerbuch 8, 755 (Anm. 8c) wieder vertreten wird.
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zu bringen, und sie sind in ihrer scheinbaren Apostolizität Satan vergleichbar, der sich gelegentlich in einen Engel des Lichts verwandelt (11,14). Es liegt auf der Hand, dass hier eine enge Parallele zu 4 Makk 18,6–9 vorliegt.32 Wie dort wird auch bei Paulus eine künftig zu verheiratende Frau mit Hinblick auf die erste Frau als „heiligmäßige Jungfrau“ bezeichnet, und wie dort ist diese potentiell verführbar und auch darin der ersten Frau zu vergleichen, die von der Schlange verführt wurde. Die Verführung wiederum ist bei der zur Verheiratung anstehenden Jungfrau und wohl auch bei der ersten Frau bzw. Eva eine sexuelle und wird mit Derivaten der Wurzel φθερ‑ bezeichnet, sie ist aber zugleich auch mehr bzw. etwas anderes als geschlechtlich: Bei Paulus erscheint dabei das Moment des Sexuellen nahezu als eine Metapher, die für etwas anderes steht, nämlich den Empfang eines anderen Evangeliums. Ungleich dem vierten Makkabäerbuch wird im Übrigen bei Paulus die Verführung der heiligmäßigen Jungfrau, hier der korinthischen Gemeinde, konsequent satanologisch verstanden: Der andere Geist dürfte satanischer Natur sein (vgl. 1 Joh 4,1–3), und die Pseudapostel erinnern an Satan, der sich in einen Lichtengel verwandelt (11,14) – womit übrigens erneut auf das Paradiesgeschehen verwiesen werden dürfte, denn in ApcMos 17 verwandelt sich der Satan bei der Verführung Evas in einen Lichtengel. Die Situation der korinthischen Gemeinde ist damit der Situation Evas vor der Verführung analog. Wir haben es hier mit einem Bild von der christlichen Existenz zu tun, demzufolge der Mensch, was Beeinflussung durch den Teufel betrifft, auf Null gestellt ist und damit dem Zustand der Erzeltern vor dem Fall gleicht. Parallelen zur Situation des adamitischen Ich vor dem Kontakt mit Gesetz und Sünde in Röm 7,7–25 sind unverkennbar – auch dort begegnet übrigens das Stichwort „Anknüpfungspunkt“ (ἀφορμή) als Bezeichnung für dasjenige, wodurch die externe Verführungsmacht Zugang zum Subjekt gewinnt (Röm 7,8.11); dort ist dieser Anknüpfungspunkt das Gesetz, und die Verführungsmacht ist die Sünde (welche allerdings schon Methodius mit dem Teufel identifiziert, vielleicht nicht ganz zu Unrecht).33 Die Problematik des adamitischen Ich, die im Römerbrief den Menschen vor dem Christusgeschehen betrifft, ist – wie sich in 2 Kor 11 zeigt – bei Paulus für Christen also durchaus wiederholbar, aber nicht vorgesehen; hinter der Wendung „aber nicht vorgesehen“ befindet sich ein gähnender Abgrund, der das hier vertretende Verständnis der paulinischen Hamartiologie von der klassischen Simul iustus et peccator-Lehre absondert.34 Festzuhalten bleibt indes vor allem eine wichtige Übereinstimmung von 2 Kor 11 32 Dies wird schon seit längerem so gesehen, vgl. O. Everling, Die paulinische Angelologie und Dämonologie. Ein biblisch-theologischer Versuch, Göttingen 1888, 51–55. 33 Vgl. die Auslegung von Röm 7,7–25 durch Methodius in De Resurrectione II,1–8 nach G. N. Bonwetsch (Hg.), Methodius (GCS 27), Leipzig 1917, 329–345. 34 Vgl. meine Auffassung zu Röm 7,7–25 in J. Dochhorn, Das Böse und Gott im Römerbrief – eine Skizze, in: H.-G. Nesselrath / F. Wilk (Hg.), Gut und Böse in Mensch und Welt. Philosophische und religiöse Konzeptionen vom Alten Orient bis zum frühen Islam (Orientalische Religionen in der Antike 10), Tübingen 2013, 119–142.
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mit dem in 4 Makk 18,6–9, die das Weltbild bzw. die Anthropologie betrifft: Die Gefährdung sexuell beschriebener Integrität geht von einer externen Macht aus, und wenn sie Erfolg hat, dann ist mehr und religiös Weiterreichendes betroffen als nur die sexuelle Integrität. Warum wird Eva in 2 Kor 11,2–3 als Jungfrau bezeichnet? Der Grund dürfte in genau dem biblischen Bezugstext liegen, der auch von 4 Makk 18,6–9 bzw. 18,7c aufgenommen wird, nämlich in der biblischen Erzählung von der Erschaffung der Frau: Nachdem Gott die erste Frau aus Adams Seite geschaffen bzw. „erbaut“ hat, führte er sie Adam zu (Gen 2,22 LXX: Καὶ ἤγαγεν αὐτὴν πρὸς τὸν Ἀδάμ / MT: )ויבאה אל אדם. Zahlreiche rabbinische Texte verstehen diese Sequenz dahingehend, dass Gott für die Frau als Brautführer wirkte und diese so Adam zuführte,35 und dies legt sich ja aufgrund des Kontextes auch nahe, der wohl darauf hinausläuft, dass die erste Frau erschaffen wurde, um mit dem ersten Mann zusammen zu sein. Setzt man diese Tradition von der ersten Frau als dem ersten Mann zugeführte Braut voraus, so wird auch klar, warum Paulus über seine Tätigkeit als Brautführer sagt, dass er sie mit dem Eifer Gottes vornehme: In der Bezugshaggada ist es Gott, der als Brautführer agiert; Paulus spricht hier nicht ohne eine gewisse Kühnheit. Vom biblischen Kontext wiederum dürfte klar sein, warum die erste Frau bei Paulus implizit mit dem Prädikat ἁγνός ausgestattet ist: Der Folgekontext zeigt, dass diese Jungfrau in der Gefahr stand, ihren gegenwärtig unberührten Zustand zu verlieren, und von dieser Negativfolie her ergibt sich die Kontrastaussage, dass sie ihn zuvor, unmittelbar nach ihrer Erschaffung, noch hatte. Das Unberührte, das verloren ging, ist bei einer zur Verheiratung anstehenden Jungfrau in sexuellen Kategorien begriffen, aber es geht bei der Verführung im Paradies auch im engeren Sinne religiös zu verstehende Integrität verloren, und diese Doppelbedeutung kann das Wort ἁγνός geradezu perfekt einfangen (vgl. Anm. 16). Paulus dürfte eine frühe Parallele zu der ansonsten später belegten rabbinischen Tradition bezeugen, und für 4 Makk 18,6–9 wird dasselbe zutreffen. Fast alles, was hier über die exegetischen Hintergründe von 2 Kor 11,2–3 gesagt wurde, lässt sich auch über 4 Makk 18,6–9 sagen. Allerdings ist der Unterschied zu benennen, dass dort der Allusionsmarkierer ein anderer ist: Während Paulus das Brautführermotiv anspricht, weist der Text im vierten Makkabäerbuch auf die „Erbauung“ der Frau aus der Seite des ersten Menschen hin. Erstaunlich ist die Übereinstimmung im Gebrauch der Wendung παρθένος ἁγνή: Speziell die Verwendung des Wortes ἁγνός mit seinem typischen Nebeneinander von sexuellen und religiösen Konnotationen deutet wohl darauf hin, dass Paulus wie das vierte Makkabäerbuch auf eine griechischsprachige Version einer Haggada
35 Vgl. J. Dreyfus, Adam und Eva nach Auffassung des Midrasch mit erläuternden Anmerkungen und Nachweisungen, Dissertation Straßburg 1894, 22–23.
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von der Verheiratung Evas zurückgreifen, die entweder identisch ist oder auf einer gemeinsamen Grundlage beruht.
4. Die 4 Makk 18,6–9 zugrundeliegenden Traditionsbildungsprozesse Dem bisher Mitgeteilten dürfte zu entnehmen sein, dass 4 Makk 18,6–9 auf traditionellen Voraussetzungen beruht: Der Verfasser dieses Textes hat auf exegetisch grundiertes Wissen zurückgegriffen, um diesen Text hervorzubringen. Seine wichtigste Voraussetzung ist eine Haggada zur biblischen Geschichte von der Erschaffung der Frau, die Gen 2,22 dahingehend auslegt, dass Gott dem ersten Mann die erste Frau als Brautführer zuführte, und die dementsprechend ihre nachfolgende Verführung sexuell deutete: Die Jungfrauschaft der Braut wurde von der Schlange angetastet und nicht von dem Ehemann, dem die erste Frau zugedacht war. Diese Haggada ist auch bei Paulus belegt, und dort lässt sie ebenso wie hier ein griechisches Kolorit erkennen: Paulus wie unser Text teilen die Wendung παρθένος ἁγνή, bei der vor allem das Adjektiv ἁγνός derart gut die über das sexuelle hinausgehenden Aspekte der Erzählung abdeckt, dass es wohl auf eine griechischsprachige Version dieser Haggada verweist. Denkbar ist eine solche Haggada in der Stadt Antiochien, mit der Paulus bekanntermaßen etwas zu tun hatte (vgl. Gal 2,11; Apg 11,25–26.30; 13,2; 14,26–28; 15,2.30–35; 18,22). Dies gilt wahrscheinlich ebenfalls für das vierte Makkabäerbuch, da es mit dem Martyrium der makkabäischen Märtyrer ein Thema entfaltet, dessen Erinnerung stark mit Antiochien verbunden war: In altkirchlicher Zeit hat es ein Grab der makkabäischen Märtyrer in Antiochien gegeben,36 und entsprechend gut belegt ist die Überlieferung zu diesen gerade in der syrischen Kirche.37 Vielleicht lag dem christlichen Märtyrergedenken in 36 Ein alter Beleg ist des Hieronymus Übersetzung von Eusebs Onomastikon unter Buchstabe M im Abschnitt De Regnorum Libris sub verbo Modeim, der die Bemerkung Eusebs, in Modeim lägen die Gräber der Makkabäer, folgendermaßen kommentiert: Satis itaque miror quomodo Antiochiae eorum reliquiae ostendant, aut quo hoc certo auctore sit creditum („Einigermaßen wundere ich mich daher, wieso sie dann deren Reliquien in Antiochien zeigen, und warum das bei einem derart approbierten Verfasser [wie Euseb] geglaubt werden kann“), vgl. E. Klostermann (Hg.), Eusebius. Das Onomastikon der biblischen Ortsnamen, Hildesheim 1966 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1904), 133. Mehr zum Thema s. bei M. Rampolla di Tindaro, Martyre et sépulture des Maccabées, Revue d’art chrétien 42 (1899) 290–305.377– 392.457–465; M. Maas, Die Maccabäer als christliche Heilige (Sancti Maccabaei), MGWJ 44 (1900) 145–156; W. Bacher, Jüdische Märtyrer im christlichen Kalender, JJGL 4 (1901) 70–85; M. Schatkin, The Maccabean Martyrs, VC 28 (1974) 97–113. 37 Das vierte Makkabäerbuch ist in nur wenigen Versionen überliefert, unter ihnen relativ gut in der syrischen, vgl. R. L. Bensly, The Fourth Book of Maccabees and Kindred Documents in Syriac. With an Introduction and Translations by W. E. Barnes, Cambridge 1895. Zur Verehrung der Makkabäermärtyrer in der syrischen Kirche vgl. den Eintrag im syrischen Martyrologion nach London Add 12 150 (anno 411/12) zum 1. August nach der Übersetzung bei H. Lietzmann, Die drei ältesten Martyrologien (KlT 2), Bonn 1911, 7–15, speziell 13: „am 1 im monat
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Antiochien schon ein älterer jüdischer Kult zugrunde, mit dem wir möglicherweise dem historischen Ort unseres Makkabäerbuches nahekommen.38 Dass gerade Paulus und das vierte Makkabäerbuch eine Haggada gemeinsam haben, kann also ganz konkrete historisch-geographische Ursachen haben, nämlich einen gemeinsamen Bezug zu Antiochien. In die Referenz auf das Paradiesgeschehen in 4 Makk 18,6–9 spielt aber noch ein anderer haggadischer Wissensbestand hinein, der vermutlich Hintergründe in exegetischer Arbeit am hebräischen Bibeltext hat, nämlich eine Topographie der Verführung, die den Verführer der ersten Frau mit dem „Feld“ außerhalb des Paradieses assoziiert. Die wichtigsten Belege für diese Haggada sind die ApcMos und die VitAd, und ich habe in meiner Arbeit zur ApcMos zu erweisen versucht, dass sie dort auch ihren Ursprungsort hat (vgl. § 2.4). Wichtig für den hier verhandelten Text scheint nun, dass bei Paulus eine ganz ähnliche Exegese von Gen 3 vorliegt: Die Erzählung vom adamitischen Ich in Röm 7,7–25 beruht, wie ich in einem Artikel für die ZNW demonstriert habe, auf einer Exegese des hebräischen Textes von Gen 3, die derjenigen der ApcMos in entscheidenden Punkten, auch was die Abhängigkeit vom hebräischen Bibeltext betrifft, ähnelt.39 Dies gilt nicht zuletzt für die Topographie der Verführung, insofern Paulus in Röm 7,7–25 falsches Tun des Menschen ähnlich durch eine externe Macht verursacht sieht wie die ApcMos: Wie die Schlange in der ApcMos, so kommt bei Paulus die Sünde von außerhalb und nimmt von dort her das Subnach den Griechen die märtyrer, welche sind von denen, die beigesetzt sind in Antiocheia, und zwar in Kerateia, welche sind die söhne der Samuna, sie (sind es), die geschrieben sind in den Makkabäern.“ 38 Dass die Hauptsynagoge in Antiochia der Mutter und ihren sieben Kindern gewidmet gewesen sei (wobei die Mutter Haschmunit = Hasmonäerin genannt wurde, vgl. die Namensform im syrischen Martyrologion [wie Anm. 37]), ist die Hauptthese von J. Obermann, The Sepulchre of the Maccabean Martyrs, JBL 50 (1931) 250–265. J. Obermann stützt sich vor allem auf eine Notiz bei Ibn Shâhîn von Qairowan (10. Jh.), die ihm zufolge darauf hinausläuft, dass die Synagoge in Antiochien zu Ehren der Haschmunit über dem Grab der Märtyrer errichtet wurde, und zwar als erste Synagoge nach dem zweiten Tempel (253–260). Als einen weiteren Beleg nennt er (neben anderen) eine Beschreibung Antiochiens aus dem 6. Jh., in arabischer Übersetzung erhalten in Vaticanus, arabicus 286, wo es heißt: „In diesem Stadtteil (sc. dem Kerateum) befindet sich ein großes Gebäude, das die Bevölkerung, nachdem sie den christlichen Glauben angenommen hatte, in die Kirche der heiligen Ashmunit umwandelte“ (zitiert nach der deutschen Übersetzung bei M. Maas, Heilige, 153), vgl. J. Obermann, Sepulchre, 252.265 (leider gibt er die Seitenzahlen im Codex nicht an, obwohl er die betreffende Passage erhalten hat, vgl. bei ihm 65). Zur Geschichte und Umwidmung der Hauptsynagoge von Anticochien vgl. auch S. Krauss, Synagogale Altertümer, Berlin/Wien 1922 (Nachdruck Hildesheim 1966), 86 f.225 f. Sollte die These von J. Obermann stimmen, wäre damit eine Umwertung des Grabes (Assoziation mit Heiligkeit / Heiligenverehrung statt mit Unreinheit) im Judentum bzw. Teilen des Judentums vorausgesetzt; vgl. hierzu J. Obermann, Sepulchre, 264 f. sowie E. Bammel, Zum jüdischen Märtyrerkult, in: ders., Judaica. Kleine Schriften I (WUNT 37), Tübingen 1986, 79–85, speziell 82 f. 39 Vgl. J. Dochhorn, Röm 7,7 und das zehnte Gebot. Ein Beitrag zur Schriftauslegung und zur jüdischen Vorgeschichte des Paulus, ZNW 100 (2009) 59–77.
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jekt in Besitz. Das Schlüsselwort, mit dem Paulus diesen Vorgang bezeichnet, ist ἀφορμή („Anknüpfungspunkt“); die Sünde braucht einen Anknüpfungspunkt, um die Macht des Verführers über das Subjekt auszuüben. Genau dieses Stichwort aber begegnet auch im Kontext von 2 Kor 11,2–3. Auch in 2 Kor 11 spielt also etwas, das an die Topographie der Verführung in der Moseapokalypse und im vierten Makkabäerbuch erinnert, mit hinein, und es ist sicher kein Zufall, dass dann in 2 Kor 11,14 ein Motiv aus der Paradiesgeschichte der ApcMos auftaucht, wenn Paulus dort über den Satan sagt, er verwandle sich gelegentlich in einen Engel des Lichts, vgl. ApcMos 17,1b–2a. Erneut finden wir also eine Parallele zwischen Paulus und dem vierten Makkabäerbuch, und sie betrifft erneut Haggada zur Paradiesgeschichte, nur dass es sich diesmal um Haggada handelt, die auf Exegese am hebräischen Bibeltext beruht. Vielleicht gehört auch dieses Moment zur antiochenischen Szenerie: Wenn Paulus, dessen hebräisch-aramäische Ausbildungshintergründe mir sicher erscheinen,40 in Antiochien mit griechischsprachiger Haggada in Berührung kommt, dann ereignet sich bei ihm vermutlich etwas, das sich auch sonst im jüdischen Milieu Antiochiens ereignete: Palästinische und hebräisch-aramäisch grundierte Tradition trifft mit jüdischer Theologie im griechischen Sprachgewand zusammen. So geschah es dann wohl auch an unserer Stelle im vierten Makkabäerbuch. Ein Traditionsbildungsprozess ist nicht abschließend gewürdigt, wenn nicht der Autor zur Geltung kommt, in dessen Werk er schließlich manifest wird. Im gegebenen Fall ist der Autor, von dem die Rede sein muss, der Verfasser des vierten Makkabäerbuchs (dem ich auch die Rede der Mutter in 4 Makk 18,6–19 zuzuschreiben geneigt bin, vgl. § 1). Und hier ist Interessantes zu bemerken: Charakteristisch für diesen Autor ist, wie einleitend skizziert, das Bemühen, anhand der Makkabäermartyrien nachzuweisen, dass die fromme, dem Gesetz Gottes folgende Vernunft die Selbstbeherrschung der Leidenschaften verwirklichen kann. Es geht ihm also um Selbstkontrolle, und aufgenommen werden dabei Topoi der hellenistisch-römischen Popularphilosophie, nicht zuletzt der Stoa. Und zu dieser Tendenz scheint auf interessante Weise ein Kontrast aufgebaut zu werden, wenn nun gegen Ende, in einer abschließenden Rede der Märtyrermutter, die stärker als der Rest des Buches biblische Überlieferung und traditionell jüdisches Vorstellungsgut bemüht, urgeschichtliche Haggada mit zum Teil hebräischsprachigen Hintergründen aufgenommen wird, in der es ebenfalls um Kontrolle geht, aber um die Kontrolle einer Grenze nach außen. Eine Topographie der Verführung, eine Topographie dessen, was religiöse Identität gefährdet, in der die identitätsgefährdende Macht externalisiert erscheint, steht damit Seite an Seite mit einem religiös-philosophischen Programm, dem 40 Vgl. J. Dochhorn, Paulus und die polyglotte Schriftgelehrsamkeit seiner Zeit. Eine Studie zu den exegetischen Hintergründen von Röm 16,20a, ZNW 98 (2007) 189–212.
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es um die Herrschaft einer thoraobservanten Vernunft über die dem Menschen innewohnenden Leidenschaften geht. Vielleicht liegt hier ein ähnliches Nebeneinander von originär unterschiedlichen Ansätzen vor wie im Falle der Eschatologie, wo die Rede der Mutter die (hellenistische) Unsterblichkeitshoffnung des Buchkontextes mit der (eher traditionell jüdischen) Auferstehungshoffnung kontrastiert bzw. korreliert (vgl. § 2).
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Tacitus über Antiochos IV. und die Makkabäer Stefan Krauter
Aus welchen Gründen kam es 167 v. Chr. zum Dekret des Antiochos IV. Epiphanes über die Abschaffung des Jerusalemer Tempelkultes und die Unterdrückung der jüdischen Bräuche in Judäa? Noch der „Neue Schürer“ nennt als Erklärung den Willen des Königs zu einer umfassenden Hellenisierung und beruft sich für diese Einschätzung auf den römischen Geschichtsschreiber P. Cornelius Tacitus:1 rex Antiochus demere superstitionem et mores Graecorum dare adnisus (Tac. hist. 5,8,2). Heute herrscht ein breiter Forschungskonsens, dass das eine sehr unplausible Erklärung ist.2 Das ist sicherlich richtig. Die Frage allerdings ist: Wie kommt Tacitus auf sie? E. Bickermann hat in „Der Gott der Makkabäer“ eine traditionsgeschichtliche Erklärung für die bei Tacitus zu findende Äußerung versucht, die letztlich in der Makkabäerzeit gründet. In den nichtjüdischen Städten Palästinas, die von den Makkabäern eingenommen wurden, habe sich aus Hass auf die Eroberer eine „antisemitische Version“ der Schilderung des Makkabäeraufstandes entwickelt, die Antiochos zum Vorkämpfer der eigenen Sache mache. In dieser Tradition stehe – durch Zwischenquellen vermittelt – Tacitus. Es könne freilich sein, so
1 E. Schürer, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ. Revised and edited by G. Vermes / F. Millar. Bd. 1, Edinburgh 1973, 147 f. Ähnlich: S. Zeitlin, The Rise and Fall of the Judaean State. A Political, Social and Religious History of the Second Commonwealth. Vol. I: 332–37 BCE, Philadelphia, PA 1962, 89 f. 2 Vgl. v. a. P. F. Mittag, Antiochos IV. Epiphanes. Eine politische Biographie (Klio.B NF 11), Berlin 2006, 225–281. Daneben z. B. K. Bringmann, Hellenistische Reform und Religionsverfolgung in Judäa. Eine Untersuchung zur jüdisch-hellenistischen Geschichte (175–163 v. Chr.) (AAWG.PH 133), Göttingen 1983; C. Seeman, Jewish History from Alexander to Hadrian: From Alexander to Pompey, in: J. J. Collins / D. C. Harlow (Hg.), The Eerdmans Dictionary of Early Judaism, Grand Rapids, MI 2010, 25–39, hier 32–34; R. Doran, Antiochus IV Epiphanes, in: J. J. Collins / D. C. Harlow (Hg.), The Eerdmans Dictionary of Early Judaism, Grand Rapids, MI 2010, 338 f.; L. A. Grabbe, Antiochus IV Epiphanes, EBrit II (2009) 264–269, hier 264. Vgl. auch schon A. Schlatter, Geschichte Israels von Alexander dem Großen bis Hadrian, Stuttgart 19253, 107: „Er war ein begeisterter Grieche und schwärmte für Athen, wir würden ihn aber schwerlich richtig auffassen, wenn wir ihm eine Art Missionsabsicht, den Wunsch, die Juden auf die Höhe der athenischen Kultur hinaufzuheben, als das leitende Motiv zuschrieben.“ Eine Ausnahme ist z. B.: I. Gafni, Antiochus, EJ2 II (2007) 202–204, hier 203: Antiochos als „champion of an intense Hellenization“, das Religionsedikt „as a result of personal tendencies“.
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Bickermann, dass er durch die Erfahrungen im jüdischen Krieg in der Annahme der Richtigkeit der überlieferten Sicht bestärkt gewesen sei.3 Dieser Erklärungsansatz steht ganz in der Linie der traditionell üblichen Herangehensweise an die Passage in den Historien des Tacitus, in der die genannte Äußerung über die Makkabäerzeit zu finden ist. Die Ausführungen des Tacitus über die Ereignisse gegen Ende des jüdischen Aufstandes in Tac. hist. 5,1–13 und darin insbesondere der sogenannte Judenexkurs (5,2–10) wurden nämlich lange Zeit als „Katalog landläufiger antisemitischer Ansichten“4 aufgefasst. Man könne ihn nicht interpretieren, sondern nur zur Erhellung der Entstehung und Verbreitung dieser Ansichten durch „Legendenbildung, Motivübertragung, Tendenzerfindung oder Traditionskombination“5 auswerten. Damit war oft ein sehr negatives Urteil über die literarische und historiographische Qualität des Abschnitts verbunden.6 Ein wichtiger Wendepunkt in der Forschungsgeschichte zum Judenexkurs des Tacitus war die Monographie „Antike Vorstellungen vom Judentum“ von René Bloch.7 Als erster8 interpretierte er den Judenexkurs als sorgfältig gestalteten und mit einer bestimmten Aussageabsicht innerhalb der Historien platzierten ethnographischen Text. Seine Methode war dabei vor allem die literarische Analyse anhand des Vergleichs mit früheren Judenexkursen9 und mit den beiden anderen ethnographischen Texten des Tacitus, dem Britannierexkurs im Agricola10 und der Germania. 3 E. Bickermann, Der Gott der Makkabäer. Untersuchungen über Sinn und Ursprung der makkabäischen Erhebung, Berlin 1937, 22–24. Als weitere Zeugen für diese Tradition nennt er Ios. c. Ap. 2,90 und Diod. 34,1. 4 C. Colpe, Antisemitismus, DNP I (1996) 790–792, hier 791. 5 Ebd. 6 G. E. F. Chilver / G. B. Townend, A Historical Commentary on Tacitus Histories IV and V, Oxford 1985, 90: „The next four chapters fall sadly below T.’s standard as a historian. This is not so much for his anti-Semitism […] but for the general ignorance and silliness displayed.“ Vgl. auch I. Heinemann, Antisemitismus, PRE.S 5 (1931) 3–43, hier 36; K. E. Müller, Geschichte der antiken Ethnographie und ethnologischen Theoriebildung von den Anfängen bis auf die byzantinischen Historiographen. 2 Bde. (Studien zur Kulturkunde 29), Wiesbaden 1972–1980, Bd. 2, 102 f.; H. Heinen, Ägyptische Grundlagen des antiken Antijudaismus. Zum Judenexkurs des Tacitus, Historien V,2–13, TThZ 101 (1992) 124–149, hier 148; J. N. Sevenster, The Roots of Pagan Anti-Semitism in the Ancient World (NT.S XLI), Leiden 1975, 10 f. 7 R. S. Bloch, Antike Vorstellungen vom Judentum. Der Judenexkurs des Tacitus im Rahmen der griechisch-römischen Ethnographie (Historia Einzelschriften 160), Stuttgart 2002. 8 R. S. Bloch, Vorstellungen, 22–26, nennt als (allerdings weitgehend unbeachtet gebliebenen) Vorläufer Y. Lewy, Divrey Tazitus al qadmoniot ha-yehudim umidotehem, Zion 8 (1943) 1–34.61–80. Sein Aufsatz wurde von B. Wardy, Jewish Religion in Pagan Literature during the Late Republic and Early Empire, ANRW II 19.1 (1979) 592–644, hier 613–635, plagiiert, wie M. Pucci, A Note on Johanan Lewy (1901–1945), At. 62 (1984) 644–645, aufgedeckt hat (ich danke für diesen Hinweis Daniel Schwartz). 9 Hekataios von Abdera: FGrH 264 F 6, Poseidonios: bei Strab. 16,2,34–46 und Diod. 34/35,1,1–5, Pompeius Trogus: bei Iust. 36,2,1–36,3,9. 10 Tac. Agr. 10–17.
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Dieser – meines Erachtens richtige – Ansatz, den Judenexkurs als literarischen Text ernst zu nehmen, soll hier für den Abschnitt über Antiochos und die Makkabäer im Einzelnen ausgeführt werden. Meine These ist dabei, dass dann klar wird, dass das eingangs zitierte Urteil des Tacitus keineswegs einfach eine aus Quellen übernommene fehlerhafte Aussage ist. Vielmehr werden in diesem Abschnitt die Tacitus verfügbaren Nachrichten über Antiochos und die Makkabäer mit einer klar erkennbaren Aussageabsicht verarbeitet und er ist sogar ein Schlüssel für das Verständnis der Aussage und der Funktion des gesamten Judenexkurses. Ich werde sozusagen von innen nach außen vorgehen, d. h. mit Beobachtungen am Textabschnitt beginnen, mit seiner Stellung im Judenexkurs und seinen Querverbindungen zum Rest des Judenexkurses fortfahren und schließlich auf seine Funktion im Gesamtkontext der Historien zu sprechen kommen. Abschließend möchte ich kurz darauf eingehen, wie der Text in seiner Entstehungszeit eingeordnet werden kann.
1. Beobachtungen am Text Dum Assyrios penes Medosque et Persas Oriens fuit, despectissima pars servientium: postquam Macedones praepolluere, rex Antiochus demere superstitionem et mores Graecorum dare adnisus, quo minus taeterrimam gentem in melius mutaret, Parthorum bello prohibitus est; nam ea tempestate Arsaces desciverat. Tum Iudaei Macedonibus invalidis, Parthis nondum adultis (et Romani procul erant), sibi ipsi reges imposuere; qui mobilitate volgi expulsi, resumpta per arma dominatione fugas civium, urbium eversiones, fratrum coniugum parentum neces aliaque solita regibus ausi superstitionem fovebant, quia honor sacerdotii firmamentum potentiae adsumebatur.11 Solange der Osten unter der Herrschaft der Assyrer, Meder und Perser war, waren sie der verachtetste Teil der Sklaven. Nachdem die Makedonen die Übermacht errungen hatten, wurde der König Antiochos, der sich bemühte, ihnen den Aberglauben wegzunehmen und die Sitten der Griechen zu geben, durch den Krieg gegen die Parther daran gehindert, dass er das äußerst abscheuliche Volk zum Besseren änderte; denn zu dieser Zeit war Arsaces abtrünnig geworden.12 Dann gaben sich die Juden, als die Makedonen schwach waren, die Parther noch nicht hochgekommen (und die Römer waren fern13), selbst Könige; diese, von der Wankelmütigkeit der Menge vertrieben, wagten, als sie die Herrschaft mit Waffen wieder an sich gebracht hatten, Vertreibungen von Bürgern, Zerstörungen von Städten, 11 Text: P. Cornelii Taciti libri qui supersunt. Tom. II. Fasc. I: Historiarum libri, ed. H. Heubner, Stuttgart 1978. 12 Gemeint sind wohl eher die Auseinandersetzungen zur Zeit Antiochos VII. Sidetes; vgl. H. Heubner / W. Fauth, P. Cornelius Tacitus, Die Historien. 5 Bde., Heidelberg 1963–1982, Bd. 5, 120 f. 13 Das ist eine ziemliche Fehleinschätzung. Der römische Einfluss spielte durchaus eine wichtige Rolle, vgl. 1 Makk 3,31, Polyb. 29,27,1–8 (zu diesem Tag von Eleusis vgl. P. F. Mittag, Antiochos, 214–223).
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Morde an Geschwistern, Gattinnen, Eltern und anderes, was man von Königen gewohnt ist, und förderten den Aberglauben, weil sie die Priesterwürde als Festigung ihrer Macht annahmen.
Der zu untersuchende Abschnitt wird durch zwei temporale Konjunktionen (dum und postquam) und ein Temporaladverb (tum) in drei Teile gegliedert. Damit verbunden ist jeweils eine Angabe über die Machtverhältnisse: Im ersten Teil geht es um die Zeit der Assyrer, Meder und Perser, im zweiten um die Zeit der Makedonen (der Sache nach gemeint sind – vermutlich – Ptolemäer und – sicher – Seleukiden). Die dritte Periode ist gekennzeichnet von der Abwesenheit einer Obermacht. Die Makedonen sind schon schwach, die Parther noch, und die Römer sind fern. Die beiden ersten Teile werden eher oberflächlich durch zwei auffallende, da außerordentlich stark negativ wertende Superlative (despectissima, taeterrima) verknüpft. Der zweite und der dritte Teil sind dadurch enger miteinander verbunden, dass sie antithetisch aufeinander bezogen sind. Antiochos will den Aberglauben wegnehmen (demere superstitionem), die Makkabäer fördern den Aberglauben (superstitionem fovebant). König Antiochos (der Titel hier neutral verwendet) bemüht sich (adnisus), die Makkabäerkönige (der Titel hier dezidiert aus römischer Perspektive abwertend verwendet) wagen, etwas zu tun (ausi). Auf der einen Seite stehen die griechischen Sitten (mores Graecorum), auf der anderen Untaten, wie man sie von Königen erwartet (solita regibus). Schon diese wenigen Beobachtungen erlauben einige Schlussfolgerungen: Die Juden werden hier als ein politisch unreifes Volk dargestellt. Sie sind nur dann politisch selbständig, wenn zufälligerweise keine Obermacht da ist.14 Wenn sie sich selbst Herrscher geben, sind diese Despoten.15 Die Juden werden als unbeherrscht und rebellisch dargestellt. Sie geben sich selbst Könige und vertreiben sie dann wieder.16 Diese Eigenschaften der Juden hängen mit ihrer Religion zusammen.17 Aberglaube (superstitio) ist das hervorgehobene Stichwort, das den Abschnitt über Antiochos und die Makkabäer rahmt. Diesen Themen ist im Folgenden weiter nachzugehen.
14 R. S. Bloch, Vorstellungen, 103. Insofern ist „die Römer waren noch fern“ kein schlichter sachlicher Fehler, sondern eine für die Aussageabsicht des Textes sozusagen notwendige Angabe. 15 R. S. Bloch, Vorstellungen, 104. Die Juden werden hier dem gängigen Orientalencliché subsumiert, vgl. Cic. prov. 5,10: nationibus natis servituti. 16 R. S. Bloch, Vorstellungen, 103. 17 Die von Tacitus bei den Makkabäern herausgestellte Verbindung von Königtum und Priestertum beurteilt er auch bei den römischen Kaisern negativ, weil sein Maßstab das senatorische, „republikanische“ Ideal einer Trennung von sakralen und politischen Ämtern ist (Tac. hist. 2,95; 4,81; vgl. dazu H. Cancik, „Nichts blieb übrig für die Verehrung der Götter“. Historische Reflexion über Herrscherverehrung bei Tacitus, in: ders. / H. Lichtenberger / P. Schäfer [Hg.], Geschichte – Tradition – Reflexion. Bd. 2, Tübingen 1996, 305–322).
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2. Der Text innerhalb des Judenexkurses Der große Fortschritt in Blochs Untersuchung des Judenexkurses lag darin, dass er den Schwerpunkt der Interpretation von einer motivgeschichtlichen Betrachtung einzelner antijüdischer Aussagen auf die literarische Analyse des Gesamttextes verschob.18 Der Judenexkurs ist ein sorgfältig nach den Regeln der antiken Ethnographie gestalteter Text. Darum sind sein Aufbau und die thematischen Querbeziehungen in ihm zu betrachten. 2.1 Stellung im Aufbau Der große Block Tac. hist. 5,1–13 ist nach beiden Seiten klar abgegrenzt: 4,68 spielt in Gallien, Hauptperson ist Domitian. 5,1 stellt durch den Ortswechsel nach Jerusalem und die Einführung der neuen Hauptperson Titus einen pointierten Neueinsatz dar. In 5,13 wird die Jerusalemhandlung zu einem Ruhepunkt geführt (quies proeliorum fuit) und dann in 5,14 wieder an die Nordgrenze des Reiches zurückgeblendet. Innerhalb dieses Blockes wechselt Tacitus kunstvoll zwischen Haupthandlung und Exkursen, wobei er die Nahtstellen für den Leser durch einleitende Sätze bzw. Rückverweise kennzeichnet: Der eigentliche Judenexkurs 5,2–10 beginnt mit einer für ethnographische Digressionen typischen Formulierung,19 der kleinere Exkurs über die Stadt Jerusalem – mehr eine Ekphrasis – wird in 5,11,3 durch ein schlichtes sed abgegrenzt. Wieder aufgenommen wird der Faden das erste Mal durch ein uti diximus (5,11,1), das zweite Mal durch das zusammenfassende hanc adversus urbem gentemque (5,13,4). Der Einsatz der beiden Exkurse ist jeweils recht hart. Das gilt insbesondere von 5,2, wo Tacitus innerhalb eines Satzes vom Jahre 70 n. Chr. in die mythische Urzeit springt. Die hinteren Nahtstellen werden durch die allmähliche Rückführung zur Haupthandlung überdeckt: Der letzte Abschnitt des Judenexkurses – mit der uns beschäftigenden Passage – ist ein Überblick über die Geschichte Israels von den Assyrern bis zum Aufstand, endet also genau in der Zeit der Haupthandlung. Der Jerusalemexkurs kommt von der Beschreibung der Stadt 18 Ein jüngeres Beispiel dafür, dass diese herkömmliche Herangehensweise nicht zielführend ist, ist der Beitrag von V. Rebrik, Sources of the Excursus about the Jews (Tacitus, Historiae V, 1–10), JAC 18 (2003) 103–112. Bei aller Gelehrsamkeit beim Aufstöbern von Quellen und Parallelen geht er letztendlich an der Aussage des Tacitustextes vorbei. 19 Sed quoniam famosae urbis supremum diem tradituri sumus, congruens videtur primordia eius aperire. Zu beachten ist das Pathos des gehobenen Stils, der sich durch den ganzen Text hindurchzieht (vgl. dazu R. S. Bloch, Vorstellungen, 75–82). Zur „Eschatologie“, die in der Formulierung impliziert ist, vgl. H. Cancik, Das Ende von Welt, Geschichte, Person in der griechischen und römischen Antike, in: ders., Römische Religion im Kontext. Kulturelle Bedingungen religiöser Diskurse. Gesammelte Aufsätze I. Hg. v. H. Cancik-Lindemaier, Tübingen 2008, 263–308.
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und des Tempels zu den dort befindlichen Menschen und leitet so zur Situation bei der Belagerung durch Titus zurück. Beide Exkurse sind aufeinander bezogen. Die knappen Ausführungen des Judenexkurses über die Stadt Jerusalem und den Tempel bilden gleichsam eine Leerstelle, die durch den zweiten Exkurs ausgefüllt wird. Man kann vielleicht sogar vermuten, dass in dem verlorenen folgenden Teil der Historien noch ein dritter Exkurs folgte, in dem der Tempel im Detail beschrieben wurde. Der Text von Tac. hist. frag. 2,20 auf den nachher noch einzugehen ist, verlangt aufgrund seiner Rückverweise geradezu danach.21 Die detaillierte Gliederung des eigentlichen ethnographischen Exkurses 5,2–10 orientiert sich am besten an den von K. Trüdinger 1918 in die Forschung eingebrachten sogenannten ethnographischen Topoi.22 Dann ergibt sich folgendes Bild:23
I 1 a b c d e 2
Einleitung des Exkurses
5,2,1
origo mythisch Version 1 (nomen gentis) Version 2 Version 3 Version 4 Version 5 historisch
5,2 f. 5,2 5,2,1 5,2,2 5,2,2 5,2,3 5,2,3 5,3
Die herkömmliche Bezeichnung dieses Abschnittes aus Sulp. Sev., Chronica 2,30,6 als „Fragment“ der Historien ist durchaus misslich. Schon sein „Entdecker“ J. Bernays, Ueber die Chronik des Sulpicius Severus, in: ders., Gesammelte Abhandlungen Bd. 2. Hg. v. H. Usener, Berlin 1885, 81–200, machte klar, dass es sich um eine abwandelnde Paraphrase handeln muss. Aus rein praktischen Gründen ist es jedoch sinnvoll, die Stellenangabe Tac. hist. frag. 2 beizubehalten. 21 Fertur Titus adhibito consilio prius deliberasse, an templum tanti operis everteret. etenim nonnullis videbatur, aedem sacratam ultra omnia mortalia illustrem non oportere deleri. Beide markierten Aussagen setzen Informationen voraus, die jedenfalls in Tac. hist. 5,12,1 so noch nicht gegeben worden sind. 22 K. Trüdinger, Studien zur Geschichte der griechisch-römischen Ethnographie, Basel 1918. Ein Problem ist, dass E. Norden, Die germanische Urgeschichte in Tacitus Germania, Leipzig/ Berlin 19233, 58, den Terminus Topos anders, nämlich für ethnographische „Wandermotive“ (d. h. inhaltliche Übertragungen und nicht nur ein formales Raster), einführte. Eine tragfähige Lösung ist wohl, von einer Axiomatik der antiken Berichterstatter, die eine formal typisierende und eben darum inhaltlich übertragbare Beschreibung fremder Völker bewirkt, auszugehen. Vgl. dazu K. Bringmann, Topoi in der taciteischen Germania, in: H. Jankuhn / D. Timpe (Hg.), Beiträge zum Verständnis der Germania des Tacitus. Teil 1 (AAWG.PH 175), Göttingen 1989, 59–78, hier 73; A. A. Lund, Zur Gesamtinterpretation der Germania des Tacitus, ANRW II 33.3 (1991) 1858–1988, hier 1867. 23 Sehr ähnlich R. S. Bloch, Vorstellungen, 114–116. 20
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II 1 a b 2 b' a' III 1 a b c d 2 IV 1 a b c 2 a b
ritus alt Einleitung religio mores neu Einleitung mores religio Schluss: comparatio
5,4 f. 5,4 5,4,1 5,4,2 5,4,2–4 5,5 5,5,1 5,5,1–3 5,5,4 5,5,5
situs Natur Lage Menschen Pflanzen mirabilia Siedlungen
5,6–5,8,1 5,6 f. 5,6,1 5,6,1 5,6,1 5,6,2–5,7 5,8,1
historia vor den Römern orientalische Reiche Makedonen Makkabäer unter den Römern vor dem Aufstand beim Aufstand
5,8,2–5,10 5,8,2 f. 5,8,2 5,8,2 5,8,3 5,9 f. 5,9 5,10
Es existiert kein allgemeinverbindliches Gattungsschema für ethnographische Texte, das die Auswahl und Reihenfolge der behandelten Topoi festlegte. Doch ein vergleichender Blick auf die beiden anderen ethnographischen Texte bei Tacitus, Britannierexkurs und Germania, macht zwei wichtige Punkte deutlich: 1. Eine Geschichte vor dem Kontakt mit den Römern haben nur die Juden. In der Germania fehlt der Topos historia ganz. Die Germanen leben im immerwährenden praesens ethnographicum.24 Im Agricola verwendet Tacitus eine ähnliche Technik der allmählichen Rückführung zur Haupthandlung durch die Schlussstellung des Topos historia. Allerdings beginnt die Geschichte der britischen Stämme erst mit dem Auftreten der Römer.25 2. Damit hängt eine zweite Beobachtung eng zusammen: Germania und Britannierexkurs beginnen mit dem Topos situs, dann folgt die origo. Im Juden24 Es handelt sich um eine Verbindung von kulturellem und chronologischem Primitivismus; vgl. A. A. Lund, Zum Germanenbild der Römer. Eine Einführung in die antike Ethnographie, Heidelberg 1990, 30 f. 25 Allg. dazu K. E. Müller, Geschichte Bd. 2, 99.
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exkurs wird das Thema situs erst relativ spät, nach den mores gebracht. Das ist kein Zufall: Bei den germanischen und britischen Barbaren ist die Lage ihres Landes am Rande der Welt in einer extremen Klimazone grundlegend für ihre Herkunft und ihren Charakter. Bei den Juden fehlt dieser Rückgriff auf die Anthropogeographie.26 Es gibt zwar einige assoziative Bezüge zwischen der Natur ihres Landes und ihrem Charakter,27 doch ihre Bräuche und ihre Religion erklären sich aus ihrer Ursprungsgeschichte und der Person ihres Gesetzgebers Moses.28 2.2 Thematische Querverbindungen Wenn die Absicht des Antiochos mit demere superstitionem et mores Graecorum dare beschrieben wird, dann verweist dies zurück auf die Passage zu den Topoi religio und mores (Tac. hist. 5,4 f.). Ihr erster Teil, die Beschreibung der „alten“ Bräuche, ist fest an die letzte Variante des Topos origo, die antijüdische Exodusschilderung in 5,3, zurückgebunden.29 Jeder einzelne Brauch – mit Ausnahme des Schemittajahres – wird mit einem Detail des Exodus begründet. Das Bindeglied bildet dabei die Tätigkeit des Gesetzgebers Moses. Ihr entspricht auf der Seite des Volkes die kollektive Erinnerung, im Text bezeichnet durch die Stichworte memoria, fatentur, argumentum, detinetur. Die Juden befolgen die Bräuche, die Moses eingeführt hat, nicht einfach aus Tradition, sondern bewusst, weil sie sich durch sie bis zur
26 K. E. Müller,
Geschichte Bd. 1, 141–143. Vgl. dazu R. S. Bloch, Vorstellungen, 97–102, der diese jedoch m. E. eher überbewertet. 28 Wenn man von Judenfeindschaft oder Antisemitismus bei Tacitus sprechen möchte, dann ist es also jedenfalls kein rassistischer Antisemitismus. Vgl. dazu B. Isaac, The Invention of Racism in Classical Antiquity, Princeton, NJ/Oxford 2004, 482. Zum Thema Religion in der Germania und im Judenexkurs der Historien vgl. H. Cancik, Religionsgeschichtsschreibung bei Tacitus. Zur Darstellung der germanischen und jüdischen Religion in Tacitus’ Germania und Historiae, in: ders., Religionsgeschichten. Römer, Juden und Christen im römischen Reich. Gesammelte Aufsätze II. Hg. v. H. Cancik-Lindemaier, Tübingen 2008, 42–61. 29 Zu dem Topos origo bietet Tacitus sechs einander ausschließende Versionen an. Für alle von ihnen beruft er sich auf Quellen, die jeweiligen Einleitungsformeln bilden das gliedernde Gerüst des Abschnitts. Die Versionen sind durchaus nicht beliebig aneinandergereiht, sondern (nach antikem Verständnis) chronologisch sortiert. Zum Mythos gehören die Götter Saturn und Isis als Könige und die eponymen Stammeshelden Hierosolymus und Iuda. Der Sagenkönig Kepheus und das homerische Epos fallen in die myth-historische Zeit, Bokchoris ist eine bekannte Gestalt der griechischen Geschichtsschreibung. (Zur antiken Einteilung der Geschichte in unsicheres, mythisches und historisches Zeitalter vgl. H. Cancik, Geschichte/Geschichtsauffassung IV. Griechisch-römisch, RGG4 3 (2000) 781–783, hier 783.) Die erste und die letzte Version sind hervorgehoben, auf sie wird im Folgenden Bezug genommen. Die erste ist mit dem Topos nomen gentis verknüpft, die letzte, durch die Einleitung als communis opinio gekennzeichnet, fällt durch ihre Länge auf. Vor allem aber wechselt Tacitus geschickt nach der Wiedergabe der Moserede von der oratio obliqua zur oratio recta und legt so dem Leser nahe, sie für zutreffend zu halten, obwohl er explizit kein Urteil fällt und so die origo der Juden im Ungewissen belässt. 27
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Gegenwart an das ihnen einst in Ägypten zugefügte Unrecht erinnern. Darin ist ihre aggressive Abgrenzung gegenüber allen anderen begründet. Sie drückt sich auf zwei Ebenen aus: Erstens indirekt dadurch, dass die Juden alles anders machen als alle anderen Menschen. Das ist vor allem das Thema der Passage über die alten Bräuche (5,4). Hier wird das aus der antiken Ethnographie bekannte Motiv des mundus inversus30 aufgenommen. Zweitens drückt sich die Abgrenzung durch Kontaktvermeidung auf allen Gebieten des sozialen Lebens aus. Das ist dann vor allem das Thema der Passage über die neuen Bräuche (5,5).31 Mit der Beschreibung der jüdischen mores hängt die des jüdischen Kultes32 eng zusammen. Auch dieser wird auf die Exoduserfahrung zurückgeführt: „Ein Bild des Tieres, durch dessen Führung sie Irrweg und Durst überwunden hatten, weihten sie im Heiligtum, wobei ein Widder geschlachtet wurde, gleichsam zur Schmach des Hammon; das Rind wird auch geopfert, da ja die Ägypter den Apis verehren“ (Tac. hist. 5,4,2).33 Auf zwei Punkte, den Opferkult und die Frage des Kultbildes, ist hier einzugehen: 1. Ist das Widderopfer bei der Tempelweihe ein einmaliger symbolischer Racheakt an dem Gott, dessen Orakel die Ausweisung der aussätzigen Juden aus Ägypten verlangte, so sind die Rinderopfer die bis in die Gegenwart fortgesetzte Erinnerung an das durch die Ägypter Erlittene, die die Hassgefühle stets aktualisiert. Der jüdische Opferkult ist die absichtliche Vernichtung dessen, was anderen Menschen heilig ist. 2. Die Behauptung, die Juden verehrten im Jerusalemer Tempel ein Eselsbild, hat die Forschung viel beschäftigt. Die Erklärung, Tacitus folge hier einer ägyptischen Quelle, in der der Esel das Symboltier des Götterfeindes Seth sei,34 mag durchaus stimmen. Entscheidend ist jedoch, was die Aussage in ihrem 30 A. A. Lund, Gesamtinterpretation, 1865; ders., Germanenbild, 26 f.; F. Lasserre, Ethnographie, LAW (1965) 886–890, hier 888. 31 R. S. Bloch, Vorstellungen, 103, sieht einen engen Zusammenhang zwischen der Schilderung der unsozialen Lebensweise der Proselyten in diesem Abschnitt und der Aufzählung von Untaten der jüdischen Könige in Tac. hist. 5,8,3. Das ist nicht plausibel. Es stimmt zwar, dass dieselben Bereiche gesellschaftlichen Lebens genannt werden (Mitbürger, Eltern, Kinder), doch das Verhalten der Hasmonäerkönige wird von Tacitus nicht als typisch jüdisch bewertet, sondern als typisch für Könige (solita regibus). 32 Tacitus ignoriert in seinen Ausführungen zum Judentum völlig, dass es eine Schriftreligion ist. Er geht nur auf den Kult ein. Dies sicher nicht aus „hochmüthiger Unwissenheit“ (so J. Bernays, Chronik, 172). Vielmehr ist diese Zugangsweise aus römischer Sicht völlig verständlich. Eher ist auffällig, dass er einen engen Zusammenhang des Kultes mit den Bräuchen und Sitten sieht (s. dazu u. Abschn. 4). 33 effigiem animalis, quo monstrante errorem sitimque depulerant, penetrali sacravere, caeso ariete velut in contumeliam Hammonis; bos quoque immolatur, quoniam Aegyptii Apin colunt. 34 Ios. c. Ap. 2,80; 2,112–114; H. Heinen, Grundlagen, 130 f.; H. Heubner / W. Fauth, Historien Bd. 5, 50; V. Rebrik, Sources, 110; E. Bickermann, Ritualmord und Eselskult. Ein Beitrag zur Geschichte antiker Publizistik, in: ders., Studies in Jewish and Christian History 2 (AGJU 9), Leiden 1980, 225–255.
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gegenwärtigen Kontext und im Bezug zu den weiteren Äußerungen zum jüdischen Kult innerhalb des Judenexkurses bedeutet. Sie verweist wieder zurück auf die Exodusgeschichte in Tac. hist. 5,3,1: „Sie sollten nicht irgendwelche Hilfe von Göttern oder Menschen erwarten, weil sie von beiden verlassen seien, und sollten sich selbst unter dem himmlischen Führer vertrauen, durch dessen Hilfe sie zuerst die gegenwärtigen Nöte überwinden würden.“35 Unter dem „himmlischen Führer“ sind die Wildesel zu verstehen, die die Israeliten in der Wüste vor dem Verdursten retten (Tac. hist. 5,3,2). Die Esel sind hier kein Symbol für eine Gottheit. Vielmehr ist der Sinn dieser Stelle, dass die Juden tatsächlich von allen Göttern verlassen sind.36 Ihr himmlischer Beistand sind die Esel als Tiere, die sie darum anbeten. Der vielbeschworene Gegensatz37 zu der angeblich positiven38 Beschreibung des jüdischen Monotheismus und Anikonismus in Tac. hist. 5,5,4 erweist sich darum als scheinbar.39 Die Zielrichtung auch dieser Passage ist letztlich, dass die Juden in ihrem Kult absichtlich entweihen, was anderen heilig ist,40 und ihren Herrschern die geschuldete Ehre verweigern.41 Kehren wir von hier zu der Passage über Antiochos und die Makkabäer zurück, dann wird die auf den ersten Blick überraschende, ja abwegige Deutung der Ereignisse der Makkabäerzeit durch Tacitus verstehbar: Was aus jüdischer Perspektive ein Kampf für die von Gott gegebenen väterlichen Gesetze gegen religiöse Unterdrückung war, kann das aus der Perspektive des Tacitus nicht sein. Der jüdische Kult ist für ihn bei den Makkabäern wie schon bei Moses nichts anderes als das symbolische Zentrum aggressiver, auf Machterhalt ausgerichteter Abgrenzung. Entsprechend ist das Vorgehen des Antiochos – von der modernen Forschung zwar sicherlich kontrovers gedeutet, aber doch einmütig nicht als hellenistische kulturell-religiöse „Mission“ verstanden – der Versuch, diesen Kult „wegzunehmen“ und dadurch das „äußerst abscheuliche“ Volk zu einem „normalen“ Volk zu machen. Darin liegt ein bedeutsamer Vorverweis auf die weiteren Stellen, an denen der jüdische Kult, genauer der jüdische Tempel, erwähnt wird. Dies sind vor allem 35 Konjunktiv Plusquamperfekt als Ersatz für den nicht vorhandenen Konjunktiv Futur II; vgl. H. Heubner / W. Fauth, Historien Bd. 5, 36. Lat. Text: ne quam deorum hominumve opem exspectarent utrisque deserti, et sibimet duce caelesti crederent, primo cuius auxilio praesentes miserias pepulissent. 36 Vgl. die Prodigien in Tac. hist. 5,13,1. 37 Vgl. schon Tert. apol. 16,3; dazu ausführlich R. S. Bloch, Vorstellungen, 65–67. 38 Z. B. P. Schäfer, Judeophobia. Attitudes toward the Jews in the Ancient World, Cambridge, MA/London 1997, 40. 39 So zu Recht auch R. S. Bloch, Vorstellungen, 95 f. 40 profanos, qui deum imagines mortalibus materiis in species hominum effingant – das sind wohlgemerkt die Griechen und Römer! 41 non regibus haec adulatio, non Caesaribus honor – man beachte die Differenzierung zwischen (unrömischen) Königen und Principes. Vgl. auch Tac. hist. 5,9,2.
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der direkt folgende Abschnitt über Pompeius als ersten römischen Eroberer Judäas (Tac. hist. 5,9,1) und die Beschreibung des Tempels (Tac. hist. 5,12,1 f.). Diese konzentriert sich auf die Befestigungsanlagen. Dies sicherlich, weil sie für die später berichtete Schilderung der Belagerung Jerusalems wichtig werden. Doch es geht Tacitus wohl auch um den Aussagegehalt des Gebäudes. Das burgartige Aussehen und das Verbot es zu betreten (Tac. hist. 5,8,1)42 symbolisieren noch einmal Abschottung und Ausgrenzung bis hin zum kriegerischen Hass. Genau genommen symbolisiert der Tempel dies nicht nur, er erscheint hier als (von Moses!) geradezu zu dem Zweck erbaut, dass man mit ihm Krieg führen kann. In dem Abschnitt über Pompeius heißt es: „Von den Römern bezwang als erster Gnaeus Pompeius die Juden und betrat den Tempel nach dem Recht des Siegers: Seitdem ist bekannt, dass es, da kein Götterbild darinnen ist, ein leerer Raum und ein inhaltsloses Geheimnis ist. Die Mauern Jerusalems wurden geschleift, das Heiligtum blieb“ (Tac. hist. 5,9,1).43 Die Erzählung über Pompeius ist nicht einfach nur eine Bestätigung des jüdischen Anikonismus. Vielmehr wird zuerst berichtet, was Pompeius sieht: nulla intus deum effigies. Daraus wird gefolgert, der Tempel sei leer. Das nun noch folgende inania arcana zieht daraus den Schluss, dass der Tempel Betrug ist. Es gibt den dort verehrten Gott nicht. Der Kult ist wirklich nichts Anderes als ritualisierter Menschenhass. Die Juden werden von Pompeius bezwungen (domuit), die Stadtmauern geschleift.44 Darin ist er anders als Antiochos erfolgreich.45 Doch das Heiligtum bleibt – noch.
3. Die Funktion des Textes im Gesamtkontext der Historien Damit sind wir bei der Frage nach der Funktion des Judenexkurses und darin des Abschnitts über Antiochos und die Makkabäer im Gesamtaufbau der Historien des Tacitus. Wieder ist die traditionelle Antwort der Forschung, ethnographische Exkurse dienten schlicht der Abwechslung46 oder seien gar Demonstrationen Vgl. dazu R. S. Bloch, Vorstellungen, 101. primus Cn. Pompeius Iudaeos domuit templumque iure victoriae ingressus est: inde volgatum nulla intus deum effigie vacuam sedem et inania arcana. muri Hierosolymorum diruti, delubrum mansit. 44 Sie werden später unter Claudius wieder aufgebaut (Tac. hist. 5,12,2), was Tacitus als Versagen der Römer und als langfristige Planung des Aufstandes durch die Juden deutet. 45 Dass die Herrschaft der Makkabäer nach Antiochos’ „Zähmungsversuch“ von außen ein zweiter von innen sei (R. S. Bloch, Vorstellungen, 104), leuchtet mir nicht ein. Die Makkabäer sind für Tacitus ein Teil des Problems, nicht seiner Lösung. 46 A. A. Lund, Gesamtinterpretation, 1859; man kann sich dazu immerhin auf die eigene Auskunft des Tacitus berufen, Tac. ann. 4,33,3: situs gentium, varietates proeliorum, clari ducum exitus retinent ac redintregrant legentium animum. 42
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übergroßen Mitteilungsdranges47, unbefriedigend. Vielmehr hat die neuere Tacitusforschung wohlüberlegte Kompositionsstrukturen herausgearbeitet. 3.1 Titus und Domitian Das erste Kapitel des fünften Buches der Historien erscheint zunächst als zwar historisch interessante, literarisch jedoch wenig ergiebige Aufzählung von Truppenteilen. Liest man Tac. hist. 5,1 jedoch von 4,86 herkommend, so erschließt sich eine ganz neue, wichtige Aussagedimension: Es geht hier um die Kontrastierung der Brüder Domitian und Titus.48 Das vierte Buch der Historien schließt bedeutsam mit einer indirekten Charakterisierung Domitians: Er wird als ehrgeizig, aber offensichtlich militärisch unfähig und darüber hinaus als verschlagen, ja verräterisch gekennzeichnet. Die Folie dieser Charakterisierung ist der Bataveraufstand unter Führung der ambivalenten Figur des romanisierten Galliers Civilis.49 Von hier aus lässt sich eine Brücke zu Tacitus’ Agricola und Germania schlagen. Im erstgenannten Werk ist der Britannierexkurs der notwendige Hintergrund für die Bewertung der Hauptfigur Agricola als des idealen, tugendhaften Römers.50 Im letztgenannten Werk macht die Darstellung Germaniens als unberührte, wilde, bedrohliche Gegenwelt das Ausmaß des Versagens des Domitian deutlich: proximis temporibus triumphati magis quam victi sunt (Tac. Germ. 37,5). In scharfem Gegensatz zu Domitian beginnt das fünfte Buch mit einer Charakterisierung des Titus: Mit dem vollen Vertrauen des Vaters, ein bewährter Krieger, bei allen beliebt, offen, freundlich und doch würdig, der ideale Feldherr, zieht er ins Feindesland, regelt alles, überblickt alles, geht entschlossen auf die Entscheidungsschlacht zu. Wieder liefert der ethnographische Exkurs, hier nun über die Juden, das Heterostereotyp als Gegenstück zum Autostereotyp des idealen Römers. Die Juden werden gebraucht als materies gloriae Romanae.51 Die im Abschnitt historia auftauchenden Personen werden so zu Typen bzw. Antitypen des Titus: Er vollbringt, was Antiochus als erster vergeblich versucht und Pompeius sowie Gaius Sosius nur halb erledigt hatten. Er macht gut, was domitianartige Figuren wie Antonius Felix oder Gessius Florus falsch machten. Ihm und seinen Truppen gegenüber stehen keine ebenbürtigen militärischen und politischen Führer und kein strukturiert und geordnet kämpfendes Heer: Die Verbissensten sind nach Jerusalem geflohen und führen sich dort umso 47 G. Boissier,
Tacite, Paris 19042, 10–13. politischen Konstellation Flavier versus Traian als zentraler Thematik des taciteischen Werkes vgl. R. Ash, Fission and Fusion. Shifting Roman Identities in the Histories, in: A. J. Woodman (Hg.), The Cambridge Companion to Tacitus, Cambrige 2009, 85–99, hier 87 f.; bei Tacitus selbst vgl. Tac. hist. 1,1,3 f. 49 R. Ash, Fission and Fusion, 96 f. 50 R. M. Ogilvie / I. Richmond (Hg.), Cornelii Taciti De vita Agricolae, Oxford 1967, 15. 51 Tac. ann. 2,26,4. 48 Zur
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aufrührerischer auf. Unter verschiedenen Anführern kämpfen sie planlos gegeneinander (Tac. hist. 5,12,2 f.). Und auch hier werden die Figuren aus dem restlichen Exkurs zu Typen: Die Masse der Vertriebenen in der Wüste (Tac. hist. 5,3,1), die Schlechtesten aus allen Völkern, die zu den Juden überlaufen (Tac. hist. 5,5,1), der unbeständige Mob, der die Makkabäer einsetzt und absetzt (Tac. hist. 5,8,3) stehen für die Aufständischen. Der Königsprätendent Simo (Tac. hist. 5,9,2) und die Makkabäerkönige, die Bürger vertreiben, Städte zerstören und Verwandte töten (Tac. hist. 5,8,3), präfigurieren ihre Anführer.52 3.2 Bürgerkrieg und Krieg Die kompositorische Bedeutung des Judenexkurses geht freilich über die Kontrastierung der ungleichen Brüder Domitian und Titus weit hinaus. Die Historien beginnen nach dem Tod des Nero mit der Herrschaft des Galba und schildern (vermutlich in der ersten von zwei Hexaden, d. h. in Buch 1–6) den Bürgerkrieg bis zum endgültigen Sieg der Flavier. Der symbolische Tiefpunkt ist dabei der Brand des Kapitols im dritten Buch (Tac. hist. 3,71). Der auf die Schilderung des Brandes folgende Exkurs (Tac. hist. 3,72) hebt die Ungeheuerlichkeit heraus, dass im Bürgerkrieg von Römern gegen Römer wirklich wird, was die Feinde Roms niemals erreicht hatten: die Zerstörung des zentralen römischen Heiligtums.53 Als Gegenbild dazu entwirft Tacitus die Niederwerfung des jüdischen Aufstandes. Die frevelhafte Aggression nach innen wird durch die (in römischen Augen legitime) Aggression nach außen abgelöst: Bürgerkrieg wird durch Krieg überwunden. Der Auflösung der römischen Ordnung unter Galba, Otho und Vitellius steht die endgültige Unterwerfung eines Volkes, das in jeder Hinsicht als unrömisch imaginiert wird, durch die Flavier gegenüber. Der Zerstörung des Jerusalemer Tempels wird im verlorenen Teil der Historien der Wiederaufbau des Kapitols entsprochen haben.54 3.3 Die Abschaffung der jüdischen Religion? Man kann mit guten Gründen annehmen, dass die Schilderung des jüdischen Krieges von Tacitus auf die Zerstörung des Jerusalemer Tempels hin komponiert wurde.55 Leider bricht die Überlieferung der Historien in 5,26 beim Bataveraufstand ab. Einen Hinweis, wie Tacitus die Tempelzerstörung schilderte und vor allem wie er sie deutete, könnte allerdings eine Passage in den Chronica des christlichen Schriftstellers Sulpicius Severus (4. Jh. n. Chr.) geben: „Man berichtet, dass Titus unter Abhaltung eines Kriegsrats zuerst abwog, ob er einen 52 Ähnlich
R. S. Bloch, Vorstellungen, 109. Vgl. Tac. hist. 4,54,2. 54 R. S. Bloch, Vorstellungen, 119; R. Ash, Fission and Fusion, 90 f.97 f. 55 So auch R. S. Bloch, Vorstellungen, 105. 53
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Tempel von solchem Wert vernichten solle. Denn einigen schien, ein geweihtes Haus, das mehr als alle sterblichen berühmt sei, dürfe man nicht zerstören, da es bewahrt ein Zeugnis römischer Milde, niedergerissen ein ewiges Zeichen der Grausamkeit biete. Aber dagegen hielten andere und Titus selbst dafür, dass vor allem der Tempel vernichtet werden müsse, damit die Religion der Juden und Christen gründlicher abgeschafft werde. Denn diese Religionen, wenn auch einander entgegengesetzt, seien dennoch von denselben Urhebern ausgegangen; die Christen seien aus den Juden entstanden. Sei die Wurzel ausgerissen, werde der Spross leicht verwelken“ (Sulp. Sev., Chronica 2,30,6).56 Seit den Forschungen von J. Bernays57 wird mit plausiblen Argumenten grundsätzlich von der Herkunft dieser Passage aus den verlorenen Büchern der Historien ausgegangen. Eingriffe in den Wortlaut sind gewiss anzunehmen, vor allem wird man bei Tacitus eher nicht mit der Erwähnung der Christen rechnen. Was – bei aller Vorsicht – als taciteisch angenommen werden darf, ist durchaus erstaunlich und passt doch in den Duktus des Judenexkurses genau hinein: Die Zerstörung des Jerusalemer Tempels wird als Abschaffung der jüdischen Religion verstanden.58 Die Wendung religionem (bei Tacitus wohl eher: superstitionem) tollere nimmt am Endpunkt der Schilderung auf, womit die Geschichte der Begegnung der Juden mit „westlichen“ (d. h. griechischen bzw. römischen) Mächten begann: den Versuch des Antiochos, den Aberglauben wegzunehmen (superstitionem demere). Und dieses Ende ist dasjenige, wonach das Judentum in der Perspektive des Tacitus seit seinem Beginn beim Exodus unter Moses verlangte.59 56 Fertur Titus adhibito consilio prius deliberasse, an templum tanti operis everteret. etenim nonnullis videbatur aedem sacratam ultra omnia mortalia illustrem non oportere deleri, quae servata modestiae Romanae testimonium, diruta perennem crudelitatis notam praeberet. at contra alii et Titus ipse evertendum in primis templum censebant, quo plenius Iudaeorum et Christianorum religio tolleretur: quippe has religiones, licet contrarias sibi, isdem tamen auctoribus profectas; Christianos ex Iudaeis extitisse: radice sublata stirpem facile perituram. 57 J. Bernays, Chronik, 163 ff.; vgl. dazu auch R. S. Bloch, Vorstellungen, 116 f. 58 Auf das Problem, wie sich diese Schilderung der Ereignisse zu der bei Josephus (bell. Iud. 6,238–242) verhält, insbesondere warum Titus bei Josephus auf der Seite der Tempelbewahrer steht, kann hier nicht eingegangen werden; vgl. dazu T. D. Barnes, The Sack of the Temple in Josephus and Tacitus, in: J. Edmondson u. a. (Hg.), Flavius Josephus and Flavian Rome, Oxford/New York, NY 2005, 129–144; R. Goldenberg, The Destruction of the Jerusalem Temple. Its Meaning and its Consequences, in: S. T. Katz (Hg.), The Cambridge History of Judaism. Vol. 4: The Late Roman – Rabbinic Period, Cambridge 2006, 191–205; zusammenfassend zum Hergang der Eroberung und Zerstörung auch D. Bahat, The Herodian Temple, in: W. Horbury u. a. (Hg.), The Cambridge History of Judaism. Vol. 3: The Early Roman Period, Cambridge 1999, 38–58, hier 41–43; E. Schürer, History Bd. 1, 506 f. Man beachte, dass gegenüber Josephus bei Tacitus das Argument für die Tempelzerstörung ganz in der Fluchtlinie seiner Äußerungen im Judenexkurs zugespitzt ist: Jener bietet das Argument, dass die Juden sich im Tempel versammelten und darum von dort Unruhen ausgingen. Tacitus hingegen sieht im Tempel als Zentrum der jüdischen Religion den Grund der Rebellion. 59 In diesem Sinne interpretierte schon Y. Lewy, Divrey Tazitus, 20, den Eingangssatz des Judenexkurses mit den zentralen Stichworten supremus dies und primordia. R. S. Bloch, Vorstel-
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4. Versuch einer Einordnung und Bewertung Wie lässt sich diese erstaunliche und doch in sich konsequente Deutung der jüdischen Geschichte bis zur Tempelzerstörung und in ihr die Deutung der Ereignisse zur Zeit des Antiochos IV. und der Makkabäer einordnen und bewerten? Die Flavier setzten ihren Sieg über die aufständische Provinz Iudaea gezielt und massiv zur Legitimation als neue Herrscherdynastie ein. Davon zeugen literarische Texte,60 die flavische Münzprägung mit dem IUDAEA CAPTA,61 das Bildprogramm des Titusbogens62 und wohl auch die Einführung des fiscus Iudaicus, d. h. die Umwidmung der jüdischen Tempelsteuer auf den siegreichen römischen Gott Iuppiter.63 Diese in der politischen Propaganda der Flavierzeit angelegte Grundidee hat Tacitus literarisch in Geschichtsschreibung umgesetzt, indem er den Sieg über die Juden und das Ende des Jerusalemer Tempels mit dem Ende des römischen Bürgerkriegs und der Wiedererrichtung des Kapitols in Verbindung brachte. Allerdings geht seine Konstruktion über das in der flavischen Propaganda Angelegte doch weit hinaus: Selbst wenn man annähme, dass die Zerstörung des Jerusalemer Tempels die bewusste Beendigung des dortigen Kults als ständigen Quells von Aufruhr gewesen wäre,64 so ist das von der Abschaffung der jüdischen Religion, wie sie Tacitus meint, weit entfernt. Jüdische Bräuche und jüdischer Gottesdienst wurden von den Flaviern nicht verboten, die Rechte jüdischer Diasporagemeinschaften schafften sie nicht ab.65 Die Konsequenz, mit der Tacitus das Judentum in den Historien als das „ganz andere“ konstruiert, ist darum durchaus bemerkenswert.66 Sie umfasst den jüdischen Kult ebenso wie die jüdischen Sitten und Bräuche und auch die jüdische Geschichte. Antiochos und die Makkabäer werden so zum ersten Vorschein des Endes, auf das diese Geschichte in den Augen des Tacitus hinzielt.67 lungen, 83, hat gewiss recht, dass das hinsichtlich des Eingangssatzes eine Überinterpretation ist, doch im Blick auf die Gesamtkomposition scheint es mir richtig. 60 Val. Fl. 1,13 f.; darauf weist übrigens schon J. Bernays, Chronik, 163–165 hin. 61 BMC Roman Empire II (1930) 473. 62 Vgl. dazu E. Schürer, History Bd. 1, 509 f. 63 Ios. bell. Iud. 7,218. 64 B. Isaac, Invention, 477; J. Rives, Flavian Religious Policy and the Destruction of the Jerusalem Temple, in: J. Edmondson u. a. (Hg.), Flavius Josephus and Flavian Rome, Oxford/ New York, NY 2005, 145–166. 65 E. Schürer, History Bd. 1, 528. 66 J. Rives, Flavian Religious Policy, 165, betont, dass er annehme, die Flavier hätten mit der Tempelzerstörung gegen die jüdische Religion ausschließlich im Sinne des jüdischen civic cult agiert, d. h. gegen das, was Römer „normalerweise“ als Religion wahrgenommen hätten, nicht gegen das, was in der Eigenwahrnehmung der Juden und im modernen Sinne Judentum sei. Zu dem für antike Voraussetzungen bemerkenswerten Zugriff des Tacitus auf das Judentum vgl. auch H. Cancik, Religionsgeschichtsschreibung, 53 f. 67 Von daher scheint mir das zusammenfassende Urteil von R. S. Bloch, Vorstellungen, 221 f., Tacitus sei kein „notorischer […] Antisemit […]“ in Hinblick auf sein Gesamtwerk zwar richtig.
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Die Aggressivität der Darstellung im fünften Buch der Historien unterschätzt er damit jedoch. Der Text ist eine durchdachte, konsequente und auf höchstem literarischen Niveau gestaltete Legitimation für Gewalt gegen Juden, die durchaus auf so etwas wie „Vernichtung“ (wenn auch nicht im Sinne eines Genozids) zielt.
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1 and 2 Maccabees in Paul’s Letter to the Galatians Gerbern S. Oegema
1. Introduction In this paper I will discuss some selected examples of the topic of “1 and 2 Maccabees in the Letters of Paul” by focusing on his Letter to the Galatians.1 Whereas it is clear that Paul’s main focus in his interpretation of Scripture is his belief in Jesus Christ as the Saviour of all of humanity and that this Christology clearly defines his hermeneutic, it is also beyond doubt that he had a Jewish background and that he had received a Jewish and Greek education, which included exposure to, knowledge of, and practice in contemporary Jewish biblical interpretation, whether of a Hellenistic or Palestinian Jewish nature.2 The extent to which this is reflected in his letters is best summarized by the title under which scholars have usually encapsulated their respective hypotheses, namely, “Tarsus or Jerusalem?” as, for instance, in an article by the well-known Dutch New Testament scholar, Willem Cornelis van Unnik, written exactly 40 years ago.3 Was the Jewish and Greek education in his home town Tarsus more influential on Paul, or, if we give more credit to Luke’s Acts of the Apostles (cf. Acts 22:3), was it his study in Jerusalem with Pharisees like Gamaliel the Elder? To start with a general characterization of Paul’s biblical hermeneutic, it will suffice here to quote from Dietrich-Alex Koch’s Mainzer Habilitationsschrift, which was published in 1986: With contemporary Judaism and the early Christian communities before and contemporary with him, Paul believes that not only the commandments and ethical teachings of Scripture without doubt have relevance for the present, but that Scripture as a whole, and therefore, also its historical traditions and prophetic sayings, point to the present. This principal relevance of Scripture for the present lies at the basis of the substantially different approaches to the use of Scripture in Qumran, in Hellenistic Diaspora Judaism, and in 1 Paper presented on the occasion of the 70th birthday of Professor Hermann Lichtenberger at the Faculty of Theology of University of Tübingen from May 30th to June 2nd 2013. 2 See G. S. Oegema, Einleitung and Der vorchristliche Paulus, in: idem, Für Israel und die Völker. Studien zum Alttestamentlich-Jüdischen Hintergrund der Paulinischen Theologie, NT.S 95, Leiden 1999, 1–32 and 33–56. 3 W. C. van Unnik, Tarsus or Jerusalem, in: idem, Sparsa Collecta. The Collected Essays of W. C. van Unnik I, NT.S 29, Leiden 1973, 259–320.
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Palestinian-rabbinic Judaism, as far as, namely, the statements of Scripture are actualized, whether the eschatological character of the present in the interpretation of Scripture is underlined, or whether “edifying” exegesis has been applied, which wants to communicate religious and ethical teaching to the reader.4
In other words, the main characteristic of Paul’s biblical interpretation is that, like that of his Jewish and Christian counterparts, he actualizes biblical verses. In order to have a clearer picture of biblical interpretation in the middle of the first century C. E., it will be interesting to investigate in this paper the cases in which Paul’s biblical interpretation resembles that of his contemporaries, and those in which cases it differs from them For this reason, we will have a closer look at his use of 1 and 2 Maccabees, in terms of quotations, allusions and theological influence.
2. The Expressions ἀναστροφή and Ἰουδαϊσμός in Galatians 1:13–14 The text of Galatians 1:13–14 reads in the translation of the RSV as follows: For you have heard of my former life in Judaism, how I persecuted the church of God violently and tried to destroy it; and I advanced in Judaism beyond many of my own age among my people, so extremely zealous was I for the traditions of my fathers.5
᾽Ηκούσατε γὰρ τὴν ἐμὴν ἀναστροφήν ποτε ἐν τῷ Ἰουδαϊσμῷ, ὅτι καθ᾿ ὑπερβολὴν ἐδίωκον τὴν ἐκκλησίαν τοῦ θεοῦ καὶ ἐπόρθουν αὐτήν, καὶ προέκοπτον ἐν τῷ Ἰουδαϊσμῷ ὑπὲρ πολλοὺς συνηλικιώτας ἐν τῷ γένει μου, περισσοτέρως ζηλωτὴς ὑπάρχων τῶν πατρικῶν μου παραδόσεων.
The most striking elements of 1 and 2 Maccabees in Galatians 1:13–14 are the quotation and interpretation of the terms ἀναστροφή and Ἰουδαϊσμός,6 which are 4 D.-A. Koch, Die Schrift als Zeuge des Evangeliums. Untersuchungen zur Verwendung und zum Verständnis der Schrift bei Paulus, Tübingen 1986, 322: “Mit dem zeitgenössischen Judentum und den frühchristlichen Gemeinden vor und neben ihm geht Paulus davon aus, daß nicht nur die Gebote und ethischen Weisungen der Schrift für die Gegenwart fraglose Gültigkeit besitzen, sondern daß die Schrift insgesamt, also auch ihre geschichtlichen Überlieferungen und prophetischen Aussagen, auf die Gegenwart zielen. Dieser grundsätzliche Gegenwartsbezug der Schrift liegt den inhaltlich ausgesprochenen unterschiedlichen Arten der Schriftverwendung von Qumran, im hellenistischen Diasporajudentum und im palästinisch-rabbinischen Judentum zugrunde, insofern hier jeweils die Aussagen der Schrift aktualisiert werden, sei es daß in der Auslegung der Schrift der eschatologische Charakter der Gegenwart enthüllt, sei es daß ‘erbauliche Exegese’ betrieben wird, die dem Hörer religiöse und ethische Unterweisung vermitteln will” (translation mine). See also C. Stanley, Paul and the Language of Scripture. Citation Technique in the Pauline Epistles and Contemporary Literature, MSSNTS 74, Cambridge/ New York, NY 1992. 5 Emphasis mine with English translation according to the RSV and Greek text according to the NTG27. 6 I define a quotation as consisting of 2 or 3 or more expressions with a similar meaning and more or less the same sequence.
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not found in any other Pauline epistle and of which the most dynamic equivalent translation would be “Jewish Way of Life”. The terms ἀναστροφή, and Ἰουδαϊσμός are found in other Jewish-Hellenistic writings, for example in 2 Mac 2:21 in reference to the Maccabees, who had fought ὑπὲρ τοῦ Ιουδαϊσμοῦ; 2 Mac 6:1 (cf. 9:24) (ὁ βασιλεὺς γέροντα Ἀθηναῖον
ἀναγκάζειν τοὺς Ιουδαίους μεταβαίνειν ἀπὸ τῶν πατρίων νόμων καὶ τοῖς τοῦ θεοῦ νόμοις μὴ πολιτεύεσθαι); 2 Mac 8:1 (in reference to the Maccabees, who stayed faithful to remaining ἐν τῷ Ἰουδαϊσμῷ); 2 Mac 14:83 (in reference to Rasi, who was convicted ὑπὲρ τοῦ Ιουδαϊσμοῦ and died the death of a martyr) (cf. 2 Mac 7:19 and 2 Mac 9:13–17); in 4 Mac 4:26 (in reference to people forced to ἐξόνυσθαι τόν Ἰουδαϊσμόν);
in an inscription in a synagogue in the Macedonian place of Stobi from the third century CE (κατὰ τόν Ἰουδαϊσμόν), as well on a Jewish tombstone in the Italian Porto, also from the third century CE (where a woman, who lived for 34 years with her husband, is praised as καλὸς ἐν τῷ Ἰουδαϊσμῷ).7 Yehoshua Amir evaluates these examples as follows:
[…] as most examples obviously don’t show literary dependence on each other, the presented evidence may go back to an oral tradition, which had already existed for centuries in all countries of the Greek-speaking Jewish diaspora […].8
Further more, according to the Greek dictionary of W. Bauer, “unser Wort [ist] zu bestimmen als eine mit der Endung ‑ismós behaftete Bildung, deren Basis ein nationaler Eigenname ist”;9 it is therefore not modeled after the term hellenismos, and is not a translation from the Hebrew.10 Amir differentiates between four categories, in which the term ἰουδαϊσμός can be grouped: 1) as an enclosed area of life (with the praeposition ἐν); 2) in a normative sense (with κατά); 3) as a value, and 4) as a teaching or doctrine. According to Amir, Paul uses the term according to the first category, in order to denote an all-inclusive Jewish way of life,11 a socio-psychological border equivalent to the Hebrew sjag la-Tora, arba’ ammot ha-halakha.12 Amir also points, however, to the meaning of the verb προκόπτειν in Gal 1:14 (Paul προέκοπτον ἐν τῷ ἰουδαϊσμῷ), which denotes “progress in education,” in the 7 All examples in Y. Amir, Der Begriff ‘Ioudaïsmos’. Zum Selbstverständnis des hellenistischen Judentums, in: idem, Studien zum antiken Judentum, Frankfurt am Main 1985, 101–113 = idem, The Term ‘Ioudaïsmos’. A Study in Jewish-Hellenistic Self-Identification, Immanuel 14 (1982) 31–41. 8 Ibid, 103 (“da die meisten Belege offenbar nicht literarisch voneinander abhängig sind, dürfte der vorgelegte Tatbestand auf einen mündlichen Sprachgebrauch zurückgehen, der jahrhundertelang in den verschiedensten Ländern der griechisch sprechenden jüdischen Diaspora gang und gäbe war […]”). 9 Ibid, 103 10 Ibid, 107. 11 Ibid, 108–109. 12 Ibid, 109.
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sense of the study of the Torah (talmud Tora) as it is connected with its practice.13 As a result it seems that Paul used the term Ἰουδαϊσμός in two different ways: 1) as indicating that he lived completely according to the Jewish way of life, and 2) that this was a life in which and about which he was also constantly learning. According to this brief history of the expression we can state that Paul very well may have used a term known from his youth and education and that he was fully aware of its precise meaning. The translation of Gal 1:13 should therefore underline this formulation and could be as follows: “And you have heard about my former life in Judaism, or: which was fully dedicated to the Jewish way of life”.14
3. The Expression ζηλωτής in Galatians 1:13–14 The expression ζηλωτής has two connotations: on the one hand, that of a zealot for God or His Torah, or also for a person or an issue (of ζηλόω),15 and on the other hand, and in a more technical sense, the connotation of a resistance fighter against Rome from the last third of the first century BCE to the second third of the first century CE.16 The first meaning goes back to Num 25:10–13 and can be found, for example, in Pseudo-Philo’s LAB 48.17 In case of the second meaning, the question could be raised as to whether Paul wanted his use of the term ζηλωτής to be understood in connection with the Zealot freedom fighters against Rome in the first century CE. I do not see many indications for this, however. 3.1. The ζηλωτής as Zealot for God In Num 25:10–13 Phinehas, son of Aaron, is described as zealous for God. Because of this he and his descendants were given an eternal priesthood. He had also led a holy war (Num 31) and had supervised the building of the altar under the reign of Joshua (Josh 22:30 ff.). This Phinehas is in the center of the 48th chapter of Pseudo-Philo’s Liber Antiquitatum Biblicarum, a retelling and reinterpretation of the Biblical history from Adam to David from the first two
Ibid, 110–111. See here especially the work of S. Mason, Flavius Josephus on the Pharisees. A Composition-Critical Study, Leiden 1991; D. Boyarin, A Radical Jew. Paul and the Politics of Identity, Berkeley, CA 1997, and S. Cohen, The Beginning of Jewishness. Boundaries, Varieties, Uncertainties, Berkeley, CA 1999. 15 See W. Bauer / K. Aland, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, Berlin/New York, NY 19886, 668–669. 16 See M. Hengel, Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr., AGJU 1, Leiden 1961, 19762. 17 See below. 13 14
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thirds of first century CE Palestine.18 In verse 2 of chapter 4, Phinehas’ life is retold: how he had been appointed by God as priest and had been anointed in Shilo. In verses 3–5 follows a retelling of Judges 21:16 ff and 25. In the first verse of the same chapter we also find a legendary or midrash-like expansion of the Biblical tradition: when Phinehas reached 120 years of age and wanted to die, he was brought by God to Danaben, where he was fed by an eagle of the Lord. Afterwards he was taken into heaven. However, at a time appointed by God, he will descend and receive the power to open and close the heavens. In the expansions of the Phinehas narrative parallels are drawn with Elijah, both with Elijah’s ascension (2 Kgs 2:11 ff.) and with his power to open and close the heavens (1 Kgs 17:1 ff.).19 The example of LAB 48 is meant to show that the expression ζηλωτής, which as such means zealous for God or His Torah, can also be connected with other associations, like those here between Phinehas and Elijah. The relevant point in Pseudo-Philo’s writing, contemporary with Paul’s epistles, is the heavenly or divine reward in response to the zealotry for the Lord, a response, which would also fit in the context of the theology and ideology reflected in 1 and 2 Maccabees. And with this we arrive at the beginning of the process of the reinterpretation of the term ζηλωτής in the time of the Maccabees, “Programmatisch koppelt es [1. Makk] den weltlichen Herrschaftsanspruch der Makkabäer an das davidische Vorbild und ihre geistlich-priesterliche Führungsrolle an das vorzadokische Urpriestertum des Aaronenkels Pinhas”20
According to Ulrike Mittmann-Richert in 1 Maccabees, written between 134 and 76 BCE, it is especially the zeal for the Torah of the Maccabees and their holy war against the Syrians (though also their restoration of the Davidic kingdom, including a forced circumcision of the conquered nations) that are underlined as the very specific meaning of zeal for God. Compared to this, 2 Maccabees underlines even more God’s acting in history: His revelations, the heavenly appearances, and the importance of martyrdom (see 2 Mac 7) – all aspects of the relation between God and His people, in the way they are connected with the zeal for the Lord.
18 See G. S. Oegema, Der Gesalbte und sein Volk. Untersuchungen zum Konzeptualisierungsprozeß der messianischen Erwartungen von den Makkabäern bis Bar Koziba, SIJD 2, Göttingen 1994, 83–186. 19 For a full coverage of the links between Elia and Phinehas, see A. M. Schwemer, Die “Eiferer” Elia und Pinchas und ihre Identifikation, in: H. Lichtenberger (ed.), Martin Hengels “Zeloten”. Ihre Bedeutung im Licht von fünfzig Jahren Forschungsgeschichte, Tübingen 2013, 21–80. 20 U. Mittmann-Richert, Einführung zu den historischen und legendarischen Erzählungen, JSHRZ VI.1.1, Gütersloh 2000, 32; see also 32 f. and 39.
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3.2. The Importance of Circumcision for the Zeal for the Lord About the connection between the expressions ἴουδαϊζειν, ζηλωτής, and περιτομή, so important for Paul’s Letter to the Galatians, we find an interesting report about the forced circumcision of the Samaritans in the sixth fragment of the book of the epic author Theodotos with the title “About Sichem”,21 which is dated by H. G. Kippenberg to the year 129/128 BCE, when John Hyrcan destroyed the Tempel on Mount Garizim.22 During this time the expression ἴουδαϊζειν simply meant “circumcision”, and “circumcision” practically meant “to become a Jew” (cf. Jos, Bell II § 454 and Esth 8:17 LXX). According to A. Blaschke the forced circumcision of the Samaritans under John Hyrcan can only be understood as the ritualized “Konkretion der Unterwerfung unter die ‘Gesetze der Juden’”.23 Connected with this are two important issues: one of identity (who is Jewish or can call himself “Jewish”?), and one of belonging to a certain group (who can claim having this identity and is willing to fight for it?). But there is a close connection between the two issues: those, who understand themselves as “zealots for the Lord”, i. e. those who are to be understood as “Zealots”, will automatically also promote a ἴουδαϊζειν and will see the ἴουδαϊζειν, i. e. the circumcision of those who belong to the Ἰουδαϊσμός, as a conditio sine qua non. 3.3. The ζηλωτής as Zealot Freedom Fighters In Josephus, such as in bell. Iud. 2:651; 4:160, et al., we are mostly dealing with the ζηλωτής as a Zealot, i. e. as a member of the Zealot freedom fight against Rome in the first century CE.24 This movement had started with Judas the Galilean, and is to be differentiated from other resistance movements, especially those of the Sicarii and the Leistai. The question to be asked here is, whether there had been or could have been any overlap between on the one hand the ζηλωτής as a Zealot for the Lord and His Torah, who was inspired by Phinehas and operated during the Hasmonean period, and on the other hand the ζηλωτής as a freedom fighter against the foreign Roman rule. According to Josephus we should differentiate at least between the Maccabees and the Zealots. And even though Josephus uses the same expression ζηλωτής for both Mattathias and the followers of the Zealots, there are two important differences, namely an historical one: the Maccabean Zealots go back to Judas Maccabaeus, whereas the Zealots go back to Judas the Galilean, and an ideological one: the first have contributed to the Jewish identity and Jewish nation, G. S. Oegema, Poetische Schriften, JSHRZ VI.14, Gütersloh 2002, 62.59–60. H. G. Kippenberg, Garizim und Synagoge. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zur samaritanischen Religion der aramäischen Periode, Berlin 1971, 83–90.112. 23 A. Blaschke, Beschneidung. Zeugnisse der Bibel und verwandter Texte, Tübingen 1998, 181. 24 See M. Hengel, Zeloten, and G. S. Oegema, Gesalbte, 122–129. 21 22
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whereas the latter have destroyed this with their actions and are to be blamed for the First Jewish War.25 The fact that there could or should not have been any overlap between legitimate Zealots and militant Zealots, is in a manner of speaking confirmed by several exceptions, namely by the one in the New Testament about Simon the Zealot (Luke 6:15: Acts 1:13), and those individuals, of whom Hippolytus reports, when he writes about some Essenes, who had joined the Zealot movement (Adv. Haer. 9:21).26 With respect to the complicated similarities between the movement of the Zealots for the Lord that had started in the Maccabean period and those that had started under Judas the Galilean, according to Hengel one can state that the fight of the Maccabeans was a mostly political one, whereas the fight of Zealots was in principle religiously and even eschatologically motivated: a motive we also find in Pseudo-Philo’s reinterpretation of the Phinehas narrative.27 The common and basic thought of both, however, is zeal for the Lord in a manner that also characterizes Paul’s pre-Christian life.28
4. The Milieu of the Apostle Paul The question that will keep us busy in the following is which tradition, group or movement Paul may have belonged to or saw himself as belonging to, or where exactly in Early Judaism does he fit. I will try to answer this question with a tradition-historical approach. We have to differentiate here between the two questions, as on the one hand the question is to which group or tradition Paul could have belonged at all, and how this can be made historically plausible, and on the other hand, to which group he himself believed he belonged to or had affinities with. About the first question it has to be noted that in the past three or four decades the discussion has moved away from a certain skepticism to a more positive assumption that Paul indeed belonged to a certain group or movement, or had originated from a certain group. Important for this question are two passages in Jerome’s Commentary on Philemon (Comm. In Ep. Ad Philemonem, on V. 23; MPL 26,653) and in his De viris illustribus 5 (MPL 23,645 f.), where Jerome reports from an unknown source that Paul’s parents (or even Paul himself) 25 Cf. M. R. Fairchild, Paul’s Pre-Christian Zealot Associations. A Re-Examination of Gal 1.14 and Acts 22.3, NTS 45 (1999) 514–532, esp. 520–526, on the basis of the work of R. A. Horsley, Jesus and the Spiral of Violence. Popular Resistance in Roman Palestine, San Francisco, CA 1987. 26 See M. R. Fairchild, Associations, 520–526. 27 Ibid, 176–178. 28 Ibid, 229 and 233–234.
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originated from the area of Gischala in “Judaea” and in the course of the wars had been deported to Tarsus as prisoners of war. According to M. Hengel this reconstruction of the origin of the apostle is, as it had been spread in the Ancient Church, quite plausible, although historically not certain.29 According to M. R. Fairchild30 and on the basis of a study of MurphyO’Connor,31 Gischala was used either by the Hasmoneans or by Herod the Great as a fortress in Galilee in order to protect the north. Josephus reports, that John of Gischala had helped to fortify the fortress, and that in 67 CE it had been destroyed by Titus.32 Furthermore, the population of Galilee was known for its anti-Roman attitude, and there are several reports of deportations of Jews into other countries, for example in the years 61, 55, 52 and 4 BCE as well as 6 CE. Within this context one should understand Jerome’s report about Paul’s parents.33 Paul would therefore have to be located in a milieu in which the zeal for the Torah, an orientation towards Jerusalem, and a potentially anti-Roman attitude went hand in hand. Paul’s “zeal” for the Torah, however, was focused exclusively on an inner-Jewish situation and on preserving or improving it in light of the true Jewish identity, not on fighting the Romans.
5. The Reception of 1 and 2 Maccabees in the first century CE Can one state that this milieu is not only the result of a reconstruction or model of explanation, but can also be confirmed by literary evidence? In order to answer this question, on the one hand we need to investigate quite generally whether 1 and 2 Maccabees, which had been compiled as literary expressions of an ideology of zeal for the Lord in the second and first centuries BCE, were still read in the first century CE, especially within the context of the first Christian communities. On the other hand we want to look specifically at Paul’s biography according to Gal 1:13–14. According to reception-historical observations made elsewhere,34 it can be assumed that Paul was familiar with the contents of 1 and 2 Maccabees, albeit from the perspective of its emphasis of the importance for the Jewish identity. On the basis of our observations so far, Paul, in his use of the expressions Ἰουδαϊσμός and ζηλωτής, clearly stands with both feet in that tradition of early Judaism that emphasized the importance of Jewish identity and a Jewish way of life, as it was 29 M. Hengel, Der vorchristliche Paulus, in: idem / U. Heckel (ed.), Paulus und das antike Judentum, Tübingen 1991, 177–293, esp. 205–209. 30 M. R. Fairchild, Associations, 514–532. 31 J. Murphy-O’Connor, Paul. A Critical Life, New York 1996, 37–39. 32 M. R. Fairchild, Associations, 516–517. 33 M. R. Fairchild, Associations, 517–519. 34 G. S. Oegema, Portrayals of Women in 1 and 2 Maccabees, in: I. R. Kitzberger, (ed.), Transformative Encounters. Jesus and Women Re-Viewed, Leiden 2000, 245–264.
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characterized by the keeping of the commandments, especially the commandment of circumcision. Its inspiration will have been both the Maccabees and their zeal for God’s Torah, not in the militant interpretation of the Zealots and certainly also not in the exaggeration of the Qumran-Essenes, but still in a rather radical way that did not allow such compromises as were usual in Galilee.
6. Paul’s Biography According to Galatians 1:13–14 Paul describes his Jewish way of life in a very special way and context so that the question is justified how he himself understood the expression ζηλωτής. Here one should first of all point at the apologetically special character of the Epistle to the Galatians, which we can only briefly refer to. In order to study Paul’s interpretation of the biblical verses quoted in Galatians, which is the next step in our investigation, we should, first of all, have an understanding of the larger rhetorical framework of his Epistle to the Galatians. According to the widely accepted rhetorical-critical study of Hans Dieter Betz, Galatians is built up as follows: after the Praescript (1:1–5), the Introduction (Exordium; 1:6–11), the Statement of Facts (Narratio; 1:12–2:14), the Proposition (Propositio; 2:15–21), and the Proofs (Probatio; 3:1–4:31), the Exhortation (Exhortatio; 5:1–6:10) and the Conclusion (Conclusio or Postscript; 6:11–18) conclude the epistle.35 Galatians 1:13–14 therefore belongs to the Statement of Facts or Narratio, Gal 1:12–2:14, and basically opens the discussion. Within this context, we need to have a closer look at the structure of Galatians 1:13–14 as part of the Narratio of Galatians 1:12–2:14, where we can detect a double argumentation and double perspective: On the one hand we have the following elements, which I would like to call grades and actions: Grades: 13.c. how I, 14.b. beyond many of my own among my people, 14.c. so extremely zealous. Actions: 13.d. how I persecuted the church of God violently, and tried to destroy it: 14.a. and I advanced in Judaism 14.d. was I for the traditions of my fathers.
On the one hand we have the grades of the actions of Paul (13.c.; 14.b. and 14.c.), and on the other hand we have the actual actions (13.d.; 14.a.; 14.d.). 35 See further H. D. Betz, Galatians. A Commentary on Paul’s Letter to the Churches in Galatia, Philadelphia, PA 1979 and G. S. Oegema, Paulus, 112–117.
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We can furthermore observe that Paul uses the possessive pronoun “mine” only for 1) “his own past Jewish way of life (the Jews’ religion)”, 2) “his own nation”, and 3) “the traditions of his fathers”. In other words: Paul’s pre-Christian “I” is even from the perspective of the Christian Paul still standing on the side of Judaism.36 The so-called biographical part of the Epistle to the Galatians is found more concretely in verses 13.c. to 14.d., and could, if one were aware of its exemplary function, also work well as part of a sermon or catechism: the negative portrayal of one aspect of his own former life is used as a rhetorical device to highlight the actual learning goal, namely the Gospel (Gal 1:10–16). This rhetorical device becomes especially clear in the intensifications of the grades of the actions: from beyond many, of my own people, to so extremely.
7. Paul’s pre-Christian Life The intensifications of the grades just mentioned refer to three moments in Paul’s life: 1) the persecution of the Church of God (13.c–d), 2) the education in the Jewish way of life (14.a-b), and 3) the zeal for the fatherly traditions (14.c–d). The first example refers to the persecution and destruction of the Christian community. Apart from Gal 1:13 and 23 the verb διώκειν is also used in Gal 4:29 (Hagar’s son, born according to the flesh, persecutes Sara’s son, born according to the Spirit), as well as in Gal 5:11 (Paul, who does not preach circumcision anymore, is nevertheless persecuted). The verb therefore appears in one and the same kind of context. Hagar, the flesh, circumcision, Judaism or the Jewish way of life, and Saul on the one hand persecute Sara, the Spirit, the Gospel and God’s community on the other hand.37 In Gal 1:14.a-b Paul describes, how he “advanced in Judaism beyond many of my own people.” The word συνηλικιώτης only appears in Paul, the verb προέ κοπτον / προκόπτειν only appears here and in Rom 13:12, where it is said that one should be prepared for the coming day because “the night has progressed, the day is near.” The verb προκόπτειν can mean both something positive (making progress in life) as well as something negative (the night has progressed). According to Bauer προκόπτειν means “making progress in good things and in bad things,” or in the second case, “fall deeper and deeper.” Whereas in Rom 13:12 we might have an example of Pauline acute expectation with προκόπτειν being used in reference to the coming end (the night has progressed), in Gal 1:14 the verb may have an ambivalent meaning. Paul is not only making progress in the Jewish way of life in the regular sense, but he uses the verb in a way also ironically: When looking back from a Christian perspec36
See also G. S. Oegema, Paulus, 39. ibid, 40.
37 See
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tive and in complete accordance with his theology, the so-called “progress” in Judaism does not lead to justification, but exactly to its opposite. Or formulated in another way: Paul was not only a overzealous member of the zealous ones for the Torah, but in the so-called “progress” its fall was already foreseeable.38 If there is such an “eschatological-apocalyptic” perspective in Paul’s description of his Jewish way of life, which I deduce from the intensifications of the grades, what follows must be an intensification of the fall, and after that – suddenly coming from heaven – must come the big turning point or repentance. And, indeed, this is the case in Gal 1:14c–d (intensification of the fall; seen from Paul’s Christian perspective) and in Gal 1:15–16 (election by God and revelation of Jesus Christ).39 The intensification of the fall presumed in Gal 1:14a–b in the following refers to the fatherly traditions, which Paul almost with love calls “my” traditions, implying that he still feels connected to his Judaism and that his former Jewish way of life has not been completely without meaning for the preaching of his Christian faith. But still, the death of the pre-Christian “I” necessary for salvation history was already hidden in his Jewish way of life, so that at the end Christ could reveal himself to him: “the goal of the Torah is that Christ justify everyone who believes,” as it is said in Rom 10:4, or differently in Rom 13:12: “The night has progressed, the day is near.” In other words, Paul now understands his former Jewish way of life from a Christian perspective.
8. Paul’s Evaluation of his pre-Christian Life But how exactly does Paul assess his own pre-Christian life? If one sees Gal 1:13– 14 in the context of verses 10–22, one immediately notes that the “biographical” part is enclosed by two rhetorical parts: Gal 1:10(‑11) is the introductory question of the arguing and preaching Paul: “Whether the revelation came through man or through Christ?,” whereas Gal 1:(16)17–22 describes the life of the travelling and missionary Paul. Gal 1:13–14 as well as verses 12 and 15 treat the so called “biography” of the pre-Christian Saul until his conversion. But here it can also be noted that Paul is not simply presenting naked biographical facts, but constructing and composing his past Jewish way of life in a very particular way. We can see this firstly in the way that Paul narrates his former pre-Christian life from the perspective of someone who later converted to the Christian faith, and secondly in the manner in which he reverses the chronology of a traditional Vita. 38 W. Bauer / K. Aland, Wörterbuch, 1404. See also K.-W. Niebuhr, Heidenapostel aus Israel. Die jüdische Identität des Paulus nach ihrer Darstellung in seinen Briefen, WUNT 62, Tübingen 1992, 62. 39 Cf. G. S. Oegema, Paulus, 41.
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As for the latter we can state that the regular chronology of a biography has been reversed from a present perspective and accordingly has been portrayed retrospectively, as the sequences of Gal 1:12.13.14.15 in chronological order actually should have been (as in Phil 3:5–6; see below): Gal 1:15.14.13.12. Chronologically Paul’s life looks as follows: – In 1:15 the predestination – 1:15: but when God, who had set me apart before I was born and called me through his grace, was pleased – In 1:13–14 the Jewish way of life – 1:14: and I advanced in Judaism beyond many of my own age among my people, so extremely zealous was I for the traditions of my fathers – 1:13.c–d: how I persecuted the church of God violently and tried to destroy it; 1:13.a–b: For you have heard of my former life in Judaism, – In 1:12 the revelation of Jesus Christ – 1:12: I did not receive it from a human source, nor was I taught it, but I received it through a revelation of Jesus Christ. Only from his present perspective does Paul really understand and explain his former Jewish life, from being selected in his mother’s womb until his growth in the Jewish way of life, as a necessary part of his Vita from the perspective of salvation history. Only in this way can he present his personal “former Jewish way of life” as a general form of “Judaism”, characterized by the same aspects as his own Jewish past, in the sense that he once had started where the Galatians were now in their own stage of progress or fall (cf. Gal 3:1 ff.). Only from a present perspective defined by faith in Christ does Paul fully understand his past life, and become capable of explaining it theologically. Poetically speaking, one is looking here from the perspective of a light which illumines the darkness.40
9. The Influence of 2 Maccabees on Galatians 1:12–14 We find an interesting and relevant parallel of Gal 1:12–13(14) in 2 Mac 2:21, where four of the central expressions of Gal 1:12 ff. return: a/the “revelation”, “Judaism” or “Jewish way of life”, “zeal” (here, however, softened as φιλοτιμός, to consider something as an honor), and “persecution”. The text of 2 Mac 2:19– 23, esp. vv. 21–22, as part of the introduction of 2 Maccabees, reads: καὶ τὰς ἐξ οὐρανοῦ γενομένας ἐπιφανείας τοῖς ὑπὲρ τοῦ Ιουδαϊσμοῦ φιλοτίμως ἀνδραγαθήσασιν, ὥστε τὴν ὅλην χώραν ὀλίγους ὄντας λεηλατεῖν καὶ τὰ βάρβαρα πλήθη διώκειν, καὶ τὸ περιβόητον καθ᾿ ὅλην τὴν οἰκουμένην ἱερὸν ἀνακομίσασθαι καὶ τὴν πόλιν ἐλευθερῶσαι καὶ τοὺς μέλλοντας καταλύεσθαι νόμους ἐπανορθῶσαι, τοῦ κυρίου μετὰ πάσης ἐπιεικείας ἵλεω γενομένου αὐτοῖς 40 See
G. S. Oegema, Paulus, 43–44.
1 and 2 Maccabees in Paul’s Letter to the Galatians
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If one compares both passages, the following is noteworthy: first of all, one finds all four central expressions (ἄποκαλυψις/ἐπιφαωεῖα; ἰουδαϊσμός, ζελοτής/φιλοτιμός and διώκειν) both in Gal 1:12–13 and in 2 Mac 2:21, second, the order of the four terms is also the same. Paraphrased, both passages read: 1) on the basis of an inner conviction or one or more revelations from heaven 2) someone fights for the Jewish way of life 3) namely with the zeal or considering it as an honor 4) and persecutes the non-Jews (Syrians or Christians), who endanger Jewish identity
Third, even though the actual contents here are not comparable – the battle of the Maccabees against the Syrians is quite different from Paul’s persecution of the Christians two centuries later – on the formal, namely rhetorical level, a comparison is still possible, as both authors use the style forms of the “Introduction” and “Statement of Account”. Fourth, what then follows can be understood as a “Summary” with an apologetic goal, in which both authors intend what they narrate to convince their readers of the legitimacy and accuracy of the battle to preserve the threatened Jewish identity. Fifth, also the reference to a higher authority in both “apologies” points in the same direction: In 2 Mac 2:19–23 the epitomator of 2 Maccabees speaks in the name of the “higher authority” of Jason of Cyrene, on whose account he fully relies and which he tries to summarize as fairly and accurately as possible. Paul also speaks in the name of a “higher authority”, namely Jesus Christ, and refers to the revelation he had received from him (Gal 1:11–12) and to his desire to proclaim the Gospel only as he had received it. What we can conclude from these similarities between Gal 1:12–13 and 2 Mac 2:21 is that Paul most probably was aware of the principles of Jewish historio graphy, of which 2 Mac 2:21–22 was but one example,41 and must also have known the contents of 2 Maccabees. One may assume that he had read 2 Maccabees, or at least had its contents narrated to him. That we nevertheless also have differences is obviously due to the very different origin and readerships of both writings. The epitomator would like to narrate the history of the Maccabees and Hasmonaeans to a Hellenistically educated audience in an understandable way and draw attention to God’s working in history. For Paul the style-form of an historical accountability report as it was known in his days is the introduction to a theological treatise, which in a polemical way compares the one Gospel with a falsely-understood, so-called “other” gospel, which beyond being false also preaches circumcision. In doing so Paul portrays God’s merciful work not only in his own life, but also in that of the Galatians (cf. Gal 3:1–5) as an example for his Hellenistically educated readers.42 41 See G. E. Sterling, Historiography and Self-Definition. Josephos, Luke-Acts, and Apologetic Historiography, NT.S 64, Leiden 2005. 42 Cf. G. S. Oegema, Paulus, 44–46.
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10. Philippians 3:5–6 How do Paul’s autobiographical sayings in Galatians 2 relate to the ones made in Philipians 3:5–6, where we find most of the same key words as in Galatians 2? περιτομῇ ὀκταήμερος, ἐκ γένους Ἰσραήλ, φυλῆς Βενιαμίν, Ἑβραῖος ἐξ Ἑβραίων, κατὰ νόμον Φαρισαῖος, κατὰ ζῆλος διώκων τὴν ἐκκλησίαν, κατὰ δικαιοσύνην τὴν ἐν νόμῳ γενόμενος ἄμεμπτος
The religious and historical context of Paul’s Letter to the Philippians is a much different one than that of his Letter to the Galatians; and likewise the phases of his life in which he wrote both letters are very different: from the earliest years of his Christian existence and missionary activity in his Letter to the Galatians, to the end of his earthly life and career in Roman captivity in his Letter to the Philippians. And still, despite these differences, both in Gal 1:12–15 and in Phil 3:5–6 he continues to emphasize his Jewish identity and background (circumcised, from the tribe of Benjamin, Hebrew), he briefly summarizes his education and adherence in the phrase “according to the [interpretation of] the Law [belonging to the] Pharisaic [tradition]”, he still connects his zeal with the persecution of the church, and in all he evaluates his life from his new Christian perspective as “according to righteousness in the law found blameless”. The main similarity between Phil 3:5–6 and Gal 1:12–15 is the mentioning of the same phases of his life. The main difference is the chronological order of these phases and the perspective from which they are considered. Whereas in Gal 1:12–15 Paul looks back at his Jewish way of life in a reversed chronological order and from a Christian perspective (this is part of a larger argument meant to convince his Galatian readers of the truth of the Gospel), in Phil 3:5–6 he presents his life in chronological order starting with his Jewish birth and ending with his Christian existence, in order to establish the authority for his criticism of his Jewish and Judaizing opponents. His Jewishness is now proven with almost genealogical precision (circumcised on the eight day, from the people of Israel, the tribe of Benjamin, a Hebrew from the Hebrews); his zeal clearly now follows, or even arises from, his adherence to the Pharisaic tradition; and his Christian perspective now rests on a theological or even dogmatic foundation. The differences found here only confirm what we have found in his Letter to the Galatians 1:12–15, namely that Paul presents and moulds his Jewish way of life according to the rhetorical needs of his audience. The final example shows that Paul knew and used existing rhetorical models representing what we may call the subgenre of the “personal account with apologetic goal,” that he could take and adapt examples from older writings, but that he could also vary them within the context of his own oeuvre.
1 and 2 Maccabees in Paul’s Letter to the Galatians
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11. Conclusion In conclusion, we can state that it is plausible that Paul 1) during his pre-Christian life had been influenced by the Maccabean ideology of a zeal for God and His Torah, 2) knew the history of the Maccabees and probably also both books of the Maccabees, 3) knew very well the meaning of the expression “zeal”, 4) was a member of a movement in Judaism of the first half of the first century CE that had been influenced by the Maccabean zeal ideology 5) was not a member of the anti-Roman Zealot movement, 6) during his Christian life was influenced by Maccabean historiography to the extent that he understood his new life as antithetical to his earlier zeal and was able to portray himself as in a way departed from it, 7) because he knew the religious zeal for God so well, fought even harder against the “Judaizers” in Galatia who wanted to introduce again exactly that which Paul had come to reject, namely circumcision.
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Die Geschichte vom Martyrium der Sieben Brüder (2 Makk 7) in der westlichen Tradition Dieter Richter Thema meines Beitrags – Dich, lieber Hermann zu erfreuen und zu ehren – ist die Geschichte vom Martyrium der Sieben Brüder, die im 7. Kapitel des 2. Makkabäerbuchs erzählt wird. Ich beginne mit einigen Anmerkungen zur narrativen Struktur des Textes. Von der Gattung her handelt es sich um eine Märtyrerlegende. Der Vertreter einer minoritären Religion soll durch einen Tyrannen zum Abfall veranlasst werden, wird dafür zu einer entsprechenden Handlungsweise aufgefordert (hier dem Genuss von Schweinefleisch, der Teilnahme am Opfermahl), dann, als er sich weigert, drakonischen Strafmaßnahmen unterzogen; er bleibt jedoch standhaft und wird durch seinen Tod zum Zeugen seines Glaubens. Im Rahmen dieses allgemeinen hagiographischen Musters zeigt die Geschichte von den Sieben Makkabäer-Brüdern einige Besonderheiten: 1. Die Strafmaßnahmen des Tyrannen (hier Antiochus IV. Epiphanes) werden in besonders drastischen Details erzählt. Das 4. Makkabäerbuch (eine geistliche Rede aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., welche die Legende als Beispielerzählung für den Triumph der „Vernunft“ und der „Tugend“ über die „Leidenschaften“ anführt) geht dabei noch weiter, schildert auch die Aufstellung der Folterinstrumente, zählt sie im Einzelnen auf (4 Makk 8,12–14). Die didaktische Funktion der Ausbreitung solcher Krudelitäten besteht zum einen darin, die Leser oder Hörer in ihrem Glauben zu stärken (dies die allgemeine Funktion der Gattung), hier aber – im literarischen Kontext des Buches – auch darin, die unmittelbar folgende Erzählung vom Aufstand des Judas Makkabäus einzuleiten, seine Notwendigkeit zu unterstreichen. 2. Lange oratorische Passagen mit Attacken gegen den Tyrannen begleiten die Folterszenen. Sie sollen die Glaubensfestigkeit der Sieben Brüder bezeugen und den Foltermeister demütigen, zumal in dieser Legende ein wichtiges Motiv der Gattung fehlt: das der iustificatio ex eventu, also der nachträglichen Rechtfertigung des Verhaltens der Märtyrer durch ein sichtbares Zeichen von oben, etwa ein Wunder (wie im Falle des christlichen „Erzmärtyrers“ Stephanus der revelatio der „geöffneten Himmel“, Apg 7,55). 3. Die exegetische Literatur hat darauf hingewiesen, dass wir es bei der Legende von den Sieben Brüdern, neben dem Daniel-Buch, mit dem frühesten
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jüdischen Zeugnis des Glaubens an die Auferstehung zu tun haben, und zwar nicht in der Form der platonisch-hellenistischen Idee an das Fortleben der Seele, sondern verstanden als göttliche creatio ex novo.1 4. Schließlich ist nicht von einem individuellen, sondern von einem kollektiven, genauer gesagt einem familialen Martyrium die Rede. Dabei folgt die Erzählung deutlich einer dramaturgischen Klimax: Nachdem zunächst der älteste Bruder und dann in der Reihenfolge ihres Alters die fünf anderen das Martyrium erlitten haben, werden vom Erzähler überraschend die Mutter und ihr jüngstes Kind eingeführt, stehen dann im Mittelpunkt des längsten Textabschnitts. Der König verspricht dem Knaben den Ehrentitel eines „Freundes“, zwingt die Mutter, ihn „zu seinem Besten zu beraten“ (7,25); diese fordert ihn jedoch im Gegenteil dazu auf, das Martyrium auf sich zu nehmen und wird nach dessen Tod auch selber hingerichtet. Damit konzentriert sich die Geschichte auf eine Mutter-Sohn-Konstellation – was durch das Fehlen der Figur des „Vaters“ hervorgehoben wird. Und sie berührt damit einen zivilisationsgeschichtlichen Archetypus: den der affektiven Mutter-Kind-Beziehung, der Mutterliebe also, wonach die Mutter alles tut, um ihr bedrohtes Kind zu retten. Er taucht in Erzählungen ganz unterschiedlicher Kulturen auf, im griechisch-römischen Bereich etwa im Niobe-Mythos mit der Mutter von (auch hier) sieben Söhnen und Töchtern, die gerade für das Jüngste erbittert kämpft2, im jüdischen Kontext in der Geschichte vom „Salomonischen Urteil“ (1 Kön 3). Im Alten Testament wird sogar die Beziehung Jahwes zu seinem Volk mehrfach im Bild dieser unverbrüchlichen Mutterliebe bezeichnet.3 Nach der Struktur dieses Archetypus’ müsste die Mutter also auch hier alles aufbieten, um ihr Kind, zumal ihren letzten Sohn, zu retten, sie tut jedoch gerade das Gegenteil. Das bringt eine hoch emotionale Komponente in die Geschichte (ohne dass der Erzähler durch sentimentale Anteilnahme hervorträte) und radikalisiert deren Botschaft ins kaum Erträgliche: Die Liebe zum Gesetz setzt sogar die natürliche Mutterliebe außer Kraft. So gesehen ist die Legende von den Sieben Brüdern eine Kontrafaktur des Archetypus der natürlichen Mutter-Kind-Beziehung. (Das sieht übrigens bereits der Verfasser des 4. Makkabäerbuches so, der die natürliche Mutterliebe der Vögel, Bienen etc. dem Verhalten der Makkabäer-Mutter entgegensetzt [14,11–20]). Dies alles hat dazu beigetragen, dass diese Legende eine einzigartige Erinnerungsgeschichte in Bewegung gesetzt hat: Die Sieben Brüder des 2. Makkabäerbuches und ihre Mutter samt dem greisen Eleazar (2 Makk 6) sind – vom Propheten Elias abgesehen – die einzigen Personen des Alten Testaments, die
1 U. Kellermann, Auferstanden in den Himmel. 2 Makkabäer 7 und die Auferstehung der Märtyrer (SBS 95), Stuttgart 1979, 89 ff. 2 Ov. met. 6,297–300. 3 Jes 49,14 f. („Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, daß es sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes[…]“); Jes 66,13 („Ich will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet“).
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zu christlichen Heiligen geworden sind, mit anderen Worten: Juden, die – im katholischen Verständnis – bei Christus Fürbitte für den Sünder einlegen.4 Von dieser Erinnerungsgeschichte soll im Folgenden die Rede sein.
1. Von der jüdischen zur christlichen Verehrung Die ältesten Spuren einer jüdischen Verehrung der Gräber der sieben Märtyrer und ihrer Mutter führen nach Antiochia, zu einer der ersten Synagogen, die nach der Zerstörung des zweiten Tempels errichtet worden waren.5 Dass das 4. Makkabäerbuch, das ja eine Rede zum Gedächtnis der Märtyrer darstellt und am Ende für sie sogar ein mögliches epitaphion formuliert, bei diesen Gräbern vorgetragen wurde, ist denkbar.6 In jedem Fall zeugt diese Rede von der hohen Wertschätzung der Märtyrer als „Heroen unseres Volkes“ (17,8) im Judentum – eine Wertschätzung, die sich dann über Midrasch und Talmud hindurch bis in die jüngste Zeit fortsetzt.7 „Symbol des Glaubens und des Schicksals Israels“: So nennt Wilhelm Bacher (1850–1913), Lehrer an der Landesrabbinerschule in Budapest in einem Chanukka-Vortrag im Jahr 1900 die Mutter der Makkabäer.8 Im 4. oder 5. Jahrhundert finden wir dann anstelle der Synagoge in Antiochia eine christliche Kirche zu Ehren der Märtyrer.9 Im gleichen Zeitraum überträgt ein christlicher Autor, vermutlich in Gallien, das 4. Makkabäerbuch ins Lateinische, christiano […] sensu (1,1), wie er in der Einleitung schreibt (Passio SS Maccabaeorum), tilgt dabei jüdische Konnotationen und arbeitet Hinweise auf das Neue Testament ein10 – der Beginn einer Christianisierung der Legende. Dabei erwähnt er auch die ehrenvolle Begräbnisstätte der Märtyrer (omni sepulturae honore decorantur) und spricht von einem dort florierenden Kult über die 4 Acta Sanctorum Augusti tomus I, Antverpiae 1733, 5–12. In der armenischen Kirche kommt als alttestamentlicher Heiliger noch der hl. Henoch (Fest am 26.12.) hinzu. 5 J. Obermann, The Sepulchre of the Maccabean Martyrs, JBL 50 (1931) 250–265, hier 256 ff.; J. Jeremias, Die Makkabäer-Kirche in Antiochia, ZNW 40 (1941) 254–255, hier 254. – Hans-Josef Klauck bezweifelt die Existenz einer solchen Verehrungsstätte unbegründeterweise: Als ein kultischer Ort setzt sie m. E. keineswegs „die Historizität der in 2 Makk 6–7 geschilderten Ereignisse“ voraus (H.-J. Klauck, Unterweisung in lehrhafter Form. 4. Makkabäerbuch [JSHRZ 3,6], Gütersloh 1989, 663). 6 H.-J. Klauck, Unterweisung in lehrhafter Form, 663. 7 W. Bacher, Jüdische Märtyrer im christlichen Kalender, JJGL 4 (1901) 78 ff. Danach verknüpft der Talmud die Ereignisse mit der Verfolgung unter Hadrian. Ferner D. R. Schwartz, 2 Maccabees (CEJL), Berlin/New York, NY 2008, 298. 8 W. Bacher, Märtyrer, 85. – Zu Bacher, vgl. EJ 3 (1929) 926 f. 9 M. Maas, Die Maccabäer als christliche Heilige, MGWJ 44 (1900) 145 ff.; W. Eltester, Die Kirchen Antiochias im 4. Jh., ZNW 36 (1937) 283 ff. 10 H. Dörrie, Passio SS.Machabaeorum. Die antike lateinische Übersetzung des 4. Makkabäerbuches (AGWG.PH 22), Göttingen 1938; L. F. Pizzolato / C. Somenzi, I sette fratelli Maccabei nella Chiesa antica d’Occidente, Milano 2005, 79 ff. – Zur Datierung H. Dörrie, Passio, 39 (5. Jh.).
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Grenzen der Konfessionen hinweg: magnus his ab omnibus cultus adhibetur; veneratio summa etiam alienae fidei homines invasit (17,6 f.)11. Ob mit den Menschen dieses „anderen Glaubens“ außer Juden bzw. Christen noch Vertreter einer anderen Religion gemeint sein könnten, muss offen bleiben; jedenfalls ist ausdrücklich die Rede von einer interreligiösen Verehrungsstätte der Märtyrer, wobei, neben der sanctissima mater cum septem parvulis auch der greise Eleazar (2 Makk 6) genannt wird. In den Schriften der Kirchenväter (ich beschränke mich auf die westliche Tradition) werden die Makkabäer dann im engeren Sinn als christliche Heilige in Anspruch genommen12: Machabaei martyres non appellatione sed reipsa Christiani [fuerunt], heißt es in einer Predigt von Augustinus zum Fest der Makkabäer (1. August), und Augustinus begründet das ausführlich auf der Basis seiner Theologie, wonach das Neue Testament nichts anderes als die „Enthüllung“ (revelatio) des im Alten Testament „Verborgenen“ (velatum) sei. In diesem Sinne beschreibt er auch das Verhältnis der neueren christlichen zu den älteren jüdischen Märtyrern mit den Worten: „Denselben [= Christus], welchen die [späteren] Märtyrer offen (in manifesto) bezeugt haben, bezeugten damals die Makkabäer im Verborgenen (in occulto); diese sind für Christus im offenbarten Evangelium gestorben, jene für Christi Namen im verhüllten Gesetz […] Christus hat beide gekrönt, Christus hat beide in seinem Dienste.“13 Das ist natürlich ein nicht unproblematischer Brückenschlag, durch den die jüdischen Makkabäer zu okkulten Christen gemacht wurden14 – nicht zuletzt betrachtet aus der kritischen Perspektive des jüdisch-christlichen Verhältnisses und seiner schwierigen Geschichte (die Du, lieber Hermann, in Deinen Arbeiten ja immer wieder betonst). Muss man von einer Art von „feindlicher Übernahme“ sprechen? Antijüdische Affekte schwingen jedenfalls von Anfang an mit. So nutzt schon Augustinus seine Makkabäer-Predigt, um den Juden ihre Blindheit gegenüber der Erlösung vorzuhalten. Zurecht werde das Andenken der Makkabäer in Antiochia jetzt von Christen gepflegt, stehe dort eine christliche Kirche, „von Christen unterhalten, von Christen erbaut“. „Was hätten Juden bei dergleichen zu feiern gewußt“ (Quid tale Judaei celebrare noverant).15 Damit ist jedenfalls die theologische Linie vorgegeben, welche die Sieben Makkabäer und ihre Mutter zu Heiligen des christlichen Kalenders gemacht hat. 11 L. F. Pizzolato / C. Somenzi, Fratelli, 166. – Es handelt sich bei letzterem um eine Einfügung nach 4 Makk 17,8, wo von einer möglichen Grabschrift die Rede ist. 12 Zur mittelalterlichen Makkabäer-Tradition vgl. D. Joslyn-Siemiatkoski, Christian Memories of the Maccabean Martyrs, New York, NY 2009. 13 PL 38,1377 und 1379 (= Sermo CCC, cap. 2 und 5). 14 D. Joslyn-Siemiatkoski, Memories, 162, sieht darin eine Unterstützung der „imperial ambitions of Christendom“ gegenüber dem Judentum; den Makkabäern, die doch für das mosaische Gesetz gestorben seien, sei durch die christliche Interpretation ihre „wahre Identität“ geraubt worden. 15 PL 38, 1379 (= cap. 6).
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Sie sind exempla fortium militum Christi geworden, wie sie eine Predigt aus dem 8. Jahrhundert nennt.16 Hagiographischem Brauch folgend werden ihnen schon früh Eigennamen zugeschrieben17, und bis heute stehen sie mit ihrem Festtag am 1. August im Martyrologium Romanum.18
2. Translatio. San Pietro in vincoli, Kölner Makkabäerschrein, Markus Lüpertz’ Makkabäerfenster Auch der Weg der Reliquien der Sieben Brüder führt von Osten nach Westen. Sie kommen von Antiochia über Konstantinopel nach Rom, vermutlich im 6. Jahrhundert, und hier in die Kirche San Pietro in vincoli auf dem Esquilin, deren Fest ebenfalls am 1. August begangen wird.19 Im Jahr 1876, unter dem Pontifikat von Pius IX., kam bei Umbauarbeiten unter der dortigen Confessio ein frühchristlicher Friessarkophag des 4. oder 5. Jahrhunderts ans Licht. Nach dem vatikanischen Ausgrabungsbericht war er mit Marmorplatten in sieben Fächer unterteilt, zwei beiliegende Tafeln wiesen ihn als Sarkophag u. a. der sieben makkabäischen Brüder und ihrer Eltern aus. Eine der beiden Platten, aus Blei, trug die Inschrift: In his septem loculis condita sunt ossa et cineres sanctorum septem fratrum Machabeorum et amborum parentum eorum ac innumerabilium aliorum sanctorum.20 Dort, in San Pietro in vincoli, kann man den Sarkophag noch heute sehen, samt der marmornen Deckplatte, in einer 1877 zu Ehren der Heiligen erneuerten Confessio, die mit einem Fresko des römischen Malers Silverio Capparoni (1831–1907) ausgeschmückt ist und das Martyrium der Makkabäer in historistischem Stil darstellt. Da der reliquiäre Nachlass bedeutender Heiliger bekanntlich breit gestreut ist, tauchen Makkabäer-Reliquien historisch auch an verschiedenen anderen Orten auf, so in Mailand, Paris, Lyon und Genf.21 Auch in Köln werden die sacra septem Machabaeorum corpora verehrt, der Überlieferung nach vom Kölner Erzbischof Rainald von Dassel 1164 zusammen mit den Reliquien der Heiligen Drei Könige aus Italien an den Rhein gebracht.22 Von besonderer kunsthistorischer H. Dörrie, Passio, 107. Acta Sanctorum Augusti, 5 f. und 16. 18 www.vatican.va/romancuria/ponteficalacademies/cult-martyrum/martiri/index (Martyrologium Romanum). – Zur hagiographischen Literatur ausführlich L. F. Pizzolato / C. Somenzi, Fratelli, 9 ff. 19 W. Bacher, Märtyrer, 78. 20 Bullettino di archeologia cristiana, Roma 1876, 74. Ferner M. Maas, Maccabäer, 154 f. Zur Ikonographie des Sarkophags vgl. F. W. Deichmann (Hg.), Repertorium der christlich-antiken Sarkophage. Bd. 1, Mainz 1967, Nr. 755. Datierung dort: Ende 4. Jh. 21 Acta Sanctorum Augusti, l.c., 10; L. F. Pizzolato / C. Somenzi, Fratelli, 20–22. 22 Aufschrift auf dem Kölner Makkabäerschrein; dazu Acta Sanctorum Augusti, l.c., 10 f. – Zur mittelalterlichen Makkabäerverehrung in Köln und der dort zugleich herrschenden Judenfeindschaft, vgl. D. Joslyn-Siemiatkoski, Memories, 121 ff. 16 17
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Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Kölner „Makkabäerschrein“ in der Kirche St. Andreas: ein spätgotischer vergoldeter Bronzesarkophag von 1527.23 Auch sein ikonographisches Programm ist bemerkenswert: Es ordnet auf zwei Ebenen je eine Szene aus der Leidensgeschichte der Makkabäer einer Szene aus der Passion Christi zu (Die Makkabäer vor Antiochus/Christus vor Pilatus; Dem ältesten Bruder wird die Zunge abgeschnitten/Christus wird ins Gesicht geschlagen etc.). Die Makkabäer werden damit zur Präfiguration Christi. An der Stirnwand des Schreins ist die Mutter der Makkabäer im Typ der SchutzmantelMadonna dargestellt, erscheint damit also als significatio Mariae. In den Jahren 2005–2008 hat einer der bekanntesten zeitgenössischen Künstler, Markus Lüpertz, die im Krieg zerstörten gotischen Fenster des den Schrein umgebenden „Makkabäerchors“ im südlichen Querschiff der Kölner Kirche neu geschaffen, dabei in der Anordnung der einzelnen Szenen die präfigurative Theologie des mittelalterlichen „Makkabäerschreins“ aufgreifend. Die expressiven Passions‑ und Folterszenen mit ihren verstümmelten Körpern und aufgerissenen Mündern lassen an die unbeschreiblichen Grausamkeiten denken, die Menschen anderen Menschen im 20. Jahrhundert angetan haben. Die schrecklichen Einzelheiten, welche die Makkabäerbücher in ihren Folter-Schilderungen aufzählen, bekommen dabei plötzlich eine aktuelle Bedeutung. Auf dem 4. Fenster trägt einer der Makkabäer-Brüder den gelben Davidsstern. Es gibt wohl kein anderes Werk der Kunst, das die alte Legende derart eindringlich wieder zum Leben erweckt und in unsere Zeit stellt.
3. Die Makkabäer im Jesuitendrama Damit bin ich dem schon weit vorausgeeilt, was nun in den Blick kommen soll: die Erinnerungsgeschichte der Sieben Makkabäer im frühneuzeitlichen Europa. Es ist kein Zufall, dass die Erzählung – wie die Märtyrerdichtung insgesamt24 – gerade im Barock eine besondere Blüte erlebt: Im Zeitalter der Türkenkriege, der Gegenreformation und der Glaubenskämpfe werden Märtyrertragödien zu beliebten Exempeln für Standhaftigkeit und Glaubensfestigkeit. Zudem entsprechen die ihnen innewohnenden Grausamkeiten und Gewalttätigkeiten den düsteren, bizarren Phantasiewelten des Barock. Eine frühe deutsche Bühnenbearbeitung der Makkabäer-Legende begegnet im Jesuitendrama, also jenem im Dienst der Gegenreformation entstandenen Schultheater, das die alten Stoffe mit unterhaltsamen Szenen verlebendigen und in den Dienst katholischer Glaubenstreue stellen wollte. Im Jahr 1708 führte das unter jesuitischer Leitung stehende Kölner Dreikönigsgymnasium (Tricoronatum) eine 23
Vgl. R. Hirner, Der Makkabäerschrein in St. Andreas zu Köln. Diss. Bonn 1970. E. Frenzel, Motive der Weltliteratur (KTA 301), Stuttgart 19883, 484 ff.
24 Vgl.
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von dessen Rektor Paul Aler (1656–1727) verfaßte Tragoedie mit dem Titel auf Standhafftigkeit Im Glauben Oder Die Mutter Machabaea mit ihren siben Söhnen. Das Stück wollte, so das Vorwort, allen Rechtglaubigen ein Exempel der Standthafftigkeit im Glauben geben25, und dass damit natürlich der christliche, genauer gesagt der römisch-katholische Glaube gemeint war, macht der Text immer wieder deutlich. So klagt etwa im 1. Akt der Chor der Juden über die Bedrückung des Landes durch Antiochus mit den Worten Schaw an/ O Gott/ der Heyden Rott Ist in dein Erbtheil kommen: Es raubt/ es brändt/ die Kirchen schändt; Dein Land hats eingenommen. Die Diener dein/ nach großer Peyn Sie viel ermordet haben26 –
was 25 Jahre nach der Belagerung Wiens natürlich auf die Türken gemünzt war. Und wie selbstverständlich bekennt im 2. Akt einer der Sieben – jüdischen! – Brüder, von der Mutter in einer Art Katechismuslehre nach seinem Glauben befragt: Gott hat in seinem höchsten Thron Von Ewigkeit gebohren/ Ihm an Natur gleich einen Sohn/ An Schönheit außerkohren. Eins in Natur/ doch zwey Persohn/ Im Wesen unzerspaltet; Dem Vatter ähnlich ist der Sohn/ Ein Gott von Gott gestaltet. […] Der wird der Juden Heyland seyn; Messiam wir ihn nennen.27
Die jüdischen Märtyrer verkünden hier also bereits explizit den christlichen Glauben einschließlich der Zweinaturenlehre Christi. Auch Standthafftigkeit im Glauben angesichts der zeitgenössischen konfessionellen Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten dürfte in dem Stück intendiert sein, rühmt doch die Vorred, dass die heilige Stadt Köln stets dem alten Glauben treu geblieben sei (Recidiva non fuisti/ Sed in fide stabilis28). Die Bühnenanweisung stellt dabei das Martyrium der Sieben in den historischen Kontext der Belagerung Jerusalems durch Antiochus: Die Situation einer belagerten Stadt (mit Übergabeverhandlungen etc.) war den zeitgenössischen 25 P. Aler,
Standhafftigkeit Im Glauben, [Coloniae] 1708, 8 [Staatsbibliothek Berlin Th. 9703]. A. a. O., 10 (= I,3). 27 A. a. O., 27 (= II,6). 28 A. a. O., 5. 26
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Zuschauern gewiss vertraut. Die jüdische Thematik selber spielt in dem Stück eine große Rolle, etwa das Motiv des koscheren Essens, die Texte wurden von den Schülern z. T. auch auf hebräisch gesprochen. Dies alles im übrigen in einer Stadt, die seit den großen Pogromen des 14. Jahrhunderts keine Juden in ihren Mauern duldete.
4. Musica sacra. Die Mutter der Makkabäer im Oratorium Besondere Triumphe feierten die makkabäischen Märtyrer in der Folgezeit in einer Gattung, die für Überlieferung und Popularisierung biblischer und antiker Stoffe besonders wichtig wurde und die im 17. Jahrhundert in Italien entstand: dem Musikdrama (Oratorium, Oper). Aus den verstreut erhaltenen Libretti und Partituren29 lässt sich die Überlieferungsgeschichte ansatzweise rekonstruieren. Sie beginnt mit dem Oratorium La madre dei Maccabei des toskanischen Dichters und Mitglieds der florentiner Accademia della Crusca, Girolamo Gigli (Siena 1660 – Rom 1722), das in der Vertonung des Seneser Domkapellmeisters Giuseppe Fabbrini (gest. 1708) am Ostersamstag 1688 in Siena seine Uraufführung hatte. Die Bearbeitung als Oratorium kam dem Stoff durchaus entgegen: Er ist handlungsarm und durch Rede und Gegenrede charakterisiert. Gigli hatte für die Solo-Stimmen die Zahl der Protagonisten auf vier reduziert: Madre, Figliolo, Antioco und einen Consigliere. Die Handlung wird damit also auf Mutter und Sohn konzentriert: eine folgenreiche dramaturgische Entscheidung. Denn die „Mutter der Makkabäer“ wird damit zu einem eigenen Erzähltyp; die Figur wird, neben der ebenfalls im Barock beliebten „Judith“, als eine der großen weiblichen Protagonisten aus dem Alten Testament rezipiert. Die Bühnenfassung von Girolamo Gigli sollte sich als außerordentlich erfolgreich erweisen. Mit Fabbrinis Musik wird das Oratorium 1694 in Florenz, 1697 in Mantua wieder aufgenommen, in Rom wird es von Felice Mercuriali neu komponiert, kommt dann 1704 in der Hofkapelle in Wien in einer Vertonung von Attilio Ariosti auf die Bühne, wird 1705 von Giovanni Aldobrandini in Urbino vertont, in Florenz 1714 von Domenico Palafuti30 und in Iesi 1719 von Angelo Massarotti – erscheint also in insgesamt sechs musikalischen Fassungen. Nicht weniger erfolgreich war ein weiteres Oratorium, das ebenfalls unter dem Titel La madre dei Maccabei, jetzt mit einem Text eines gewissen Giuseppe Barbieri, in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts auf die Bühne kam. Von dessen Libretto sind mindestens vier verschiedene Vertonungen und zahlreiche Auf-
29 Meiner Rekonstruktion liegen die im „Catalogo del Servizio Bibliotecario Nazionale“ (OPAC) nachgewiesenen Libretti und Partituren zugrunde. 30 Nachweis bei D. Pietropaolo / M. A. Porter, The Baroque Libretto, Toronto 2011, 160 f.
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führungen in der Zeit von 1763 bis 1793 nachzuweisen.31 Barbieri folgt dem Schema des Vorgänger-Oratoriums, reduziert ebenfalls die Soli auf vier Stimmen, neben Mutter und Kind, die bei ihm Anna und Giacobbe heißen, treten ebenfalls Antiochus und ein Apollonius auf. Aufgeführt wurden die Oratorien häufig in der Passionszeit, die Inszenierungen folgen also einem Verständnis des Makkabäer-Martyriums, das bereits im Kölner „Makkabäerschrein“ ikonographisch zum Ausdruck gekommen war: Sie rücken es in die Nähe des Leidens Christi. In den Bereich der Musica sacra gehören auch Il martirio de’ sette fratelli Maccabei (Text: Stefano Serrario; Musik: Francesco Pastore. Uraufführung: Città di Penne, 1752) und I sette Maccabei (Text: Filippo Tarducci; Musik: Vittorio Trento), das letztere uraufgeführt im Frühjahr 1818 in Roms berühmtestem Opernhaus, dem Teatro della Valle, in einer Epoche, in der dort bereits Rossini mit Uraufführungen seiner Opern glänzte. Über anderthalb Jahrhunderte hinweg ist der Stoff also im Musikdrama lebendig.
5. Makkabäer-Opern, katholisch und evangelisch Den Schritt vom schlichteren Oratorium zur geistlichen Oper bezeichnet dabei ein Werk, das sogar eine aktuelle Wiederentdeckung (Namur, 2007) erfahren hat: Le martyre des Maccabées von Pietro Torri.32 Der Italiener Torri (Peschiera/ Garda um 1650 – München 1737) war Kapellmeister am Hof von Kurfürst Max Emanuel von Bayern, in dessen Auftrag auch das Werk entstand, das um 1710 in Valenciennes mit einem französischen Libretto in drei Akten uraufgeführt wurde. Bühnenwirksam endet hier der 1. Akt mit einer spektakulären Fête de Bacchus, der 2. Akt mit einer großen heidnischen Opferszene für Chor und Ballett. Die originär geistliche Thematik ist abgeschwächt, erst im 3. Akt treten Mutter und Kind auf. Speziell jüdische Motive sind getilgt, die Makkabäer sollen nicht gezwungen werden, Schweinefleisch zu essen, sondern Weihrauch zu opfern; auch das Auferstehungsmotiv spielt kaum eine Rolle. Im Grunde steht die Figur des Antiochus im Mittelpunkt dieser Oper: als Beispiel eines – möglicherweise zeitgenössisch gedachten – „bösen Herrschers“: Un trône fondé sur le crime/ Chancelle et tombe en peu de temps („Ein Thron, der auf Verbrechen gegründet ist, wankt und fällt in kurzer Zeit“, II,2).
31 Komponisten Brizio Petrucci (Faenza 1763); Pietro Alessandro Guglielmi (Rom 1764); Pasquale Anfossi (Rom 1765, Narni 1768, Rom 1773); Luigi Maria Baldassare Gatti (Padua 1776, Mantua 1793). 32 Aufführung unter Leitung von Jean Tubéry in der Kirche Saint-Loup in Namur, Juli 2007. CD Musique en Wallonie/ Collection Inedits MEW 0846–0847. Dem Booklet entnehme ich auch die folgenden Angaben.
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Eine deutschsprachige Makkabäer-Oper erschien 1679 in Hamburg unter dem Titel Die Macchabaeische Mutter mit Ihren Sieben Söhnen, in einem Singe-Spiel vorgestellet. Ihr Komponist ist Johann Wolfgang Franck (Unterschwaningen bei Dinkelsbühl 1644 – nach 1700), seit 1673 Hofkapellmeister und Operndirektor in Ansbach, seit 1679 Leiter der Dommusik in Hamburg; der Textdichter Heinrich Elmenhorst (Parchin 1632 – Hamburg 1704), Pfarrer in der St. Katharinen-Kirche zu Hamburg und Mitbegründer der Oper am Gänsemarkt, des ersten bürgerlichen Opernhauses in Deutschland, wo vermutlich auch die Macchabaeische Mutter zur Aufführung kam.33 Zum ersten Mal, soweit erkennbar, haben wir es hier also mit einer „evangelischen“ Makkabäer-Dramatisierung zu tun, verfasst von evangelischen Autoren und aufgeführt vor einem evangelischen (zudem streng lutherischen) städtischen Publikum. Wie wird der Stoff adaptiert? Wieder geht es um das Motiv der Glaubenstreue, jetzt allerdings konfessionell evangelisch akzentuiert. In einem vorgeschalteten Prologus tritt die Allegorie der Kirche mit einer Krone von 12 Sternen, den Mond unter den Füssen auf (die protestantische Version der katholischen Maria Regina Coeli), die von einem Drachen mit sieben Köpfen und zehn Hörnern bedroht wird – was an Luthers papistischen Drachen aus Offenbarung 13 denken lässt. Und nach dem Schlussakt heißt es: Der Schauplatz verändert sich ins Paradeiß, aber in diesem Paradies werden die Makkabäer nicht von Gott als Heilige empfangen, stattdessen tritt die weltliche Allegorie der Constantia auf und krönt die Makkabäische Mutter mit ihren Söhnen für ihre Glaubenstreue: Bleibe deinem Gott getreu. Aria. […] Wer getreu bleibt in dem Leiden, Und ist Standhafft biß in Tod, Den wird auch die Kron der Freuden Nach der außgestandnen Noth Ewig schmücken Und beglücken, Ja der Herr im höchsten Thron Der ist selbst sein steter Lohn.34
Metrik und Stil dieser und der anderen Arien nehmen – im Gegensatz zur italienischen Oper – deutlich den Ton des evangelische Kirchenliedes auf. In der Tat wurden der Komponist Franck und sein Textdichter Elmenhorst durch eine
33 Biographische Angaben nach NDB 5 (1961) 317 f.; ferner MGG 4 (1955) 658–663. Textbuch: HAB Wolfenbüttel. 34 [J. W. Franck / H. Elmenhorst,] Macchabaeische Mutter, Hamburg 1679, „Prologus“ und III,8 (Text ohne Paginierung).
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Sammlung Geistliche Lieder (Hamburg 1681) bekannt, die auch in der Folgezeit immer wieder aufgelegt wurde.35
6. Geschichtsdramen im bürgerlichen Realismus: Zacharias Werner und Otto Ludwig Um Treue und Heldenhaftigkeit in unterschiedlichen historischen und konfessionellen Zusammenhängen geht es auch in neueren literarischen Bearbeitungen des Stoffes – wobei ich mich im Folgenden auf die deutschsprachige Rezeption konzentriere. 1820 erscheint in Wien Die Mutter der Makkabäer, eine Tragödie in fünf Akten von Zacharias Werner (Königsberg/Preußen 1768 – Wien 1823), einem damals höchst erfolgreichen romantischen Bühnenautor, dessen Opus in der Literaturwissenschaft unter dem Begriff der „Schicksalstragödie“ verzeichnet wird. Werner, während einer Romreise 1810 zum Katholizismus konvertiert, 1814 zum Priester geweiht und seitdem einem schwärmerisch-mystischen Katholizismus anhängend, nennt im Vorwort als „Tendenz“ seines Stückes die Absicht, „das Heilige zu verherrlichen“.36 Mit einem großen Aufgebot an handelnden Personen nutzt er die Möglichkeiten des klassischen Dramas, ganz verschiedene Ereignisse aus dem Ersten und dem Zweiten Makkabäerbuch zu kombinieren und historisch neu zu situieren. Judas Makkabäus, der jüdische Freiheitsheld, ist hier der Bruder der makkabäischen Mutter, die Handlung spielt unmittelbar nach der Plünderung des Tempels durch Antiochus (im Triumphzug mit der Tempelbeute wird im 4. Akt auch „Salome“, die makkabäische Mutter mitgeführt), das heidnische Heer steht vor Antiochia und Judas Makkabäus hat sich heimlich mit Nikanor verbündet; auch Heliodors versuchter Tempelraub wird eingeblendet, und der ermordete Greis Eleazar hat als romantische Geistererscheinung mehrfach gruselige Auftritte. Der alte, handlungsarme Legendenstoff wird damit dramatisch aufbereitet. Besonders herausgearbeitet hat Werner die Figur des hellenisierten Hohenpriesters Jason (aus 2 Makk 4), hier eines vom orthodoxen Glauben abgefallenen Geistlichen, der von „Tugend“ spricht, sich als epikuräischer „Philosoph“ versteht und die alten Rituale nur für das Volk aufrecht erhalten will37: Das ist offenkundig eine polemische Karikatur liberaler Frömmigkeit der Epoche der Aufklärung. Er, der religiöse Freidenker, ist die eigentlich „böse“ Figur des Dramas, er ist es auch, der die Sieben Brüder und ihre Mutter dem Tyrannen ans Messer liefert. Auch Antiochus selber ist – modern gesprochen – Laizist, glaubt, J. Moser (Hg.), Hinrich Elmenhorsts geistliche Lieder, Wiesbaden 1961. Z. Werner, Die Mutter der Makkabäer, Wien 1820, III. 37 Z. Werner, Mutter, 67 ff. 35 36
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dass die Menschen durch „Zufall“ entstanden seien, als „des blinden Chaos’ Affen“.38 Zunächst von Salome, der Mutter, beeindruckt, steigert er sich am Ende in gotteslästerliche Raserei. Reichlich macht der Autor dabei von den dramaturgischen Mittel des zeitgenössischen „Schauerdramas“ Gebrauch, von Geistererscheinungen, himmlischen Stimmen, übernatürlichen Vorkommnissen. Das im Theater beliebte Mittel der „Mauerschau“ gibt ihm im 5. Akt Gelegenheit, das Martyrium der Sieben Brüder detailliert zu schildern. Aber zugleich mit ihrem seligen Tod taucht Judas Makkabäus mit seinem Heer auf, befreit das Land und stellt den Tempel wieder her. Antiochus aber stirbt unter entsetzlichen Qualen Von pesterfüllten Schlangen todt gestochen, Die aus ihm wuchsen, musst er untergehn.39
Das Schlussbild gehört Salomes Geist, der den Israeliten über den Flammen des Scheiterhaufens erscheint – nach der Regieanweisung „in einem weiten, purpurfarbigen, mit goldenen Sternen besäten Mantel, der über ihre sieben, darunter in weißen, glänzenden, mit purpurfarbenen Stolen geschmückten Gewändern, knieend erscheinenden, verklärten Söhne ausgebreitet ist“.
Damit setzt Zacharias Werner die orthodoxe christlich-katholische Deutung der Geschichte noch einmal ins Bild: Die Makkabäer erscheinen in der Ikonographie der christlichen Märtyrer, ihre Mutter in der Pose der Maria del soccorso. Und weiter: „Salome erhebt in der rechten Hand hoch ein großes, blutrothes Kreuz“. Salomes Geist […] Und Millionen Märtyrer, erkohren Zu waschen sich im Blut des Opferlammes, Mit uns, den Heil’gen, Blüthen eines Stammes, Blüh’n noch am Thron und werden einst geboren!40
In Zacharias Werners Mutter der Makkabäer haben wir es also mit einer prononciert katholischen Version zu tun, wobei dem Autor die glaubenstolerante Welt des Hellenismus im liberalen Gottesbild der europäischen Aufklärung wiederauferstanden zu sein scheint und das „Martyrium“ der wahren Frommen nötig macht. Um eine „modernere“, freilich aus anderen Gründen problematische, Explikation des Stoffs geht es in einem anderen historischen Drama aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts – wobei gewiss die Tatsache eine Rolle spielt, dass es sich bei seinem Verfasser um eine Person evangelischer Herkunft handelte: Otto Ludwigs Trauerspiel Die Makkabäer. 38 A. a. O.,
144. A. a. O., 221. – Werner dramatisiert hier den Bericht in 2 Makk 9,9 ff. vom Tod des Antiochus. 40 A. a. O., 225. 39
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Otto Ludwig (Eisfeld/Thüringen 1813–Dresden 1865) ist ein Zeitgenosse Friedrich Hebbels (der mit Judith, 1840, und Herodes und Mariamne, 1848, ja ebenfalls biblische Frauengestalten auf die Bühne brachte). Sein Drama in fünf Akten „Die Makkabäer“ wurde 1853 in Berlin und am Burgtheater in Wien uraufgeführt, blieb dort bis Ende des Jahrhunderts auf dem Spielplan und wurde im Druck bis ins 20. Jahrhundert immer wieder aufgelegt.41 Auch Ludwig verknüpft die Legendenerzählung von den Sieben Märtyrern mit dem Freiheitskampf des Judas Makkabäus. Genealogisch sind die Sieben die Söhne des Priesters Mattathias, unter ihnen also auch Judas (der hier Judah heißt), der bereits im Krieg gegen Antiochus steht (für Werner ist es Antiochus Eupator, der Sohn des Epiphanes). Aber die Familie ist zerfallen. Einer der Brüder, Eleazar, ist dem Glauben untreu geworden und paktiert mit Antiochus; Judahs Frau stammt aus einer Sippe, welche die Rettung der Juden von ihrer Hellenisierung erwartet und drei von Leas Kindern dem Antiochus ausliefert. Damit sind dramatische Konflikte im Sinne einer Familientragödie angelegt, daneben spielt das Thema der Strategie des politischen Freiheitskampfes eine Rolle. Im Schlussakt kommt die Mutter zu Antiochus ins Feldlager, um für das Leben ihrer zum Tod im „Feuerofen“ verurteilten Kinder zu bitten. Die Bitte wird ihr gewährt, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie ihre Söhne zum Abfall überrede. Sie bestärkt jedoch ihre Kinder im Glauben, überzeugt damit auch den abtrünnigen Sohn Eleazar. Die vier Brüder werden zur Hinrichtung geführt, aber ihr Heldenmut lässt eine Meuterei im feindlichen Heer ausbrechen, Antiochus befielt den Abzug, Judah trägt den Sieg davon. Aus der Märtyrerlegende ist also eine geschichtsdramatische Verwicklung geworden. Lea, die Mutter, wird zur Retterin ihres Volkes. Zuvor aber wird zum Konflikt, was ein solcher in der alten Legende nie war: Lea schwankt zwischen Mutterliebe und Gesetzestreue. Sie beschwört den Tyrannen bei der Liebe zu seiner eigenen Mutter, seinen eigenen Kindern, muss auch ihre eigenen Gefühle niederringen bevor sie, im Falle des Jüngsten, sagen kann: Er sterbe.42 Am Ende stirbt sie selber in einer Art von Schwächeanfall. Und die letzten Worte gelten ihr, der weiblichen Tragödin, wenn Judah von Gott sagt: Er braucht den Starken nicht; er haucht die Schwäche Mit seinem Odem an, und sie wird Sieger.43
Dem Versuch, den alten Legendenstoff, in dem es von der Textgattung her ja dramatische Konflikte überhaupt nicht gab, den Regeln des Trauerspiels im bürgerlichen Zeitalter anzupassen (das von eben solchen Konflikten lebt), war insgesamt wenig Erfolg beschieden. Auch das Aufblähen des Stoffs durch Nebenhandlungen (etwa, im 3. Akt, die Auseinandersetzungen darüber, ob die Vgl. A. Gebhardt, Otto Ludwig, der poetische Realist, Marburg 2002, 94 ff. A. a. O., 120. 43 A. a. O., 124. 41 42
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Juden ihre Feinde am Sabbath verfolgen dürfen) wirkte wenig überzeugend. Ludwigs „Makkabäer“ erlangten zwar einen gewissen Bekanntheitsgrad, wurden von dem russischen Komponisten Anton Rubinstein auch als Oper bearbeitet (Die Maccabäer, Berlin 1875, St. Petersburg 1877), konnten sich aber auf Dauer nicht durchsetzen. Als das Burgtheater in Wien 1890 das Stück wieder auf den Spielplan setzt, schreibt Rudolf Steiner in einer Theaterkritik die schwache dramaturgische Anlage einem allgemeinen jüdischen Volkcharakter zu: „Die geistige Richtung des Judentums ist einer eigentlichen Tragik unzugänglich. Der religiös angelegte Jude hat keine Ideen und Ideale. Er lebt einem Gotte, der ihm ein unlebendiges, gedankenloses Abstraktum bleibt.“44 Wieder mischen sich antijüdische Töne in die Rezeption des Makkabäerstoffes.
7. Epos, Volkskalender, Gedicht Einige weitere Bearbeitungen des Stoffes, wiederum in anderen literarischen Formen, sollen abschließend noch angeführt werden. Im hohen literarischen Milieu des Hexameters begegnen wir den Sieben Brüdern und ihrer Mutter im Epos Die Makkabäer, in drei Gesängen (Wien 1821) von Johann Ladislav Pyrker (Langh/Ungarn – Wien 1847), einem österreichischen Dichter und katholischen Bischof, ab 1821 Patriarch von Venedig.45 Auch hier lässt sich die Tendenz zur „Verbürgerlichung“ des Stoffes beobachten. Der Text des zweiten Gesangs, welcher der Mutter mit den sieben Söhnen gewidmet ist, führt den Leser zunächst in ein gemütliches, quasi biedermeierliches Ambiente, stellt Salomone, die Mutter vor Unten im stillen Gemach’, in des Abends sinkender Dämm’rung Saß sie allein, fortwebend am Tuch’ aus schimmernder Wolle Für die Braut des ältesten Sohns[…]46 -
bevor ihr im stillen Kämmerlein – ähnlich wie Maria in der Verkündigungsszene – ein Engel erscheint und das Martyrium ankündigt. Familiär einfühlsam ist auch Pyrkers Präsentation der sieben Kinder bei ihrem Gang zum Martyrium: Der Dichter individualisiert sie, zeichnet den Draufgänger, den Sensiblen, den Verschlossenen, das unzertrennliche Zwillingspaar, den Zaudernden, bis hin zum Jüngsten, dem „Engelgesicht des holdgestalteten Knaben“47 und beschreibt dazu die jeweiligen Reaktionen der „sanftgesinneten Mutter“48 auf deren Martergang. 44 R. Steiner, „Die Makkabäer“ von Otto Ludwig. Mit Rücksicht auf unsere Burgtheaterkunst, Nationale Blätter (1890) 2/4 (GA 29, 184). Zitiert nach Rudolf Steiner Online-Archiv (www.anthroposophie.byu.edu). 45 Zu Pyrker siehe W. Killy (Hg.), Literatur-Lexikon 9 (1991) 251 f. 46 J. L. Pyrker, Sämmtliche Werke. Bd. III, Wien 1821, 292. 47 A. a. O., 311. 48 A. a. O., 302.
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Ein familiäres Rührstück, fast eine Idylle, ist auf diese Weise entstanden – natürlich ebenfalls als Bekennerdichtung angelegt. Aber auch ein Publikum, dem Goethes „Hermann und Dorothea“ (Pyrkers literarisches Vorbild) fremd war, konnte dem Makkabäerstoff im 19. Jahrhundert begegnen – im Medium des Volkskalenders. So bot der in Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz erscheinende „Sulzbacher Kalender“ zum Monat August eine Kurzfassung der Geschichte, illustriert durch eine Lithographie, weist darauf hin, dass die katholische Kirche das Andenken der Märtyrer alljährlich am ersten dieses Monats ehre.49 Den Reigen der Makkabäer-Dichtung schließen möge endlich das epische Gedicht Der Tod der Makkabäer von Minna Wauer (1855).50 Die Verfasserin, 1815 in Berlin geboren und dort 1866 als Helferin in einem Cholera-Lazarett gestorben51, brachte das über 40 Druckseiten umfassende Gedicht 1854 in einer Rezitation im Berliner Schauspielhaus am Gendarmenmarkt zu Gehör, und wen die Autorin mit dem Schicksal der Makkabäer preisen wollte, sagt sie in der Widmung: alle diejenigen, die für ihre Überzeugung bis zum Tode einstehen: Euch bring ich’s dar! Ich schrieb’s ohn Furcht vor Spott Für Überzeugung, Vaterland und Gott!52
Die Säkularisierung des alten religiösen Stoffs ist damit an ihr Ende gekommen. Märtyrer ist, wer seiner wie auch immer gearteten „Überzeugung“ treu bleibt. Hervorzuheben an Minna Wauers kleinem Epos ist dabei eine Überzeugung der Autorin selber: In Zeiten eines sich breitmachenden christlichen Antijudaismus gedenkt sie des jüdischen Schicksals voller Mitgefühl und verkündet die Botschaft der Toleranz: Armes Volk! Ach, seit wie langen Tausend Jahren spinnt dies Netz Bittren Hasses sich um Dich! Welch ein Fluch, der nimmer wich, Scheuchet Dich von jedem Pfade, Der zur Ruh, zum Frieden führt? Jeder, der sich von der Gnade Seines Gottes wähnt berührt, Gleich dem Pharisäer spricht: „Dank, daß ich wie Diese nicht!“ Kampf, Verteid’gung sind Dein Loos Von dem Mutter‑ bis zum Grabes-Schooß!53 Erscheinungsdatum nach 1838. Sammlung Dieter Richter, Bremen. 2. Auflage 1886 u.d.T. Das hohe Lied von der Makkabäer Heldentod. Eine alttestamentarische Dichtung, 1893 ein weiteres Mal aufgelegt. 51 S. Pataky, Lexikon deutscher Frauen der Feder. Bd. 2, Berlin 1898, 412. 52 M. Wauer, Das hohe Lied von der Makkabäer Heldentod, Cöthen 1886, 4. 53 A. a. O., 6. 49 50
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8. Resumée Der Rückblick auf die Erinnerungsgeschichte macht deutlich: Die Sieben Brüder und ihre Mutter sind eine Art „Protomärtyrer“ der christlichen Überlieferung.54 Dabei bot der handlungsarme Stoff des Originals die Möglichkeit, die Botschaft der Glaubenstreue bis zum Tod in immer wieder neuen Bearbeitungen auf historisch ganz unterschiedliche Konfliktsituationen zu beziehen. Invariabel bleibt hingegen die dichotomische Struktur der Erzählung. Als Bekenntnisdichtung scheidet sie unversöhnlich zwischen „Bösen“ und „Guten“, zwischen dem „falschen“ und dem „richtigen“ Glauben. Ihre Handlungsführung ist daher eindimensional, bietet keinen Raum für Differenzierung, Ausgleich, Verständigung, gar Toleranz. Das macht sie uns heute sehr fremd. Und doch enthält sie vielleicht ein Moment der Versöhnung: Die Verehrung der makkabäischen Märtyrer verbindet Juden und Christen. Daher habe ich ihre Geschichte auch als Thema meines Beitrags ausgewählt: für Dich, lieber Hermann, zu dessen Lebensthema diese Versöhnung geworden ist. Und ich würde Dich gern einladen zu einer Reise nach Rom, wo in San Pietro in vincoli die Verflechtung von christlich-jüdischer Geschichte in ganz besonderer Weise sichtbar ist: mit dem Sarkophag der Makkabäer neben den Ketten des Apostels Petrus und unter dem „Moses“ des Michelangelo, vor dem – jetzt vor genau einhundert Jahren – ein anderer Jude über die Beherrschung der Leidenschaften als Voraussetzung menschlicher Kulturentwicklung nachgedacht hat.
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„Gendered Resistance“ Anmerkungen zur Makkabäer-Rezeption im rabbinischen und modernen Judentum Matthias Morgenstern
Die Makkabäerbücher sind nicht Teil der Hebräischen Bibel, und ihre Texte finden daher weder im Synagogengottesdienst noch sonst in der jüdischen Liturgie Verwendung. Trotz der fehlenden Kanonizität haben einige der in diesen Büchern behandelten Stoffe aber Eingang in die Überlieferung des rabbinischen Judentums gefunden. Am Bekanntesten ist die talmudische Bearbeitung der Legende von der Mutter, die sich, „obwohl sie nur eine schwache Frau war, ein männliches Herz fasste“ (2 Makk 7,21) und mitsamt ihren sieben Söhnen lieber Marter und Tod auf sich nahm, als sich durch den hellenistischen König zum Verzehr von Schweinefleisch zwingen zu lassen.1 Darüber hinaus haben Motive aus der Makkabäerzeit auch in die mittelalterliche jüdische Literatur Eingang gefunden,2 vor allem in die Piyyutim zum Chanukkafest.3 Besonderes Interesse hat daneben das Bild der Hasmonäerhelden in der jüdischen Renaissancebewegung seit dem 19. Jahrhundert und dann vor allem im Zionismus und im heutigen Staat Israel auf sich gezogen. Autoren wie Eliezer Charles Liebman, Eliezer Don-Yehiya4, Nachman Ben-Yehuda5 und Yael Zerubavel6 haben die Verwendung der Makkabäer und entsprechender Stoffe in der modernen hebräischen 1 Vgl. die Analyse der Bearbeitung dieser Erzählung in bGit 57b (sowie der Parallelstelle in KlglR 1,50) von G. Holtz, Der Herrscher und der Weise im Gespräch. Studien zu Form, Funktion und Situation der neutestamentlichen Verhörgespräche und der Gespräche zwischen jüdischen Weisen und Fremdherrschern (ANTZ 6), Berlin 1996, 222–249. 2 Vgl. dazu E. Baumgarten, Rella Kushelevsky. From „Mother and Her Sons“ to „The Mother of the Sons“ (hebr.), Zion 71 No. 3 (2006) 306–342 und I. Reich, עוד בעניין אגדת האישה ושבעת בניה, Zion 73 No. 4 (2008) 485–488. 3 Vgl. E. Hollender, Zur Beschreibung der Makkabäer in mittelalterlichen Piyyutim zu Hanukkah, in: G. Busi (Hg.), We-zot le-Angelo. Raccolta di studi giudaici in memoria di Angelo Vivian, Bologna 1993, 263–274. 4 C. S. Liebman / E. Don-Yehiya, Civil Religion in Israel. Traditional Judaism and Political Culture in the Jewish State, Los Angeles, CA/London 1983, 41.52 f.236. 5 N. Ben-Yehuda, The Masada Myth. Collective Memory and Mythmaking in Israel, Madison, WI 1995, 104–106.144. 6 Y. Zerubavel, Recovered Roots. Collective Memory and the Making of Israeli National Tradition, Chicago, IL 1995, 25 und 248, Anm. 52.
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Literatur, in israelischen Festtags‑ und Politikerreden und in der israelischen Zivilreligion ( )דת חילוניתerforscht und teilweise kritisch dekonstruiert.7 Meist wurde dabei aber außer Acht gelassen, dass die Neugestaltung der Makkabäerfiguren in der Moderne auf Quellen zurückgriff, die zu rekonstruieren es eines gewissen Aufwandes bedarf. Denn neben direkten Verarbeitungen von Makkabäerstoffen im Talmud finden sich auch indirekte Anknüpfungen, und es waren häufig gerade diese indirekten rabbinischen Anspielungen und Transformationen, über die der spätere Rückgriff auf die deuterokanonischen Texte erfolgte. Die moderne Inanspruchnahme der Makkabäer, diese These soll im Folgenden vertreten werden, ist nur vor dem Hintergrund dieser Umformungen in der rabbinischen Zeit zu verstehen, auf die die modernen Interpreten reagieren, indem sie ihrerseits ein neues Makkabäerbild schaffen. Um diesen Prozess zu verstehen, soll nun eine Überlieferung als Ausgangspunkt genommen werden, die im 2. Makkabäerbuch kurz vor der erwähnten Legende von der Mutter mit ihren sieben Söhnen Erwähnung findet: die Geschichte vom greisen Eleasar, jenem angesehenen Schriftgelehrten und „schönen Mann“ (2 Makk 6,18) der sich nach dem Bericht des zweiten Makkabäerbuches weigerte, Schweinefleisch oder vom König befohlenes Opferfleisch zu essen, der auch jede Verstellung ablehnte und stattdessen bereit war, „tapfer zu sterben“ und sich „seines Alters würdig zu zeigen“ (2 Makk 6, 27).8 In den Blick kommen zunächst (1) Anspielungen auf den Eleasar-Stoff in der rabbinischen Literatur; im Anschluss (2) geht es um die Perspektive auf die Makkabäer im Zerrspiegel des neuhebräischen Dichters Chaim Nachman Bialik (1873–1934), bevor schließlich (3) eine Art nachträglicher Kanonisierung oder „Rabbinisierung“ des Makkabäerstoffs bei dem neoorthodoxen Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808–1888) mitsamt der Wirkungsgeschichte seiner neoorthodoxen Motivumformung in der späteren antizionistischen Orthodoxie des 20. Jahrhunderts analysiert wird. Dabei soll deutlich werden, dass die späteren Transformationen der Makkabäerstoffe ein Profil aufweisen, das man im Hinblick auf das in ihnen zur Geltung kommende Bild vom sozialen Geschlecht (gender) interpretieren kann. Es war vor allem die Vorstellung von der im standhaften und unbeugsamen Leiden zum Ausdruck kommenden Männlichkeit, die die späteren Bearbeiter zu Neugestaltungen des Stoffes anregte. Der Widerstand gegen die Gottesfeinde, von jüdischen Autoren der unterschiedlichen Epochen mit Zügen der Makkabäerzeit ausgestattet, wird so – mit den Worten Daniel Boyarins – als „gendered resistance“ kenntlich. Es sind vor allem diese Fragen, die der Erforschung der wirkungsgeschichtlichen Zusammenhänge in den vergangenen Jahren neuen Schwung gegeben, die bei einigen der oben genannten zeitgeschichtlich forschenden Historikern aber auch 7 Vgl. z. B. E. Luz, Parallels Meet. Religion and Nationalism in the Early Zionist Movement, Philadelphia, PA/New York, NY/Jerusalem 1988, 123. 8 Vgl. 2 Makk 6,18–31 und 4 Makk 5–7.
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zu einer gewissen Desillusionierung und zu einer postzionistisch motivierten Distanzierung von den Stoffen der Makkabäerzeit geführt haben.
1. Beter in Sack und Asche, Trickster und Simulanten: Eleasar-Gestalten in der rabbinischen Literatur Sowohl im Jerusalemer als auch im Babylonischen Talmud fallen Überlieferungen von Elʿazar-Gestalten ins Auge, bei denen erwogen werden kann, ob und in welchem Maße ihre Züge literarisch oder redaktionell mit einem Seitenblick auf den makkabäischen Elʿazar gezeichnet worden sind. Im palästinensischen Talmud (yTaan 68d,60–69a,3) ist von einem Rabbi Elʿazar aus Modaʾin die Rede, der während der Belagerung der Stadt Betar durch Hadrian nicht etwa aktiv an der Verteidigung der Stadt teilnahm, sondern in Sack und Asche verweilte und im Gebet vergeblich den göttlichen Beistand erfleht habe (והיה ר' אלעזר המודעי
יושב על השק ועל האפר ומתפלל בכל יום ואומר ריבון העולמים אל תשב בדין היום אל )תשב בדין היום. Schließlich sei er durch die Verleumdung eines „Kutäers“, also
Samaritaners, unter den Verdacht des Verrats geraten und eigenhändig von Bar Kokhba getötet worden.9 Nach dieser ruchlosen Tat lässt sich eine Himmelsstimme ( )בת קולmit einem Zitat aus Sach 11,17 hören („weh mein wertloser Hirte, der die Hörde verlässt …“), und aus der Anklage gegen den Mörder („du hast Rabbi Eleazar aus Modaʾin getötet, den Arm aller Israeliten und ihr rechtes Auge“) folgt das Urteil: „Darum soll der Arm dieses Mannes verdorren, ja verdorren, und sein rechtes Auge soll erblinden, ja erblinden!“ Auf dieses Verdikt folgt dann die Eroberung der Stadt durch die Römer und die Tötung des im Talmud „Lügensohn“ ( )בן כוזבאgenannten Anführers der Aufständischen. Die historische Authentizität dieser Erzählung wird von der Forschung mit guten Gründen skeptisch beurteilt,10 und es erscheint unbestritten, dass die Interpretation eines motiv‑ und redaktionsgeschichtlichen Ansatzes bedarf. Nun können unterschiedliche Motive in die Gestaltung der Erzählung eingeflossen sein.11 Sicher ist, dass die rabbinische Literatur – sie schaute auf mehrere katastrophal verlaufene jüdische Aufstände gegen die Römer zurück – ihre 9 Vgl. A. Lehnardt, Ta’aniyot. Fasten. Übersetzung des Talmud Yerushalmi Band II/9, Tübingen 2008, 145 f. 10 Zur Analyse dieses Textes vgl. P. Schäfer, Bar Kokhba and the Rabbis, in: ders. (Hg.), The Bar Kokhba War Reconsidered. New Perspectives on the Second Jewish Revolt against Rome, Tübingen 2003, 1–22, hier 6 f. Schäfer schreibt: „The historical value of this story tends towards zero“ (7). Zur historischen Beurteilung der Bar Kokhba-Texte im Talmud vgl. auch H. Eshel, The Dates used during the Bar Kokhba Revolt, in: P. Schäfer (Hg.), The Bar Kokhba War Reconsidered, Tübingen 2003, 93–105. 11 Zu dem Vorschlag, R. Elʿazar von Modaʾin auf jenen Eleazar ha-Kohen zu beziehen, dessen Name auf den Münzen des Bar Kochba-Aufstandes gefunden wurde, vgl. S. Yeivin, מלחמת בר כוכבא, Jerusalem 1951, 63 und S. Safrai, Eleazar of Modiʾin, EJ 6 (1971) 603.
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Schwierigkeiten mit den so stark militärisch konnotierten Überlieferungen der Makkabäerzeit hatte.12 Der beste Beleg dafür ist die breite Diskussion über das Chanukkafest im Traktat Shabbat des babylonischen Talmuds, eine Diskussion, die dieses Fest als eingeführte und für rabbinische Juden verpflichtende Veranstaltung kennt, von den Geschehnissen der damaligen Zeit – mit Ausnahme des Ölwunders – aber nichts zu erzählen weiß und stattdessen ausführlich halachische Anweisungen zum Lichteranzünden referiert und diskutiert.13 Was die genannte Erzählung vom Fall der Stadt Betar im palästinensischen Talmud anbelangt, so ist immerhin darauf hinzuweisen, dass dieses Motiv auch im babylonischen Talmud eine Rolle spielt, und zwar in jenem oben erwähnten Kontext vom Märtyrertod der Mutter mit ihren sieben Söhnen (bGit 57ab) – ein Umstand, der die Vermutung der Motiv-Nähe bestätigt. Zu erwähnen ist auch, dass es in nachbiblischer Zeit im christlichen Bereich, vor allem in den Ignatiusbriefen und im Gebet des Polycarp, nachweislich Rezeptionen der Märtyrerlegenden aus den Makkabäerbüchern gegeben hat.14 Wie Daniel Boyarin und Anders Klostergaard Petersen gezeigt haben, spielen dabei im Übrigen in ähnlicher Weise wie im Judentum konzeptionelle Modifikationen von Geschlechtlichkeit eine Rolle. Die diesbezüglichen Unterschiede in der Bearbeitung der Martyriumstraditionen im Judentum und Christentum gehören zu den spannendsten Fragen der vergleichenden Religionsgeschichte in der Spätantike.15 12 Die Argumentation von G. Alon, Did the Jewish People and its Sages Cause the Hasmoneans to be Forgotten, in: ders., Jews, Judaism and the Classical World, Jerusalem 1977, 1–17, zu dieser Frage ist nicht überzeugend und berührt den in diesem Aufsatz vorgetragenen Gedankengang nur zum Teil. 13 Die Schwierigkeit einer fehlenden biblischen Grundlage wird sogar ausdrücklich zur Sprache gebracht: Geradezu demonstrativ wird in bShab 23a gefragt: Wo hat er (d. h. Gott) uns dies (nämlich das Lichteranzünden während des Chanukkafestes) und das Rezitieren der dazu gehörigen Benediktion befohlen ( ?)והיכן צונוDer Talmud antwortet mit zwei Schriftbelegen – „an die Weisung, die sie dir geben, sollst du dich halten“ (Dtn 17,11) und „gedenke der vorigen Zeiten“ (Dtn 32,7) –, die als Verlegenheitsauskünfte gelten müssten, wenn nicht anzunehmen wäre, dass der Sachverhalt der Nicht-Kanonizität der Makkabäerbücher den Textrezipienten nicht ohnehin bekannt war. Mit den Makkabäern haben die angegebenen Schriftbelege, wie jedem der Mitdiskutanten im Lehrhaus bekannt gewesen sein muss, freilich nichts zu tun. 14 Zu den Spuren der Makkabäerbücher bei den Kirchenvätern vgl. T. Baumeister, Die Anfänge der Theologie des Martyriums, Münster 1980, 270 ff.; W. H. C. Frend, Martyrdom and Persecution in the Early Church. A Study of a Conflict from the Maccabees to Donatus, Oxford 1965, 19 f.; G. W. Bowersock, Martyrdom and Rome, Cambridge 1995, 77–81 und D. A. deSilva, 4Maccabees. Guides to Apocrypha and Pseudepigrapha, Sheffield 1998, 143–155. Mein Dank an Frau Kollegin Anna Maria Schwemer für diesen letzteren Literaturhinweis. 15 Vgl. D. Boyarin, Dying for God. Martyrdom and the Making of Christianity and Judaism, Stanford, CA 1999, 50 ff. und 117. Zur Interpretation der Geschichte der Mutter und ihrer sieben Söhne vgl. A. Klostergaard Petersen, Die Konzeption von Geschlecht und Sexualität im frühen Christentum, in: M. Morgenstern / C. Boudignon / C. Tietz (Hg.), Männlich und weiblich schuf Er sie. Studien zur Genderkonstruktion und zum Eherecht in den Mittelmeerreligionen, Göttingen 2011, 33–66, hier 38: „Diese Mutter ist ein hervorragendes Beispiel für eine Person, die die natürlichen Geschlechtergrenzen überschreitet. Sie tut dies in einer Situation, in der man – entsprechend den Wertbegriffen des Gendersystems, das in diesen Texten vorausgesetzt
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Vergleicht man nun den makkabäischen Eleasar und sein Pendant der Bar Kochba-Zeit, so fällt auf, dass beide zwar den Tod erleiden, dass der Held des Makkabäerbuches aber gerade in seiner Passion als handelndes Subjekt hervortritt, das selbst Entscheidungen trifft und aktiv zur Marter geht (2 Makk 6,29). Ihm gegenüber fällt auf die Passivität des Elʿazar aus Modaʾin, der in Sack und Asche sitzt, während rings um ihn gekämpft wird, ein eigentümliches Licht. Liegt eine Parodie vor? Soll man sein Verhalten unehrenhaft nennen? Eine solche Kennzeichnung läge dem rabbinischen Redaktor vielleicht fern. Denn der rabbinische Eleasar verharrt ja im Gebet. Zugleich ist aber festzuhalten, dass die himmlische Instanz nicht den gewaltsamen Tod des Beters verhindert, sondern – dieser Erzählzug ist sehr merkwürdig und wirkt nahezu grotesk – sich als Himmelstimme erst nach dem vollzogenen Mord meldet und auf die Seite des Ermordeten stellt. In diesem Zusammenhang ist dann auch festzuhalten, dass Rabbi Elʿazar nicht im Kampf mit den Römern, sondern durch einen jüdischen Gottesgegner getötet wird. Dieses Gegenüber zu Bar Kochba gibt – so ist die Geschichte wohl zu verstehen – auch der Rabbi Elʿazar zugeschriebenen Handlungsweise ein besonderes Gepräge. Augenscheinlich soll der im Gebet vor Gott verharrende Rabbi Elʿazar gerade in der Konfrontation mit dem Anführer des militärischen Aufstandes als „Arm aller Israeliten und ihr rechtes Auge“ gelten; es ist dieser Kontext, der sein „passives Verhalten“ in Sack und Asche theologisch qualifiziert. In einer Erzählung im babylonischen Talmud (bAZ 17b) ergibt der Vergleich mit dem makkabäischen Eleasar noch eine Reihe weiterer Gesichtspunkte. „Als Rabbi Elʿazar ben Peraṭa und Rabbi Ḥanina ben Teradion inhaftiert wurden“, so heißt es dort, sprach Elʿazar ben Peraṭa zu Rabbi Ḥanina ben Teradion: Heil dir, der du aus einem Grund ( )על דבר אחדinhaftiert worden und gerettet werden wirst, wehe aber mir, der ich aus fünf Gründen ( )על חמישה דבריםinhaftiert worden bin.16
Es folgt eine Geschichte von einem verhinderten Martyrium, die Daniel Boyarin als Gegengeschichte oder Parodie zur Geschichte des „wahren Eleasar“ im 2. Makkabäerbuch interpretiert hat,17 jenes Märtyrers, der „einen ruhmvollen wird – erwartet hätte, dass sie sich weibisch verhielte, d. h. dass sie den Überzeugungsversuchen des Antiochus nachgäbe, vom Martyrium abließe und ihre Söhne davon überzeugte, das Gleiche zu tun. Dem gegenüber heißt es aber, sie sei von edler Entschlusskraft erfüllt, habe ihre frauenhaften Gedanken abgetan und sich mit einem männlichen Geist beflügelt (2 Makk 7,21).“ 16 Alle Zitate aus dem Babylonischen Talmud sind der Wilnaer Ausgabe (1880–1886) entnommen (Nachdruck Jerusalem 1962/1963); die Hs. München (Cod. hebr. 95 der Bayerischen Staatsbibliothek) wurde vergleichend hinzugezogen. Die Übersetzung orientiert sich an: L. Goldschmidt, Der Babylonische Talmud, Berlin 19672 [Nachdruck der zweiten Auflage Frankfurt am Main/Darmstadt 1996, 12 Bde], Band 9, 486 f. (modifiziert). 17 Vgl. D. Boyarin, Tricksters, Martyrs, and Collaborators. Diaspora and the Gendered Politics of Resistance, in: J. Boyarin / ders., Powers of Diaspora. Two Essays on the Relevance of Jewish Culture, Minneapolis, MN 2002, 35–102, hier 63.
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Tod einem mit Schande befleckten Leben vorzog“ (2 Makk 6,19), der deshalb „mannhaft“ sein Leben ließ und sich seines Greisenalters würdig zeigte (2 Makk 6,27), indem er „der Jugend ein edles Beispiel“ gab, wie man „freudig und edelmütig für die erhabenen und heiligen Gesetze eines schönen Todes sterben soll.“ Rabbi Ḥanina erwiderte ihm: „Heil dir, der du aus fünf Gründen ( )על חמישה דבריםinhaftiert worden bist und gerettet werden wirst, wehe aber mir, der ich aus einem Grund (על )דבר אחדinhaftiert worden bin, und nicht gerettet werden werde.“ […] Sie führten Rabbi Elʿazar ben Peraṭa vor. Sie sagten: Weshalb hast Du studiert ( )תניתund weshalb gestohlen (?)גנבת Er sagte ihnen: Ein Schwertträger ist kein Gelehrter und ein Gelehrter kein Schwertträger ( ;)אי סייפא לא ספרא ואי ספרא לא סייפאund da das eine nicht zutrifft, trifft auch das andere nicht zu. (Sie fragten:) Weshalb nennt man dich Meister (?)רבי (Er antwortete:) Ein Webermeister ( )רבן של תרסייםbin ich. Da holten sie zwei Knäuel und fragten ihn: Welcher ist die Kette und welcher der Einschlag? Da geschah ihm ein Wunder ()ניסא, und es kam eine weibliche Biene ( )זיבוריתאund setzte sich auf die Kette, und eine männliche Biene ( )זיבוראund setzte sich auf den Einschlag. Hierauf sagte er ihnen, dieser sei die Kette und jener sei der Einschlag. Da fragen sie ihn: Weshalb bist du nicht ins Bei Abedan ( )בי אבידןgegangen? Er antwortete ihnen: Ich bin alt ()זקן הייתי, ich fürchtete, ihr würdet mich mit den Füßen zertreten. (Sie fragten ihn:) Wie viele Greise ( )כמה סביsind denn bis jetzt zertreten worden? Da geschah ein Wunder ()ניסא, und ein Greis wurde an diesem Tage zertreten. (Sie fragten ihn:) Weshalb hast du deinen Sklaven in die Freiheit gelassen? Er antwortete ihnen: So etwas gab es nie ()לא היו דברים מעולם. Als danach jemand ( )חדgegen ihn (d. h. gegen Rabbi Elʿazar ben Peraṭa) als Zeuge auftreten wollte, kam Elijahu, als königlicher Würdenträger verkleidet, und sprach zu ihm: Da ihm in allen anderen Dingen ein Wunder ( )ניסאwiderfahren ist, wird ihm auch hierin ein Wunder ( )ניסאwiderfahren. Der Mann ( )גבראaber wird seine Schlechtigkeit zeigen. Dieser beachtete es aber nicht. Als er auftrat, um gegen ihn (d. h. gegen Rabbi Elʿazar ben Peraṭa) auszusagen, hatten sie gerade einen von den königlichen Würdenträgern geschriebenen Brief an den Kaiser ( )קיסרzu senden. Sie sandten ihn durch diesen Mann (שדרוה על )ידיה דההוא גברא.18 Da kam Elijahu und schleuderte ihn vierhundert Parasangen weit, dass er nicht zurückkehren konnte.
18 Die
Münchner Hs. hat eine etwas andere Wortstellung ()שדר' בידי דההוא גבר לקיסר.
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Vergleicht man nun das Schicksal des makkabäischen Eleasar mit dem offenbar von den Römern bedrängten Eleasar des Talmuds, so hatte dieser Letztere in der Tat ein ganz anderes Los als sein Gegenbild mehrere Jahrhunderte zuvor. Bereits der erste Satz seines Kollegen Rabbi Ḥanina ben Teradion hört sich wie eine Parodie auf die „Vorlage“ an. Damals war der „Grund“ der Verfolgung mit Händen zu greifen, während in der Gegenwart des Talmuds eine eigenartige Verwirrung im Spiel ist: „Heil dir, der du aus fünf Gründen ()על חמישה דברים inhaftiert worden und gerettet werden wirst, wehe aber mir, der ich aus einem Grund ( )על דבר אחדinhaftiert worden bin, und nicht gerettet werden werde.“ Im Folgenden werden die einzelnen Causae angeführt, die seitens der Römer gegen Rabbi Elʿazar vorgebracht wurden, und dieser erweist sich nicht etwa als unbeugsam und stark, sondern greift zu unterschiedlichen Sprachspielen und Tricks und wird am Ende durch ein Wunder gerettet. 1. Wie bei dem makkabäischen Greis geht es zunächst um das jüdische Gesetz. Die Römer halten ihrem Häftling die Beschäftigung mit der Tora vor; gemeint ist hier, dies zeigt die Terminologie ()תנית, freilich nicht die schriftliche Lehre des Pentateuch, sondern die mündliche Lehre der tannaitischen Weisen. Im Anschluss fragen sie: Weshalb hast Du gestohlen ( ?)גנבתWir wissen nicht, worauf sich diese Anschuldigung hätte stützen können.19 Die Antwort des Beschuldigten („ein Waffenträger ist kein Gelehrter, und ein Gelehrter ist kein Waffenträger“) ist im Hebräischen ein alliterierendes Wortspiel, das die Schlagfertigkeit des Beschuldigten zum Vorschein bringt. Inhaltlich weist Rabbi Elʿazar dabei auf einen Widerspruch hin – man kann nicht zugleich Gelehrter und gewalttätiger Räuber sein! –, der als Topos in ähnlicher Weise auch in zeitgenössischen christlichen Martyriologien eine Rolle spielt.20 Auf der pragmatischen Ebene erfüllt die Antwort dabei ihren Zweck. Die Beschuldiger geben sich augenscheinlich mit der Antwort zufrieden und gehen zum folgenden Anklagepunkt über. Zugleich zeigt das Diktum Rabbi Elʿazars einen doppelten Gegensatz zum Geschehen der Makkabäerzeit an: Wenngleich auch der frühere Eleasar – es war ja ein Greis! – nicht mit der Waffe in der Hand starb, ist offenbar ein Gegensatz zum im Bericht des zweiten Makkabäerbuches kurz darauf einsetzenden militärischen Widerstand der Makkabäer (2 Makk 8 ff.) intendiert: Im Gegensatz zu diesen Befreiungskämpfern bleibt der talmudische Elʿazar eben passiv und nimmt kein Schwert in die Hand!21 Auch trat der makkabäische Eleasar seinen Peinigern nicht mit einem Rätselwort, sondern in klarer Diktion entgegengetreten und erwies sich eben dadurch als männlich und standhaft. 2. Auch die zweite Anklage, die sich auf den Status Elʿazars als rabbinischer Gelehrter bezieht, weist charakteristische Aspekte einer sozialen Geschlechter19 Vgl.
die Anmerkung bei D. Boyarin, Dying for God, 52 und 166 (Anm. 38). Vgl. D. Boyarin, Tricksters, 61. 21 Vgl. S. R. Hirsch, Jakobs Stimme und Esaus Schwert, in: ders., Gesammelte Schriften. Band III. Hg. v. N. Hirsch, Frankfurt am Main 1912, 130 ff. 20
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konstruktion auf: „Weshalb nennt man dich Meister?“ Die Antwort, die der Ankläger erhält, soll ihn zunächst einmal von der Wahrheit einer Lüge überzeugen: Rabbi Elʿazar, von dem der Talmudleser aus dem Kontext weiß, dass er Toragelehrter war, gilt hier als Webermeister! Abgesehen von der sexuellen Konnotation der Antwort, dass der Einschlag in die Kette eindringt, erweckt der mit Wollknäueln hantierende Rabbi aber auch sonst den Eindruck, mit weiblichen Zügen ausgestattet zu sein.22 Die Beschäftigung mit Wolle gilt bereits in der Bibel (2 Sam 3,29; Prov 31,13–24), dann aber vor allem im Talmud (mKet 5,6), als Kennzeichen weiblicher Tätigkeit.23 Der Kontrast zur Makkabäerzeit, in der Eleasar durch seine Standhaftigkeit im Leiden seine Männlichkeit beweist, könnte auch hier nicht größer sein. Daniel Boyarin spricht von einer „gendered resistance“ und einem geradezu feigen Verweilen in Zweideutigkeit („ambiguous intentions”), das zeitgenössische römische Polemiker als weibisch verächtlich gemacht hätten.24 3. Es folgt die Frage, warum der Gelehrte nicht in das Bei Abedan – gemeint ist wahrscheinlich ein dem heidnischen Kult geweihtes Haus – gegangen ist.25 Was wir als Antwort hören – das Alter teilt unser Rabbi ja mit dem Makkabäergreis –, ist weder Bekenntnis noch mutiger, mannhafter Widerstand gegen den Götzendienst, sondern eine Ausrede, die geradezu die Nachfrage provoziert, ob denn der heidnische Gottesdienst nur in diesem vordergründig physischen Sinne dermaßen gefährlich war, dass man befürchten musste, zertreten zu werden? „Wieviele Greise sind bis jetzt zertreten worden?“ – „Da geschah ein Wunder ()ניסא, und ein Greis wurde an diesem Tage zertreten.“ Anders als Jahrhunderte zuvor beim Martyrium der Hasmonäerzeit kommt es zu einem wunderbaren Eingriff des Himmels. Dabei scheint es ironischerweise keine Rolle zu spielen, dass zugunsten der Rettung des jüdischen Gelehrten ein anderer Mensch sein Vgl. die Analyse bei D. Boyarin, Dying for God, 55. Vgl. M. Morgenstern, Übersetzung des Talmud Yerushalmi, Ketubbot. Eheverträge, Tübingen 2009, 233 mit weiteren Belegstellen. 24 D. Boyarin, Tricksters, 62; ders., Dying for God, 55; M. W. Gleason, Making Men. Sophists and Self-Presentation in Ancient Rome. Princeton, NJ 1995, 37. Zu dieser auf die historischen Gendervorstellungen gerichteten Interpretation passt auch ein Vergleich beider Fassungen der Geschichte von der Mutter mit ihren sieben Söhnen im 2. Makkabäerbuch und im Talmud, und zwar im Hinblick auf die Gestaltung der Abfolge der Hinrichtung der Söhne. In der talmudischen Version (bGit 57b) antworten die Söhne auf das Ansinnen, den Götzen anzubeten, jeweils mit dem Zitat eines biblischen Toraverses. Die eingangs zitierte Charakterisierung der Mutter im Makkbäerbuch als „schwache Frau mit einem männlichen Herz“ (2 Makk 7, 21) wird im Talmud dann ersetzt durch ein Zitat aus Ps 113,9: „es freue sich die Mutter der Söhne“. Hier ist ein Wechsel in der Gendervorstellung mit Händen greifbar. Vgl. dazu auch die oben Anm. 2 genannte Literatur; zur Wirkungsgeschichte dieser Erzählung in der rabbinischen Literatur vgl. auch J. W. van Henten / F. Avemarie, Martyrdom and Noble Death. Selected Texts from GraecoRoman, Jewish, and Christian Antiquity, London 2002, 135–137. 25 Zum Bei Abedan im persischen Kontext des Babylonischen Talmuds vgl. S. Secunda, The Talmudic Bei Abedan, JSQ 4 (2011) 343–366, hier 356; im Zusammenhang der vorliegenden Geschichte ist aber wahrscheinlich der römische Kaiserkult gemeint (D. Boyarin, Trickster, 63). 22 23
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Leben lassen musste – eine, auch der Talmudredaktor muss das so empfunden haben, groteske Art des göttlichen Eingriffs! 4. Schließlich der Vorwurf: „Weshalb hast Du deine Sklaven freigelassen?“ Der interessanten Frage, in welcher Hinsicht hier das Thema der Sklaverei und der Freilassung der Sklaven als Opposition gegen Rom gewertet wird und ob der Rabbi überhaupt seine Sklaven freigelassen und damit (indirekt) die Grundlagen der Sklavenhaltergesellschaft in Gefahr gebracht hat, kann hier nicht weiter nachgegangen werden. Jedenfalls erfolgt auch hier kein mutiges Bekennen, sondern eine Ableugnung ()לא היו דברים מעולם. Wieder lesen wir von einer geradezu grotesken Wendung des Geschehens. Es tritt ein „jemand“ auf den Plan – ein undankbarer Sklave, der von Eleasar freigelassen worden war? –, um gegen seinen ehemaligen Herrn auszusagen. Auffällig ist, dass dieser merkwürdige Mensch im Talmud zweimal „Mann“ ( )גבראgenannt wird26 – will der Erzähler durch diese Bezeichnung den rabbinischen Gegenspieler dieses Zeugen als „unmännlich“ charakterisieren? Doch die himmlische Macht lässt den rabbinischen Protagonisten nicht im Stich: Durch ein Wunder, das ein als königlicher Würdenträger verkleideter Elia bewirkt, wird dieser „Mann“, der zuvor als Briefträger für den Kaiser fungiert hatte, weit weggeschleudert, so dass er nicht zurückkehren kann. Nach Boyarin erscheint der Held dieser Geschichte als Trickster, als eine Figur, durch die und mit der sich ein Diasporajudentum konstituiert, das den offenen Aufstand nicht wagen kann, sondern auf unterschiedliche Formen indirekten Widerstandes angewiesen ist. Es handelt sich hier um den Typos eines Verhaltens, das der zionistische Arbeiterführer Yitzhaq Ben-Zvi, der spätere israelische Staatspräsident, 1913 in der hebräischen Zeitschrift Ha-Achdut als zugleich klug und feige kennzeichnete – „a sharp mind, agility, submissiveness toward others, and patience, cowardice, and timidity in relation to neighbors and rulers“27 – und das bis an die Grenze der Kollaboration gehen konnte. Drei weitere Bemerkungen drängen sich an dieser Stelle noch auf: Zum einen ist auffällig, dass nur vier Vorwürfe gegen Rabbi Elʿazar ben Peraṭa referiert werden, während in dem Gesprächsgang mit Rabbi Ḥanina ben Teradion doch von fünf Anklagen die Rede gewesen war. Diese fünfte Anklage, so scheint es, wird stattdessen nun mit der einen Anklage gegen Rabbi Ḥanina ben Teradion identifiziert. Diesem wird die Frage vorgehalten: „Weshalb hast du dich mit der Tora befasst ( “?)קא עסקת באורייתאAusweislich der Terminologie – der aramäische Terminus אורייתאbezieht sich auf den Pentateuch, die schriftliche Tora – handelt es sich hier um einen Vorwurf, der von der ersten Anklage gegen Rabbi Elʿazar, der die mündliche Tradition studiert hatte, durchaus zu unterscheiden 26 Vgl.
auch D. Boyarin, Trickster, 62. Zitiert nach Y. Zerubavel, Recovered Roots, 19. Ben-Zvi fuhr fort, Juden hätten sich in dieser Zeit auf Wunder verlassen, da ihnen das Selbstvertrauen und die Motivation gefehlt hätten, ihre Situation selbst verbessern zu können (ebd.). 27
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ist. Wir erfahren, dass Rabbi Ḥanina aus diesem einen Grund inhaftiert und mit dem Tod durch Verbrennen bestraft wurde – ein Schicksal, das der Talmud, der den Gedanken, Gott könne eine grundlose Strafe zugelassen haben, offenbar nicht ertragen kann, durch die Zusatzinformation, Rabbi Ḥanina habe die Sünde begangen, den vierbuchstabigen Gottesnamen buchstäblich auszusprechen, mit einer rationalisierenden Begründung versieht.28 Dies bedeutet zum andern, dass der Talmudtraktat in unmittelbarer Nähe, im Anschluss an unseren Text, den Narrativ eines Martyriums bereit hält, das eben nicht verhindert wurde. Der „Trickster“ ist also auch im Babylonischen Talmud offenbar nur eine neben anderen Verhaltensvarianten, die in Verfolgungssituationen offenstehen.29 Schließlich soll notiert werden, dass die Theodizeefrage in der talmudischen Elʿazar-Erzählung anders als in den Makkabäerbüchern beantwortet wird, in denen Gott das Unheil ja zulässt und nicht rettend eingreift.30 Die rabbinischen Texte geben hier ein diasporajüdisches Verhaltensmuster zu erkennen, das, wenn auch vornehmlich klischeehaft, das Judentum über Jahrhunderte hinweg begleitete, das nach dem Auszug der Juden aus dem Ghetto, im Zuge der Emanzipation, vor allem aber im Angesicht der modernen Manifestationen des Antisemitismus in die Krise geriet.
2. Flüchtlinge und Opfer: Die Enkel der Makkabäer und das Juden-Pogrom von Kischinjew (1903) Als markantester Punkt, der die Abkehr vom traditionell-zurückhaltenden „weiblichen“ Elʿazar-Bild des Talmuds markiert, kann ein Gedicht gelten – vielleicht das berühmteste Gedicht der hebräischen Literatur vom Anfang des 20. Jahrhunderts: Chaim Nachman Bialiks „In der Stadt des Mordens“ (בעיר )ההריגה. In diesem Text wird die Umformung der martyrologischen Motivik, wie wir sie aus der Makkabäerrezeption des Talmuds kennen, fortgesetzt. Der Betrachter des schrecklichen Pogroms von Kischinjew aus dem Jahre 1903 sieht hier Juden, die sich nicht gewehrt, sondern in Löchern versteckt haben. Ihre unmännliche, den Nachfahren von Makkabäern in grotesker Weise unwürdige Handlungsweise hat ihnen aber nichts genützt. Wie sich an einer Reihe sprach-
28 Da dieser letztere Vorwurf auch gegen Christen erhoben wurde und die Anklage des Textstudiums sich auf die fünf Bücher Mose bezieht, die auch von jüdischen Häretikern (und Judenchristen) studiert wurden, kann man mit Boyarin erwägen (Dying for God, 56–58), ob der Talmud mit der „fünften Anklage“ den Vergleich mit christlichen Martyriumserzählungen durchscheinen lässt. Es handelt sich hier um eine Möglichkeit, die vielfältige Deutungsvarianten eröffnet, denen in diesem Kontext aber nicht weiter nachgegangen werden kann. 29 Vgl. D. Boyarin, Trickster, 64 ff. 30 Zur Theodizee-Thematik im Vergleich vgl. auch D. Boyarin, Trickster, 60.
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licher Signale zeigen lässt,31 schildert der Dichter, was er sieht, in biblischer Sprache:32 :בֹואים ִ כָּ ל ַהמַּ ֲח-אתיָך ֶאל ִ וְ ַעתָּ ה ֵלְך וְ ֵה ֵב .צֹואים ִ ִמ ְכ ְלאֹות ֲחזִ ִירים ּושְׁ ָאר ְמקֹומֹות,בָּתֵּ י ָמ ֳח ָראֹות
ית בְּ ֵעינֶ יָך ֵאיפֹה ָהיּו ִמ ְת ַחבְּ ִאים ָ וְ ָר ִא
, ַהמַּכַּבִּ ים-יהם שֶׁ ל ֶ ֵּובנֵ י ְבנ ְ בְּ נֵ י ַעמֶּ ָך,ַא ֶחיָך ."נִ ינֵ י ָה ֲא ָריֹות שֶׁב" ַאב ָה ַר ֲח ִמים" וְ זֶ ַרע ַה" ְּקדֹושִׁ ים ,ֶעשְׂ ִרים נֶ ֶפׁש בְּ חֹור ֶא ָחד ּושְׁ ֹלשִׁ ים שְׁ ֹלשִׁ ים …עֹולם וַ יְ ַקדְּ ׁשּו שְׁ ִמי בָּ ַרבִּ ים ָ ָּבֹודי ב ִ וַ יְ גַ דְּ לּו ְכ
In der deutschen Fassung des Gedichts von Abraham Schwadron, die den Text eher frei überträgt und zusammenfasst, heißt es: Jetzt komm, Ich führ dich in alle Verstecke: In Abtritte, Ställe von Schweinen und andere Orte voll Unrat, auf daß deine Augen erschauen, wo sie sich bargen, deine Brüder und deines Volkes Söhne, Die Enkel der Makkabäer und Märtyrer-Löwen, zwanzig in einem Loch und je dreißig, dreißig – – haben so MEINE Ehre auf Erden erhöht, so in der Welt MEINEN Namen geheiligt.33
Dieser zugleich grausame wie sarkastische Text ist ein Schrei des Entsetzens. Beschrieben wird ein Martyrium der „Heiligung des göttlichen Namens“ (קדוש )השם, das darin besteht, das dieser Name nicht nur im Wortsinne entehrt, sondern vor allem die Geschöpfe Gottes in den Schmutz getreten werden. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei weniger die Untaten der Verbrecher als die Flucht, die Passivität, die vergebliche Verstecksuche der Opfer. Nicht die Schergen sind das Subjekt, sondern die fliehenden Juden. Die Nennung der Makkabäer hat das Ziel, im Kontrast ein „unmännliches“ Verhalten ans Licht zu stellen, das bis auf die Spitze getrieben wurde und doch nicht, wie das des Tricksters im Talmud, der Rettung diente, sondern in den Untergang geführt hat. Wenn man in der Parodie des Talmuds ein gewisses Amüsement des Berichterstatters vermuten mag, so bleibt hier nur der schärfste Tadel, der indirekt zugleich dazu dient, aus dem abschreckenden Beispiel ein anderes, ein widerstandsfähigeres Ideal jüdischen Verhaltens zu evozieren. 31 Auffällig ist etwa der Gebrauch des Waw-Konsekutivums; die Kombination von „“לך, „geh“ (Z. 1), und „ich will dir zeigen“ bzw. „du sollst sehen“ („“ראית, Z. 3) lässt an Gottes Aufforderung an Abraham (vgl. Gen 12,1) denken. 32 כל כתבי ח"נ ביאליק, Tel Aviv 1938, 82; zu diesem Text vgl. auch A. Mintz, Hurban. Responses to Catastrophe in Hebrew Literature, New York, NY 1984, 132–141 (englische Übersetzung) und http://benyehuda.org/bialik/beir.html (Zugriff am 11. 02. 2017). 33 Vgl. C. N. Bialik, Nach dem Pogrom. Aus dem Hebräischen von Abraham Schwadron, Wien/Berlin 1919, 14 f.
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Ein solches Ideal entstand dann als Antwort auf die Erfahrungen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Im Umfeld des Zionismus, aber auch darüber hinaus, begannen in dieser Zeit in der jüdischen Kultur und Gesellschaft Kräfte wirksam zu werden, die das alte Judenbild des eher feigen, passiven, gelehrten, etwas verschlagenen und zudem verweiblichten „Tricksters“ im Talmud ablehnten und an seine Stelle die Vorstellung des wehrhaften „Muskeljuden“ setzten.34 In diesem Geist wurde in den 1930er Jahren die jüdische Sportbewegung Makkabi ins Leben gerufen mitsamt einer internationalen jüdischen Sportveranstaltung, den Makkabiaden, die sich – ironischerweise – an den nach griechisch-antikem Vorbild rekonstruierten Olympischen Spielen orientierten.35 Parallel dazu taucht im säkularistisch-zionistischen Imaginaire der Topos des aufrechten und im Lande Israel verwurzelten tapferen Kämpfers auf – eine Figur, die sich vom Diasporajudentum verabschiedet hat und in philosophischen Texten in Nietzscheanischem Überschwang gar als eine Art „blonder Bestie“ gezeichnet werden kann.36 Der in diesen Farben gezeichnete „Sabre“ ()דמות הצבר wird zu einem der wichtigsten Motive der frühen israelischen Literatur, in der die Titulierung „Hellenisierer“ ( )מתיווןals Schimpfwort gilt.37 Ähnliche Bilder finden sich nicht nur im zionistischen Diskurs, sondern auch in jiddischen Texten und bei den jüdischen Partisanen Osteuropas im zweiten Weltkrieg und heute in der israelischen Volkskultur.38 Zum Verständnis dieser modernen Aneignungen des makkabäischen Erbes ist es nun wichtig, in Rechnung zu stellen, dass – wie bereits im Talmud – in der aneignenden und interessegeleiteten Rückschau die Hasmonäerzeit häufig mit Motiven der von Josephus beschriebenen Zeloten und dann auch mit der Bewegung Bar Kochbas ineinanderfließt.39 Dies bedeutet, dass Bewegungen 34 Max Nordau gebrauchte diese Wendung in einer Rede vor dem zweiten Zionistischen Kongress in Jahre 1898; vgl. H. Ujvári, Art. Nordau, Max, in: W. Benz (Hg.), Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Band 2/2: Personen, Berlin 2009, 592 f., hier 593. 35 Zum ersten Mal 1932 in Tel Aviv veranstaltet, findet die Makkabiade seit 1953 regelmäßig alle vier Jahre in Israel statt. 36 Vgl. F. Niewöhner, Jüdischer Nietzscheanismus seit 1888, in: W. Stegmaier / D. Krochmalnik (Hg.), Jüdischer Nietzscheanismus (MTNF 36), Berlin 1997, 17–31, hier 25 und D. Krochmalnik, Neue Tafeln. Nietzsche und die jüdische Counter-History, a. a. O., 53–81, hier 57 mit einem Zitat Acha Haams: „Neue Werte! Neue Tafeln! An Stelle der ‚Schrift‘ komme das Schwert, an Stelle der Propheten – die blonde Bestie!“ 37 N. Ben-Yehuda, The Masada Myth, 144. 38 Das Internet zeigt, wie weit die zivilreligiöse Aneignung der Makkabäer heute gehen kann: Die Suche nach dem hebräischen Text, für den das Akronym „Makkabi“ steht (מי כמוך באלים )‘הführt auf Youtube-Spots, in denen Anhänger des Fußballclubs Makkabi-Tel Aviv oder eines anderen Makkabi-Sportvereins diesen Bibelvers (Ex 15,11) skandieren, um die eigene Mannschaft so anzufeuern. 39 Vgl. Y. Zerubavel, Bar Kokhba’s Image in Modern Israeli Culture, in: P. Schäfer (Hg.), The Bar Kokhba War Reconsidered. New Perspectives on the Second Jewish Revolt against Rome, Tübingen 2003, 280–297.
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unterschiedlicher Jahrhunderte, die von der rabbinischen Tradition prinzipiell in unterschiedlicher Akzentuierung bewertet wurden, auf einmal gemeinsame Züge bekommen.40 Auf der anderen Seite machen sich – trotz aller Amalgamierungen und historisch unscharfer Zusammenfassungen von Motiven aus dieser Trias von Makkabäern, Zeloten und Bar Kochba-Aufständischen – doch die unterschiedlichen Anknüpfungs‑ und Rezeptionsmöglichkeiten bemerkbar, die sich für die entsprechenden Stoffe von der rabbinischen Tradition her ergeben. Bei den Kriegsgegnern der Römer im ersten und zweiten nachchristlichen Jahrhundert lag das negative Urteil der rabbinischen Weisen, wie beispielhaft unser erster Text aus dem Jerusalemer Talmud zeigt, so fest, dass Umwertungen schwer und nur in einem explizit säkularistischen Umfeld möglich sind. Nur dort konnte es zu einer positiven Anknüpfung an die jüdischen Aufständischen kommen, während der Begriff der Zeloten ansonsten weiterhin weitgehend als Kampfbegriff gegen den jeweiligen Gegner eingesetzt wird.41 Das Etikett der Makkabäer, deren Bild ja – wenngleich im Talmud in eher unscharfer Weise – mit dem Chanukkafest verbunden ist, eignete sich demgegenüber auch für aktualisierende Neuinterpretationen im religiös-orthodoxen Lager.42
40 Y. Zerubavel, Recovered Roots, 220, spricht von einer „interchangeability of historical events“ im Hinblick auf die Verschmelzung von Chanukka‑ und Lag ba-Omer-Motiven. 41 In der von dem ungarisch-jüdischen Gelehrten Leopold Löw herausgegebenen Zeitschrift Ben Chananja (1860, Heft 6, 286) ist z. B. in denunziatorischer Absicht von „Zeloten“ die Rede, um die, wie es heißt, „fanatische(n) Partei“ der Orthodoxen und den „mittelalterlichen Aberglauben“ zu kennzeichnen; vgl. M. Hildesheimer / M. Morgenstern, Rabbiner Samson Raphael Hirsch in der deutschsprachigen jüdischen Presse, Münster 2013, 287. Man konnte und kann bis heute jeweilige Gegner als „Zeloten“ beschimpfen, aber nie wird einem Gegner das Epitheton „Makkabäer“ verliehen. Während die Makkabäer, in deren historischer Linie man sich selbst sehen will, im modernen Israel weiterhin unisono affirmativ dargestellt werden, kommt es bei der Darstellung oder Inanspruchnahme der Kämpfer des ersten jüdischen Krieges zu kritischen Retuschen bis hin zu einer radikalen Infragestellung der herrschenden Zivilreligion, wenn etwa der Dramatiker Joshua Sobol in seinem Stück „Das Jerusalem-Syndrom“ vor der unfreiwilligen Zerstörung des „Dritten Tempels“ (er meint damit das zionistische Projekt, den gegenwärtigen Staat Israel) durch einen fanatisierten jüdischen Nationalismus warnt; vgl. M. Morgenstern, Theater und zionistischer Mythos. Eine Studie zum zeitgenössischen hebräischen Drama unter besonderer Berücksichtigung des Werkes von Joshua Sobol, Tübingen 2002, 245–271. 42 Vgl. die Andeutungen bei E. Regev, The Hasmoneans. Ideology, Archaeology, Identity, Göttingen 2013, 5. Die Studie, die der Autor seinen fünf Söhnen gewidmet hat, enthält als Motto ein ins biblische Hebräisch (!) übersetztes Zitat aus 1 Makk 2, 51: זכרו מעשי אבות אשר עשו בדורותם – die Mahnung des Makkabäerhelden Mattatias an seine Söhne. Chanukka konnte auch deshalb leichter „zionisiert“ werden, weil die halachische Regelungsdichte hier geringer ist als bei zentralen Festen wie Passah oder das Wochenfest; so konnten sich auch religiöse Juden graduell der zionistischen Neudeutung anschließen.
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3. Orthodoxe Widerstandskämpfer: Die neoorthodoxe „Kanonisierung“ des Makkabäerstoffs Das Anbringen derartiger interpretatorischer Veränderungen – dies soll im Folgenden ein Beispiel aus dem 19. Jahrhundert zeigen – war nicht nur in einem zionistisch-säkularen, sondern auch in einem traditionalistischen Umfeld möglich. Bei dem neoorthodoxen Rabbiner Samson Raphael Hirsch, dem bekanntesten Vertreter der deutsch-jüdischen Orthodoxie,43 findet sich ein Text, der die kämpferischen Aspekte der Makkabäer positiv in Anspruch nimmt und damit deren talmudische Sedierung jedenfalls in gewisser Hinsicht rückgängig macht. Das Überraschende dabei ist, dass dieser Versuch in einem gesetzestreuen Kontext vorgenommen wird, in dem man die Beachtung des rabbinischen Verbotes des Lesens „äußerer“, also deuterokanonischer Bücher ( ;ספרים חיצוניםvgl. mSan 10,1), hätte erwarten können. Im Jahre 1837 veröffentlichte Hirsch sein halachisches Kompendium „Horeb“. Wie der Titel andeutet, handelte es sich hier um ein Werk, in dem der Verfasser – vergleichbar mit dem Mischne Tora-Kodex des Maimonides – die für seine Zeit verbindliche Fassung des rabbinischen Gesetzes vorlegen wollte. In diesem Kompendium findet sich in § 246 unter der Überschrift „Chanúckoh“ eine Paraphrase von Berichten aus der Makkabäerzeit, die die Geradlinigkeit und Entschlossenheit der handelnden Personen unterstreicht. Der Autor stellt sich hier der Entmännlichungsstrategie des Talmuds entgegen, indem er betont, dass die Makkabäerhelden auch in ihrem Leiden noch als handelnde Subjekte erkennbar sind. Hirsch zielt dem halachischen Kontext nach gewissermaßen auf die Chanukka-Frage des babylonischen Talmuds (wo hat er uns das befohlen? [)]היכן צונו. Dabei nimmt er die Makkabäergeschichte zugleich gewissermaßen in die Tora hinein, indem er ihre Tora-Qualität durch Wendungen unterstreicht, die er in derjenigen aschkenasischem Mundart vorträgt, die seinen Lesern durch den synagogal-liturgischen Vortrag aus der Torarolle geläufig ist: Unter Antiochus Epiphanes, einem Fürsten Syriens, sollte nun Jissroél zum ersten Male die Waffen der Gewalt, nicht auf ihre Habe, nicht auf ihr Leben, nicht auf ihre Freyheit gerichtet sehen, sondern auf das, was ihnen mehr noch ist als Habe und Gut, als Land und Leben und Freyheit, – gerichtet sehen auf Vernichtung ihrer Lebenslehre, auf Erlöschung ihres Wissensgeistes, auf Ertödtung ihrer Lebensreinheit, auf Vertilgung ihres Jissroélswandels. – Mizrájim knechtete Jissroéls Leib, Bowél, und später Rom, waren Landeseroberer, Persien war selbst milde gegen überkommene Provinz, Alle waren Macht gegen Schwächere, und meinten wiederum nur Macht und Gut. Dem Antiochus war das, eines Rasenden, wie die Folgezeit ihn nannte, würdige Beginnen vorbehalten, Despotengewalt 43 Zur Biographie Hirschs vgl. E. M. Klugman, Rabbi Samson Raphael Hirsch. Architect of Torah Judaism for the Modern World, New York, NY 1996 und M. Morgenstern, Von Frankfurt nach Jerusalem. Isaac Breuer und die Geschichte des Austrittsstreits in der deutsch-jüdischen Orthodoxie, Tübingen 1995, 101–204.
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gegen den Geist zu kehren, und Jissroél vertraut zu machen mit den Prüfungen, die ihrer so viele Jahrhunderte hindurch warteten, zwischen geistigem oder körperlichem Tod zu wählen. – Wie rasend ward gewüthet; – Beachtung der Jissroéls Leben tragenden Stützen: Thauroh, Schabboß, B’riß[44], mit dem Tode gebüßt; gebüßt mit dem Tode jede Erfüllung der Pflicht; durch Wollust der Satrapen Keuschheit/ der Häuser gezwungen ertödtet; der Tempel entheiligt, Götzen in ihm errichtet; – – und dem alleinigen Gott zu entsagen und Göttern zu opfern sollte mit Schrecken des Todes erzwungen werden; – – da fielen die ersten Leichen für der Thauroh Bestand. Da – als gefallen waren die Treuen – als schon schwankten die Schwachen – und verlassen sich sah Jissroéls Sache – erhob sich Matthaßjóhu, Sohn Jauchonóns, der Priester[45], mit seinen Söhnen, zählte nicht die Zahl der ihm Gleichgesinnten, vertraute auf den Geist und auf Gott, der dem Geist den Sieg verleihet über rohe Gewalt; erhub sich zum Kampfe gegen solche Raserey, – und Gott ließ siegen, vollkommen siegen seiner Treuen Schwäche über der Uebermutigen Gewalt.46
Es folgt nun, Makkabäerbücher und Talmud amalgamierend, die Erzählung vom Wunder des Tempelleuchters mit dem Krug geweihten Öls, das für acht Tage ausreichend war. Daraus folgt – schließlich sollen die Leser in erster Linie nicht etwas „leiden“, sondern etwas „tun“! – als Skopus der Ausführungen eine Paränese: Alljährlich, wenn wiederkehrt die Chanuckóhzeit, werden in jedem Jissroélhause, ja von jedem Jissroélsohn, Lichter angezündet, und jener Tage Begebenheit in Wort und in Gott=anschauenden Gesängen gefeyert; auf daß es Jissroél durchleuchte das Wort seine dunklen Gänge: „daß Jissroéls Geistes=/licht nimmer erlösche. Und wenn auch rings um dich Alles entweihet wäre im Drange der Zeiten, wenn auch nur in Eines Hauses Kreisen, ja nur in Eines Mannes Brust rein bleibt das Licht – lebet nur heiter mitten in der Verirrung, sterbet selbst heiter unter eines Rasenden Wuth – Jissroéls Geistesleben bleibt gerettet – Gott wacht darüber, und – auch nur an eines Mannes Licht – entzündet Er es neu.47
Bemerkenswert ist die ganz auf die Stärkung der Gesetzesobservanz der Leser gemünzte Zielrichtung dieses Abschnittes, der mit einem „pazifistischen“ Zitat aus Sach 4,6 endet: „Nicht mit Heeresmacht, nicht mit Körperkraft, sondern mit meinem Geiste, spricht Haschém Z’woauß!“48
Diese halachische Abzweckung bleibt auch in späteren Makkabäerinterpretationen Hirschs erhalten. Doch tritt allmählich, verbunden mit dem für ihn immer ist die Beschneidung ()ברית מילה. Vgl. 1 Makk. 2,1. 46 S. R. Hirsch, חורב. Versuche über Jissroéls Pflichten in der Zerstreuung, zunächst für Jissroéls denkende Jünglinge und Jungfrauen, Altona 1837, 205 f.; vgl. auch die sprachlich revidierte Neuausgabe des Morascha-Verlages (Zürich/Basel 1992) unter dem Titel Chorew (hier 160 f). 47 A. a. O., 206 f. 48 A. a. O., 207. 44 Gemeint 45
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wichtiger werdenden Kampf gegen die jüdische Reformbewegung, ein anderer Akzent in den Vordergrund – die Wendung gegen den innerjüdischen Gegner. Aus dem Makkabäerkampf zur Aufrechterhaltung der Halacha-Observanz im Horebtext des Jahres 1837 wird so ein Kampf gegen die als „hellenisierend“ begriffene moderne jüdische Reformbewegung.49 Für das Verständnis dieser Polemik ist es nicht unwichtig, dass dieser Stoff zur gleichen Zeit, freilich mit anderer Intention, auch von reformjüdischer Seite in Anspruch genommen wurde. Der jüdische Historiker Heinrich Graetz hatte in seiner „Geschichte der Juden“ aus den Makkabäern nationalgesinnte „Verteidiger des Vaterlandes“50 gemacht, die es vermocht hätten, „das nationale Leben“ des jüdischen Volkes zu stärken.51 Indem er die moderne Nationalstaatsidee des 19. Jahrhunderts auf frühere Zeiten übertrug, wurden die Makkabäer zu Vorläufern späterer nationaljüdischer Aspirationen und solcher Bewegungen, die das Judentum auf einer nicht-orthodoxen Grundlage rekonstruieren wollten. Solche Aktualisierungen des Makkabäergeschehens waren gemeint, wenn Hirsch von einer „armselige(n) Lächerlichkeit“ sprach und den Reformern vorwarf, „von Makkabäer=Muth und Hasmonäer=Ruhm und Mathathias und Judas National=Verdienst den Mund voll zu nehmen und die Feder in gereimten und ungereimten Pathos zu tauchen – und gleichzeitig das Heiligthum, für das sie gekämpft, als blutigen Götzencultus zu verlästern, und das Gesetz, für das sie gestorben, als antiquirtes Trödelwerk zu verachten“. 52 Um seinem Standpunkt Nachdruck zu verschaffen, setzte Hirsch – das unterschied ihn von seinen altorthodoxen Kollegen vor allem in Osteuropa und gehört zu den Merkmalen, die die Kennzeichnung seines Werkes als im orthodoxen Kontext „modern“, eben als „neoorthodox“ rechtfertigen – alle ihm zur Verfügung stehenden schriftstellerischen Mittel ein. In der von ihm herausgegebenen Monatsschrift Jeschurun des Jahres 1854 lesen wir einen Text, der das ChanukkaGeschehen, fast wie das Frage‑ und-Antwort Schema des Seder-Abends am Vorabend des Passahfestes, gewissermaßen in ein liturgisches Schema bringt:
49 Mit seiner von anachronistischen Interessen getragenen Deutung, die den Konflikt der Makkabäerzeit als innerjüdischen Konflikt versteht, nimmt Hirsch eine Interpretation vorweg, die Elias Bickermann mehrere Jahrzehnte später vortragen sollte: vgl. E. Bickermann, Der Gott der Makkabäer, Berlin 1937. 50 Vgl. H. Graetz, Volkstümliche Geschichte der Juden in drei Bänden. Erster Band, Leipzig 1888, 386. 51 Ders., Geschichte der Juden von den Anfängen bis auf die Gegenwart. Band 2: Geschichte der Israeliten, Leipzig 1876, 322. 52 S. R. Hirsch, Kislew. Unsere Aufgabe, Jeschurun 3 (1860) 146. Ein ähnlicher Protest gegen die säkularzionistische Beanspruchung der Hasmonäerkriege findet sich bei Y. Leibowitz, Religion, Humanismus und die Spaltung der Nation, in: M. Morgenstern (Hg.), Kampf um den Staat. Religion und Nationalismus in Israel, Frankfurt am Main 1990, 206–209.
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Mit dem Abend des 25ten Kislew zündest du das Chanuckahlicht in deinem Hause an, und mit immer steigendem Lichtgruß tritt 8 Tage lang die Erinnerung einer alten Geschichte aus einer alten Zeit in deinen Kreis. „Immer wieder die alte Geschichte?“ Sterben denn die jüdischen Toten nie? Vergehet denn die jüdische Vergangenheit nimmer?“ Nein, die jüdischen Toten sterben nicht. Wer für’s Judenthum gestorben, noch mehr, wer für’s Judenthum gelebt, der stirbt nimmer; ewig dankbar bewahrt sein Andenken das seinen vergangenen Edlen dankbarste Geschlecht. Und die Vergangenheit, die Geschichte, die jüdische Vergangenheit, die jüdische Geschichte,– ewig frisch und ewig neu, tritt sie in ihren großen Zügen an jedes jüngere Geschlecht heran mahnend, warnend, tröstend und erhebend. Und nun gar diese Geschichte! O, daß sie alle alt wäre, mit ihrem Trüben und ihrem Herrlichen nun nach 2000 Jahren alt, so alt, daß uns das Trübe unbegreiflich und das Herrliche alltäglich erschiene!53
In seiner rhetorischen Bemühung greift Hirsch auch auf einen Text des antiken jüdischen Schriftstellers Flavius Josephus zurück54 – dieser Autor wird bei Hirsch nicht wie bei seinen Vorgängern in der jüdischen Vormoderne über das mittelalterliche Buch Josippon, sondern direkt rezipiert und damit gewissermaßen ebenso rabbinisiert wie die Makkabäerbücher. Im Anschluss lässt er erneut das 1. Makkabäerbuch selbst zu Wort kommen: In jenen Tagen traten aus Israel gesetzwidrige Männer hervor und redeten dem Volke zu und sprachen: Lasset uns gehen und mit den Völkern um uns her einen Bund machen: denn seitdem wir uns von ihnen gesondert,/ haben uns viele Leiden getroffen. Diese Rede gefiel den Augen der Menge und Einige aus dem Volke waren bereit und machten sich auf dem Weg zu dem Könige. Der König gab ihnen die Erlaubniß, die Sitten der Heiden einzuführen. Da erbauten sie in Jerusalem ein Gymnasium nach griechischer Weise, und machten sich Vorhäute, und standen ab von dem heiligen Bunde und verbanden sich mit den Völkern und gaben sich ganz preis, das Böse zu üben.55
Dieser Bericht wird nun wieder in das zuvor begonnene Frage‑ und-AntwortSpiel eingefügt („Ist’s eine alte Geschichte?“). Hirsch, wie seinen Lesern, stehen aktuelle Auseinandersetzungen vor Augen: der Streit mit den liberalen „Neologen“, die nach antikem Vorbild die Beschneidung in Frage stellten,56 und andere Reformen, die nach Hirschs Verständnis unter die Rubrik des traditionelljüdischen Verbots בחוקת הגויnach Lev 20,2357 fielen: „und wandelt nicht in den S. R. Hirsch, Chanuckah, Jeschurun 3 (1854) 123 f. Zitat aus den Altertümern (mit der von ihm angegebenen Fundstelle Buch 12,6) folgt offenbar der Übersetzung von R. Martin, Die jüdischen Altertümer des Flavius Josephus, Köln 1853 (= Ios. ant. Iud. 12,5,1). 55 S. R. Hirsch, Chanuckah, 124 f. (mit Zitat aus 1 Makk 1,12–16). 56 Vgl. A. Gotzmann, Jüdisches Recht im kulturellen Prozeß. Die Wahrnehmung der Halacha im Deutschland des 19. Jahrhunderts, Tübingen 1997, 256 ff. 57 In der Auflistung der Verbote in Maimonides Sefer Ha-Mizwot handelt es sich um das 30. Verbot; vgl. M. Joseph, Gebote und Verbote, JL 2 (1927) 921. 53
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Satzungen der Völker, die ich vor euch her vertreiben werde!“58 Die „Sitten der Heiden“ – das betraf liturgische Reformen wie die Abschaffung des Kol NidreGebet am Abend des Jom Kippur,59 das Anlegen eines Talars durch die Rabbiner nach dem Vorbild der protestantischen Pfarrer,60 die Einführung eines Synagogenchors,61 den Umgang der Geschlechter miteinander und die Frage, ob und in welcher Weise Frauen ihr Haar zeigen dürfen und anderes mehr.62 Hirsch sieht die Makkabäer in der Tradition der Propheten des Alten Israel im Kampf gegen den Götzendienst, und seinen eigenen Streit mit den Reformern, die nach seiner Überzeugung ihre Synagogen in „Avaudo Zauro-Tempel“ verwandelt hätten,63 versteht er in der Tradition beider. Um die Plausibilität diese Parallelkonstruktion zu stützen, fährt er mit einem Zitat aus 2 Makk 4,7 ff. fort, erneut „liturgisch“ gerahmt („Ist’s eine alte Geschichte?“), und fügt hinzu: Denn siehe, dieser Abfall […] war kein von außen provocirter Abfall, war keine Folge des antiochischen Wütens gegen das Judenthum; dieser Abfall der jüdischen Gotteslehrer und der höhern gesellschaftlichen Schichten in Judäa war ein freiwil/liger, ging jenem Königswüten voran, ja, war ganz eigentlich Veranlassung, ja Urheber des spätern judenthumfeindlichen Fanatismus. Selbst nicht im Wahnsinn wäre es dem Antiochus eingefallen, Judenthum und Juden griechisch reformieren zu wollen, hätten ihm nicht Juden und Judenthumspriester zuvor gezeigt, daß bereits das Judenthum in ihren Herzen den Boden verloren, daß sie nur auf Königsbefehl harrten, um den Zeus auf des Ewigeinzigen Altar zu stellen […] So ist’s in den dunkelsten Jahrhunderten der Verfolgung keinem Machthaber eingefallen, Juden und Judenthum reformieren zu wollen. Juden verfolgte man, aber an die Ewigkeit des Judentums glaubte man selbst. Priester und Jünger des 19. Jahrhunderts mußten erst selbst den Fürsten und Völkern das Schauspiel abtrünniger Juden vor die Augen führen, ehe ein Staatsmann an Reformirung des Judenthums durch Dekrete und Maßregeln denken konnte.64
Dass nun aber, so Hirsch, „die Männer des Fortschritts“, die „Männer der Bildung“, „die Priester der Reform“, die „politischen Religionshändler der antiochischen Zeit“65 sich verrechnet hatten, hängt nicht mit den militärischen Erfolgen der Makkabäer zusammen; stattdessen macht der Autor, der hier zur
58 Zu diesem religionsgesetzlichen Topos vgl. M. Hildesheimer / M. Morgenstern, Rabbiner Samson Raphael Hirsch, 121. 59 Zum Streit um das Kol Nidre vgl. a. a. O., 15, 33, 89, 112, 121, 192 sowie M. Morgenstern, Frankfurt nach Jerusalem, 154 f. 60 Vgl. M. Hildesheimer / M. Morgenstern, Rabbiner Samson Raphael Hirsch, 121. 61 A. a. O., 138 und 151. 62 A. a. O., 113. 63 Vgl. J. Rosenheim, Erinnerungen 1870–1920, Frankfurt am Main 1970, 38 und S. R. Hirsch, Offener Brief an S. Ehrwürden Herrn Distriktsrabbiner S. B. Bamberger in Würzburg, Frankfurt am Main 1877, 6 ff. sowie die Zitate in: M. Morgenstern, Frankfurt nach Jerusalem, 192 und 198. 64 S. R. Hirsch, Chanuckah, 126 f. 65 A. a. O., 127.
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traditionell-rabbinischen Motivik zurückfindet, es daran fest, „was dein Makkabäerlicht dir erzählt“: Laß sie immerhin fanatisch gegen Judenthum wüthen, mögen links Tausend und Myriaden rechts vom Judenhtum abfallen, so lange sie nicht den letzten Funken Judenthum in der Brust des letzten Juden im letzten jüdischen Dorfe zertreten haben, so lange mögen wir, kurzsichtige Sterbliche zittern […] ein reiner Funke, in einer jüdischen Brust treu bewahrt, genügt Gott, um daran den ganzen Geist des Judenthums wieder zu entflammen. Und wenn alles Oel, alle Kräfte, die das Gotteslicht in Israel nähren sollten, dem Lichte des Heidenthums verfallen wären, ein Krügchen Oel, eine unter hohepriesterlichem Siegel still und unentweihet in einem vergessenen Winkel treu gebliebene Brust genügt, um, wann Zeit und Stunde gekommen, das Heiligthum zu retten.66
In einem weiteren Text konzipiert Hirsch sein makkabäisches Engagement als endzeitlichen Kampf, der in der Hoffnung auf ein „fünftes Chanukka“ geführt werden soll. Dieses letzte Chanukka werde einst auf die erste Heiligtumsweihe in der Wüste (Lev 10), die zweite Weihe unter Salomo, den Neubau des Tempels nach dem Babylonischen Exil und viertens auf das Makkabäer-Chanukka folgen – eine im orthodoxen Zusammenhang bemerkenswerte Einordnung der Ereignisse in ein heilsgeschichtliches Gefüge.67 Dieser Horizont bringt mit sich – hier kommt Hirschs eigener Akzent zum Vorschein –, dass es dem Autor letztlich weniger auf den Märtyrertod als auf den „muthige(n) Kampf […], das gottvertrauende Ringen ums göttliche Gesetz“ ankommt.68 Aus dieser Perspektive paraphrasiert er den Septuagintatext und macht deutlich, dass er sich nicht an den talmudischen „Trickstern“, sondern am Eleasar der Makkabäerbücher orientiert: Mit ihren Säuglingen am Halse herabgestürzte Mütter, die – ihre Säuglinge beschnitten hatten[69], in Höhlen verbrannte – Sabbathfeierer[70], Männer, Frauen, Kinder, Greise, die den härtesten Martertod erlitten, um nur keine verbotene Speise zu genießen, um nur ihr Knie nicht vor den Götteraltären zu beugen, um nur auch nicht einmal zum Scheine das Gesetz zu brechen – Eleasar der Greis[71] – Hannah, die Mutter mit ihren sieben Söhnen, seht sie haben alle schon den Martertod erlitten, der kleinste, der jüngste, der siebte ist übrig, – an das Muttergefühl appellirt der Tyrann, um das zarte Kind zu retten, sie verspricht ihm zuzureden, und nimmt ihn in Arm und drückt ihn an die Brust, und erinnert ihn an die Schmerzen, die sie um ihn erduldet, an die Pflege, die sie ihm gezollt, an die Liebe, die sie ihm gespendet, und mahnt ihn, und bittet ihn und beschwört ihn – nicht schlechter sein zu wollen als seine Brüder, sie ihn dort oben einst nicht vermissen zu lassen, sie zur glücklichen Mutter zu machen, alle, alle ihre Söhne, auch den jüngsten, dort oben
S. R. Hirsch, Chanuckah, Jeschurun 1 (1854) 128. S. R. Hirsch, Die 4 Chanuckah, Jeschurun 2 (1855) 129–156. 68 Resümierend heißt es: „Höher noch als der Tod ist das tathenreiche Leben“ (a. a. O., 151). 69 Vgl. 2 Makk 6,10. 70 Vgl. 2 Makk 6,11. 71 Vgl. 2 Makk 6,18–31. 66 67
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beim Vater im Himmel wieder zu finden, und zu sterben, und nicht mit sündhaftem Frevel sein Leben zu erkaufen[72] […], „die glückliche Mutter der Söhne!“73
Mit solchen Formulierungen war im Kontext der deutsch-jüdischen Orthodoxie des 19. Jahrhunderts der weitergehenden Identifizierung der eigenen Führungsgestalten mit den Makkabäern der Boden bereitet. Der Widerstand gegen die Bestrebungen der Reformbewegung wurde zu einem Makkabäerkampf, und die Helden des Widerstandes malten sich selbst in makkabäischen Farben. Mit den Makkabäern verglichen wurden vor allem herausragende und unbeugsame Vorkämpfer der Orthodoxie wie die fränkisch-jüdische Familie Rosenbaum, die in besonderer Weise für den Erhalt des althergebrachten Judentums eintrat, die Söhne Mendel Rosenbaums, des Hauptvertreters dieser Familie, „waren ‚Heldensöhne‘“.74 Von Jona Rosenbaum aus Zell am Main (Kreis Würzburg) hieß es, er sei einer bekannten Familie entsprossen, „die, gleich der Makkabäerfamilie mit dem greisen Vater an der Spitze, in trüber Zeit, in welcher die Reformsucht die Wurzel des Judenthums zu zernagen drohte, die Fahne des angestammten unverfälschten Glaubens hoch hielt und durch ihr energisches Eingreifen in die jüdischen Verhältnisse Bayerns, namentlich Unterfrankens, die אמונהauf lange Zeit vor den gefährlichen und böswilligen Angriffen schützte“75. Ein Enkel S. R. Hirschs, der Frankfurter orthodox-jüdische Rechtsphilosoph und Gemeindepolitiker Isaac Breuer (1883–1946), übertrug dann die MakkabäerMotivik auf die Auseinandersetzungen zwischen der jüdischen Orthodoxie und dem Zionismus im Palästina der britischen Mandatszeit. Dieser Kampf wurde in der Hauptsache vom „Alten Jischuw“, der vorzionistisch-orthodox-jüdischen Bevölkerungsgruppe in Jerusalem, geführt, die sich dagegen wehrte, dass die Zionisten in Palästina mit Bezug auf die britische Balfour-Erklärung ein „tora-loses“ jüdisches „Nationalheim“ errichten wollten. Das Pathos der entsprechenden Berichte bezieht sich auf die weltliche, teilweise ausgesprochen sozialistische Prägung der frühen Zionisten, und im Hintergrund schwingen die Erinnerungen an die Verfolgungen des orthodoxen Judentums im bolschewistischen Russland mit.76 Nach dem historischen Vorbild trug der orthodox-jüdische Widerstand heroische und mirakelhafte Züge. Wie mehr als 2 Jahrtausende zuvor wurde die Résistance-Bewegung erneut von einem Greis getragen. Die neuen „Makkabäer“ standen unter der Führung des 1848 in Ungarn geborenen Rabbiners Chajim Sonnenfeld, der sich 1873 in Jerusalem niedergelassen hatte. Breuers Bericht von 72 Vgl.
2 Makk 7,25–29. 151 (mit Zitat aus Ps 113,9); zur Einfügung des Psalmzitats vgl. oben Anm. 24. 74 M. Breuer, Jüdische Orthodoxie im Deutschen Reich 1871–1918. Sozialgeschichte einer religiösen Minderheit, Frankfurt am Main 1986, 41. 75 Vgl. auch den Nachruf auf J. Rosenbaum, Israelit 35 (1894) 1621 sowie Israelit 51 (1910) 1 und Jeschurun (NF) 3 (1916) 641 f.; http://www.alemannia-judaica.de/zell_am_main_synagoge. htm#Zum Tod von Jona Rosenbaum (1894) (gesehen am 1. April 2014). 76 Vgl. M. Morgenstern, Frankfurt nach Jerusalem, 272, Anm. 380. 73 A. a. O.,
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diesem neuzeitlichen Freiheitskampf der orthodoxen Juden in Jerusalem spielt auf das Geschehen von 2 Makk 6 an. Obwohl er das Leiden der Betroffenen nicht verschweigt, gestaltet er die Geschichte – in Anlehnung an das Narrativ seines Großvaters S. R. Hirsch – aber dennoch zu einer Erzählung von einem aktiv geführten Kampf, gar zu einer success story: […] als die zionistische Diktatur bis zur unmittelbaren Gewissensbedrückung sich steigerte und Schweigen und Dulden Anerkennung der zionistischen Ideologie bedeutet hätte, griffen die Greise den Fehdehandschuh, der ihnen ins Antlitz geschleudert war, auf und wurden die Führer des jüdischen Freiheitskampfes.“77 „Ein Wunder war geschehen. Der schwache, friedfertige Greis, der seit einem halben Jahrhundert im Lehrhaus geweilt, war in einen Kämpfer von Riesenkraft verwandelt. Von Spott und Hohn umheult, in buchstäblicher Gefahr seines Lebens, zerbrach er den eisernen Reifen, den der zionistische Nationalismus um Palästinas Juden geschmiedet, und gründete auf Jeruscholajims Boden, auf dem Boden der Thora, die Nationalgemeinde Gottes.78
Der Konflikt zwischen den „ultraorthodoxen“ Juden in Jerusalem und der säkularjüdisch-zionistischen Nationalbewegung, der in den folgenden Jahrzehnten immer wieder „makkabäische“ Züge annahm, dauert, wie der Blick in die Tagespresse zeigt, bis in die Gegenwart fort. Der Umgang mit den Stoffen der Chanukka-Tradition und der Kampf um das Erbe der Makkabäer ist ein Beispiel dafür, wie orthodoxe Juden – gerade, wenn sie intransigent und antimodern sein wollen – manchmal erstaunlich kreativ und innovativ sind.
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Judentum und Griechentum bei Hermann Cohen Hans P. Lichtenberger
Vorbemerkungen Die Makkabäer werden bei Cohen äußerst selten und auch dann nur höchst beiläufig erwähnt. Eine explizite Thematisierung findet sich nicht in seinem Werk. Offensichtlich hat er es vorgezogen, über sie zu schweigen, anstatt ihr Auftreten als ein regressives Selbstmissverständnis innerhalb der Geschichte des Judentums brandmarken zu wollen. Cohen spricht nicht als Historiker, sondern als Philosoph, und m.W. sind die Makkabäer in der europäischen Philosophie noch nie ein Gegenstand des Nachdenkens geworden. Die nachfolgende Skizze zu Cohens Sicht des systematischen Verhältnisses von Judentum und Griechentum, das sich auch in geschichtlichen Gestaltungen niedergeschlagen hat, soll einen möglichen Ort umreißen, von dem aus einige grundsätzliche Perspektiven fallen können zur Debatte um eine religionsgeschichtliche und theologische Einschätzung der Makkabäer. Dieser Ort ist bei Cohen weniger aus historischer Analyse gewonnen, sondern aus dem philosophisch-konstruktiven Versuch, der Religion – und prototypisch der jüdischen – einen begründeten Platz in der Einheit des wissenschaftlichen Kulturbewusstseins der Moderne zu sichern. Die Korrelation von Griechentum und Judentum hat bei Hermann Cohen (1842–1918) eine sowohl zeitgeschichtliche wie auch biographische Konnotation. – Zeitgeschichtlich insofern, als sie paradigmatisch das Modell abgibt für die jüdische Assimilation im wilhelminischen Reich. Der deutsche Geist, exemplarisch idealisiert in der Literatur der Klassik, in der Philosophie Kants, in der Religion Luthers und des liberalen Protestantismus, kann als eine Wiederanknüpfung an das philosophische Denken der griechischen Antike unter den Bedingungen der Neuzeit gedeutet werden. Insofern ist das Thema für Cohen verknüpft mit einer politischen Stellungnahme zu den Richtungskämpfen innerhalb des zeitgenössischen Judentums wie auch mit der Intention gegenüber der nichtjüdischen Umwelt, die Zugehörigkeit des Judentums zu einer gemeinsamen Kultur aufzuweisen. – Biographisch betrifft das Thema die Identität des Philosophen, der sich der von den Griechen begründeten Rationalität und der Autonomie der Vernunft in gleicher Weise verpflichtet sieht wie der von den Vätern ererbten historischen Religion. Da es für ihn keine doppelte Wahrheit
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und auch keine Unterscheidung von Wissen und Glauben geben konnte, muss das Verhältnis von Griechentum und Judentum so gefasst sein, dass es die Einheit des Bewusstseins nicht sprengt, sondern vielmehr zu deren Konstitutionsbedingungen gehört. Cohen hat keine Metatheorie über das Verhältnis von Judentum und Griechentum1 geliefert; es finden sich nur verstreute Bemerkungen überwiegend illustrierenden oder historisch plausibilisierenden Charakters. Sie sind zudem nicht immer völlig homogen. Der Versuch, sie zu ordnen, kann daher nur auf der Basis des Cohenschen Systems unternommen werden. Das heißt wiederum, dass es nicht um die Untersuchung eines historischen Sachverhalts gehen kann, sondern um die Erörterung von Rationalitätstypen, die komplementär den Umfang des Vernunftbegriffs konfigurieren. Geschichtliche Betrachtung ist überhaupt nur im Lichtkegel von vorausgesetzten Vernunftbegriffen möglich.
1. Thematische Hinführung Am 7. Januar 1918, wenige Monate vor seinem Tode, hielt Hermann Cohen seinen letzten öffentlichen Vortrag in der Berliner „Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums“, an der er seit seiner Marburger Emeritierung 1912 dauerhaft tätig gewesen war. Der Vortrag hatte den Titel „Das soziale Ideal bei Platon und den Propheten“2. Darin bündeln sich zentrale Motive eines Denkers, der ja weniger als Platoniker, denn vielmehr als Kantianer schulbegründend gewesen war. Doch Platon war für sein Denken von den Anfängen her konstitutiv,3 wenngleich er ihn systematisch-kreativ durch die Brille seiner speziellen Kant-Aneignung gelesen hat. Die Synopse von Platon und Kant verkörpert den einen Typ von Rationalität, die in der Cohenschen Systematik ihre dem wissenschaftlichen Bewusstsein der Zeit gemäße Entfaltung gefunden hat. Der Vergleich Platons mit den Propheten führt in ein Lebensthema des Philosophen, der im Judentum selbst eine ergänzende Gestalt der Rationalität ausmacht.4 1 Die Rede von „ …tümern“ erscheint heute unangemessen, da sie organische Ganzheiten bzw. Wesensbegriffe insinuiert. Doch bei Cohen handelt es sich um idealtypische Begriffsbildungen zum Zwecke wissenschaftlicher Erkenntnis. In diesem Sinne muss dieser Text notgedrungen dem Sprachgebrauch der Zeit folgen, da sich ansonsten der Gedanke nicht darstellen ließe. 2 H. Cohen, Jüdische Schriften. Mit einer Einleitung v. F. Rosenzweig, hg. v. B. Strauß. 3 Bde, Berlin 1924 (abgekürzt JS), Bd I, 306–330. 3 Vgl. K.-H. Lembeck, Platon in Marburg. Platonrezeption und Philosophiegeschichtsphilosophie bei Cohen und Natorp (Studien und Materialien zum Neukantianismus 3), Würzburg 1994. 4 Bereits die Themenformulierung dürfte bei heutigen Hermeneutikern und Historikern Befremden auslösen. Kann das griechische Wort „Ideal“ überhaupt sinnvollen Bezug haben auf die prophetische Verkündigung, ohne sie einem fremdartigen Begriffsapparat zu unter-
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Aus diesem Vortrag möchte ich plakativ und thesenartig – ohne Anspruch auf Nuancierung und Vollständigkeit – einige Motive herausgreifen, die geeignet sein können, den Rahmen für die nachfolgende Skizze anzugeben. a) „Im sozialen Ideal sind als die beiden Grundbedingungen vereinigt: die wissenschaftliche Erkenntnis und die als Religion stabilisierte Sittenlehre. Platon ist und bleibt das Symbol der ersten, die Propheten das der zweiten Bedingung.“5 Unschwer ist hier der Nachhall der Kantischen Unterscheidung von theoretischer und praktischer Vernunft zu hören. Während aber bei Platon die Wissenschaft sich nicht nur auf theoretische Erkenntnis, sondern der Absicht nach auch auf die Ethik erstrecke, bleibe den Propheten die Wissenschaft insgesamt fremd. Die Frage wird sein, welchen Überschuss in der Erkenntnis des Menschen sie vernünftig geltend machen werden. b) Die Propheten begründen eine soziale Religion.6 Ihre Rede von der Erkenntnis Gottes zielt nicht auf Wissenschaft, sondern auf Liebe, ein Verhältnis zwischen Gott und Mensch, das im Zwischenmenschlichen verwurzelt ist. „Den Menschen wollten sie erkennen, nicht auf Grund einer Wissenschaft vom Menschen. Diese war ja auch Platon versagt. Er half sich mit seiner Idee. Die Propheten halfen sich mit ihrem Gotte.“7 c) Aus der Korrelation Gott–Mensch folgt, dass „die Sünde das erste Urbild vom Menschen“8 darstellt. Der Mensch nicht als Heros, sondern der Mensch in seiner Schwäche ist zentral in der prophetischen Verkündigung. Wenn Gott den Armen und den Fremdling liebt, ist der Weg vorgezeichnet zu einem sozialen Kosmopolitismus,9 der den Griechen angeblich versagt geblieben ist. d) Platons methodischer Leitgedanke philosophischer Einsicht ist elitär; er schließt all diejenigen aus, die dieser Leistung nicht fähig sind. Sie müssen daher regiert werden. Anders bei den Propheten: „Die Fülle der sittlichen Erkenntnis wird für alle Menschen verheißen: die Fülle, weil sie aus dem Prinzip Gottes hervorgeht das eben nicht das Prinzip der wissenschaftlichen Erkenntnis ist. Dieses Prinzip ist das einheitliche Doppelprinzip von Gott und Mensch.“10 e) Platon hat wohl die Einheit der Seele gedacht in Analogie zum Aufbau der griechischen Polis, aber das Denken der Individualität hat er nicht erreicht. Sein werfen? Hatte Platon ein „soziales“ Ideal und nicht vielmehr ein politisches? Indiziert die Themenstellung nicht in unkaschierter Direktheit, dass hier ein gewaltsamer Konstruktivismus am Werke ist? – Andrerseits: griechisches Denken und die hebräische Überlieferung sind die Kulturkräfte, die Europa geformt haben. Der systematische Philosoph nimmt sich das Recht, ihr Zusammenspiel in Geschichte und gegenwärtiger Kultur zu analysieren und die strukturell zukunftstreibenden Impulse zu erfassen. 5 JS I, 306. 6 Vgl. JS I, 312. 7 JS I, 312. 8 JS I, 312. 9 Vgl. JS I, 313. 10 JS I, 318.
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Verständnis des Menschen sei einzig bezogen auf den griechischen Polisbürger.11 Die Propheten hingegen „zerschlagen den Staat der Stämme und erreichen das Idealbild eines Völker-, eines Menschenstaates“12. Die Propheten avisieren die Zerschlagung des jüdischen Nationalstaates, damit der „Rest Israels“ unter den Völkern für den Universalismus des Einen Gottes wirken könne. Resümierend folgt aus diesen Thesen, dass griechisch-platonisches Denken als Grundlegung der Wissenschaft wie als Bemühung um eine rationale Ethik maßstäblich bleibe. Doch erreiche es weder den Gedanken einer Gemeinschaft aller Menschen noch den des individuellen Menschen. Die prophetische Vision überbietet in sozial-religiösen Hinsichten dieses Denken, ohne es doch außer Kraft setzen zu können oder zu müssen. „Platon hat nur darin unrecht, daß er der Menge die Fähigkeit zur Philosophie abspricht; recht behält er darin, daß er ohne philosophische Ethik keinen Frieden auf Erden voraussieht.“13 Cohen war sich wohl bewusst, dass er hier nur in abstrahierender, man könnte auch meinen simplifizierender, Weise Grundmotive beider Gestaltungen idealtypisch kontrastiert hat.14 Historiker werden bei beiden Typisierungen hinreichende Zweifel befallen können. Cohens Umgang mit der Philosophiegeschichte ist äußerst selektiv, wenn nicht willkürlich, jedenfalls ausschließlich von eigenen systematischen Interessen geleitet. Neben Kant und Platon, die weitgehend ineinander gespiegelt werden, verblasst der Rest des europäischen Denkens zu Nebensächlichkeiten oder Irrwegen. Analog ist sein Verständnis des Judentums ausgerichtet an einem bestimmten Bild des Prophetismus, des Talmud und der mittelalterlichen jüdischen Philosophie. Die gelegentlich angeschnittene Frage, ob seine Sicht des Judentums durch seinen Kantianismus präformiert sei, oder ob er im Kantianismus die seinem Judentum angemessene Philosophie fand, ist müßig angesichts der systematischen Syntheseleistungen dieses Denkens, das allerdings rigoros ausschloss, was sich seinen Kriterien nicht adäquat einfügen wollte.
2. Die Religion im System Hermann Cohen ist zuerst als Interpret und konfessorischer Erneuerer der Kantischen Philosophie in großen Kommentarwerken zu den drei Kritiken aufgetreten. Zeitgeschichtlich war das Ziel, nach dem Zerfall der in sich zweideutigen und überspannten Systeme des deutschen Idealismus und angesichts der grassierenden Tendenzen von Empirismus, Historismus und diverser irrationaler Modephilosophien von Schopenhauer bis zur Lebensphilosophie eine wissenschaftliche Philosophie als Theorie der Einheit der Wirklichkeitserfassung 11 Vgl.
JS I, 324 f. JS I, 325. 13 JS I, 330. 14 Vgl. JS I, 306 f. 12
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im Ganzen zu begründen und zu entwerfen. In Weiterentwicklung von Kants Erkenntniskritik sollte diese die explosive Dynamik der Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert wissenschaftstheoretisch begreifen, wie auch in der Ethik rationale Kriterien für die sozialen Probleme und Tendenzen der Zeit entwickeln. Das eigene, sich in der Dreigliedrigkeit an Kant anschließende System erscheint seit 1902,15 ein vierter Teil, der enzyklopädisch die Einheit des Kulturbewusstseins in den Richtungen Wissenschaft, Sittlichkeit und Kunst unter dem heute missverständlichen Titel „Psychologie“ zum Thema machen sollte, blieb ungeschrieben. Grundlegend ist, dass Philosophie keinen eigenen Gegenstandsbereich hat, sondern dass sie nur möglich ist als auf das Faktum der Wissenschaften bezogen, die sich ihrerseits in ständigem Progress befinden. Philosophie ist weder Ontologie noch spekulative Subjektivitätsphilosophie, sie ist die transzendentale Reflexion der Bedingungen der Möglichkeit der Wissenschaften. Die Wissenschaft selbst ist ein subjektfreier eigengesetzlicher Prozess, der nur in einer Methodenlehre des Denkens expliziert werden kann. Darin erweist die Philosophie in ständigem Bezug auf die Einzelwissenschaften eine kontrollierbare Einheit der Wirklichkeitserfassung, die von den spezialisierten Einzelwissenschaften nicht erbracht werden kann. Im Unterschied zu Kant verzichtet Cohen dabei auf einen metaphysischen Rest wie das transzendentale Subjekt und auf einen ontologischen Rest wie das Ding an sich; das reine Denken ist subjektfreie prozedierende Produktivität wirklichkeitserzeugender Kategorien in der geschichtlichen Entwicklung. Die Logik bezieht sich auf das Faktum der Naturwissenschaft, die Ethik auf das Faktum der Sittlichkeit, des Rechts und der Rechtswissenschaft, die Ästhetik auf das Faktum der Kunst. Der Inbegriff dieser Formen der Wirklichkeitsproduktion heißt Kultur. In den Tätigkeiten Erkennen, Wollen und Fühlen, die alle transzendentaler Reflexion zugänglich sind, erschöpft sich der menschliche Weltbezug. Sie formieren das System der Philosophie, zusammengehalten durch das unpersönliche erzeugende Bewusstsein als Aufgabe. – Es ist ersichtlich, dass die Religion keinen eigenen Systemteil bildet. Doch auch sie ist Faktum des kulturerzeugenden Bewusstseins. Wenn sie keine Selbständigkeit gegenüber dem System beanspruchen kann, dann ist die Frage, ob sie einem Systemteil in exponierter Weise zugehört, oder ob und in welcher Gestalt sie eventuell in allen Systemteilen kopräsent ist. Ein eigener Bereich der Religion, der der kritischen Methodenvernunft entzogen wäre, ist für Cohen so wenig denkbar wie ein „Anderes der Vernunft“.16 Nur punktuell können im Folgenden einige Streiflichter auf Anschlussmöglichkeiten der Religion in den Systemteilen geworfen werden. 15 H. Cohen, Logik der reinen Erkenntnis, Berlin 1902, 19142; Ders., Ethik des reinen Willens, Berlin 1904, 19072; Ders., Ästhetik des reinen Gefühls, Berlin 1912 (abgekürzt Ästh.). 16 Die Systemproblematik insgesamt kann hier nicht angeschnitten werden. Siehe dazu G. Edel, Der Zusammenhang der Systemteile in ihrer methodischen Verknüpfung, in: W. Marx / E. W. Orth (Hg.), Hermann Cohen und die Erkenntnistheorie, Würzburg 2001, 110–122. Zu
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Die Logik als die Methodologie wissenschaftlicher Naturerkenntnis hat historisch wie auch systematisch bleibend ihren Ursprung bei den Griechen. „[…] halten wir an der historischen Ansicht fest, daß die echten schöpferischen Momente des wissenschaftlichen Denkens in der Geschichte des wissenschaftlichen Denkens sich offenbaren, und also in der Antike wurzeln. Die Welt der Griechen ist nicht nur in der Kunst die Gallerie der Vorbilder; auch für die Wissenschaft enthält ihre Philosophie alle Grundlagen und alle Motive zu den ewigen Abwandlungen derselben.“17 Dagegen hat das Judentum vor seiner Begegnung mit dem Griechentum weder Wissenschaft noch Philosophie entwickelt.18 Es war bereits die vorsokratische Denkentwicklung, die bei Xenophanes und Parmenides zur Ausbildung eines philosophischen Monotheismus geführt hatte, der schließlich bei Platon gesteigert wird zum Gedanken einer höchsten Idee jenseits des Seins, der Idee des Guten.19 Doch bereits die eleatische Philosophie exponiert den Gedanken der Identität von Denken und Sein und wirft damit die Fragen der Wahrheit und der Einheit des Seins auf. Die Einheit des Seins als Gottesbegriff hat bei den Eleaten kosmologische Bedeutung; insofern ist dieser Gedanke der Schlüssel zu einer wissenschaftlichen Welterkenntnis. In seiner Logik liegt aber der Pantheismus als eine Identifikation von Gott und Welt, welche in der Konsequenz entweder Gott oder Welt zum bloßen Schein depotenzieren müsse und somit letzten Endes auch eine Ethik als die reflexive Selbstkonstitution des Menschen in Distanz zu einer vorgegebenen Welt verunmöglichen müsste.20 Der eleatische Gedanke des reinen Seins bleibt in seiner wissenschaftlichen Ursprünglichkeit grundlegend, jedoch seine Fassung als Gottesgedanke bedarf System und Religion: H. Holzhey, Die Religion im System Cohens, in: W. Marx / E. W. Orth (Hg.), Hermann Cohen und die Erkenntnistheorie, Würzburg 2001, 147–163. D. Korsch, Individualität als Gesetz. Der Begriff der Religion im System der Philosophie Hermann Cohens, in: ders., Dialektische Theologie nach Karl Barth, Tübingen 1996, 273–296. R. Munk, Some Observations on the Place of Religion in the System of Hermann Cohen, in: D. Pätzold / C. Krijnen (Hg.): Der Neukantianismus und das Erbe des deutschen Idealismus. Die philosophische Methode, Würzburg 2002, 65–72. 17 H. Cohen, Logik der reinen Erkenntnis. Nachdruck der 2. verb. Aufl. (Werke Bd. 6, hg. v. H. Holzhey), Hildesheim/New York, NY 1977 (abgekürzt LE), 50 f. 18 Vgl. z. B. H. Cohen, Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums, 19282, Nachdruck Wiesbaden 1978 (abgekürzt RV), 298. Die Aussage findet sich im Gesamtwerk vielfach. 19 Die fortwährende Aktualität Platons beweist sich wissenschaftstheoretisch in der Deutung der Idee als Hypothese, die immer neue Räume wissenschaftlicher Forschung eröffnet. Siehe dazu G. Edel, Von der Vernunftkritik zur Erkenntnislogik. Die Entwicklung der theoretischen Philosophie Hermann Cohens, Freiburg 1988, 205–257. 20 Polemik gegen den Pantheismus als einer ständigen Gefahr religiösen Lebens und Denkens im Abfall von der Einzigkeit Gottes durchzieht das ganze Werk Cohens. Neben griechischer Kosmostheologie, Spielarten christlicher Mystik und ästhetischer Religiosität zählen dazu auch die Philosophien Spinozas und des deutschen Idealismus samt ihren Wirkungsgeschichten. Vgl. dazu auch H. Holzhey, Entzauberung des Pantheismus. Cohens Kritik an Hegels und Schellings Metaphysik, in: D. Pätzold / C. Krijnen (Hg.), Der Neukantianismus und das Erbe des deutschen Idealismus. Die philosophische Methode, Würzburg 2002, 49–64.
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einer korrigierenden Ergänzung. „Es ist auch zu beachten, wie die Einheit ebenso auch Denken und Gott verbindet, was ja auch bei Xenophanes sich gezeigt hat. Und wie die Eleaten durch die Einheit Denken und Sein verbinden, so verbinden die Israeliten durch die Einheit Denken und Gott.“21 Zu der griechischen monotheistischen Erkenntnis Gottes als des Seins hat die hebräische Bibel in der Offenbarung am Dornbusch (Ex 3,13) gefunden.22 Der Gott der Väter offenbart sich in einer Selbstdarstellung, die den Begriffen der griechischen Philosophie kompatibel ist. „Dem Eleatischen Sein entspricht in der Religion der Begriff des Einzigen Gottes, als des einzigen Seins.“23 Mit dem Begriff der Einzigkeit geht Cohen über das griechische Denken hinaus. Er impliziert die Unvergleichbarkeit Gottes gegenüber allem Sein und tritt damit dem Pantheismus als der ständigen Gefahr griechisch inspirierten Denkens entgegen.24 Seine Konturen können erst im Durchlaufen des Systems und der jüdischen Religionsgeschichte umrissen werden. Die Logik in ihrer geschichtlichen Entwicklung hatte die Wahrheit als Identität von Denken und Sein, d. h. Gott als Geist gedacht. In ihrer Gestalt als Metaphysik verwickelte sie sich in unvermeidbare und unauflösliche Widersprüche; insofern folgt Cohen der Kantischen Erkenntniskritik. Die theoretische Vernunft enthält zwar den Gottesgedanken, vermag ihn aber nicht in seiner Reinheit zu explizieren. Denn die Identität von Denken und Sein ist nicht gegeben – gegen den Pantheismus –, sondern eine unendliche Aufgabe. Diese Konsequenz hatte schon Kant vollzogen: der Gottesgedanke kann nur in der Ethik gesichert werden; der Kulturprotestantismus des 19. Jahrhunderts hat dies denn auch theologisch ratifiziert. Grundlage der Ethik ist der Gedanke der Autonomie, durch den sich handelnde Personen als Rechtssubjekte konstituieren. Zielvorstellung ist das Ideal einer rechtlich geordneten sittlichen Menschheit als des idealen Kriteriums aller beschränkten Handlungsvollzüge unter zeitlichen Bedingungen. Die Religion hat – wie auch bei Kant schon – die Autarkie und Autonomie der Ethik in keiner Weise zu belangen. Sie folgt aber auch nicht aus der Ethik als ein Postulat der praktischen Vernunft, welches mit metaphysischen Restbeständen letztlich die Vereinbarkeit von Moralität und Glückseligkeit gewährleisten sollte. Die Idee Gottes hat in der Ethik die für das religiöse Bewusstsein eher bescheidene Funktion, als Erhalter der ewigen Natur die Möglichkeitsbedingung für die unendliche ethische Aufgabe zu stiften. Die Gottesidee wird damit zur Brücke zwischen Logik und Ethik.25 „Gott bedeutet, daß die Natur Bestand 21 H. Cohen, Der Begriff der Religion im System der Philosophie, Gießen 1915 (abgekürzt BR), 25. 22 Vgl. BR 21 f; RV 49 f. 23 BR 26. 24 Vgl. BR 27 f. 25 Vgl. H. Cohen, Ethik des reinen Willens, Berlin 19072, 440 f.
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hat, so gewiss die Sittlichkeit ewig ist.“26 Der Vorwurf, dass Gott damit lediglich zu einem methodologischen Begriff werde, geht ins Leere, denn allein dadurch wird die Transzendenz Gottes gegenüber den autarken Bereichen von Natur und Sittlichkeit bewahrt.27 Ausdrücklich versteht Cohen dies als die philosophische Rekonstruktion des noachidischen Bundes.28 Im Fokus der Gottesidee werden wissenschaftliche Welterkenntnis und ethisches Handeln aufeinander bezogen, ohne dass die Idee Gottes selbst in diese eingeht. Die Transzendenz Gottes wahrt die Suffizienz menschlich-endlicher Weltorientierung, ohne diese als immanente zu verabsolutieren. Für die Architektur des Systems mag dieser Abschlussgedanke Gottes als Zuordungsfaktor der Dimensionen der reinen Erkenntnis und des reinen Willens vielleicht hinreichend sein, aber er erreicht weder die Faktizität der Religionsgeschichte noch den Raum einer durch Religion erschlossenen Sittlichkeit, wie sie im Prophetismus in Reingestalt vorliegt. Die Ethik, wie sie durch Sokrates und Platon begründet, und durch Kant kritizistisch untermauert wurde, erfasst nur den Begriff des Menschen als abstrakte Rechtsperson. Ebenso kann sie die Einheit der Menschheit nur als Allheit der Bürger thematisieren. Dies ist ihre griechische Leistung und ihre griechische Begrenztheit. Am Problem des Einzelnen scheitert diese Ethik, sie scheitert zugleich am Problem der Einzigkeit Gottes, weil sie methodologisch nur bis zur Idee Gottes als Einheit zu gelangen vermag. Möglicherweise scheitert sie deshalb auch daran, die Idee der Einheit der Menschheit als einer im Leiden und der Hoffnung solidarischen zu denken. Wenn die Religion systematisch an die Ethik gebunden ist, wird sich dies auch historisch zeigen. Der jüdische Monotheismus ist die Einheit von Sittlichkeit und Religion; diese zu verwirklichen ist seine universalgeschichtliche Aufgabe. Cohens biblische Zentralstelle, auf die er vielmals verweist, ist Micha 6,8: „,Er hat dir verkündet, o Mensch, was gut sei‘. Hier sind die drei Begriffe vereinigt. Der Mensch ist aufgetreten, an die Stelle des Israeliten getreten. Und Gott hat ihn berufen, um ihm Kunde zu geben – wovon? Etwa von sich? Oder vom Menschen? Von beiden nicht. Die Kunde bezieht sich auf etwas ganz anderes, auf einen neuen Begriff, auf einen Begriff mit dem Schwergewicht der Abstraktion: das Gute.“29 Daraus werden anschließend Folgerungen gezogen: Adressat dieser Rede ist der Mensch nicht als Angehöriger eines Volkes oder Staates, sondern als Glied der universalen Menschheit. In letzter Perspektive ist die Idee der Menschheit für den Menschen das Gute. Damit wird die partikulare Götterwelt vernichtet und 26 A. a. O.,
446. Pointe, dass diese architektonische Funktion der Transzendenz Gottes gerade die Notwendigkeit der Gottesidee gegenüber den unabhängigen weltlichen Bereichen wahrt, wird betont bei D. Korsch, Individualität als Gesetz, 276 ff. Ebenso bei U. Renz, Die Rationalität der Kultur. Zur Kulturphilosophie und ihrer transzendentalen Begründung bei Cohen, Natorp und Cassirer (Cassirer-Forschungen 8), Hamburg 2002, 199–203. 28 Vgl. BR 96. 29 BR 32 f. 27 Die
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die Idee des Einzigen Gottes der Einen Menschheit geoffenbart. Unterscheidend neu ist die hier auftretende Korrelation zwischen Gott und Mensch, die der griechischen Ethik fremd bleiben musste. Aus ihr ergeben sich Weiterungen für das Verständnis der Individualität des Menschen wie für das der Einzigkeit Gottes. Die Ästhetik als dritter Systemteil analysiert die apriorischen Voraussetzungen jener produktiven Tätigkeit, welche Vollkommenes im Medium von Sinnlichkeit und Materialität darstellt. Es liegt auf der Hand, dass religions‑ und kulturgeschichtlich Religion und Kunst aufs Engste verschlungen sind, aber auch die philosophische Reflexion etwa von Schleiermacher oder Hegel thematisiert diese Nähe als Darstellung des Absoluten im gestalteten Endlichen, als sinnliches Scheinen der Idee. Doch es ist eben diese Nähe, welche nach Cohen die Religion in Pantheismus, Polytheismus oder Mythologie zurückführt. Mythologisch ist nicht nur die griechische Religion, mythologisch ist auch das Christentum, indem es in Gestalt und Geschichte des Mittlers den transzendenten Gott anschaulich zu machen sucht.30 Die „Ästhetik des reinen Gefühls“ ist dasjenige Werk Cohens, das die meisten materialen Hinweise zum Vergleich von Judentum und griechischer, auch außerphilosophischer Welterfahrung enthält. Das Bilderverbot, das im Dienste des transzendenten Monotheismus und des ethischen Universalismus steht, macht den entscheidenden Schnitt. Doch die Erzeugung von Kunst und die Erfahrung von Kunst sind so elementar in das menschliche und kulturelle Leben eingelassen, dass die Überschreitung der Trennlinie zwischen Kunst und Religion nahezu unvermeidlich ist. Daraus können nur wenige Aspekte angedeutet werden. Die griechische Kunst verknüpft Götter und Menschen im Mythos und vor allem in der darstellenden Plastik. Jüdische Kunst des bilderlosen Gottes hingegen ist poetisch und musikalisch. Beiden gemeinsam aber ist die „Vollendung der Natur des Menschen“31, für die jüdisch die Erhebung in den Psalmen steht, griechisch die bildnerische Anthropomorphisierung des Gottes. Daher gibt es bei den Griechen keine qualitative Differenz zwischen Gott und Mensch. „Diese Indifferenz von Gott und Mensch gibt der griechischen Humanität ihre absolute Freiheit.“32 In der griechischen Plastik werden augenscheinlich die Schranken eingerissen, was Cohen durchaus ästhetisch goutieren kann, aber nicht ohne theologische Empörung: „Es ist aber ein Schimpf, ein Frevel für den wahrhaften Monotheisten, der in dem Grundgedanken seinen Halt hat: Wem wollt ihr Gott vergleichen? Wem wollt ihr mich vergleichen, daß ich gleich wäre?“33 30 Sympathien hat Cohen für einen liberalen Protestantismus, der sich dem reinen Monotheismus nähere, indem er in Jesus nur das Urbild der eigenen Selbstwerdung des Gläubigen sieht, und der ansonsten seine Historie ohne dogmatisch-religiöse Ambitionen in wissenschaftlicher Redlichkeit erforscht. Vgl. BR 67. 31 Ästh. I, 187. 32 Ästh. II, 14. 33 Ästh. II, 269.
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Unter den Bedingungen des Polytheismus ist reine Sittlichkeit nicht möglich. In dieser Spur argumentiert bereits die Götterkritik des Xenophanes; ebenso geht die Entwicklung des philosophischen Monotheismus einher mit der Ausbildung einer am Allgemeinbegriff des Guten orientierten Ethik. Der Polytheismus mit seiner Vielheit einander oft widerstrebender göttlicher Kräfte kann kein Kriterium für eine Ethik ausbilden, weshalb der griechischen Religionsgeschichte selbst die Tendenz zum Monotheismus inhärent ist.34 Das spezifische ästhetische Medium des Judentums ist die Poesie, vornehmlich die Lyrik der Psalmen, die für alle weitere europäische Lyrik maßstäblich wurde. Die anthropologische Grundform der Psalmen ist das Gebet, worin sich das reine Gefühl der Sehnsucht nach dem bilderlosen Gott ausspricht. Die Voraussetzung des Gebets wiederum ist das Mitleid mit dem anderen Menschen35, welches erst die nicht-egoistische Sehnsucht nach Gott auslöst. „Die Sehnsucht nach Gott ist erst die Antwort auf das Mitleid; ist das Zeugnis von Ihm.“36 Die Kunst des Judentums ist also verwurzelt in einer spezifischen, noch zu erläuternden Form der Zwischenmenschlichkeit. Im Gebet geschieht die Korrelation von Mensch und Gott als Religion, was sie letztendlich in der Ethik noch nicht war. Dies führt zu einer steilen konstruktiven These: „[…] die Propheten haben noch gar nicht eigentlich Religion geschaffen, sondern nur Sittlichkeit […]. Erst mit den Psalmen verwandelt sich die Sittlichkeit in Religion […]. Die ethische Einsicht des prophetischen Sozialismus geht nunmehr erst als Religion auf.“37 In der Lyrik der Psalmen entdeckt sich der Mensch gegenüber seinem Gott der bilderlosen Transzendenz. Doch selbst dazu gibt es im Griechischen eine Analogie, die freilich an jene sublime Beziehung nicht heranreicht: den Eros. „Und was im griechischen Geiste der Eros ist, das ist im jüdischen das Gebet, wie der Psalm es hervorbringt.“38 – Man kann die Implikation sinngemäß ausziehen: der jüdische Beter kann im platonischen Eros eine anerkennenswerte und strukturanaloge Parallelgestalt seiner eigenen Sehnsucht nach Gott erkennen. Denn auch der Beter weiß: „Das Verlangen des Gebets nach Gott ist ein Suchen Gottes, und will immer nur ein Suchen sein. Denn das Finden kann ja nicht die Wirklichkeit, sondern nur ,die Nähe Gottes‘, nur die Annäherung an Gott zum Ziele haben. Aber diese Annäherung ist immer Liebe, immer Sehnsucht, immer ein Affekt, niemals ein nur intellektuelles Verhalten. Sie ist 34 Selbst die griechische Plastik scheint in Cohens Interpretation nicht frei von latenten Entwicklungslinien hin zum Monotheismus. Vgl. Ästh. II, 271 ff. 35 Vgl. BR 98. 36 BR 99. 37 BR 100. 38 RV 433; vgl. auch RV 486. Dazu auch H. M. Dober, Die Vernunft im Gebet. Erwägungen zu einem Phänomen gelebter Religion in praktisch-theologischer Perspektive, in: ders. / M. Morgenstern (Hg.), Religion aus den Quellen der Vernunft. Hermann Cohen und das evangelische Christentum, Tübingen 2012, 213–218.
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daher niemals Vision.“39 – Damit ist übrigens jeder religiöse Fundamentalismus als irreligiös verneint. Rückblickend auf den Systemabriss lässt sich festhalten, dass die Idee Gottes in allen drei Systemteilen präsent ist in unterschiedlicher Gewichtung griechischer und jüdischer Herkünfte: als der Gott der Wahrheit des reinen Seins, als der Gott der prophetischen Gerechtigkeit und als der Gott der Sehnsucht, der in Korrelation zum Individuum steht. Die Idee Gottes ist auf unterschiedlich akzentuierte, nicht widersprüchliche Weise im System der Vernunft omnipräsent als transzendenter Bezugspunkt, der zugleich die immanente Autarkie der innerweltlichen Kulturbereiche sichert. Im letzten Teil wird die Frage zu stellen sein, weshalb Cohen dennoch ein eigenes, möglicherweise über das System hinausgehendes Werk über die Religion geschrieben hat. Doch zuvor sollen zur Veranschaulichung einige Streiflichter gesetzt werden auf das jüdische Selbstverständnis Cohens, wie es sich publizistisch in den Auseinandersetzungen seiner Zeit niedergeschlagen hat.
3. Zwischenspiel: publizistische Stellungnahmen Cohen, aufgewachsen in der elterlichen Religion als Sohn eines Kantors und am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau ausgebildet, hat seit seinen Anfängen Aufsätze zu jüdischen Fragen publiziert.40 In großer Bandbreite umfassen sie sowohl gelehrte Studien zur jüdischen Theologie und Religionsphilosophie, wie auch aktuelle Positionierungen innerhalb der Zeitdebatten. Diese waren bestimmt von den Fragen nach der Stellung des Judentums zur modernen Gesellschaft, die sich niederschlugen in Auseinandersetzungen um Emanzipation und Assimilation, um Antisemitismus und Zionismus, um Reformjudentum und Orthodoxie. 3.1 Antisemitismusstreit 1880 Doch als ein Exponent des Judentums wird er vor allem ab 1880 im Antisemitismusstreit wahrgenommen, als er zu den antisemitischen Ausfällen des Berliner Historikers Heinrich von Treitschke als Philosoph öffentlich Stellung bezieht: „Ein Bekenntnis in der Judenfrage“41. Ausgangspunkt ist Treitschkes Behauptung, das Judentum sei „die Nationalreligion eines uns ursprünglich fremden Stammes“42, eine These, die Cohen argumentativ als Philosoph43 bestreitet. 39 RV
435. Beginnend 1867 mit „Heine und das Judentum“, in: JS II, 2–44. 41 JS II, 73–94. – Zur Dokumentation der Debatte siehe W. Boehlich (Hg.), Der Berliner Antisemitismusstreit, Frankfurt am Main 1965. 42 JS II, 74. 43 Heute ist es schwer verständlich, aber auch anrührend, wie sorgfältig sich Cohen auf eine letztlich indiskutable Position eingelassen hat. 40
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Doch stellt er gleich zu Beginn die Grenzen der Verständigung fest: „Denn Rasseninstinkte dürften sich allerdings durch keinen Federkrieg beschwichtigen lassen.“44 Demgegenüber zielt sein Bekenntnis darauf ab, den Vorwurf der Nationalreligion abzuweisen und das Judentum als die wahrhaft universalistische Religion darzustellen. „Der israelitische Monotheismus charakterisiert sich durch die beiden Ideen der Geistigkeit Gottes und der messianischen Verheißung. Eine betrifft das Wesen der Gottheit, die andere die geschichtliche Aufgabe, das sittliche Ideal des Menschengeschlechts.“45 Beide überwinden das Nationale. In der christlichen Welt wird dieser Monotheismus durch den modernen Protestantismus repräsentiert46, insofern sind die Christen Israeliten.47 Die Juden wiederum werden Mitglieder der modernen christlichen Kultur, insofern sie das Prinzip der Eigengesetzlichkeit der Vernunft anerkennen.48 Ist dieses gegenseitig akzeptiert, dann müssen die bleibenden Unterschiede der religiösen Traditionen nicht die Einheit der Staatsnation gefährden. 3.2 Talmud-Gutachten 1888 Im Jahr 1888 fand vor dem Marburger Landgericht ein überregional weit beachteter Prozess statt über die öffentliche Behauptung eines Lehrers, wonach der Talmud vertrete, das Gesetz Moses gelte nur unter Juden; hingegen erlaube es die Gojim zu bestehlen und zu belügen. Auf Antrag des Vorstehers der jüdischen Gemeinde erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Beschimpfung der jüdischen Religionsgemeinschaft. Zur Klärung der Frage, ob die Beschimpfung des Talmud auch Beschimpfung der jüdischen Religion sei und ob der Talmud gestatte, den Nichtjuden zu berauben, hatte das Gericht Gutachten von Hermann Cohen und – für die Gegenseite – Paul de Lagarde bestellt. Beide Gutachten wurden in der Folge als selbständige Publikationen veröffentlicht, das von Lagarde im antisemitischen „Reichsherold“, das von Cohen als eigene Broschüre. Es trägt den Titel: „Die Nächstenliebe im Talmud“49. JS II, 73. II, 75. 46 „[ …] wage ich zu bekennen: daß ich in dem wissenschaftlichen Begriff der Religion zwischen dem israelitischen Monotheismus und dem protestantischen Christentum eine Differenz nicht zu erkennen vermag.“ JS II, 75. 47 JS II, 77. 48 Siehe dazu auch I. Kajon, Philosophisches System und Judentum bei Hermann Cohen. Zur Grundlegung einer jüdischen Philosophie, in: R. Brandt / F. Orlik (Hg.), Philosophisches Denken – Politisches Wirken. Hermann-Cohen-Kolloquium Marburg 1992, Hildesheim 1993, 131–142. 49 JS I, 145–174. Zum Verlauf und historischen Kontext des Prozesses siehe U. Sieg, „Der Wissenschaft und dem Leben tut dasselbe not: Ehrfurcht vor der Wahrheit.“ Hermann Cohens Gutachten im Marburger Antisemitismusprozeß 1888, in: R. Brandt / F. Orlik (Hg.), Philosophisches Denken – Politisches Wirken. Hermann-Cohen-Kolloquium Marburg 1992, Hildesheim 1993, 222–249. 44
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Auch wenn Cohen eingangs auf seine nur eingeschränkte wissenschaftliche Kompetenz in der Talmud-Exegese verweist, begründet er seine Expertise philosophisch: „Sache der Moralphilosophie ist es daher, überall das herrschende Prinzip zu entdecken, – und mit demselben der historischen Forschung Licht zu verschaffen.“50 Historisch sei der Talmud die Fortbildung des Pentateuch und der Propheten, seine Anfänge fallen in die Zeit, „welche das Judentum mit der griechischen Kultur in Verbindung bringt.“51 Er ist für das Selbstverständnis des Judentums konstitutiv. Dieses ist bestimmt durch „die Grundform monotheistischer Sittlichkeit: die Nächstenliebe.“52 Die Nächstenliebe erwächst in der jüdisch-biblischen Tradition aus dem Gebot der Fremdenliebe, die dem der Nationalität und dem Glauben nach Fremden gilt.53 Der Talmud fordere, dass der Fremdling als Noachide gesehen werde,54 der auch als Nichtgläubiger die gleiche Rechtsposition habe. Die Morallehre des Talmud sei universal, nicht exklusiv, und erstrecke sich auch auf den Götzendiener: „[…] der Götzendiener im Staat und als Staat ist als Person und als sittliches Gemeinwesen anerkannt […]. Denn solchen Götzendienst sah man in Persien und Ägypten, in Griechenland und Rom. Mit solchem Götzendienste schloss man geistige Verbündung. Wenn so viele Juden an der griechischen Kultur teilnehmen konnten zu derselben Zeit, in welcher der Talmud entstand, so konnte das Griechentum nicht lediglich Götzendienst sein: die ,Schönheit Japhets‘ sollte in den ,Zelten Sems‘ wohnen.“55 Es ist bekannt, dass Hermann Cohen später in mehreren Aufsätzen auch exegetisch die Fremdenliebe als den eigentlichen Sinn des biblischen Gebots der Nächstenliebe auszuweisen gesucht hat.56 Die Pointe wird deutlich im Vergleich mit dem griechischen Xenos: „Bei den Griechen ist er höchstens der hilfesuchende Wanderer. Im Pentateuch gehört er zum Grund und Boden. Daher wird er häufig mit den Armen, der Waise und der Witwe verbunden.“57 Dieses Verständnis ist die zwingende Folge aus dem Monotheismus des einzigen universalen Gottes. 3.3 Gegnerschaft zum Zionismus Cohen hat den Kampf gegen den Antisemitismus als die philosophische Aufgabe verstanden, dem Gegner die falsche Partikularität seiner Ansichten nachzuweisen JS I, 147. JS I, 151. 52 JS I, 148. 53 JS I, 149 f. 54 JS I, 158 f. 55 JS I, 163. 56 Sie sind eigens gesammelt erschienen 1935 im Schocken Verlag Berlin: H. Cohen, Der Nächste. Vier Abhandlungen über das Verhalten von Mensch zu Mensch nach der Lehre des Judentums. Mit einer Vorbemerkung von Martin Buber, Berlin 1935. 57 JS I, 179. 50 51
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und den Universalismus des Judentums herauszustellen. Dieselbe Frontstellung ergibt sich aber auch in Bezug auf den sich formierenden Zionismus, den Cohen letztlich in ein Stammesdenken hinter den bereits bei den Propheten erreichten Universalismus zurückfallen sieht. Dies führt in den letzten Lebensjahren zu einer heftigen Auseinandersetzung mit Martin Buber. Ausgangspunkt der Cohenschen Argumentation ist die aus seiner Ethik und politischen Philosophie gewonnene Unterscheidung von Nation und Nationalität.58 „Nation“ ist deckungsgleich mit der Bevölkerung eines Staates als einer Rechtsgemeinschaft, welche durch ein politisches Zentrum und durch geographische Grenzen bestimmt ist. „Nationalität“ bezeichnet unterschiedliche Gruppen innerhalb dieser Ordnung, die durch Herkunft, Religion und kulturelle Spezifika different geprägt sind und auf dem Boden einer gemeinsamen Rechtsordnung in friedlichem Miteinander ihre jeweiligen Besonderheiten und Eigenheiten bewahren. Weltgeschichtlich weitet sich dieses Differenzmodell zur Vision eines den Frieden garantierenden Völkerbundes. Der besondere Auftrag der jüdischen Nationalität, die eben deshalb auch als Nationalität bewahrt bleiben muss, besteht darin, die Reinheit des Monotheismus als der Verbürgung der Idee der einen Menschheit durch die Geschichte hindurchzutragen. Der zionistische Wunsch, einen jüdischen Staat zu gründen, das Volk, das seine Identität einzig aus dem Bekenntnis zu dem einzigen Gott gewinnt, in eine politische Nation umzuwandeln, ist Untreue gegenüber dem Monotheismus und ein Abfall von der weltgeschichtlichen Mission des Judentums. „Der Untergang des jüdischen Staates ist uns das Musterbeispiel der geschichtlichen Theodizee. Derselbe Micha, der den Satz geprägt hat, dass Gott von den Menschen das Gute fordere, er hat auch das providentielle Gleichnis erdacht: ,Und es wird sein der Rest Israels inmitten vieler Völker wie Tau vom Ewigen. Es ist unser stolzes Bewußtsein, als göttlicher Tau inmitten der Völker fortzuleben, und unter ihnen und für sie fruchtbar zu bleiben.‘“59 Cohen gründete auf solche Erwägungen seine Hoffnung auf eine deutsch-jüdische Symbiose; seine Hoffnung wurde von der Geschichte grausam dementiert. Ob aber ein Denken schon dadurch widerlegt ist, dass die Wirklichkeit widervernünftig ist, ist eine nie gelöste Frage, die die Philosophie seit Platon begleitet.60
58 Dazu umfassend H. Wiedebach, Die Bedeutung der Nationalität für Hermann Cohen (Europaea memoria 1,6), Hildesheim 1997. Auch: H. Liebeschütz, Von Georg Simmel zu Franz Rosenzweig. Studien zum Jüdischen Denken im deutschen Kulturbereich (SWALBI 23), Tübingen 1970, 51 ff. 59 JS II, 335. 60 Man könnte an Cohen eine aufklärerisch-rationalistische Vernunftkonzeption kritisieren, die sich der Faktizität des Irrationalen verschließt. Eine entsprechende Transformation des Vernunftverständnisses hat nach der Shoah Emmanuel Levinas unternommen, der ihm in vielen anderen Motiven verbunden bleibt.
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4. Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums Ob Cohens Spätwerk, die von ihm zwar fertiggestellte, aber erst nach seinem Tode 1918 erstmals erschienene „Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums“, einen Bruch mit dem System darstelle oder eine erweiternde Fortschreibung des entwickelten Ansatzes, war in der Forschung umstritten. Heute überwiegt deutlich die Auffassung, dass das Werk in der Kontinuität zum System stehe.61 Dass schon die Religion Anteil an der Vernunft habe, war bereits eine Grundthese des Systems gewesen. Jetzt wird allerdings der Vernunftbegriff weiter gefasst: „die Vernunft erschöpft sich nicht in Wissenschaft und Philosophie.“62 Dies bedeutet, dass nunmehr die spezifische Rationalität der Religion herauszuarbeiten ist, die sie in Erweiterung der wissenschaftlichen Vernunft kennzeichnet. Dabei kann es nicht um einen Gegensatz gehen, sondern um eine Fortschreibung, die von der wissenschaftlichen Methodik aus sich nicht geleistet werden kann, die aber unzweifelbare Wirklichkeitsdimensionen der Reflexion erschließt. Das Griechentum wird also nicht negiert, sondern es bildet den bleibenden Rahmen für die Entfaltung der Kerngedanken der im Judentum manifesten Religion der Vernunft. Im Unterschied zur Kantischen Religionsschrift wird nicht eine historische Religion vor den kritischen Richterstuhl der Vernunft zitiert, um aus den verschlungenen Gemengen von Lehren, Geschichten, Symbolen und Praktiken einen rationalen Kern herauszuschälen.63 Vielmehr unternimmt Cohen eine so bei ihm noch nicht dagewesene weitläufig-systematische Interpretation der Tradition des Judentums im Horizonte der Vernunft.64 Dieser methodische Ansatz ist legitim, denn Religion und Philosophie haben von ihren Anfängen gemeinsame Wurzeln.65 Dies impliziert wiederum, dass nicht nur die Vernunft der Religion zum Thema wird, sondern eben so sehr der Anteil der Religion an der Ver-
61 F. Rosenzweig hatte in seiner Einleitung zu den „Jüdischen Schriften“ die These von der Systemüberschreitung vertreten (JS I, XIX, XLVff). Dagegen der Aufsatz von A. Altmann, Hermann Cohens Begriff der Korrelation (zuerst Tel Aviv 1962), jetzt in: H. Holzhey (Hg.), Hermann Cohen, Frankfurt am Main 1994, 247–268. – Die Arbeit von F. Albertini, Das Verständnis des Seins bei Hermann Cohen. Vom Neukantianismus zu einer jüdischen Religionsphilosophie (Epistemata. Reihe Philosophie 335), Würzburg 2003, stellt die Kontinuität umfassend dar. 62 RV 8. 63 Dazu ausführlich A.-K. Hake, Vernunftreligion und historische Glaubenslehre. Immanuel Kant und Hermann Cohen, Würzburg 2003. 64 Vgl. H. Holzhey, Der systematische Ort der „Religion der Vernunft“ im Gesamtwerk Hermann Cohens, in: ders. / G. Motzkin / H. Wiedebach (Hg.), „Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums“. Tradition und Ursprungsdenken in Hermann Cohens Spätwerk, Hildesheim 2000, 37–59. 65 Vgl. RV 42.
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nunft. Die Vernunft in der Religion affiziert die Vernunft religiös.66 Die prüfende Vernunft entspringt selbst einer sowohl religiösen wie auch philosophischen Tradition, die sie wieder anhand der aus beiden gezogenen Begriffe interpretiert. Geschichte und Systematik fallen zusammen, Geschichte wird nur deutbar im systematischen Vollzug. Einige Leitbegriffe werden nun kurz vorgestellt. 4.1 Korrelation Der zentrale methodische Begriff der späten Religionsphilosophie ist der Begriff der Korrelation. Er ist ein Methodenbegriff, der seine Herkunft ursprünglich in der Logik hat, aber in der späten Religionsphilosophie zu besonderer Heuristik und Plastizität gedeiht. Als Methodenbegriff meint Korrelation die Wechselwirkung zweier sich gegenseitig erhellender Begriffe.67 Die Begriffe bleiben also getrennte selbständige, entwickeln aber ihren Bedeutungsgehalt erst in einer reziproken Beziehung. Im Korrelationsbegriff artikuliert Cohen die kritizistische Antithese zu jedem Vermittlungskonzept und damit zu allem Identitätsdenken, sei es die platonische Methexis, die Logosspekulation der Stoa und Philons von Alexandria, sei es die neuplatonisch-mystische Versenkung des Differenten in der Einheit, die konstruktive Totalität christlicher Trinitätslehre, schließlich die dialektische Einheit des Gegensätzlichen in den idealistischen Synthesen. Dies alles sind griechisch inspirierte Metaphysikkonzepte, die weder der religiösen Erfahrung des Judentums noch der verlorenen Einheit eines modernen Wirklichkeitsbewusstseins mehr adäquat sind. Einheitskonzepte beruhen auf Vermittlungsstrategien; sie müssen den kontrafaktischen Charakter der Ethik untergraben. Es ist jedoch vorschnell und kurzschlüssig, das Konzept der Korrelation als ein spezifisch jüdisches der griechischen Denkform der Vermittlung gegenüberzusetzen.68 Es ist aber ein methodisches Instrument, mit dessen Hilfe sich die Erfahrungs‑ und Vernunftgehalte der jüdischen Religion im Unterschied zum griechischen Vermittlungsdenken präziser bestimmen lassen. „Das Eigentüm66 Es ist nicht auszuschließen, dass die Kriegsereignisse und zunehmender Antisemitismus Cohen zu dieser Erweiterung des Vernunftverständnisses geführt haben; vgl. H. Holzhey, Ort, 56. 67 Siehe LE 236: „Anstatt Immanenz: Korrelation […] Für Immanenz muß die Korrelation eintreten; und sie darf nicht formell, sondern sie muß logisch gedacht werden. Die beiden Begriffe an sich fordern einander; und ihre Korrelativierung bringt die Erkenntnis zustande.“ 68 Manche Interpreten sehen hier nicht ohne Berechtigung die Vorformen zu einer Begegnungs‑ und Dialogphilosophie im Sinne Bubers. Doch bei Cohen ist das Konzept eher der Versuch, nach dem modernen Kraftloswerden des Identitätsdenkens wenigstens einen methodischen Zusammenhang im Wirklichkeitsbewusstsein zu bewahren. Gegen die Unterstellung „jüdischer Denkformen“ polemisiert Cohen gegen Martin Buber. „Abgesehen aber von dem Problem der hebräischen Sprache müssen die besonderen jüdischen Denkformen überhaupt als eine verhängnisvolle Absurdität gebrandmarkt werden. Lieber lasse ich mir noch den jüdischen Schädel gefallen, als die spezielle jüdische Logik.“ JS II, 339.
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liche der Religion haben wir erkannt in der Korrelation von Gott und Mensch. So sehen wir nun hier, daß gemäß dem neuen Menschenbegriffe, der sich beim ersten Schritte der Religion erhebt, auch ein neuer Gottesbegriff entstehen muß; sicherlich ein solcher, der den der Ethik nicht verletzen darf; der mit diesem vielmehr immer in Einklang bleiben muß: ihn aber erweitert und ergänzt.“69 Der methodische Sinn wird klar: die Begriffe von Gott und Mensch müssen beide sich erweitern und verändern, wenn sie in Korrelation zueinander gebracht werden. Sie bestimmen sich dabei wechselseitig. In historischer Typisierung macht dieser Prozess das Eigentümliche des Judentums aus. Anhand des Schlüssels der Korrelation ist zu sehen, wie die Religion des Judentums den von der allgemeinen griechischen Vernunft vorgezeichneten Rahmen der Begriffe von Mensch und Gott transformiert. Die neuen Begriffe bringen sich wechselseitig hervor. Eine prinzipielle Vorrangstellung des einen vor dem anderen ist nicht gegeben, auch wenn die Darstellung zwangsläufig konsekutiv sein muss. 4.2 Gott als Einziger Wenn die RV im ersten Kapitel mit dem Programmsatz beginnt „Anstatt der Einheit Gottes setzen wir die Einzigkeit als den Inhalt des Monotheismus“70, dann bündelt sich in dieser Aussage bereits der volle Ertrag der Geschichte Israels, die von dem Sein, das sich im Dornbusch geoffenbart hatte, zu dem Einzigen der Propheten und der Psalmen führt. Es sind primär soziale und anthropologische Erfahrungen, die der Ausbildung des radikalisierten Monotheismus entsprechen und zugleich erst von diesem ermöglicht wurden. Negativ schließt der Begriff der Einzigkeit sowohl Pantheismus wie Polytheismus aus, die als potentielle Gefahren im Begriff der Einheit liegen. Der positive Sinn liegt in der Unvergleichbarkeit. Gott ist wohl Sein, aber nicht Dasein, nicht Natur. „Gott ist nicht das Seiende, und auch nicht das Eine, sondern der einzig Seiende.“71 Mit der Radikalisierung der Einheit zur Einzigkeit verknüpft sich die Neigung, den Ewigen anthropomorph als Person vorzustellen. Vorstellungsformen aber wie Person, Dasein, Existenz müssen die reine Transzendenz des Unvergleichbaren dementieren. Dafür steht das Bilderverbot, unter das auch alle geschichtlichen Vermittlungsversuche fallen. Der Korrelationsgedanke wahrt das Bilderverbot, indem er einzig im Handeln des Menschen die Wirklichkeit einer aller Darstellbarkeit entzogenen Idee aufweisen kann. Diese Wirksamkeit ist nicht zu denken nach dem platonischen Modell eines Erscheinens der Idee im Endlichen, sondern sie ist die teleologische Ausrichtung auf ein transzendentes Ziel. „Die Natur ist und bleibt gegenüber diesem Sein des göttlichen Ich ein Nichts. Nur so konnte aus dieser Metaphysik des Monotheismus der Einzige BR 60. RV 41. 71 RV 49. 69 70
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Gott der Ethik entstehen, aus der Kausalität der Natur die Teleologie der Sittlichkeit.“72 4.3 Der Mensch als Mitmensch Die Grenzen der griechisch geprägten Ethik wurden mehrfach schon angetönt: der Mensch als Bürger, als abstrakte Rechtsperson. Die monotheistische Vertiefung wird zum methodischen Instrument, „den Anteil zu bestimmen, den die Religion an der Vernunft gewinnt.“73 Die Ethik konnte den Menschen lediglich als „Nebenmensch“ thematisieren, der über die Vermittlung des Staates im Allgemeinen aufgeht. Die Weiterung der religiösen Vernunft besteht in der Entdeckung des „Du“, des Mitmenschen in seiner jeweiligen Individualität74 und irreduziblen Andersheit75. Diese Entdeckung bringt erst das sittliche Bewusstsein zum Innewerden des eigenen Ich. Das Movens dieser Bewegung ist die Wahrnehmung des Leidens des Anderen. Signifikant wird dies auf der Kontrastfolie der Stoa, die im Ideal der Apathie auch das Leiden der Anderen vergleichgültigen musste.76 Das Mitleid stellt mich in eine Korrelation zum anderen Menschen, in der er sich in ein Du verwandelt, wobei die generellste Form des Leidens die Armut ist. Insofern ist darin der Imperativ zur Überwindung sozialer und ökonomischer Ungleichheit impliziert. Religion ist nur dort gegeben, wo der Mensch als Mitmensch zum Problem wird: „Die Korrelation von Mensch und Gott kann nämlich nicht in Vollzug treten, wenn nicht vorerst an der eingeschlossenen Korrelation von Mensch und Mensch.“77 Doch die Korrelation ist gleicherweise eine gegenläufige: so wie nur auf dem Boden der Mitmenschlichkeit eine Beziehung zu Gott möglich sein 72 RV 54. In diesem Zitat wird eine Problematik sichtbar, die das ganze Werk durchzieht: die Unvermeidbarkeit religiöser Sprachformen, die zugleich in transzendentaler Reflexion aufgehoben werden. – Zugleich kann diese Verknüpfung des reinen Monotheismus mit einer geschichtlichen Teleologie zu verstörenden Konsequenzen führen. Dafür steht eine Textstelle, die nur schwer in das hier vorgetragene Konzept sich fügt und auch mit anderen Äußerungen Cohens nur dann verträglich ist, wenn sie ausschließlich auf den theoretischen Konflikt von Positionen bezogen ist: „Der Monotheismus kann keine Toleranz anerkennen gegenüber dem Polytheismus. Der Götzendienst muß schlechterdings ausgerottet werden [ …]: der einzige Gottesdienst fordert unausweichlich die Ausrottung des falschen Gottesdienstes. Da kann es kein Erbarmen geben und keine Rücksicht auf Menschen. Die Liebe zu Gott entwurzelt den Quietismus.“ RV 60. 73 RV 18. 74 RV 16 ff. 75 Vgl. M. Brumlik, Der Mensch als Mitmensch. Intersubjektivität bei Hermann Cohen, in: H. Deuser / M. Moxter (Hg.), Rationalität der Religion und Kritik der Kultur. Hermann Cohen und Ernst Cassirer, Würzburg 2002, 84–94. R. Munk, The Self and the Other in Cohen’s Ethics and Works on Religion, in: S. Moses / H. Wiedebach (Hg.), Hermann Cohen’s Philosophy of Religion, Hildesheim 1997, 161–181. 76 Vgl. RV 19, 160 f. 77 RV 133.
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kann,78 so erzeugt umgekehrt erst die Korrelation von Gott und Mensch den Mitmenschen.79 Die Korrelation zu Gott hat damit eine zweifache Ausrichtung: aus ihr entsteht die Idee des Individuums und zugleich die Idee der einen messianischen Menschheit. Und wiederum gewinnt erst in diesen beiden Gestalten die Idee der Einzigkeit Gottes ihre spezifische Kontur. Dass erst am Anderen das Ich werde, ist eine schlichte Einsicht, die über Cohen zurück in den Idealismus und die Romantik reicht, zudem wohl der unmittelbaren Lebenserfahrung zu allen Zeiten entspricht. Sie wird bei Cohen zugespitzt durch die Korrelation zu dem Einzigen Gott. „Diese Korrelation ist nicht das Verhältnis zu Gott als einem personalen Du, sondern zu Gott als einer Idee, wenngleich der religiöse Mensch stets in Gefahr ist, es als personales zu deuten und damit in die Gefühlsqualität des Ästhetischen abzugleiten. Einzigkeit Gottes bedeutet eben strikte Unvergleichbarkeit, durch die im Widerschein der Mensch seine individuelle Einzigkeit erfährt. Der einzige Gott vollzieht damit eine neue Bedeutung seiner Einzigkeit: er ist einzig für den Menschen, sofern dieser als ein einziger gedacht werden muß.“80 Angesichts des nie zu erfüllenden Ideals der Sittlichkeit erfährt der Mensch sein Versagen, seine Schuld, religiös seine Sünde. „Sünde“ ist die der Einzigkeit Gottes entsprechende Form des Menschen als Individualität, – eine Entdeckung, die Cohen vornehmlich Ezechiel zugeschrieben hat.81 Gott fungiert als die Instanz, die Leben trotz der Schuld ermöglicht.82 Sünde ist Gleichgültigkeit gegenüber den Armen und Fremden; die Erkenntnis der Sünde erfolgt aus der Idee des Gottes, der auch der Gott der Armen und Fremden ist. Religionsgeschichtlich ist das Konzept der Schuld aufs Engste mit der Praxis des Opfers verknüpft. Das Opfer als kultisches Verfahren, eine erzürnte Gottheit zu bestechen, ist selbst Götzendienst,83 wie Cohen die prophetische Kultkritik deutet. Opferkult ist kein religiöser Selbstzweck, sein wahrer Sinn besteht in Sittlichkeit, Sündenbekenntnis und Gebet.84 Der Tempel gewinnt seine wahre Aufgabe als Ort der Sammlung der Gemeinde,85 er geht zu Recht in die Synagoge über. Vgl. RV 156. RV 187. 80 BR 61. 81 Die komplexen Analysen von Schuld, Sünde, Sündenbekenntnis und Versöhnung können hier nicht angedeutet werden. – Zum Thema vgl. D. Korsch, Hermann Cohens Verständnis der Sünde vor dem Hintergrund der reformatorischen Tradition, in: H. M. Dober / M. Morgenstern (Hg.), Religion aus den Quellen der Vernunft. Hermann Cohen und das evangelische Christentum, Tübingen 2012, 194–206. 82 „Durch die eigene Sünde wird der Mensch zuerst zum Individuum. Durch die Möglichkeit der Abkehr aber von der Sünde kann erst die Korrelation mit Gott wahrhaft werden.“ RV 225. 83 Vgl. RV 199 84 Siehe dazu E. Robberechts, Das Opfer des Opfers bei Hermann Cohen, in: H. M. Dober / M. Morgenstern (Hg.), Religion aus den Quellen der Vernunft. Hermann Cohen und das evangelische Christentum, Tübingen 2012, 39–52. 85 Vgl. RV 31. 78
79 Vgl.
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Im Begriff des Mitmenschen waren bereits Individualität und Sozialität verschränkt. So wie gegenüber dem Einzigen Gott das Individuum als Ich entsteht, so entsteht aus ihm als Korrelat die Idee der Einen Menschheit, die in der Geschichte der Staaten sich nicht deterministisch entwickelt, sondern im sittlichen Handeln zu realisieren ist. Die ethischen Imperative der Verbesserung der sozialen Lage der Armen und die Anerkennung der Fremden als gleichwertig sind unmittelbare Folgen dieser Idee. „So wird die Einheit Gottes zum Vorbild für die Völkermenschen, daß sie ihre Einheit in der Menschheit sich zum Ziele ihres geschichtlichen Daseins setzen […]. Der Messianismus wird zur schlichten Konsequenz des Monotheismus.“86 Der Messias ist keine Person,87 denn das würde den Monotheismus beschädigen, sondern eine in der Zukunft liegende Idee der Menschheit.88 Es ist im Monotheismus begründet, dass Israel nur als nichtstaatliches Volk Träger der messianischen Idee sein kann.89 „So ist Israel, als Nation, nichts anders als nur das Symbol für das Desiderat der Menschheit. Ein solches Symbol könnte das griechische Volk nicht darstellen; denn es kennt den Begriff der Menschheit nicht. Die eine Menschheit konnte nur unter dem einen Gotte erstehen. Dieser aber ist nur in dem einen Volke erstanden. Daher mußte dieses eine Volk fortbestehen.“90 Im Lichte dieses menschheitlichen Messianismus verwandelt sich nun alles in ein Symbol: die Geschichte Israels, Jerusalem, der Tempel, ja der Messias selbst.91 Die Erwählung Israels wird zur Erwählung der Menschheit. Verdampft hier nicht die religiöse und politische Geschichte Israels zu einem sittlichkeitsteleologischen Konstrukt, durch dessen Optik wiederum diese Geschichte rekonstruiert wird? Indem Cohen den Universalismus zum innersten Prinzip des Judentums erklärt, verwirft er alle Exklusivitätsansprüche als diesem zuwiderlaufende Partikularismen. Denn gerade aus diesem Prinzip ist das Judentum imstande, hermeneutisch auch in anderen Vernunft‑ und Religionsgestalten Vorformen oder Differenzformen der Wahrheit des Einzigen Gottes anzuerkennen, wie Cohen selbst in seinen Äußerungen zur griechischen Welt demonstriert. Die Frage bleibt, ob ein solcher Universalismus nicht zwangsläufig die Selbstaufhebung seiner als Position implizieren müsse. Das aber wird historisch nicht stattfinden können, denn der Universalismus ist keine Realität, sondern eine unendliche Aufgabe. Der Messianismus ist keine Eschatologie!
86 RV
297. Vgl. RV 305. 88 Diese Zukünftigkeit bezeichnet den Unterschied zum Ursprungsdenken der Griechen; vgl. RV 291 f. 89 Vgl. RV 195. 90 RV 295. 91 Vgl. RV 487. 87
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5. Zusammenfassung Die Griechen haben die theoretische Wissenschaft und die Philosophie geschaffen; beide sind wegen der Universalität der Vernunft für Juden unumgänglich. Sie haben einen philosophischen Monotheismus entwickelt, der grundlegend bleibt für jede reflektierte Religion, aber vor den Zweideutigkeiten des Pantheismus nicht gesichert werden kann. Die griechische Ethik kreist wohl um die Frage nach dem Guten; sie findet aber ihre Grenze in der Wahrnehmung des Mitmenschen. In der griechischen Verbindung von Kunst und Religion wird die Unterscheidung von Gott und Mensch eingerissen; dies ist der einzige Punkt, an dem das Judentum Einspruch erheben muss. Mit dieser Ausnahme muss das Judentum keine der griechischen Errungenschaften aus seinem Selbstverständnis heraus ablehnen; es kann sie aber erweitern und ergänzen zum Monotheismus des Einzigen Gottes, zum messianischen Universalismus und zur Erkenntnis der Individualität. Diese Erweiterung ist nicht antigriechisch; sie liefert vielmehr eine Hermeneutik, die das Griechentum in seinen Leistungen und Grenzen vielleicht besser zu verstehen lehrt, als es sich selbst verstehen konnte. Welche Funktion haben Cohens häufige, manchmal auch willkürlich erscheinenden Bezüge auf die Griechen? Bilden sie die Folie, das Eigentümliche des Judentums im Kosmos von Kultur und Wissenschaft zu entfalten? Bilden Griechentum und Judentum eine Korrelation im strengen Sinne dieses Begriffs? Könnte es dann aber sein, dass auch Cohens Sicht des Judentums sich in griechischer Perspektive vollzieht?
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Marksteine der wissenschaftlichen Arbeit am 3. Makkabäerbuch (1564–1913) Thomas Knöppler
Es wäre gewiss reizvoll, eine Forschungsgeschichte zum 3 Makk zu schreiben. Auf knappem Raum und bei begrenzter Zeit ist das freilich nicht zu leisten. Auch eine Gesamtdarstellung der frühen wissenschaftlichen Arbeit am 3 Makk würde interessante Details zutage fördern. Aber dies wäre ebenfalls ein größeres Projekt. Ich grenze daher die folgenden Ausführungen auf die wissenschaftliche Arbeit bis vor 100 Jahren ein und beschränke mich auf weiterführende und wirkungsträchtige Beiträge von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an1 bis zum Erscheinen der Bearbeitung des 3 Makk durch C. W. Emmet2. Dessen Einleitung und Übersetzung unserer Schrift erschien im Jahr 1913. Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass in jüngerer Zeit nicht wenige bemerkenswerte Ansätze zum Verständnis des 3 Makk vorgetragen worden sind.3 1 Vgl. auch die Übersicht über die Editionen und Übersetzungen des 3 Makk seit dem 16. Jahrhundert in B. M. Metzger, An Early Protestant Bible Containing the Third Book of Maccabees. With a List of Editions and Translations of Third Maccabees, in: M. Brecht (Hg.), Text – Wort – Glaube. Studien zur Überlieferung, Interpretation und Autorisierung biblischer Texte, FS K. Aland, Berlin 1980, 123–133. 2 C. W. Emmet, The Third Book of Maccabees, APOT I (1913; Neudruck 1963) 155–173. 3 S. zuletzt U. Mittmann-Richert, Historische und legendarische Erzählungen (JSHRZ VI,1,1), Gütersloh 2000; W. Huß, Ägypten in hellenistischer Zeit: 332–30 v. Chr., München 2001; U. Mittmann-Richert, Theologie als Schlüssel zur Historie. Neue Wege zur Datierung frühjüdischer Schriften, in: H. Lichtenberger / G. S. Oegema (Hg.), Jüdische Schriften in ihrem antik-jüdischen und urchristlichen Kontext (JSHRZ.St 1), Gütersloh 2002, 75–101; T. Knöppler, Die Gottesvorstellung des 3. Makkabäerbuches, in: H. Lichtenberger / G. S. Oegema (Hg.), Jüdische Schriften in ihrem antik-jüdischen und urchristlichen Kontext (JSHRZ.St 1), Gütersloh 2002, 209–221; S. R. Johnson, Historical Fictions and Hellenistic Jewish Identity. Third Maccabees in Its Cultural Context, Berkeley, CA u. a. 2004; N. Hacham, 3 Maccabees. An AntiDionysian Polemic, in: J.-A. A. Brant u. a. (Hg.), Ancient Fiction. The Matrix of Early Christian and Jewish Narrative (SBL Symposium Series 32), Atlanta, GA 2005, 167–183; S. R. Johnson, Third Maccabees. Historical Fictions and the Shaping of Jewish Identity in the Hellenistic Period, in: J.-A. A. Brant u. a. (Hg.), Ancient Fiction. The Matrix of Early Christian and Jewish Narrative (SBL Symposium Series 32), Atlanta, GA 2005, 185–197; N. C. Croy, 3 Maccabees, Leiden/Boston, MA 2006; G. Schimanowski, Juden und Nichtjuden in Alexandrien. Koexistenz und Konflikte bis zum Pogrom unter Trajan (117 n. Chr.) (Münsteraner Judaistische Studien 18. Wissenschaftliche Beiträge zur christlich-jüdischen Begegnung, hg. v. Institutum Judaicum Delitzschianum in Münster), Berlin 2006; N. Hacham, Third Maccabees and Esther. Parallels, Intertextuality, and Diaspora Identity, JBL 126 (2007) 765–785; A. Jördens, Der jüdische Rene-
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Auch wird man an der 1960 durch Robert Hanhart publizierten textkritischen Edition des Buches kaum vorbeigehen können; sie ist grundlegend für alle weitere Arbeit am 3 Makk.4 Aber die Beschäftigung mit früheren Bearbeitern dieser Schrift zeigt den großen Rahmen auf, innerhalb dessen ein sinnvolles Verständnis möglich ist. Das schließt freilich nicht aus, dass es auch exegetische Innovationen gibt, die diesen Rahmen erweitern. Aber das wäre im Einzelfall zu überprüfen.
1. Die Aufnahme des 3 Makk in eine lateinische Bibel durch Johannes Brenz (1564) Johannes Brenz, der Reformator der ehemals freien Reichsstadt Schwäbisch Hall und später auch Württembergs, ist ein typischer Vertreter des bei den Lutheranern üblichen qualitativen Kanonverständnisses. Schon Martin Luther hatte ja die sogenannten Apokryphen des Alten Testaments als Bücher abgewertet, „so der heiligen Schrifft nicht gleich gehalten, und doch nützlich und gut zu lesen sind“5. Brenz hatte Luther in seiner Bibelkritik noch dadurch übertroffen, dass er Jakobus und einige andere neutestamentliche Bücher zu den pseudapostolischen bzw. apokryphen Schriften zählte. In der im Wesentlichen von Brenz ausgearbeiteten Confessio Wirtembergica (1552) heißt es unter dem Artikel De sacra scriptura: Sacram scripturam vocamus eos canonicos libros Veteris et Novi Testamenti, de quorum autoritate in ecclesia nunquam dubitatum est.6 Da dieser gat Dositheos (3 Makk 1,3) im Spiegel der Papyrusüberlieferung, in: M. Karrer / W. Krauß (Hg.), Die Septuaginta. Texte – Kontexte – Lebenswelten. Internationale Fachtagung veranstaltet von Septuaginta deutsch (LXX.D), Wuppertal 20.–23. Juli 2006 (WUNT 219), Tübingen 2008, 157–165; A. Passoni dell’Acqua, Von der Kanzlei der Lagiden zur Synagoge. Das ptolemäische Vokabular und die Septuaginta, in: M. Karrer / W. Krauß (Hg.), Die Septuaginta: Texte – Kontexte – Lebenswelten. Internationale Fachtagung veranstaltet von Septuaginta deutsch (LXX.D), Wuppertal 20.–23. Juli 2006 (WUNT 219), Tübingen 2008, 236–247; M. M. Piotrkowski, Reevaluating 3 Maccabees. An Oniad Composition?, in: M. Hirschberger (Hg.), Jüdisch-hellenistische Literatur in ihrem interkulturellen Kontext, Frankfurt am Main u. a. 2012, 117–142; W. Orth, 3.4.3 Makkabaion III/Das dritte Buch der Makkabäer, in: S. Kreuzer (Hg.), Einleitung in die Septuaginta (LXX.H I), Gütersloh 2016, 314–321; C. Blumenthal, Der höchste Gott und König Ptolemaios IV. Philopator. Beobachtungen zur erzählerischen Entfaltung des Gottesbildes in 3 Makk, Bib. 97 (2016) 360–374. 4 R. Hanhart (Hg.), Maccabaeorum liber III (Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum, Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum, Vol. IX/3), Göttingen 19802. S. daneben auch: J. Mélèze Modrzejewski, Troisième livre des Maccabées (La Bible d‘Alexandrie 15.3), Paris 2008. 5 WADB 12; 3,2–4. Ganz ähnlich wie hier in Luthers Bibelübersetzung von 1545 lautete dieser Satz auch schon in seiner Bibel von 1534 (s. a. a. O. 2,2–4). 6 Das Zitat aus der Confessio Wirtembergica ist entnommen aus: H. Leipold, Geschichte des neutestamentlichen Kanons. Zweiter Teil: Mittelalter und Neuzeit, Leipzig 1908, 128 Anm. 1. Die deutsche Fassung findet sich in: H. v. Keler (Hg.), Württembergisch Große Kirchenordnung 1559, Stuttgart o. J., xxxviii: „DJe heiligen Schrifft nennen wir / die ordenlichen / bestätigten Bücher / des alten uñ newen Testaments / an deren Glaubwirdigkeit in der Kirchen nie kein
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Artikel historisch als Reaktion auf die 1546 erfolgte Festlegung des Bibelkanons durch das Konzil von Trient einzustufen ist und kanongeschichtliche Fragen zu der damaligen Zeit häufiger verhandelt wurden, bedeutet dieser Satz: „hier werden sieben neutestamentliche Bücher (Hebr., Jak., 2. Petri, 2. und 3. Joh., Jud., Offb.) aus dem neutestamentlichen Kanon im eigentlichen Sinne des Wortes ausgeschlossen.“7 Angesichts dessen ist das Faktum überraschend, dass Brenz unsere Schrift als einziges zusätzliches Buch zur Vulgata in eine lateinische Bibelausgabe aufnahm, die 1564 in Tübingen veröffentlicht wurde:8 An das 2 Makk fügt er das 3 Makk an. Über seine Motive für diese Aufnahme ist nichts bekannt. Vermutlich folgt er hier einer humanistischen Gepflogenheit der Zürcher Reformatoren Johannes Oekolampad9 und Leo Jud.10 Vielleicht hat Johannes Brenz aber auch nur den Schriftenkanon seiner Vorlage11 übernommen.
2. Die Frage nach Abfassungszeit und Autor bei Franciscus Junius (1590) 1590 haben Immanuel Tremellius, Franciscus Junius und Theodor Beza erstmalig eine lateinische Bibel herausgegeben.12 Auch dort ist der Text des 3 Makk abgedruckt. Unter den libri apocryphi erscheint nach den Zusätzen zum Buch Est die Überschrift Schimhonis Sacerdotis summi Liber unus, vulgo Macbæorum III.13. Erst im Anschluss daran folgen das 1 Makk und 2 Makk. Bei dieser Bibelausgabe zeichnet Franciscus Junius für die Edition des 3 Makk verantwortlich. Einige Einzelheiten sind hierbei bemerkenswert.
Zweifel gewesen ist.“ Es ist zu überlegen, ob Brenz hiermit nicht doch anstelle des qualitativen Kanonsverständnisses eine historisch motivierte Auffassung vertritt. 7 A. a. O. 128. 8 J. Brenz, Biblia sacra. Cum diligentia, cura, studio singulari elaborata, deque sententia doctissimorum virorum, & inprimis Hebraicæ linguæ peritorum, plurimis in locis vltra priores editiones emendata atque correcta, Tübingen 1564. 9 Zu der durch qualitative Urteile abgestuften Liste der biblischen Bücher in DD. Ioannis Oecolampadii et Hvldrichi Zvinglii epistolarvm libri qvatvor, Basel 1536, gehören „tres libors Machabaeorum“ (a. a. O. 3). 10 Er publizierte 1529 eine Übersetzung des 3 Makk in der Zürcher Bibel (s. B. M. Metzger, Bible, 131), die bis 1560 in mehreren Neudrucken bei Froschauer in Zürich erschien. 11 Vorlage war die Ausgabe der Vulgata, die Nikolaus Wolrab 1544 in Leipzig veröffentlichte, die wiederum auf der 1540 in Paris publizierten Neuedition von Robert Estienne (Stephanus) fußte. 12 I. Tremellius / F. Junius / T. Beza (Hg.), Biblia Sacra, Sive Testamentum Vetus, Ab Im. Tremellio et Fr. Iunio ex Hebræo Latinè redditum, et Testamentum Novum, à Theod. Beza è Græco in Latinum versum. Argumentis Capitum additis, versibusq. singulis distinctis, et seorsum expreßis, Amsterdam 1648. 13 A. a. O. 668 (im Original durchweg in Großbuchstaben).
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2.1 Im Jahre 1546 wurde auf dem Konzil von Trient der römisch-katholische Kanon der biblischen Schriften feierlich festgestellt. Dieser Kanon orientiert sich in Hinsicht auf das Alte Testament am Umfang der LXX mit Ausnahme unter anderem von 3 Makk und 4 Makk.14 Während die lutherischen Kirchen auf eine formale Festlegung des Kanons verzichteten, reagierte die reformierte Kirche in Frankreich und in Belgien darauf. Sowohl in der Pariser Fassung der Confessio gallicana von 1559 als auch in der Confessio belgica von 1561 werden die Schriften des Alten und Neuen Testaments in einer Aufzählung festgestellt.15 In Hinsicht auf das Alte Testament orientiert man sich am Schriftbestand der hebräischen Bibel. Die in der LXX überlieferten Spätschriften und somit auch die Makkabäerbücher sind hier daher nicht enthalten.16 Es ist bemerkenswert, dass in Genf an dieser Stelle ein für die reformierte Orthodoxie nicht unbedingt zu erwartendes Umdenken stattgefunden hat: Die Genfer Bibel bezieht die libri apocryphi kommentarlos in ihren Textbestand mit ein.17 Das bedeutet doch wohl, dass man in Genf inzwischen auch sie als Heilige Schrift angesehen hatte. Vermutlich hat dies zum einen mit Leo Juds 1529 publizierter Übersetzung des 3 Makk in der Zürcher Bibel18 und zum anderen mit einer verstärkten humanistischen Grundhaltung zu tun. 2.2 Das Faktum, dass das 3 Makk den Büchern 1 Makk und 2 Makk vorangestellt ist, bezeugt einen kritischen Umgang mit der in den Spätschriften der LXX vorliegenden Anordnung der Bücher. Dieses Faktum dürfte von der Überlegung geleitet sein, dass der im 3 Makk behandelte Stoff früher anzusetzen ist als der in 1 Makk und 2 Makk beschriebene Kampf der Makkabäer gegen die hellenistische Überfremdung. Konkret wird am Beginn des 3 Makk die Schlacht bei Rhaphia genannt, in der Ptolemaios IV. seine Vorherrschaft in Koile Syria sichern konnte, und während seiner weiteren Regierungszeit blieb diese Region ptolemäisches Territorium. 14 S.
DH 1502. S. E. F. K. Müller (Hg.), Die Bekenntnisschriften der reformierten Kirche, Leipzig 1903 (Nachdruck Zürich 1987), 222.233 f. 16 In Art. VI. der Confessio belgica werden die Apokryphen aufgezählt, darunter duo […] libri Machabeorum: quos quidem Ecclesia legere et ex iis documenta de rebus cum libris Canonicis consentientibus, desumere potest. At nequaquam ea ipsorum vis et autoritas est, ut ex ullo testimonio ipsorum aliquod dogma de fide aut Religione Christiana, certo constitui possit: tantum abest, ut divinorum illorum librorum autoritatem imminuere valeant (a. a. O. 234). In den Spätschriften des Alten Testaments finden sich also Übereinstimmungen mit den kanonisch in Geltung stehenden Schriften; ihnen eignet aber nicht deren Dignität. S. dazu auch G. Wenz, Theologie der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Eine historische und systematische Einführung in das Konkordienbuch, Bd. 1, Berlin/New York, NY 1996, 171 f. Anm. 46. 17 Dagegen teilt der Jesuit R. Bellarmin die biblischen Bücher in seinen Disputationes, de verbo dei I.1, Kap. 4, in drei qualitativ unterschiedene Klassen ein. Zur dritten Klasse zählt er u. a. auch 3 Makk und 4 Makk (s. H. Leipold, Geschichte, 54 Anm. 2). 18 S. dazu den Hinweis in Anm. 10. 15
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2.3 Das 3 Makk wird in dieser Bibelausgabe als „vulgo Macbæorum III“19 vorgestellt. Damit bringt Junius die kritische Einsicht zur Sprache, dass das 3 Makk gemeinhin so bezeichnet wird, dieser Titel jedoch unzutreffend ist. Statt einen neuen Titel einzuführen, begnügt er sich mit der allgemeinen Bezeichnung „Liber unus“20. Junius ist freilich nicht der erste, der dieses Problem gesehen hat. Der irreführende Titel wurde schon in drei Handschriften der Hauptgruppe der lukianischen Rezension (381–534–728) als solcher erkannt; es heißt dort: μακκαβαικων η πτολεμαικων. Dieser Titel wäre allerdings nur dann zutreffend, wenn er über allen vier Makkabäerbüchern stünde und dort das 3 Makk als πτολεμαικον bezeichnen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall, so dass unter den textkritisch relevanten Auskünften allein die Minuskel 19 eine zutreffende Bezeichnung bietet: μακκαβαικων γ. πτολεμαικον μαλλον ωφειλεν επιγραφεσθαι. 2.4 Trotz seines Verzichts auf einen neuen Titel für das 3 Makk hat Junius einen Vorschlag zur Identifizierung des Verfassers formuliert. Seine Angabe Schimhonis Sacerdotis summi21 ist wohl in der Weise zu verstehen, dass er den in 3 Makk 2,1 (v. l.) genannten Jerusalemer Hohenpriester Simon, der das wirkmächtige Gebet in 2,2–20 spricht, zum Autor des ganzen Buches macht. Gemeint ist Simon II. der Gerechte, ein Sohn von Onias II. und Enkel Simons I., der von etwa 218 bis 192 v. Chr. das Amt des Hohenpriesters am Jerusalemer Tempel bekleidete.22 Nach einer anderen Rechnung, die sich vor allem auf Josephus (ant. Iud. 12,154–157.224 f.) stützt, hatte in den 190er Jahren dessen Vater Onias II. das Amt des Hohenpriesters inne23; aber diese Darstellung bei Josephus ist auch in Hinsicht auf andere Namen nicht ganz präzise. Simon jedenfalls genoss großen Rückhalt in den konservativen jüdischen Kreisen, weil er Jerusalem wiederherstellte und den Tempelgottesdienst neu ordnete (vgl. Sir 50,1–23). Er bewahrte sein Volk beim endgültigen Sieg von Antiochos III. über die Ptolemäer durch seine tatkräftige und umsichtige Politik vor größerem Schaden.24 Für die Überlegung, dass Simon Verfasser des 3 Makk sein soll, spräche immerhin, dass er als Anhänger der seleukidischen Partei in Jerusalem ein Interesse daran gehabt haben könnte, den Sieger von Rhaphia in einem negativen Licht erscheinen zu lassen.25 Gegen eine Autorschaft Simons sind jedoch drei gewich I. Tremellius / F. Junius / T. Beza, Biblia Sacra, 668. Ebd. 21 Ebd. 22 S. E. Haag, Das hellenistische Zeitalter. Israel und die Bibel im 4. bis 1. Jahrhundert v. Chr. (Biblische Enzyklopädie 9), Stuttgart 2003, 199. 23 So auch W. Huß, Ägypten, 401. 24 S. M. Hengel, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh.s v. Chr. (WUNT 10), Tübingen 19883, 493 f. 25 Später hat Hugo Willrich den Verfasser der „Physkonlegende“ bei Josephus als einen Anhänger des Oniastempels dem jerusalemisch orientierten Verfasser des 3 Makk gegenübergestellt 19 20
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tige Argumente geltend zu machen: zum ersten die Einsicht, dass die einzige Nennung Simons im 3 Makk heute textkritisch als sehr wahrscheinlich sekundär gelten muss, zum zweiten das Faktum, dass einem Hohenpriester in Jerusalem wohl kaum eine derartige Beherrschung der hellenistischen Sprache mit einer solch ungewöhnlichen Breite des Wortschatzes zu Gebote gestanden hätte, und zum dritten die Beobachtung, dass der Hauptteil des Buches nicht von den Juden in Palästina, sondern von Diasporajuden in Ägypten handelt.26
3. Die gelehrte Kommentierung durch Hugo Grotius (1644) Der nächste, der sich eingehender mit dem 3 Makk befasste, ist Hugo Grotius. 1644, ein Jahr vor seinem Tod, publizierte er seine dreibändigen Opera Omnia Theologica, die aus philologisch-historischen Anmerkungen zum gesamten Bibeltext bestehen.27 Diese weniger an der Dogmatik als an der Ethik orientierten Kommentare lassen ihn als Vorläufer der historisch-kritischen Bibelauslegung erscheinen. Am Ende des ersten Bandes, der die Annotationes ad Vetus Testamentum enthält, kommentiert Grotius das 3 Makk. In einer kurzen Einleitung, die dem Kommentar vorangestellt ist, geht er auf die chronologisch inkonsequente Stellung des Buches und auf dessen irreführenden Titel ein.28 3.1 Zunächst ist festzustellen, dass Grotius seinem theologischen Lehrer Franciscus Junius weder in der Voranstellung des 3 Makk vor die beiden ersten Makkabäerbücher noch in der Zuschreibung des Autors folgt. Er erkennt vielmehr einen Grund, warum dieses Buch hinter 1 Makk und 2 Makk steht: Wegen einer fehlenden alten lateinischen Übersetzung sei es weniger zugänglich, was wiederum seinen Einfluss mindere.29 Schon Eusebius habe dieses Buch in einer kurzen Chronik den heiligen Schriften hinzugerechnet. Grotius schließt sich dem an: von einer griechischen Textausgabe ausgehend, habe er quasi als Beilage
(ders., Juden und Griechen vor der makkabäischen Erhebung, Göttingen 1895, 145). In jüngster Zeit fragt M. M. Piotrkowski, Re-evaluating, ob das 3 Makk „An Oniad Composition“ (117) sei, und fordert zu einer Neubewertung des Buches auf, die sich nicht nur auf den politischen Hintergrund des Verfassers bezieht. Ders. kommt unter Einbeziehung von Josephus, c.Ap. 2,49–55, zu dem Ergebnis, dass letztlich Onias mit seinen Truppen die im Hippodrom von Ptolemaios Physkon eingeschlossenen Juden befreit habe und dass der Verfasser des 3 Makk in den Reihen der Anhänger des Onias zu suchen sei (s. a. a. O. 137 f.). 26 Der Aufsatz von M. M. Piotrkowski bietet hier die befriedigenderen Antworten. 27 H. Grotius, Opera Omnia Theologica I, Amsterdam 1679 (Neudruck: Stuttgart-Bad Cannstatt 1972). 28 A. a. O. 789. 29 Postremo autem loco positus est, quia non tam latè patentem ut duo illi auctoritatem adeptus est: neque ulla vetus ejus Latina exstat versio (Ebd.).
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auch das 3 Makk noch kommentiert.30 Den Autor ordnet er nicht viel später als den Verfasser des Buches Sir ein.31 3.2 Dass sich der Titel der Schrift auf die Makkabäer bezieht, ist nach Grotius darin begründet, dass die Juden in dieser Schrift wie Judas Makkabäus und seine Brüder dargestellt sind. Sowohl in Hinsicht auf das Handeln als auch auf das Ertragen setzen sie ihr Leben für das Gesetz Gottes ein.32 3.3 In seinen Anmerkungen zum Text33 gibt Grotius eine Fülle an Parallelen zum 2 Makk, aber auch zum 1 Makk, zu weiteren Stellen des Alten Testaments – durchaus auch mit Verweis auf verwandte hebräische Ausdrücke – und des Neuen Testaments sowie zu Josephus an. Zu Josephus notiert er in seiner Einleitung, dass die im 3 Makk berichtete Geschichte bei ihm fehle, dass es aber in einer lateinischen Übersetzung von Contra Apionem eine auf Ptolemaios Physkon bezogene Parallele dazu gebe.34 Die in dieser Kommentierung zutage tretende, außerordentliche philologische Gelehrsamkeit von Grotius35 ist ein besondere beachtlicher Markstein in der Geschichte der Auslegung des 3 Makk.
4. Die deutschsprachige Bearbeitung von Johann Friedrich Gaab (1819) Auf Basis der von J. C. W. Augusti und W. M. L. de Wette von 1809 bis 1814 herausgegebenen Bibelübersetzung publizierte 175 Jahre nach dem Werk von Grotius Johann Friedrich Gaab den zweiten Band seines Handbuchs „zum philologischen Verstehen der apokryphischen Schriften des Alten Testaments“36. Seine Übersetzung des 3 Makk, die hauptsächlich auf der von de Wette37 fußt, hat
30 Quare Græcum codicem indistinctum in commata in manus sumemus, ut sit hæc velut operis nostri mantissa (Ebd.). 31 Fuit hic Scriptor non multò posterior Sirachide (Ebd.). 32 Maccabaicus autem vocatur, non quod ad Iudam Maccabæum ejúsve fratres quicquam pertineat, sed quia de quibus hîc agitur ii pari cum Maccabæis animo pro Lege Dei multa fecere & pertulere (Ebd.; Hervorhebung im Original). 33 A. a. O. 789–800. 34 Non est hæc historia apud Iosephum; sed in Latina Rufini versione secundi Adversùs Appionem (nam in Græco non pauca ibi desunt) aliquid est quod huc pertinere videatur; sed ibi nomen est Physconis, non Philometoris, ut notavit magnus Scaliger (a. a. O. 789; Hervorhebung im Original). Gemeint ist am Ende des Zitats „der berühmte Latinist und Historiker Joseph Justus Scaliger (1540–1609)“ (H. R. Guggisberg, Grotius, TRE XIV [1985] 277–280, hier 277), der zu den Lehrern von Grotius gehörte. 35 Bereits im Alter von elf Jahren studierte er an der Universität Leiden (s. a. a. O. 277). 36 J. F. Gaab, Handbuch zum philologischen Verstehen der apokryphischen Schriften des Alten Testaments. Band II/2, Tübingen 1819. Gaab war ein mit einem theologischen Ehrendoktor dekorierter königlich württembergischer Prälat und Generalsuperintendent. 37 W. M. L. de Wette (Übers.), Das dritte Buch der Makkabäer, in: Ders. / J. C. W. Augusti (Übers.), Die Schriften des Alten Testaments, Fünfter Band: Die Apokryphen, Heidelberg
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er mit einer kurzen Einleitung und mit Anmerkungen versehen.38 In den Anmerkungen erscheinen häufigere Verweise auf 1 Makk und 2 Makk sowie auf weitere biblische Parallelen und die Kommentierung von Grotius. Die Bearbeitung von Gaab hat, vermutlich weil mit ihr der Übersetzung erstmalig Erklärungen in deutscher Sprache beigegeben waren, eine größere Verbreitung gefunden.39 In der Einleitung informiert Gaab zunächst über den unzutreffenden Titel und wartet dann mit einer simplen Erklärung auf, wie es zu dem Titel kam: „Man nannte […] unter den Juden alle Verfechter der Freiheit und des Judenthums zulezt Makkabäer und so erhielten dann auch diejenigen, welche unter Ptolemäus Philopator für das Judentum stritten und litten, diesen Namen, das vorliegende Buch aber, das von ihnen handelt, die Aufschrift: Makkabaika.“40 Da Gaab für seine Ansicht keine Belege beibringt, wird man seiner Erklärung keine zu große Bedeutung beimessen. Eine weitere Erklärung ohne Belege gibt Gaab auch für die Reihenfolge der ersten drei Makkaberbücher: „man richtete sich, wie es scheint, bei der Zählung der makkabäischen Schriften nach der Zeit ihrer Bekanntwerdung.“41 Dass die Herangehensweise von Gaab an das 3 Makk unhistorisch, undifferenziert und ohne den Aufwand der Begründung durch Fakten geprägt ist, mag ein letztes Zitat aus seiner Einleitung in unsere Schrift belegen: „Die lateinische Kirche kannte dieses Buch nicht, deswegen ist keine Übersezung davon in der Vulgate, und weil die Vulgate es nicht hat, kam es auch nicht in die Luthersche Übersezung.“42 Diese Auskunft ist schlichtweg falsch. Denn 1587 wurde in Rom unter Papst Sixtus V. eine kirchenamtliche Ausgabe der LXX herausgegeben,43 die selbstverständlich auch das 3 Makk enthielt und die die Grundlage legte für eine ganze Reihe weiterer Editionen.44 Zudem fußt die Übersetzung Luthers auf einer 1494 in Brescia gedruckten hebräischen Bibel,45 die die Schriften, die in der LXX über den Textbestand der Biblia Hebraica hinausgehen, natürlich nicht enthielt. Auch setzt sich Gaab nicht damit auseinander, dass es schon frühe Bibelübersetzungen gibt, in denen das 3 Makk enthalten ist. Man wird wohl zu dem Urteil kommen müssen, dass der Bearbeitung des 3 Makk durch Gaab eine nur 1811, 430–452. In der zweiten und dritten, von de Wette allein herausgegebenen Auflage ist das 3 Makk nicht mehr enthalten. 38 Dabei behandelt Gaab das 3 Makk offenbar eingehender als die übrigen Apokryphen. 39 Spätere Bearbeitungen des 3 Makk in deutscher Sprache ziehen zumeist die Ausgabe von Gaab heran. 40 J. F. Gaab, Handbuch, 614 Die Orthographie bietet hier und in den folgenden Zitaten manche Wunderlichkeiten, entspricht aber dem Original. 41 Ebd. 42 Ebd. (zur Orthographie s. den Hinweis in Anm. 40). 43 F. Zannetti (Hg.), Vetus Testamentum iuxta Septuaginta, ex auctoritate Sixti V. Pont. Max. editum, Rom 1587. 44 S. E. Nestle, Urtext und Übersetzungen der Bibel, RE III (1897) 65 ff. 45 S. H. Blanke, 1. Bibelübersetzung, in: A. Beutel (Hg.), Luther Handbuch, Tübingen 2005, 258–265, hier 260 f.
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sehr einschränkte wissenschaftliche Qualität zu attestieren ist. Immerhin setzt er aber mit der deutschsprachigen Einleitung samt Anmerkungen für Leserinnen und Leser, die der alten Sprachen nicht kundig sind, einen Anfang.
5. Philologische Kompetenz und Urteilsfreude bei Carl Ludwig Willibald Grimm (1857) Ab 1851 bringt Otto Fridolin Fritzsche ein „Kurzgefaßtes exegetisches Handbuch zu den Apokryphen des Alten Testamentes“ heraus. 1857 erscheint darin die Bearbeitung des 3 Makk durch Carl Ludwig Willibald Grimm.46 Seine Einleitung und Kommentierung des 3 Makk zeichnen sich durch philologische Kompetenz und Urteilsfreude aus. In ihrer Ausführlichkeit wie kritischen Distanz gegenüber dem zu bearbeitenden Stoff stellen sie ein Novum dar. 5.1 In der Einleitung geht Grimm im Anschluss an einen Überblick über den Inhalt auf sprachliche und gestalterische Eigenheiten des Buches ein. In Hinsicht auf die Schriftgattung sieht er eine grundlegende Verwandtschaft mit dem 2 Makk und konkretisiert dies mit Hinweisen auf ausschmückende Schilderungen, auf die Verwendung des Stammes ἐπιφαν‑ für besondere Machttaten Gottes, auf die nicht seltene Verwendung der Bezeichnung τόπος für den Jerusalemer Tempel, auf den häufigen Ersatz des Verbs durch ποιεῖσθαι mit dem entsprechenden Substantiv, auf die hier übliche Anfügung von Sätzen unter Verwendung der Partikel δέ sowie auf den Gebrauch einiger weniger lexikalischer Hebraismen47 Andererseits notiert Grimm auch Differenzen zu der im 2 Makk vorliegenden Sprachgestalt: das Fehlen von Spuren des bei Polybios üblichen Sprachstils, der Verzicht auf figurae etymologicae, die Vorliebe für geschraubte und gezierte Redewendungen, die Verwendung seltener Wörter sowie gebräuchlicher Wörter in seltener Bedeutung.48 Grimm nimmt diese Beobachtungen zum Anlass, ein vernichtendes Urteil über das 3 Makk zu fällen: „Unnatürlich wie der Inhalt ist auch dessen Form in der am wenigsten für die historische Prosa sich eignenden höchst gezierten und schwülstigen Sprache und Darstellung. […] Schwerlich hat einem anderen biblischen Schriftsteller ein so reicher Sprachschatz zu Gebote gestanden, wie unserem Verfasser; aber derselbe hat einen übeln Gebrauch davon gemacht.“49 Dieses Urteil wird man so nicht stehen lassen können. Es sei der Einwand erlaubt, dass die Kritik am 3 Makk umso schärfer ausfällt, je mehr diese Schrift am Idealbild der klassischen Gräzität gemessen wird. Aber Grimm ist immerhin 46 C. L. W. Grimm, Das zweite, dritte und vierte Buch der Maccabäer (Kurzgefaßtes exegetisches Handbuch zu den Apokryphen des Alten Testamentes 4), Leipzig 1857. 47 S. a. a. O. 214. 48 S. a. a. O. 214 f. 49 Ebd.
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zuzustimmen, wenn er auf die sprachlichen Gravamina und manche Wunderlichkeiten der Diktion und des Inhalts verweist. Dass sich mit dem Sprachgebrauch des 3 Makk tatsächlich erhebliche Probleme für die Übersetzung ergeben, dürfte offenkundig sein. Es ist kein Zufall, dass dieser negativen Beurteilung des 3 Makk trotz aller berechtigten Kritik im Einzelnen positive Voten über den literarischen Charakter der Schrift entgegenstehen. So kommt etwa Moses Hadas zu der Einschätzung: „If the stones in [the author’s; TK] edifice are sometimes oddly chosen and overcuriously wrought, the structure as a whole is impressive.“50 Etwas nüchterner und sachgerechter klingt das Urteil von N. Clayton Croy: „Thus, the style is sometimes perfunctory, more often pretentious, but generally within the range of pseudo-Classical writings and appropriate to a work of hagiography.“51 Es dürfte tatsächlich angemessener sein, den literarischen Charakter des 3 Makk im Rahmen der hellenistischen Gräzität und dabei insbesondere der jüdischen Hagiographie der beiden vorchristlichen Jahrhunderte zu bestimmen. 5.2 Sehr viel ausführlicher noch behandelt Grimm in einer kritischen Durchsicht des Inhalts die Frage nach dem historischen Kern und damit nach dem Abfassungszweck des Buches. Dem Anspruch, historisch gesicherte Fakten zur Darstellung zu bringen, setzt Grimm die im 3 Makk behaupteten Unmöglichkeiten, Unwahrscheinlichkeiten, Widersprüche und Übertreibungen entgegen und folgert über diese Schrift: „in der Abenteuerlichkeit und theilweisen Abgeschmacktheit des Hauptinhaltes stellt sie sich selbst ein so unabweisbares Zeugnis der Unglaubwürdigkeit aus, dass ihr durch eine eingehende historische Kritik eine unverdiente Ehre erwiesen würde.“52 Gleichwohl verlangt die Frage nach dem historischen Kern nach einer Antwort. Sicher dürften der Krieg in Koile Syria und sein für Ptolemaios IV. siegreicher Ausgang, die anschließende Visitation der umkämpften Städte durch den ptolemäischen König sowie dessen Vorliebe für den Dionysoskult historisch zutreffen. Auch die Überlieferung, dass ein Ptolemäer den Juden unter Aufbietung seiner Elefanten nach dem Leben trachtete, dürfte aufgrund der Parallele bei Josephus einen historischen Kern besitzen. Neben die historisch verifizierbaren Einzelheiten treten Elemente der Tradition, die am Ende des Buches mitgeteilt werden: zwei Dankfeste (6,36; 7,19) und ein bei Ptolemaïs zu lokalisierendes Bethaus (7,20).53 Aber schon bei der Bewertung des Versuchs von Ptolemaios, in den Jerusalemer Tempel einzutreten, erhebe sich die Frage, warum es im Dan darauf M. Hadas, The Third and Fourth Books of Maccabees, New York, NY 1953, 22. N. C. Croy, 3 Maccabees, XIV. 52 C. L. W. Grimm, Maccabäer, 215. 53 Obwohl die meisten Exegeten in 3 Makk 7,20 eine Aussage über die Errichtung eines Bethauses finden, ist dies keineswegs sicher. Denn προσευχῆς καθιδρύσαντες kann durchaus auch den bloßen Vorgang eines Gebets („dem Gebet gewidmet“) bezeichnen. 50 51
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keinen Reflex gegeben habe. Sollte aber die Gefährdung des Tempels durch den Ptolemäer der historischen Grundlage entbehren, so entfiele damit der behauptete Anlass für die Verfolgung der ägyptischen Diasporajuden. Anlass für deren Bedrängnisse wären dann allenfalls noch forcierte Bestrebungen zur Hellenisierung der Juden. Der Verfasser des 3 Makk hätte dann die Absicht verfolgt, „seine gebeugten Volksgenossen im Glauben an die Wahrheit der theokratischen Idee zu befestigen, zum treuen Ausharren in diesem Glauben zu ermuthigen und in ihnen die Hoffnung auf das über die Verfolger und Peiniger des jüdischen Volkes sicher dereinst noch ergehende göttliche Strafgericht zu wecken“54. Wann aber, so fragt Grimm im Anschluss an Heinrich Ewald,55 waren die Zeiten so trübe, dass die Theokratie fraglich wurde und dass größere Bedrängnisse zu erwarten waren? Der Eintritt des Pompeius und seiner Gefolgsleute in den Jerusalemer Tempel spiele für das 3 Makk insofern keine Rolle, als davon keine Folgen für die ägyptischen Diasporajuden zu erwarten waren. Aber auch wenn der Verweis auf den Befehl des Caligula, seine Statue in den Tempeln aufstellen zu lassen, eine gewisse Plausibilität besitze, führe er nicht weiter; denn über die Schilderungen von Unruhen und Zusammenrottungen hinaus ergäben sich kaum Hinweise auf die konkrete Art der Verfolgung der alexandrinischen Juden unter Caligula. 5.3 In einem weiteren Abschnitt behandelt Grimm die Integrität des Buches. Formale wie inhaltliche Indizien legten es nahe, von einem verloren gegangenen Anfang der Schrift auszugehen. Die These von der Eigenschaft des 3 Makk als eines größeren Ganzen weist er mit Blick auf dessen abgerundeten Schluss zurück. Die verlorenen Ausführungen zu Beginn dürften demnach in das Thema des Buches eingeführt und die historische Situation vorbereitet haben. In der Frage nach dem Charakter des 3 Makk als eines Teils eines größeren Werkes dürfte das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen sein. Schon Isaac Casaubon (1559–1614) hat die These vertreten, dass die negative Darstellung von Ptolemaios IV. in 3 Makk auf der Benutzung des anekdotischen Geschichtswerks des Ptolemaios von Megalopolis beruht. 5.4 Vom Abfassungsort hat Grimm relativ klare Vorstellungen. Sowohl die Sprache als auch die formalen wie materialen Berührungen mit 2 Makk weisen auf Alexandria als Ort der Abfassung hin. Diffiziler gestalte sich die Bestimmung der Abfassungszeit. Als terminus post quem sei die Verwendung der Zusätze zum Dan zu werten, die in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. entstanden sind, was die Abfassung durch einen Zeitzeugen ausschließe. Unklarer sei die Bestimmung des terminus ante quem.
C. L. W. Grimm, Maccabäer, 217. Geschichte des Volkes Israel bis Christus, Band III/2, Göttingen 1852, 535 ff.
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Sollte der Versuch des ägyptischen Königs, in das Tempelinnere einzudringen, ein Reflex auf den Befehl des Caligula sein, so wäre das Jahr 39 oder 40 n. Chr. anzunehmen. Es könnte aber auch die Erzählung von der beabsichtigten Hinrichtung der Juden in einer Rennbahn eine Abschattung von Ereignissen sein, die über Herodes den Großen und über Pilatus berichtet wurden. Im Fall des Pilatus wäre mit dem Jahr 26 n. Chr. ein Anhaltspunkt gegeben. Sollte freilich auch diese Abschattung unzutreffend sein, dann plädiert Grimm als Entstehungszeit für die ersten Jahre nach Christi Geburt, also in jedem Fall für eine Abfassung in römischer Zeit. Leider prüft Grimm nicht ernsthaft die Möglichkeit, dass das 3 Makk in den letzten 100 Jahren der ptolemäischen Zeit geschrieben worden sein könnte: etwa als Reflex auf die Zeit von Ptolemaios VII. Euergetes II. Physkon (145–116 v. Chr.).56 5.5 Am Schluss seiner Einleitung geht Grimm noch auf Einzelheiten der Wirkungsgeschichte in verschiedenen Traditionsbereichen ein und verweist auf Hilfsmittel zur Textkritik und Auslegung der Schrift. Abschließend listet er vier Übersetzungen ins Lateinische, des weiteren zehn ins Deutsche auf, angefangen von Leo Jud, dem Kollegen Huldrych Zwinglis in Zürich.57 Will man diese Liste bis in die Gegenwart ausziehen, so sind seit 1857 gerade einmal vier weitere deutsche Übersetzungen hinzugekommen: die von Heinrich Julius Holtzmann (1869), von Emil Kautzsch (1898), von Paul Rießler (1928)58 und in der Septuaginta Deutsch (2009)59. 5.6 Auch wenn die Kommentierung des 3 Makk bei Grimm noch kleinere Lücken aufweist, hat sie doch gegenüber den Werken früherer Ausleger an Umfang erheblich zugenommen. Grimm zitiert häufig die annotationes von Grotius und verweist immer wieder auch auf antike griechische Autoren, selbstverständlich auch auf Philo und Josephus. Es verdient hohen Respekt, dass Grimm sich trotz seiner vernichtenden Kritik am 3 Makk derart gründlich mit dieser Schrift befasst hat. Seine Bearbeitung darf als ein herausragender Markstein in der Kommentierung des 3 Makk angesehen werden.
6. Die wirkungsgeschichtlich nachhaltige Ausgabe von Emil Kautzsch (1898) Weniger umfangreich als die Bearbeitung von Grimm, aber sehr viel wirkungsträchtiger ist die Einleitung und Übersetzung des 3 Makk in dem von Emil Kautzsch herausgegebenen Werk mit dem Titel Die Apokryphen und Pseudepi56 Der hier vorausgesetzten Abfolge der ptolemäischen Herrscher liegt die Zählung bei W. Huß, Ägypten, 11, zugrunde. 57 Diese Listen sind zu erweitern durch die Angaben bei B. M. Metzger, Bible, 131–133. 58 S. a. a. O. 132. 59 T. Knöppler, Makkabaion III. Das dritte Buch der Makkabäer, in: LXX.D, 717–729.
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graphen des Alten Testaments.60 „,Der Kautzsch‘ ist tatsächlich ein Jahrhundertwerk geworden, und wir stehen heute noch bewundernd vor den Übersetzungen.“61 Kautzsch selbst hat das 3 Makk in einer 1898 erstmalig erschienenen Lieferung bearbeitet. Der Apparat des seiner Übersetzung zugrundeliegenden griechischen Textes bot nur in geringem Umfang textkritische Varianten. 6.1 Nach einer Übersicht über den Inhalt des Buches wendet er sich der Frage nach der historischen Glaubwürdigkeit des erzählten Stoffs zu und kommt sogleich zu dem Urteil: „Die bis aufs Äußerste gehäuften physischen und psychologischen Unmöglichkeiten zeigen, daß wir es in allen Teilen mit einer Dichtung zu tun haben.“62 Allein das Rettungsfest der Juden in Alexandria und in Ptolemaïs lässt er als historisch gelten. Allenfalls der dem Bericht des Josephus parallelen Erzählung über einen anderen Ptolemäer und dessen Verfolgung von Juden unter Aufbietung von Elefanten könnte man noch einen geschichtlichen Hintergrund zubilligen. Sowohl der Anlass dieser Verfolgung (1,8–2,24) als auch die Art der Errettung (6,16–21) hätten ihre Vorlage in 2 Makk 3,9 ff.25 ff. 6.2 Gleichwohl sei durchaus möglich, dass der Verfasser sein Volk in einer besonderen Not trösten und ermutigen wollte. Denkbar sei auch, dass er darzulegen beabsichtigte, die Juden seien stets loyale Untertanen des ptolemäischen Königshauses gewesen, wodurch sie sich erhebliche Verdienste und Freiheitsrechte erworben hätten. Es ist Kautzsch zuzustimmen, dass sich beide Momente in der Erzählung des 3 Makk wiederfinden. 6.3 Dem vermuteten Bezug auf parallele Ereignisse in römischer Zeit erteilt Kautzsch eine deutliche Absage. Weder eine Situation am Ende der Regierungszeit von Herodes dem Großen noch ein Ereignis aus dem Beginn der Amtszeit des Prokurators Pontius Pilatus spielten hier eine Rolle, „und die Ansetzung des Buchs unter Kaiser Caligula […] ist mit nichts zu beweisen“.63 Trotz dieser erheblichen Gegenpositionen stimmt Kautzsch mit Grimm in dem Urteil überein, dass die Abfassungszeit des 3 Makk am Beginn der christlichen Zeitrechnung plausibel sei. Auch Kautzsch stellt über den Verweis auf die Parallele bei Josephus hinaus keine Überlegungen für eine mögliche Datierung der Schrift im Ausgang der ptolemäischen Zeit an. 6.4 Kautzsch vermerkt ebenfalls, dass der Beginn des Buches verloren gegangen sein muss. Er denkt dabei aber eher an das Fehlen eines Blattes. Über die schriftstellerische Leistung des Autors urteilt er schließlich ähnlich abfällig wie vor ihm schon Grimm: Das 3 Makk „überbietet […] an Schwulst und überkünstlicher gespreizter Rhetorik, geschraubten Wendungen und unnatürlichen Wort60 E. Kautzsch, Das sogenannte dritte Buch der Makkabäer, APAT I (1900; Neudruck 1975) 119–135. 61 H. Lichtenberger, Einführung, in: ders. / G. S. Oegema (Hg.), Jüdische Schriften in ihrem antik-jüdischen und urchristlichen Kontext (JSHRZ.St 1), Gütersloh 2002, 1–8, hier 3. 62 E. Kautzsch, Makkabäer, 120. 63 A. a. O. 121.
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stellungen wohl alle anderen Erzeugnisse derselben Litteraturgattung. Wohl weiß der Erzähler den Leser geschickt in Spannung zu erhalten, schädigt aber den Eindruck empfindlich durch […] ungeheuerliche Übertreibungen“64. Auch wenn sicher manche berechtigten Beanstandungen an Sprache und Inhalt des Buches im Hintergrund dieser harschen Kritik stehen, so ist doch zurückzufragen, ob nicht auch Kautzsch das 3 Makk am literarischen und politischen Glanz der klassischen Zeit misst. Desweiteren fällt das Verdikt auf, in Ägypten habe damals „der halb wahnwitzige und liederliche Ptolemäus IV.“65 regiert. Das negative Bild dieses Königs dürfte fast ausnahmslos auf Polybios zurückzuführen sein.66 Ähnlich wie bei Domitian, der von den Historikern seiner Zeit ebenfalls eine schlechte Presse gehabt hatte, ist es erst in den letzten Jahrzehnten zu einer Neubewertung seiner Leistungen gekommen.67 Den Anfang in Hinsicht auf Ptolemaios IV. hat wohl Claire Préaux mit ihrem 1965 publizierten Artikel über Polybe et Ptolémée Philopator68 gemacht. Und Werner Huß kommt in seiner gründlichen Darstellung über das ptolemäische Ägypten zu einem sehr viel ausgewogeneren, positiven Urteil: „Ptolemaios IV. war nicht der geborene Herrscher, vor allem nicht der geborene Politiker. Dennoch wird man ihm Mut, Tatkraft und Klugheit nicht absprechen können. […] Allerdings lagen seine persönlichen Interessen großenteils auf anderen Gebieten: auf den Gebieten der Literatur und der Religion. Die Stärke dieser persönlichen Interessen verführte ihn dazu, politischen Fragen nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. […] Seine Außenpolitik war weithin erfolgreich […]. Seine Innenpolitik war dies nicht in gleichem Maße.“69 Bedauerlicherweise sind die negativen Urteile von Kautzsch über das 3 Makk und speziell über Ptolemaios IV. aufgrund der beachtlichen Wirkungsgeschichte seines doppelbändigen Werks im letzten Jahrhundert prägend geworden. Es wird Zeit, sich davon zu verabschieden.
7. Die ausführliche Einleitung und Übersetzung von Cyril W. Emmet (1913) Mit dem 1913 von Robert Henry Charles herausgegebenen zweibändigen Werk The Apocrypha and Pseudepigrapha of the Old Testament in English liegt eine ausführliche Einleitung und Übersetzung des 3 Makk von Cyril W. Emmet vor.70 64 Ebd.
Ebd. S. W. Huß, Ägypten, 472 Anm. 8. 67 S. zu Domitian W. Eck, Art. Domitianus [1], DNP 3 (1997) 746–750. 68 C. Préaux, Polybe et Ptolémée Philpator, Chronique d’Égypte 40 (1965) 364–375. 69 W. Huß, Ägypten, 471 f. 70 C. W. Emmet, Maccabees, 155–173. 65 66
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In Hinsicht auf die Bedeutung dieses Werks kann man sagen: Was Kautzsch für den deutschen Sprachraum gewesen ist, das war Charles für die englischsprachige Welt, nur eben viel ausführlicher. Das zeigt bereits ein Blick auf die Themen, deren sich die Einleitung annimmt. Nach einer Darstellung der Inhalte des Buches und wesentlicher Gesichtspunkte wird kurz auf das Problem des Titels eingegangen. Es folgen Auskünfte über die dem Text zugrundeliegenden Handschriften sowie über die vorliegenden Fassungen. Sehr ausführlich werden sowohl die Entstehungszeit und Herkunft des Buches als auch dessen geschichtliche Grundlage diskutiert. Auch auf die Frage nach der Einheitlichkeit und die Sprachgestalt geht Emmet ein. Neu ist sein Versuch, die theologischen Grundgedanken herauszuarbeiten. Den Abschluss der Einleitung bilden ein Überblick über die Wirkungsgeschichte und bibliographische Angaben. Der Übersetzung ist ebenso wie bei Kautzsch kein Kommentar beigegeben; aber sie ist mit textkritischen und kurzen erläuternden Hinweisen versehen. Zum Charakter seiner Übersetzung schreibt Emmet: „The attempt has been made to give an idea of the characteristics of the Greek by preserving the complexity of the sentences, and the use of out-of-the-way words. A smoother and more literary rendering would have given a wrong impression of the book.“71 Aus wissenschaftlicher Perspektive kann man diese Entscheidung nur begrüßen. 7.1 Die Entstehungszeit des Buches grenzt Emmet zunächst literaturgeschichtlich ein. Das 3 Makk gehört seiner Überzeugung nach zur jüdisch-apologetischen Literatur, die im zweiten Jahrhundert v. Chr. aufkam. Es lassen sich Berührungen zum einen mit Est und Jdt und zum anderen mit Sir, Weish und 4 Makk feststellen. Besonders enge Bezüge ergeben sich für 2 Makk und Arist. Das belegt Emmet mit einer beachtlichen Anzahl an konkreten Hinweisen. Für die Relation von 3 Makk zu 2 Makk stellt er fest, dass viele tragende Vorstellungen und Episoden parallel sind und dass sich Stil und Sprache ähneln. Als Beleg dafür listet er eine ganze Reihe von Wörtern auf, die in der LXX nur in beiden Büchern oder außerhalb von ihnen nur selten vorkommen; auch bemerkenswerte parallele Wendungen notiert er. Bestehende Differenzen halten Emmet jedoch davon ab, beide Bücher dem gleichen Autor zuzuweisen. Er urteilt daher: „The impression left is that both books belong to the same school of thought, and probably to the same period.“72 Für die Relation von 3 Makk zu Arist sieht Emmet eine generelle Ähnlichkeit, was den Grundgedanken und die Absicht beider Bücher anbelangt. Die größten Ähnlichkeiten sieht er in den amtlichen Schreiben bzw. Dekreten und belegt dies auch durch einzelne Hinweise. Des Weiteren fügt er eine Liste mit bemerkens-
A. a. O. 162. 157.
71
72 A. a. O.
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werten Wort‑ und Ausdrucksparallelen an. Auch hier gilt: „the connexion seems to be of school and date“73. Ein Vergleich mit den Emmet damals zur Verfügung stehenden Papyri bestätigt die Genauigkeit der Fach‑ und Amtssprache im 3 Makk. Er folgert daraus für die Datierung des Buches, „that it belongs to the Ptolemaic period, not the Roman“74. Zu Recht macht Emmet schließlich darauf aufmerksam, dass der Grundton des 3 Makk nicht durch gegenwärtige Unterdrückung und bevorstehenden Märtyrertod gestimmt ist, sondern dass er eine Zeit der Blüte des ptolemäischen Reiches vermittelt. Auch das würde gegen die Annahme seiner Entstehung in der römischen Zeit sprechen. Insgesamt kommt Emmet zu dem Ergebnis, dass das 3 Makk offensichtlich in Alexandria zu ungefähr der gleichen Zeit wie das 2 Makk und der Arist abgefasst worden ist. Aufgrund von Parallelen in den Papyri plädiert er für eine Abfassungszeit in keiner zu großen zeitlichen Entfernung von 100 v. Chr., also für den Ausgang des zweiten Jahrhunderts. 7.2 Die Frage nach der geschichtlichen Grundlage des 3 Makk versucht Emmet auf dem Wege des Vergleichs mit parallelen Passagen bei Polybios und Josephus zu beantworten. Angesichts der großen Übereinstimmungen zwischen dem 3 Makk und Polybios in Hinsicht auf die Darstellung der Schlacht bei Rhaphia und des Bildes von Ptolemaios IV. Philopator fallen Differenzen auf, die nicht ohne Weiteres erklärbar sind. Es gebe, so Emmet, gute Gründe anzunehmen, dass verschiedene Einzelheiten aus einer verloren gegangenen anekdotischen Geschichte des Philopator stammen, die ein gewisser Ptolemaios von Megalopolis angefertigt haben soll. Dessen Geschichte zeichne sich dadurch aus, dass sie einen Hang zum Wundersamen, zu Ausschmückungen und zur Beleuchtung des Kausalzusammenhangs habe. Es komme hinzu, dass Philopator in ein schlechtes Licht gesetzt werde. Aus diesem Fundus habe ein frommer Jude leicht schöpfen können. Bei Josephus sieht Emmet eine Reihe von Parallelen zur Darstellung der Verfolgung der alexandrinischen Juden im 3 Makk.75 Wir finden in den Ausführungen von Emmet dazu erstmals den Hinweis, dass sich die Verfolgung hauptsächlich gegen die Juden im Fajjum gerichtet haben muss. Er dürfte damit richtig liegen: Wenn wir alle lokalen Angaben über die eigentlich verfolgten Juden zusammennehmen76 und alle Möglichkeiten der Lokalisierung einer Stadt 73 Ebd. 74 Ebd.
S. Ios. c. Ap. 2,5. Zunächst wird der Befehl ausgegeben, die Juden gefangen zu nehmen und sie zum König abzuschicken (3,25). Das impliziert, dass es sich bei den Gefangenen nicht um die Juden Alexandrias handeln kann; denn die bewohnten ja in keineswegs geringer Zahl zwei der fünf inneren Stadtteile Alexandrias. Also geht es eigentlich um die in den ägyptischen Gauen, Städten und Ortschaften lebenden Juden (3,1; 4,3). Bei ihnen löst der Befehl zur Verhaftung großes Klagen 75 76
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namens Ptolemaïs prüfen,77 gelangen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit in das Fajjum. Bestätigt wurde dies durch archäologische Grabungen bei Schedia78 und eben im Fajjum79. aus. Die Juden werden gefangen genommen, auf ein Schiff verbracht (4,7) und über Schedia nach Alexandria verschifft (vgl. 4,11a mit 3,25). Dort werden sie in dem vor der Stadt gelegenen Hippodrom zum Zweck der Liquidierung festgehalten (4,11b). Nach ihrer Errettung brechen sie auf aus der Stadt (7,16), fahren per Schiff (vermutlich über Schedia und dann) über Ptolemaïs (7,17) wieder in ihre Heimat (vgl. 6,27.37; 7,8: εἰς τὰ ἴδια) bzw. in ihr Wohnhaus (7,18: εἰς τὴν ἰδίαν οἰκίαν; vgl. 7,20) zurück. Die Wohnorte der Juden sind in den Gauen, Städten und Ortschaften Ägyptens zu suchen, da sich die Dekrete sowohl über ihre Verhaftung als auch über ihre Rehabilitierung an die Gouverneure Ägyptens richtet (3,12; 7,1; vgl. 4,18). Die Belege, die von einer Verfolgung auch der Juden Alexandrias handeln (vgl. 2,31; 3,1.21–23; 4,12; 6,41), dürften dem Stilmittel der Übertreibung geschuldet sein. 77 Den Namen Ptolemaïs trugen nicht wenige ptolemäische Siedlungen: eine Gründung bei Ephesus, eine Stadt nördlich von Rhodos, eine Hafenstadt in Ost-Pamphylien, das heutige Akko in Phoinikien, ein Hafen in der Kyrenaia, ein Dorf am Eingang des Fajjum (Πτολεμαὶς ῞Ορμου), ein Dorf im Süden des Fajjum (Πτολεμαὶς Μελισσουργῶν), zwei weitere Dörfer im Fajjum (Πτολεμαὶς ἡ Καινή und Πτολεμαὶς Δρυμοῦ) die mit Krokodeilon Polis bzw. Arsinoiton Polis zu identifizierende Metropole des arsinoitischen Gaus (Πτολεμαὶς εὐρεργέτις), die Hauptstadt des thinitischen Gaus am Westufer des Nils und eine Stadt an der afrikanischen Ostküste, etwa 135 km südlich von Port Sudan (Πτολεμαὶς θηρῶν bzw. Πτολεμαὶς ἐπὶ θήρας). 78 Die Siedlung Schedia wurde zur gleichen Zeit wie Alexandria gegründet und war bis in die römische Zeit hinein eine regional und wirtschaftlich bedeutende Stadt im westlichen Nildelta. Ihre Reste werden seit einigen Jahren etwa 30 km südöstlich von Alexandria im Bereich des Dorfes Kaum al-Giza ausgegraben (s. den Bericht von M. Bergmann / M. Heinzelmann, Schedia, Alexandrias Hafen am Kanopischen Nil. Zwischenbericht zu den Arbeiten 2003–2007, Hefte des Archäologischen Seminars der Universität Bern 20 [2007] 65–77). Die Stadt lag damals an dem Ort, an dem vom kanopischen Nilarm ein Verbindungskanal nach Alexandria abzweigte. Dort befanden sich der zentrale Warenumschlagplatz und die Zollstation, über die der Schiffsverkehr und der Warenaustausch zwischen der Hauptstadt und den ägyptischen Provinzen abgewickelt wurden. Die zu diesem Zweck über den Fluss gelegte Schiffsbrücke (σχεδία) gab dem Ort den Namen (vgl. Strab. 17,1,16). Die strategische und handelstechnische Bedeutung ließ die Stadt sehr bald anwachsen: es gab in ihr eine große Garnison, zahlreiche Tempel und eine jüdische Gemeinde. Auch in augusteischer Zeit wurden dort Binnenzölle erhoben. 79 Dass das genannte Ptolemaïs als Stadt der Rosen bezeichnet wird, könnte wohl am ehesten auf das landwirtschaftlich intensiv genutzte Fajjum deuten. So erscheint denn auch die einzig bekannte weitere Verwendung des griechischen Wortes „Rosentragende“ (ῥοδοφόρον) in der fünften Kolumne eines auf das 2. Jahrhundert n. Chr. datierten Papyrus aus dem Fajjum, der eine Abrechnung über Öl, Wein und ähnliche Güter enthält (s. F. Preisigke [Hg.], Sammelbuch griechischer Urkunden aus Ägypten. Bd. I, Straßburg 1915, 4425 V 6). Auch ist bekannt, dass dort nicht wenige Juden siedelten. – Als weiterer Gesichtspunkt ist die Aussage im gleichen Vers zu berücksichtigen, dass der Ort an einem Wasser liegt, in dem eine königliche Flotte vor Anker gehen kann. Solche Verhältnisse beschränken sich naturgemäß auf eine am Nil oder an einer Meeresküste gelegene Stadt. Wegen der Verschiffung über den Hafen Schedia (4,11) ist ein Ort außerhalb Ägyptens (von der afrikanischen Ostküste abgesehen) freilich wenig wahrscheinlich: die Schiffsreise wäre in diesem Fall über das Mittelmeer erfolgt. So legt sich das viel weiter südlich gelegene Ptolemaïs am Westufer des Nils nahe, das Ptolemaios I. Soter einst gegründet hatte und das neben Alexandria und Naukratis die einzige autonome griechische Stadt im ptolemäischen Ägypten war. Aber der Beiname Ὅρμου des am Eingang des Fajjum gelegenen Ptolemaïs weist auf das Vorhandensein eines offenbar bedeutenden Ankerplatzes hin. Dieses Dorf „war als Hafen des arsinoitischen Gaus am Bahr Yusuf für den Handel bes.[onders]
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Aus der Parallelität von Passagen bei Polybios und Josephus folgert Emmet: „The writer apparently used the lost memoirs of the reign of Philopator, written by Ptolemy Megalopolitanus shortly after his death. He seems to have combined a narrative of Philopator’s attempt to enter the Temple with a later story, preserved in another form by Josephus, of a persecution of Egyptian Jews by Physcon“80. Diese gründliche Argumentation erscheint überzeugend. Sie stellt eine plausible Lösung der Frage nach dem historischen Hintergrund des Buches dar. Immerhin fordert auch Hugh Anderson in seinem Artikel aus dem Jahre 1985 dazu auf, die konkreten Angaben in der Erzählung des 3 Makk ernster zu nehmen.81 7.3 In Hinsicht auf den Sprachstil ist das Buch nach Emmet der alexandrinischen Literatur zuzuweisen und kann als ein Extrembeispiel für den bei den Attizisten üblichen Pseudo-Klassizismus gelten. Aber der Stil sei ansonsten gekünstelt. Das Vokabular sei derart reichhaltig, dass wohl über hundert Wörter als Hapaxlegomena innerhalb der LXX und etwa 14 Wörter als Hapaxlegomena innerhalb der gesamten antiken Gräzität gelten könnten. Emmet listet schließlich ausgesprochene Attizismen und von der Koine beeinflusste grammatische Formen auf. 7.4 Neu ist bei Emmet, dass auch die theologischen Grundgedanken Gegenstand der Einführung in das 3 Makk werden. Auf dem vom Jubilar im Jahr 2000 zusammengerufenen internationalen Symposion zu den jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit wurde dieser Ansatz durch zwei Beiträge vertieft.82 Emmet führt aus: Während das jüdische Volk den Tempel und das Gesetz verehre, handle Gott als der Beschützer seines Volkes. Universalistische Aussagen fehlten ebenso wie der Gedanke an ein Proselytentum. Philopator müsse Gott am Ende zwar achten, nicht aber wie zuvor Nebukadnezar anbeten. Weiter fehlten eschatologische und apokalyptische Vorstellungen im 3 Makk. Auch gebe es keine Synkretismen. Emmet folgert daher: „From the theological standpoint, therefore, the book seems to belong to the strict and conservative school of the Hasidim, devoted to the law […]. The keenest heresy-hunter could have found no fault with its uncompromising orthodoxy.“83 Anderson pflichtet Emmet bei,
wichtig. Der Ort verfügte auch über Wohnanlagen für königliche Beamte und den König selbst“ (K. Jansen-Winkeln, Ptolemaïs [Πτολεμαϊς]. [3]-[5], DNP 10, Stuttgart 2001, 572 f., hier 572 mit diakritischen Zeichen im Namen). Dort konnte die Flotte eine Woche lang ankern, auch um durch ihre Präsenz die Wiederherstellung der Ordnung zu befördern. Unter dem Schutz der königlichen Flotte erhielten die geretteten Juden ihre Besitztümer zurück und konnten letztendlich Einfluss und Ansehen steigern (7,22). 80 C. W. Emmet, Maccabees, 155. 81 H. Anderson, 3 Maccabees. A New Translation and Introduction, OTP 2 (1983) 509–529, hier 512 f. 82 U. Mittmann-Richert, Theologie, 75–101; T. Knöppler, Gottesvorstellung, 209–221. 83 C. W. Emmet, Maccabees, 162.
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wenn er über den Autor des 3 Makk schreibt: „He is strict conservative […] His theology and faith are completely orthodox.“84 Selbstverständlich gibt es Aussagen über die Gesetzestreue der Juden. Und am Ende werden tatsächlich diejenigen zu Tode gefoltert, die es daran haben fehlen lassen. Aber es gibt drei triftige Gründe, dieses einseitige Urteil für verfehlt zu halten: eine genauere Analyse der sprachlichen Belege von νόμος und seinen Bezügen im 3 Makk, das Faktum, dass die Rede von dem Apostaten Dositheos85 ohne moralische Abwertung geschieht, und die Beobachtung, dass die Gottesvorstellung durchaus hellenistische Elemente aufweist, indem sie von einer völligen Bedürfnislosigkeit (2,9) und leichten Versöhnlichkeit Gottes (5,13) sprechen kann. Das lässt sich schließlich besonders gut an 3,1–10 zeigen: Dort werden nebeneinander die Gesetzestreue der Juden und ihre Loyalität gegenüber den ptolemäischen Königen betont, ohne dass dabei eine Priorität für eine dieser beiden Haltungen erkennbar ist.
8. Ausblick Wollte man schließlich die Entwicklung der wissenschaftlichen Arbeit am 3 Makk bis in die Gegenwart hinein ausweiten, so würde ein Blick in die 2006 publizierte Monographie von N. Clayton Croy deutlich machen, dass es nach der Bearbeitung durch Emmet vor einhundert Jahren durch verschiedene Thesen und Diskussionen nicht zu einer völligen Neubewertung, sondern vielmehr zu Präzisierungen gekommen ist. Ein Feld, das im Nachgang zu der hier in einzelnen Stationen dargestellten Entwicklung bis 1913 genauere Beachtung verdient, ist die Frage nach dem historischen Wert des 3 Makk.86 Warum sollte es eigentlich ausgeschlossen sein, dass der religiös hochinteressierte Ptolemaios IV. Philopator die Tempel der 84 H. Anderson,
Books of Maccabees: Third Maccabees, AncBD IV (1992) 450–452, hier 452. S. hierzu A. Jördens, Renegat, 157–165. 86 Auf einer im Juli 2008 abgehaltenen Fachtagung in Wuppertal, die sich mit der SeptuagintaForschung befasste, hielt der Althistoriker Wolfgang Orth einen Vortrag zum Thema „Das dritte Makkabäerbuch als historische Quelle“. In diesem Vortrag, der bislang leider nicht publiziert worden ist, beurteilte Orth den historischen Wert des 3 Makk wieder zuversichtlicher (so auch schon H. Anderson, 3 Maccabees, 513: „3 Maccabees is to be sure of broad historical value.“; s. ebenfalls jüngst M. Hirschberger, Vorwort, in: dies. [Hg.], Jüdisch-hellenistische Literatur in ihrem interkulturellen Kontext, Frankfurt am Main 2012, 5–7, hier 7): Die Nachrichten aus dem 3 Makk seien aus dem Blickwinkel der Alten Geschichte stärker zu würdigen. Denn das Buch enthalte präzise Bezeichnungen topographisch-geographischer Natur. So finde sich hier nicht nur eine genaue Beschreibung der Schlacht bei Rhaphia, sondern auch ein konkreter Hinweis auf die Mautstelle bei Schedia. Auch die Schilderung der Persönlichkeit des Ptolemaios entspricht der Darstellung bei Polybios: Das betrifft zunächst die Bedeutung von Wein und Gesang, aber auch dessen Vorliebe für den Dionysos-Kult. In Hinsicht auf den für das 3 Makk zentralen Aspekt der Judenverfolgung sei, so Orth, freilich nicht viel Historisches zu retten. Cf. jetzt auch W. Orth, Makkabaion III. 85
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zurückeroberten Gebiete mit königlichen Weihegaben ausstattete, um so seine wiedererlangte Herrschaft zu festigen, und dabei auch im Jerusalemer Tempel Station machte? Und warum eigentlich sollte es historisch nicht plausibel sein, dass Ptolemaios VII. Physkon nach seinem Sieg über die jüdischen Anhänger seiner Gegenspielerin an ihnen einfach nur ein Exempel seiner neu gewonnenen Macht statuieren wollte? An den Übertreibungen und Ausschmückungen sollte man sich nicht stoßen. Wir dürfen vielmehr dankbar sein, dass uns das 3 Makk einen Einblick vermittelt in Leben und Leiden der ägyptischen Diasporajuden.87
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87 Vgl. zu diesem Themenkomplex vor allem J. Mélèze Modrzejewski, The Jews of Egypt. From Ramses II to Emperor Hadrian, Edinburgh 1995.
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Autorenregister Alonso-Núñez, J. M. 192 Amir, Y. 347 Anderson, H. 444 Arenhoevel, D. 109 Augusti, J. C. W. 433 Baker, C. M. 165, 166 Bal, M. 86 Bar-Kochva, B. 71, 188 Barthes, R. 86 Bellah, R. 46, 48–50, 52, 54, 55 Ben-Yehuda, N. 379 Bernays, J. 340 Betz, H. D. 353 Bévenot, H. 188 Bialik, Ch. N. 380, 388 Bickermann, E. 2, 6, 107, 203, 245, 266, 327 Blaschke, A. 350 Bloch, R. 328, 331 Boyarin, D. 162–164, 175, 380, 382, 383, 386, 387 Brenz, J. 428, 429 Breuer, I. 398 Brodersen, K. 173 Buber, M. 416 Casaubon, I. 437 Certeau, M. de 45 Cohen, H. 403–425 Cohen, S. J. D. 158–160, 164, 170, 180, 182 Croy, N. C. 436, 445 de Wette, W. M. L. 433 deSilva, D. A. 245, 247–249, 254, 270 Donald, M. 51, 52, 54 Don-Yehiya, E. 379 Doran, R. 94, 95, 107, 111, 188, 189, 202
Droysen, G. 64 Dunn, J. D. G. 168 Eisenstadt, Sh. 46 Elkana, Y. 50, 54, 55 Emmet, C. W. 427, 440–445 Ewald, H. 437 Fairchild, M. R. 352 Fritzsche, O. F. 435 Gaab, J. F. 433–435 Gellner, E. A. 159 Genette, G. 86, Graetz, H. 394 Grimm, C. L. W. 73, 435–439 Grotius, H. 432, 433, 434, 438 Habicht, Chr. 2, 173, 203 Hadas, M. 436 Hall, J. M. 167, 170, 171, 175, 176, 182 Hanhart, R. 199, 201, 202, 428 Hartenstein, F. 114 Hegel, G. W. F. 43, 411 Hengel, M. 6, 42, 245, 249, 351, 352 Henten, J.-W. van 246, 257 Hirsch, S. R. 380, 392–399 Holtzmann, H. J. 438 Janowski, B. 118 Jaspers, K. 43–46 Jeremias, G. 21, 23, 25 Jud, L. 429, 438 Junius, F. 429–432 Kamphausen, A. 188 Kant, I. 403, 404, 406, 407, 409, 410 Kautzsch, E. 438–441 Kippenberg, H. G. 350
450
Autorenregister
Klauck, H.-J. 245, 246, 249 Klostergaard Petersen, A. 382 Koch, D.-A. 345 Kuhn, K. G. 23 Lagarde, P. de 414 Lassaulx, E. v. 43 Leonhardt-Balzer, J. 142 Lichtenberger, H. 42, 85, 187–189, 199, 209 Liebman, E. Ch. 379 Lloyd, G. 43, 55 Luther, M. 250, 370, 403, 428, 434 Ma, J. 10 MacLaren, M. 191–192 Maryanski, A. 54 Mason, S. 160–164, 170, 175 Mittag, P. F. 6, 7 Mittmann, U. 108, 111, 145, 349 Momigliano, A. 54, 55, 70, 71 Mugler, Ch. 204 Murphy-O’Connor, J. 352
Schleiermacher, F. D. E. 411 Schopenhauer, A. 406 Schunck, K.-D. 3, 4, 79 Schwartz, D. R. 31, 94, 110, 111, 118, 147, 148, 149, 189, 199, 204 Schwartz, S. 71, 72, 163, 164, 182 Scolnic, B. 222 Sievers, J. 70 Smith, A. D. 159 Smith, J. Z. 161 Smith, M. 80 Spieckermann, H. 246, 247 Stegemann, H. 21, 23, 25, 32 Stemplinger, E. 189, 191 Sterling, G. 41 Stern, M. 70, 76, 143 Stökl-Ben Ezra, D. 130 Syme, R. 192 Thiel, W. 12 Treitschke, H. von 413 Trüdinger, K. 332 Turner, J. 54
Nicklas, T. 173
Unnik, W. C. van 345
Oekolampad, J. 429
Voegelin, E. 46, 50
Peter, H. 189
Weber, M. 43–46 Wellhausen, J. 73 Willrich, H. 73
Ranke, L. v. 64 Rappaport, U. 79 Rawlinson, G. 199 Richnow, W. 187–190, 192 Rießler, P. 438 Rives, J. B. 175 Salzmann, M. R. 175 Scarpat, G. 245, 248, 252, 257
Xeravits, G. VI Zeitlin, S. 188, 200 Zerubavel, Y. 379 Zsengellér, J. VI, 111, 112, 117 Zwick, R. 187, 188, 192 Zwingli, H. 438
Stellenregister Hebräische Bibel / Altes Testament Gen 2,15 317 2,22 313, 320, 321 3 314, 316, 322 3,1.14 314, 315 3,1.18 317 3,13 314 3,16 311 3,18 316 4,8 315 12,1 389 14,5 99 22 247 25,8.17 280 26,33 70 35,29 280 37,34 99 40,13.19 77 47,26 70 49,29 77 49,29.33 280 Ex 3,13 409 12 133, 134 12,1–13,26 134 12,13.28 133 12,14–20.24–27.42 134 15,11 390 22,15 314 25,8 113 29,45 113 34,29–32 290 Lev 4,12 113 6,4 113
10 397 11 269 16 124, 280 16,29.31 124 17,11 280 20,23 395 23,15 137 23,16 137 23,27–32 124 23,40 135 23,42 f. 141, 149 Num 9,6–14 133, 134 19,9 113 20,24 77 21,16 77 25 225 25,10–13 348 31 348 Dtn 14,1–21 269 16,1–8 134 16,9 137 17,11 382 22,25 313, 314 25,9 142 26,1–11 142 30,20 284 31,9–13 143 32,7 382 32,39 284 32,50 77 Jos 5,5–12
133, 134
452
Stellenregister
6,1–21 97 10,27 70 22,30 ff. 348
37 308 37,2 f. LXX 282, 284 43,1–9 117
Ri 7,6 237 18,1 237 19,1 237 21,25 237
Joel 1,8 99
2Sam 3,29 386
Jon 3,6 99
1Kön 3 362
Hab 1,6 f. 37 1,8 f. 37 1,10 37 1,16 37 1,17 37 2,5 f. 23 2,8b 24
2Kön 19,35 97 Jes 1,13 127 10,5–27 58 15,3 99 37,36 97 43,2 284 49,9 258 49,14 f. 362 53,11 288 53,13 288 60,2 116 66,13 362 Jer 7,16 LXX 217 f. 9,17–22 99 11,14 LXX 217 f. 14,11 LXX 217 f. 25,11 f. 217 27,30 LXX 210 f. 29,10 217 30,15 LXX 210 f. 49,26 209–212 50,30 209–212 Ez 11,23 117
Am 6,13 99
Sach 4,6 393 11,17 381 14,16 ff. 150 Mal 4,5 82 Ps 34,20 284 37 24 113,9 386, 398 Prov 3,18 284 31,13–24 386 Est 441 4,1 99 10,3 146, 151 Dan 3
283, 292
453
Stellenregister
5,32 292 6,24.27 292 7–12 279, 287 7,4.10.12 292 9,9.19.22 292 10,14 292 11,26 292 11,33–35 287 11,34 248 11,37 f. 6 12,1–3 279 12,3 287–293 12,12 292
Esr 2,63 81 Neh 7,65 81 8,15 135 12,45 113 13,9 113 2Chron 32,21 97
Außerkanonische Schriften neben dem Alten Testament ApkAbr 18 280 ApkEsr 7,15 257 ApkMos 7–8 318 15–20 315 f. 15,2 317 16 318 16,3 316 17 319 17,1 316, 323 19,1 316 30,1 317 37,3 297 40,2 f.6 257 40,4 257 43,1 f. 257 Arist 441 f. 283 215 301 141 2Bar 51,10 290 6,2–5 270
EpJer 213 3Esr 41 8,30 215 4Esr 290 7,97 290 11,1–12,3 38 Eup 213 1Hen 279 39,3–14 280 48,1 280 51,5 280 104,2 289–291 2Hen 66,7
289 f.
Jdt 441 13,15 96 14,1.11 96 14,10 164 15,1–3 96 JosAs 18,7 290
454 Jub 15,33 169 LAB 33,5 280 48 348 f. 1Makk 1,9 70 1,10–15 3 1,12–16 395 1,30–40 27 1,41 177, 179 1,41,44 62 1,41–51 2 1,41–59 4 1,56 f. 32, 62 1,59 149 2,1 393 2,1–5 224 2,7–13 225 2,9 209–212 2,14 227 2,15–28 225 2,16 227 2,17 f. 227 2,19 f. 2 2,19–22.47 60 2,20 227 2,23 160 2,27 225 2,28 227 2,39 227 2,41 225 2,45 227 2,51 391 2,54 225 2,55 237 2,65 f. 225 3,1 f. 221 3,2 228 3,3–9.43 60 3,19.60 60 3,25 221, 228 3,31 329 3,34 173
Stellenregister
3,42 221, 228 3,48 62 3,55 229 4,10.24.40.55 60 4,36 221, 228 4,45 ff. 148 4,52 148 f. 4,59 149, 228 5,1–20 231 5,10 221 5,17 231 5,18 f. 229 5,21–23 231 f. 5,24–54 231 5,28.35.44.51 69 5,42 62 5,45–54 60 5,55 231 5,55–62 229 5,60 231 5,61 221 5,62 80 5,63 221 5,65 221 6,7 5 6,18–51 233 6,19 f. 233 6,43–47 233 6,47 199 6,49 f. 199 7,6 221 7,10 221 7,11 80 7,12 62 7,26–50 233 7,27 221, 234 7,47 69 7,49 146 8 69 8,1 36 8,14 70 8,17 ff. 62 8,23 174 8,29 174 9,1–27 235 9,7–10 60
Stellenregister
9,21 237 9,22 64, 80 9,28–30 235 9,33 236 9,35 f. 235 9,36 236 9,38 236 9,38–42 69 9,46 60 9,58 237 9,60 237 9,62 237 9,65–68 237 9,69–73 237 10,15 237 10,21 238 10,25–45 239 10,61 238 10,67–89 238 10,74 238 10,75 f. 239 10,82 238 10,83–85 69 10,86 239 11,52–74 238 11,59 238 11,64–66 239 11,67 237 11,71–74 60 12,15 60 12,16 174 12,20–23 169 12,28 237 12,33 f. 239 12,38 239 12,39–52 239 12,39–13,23 24 12,52 237 13,1–9 239 13,3–11 60 13,15 f. 240 13,16 76 13,17–19 240 13,23 240 13,36 239 13,41 70
455
13,42 241 13,45–48 69 13,51 f. 149 14 69–83 14,4–15 237 14,25 76 14,29 226 14,29–37 60 14,35 239 14,40 174 14,41 80 15,10 73 15,15 ff. 73 15,33 f. 60 16,2 60 16,3 60 16,23 f. 64, 70 2Makk 1,1 173 f. 1,1–2,18 87 f., 93, 104, 198 1,2 171 1,3 149 1,7 89, 93, 101, 104 1,8 103 f. 1,8–9.18 90 1,10 89, 93, 101, 173 1,10–2,18 31, 108, 212 1,13–17 104 1,18 113, 214 1,18–36 103, 214 1,18–2,12 214–216 1,19 94, 171 1,25 171 2,1 94, 103 2,1–8 93, 209, 212–216 2,8–12 93 2,9–12 214 2,9.19.22 113 2,12–15 216 2,13 35, 93, 103, 214–216 2,13–15 31, 215 2,14 204 2,14 f. 215 2,16 90, 214 2,16 f. 148
456
Stellenregister
2,19 148, 222 2,19–22 87 f., 104, 119 2,19–23 187, 356 f. 2,19–32 87, 104, 108 2,19–15,39 87 2,20 87 2,21 161, 174, 347, 356 f. 2,22 116 2,23 87 f., 102, 188 2,23–32 94 2,28 94 f., 104 3–7 260 3–15 187 3,1 95, 110, 203 3,1–3 88, 92, 104 3,1–40 92, 104 3,1–10,8 93 3,2 f. 116 3,2.4.12.30 119 3,3 89, 180 3,4 89 3,9 ff. 439 3,14–22 99 3,24–40 180 3,29 203 3,34 180 3,35–40 96 3,36 180 3,38 f. 113 3,39 f. 118 3,40 102, 203 4 371 4,1 94, 102, 104 4,2 145, 170 4,4 257 4,6 101 4,7 88, 91, 101 4,7–15 2 4,7 ff. 396 4,7–5,10 104 4,7–10,9 103 4,11 180 4,12 96 4,13 161 4,18 89 4,19 90
4,21 90 4,23 91 4,26 115 4,30 91 4,30–38 115 4,33 f. 259 4,34 203 4,36 91 4,39 203 4,42 113 5,1 91 5,1–6,11 91 5,2–4 94 5,5 202 5,6 145, 170 5,9 f. 115 5,15 f. 116 5,15.21 113 5,16 180 5,17–20 94, 111, 117 f., 187 5,19 109 f., 117, 170 5,20 170 5,21 101, 278 5,21–23 260 5,23 101, 104 5,24 173, 180 f. 5,25–26 90 5,27 92, 226 6 362, 364, 399 6 f. 275–277, 292, 306 6,1 172, 178, 180, 347 6,1 ff. 227 6,1–9 3, 157, 177 6,1–11 101, 160, 177 6,4 170 6,6 90, 148, 172, 178 6,7 f. 148, 287 6,8 259 6,8–9.18–31 259 6,10 99, 397 6,11 90, 397 6,12–17 94, 112, 187, 259 6,12–9,29 92, 104 6,14 170 6,18 259, 260 f., 380 6,18–31 306, 380, 397
Stellenregister
6,18–7,42 98, 101, 108, 109 6,18–10,8 109 6,19 278, 384 6,19 f. 233 6,27 380, 384 6,28 278 6,29 203, 383 6,31 170 6,31–35 276 7 260, 361–377 7,1 93 7,2 172, 278 7,9 278 7,11 278 7,14 278 f. 7,19 97, 347 7,20–23 250 7,21 97, 259, 379, 383, 386 7,22 f. 99 7,23 279 7,24 172 f., 225 7,25–29 398 7,28 f. 278 7,30 172, 278 7,31 97 7,34 97 7,36 97, 278 7,37 97, 170, 172, 179, 278 7,42 93, 102, 104 8 ff. 385 8,1 92, 161, 164, 174, 227, 347 8,2–4 119, 223 8,5.9.16 170 8,8.10.12.34 92 8,9 173 f., 180 f. 8,12–21 114 8,15 172 8,16–20 205 8,16–23 223 8,17 172 8,19 172 8, 19 f. 97 8,21–23 229 8,22 f. 222 8,25 f. 90
8,27 f. 91 8,27–29 223 8,30–33 102 8,32 101, 104 8,33 103, 201 9,1–18 97 9,1–29 104 9,4 173, 180 f., 202 9,6 116 9,9 f. 372 9,11–17 96 9,11–22 95 9,12–17 164 9,13–16 177 9,13–17 160, 180, 347 9,16 116 9,17 181 9,24 347 10 92 10,1 102 10,1–8 111, 113 10,2 f. 102 10,3 92, 101, 113, 147 f. 10,3–8 109 10,4 170 10,5 92, 101, 113, 149 10,5–8 90 10,6 149 f. 10,6–8 223 10,7 113, 149 10,8 149, 170 10,9 102, 104, 203 10,9 f. 88, 92 10,11–38 92, 104 10,15 202 10,16 223 10,18–23 204 10,19 f. 222, 230 10,21 f. 231 10,24 92, 102 10,24–38 98 10,25 99 10,25 f. 223 10,29 119 10,38 223 11 148, 233
457
458 11,1–12,1 91 11,3 113, 170 11,6 f. 223 11,6–15 98 11,16–38 89 11,24 260 11,25 170, 172, 178 11,27 170 11,29 101 11,34 173 f. 11,36 93 12 92 12,1 92, 102, 104 12,1–15,36 104 12,5 145, 170 12,5 f. 223 12,13 170 12,13 f. 131 12,15 223 12,20–25 99 12,21–25 92 12,28 223 12,29–32 150 12,31 f. 90, 93, 137 12,32 91 12,36 f. 223 12,38 93 12,38 f. 91 12,38–45 99 12,39–45 92 12,43–45 279 13 233 13,1 89, 204 13,1 f. 92 13,1–5 276 13,6–8 115 13,6–10 205 13,8 94 13,10 113 13,10–15 223 13,10–17 99 13,11 170 13,14 200 13,16 199 13,18–23 199 13,19 200
Stellenregister
13,19–26 198 13,21 204 13,26 104 14,1 f. 92 14,3 94 14,4 89, 92 14,9 173 14,11–15,36 233 14,13.31.33 113 14,14 202 14,14 f. 170 14,15 223 14,16–20 234 14,17 222 14,25 241 14,31–34 234 14,33 115 14,33–36 118 14,34 170 14,35 111–113 14,37–46 93, 98 14,38 161, 174, 347 15 99 15,1 92 15,1–5 90 15,8.10 170 15,8–16 223 15,11–16 97 15,12–16 209, 216–218 15,17 113 15,21–24 223 15,25–27 99 15,29.32.34 182 15,30 f. 145, 170 15,31 f. 96 15,32 111 15,32 f. 115 15,33 96 15,34 96, 223 15,35 96 15,36 146, 149 15,37 89, 94, 96, 104, 110, 203 15,37–39 95, 187 16,13 281 16,1–4 276 16,16–23 307
Stellenregister
3Makk 427–448 1,1.4 258 1,3 256 1,8–2,24 439 2,1 431 2,2–20 431 2,9 445 2,32 215 3,1–10 445 4 215 4,7 443 5,13 445 6,16–21 439 6,30 f. 150 6,35 140 6,36 144 f. 6,38–41 145 7,13 140 7,14 145 7,18 145 7,19 145 7,20 436 7,22 215 15,17 215 4Makk 1,1 249, 275, 305 1,15–17 249 1,17 250 4,2 257 4,6–9 309–318 4,26 161, 164, 347 5–7 380 5,1–18,5 306 5,2 255 5,4 261 5,5–38 306 5,20 255 5,22–24 300 5,29 312 5,37 312 6,18 312 6,19 269 6,28 f. 267 7,4 281 7,19 282
8,12–14 361 8,15 281 9,22 281, 308 9,30 281 9,32 279 10,15 282 11,24 f. 281 12,6 307 13,09 307 13,12 307 13,15 282 14,5 308 14,5 f. 281 14,20 250 15,2 307 15,10 312 15,29–32 250 16,3 292, 307 16,13 281, 308 16,14 251 16,16 277 16,16–23 307 16,20 307 16,21 292, 307 17,1 307 17,2 f. 251 17,2–6 284 17,5 284–301 17,8 364 17,8–10 258, 269 17,12 281, 308 17,15 292 17,23 f. 248 17,17–24 253 17,18 280 17,21 281 18,3 f. 246 18,4 281 18,6–9 316–326 18,6–19 282, 307, 323 18,7 305–326 18,7–11 283 18,8 315 18,10–19 308, 312 18,12 248, 270, 292, 307 18,13 207
459
460 18,17 18,23
Stellenregister
279, 282, 308 281, 308, 312
6Makk 252 ParJer 9,10–12 257 PsSal 17 f.
38
Ps-Eup 213 Ps-Hek 328 SapSal 1,15 281 2,23 308 2,23 f. 281 f., 318 3,1 308 3,1–6 281 3,7 f. 308 4,1 f.7 281 5,5 280 6,17–21 281 6,18 f. 282 15,3 281 18,10–19 133 f. Sib 4,158–161.167 ff.
38
TestAbr 7,8 286 20,11 257 20,14 280 TestHiob 39,10 257 40,12 257 TestXII Ben 10,6 Jud 25,1–4 Lev 19,2 Seb 10,2–4 Sim 6,8
280 280 280 280 280
Theodotos De Sichem
350
Tob 1,6 f. 2,1
138 131, 137
VitAd 1–22 315–318 4 316 44 315 VitProph Jer 9–15 214
Sir 48,10 82 50,1–23 431
Qumranschriften 1QJesa 32, 34 1QJesb 32 1QpHab II 12–15 III 4–6 III 9–12
21–23, 32, 36 37 37 37
IV 5–8 IV 11–13 VI 1–5 VI 5–8 VI 10–12 VIII 9 XI 4–8
37 37 38 37 37 24 139
461
Stellenregister
1QS 32 I 12 34 VIII 11 82
4Q324a 2,4 4Q324b 1 II 7
22 22
4QMMT 22 1QM
22, 32 4Q477 34
1QH 32 4QpNah 3–4 I 3 3–4 I 8
21 f. 38 22
4QpPs 37 3–10 IV 10
24
4QTest (4Q175)
81 f.
4Q179
22, 27–29
4QpapTobita
137
11QPsa XXII 1–15 XXVII 2–11
27, 30 35
11QTemplea (11Q19)
33
11QApostZion 22 CD 22
Neues Testament Mt 8,11 f. 280 13,24–30 316 23,29 262 Mk 1,2 82 9,11 82 10,45 280 Lk 2,2 215 6,15 351 16,19–31 280
2,5–13 166 4,36 165 7,55 361 11,25 f.30 321 13,2 321 14,26–28 321 15,2.30–35 321 15,20 255 15,29 255 18,22 321 20,16 127 21,25 255 22,3 345
Joh 1,21 82
Röm 7,7–25 319, 322 10,4 355 13,12 354 f.
Apg 1,13 351 2,1 131
1Kor 5,7 132
462
Stellenregister
4,29 354 5,11 354
7,40 283 15,41 280 16,8 127 2Kor 11 319 11,2 f. 318, 320, 323 11,12–15 318 11,14 323 Gal 1,10 f. 355 1,10–16 354 1,11 f. 357 1,12–2,14 353 1,12 f. 356 f. 1,12–15 356, 358 1,13 348, 354 1,13 f. 161, 352, 355 1,14 347, 354 f. 1,15 f. 355 1,17–22 355 1,23 354 2,11 321 2,11–13 257 3 356 3,1–5 357
Phil 3,5 f.
356, 358
Kol 2,16 f.
127
1Thess 2,14–16 159 1Joh 4,1–3 319 Apk 4,4 280 5,23 280 7,9–11 280 7,19 280 13,17 280 14,3 280 15,2 280, 292 16,25 280 18,23 280 19,4 280
Apostolische Väter IgnEph 21,1 280
6,1 280 7,1 246
IgnPhld 10,1 246
IgnSm 10,2 280 11,2 246
IgnPol 2,3 280
Rabbinisches Schrifttum bAZ 17b 383
bGit 57ab 382 57b 379, 386
Stellenregister
bJom 81b 130
mKet 5,6 386
bQid 66a 82
mPes 68b 130
bShab 23a 382 33b 38
mSan 10,1 392
jSan 29c 258
EkhaR 1,50 379
Flavius Iosephus ant. 1,12,2 169 1,12,4 169 3,218 81 4,145–149 255 9,104 257 10,21 205 11,173 158 11,295 146 12,120 257 12,154–157.224 f. 431 12,248–256 253 12,253 260 12,265 f. 225 12,270 196 12,278 197 12,283 226 12,286 228 12,292 f. 228 12,300 228 12,301 229 12,316 228 12,323 f. 228 12,325 149 12,333 232 12,373 f. 233 12,5,1 395 13,5 235 13,10 79
13,10 f. 236 13,28 f. 237 13,46 238 13,91 238 13,95 238 13,155 ff. 239 13,164 195 13,165 194 13,180 f. 239 13,187–209 24 13,205 f. 240 13,236–253 76 13,242 194 13,243 260, 261 13,254 72 13,261 197 13,282–283 81 13,288–298 82 13,299–300 81 13,301 70 13,301 ff. 242 13,311–313 81 13,383 83 13,393 8 14,158 197 14,257 143 15,236 100 16,187 241 17,151–160 253
463
464 18,3 215 18,13–18 281 19,279–285 267 20,100 256 20,267 81 bell. 1,37 225 1,42 ff. 233 1,47 236 1,49 24 1,68–69 81 1,70 70 1,70 ff. 242 1,97 21 1,105 8 2,154–157.163 281 2,454 350 2,560 251 2,651 350 4,160 350 3,340–408 253 5,362–419 205 6,33–53 253
Stellenregister
6,238–242 340 7,44 259 7,45 256 7,46 261 7,50–53 262 7,54–62 262 7,218 341 7,415–419 253 7,320–388 253 c. Ap. 1,34 f. 31 1,179 159 1,191 179 2,5 442 2,49–55 432 2,55 144 2,80 335 2,90 328 2,112–114 335 2,218 281 vit. 1–6 241
Philo Alexandrinus Abr. 258 281 aet. 3,10 301 Cher. 114 f. 281 conf. 46 281 cont. 141 cont. 13 281 det. 90.141 281 Flacc. 116 f. 142 Flacc. 122 142 gig. 6–11.14.37 281 her. 240.280–282 281 LA 1,105 281 LA 2,77 281 LA 3,161 281 legat. 91 281
legat. 266 f. 100 Mos. 2,20–23 130 Mos. 2,42 142 Mos. 2,108 281 mut. 223 281 opif. 77.139.143 f.146 QE 2,114 281 QG 2,8 281 somn. 1,31.134 f. 281 spec. 1,345 281 spec. 2,148 140 spec. 2,204–214 142 spec. 2,207 141 spec.2,209 142
281
465
Stellenregister
Antike und frühchristliche Schriftsteller Ael. var. 3,18 191 Antiph. 6,4 200 Aug. serm. CCC (In solemnitate martyrum Machabaeorum) 2 (= PL 38,1377) 364 5 (= PL 38,1379) 264, 364
Diog. Laert. 5,43 192 6,101 193 10,35 95 10,84 f. 95 Eus. h.e. 5,24,6 128 3,10,6 252, 305 Eus. Onomastikon 263, 321
Caes. Gall.
192
Cass. Dio 36,6,5 203 37,7a 196 37,15,3 195 37,16,5 159 42,36,1 195 45,7,1 299 55,14,2–21,4 205 62,3–5 205 Chrys. hom. (In sanctos Maccabaeos homilia) 1,1 (= PG 50,617) 264 Cic. Brut. 42 prov. 5,10 rep. 6,11 rep. 6,13 rep. 6,15 rep. 6,16 rep. 6,17 f. rep. 6,23 rep. 6,24 Tusc. 1,27 Tusc. 1,28 Tusc. 1,39 Tusc. 1,40 Tusc. 1,41–43
189 330 298 298 298 298 297 299 298 298 295, 299 296 298 298
Greg. Naz. or. 15 264 15,2 252 Hdt. 4,102–117 168 4,108 f. 168 7,163 196 Hier. comm. in Ez 25 9 Hier. comm. in Phlm 23 351 Hier. On.
264, 321
Hier. vir. ill. 5
351
Hier. vir. ill. 13,3
252
Hom. Od. 20,312 194 Hor. carm. 1,12,45–48 299 Isok. Phil. 5,85 95
466
Stellenregister
Liv. 1,16 299 38,17 193
Phaidr. 248cff. Phil. 66c rep. 364b–365a rep. 548d rep. 614–621b symp. 207e Tim. 41de Tim. 42bc
296 296 296 95 282, 296 200 281 296
Lukian. hist. conscr. 199
Plin. nat. 2,93 f.
299
Lykurg. 142 200
Plut. Eumenes 17,6–11 205
Lys. 9,3 215 18,21 194 29,1 215
Plut. de fluviis 190 mor. 345e 191 mor. 590a–592e 297 mor. 943a–945d 297 quaest. conv. 4,6,1 f. 143 quaest R. 27,6 ff. 299
Iust. epit. 14,4,1–8 205 15,2,3–5 197 36,2,1–36,3,9 328
Mart. 1,2 193 14,190 193 Ov. fast. 2,133–144 299 2,491 ff. 299 Ov. met. 6,297–300 362 6,310–312 265 Philost. h.e. 1,1 252 Phot. Cod. 84 193 Plat. Gorg. 525bff. Krat. 400c leg. 745d leg. 782cd leg. 896a–899d leg. 850d Phaid. 113dff.
296 296 215 296 296 215 296
Polyb. 2,56,10–13 190 f. 4,43,6 191 9,2,1 190 12,24,5 191 15,36,3 191 29,27,1–8 329 31,13,8–9 196 34,4,1–4 191 Quint. inst. 1,8,21 189 2,4,2 190 Sen. apoc. 299 cons. ad Marc. 26,6 f. 297 dial. 2 (De constantia sapientis) 254 epist. 41,5 297 nat. 1,7.11 f. 297
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Steph. Byz. s. v. Berenike 9 Gadara 10 Philadelphia 9 Strab. 8,7,5 192 16,2,34–46 328 17,1,16 443 Suet. Iul. 88 299 Suet. Nero 6,4 190 Suid. s. v. Philochoros 193 Theopompos 192 Sulp. Sev. Chronica 2,30,6 340 Tac. Agr. 10–17
ann. 2,26,4 ann. 4,33,3 ann. 11,11,3 Germ. 37,5 hist. 1,1,3 f. hist. 2,95 hist. 3,71 f. hist. 4,81 hist. 4,86 hist. 5,1–13 hist. 5,2–10 hist. 5,6,1 hist. 5,8,2 hist. 5,8,3 hist. 5,12,1 hist. 5,13,1 hist. frag. 2
338 337 190 338 338 330 339 330 338 328, 331 332–341 333 260, 327–341 76 332, 337 336 332, 339 f.
Tert. an. 54,1 f. apol. 16,3
296 336
328
Weitere Schriften Acta Sanctorum Augusti I 5–12 363 5 f. 365 16 365 Constantinus Porphyrogenitus Excerpta de virtutibus et vitiis 45 196, 197 46 194 47 197 Excerpta de legationibus gentium 6,1 194 f. 6,2 197 10 195
Johannes Malalas Weltchronik 8,21 258 8,22 264 8,23 265 10,20 268 10,45 259, 268 Methodius, De resurrectione 2,1–8 319 Passio SS Machabaeorum 363
468
Stellenregister
Inschriften und Papyri CIJ I 537 CIJ I 694 CIJ II 777
161 161 129
PapOxy 237 vii 33 215
IPergamon I 249
215
BGU 1147,26
PapLond 2,260,79 215 215
Sachregister Alexander (Alabarch) 256 Alexander Balas 75, 237 f. Alexander der Große 56 f., 61, 64, 74, 90, 197, 256, 258 Ti. Iulius Alexander 256 Alexander Jannai 71, 82 Alexandria 139–143, 150 f., 253, 258, 268, 298, 437, 439, 442 f. Alkimos 24 f., 58, 75, 80, 89, 94, 174 Antiochos III. Megas 6, 9, 13, 57, 258, 431 Antiochos IV. Epiphanes 1–10, 12–14, 25, 38, 57 f., 60–62, 75, 87 f., 90–92, 94, 96– 98, 101–104, 108 f., 111, 115 f., 119, 170, 172, 177–182, 187, 194, 197, 199, 221 f., 225, 227, 252, 258–261, 265, 275, 278–280, 282, 287, 292, 300 f., 306, 327, 329 f., 334, 336–338, 340 f., 361, 366 f., 369, 371–373, 383, 392, 396 Antiochos V. Eupator 24, 75, 87–89, 92, 99, 101, 187, 204, 232, 373 Antiochos VI. Epiphanes Dionysos 238 Antiochos VII. Euergetes Sidetes 72, 75 f., 329 Antiochos VIII. Epiphanes Philometor (Grypos) 76 Antiochos (jüdischer Apostat) 256, 261 f. Antiochia (Name mehrerer Städte) 1 f., 5–12, 101, 198 f., 245–247, 249, 251, 254, 256–270, 276, 278, 321–323, 363 f., 365, 371 Antipater 197 Aristobul I. 70, 81 Aristobul II. 195 Athen 7, 45, 180, 327 Auferstehung 132, 278 f., 281–284, 286 f., 292, 308, 324, 362, 369 Bar Kochba 136, 248, 268, 381, 383, 390 f.
Chanukka 144, 147–152, 363, 379, 382, 391–399 Demetrios I. Soter 75, 87, 239, 259, 265 Demetrios II. Nikator 62, 73–75, 81, 89, 238 f. Dionysos, Dionysien 3, 7, 118, 148, 168, 173, 181, 294 f., 436, 445 Eleazar (Sohn des Mattathias) 77, 79, 221, 224, 229 f., 232 f., 236, 373 Eleazar (Märtyrer) 93, 170, 178, 250, 252–254, 259–261, 264 f., 267, 269, 275, 278, 280, 305 f., 362, 364, 371, 380–387, 397 Eleazar (Rabbi) 381 Eleazar (Zelot) 253 Epitome, Epitomator 95, 172, 182, 187–205, 217, 259, 357 Essener 22, 24–26, 33 f., 80 f., 351, 353 Geron 3, 172, 178, 180 Gesetz(e), Gesetzbücher 2–4, 32, 37, 58–62, 88, 94, 103, 108, 112 f., 116, 128, 130, 142, 160, 162, 172, 177–180, 200, 212 f., 225, 228, 247–251, 253–255, 261, 269 f., 275, 277 f., 288, 292, 298, 300, 306 f., 312, 319, 323, 334, 336, 350, 358, 362, 364, 373, 384 f., 392 f., 397, 414, 433, 444 f. Gorgias 90, 172, 201 Hasidäer 35, 59, 80, 444 Heliodor 96, 99 f., 102, 108, 111, 118, 180, 371 Hellenisierung 1 f., 5, 11–13, 148, 181, 182, 254, 327, 336, 371, 373, 390, 394, 430, 437 Hellenismus 2, 41, 277, 347, 372
470
Sachregister
hellenistische/hellenistischer/hellenistisches – Ägypten 256 – anti-hellenistisch 5, 283 – Bräuche 179 – Eschatologie 288, 324 – hellenistisch-jüdische Literatur 110, 258, 281, 347 – hellenistisch-römische Zeit 1, 251 – Historiographie 99, 204 – Höfling 238 – Jenseitsvorstellungen 277 – Judentum 179, 345 – Könige 74 f., 379 – Kultur 177 – Literatur 276, 285 – Philosophie 281, 297, 323, 362 – Rhetorik 285 – Polis, Stadt, Siedlung 5, 10, 11, 12, 108 – Reiche 8 – Religionsreformen 214 f. – Sprache 432, 436 – Tempel 12 – Tendenz 110 – Verfassung 180 – Vorstellungen 277, 280–282, 292, 308, 445 – Zeit 8, 138, 164, 205 Herakles(‑Melqart) 7, 12, 14, 17, 90, 294 f. Herodes der Große 144, 152, 197, 253, 352, 373, 438 f. Historiographie 41–66, 99, 163, 167, 169, 240, 276, 328, 357, 359 Hyrkan II. 36, 195 Jason 2 f., 5 f., 89 f., 103 f., 115, 180, 371 Jonathan (Sohn des Mattathias) 21, 24 f., 61 f., 70, 72 f., 75–80, 82, 221, 224, 228–232, 235–241 Jason von Kyrene 87 f., 102, 187–205, 217, 259, 357 Johannes (Sohn des Mattathias) 221, 224–236 Johannes I. Hyrkan 21, 55, 70, 72–76, 81, 194, 221, 350 Jom Kippur 25, 124, 128, 130 f., 139, 396
Judas Makkabaios 31 f., 36, 61 f., 64, 71–80, 92 f., 108 f., 114, 119, 148 f., 164, 187, 198–200, 204 f., 215–218, 221–242, 265, 350, 361, 371–373, 394, 433 Judas der Galiläer 350 f. Lysias 89, 91 f., 98, 199 f., 204, 232 Märtyrer, Martyrium 81, 87, 93, 97–99, 101 f., 110, 112, 248, 252, 260, 269, 277, 321–323, 347, 349, 361, 364, 376, 388 Mattathias 59 f., 70, 72, 77 f., 210 f., 221–229, 232, 235–237, 240 f., 350, 373, 391 Menelaos 3, 6, 24, 91, 94, 101, 108, 115 f., 170, 204 Mutter (s. auch Märtyrer) 93, 97, 99, 101, 224, 229, 247, 250–254, 259 f., 262–266, 268 f., 275, 280–288, 292, 298, 305, 307–312, 322–324, 362–364, 366–376, 379 f., 382, 386, 397 f. Nikanor , Nikanortag 36, 89 f., 92, 95 f., 98 f., 102, 108 f., 114 f., 118, 136. 146 f., 149, 173, 201, 205, 229, 233–235, 241, 371 Onias II. 431 Onias III. 2, 88, 91, 100 f., 115, 180, 202, 204, 217, 259 Pesach 126, 128 f., 132–135, 140 f., 145, 147, 151f, 391, 394 Pharisäer 21 f., 38, 80, 82, 345, 358, 375 Phasael 197 Pinchas 59 f., 225, 247, 255, 268, 270, 283, 348–351 Platon 50, 94, 200, 282, 294, 296 f., 300, 404–406, 406, 410, 416 Cn. Pompeius 22, 27, 36, 38, 195 f., 203, 337 f., 437 Ptolemäer 6, 8, 256, 258, 298, 300, 330, 431 Ptolemaios I. Soter 443 Ptolemaios II. Philadelphos 9
Sachregister
Ptolemaios IV. Philopator 144, 258, 430, 434, 436 f., 440, 442, 445 Ptolemaios VI. Philometor 90 Ptolemaios VII. Euergetes II Physkon 432, 438, 446 Ptolemaios (Sohn des Dorymenes) 3, 259 Razi 93 f., 98, 110 Römisches Reich, Römer, Rom 21–23, 32, 34, 36–39, 48, 62, 65, 69–71, 73, 75 f., 174, 203, 247 f., 253, 270, 291, 299, 329 f., 333, 336–340, 348, 350, 352, 381, 383, 385, 387, 391 f., 415 Rom (Stadt) 36, 57, 62, 139, 144, 152, 174, 248, 252, 358, 365, 368 f., 371, 376, 434 Sadduzäer 83 Salome Alexandra 22 Schlacht – Ansprache 22, 97, 205 – bei Beth-Zacharia 233 – von Emmaus 228 – gegen Gorgias 172, 201 – gegen Nikanor 99, 115, 201 – vom Paneion 8 – bei Raphia 258, 430, 442, 445 – am Sabbat 59 – Schlachtbericht 71 – gegen Timotheos bei Karneion 92, 98 f., 119 Schwein, Schweinefleisch, Schweineopfer 4, 93, 101, 148, 252, 255, 259, 261 f., 264, 306, 361, 369, 379 f., 389 Seleukiden 6, 8 f., 24, 36, 38, 62, 64, 74–76, 82, 87–89, 91 f., 95, 221, 225 f., 228, 232 f., 235, 239, 330 Seleukos III. Keraunos 180 Seleukos IV. Philopator 2, 10, 13, 87–89, 91, 101, 111, 116 Sieben Brüder (s. auch Märtyrer) 93, 97, 99, 101, 172, 250, 252–254, 259 f., 262–264, 278, 285, 298, 361–376, 397
471
Simon (Hoherpriester) 144, 431 f. Simon (Sohn des Mattathias) 61, 69 f., 72–83, 204, 221–242 Simon (Tempelvorsteher) 89, 94, 102 Simon (Zelot) 351 Sukkot 93, 108, 128, 130, 133, 135–137, 140–143, 148–152, 194, 214 f. Tempel (Jerusalemer) 2, 23, 25, 61, 89, 92 f., 102, 107–120, 123–153, 159, 168, 198, 200, 210, 222, 266, 332, 335–337, 397, 421 f., 431, 435, 444, 446 – Archiv, Bibliothek 31, 34, 73, 82, 214–216 – Entweihung 27 f., 59 f., 90, 101, 108, 144, 148 f., 178, 201, 222, 225, 252, 258, 261, 267, 337, 393, 436–438, 444 – Gottesdienst, Kult, Liturgie 35 f., 88, 109, 128, 130 f., 134, 136, 139, 180, 214, 280, 327, 431 – Plünderung 3, 91, 99, 108, 115 f., 180, 259, 267, 371 – Reinigung, (Wieder‑)Weihe 90–93, 101, 102, 108 f., 113, 119, 144, 146–150, 180, 187, 214, 228, 230, 266, 335, 372 – Umwidmung 1 f., 3, 5, 13, 118, 178, 264, 396 – Zerstörung 28, 118, 119, 123–125, 128–130, 132 f., 135 f., 140, 146, 152, 234, 249, 253, 263, 265, 339–341, 363 Tempel (andere) 3, 7, 12, 16, 17, 128, 135, 143, 169, 214, 259, 350, 421 – Plünderung 6, 103 Tora 32, 130, 137, 140–143, 147, 152, 159, 168, 248, 277, 347–350, 352 f., 355, 359, 385–387, 392, 398 Tryphon 75, 239 f. Zeloten 247, 253, 270, 283, 390 f., 348–353, 359 Zeus 1–17, 178, 181, 258, 264 f., 396