Der 1. Thessalonicherbrief und die frühe Völkermission des Paulus: Herausgegeben:Mell, Ulrich; Tilly, Michael;Mitarbeit:Forderer, Tanja 9783161606908, 9783161610820, 3161606906

Der vorliegende Sammelband widmet sich der Frage nach den missionarischen und theologischen Anfängen des Paulus, die bis

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German Pages [638] Year 2022

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
I. Zugänge zum ‚frühen‘ Paulus
Michael Theobald — Kohärenz und Kontingenz. Zur Frage nach einer Periodisierung der Lebensgeschichte des Paulus und den Kriterien ihrer Beantwortung
Eckart David Schmidt — Gibt es Neues zur Frage nach Authentizität und Datierung des 1. Thessalonicherbriefs?
Markus Öhler — Paulus und Antiochien
II. Zu den Anfängen der frühen paulinischen Völkermission
Babett Edelmann-Singer — Paulus, die thessalonische Gemeinde und ihr hellenistisch-römisches Umfeld. Das Konzept einer Dichotomie und seine Probleme
Marlis Gielen — Kephas – Jakobus – Barnabas. Drei frühchristliche Führungspersönlichkeiten und ihr Verhältnis zu Paulus im ‚Rückspiegel‘ des Galaterbriefs und des 1. Korintherbriefs
Ulrich Fellmeth — Die Mobilität des frühen Paulus
Monika Schuol — Paulus, seine Reisen und seine Briefe im Licht des römischen Transport- und Nachrichtenwesens
Ulrich Mell — Zur Strategie der frühen Völkermission des Paulus
Bernhard Mutschler — Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus. Eine Spurensuche in der Apostelgeschichte und im 1. Thessalonicherbrief
III. Kontexte des 1. Thessalonicherbriefes
Hermann Lichtenberger — Licht, Finsternis und Prädestination in 1 Thess 5,4–11 und Qumran
Gert J. Steyn — Tropen und Topoi. Rhetorische Ausgestaltungen im Corpus Philonis und im 1. Thessalonicherbrief
IV. Der 1. Thessalonicherbrief als Zeugnis der frühen Völkermission des Paulus
Gudrun Guttenberger — Das erzählte Ich. Beobachtungen zur Erzählung des Aufenthalts des Paulus in Thessaloniki
Matthias Konradt — „Um Gott zu gefallen“ (1 Thess 4,1). Paulus’ ethischer Ansatz in 1 Thess 4,1–12 und die Kontroverse um den ‚frühen Paulus‘
Friedrich Wilhelm Horn — Gut und Böse als Maßstab der Ethik
Andreas Lindemann — Und was kommt danach? Die Auferstehung der Toten nach 1 Thess 4,13–18 und 1 Kor 15
Christof Landmesser — Was ist präsentische Eschatologie nach dem 1. Thessalonicherbrief? Zur Ambiguität christlicher Existenz in der Theologie des Paulus
Udo Schnelle — Der Paulus des 1. Thessalonicherbriefes
V. Kontinuität und Diskontinuität reflektiert am 1. Thessalonicherbrief
Oda Wischmeyer — Εύαγγέλιον im 1. Thessalonicherbrief und im Philipperbrief. Gibt es eine Entwicklung des Begriffs bei Paulus?
Stefan Schreiber — Die Glaubwürdigkeit des Apostels und die Frage des Unterhalts. 1 Thess 2,1–12 im Vergleich mit Texten aus den Korintherbriefen
Markus Tiwald — Kontinuität und Wandel im Schriftgebrauch des Paulus. Schriftverwendung im 1. Thessalonicherbrief im Vergleich mit Texten aus dem Römerbrief
Dieter Sänger — Paulus und sein Blick auf Israel. Vom 1. Thessalonicherbrief über den Galater- zum Römerbrief
Eve-Marie Becker — Der frühe Briefeschreiber Paulus als alternder Mann. Vom 1. Thessalonicherbrief zum Philipperbrief
Literaturverzeichnis
Autorenverzeichnis
Stellenregister
Autorenregister
Namenregister
Sachregister
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Der 1. Thessalonicherbrief und die frühe Völkermission des Paulus: Herausgegeben:Mell, Ulrich; Tilly, Michael;Mitarbeit:Forderer, Tanja
 9783161606908, 9783161610820, 3161606906

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Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber / Editor

Jörg Frey (Zürich) Mitherausgeber / Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) · James A. Kelhoffer (Uppsala) Tobias Nicklas (Regensburg) · Janet Spittler (Charlottesville, VA) J. Ross Wagner (Durham, NC)

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Der 1. Thessalonicherbrief und die frühe Völkermission des Paulus herausgegeben von

Ulrich Mell und Michael Tilly unter Mitarbeit von Tanja Forderer

Mohr Siebeck

Ulrich Mell, geboren 1956; Studium der Pädagogik und Ev. Theologie in Kiel und Tübingen; 1988 Promotion und 1993 Habilitation an der Christian-Albrechts-Universität Kiel; seit 2001 Professor für Ev. Theologie und Didaktik an der Universität Hohenheim. orcid.org/0000-0002-6430-9328 Michael Tilly, geboren 1963; Studium der Ev. Theologie in Mainz und Heidelberg; 1993 Promotion und 2001 Habilitation an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; seit 2012 Professor für Neues Testament an der Eberhard Karls Universität Tübingen. orcid.org/0000-0002-7217-3782 Tanja Forderer, geboren 1987; Studium der Ev. Theologie in Tübingen, Hamburg und Berlin; 2020 Promotion; seit 2020 wissenschaftliche Angestellte am Institut für antikes Judentum und hellenistische Religionsgeschichte an der Ev.-Theol. Fakultät der Universität Tübingen. orcid.org/0000-0002-2461-6008

ISBN 978-3-16-160690-8 / eISBN 978-3-16-161082-0 DOI 10.1628/978-3-16-161082-0 ISSN 0512-1604 / eISSN 2568-7476 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022  Mohr Siebeck Tübingen.  www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Der vorliegende Band geht auf ein interdisziplinäres und interkonfessionelles Symposium zurück, das vom 24. bis zum 26. März 2017 in Tübingen zum Thema ‚Der frühe Paulus‘ veranstaltet wurde. Zusammen vorbereitet und durchgeführt wurde die internationale Tagung vom Fachgebiet Evangelische Theologie der Universität Hohenheim und vom Institut für antikes Judentum und hellenistische Religionsgeschichte der Eberhard Karls Universität Tübingen. Das Symposium setzte sich zum Ziel, die Frage zu erörtern, ob die Rede von einem ‚Frühen Paulus‘ in der wissenschaftlichen Paulus-Exegese sachgemäß ist. Die insgesamt elf Referentinnen und Referenten waren gebeten worden, aus ihrem jeweiligen Forschungsgebiet durch den Vergleich von Paulus-Texten aus der frühen selbständigen Wirkungszeit des Völkerapostels mit Texten, die nach der sog. ‚Galatischen‘ und ‚Korinthischen Krise‘ entstanden waren, zu diesem Thema beizutragen. Das Ziel auf dem Symposium war es, zu eruieren, ob es in irgendeiner Hinsicht eine merkliche Veränderung der paulinischen Aussagen gibt, die dazu Anlass geben, von einer Entwicklung der im Corpus Paulinum begegnenden Theologie zu sprechen, sei es, dass diese Unterschiede durch äußere Ereignisse in den von Paulus und seinen Mitarbeitern betreuten Gemeinden verursacht wurden, sei es, dass sie eine tiefergehende und erweiterte Reflektion der von Paulus verantworteten Theologie und Ethik widerspiegeln. Das durch namhafte Gäste aus der internationalen exegetischen Community verstärkte Auditorium trat mit den Referentinnen und Referenten in eine intensive Diskussion ein. Darauf im Einzelnen einzugehen, ist hier nicht Platz genug. Hervorzuheben sind aber die beiden Stellungnahmen von Prof. em. Dr. Michael Theobald, dem es durch sein Eingangsreferat, aber auch durch seine Zusammenfassung am Schluss der Tagung gelang, die wissenschaftliche Problemlage der Paulus-Forschung, aber auch die Anliegen aller Diskussionsteilnehmer umfassend und präzise zu bündeln. Die von den Referaten getragene, äußerst anregende Aussprache führte dazu, den Begriff eines ‚Frühen Paulus‘ für nicht (mehr) angemessen zu halten, da seine Unschärfe zu zahlreichen Missverständnissen und Fehlinterpretationen des paulinischen Schrifttums führen kann, welches in der kurzen Zeit seiner eigenverantworteten Mission in Griechenland und Kleinasien entstanden war. Daher wurde von den beiden Herausgebern entschieden, die fruchtbare Diskussion dahingehend aufzunehmen, dass für die Drucklegung des vorliegenden Bandes das Konzept geändert und der 1. Thessalonicherbrief in die Mitte der Ausführungen gestellt wurde. Für diese thematisch modifizierte Sammelpublikation gelang es,

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Vorwort

zehn zusätzliche Beiträgerinnen und Beiträger zu gewinnen, sodass jetzt alle Vorträge und Abhandlungen unter dem Titel Der 1. Thessalonicherbrief im Kontext der frühen Völkermission des Paulus der interessierten wissenschaftlichen Öffentlichkeit vorgestellt werden können. Für die tatkräftige Hilfe bei der Vorbereitung und Durchführung der Tagung sowie bei der Drucklegung des Bandes, insbesondere bei den Korrekturarbeiten und der Anfertigung der Register, möchten wir ausdrücklich Frau Simone Hertle, Frau Marietta Hämmerle, Frau Lisa-Marie Gerle, Frau Lea Trugenberger, Herrn Christoph Lehmann, Herrn Jonathan Müller und Herrn Ruben Bühner unseren Dank aussprechen. Herrn Dr. Daniel Schumann danken wir für die Übersetzung eines englischsprachigen Beitrages. Die Vereinheitlichung der Manuskripte, die Erstellung der Satzvorlage und die Koordination der Korrekturen lag in den umsichtigen und kundigen Händen von Frau Dr. Tanja Forderer. Für die finanzielle Unterstützung danken wir dem Rektor der Universität Hohenheim, Herrn Prof. Dr. Stephan Dabbert, der durch seine großzügige materielle Ausstattung des Fachgebietes Evangelische Theologie am damaligen Institut für Wirtschaftspädagogik an der Wirtschafts‑ und Sozialwissenschaftlichen Fakultät die Durchführung des Symposiums ermöglichte. Sodann aber gilt unser besonderer Dank Herrn Prof. Dr. Karl Wilhelm Niebuhr, der sich als ehemaliger Leiter der Fachgruppe Neues Testament der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie dafür einsetzte, dass die Tagung durch einen namhaften Beitrag der Gesellschaft unterstützt wurde. Schließlich gilt unser herzlicher Dank dem Herausgeber der Wissenschaftlichen Untersuchungen zum Neuen Testament, Prof. Dr. Jörg Frey, sowie den Mitherausgebern, Prof. Dr. Markus Bockmuehl, Prof. Dr. James A. Kelhoffer, Prof. Dr. Tobias Nicklas, Prof. Dr. Janet Spittler und Prof. Dr. J. Ross Wagner, die die Aufnahme des vorliegenden Bandes in die Reihe befürworteten. Last but not least danken wir Frau Ilse König, Frau Elena Müller und Herrn Tobias Stäbler vom Verlag Mohr Siebeck für ihre engagierte und sachkundige Begleitung der Drucklegung des vorliegenden Bandes. Hohenheim und Tübingen im März 2021

Ulrich Mell und Michael Tilly

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X

I. Zugänge zum ‚frühen‘ Paulus Michael Theobald Kohärenz und Kontingenz. Zur Frage nach einer Periodisierung der Lebensgeschichte des Paulus und den Kriterien ihrer Beantwortung . . 1 Eckart David Schmidt Gibt es Neues zur Frage nach Authentizität und Datierung des 1. Thessalonicherbriefs? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Markus Öhler Paulus und Antiochien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

II. Zu den Anfängen der frühen paulinischen Völkermission Babett Edelmann-Singer Paulus, die thessalonische Gemeinde und ihr hellenistisch-römisches Umfeld. Das Konzept einer Dichotomie und seine Probleme . . . . . . . . . . . . 69 Marlis Gielen Kephas – Jakobus – Barnabas. Drei frühchristliche Führungspersönlichkeiten und ihr Verhältnis zu Paulus im ‚Rückspiegel‘ des Galaterbriefs und des 1. Korintherbriefs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Ulrich Fellmeth Die Mobilität des frühen Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Monika Schuol Paulus, seine Reisen und seine Briefeim Licht des römischen Transport‑ und Nachrichtenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

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Inhaltsverzeichnis

Ulrich Mell Zur Strategie der frühen Völkermission des Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Bernhard Mutschler Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus. Eine Spurensuche in der Apostelgeschichte und im 1. Thessalonicherbrief 179

III. Kontexte des 1. Thessalonicherbriefes Hermann Lichtenberger Licht, Finsternis und Prädestination in 1 Thess 5,4–11 und Qumran . . . . . . . 229 Gert J. Steyn Tropen und Topoi. Rhetorische Ausgestaltungen im Corpus Philonis und im 1. Thessalonicherbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

IV. Der 1. Thessalonicherbrief als Zeugnis der frühen Völkermission des Paulus Gudrun Guttenberger Das erzählte Ich. Beobachtungen zur Erzählung des Aufenthalts des Paulus in Thessaloniki . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Matthias Konradt „Um Gott zu gefallen“ (1 Thess 4,1). Paulus’ ethischer Ansatz in 1 Thess 4,1–12 und die Kontroverse um den ‚frühen Paulus‘ . . . . . . . . . . . . 291 Friedrich Wilhelm Horn Gut und Böse als Maßstab der Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Andreas Lindemann Und was kommt danach? Die Auferstehung der Toten nach 1 Thess 4,13–18 und 1 Kor 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Christof Landmesser Was ist präsentische Eschatologie nach dem 1. Thessalonicherbrief ? Zur Ambiguität christlicher Existenz in der Theologie des Paulus . . . . . . . . 365 Udo Schnelle Der Paulus des 1. Thessalonicherbriefes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383

Inhaltsverzeichnis

IX

V. Kontinuität und Diskontinuität reflektiert am 1. Thessalonicherbrief Oda Wischmeyer Εὐαγγέλιον im 1. Thessalonicherbrief und im Philipperbrief. Gibt es eine Entwicklung des Begriffs bei Paulus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Stefan Schreiber Die Glaubwürdigkeit des Apostels und die Frage des Unterhalts. 1 Thess 2,1–12 im Vergleich mit Texten aus den Korintherbriefen . . . . . . . . . 423 Markus Tiwald Kontinuität und Wandel im Schriftgebrauch des Paulus. Schriftverwendung im 1. Thessalonicherbrief im Vergleich mit Texten aus dem Römerbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 Dieter Sänger Paulus und sein Blick auf Israel. Vom 1. Thessalonicherbrief über den Galater‑ zum Römerbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 Eve-Marie Becker Der frühe Briefeschreiber Paulus als alternder Mann. Vom 1. Thessalonicherbrief zum Philipperbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613

Abbildungsverzeichnis Karten Die Aufteilung Makedoniens in vier Res Publicae (167–148 bc) (© E. Olshausen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Die Straßenverbindungen in Palästina (© U. Fellmeth) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Das Straßen‑ und Wegenetz in Kleinasien (© E. Olshausen) . . . . . . . . . . . . . 141 Das Straßen‑ und Wegenetz auf der Balkanhalbinsel (© E. Olshausen) . . . 142 Die Trasse der via Egnatia zwischen Philippi und Thessaloniki (© P. Pilhofer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Münzen Münze, RPC I 1551, BMC Macedonia 62 (© Lanz Numismatik) . . . . . . . . . . 75 Münze, RPC I 1610–12, BMC 145 (© J. Mairat) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Kohärenz und Kontingenz Zur Frage nach einer Periodisierung der Lebensgeschichte des Paulus und den Kriterien ihrer Beantwortung Michael Theobald Beim Lebenswerk Ludwig van Beethovens mag es einleuchten, von einer ‚frühen‘, ‚mittleren‘ und ‚späten‘ Schaffensperiode zu sprechen.1 Bei immerhin drei Werkgattungen  – den Klaviersonaten, Streichquartetten und Symphonien  – zeichnen sich zeitgleich markante Übergänge und Wandlungen ab. Die letzten Streichquartette und Klaviersonaten, die Neunte und auch die Missa Solemnis etwa setzen einen Innovationsschub voraus, der es erlaubt, von ihnen als dem ‚Spätwerk‘ zu sprechen. Klassische Formmuster werden gesprengt und ungeahnte Klangräume eröffnet, die erst nachfolgende Generationen wieder zu betreten wagen. Was sich bei Beethoven relativ deutlich abzeichnet, kann bei anderen großen Geistern zu endlosen Debatten der Forschung und schließlich zur Frage führen, welchen Erkenntniswert solche Periodisierungen ihrer Biographie und ihres Lebenswerks haben. Bei Gestalten der Antike stellt sich die gleiche Frage, ja bei ihnen erst recht, weil die Quellenlage nach Hunderten von Jahren oft nur unzureichend ist.2 Auch auf Paulus trifft das zu, wenn wir bedenken, dass wir nur wenige Briefe aus seiner Feder besitzen, deren Entstehung sich durchweg besonderen Umständen verdankt. Die Rekonstruktion selbst der äußeren Daten seiner Biographie bleibt mit Fragezeichen versehen.

I. Wer die Frage nach dem ‚frühen‘ Paulus in den Raum stellt, wird auch eine Vorstellung vom ‚mittleren‘ und ‚späten‘ Paulus mitbringen. Beim ‚späten‘ werden manche Kollegen in Spanien an den Paulus von Tarragona (Taracco) denken,3 andere werden aufgrund von 1 Clem 5,5–7 u. a. zumindest mit der Möglichkeit der von Paulus in Röm  15,24 ins Auge gefassten Spanienreise rechnen, ohne  Büning, Beethoven, räumt jüngst mit einigen Vorurteilen der Beethoven-Forschung auf.  Selbst im Fall des Philo von Alexandrien, dessen Oeuvre von erstaunlichem Umfang und weithin erhalten ist, sind keine Aussagen zur Entwicklung des Denkens seines Autors möglich. 3  Siehe etwa Gavaldà Ribot/Muñoz Melgar /Puig i Tàrrech (Hg.), Pau, partim. 1 2

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Michael Theobald

sich diese terra incognita auszumalen.4 Wieder andere, die hartnäckig an der Authentizität der ‚Pastoralbriefe‘ festhalten, konstruieren aus ihnen ein Wirken des Apostels zwischen einer ersten und zweiten römischen Gefangenschaft mit gravierenden Folgen für sein angebliches theologisches ‚Spätwerk‘.5 Zum letzten Lebensabschnitt des Paulus sind in jüngerer Zeit wegweisende Studien erschienen; zu nennen ist vor allem der von F. W. Horn 2001 herausgegebene Sammelband Das Ende des Paulus.6 Während der römische Paulus, abgesehen von Apg 28,16–31, unbekannt ist, besitzen wir vom anderen Ende seines Wirkens wenigstens einige Selbstzeugnisse.7 Die Rede vom ‚frühen Paulus‘ macht freilich verlegen. Welche Periode seines Lebens ist gemeint? Wo beginnt, wo endet sie? Paulus selbst hilft nicht weiter, denn er will nur zwei Lebensphasen kennen – die vor und die nach seiner Berufung bzw. Bekehrung. „Früher“ (τὸ πρότερον) war er „ein Lästerer, Verfolger und Frevler“, dann „widerfuhr ihm Barmherzigkeit“, erklärt aus der Rückschau der pseudepigraphe 1. Timotheusbrief (1,13). Im Anschluss daran vom ‚vorchristlichen‘ und ‚christlichen‘ Paulus zu sprechen, wie weithin üblich,8 scheint grundsätzlich unangreifbar zu sein. Aber die dabei benutzte Metaterminologie ‚christlich-vorchristlich‘ ist problematisch. Paulus war und blieb nach seinem Damaskus-Erlebnis Jude. So tief er selbst jenen Lebenseinschnitt darstellt – unter Verwendung biblisch-jüdischer Sprachspiele wie dem der ‚Berufung‘9 –, die Kontinuität seines Jude-Seins in all seinen Facetten blieb erhalten.10 Wenn also vom ‚frühen Paulus‘ die Rede ist, müsste eigentlich seine Lebensphase vor seinem Damaskus-Erlebnis gemeint sein. Zumeist aber legt die Rede vom ‚frühen Paulus‘ es nahe, die erste Phase danach in den Blick zu nehmen. Schwierig ist die Abgrenzung solch einer ersten Phase von einer späteren seines Wirkens als Apostel. Schon der Versuch, sie biographisch in Umrissen zu rekonstruieren, stößt an Grenzen, erst recht die Erhebung der mutmaßlich ‚frühen‘ theologischen Positionen des Paulus. Wer sich darauf einlassen will, muss zunächst Rechenschaft ablegen über die von ihm benutzten Quellen. Konkret geht es um eine kritische Auswertung einerseits der paulinischen Zeugnisse, insbesondere Gal  1 und 2 und Phil  3 (außerdem 1 Thess  2,14 oder 2 Kor 11,32 f.), andererseits der Apostelgeschichte unter Beachtung ihres spezifischen Quellenwerts. Die ‚Konstruktivität‘ der Apostelgeschichte, die im Rahmen hellenistisch-römischer Geschichtsschreibung zu verorten K. Backhaus zuletzt nachdrücklich anmahnt, erschwert es grundsätzlich, bei ihr „textanalytisch zwi 4 So

z. B. Löhr, Paulus-Notiz, 197–213. Theobald, Israel-Vergessenheit, 21–33.  6  Horn, Das Ende des Paulus. Vgl. auch Rubel, Paulus und Rom.  7 1 Kor 15,8–10; 2 Kor 4,6; 11,32 f.; 12,1–5.8 f.; Gal 1,11–2,21; Phil 3,5 f.  8  Vgl. etwa Schnelle, Paulus (2003).  9  Paulus benutzt unterschiedliche Sprachspiele mit je unterschiedlichem Interesse, um seine Lebenswende zu bezeichnen; vgl. Broer, Erscheinungen; Konradt, Bekehrung. 10  Vgl. Tiwald, Hebräer von Hebräern.  5 Dazu

Kohärenz und Kontingenz

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schen konstruktiven und nicht-konstruktiven Momenten zu unterscheiden“.11 So bedarf es großer methodischer Sorgfalt, Die unbekannten Jahre des Apostels – so der Untertitel des Buchs von M. Hengel und A. M. Schwemer Paulus zwischen Damaskus und Antiochien (1998)12  – einigermaßen deutlich in den Blick zu bekommen. Kriterien zur Abgrenzung einer ersten Phase des Wirkens des Paulus ergeben sich aus der Gewichtung des sog. ‚Apostelkonvents‘ bzw. Jerusalemer Treffens (Gal  2 par.  Apg  15) und des sog. ‚antiochenischen Konflikts‘, deren zeitliche Zuordnung freilich umstritten ist.13 Wahrscheinlich war jener ‚Zwischenfall‘ mehr als nur ein ‚Zwischenfall‘, nämlich das Ende einer etwa 13 Jahre währenden Lebensphase des Paulus, die sich mit Antiochia verbindet.14 Hinzu kommt die mit seinem Aufbruch nach Kleinasien und Europa verbundene neue geographische Ausrichtung seiner Mission, die wohl mit der theologischen Geographie zusammenhängt, die das Jesaja-Buch für die Endzeit entwirft (Jes 66,18–19).15 Bislang war Paulus als Missionar der antiochenischen Gemeinde unterwegs, jetzt beginnt er, selbständig zu missionieren, unterstützt von Mitarbeitern, die er aus den eigenen Gemeindegründungen rekrutiert. Wer sich auf die Bezeichnung ‚früher Paulus‘ einlässt, kann diese Phase mit dem Paulus zwischen Damaskus und dem Ende seiner antiochenischen Lebensphase identifizieren, sein Wirken im Raum der Ägäis – in Makedonien, Achaia und Asia – dagegen als seine ‚mittlere‘ Phase ansehen. Vertraut er sich Paulus selbst an, kann er schließlich mit Röm  15,23 f. eine weitere Zäsur in dessen Biographie festmachen: „Jetzt aber habe ich in diesen Gegenden kein Arbeitsfeld mehr, habe aber seit vielen Jahren das Verlangen, zu euch [sc. nach Rom] zu kommen, wenn ich einmal nach Spanien reise“. Zur Zeit der Abfassung des Römerbriefs in Korinth, wahrscheinlich im Winter 55/56 n. Chr., plant er, vom Osten des Imperiums in den Westen zu wechseln, um „die Darbringung der Völker“ an den Herrn (Röm 15,16) zu vollenden, „das Evangelium zu erfüllen (πληροῦν)“ (vgl. Röm 15,19) bzw. dem „πλήρωμα der Völker“ (Röm 11,25), um das nur Gott weiß, vorzuarbeiten. Dass seine Kollekten-Reise nach Jerusalem – das „Siegel“ unter seinem Wirken im Raum der Ägäis (vgl. Röm 15,28) –, die Konflikte in der Heiligen Stadt und sein Gefangenentransport nach Rom seine ‚letzte‘ Lebensphase einläuten sollten, wurde erst post factum klar, nach seinem Martyrium in der Hauptstadt des Imperiums. Schwieriger als die vorgeschlagene Periodisierung der paulinischen Wirksamkeit in einen ‚frühen‘, ‚mittleren‘ und ‚späten‘ Paulus gestaltet sich die Frage  Backhaus, Lukas der Maler, 30–66, Zitat 61; vgl. Ders., Spielräume, 1–29.  Hengel/Schwemer, Paulus; vgl. auch Riesner, Frühzeit. 13 Vgl. Konradt, Datierung, 19–39. 14  So Becker, J., Paulus (1998), 99–104; a. a. O., 32, notiert er in seiner Tabelle Lebensdaten des Paulus: „Paulus in Antiochia [–] ab 36/37 (?)“; „Erste selbständige Missionsreise [–] 49–50“. 15 Vgl.  Scott, Paul and the Nations; Riesner, Romans, 101–111; vgl.  auch John, Paulus, Spanien und Kleinasien, 63–81. 11 12

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Michael Theobald

nach möglichen Umbrüchen in seinem theologischen Denken, die dieser Periodisierung entsprechen – die eigentlich spannende Frage im ganzen Diskurs. Kein Zufall scheint es zu sein, dass Paulus seinen Brief an die Römer – eine umfassende Rechenschaft über sein Verständnis des Evangeliums, die nicht polemischer, sondern apologetischer und dialogischer Natur ist – am Übergang von der einen zur anderen Lebensphase geschrieben hat, von der mittleren zur letzten, wie wir nachträglich wissen. Weil sich die Frage nach Wandlungen im paulinischen Denken16 immer wieder am Vergleich des Römerbriefs mit dem 1. Thessalonicherbrief, dem 1. und 2. Korintherbrief und insbesondere dem Galaterbrief entzündet, ist zu erwägen, ob dieser Vergleich nicht unter der Überschrift stehen sollte: Vom mittleren zum späten Paulus. Auf der anderen Seite ist zu erwarten, dass die Beschäftigung mit dem ältesten uns bekannten Paulusbrief, dem 1. Thessalonicherbrief, Formen einer Missionsverkündigung aufdeckt, die bereits für den antiochenischen Paulus charakteristisch waren.17 Auch die späteren Briefe bieten Spuren, die auf seine Wurzeln in Antiochia verweisen.18 Der 1. Thessalonicherbrief selbst repräsentiert eine ‚frühpaulinische Theologie‘, die – so U. Schnelle – „zentrale Themen bzw. Konflikte der späteren Briefe noch nicht voraussetzt“. Sie bedarf als „in sich geschlossene theologische Konzeption“ keiner „ergänzenden Interpretation durch Theologumena“ jener Briefe.19 Auffällig ist die Unschärfe der bei besagten Vergleichen benutzten Beschreibungskategorien: Von ‚Entwicklung‘, ‚Wandlungen‘ und ‚Perspektivwechseln‘ ist die Rede, auch von ‚Widersprüchen‘ und ‚Revisionen‘ früherer Positionen des Paulus oder – vorsichtiger – von situationsbedingten ‚Akzentverschiebungen‘ und ‚Variationen‘ ein und desselben Themas. Unternimmt es eine Paulus-Exegese, exegetische Längsschnitte durch die Briefe des Paulus anhand ausgewählter Themen (Schrift‑ und Gesetzesverständnis, Israel-Theologie, Ethik und Eschatologie etc.) durchzuführen, so soll es Aufgabe dieses Beitrages sein, grundsätzliche Fragen zu stellen, die sich dem polaren Begriffspaar Kohärenz und Kontingenz zuordnen lassen.20

16  Vgl. Hübner, Gesetz; Schnelle, Wandlungen; Theobald, Wandlungen im paulinischen Denken, 504–511; Ders., Geboren aus dem Samen Davids, 1–26. 17  Marxsen, Brief, 17–22. 18  Vgl. Becker, J., Paulus (1998), 109; vgl. auch Theobald, Kanon, 164–225. 19 Schnelle, Paulus (2003), 200; zum Begriff ‚frühpaulinische Theologie‘ verweist er auf Richard, Early Pauline Thought, 39–51, zur inneren theologischen Kohärenz des 1. Thessalonicherbriefes auf Börschel, Konstruktion; vgl. bereits die Überschrift zum 1. Thessalonicherbrief bei Becker, J., Paulus (1998), 138–148: Der 1. Thess als Zeuge antiochenischer Missionstheologie. 20  In Fortführung meines Beitrags in Horn (Hg.), Paulus Handbuch, 512–517.

Kohärenz und Kontingenz

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II. Kohärenz21 wird einzelnen Texten zugeschrieben, was eine hermeneutische Leistung des sie rezipierenden Lesers ist, der sie ihnen bescheinigt oder abspricht.22 Wenn das ‚Denken‘ eines Autors auf der Basis verschiedener Texte aus seiner Feder, die nach Gattung, Ziel und Aussage sehr unterschiedlich sein können, rekonstruiert werden soll, bedarf es eigener Kriterien, an denen zu messen ist, ob er sich kohärent äußert oder nicht, ob er sich selbst widerspricht oder sein ‚Denken‘ sich gewandelt hat. Kontingenz meint gewöhnlich Nicht-Notwendigkeit. Etwas ist kontingent, wenn es auch anders oder nicht sein könnte.23 Kontingent ist nicht gleich ‚zufällig‘ im Sinne des Unbeabsichtigten oder Regellosen. Auch im Kontingenten kann Folgerichtigkeit walten. Aber das Kontingente ist nicht vorhersehbar; es könnte auch ganz anders kommen. Domäne der Kontingenz ist die Geschichte. Bei Paulus sind beiden Pole  – Kohärenz und Kontingenz  – zusammen zu halten. Zwei Extreme, von denen heute vor allem das erste eine lockende Versuchung darstellt, sind zu vermeiden: Paulus ist weder ein Pragmatiker, der seine theologischen Äußerungen variabel den Zielen seines Missionswerks anpasst, noch ein Denker, dem es zuallererst auf ein theologisch kohärentes System ankommt. Weiter führt eine Besinnung auf die Gattung Brief, derer Paulus sich bei seinem ‚Theologie‘-Treiben bedient. Über den Brief als Kommunikationsmittel legt er nirgends Rechenschaft ab.24 Er wird sich wohl auch nicht bewusst zu ihm entschieden haben. Die Briefform legte sich ihm spontan nahe, als er von seinen neu gegründeten Gemeinden getrennt war, die Kommunikation mit ihnen aber aufrechterhalten wollte. Schon sein frühester uns bekannter Brief, der 1. Thessalonicherbrief, belegt eindrucksvoll, wie gekonnt er das Kommunikationsmittel gleich beim ersten Versuch25 einzusetzen wusste, um dann seinen eigenen ‚Briefstil‘ zu entwickeln. Den musste er nicht einfach ‚erfinden‘, es gab Konventionen, an die er anschließen konnte. Auf der einen Seite war der Brief im Netzwerk der Diaspora-Synagogen ein bewährtes Mittel der Kommunikation,26 auf der anderen Seite diente der Brief in philosophischen Kreisen als Träger ethischer Lebenshilfe. Paulus kopierte 21 Kohärenz, lat. cohaerentia, bezeichnet die „Zusammengehörigkeit einzelner Elemente oder Faktoren“ (Hülsmann, Art. Kohärenz, 877); je nach Bezugsebene ist sie von unterschiedlicher Qualität und ‚Dichte‘. 22  Anders wird die Kohäsion eines Textes definiert: ‚Kohäsive‘ Strukturen sind lexikalisch, syntaktisch oder semantisch beschreibbar, weil eine Eigenschaft des Textes selbst (vgl. Becker, E.-M., Kohärenz/Inkohärenz, 329 f.). 23 Brugger, Art. Kontingenz, 1028. 24  Vgl. aber den Reflex 2 Kor 10,10. 25  Auch wenn uns frühere Briefe des Paulus nicht bekannt sind, lässt sich nicht ausschließen, dass es sie gab. 26  So Doering, Jewish Letters; vgl. auch Bauer, Paulus.

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nichts; er entwickelte seine Briefform aus eigenen theologischen Inspirationen heraus. In peripatetischer Tradition werden Briefe gerne als ‚die eine Hälfte eines Gesprächs‘ verstanden.27 Ihre Pragmatik legt deshalb einen „prozessbezogenen Kohärenzbegriff “ nahe, „wobei kommunikative (Situation, Kontext) und kognitive (Sprachbesitz, Wissenshorizont des Rezipienten) Faktoren an Relevanz gewinnen“.28 Ein solches Konzept entspricht Paulus am ehesten, da die Briefe seinem Austausch mit den Gemeinden dienen. Mit H. Weder lässt sich sagen: Paulus treibt Theologie in Briefform.29 Wesentliches Merkmal dieser Theologie ist ihr Bemühen um Kohärenz in kontingenten Situationen. „Die Gestalt von Briefen kann nicht jede Theologie annehmen“, urteilt H. Weder, „deshalb ist der paulinische Brief aufschlussreich für seine Theologie“.30 Ihre Kennzeichen sind Kontextualität, Dialogizität und Unabgeschlossenheit: „Gerade ein Brief ist denkbar ungeeignet, ein abschließendes Wort zu sagen“.31 Hinzu kommt der Wille zur Argumentation, das damit verbundene Ringen um Einverständnis der Adressaten sowie die Öffentlichkeit des Diskurses, die Paulus anstrebt, weil er möchte, dass seine Briefe in der jeweiligen Ekklesia auch vorgelesen werden. Was zeichnet das ‚theologische‘ Nachdenken des Paulus in ‚Briefform‘ im Unterschied zum unmittelbaren Akt der Verkündigung des Evangeliums aus? Was heißt bei ihm überhaupt ‚theologisch‘? Die Füllung dieses der Bibel fremden griechischen Begriffs32 wird man sich von Paulus vorgeben lassen müssen. Formal gesehen folgt er einem rationalen Typ des Umgangs mit dem Glauben (vgl. nur 1 Kor 14,19). Bemüht um den Aufweis von Plausibilitäten, arbeitet er auf der Basis fraglos anerkannter Autoritäten: der ‚Schrift‘ und zitierbarer christologischer Glaubenssätze der frühen ‚judenchristlichen‘ Gemeinde,33 was seinen Ausführungen gemäß antiker Wertschätzung von Argumentation ex auctoritate34 Glaubwürdigkeit sichert. Die Argumentationsmittel des Paulus sind zwar nicht schulmäßig, aber vermittelbar, da sie sich mit Regeln rabbinischer Schriftauslegung und den Topoi griechisch-hellenistischer Rhetorik treffen. Das Moment des Willkürlich-Subjektiven verbannt er aus dem Bereich des Glaubens, weil er davon überzeugt ist, dass das Evangelium selbst „eine innere Denkbewegung des 27  Siehe bei Klauck, Briefliteratur, 149.152; die andere Hälfte fehlt uns bei den Paulusbriefen, von schriftlichen Anfragen etwa in 1 Kor 7,1 ff. abgesehen, auf die der Apostel reagiert. 28  Gansel, Art. Kohärenz/Inkohärenz, 330. ‚Kohärenz‘ ist hier „Folge produktiver und rezeptiver Auseinandersetzungen von Sprachbenutzern mit sprachlichen Äußerungen“. 29  Weder, Hermeneutik, 318–322 [kursiv M. T.]. 30  A. a. O., 318; das gilt auch für den Römerbrief, der nicht situationsgelöst interpretiert werden darf. 31   A. a. O., 320. 32 Vgl. Bayer /Peters, Art. Theologie, 1080–1088. 33  Vgl. Wengst, Christologische Formeln. 34  Quint.Inst.  1,  8,11 f.;  1,  6,2. Andererseits kann z. B. Seneca bei „Auseinandersetzung[en] über die Prädominanz von auctoritas oder ratio“ ein „‚ipse dixit‘ ironisier[en] und zugunsten des Selbstdenkens ablehn[en]“: Veit, Art. Autorität, 725, mit Verweis auf Sen.Ep. 33,7–11.

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Glaubens“ aus sich heraus entlässt, „die sich argumentativ ausweisen kann und soll“.35 Auf ein umfassendes anthropologisches und theologisches Wirklichkeitsverständnis ausgerichtet,36 ist eine solche Denkbewegung des Glaubens damit von vorne herein auf die ‚Kontingenz‘ von Erfahrungen bezogen. Dass Paulus sich in seiner brieflichen Kommunikation um eine kohärente Argumentation bemüht, versteht sich von selbst. Eine andere Frage ist, ob heutige Interpreten jedem Text aus seiner Feder auch ‚Kohärenz‘ zusprechen, was nicht selbstverständlich ist. Auch muss nicht jeder paulinische Text ‚gelungen‘ sein. Wenn Interpreten am Ende ihrer Bemühung, Paulus zu verstehen, dies bezweifeln37 oder gar erklären, er sei in einer zentralen Frage seines Denkens „theologisch gescheitert“,38 ist das immer ihr subjektives Urteil. Der Text selbst kann – besser verstanden – die Revision solcher Urteile erzwingen.

III. Kohärenz-Faktoren auf Einzeltextebene sind Schlüssigkeit, Widerspruchsfreiheit und Plausibilität in der argumentativ-rhetorischen Präsentation eines Textes. Doch woran bemisst sich das? Was treibt Paulus eigentlich um? Was sind die Optionen, die ihn bestimmen, was ist die Mitte seines Denkens? Wer diese Frage stellt, verlässt den einzelnen Text, den einzelnen Brief und nimmt das Briefcorpus des Apostels als Ganzes in den Blick. Dabei ist schon diese Grundfrage strittig. Gibt es wirklich „elementare Linien und Grundentscheide“, die sich bei Paulus durchhalten, „weil sie von einem gemeinsamen Denkansatz herkommen“?39 Oder haben wir es bei seiner ‚Theologie‘ mit einem unsystematischen Gebilde zu tun, dessen Einzelteile unausgeglichen und widersprüchlich nebeneinander stehen?40 „Der Einfluss des […] dialogischen Potentials auf das Wachsen und Werden der paulinischen Theologie ist nicht zu unterschätzen“, erklärt D.  Sänger.41 Dabei sind allerdings Grund Becker, J., Paulus (1998), 399.  Vgl. Theobald, Universalisierung, 354–357; Ders., Adam. 37  Wie bspw. Schmeller, Korinther, 305 f., zu 2 Kor  5,1–10: „Es scheint dem Autor nicht gelungen zu sein, seine (z. T. lehrhaften) Aussagen zur Jenseitserwartung mit seinem apologetischen Anliegen zu einem kohärenten Ganzen zu verbinden. Wie auch immer man sich in den vielen umstrittenen Einzelfragen des Textes entscheidet – es bleiben immer Spannungen mit anderen Textelementen“; ähnlich zu 2 Kor 3,7–18 auf S. 232: „Die Verstockungsaussage [sc. V. 14] ist ein in den Argumentationszusammenhang schwer integrierbarer theologischer Deutungsversuch, den Unglauben des größten Teils Israels zu erklären. Abschließend ist zu wiederholen, was einleitend gesagt wurde: In vielerlei Hinsicht bleibt der Abschnitt ein Rätsel“ [kursiv M. T.]. 38  Wolter, Paulus (2011), 435, zur ‚Israel-Frage‘ (damit ist er nicht weit weg von Kuss, Römerbrief [Bd. 3], 662–667); vgl. Theobald, Paulus, 155–183. 39  Becker, J., Paulus (1998), 395. 40  So R äisänen, Paul and the Law. 41  Sänger, Adressaten, 255. 35 36

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optionen zu postulieren, die jenes ‚Wachsen und Werden‘ erst vorantreiben, weil sie sich immer wieder neu in kontingenten Situationen zu bewähren suchen. Die jüngere Forschung nennt verschiedene Kohärenz stiftende ‚Organisationspunkte‘ paulinischen Denkens, die sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Einige seien kurz skizziert: (1) Des Öfteren erwähnt Paulus seine Berufung vor Damaskus als seine eigentliche Lebenskehre, die ihm die Augen für die wahren Ziele und Werte seines Weges erst geöffnet habe. Sie erscheint dann als ‚Quellort‘ seines späteren theologischen Denkens. Damit wird fraglos dessen Erfahrungsgrundlage deutlich.42 Doch zwei Einschränkungen sind zu machen: Zum einen benutzt Paulus entsprechend der Varianz der Briefsituationen sehr unterschiedliche Deutungsmodelle für jenes Widerfahrnis.43 Zum anderen verbindet er mit der stets diskreten Erinnerung an Damaskus44 einen identitätsstiftenden Diskurs, der es nicht erlaubt, die späteren Artikulationen und Sprachmuster – etwa die ‚Rechtfertigungslehre‘ – historisch direkt auf jenen Ursprungsort zurückzuführen, um ihn dort zu verankern. (2) ‚Organisationspunkte‘ paulinischen Denkens sind die schon erwähnten Glaubensformeln, die in kondensierter Form von Tod und Auferweckung Jesu sprechen wie schon in 1 Kor  15,3–5 in knapper narrativer Form, so dass wir hier die Keimzelle des späteren christlichen Glaubensbekenntnisses vor uns haben. Paulus selbst hat diese Formeln übernommen und gibt sie weiter, davon überzeugt, dass sie so etwas wie das Rückgrat des von ihm proklamierten Evangeliums sind.45 Allerdings gilt auch: Diese Bekenntnistradition ist nicht fix, sie verfügt über eine Variationsbreite, die mit ihren Entstehungskontexten zusammenhängt. Neben ihr kennt Paulus auch Prophetenworte mit Zeitindex, die eine hohe Autorität für ihn besitzen.46 Zur neutestamentlichen Grundlegung des Dogmas47 eignet sich die Bekenntnistradition deshalb nicht. Sie bietet keine Glaubensdefinitionen, sondern geronnene Erinnerung an Gottes Heilshandeln in der Geschichte Jesu Christi, die den Gemeinden zur Orientierung und Stärkung ihrer Identität dienen möchte.

42 Kurz gesagt: Sein theologisches Denken kann immer nur Nach-Denken sein, konkret das Bedenken der vorgängigen Erfahrung, allein durch „Gottes Gnade“ in Jesus Christus berufen worden zu „sein“ (1 Kor 15,10). 43  Vgl. Kollmann, Berufung, 80–91; Broer, Erscheinungen, 57–93. 44  Die Diskretion hängt damit zusammen, dass er nicht einfach seine Person zum Argument machen will, sondern am Beispiel seines eigenen Weges – des eines ‚Apostels‘ – verdeutlichen will, was für alle gilt: die Macht und Andersheit des auferweckten Herrn, der kraft des Glaubens im Leben umstürzend wirkt. 45  Vgl. Conzelmann, Grundriss, 186 f. 46  Siehe Theobald, Prophetenworte, 350–366. 47  So die Teilüberschrift bei Schlier, Kerygma, 206–232.

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(3) Glaubenssätze sind für Paulus immer nur in ihrer Auslegung von Bedeutung, als Sätze, die mit den konkreten Situationen ins Gespräch zu bringen sind. Das heißt: Sie entfalten ihre Orientierungskraft im Kontext des zuerst mündlich ergehenden, dann auch theologisch reflektierten Evangeliums. Das Evangelium ist für Paulus immer ein die Hörer und Adressaten seiner Briefe unmittelbar angehendes Wort, das als solches die Bekenntnistradition übersteigt oder besser gesagt: Das Evangelium bewahrheitet die Bekenntnistradition als kondensierten Niederschlag der erinnerten Großtaten Gottes an Jesus Christus dadurch, dass es durch sie den Christus praesens zu Wort kommen lässt. Daraus folgt, dass auch die Pragmatik des Evangeliums mit zu bedenken ist, wenn dieses als Konstruktionspunkt paulinischen Denkens verstanden werden will. Fundamental ist die parakletische Funktion des Evangeliums (1 Thess 4,18; 5,11) bzw. seine Hoffnung stiftende Kraft, deren Behauptung in der konkreten Situation auch theologisch plausibilisiert werden will  – durch entsprechende ‚aufbauende‘ theologische Argumentation. (4) Die sog. „Rechtfertigungslehre“ ist der übergeordneten Größe Evangelium zugeordnet,48 das sie in kontroversen Gesprächskonstellationen mittels bestimmter Sprachspiele (‚Werke des Gesetzes‘ – ‚Glaube an Jesus Christus‘) expliziert. An diese Gesprächskonstellationen ist sie zurückgebunden. Deswegen kann sie aber nicht als Sekundärphänomen (A. Schweitzer) oder als nur für bestimmte Fronten relevante ‚Kampfeslehre‘ (W. Wrede) relativiert werden. Was Paulus mit ihr in konkreten Situationen auf den Punkt bringt, hat eine über diese hinausreichende Geltung, was daran ersichtlich wird, dass er das Sprachspiel auf seine bleibenden anthropologischen Implikationen hin entfaltet. Freilich hat sie als ‚Rechtfertigungsbotschaft‘ „ihr Lebenselement genau in solchen Auseinandersetzungen […]. Wird sie dagegen zu einer Rechtfertigungslehre gemacht, die den Ansprüchen der kühlen Sachlichkeit genügen mag, wird sie recht eigentlich verflüchtigt“.49 Das zeigt sich auch daran, dass Paulus seine mit der Rechtfertigungsbotschaft verbundene Grundoption in anderen Kontexten anders sagen kann, z. B. in 1 Kor  1–4 mittels des Sprachspiels von der Weisheit Gottes im Kreuz und der Weisheit der Menschen. Ein ganz anderes Sprachspiel ist das der durch die Taufe vermittelten Teilhabe am Tod Christi als Übergang vom Unheil ins Heil, das E. Sanders zum Herz der paulinischen Theologie erklärt hat.50 Ihr eigentliches ‚Herz‘ oder ihre organisierende Mitte dürfte aber eher ihre Rede vom Evangelium sein, die sich vom 1. Thessalonicherbrief bis zum Römerbrief durchhält. 48  Das zeigt die Logik von Röm 1,16 f., aber auch der Themasatz (propositio) des Briefcorpus Gal 1,11 f. oder Gal 2,14 in der Vorordnung vor Gal 2,14b–21. 49  Sänger, Adressaten, 319; ähnlich auch 249: Die Rechtfertigungsbotschaft des Paulus ist „authentische[r] Wahrnehmungs‑ und Interpretationshorizont der paulinischen Anthropologie“. 50  Sanders, Paulus.

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(5) Nach J. Chr. Beker gehört zum kohärenzstiftenden Zentrum paulinischen Denkens der apokalyptische Interpretationsrahmen des Evangeliums unabdingbar hinzu. Er kann nicht als ‚weltanschaulich‘ bedingt abgestreift werden, weil er die kosmisch-universale Weite des in der Mitte der Evangeliumsverkündigung stehenden Glaubens an die Auferweckung des Gekreuzigten als Auftakt einer neuen Welt beinhaltet, in der Gott endgültig „alles in allem“ sein wird (1 Kor 15,28). Es ist dieser ‚Sieg Gottes‘, den Paulus in seiner Evangeliumsverkündigung jeweils situativ zum Zuge bringt: [T]he hermeneutical interaction between the coherent centre of the gospel and its contingency – that is, the manner in which the one gospel of ‚Christ crucified and risen‘ in its apocalyptic setting achieves incarnational depth and relevance in every particularity and variety of the human situation  – constitutes Paul’s particular contribution to the theology.51

IV. Wer die Briefe des Paulus aus der ‚mittleren‘ Phase seines Wirkens52 in ihrer diachronen Abfolge auf Gemeinsamkeiten und Wandlungen hin befragen möchte, um Kohärenz und Kontingenz seiner im Werden begriffenen Theologie genauer zu erkunden, wird deren ‚synoptische‘ Lektüre operationalisieren.53 Dazu seien am Ende Kriterien in Form von Fragen formuliert: (1) (a) Markiert Paulus, dass er von früheren Äußerungen abweicht,54 oder stellt er (b) umgekehrt in neuen Zusammenhängen gezielt Kontinuität zu früheren Äußerungen her?55 (2) Revidiert er frühere Aussagen stillschweigend, erkenntlich vielleicht daran, dass er bereits entfaltete Gedanken nach Art einer retractatio noch einmal aufgreift und neu fasst, die jetzt freilich anderen Adressaten zugedacht werden?56 Lassen sich Gründe für ein solches Verfahren erkennen?  Beker, Paul, 35; vgl. Ders., Sieg Gottes; Ders., Paul’s Theology, 364–377.  Einschließlich des Philipper‑ und Philemonbriefs, die Paulus während seiner Gefangenschaft in Ephesus verfasst hat; vgl. Theobald, Vorgeschichte, 21–50. 53  Die jüngste Paulus-Synopse stammt von Ware, Synopsis. 54 Nach diesem Kriterium bedeutet die Ansage der „Errettung ganz Israels“ durch den Parusie-Christus (Röm 11,26 f.) tatsächlich etwas Neues – gemäß ihrer Qualifizierung als „Geheimnis“ (V. 25), das Paulus auf sein Gebetsringen um die „Rettung“ der Juden (Röm 10,1) hin von Gott offenbart wurde. 55 Z. B. knüpft er in 2 Kor 5,4c – „damit das Sterbliche vom Leben verschlungen werde“ – selbstreferentiell an 1 Kor  15,53 f. an: „denn es muss dieses Vergängliche Unvergänglichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen. Wenn aber dieses Vergängliche Unvergänglichkeit anzieht und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anzieht, dann wird das Wort geschehen, das geschrieben ist: Verschlungen ist der Tod vom Sieg […]“. Weil die Adressaten beider Äußerungen dieselben sind, wird der Bezug bewusst Kontinuität herstellen wollen. 56  Eine derartige retractatio liegt bei der Wiederaufnahme ganzer Motivcluster und Themen 51 52

Kohärenz und Kontingenz

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(3) Hängen Differenzen damit zusammen, dass frühere Aussagen (nicht nur schriftliche; auch mündlich kolportierte sind denkbar) Nachfragen auslösten, vielleicht auch Missverständnisse oder gar polemische Gegnerschaft, so dass Paulus sich von anderer Seite her gezwungen sieht, neu und besser zu formulieren?57 (4) Erklären sich differente Formulierungen von der Situation der Adressaten58 bzw. auch der des Paulus her?59 Musste Paulus mit Rücksicht auf die eingetretene Lage zuvor Gedachtes anders formulieren? aus dem Galaterbrief im Römerbrief vor; vgl. die Synopse von Gal 5/Röm 7 f. in Theobald, Concupiscentia, 250–276,255–257. Beachtlich ist Röm 9,22, wo Paulus den gegen die Ἰουδαῖοι gewendeten Gerichtstopos aus 1 Thess 2,16c (ὀργή) noch einmal aufgreift und jetzt auf neuer Reflexionsstufe durchdenkt; zumeist wird übersehen, dass hier eine Wiederaufnahme von 1 Thess  2,15 f. vorliegt, und behauptet, Paulus habe in Röm  9–11 seine frühere Polemik stillschweigend widerrufen; vgl. Theobald, Gottesbilder, 135–177,144–146. 57 Das Argumentationsgefälle der beiden mutmaßlich letzten Schreiben, Galater‑ und Römerbrief, ist insgesamt stark von ihrer jeweiligen ‚Situation‘ (vgl.  Kriterium 4) bestimmt: Während Paulus im Galaterbrief gegenüber dem Versuch judaisierender Christen, den von ihm bekehrten galatischen Heiden das jüdische Identitätsmerkmal der Beschneidung aufzuoktroyieren, das Solus Christus verteidigt, legt er im Römerbrief ohne Polemik und umfassend Rechenschaft über sein Verständnis des Glaubens ab. Dabei reagiert er, wie er selbst sagt (Röm 3,8), auf Verzerrungen seiner Positionen, was die gezielte Aufnahme von Rückfragen im Schreiben (Röm 3,31; 6,1.15 etc.) bestätigt. Kriterium 3 entsprechend stellt das Schreiben – trotz Kontinuität in den Grundentscheidungen – somit eine neue Reflexionsstufe dar, wobei im Hintergrund nicht allein das Echo des Galaterbriefs bei seinen Gegnern, sondern überhaupt das Bild, das von ihm als jüdischem Apostaten kursierte, eine Rolle gespielt haben dürfte. Paulus nutzt die Gelegenheit, sich selbst besser zu erklären – und dies im Vorfeld seiner geplanten Reise nach Jerusalem, Rom und Spanien. Umso weiter er als ‚Apostel der Völker‘ in den Westen auszugreifen gedenkt, umso bedeutungsvoller scheint ihm die Gemeinschaft mit der ‚judenchristlichen‘ Gemeinde Jerusalems zu sein, über die er in Gestalt der biblischen Figur des ‚Restes‘ als Garant der Treue Gottes zu Israel in Röm 11,1–10 auch zum ersten Mal vertieft nachdenkt. Wenn es ‚Wandlungen‘ in seinem Denken gibt, dann gehört dazu die in ihm wachsende Einsicht, wie wichtig für die ἐκκλησία nicht nur die zentrifugale Kraft der in die Völkerwelt ausgreifenden Mission ist, sondern zugleich auch deren bleibende Rückbindung an Jerusalem. 58  Die Einleitung der eschatologischen Kundgabe 1 Kor 15,51 („siehe, ich sage euch ein Geheimnis“) soll vielleicht signalisieren, dass Paulus die Vorstellung von der ‚Verwandlung‘ aller anstelle ihrer ‚Entrückung‘ neu einführt (vgl. Kriterium 1). Der Wechsel könnte indes auch der Situation der Korinther geschuldet sein, da Paulus mit der Erwartung einer Entrückung „den in Korinth virulenten Enthusiasmus“ gestützt hatte, während es ihm aber gerade darauf ankam, „einen ungebrochenen Übergang von der gegenwärtigen in die zukünftige Existenzweise zu verneinen“ (Lindemann, Korintherbrief, 368). Da beides sich nicht ausschließt, dürfte es jener ‚Enthusiasmus‘ gewesen sein, der bei ihm den Umbau seiner eschatologischen Vorstellung bewirkt hat. 59  Was Phil 1 und 2 Kor 5 betrifft, so widerruft Paulus hier nirgends seine ‚Parusie‘-Erwartung (vgl.  im Gegenteil Phil  1,10). In 2 Kor  5,4c knüpft er vielmehr an 1 Kor  15,53 f. an (vgl.  oben Anm. 55), um den Lesern die Kontinuität seiner eschatologischen Optionen anzuzeigen (so Lindemann, Paulus, 373–399). Deshalb scheint es gewagt, mit Phil 1,23 eine ‚Wandlung‘ hin zu einer individuellen Eschatologie belegen zu wollen. Nach Schnelle, Wandlungen, 45, habe der Apostel den Wunsch, „zu sterben und unmittelbar in die himmlische Existenz einzugehen“ (kursiv M. T.). Angesichts der Beobachtung, dass in frühjüdischen Texten unterschiedliche eschatologische Vorstellungen nebeneinander koexistieren können, liegt es näher, Gleiches auch

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(5) Oder formuliert er deswegen anders, weil er selbst inzwischen neu und anders über die Sache denkt? (6) Auch bleibt das Gewicht der zu vergleichenden Aussagen im jeweiligen Zusammenhang zu berücksichtigen. (7) Wer theologische Positionen des ‚frühen Paulus‘60 erheben will, insbesondere aus dem 1. Thessalonicherbrief und auch aus dem 1. Korintherbrief, wird sich anerkannter traditions‑ und überlieferungskritischer Methodik bedienen. Eine solche kommt etwa bei 1 Thess 1,9 f.; 2,12b61 oder 1 Kor 7,19 (vgl. Gal 5,6; 6,15; Röm 2,25 f.) zum Zug. Diese und vielleicht noch weitere Fragen liefern Kriterien, die bei der Entscheidung helfen, ob Vergleiche zwischen differenten Texten tatsächlich zur Annahme von ‚Wandlungen‘ des paulinischen Denkens führen oder nicht. Es ist zu erwarten, dass der ‚mittlere‘ Paulus durch ihre genaue Anwendung auf die synoptisch zu lesenden Texte schärferes Profil gewinnt – vielleicht auch der ‚frühe‘.

Anhang Röm62

1 Kor

2 Kor

Phil

1,17 1,19–22 2,25–27 2,29 (7,6)

4,1–25

1 Thess

3,11 1,21 7,19

5,6; 6,15 3,6

Themen Rechtfertigung

4,5

Gotteserkenntnis Beschneidung/ Unbeschnitten-Sein Geist und Buchstabe

3,9–19 3,20.21.28

Gal

3,9

3,22a

Universalität der Sünde

2,15 f.; 3,24

Rechtfertigung

3,6–29

Abraham

für Paulus anzunehmen, so Hoffmann, Die Toten in Christus, 313 f., der hier den Gedanken eines „Zwischenzustands“ wiederfinden möchte. Der Grund für Phil 1,23 dürfte in der Situation des Paulus zu suchen sein, nämlich in seiner Gefangenschaft, die ihn mit dem Tod als unmittelbar drohender Gefahr konfrontierte. 60  In unserer Definition, siehe oben unter I. 61  Zu der hier angedeuteten ‚Theologie der Erwählung‘ oder des ‚Rufs‘ vgl. auch 1 Thess 1,4; 4,7; 5,9. Vgl. Becker, J., Erwählung, 82–101. Konradt, Antipauliner, 681 f., hält fest, „dass Paulus, wie er an manchen Stellen selbst sagt, ein Empfangender war (s. z. B. 1 Kor 15,3). An vielen Stellen kann man dabei nur begründet mutmaßen. So ist es, um nur ein Beispiel anzuführen, durchaus plausibel, dass sich im 1. Thessalonicherbrief mit seiner starken Gewichtung der Erwählungsvorstellung manches findet, was man in Antiochien so oder so ähnlich auch sonst formulierte. Sicher wissen kann man dies aber nicht“. 62 Die Synopse wurde auf der Basis des Römerbriefs erstellt; für Themen, die nicht in ihm begegnen, bedürfte es synoptischer Tabellen auf der Basis vor allem des 1. und 2. Korintherbriefs; etwa zur Unterhaltsfrage (1 Kor 9,6–18; 1 Thess 2,9 f.), der Trias Glaube – Liebe – Hoffnung (1 Kor 13,13; Gal 5,6; 1 Thess 1,3; 5,8) oder der Frage der Starken und Schwachen (1 Kor 8; Röm 14,1–23) etc.

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Kohärenz und Kontingenz Röm62

1 Kor

5,10 f. 5,12–21

2 Kor

Phil

Versöhnung

5,4

Überkleidet-Werden 3,10

6,6 15,56 f.

3,27

Taufe

2,19 f.; 6,14

Mit-Gekreuzigt

5,17

Unheilsmächte

8,3 f.

4,4 f.

8,4– 11.12 f.

5,16– 18.24 f.

8,15–17

Sendung des Sohnes 4,8

4,6 f.

8,23.29

3,18

9,6–9 9,1163

Gleichgestaltung mit Christus

9,22 11,26 12,4–31

12,9–21 12,9.21

13; 14,1 16,14

Geist/Fleisch Adoption/Erbschaft

3,20 f. 4,21–31

12,3–8

Themen Christus/Adam

6,3–5

1,4

Kinder Abrahams Erwählung

2,16c 1,10

Zorn über die Juden Der kommende Retter Charismen

6,9 f.

13,8–10

5,13–15

14,1–15,6 8,1–13; 10,23–11,1 15,20 f.

1 Thess

15,21 f. 45–49 15,53 f.

7,7–25

Gal

5,18 f.

4,9 5,15

Agape Gut und Böse64 Liebesgebot/ Tora Starke und Schwache

10,15 f.

Missionsgrundsatz des Paulus

 Vgl. mit anderem (nämlich Israel‑) Bezug Röm 11,5.7.28; vgl. oben Anm. 57.  In den Vergleich gehört auch die kontextuelle Stellung der aufgeführten Verse: Sie begegnen durchweg am Anfang bzw. Ende eines paränetischen Absatzes. 63 64

Gibt es Neues zur Frage nach Authentizität und Datierung des 1. Thessalonicherbriefs? Eckart David Schmidt I. Die klare und nachhaltige Mehrheitsposition Man muss sich gar nicht auf den ‚aktuellen Stand‘ oder die vielbeschworene – und auch immer etwas modeverdächtige und transitorische – ‚jüngere Exegese‘ der letzten Jahre oder Jahrzehnte der Paulusforschung beschränken; man kann gut und gerne die letzten knapp 150 Jahre Paulusforschung berücksichtigen: In Einleitungstexten zum 1.  Thessalonicherbrief ist seit H. J.  Holtzmanns (1832– 1910) frühesten einschlägigen Veröffentlichungen aus den 1870er Jahren – und das heißt spätestens seit Zurückweisung der skeptischen Thesen F. Chr. Baurs (1792–1860) und seiner Schule, aber vielfach selbst schon davor – fast durchgängig dasselbe zu lesen, sei es in Lehrbüchern wie neutestamentlichen Einleitungswerken, Spezialkommentaren zum 1. Thessalonicherbrief, Darstellungen der paulinischen Theologie oder sonstigen einschlägigen Publikationen, sei es im deutschsprachigen oder angelsächsischen Bereich, sei es in fachtheologischen oder allgemeinverständlichen Publikationen. Autoren, deren Werke in mehreren oder gar vielen Auflagen teils über Jahrzehnte hinweg neu überarbeitet und publiziert wurden, sahen keine Veranlassung, ihre Einschätzung der Dinge zu den Einleitungsbasisfragen zu 1. Thessalonicher zu ändern (so etwa in den Einleitungen von P. Feine und den späteren Mitarbeitern bis hin zu W. G. Kümmel, weiterhin bei U.  Schnelle oder I.  Broer sowie in Kommentaren wie etwa von L. Morris): Der 1. Thessalonicherbrief wurde von Paulus (samt seinen Mitabsendern Silvanus und Timotheus) im Jahr 50 oder 51 n. Chr. höchstwahrscheinlich von Korinth aus verfasst. Vertreter für diese These finden sich so zahlreich, dass sich Einzelnachweise fast erübrigen.1 1  Die heutige Datierung von 50 oder 51 nehmen u. a. vor (in chronologischer Reihenfolge): Frame, Thessalonians, 9 (1912); Feine, Einleitung, 16 (11913); Morris, Thessalonians, 26 (11959); Feine/Behm/Kümmel, Einleitung, 181 f. (141965); Grayston, Thessalonians, 53 (1967); Best, Thessalonians, 11 (1972; trotz etlicher eingestandener Schwierigkeiten dieser Datierung, s.  a. a. O., 8–11); Vielhauer, Geschichte, 88 (1975); Jewett, Chronologie, unpag. Faltblatt mit Zahlenstrahl am Buchende (1982, orig. engl. 1979); Marxsen, Thessalonicher, 14 (1979); Köster, Einführung, 545 (1980); Bruce, Thessalonians, xxxiv (1982); Kümmel, Einleitung, xxx (211983); Holtz, Thessalonicher, 19 (1986); Jewett, Correspondence, 51–53.60 (1986); Becker, Paulus, 137 (11989); Morris, Thessalonians, 12–14 (1991); Riesner, Frühzeit, 323.368 (1994);

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Im späten 19. Jahrhundert und bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein datierte man den 1. Thessalonicherbrief gerne minimal später: G. Lünemann etwa datierte ihn im Jahre 1850 auf 53 n. Chr.2 und berief sich dabei auf K. Wieselers damals ganz neue ausführliche Chronologie des apostolischen Zeitalters.3 H. J. Holtzmann ließ den 1. Thessalonicherbrief in seinem Artikel zu den Thessalonicherbriefen in D. Schenkels Bibel-Lexikon (1875) 52 n. Chr. oder 53 n. Chr., spätestens 54 n. Chr. geschrieben sein;4 unwesentlich später datierte er den Brief in seinem Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in das Neue Testament (11885), nämlich 53 n. Chr., spätestens 54 n. Chr.5 Genaue Angaben zur Herleitung dieser Datierung macht er an diesen beiden Stellen nicht. W. Bornemann (1894) und E. v. Dobschütz (1909) datierten den Brief auf 52 n. Chr.6 Die Datierung der Chronologie des Paulus erfolgte damals aufgrund der bekannten Regierungs‑ und sonstigen Daten der römischen Kaiserhistorien sowie der Angaben in der Apostelgeschichte und den paulinischen Briefen. Für die Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs bot sich damit als terminus ad quem Oktober 54, der Tod des Claudius, an. Die weiteren Daten folgten der Datierung des Todes Jesu sowie dann den teils dem Neuen Testament entnommenen, teils geschätzten Angaben zu Zeiträumen für Reisen und Aufenthalten aus der mutmaßlichen Vita Pauli. Während man heute den Tod Jesu meist auf 30 datiert,7 datierte man ihn damals häufig etwas später: In demselben Lexikon wie H. J. Holtzmann seinen Artikel zu den Thessalonicherbriefen schrieb, verfasste etwa A. Hausrath (1837– 1909) den Artikel zu Paulus (1872) und baute die Datierung der gesamten relativen paulinischen Chronologie auf dem angenommenen Todesjahr Jesu 35 auf.8 Schnelle, Einleitung, 63 (11994); Roloff, Einführung, 101 (1995); Brown, Introduction, 457 (1997); Reinmuth, 1.  Thessalonicher, 108 (1998); Haufe, Thessalonicher, 13–15; Klumbies, Studien, 19 (1999); Malherbe, Thessalonians, 73 (2000); Broer, Einleitung, 349 (12001); Laub, Thessalonicherbriefe, 833 (2001); Schnelle, Paulus, 178 (2003); Pokorný/Heckel, Einleitung, 206 (2007); Schreiber, 1. Thessalonicherbrief, 390 (2008); Fee, Thessalonians, 5 (2009; er datiert relativ früh „circa 49 or 50 CE“); Pilhofer, Das Neue Testament, 121 (2010); Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 172 (2012); Landmesser, Thessalonicherbrief, 166 (2013); Schreiber, Chronologie, 159 f. (2013); Ders., 1. Thessalonicher, 50 (2014); Broer, Einleitung, 327 f. (42016); Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 64 (2016); Roose, Thessalonicherbrief, 4 (2016); Schnelle, Einleitung, 65 (92017). Auch Wanamaker, Thessalonians, 30 (1990), akzeptiert augenscheinlich diese Datierung, obwohl er einer der ganz wenigen Forscher ist, die den 2. Thessalonicherbrief vor den 1. Thessalonicherbrief datieren. 2  Vgl. Lünemann, Thessalonicher, 8 f. 3  Vgl. Wieseler, Chronologie des apostolischen Zeitalters, 40–65. 4  Vgl. Holtzmann, Art. Thessalonicher, 509. 5  Vgl. Holtzmann, Einleitung, 234. 6  Bornemann, Thessalonicherbriefe, 11–39 (Tabelle mit Jahresangaben 17 f.; ausführlich zur relativen Chronologie 19–39); von Dobschütz, Thessalonicherbriefe, 17. 7   Vgl. z. B. Back, Prozesse, 474; Broer, Einleitung (2016), 301; Dunn, Jesus Remembered, 325.783; Meier, Marginal Jew (Bd. 1), 386–402; Schnelle, Paulus (2003), 34; Schreiber, Lebensdaten, 269.275; Strotmann, Jesus, 65; Theiẞen/Merz, Jesus, 154. 8  Vgl. insbes. Hausrath, Art. Paulus, 411.

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W. Bornemann datierte den Tod Jesu in das Jahr 33.9 K. Wieseler allerdings hatte ihn bereits auf 30 datiert.10 Will heißen: Auch im 19. Jahrhundert waren die Datierungsdifferenzen zum 1. Thessalonicherbrief minimal. All den genannten Autoren gilt der 1. Thessalonicher auch als authentischer Paulusbrief. Exemplarisch seien vier Paulusforscher aus der jüngsten Zeit zitiert: U.  Schnelle schreibt in seiner Einleitung in das Neue Testament lapidar: „Die paulinische Verfasserschaft des 1 Thess wurde nie ernsthaft bezweifelt. Bereits Ignatius von Antiochia kannte den 1 Thess (vgl. 1 Thess 5,17/IgnEph 10,1), und der Kanon Muratori führt ihn als Paulusbrief an“.11 Mag dieser (alleinstehende) Verweis auf die altkirchlichen Texte etwas verwundern, stellen auch andere Neutestamentler fest, wie z. B. J. A. D. Weima: „First Thessalonians belongs to the category of letters that the academic community unanimously judges to be unquestionably Pauline“.12 Oder G. D.  Fee: „Such denial [of the Pauline authorship of 1 Thessalonians] faces enormous historical difficulties – so much so that one wonders, ‚Why bother?‘“13 Oder Chr. Landmesser: „Der 1. Thessalonicherbrief ist der älteste erhaltene Brief des Paulus. Seine Echtheit ist nicht umstritten“.14 Die Herleitung dieser Datierung kann ebenfalls als überaus stabil gelten. Lediglich die Ausführlichkeit, mit der die Argumentation wiedergegeben wird, variiert natürlich (die inhaltlichen Schwankungen hingegen betreffen nur Monate).15 Gegenüber den bereits im 19. Jahrhundert verwendeten Angaben (s. soeben) steht heute hierfür die 1905 publizierte und heute im Archäologischen Museum von Delphi ausgestellte sog. „Gallio-Inschrift“ als einzige außerbiblische Quelle für eine absolute Datierung der Vita Pauli zur Verfügung und erlaubt eine noch präzisere Datierung.16 Die Abfassungszeit ist nur gemeinsam mit dem Abfassungsort zu besprechen. Die Angaben aus dem 1.  Thessalonicherbrief liefern folgendes Bild: Nach 1 Thess  2,17 f. wäre Paulus nach überstürzter Abreise aus Thessalonich gerne  9 Vgl. Bornemann,

Thessalonicherbriefe, 17.  Vgl. Wieseler, Chronologie des apostolischen Zeitalters, 11, mit Verweis auf Ders., Synopse, 389.481. 11 Schnelle, Einleitung (2017), 64. 12  Weima, Thessalonians, 40. 13 Fee, Thessalonians, 4. 14  Landmesser, Thessalonicherbrief, 165. 15  Dies gilt sogar für Ansätze, die den 1. Thessalonicherbrief als kompiliertes Schreiben verstehen, zuletzt bei Richard, Thessalonians, 11 f., und Murphy-O’Connor, Paul (1996), 106– 110. Diese literarkritischen Ansätze aus der Mitte der 1990er Jahre haben sich in der Forschung nicht durchgesetzt, vgl. hierzu Schmidt, E. D., Eschaton, 125–132. Es gilt allerdings nicht für andere Etappen der paulinischen Vita, wie insbesondere der Datierung des Apostelkonvents, der von R. Jewett und – im Anschluss an ihn – J. Murphy-O’Connor erst auf Oktober 51 datiert wird. 16  SIG3 II 801D; deutsche Übersetzung (des rekonstruierten Textes) jetzt auch in Schröter / Zangenberg, Texte, 334. Vgl. hierzu Börstinghaus, Gallio-Inschrift; Koch, Geschichte, 567– 571. Für weitere Lit. s. ebd. 10

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möglichst schnell zu der noch jungen Gemeinde zurückgekehrt, doch sah er sich „vom Satan“ daran gehindert. Von Athen aus habe er (gemeinsam mit Silvanus?) daher Timotheus zu den Thessalonichern gesandt. Dieser ist nach 1 Thess 3,6 wieder zurückgekehrt und hat gute Nachricht über das geistliche Leben der Gemeinde überbracht, so dass Paulus nun einen frohgemuten Brief schreibt. Von wo aus genau er den Brief schreibt, geht aus 1 Thess selbst nicht hervor. Man ist daher auf Kombination mit Angaben aus der Apostelgeschichte angewiesen: Apg 17 nennt nach Thessaloniki als Reisestationen Beröa, Athen und Korinth. Von diesen drei Städten scheidet Beröa als Abfassungsort für den 1. Thessalonicherbrief aus, da Timotheus’ Botenreise erst von Athen aus erfolgte. Außerdem scheint Paulus’ Aufenthalt in diesem Ort auch nicht lang gewesen zu sein (V. 14: εὐθέως δὲ τότε τὸν Παῦλον ἐξαπέστειλαν οἱ ἀδελφοί). Auch in Athen predigt Paulus, und es kommt zu einigen Bekehrungen (vgl. 17,34), doch finden wir im gesamten Neuen Testament keinen Hinweis auf einen längeren Aufenthalt oder eine Gemeindegründung in dieser Stadt. Der Aufenthalt in Korinth hingegen soll 18 Monate gedauert haben (18,11). Schon rein zeitlich gesehen hat Korinth also die größere Wahrscheinlichkeit als Abfassungsort für den 1. Thessalonicherbrief für sich. Ein weiteres Argument, das für Korinth spricht, folgt aus 1 Thess 1,7.8, wo Paulus den Glauben der Thessalonicher lobt, der bereits auf die Gläubigen „in Mazedonien und in der Achaia“ ausgestrahlt habe. Bei Abfassung von 1 Thess hatte sich die paulinische Botschaft also auch in der Achaia bereits ausgebreitet, und dies schließt jedenfalls besser die Gemeinde der Hauptstadt, Korinth, ein und bezieht sich nicht nur auf die Einzelgläubigen in Athen, das als civitas libera et foederata ohnehin nur geographisch, nicht aber verwaltungstechnisch zur Provinz der Achaia zählte (Plin.Ep. 10, 92,1).17 Hierzu kommt, dass Paulus auch an anderen Stellen (als totum pro parte) von der „Achaia“ sprechen kann, wenn er die Gemeinde in Korinth meint (z. B. Röm  15,26; 2 Kor  9,2; hierzu ferner auch Apg 18,27; 1 Kor 16,15). Paulus’ Aussage schließlich, „sie“ – also er selbst und Silvanus, je nach Interpretation der Pluralform – seien willens gewesen, „in Athen allein zurückzubleiben“ (1 Thess 3,1), klingt ebenfalls, als sei dies bereits aus einer Perspektive außerhalb Athens verfasst. Apg  18,5 notiert dann, dass Silas und Timotheus aus Mazedonien nach Korinth gekommen seien, wo sich Paulus bereits aufgehalten habe. Diese Notiz kann als Fortsetzung der Szene von 1 Thess 3,1–6 verstanden werden18 – dies allerdings cum grano salis, da nach 1 Thess 3,1–6 ausschließlich Timotheus nach Thessalonich gesandt worden sein soll,19 wohingegen nach Apg 18,5 beide Mitapostel aus Mazedonien zu Paulus zurückkehren. Jedenfalls waren alle drei Männer erst wieder in Korinth vereint, was wiederum die gemeinsame Verfasserangabe in 1 Thess 1,1 gut erklärt. Eine  Vgl. vom Brocke, Art. Athen, 140; Lintott, Imperium, 147 f.; Thomasson, Art. Achaia,

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38.

 So Malherbe, Thessalonians, 72.  Gegen Bruce, Thessalonians, xxxv.

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Datierung nach dem Aufenthalt in Korinth, was gemäß Apg 18,19 eine Abfassung von Ephesus aus bedeuten würde, oder gar noch später, passt kaum noch mit der „kurzen Zeit“ der Entfremdung nach 1 Thess 2,17 zusammen. Akzeptiert man also Korinth als Abfassungsort des Briefes, lässt sich aufgrund der Gallio-Inschrift ein ziemlich enges Zeitfenster für die absolute Datierung ermitteln.20 Diese Inschrift beinhaltet eine Antwort des Kaisers Claudius auf eine Anfrage eben desjenigen Gallio, Prokonsul/Statthalter (ἀντύπαθος) der Achaia, einer (unter Claudius wieder) senatorischen Provinz,21 vor den nach Apg 18,12 Paulus von „den Juden einmütig“ vorgeführt wird. In dem (rekonstruierten) Text dieser Inschrift wird zwar nicht das Regierungsjahr des Claudius genannt, er wird aber als zum 26. Mal zum Imperator akklamiert bezeichnet. Das Datum dieser 26. Akklamation ist nicht genau bekannt, jedoch ist aufgrund anderer Inschriften zu erschließen, dass die 22. bis 24. Akklamation innerhalb seines elften Regierungsjahrs (also zwischen dem 25. Januar 51 und dem 24. Januar 52) und die 27. Akklamation vor dem 1. August 52 erfolgt sein muss.22 Dies macht für die 26. Akklamation Frühjahr 52 wahrscheinlich und legt die Datierung der besagten Inschrift auf Claudius’ 12. Regierungsjahr, also 25. Januar 52 bis 24. Januar 53, nahe. Die Amtszeit eines Statthalters in einer senatorischen Provinz begann wahrscheinlich jeweils am 1. Juli23 und dauerte üblicherweise 12 Monate, wonach sich also Gallios Prokonsulat von Juli 51 bis Juni 52 erstreckt haben müsste. Auch diese Datierung genießt schon seit langem sehr breite Akzeptanz in der Forschung.24 Gemäß Apg  18,11 weilte Paulus 18 Monate in Korinth. Als Extremmöglichkeiten überschnitten sich diese 18 Monate knapp mit dem Anfang oder mit dem Ende von Gallios Prokonsulat. Frühestens kann sich Paulus’ Aufenthalt in 20  Vgl. am gründlichsten bei Malherbe, Thessalonians, 71–74; dazu auch bei Bruce, Thessalonians, xxxivf.; von Dobschütz, Thessalonicherbriefe, 17–20; Fee, Thessalonians, 4 f.; Holtz, Thessalonicher (1986), 19–23; Williams, Thessalonians, 9–11. 21  Vgl. Eck, Leitung; Ders. Provinz, insbes. 178–185. 22  CIL III 476 für die 22. Akklamation im 11. Regierungsjahr; CIL III 1977 für die 24. Akklamation im 11. Regierungsjahr; CIL VI 1256 für den 1. August 52 als späteste Datierung der 27. Akklamation im 12. Regierungsjahr, vgl. Koch, Geschichte, 569 mit Anmn. 7.8. 23  Diese Information wird in der einschlägigen Literatur als gegeben hingenommen. Sie muss aus einer Anordnung des Tiberius erschlossen werden, die bei Dio 57 14,5 erwähnt ist. Nach dieser Anordnung sollten die künftigen Prokonsuln Italien spätestens bei Junineumond verlassen (andere Übersetzungen geben den 1. Juni an; das relevante Wort bei Dio ist νουμηνία). Der Grund für diese Festsetzung wird von Dio ebenfalls genannt: Es sollte vermieden werden, dass die abzulösenden Prokonsuln über ihre Zeit hinaus im Amt bleiben müssten, während sie noch auf die Ankunft ihrer Nachfolger warteten. Unter Claudius wurde der Termin für das vorgeschriebene Abreisedatum dann auf spätestens den Aprilneumond (oder den 1. April [wieder νουμηνία], Dio 60 11,6) bzw. auf Mitte April (πρὶν μεσοῦν τὸν Ἀπρίλιον, Dio 60 17,3) vorverlegt. Wiederum wird der Grund für diese Vorverlegung genannt: Die vorbestimmten Prokonsuln hatten die Angewohnheit, zu lange noch in Rom zu verweilen (11,6). Die Implikation aus diesen Terminen ist damit die Gewährleistung einer lückenlosen Amtsübergabe – wahrscheinlich am 1. Juli (vgl. Riesner, Frühzeit, 184; Taylor, Empire, 2485, Anm. 248). 24 Selten wird auch ein Jahr später angenommen, also Juli 52 bis Juni 53, so etwa bei Fee, Thessalonians, 4.

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Korinth also von Februar 50 bis Juli 51 erstreckt haben, spätestens Juni 52 bis November 53.25 Es empfiehlt sich allerdings, zwischen der Ankunft des Paulus in Korinth und der Klage vor Gallio (Apg 18,12) ausreichend Zeit für die Eskalation des Aufruhrs einzukalkulieren, bevor der Streit vor Gallio gebracht werden konnte. Ebenso sind zwischen dem Gallio-Verhör und der Abreise des Paulus aus Korinth noch die – wiederum etwas vagen – ἡμέραι ἱκαναί (Apg 18,18) zu veranschlagen. Die Verwertung des bekannten Claudius-Edikts zur Vertreibung der Juden aus Rom zur näheren Datierung von 1.  Thessalonicher ist zwar insofern problematisch, als dessen Datierung selbst schlecht zu verifizieren ist.26 Geht man allerdings von der traditionellen Datierung 49 aus, stärkt dies auch für Paulus’ Aufenthalt in Korinth ein eher frühes Datum innerhalb des genannten Zeitfensters: Denn nach Apg 18,2 kommen Priscilla und Aquila aufgrund des Ediktes von Rom nach Korinth, und zwar nur προσφάτως, also kurze Zeit vor Paulus’ eigener Ankunft in der Stadt. Ist das Ehepaar 49 aus Rom vertrieben worden und nach Korinth ausgewandert, würde die erwähnte „kurze Zeit“, die Paulus später in die Stadt kam, am ehesten seine Ankunft im Sommer oder Herbst 50 bekräftigen – mit einer Ungenauigkeitsspanne von wenigen Monaten.27 Wie bereits erwähnt: Diese Argumentation findet sich in unterschiedlicher Ausführlichkeit, aber sachlich mit beinahe nur vernachlässigbarer Varianz in sämtlicher der oben genannten Literatur.28 Es lässt sich somit zur Frage der Datierung und Situationsbestimmung des 1. Thessalonicherbriefs mit Fug und gewissem Recht sagen: ‫ואין כל־חדשׁ תחת השׁמשׁ‬.

II. Die Kritik Gerd Lüdemanns Wer zu einer derart überwältigenden Mehrheitsmeinung eine Alternativposition vertritt, steht nicht nur sachlich, sondern auch wissenschaftsbiographisch vor einer gewaltigen Herausforderung. Ihr hat sich G. Lüdemann gestellt und mit seiner damaligen Habilitationsschrift zur Pauluschronologie (1980) eine Alternativdatierung zum 1. Thessalonicherbrief vorgelegt. Effektiv folgt aus dieser eine Ausdehnung der Angaben zur paulinischen Mission in Gal 1,17–2,1 bereits nach Europa bis hin zu Korinth und damit die Vordatierung von 1. Thessalonicher um  Vgl. die übersichtliche Graphik in Koch, Geschichte, 570.  Suet.Cl. 25,4; deutsche Übersetzung jetzt auch in Schröter /Zangenberg, Texte, 28 f. Oros.Hist. 7, 6,15, datiert im 5. Jahrhundert (!) dieses Edikt in das neunte Jahr der Regierungszeit des Claudius, also auf 49. Vgl. hierzu ausführlich bei Riesner, Frühzeit, 139–180; zusätzlich Koch, Geschichte, 125–127; Verheyden, Missionsreise, 110 f. 27  Diese Herleitung der Datierung über die Gallio-Inschrift findet sich auch schon in älteren Kommentaren, etwa bei Frame, Thessalonians, 9; Morris, Thessalonians (1959), 25 f.; Ders., Thessalonians (1991), 13; Best, Thessalonians (1972), 11; Williams, Thessalonians, 9 f. u. v. a. 28  S. Anm. 1. 25 26

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ca. ein Jahrzehnt, also auf 41.29 G. Lüdemann folgte damit Überlegungen u. a. von J. Knox aus dem Jahre 1950.30 Trotz G. Lüdemanns ausführlichen Begründungswerks wurde und wird sein Datierungsvorschlag sehr mehrheitlich abschlägig rezipiert;31 häufig genug wurde und wird er in der Literatur gleich ganz übergangen (was natürlich mit dem Umfang korreliert, in dem sich insbes. kürzere Kommentare, Einleitungen ins Neue Testament o. ä. der Datierungsfrage überhaupt widmen). Insbesondere unmittelbar nach dem Publikwerden von G. Lüdemanns These, also in den 1980er Jahren, wurde er aber auch einige Male positiv aufgegriffen,32 der m. W. letzte Autor, der sich ihm anschloss, war K. P. Donfried mit Publikationen bis 2002.33 G. Lüdemann selbst hat seine Datierung gegen die so gut wie durchgängige Einheitsmeinung bis hin zu seinem jungen Kurzkommentar zu diesem Brief (2012) konsequent beibehalten.34 Seine Neukonstruktion der paulinischen Chronologie beginnt mit einer Kritik gegen die harmonisierende Vermischung von Daten aus der Apostelgeschichte und den Paulus-Briefen. Seiner Meinung nach sei die Apostelgeschichte insgesamt nicht historisch verwertbar; die Aufstellung der paulinischen Chronologie sei ausschließlich auf denjenigen Daten zu bauen, die aus den Paulus-Briefen selbst gewonnen sind. Gegen die Verwendung von Daten aus der Apostelgeschichte hat er prinzipiell einzuwenden: (1) Die chronologischen Angaben der Apostelgeschichte zur Verknüpfung von Episoden sind häufig vage und unpräzise (z. B. ἐν δὲ ταῖς ἡμέραις ταύταις, 6,1; κατ’ ἐκεῖνον δὲ τὸν καιρὸν, 12,1; ἐγένετο δὲ κατὰ τὸν καιρὸν ἐκεῖνον, 19,23), offensichtlich hatte Lukas an einer präzisen Chronologie insgesamt kein ausgeprägtes Interesse. 29 Lüdemann,

Paulus (Bd. 1). Chapters, insbes. 74–88 (mit Vorarbeiten aus den 1930er Jahren); für weitere Lit. s. Lüdemann, Paulus (Bd. 1), 15 f. Anm. 3. 31 Vergleichsweise ausführlich bei Broer, Einleitung (2016), 309–312; Holtz, Thessalonicher (1986), 21–23; Jewett, Correspondence, 53–58 (zu J. Knox), 58 f. (zu G. Lüdemann); Riesner, Frühzeit, 18–21; kürzer bei Haufe, Thessalonicher, 16; Malherbe, Thessalonians, 73 f.; in einigen, jeweils kürzeren Exkursen bei Schnelle, Einleitung (2017), 41 f.; Schreiber, Lebensdaten, 271; Becker, Paulus (1989), 132 (ohne G. Lüdemann namentlich zu nennen); in einem Satz abschlägig bei Wanamaker, Thessalonians, 37. 32  So etwa bei Löning, Stephanuskreis, 96–100; Schade, Christologie, 173–175. 33  Donfried, Theology, 9–12 (1993); Ders., Paul, 73–76.104 f.110–112. Seine Hauptargumente fassen diejenigen G.  Lüdemanns zusammen: Ausdehnung der Reisegegenden „Syrien und Kilikien“ (Gal  1,21) auch auf Europa; Ausdeutung von ἀρχὴ τοῦ εὐαγγελίου (Phil  4,15) mit Bezug auf den Anfang der Evangeliumsverkündigung in Philippi (also Europa); Apg 18 verbinde zwei oder mehr Aufenthalte in Korinth; Frühdatierung des Claudius-Edikts auf 41. Obwohl er in den genannten Abschnitten vielfach im Potentialis spricht, entscheidet er sich am Ende für eine Datierung am Ende „in the general period of Paul’s first visit in Corinth, i. e., ad 41–44“ (Theology, 12). 34  Lüdemann, Der älteste christliche Text. 30 Knox,

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(2) Etliche Daten der Weltgeschichte im lk. Doppelwerk sind bekanntermaßen inkorrekt, wie der Zensus (Lk 2,1 f.), die Datierung von Hannas und Kaiphas als Hohepriester (Lk 3,2; Apg 4,6), die Motivation der Festnahme Johannes des Täufers (Lk 3,19 f.) u. a. m. (3) Schließlich geht Lukas insgesamt stark redaktionell mit seinen Daten um, um daraus nach theologischen Kriterien eine heilsgeschichtliche Komposition zu konstruieren. Aus all dem hat man nach G.  Lüdemann eine grundsätzliche Skepsis und Zurückhaltung gegenüber historischen Angaben im Lukasevangelium und der Apostelgeschichte zu folgern. Die Konstruktion der sog. drei paulinischen Missionsreisen sei im Kontext der lk. Heilsgeschichte als lukanisch-redaktionell ohne historische Zuverlässigkeit einzustufen; die selbständige Missionstätigkeit des Paulus erst nach dem Apostelkonvent habe die (theologisch-heilsgeschichtliche, nicht historisch-chronologische) Funktion, „die Zeit des Paulus als Zeit der Kirche mit der heiligen Vergangenheit [zu] verzahn[en] und aus ihr [zu] legitimier[en]“.35 Da es nun aber methodisch unzulänglich sei, Daten aus der Apostelgeschichte zur Konstruktion der Paulus-Chronologie dann zu nutzen, wenn sie zu anderweitig aus paulinischen Briefen bekannten Daten passen, sie ansonsten aber als apologetisch, redaktionell oder schlicht irrtümlich außer Betracht zu lassen – wozu man aber gezwungen sei –, seien sie zur Konstruktion einer Paulushistorie konsequenterweise ganz außer Betracht zu lassen. (4) Zusätzlich bezweifelt G.  Lüdemann auch die traditionelle Datierung des Claudius-Ediktes auf 49 n. Chr., da der einzige Zeuge hierfür zu spät liege (Orosius, s. o.). Überzeugender sei, das Edikt mit der bei Dio Cassius  60,  6,6 erwähnten „kaiserlichen Maßnahme im Zusammenhang von Judenunruhen in Rom“ gleichzusetzen und damit auf 41 zu datieren.36 Nun wird man einigen dieser exegetischen Entscheidungen auch heute noch nach fast 40 Jahren folgen können bzw. müssen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf G. Lüdemanns Bedenken hinsichtlich Lukas’ Umgang mit historischen Daten der Weltgeschichte und grundsätzlich zu seiner Art der Geschichtsschreibung unter Verquickung mit theologischen Interessen.37 In anderen Entscheidungen ist G. Lüdemanns Kritik an der traditionellen Exegese wohl doch als überzogen und zu pauschal einzustufen: Bei der Motivation der Festnahme Johannes des Täufers z. B. steht bestenfalls Aussage gegen Aussage (vgl. Flav.Jos.Ant. 18, 118).38 Aus der Verwendung von vagen Zeitangaben und Zäsuren an manchen Stellen lässt sich keine prinzipiellen Unglaubwürdigkeit von genauen Zeitangaben an  Lüdemann, Paulus (Bd. 1), 38 f. Paulus (Bd. 1), 183–195, Zitat: 24. 37  Vgl. hierzu klassisch Conzelmann, Mitte, worauf auch G. Lüdemann rekurriert; etwas später Plümacher, Lukas. An jüngerer Literatur Bauspieẞ, Geschichte; Plümacher, Geschichtsschreibung; Schröter, Lukas. Jetzt ganz neu wieder Becker, Birth. 38  Vgl. Wolter, Lukasevangelium, z. St. 35

36 Lüdemann,

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anderen Stellen ableiten (wie dem 18monatigen Aufenthalt des Paulus in Korinth). Die unterschiedliche Darstellung der Paulusfigur in der Apostelgeschichte und den paulinischen Briefen ist nicht einseitig zu Lasten der Apostelgeschichte auszuwerten: zweifellos haben beide Verfasser ihre theologischen Tendenzen und Intentionen und tragen sie an unterschiedlichen Stellen in ihre Schriften ein. In Bezug auf die Paulus-Chronologie und Datierung des 1. Thessalonicherbriefs müsste also nachgewiesen werden, dass die hierfür relevanten Angaben aus der Apostelgeschichte, also die Reiseroute des Paulus von Thessalonich über Beröa und Athen nach Korinth, die Aufenthaltsdauer des Paulus in Korinth sowie der Prozess vor Gallio dem Verdacht theologischer Apologetik oder Polemik unterliegen. Und was die Datierung des Claudius-Ediktes anbelangt, berichtet Dio Cassius  60,  6,6, dass Claudius die römischen Juden gerade nicht aus der Stadt ausgewiesen, sondern ihnen nur ein Versammlungsverbot auferlegt habe. Ist es also wirklich überzeugender, diese frühere Begebenheit mit der Judenvertreibung aus Rom zu identifizieren als der Datierung des Orosius zu folgen? Schwerlich.39 – Andererseits bleiben natürlich tatsächlich ein paar Eintrübungen der Argumentationsklarheit der ‚Traditionsposition‘ wie diejenige, dass nach 1 Thess 3,1–6 ausschließlich Timotheus nach Thessalonich gesandt worden sein soll,40 wohingegen nach Apg 18,5 beide Mitapostel aus Mazedonien zu Paulus zurückkehren, oder das prinzipielle Problem wahlweiser Nutzung und Kombinierung von Daten unterschiedlicher Textkorpora mit unterschiedlichen Aussageinteressen. Wie sieht es mit G. Lüdemanns Exegesen zu Paulus selbst aus? Seine Textausdeutungen zielen darauf ab, eine frühe selbständige Missionstätigkeit und eine frühere Europa-Reise des Paulus schon vor dem Apostelkonvent anzunehmen. Paulus sei mit Barnabas im Rahmen des antiochenischen Missionswerks auch in den Süden der Provinz Galatien gekommen, sei anschließend allein nach Europa weitergereist und so auch nach Philippi und Thessalonich gekommen. Von dieser tatsächlich ersten Europareise des Paulus stamme der 1. Thessalonicherbrief. Die Vorteile dieser Frühdatierung zur Ausdeutung von 1. Thessalonicher lägen darin, die theologischen Differenzen zwischen diesem und den weiteren Paulusbriefen, insbesondere das Fehlen der Gesetzesthematik, besser erklären zu können sowie den Umstand, warum aktuelle Todesfälle in der Gemeinde im Angesicht der noch vorhandenen Naherwartung dazu geführt haben, die eschatologische Frage offenbar ganz neu zu stellen.41 G. Lüdemanns Hauptargumente sind folgende: (1) Aus Gal 1,21 geht nicht zwingend hervor, dass Paulus in den 14 Jahren vor dem Konvent (Gal 2,1 ff.) ausschließlich in Syrien und Kilikien war. Vielmehr ist  So auch Broer, Einleitung (2016), 312.  Gegen Bruce, Thessalonians, xxxv. 41  Vgl. hierzu Schmidt, E. D., Eschaton, 181–193. 39 40

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der gesamte Abschnitt als rhetorisches Exordium und als Narratio zu deuten, wonach für die unmittelbare Argumentation unwesentliche Details ausgelassen werden konnten oder sogar sollten.42 (2) Die doppelte Verwendung des griechischen Namens Πέτρος in Gal 2,7.8 statt der sonst bei Paulus verwendeten gräzisierten Fassung des hebräischen Namens Κηφᾶς sowie die für Paulus ungewöhnliche Gegenüberstellung der griechischen Begriffe ἀκροβυστία vs. περιτομή weisen darauf hin, dass diese beiden Verse traditionell seien. Sie gehen auf einen Sprachgebrauch vor dem Konvent zurück, sind dort bestätigt worden und belegen damit die Existenz hellenistischer Gemeinden davor.43 (3) Gal 2,6 ist dahingehend zu verstehen, dass dem Paulus im Gegensatz zu Barnabas keine weiteren Missionsauflagen gestellt worden seien. Denn (nur) Barnabas war in Antiochien von gemischtkulturellen Themen (also zum Zusammenleben von Christen jüdischen und nicht-jüdischen Ursprungs in einer Gemeinde) betroffen (vgl. die Regelungen in Apg 15,22–29), in Paulus’ (praktisch) ausschließlich hellenistischen Gemeinden waren diese Themen hingegen ohne Belang. Frühere hellenistische Gemeindegründungen durch Paulus sind daher vorausgesetzt. Die Begleitung des Paulus durch den Hellenen Titus, der zudem nicht zur Beschneidung gezwungen wurde (obwohl einige der Judenchristen dies offensichtlich wünschten, vgl. Gal 2,3), bekräftigt diese Sicht.44 (4) Konkret die Gründung der korinthischen Gemeinde ist besser vor dem Konvent zu datieren als später. Denn aus 1 Kor  16,1–4 geht hervor, dass die Kollekte (oder wenigstens ihre konkrete Durchführung) noch nicht beim korinthischen Gründungsaufenthalt besprochen wurde, sondern erst brieflich im 1.  Korintherbrief selbst. Dieser Befund ist am besten dahingehend zu deuten, dass der Jerusalemer Kollektenauftrag (Gal 2,10a) bei der Gründung der korinthischen Gemeinde noch gar nicht bestand. Und selbst wenn er zu dieser Zeit bereits bestand, Paulus aber der korinthischen Gemeinde davon nichts gesagt hätte, könnte er seine Bemühungen um die Kollekte kaum mit ἐσπούδασα (2,10) beschreiben.45 (5) Die Aoristformen ἐνεργήσας und ἐνήργησεν (Gal  2,8) deuten auf eine Aufteilung der Missionsgebiete bereits vor längerer Zeit hin. Das diesen Vers und die Parenthese einleitende γάρ deutet darauf hin, dass Paulus mit der Aufteilung der Missionsgebiete eine Information einspielt, die den Galatern bereits bekannt ist.46 (6) Der Antiochenische Konflikt Gal  2,11–14 ist gegen die Reihenfolge im Galaterbrief vor dem Jerusalemer Treffen mit Jakobus, Petrus und Johannes in 42 Lüdemann,

Paulus (Bd. 1), 79–83. 86–94. 44   A. a. O., 98–101. 45 A. a. O., 110–149, insbes. 113.139. 46   A. a. O., 93. 43  A. a. O.,

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Gal 2,1–10 zu datieren; dieses hat überhaupt erst anlässlich des Antiochenischen Konflikts stattgefunden. Denn inhaltlich sind die Probleme in Antiochien und die Themen in Jerusalem so ähnlich, dass eine kausale Verbindung plausibel erscheint. Paulus hat den Bericht vom Konvent vorgezogen, weil die dort erzielten Ergebnisse für Paulus „nicht den letzten Rückhalt für die galatischen Auseinandersetzungen geben konnten“.47 Nochmals ist die theoretische Stütze für diese Annahme bei Quint.Inst. 4, 2,83 zu finden, wonach die Ereignisse in einer Narratio für gewisse rhetorische Effekte auch umgeordnet werden können.48 (7) Die ἀρχὴ τοῦ εὐαγγελίου Phil 4,15 bezeichnet den Beginn der paulinischen Mission in Europa, „da Paulus seine im Ausgang von Mazedonien unternommene Mission in Griechenland als Anfangsperiode seiner evangelistischen Tätigkeit ansieht“, und ist nicht – wie sonst üblich – i. S. v. „nachdem ich bei euch zum ersten Mal das Evangelium verkündigt habe“ zu verstehen.49 (8) Stoff der ersten Reise des Paulus nach Korinth – im Jahre 41 – wurde von Lukas mit Stoff aus der herkömmlich sog. zweiten Missionsreise in Apg 18,1–17 – im Zeitraum der Jahre 50–52 n. Chr. – verquickt. Grund hierfür liefern G. Lüdemann mehrere literarkritische Erwägungen: Der Abschnitt VV. 2–11 hat für ihn keinerlei inneren Zusammenhang mit dem Abschnitt VV. 12–17. Denn a) die Zeitangabe von 18 Monaten (V. 11) „bezieht sich offenbar auf die [in] V. 2–8 berichtete Periode“.50 b) Die Notiz von Gallios Prokonsulat zur nämlichen Zeit (V. 12) setzt so abrupt ein, als ob sie einen neuen Abschnitt einleite und noch nichts zuvor über Paulus Aufenthalt in Korinth berichtet worden wäre. c) Der Abschnitt VV. 12–17 ist auch aus sich heraus, also ohne die VV. 2–11, voll verständlich. d) In V. 8 heißt der Synagogenvorsteher Krispus, in V. 17 hingegen Sosthenes. Die Annahme einer gleichzeitigen Amtierung mehrerer Synagogenvorsteher ist unhistorisch;51 dass aufgrund der Hinwendung des Krispus zum Christusglauben ein anderer Synagogenvorsteher eingesetzt wurde, ist ein nicht aus dem Text hervorgehender Harmonisierungsversuch. G. Lüdemann schlussfolgert: M. E. ist es am wahrscheinlichsten, daß Lukas eine Tradition vorfand, die einen Besuch Pauli in Korinth mit der Person des Gallio zusammenbrachte, und diese dann – im Sinne seiner Theologie – zur Episode eines Nicht-Prozesses[52] gegen Paulus vor Gallio komponierte. Möglicherweise ist Lukas aus derselben Tradition auch die Person des Sosthenes zugeflossen, der im Anschluss an den Nicht-Prozeß von den Korinthern verprügelt wird.53  A. a. O., 101–105, Zitat: 104. 77–79. 49  A. a. O., 139–148, Zitate: 146.142; für Belege zu dieser Lesart ebd. Anm. 180. 50   A. a. O., 177. 51  Dagegen führt G. Lüdemann die Belege bei Bill. IV, 145 ff. an. 52  Mit diesem Ausdruck möchte G. Lüdemann verdeutlichen, dass es in Apg 18,12–16 nicht zu einem eigentlichen Prozess gegen Paulus kommt. 53  Lüdemann, Paulus (Bd. 1), 179. 47

48  A. a. O.,

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e) Auch Apg 18,2–4 sowie die VV. 5–7 stammen aus unterschiedlichen Traditionen. Für G. Lüdemann ist Paulus also im Rahmen seiner in Gal 1,21 erwähnten Reisen bereits nach Europa gekommen und habe dort auch die Gemeinden in Thessalonich und Korinth gegründet. Die Motive des Gallio und Sosthenes entstammen alter Paulustradition, die Lukas im Rahmen seiner Theologie mit späteren Europareisen des Paulus – insgesamt drei – verquickt hat.54 Was ist zu einer solchen Konstruktion – vielleicht auch gerade auf die Distanz von 40 Jahren seit Abfassung – zu sagen? Zweifellos sind G. Lüdemanns Textbeobachtungen engagiert und detailliert, beinahe schon gewitzt. Man folgt gerne seinem detektivischen Spürsinn, mit dem er die altgewohnten Denkmuster auf ungewohnte Weise neu ordnet. Doch wie schwer wiegen seine Argumente? Zu (1) Die Reiseangabe „Syrien und Kilikien“ (Gal 1,21) praktisch durch „und Europa“ zu ergänzen, ist jedenfalls und mindestens eine sehr weitreichende Konjektur und – was diesen Vers anbelangt – ein reines argumentum e silentio. Eine wahrscheinliche Lösung ist dies gewiss nicht, denn die Erwähnung einer selbstständigen Mission in Europa hätte Paulus für seine Aussageabsicht in Gal 1,10–24 gerade geholfen und es ist kaum einsichtig, warum er eine so weite und bedeutende Missionsreise verschweigt, wenn er gegenüber den Galatern die Rechtmäßigkeit seiner eigenen Mission bekräftigen will.55 Zu (2) Die sprachlichen Beobachtungen G. Lüdemanns zu Πέτρος vs. Κηφᾶς sowie ἀκροβυστία vs. περιτομή in Gal  2,7.8 sind auch anderen Exegeten und Galater-Kommentatoren aufgefallen. Tatsächlich sind diese beiden Verse die einzigen Belege für den griechischen Namen Πέτρος in den paulinischen Briefen, während sich Κηφᾶς deutlich häufiger findet (im Einzelnen in 1 Kor 1,12; 3,22; 9,5; 15,5; Gal 1,18; 2,9.11.14). Ist dies aber ein hinreichendes Indiz für den unpaulinischen Charakter von Gal 2,7 f.? Unmöglich ist das freilich nicht.56 Doch müsste, diesen Fall gesetzt, daraus wirklich eine hellenistische Mission des Paulus zur Zeit vor dem Konvent folgen? Zudem sind wortstatistische Argumente für eine literarkritische Operation, wie sie G. Lüdemann vornimmt, aus heutiger Sicht wohl ganz allgemein am ehesten als ‚altmodisch‘ zu bezeichnen. Und dies ist an dieser Stelle gar nicht polemisch gemeint, sondern als Erinnerung daran, dass auch die Exegese zeitgeschichtlichen Strömungen und ‚Moden‘ unterliegt. Man ist heute insgesamt skeptischer gegenüber literarkritischen Analysen wie der vorliegenden. Zu (3) In der Argumentation zu den auf dem Konvent aufgestellten Regeln fällt zum einen auf, dass G. Lüdemann selbst eine Kombination von Angaben aus dem Galaterbrief und der Apostelgeschichte vornimmt, die er ursprünglich   A. a. O., 174–180.  Vgl. so auch Haufe, Thessalonicher, 16. 56  Vgl.  die Argumentationen etwa bei deSilva, Galatians, 182  Anm. 168; Longenecker, Galatians, 55 f.; Martyn, Galatians, 212; Schlier, Galater, 77 Anm. 2 (ausführlich). 54 55

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als methodisch unstatthaft zurückgewiesen hatte: Er konstruiert mit Hilfe von Apg  15,22–29 einen Gegensatz zwischen den Auflagen gegenüber Paulus und den vermuteten gegenüber Barnabas. Zum anderen scheint mir das Adversative, das G.  Lüdemann in die Formulierung ἐμοὶ γάρ (Gal  2,6) hineinliest, überargumentiert – wenngleich zugegebenermaßen nicht undenkbar. Zu (4) In Bezug auf 1 Kor 16,1 konzediert G. Lüdemann selbst, dass seine Lesart zu diesem Vers nicht ausreicht, um die Unkenntnis der Korinther über die Kollekte an sich nachzuweisen oder selbst nahezulegen, sondern nur Unkenntnis über die von Paulus gewünschte konkrete Durchführung. Das einleitende περὶ δέ legt eher nahe, dass Paulus die Kenntnis von der Kollekte an sich bereits voraussetzen kann. „Spätestens im Vorbrief muss Paulus zur Aktion aufgerufen haben; jetzt ist nur noch die Art und Weise der Sammlung zu regeln“.57 1 Kor 16,1 spricht also nicht nur nicht an sich für G. Lüdemanns Position, sondern durchaus gegen sie. Zu (5) G. Lüdemanns Ausdeutung der simplen Aoristformen ἐνεργήσας und ἐνήργησεν (Gal  2,8) ist gewiss überlastet.58 Man beobachte an dieser Stelle G. Lüdemanns Formulierung. Er schreibt: Aus der Zeitform des Aorist geht hervor, daß das Betrautsein Pauli und Petri mit der Heiden‑ bzw. Judenmission zu einem bestimmten, wohl länger zurückliegenden Zeitpunkt vor dem Apostelkonvent erfolgte.59

Jedoch weist das vorsichtige Adverb ‚wohl‘ darauf hin, dass die Aoristformen alleine die zeitliche Distanz, auf die G. Lüdemann abhebt, gerade nicht anzeigen. Auch die Konjunktion γάρ weist in keiner Weise auf eine Kenntnis der Galater davon hin, dass es sich bei dieser Regelung um eine viel weiter zurückliegende Abmachung handelt. Dass die beiden mit der jeweiligen Mission betraut sind, ergibt sich vielmehr aus der für jedermann erkennbaren Wirksamkeit des Auferstandenen in ihrem Wirken.60

Zu (6) Auch bei Quintilian wird die Umordnung der Ereignisse aus rhetorischen Gründen nur in Ausnahmefällen konzediert (wie G. Lüdemann selbst auch eingesteht). Reicht die Verlegenheit des Paulus angesichts der Ergebnisse in Jerusalem, die G. Lüdemann ihm unterstellt, hierfür aus? Mehr als eine konziliante Möglichkeit wird man hierfür kaum in Anspruch nehmen können. Noch viel wichtiger aber ist – und dies ist das zweite Argument –, dass es kaum einsichtig erscheint, auf die Daten der Ereignisgeschichte des Lukas zu verzichten, weil diesem ein zu freier Umgang mit historischen Daten vorgeworfen werden muss, wenn nun genau derselbe Vorwurf auch gegen Paulus zu richten ist. M. Hengel ist zudem der Meinung, die Berufung auf die Handbücher der Rhetorik sei 57 Zeller, Korinther, 531; ebenso bei Lindemann, Korintherbrief, 375. Näheres zur Kollekte bei Zeller, Korinther, 531–534. 58  So auch Broer, Einleitung (2016), 312. 59 Lüdemann, Paulus (Bd. 1), 93 (Kursivsetzung E. S.). 60  Broer, Einleitung (2016), 312.

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zur Analyse eines paulinischen Textes abwegig, „denn Paulus hat kaum solche gelesen“. Er ergänzt mit seiner typisch spitzen Zunge: „Er folgt den Regeln des gesunden Menschenverstandes und setzt solchen bei seinen zeitgenössischen (von den modernen konnte er nichts ahnen) Lesern voraus“.61 Zu (7) Die Deutung der ἀρχὴ τοῦ εὐαγγελίου in Phil 4,15 mit Bezug auf den Beginn der paulinischen Mission in Europa und nicht auf die Gemeinde in Philippi ist möglich, aber nicht zwingend. Die Interpretationen zu dieser Wendung gehen stark auseinander.62 Zu (8) An G.  Lüdemanns Behandlung von Apg  18,1–17 lässt sich nochmals ablesen, was bereits unter Punkt (2) zu beobachten war: Literarkritik dieses Detailgrads sind heute wenigstens als ‚altmodisch‘ zu bezeichnen und unterliegen stark dem Verdacht der Willkür. F. W. Horn hatte sich in einer Festschrift zu W. Schmithals eigens zu einer auch von diesem intensiv praktizierten Literarkritik von Paulusbriefen geäußert (2004) und zusammengefasst, dass nicht „gegenwärtiges Empfinden“ das Kriterium für die einem einheitlichen Text zugestandenen „Gedankensprünge, Abweichungen, Themenwechsel, Wiederholungen [oder] Spannungen“ sein dürfen, sondern Einsichten der Epistolographie.63 Diese Erkenntnis zu ignorieren ist das Risiko, das G. Lüdemanns Konstruktion an diesem Punkt trägt. Fazit: Es lässt sich als G. Lüdemanns vielleicht ein bisschen vergessenes Verdienst die mahnende Erinnerung daran festhalten, auf welch – vergleichsweise – schwachen (wenn man denn so will) Befund die Konstruktion der (absoluten) paulinischen Chronologie ruht: nämlich auf nur einem einzigen Datum, eben der Gallio-Inschrift, die zudem nicht mit dem paulinischen Schriftgut direkt, sondern nur mit der Apostelgeschichte zu verknüpfen ist und deren Zuverlässigkeit an der Zuverlässigkeit gemessen werden muss, die man der historischen Akkuratheit des Lukas als Historiker insgesamt – und dann eben im vorliegenden Detail – zubilligen möchte. Die Datierung schon des zweiten in Frage kommenden Datums, der claudischen Judenvertreibung aus Rom, ist noch instabiler, da quellenkundlich noch fragwürdiger. Nichtsdestotrotz ist von G. Lüdemanns Detailinterpretationen keine wirklich zwingend; sie sind bestenfalls ‚möglich‘ (2, 3, 7), einige auch schlicht – in unterschiedlichem Maße – unüberzeugend (1, 4, 5, 6, 8). In jedem Falle fehlt das positive Argument, das für G. Lüdemanns Ansatz spricht. So wird man kaum umhinkommen, G. Lüdemanns Textausdeutungen auch aus der Distanz von 40 Jahren als spannend, kühn, aber letztlich nicht plausibel einzuschätzen. Zu gewagt sind die Hypothesen und literarkritischen Operationen, mittels derer sie erkauft sind.64 61 Hengel/Schwemer,

Paulus, 316 Anm. 1308.  Vgl. die Lit. in Reumann, Philippians, 660; zudem Haufe, Thessalonicher, 16; Hawthorne, Philippians, 203 f. 63 Horn, Literarkritik, 130. 64  Vgl. Haufe, Thessalonicher, 16. 62

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III. Annahme eines pseudepigraphen Schreibens in der Mitte des 19. Jahrhunderts Eine ganz andere Situation ergibt sich, wenn die Abfassung von 1. Thessalonicher gar nicht dem Apostel Paulus zugesprochen, sondern als pseudonymes Schreiben verstanden wird. Die Infragestellung der Authentizität des 1. Thessalonicherbriefs ist bis heute stark mit dem Namen des noch von unterschiedlichen Strömungen der idealistischen Philosophie beeinflussten65 F. Chr. Baurs verbunden. Nachdem der 2. Thessalonicherbrief bereits im ganz frühen 19. Jahrhundert von dem Gießener Professor J. E. C. Schmidt (1772–1831) dem Verdacht der Inauthentizität unterstellt worden war,66 äußerte allerdings schon ein knappes Jahrzehnt vor F. Chr. Baur K. Schrader,67 Pfarrer von Hörste (heute zu Halle/Westfalen), im letzten, dem fünften Band seiner Monographie-Reihe Der Apostel Paulus (1830–1836) deutliche Differenzen zwischen dem 1. Thessalonicherbrief und den anderweitig von Paulus bekannten Briefen. K. Schraders kritische Beobachtungen bzw. Überlegungen waren die folgenden: (1) In 1 Thess  3,13 bezeichnet Paulus Christen nicht als ‚Heilige‘ wie sonst, sondern als ‚Engel‘; die Bezeichnung der Christen als ‚Heilige‘ fehlt unter den Paulinen nur im 1. Thessalonicher‑ und 2. Thessalonicherbrief. (2) 1 Thess  2,16 ist gut bei Abfassung erst nach der Zerstörung Jerusalems denkbar. (3) Die Sprache im 1. Thessalonicher ist „von den übrigen Briefen verschieden[ ], etwas breit[ ], nicht so kräftig[ ] und gar nicht, wie sonst bei Paulus, in ein bestimmtes Verhältniß mit jedem Worte eingreifend[ ] und ihr Ziel treffend[ ]“. (4) „[E]inige Ansichten“ differieren von den sonstigen paulinischen Schriften. Diese Verschiedenheiten seien auch nicht durch die Annahme des 1. Thessalonicherbriefs als Erstlingsprodukt des Apostels zu erklären. (5) Der Brief enthält „fast nur Reminiscenzen [ ], wie die Briefe an Timotheus und Titus“.68 Insbesondere die Punkte (3), (4) und (5) bleiben bei K.  Schrader denkbar vage. Er präzisiert weder die beobachteten sprachlichen Auffälligkeiten noch die angeblich von den sonstigen Paulusbriefen unterschiedlichen „Ansichten“, und es ist nur zu vermuten, dass er mit den „Reminiszenzen“ alttestamentliche Reminiszenzen, d. h.  – zutreffenderweise  – das Fehlen von direkten alttestamentlichen Zitaten im 1. Thessalonicherbrief anspricht.69 Auch die Konsequenz, 65  Vgl. hierzu Berger, Exegese, 27–48; Zachhuber, Baurs Schellingrezeption; Ders., Theol­ ogy as Science, 52–71. 66 Vgl. Schmidt, J. E. C., Einleitung, 255–257, aber auch schon Ders., Vermuthungen. 67  Lebensdaten unbekannt. 68  Vgl. Schrader, Paulus (Bd. 5), 23 f., Zitate: 24. 69  Vgl. hierzu jetzt Öhler, Rezeption; sowie im vorliegenden Band den Beitrag von M. Tiwald.

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1. Thessalonicher (ebenso wie 2. Thessalonicher) als nicht authentisch einzustufen, schlussfolgert er insgesamt überaus vage: „[m]öglich wäre es immer“,70 so wie auch der gesamte Abschnitt nur beiläufig im Kontext der Kommentierung zu 1 Thess  3,13 positioniert ist. Punkt (1) ist daher vermutlich diejenige Textauffälligkeit, die K.  Schrader überhaupt zum Nachdenken über eine etwaige fehlende Authentizität des Briefes geführt hat. Diese – vom Textbefund her zutreffende – Auffälligkeit hätte allerdings auch schon beim damaligen Kenntnisstand der jüdisch-hellenistischen Literatur – ja selbst schon des Alten Testaments (Ps 89,6.8; Hi 15,15; Dan 4,10; Sach 14,5 u. v. m.)! – statt als Argument gegen die paulinische Autorschaft des Briefes auch anders ausgewertet werden können.71 Es bleibt daher als stärkstes Argument K. Schraders Punkt (2) zu 1 Thess 2,16. Und in der Tat ist es der Abschnitt 1 Thess 2,(13).14–16, zu dessen Erklärung sich literarkritische Modelle am längsten gehalten haben.72 Bleibt damit K. Schraders Vorstoß etwas unterbestimmt, ist es insgesamt nicht verwunderlich, dass die Baur’sche Kritik im Laufe des 19. Jahrhunderts stärker beachtet wurde und entsprechend wirkungsreicher war. F. Chr. Baur führte sie in seiner großen Paulus-Monographie von 1845 aus.73 Die zweite, von seinem Schüler E. Zeller (1814–1908) posthum herausgegebene, nun zweibändige Auflage von 1866 brachte in diesem Abschnitt keine Neuerungen.74 F. Chr. Baurs Argumente sind folgende: (1) Der 1. Thessalonicherbrief hat keinen oder einen nur geringen theologischen Gehalt. Er ist lediglich eine allgemeine, teils beinahe belanglose Kontaktaufnahme und eine Sammlung allgemeiner Ermahnungen, zeigt aber nicht den theologischen Tiefgang wie die Hauptbriefe des Apostels. (2) Der 1. Thessalonicherbrief beinhaltet eine ganze Reihe von Reminiszenzen aus anderen Paulusbriefen, insbes. den Korintherbriefen, sowie der Apostelgeschichte, die am besten als Imitation zu erklären sind: 1 Thess 1,5 ist „augenscheinlich“ 1 Kor 2,4 nachgebildet; 1 Thess  1,6 der Stelle 1 Kor  11,1; 1 Thess  1,8 ist analog zu Röm 1,8; 1 Thess 2,4 f. fasst nur die in den Korintherbriefen ausgesprochenen Grundsätze zusammen (1 Kor 2,4; 4,3 f.; 9,15 f.; 2 Kor 2,17; 5,11);

 Schrader, Paulus (Bd. 5), 23. Diskussion ausführlich Schmidt, E. D., Eschaton, 334–345, insbes. die Belege in den Anm. 1341–1343. 72 Mit am gründlichsten und nachhaltigsten von Pearson, 1  Thessalonians  2,13–16. Zur Diskussion vgl. Crüsemann, Briefe, 37–39; Green, Thessalonians, 29–33; Malherbe, Thessalonians, 164; Schmidt, E. D., Eschaton, 115–117 Anm. 598; Schnelle, Einleitung (2017), 68 f.; Wanamaker, Thessalonians, 29–37. Weima, Thessalonians, 41–46. Vgl. auch S. 21 f. in diesem Beitrag mit Anm. 94. 73  Vgl. Baur, Paulus (1845), 480–492. 74  Vgl. Baur, Paulus (1866, Bd. 2), 94–107, zuzüglich allerdings des Anhangs in Bd. 2, 341–369, der einen Aufsatz F. Chr. Baurs aus dem Jahr 1855 abdruckt, in dem er die These von der Inauthentizität des 1. Thessalonicherbriefs verteidigt. 70

71 Vgl. zur

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die Wendung τοῖς ἔθνεσιν λαλῆσαι ἵνα σωθῶσιν75 ist zur Beschreibung der Evangeliumsverkündigung des Apostels untypisch, erinnert aber umso mehr an Apg 14,1; 16,6.32; 18,9 u. a. m. (3) Auffällig ist der Abschnitt 1 Thess 2,14–16, der zwar inhaltlich mit der Apostelgeschichte übereinstimmt,76 für Paulus aber ganz untypisch ist, indem er die Judenchristen den Heidenchristen als Muster vorhält und von Christenverfolgung in Judäa spricht, deren Hauptexponent er doch schließlich selbst gewesen ist. Die Judenpolemik ist überdies für Paulus viel zu allgemein und äußerlich und atmet vielmehr das Gepräge des Vorwurfs des odium generis humani: diese Verse sind also ebenfalls klar mit der Apostelgeschichte im Hintergrund verfasst. Die angedrohte Strafe in 1 Thess 2,16 schließlich (ἔφθασεν δὲ ἐπ’ αὐτοὺς ἡ ὀργὴ εἰς τέλος) ist am besten als Hinweis auf die Zerstörung Jerusalems zu verstehen. (4) Der Brief stilisiert sich als nur kurze Zeit („wenige Monate“) nach der Gemeindegründung und Verabschiedung des Apostels aus Thessalonich verfasst. Die in dem Brief vorausgesetzte Situation hingegen setzt ein deutlich höheres Alter der Gemeinde voraus: Wieso muss der Apostel die Gemeinde an so vieles erinnern, wenn es ihnen doch noch im frischen Andenken sein muss? Wie kann die noch junge Gemeinde in so kurzer Zeit bereits zum Vorbild nicht nur in Mazedonien und der Achaia geworden sein, sondern ihr Glaube sogar ἐν παντὶ τόπῳ […] ἐξελήλυθεν (1,8)? Wie kann die in der Gemeinde praktizierte christliche Tugend bereits als eine sich über ganz Mazedonien erstreckend bekannt geworden sein (4,9)? Wie kann Paulus so schnell so große Sehnsucht nach der Gemeinde verspürt haben und sogar bereits zweimal versucht haben, wieder zu ihr zurückzukehren (2,17; 3,10)? Sollten so schnell Ermahnungen zu einem ruhigen arbeitsamen Leben nötig gewesen sein (4,11 f.)? Für F. Chr. Baur klingen in diesen Reiseplänen die Korintherbriefe nach. (5) Die Empfehlung des Briefes und Aufforderung zur Verlesung in 1 Thess 5,27 (sowie auch 2 Thess 2,2.15; 3,17) impliziert eine so hochstehende Wichtigkeit des Schreibens in der Einschätzung des Autors, die „es für den Apostel unmöglich schon haben konnte“77. Dieser Vers stammt deutlich aus einer Zeit, in der man in paulinischen Briefen bereits „ein Heiligthum“ sah.78 (6) F. Chr. Baurs am breitesten ausgeführtes Argument aber bezieht sich auf die eschatologischen Vorstellungen im Abschnitt 1 Thess 4,14–18: Grundsätzlich ist die Vorstellung von und die Lehre zur Parusie Christi durchaus als apostolisch denkbar, denn sie schließt gut an 1 Kor  15,52 (ferner auch an 15,23–28.51) an,

 Gemeint ist 1 Thess 2,16. ist Apg 17,6, wobei F. Chr. Baur die Historizität auch dieser Notiz in Frage stellt. 77  Baur, Paulus (1845), 491. 78  Ebd. Noch stärkere Differenzen zur Eschatologie des 1. Korintherbriefs nimmt F. Chr. Baur im 2. Thessalonicherbrief wahr (a. a. O., 487–491), doch kann dies an dieser Stelle unberücksichtigt bleiben. 75

76 Gemeint

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und freilich beinhalten Paulusbriefe Elemente und Motive des zeitgenössischen Judentums, so auch in diesem Falle der Apokalyptik. Auf der anderen Seite muss man sich aber doch sehr hüten, einem Manne, welcher die Schranken des nationalen Bewußtseyns auf ’s kräftigste durchbrochen, und auf einen vom Judenthum so wesentlich verschiedenen Standpunkt sich erhoben hatte, mehr Jüdisches zuzuschreiben, als mit entschiedenen Gründen nachgewiesen werden kann.79

Und so gehen die apokalyptischen Motive in 1 Thess  4,14–18 mit ihrem Detailreichtum so weit über die allgemeinen Vorstellungen in 1 Kor 15,23–28.51 f. hinaus, dass sie Paulus kaum mehr zugesprochen werden können. Als Belege hierfür nennt F. Chr. Baur dann allerdings nur zwei: das Motiv von der „απάντησις ἐν νεφέλαις“ (1 Thess 4,17, dort wrtl. ἁρπάζειν) und das des Antichristen als endgültigen Feind statt dem Tod wie im 1. Korintherbrief.80 Gegen Ende von F. Chr. Baurs Ausführungen ergänzt er noch einmal summarisch, dass sich beide Thessalonicherbriefe durch ihren „Mangel an einem selbstständigen Inhalt als unapostolisch erweisen“. Der 1.  Thessalonicherbrief bietet nichts, was nicht auch durch andere Briefe bekannt ist, und ist daher als später als diese verfasst gut verständlich (vgl. Punkt 1).81 F. Chr. Baur fasst daher zusammen: Mag auch gegen die hier zusammengestellten Gründe nach der gewöhnlichen apologetischen Methode das Eine und Andere eingewendet werden, sie werden doch, sobald sie in ihrem ganzen Zusammenhang billig erwogen werden, kaum einen andern Eindruck zurücklassen können, als nur diesen, daß beiden Briefen zusammen [sc. 1/2 Thess] alle Merkmale paulinischer Originalität fehlen, und daß mit ihrer ganzen Beschaffenheit sich nichts leichter vereinigen läßt, als die Voraussetzung, sie seyen in paulinischer Form nachgebildete Briefe, um eine Idee, für welche man sich aus Veranlassung der Stelle 1. Cor 15,51. ganz besonders auf die Auctorität des Apostels Paulus berufen zu können glaubt, die Idee der Parusie, mit den nöthig scheinenden Bestimmungen, dem christlichen Bewußtseyn näher zu bringen.82

Soweit F. Chr. Baur. Seine skeptische Sicht konnte sich schon im 19.  Jahrhundert nicht wirklich durchsetzen.83 Bereits sein Schüler R. A. Lipsius teilte 1854 zwar einige seiner Beobachtungen, folgte ihm aber nicht in den Interpretationen. Vielmehr interpretierte er die Besonderheiten des Briefes aus der mutmaßlichen Abfassungssituation heraus:84 Die häufige Erinnerung an eigentlich bereits Bekanntes, einschließlich der Bekräftigung des engen Verhältnisses zu den Adressaten, sei leicht 79  A. a. O.,

485. 486. 81  A. a. O., 488. 82   A. a. O., 491 f. 83  Für Lit. aus dem 19. Jahrhundert s. bei Weima, Thessalonians, 40 Anm. 33. 84  Lipsius, Zweck. 80  A. a. O.,

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zu erklären, wenn Paulus mittlerweile seine eigene Lehre zu verteidigen sah, insbesondere da er offensichtlich eilig aus der Stadt abreisen musste, bevor er die Gemeinde in seiner Lehre ausreichend gefestigt hatte. Die hohe Bekanntheit des Glaubens der Thessalonicher in einem geographisch breiten Raum sei hyperbolisch zu deuten, um „den Erfolg seiner apostolischen Wirksamkeit in ein helleres Licht zu setzen“.85 Auch die Paränese müsse nicht bedeuten, dass es unter der Gemeinde in unglaubhaft kurzer Zeit schon zu großen sittlichen Missständen gekommen sei, sondern sei dahingehend zu deuten, dass Paulus sich in seiner Funktion als Lehrer und Vorbild in Position zu bringen beabsichtigt. Selbst den berüchtigten Abschnitt 2,14–16 deutet R. A. Lipsius im Kontext der Selbstpräsentation des Apostels: er müsse seine eigene Lehre des Evangeliums verteidigen und sich deshalb von den jüdischen Opponenten distanzieren.86 Schlussendlich kommt R. A. Lipsius zum Ergebnis: „Je genauer man sich […] in die gesammte [sic] Situation des Briefes zu versetzen sucht, desto stärker wird auch die Ueberzeugung von seiner Echtheit“.87 Wie lässt sich heute zu F. Chr. Baurs Beobachtungen und Argumenten stehen? Zu (1) Das Argument der angeblichen oder wenigstens relativen theologischen Bedeutungslosigkeit des 1.  Thessalonicherbriefs wird man heute nicht mehr als Argument gegen dessen Inauthentizität anführen wollen – falls man diese Meinung überhaupt teilen möchte. Als zu problematisch ist ganz gegenteilig die Tendenz der älteren Paulusrezeption erkannt worden, ‚die‘ paulinische Theologie v. a. vom Römerbrief (und dann freilich auch vom Galaterbrief und 1./2. Korintherbrief ) aus zu konstruieren, eine Tendenz, die zwar auch gegenwärtig noch anhält,88 an anderer Stelle aber zu Recht in Frage gestellt wird, indem zunehmend die Situativität aller paulinischer Schreiben betont und damit die Einheitlichkeit ‚der‘ paulinischen Theologie überhaupt hinterfragt wird.89 Zu (2) Die Formulierungsähnlichkeiten von 1 Thess  1,5//1 Kor  2,4; 1 Thess 1,6//​1 Kor 11,1; 1 Thess 1,8//Röm 1,8 sowie die Ähnlichkeit von 1 Thess 2,4 f. mit  A. a. O., 908 (originale Hervorhebung).   Vgl. a. a. O., 914–917. 87   A. a. O., 934. 88  Bekannt ist das alte Diktum von Bornkamm, Römerbrief, der den Brief als „Testament“ des Paulus bezeichnet (zit. auch wieder in Wilckens, Römer [2010], 47). U. Wilckens selbst fasst die Bedeutung dieses Briefes zusammen in a. a. O., 48–52. Doch auch in aktueller Literatur ist zu lesen: „Wie kein anderer Text des Paulus ist der Brief an die Römer das Vermächtnis des Apostels an das Christentum und Leser weit darüber hinaus geworden“ (Breytenbach, Einführung, 14). Oder: „Der Römerbrief ist diejenige Schrift des Paulus (und des Neuen Testaments insgesamt), die das theologische Denken des Christentums begründet und eröffnet“ (Wischmeyer, Römerbrief, 312). Selbst J. Dunn baut seine Theology of Paul noch ganz nach den Topoi des Römerbriefes auf. 89  Extrem bekanntermaßen und grundlegend am Beispiel des paulinischen Gesetzesverständnis dargelegt bei R äisänen, Paul and the Law. Vgl.  aber auch z. B. Schnelle, Wandlungen; Theobald, Wandlungen; Ders., Kontingenz; Wolter, Paulus (2011), 2. 85 86

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1 Kor 2,4; 4,3 f.; 9,15 f.; 2 Kor 2,17; 5,11 sind nicht in Abrede zu stellen.90 Sie erfordern jedoch in keiner Weise die Posteriorität von 1. Thessalonicher, geschweige denn seine Inauthentizität. Im Gegenteil: solche oder ähnliche Analogformulierungen sind bei identischem Verfasser natürlich zu erwarten.91 Schwächer noch ist das Argument der Ähnlichkeit der Wendung τοῖς ἔθνεσιν λαλῆσαι, ἵνα σωθῶσιν in 1 Thess 2,16 mit Apg 14,1; 16,6.32; 18,9 u. a. Die lexikalische Übereinstimmung liegt in allen vier genannten Versen nur im Verbum λαλεῖν, und dies nicht einmal in der für 1 Thess 2,16 charakteristischen Kombination mit σῴζειν.92 Zu (3) Wie schon im Abschnitt zu K.  Schrader oben ausgeführt wurde: Die Verse des Abschnitts 1 Thess  2,14–16 sind ein Stachel für die Auslegung des Briefes. Die Beobachtung des im Vergleich mit dem sonstigen paulinischen Schrifttum als unpassend empfundenen Judenbildes in 2,14–16 ist heute noch nachvollziehbar: „[U]ns wäre […] entschieden lieber, Paulus hätte diese Sätze nicht geschrieben“.93 Die Frage ist die des Umgangs mit diesen Versen und deren Interpretation: F. Chr. Baur nutzt den Anstoß dieser Verse als Argument für die Inauthentizität des gesamten Briefes, und auch in der (mittlerweile nicht mehr ganz) jungen Exegese waren es – wie gesagt – diese Verse, für die die Annahme einer unpaulinischen Interpolation am nachhaltigsten geltend gemacht wurde.94 Erst in jüngerer Zeit und mit Abflauen der Plausibilität literarkritischer Operationen hält man diese Verse tendenziell wieder für authentisch  – mit allen theologischen Problemen, die diese Verse dann stellen.95 Zu (4) Aus heutiger Sicht immerhin teilweise anschlussfähig sind die textlichen Beobachtungen, die in den Augen F. Chr. Baurs für eine im Brief vorausgesetzte weiterentwickelte Kirchensituation spricht. Sicher, man wird heute sagen, dass das Anliegen des Paulus nach wiederholtem Besuchswunsch gattungstypisch und auch nach vermuteter Abfassung nur wenige Monate nach Abreise unauffällig ist.96 Auch die arbeitsethische Paränese (1 Thess 4,11 f.) ist topisch.97 Anders 90 Vgl. auch Lindemann, Korintherbrief, 56 f.234; Wolter, Römer (Bd. 1), 104 f.; Zeller, Korinther, 125.126.348 mit Verweis auf 193 (zu 1 Kor 4,16). 91  Man beachte in jüngerer Zeit das Aufkommen des Betrachtungsmusters einer „mimetischen Ethik“, durch die solche Vergleichsverse systematisch gebündelt werden können, s. hierzu die Beiträge in Volp/Horn/Zimmermann, Metapher, 191–287. 92 Müller, Thessalonicher, 146 i. V. m. 125, sieht allerdings in diesem λαλεῖν einen „Fachbegriff der Missionspredigt“. Andere Kommentare bemerken keine auffällige Übereinstimmung in Formulierungen aus der Apostelgeschichte (s.  etwa Holtz, Thessalonicher (1986); Malherbe, Thessalonians; Schreiber, 1. Thessalonicher, jeweils z. St.). 93  Klauck, Briefliteratur, 276, zit. auch in Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 181. 94  S. oben Anm. 72. 95  Vgl. neben den Diskussionen in den einschlägigen Kommentaren z. St. bei Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 172–174; Sänger, Verhältnis, 455 f.; Schnelle, Paulus (2003), 186–188; Stegemann, Polemik; Wolter, Paulus (2011), 414–417; sowie den Beitrag Sänger, Israel, im vorliegenden Band. 96  Vgl. bereits bei Koskenniemi, Studien, 38–42; Thraede, Grundzüge, 146–150; in jüngerer Zeit auch Roose, Art. Brief/Briefformular; Schnelle, Paulus (2003), 410 (!). 97  Belege z. B. bei Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 252 f.; Malherbe, Thessalonians, 246–252;

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steht es mit den ausführlichen Reminiszenzen an die Begebenheiten und Lehrinhalte während des angeblich noch so kurz zurückliegenden Besuchs. Gattungstypisch fällt die Länge und Eigenständigkeit der sog. Danksagungsperiode in den Kap. 1–3 auch heute noch auf: Sie geht tatsächlich in Umfang und Gehalt über die Gepflogenheiten der antiken Briefkonventionen deutlich hinaus.98 Wäre ein größerer zeitlicher Abstand zwischen Besuch und Briefabfassung angenommen, entbände dies der vielleicht doch etwas mühsamen Versuche, die langen Kap. 1–3 als briefformulartypische ‚Danksagungsperiode‘ zu klassifizieren. Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Beobachtung, dass der Glaube der Thessalonicher bereits innerhalb einer „kurzen Zeit“ (2,17), d. h. also weniger Monate in einem so großen geographischen Umkreis (in Mazedonien und der Achaia, ἐν παντὶ τόπῳ, 1,7 f.) bekannt geworden sein soll. Quellenkundlich ist eine solche Frage natürlich nicht zu beantworten, es bleibt hierzu die vermutende Schätzung. Andererseits ist wiederum  – im historischen Ablauf  – die Mobilität der Gemeindeglieder sowie die günstige Verkehrslage der Stadt zu berücksichtigen sowie – rhetorisch – der hyperbolische Tenor der Aussage, sei es zur Festigung der Apostelrolle des Paulus (wie bei R. A. Lipsius), sei es zum Lob der Gemeinde.99 Zu (5) Was das Argument des selbstbewussten Paulusbildes anbelangt, das F. Chr. Baur im 1. Thessalonicherbrief wahrnimmt und schwer als mit der traditionellen Datierung übereinstimmend akzeptieren kann, so ist in seinen Ausführungen problematisch, dass er nur einen einzigen Vers aus dem 1. Thessalonicherbrief anführt (5,27); die anderen sind aus dem 2. Thessalonicherbrief (2,2.15; 3,17). In der Forschung zum 2. Thessalonicherbrief wird insbesondere 3,17, aber werden auch die beiden anderen genannten Verse tatsächlich mitunter

Müller, Thessalonicher, 177–179; Schreiber, 1. Thessalonicher, 230–234; Weima, Thessalonians, 292–299. 98   Vgl. u. a. Broer, Einleitung (2016), 312; Ebel, 1. Thessalonicherbrief, 167 („Schwierig ist deshalb die Abgrenzung zwischen Proömium und Corpus des Briefes“); Klauck, Briefliteratur, 271–277; Schmidt, E. D., Eschaton, 110–119.137–142; etwas vorsichtiger Landmesser, Thessalonicherbrief, 167. 99  Diese beiden Pole bestimmen die Auslegung von 1 Thess 1,7 f. fast durchgängig. Ganz klar schreibt etwa Weima, Thessalonians, 106: „On the one hand, this claim obviously involves the use of hyperbole to praise the Thessalonians for their positive response to the gospel, even in the face of much opposition. On the other hand, the far-reaching impact of the Thessalonians’ evangelistic work should not be overlooked“. Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 115: „Die Mobilität war zur Zeit der Gemeindegründung nicht zu unterschätzen, deshalb trägt die Aussage auch nicht nur rhetorischen Charakter“. Malherbe, Thessalonians, 116: „Paul is in a complimentary mood congenial to hyperbole“. Holtz, Thessalonicher (1986), 52 f., schränkt die Ausweitung des Paulus ἐν παντὶ τόπῳ doppelt ein, nämlich erstens lediglich mit Bezug zu „jedem Ort, an dem Christen sind, und 2. bei den Christen an jedem solchen Ort“ (nach ihm ebenso bei Müller, Thessalonicher, 113 f.). Auch Schreiber, 1. Thessalonicher, 107 f., weist auf die guten pragmatischen Reise‑ und Missionsbedingungen von Thessaloniki aus hin, schließt aber dennoch: „Die Pragmatik des Textes besteht darin, der Gemeinde ihre außerordentliche, überregionale Bedeutung ins Bewusstsein zu rufen“ (108) – was kein Widerspruch ist.

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als Hinweise auf die Inauthentizität des Briefes verstanden.100 1 Thess 5,27 hingegen wird zwar immer wieder als Leseanweisung des Briefes in einer gottesdienstlichen Versammlung interpretiert,101 doch ist dies keineswegs zwingend: Verlesung vor der Gemeinschaft beinhaltet nicht notwendigerweise den Gottesdienst als Situation.102 Zu (6) Von F. Chr. Baurs Argumenten ist das letztgenannte – die gegenüber den späteren Briefen veränderten eschatologischen Vorstellungen – das ambivalenteste. Einerseits sind die Auffälligkeiten in der Eschatologie des Briefes gegenüber den – nach heutiger Mehrheitseinschätzung – späteren Briefen tatsächlich evident, gelten heute allerdings als Argument für eine relative Frühdatierung innerhalb der paulinischen Briefe.103 Nach der Wichtigkeit, die F.  Chr.  Baur diesem Argument zumisst, würde man auch mehr als nur zwei Belege für „unpaulinisches eschatologisches Gedankengut“ im 1. Thessalonicherbrief erwarten, von denen jedenfalls der zweite zudem selbst exegetisch unpräzise ist: Weder im 1. Thessalonicher- noch im 2. Thessalonicherbrief ist vom ‚Antichristen‘ die Rede, in 2 Thess  2 werden lediglich eine Reihe von anderen Titeln für eine Widersacherfigur genannt: ὁ ἄνθρωπος τῆς ἀνομίας (V. 3), ὁ υἱὸς τῆς ἀπωλείας (V. 3), ὁ ἀντικείμενος (V. 4), ὁ ἄνομος (V. 8). Zutreffend bei diesem Argument ist allerdings, dass der eschatologische Widersacher im 2. Thessalonicherbrief im Gegensatz zu 1 Kor 15,21.26.54 f. personal und nicht abstrakt vorgestellt ist.104 Problematisch bleibt dennoch, dass dies bestenfalls ein Argument gegen die Authentizität des 2. Thessalonicherbriefs wäre, nicht gegen die des 1. Thessalonicherbriefs; denn auch der σατανᾶς in 1 Thess 2,18 erscheint nicht als Gegnergestalt, die eschatologisch überwunden wird, sondern ‚lediglich‘ als Behinderer der Reiseabsichten des Paulus.105 – Das aus heutiger Sicht Hochproblematische 100 Vgl. deutlich zu 2 Thess 3,17 bei Schreiber, 2. Thessalonicher, 266; sowie die – allerdings zur Vorsicht mahnenden – Hinweise in Nicklas, 2. Thessalonicher, 46; Trilling, 2. Thessalonicher, 158–160; zudem auch bei Schreiber, 2. Thessalonicher, 140–143.209–211; Trilling, 2. Thessalonicher, 74–80.127–131. 101  Vgl.  etwa Hofmann, Philema, 23 f.; aber auch Pokorný/Heckel, Einleitung, 117 mit Anm. 10; zuletzt auch wieder bei Heilig, Hidden Criticism, 63 f. mit Anm. 85. 102  Vgl. Schmidt, E. D., Eschaton, 366 f., mit genau den Punkten, die F. Chr. Baurs Zweifel begründen. Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 339, äußert sich etwas unbestimmt: „Das [Vorlesen des Briefes] geschieht am ehesten in der Gemeindeversammlung; nicht auszuschließen ist, dass es im Gottesdienst geschieht, aber das lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen“. Zur Diskussion siehe bei Börschel, Konstruktion, 322–326. 103 Vgl. am pointiertesten bei Schnelle, Paulus (2003), 672–679; Ders., Wandlungen, 37– 48; so auch das Referat bei Schmidt, E. D., Eschaton, 181–183; ebenfalls in Böttrich, Hoffnung, deutlich weniger pointiert bei Wolter, Paulus (2011), 207–216. 104 Vgl.  hierzu Malherbe, Thessalonians, 419–421.424; Metzger, Katechon, 110–117; Nicklas, 2. Thessalonicher, 127–138.150–162; Trilling, 2. Thessalonicher, 83–87.102 f. 105  Zur  – an dieser Stelle wenig konkretisierten  – dämonologischen Aufladung von Missionshindernissen bei Holtz, Thessalonicher (1986); Müller, Thessalonicher; Schreiber, 1. Thessalonicher; Weima, Thessalonians, jeweils z. St. Ausführlich zum Satansmotiv im 1. Thessalonicherbrief vgl. den Exkurs Jantsch, Gott, 151–155.

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an F. Chr. Baurs Annahme ist unübersehbar, bei Paulus so wenig jüdisches, ‚partikulares‘ Gedankengut wie möglich, und dann nur durch gute Gründe speziell ausgewiesenes, als authentisch akzeptieren zu wollen. Es ist dieser Gedanke, der F. Chr. Baur auch ideengeschichtlich – und an dieser Stelle auf unangenehme Weise – als Kind des Idealismus ausweist.106 Wenn man also F. Chr. Baurs Argumenten heute auch nicht mehr in Gänze folgen wird, greift es zu kurz, seine Skepsis nachgerade dem Ideologieverdacht zu unterstellen und damit pauschal zur Seite zu schieben. Seine Gedankengänge führen doch wenigstens teilweise vor Augen, zu welch unterschiedlichen Schlussfolgerungen dieselben Beobachtungen in unterschiedlichen exegesegeschichtlichen Epochen führen können.

IV. Annahme eines pseudepigraphen Schreibens am Ende des 20. Jahrhunderts: Marlene Crüsemann Was in den 1980er Jahren G. Lüdemann in Bezug auf die Datierung des 1. Thessalonicherbriefs war, war 20 Jahre später M. Crüsemann in Bezug auf die Authentizität des Briefes. 1999 wurde ihre von L. Schottroff betreute Dissertationsschrift unter dem Titel Die Briefe nach Thessaloniki und das gerechte Gericht. Studien zu ihrer Abfassung und zur jüdisch-christlichen Sozialgeschichte angenommen und zunächst als Microfiche veröffentlicht. In Buchform erfolgte die Publikation erst 2010. Der Großteil des Buches stellt nochmals – man möchte sagen „wie aus der Ferne längst vergang’ner Zeiten“ – die These von der pseudonymen Abfassung beider ‚paulinischer‘ Schreiben an die Thessalonicher auf. Folgerichtig enthält das Buch auch ein größeres Kapitel zu K. Schrader und F. Chr. Baur, auch wenn M.  Crüsemann bei diesen beiden Autoren des 19.  Jahrhunderts methodische Schwächen konzediert.107 Als eigenen methodischen Ansatz nennt M. Crüsemann die ‚jüdisch-christliche Sozialgeschichte‘. Ihr Gedankengang läuft wie folgt: (1) M. Crüsemann setzt mit derjenigen Passage im 1. Thessalonicherbrief ein, die die „zentrale und komplexeste Aussage zum Schicksal einer spezifischen Gruppe von Menschen im Verhältnis zu einer anderen Gruppe unter dem Horizont des göttlichen Gerichts“108 enthält: 1 Thess 2,14–16. Sie hält diesen Text für dreifach antijüdisch: a) Er enthält Elemente des antiken paganen Antijudaismus, in denen der Vorwurf der Menschenfeindlichkeit, der Ungesetzlichkeit und des odium Dei bereits genannt wird (vgl. Diod.Sic. 34–35, 1, 1–5; Apollonius Molon, genannt in Flav.Jos.Apion. 2, 79.95.148; Tac. Hist. 5, 5,1–2). b) Er  Vgl. hierzu die grundsätzlichen Bemerkungen in Schmidt, E. D., Geschichtswissenschaft,

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46.

 Crüsemann, Briefe, 161–185.   A. a. O., 29.

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enthält den Vorwurf der Tötung Jesu – eine ntl Spitzenaussage! –, die dann in Texten der Kirchenväter kolportiert wird (Iust. apol. 1, 36; dial. 120, 2; 123, 4; 133,  6; Johannes Chrysostomus, in: PG 48, 935.937; u. a.). c) Und schließlich dienen, so M.  Crüsemann, diese Verse den Briefverfassern, die Vorwürfe der Menschen‑ und Gottesfeindlichkeit, denen sich vermutlich die Gemeinde und auch die Missionare selbst ausgesetzt sahen, auf eine andere Personengruppe zu projizieren und dorthin umzulenken. Dass die Gemeinde auch weiterhin mit diesem Vorwurf zu rechnen hat, geht aus der weiterführenden Paränese hervor, in der ihr eingeschärft wird, sie solle „Gott gefallen“ (4,1) und ein Leben in gesellschaftlich unauffälliger Stille (4,9–12) führen zur Anerkennung nicht nur von Menschen, sondern von Gott (4,8). Die Gerichtsaussage in 1 Thess 2,16 ist dann die rhetorische Klimax dieses Projektionsmechanismus: In diesem Wort und seiner rhetorischen Funktion ist nun sozialgeschichtlich der Gipfel eigener Salvierung auf jüdische Kosten zu sehen. Das bereits erfolgte Gericht über ‚die Juden‘ trägt die Beweislast für die Sicherheit, mit der die paganen VerfolgerInnen ihr Schicksal ereilen soll. Wichtig ist dabei gar nicht in erster Linie die hypothetische Identifizierung mit einem historischen Ereignis, sondern wiederum die Funktion der Aussage im ganzen Textgefüge. [… D]as eschatologische Zorngericht über ‚die Juden‘ [gerät] zum Hoffnungszeichen für ‚christliche‘ Gemeinde, genauer, sich als ‚heidenchristlich‘ definierende Gemeinden, dass sie Erleichterung von ihren eigenen (anderen) Feinden finden werden.109

Es ist diese Funktionalisierung des „Schicksal[s] des gesamten jüdischen Volkes […] als Zeichen der Hoffnung für [die Gemeinde in] Thessaloniki“,110 die M. Crüsemann auf die Spur bringt, die Autorschaft des Paulus für den Brief zu hinterfragen. Interpolationshypothesen oder die Erklärung im Rahmen einer Entwicklung des paulinischen Gedankenguts vermögen sie nicht zu überzeugen. Sie fährt daher folgenderweise fort: (2) Der auffällige und fast konsequente Verfasserplural (Ausnahmen im Singular lediglich 1 Thess 2,18; 3,5; 5,27) ist im Kontext der anderen Paulinen völlig ungewöhnlich; gleichzeitig ist die explizite Nennung eines Verfassertrios bei Paulus einzigartig. Die Singular-Ausnahmen sind kontextuell erklärbar, um Paulus ausdrücklich und eben nur punktuell von dem Verfassertrio abzusetzen. Der Verfasserplural ist also ein echter Plural.111 (3) Die meisten der Paulusbriefe enthalten eine ‚Botenformel‘, die gerne auch Empfehlungen über den Boten bzw. die Botin enthält. Als solche Boten/ Botinnen sind im Römerbrief Phöbe (16,1 f.), im 1.  Korintherbrief Timotheus (16,10 f.), im 2. Korintherbrief Titus (8; 12,17 f.), im Philipperbrief wahrscheinlich Epaphroditus (2,25.28; 4,18), und in Philemon Onesimus erkennbar. Lediglich der Galaterbrief fällt als Rundschreiben aus dem Muster  – und eben der  A. a. O., 75 (Kursivsetzung original).   A. a. O., 79. 111   A. a. O., 80–95. 109 110

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1.  Thessalonicher­brief. Im 1.  Thessalonicherbrief könnte man als einzige textinterne Person zur Übermittlung des Briefes an Timotheus denken (3,2.5), doch können sich die dort erwähnten Sendungen gerade nicht auf das Überbringen des Schreibens beziehen. Dass Timotheus den Brief dennoch bei einem weiteren Besuch überbracht hat, ist unplausibel, da ein gleichberechtigter (Mit‑)verfasser kaum einen Brief schreiben muss, wenn er ihn anschließend persönlich überbringen kann: In Paulusbriefen sind „Absender oder Mitabsender nie identisch mit der Briefbotin oder dem Briefboten“.112Zu dem auffälligen Fehlen einer ‚Botenformel‘ im 1. Thessalonicherbrief kommt zudem, dass auch keine Situation der Briefübergabe konkretisiert wird. Mit Blick auf die zahlreichen Reminiszenzen des vorzeitig abgebrochenen Missionskontaktes des Paulus, seiner Mitarbeiter und der Gemeinde schlussfolgert M. Crüsemann: Die Gegenseitigkeit der Kontakte ist in ihm [sc. 1 Thess] nur für die erzählte Vergangenheit gegeben. […] Dieser Befund ist gegenüber dem in anderen Briefen greifbaren Beziehungsnetz, das als Netz der erzählten, intendierten und implizit erschließbaren realen Kontakte in allen Zeitmodi näher zu bestimmen ist, völlig singulär. Er führt zu der Hypothese, dass 1 Thess deshalb keine authentische briefliche Kommunikationssituation widerspiegelt, sondern sie lediglich vorzugeben versucht.113

(4) Für M. Crüsemann folgt daraus ein starkes Indiz dafür, dass der 1. Thessalonicherbrief kein echter Brief ist, sondern der Versuch einer Konstituierung des Bildes von der Geschichte einer idealen Gemeinde und ihrer idealen Apostel. Dazu passt die Idealdarstellung der Gemeinde v. a. in 1,7–10; 4,9–12 selbst in ethischen Belangen (καθὼς περιπατεῖν 4,1; καὶ γὰρ ποιεῖτε 4,10), die nur in die bereits vorhandene Richtung gesteigert werden müssen (περισσεύητε μᾶλλον 4,1; περισσεύειν μᾶλλον 4,10), die behauptete enorme Strahlkraft des Glaubens der jungen Gemeinde (s. o.), gekoppelt mit der eigentlich paradoxen Sorge um deren Wohl und Wehe, der wiederholte Rekurs auf alles bereits Bekannte sowie die Unnötigkeit, Neues zu lehren (1,5.8; 2,1.2.5.9.11; 3,3.4; 4,2.9; 5,1.2), und schließlich die affirmative Bestätigung, dass die Gemeinde bereits Nachahmerin der Missionare sowie Gottes ist und – dies als singuläres Lob einer Gemeinde in paulinischen Briefen  – darüber hinaus sogar selbst schon zum Vorbild für andere geworden ist (1,6.7; 2,14).114 Diesem gemeindlichen Idealbild entspricht die Zeichnung auch der Apostel als idealer Apostel (1,5; 2,1–12): Ihr Charakter ist gekennzeichnet durch geduldige Leidensbereitschaft, Bekennermut, Streitbarkeit, Wahrhaftigkeit, Reinheit, Demut, Lauterkeit, Verzichtbereitschaft, Freundlichkeit, Fürsorglichkeit.115 Von ihnen geht eine „Nachahmungskette“ aus, die den Inhalt des Evangeliums maßgeblich bestimmt: „Der eigentliche Inhalt des 112  A. a. O.,

124.  A. a. O., 96–115.123 f., Zitat: 115. 114   A. a. O., 130–141. 115 Für Parallelen zur Charakterisierung des idealen stoisch-kynischen Philosophen bei Dion v. Prusa, Or. 32,9–12 u. a. bei a. a. O., 142–148 (nach A. Malherbe). 113

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Evangeliums nach 1 Thess 1–2 ist also das Verhalten der Missionare und der Missionierten“.116 (5) Diese starke indikativische „Nachahmungskette“ im 1.  Thessalonicherbrief hat so keine ntl. Parallele (vgl. imperativisch 1 Kor 4,16; 11,1; Phil 3,17) und weist „auf ein fortgeschrittenes Stadium dieser Vorstellung hin“,117 das sich eher in Ignatius’ episkop-monarchischer Ekklesiologie wiederfindet (IgnPhld  7,2; IgnEph  1,1; IgnTrall  1,2). Eine feministische Beurteilung sieht diesen Prozess als „wichtiges Instrument für die fortschreitende Patriarchialisierung bei der Herausbildung der hierarchischer [sic] Gemeindeordnungen“.118 (6) Der große eschatologische Abschnitt 1 Thess 4,13–5,11 festigt das Bild der Gemeinde als Kontrastbild gegenüber der römischen Staatsmacht: ‚Paulus‘ versichert die Gemeinde der endzeitlichen, ungebrochenen Gemeinschaft aller Gläubigen unabhängig von den erfolgten Sterbefällen: Das ‚Wir‘ des Briefes wird so zu einer literarischen Strategie, alle Verfasser sowie alle angesprochenen und rezipierenden Gläubigen zu umfassen und so die Gruppenidentität zu stabilisieren: „Das ‚Wir‘ erweist sich als besonders produktiv und wichtig, weil es diese Flexibilität hat, die ein ‚Ich‘ allein des Paulus nicht ausdrückt“.119 Die Parusie des Herrn wird mittels Motive geschildert, die der römischen Herrscherzeremonie für den Imperator entlehnt sind. Allerdings muss bei Christi Parusie kein materieller Aufwand betrieben werden: Die Gemeinde selbst ist „der Schmuck oder das Geschenk, dass ihr eigenster Herr von den Aposteln empfängt oder das sie zu seinen Ehren ‚tragen‘“.120 Dazu passt auch die in Aussicht gestellte Entrückung der Gemeinde ganz ohne Gerichts‑ oder Kampfterminologie. Die Gläubigen sind auf besondere Weise den Ereignissen am „Tag des Herrn“ entnommen und gerettet, die für alle „Übrigen“ (5,6), die mit dem Slogan „Frieden und Sicherheit“ für die Propagandisten des Pax Romana stehen, Gericht bedeuten. Nur „die Juden“ sind (projektiv) „bereits dem Zorn Gottes ausgeliefert und haben mithin das Gericht [bereits] erfahren“.121 M.  Crüsemann sieht den 1.  Thessalonicherbrief als pseudepigraphe Widerstandsschrift gegen Rom. Die Aussageabsicht liegt in der Bestätigung der apostolischen Gründung, als Ausweis der Geschichte und Existenz dieser Idealgemeinde und als Gewinnung aktueller Hoffnung durch eine spezifische Parusievorstellung und die damit verbundene Gerichtstheorie.122

  A. a. O., 153. 154. 118  A. a. O., 156. 119  A. a. O., 204. 120   A. a. O., 212. 121  A. a. O., 187–233, zusammenfassend: 231–233; Zitat: 231. 122   A. a. O., 234. 116

117  A. a. O.,

Gibt es Neues zur Frage nach Authentizität und Datierung des 1. Thessalonicherbriefs? 41

„Die Juden“ dienen als Modell einer fremden Gruppe, die das für die „Übrigen“ noch erwartete Gericht bereits ereilt hat; aus diesem Muster soll die Gemeinde Hoffnung und Stärke für die Gegenwart schöpfen.123 Soweit M. Crüsemann. Ebenso wie G. Lüdemanns Vorstoß ist auch ihre Arbeit in der nachfolgenden 1 Thess-Forschung  – so weit zu sehen  – durchgängig ablehnend besprochen worden.124 In jüngeren Kommentaren ist ihr Ansatz nahezu überhaupt nicht berücksichtigt, die Zuversicht in die Authentizität des 1. Thessalonichers und seine ‚konventionelle‘ Datierung auf 50/51 bleibt unerschüttert.125 Die Argumente gegen M. Crüsemann können kurzgefasst werden: Zu (1) Die Diskussion zu M.  Crüsemanns Einstiegsversen, 1 Thess  2,14–16, ist breit und vielfältig. M. Crüsemann nimmt eine Vielzahl an Deutungen auch wahr,126 entscheidet sich aber zu eindeutig für eine Extremposition (Juden seien „als negatives, bösartiges Muster“ stilisiert127) und will mit dieser viel zu viel erreichen.128 Zu (2) Ebenso unterliegt der Verfasserplural bis heute unterschiedlichen Ausdeutungen.129 Sollte der Verfasserplural ein echter Plural sein,130 bestünde immer noch ein weiter Weg, in diesem ein literarisches Signal für eine identifikatorische Strategie für die gesamte Gemeinde zu sehen. Zu (3) Das Fehlen der Nennung eines Boten – entgegen dem Befund in anderen paulinischen Briefen  – ist auf den ersten Blick eines der stärkeren Argumente M.  Crüsemanns. Es wird jedoch dadurch relativiert, dass von einer Botenformel in den Paulusbriefen so grundsätzlich kaum die Rede sein kann. Zwar kann Phöbe wahrscheinlich tatsächlich als Briefbotin des Römerbriefs gelten (16,1 f.)131 sowie Titus als Bote von 2. Korinther (8; 12,17 f.), doch Timotheus   A. a. O., 239.  Vgl. bereits die beiden Rezensionen von S. Schreiber (BZ) und R. Hoppe (ThRv). 125  Die wichtigen Kommentare zum 1. Thessalonicher, die seit M. Crüsemanns Buch erschienen sind, sind diejenigen von S.  Schreiber und J. A. D.  Weima (beide 2014) sowie R.  Hoppe (2016). J. A. D. Weimas 700 Seiten starker Kommentar zum 1. Thessalonicher‑ und 2. Thessalonicherbrief enthält eine einzige Nennung von M. Crüsemanns Buch, nämlich 40 Anm. 33. Für lapidare bestätigende Aussagen zur Authentizität des 1.  Thessalonicherbriefs auch nach der Publikation von Crüsemanns Buch s. o. unter Anm. 11–14 (insbes. J. A. D. Weima, U. Schnelle und Chr.  Landmesser; G. D.  Fee hätte nur die Microfiche-Ausgabe von Crüsemanns Werk kennen können). 126  Crüsemann, Briefe, 32–49. 127  A. a. O., 71; zit. auch in Schreiber, 1. Thessalonicher, 162. 128 Sehr deutlich bei Hoppe, 1.  Thessalonikerbrief, 61  Anm. 124. Vgl.  nochmals zu diesen Versen in diesem Band D. Sänger, Israel. 129  Vgl. ausführlich in Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 64–70; Malherbe, Thessalonians, 86– 89; auch Holtz, Thessalonicher (1986), 13 f.; Schreiber, 1. Thessalonicher, 52–54. 130  So z. B. bei S. Schreiber, anders R. Hoppe; T. Holtz hält Paulus für den alleinigen Verfasser des Briefes, er habe sich jedoch immer wieder mit Silvanus und Timotheus abgesprochen; ähnlich A. Malherbe (s. soeben Anm. 129). 131  So jetzt auch wieder Wolter, Römer (Bd. 2), 458. 123 124

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als Bote für den 1. Korintherbrief (16,10 f.) ist ungesichert.132 Ob Epaphroditus (Phil  2,25.28; 4,18) wirklich auch den Philipperbrief überbracht hat, ist sich M. Crüsemann eingestandenerweise selbst nicht sicher, und im Philemonbrief ist die Besuchssituation durch Onesimus und seine unmittelbare Rücksendung eine Sondersituation. Das Fehlen einer ‚Botenformel‘ im 1. Thessalonicherbrief erklärt sich hinreichend durch die Briefsituation. Zu (4) und (5) Dass Paulus die Thessalonicher weitestgehend in sehr lobenden, wohlwollenden Farben zeichnet, ist natürlich zutreffend. Aber es wiederholt sich die Tendenz, die auch bei G. Lüdemann zu beobachten war, auf einigen Beobachtungen, zu denen es immer auch Alternativdeutungen gibt, zu viel zu bauen. Für problematisch muss M. Crüsemanns bereits zitierte Aussage gelten, in Paulus’ Darstellung in 1 Thess 1–2 werde das „das Verhalten der Missionare und der Missionierten“ zum „eigentliche[n] Inhalt des Evangeliums“.133 Dies berücksichtigt zu wenig, dass die „Nachahmerkette“ nicht bei Paulus und seinem Team beginnt, sondern bei Gott (1 Thess 1,6),134 sowie insgesamt den theo‑ sowie christologischen Grundgehalt des gesamten Schreibens.135 Völlig abseitig liegt schließlich M. Crüsemanns Vergleich von Gemeindefunktionen einzelner Personen im 1.  Thessalonicherbrief (eben der Missionare) mit Ignatius’ Ämterekklesiologie.136 Zu (6) Die wichtigste Anfrage richtet sich jedoch gegen M. Crüsemanns gewählte methodische Betrachtungsweise: Es ist berechtigt, auf die sozialpsychologischen Strukturen bei der Bildung kirchengemeindlicher Gruppenidentität durch (schroffe) Abgrenzung von Nichtmitgliedern hinzuweisen und ggf. auch zu problematisieren – hätte M. Crüsemann mit ihrer Deutung recht, wäre diese Struktur im 1. Thessalonicherbrief scharf zu kritisieren –, doch greift es zu kurz, die so prominente und eng an die Theo‑ und Christologie des Briefes geknüpfte Eschatologie im 1. Thessalonicherbrief nur in ihrer sozialpragmatischen Dimension zu betrachten.137 Die Betrachtung der Eschatologie im 1. Thessalonicherbrief unter der sozialgeschichtlichen bzw. sozialpsychologischen Dimension der jungen Gemeinde hat ein relatives Recht, ist bei M. Crüsemann jedoch zu einseitig ausgelegt. Gleichwohl ist Eschatologie als Sozialgeschichte möglicherweise ein Thema, das im Anschluss an M. Crüsemann in der künftigen Forschung zum 1. Thessalonicherbrief vertieft zu werden verdient.

132 Anders

Lindemann, Korintherbrief, 380.  Ebenfalls bei Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 172 Anm. 35; Schreiber, 1. Thessalonicher. 134 Vgl. nochmals die Beiträge in Volp/Horn/Zimmermann, Metapher, 191–287 (s. Anm. 911). 135  S. hierzu Schmidt, E. D., Eschaton, 133–137. 136  So auch Schreiber, 1. Thessalonicher, 52. Zur Ignatianischen Ekklesiologie siehe Brent, Ignatius, sowie jetzt Foster, Christ. 137  Vgl. Schmidt, E. D., Eschaton, 180–202. 133

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V. Eigentlich doch: ‫ואין כל־חדשׁ תחת השׁמשׁ‬ Große und nachhaltige Einmütigkeit unter Exegetinnen und Exegeten in exegetische Positionen ist ganz allgemein nicht besonders häufig. So ist es umso ermutigender, wenn sie dann doch einmal zu beobachten ist. Ich möchte die Datierung des 1. Thessalonicherbriefs zu diesen erfreulichen Beispielen zählen. Die in Abschnitt I. entwickelte Position darf nach wie vor als stabil betrachtet werden. Für alle praktischen Erwägungen bleibt die traditionelle Datierung des 1. Thessalonicherbriefs auf 50/51 auch nach G. Lüdemann und M. Crüsemann alternativlos. Auf dieser werden auch künftig Paulusforscher und ‑forscherinnen gut arbeiten können. Es bleiben freilich in der Herleitung dieser Datierung ein paar ‚bewölkte Flecken‘, zu deren Klärung man sich nicht scheuen soll bzw. braucht, sich auch gegen die breite Mehrheitsmeinung zu stellen. Mutige ForscherInnen wie in jüngerer Zeit G. Lüdemann und M. Crüsemann haben dies getan – sind dabei aber zu radikal gegensätzlichen Ergebnissen gekommen: G. Lüdemann datiert deutlich früher als die Mehrheitsmeinung, M. Crüsemann deutlich später und dies zusätzlich um die Preisgabe der Authentizität des Briefes. Ihre Positionen können sich daher nicht bestärken, sondern setzen sich gegenseitig eher außer Kraft. Beide verdienen Respekt, auch wenn sie sich – ich möchte mich der Mehrheitsmeinung anschließen – zu Recht nicht durchgesetzt haben.

Paulus und Antiochien Markus Öhler Paulus erwähnt Antiochien nur einmal in seinen Briefen in einem für ihn wenig erfreulichen Kontext.1 In Gal 2,11 benennt er nämlich jenen Ort, an dem er sich in einem heftigen Konflikt mit zentralen Persönlichkeiten des frühen Christentums befand: Petrus (Kephas), Barnabas sowie Personen aus dem Umkreis des Herrenbruders Jakobus. Der Streit betraf freilich die gesamte Versammlung der Christusgläubigen in Antiochien.2 Es ist zu Recht vermutet worden, dass das sonstige Schweigen des Paulus über Antiochien mit diesem Konflikt zu tun hat: Nach dem sogenannten ‚Antiochenischen Konflikt‘ kam der Apostel nicht mehr in diese Gemeinde und fühlte sich mit ihr anscheinend auch nicht mehr verbunden. Die besondere Bedeutung, die Antiochien in der Erforschung des frühen Christentums für die ersten etwa 20 Jahre der paulinischen Wirksamkeit zugeschrieben wird, gewinnt der Ort und seine Versammlung (Ekklesia) von Christusgläubigen also nicht durch die Paulusbriefe, sondern durch die Apostelgeschichte. Wie für viele andere Fragen der frühen Christentumsgeschichte bleiben Exegeten und Exegetinnen also auch hier auf den Verfasser angewiesen, für den sich der Name Lukas eingebürgert hat. Herkunft, Datierung und Gestalt der Apostelgeschichte sind freilich Gegenstand heftiger Debatten. Für das Folgende wird in dieser Hinsicht ein Dreifaches vorausgesetzt: (1) Der Verfasser der Apostelgeschichte griff in seiner Darstellung der Geschichte der Ausbreitung des Evangeliums bis Rom auf Quellen zurück, die ihm in manchen Teilen zusammenhängend vorlagen oder als schriftliche oder mündliche Nachrichten einzeln überliefert worden waren. Die Überarbeitung 1  Dies setzt voraus, dass mit Ἀντιόχεια in Gal  2,11 tatsächlich die syrische Metropole am Orontes gemeint ist. In 2 Tim  3,11 werden Verfolgungen in Antiochien, Lystra und Ikonion erwähnt, sodass dort an das pisidische Antiochien zu denken ist (vgl. Apg 13,14; 14,19.21). Die ca. 24 größeren und kleineren Städte des östlichen Mittelmeerraums, die diesen Namen trugen, wurden in literarischen Texten in der Regel nicht genauer bestimmt. Die Identifikation Antiochiens in Gal 2,11 mit der syrischen Metropole verdankt sich allein der häufigen Erwähnung der Stadt als Ort der langjährigen Wirksamkeit des Paulus in der Apostelgeschichte (s. u.). Für Anregungen zu diesem Beitrag danke ich den Mitgliedern des Vertiefungsseminars an der Evangelisch-Theologischen Fakultät im Sommersemester 2019. 2  Vgl. zu dieser Auseinandersetzung Öhler, Essen, 158–199; zuletzt John, Gal 2,11–21, 603– 624; Eschner, Essen, 420–466.

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dieser Quellen war einerseits so umfassend, dass sich ihr Wortlaut nicht wörtlich wiederherstellen lässt, sie ermöglichen aber andererseits, sie unter gewissen Bedingungen für eine historische Rekonstruktion zu verwenden.3 (2) Der Verfasser war kein Schüler des Paulus, der sich darum bemühte, Wirkung und Theologie des Apostels darzustellen.4 Vielmehr passte er sowohl Paulus als auch andere Gestalten wie Petrus oder den Herrenbruder Jakobus sowie die ihm wichtigen Ereignisse des frühen Christentums seinem Geschichtsbild an. Er gestaltete Paulus daher als Zeugen des Evangeliums, der mit den Jerusalemer Aposteln eng verbunden war und in einigen Städten des östlichen Mittelmeerraums Gemeinden gründete, in denen sich Glaubende aus Israel und den Völkern unter den Bedingungen des Aposteldekrets versammelten. (3) Die Apostelgeschichte entstand an der Wende vom 1. zum 2. Jh. n. Chr.,5 möglicherweise in Syrien, vielleicht sogar in Antiochien. Der zeitliche Abstand zu den dargestellten Entwicklungen in Antiochien, die sich zwischen 30 und 50 n. Chr. abspielten, macht die Auswertung der Apostelgeschichte dementsprechend schwierig; sie ist aber dennoch möglich. Die folgende Erörterung der Geschichte des Paulus mit der antiochenischen Gemeinde setzt ein mit einem Fokus auf die Ekklesia von Antiochien. Dabei wird zunächst ihre Entstehung, sodann die Konsolidierung, weiters die besondere Form der Mahlgemeinschaft und schließlich ihre Stellung innerhalb der Polis erörtert. Im zweiten Abschnitt wird hingegen das Wirken des Paulus in der Ekklesia bzw. als ihr Beauftragter diskutiert. Zuletzt wird es im dritten Teil darum gehen, zu zeigen, wie sich Paulus von der Ekklesia von Antiochien unabhängig machte.

3 Die Bedingungen sind jene der Plausibilität und der Wahrscheinlichkeit, wie sie für historische ‚Re-Konstruktion‘ vorausgesetzt werden. Dass diese nicht die Ereignisse abbildet, sondern unter intersubjektiv nachvollziehbaren Bedingungen eine historiographische Erzählung gestaltet, versteht sich von selbst, macht sie aber deswegen nicht zur Fiktion. Vgl. zur Diskussion etwa Schröter, Neutestamentliche Wissenschaft, 855–866; Zimmermann, Geschichtstheorien, 417–444. 4  Damit lässt sich m. E. am besten erklären, warum der Verfasser (mit der Ausnahme Apg 14,4.14) das Apostolat auf die Zwölf beschränkt, das Ereignis der paulinischen Berufung vor Damaskus nicht als Ostererscheinung erzählt, die Kollekte für Jerusalem übergeht, die Briefe nicht erwähnt und Themen der paulinischen Theologie weitgehend ignoriert oder nur peripher anklingen lässt (Apg 13,38 f.); vgl. dazu immer noch Vielhauer, Paulinismus, 9–27. Ein Überblick findet sich bei Marguerat, Paul, 1–21. Alle Versuche, die Apostelgeschichte als Werk eines Paulusschülers zu erweisen, scheitern nach meinem Dafürhalten an diesen zentralen Punkten; anders zuletzt etwa Wolter, Lukasevangelium, 7–9. 5  Vgl. zuletzt mit überzeugenden Gründen Backhaus, Apostelgeschichte, 212–258.

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I. Die Gestalt der antiochenischen Ekklesia 1. Die Entstehung der Ekklesia von Antiochien Die Apostelgeschichte setzt einen klaren Anfang für die Entstehung der antiochenischen Ekklesia, wenn Lukas in Apg  11,19 f. angibt, dass aus Jerusalem geflüchtete Christusgläubige hellenistischer Prägung das Evangelium in der syrischen Metropole verkündigten. Die kurze Notiz, die eine Fortsetzung der bereits in 8,1 erwähnten Vertreibung nach Judäa und Samaria darstellt, ist eine wichtige Wegmarke innerhalb der lukanischen Erzählung. Die Angabe, wonach ἄνδρες Κύπριοι καὶ Κυρηναῖοι begonnen hätten, das Evangelium auch Hellenisten zu verkündigen (11,20), ist zugleich in mehreren Aspekten widerständig zum lukanischen Anliegen: Die beteiligten Personen tragen keine Namen, sondern werden nur durch ihre Herkunft aus Zypern und der nordafrikanischen Kyrenaika näher identifiziert. Weder führt Lukas, was naheliegend gewesen wäre, den Zyprioten Barnabas (vgl. Apg 4,36) als hervorragende Gestalt dieses Personenkreises ein noch den in 13,1 genannten Lukios, der aus Kyrene stammte, oder den Antiochener Nikolaos (Apg 6,5). Zudem wird das Handeln dieser Geflüchteten nicht durch den Geist legitimiert oder gar motiviert; die τινες ἄνδρες (Apg 11,20) handeln vielmehr aus eigenem Antrieb. Dass „die Hand des Herrn mit ihnen war“ (11,21) wird erst nachträglich konzediert, wie auch erst später diese neue Entwicklung von den Jerusalemer Aposteln überprüft und gebilligt wird (11,22 f.). Zudem widerspricht sich die Chronologie der Ereignisse bei Lukas mit seiner Darstellung: Denn laut 8,1 hatte bereits die Ermordung des Stephanus zur Flucht geführt, von der dann erst wieder in 11,19 f. die Rede ist. Dazwischen war aber schon Petrus durch die Geschehnisse um Kornelius (10,1–11,18) zur Einsicht gebracht worden, καὶ τοῖς ἔθνεσιν ὁ θεὸς τὴν μετάνοιαν εἰς ζωὴν ἔδωκεν (Apg 11,18). Auf diese Motivation wird nicht zurückgegriffen, vielmehr ist 11,19 f. ein direkter Anschluss an die Vertreibung in 8,1, als ob dazwischen nichts geschehen wäre. Schließlich ist auch die Benennung als ‚Hellenisten‘ in 11,20 missverständlich: Bei den in Apg 6 genannten ‚Hellenisten‘ handelt es sich nämlich um Diasporajudäer, bei denen in Antiochien um Nicht-Juden.6 All dies macht es sehr wahrscheinlich, dass Lukas hier Informationen aus der Frühgeschichte der Ekklesia von Antiochien aufnahm.7 Es gibt m. E. somit keinen Anlass, an der Historizität dieser Überlieferung im Grundsätzlichen zu zweifeln.8 6 Vgl.  Zugmann, Hellenisten. Im Folgenden verwende ich die Bezeichnung ‚Judäer‘ u. ä., wenn der ethnische Aspekt im Vordergrund steht, ‚Jude‘ u. ä. hingegen, wenn es um einen religiösen Zusammenhang geht. 7 Der Umstand, dass die Namen der Gründungspersonen in dieser Tradition nicht überliefert wurden – warum hätte Lukas sie verschweigen sollen? – ist auffällig. Es kann ganz einfach daran liegen, dass sie im Laufe der Zeit vergessen wurden. Ein bewusstes Vergessen, etwa weil die Aktivitäten der Gründungspersonen theologisch anstößig waren, halte ich angesichts dessen, dass die Herkunft noch bekannt war, für unwahrscheinlich. Es ist aber auch möglich,

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Lukas überliefert also im Zusammenhang von Apg 8,1 und 11,19 f., dass die im Jahr 30/31 n. Chr. aus Jerusalem Geflohenen in Antiochien den Anschluss von Nicht-Juden an die Gemeinschaften von Christusgläubigen vorantrieben. Diese namenlosen Verkündiger waren Personen aus dem Umkreis der sogenannten ‚Hellenisten‘ um Stephanus und Philippus, wobei mit dem Proselyten Nikolaos tatsächlich ein Antiochener in deren Reihen begegnet (6,5).9 Der Umstand, dass mit letzterem eine Person aus den Völkern, die vor ihrer Hinwendung zum Christusglauben die judäische Identität übernommen hatte, unter den vertriebenen Hellenisten Jerusalems war, kann als ein Hinweis darauf gelesen werden, dass die Öffnung für die Völker bereits in der Frühzeit angelegt war. Denn so neu, wie Lukas dies in 11,19 f. darstellt, war diese Entwicklung nicht. Bereits in Samarien hatte der zum Kreis der ‚Hellenisten‘ gehörende Philippus (Apg 6,5) in Samaria/Sebaste Nicht-Juden für den Christusglauben gewonnen (8,5), da die unter Herodes gegründete Stadt mehrheitlich von Griechen bewohnt war.10 Auch die im weiteren Umkreis der Stadt Sebaste wohnenden samaritanischen Christusgläubigen werden toratreuen Mitgliedern der Jerusalemer Gemeinschaft nicht als ‚Juden‘ gegolten haben. M. E. weisen die Tätigkeit des Philippus ebenso wie jene der nach Antiochien geflohenen Mitglieder der hellenistisch geprägten Jerusalemer Christusgläubigen also darauf hin, dass eine Öffnung der Evangeliumsverkündigung für die Völker bereits zu den Entwicklungen in Jerusalem gehörte.11 Diese konnte sich zwar nicht ausdrücklich auf den historischen Jesus berufen, für den die Begegnung mit Nicht-Juden Ausnahmecharakter hatte.12 Es entsprach aber immerhin der Sinnrichtung der Botschaft von der nahen Gottesherrschaft. Zudem, und das ist als bedeutender einzuschätzen, lag es für Judäer aus der Diaspora besonders nahe, die Erwartungen der endzeitlichen Hinführung der Völker zum Zion als Teil der unmittelbar bevorstehenden Durchsetzung der βασιλεία zu erwarten (vgl. z. B. Jes 2,2–4; 43,8 f.; 60; 66,20).13 dass Lukas die Herkunftsangaben selbst in die Erzählung einführte, um irgendetwas über diese Personen sagen zu können.  8  Vgl. etwa auch Wedderburn, History, 67; Koch, Geschichte, 196; Schnelle, 100 Jahre, 186.  9  Zur Datierung vgl. u. a. Koch, Geschichte, 195 f. Er hält 32 n. Chr. für wahrscheinlich und lehnt eine Spätdatierung wie z. B. bei Hengel/Schwemer, Paulus, 268 f., zu Recht ab. 10  Vgl. dazu Öhler, Geschichte, 159–161. 11   Vgl. z. B. Koch, Geschichte, 210; Öhler, Geschichte, 150 f. Zuletzt hat auch Schnelle, Wege, 54, dies als möglich erwogen; anders in Schnelle, 100 Jahre, 132, wo die Verehrung eines Gekreuzigten als der wesentliche Anlass für die Verfolgungstätigkeit genannt wird. 12 Nach den synoptischen Zeugnissen begegnete Jesus Nicht-Juden zweimal in Kontext von Heilungshandlungen. Bei der Geschichte von der Syro-Phönizierin (Mk 7,24–30 par.) und jener vom Hauptmann in Kafarnaum (Mt 8,5–13 par.) handelt es sich typischerweise um die beiden einzigen Fernheilungen: Jesus betritt keine Unterkunft von Nicht-Juden (vgl. Joh 18,28). Auch bei den Mahlszenen werden Nicht-Juden in der Evangelienüberlieferung nicht genannt. 13  Zu Gründen für die Nicht-Beschneidung von Christusgläubigen aus den Völkern vgl. etwa auch Bird, Incident, 333 f.

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2. Die Konsolidierung der Ekklesia von Antiochien Für den Charakter der antiochenischen Gemeinschaft von Christusgläubigen war es somit sehr wahrscheinlich von Anbeginn an prägend, sich nicht nur um die in der Metropole Syriens besonders starke judäische Minorität zu bemühen,14 sondern darüber hinaus auch Menschen paganer Religiosität zu gewinnen. Die besonders einflussreichen Persönlichkeiten der antiochenischen Gemeinde nennt Lukas in Apg  13,1: Das Fünfer‑ und Leitungsgremium der Ekklesia bildeten neben Paulus auch Joseph Barnabas, ein Jerusalemer Diasporajudäer zypriotischer Herkunft (Apg 4,36),15 ein Kyrenäer namens Lukios, Simeon mit dem Beinamen Niger, der vielleicht auch aus der judäischen Diaspora in Nordafrika stammte, sowie Manaën. Manaën war eine Besonderheit innerhalb des frühen Christentums, gehörte er doch zum engeren Umfeld von Herodes Antipas und damit zu einer der elitären Gruppen Palästinas.16 Seine Anwesenheit in der antiochenischen Ekklesia ist als Hinweis darauf zu werten, dass der Druck auf die ‚Hellenisten‘ in Jerusalem auch vor Mitgliedern der Elite nicht haltmachte. Bedenkenswert ist auch, ob Lukas (bzw. seine Quelle)17 mit der Aufzählung von fünf Personen eine Rangfolge andeutet: Dann wäre Barnabas an der Spitze gestanden, Paulus hingegen als letztgenannter von etwas geringerer Autorität gewesen.18 Die Apostelgeschichte wie auch Gal  2 lassen bei einer kritischen Lektüre erkennen, dass Personen wie Barnabas und andere wesentlich für die theologische Entwicklung und Verkündigung in Antiochien waren.19 Auch wenn Lukas erst in Apg 15 erkenntlich macht, dass die Beschneidungsfreiheit von Nicht-Juden zu einem wesentlichen Bestandteil der antiochenischen Gemeindepraxis gehörte (Apg 15,1 f.), gibt es keinen Hinweis darauf, dass sich diese erst in späterer Zeit entwickelte. Im Gegenteil: Sie war Teil des Erfolgsrezeptes der Verkündigung in Antiochien und darüber hinaus in Syrien und Kilikien. Die Ausführungen des Paulus lassen insgesamt nicht erkennen, dass es einen Entwicklungsprozess hin zur Beschneidungsfreiheit gab.20 Die Attraktivi Zur judäischen Minorität in Antiochia vgl. den Überblick bei Brooten, Jews, 29–37.  Vgl. zu Barnabas Öhler, Barnabas; Ders., Barnabas (2005). 16  Die Näherbestimmung als σύντροφος des Herodes meint wörtlich den ‚Mitzögling‘, die Bezeichnung verselbständigte sich allerdings zu einem Ausdruck für enge Verbundenheit; vgl. Hengel/Schwemer, Paulus, 335 Anm. 1377; so schon Moulton/Milligan, Vocabulary, 615. Jewett, Gospel, 247, verweist auf die unterschiedlichen ethnischen Hintergründe der Mitglieder dieser Leitungsgruppe. 17  Zur möglicherweise traditionellen Herkunft von 13,1 vgl. Jewett, Gospel, 246; Öhler, Barnabas, 254 f. Anm. 10. 18  So nennt die Aufzählung der sieben Hellenisten die beiden wichtigsten, Stephanus und Philippus, als erste (Apg 6,5), und jene der 11 Jünger (1,13) Petrus, Johannes und Jakobus an der Spitze. 19  Dies zu zeigen, ist das Anliegen von Öhler, Barnabas, passim. 20  Die Angabe in Apg  16,3, Paulus hätte den Timotheus beschnitten, ist historisch wenig plausibel, unterstellt man dem Apostel nicht einen deutlichen Meinungsumschwung in Sachen Beschneidung; anders etwa Frey, Prägung, 62. Abgesehen von dem ausdrücklichen Verbot 14 15

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tät der Evangeliumsverkündigung in Antiochien, v. a. unter jenen Nicht-Juden, die sich an die Synagoge anschlossen, lag sehr wahrscheinlich u. a. darin, dass sie an der Verehrung des einen Gottes und den mit ihr verbundenen Heilszusagen uneingeschränkt teilhaben durften, ohne beschnitten werden zu müssen und sich damit zugleich an das judäische Volk anschließen konnten. Es ist also davon auszugehen, dass Paulus, als er ab ca. 33/34 n. Chr. in der Ekklesia von Antiochien Fuß fasste, die Offenheit gegenüber den Völkern als selbstverständlichen Bestandteil der Gemeinschafts‑ und Verkündigungspraxis bereits vorfand.21 Trifft zu, dass diese Öffnung schon innerhalb des hellenistisch geprägten Kreises der Jerusalemer Christusgläubigen thematisiert worden war, ist sehr wahrscheinlich, dass auch andere Gemeinden Syriens, die durch die Flucht nach der Tötung des Stephanus entstanden waren, u. a. diese Ansicht vertraten. Damit würde ebenso ein Anlass für die Verfolgungstätigkeit des Paulus erkenntlich, der verständlich macht, warum ihm die Verkündigung unter den Völkern als besonders wichtig erschien: Die Position, die Paulus als Pharisäer als besonders gefährlich im Blick auf die Identität Israels gelten musste, wurde ihm durch das Damaskusgeschehen zur Position, die er als die von Gott bestätigte erkannte. Damit würde zugleich auch wahrscheinlich, dass Paulus bereits bei den Nabatäern seine Verkündigung auch unter Nicht-Juden betrieb. 3. Die Mahlgemeinschaft der antiochenischen Ekklesia Über die Verkündigung des Evangeliums an Nicht-Juden hinaus ist anzunehmen, dass auch die Einhaltung identitätsbestimmender Toraregeln in der antiochenischen Versammlung bereits vor der Mitwirkung des Paulus aufgegeben worden war, und zwar zugunsten einer Praxis, die die Einheit des Gottesvolkes aus Juden und Nicht-Juden – der Ekklesia – betonte.22 Das betraf nach paulinischer Darim Galater‑ und Philipperbrief an unbeschnittene Glaubende, sich beschneiden zu lassen, wird dies auch in 1 Kor 7,18 unmissverständlich ausgedrückt: „Ist jemand beschnitten berufen worden, so mache er es nicht rückgängig. Ist jemand unbeschnitten berufen worden, so lasse er sich nicht beschneiden.“ Die Annahme, Paulus habe mit der Beschneidung des Timotheus lediglich dessen mütterlicher Herkunft entsprochen (Apg 16,1), beruht auf einer Vorverlegung der matrilinearen Begründung judäischer Abstammung, die erst durch die Rabbinen eingeführt wurde (mQid 3,12; mJev 2,5; 7,5); vgl. dazu Cohen, Beginnings, 283–307. Zu Timotheus siehe auch den Beitrag von B. Mutschler in diesem Band. 21  Diese Datierung fußt darauf, dass Paulus nach seiner Wende zum Christusglauben (30/31 n. Chr.) wenigstens zwei Jahre im Gebiet der Nabatäer wirkte (vgl. Gal 1,17 f.), bevor er nach Antiochien kam. Zwischen Damaskus, dem Ort seiner Wende zum Christusglauben, und Antiochien liegen etwa 400 km, was eine direkte Beziehung zwischen diesen Gemeinden eher unwahrscheinlich macht. 22 Der Bedeutung der Taufe für diese Einheit wird im Folgenden nicht weiter nachgegangen. Es ist aber höchst wahrscheinlich, dass die Taufe als Initiationsritual in der antiochenischen Ekklesia fest verankert war, womöglich schon von Beginn an. Paulus geht allerdings darauf im Zusammenhang seiner Darstellung des Konflikts bzw. des Apostelkonvents nicht ein. Eine Verbindung von Mahl und Taufe im Blick auf Antiochien versucht u. a. Weidemann, Wasser, 748 f.

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stellung in Gal 2,11–14 in erster Linie die Gemeinschaftsmähler, bei denen sowohl die Trennung zwischen den beiden ethnischen Gruppen als auch die Beachtung der Speisegebote keine Rolle mehr spielten.23 Es ist für den antiochenischen Konflikt, der auf das Jahr 52 n. Chr. zu datieren ist,24 davon auszugehen, dass Paulus darin die bis dahin vorherrschende Position der Ekklesia einnahm. Das wird nicht nur dadurch wahrscheinlich, dass Paulus selbst das Verhalten des Petrus, des Barnabas und aller anderen als Abweichung von früherer Einsicht verstand: Vor der Ankunft der Jakobusleute hatte Petrus wiederholt mit denen aus den Völkern gegessen (2,12) bzw. wie einer aus den Völkern gelebt (2,14). Es ist auch deshalb hoch plausibel, weil die paulinische Darstellung des Konflikts im Brief an die südgalatischen Gemeinden nur dann seinem Briefanliegen – der Abwehr der Beschneidungsforderung – dienlich sein konnte, wenn die Adressaten und Adressatinnen diese als die von Paulus gemeinsam mit Barnabas eingeführte Praxis kannten.25 Die Mahlgemeinschaft von Angehörigen des judäischen Volkes und von solchen aus den Völkern in der Ekklesia betraf zwei Aspekte: Zum einen wurden damit Grenz‑ und Identitätsbestimmungen überschritten, die im antiken Judentum weit verbreitet waren. Als Paulus sich der antiochenischen Gemeinde anschloss, bestanden diese Grenzziehungen dort schon nicht mehr, sodass dies auch zu seiner ‚christusgläubigen Identität‘ wurde. Paulus interpretiert in Gal 2,14 umgekehrt die Unterwerfung unter die Tora, für die ihm die Beschneidung als pars pro toto gilt, als Anschluss an die jüdische Kultur und Eingliederung in das judäische Volk. Die Nicht-Beachtung der ethnischen Dimension des Heilshandelns Gottes war für Antiochien also bestimmend und das hatte ganz konkrete Folgen für das Mahl‑ und Gemeinschaftsethos. Folgerichtig waren es Personengruppen, die sich vor der Ankunft des Paulus trennten: Petrus sonderte sich von den Glaubenden aus den Völkern ab (Gal 2,12), sodass diese gezwungen waren, sich der judäischen Identität anzuschließen.26 Darüber hinaus ging es aber nicht allein um die ethnisch-religiöse Zuordnung der speisenden Personen, sondern auch darum, was sie aßen. Zahlreiche Texte des frühen Judentums lassen erkennen, dass die Praxis von Mahlgemeinschaft zwischen Judäern und Menschen aus den Völkern durchaus unterschiedlich aus Vgl. Öhler, Essen, 194–196; John, Gal 2,11–21, 611 f. Barnabas, 78; Konradt, Datierung, 19–39; Öhler, Geschichte, 205–207; anders zuletzt etwa John, Gal  2,11–21, 617 f., der eine Datierung nach der Verkündigung in Zypern und Südkleinasien (Apg 13 f.) und direkt nach dem Apostelkonvent vertritt. Bezeichnenderweise kann er mit Apg 18,22 dann nichts mehr anfangen (a. a. O., 618 Anm. 106); ähnlich Bird, Incident, 336. 25  Zur Adressierung vgl. Sänger, Adresse, 1–56; John, Galaterbrief, 133–159. 26  Am Ende dieses Angliederungs‑ und Anpassungsprozesses, so wie Paulus ihn versteht, folgt der vollständige Anschluss an das judäische Volk mit seiner Kultur und Religion, also die Beschneidung; vgl. dazu zuletzt wieder John, Gal 2,11–21, 613 f. 23

24 Vgl.  Öhler,

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sah.27 Im Allgemeinen werden sich Juden an Enthaltungsvorschriften gehalten haben, ohne dass sie deshalb grundsätzlich gemeinsame Mahlzeiten mit NichtJuden mieden.28 Dies betraf neben Schweinefleisch29 und anderen verbotenen Fleischsorten jedes Fleisch, dessen Herkunft und Schlachtungsart nicht bekannt war. Auch Wein wurde problematisiert.30 Laut Jdt 10,5 wurden Wein, Öl, Gerstengraupen, Fruchtkuchen und reine Brote auf Reisen mitgenommen.31 Wenn auch teilweise für Mähler eine Trennung von Menschen aus den Völkern verlangt wurde (Jub 22,16; JosAs 7,1),32 so lag der Schwerpunkt zumeist bei der Frage, ob die Speisen als rein galten (vgl. etwa Dan 1,8–16; Jdt 12,1–4; Arist 180–186). Allerdings lief auch dieser Ansatz in vielen Fällen auf eine Absonderung hinaus, was von Kritikern der Eigenheiten des judäischen Volkes mit Argwohn registriert wurde.33 In der Regel wurde ja bei Einladungen an Juden von Nicht-Juden keine Rücksicht auf die besonderen Speisevorschriften genommen. Die Ablehnung bestimmter Speisen als Problem für eine Mahlgemeinschaft von Juden und Nicht-Juden macht zum anderen den zweiten Aspekt verständlich, der mit dem antiochenischen Konflikt ebenfalls angesprochen ist: Die Mahlgemeinschaft verwirklichte sich als Speisengemeinschaft.34 Es wurde also nicht nur das Bankett von Christusgläubigen aus den Völkern mit jenen aus Israel geteilt, sondern auch das, was auf den Tischen stand.35 Die Aussage, 27   Vgl. dazu u. a. Löhr, Speisenfrage, 18–23; Stemberger, Food, 209–224; Eschner, Essen, 33–280. 28   Vgl. u. a. Cohen, Beginnings, 54: „We may be sure that many, if not most, diaspora Jews observed the Jewish food laws at least to some degree, abstaining from pork, blood, and meat ‚sacrificed to idols,‘ and that these observances were a barrier to free social intercourse between Jews and gentiles, but we may not conclude that many or most diaspora Jews sought complete separation from their gentile environment. On the contrary. The bulk of the evidence suggests that the musings of the anti-Jewish writers are highly exaggerated and that diaspora Jews maintained their Jewish identity even as they integrated themselves into gentile society“. 29  Die wiederholte Polemik gegen Judäer, die kein Schweinefleisch essen (besonders eindrücklich durch Caligula bei Philo legat. 361 f.), lässt auf die aktuelle Praxis durchaus schließen. 30  So etwa in Dan 1,8; mAS 2,3; 5,5; vgl. auch Stemberger, Food, 223. 31  Auch Gemüse (Dan 1,12; vgl. Röm 14,1 f.), Nüsse oder Feigen (Flav.Jos.Vit. 13 f.) werden genannt; vgl. Eschner, Essen, 126–141. 32  Vgl. auch Joh 18,28: Am Tag des Passahmahls betraten die Ankläger Jesu das Prätorium nicht. Dass es um die Räume ging, in denen Juden und Nicht-Juden zusammen speisten, ist allerdings nicht angezeigt; anders Weidemann, Wasser, 745 f. 33  Vgl. Tac.Hist. 5, 5,1 f.; Diod.Sic.Hist. 34, 1,2; Philostr.vit.ap. 5, 33. 34  Vgl. Öhler, Barnabas, 78–80; Löhr, Speisenfrage, 25 f.; John, Gal 2,11–21, 611 f.; anders zuletzt wieder Bird, Incident, 344–350; Eschner, Essen, 420–466. Die Frage ist nicht nebensächlich, sondern hat sehr viel damit zu tun, wie die paulinische Verkündigung und Theologie insgesamt verstanden werden. 35 Dies gilt umso mehr für private Mähler, bei denen Christusgläubige aus den Völkern mit solchen judäischer Herkunft zusammenkamen; vgl.  John, Gal  2,11–21, 605 f. Feldtkeller, Identitätssuche, 147, meint, die Verwendung desselben Geschirrs wäre Anlass genug für die mögliche Verunreinigung gewesen (vgl. Lev 11,32–35; 15,12; Mk 7,4; Mt 23,25). Allerdings war diese Deutung der Reinheitsvorschriften offenbar nicht weit verbreitet, wird sie doch in den Evangelien ausschließlich mit den Pharisäern verbunden.

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dass Petrus mit denen aus den Völkern gemeinsam gegessen habe (συνεσθίειν, Gal 2,12), weist bereits darauf hin. Paulus verwendet diesen Ausdruck auch in 1 Kor 5,11: Mit Christusgläubigen, die ethische und religiöse Vorgaben nicht beachteten, sollte man nicht zusammen essen. Dass mit συνεσθίειν tatsächlich der Verzehr derselben Speisen gemeint ist, wird u. a. in Gen 43,32LXX deutlich: Die Speisen von Ägyptern und Hebräern werden beim gemeinsamen Mahl separat serviert. Auch Lukas hat dies im Blick, wie etwa in Apg 10 f. deutlich wird: Petrus aß mit Unbeschnittenen (Apg  11,3), nachdem er in einer Vision aufgefordert wurde, unreine Tiere zu essen und nicht für unrein zu halten, was Gott gereinigt hatte (Apg 10,11–15).36 Auch die Bestimmungen des Aposteldekrets (Apg 15,20.29; 21,25) sind, insofern sie sich auf die gemeinsame Mahlzeit von Juden und NichtJuden beziehen, nicht auf die beteiligten Personen und deren ethnische Herkunft ausgerichtet, sondern u. a. auf das, was gegessen wird.37 Erkennbar wird diese antiochenische Praxis schließlich auch daran, wie Paulus mit Mahlstreitigkeiten in Korinth und Rom umgeht. Die Auseinandersetzung um das Götzenopferfleisch kreist darum, dass alle von dem organisierten Gemeinschaftsmahl essen sollten. Wenn manche solches Fleisch essen, obwohl sie ein schlechtes Gewissen haben (1 Kor 8,7), dann doch wohl nicht nur im privaten Rahmen bei Einladungen, sondern vor allem beim Gemeinschaftsmahl. Paulus betont ja ausdrücklich, dass das Gemeinschaftsmahl zusammen erfolgen muss (1 Kor  11,21.33). Alle haben Teil an dieser Gemeinschaft, und zwar dadurch, dass sie von dem einen Brot essen und dem einen Kelch trinken (1 Kor 10,16 f.).38 Paulus hatte diese Praxis, so viel wird durch den Galaterbrief erkennbar, auch in Jerusalem nicht anders erlebt: Titus, der nicht beschnitten wurde, hatte beim Apostelkonvent (Gal 2,3) sicherlich an den gemeinsamen Mählern teilgenommen. Es ging also nicht um die Frage, ob überhaupt mit Nicht-Juden Mahlgemeinschaft gefeiert werden durfte, sondern darum, wie diese gestaltet war. In 36  Dass die Nicht-Beachtung der Speisegebote in Apg  10 f. später nicht mehr thematisiert wird, wie John, Gal 2,11–21, 613 Anm. 67, zu Recht bemerkt, bedeutet allerdings nicht, dass dies auch für die Korneliusgeschichte insgesamt bedeutungslos ist; vgl. hingegen Löhr, Speisenfrage, 31. 37  Die Deutung der Verbote ist bei αἷμα eindeutig, bei πνικτός allerdings nicht so sehr; vgl. dazu Avemarie, Wurzeln, 17–20; Öhler, Barnabas, 412 f. Paulus kannte die Bestimmungen des Dekrets offensichtlich nicht: Gal 2,6 („mir wurde von den Angesehenen nichts zusätzlich auferlegt“) und der Ablauf des antiochenischen Konflikts sprechen dagegen, dass das Dekret mit Zustimmung des Paulus beim Konvent beschlossen wurde. Die Erörterungen zum Götzenopferfleisch in 1 Kor 8–10 lassen ebenfalls nicht erkennen, dass Paulus später vom Dekret Kenntnis erlangt hatte; anders etwa Bird, Incident, 348 f., der das Dekret schon als Paulus bekannte Auflage zur Zeit des Konflikts versteht (ähnlich Eschner, Essen, 380–382). 38   Vgl. dazu u. a. Hofius, Herrenmahl, 216–220; Klinghardt, Gemeinschaftsmahl, 294 f.; Löhr, Abendmahl, 20 f. Auch in Röm 14 wird ein ähnliches Prinzip erkenntlich, wenngleich Paulus hier nicht auf das Gemeinschaftsmahl eingeht. Richtig auch Stein, Mahlfeiern, 99 f., der die ekklesiologische Bedeutung der Mahlgemeinschaft für Paulus hervorhebt.

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Jerusalem waren sicherlich die Speisevorschriften eingehalten worden, daher gab es kein Problem, in Antiochien war dies aber anders.39 Die Sprengkraft der Praxis der Speise‑ und Speisengemeinschaft der antiochenischen Gemeinde wird sich in deren Anfängen noch nicht so deutlich gezeigt haben. Die führenden Personen waren ja alle judäischer Herkunft und es besteht kein Anlass für die Annahme, dass für sie die Speiseregeln der Tora keine Geltung mehr hatten. Dementsprechend wird auch der Einkauf für die Gemeinschaftsmähler abgelaufen sein, wobei neben den üblichen Bestandteilen Brot und Wein vermutlich Gemüse, Fisch, Fleisch, Garum etc. hinzugekommen sein mögen.40 Das hing von den finanziellen Möglichkeiten der Ekklesia ab, die wahrscheinlich  – bedenkt man etwa die Mitgliedschaft des zur Gefolgschaft des Herodes gehörenden Manaën (Apg 13,1)41 – nicht so schlecht gewesen sein dürften. So lange die Führung der Versammlung und damit die Speiseordnung jüdischen Christusgläubigen oblag, gab es also auch keinen Konfliktstoff. Es ist wenig wahrscheinlich, dass Nicht-Juden Beschwerden über das Fehlen anderer, durch die Tora untersagter Mahlbestandteile vorbrachten, zumal der Großteil von ihnen zum Sympathisantenkreis des Judentums gehörte. Erst mit der weiteren Öffnung auf die Völker hin und der damit verbundenen Stärkung des nicht-jüdischen Anteils in der Ekklesia über den Kreis der ‚Gottesfürchtigen‘ hinaus wird sich das geändert haben.42 Spätestens zu dem Zeitpunkt als auch Menschen aus den Völkern zum Leitungsgremium gehörten, konnten sich die Einkaufs‑ und damit die Mahl‑ und Ritualpraxis der Ekklesia in diesem Punkt verändern: Die Mahlbestandteile mussten nicht mehr notwendigerweise den Toravorschriften entsprechen.43 Zu der Zeit des Apostelkonvents bzw. als   Vgl. u. a. Weidemann, Wasser, 747.  Der Einkauf wird im judäischen Viertel der Stadt vorgenommen worden sein, möglicherweise in Garküchen, die die Speisevorschriften der Tora einhielten. Abzusehen ist von der Vorstellung, die Mahlbestandteile wären dadurch zusammengekommen, dass die Mitglieder diese unorganisiert mitbrachten, das sog. Eranos-Prinzip; vertreten u. a. auch von Öhler, Barnabas, 79 f.; zuletzt etwa von Duff, Alone Together, 562. Vgl. dagegen die kritischen Bemerkungen bei Kloppenborg, Epigraphy, 152 f., der dies angesichts fehlender Parallelen in der griech.-röm. Antike zu Recht für wenig wahrscheinlich hält. 41  Auch Barnabas war vielleicht nicht unvermögend, da er trotz des Verkaufs eines Ackers (Apg 4,36 f.) auf Unterhalt durch die Gemeinden verzichten konnte (1 Kor 9,6). Es wäre aber auch möglich, dass er wie Paulus einer handwerklichen Tätigkeit nachging. Wirklich arm war er allerdings, so wie auch Paulus, nicht. 42  Darauf könnte auch die Formulierung μετὰ τῶν ἐθνῶν συνήσθιεν (Gal 2,12) hinweisen, wenn sie tatsächlich mit „inmitten der Völker mitessen“ wiederzugeben ist; vgl. Weidemann, Wasser, 745 f. Allerdings meine ich, anders als H.-U.  Weidemann, dass die Konnotation von μέθα auf die zahlenmäßige Stärke des nicht-jüdischen Anteils zu münzen ist, nicht auf – nicht erwähnte  – Häuser von Nicht-Juden. Anders Bird, Incident, 348, der auch für die Zeit des antiochenischen Konflikts noch mit einer bestimmenden Mehrheit von judäischen Christusgläubigen rechnet. 43  Es ist in der Tat wahrscheinlich, dass der Bruch der Speisegebote nicht systematisch vorgenommen wurde, sondern sich schlichtweg mit der Zeit etablierte; vgl. Weidemann, Wasser, 745. 39 40

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Paulus und Barnabas zur Verkündigung nach Zypern aufbrachen, hatte sich diese Umstellung bereits vollzogen, und als Petrus nach Antiochien kam, schloss auch dieser sich diesem Usus an.44 In dieser Form der Mahlgemeinschaft wurde die Einheit des Gottesvolkes aus Juden und Nicht-Juden regelmäßig exemplarisch gelebt und gestärkt.45 Zugleich ist aber auch nicht vorauszusetzen, dass jüdische Christusgläubige außerhalb der Gemeinschaftsmähler – also im privaten wie im synagogalen Kontext – die Speisegebote nicht mehr beachteten. Wenn Paulus „den Judäern ein Judäer“ sein konnte (1 Kor 9,20), dann doch nur, wenn er selbst bei solchen Gelegenheiten auf die boundary markers des Judentums Rücksicht nahm. Für das Verständnis der paulinischen Wirksamkeit in Kleinasien, Makedonien und Griechenland ist die antiochenische Form des Gemeinschaftsmahls und die damit einhergehende Neubewertung von Toravorschriften m. E. entscheidend. Paulus, der sich als Apostel der Völker verstand, führte in den auf sein Wirken zurückgehenden Gemeinschaften in Philippi und Thessaloniki diese Praxis selbstverständlich fort. Es ist daher m. E. auch sehr wahrscheinlich, dass er selbst die Speisegebote in einem nicht-jüdischen Kontext nicht beachtete.46 Umso dramatischer muss es ihm erschienen sein, als er im Jahr 52 n. Chr. als erfolgreicher Verkündiger des Evangeliums nach Antiochien zurückkehrte und feststellen musste, dass die Ekklesia, seine Ekklesia, ihre Mahl‑ und Ritualpraxis auf Betreiben der Jerusalemer und unter Mithilfe von Petrus und Barnabas geändert hatte.47 44  Der Vorwurf des Paulus an Petrus besteht nicht darin, Regeln der Tora einzuhalten, sondern Regeln der Tora wieder aufzunehmen und allen Glaubenden aufzuerlegen, obwohl Petrus schon nach der Weise der Völker gelebt hatte: εἰ σὺ Ἰουδαῖος ὑπάρχων ἐθνικῶς καὶ οὐχὶ Ἰουδαϊκῶς ζῇς, πῶς τὰ ἔθνη ἀναγκάζεις ἰουδαΐζειν; (Gal 2,14). Ob Petrus die Nicht-Beachtung von Speiseregeln als generelle Aufhebung der Tora verstanden hat, lässt sich nicht sagen – wohl eher nicht –, allerdings interpretiert es Paulus so. Anders zuletzt etwa Bird, Incident, 347, der nicht beachtet, dass die Rückkehr zu den Toraregeln das Problem ist, nicht die Tora an sich. Nur so kann Paulus dieses Ereignis für sein Briefanliegen verwenden: Wer den Christusglauben lebt und den Geist empfangen hat ohne Unterwerfung unter die Tora, kann sich nicht nachträglich noch der Tora unterwerfen, weil er damit ausdrückt, dass das Christusereignis nicht ausreichend ist. Zudem hätte „die Anerkennung der torahfreien Heidenmission […] keine praktische Relevanz gehabt, wenn Heidenchristen sich die volle Gemeinschaft mit Judenchristen doch über die Einhaltung der Torah hätten erkaufen müssen“ (Feldtkeller, Identitätssuche, 148). 45  Weniger plausibel erscheint mir, dass sich die antiochenische Ekklesia als ‚jüdische Sondergruppe‘ verstand, in der Nicht-Juden uneingeschränkt mitmachen durften. Die auf die Verkündigungstätigkeit des Paulus zurückgehenden Gemeinschaften waren das zumindest nicht; anders etwa Weidemann, Wasser, 747 (mit Literatur). 46 Vgl. 1 Kor 9,20 f.: Paulus orientierte sich in diesen Angelegenheiten an der Erwartungshaltung seiner Zuhörer und Zuhörerinnen, wobei er sich dabei als unter dem Nomos des Christus verstand. Unter den Völkern bedeutete dies, dass er ὡς ἄνομος lebte; vgl. dazu u. a. Dunn, Beginning, 526. 47  Die Umstellung fand m. E. vor dem Eintreffen des Paulus statt. Es ist nämlich wenig plausibel, dass Paulus der Änderung der Praxis von Petrus und der sukzessiven Neugestaltung der Mahlgemeinschaft aller Christusgläubigen in Antiochien länger zugesehen hätte. Auf die

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4. Die antiochenische Ekklesia im Kontext der Stadt Die metropolis Antiochien, gegründet von Seleukos I. im Jahr 300 v. Chr. und seit ihrer Eroberung durch die Römer (64 v. Chr.) Hauptstadt der prokonsularen Provinz Syrien, war mit mehreren 100.000 Einwohnern eine der größten Städte des Mittelmeerraums.48 Die Stadt hatte eine große judäische Minorität von mehreren tausend Personen49, die vor allem auf Ansiedlungen in seleukidischer Zeit zurückging (Flav. Jos.Ant. 17, 23–31). Unter Tiberius wurde auch das Viertel ‚Kerateion‘, in dem Judäer vornehmlich wohnten, in das durch die Stadtmauer geschützte Gebiet der metropolis integriert. Nach Josephus hatten die Judäer das städtische Bürgerrecht erhalten, das sogar mit einer besonderen Zuteilung von Öl verbunden war (Ant. 12, 120).50 Auch wenn Josephus übertreibt, so ist doch wahrscheinlich, dass wenigstens einige Judäer Bürger der Stadt waren und die judäische Minorität wie auch an anderen Orten gewisse Sonderrechte hatte (vgl. auch Bell. 7, 106–111). Im Zusammenhang der Darstellung der makkabäischen Aufstände erwähnt Josephus darüber hinaus ein ἱερόν der Judäer in Antiochien. Nach dem wahrscheinlich in Antiochien um 100 n. Chr. entstandenen 4. Makkabäerbuch sollen die berühmten sieben Brüder und ihre Mutter, die Antiochus IV. Epiphanes hatte hinrichten lassen, dort begraben gewesen sein (4 Makk 17,7–10).51 Über Beziehungen zwischen der lokalen syrisch-hellenistischen Bevölkerung und der judäischen Minorität wird Unterschiedliches berichtet: Unter Jonathan (160–143  v. Chr.) sollen judäische Söldner die Stadt geplündert haben (1 Makk 11,44–51; Flav.Jos.Ant. 13, 135–143). Hingegen finanzierte Herodes der Große Pflasterung und Säulen einer langen Straße (Flav.Jos.Ant.  16,  148; Bell. 1, 425). Für unseren Zusammenhang besonders wichtig ist, dass Josephus von einer großen Zahl an Sympathisanten und Sympathisantinnen des Judentums in Antiochien erzählt (Bell. 7, 45), was zur Nennung des Proselyten Nikolaos in Apg 6,5 passt. Im Nachgang zum ersten Judäischen Aufstand kam es allerdings zu einem Pogrom (Bell. 7, 46–62), das erst durch Titus beendet wurde (Bell. 7, 106–111).52 Bedeutung von Ritualänderungen für die kollektive Identität verweist im Übrigen u. a. John, Gal 2,11–21, 606–616. 48 Zur Geschichte Antiochiens vgl. Downey, Antioch; zum Judentum in Antiochien Barclay, Diaspora, 204–206. 49  Die sehr vorsichtige Schätzung bei Hengel/Schwemer, Paulus, 292, lautet auf 20–35.000 Personen. 50  Vgl. Zetterholm, Formation, 82–84. Die Gewährung von Isonomie für die Judäer Antiochiens wurde auch von Vespasian und Titus nach dem Judäischen Aufstand bestätigt (Flav.Jos. Ant. 12, 119; Apion. 2, 39; Bell. 7, 44). Ölzuteilung fand übrigens schon in der babylonischen Gefangenschaft statt; vgl. Albertz, Exilszeit, 87. 51  Hier handelt es sich aber sehr wahrscheinlich um eine Legende; vgl. Triebel, Synagoge, 464–495. 52  Archäologische Hinweise auf eine judäische Minorität in Antiochien gibt es kaum, zumal

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Für die Zeit, in der sich Paulus länger oder zu Besuchen in Antiochien aufhielt (30/31–52 n. Chr.), war die immense Bautätigkeit unter Tiberius, die bereits von Augustus begonnen worden war, prägend für die Stadt. Mehrere Stadtviertel wurden inkorporiert bzw. ausgebaut.53 Unter Caligula und Claudius kam es zu Erdbeben mit nachfolgenden Wiederaufbauten.54 Die Geschichte rund um den letztendlich fehlgeschlagenen Plan Caligulas, im Jerusalemer Tempel eine Statue von sich aufstellen zu lassen (39/40 n. Chr.), hat sicherlich auch unter den Judäern Antiochiens zu Unruhe geführt, ohne dass dies ausdrücklich belegt ist.55 Innerhalb der judäischen Minorität Antiochiens, die sicherlich in mehreren Synagogen organisiert war, fand die Verkündigung der geflüchteten Hellenisten ein entsprechendes Echo bei Juden und Jüdinnen sowie Sympathisanten und Sympathisantinnen des Judentums. M. E. ist wahrscheinlich, dass sie ihre Versammlungen schon von Beginn an außerhalb der Synagogen abhielten.56 Das zentrale Element der Mahlgemeinschaft ebenso wie die Taufe als Initiation und die durch ekstatische Erfahrungen geprägten Kultfeiern verlangten m. E. sehr früh nach gesonderten Treffen, in denen der Christuskult gepflegt werden konnte.57 Insgesamt kann man daher davon ausgehen, dass sich die soziale Gestalt der Versammlungen von Christusgläubigen in Antiochien nicht entscheidend von jenen Gemeinschaften unterschied, die Paulus später in Kleinasien und Griechenland gründete. Ihre Bezeichnung als ἐκκλησία verweist darauf, dass sie nicht als Gegen-Synagogen konzipiert waren, sondern als Versammlungen jener, die auf den Kyrios Jesus hofften. Das schließt gerade nicht aus, dass sich judäische Christusgläubige als Teil ihrer jeweiligen Synagogengemeinschaft verstanden und an deren Versammlungen weiterhin teilnahmen.58 Grundsätzliche Unvereinbarkeit einer Mitgliedschaft in einer Synagoge und einer Ekklesia ist für die Stadt nur sehr wenig ausgegraben ist. Das einzige inschriftliche Zeugnis ist eine undatierte Menorah mit einer fragmentarischen Beischrift; vgl. Brooten, Jews, 28. 53 Vgl. Downey, Antioch, 82–85. 54   Vgl. a. a. O., 89–91. 55 Selbst die Alexandriner protestierten dagegen (Philo, legat. 200–207) und schließlich war es der syrische Legat P. Petronius, der durch Verzögerung die Aufstellung so lange verhinderte, bis Caligula starb (Flav.Jos.Bell. 2, 184–203; Ant. 18, 261–288). Die Historizität eines Pogroms 39/40 n. Chr. in Antiochien, von dem der byzantinische Historiker Johannes Malalas in seiner Weltchronik Mitte des 6. Jh. auf verworrene Weise berichtet (Chron. 10,20; ed. Thurn: έφόνευσαν πολλούς Ίουδαίους καί τάς συναγωγάς αύτών), ist m. E. sehr zweifelhaft; anders etwa Hengel/Schwemer, Paulus, 281–283; Bird, Incident, 340. 56 Vgl. auch Bird, Incident, 331. 57  In den Paulusbriefen wird durchweg vorausgesetzt, dass Geisterfahrungen zu den grundlegenden Elementen der neugewonnenen religiösen Identität der Christusgläubigen gehörten (vgl. 1 Kor 12–14; 1 Thess 4,8; Gal 3,2–5 u. v. m.). Die Verankerung des Geistes in den ältesten Zeugnissen der Jesustradition (Mk  3,29; 13,11; Q  12,10–12) zeigt, dass dies nicht nur auf die Paulustradition beschränkt war (vgl. schon Mk 1,8 par. und dann auch Joh 14–16). Es ist daher m. E. sehr wahrscheinlich, dass Erfahrungen von Ekstase zu dem religiösen Aufbruch gehörten, der nach Ostern einsetzte, und daher auch für die antiochenische Ekklesia vorauszusetzen sind. 58  So auch Bird, Incident, 331.

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die Judäer nicht anzunehmen, zumindest nicht aus der Perspektive der Christusgläubigen. In die Synagogen von Damaskus wurden freilich, möglicherweise ausgehend vom Jerusalemer Sanhedrin, bald kritische Nachrichten übermittelt. Paulus selbst dürfte, wenigstens nach Apg  9,1 f., daran beteiligt gewesen sein, nachdem er zuvor die Christusgläubigen in Jerusalem bekämpft hatte.59 Damit kann die Forderung verbunden gewesen sein, christusgläubige Mitglieder aus der Synagoge auszuschließen. Dies war umso wahrscheinlicher, je deutlicher wesentliche Elemente judäischer Identität in Frage gestellt wurden.60 Ob dies auch für die Judäer in dem 400 km entfernten Antiochien galt, ist allerdings nicht nachweisbar, da sich keine Spuren davon in den Quellen erhalten haben. Die Großstadt Antiochien war Heimat so vieler Judäer und damit auch unterschiedlicher Positionen, dass nicht notwendig davon ausgegangen werden kann, dass es für judäische Christusgläubige gar keinen Platz mehr in irgendwelchen Synagogen der Stadt gab.61 Nach Lukas geht diese hier rekonstruierte Entwicklung, über die er selbst so gut wie nichts verlauten lässt, einher mit der Benennung der Christusgläubigen als Χριστιανοί (Apg  11,26). Diese Fremdbezeichnung, die auf das lateinische Christiani zurückzuführen ist, könnte als Hinweis darauf verstanden werden, dass die römischen Behörden Antiochiens diese neue Gruppe mit dem in Jerusalem hingerichteten Aufrührer in Beziehung setzten.62 Denn der Titel Christiani verweist nicht auf eine Gottheit, sondern auf eine Person.63 Damit würde für externe Beobachter in Antiochien spätestens in den 40er Jahren festgestanden haben, dass diese neue ‚Sekte‘ eine eigene Gruppierung war, wobei freilich nicht gesagt ist, ob außerhalb der judäischen Minorität oder wenigstens eine unterscheidbare Gruppe innerhalb derselben.64 Kritisch kann allerdings gegen die Frühdatierung eingewandt werden, dass Paulus die Bezeichnung nicht gebraucht. Sie findet sich vielmehr erst in relativ späten Texten wie der Apostelgeschichte (11,26; 26,28), dem 1. Petrusbrief (4,16), der Didache (12,4) und den Ignatiusbriefen (IgnEph  11,2; IgnMagn  4; IgnRöm  3,2; IgnPol  7,3). Römische Autoren verwenden sie zur selben Zeit dazu, um die Christiani als gesellschaft59  Die lk. Darstellung, wonach Paulus christusgläubige Judäer und Judäerinnen aus Damaskus gefangen nach Jerusalem bringen hätte sollen, hat freilich keine rechtliche Basis: Die Macht, Menschen zu verhaften und zu verschleppen, behielten sich die Römer selbstverständlich vor. Die Erzählung hat allerdings darin Plausibilität, dass nach der Vertreibung der ‚Hellenisten‘ von Jerusalem aus Bemühungen gestartet wurden, auch in der Diaspora diese neue Gruppierung zurückzudrängen. 60 Die Beschneidung von judäischen Buben gehörte aber offensichtlich nicht zu den umstrittenen Punkten, da sie selbstverständlich weitergeführt wurde (vgl. 1 Kor 7,18). 61  Vgl. auch Bird, Incident, 332. 62 Vgl. etwa Dunn, Beginning, 303–306; Koch, Geschichte, 199. Fraglich bleibt dann freilich, warum die Christiani nicht von den römischen Behörden in Syrien verfolgt wurden. 63  Vgl. zuletzt Eckhardt/Leonhard, Juden, 42. 64  Vergleichbar wären sie dann mit Herodiani, nur ist die Bezeichnung Ἡρῳδιανοί lediglich in Mk 3,6; 12,13 par. Mt 22,16 belegt; vgl. dazu etwa Wilker, Rom, 305–307.

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lich problematische Gruppe zu bezeichnen (Plin.Ep. 10, 96; Suet.Cl. 25,4; Tac. Ann. 15, 44,1). M. E. ist daher eher damit zu rechnen, dass Lukas die Entstehung der Bezeichnung zu früh einordnet. Unabhängig von der Benennung als Χριστιανοί ist allerdings in der Tat anzunehmen, dass sich innerhalb der Gesellschaft Antiochiens die Christusgläubigen als eine auch von außen wahrnehmbare Gruppierung konstituierten. Dass sie dies als ‚Synagoge‘ taten, ist angesichts des Umstands, dass sie diese Bezeichnung nicht verwendeten, sehr unwahrscheinlich.65 Auch die Bezeichnungen, die Lukas abgesehen von ἐκκλησία (Apg  11,26; 13,1; 14,27; 15,3; 18,22) für die Antiochener verwendet, sind nicht typisch antiochenisch: μαθηταί (Apg 11,29; 14,28) und ἀδελφοί (15,1.22.32 f.). Die Regelmäßigkeit, mit der Paulus in seinen Briefen ἐκκλησία verwendet, lässt aber die Annahme zu, dass sich auch die antiochenische Gemeinde so bezeichnete. Ihre Stellung innerhalb der metropolis Antiochien wird sich in dem rechtlichen Rahmen abgespielt haben, in dem sich auch andere Gemeinschaften befanden. Wir besitzen leider aus Antiochien kaum epigraphisches Material, sodass wir über das sogenannte Vereinswesen nur sehr allgemeine Aussagen treffen können.66 Ist der Eindruck, den wir von anderen Orten gewinnen können, aber zutreffend, dann ist davon auszugehen, dass sich die christliche Gemeinschaft in einem rechtlich informellen Kontext bewegte.67 Wie viele andere Gruppierungen einer antiken Polis, die mit dem Label ‚Vereinigungen‘ zusammengefasst werden können, blieben sie unter dem Radar der Behörden, solange sie keine Schwierigkeiten auslösten.68 Da es für Letzteres bis in die Zeit Trajans hinein, als Ignatius von Antiochien verhaftet wurde, keinen Hinweis gibt, ist von einer weitestgehend unauffälligen Existenz der Ekklesia auszugehen, auch im Verhältnis zur judäischen Minorität der Stadt.69 Abgesehen von der Möglichkeit, dass manche judäischen Christusgläubigen aus ihrer Synagoge ausgeschlossen wurden, lässt

65  Die Belege bei Zetterholm, Formation, 94, für die Annahme, die antiochenische Gemeinde hätte sich als Synagoge konstituiert, sind Jak 2,2 und IgnPol 4,2. In beiden Kontexten wird damit aber ganz eindeutig die konkrete Versammlung bezeichnet, nicht die Gemeinschaft als solche. Eine Konstituierung als Synagoge erwägt etwa auch Weidemann, Wasser, 744. 66  Vgl. Zetterholm, Formation, 24–31, für eine allgemeine Beschreibung des religiösen und sozialen Lebens in Antiochien. 67  Vgl. dazu schon Öhler, Vereinsrecht, 61; zuletzt wieder bei Eckhardt/Leonhard, Juden, 36–39, die auch darauf hinweisen, dass vorhandene Regeln dazu führten, dass die vielen nicht offiziell anerkannten Vereinigungen sich diesen Regeln auch ohne offizielle Anerkennung anpassten. Wenig wahrscheinlich scheint mir allerdings, dass die antiochenische Gemeinde als ‚Verein‘ anerkannt worden war; so aber noch erwogen von Öhler, Vereinsrecht, 62. 68 Plinius der Jüngere merkt in seiner Thematisierung von Christenprozessen übrigens an, bei solchen noch nicht dabei gewesen zu sein (Ep. 10, 96,1), obwohl er im Jahr 81 n. Chr. für wenigstens sechs Monate als Militärtribun in Antiochien gewirkt hatte. 69 Paulus verweist in 1 Thess 2,14 ausschließlich auf Verfolgungen in Judäa, sodass von ähnlichen Versuchen in Antiochien nicht auszugehen ist.

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sich kein gravierenderer Konflikt erkennen.70 Immerhin so viel ist sehr plausibel: Die Synagogen Antiochiens hatten allen Anlass anzunehmen, dass ihre christusgläubigen Mitglieder sich durch die Gemeinschaft mit Nicht-Juden weit von den identitätskonstituierenden und ‑erhaltenden Grundsätzen entfernt hatten, die gerade in ihrer Minoritätssituation besonders wichtig waren. Sie lebten ja, wie Paulus über Petrus formuliert, ἐθνικῶς. Die Angabe in Gal 2,12, Petrus und die anderen hätten aus Furcht vor den Judäern – wörtlich: „vor denen aus der Beschneidung“ – die Mahlgemeinschaft mit den Christusgläubigen aus den Völkern aufgekündigt, ist im Übrigen auf judäische Mitglieder der Ekklesia oder die Jakobusleute aus Jerusalem zu beziehen, nicht auf Judäer im Allgemeinen.71 Würde es sich um Judäer handeln, dann sollte man annehmen, dass sie gegenüber den judäischen Mitgliedern der Ekklesia Sanktionsmöglichkeiten gehabt hätten. Man könnte u. U. an die Synagogenstrafe von 39 Schlägen denken (vgl.  2 Kor  11,24; Mt  23,34). Ebenso denkbar wäre der Ausschluss aus der Synagoge mit empfindlichen gesellschaftlichen und auch ökonomischen Folgen, der ja für andere Texte belegt ist (Joh 9,22; 12,42; 16,2). Letzteres ist durchaus möglich. Dass allerdings Paulus die Veränderungen innerhalb der antiochenischen Ekklesia auf Einfluss der judäischen Minorität in Antiochien zurückführte, ist aufgrund des Kontextes von Gal 2,12 wenig wahrscheinlich: Die aus Jerusalem gekommenen Leute des Jakobus waren es ja, die Anlass zur Veränderung der Mahlgemeinschaft in Antiochien gaben, nicht die antiochenischen Judäer. In 2,13 ist überdies von Ἰουδαῖοι die Rede, die eindeutig zur Ekklesia von Antiochien gehören, wie auch Petrus als Ἰουδαῖος angesprochen wird.

II. Das Wirken des Paulus in der Ekklesia von Antiochien 1. Der Anschluss des Paulus an die Ekklesia von Antiochien Paulus kam nach seiner Wende zum Christusglauben erst mit Verzögerung nach Antiochien. Er hatte zuvor im Jahr 30/31 n. Chr. vor (Apg 9,3) oder in Damaskus (vgl. Gal 1,17) eine Erscheinung des Auferstandenen gehabt (1 Kor 9,1; 15,8) bzw. 70  Im Gegenteil: Von der Polemik des Ignatius von Antiochien gegen jede Annäherung an das Judentum (Magn 8,1; 10,3; Phld 6,1) bis zu den antijüdischen Predigten des Johannes Chrysostomus wird immer wieder deutlich, dass gerade in Antiochien die Nähe zwischen Christentum und Judentum offenbar besonders groß war; vgl. auch Bird, Incident, 334. 71 Letzteres wieder bei Bird, Incident, 339 f., der im Endeffekt von einer „mixture of Jews and perhaps some Jewish Christian dissenters who shared a disdain towards other Jewish Christians with their Gentile clientele“ ausgeht. Eine Verbindung von judäischen Christusgläubigen und Judäern, die die πίστις ablehnen, als Opposition zu Petrus, Barnabas und anderen scheint mir doch sehr weit hergeholt. Dass Paulus Petrus Angst „vor denen aus der Beschneidung“ attestiert, hat mit der polemischen Darstellung zu tun und sollte nicht wörtlich genommen werden.

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eine Offenbarung des Sohnes (Gal 1,16). Von Damaskus aus ging er in das Gebiet der Nabatäer (Gal 1,17), wobei aus dem Duktus des Galaterbriefs deutlich wird, dass er bereits dort das Evangelium (auch) an Menschen aus den Völkern verkündigte.72 Es konnte ja kein anderes Evangelium sein als das, das er von Gott empfangen hatte (Gal 1,16). Das fügt sich mit der Rekonstruktion der Entstehung der Ekklesia in Antiochien zusammen, bei der genau dies bereits eine Rolle spielte. Zudem erklärt dies gut, warum Paulus durch den Vertreter der Nabatäer in Damaskus zur Flucht gezwungen worden war (2 Kor 11,32 f.): Offenbar hatte seine Verkündigungstätigkeit den Argwohn der nabatäischen Minorität erregt, sodass Paulus zu einem Problemfall in Damaskus geworden war. Damit ist freilich nicht gesagt, dass Paulus in dieser Zeit ausschließlich Nicht-Juden das Evangelium verkündigt hatte. Nach seinem Zwischenbesuch in Jerusalem im Jahr 33/34 n. Chr. (Gal 1,18 f.), bei dem er sich mit den Jerusalemern darüber verständigen konnte, nun auf ihrer Seite zu stehen, ging Paulus zunächst in seine Heimatstadt Tarsus (Apg  9,30) und von dort nach Antiochien (Apg 11,25 f.). Die in diesem Zusammenhang in Apg 11,25 f. genannte Vermittlungstätigkeit des Barnabas hat einige Plausibilität, zumal die beiden auch in weiterer Folge gemeinsam agierten: In der Leitung der antiochenischen Ekklesia (Apg 13,1) und in der Verkündigungstätigkeit in Zypern und im Süden Kleinasiens (Apg 13 f.). Insgesamt ist es sehr wahrscheinlich, dass Paulus seit seiner Wende keinen Anlass hatte, von bereits bestehenden Überzeugungen des Christusglaubens abzuweichen, wie ihn die Jerusalemer Hellenisten bis zu diesem Zeitpunkt geprägt hatten. Zudem ist damit zu rechnen, dass für Paulus mit seiner Neuorientierung vor Damaskus genau jene Gedanken ins Recht gesetzt worden waren, die ihn zuvor zur Verfolgung der Jerusalemer Gemeinde motiviert hatten.73 So wird mit der Christusvision, aber sehr wahrscheinlich auch durch die Ekklesia von Damaskus und die Erfahrungen bei den Nabatäern, Paulus die Bedeutung des Christusereignisses für das Gottesvolk aus Juden und Nicht-Juden ausreichend deutlich geworden sein. Barnabas musste ihn nicht erst einschulen, als Paulus nach Antiochien kam und fortan an der Gestaltung antiochenischer Theologie und Glaubenspraxis mitwirkte. Paulus schloss sich also einer Ekklesia an, deren Mitglieder aus Jerusalem geflohen oder erst in Antiochien zum Glauben gekommen waren, eine Gemeinschaft, in der ethnische und die damit verbundenen religiösen Grenzen programmatisch hintangestellt wurden. Er war in weiterer Folge sicherlich beteiligt 72 Anders

etwa a. a. O., 335. ist, dass in der pharisäischen Tradition die Reinheitsbestimmungen besonders ernst genommen wurden. Der Eifer, mit dem Paulus zunächst jene verfolgte, die diese Bestimmungen verletzten, kehrte sich mit der Wende zur πίστις in das Gegenteil um: Reinheitsvorstellungen sollten gar keine Rolle mehr spielen; vgl. a. a. O., 341. Die innerchristliche Opposition laut Apg 15,5 hatte ebenfalls diesen pharisäischen Hintergrund. 73 Bedenkenswert

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an der Weiterentwicklung der antiochenischen Kultpraxis und Theologie, wobei sich weder Art noch Inhalt dieser Mitwirkung bestimmen lassen.74 2. Paulus als Mitglied des Führungskreises Während der etwa 13–14 Jahre dauernden Wirksamkeit des Paulus in Syrien und Kilikien (Gal 2,1), ein Gebiet, das zu jener Zeit eine Doppelprovinz war und von Antiochien aus regiert wurde, hatte Paulus gemeinsam mit anderen, unter denen sicherlich Barnabas herausragte, den Christusglauben an Juden und Nicht-Juden verkündigt. Er gehörte laut Apg  13,1 zu dem Leitungsgremium aus Propheten und Lehrern innerhalb der Ekklesia von Antiochien.75 Der Wortlaut in Apg 13,1 eröffnet die Möglichkeit, Paulus – der hier noch Saulus genannt wird – zu den Lehrern zu zählen.76 Möglicherweise ist aber doch eher mit einer stilistischen Variierung zu rechnen. Sowohl Lehrtätigkeit als auch Prophetie spielen in der Apostelgeschichte eine große Rolle. Im engeren Kontext ist 11,26 auffällig, wo von Barnabas und Paulus allgemein das Lehren eines großen Volkes in Antiochien erzählt wird (vgl.  auch 15,35), also im Sinne von Verkündigung und innergemeindlicher Lehre. In 1 Kor  12,28 f. stellt Paulus Propheten und Lehrer in eine Rangfolge hinter die Apostel, wobei für alle Funktionen die Einsetzung durch Gott betont wird. Paulus selbst sprach nach eigenem Zeugnis prophetisch (1 Kor 13,2; 14,6) und gab Offenbarungen weiter (1 Thess 4,15–17; 1 Kor 15,51 f.; Röm 11,25 f.). Und selbstverständlich wirkte er auch als Lehrer (1 Kor  4,17), wenngleich dies in seinen Briefen nicht so sehr in den Vordergrund rückt, da der Aposteldienst auch Lehre einschließt.77 3. Paulus und der Apostelkonvent In den späten 40er Jahren, wahrscheinlich um 47 n. Chr., kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Vertretern eines toratreuen Christusglaubens, die sehr wahrscheinlich aus Jerusalem kamen (vgl. Apg 15,1; Gal 2,4), und dem Leitungs74  Zu Elementen antiochenischer Theologie in den Paulusbriefen vgl. Öhler, Bausteine, 497–504. 75  Vgl. zum Folgenden ausführlicher Öhler, Barnabas, 261–267. 76  Die Formulierung unterscheidet mithilfe der Kopula zwei Gruppen: Die erste mit τε … καὶ … καὶ, die zweite mit τε … καὶ; ähnlich auch Lk 2,16; 12,45; 21,11; Apg 1,8.13; 6,12; 21,25; 22,23. In Apg 26,30 verwendet der Verfasser ebenfalls zweimal hintereinander τε … καὶ in einer Personenaufzählung, die auch eine Gewichtung hinsichtlich der sozialen Stellung andeutet: Ἀνέστη τε ὁ βασιλεὺς καὶ ὁ ἡγεμὼν ἥ τε Βερνίκη καὶ οἱ συγκαθήμενοι αὐτοῖς. 77  Möglicherweise enthielt die Liste in Apg 13,1 in ihrer ursprünglichen Fassung analog zu 1 Kor 12,28 auch Apostel. Lukas hätte diese Funktion dann gestrichen, um nicht in Widerspruch zur Beschränkung des Aposteltitels auf die Zwölf zu geraten; vgl. Schmeller, Brechungen, 84. In Apg 14,4.14 werden freilich Barnabas und Paulus als Apostel bezeichnet.

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gremium der antiochenischen Ekklesia. Während des darauf folgenden Apostelkonvents zählte Paulus gemeinsam mit dem ursprünglich zur Jerusalemer Ekklesia gehörenden Barnabas zu denen, die die Anerkennung der Beschneidungsfreiheit der Christusglaubenden aus den Völkern erreichten. Paulus legt im Galaterbrief besonders darauf Wert, dass es nicht darum ging, die Erlaubnis für die bereits lange geübte Praxis zu erreichen, sondern darum, dass auch die Leitung der Jerusalemer Gemeinde dies als göttlichen Willen erkannte (Gal 2,6–9). Der darauf folgende Beschluss, die Verkündigungstätigkeit anhand einer ethnischen Linie aufzuteilen  – „wir zu den Völkern, sie aber zur Beschneidung“ (Gal 2,9) – führte zu einer Neuorientierung des Paulus, des Barnabas und der gesamten antiochenischen Ekklesia. Sie nahmen ihre Verantwortung für die Völker daraufhin in besonderer Weise wahr, wie die Ausweitung der Verkündigung auf Zypern und das südliche Kleinasien zeigt (Apg 13 f.). Paulus machte von da an die Verkündigung unter den Völkern zu seiner Sache, sodass er sich als Apostel der Völker bezeichnete (Gal  1,16; Röm  1,5; 11,13 f.; 15,15 f.). Wesentlich war für seine Tätigkeit fortan die Ausschließlichkeit, mit der er in der griechisch-römischen Welt jene Menschen für das Evangelium zu gewinnen versuchte, die Gott aus den Völkern erwählte hatte (vgl. Röm 11,25). Sie und nicht mehr die Angehörigen seines eigenen Volkes, um deren Gewinnung sich die Jerusalemer um Petrus, Jakobus und Johannes kümmerten, waren und blieben sein Zielpublikum.78 4. Paulus und Barnabas auf Reisen79 Wahrscheinlich in die Zeit nach dem Apostelkonvent, also um 48 n. Chr.80, fiel die Reise laut Apg 13,14–14,26, die Paulus als Begleiter des Barnabas zusammen mit Johannes Markus zunächst nach Zypern führte. Die Quellen, die Lukas dafür aufgriff, machen wahrscheinlich, dass Barnabas hier die führende Person war. Dafür spricht auch, dass Zypern als Heimat der Familie des Barnabas (Apg 4,36) das erste Ziel war. Von Paphos aus, wo die Reisenden in Sachen Evangelium dem Statthalter begegnet waren, ging es an die Südküste Kleinasiens und weiter in das pisidische Antiochien.81 Der Verfasser der Apostelgeschichte gibt einen 78 Zur Ausschließlichkeit, mit der sich Paulus an Nicht-Juden wandte, vgl. zuletzt Öhler, Geschichte, 231–233. 79 Vgl. zum Folgenden ausführlich neben Öhler, Barnabas, 253–389, auch Breytenbach, Paulus; Dunn, Beginning, 417–438; Koch, Geschichte, 217–223. 80 Zur Begründung dieser gegenüber der Reihenfolge der Apostelgeschichte abweichenden Rekonstruktion vgl.  Öhler, Barnabas, 59–62; Ders., Geschichte, 91 f. Behält man die herkömmliche Chronologie bei, führt die Verkündigungstätigkeit laut Apg 13 f. die bis dahin geübte Praxis einfach fort. So verliert die Abmachung in Gal 2,9 den Charakter einer Vereinbarung, die neu geordnete Verhältnisse schafft. 81  Die Möglichkeit, dass der Statthalter Sergius Paullus die Apostel an seine Familie im pisidischen Antiochien weiter vermittelte, ist nicht leicht von der Hand zu weisen; vgl. dazu

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relativ detaillierten Bericht über die dortigen Geschehnisse, v. a. aber über die exemplarische Verkündigung des Paulus in einer Synagoge. Auch wenn dies zum größten Teil auf den Verfasser selbst zurückgeht, ist doch anzunehmen, dass die in Apg 13,48 knapp genannte Etablierung einer Gruppe von Christusgläubigen aus den Völkern nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Dasselbe ist auch für die Orte Ikonion und Lystra in Lykaonien sowie für Derbe in Kommagene anzunehmen. Auch diese Gemeinschaften dürften, wenn man der paulinischen Selbstdarstellung als Völkerapostel glauben kann, ausschließlich aus Menschen aus den Völkern bestanden haben. Sie waren gewiss nicht anders als die antiochenische Ekklesia gestaltet und ihre Etablierung wurde wohl als Zeichen dafür gewertet, dass die Verkündigung des Evangeliums an die Völker von Gott in genau dieser Weise gewollt war (vgl. Apg 14,27). Nach der Gründung dieser kleinen Versammlungen von Christusgläubigen im Süden der Provinz Galatien, an die Paulus später auch den Galaterbrief richtete,82 kam es allerdings zum Streit zwischen den Partnern Barnabas und Paulus (Apg 15,36–39).

III. Die Abnabelung von Antiochien Ein wichtiger, wenngleich in seiner historischen Substanz umstrittener Einschnitt in die Verkündigungstätigkeit des Paulus, der deutlich vor dem antiochenischen Konflikt anzusetzen ist, war die Auseinandersetzung mit Barnabas, die in Apg 15,36–39 erzählt wird.83 Lukas setzt diesen Konflikt auf die Zeit unmittelbar nach dem Apostelkonvent an, m. E. fand er aber nach der Verkündigung auf Zypern und im südlichen Teil der Provinz Galatien statt (um 48 n. Chr.). Anlass war nach Lukas die Mitnahme des Johannes Markus auf eine erneute Reise in die bereits zuvor besuchten Gegenden, um die dort entstandenen Gemeinden zu stärken. Die Diskussion um die Historizität dieses Konfliktes kreist um folgende Argumente: Einerseits wird vorgebracht, Lukas hätte diese Auseinandersetzung erfunden, weil er erklären musste, warum Barnabas und Paulus ihre erfolgreiche gemeinsame Tätigkeit nicht fortsetzten.84 Lukas habe vielleicht von einer Auseinandersetzung zwischen Paulus und Barnabas gewusst, deren Inhalt und Details aber aus Informationen über Johannes Markus erschlossen.85 Weit verbreitet ist aber v. a. Breytenbach, Paulus, 39–43. Eine nachträgliche Konstruktion einer solchen Verbindung durch Lukas ist unwahrscheinlich. 82  Zur Adressierung an die südgalatischen Gemeinden vgl.  Sänger, Adresse, passim. Der Umstand, dass Paulus die Verkündigung bei den Adressaten im Galaterbrief nicht erwähnt, lässt sich am schlüssigsten damit erklären, dass sie in den Zeitraum nach dem Apostelkonvent fiel. 83  Vgl. dazu ausführlicher Öhler, Barnabas, 439–454. 84  Vgl. Haenchen, Apostelgeschichte, 460; Lüdemann, Paulus, 170. 85  Laut Apg 13,13b hatte Johannes Markus Barnabas und Paulus vor ihrer Weiterreise in das

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vor allem die These, Lukas hätte den Anstoß des antiochenischen Konflikts vermeiden wollen und stattdessen eine vergleichsweise harmlose Differenz als Anlass für das fortan getrennte Wirken von Barnabas und Paulus neu gestaltet.86 Andererseits gibt es auch gute Gründe für die Historizität des Berichts, denn der Konflikt ist grundsätzlich plausibel: Johannes Markus hatte laut 13,13 die beiden Verkündiger vor ihrer Weiterreise in das pisidische Antiochien verlassen, was dort neutral dargestellt wird.87 Für die Historizität spricht ebenfalls, dass entsprechend der Tradition in Kol 4,10 Johannes Markus ein Neffe des Barnabas war, sodass die Solidarität des Barnabas mit ihm auch den sozialen Konventionen entsprechen würde.88 Vor allem aber wäre die Umgestaltung einer Überlieferung über den antiochenischen Konflikt zu einer persönlichen Auseinandersetzung zwischen Paulus und Barnabas ohne Parallele in der Apostelgeschichte. Die Trennung hätte Lukas auch ohne anstößigen Streit erzählen oder gänzlich unerwähnt lassen können.89 M. E. kann man aus diesen Gründen davon ausgehen, dass die Partnerschaft in der Verkündigung des Evangeliums, die Barnabas und Paulus nach Zypern und in den Süden Kleinasiens geführt hatte, angesichts der Planungen des Paulus für eine weitere Reise zerbrach.90 Dass dies wahrscheinlich keinen dauerhaften Bruch zwischen den beiden zur Folge hatte, lässt sich den Erwähnungen des Barnabas in Gal 2 und 1 Kor 9,6 entnehmen: Paulus erkennt dort Barnabas als Apostel an, der mit ihm die Verkündigung unter den Völkern betrieb und wie er selbst auf den Unterhalt durch die Gemeinden verzichtete. Selbst in der Darstellung des antiochenischen Konflikts rückt Paulus Barnabas in die Rolle eines Getriebenen (Gal 2,13). Unwahrscheinlich ist, dass sich die beiden schon früher aufgrund theologischer Differenzen trennten, denn solche lassen sich erst beim antiochenischen Konflikt erkennen. Zudem nahm Paulus auf die Reise, die ihn bis Korinth führte, mit Silas/Silvanus einen Jerusalemer und keinen Antiochener als Begleiter mit. Erst nach dem Konflikt begegnet Silvanus nicht mehr als Co-Autor der Briefe, wie er es noch in 1 Thess 1,1 ist, und auch in der Apostelgeschichte wird er nur bis Korinth erwähnt.91 pisidische Antiochien verlassen. Gut möglich, dass dies von Lukas an dieser Stelle eingefügt wurde, um den Anlass für den Streit zu begründen. 86  So etwa Weiser, Apostelgeschichte (Bd. 2), 395; Reinbold, Propaganda, 105; Dunn, Beginning, 492. 87  In Apg 15,38 wird Johannes Markus als Fahnenflüchtiger beschrieben (intransitives ἀφιστάναι z. B. auch Xen.Anab. 2, 5,7; App.Hist. (Iber.) 34 § 137). 88  Laut Apg 12,25 hatten Barnabas und Paulus Johannes Markus bereits aus Jerusalem mitgenommen. 89  So etwa auch Roloff, Apostelgeschichte, 236 f. 90   So u. a. Hengel/Schwemer, Paulus, 330; Koch, Geschichte, 249 f.; anders zuletzt u. a. Schnelle, 100 Jahre, 236. 91  Das kann sicherlich auch andere Gründe als den antiochenischen Konflikt haben, aber es ist m. E. plausibel, dass sich Silas/Silvanus in dieser Auseinandersetzung auf die Seite des

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Die Apostelgeschichte lässt neben dem Streit um Johannes Markus indirekt ein weiteres Motiv erkennen: Während Barnabas erneut nach Zypern ging, reiste Paulus nach Besuchen in den Gemeinden im Süden der Provinz Galatien bis nach Korinth. Er kehrte für etwa zwei Jahre auch nicht mehr zurück nach Antiochien. Die im Jahr 48/49 n. Chr. begonnene Reise des Paulus diente ganz offensichtlich nicht dem Zweck, die versprochene Kollekte einzusammeln (Gal 2,10), sondern dazu, das Evangelium auch anderen Völkern als den bisher besuchten zu verkündigen. Im Gegensatz zu Apg  13,2 f. wird für diese Reise auch keine Beauftragung durch die Antiochener erwähnt, laut 18,22 erfahren wir auch nichts von einem Bericht in Antiochien (vgl. hingegen 14,27). Das kann darauf hindeuten, dass das paulinische Vorhaben nicht den Plänen der antiochenischen Ekklesia entsprach. Überdies waren die von Paulus in Makedonien und Achaia gegründeten Gemeinden völlig unabhängig von Antiochien. Der Apostel blieb für wenigstens eineinhalb Jahre in Korinth (Apg 18,11), was ebenfalls gegen einen dauernden Bezug auf Antiochien spricht. Hinzu kommt, dass Paulus laut Röm 15,19 bis nach Illyrien gereist war, was m. E. wahrscheinlich macht, dass er von Beginn an vorhatte, bis nach Rom zu kommen (vgl. Röm 1,13).92 Berücksichtigt man diese anders geartete Reisetätigkeit des Paulus, lässt sich berechtigt vermuten, dass die Spannungen mit Barnabas sich nicht bloß an der Person des Johannes Markus entzündet hatten, sondern darüber hinaus an der Frage nach der geographischen Ausweitung der Verkündigung. Da Barnabas, soweit sich rekonstruieren lässt, in jener Zeit die bestimmende Person in der antiochenischen Gemeinde war,93 führte der Dissens über Johannes Markus und die Planungen der weiteren Verkündigung unter den Völkern zur Trennung nicht nur der beiden Partner, sondern darüber hinaus zur Abnabelung des Paulus von der antiochenischen Gemeinde. Das wird schließlich auch aus Phil 4,15 erkenntlich, wo Paulus die von ihm gegründete Gemeinschaft in Philippi mit dem Anfang der Verkündigung (ἀρχὴ τοῦ εὐαγγελίου) verbindet.94 In der Tat war Philippi nach Ausweis der Apostelgeschichte die erste maßgeblich von Paulus selbst gegründete Ekklesia und Makedonien die erste allein von Paulus erfolgreich mit dem Evangelium vertraut gemachte Provinz nach der Lösung von Barnabas und Antiochien. Die geographisch erweiterten Pläne des Paulus führten also wahrscheinlich dazu, dass er sich von Antiochien unabhängig machte. Hatte er etwa 15 Jahre im Kontext der antiochenischen Gemeinde zugebracht, als Verkündiger in Syrien Petrus und Barnabas stellte. Auch die traditionelle Verbindung des Silas mit dem Aposteldekret (Apg 15,22.27.32) spricht dafür. 92  Vgl.  dazu ausführlich Pilhofer, Paulus, (www.die-apostelgeschichte.de/einzelthemen/ paulus_albanien/vortrag.pdf; 26. 2. ​2019). 93 Siehe oben und zusammenfassend Öhler, Barnabas, 483 f. 94  Vgl. für dieses Verständnis etwa Reinbold, Propaganda, 123; Koch, Geschichte, 255.

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und Kilikien und unter den Völkern in Zypern und Südkleinasien, so war er nun unabhängig unterwegs, mit selbstgewählten Mitarbeitern wie Silas/Silvanus und Timotheus und mit dem Ziel, die Völker im gesamten Mittelmeerraum mit dem Evangelium bekannt zu machen. Dafür gab es sicherlich theologische Gründe: Zum einen war die Verkündigung unter den Völkern, das Erbe der Jerusalemer Hellenisten und nach dem Apostelkonvent die Aufgabe der Antiochener, ja noch lange nicht bewältigt. Makedonien, Achaia bzw. auch der Versuch, nach Rom zu kommen, waren logische Stationen auf dem Weg bis an das Ende der Erde (Jes  49,6).95 Doch Paulus präsentiert sich unabhängig von den Vereinbarungen in Jerusalem als Apostel der Völker, dem dies schon mit seiner Berufung aufgetragen worden war. Seine Aufgabe musste ihn, der sich als vom Mutterleib an auserwählt verstand (Gal 1,15; vgl. Jes 49,1), auf Inseln und zu den Völkerschaften führen (Jes 49,1).96 Ein drittes theologisches Motiv lässt sich schließlich in Röm  11,25 erkennen, wenn das πλήρωμα τῶν ἐθνῶν tatsächlich so zu interpretieren ist, dass damit eine von Gott bestimmte Zahl christusgläubiger Menschen aus den Völkern festgelegt ist, die Paulus mit seinen Reisen zu erreichen versuchte.97 Die weitere Geschichte des Paulus mit Antiochien gehört nicht mehr in seine Frühzeit: Als er 52 n. Chr. noch einmal Antiochien erreichte (Apg 18,22), kam es zur Auseinandersetzung über die Einhaltung von Speisegeboten, in der er allem Anschein nach unterlag. Nach dem Zeugnis der Briefe und der Apostelgeschichte kam er danach nicht mehr in die für ihn so prägende Ekklesia zurück, wenngleich das antiochenische Erbe ihn weiterhin begleitete. Er hatte seinen eigenen Weg gefunden, seine ‚Mission‘, die ihn bis nach Rom führen sollte. In Antiochien hatte man sich, mutmaßlich mithilfe des Aposteldekrets und/ oder ähnlicher Bestimmungen, in einem Miteinander engagiert, das für die Jerusalemer um den Herrenbruder Jakobus, die sich auch in Syrien als bestimmende Größe durchsetzten, der Lösung des Apostelkonvents entsprach. Die Orientierung an Bestimmungen über Fremde in Israel, wie sie in Lev 17 f. grundgelegt und möglicherweise auch in einigen Diasporasynagogen praktiziert wurden,98 ermöglichten, dass die Gemeinschaft einen Platz innerhalb der judäischen Minorität Antiochiens fand. Es ist überdies damit zu rechnen, dass mit der Zeit 95 M. E. hatte Paulus den Entschluss, nach Spanien zu gehen (Röm 15,24.28), möglicherweise schon zu diesem frühen Zeitpunkt gefasst, ihn aber aus uns unbekannten Gründen nicht umsetzen können. John, Galaterbrief, 154–158, erwägt persönliche Verbindungen zu spanischstämmigen Mitgliedern des Heeres im pisidischen Antiochien. 96  Auf die Bedeutung von Jes 40–66 als Hintergrund des paulinischen Selbstverständnisses verweist v. a. Wilk, Bedeutung. 97  2 Kor 10,13–16 lässt überdies erahnen, dass Paulus in Wirkungsbereichen dachte, die ihm aufgetragen wurden und über die er nach vollendeter Verkündigung hinauszugehen gedachte, ohne anderen Verkündigern ins Gehege zu kommen; vgl.  zur Diskussion Dunn, Beginning, 545 f.; Schmeller, Korinther (Bd. 2), 180–186. 98  Vgl. dazu Deines, Aposteldekret, 323–395.

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mehrere Ekklesiai entstanden und sich durch Theologie und Praxis voneinander zu unterscheiden begannen. Mit dem Matthäusevangelium begegnet uns, wenn eine Lokalisierung in Antiochien angenommen wird, ein Text, der ein Ringen um die Öffnung für Glaubende aus den Völkern bezeugt. In der nur wenig später entstandenen Didache, die auf einen ähnlichen Kontext wie das Matthäusevangelium zurückgeht, ist diese Frage bereits positiv beantwortet. Es bleiben freilich einzelne Bestimmungen aufrecht (Did 6,2 f.). Bei Ignatius lässt sich dann erneut etwa 20 Jahre später sehen, dass aus einer anderen in Antiochien beheimateten Richtung jede Annäherung an das Judentum als Irrweg angesehen wird (Magn 8,1; 10,3; Phld 6,1).

IV. Zusammenfassung Gemeinsam mit anderen hatte Paulus die theologische Eigenart und Praxis der antiochenischen Ekklesia über Jahrzehnte geprägt, bevor sich diese wieder in die Richtung einer toratreuen innerjüdischen Gemeinschaft entwickelte. War seine Frühzeit, wie es u. a. der 1.  Thessalonicherbrief dokumentiert, davon geprägt, dass die Frage trennender Torabestimmungen beantwortet war, so war er später dazu gezwungen, seine Position gegenüber seiner prägenden Heimatgemeinde zu verteidigen und zu schärfen.

Paulus, die thessalonische Gemeinde und ihr hellenistisch-römisches Umfeld Das Konzept einer Dichotomie und seine Probleme Babett Edelmann-Singer Nicht selten gewinnt man – liest man die Exegeten der Paulusbriefe, namentlich des 1. Thessalonicherbriefes – den Eindruck, es habe in der Mitte des 1. Jahrhunderts eine in sich geschlossene ‚christliche‘ Welt existiert, in der Briefschreiber wie Adressaten lebten, wirkten und auf das Ende der Welt harrten, das täglich erwartet wurde. Diesem abgeschlossenen Kosmos der ersten Christen stand dann dem Vernehmen nach eine wiederum sehr homogen gedachte ‚heidnische‘ Umwelt gegenüber, die ihnen mindestens ratlos, wenn nicht feindlich gesinnt war.1 Aus historischer Perspektive scheint es angebracht, diese dichotome Sicht auf die Welt des Paulus zu hinterfragen – und ebendies soll im folgenden Beitrag geschehen. Die Autorin sieht die frühen ‚Christen‘2 nicht in Konfrontation oder Gegenüberstellung mit einer ‚paganen Umwelt‘. Vielmehr sind sie Teil einer gemeinsamen Welt, geprägt von gemeinsamer Sprache, gemeinsamen Ideen, Herkünften, Traditionen, Erlebnissen, Erinnerungen und Bildungsidealen, eben einer gemeinsamen hellenistisch-römischen Kultur und nur vor dem Hintergrund dieser Lebenswelt verstehbar.3 Die junge Gemeinde in Thessalonike bedarf dabei eines ganz eigenen Blickes, der die lokalen Verhältnisse jener Polis in Makedonien um das Jahr 50 n. Chr. 1  Vgl. u. a. Horn, Paulus Handbuch. In diesem Handbuch werden der Einbettung des paulinischen Werkes und der paulinischen Mission in den Kontext ‚Imperium Romanum‘ nur wenige Seiten eingeräumt. Natürlich gibt es auch zahlreiche kritische Stimmen zu den Konzepten eindeutig abgrenzbarer Identitäten, so u. a. Alkier /Leppin, Einleitung; Nicklas, Jews und Ders., Parting of the Ways?. 2  Vgl. dazu auch Alkier /Leppin, Einleitung, 9: „Die Vorstellung, christliche Identität führe automatisch zur Exklusion anderer Identitäten und Praktiken ist wohl eher normativen Präsuppositionen als der historischen Wirklichkeit des 1. Jh.s zu verdanken und wohl auch noch der des 2. Jh.s n. Chr. und zum Teil sogar weit darüber hinaus“. Zur Problematik des Begriffes vgl. u. a. Vogel, Streit. Zur Debatte um die Begrifflichkeiten vgl. auch van der Lans/Bremmer, Tacitus. 3  „Die Christen nämlich sind weder durch ein Land noch durch eine Sprache noch durch Sitten von den übrigen Menschen verschieden. Denn weder bewohnen sie irgendwo eigene Städte, noch bedienen sie sich irgendeiner abweichenden Sprache, noch führen sie ein auffälliges Leben“ (Diog 5,1–2, zitiert nach Alkier /Leppin, Einleitung, 1).

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zum Ausgangspunkt eines Verständnisses nimmt, darüber hinaus aber auch die größere, überregionale Perspektive des Paulus nicht vernachlässigt. Vor dem Hintergrund des Umfeldes im makedonischen Thessalonike sollen die im 1.  Thessalonicherbrief angelegten Konfliktpotentiale eines frühen Christentums mit seiner Lebenswelt thematisiert werden, und zwar sowohl in seiner politischen als auch sozialen und vor allem religionsgeschichtlichen Dimension. Dabei wird zunächst die historische Entwicklung der römischen Provinz Makedonien kurz dargestellt, da hier ein Schlüssel für das Verständnis der Zusammensetzung und Identitätsproblematik der Bevölkerung liegt. Danach gehe ich auf die Spezifika der Polis Thessalonike ein und wende mich dann vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Forschungsgeschichte zum römischen Herrscherkult beispielhaft einigen Aspekten im Paulusbrief zu, die auf pagane Motive und Traditionen anspielen könnten. Es soll dabei gezeigt werden, dass sich die paulinische Welt nicht von einer paganen Welt trennen lässt, dass die frühchristliche Gemeinde ohne ihre Umwelt nicht erklärbar ist, dass aber gleichzeitig die Konstruktion einer Dichotomie strukturelle Defizite aufweist. Der 1. Thessalonicherbrief kann nicht als Ausdruck einer bewussten antiimperialen Absetzbewegung verstanden werden, sondern legt durch die theologisch aufgeladene Übernahme paganer Kontexte den Grundstein einer späteren christlichen Kaiserkritik.

I. Die römische Provinz Makedonien Die Niederlage des letzten makedonischen Königs Perseus gegen die römischen Truppen im Jahr 168 v. Chr. bei Pydna bedeutete das Ende für das hellenistische Königreich Makedonien.4 Die Nachfolger Alexanders des Großen verloren ihre Herrschaft, aber mehr noch wurde das makedonische Gebiet einschneidenden territorialen, politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen unterworfen. Der römische Historiker Titus Livius berichtet im 45. Buch seines Geschichtswerks ausführlich über die Regelungen der römischen Administration unter dem Feldherrn Aemilius Paullus nach 168 v. Chr.5 und liefert damit einen guten Einblick in den Umgang Roms mit unterworfenen Feinden: Nominell entließ Paullus die Makedonen in die Freiheit, das Königtum wurde abgeschafft. Jede Stadt war nun autonom. Das bedeutete, sie sollte über ihr eigenes Territorium herrschen, ihre eigenen Gesetze anwenden und jährlich Beamte wählen. Die Makedonen mussten den Römern die Hälfte der Steuern entrichten, die sie den früheren Königen entrichtet hatten. Aemilius Paullus teilte das makedonische 4  Für die Zeit nach 168 v. Chr. vgl. Daubner, Makedonien, mit weiterführender Literatur und kritischer Einordnung. Vgl. auch Bartels, Städtische Eliten. 5  Liv. 45, 18 und 45, 29–32.

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Abb. 1: Die Aufteilung Makedoniens in vier Res Publicae (167–148 bc)6 (© E. Olshausen).

Territorium in vier Bezirke (merides res publicae) ein, von denen jeder eine eigene Hauptstadt, ein eigenes Concilium und eigene Magistrate erhielt. Jede Stadt sollte auch ihre eigenen Einnahmen festlegen. Zwischen den Bezirken war es verboten, zu heiraten und ökonomischen Austausch jeder Art zu betreiben. Das gesamte makedonische Territorium wurde von einem übergeordneten συνέδριον verwaltet, das sich aus Abgeordneten aller vier Bezirke zusammensetzte. Die Reform des Aemilius Paullus wurde in der Regel als Versuch gewertet, ein gemeinsames Handeln der politischen Klasse Makedoniens zu unterbinden, Beziehungen zwischen den Regionen zu verhindern und so die römische Herrschaft, die zunächst noch indirekt ohne Provinzadministration ausgeübt wurde, zu stabilisieren. Allerdings konnten Untersuchungen der letzten Jahrzehnte immer stärker zeigen, dass Rom in vielfacher Hinsicht bei der territorialen, politischen und ökonomischen Neustrukturierung Makedoniens auf hellenistische Vorbilder und Vorstrukturen zurückgriff. So war sowohl die Regioneneinteilung 6   https://referenceworks.brillonline.com/entries/der-neue-pauly-supplemente-i-3/die-e​n​t​w​ i​c​k​l​u​n​g​-der-romischen-provinzen-auf-der-sudlichen-balkanhalbinsel-COM_0091 (The four Macedonian res publicae [167–148 bc], © E. Olshausen).

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bereits unter den makedonischen Königen in Kraft7 und auch das gesamtmakedonische Koinon (concilium Macedonum), das die Römer laut Livius bereits vor der eigentlichen Etablierung der Provinz als über der Poleis-Ebene angesiedeltes Repräsentativorgan schufen, besaß Vorläufer seit frühhellenistischer Zeit.8 Es wurde offenbar von römischer Seite genutzt, um als Verhandlungspartner zu fungieren. Ebenfalls waren die in der Kaiserzeit belegten Phylen der Städte, wie sie sich auch für Thessalonike nachweisen lassen,9 und das Amt der Politarchen keine römischen Neuerungen.10 Gravierende Eingriffe nahmen die Römer dann im sozialen Gefüge Makedoniens vor. Ausgangspunkt dieser Umwälzungen war die Einrichtung der römischen Provinz Macedonia 148 v. Chr. in Folge eines Aufstands, angeführt von einem Mann namens Andriskos, der sich als Sohn des letzten makedonischen Herrschers Perseus ausgab. Die makedonische Elite wurde in der Folge zerschlagen, zum Teil vernichtet und vertrieben.11 Die nun beginnenden Jahrzehnte hat die neuere historische Forschung wohl zu Recht als „dunkle[s] Zeitalter“12 klassifiziert, nicht zuletzt auch, weil die Bürgerkriege am Ende der römischen Republik zu einem großen Teil in Makedonien und Griechenland ausgefochten wurden. Dieser Zeitraum ist aber auch die Formierungsphase einer neuen provinzialen Identität. Durch die Ansiedlung von römischen Soldaten, Veteranen und den Zuzug von Italikern mit oft dezidiert ökonomischen Interessen, die sich nun mit Teilen der makedonischen Vorbevölkerung verbanden, entstand eine neue makedonische Elite mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Es konstituierte sich eine neue Gesellschaft, die einerseits in der Kultur des kaiserzeitlichen Ostens aufging, die andererseits ab dem Sieg von Actium 31 v. Chr. in der Fokussierung auf die Person des ersten Princeps Augustus eine neue provinziale Identität fand, deren Ausdruck nicht zuletzt ein auf den Herrscher zugeschnittener lokal und auf Ebene der Provinz angesiedelter Herrscherkult war.13 Aber nicht ausschließlich im Kult, auch in der römischen Provinzialverwaltung, die in Thessalonike ihren Sitz hatte, manifestierte sich für die Bewohner der Provinz kaiserlicher Wille und kaiserliches Handeln. Seit dem Jahr 27 v. Chr., als die Kontrolle der Provinzen zwischen Senat und Kaiser aufgeteilt wurde,14  Vgl. Hatzopoulos, Macedonian Institutions, 231–260; Daubner, Makedonien, 63–74.  Zum hellenistischen makedonischen Koinon vgl. Hammond/Walbank, History; Papazoglou, Villes des Macédoine; Hatzopoulos, Macedonian Institutions; Edelmann-Singer, Koina.  9  Vgl. vom Brocke, Thessaloniki, 156–161; Daubner, Makedonien, 77–86; Adam-Veleni, Thessalonike, 549–552. 10  Vgl. zusammenfassend Daubner, Makedonien, ebd. 11  Vgl. a. a. O., 101–150. 12   A. a. O., 257. 13  Vgl. zur Bedeutung des Herrscherkultes für die Entstehung einer neuen provinzialen Identität generell Edelmann-Singer, Koina, 179–191. 14  Cass.Dio. 53, 12.  7  8

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hatte Makedonien zunächst offiziell der Kontrolle des Senats unterstanden, der jährlich wechselnde senatorische Promagistrate einsetzte. Zwischen 15 und 44 n. Chr. wechselte Makedonien vom Status einer senatorischen in den einer kaiserlichen Provinz und unterstand damit während dieser Zeit direkt der Kontrolle der Principes Tiberius, Caligula bzw. Claudius, die durch einen Statthalter im Rang eines legatus Augusti propraetore regierten. Im Fall Makedoniens weist gerade diese Phase eine große personelle Stabilität auf, denn der unter Tiberius eingesetzte Gaius Poppaeus Sabinus bekleidete seinen Posten als Statthalter in Makedonien mehr als 20 Jahre.15

II. Thessalonike Thessalonike war für die Römer bereits zu Beginn ihrer Herrschaft über Makedonien eine der vier wichtigsten Städte, sie bildete den Hauptort der zweiten meris, die auch die Chalkidike und die Landschaften Mygdonien und Parorbelien umfasste.16 Die Gründung der Stadt am Thermaischen Golf im Jahr 316/15 weist zurück in die Herrschaftszeit des makedonischen Feldherrn Kassander, der sie nach seiner Ehefrau, der Schwester Alexanders des Großen, Thessalonike, benannte. Unter den makedonischen Königen der Antigoniden-Dynastie und auch in den Kämpfen mit den Römern war der Stadt eine zentrale Rolle zugekommen. Ab dem Jahr 148 v. Chr. verlegten die Römer die Provinzialverwaltung und den Sitz des Statthalters ihrer ersten Provinz im Osten (provincia Macedonia) nach Thessalonike, allerdings verblieben die beiden wichtigsten innermakedonischen Vertretungsorgane, das συνέδριον und das κοινόν der Makedonen, in Beroia.17 Der Einschnitt, den die Inbesitznahme Makedoniens durch Rom bedeutete, spiegelt sich in exemplarischer Weise in einer neuen Zeitrechnung, die man nun einführte, wider. Eine neue Ära, im Wortsinn, begann 148 v. Chr., denn offizielle Dokumente wurden ab diesem Jahr datiert.18 Makedonien und Thessalonike wurden auch infrastrukturell in das Netz römischer Provinzen eingebunden: Der Bau der via Egnatia, die Rom und die 129 v. Chr. eingerichtete kleinasiatische Provinz Asia verband, verlief über Thessalonike und eröffnete der Stadt nicht nur das Tor nach Italien und Kleinasien; die via Egnatia war vor allem die Voraussetzung für die Ansiedlung neuer Gruppen in der Stadt: römische Soldaten und Veteranen, Juden19 und italische Händler. Vor allem die Italiker bildeten die neue  Tac.Ann. 6, 39.  Vgl. dazu auch Adam-Veleni, Thessalonike, 552–554; vom Brocke, Thessaloniki, 12–22; Daubner, Makedonien, 248–251. 17  Zum Koinon vgl. Edelmann-Singer, Koina, 58–60. 18  Vgl. u. a. IG X 2, 1, 4. 19 Zum epigraphischen Nachweis jüdischer Gemeinden in Thessalonike vgl.  Nigdelis,­ Synagoge(n). 15 16

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Führungsschicht und prägten das soziale, ökonomische und geistige Leben. Dass gerade die italischen Händler auch eine eigene Gruppe innerhalb der thessalonischen Polis bildeten, belegt ihre Formierung als Verein (οἱ συμπραγματευόμενοι Ῥωμ̣αῖοι20), den man gemeinhin mit einem conventus civium Romanorum gleichsetzt. Als Hauptstadt der Provinz wurde die Stadt auch baulich verändert; archäologisch lässt sich dies durch Erweiterungen der Stadtmauer oder anhand der Anlage einer römischen Agora belegen. Dass auch die römische Administration ihre Spuren im Stadtbild hinterlassen haben muss, belegt Cicero durch die Erwähnung eines quaestorium, in dem er sich während seines Exils im Jahr 58 v. Chr. aufhielt.21 Thessalonikes Bedeutung als militärisch-strategisches und politisches Zentrum trat vor allem in den Krisensituationen des 1.  Jh.  v. Chr. hervor. Zunächst hatten die mithridatischen Kriege in Kleinasien in der ersten Hälfte des 1.  Jh.  v. Chr. Auswirkungen auf Makedonien und seine Hauptstadt.22 Immer wieder kam es in dieser Zeit auch zu Bedrohungen durch barbarische Volksstämme, die von Norden in die Provinz einfielen.23 Folgenreicher für die Entwicklung der Stadt waren allerdings die Effekte der Bürgerkriege am Ende der Römischen Republik. Zunächst installierte Pompeius Magnus im Bürgerkrieg mit Caesar 49 v. Chr. einen Gegensenat in Thessalonike.24 Wenige Jahre später sah sich die Stadt erneut zwischen den Fronten, als Caesarmörder und Caesaranhänger in Makedonien die Entscheidung suchten. Die Schlacht selbst wurde 42 v. Chr. bei Philippi zugunsten der Caesaranhänger entschieden, Thessalonike hatte sich auf die richtige Seite geschlagen und war dieser Gruppe treu geblieben. Die Loyalität wurde von den Siegern belohnt, die Stadt am Thermaischen Golf erhielt den eher seltenen Status einer civitas libera25, also einer Stadt, die von Steuern befreit war und Rom nur im Kriegsfall Hilfe leisten musste. Durch diese jeweils sehr individuellen Festlegungen des Rechtsstatus durch Rom wurden aber nicht nur fiskalische Leistungen definiert, die die jeweiligen Gemeinden gegenüber dem römischen Staat zu übernehmen hatten, sondern auch politische Eingriffsmöglichkeiten des Statthalters in die inneren Angelegenheiten der Gemeinde reguliert.26 In der Regel standen die civitates liberae rechtlich außerhalb der Provinz – selbst wenn sie, wie im Fall Thessalonikes, Sitz des Statthalters waren. Die Stadt scheint die Aufwertung ihres rechtlichen Status sehr begrüßt zu haben, prägte sie doch aus Anlass der Freiheitsverleihung mehrere Münzserien.27 20 IG X 2, 1, 32

und 33, vgl. vom Brocke, Thessaloniki, 75–77.

21 Cic.Planc. 99.

22 App.Hist.Mithr. 35;

Daubner, Makedonien, 160–168 mit weiterführender Literatur.  Vgl. Cic.Prov.cons. 2, 4 und Pis. 84. 24 Cass.Dio 41, 18,5. 25  Plin.Nat. 4, 36: Thessalonice liberae condicionis. Neben Thessalonike besaß in der Provinz Makedonien wohl nur Amphipolis den Status einer freien Stadt (Plin.Nat. 36, 38). 26 Vgl. Bernhardt, Imperium; Ders., Immunitas; Jacques, Privilège. 27  Vgl. vom Brocke, Thessaloniki, 17 Anm. 33. 23

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Abb. 2: Münze. RPC I 1551, BMC Macedonia 62 (© Lanz Numismatik).

Nach dem endgültigen Sieg Octavians über Antonius 31 v. Chr. und dem Ende der Bürgerkriege erlebte Makedonien die Blütephase der augusteischen Herrschaft. Wie im gesamten Osten wurde auch hier der Sieg des späteren ersten Princeps Augustus als Neubeginn empfunden, was sich nicht zuletzt wiederum in der Einführung einer neuen Jahreszählung niederschlug, die den Namen ‚Actische-Ära‘ oder ‚Augustus-Ära‘ trug und parallel zur provinzialen Ära verwendet wurde. Insofern – das darf man wohl konstatieren – stellte die beginnende Friedensphase für die Provinz Makedonien und die an der großen Verbindungsstraße nach Osten gelegene Stadt Thessalonike durchaus eine positive Zeitenwende dar: Die politischen Verhältnisse waren stabil, der Handel florierte, die Stadt wuchs.28 In den darauffolgenden ersten Jahrzehnten des 1.  Jh.  n. Chr. wurde Makedonien im Norden mit Dalmatien, Moesien und Thrakien von weiteren neu eingerichteten Provinzen flankiert und gelangte so von der Peripherie ins Innere des Reiches. Nach den Barbareneinfällen des 2. und 1. Jh. v. Chr. darf auch dies als ein Faktor für Stabilität gewertet werden. Diese Stabilität spiegelt sich auch in dem Wenigen, was sich über die städtische Entwicklung im frühen 1.  Jh.  n. Chr. aussagen lässt, wider. Insbesondere die Inschriften29 und die Archäologie30 können hier zur Erhellung herangezogen werden. Die Stadt profitierte von ihrer Lage und administrativen Bedeutung. Dies darf allerdings nicht zu dem Missverständnis führen, hier sei eine antike Großstadt entstanden. Realistische Schätzungen gehen anhand der Grabungsbefunde und durch Vergleichsstudien von 20–40.000 Einwohnern aus.31 Insbesondere der epigraphische Befund zeigt, dass der Seehandel ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für die Stadt war; vermuten lässt sich auch, dass die Anwesenheit der römischen Administration sich positiv auf die urbane Entwicklung auswirkte.

28  Strabon beschreibt Thessalonike am Beginn des 1. Jh. n. Chr. als bevölkerungsreichste Stadt der Region, vgl. Strab.Geogr. 7, 7,4. 29  Vgl. die entsprechenden Bände der Inscriptiones Graecae (IG) von C. Edson (IG X 2, 1) und den aktuellen Supplement-Band von P. Nigdelis (IG X 2, 1s). 30 Vgl. zusammenfassend vom Brocke, Thessaloniki, 45–73, Adam-Veleni, Thessalonike, und mit einem aktuellen Stand Daubner, Makedonien, 248–251. 31  Vgl. vom Brocke, Thessaloniki, 71–73.

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Trotz des Zuzugs aus Italien stellen sich die politisch-soziale Struktur und kollektive Identität der thessalonischen Bevölkerung als jene einer griechischen Polis dar. Die Inschriften der Stadt sind bis auf wenige Ausnahmen in griechischer Sprache verfasst, nur bei einem kleinen Bruchteil handelt es sich um lateinische Inschriften oder Bilinguen. Offenbar hatte weder die starke römische Zuwanderung noch die römische Administration umwälzenden Einfluss auf das griechische Bewusstsein der Stadt. Dennoch trägt die Stadt auch stark kosmopolitische Züge. Neben und zusammen mit dem dominierenden griechischen Element sind auch die zugezogenen italischen Bevölkerungsgruppen im Stadtbild präsent und nehmen Schlüsselpositionen ein. So weihte die Italikerin Avia Posilla etwas außerhalb Thessalonikes einen aus Tempel, Therme und Porticus bestehenden Gebäudekomplex dem Augustus, dem Herakles und der Polis und finanzierte Bauarbeiten am Tempel der Isis innerhalb der Stadt.32 Des Weiteren findet sich eine von den römischen Händlern und der Polis gemeinsam errichtete Ehreninschrift für den Römer Marcus Papius Maximus, die nach dem Priester und Agonotheten im Kult des ersten Kaisers Augustus – einem Mann mit dem griechischen Namen Nikolaos, Sohn des Demetrios, alias Kleitomachos – datiert ist.33 Der hier angesprochene Augustus-Kult34 lässt sich auch im Stadtbild fassen, zumindest in einer Inschrift, die von einem Augustus-Tempel (Καίσαρος ναός) in der frühen Kaiserzeit spricht.35 Auch die Ehefrau des Augustus, Livia, wurde als Göttin früh (wohl noch zu ihren Lebzeiten) in die Verehrung integriert, wie eine Weihung der Stadt zeigt.36 Traditionell dominierten in Thessalonike die Kulte ägyptischer Götter sowie Kulte des Dionysos37 und des Stadtgottes Kabirus38. Während die ägyptischen Gottheiten eher aus der epigraphischen Überlieferung bekannt sind, erhielt die  IG X 2, 1, 1650 und IG X 2, 1, 1052. Bei den Inschriften handelt es sich um Bilinguen.

32

33 IG X 2, 1, 1059.

34 Inwieweit sich für Makedonien generell und Thessalonike im Speziellen die Linien des Herrscherkultes vom Hellenismus bis in die Kaiserzeit nachzeichnen lassen, wird in der Forschung diskutiert. Für eine solche Kontinuität, die sich vor allem in den Strukturen niederschlägt und aus Parallelen mit anderen Provinzen erschlossen werden kann, spricht sich die Autorin aus (Edelmann-Singer, Koina, 58–60). F.  Daubner hat hier jüngst Zweifel angemeldet (Daubner, Makedonien, 231 f.). 35  IG  X  2,  1,  31. Vgl.  Steimle, Religion, 49–54. Daubner, Makedonien, 249, identifiziert den Tempel mit einem Marmorbau aus der Zeit kurz nach Actium. Vgl. auch StefanidouTiveriou, Οικοδομήματα. Immer wieder wurde der Tempel auch einem unter Augustus eingerichteten Kult des Divus Iulius zugeschrieben, so u. a. vom Brocke, Thessaloniki, 138. 36 IG X 2, 1, 1060. Es handelt sich um eine Ehreninschrift für Livia, die als thea Iulia Sebaste tituliert wird. Dies entspricht dem römischen Iulia Augusta und ermöglicht gemeinsam mit der Erwähnung ihres vergöttlichten Gatten Augustus und ihres Sohnes Tiberius als Caesar Augustus eine Datierung der Inschrift in die Jahre zwischen 14 und 29 n. Chr. 37  Vgl.  vom Brocke, Thessaloniki, 122–129; Steimle, Religion, 172–184,196–200; AdamVeleni, Thessalonike, 558–560. 38  Vgl.  vom Brocke, Thessaloniki, 117–121; Steimle, Religion, 209–211; Adam-Veleni, Thessalonike, 558–560; Touratsoglou, Münzstätte.

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Verehrung des Stadtgottes Kabirus vor allem in numismatischen und literarischen Quellen der Kaiserzeit eine lang zurückreichende Geschichte. Letzteres scheint aber eher eine spätere Fiktion zu sein, vermutlich erlebte der Kult des Kabirus eine Neu‑ oder Wiederbelebung im frühen Prinzipat und wurde im Zuge einer Rückprojektion als identitätsstiftender Gott der Gemeinde verehrt.

III. Der 1. Thessalonicherbrief im Kontext von Reich, Provinz und Polis Diese Präliminarien sind durchaus beachtenswert, betrachtet man nun den Brief des Apostels an die Gemeinde in Thessalonike, den er wohl im Jahr 50 n. Chr. in Korinth verfasste und der auf seinem vorangegangenen Besuch in der Hauptstadt der Provinz Makedonien aufbaute. Der zum Zeitpunkt der Ankunft des Paulus in Thessalonike etwa 80 Jahre zurückliegende Beginn der Alleinherrschaft des ersten Princeps Augustus darf für die Bewohner der Stadt durchaus als Beginn einer politisch und wirtschaftlich stabilen Phase gesehen werden. „Frieden und Sicherheit“39 – ich werde auf diese paulinische Formel zurückkommen  – ist hier also keine leere Floskel, keine „römische Propaganda“,40 sondern für viele Einwohner eine ersehnte und akzeptable Realität nach einer mehr als ein Jahrhundert andauernden Phase der Bedrohungen, Umwälzungen und Instabilitäten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass wir davon ausgehen dürfen, in Makedonien habe es nicht auch Kräfte und Strömungen gegeben, die sich von der römischen Kontrolle und Vereinnahmung absetzen wollten. Gerade die Münzprägung der makedonischen Städte und des makedonischen Koinon,41 also der in der deutschsprachigen Forschung meist als ‚Provinziallandtag‘ titulierten Vertreterversammlung der Städte der Provinz, zeigen, dass die eigene makedonische Identität seit der frühen Kaiserzeit eine neue Betonung erfuhr.42 In Makedonien trugen die Münzen des Koinon, die in der Kaiserzeit erstmals unter Claudius (41–54 n. Chr.)43 emittiert wurden und in allen Teilen der Provinz zirkulierten, den makedonischen Schild und den geflügelten Blitzstrahl, also jene traditionellen makedonischen Symbole, die bereits in der Münzprägung unter Philipp V. und Perseus die makedonische Identität reflektierten.44  1 Thess 5,3.  So Koester, Imperial Ideology, 162: „As a political slogan, eirēnē kai asphaleia = pax et securitas is best described to the realm of imperial Roman propaganda“. Vgl. dazu auch kritisch Heilig, Hidden Criticism, 140 f. 41 Vgl. Liampi, Münzprägung. 42  Vgl. Edelmann-Singer, Koina, 287–302. 43  Zur Provinzpolitik des Claudius, seiner Vorgänger und Nachfolger aus der julisch-claudischen Dynastie vgl. Edelmann-Singer, Das Römische Reich. 44  Abb. 3 Münze. RPC I 1610–12; Liampi, Münzprägung, 892 f., Kat.Nr. 2. 39 40

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Abb. 3: Münze, RPC I 1611–12, BMC 145 (© J. Mairat).

Dieser Prozess der Rückbesinnung auf die eigene historische Größe vollzog sich nun allerdings gerade nicht in Konkurrenz zu den römischen Autoritäten, sondern im Einklang mit ihnen. Denn auch in jener Münzprägung des makedonischen Koinon, die die makedonischen Symbole betonte, blieben stets die Kaiser wichtigster Referenzpunkt. Auf den Rückseiten der frühesten bekannten Landtags-Münzen aus den 40er Jahren des 1. Jh. n. Chr. wird der makedonische Schild umschlossen von den Wörtern ΣΕΒΑΣΤΟΣ und ΜΑΚΕΔΟΝΩΝ.45 Das Koinon trat als Bewahrer und Hüter des makedonischen Elementes auf, verknüpfte diese Konservierung der Traditionalismen gleichzeitig mit der Anbindung an den Kaiser und damit an Rom. Dieses Beispiel verweist auf eine allgemein in den Provinzen der frühen Kaiserzeit zu beobachtende Tendenz: Vielfach zeigt sich nämlich mit Fortschreiten der Kaiserzeit eine zunehmende Betonung der provinzialen Identität. Das Referenzsystem, innerhalb dessen sich die provinziale Identität bewegte, stand dabei in keinem Gegensatz zu römischen Strukturen. Vielmehr boten diese der lokalen oder provinzialen Elite neue Plattformen der Repräsentation, des Prestigegewinns und der Darstellung von Reichtum und Ansehen. Die Eliten agierten in drei parallel existierenden Rang‑ und Ehrensystemen: dem lokalen in ihrer Heimatgemeinde, dem provinzialen in den Landtagen und – in wenigen Fällen – dem auf das Reich bezogenen.46 Für die Frage nach den Adressaten des Paulusbriefes und ihrem Verständnis seiner Worte sind diese lokalen Hintergründe wichtig. Nach den eigenen Worten des Paulus, der die Thessalonicher dafür lobt, sich von den Götterbildern (εἴδωλα, 1 Thess 1,9) abgewandt zu haben, muss man wohl davon ausgehen, dass es sich bei den Mitgliedern der frühen Gemeinde um ‚Heiden‘47 handelte und eher nicht – wie die Apostelgeschichte es darstellt – um gottesfürchtige Griechen und Juden.48 Diese (zumindest in der Mehrzahl) nichtjüdischen Einwohner und Bürger von Thessalonike, verankert in den paganen Kulten der Stadt und in den kollektiven Riten der römisch-makedonischen Tradition, dürften also mehr  RPC I 1611–12.  Vgl.  Edelmann-Singer, Koina, 182–191. Im Falle Makedoniens schlägt sich das Engagement auf Reichsebene allerdings nicht in einem Aufstieg in den Senat nieder. Vgl.  dazu Halfmann, Senatoren; Edelmann-Singer, Strategies. 47  Vgl. Alkier /Leppin, Einleitung. 48  Apg. 17,4. Vgl. u. a. vom Brocke, Thessaloniki, 114 f.; Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 53 f. 45

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oder weniger betroffen gewesen sein von den politischen Entwicklungen und ihren Auswirkungen auf lokaler und provinzialer Ebene, die gerade beschrieben wurden. Vor diesem Hintergrund muss die häufig anzutreffende These kritisch hinterfragt werden, das paulinische Werk insgesamt, vor allem aber der 1. Thessalonicherbrief, sei eine mehr oder weniger intensive Auseinandersetzung mit der römischen Politik, den römischen Autoritäten, vor allem dem Kaiser und daraus resultierend der kaiserlichen Ideologie und dem Herrscherkult gewesen.49 Die hinter diesen Aussagen stehende Vermutung, eine oft als imperialistisch beschriebene römische Zwangsherrschaft, die in einer erzwungenen kultischen Verehrung des Herrschers kulminiere, habe einen grundsätzlichen Konflikt und ein Potential an Unzufriedenen hervorgebracht, ist in dieser Ausschließlichkeit abzulehnen und bedarf einer differenzierteren Betrachtung. Zwei Passagen des 1. Thessalonicherbriefes werden in der neutestamentlichen Forschung immer wieder herausgegriffen und diskutiert: 1 Thess 5,3, „Während die Menschen sagen: Friede und Sicherheit (εἰρήνη καὶ ἀσφάλεια)!, kommt plötzlich Verderben über sie wie die Wehen über eine schwangere Frau und es gibt kein Entrinnen.“50 sowie 1 Thess 2,19, „Denn wer ist unsere Hoffnung, unsere Freude, der Kranz unseres Ruhmes vor Jesus, unserem Herrn, bei seiner Ankunft (παρουσία)?“51 Beide Passagen bzw. nur einzelne Termini werden als Beleg eines Aufgreifens römisch-kaiserlicher Begrifflichkeiten verstanden und folglich als eine von Paulus intendierte Parallelsetzung oder gar Konfrontation von römischem Herrscherkult und Christuskult gedeutet. Diese Dichotomie scheint vielen Interpreten des Paulus-Briefes vor allem mit Blick auf die spätere Kritik christlicher Autoren am Herrscherkult52 evident und zweifellos gehören Begrifflichkeiten wie pax, securitas und παρουσία zum weiten Feld kaiserlicher Verehrung und Rituale. Allerdings haben die Forschungen zum römischen Herrscherkult in den letzten Jahren einige wegweisende neue Impulse erhalten, die auch Rückwirkungen zeitigen auf den Umgang der ersten christlichen Gemeinden mit dem Kaiser und seiner Verehrung, die weniger die Verwendung einzelner Termini in Frage stellen, sondern eher das Funktionieren einer konzeptionellen Dichotomie zwischen Herrscherkult und Christusverehrung in der frühen Kaiserzeit. Im Folgenden soll daher zunächst ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum römischen Herrscherkult gegeben werden, um anschließend 49 Exemplarisch und zugespitzt sind hier sicherlich die Arbeiten R. A. Horsleys. Beispielhaft für seine Sichtweise sei folgendes Zitat genannt: „The starting point in recognizing that Paul was preaching an anti-imperial gospel is that much of his key language would have evoked echoes of imperial cult and ideology“ (Horsley, Paul and Empire [1997], 140). 50  Dazu vor allem Koester, Imperial Ideology; Weima, Peace; White, Peace; kritisch­ Heilig, Hidden Criticism. 51  Dazu vor allem Eisen, Implikationen. 52  Vgl. u. a. Iust.apol. 21; Tert.apol. 21,30 f.; Tert.Spect. 30.

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auch vor dem Hintergrund neuer althistorischer Zugänge einen möglichen antiimperialen Subtext des Paulus besser beurteilen zu können. 1. Römischer Herrscherkult – eine aktuelle Bestandsaufnahme53 Der römische Herrscherkult galt auch in der althistorischen Forschung lange als politisches Machtinstrument, mit dem gerade in neu hinzugewonnenen Provinzen Kontrolle ausgeübt werden sollte. Symptomatisch für diesen Blick auf den Kult der Kaiser ist die Aussage D.  Fishwicks in seinem einflussreichen mehrbändigen Werk The Imperial Cult in the Latin West: The overall impression one has in retrospect, then, is of central orchestration and control throughout the entire period from Augustus down to the middle of the third century […] By and large provincial cult in the West appears as an instrument of imperial policy, a device that could be manipulated in whichever direction the purposes of the central authority might require.54

Allerdings wurde diesem Modell der politisch motivierten und gesteuerten Zwangsmaßnahme nur für den Westen des Reiches eine Gültigkeit zugesprochen. Diese Trennung in Ost und West hatte ihren Ursprung einerseits im Postulat einer generellen kulturellen Verschiedenheit der westlichen und östlichen Provinzen – während der ‚dekadente Osten‘ die Verehrung des Kaisers bereitwillig akzeptierte, sei die westliche Reichhälfte nur unter Zwang zu dieser Form der Verehrung bereit gewesen55 –, sie stützte sich aber auch stark auf eine Passage in der Römischen Geschichte des Cassius Dio, in der die Kulteinrichtung in den Provinzen Asia und Bithynia 29 v. Chr. beschrieben wird: Laut Dio erlaubte Augustus den Provinzialen (peregrini) die Verehrung seiner Person, befahl aber den römischen Bürgern (cives Romani) die Verehrung Caesars und der Göttin Roma. Cassius Dio, der selbst im 3. Jahrhundert schrieb, vermittelt hier den Eindruck, der Kult für das Herrscherhaus sei von frühester Zeit an auf einen Befehl des Princeps hin ausgeführt worden, und es habe eine auch örtliche Trennung der Kulte für Römer und Provinziale gegeben.56 Heute gibt es erhebliche Zweifel an 53  Für das Folgende vgl. auch die ausführlicheren Ausführungen in Edelmann-Singer, Herrscherkult und Neues Testament, 109–135. 54  Fishwick, Imperial Cult (Bd. 3/1), 219. 55  Diese Ideen lassen sich zurückverfolgen bis ins 18. Jahrhundert zu Gibbons The History of the Decline and Fall of the Roman Empire, worin er die Griechen den Römern entgegenstellt. „The Asiatic Greeks were the first inventors […] of this servile and impious mode of adulation“ (Gibbon, History [Bd. 1], 69). Anders die Römer: „The minds of the Romans were very differently prepared for slavery. […] The history of their own country had taught them to revere a free, a virtuous, and a victorious commonwealth […] and inwardly to despise those tyrants whom they adored with the most abject flattery“ (a. a. O., 80). 56  Καῖσαρ δὲ ἐν τούτῳ τά τε ἄλλα ἐχρημάτιζε, καὶ τεμένη τῇ τε Ῥώμῃ καὶ τῷ πατρὶ τῷ Καίσαρι, ἥρωα αὐτὸν Ἰούλιον ὀνομάσας, ἔν τε Ἐφέσῳ καὶ ἐν Νικαίᾳ γενέσθαι ἐφῆκεν· αὗται γὰρ τότε αἱ πόλεις ἔν τε τῇ Ἀσίᾳ καὶ ἐν τῇ Βιθυνίᾳ προετετίμηντο. καὶ τούτους μὲν τοῖς Ῥωμαίοις

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dieser von Cassius Dio postulierten Trennung. Falls sie jemals existierte, war sie sicherlich keine dauerhafte Einrichtung. Epigraphische Belege sprechen ebenso dagegen57 wie noch im 1. Jh. v. Chr. vorgenommene Kulteinrichtungen im Osten und im Westen – beispielsweise bereits 25 v. Chr. in Galatien oder 12 v. Chr. in den Tres Galliae –, bei denen diese Trennung keine Berücksichtigung fand. Zu wenig beachtet wurde in der Diskussion um das Verhältnis von Herrscherkult und Christuskult auch die Entwicklung des frühen römischen Herrscherkultes aus unterschiedlichen Vorgängerkulten: dem hellenistischen Herrscherkult, der θεὰ ʻΡώμη-Verehrung sowie panhellenischen Festen und Kulten für römische Amtsträger und Feldherren.58 Diese Tradition existierte auch in Makedonien generell und in Thessalonike59 im Besonderen.60 In der Regel handelte es sich bei den Vorgängerkulten um städtische Kulte, diese konnten in einigen Fällen aber überregionale Bedeutung gewinnen oder gingen auf überregionale Initiativen zurück. Neu an der von Augustus gewählten Form des Herrscherkultes war, sie nicht nur in den Städten,61 sondern auch auf der Ebene der Provinz zu institutionalisieren und der Aufsicht durch das von seiner Genese her eher politische Gremium des Provinziallandtags (griech. κοινόν / lat. concilium) zu unterstellen, das damit die Funktionen eines religiösen Kollegiums übernahm.62 Die Einrichtung eines Kultes für den neuen starken Mann stellte also τοῖς παρ᾽ αὐτοῖς ἐποικοῦσι τιμᾶν προσέταξε· τοῖς δὲ δὴ ξένοις, Ἕλληνάς σφας ἐπικαλέσας, ἑαυτῷ τινα, τοῖς μὲν Ἀσιανοῖς ἐν Περγάμῳ τοῖς δὲ Βιθυνοῖς ἐν Νικομηδείᾳ, τεμενίσαι ἐπέτρεψε. „Neben der Erledigung der sonstigen Aufgaben her gab Caesar damals [29 v. Chr.] die Erlaubnis zur Weihung heiliger Bezirke für die Roma und seinen Vater Caesar, den er selbst Divus Iulius nannte, und zwar in Ephesos und Nikaia; die genannten Städte hatten nämlich damals in Asia bzw. Bithynien die erste Stelle inne. Er befahl den dort wohnenden Römern, die beiden Gottheiten zu verehren, während er den Nichtrömern, von ihm Hellenen genannt, gestattete, ihm selbst heilige Bezirke zu widmen, den Bewohnern von Asia in Pergamon, den Bithyniern in Nikomedeia“ (Cass.Dio 51, 20,6–7, Übersetzung in Anlehnung an Veh, vgl. dazu auch Gradel, Emperor, 63–68). Vgl. für eine Präzisierung der Angaben bei Cassius Dio auch Tac.Ann. 4, 37,3, Suet.Aug. 52 und den Münzbefund RPC I 2217, 2219. Münzdarstellungen existieren nur für den Augustus-und-Roma-Tempel in Pergamon, eine Kultstätte des Divus Iulius und der Göttin Roma ist numismatisch nicht nachweisbar. 57  Vgl.  Herrmann, Milet; Ders., Milet (1996); Herz, Geschichte; Edelmann-Singer, Koina, 86–94. 58   Vgl. u. a. Mileta, Prorömische Kulte, 155–157. Vgl. zum Kult der hellenistischen Herrscher in den griechischen Städten Habicht, Gottmenschentum. 59 Vgl. zu den Kulten Steimle, Religion, 132–140. 60   Vgl. u. a. Daubner, Makedonien, 129. F. Daubners Zurückhaltung erscheint wenig nachvollziehbar. 61 Für den lokalen Kult des Augustus in Makedonien kann eine sehr frühe Einrichtung durch die Neuinterpretation einer Inschrift aus Kalindoia als gesichert gelten. Vgl. Prignitz, Augustuspriester, aber auch Daubner, Makedonien, 257–265. 62  Das Koinon der Provinz Asia wurde bereits mit Einrichtung der Provinz installiert. Es richtete in der ersten Hälfte des 1. Jh. v. Chr. einen Kult mit Spielen für den Statthalter M. Scaevola ein, stiftete dies festos atque ludos für den Proprätor der Provinz L. Valerius Flaccus (Cic. Flac. 55) und einen Agon (Luculleia) für L. Licinius Lucullus (Plut.Luc. 23,1). Zur Diskussion um einen Kult für Caesar vgl. Edelmann-Singer, Koina, 65 f.

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kein Novum dar. Auch die überstädtische Ausrichtung auf die gesamte Provinz war kein Präzedenzfall. Der erste Princeps schuf keine gänzlich neue Struktur, sondern ordnete vielmehr bereits bestehende Strukturen neu. 2. Römischer Herrscherkult in der Provinz Makedonien Ob dies auch für die Provinz Makedonien galt, ist umstritten. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass auch in dieser Provinz das aus hellenistischen Wurzeln hervorgegangene Koinon auf religiöse Kommunikationsformen in den Verhandlungen mit den Römern zurückgriff und prorömische Kulte benutzte. Verschiedene Städte Makedoniens verehrten die Göttin Roma gemeinsam mit Zeus Eleutherios. Nimmt man den Zusammenhang zwischen der Wesensform des Zeus Eleutherios („Befreier“) mit dem Befreiungsedikt des Aemilius Paullus ernst, spräche einiges dafür, eine Einrichtung dieses gemeinsamen Kultes für Roma und Zeus Eleutherios in die Periode unmittelbar nach Pydna 168 v. Chr. zu datieren.63 Mit Blick auf die späteren Entwicklungen eine Linie von den Ereignissen im Jahr 168  v. Chr. bis zum makedonischen Koinon der Kaiserzeit zu ziehen, das erst unter Claudius numismatisch belegt ist,64 ist anhand der Quellen nicht möglich. Auf der Basis der neuen Erkenntnisse zur Kontinuität eines Koinon zwischen der frühhellenistischen und kaiserzeitlichen Epoche kann man aber durchaus mit einiger Plausibilität vermuten, dass die Provinz Makedonien eine kontinuierlich existierende Koinon-Struktur vom Hellenismus bis in die Kaiserzeit besaß, die bereits früh unter Augustus auf den provinzialen Kaiserkult ausgerichtet wurde.65 Die Integration des Kaiserkultes in die bestehenden Strukturen der Städte und überregionalen Institutionen der Provinzen beruhte auf wechselseitigem Vorteil, der vor allem die lokalen Eliten einband. Das Beispiel eines Ehrendekrets aus dem makedonischen Kalindoia für einen Augustuspriester66 zeigt die Bedeutung des Kultes für führende Familien und die Stadt. Mit Hilfe des Kaiserkultes konnten führende Familien prestigeträchtige Positionen besetzen und so ihre Stellung weiter ausbauen; gleichzeitig bot dieser Kult ein die städtische Community einigendes und damit stabilisierendes Moment, das bei allen in der Stadt lebenden Gruppen Akzeptanz fand.67 Auf der provinzialen Ebene wurde eine Möglich Vgl. Mellor, Goddess, 108. Kritisch dazu Daubner, Makedonien, 129–132. vgl. Liampi, Münzprägung, 892 f., Kat.Nr. 2. 65  Vgl.  zur Geschichte des makedonischen Koinon in der hohen Kaiserzeit Herz, Überlegungen. Widerlegt ist die Annahme Drägers, Städte, 221 f., das Koinon sei erst mit der Einrichtung der Neokorie unter Domitian gegründet worden. Die Forschung hat auch für andere hellenistische Reiche Vorformen der kaiserzeitlichen Koina herausarbeiten können. Vgl. u. a. Funke, Aiakidenmythos. 66  SEG 35, 744, vgl. Daubner, Makedonien, 257–265. 67   A. a. O., 264. 63

64 RPC I 1610–12,

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keit der Inanspruchnahme der lokalen Eliten für die Reichsadministration68 eröffnet, gleichzeitig aber auch den Provinzialen Chancen für einen Aufstieg in die Reichsaristokratie69 geboten und ihre führende Position im regionalen Kontext der Provinz gefestigt.70 3. Die Folgen für die Dichotomie von Herrscherkult und Christuskult Zwei Aspekte kristallisieren sich aus diesen Erkenntnissen für das Verständnis des Herrscherkultes in Makedonien und generell im Osten heraus: Zum Ersten muss er viel stärker als bislang angenommen in seiner hellenistischen Tradition gesehen werden, und zwar sowohl im Hinblick auf seine institutionelle Struktur71 aber auch auf seine rituelle Ausgestaltung und Formensprache.72 Zum Zweiten spiegelt er eben gerade nicht einen top-down-Prozess wider, sondern entwickelte sich in enger Abstimmung und mit Gestaltungsspielräumen für die provinziale und städtische Elite. Darauf aufbauend liegt ein entscheidendes Kriterium bezüglich der Neubewertung des Herrscherkultes in der Ablehnung eines einheitlichen, reichsweit gültigen Konzeptes, das von Rom aus und durch römische Autoritäten gesteuert verbreitet wurde.73 Eine in Studien zum Neuen Testament immer wieder postulierte Fremdartigkeit der Verehrung des Herrschers, die unter einer Art gleichgeschaltetem Zwang den Reichsbewohnern abverlangt worden sei,74 kann vor 68  Beispiele aus verschiedenen Provinzen zeigen, dass die Oberpriester (ἀρχιερεῖς) der Provinziallandtage immer wieder Beiträge für öffentliche Aufgaben wie die Truppenversorgung oder den Straßenbau leisteten. So unterstützte der galatische Oberpriester Gaius Iulius Severus im Jahr 113/114 n. Chr. die römischen Truppen Trajans, als sie auf ihrem Weg von der Donau nach Syrien in Ancyra überwinterten (vgl.  Mitchell/French [Hg.], Inscriptions, 227–237, Nr. 72–77). Auch der Rückmarsch des Heeres 117 kurz nach dem Tod Trajans unter dem neuen Kaiser Hadrian, der den parthischen Krieg rasch beendete, wurde offenbar durch Spenden des galatischen ἀρχιερεύς Latinius Alexander mit finanziert (vgl. a. a. O., 241–243, Nr. 81). 69  Insbesondere für die Provinz Asia ist die Bedeutung des Landtags als Motor des Aufstiegs herausgearbeitet worden, vgl. u. a. Campanile, Sacerdoti; Kirbihler, Grands-prêtres. 70  Für die ökonomischen und identitätsstiftenden Aspekte des provinzialen Kultes vgl. Edelmann-Singer, Koina, 141–308. 71   Vgl. a. a. O., 60–71. 72  Vgl. Chaniotis, Kaiserkult; Price, Rituals, Ders., Gods. 73  Die Heterogenität des römischen Herrscherkultes lässt sich exemplarisch an den Kulten für die weiblichen Mitglieder des Kaiserhauses ablesen, vgl. dazu Edelmann-Singer, Kaiserpriesterinnen. 74  Vgl. u. a. Heen, Phil 2,6–11, 126: „Recent investigations of the imperial cult have reassessed its importance in the construction and maintenance of political hegemony in the cities of the Greek East. Today the imperial cult is understood to be a medium through which the web of power and influence was constructed and maintained on the city, provincial, and imperial level.“ Deutlicher Carter, Roman Empire, 77: „Although involvement in emperor worship was not compulsory, significant pressures were exerted on nonelites to participate“. Konkret zum Herrscherkult in der Provinz Asia unter Kaiser Hadrian schreibt Witulski, Kaiserkult, 169 f.: „Die offensichtlich verordnete, in der Provinz Asia flächendeckend durchgeführte Aufstellung von

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diesem Hintergrund keine Gültigkeit mehr beanspruchen. Als neue communis oppinio darf der Satz von M. Beard, J. North und S. Price in ihrem Standardwerk Religions of Rome gelten: There was no such thing as ‚the imperial cult‘; rather there was a series of different cults sharing a common focus […], but […] operating quite differently according to a variety of different local circumstances […].75

Gerade die jüngere Forschung verzichtete nun auch auf problematische christianisierende Dichotomien. As I have argued, the question of absolute divinity, that is, of divine nature, was not very relevant in pagan antiquity. What was expressed in imperial cults was rather relative divinity, that is, divine status, and the absolute power it entailed in relation to the worshippers.76

Die Fragen also, ob der Kaiser eher Gott oder Mensch war,77 oder sein Kult eher in politischen78 oder religiösen Kategorien gedacht werden muss, traten in den Hintergrund. Ins Zentrum rückten stattdessen Rituale im Herrscherkult als Aushandlungsprozesse in Machtstrukturen. S. Price postulierte in seinem einflussreichen Werk Rituals and Power,79 der Herrscherkult sei ein Mittel der Verhandlung und Konstruktion der politischen Realitäten des Römischen Reiches gewesen.80 S. Price ebnete damit den Weg für ein Verständnis des Herrscherkuldem Ἁδριανὸς Ὀλύμπιος geweihten Altären in Privathäusern implantierte die kultisch-religiöse Kaiserverehrung erstmalig unmittelbar in den privaten, häuslichen und familiären Bereich. […] Die kultisch-religiöse Verehrung Hadrians reichte nicht nur an die des Augustus heran, sondern noch über diese hinaus. Hadrian wurde mit dem Jahr 132 n. Chr. in der gesamten römischen Provinz Asia und weit darüber hinaus als universaler Heilsbringer propagiert, die Zeit seiner Herrschaft wurde als universale Heilszeit definiert, die kultisch-religiöse Verehrung seiner Person wurde in den privaten Bereich implantiert und zugleich überprovinzial organisiert. Damit stieß die Praxis der kultisch-religiösen Kaiserverehrung in der römischen Provinz Asia auf verschiedenen Gebieten in neue, in ihrer Geschichte bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschlossene Dimensionen vor“ (Hervorhebung im Original). 75  Beard/North/Price, Religions, 318 (Hervorhebung im Original). 76  Gradel, Emperor Worship, 148. 77  Vgl. zur performativen Diskursivität Peppel, Gott. Zu Recht kritisiert er die diese Diskursivität negierende These von Clauss, Kaiser, 418: „Der römische Kaiser war Gottheit. Er war dies von Anfang an, seit Caesar und Augustus, er war es zu Lebzeiten, er war es auch im Westen des römischen Reiches, in Italien, in Rom“ (a. a. O., 17). 78  Prägend war hier der Begriff der ‚Loyalitätsreligion‘, der lange als geeignetes religionssoziologisches Konzept erschien, um den Herrscherkult in Abgrenzung von paganer und christlicher Religion zu charakterisieren. Dahinter verbarg sich die Idee, der Herrscherkult sei „keine eigentliche Religion“ gewesen, sondern vielmehr Anerkennung einer politischen Wirklichkeit, „nicht religiöses Bekenntnis“. Dementsprechend verneinte die Forschung auch ein „stärkeres religiöses Empfinden“ (Latte, Römische Religionsgeschichte, 308–325). Vgl. dazu auch Edelmann-Singer, Categories. 79  Die Thesen von Price, Rituals, gründeten auf einer Neubewertung römischer Politik, vgl. u. a. Millar, Emperor. 80  Price, Rituals, 1: „The civilized, complex cities, with their ideals of autonomy and free-

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tes, das in das für pagane Kulte bestehende Erklärungssystem des Euergetismus eingepasst wurde.81 Die Sonderrolle, die ihm im christlichen Denken und im theologischen Diskurs oft zugeschrieben wurde, vor allem von jenen neutestamentlichen Strömungen, die ihn zum Gegenpol des aufsteigenden Christentums machen wollten, verblasste zugunsten einer Einbettung82 in die Polisreligion und in das alltägliche Leben, die sich nicht zuletzt aus der parallelen Konstruktion von Götter‑ und Herrscherkult erklärt.83 Ein weiterer Aspekt spricht dafür, die Verehrung des Herrschers und das sich entwickelnde Christentum84 nicht zu eng zu denken: die Frage der zeitlichen Parallelität. Man kann heute aufgrund von Quellenmaterial und neueren Studien davon ausgehen, dass die kultische Verehrung des Kaisers und der kaiserlichen Familie deutlich früher als abgeschlossener Prozess und etabliertes System angesetzt werden muss, als noch vor einigen Jahrzehnten angenommen. Die Annahme also, Herrscherkult und Christuskult hätten sich parallel und in Konkurrenz entwickelt,85 ist nicht richtig. Frühere Annahmen,86 die provinzialen Herrscherkulte hätten sich – vor allem in den westlichen Provinzen – erst unter den Flaviern etabliert, sind überholt.87 Die zahlreichen epigraphischen Neufunde zu den Landtagsgründungen aus den spanischen Provinzen, aus Gallia Narbonensis, aber auch aus Syrien, Kreta, Zypern, Pannonien, Dalmatien, dem Alpenraum und dem Donauraum lassen nur den Schluss zu, dass diese Einrichtungen unter den julisch-claudischen Herrschern, spätestens mit Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) abgeschlossen waren. Zu jenem Zeitpunkt also, ab dem frühestens mit der Abfassung der neutestamentlichen Schriften zu rechnen ist, existierten diese Kulte bereits einige Jahrzehnte. Blickt man in diesem Kontext auf Thessalonike, zeigen auch hier die Inschriften das Bild eines sehr früh, noch in augusteischer Zeit abgeschlossenen Systems kultischer Verehrung für den Herrscher und seine Familie. Neben den Ehrungen

dom, had to accept subjection to an authority which, while not so alien as to make adjustment impossible, was external to the traditional structures of the city“. 81  Vgl. Lozano, Creation. 82  Vgl. Spaeth, Imperial Cult. 83  Vgl. Chaniotis, Kaiserkult. 84   Vgl. u. a. Alkier /Leppin, Einleitung, 5; van der Lans/Bremmer, Tacitus. 85   So u. a. Winter, Divine Honours, 1: „There is a perception that the most striking feature of the first century a.d. was the speedy rise and expansion of Christianity. However, ancient historians have shown that in the same century an even stronger cultic movement spread far more rapidly both in the East and West of the vast Roman Empire“. Vgl. u. a. Friesen, Imperial Cults; Witulski, Kaiserkult. 86 Vgl. Deininger, Provinziallandtage. 87  Vgl. Edelmann-Singer, Koina.

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für Augustus selbst – Priester,88 Spiele89 und Tempel90 – findet sich noch zu ihren Lebzeiten (vor 29 n. Chr.) auch die göttliche Verehrung der Iulia Augusta, der Witwe des ersten Princeps Augustus und Mutter des zweiten Princeps Tiberius.91 Die kultische Verehrung der Frauen des Kaiserhauses darf dabei als ein weiteres deutliches Zeichen der Etablierung der Herrscherkulte gesehen werden. Oft ging damit auch die Einrichtung weiblicher Priesterämter einher.92 Gerade diese weiblichen Priesterämter spiegeln das Bedürfnis der provinzialen Elite nach interner Differenzierung wider. Die Frauen wurden in der Regel dann für die Priesterämter herangezogen, wenn es darum ging, das innerprovinziale Prestige ihrer Natal‑ und Nuptialfamilien zu steigern. Die Priesterämter waren eben nicht Teil der römischen Machtstruktur, die den Beherrschten unbedingte Loyalität abverlangte und daher Institutionen kreierte, die diese Loyalität förderten. Die Priesterämter müssen als Teil des innerprovinzialen Elitediskurses betrachtet werden; sie dienten der Selbstbestätigung aber auch der Selbstdarstellung. Durch sie wurde auf mehreren Ebenen eine neue provinziale Identität konstruiert und eine neue Art Provinzadel mit eigenem Rang‑ und Ehrensystem installiert. In diesem Kontext diente das Amt der Kaiserpriesterin der Erhöhung von Prestige und symbolischem Kapital der Familie und der Stadt. Der Herrscherkult war somit ein System der sozialen Stabilisierung einerseits, aber auch eine Plattform innerprovinzialer und innerstädtischer Konkurrenz.93

88 IG X 2, 1, 1059: [ἡ πόλις καὶ οἱ συμπρ]α̣γματευόμε/[νοι Ῥωμαῖ]οι Μᾶρκον Πάπιον Μάρ/ [κου υἱ]ὸν Μάξιμον, ἐπὶ ἱερέως / [κ]αὶ ἀγωνοθέτου Καίσαρος θεοῦ / υἱοῦ Σεβαστοῦ Νικολάου τοῦ Δη/μητρίου τοῦ καὶ Κλιτομάχου „Die Stadt und die hier tätigen Römer (ehrten) Marcus Papius Marci filius Maximus, unter dem Priester und Festspielleiter des Caesar Divi filius Augustus Nikolaos S. d. Demetrios alias Kleitomachos“. Ehreninschrift vom Forum in Thessalonike aus augusteischer Zeit, Text und Übersetzung K. Hallof. 89  IG X 2, 1, 1059. 90  IG X 2, 1, 31. 91  IG X 2, 1, 1060. 92  Für Thessalonike findet sich eine Kaiserpriesterin, Annia Prokla, im 2. Jh. n. Chr. erwähnt (IG X 2, 1, 270). Vgl. zu Kaiserpriesterinnen im Westen des Reiches Hemelrijk, Priestesses; Dies., Imperial Priestesses; Dies., Priestesses of the Imperial Cult; Dies., Local Empresses. Für die Kaiserpriesterinnen in den östlichen Provinzen vgl. van Bremen, Limits. Eine Diskussion offener Fragen findet sich bei Hayward, Les grand-prêtresses. Vgl. zu aktuellen epigraphischen Neufunden und einer daraus resultierenden Neubewertung Thonemann, Women; Edelmann-Singer, Women; Dies., Kaiserpriesterinnen. 93  Diese Aspekte werden durch transprovinziale Heiratsverbindungen von Priesterfamilien deutlich. Vgl. Adak, Claudia Iasonis; Campanile, Sacerdoti, 74–76 Nr. 62a mit Stemma; Reitzenstein, Bundespriester, 189–190 Nr. 39; 208–209 Nr. 61; Edelmann-Singer, Strategies.

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IV. Der 1. Thessalonicherbrief – Aufhebung und Fundament der Dichotomie Blickt man unter diesen veränderten Vorzeichen auf den 1. Thessalonicherbrief, muss man auch die Frage neu stellen, ob und wie Paulus sich mit diesen Einflüssen auseinandersetzt. Lässt sich eine politische Interpretation des 1. Thessalonicherbriefes tatsächlich begründen und inwieweit müssen oder dürfen die Person und der Kult des römischen Kaisers dabei als Kristallisationspunkte der Auseinandersetzung verstanden werden? Diese Fragen berühren dabei aus historischer Perspektive die eben dargelegten grundlegenden Probleme des Verständnisses römischer Provinzialpolitik. Welche Konzeption des römischen Reiches zwischen dem 1. und 3.  Jh.  n. Chr. legt man zugrunde? Welche Ziele, Bedeutungen und Reichweiten römischer Politik lassen sich aus den Quellen begründen? Eine antiimperiale Lesart94 des Paulus-Briefes, dessen Kritik sich am Kult der Kaiser und der kaiserlichen Provinzialadministration entzündet, würde eine von Rom gesteuerte Zwangsherrschaft über das Reich implizieren, die ausgehend vom Zentrum Rom den Prozess der Romanisierung in die Provinzen trug. Geht man aber von einer auf Konsens und Loyalität der Untertanen fußenden Herrschaftsweise aus, die mit Hilfe einer alle Ebenen des Reiche umfassenden Administration die Integration von unterschiedlichen Ethnien und Kulturen in eine communis patria zum Ziel hatte und den Kult des Kaisers als Teil der organisierten Beziehung und kommunikativen Struktur zwischen Kaiser und Untertanen gestaltete,95 muss man auch die Kaiserkritik in den neutestamentlichen Schriften hinterfragen oder zumindest in ihrer diskursiven Absicht neu denken. Da sich in den Paulusbriefen eine explizite Kritik an der römischen Herrschaft, dem Kaiser oder dem Kaiserkult nicht fassen lässt96  – im Gegenteil plädiert Paulus in Röm 13 ja sogar für eine Unterordnung unter die staatliche Gewalt97 – wählen jene Exegeten des 1. Thessalonicherbriefes, die sich für eine 94  Als wichtigste Werke dieser Schule dürfen im angelsächsischen Bereich sicherlich genannt werden: Horsley, Paul and Empire (1998); Ders., Paul and Politics; Ders., Jesus and Empire; Ders., Paul and the Roman Imperial Order; Ders., Shadow; Ders., Jesus and the Powers; Carter, Roman Empire; Ders., John and Empire; Ders., Question; Kim, Christ; Elliott, Liberating God; Ders., Arrogance; Friesen, Imperial Cults. In der deutschsprachigen Forschung sind hier zu nennen: Witulski, Kaiserkult; Ders., Johannesapokalypse; Ders., Apokalypse; Ders., Kaiser Hadrian; Ebner, Evangelium; Ders., Markusevangelium; etwas abgeschwächt Heilig, Hidden Criticism. 95  Vgl. Ando, Imperial Ideology, XIII: „Imperial ideology emerges here as the product of a complex conversation between center and periphery“. 96  Die Idee eines Widerstands ergibt sich in erster Linie aus Apg 17,5–9 und der mehrfach im Neuen Testament erwähnten Inhaftierung des Apostels. 97  Röm  13,1–7: „Jeder ordne sich den Trägern der staatlichen Gewalt unter. Denn es gibt keine staatliche Gewalt außer von Gott; die jetzt bestehen, sind von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm

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stark politische Interpretation aussprechen, in der Regel eine methodisch auf den ersten Blick recht einleuchtende Vorgehensweise: Sie suchen nach semantischen Hinweisen auf implizit kritische Bemerkungen. Diese finden sie immer dann, wenn Parallelitäten zur offiziellen römischen Sprachregelung oder der Sprache der Herrscherverehrung existieren. Dann – so die Meinung – müsse man den kritischen Subtext des Paulus mitlesen: Die Verwendung des Begriffes pax lasse sich also nur in Korrelation mit der augusteisch-frühkaiserzeitlichen Friedensideologie verstehen und zeige mindestens eine Abgrenzungsbewegung von der weltlichen Autorität oder beinhalte sogar eine Kritik. Die Verwendung des παρουσία-Begriffes im ersten Brief an die Thessalonicher verweise auf das adventus-Ritual des kaiserlichen Einzugs und sei den Provinzbewohnern bekannt (selbst wenn seit Augustus kein Kaiser mehr die Provinz besucht hat). Der Begriff der securitas umfasse alle Facetten dieses philosophisch-politischen umbrella term seit spätrepublikanischer Zeit und markiere im Kontext der securitas Augusti, wie sie sich parallel als zentrale Herrschertugend in Senecas de clementia in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. zeige, einen zentralen Ansatzpunkt der Kaiserkritik.98 Das methodische Vorgehen des semantischen Vergleichs hat dabei eine lange Tradition, die sich schon auf A. Deißmann99 zurückführen lässt, aber auch einen entscheidenden Haken: Es gelingt in keinem Fall, einen direkten Bezug zwischen Paulus oder der thessalonischen Gemeinde und den römischen Quellen herzustellen. Wir können zwar annehmen, dass die römischen Begriffe ihnen geläufig waren, aber wir können es nicht belegen.100 Und noch weniger können wir nachvollziehen, in welcher Absicht Paulus sie verwendete und wie sie von den Adressaten verstanden wurden. Gerade diese Komponente wird in der Regel vernachlässigt. Es wird schlicht vorausgesetzt, dass es zwischen Paulus und der Gemeinde in Thessalonike eine gemeinsame semantische Basis gab. Die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe des jüdischen Apostels aus Damaskus entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen. Vor den Trägern der Macht hat sich nicht die gute, sondern die böse Tat zu fürchten; willst du also ohne Furcht vor der staatlichen Gewalt leben, dann tue das Gute, sodass du ihre Anerkennung findest! Denn sie steht im Dienst Gottes für dich zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, fürchte dich! Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Sie steht nämlich im Dienst Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der das Böse tut. Deshalb ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um dem Urteil, sondern auch um des Gewissens willen. Das ist auch der Grund, weshalb ihr Steuern zahlt; denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Gebt allen, was ihr ihnen schuldig seid, Steuer, wem ihr Steuer schuldet, Zoll, wem ihr Zoll schuldet, Furcht, wem ihr Furcht schuldet, Ehre, wem ihr Ehre schuldet!“  98  Zum Konzept der securitas vgl. Ricci, Security.  99  Deiẞmann, Licht. 100  Im Umkehrschluss können wir auch nicht belegen, dass es nicht so war. Insofern erscheinen die exemplarischen Beiträge von White, Peace, und Weima, Peace, die diese beiden Argumentationspfade aufzeigen, im Vergleich spannend, aber wenig lösungsorientiert, ja sie zeigen mitunter die Austauschbarkeit der Argumente.

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und der thessalonischen Gemeindemitglieder (deren heidnische oder jüdische Hintergründe umstritten sind101) werden in der Regel nicht thematisiert. Auch die spezifische Kommunikationssituation des Briefes bleibt außen vor. In der direkten Ansprache vor der Gemeinde mag Paulus seine Worte mit entsprechenden Gesten oder Erklärungen deutlich gemacht haben; die Briefform setzt hier deutliche Grenzen und wirft die Frage auf, ob das Stilmittel einer destruktiven Parodie102 oder die Konterkarierung der augusteischen Idee eines Goldenen Zeitalters103 in der Erwähnung der Begriffe ‚Frieden und Sicherheit‘ hier nicht als Überakzentuierung zu verstehen sind. Wie entkommt man nun diesem Dilemma? Man könnte sich auf die theologische Exegese des Briefes fokussieren und seine Einbettung in die hellenistisch-römische Umwelt (weitgehend) beiseitelassen.104 Dies allerdings ist für den Historiker höchst unbefriedigend. Einen Weg, der die Einbettung des Paulus in seine pagane Umwelt wagt, ohne die Überinterpretation zu strapazieren, hat Chr. Strecker 2011 in einem Beitrag mit dem Titel Taktiken der Aneignung. Politische Implikationen der paulinischen Botschaft im Kontext der römischen imperialen Wirklichkeit aufgezeigt. Chr.  Strecker versucht, dem exegetischen Dilemma zu entkommen, indem er auf der Basis machttheoretischer Überlegungen M. Foucaults105 und M. de Certeaus106 eine Deutung der paulinischen Texte vorschlägt, die weder antiimperialen Widerstand noch politische Unterwerfung 101 Die Mehrzahl der Interpreten geht aufgrund von 1 Thess 1,9 von nicht-jüdischen Jesusanhängern aus, vgl. u. a. vom Brocke, Thessaloniki, 114 f.; Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 53 f. 102  Strecker, Taktiken, 124 mit Bezug auf Eisen, Implikationen, 213. 103   Vgl. u. a. Bammel, Beitrag; Wengst, Pax Romana; Harrison, Paul. 104 Für diesen Weg hat sich R. Hoppe in seinem kürzlich erschienenen Kommentar zum 1.  Thessalonicherbrief entschieden: „Doch wäre es zu vordergründig, die Äußerung des Paulus allein als expliziten Widerspruch gegen religiös-politische Ansprüche Roms und seines ideologischen Systems zu verstehen; denn es bleibt zu beachten, um was es Paulus in seiner brieflichen Situation gegenüber der Gemeinde letztlich geht, nämlich um die Entscheidung in der Gottesfrage, die sich für sie gerade in der Bindung an die Alternative εἰρήνη/pax oder den ‚wahrhaftigen Gott‘ aus 1,9 schon entschieden hat: Es geht ihm mit seinem prophetischen Spruch weniger um einen direkten Widerspruch gegen die Politik Roms als vielmehr um die Festigung jener Abkehr von den εἴδωλα und ihrer Hinwendung zum ‚wahrhaftigen Gott‘ einschließlich der damit verbundenen Ausrichtung auf den kommenden Sohn, die er in 1,9 f. positiv in Erinnerung gerufen und in 4,16 f. mit Nachdruck untermauert hatte. Bei einer Zuordnung von christlicher Gemeinde und paganer Gesellschaft ist zu berücksichtigen, dass [es Anm.  Autorin] für die kleine Außenseitergruppe der Jesusgläubigen der einfache Alltag ist, den es zu bewältigen gilt; er ist der Erfahrungsraum, in dem die Christen den Pressionen der συμφυλεταί ausgesetzt sind. Paulus will das identitätsstiftende religiöse System des christlichen Gottesglaubens stützen, das die Konvertiten angenommen haben, es geht um die Erwartungshaltung des von Gott kommenden Kyrios am Ende der Zeit, der alles propagierte Stabilitätsdenken als Illusion erweisen wird. Den Anspruch auf Friedensstiftung und Gewährleistung von Sicherheit kennen seine Adressaten aus ihrem gesellschaftlichen Umfeld, diesem sollen die Konvertiten der Gemeinde mit ihrem Lebensmodell dauerhaft widerstehen können“ (Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 296). 105  Vgl. Foucault, Wille. 106  Vgl. de Certeau, Kunst.

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beinhalten, sondern diese Dichotomie gerade als bewusste Taktik durchkreuzt und die Inkonsistenzen der paulinischen Botschaft ernst nimmt.107 Basis seiner Ausführungen sind gerade diese offensichtlichen Widersprüche in den paulinischen Texten, die diffus erscheinen und sich einer eindeutigen Interpretation entziehen. Darin sieht er die von M. de Certeau beschriebene Praktik Nichtprivilegierter, die bestehenden Machtverhältnisse zu unterminieren, indem sie mit den Machtstrukturen in nicht vorgegebener Weise umgehen und so „subtile Aberrationen“108 produzieren. Dieses Prinzip der „widerständigen Aneignungspraktiken“109, das sich jeder Eindeutigkeit entzieht, kann Chr. Strecker im paulinischen Werk vorführen. Bezogen auf die Verwendung von Termini wie εὐαγγέλιον, εἰρήνη, πίστις, παρουσία etc., die einen Diskursraum zwischen jüdischer Tradition und römischer Ideologie besetzen, konstatiert er: Ohne den römischen politischen Diskurs explizit als solchen auf breiter Ebene aufzugreifen oder gar zu attackieren, nimmt Paulus ihn vermittels der besagten Begriffe indirekt in Gebrauch und macht etwas anderes daraus, und zwar insofern die genannten Vokabeln bei ihm nun in den der römischen Welt fremden Kontext der jüdischen Tradition eingebunden und konkret auf das Christusgeschehen bezogen werden.110

Paulus erschafft damit etwas Eigenes im Gebrauch dieser Terminologie, ohne eine bewusste Abgrenzung von den genannten Traditionen. Gemeint ist ein Gebrauch […], der keinen Ort als Hort des Eigenen voraussetzt, der keinen manifesten Widerstand begründet oder auf einen solchen zielt, der kein antiimperiales Programm etabliert, sondern der ohne manifeste strategische Berechnung und revolutionäres Pathos über die unspektakuläre Neukontextualisierung der im römischen Diskurs verankerten Begriffe eine messianische Bedeutungsverschiebung in diese einträgt, welche die im römischen Diskurs mit den genannten Begriffen assoziierte imperiale Macht unterwandert und indirekt deren imperiale Strahl‑ und Wirkkraft aushöhlt.111

Auch Chr. Streckers Thesen basieren stark auf einer Betrachtung des Zusammenhangs von paulinischem Text und Erscheinungsformen der Verehrung des römischen Herrschers. So höhlten auch für ihn insbesondere „die untergründigen Parallelen und assoziativen Querverbindungen der hoheitlichen paulinischen Christologie zur römischen Kaiserverehrung die im Kaiserkult zelebrierte souveräne Macht des Prinzeps notgedrungen aus“112. Paulus’ vermeintliche An Für das Folgende Strecker, Taktiken, 148–161.   A. a. O., 150. 109  A. a. O., 150. 110   A. a. O., 154. 111  A. a. O., 155. 112 A. a. O., 156 f. Dies geschieht nun aber gerade nicht in strategisch angelegter Weise, sondern als „,eigensinnige messianische‘ Metamorphose“ des Kaiserkultes. In der Konsequenz für die thessalonische Gemeinde ergab sich daraus auch keine Vorschrift zur Ablehnung aller sozialen Verpflichtungen im Rahmen der Herrscherverehrung, vielmehr zog die Betonung der theologischen Überlegenheit Jesu Christi diese für die Gemeinde nach sich. 107 108

Paulus, die thessalonische Gemeinde und ihr hellenistisch-römisches Umfeld

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spielungen auf Rom erscheinen in dieser Theorie allerdings nicht als subversive Versuche antiimperialer Agitation, sondern als Taktik einer Aneignung römischimperialer Machtstrukturen in seiner neuen messianischen Theologie. „Dementsprechend weist die politische Theologie des Apostels – dem Konzept des ‚Eigensinns‘ entsprechend113 – vielfach diffuse Konturen auf. Sie bewegt sich mithin in einer nur schwer fixierbaren Weise zwischen Widerstand und Anpassung.“114

VI. Resümee Diese Ideen lassen sich insbesondere vor dem Hintergrund der neuen Sicht auf den Herrscherkult sehr gut in eine veränderte Deutung der politischen Implikationen des 1. Thessalonicherbriefes einfügen. Wenn die römische Herrschaft weniger als Herrschaft von oben nach unten angesehen wird, sondern vielmehr integrativ gedacht ist, wenn der Herrscherkult Teil der kommunikativen Reichsstruktur war und vor allem den Eliten Möglichkeiten des Aufstiegs und der Teilhabe am römischen Kosmos bot, macht die Uneindeutigkeit im paulinischen Brief durchaus Sinn. Paulus greift das in der thessalonischen Gemeinde vorhandene Wissen um die positiv besetzten Begriffe wie pax, παρουσία oder securitas auf, bettet sie aber in den Kontext seiner Theologie ein und weist ihnen damit einen höheren Wert zu. Er steigert sie sozusagen in einen höherwertigen christlichen Kontext und nimmt so ihre positive Bedeutung auf, verstärkt sie aber durch den Bezug auf den Messias. Dies ist nicht notwendig eine Kritik an römischer Herrschaft oder kaiserlichem Handeln. Vielmehr ist die Kritik eine theologisch gesehen logische Konsequenz, denn in der christlichen Logik muss die kaiserliche pax, die kaiserliche παρουσία oder die kaiserliche securitas hinter der Jesu zurückstehen. Die paulinische Botschaft legt damit das Fundament für eine antiimperiale Haltung, ohne diese selbst zu verfolgen.

113 Unter dieser Idee des ‚Eigensinns‘ versteht M. de Certeau das sich oft aus der Situation des Nichtprivilegierten/Schwachen ergebende Improvisieren, das Fehlen eines definierten Diskurses. „Es ist dieses situative, flüchtige Feld, in welchem das kreative Potential widerspenstiger Aneignung aufkeimt“ (a. a. O., 152). 114   A. a. O., 161.

Kephas – Jakobus – Barnabas Drei frühchristliche Führungspersönlichkeiten und ihr Verhältnis zu Paulus im ‚Rückspiegel‘ des Galaterbriefs und des 1. Korintherbriefs Marlis Gielen Die Beurteilung des 1. Thessalonicherbriefs als ältester der überlieferten authentischen Paulusbriefe und seine Datierung um 50 n. Chr. erfreuen sich innerhalb der neutestamentlichen Forschung eines breiten Konsenses.1 Eine ähnlich hohe Übereinstimmung findet auch die zeitliche Einordnung der Hinwendung des Paulus zum Christusglauben am Beginn der Dreißigerjahre (um 32 n. Chr.).2 Damit wird seine Stimme also erstmals knapp zwei Jahrzehnte nach seinem für ihn biographisch so einschneidenden Damaskuserlebnis für uns vernehmbar. Insofern relativiert sich – wie mir scheinen will – der Erkenntniswert des 1. Thessalonicherbriefs für die Theologie des ‚frühen‘ Paulus doch erheblich.3 Hinzu kommt, dass dieser älteste Brief des Paulus ebenso wie auch alle seine späteren Briefe in einem aktuellen Kommunikationskontext steht und entsprechend situativ akzentuiert ist.4 Im Fall des 1. Thessalonicherbriefs bedeutet dies: Das Schreiben ist geprägt von der Erleichterung des Paulus, die die positiven Nachrichten seines Missionsgefährten Timotheus aus der Gemeinde von Thessaloniki bei ihm bewirkt haben (1 Thess 3,6–8). Seine quälenden Sorgen, die thessalonische Christusgemeinde könne den Bedrängnissen seitens der nichtchristusgläubigen Mitglieder der städtischen Gesellschaft (1 Thess  2,14) möglicherweise nicht standhalten (1 Thess 3,1–5), haben sich als unbegründet 1  Vgl.  Hoppe, 1.  Thessalonikerbrief, 61.64; Schreiber, 1.  Thessalonicher, 50; Schnelle, Einleitung (92017), 64 f.  mit Anm. 110. Vgl. hierzu auch die Ausführungen von E.  Schmidt in diesem Band. 2   Vgl.  u. a. Öhler, Geschichte, 94; Schnelle, 100 Jahre, 166; Riesner, Frühzeit, 65.286; Gnilka, Paulus, 312. 3 Diese Relativierung verschärft sich noch, wenn man bedenkt, dass Paulus den 1. Thessalonicherbrief ungefähr am Beginn seines letzten Lebensjahrzehnts verfasste. Auch wenn sein Geburtsjahr aufgrund der Lückenhaftigkeit der uns zur Verfügung stehenden Quellen unsicher bleibt, dürfte er um die Zeitenwende oder kurz danach geboren worden sein (vgl.  Koch, Geschichte, 203: „[…] etwa zwischen 1 und 10  n. Chr“). Demnach war er bei Abfassung des 1. Thessalonicherbriefes also etwa zwischen 40 und 50 Jahre alt und trat in seine letzte Lebensphase ein. Vgl. auch den Beitrag von E.-M. Becker in diesem Band. 4  Vgl. Gielen, Gespräch, 11 f.

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erwiesen. Und so durchzieht das Schreiben einerseits die Dankbarkeit des Paulus für die Existenz der Gemeinde und ihre Standhaftigkeit (1 Thess 1,2–4; 2,1 f.; 3,7–9) und andererseits die Ermutigung, auch künftig am Christusglauben festzuhalten und ihm gemäß zu leben (1 Thess 4,1–12; 5,12–22). Dort, wo Paulus im 1.  Thessalonicherbrief auf sein vorangegangenes Wirken zurückblickt, betrifft es  – entsprechend dem situativen Fokus des Schreibens  – seine erst kurze Geschichte mit der jungen thessalonischen Gemeinde (1 Thess  1,5–10; 2,1–3,13),5 die er wohl erst einige Monate oder vielleicht sogar nur Wochen zuvor gegründet hatte. Dagegen sucht man im 1. Thessalonicherbrief vergeblich nach autobiographischen Informationen des Paulus über seine Zeit zwischen dem Damaskuserlebnis (um 32 n. Chr.) und dem Beginn der 2. Missionsreise (ca. 48 n. Chr.), auf der er gemeinsam mit seinen Missionsgefährten Silvanus und Timotheus (1 Thess  1,1; vgl.  Apg  15,39–16,3) auch in der makedonischen Stadt Thessaloniki erfolgreich das Evangelium verkündete. Im Unterschied zu mehreren seiner nachfolgenden Briefe und insbesondere zum Galaterbrief mit der ausführlichsten autobiographischen Rückblende auf seine ‚vorliterarische‘ Lebensphase (Gal  1,13–2,14a) sah Paulus im 1.  Thessalonicherbrief offenbar keinen situativen und/oder argumentativen Anlass, diese Zeit zu thematisieren. Damit erweist sich also auch unter dem Aspekt der autobiographischen Passagen der 1. Thessalonicherbrief als eher spröde und wenig informativ in Hinsicht auf den ‚frühen‘ Paulus.6 Entsprechend sieht sich dieser Beitrag, der sich dem Verhältnis von Kephas, Jakobus und Barnabas als drei wichtigen urchristlichen Führungspersönlichkeiten in ihrem Verhältnis zu Paulus und – primär7 – aus paulinischer Perspektive widmet, auch auf zwei seiner späteren Briefe verwiesen. Denn nur im 1. Korintherbrief und Galaterbrief, die beide zeitnah Mitte der Fünfzigerjahre entstanden sein dürften, erwähnt Paulus diese Männer aus je gegebenem und zugleich unterschiedlichem Anlass. Dennoch besitzt der 1. Thessalonicherbrief innerhalb der Gruppe der überlieferten und als authentisch geltenden Paulusbriefe eine gewisse Sonder­ stel­lung. So trennen dieses Schreiben von dem ihm chronologisch wohl am nächsten liegenden 1.  Korintherbrief rund fünf Jahre,8 während sich die paulinische Briefproduktion ab Mitte der Fünfzigerjahre verdichtet und zumindest 5  So wählt Schreiber, 1. Thessalonicher, 119, für den ersten Hauptteil des Briefes (2,1–3,13) die treffende Überschrift „Die Geschichte der gemeinsamen Beziehung“. 6  Anders U. Mell in diesem Band. 7 Die Informationen, die die Apostelgeschichte parallel zu den Paulusbriefen bereithält, werden ggf. ergänzend hinzugezogen. Das Hauptinteresse dieses Beitrags aber liegt auf der – durchaus subjektiven – Sichtweise des Paulus. 8  Auf das Frühjahr 55  n. Chr. datieren den 1.  Korintherbrief u. a. Schnelle, Einleitung (92017), 77; Wischmeyer, Korintherbrief, 150; für das Frühjahr 54 oder 55 n. Chr. plädieren u. a. Schrage, Korinther (Bd. 1), 36; Merklein, Korinther (Bd. 1), 51; Schreiber, Chronologie, 160.

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der 2. Korintherbrief,9 Galaterbrief 10 und der Römerbrief 11 in verhältnismäßig kurzem Abstand auf den 1. Korintherbrief folgen. Diese Verdichtung dürfte nun zu einem nicht geringen Teil bedingt sein durch eine Auseinandersetzung zwischen Paulus und streng toraobservanten Gegenspielern aus dem Umfeld der Jerusalemer Urgemeinde – eine Auseinandersetzung, die um die aufgrund der auflagenfreien Evangeliumsverkündigung entstandenen, heidenchristlich dominierten paulinischen Gemeinden geführt wurde und die möglicherweise gerade infolge des sog. antiochenischen Zwischenfalls (vgl. Gal 2,11–14) allmählich an Fahrt aufnahm und schließlich Mitte der Fünfzigerjahre eskalierte (vgl. unter I.3). Folgt man einem gut begründbaren Perspektivenwechsel der jüngeren Forschung, dann hat dieser antiochenische Zwischenfall, in den nicht nur Paulus, sondern auch Kephas, Barnabas und – indirekt – Jakobus verwickelt waren, seinen historischen Platz erst beim Besuch des Paulus in Antiochia zwischen seiner 2. und 3. Missionsreise (vgl. Apg 18,22 f.) wohl im Winter 51/52 n. Chr. und dürfte nicht schon kurze Zeit nach dem Jerusalemer Aposteltreffen (vgl.  Gal  2,1–10; Apg  15,1–29), das um 46/47  n. Chr. stattfand, zu datieren sein.12 Im Blick auf den 1.  Thessalonicherbrief bedeutet dies, dass er somit das einzige erhaltene Schreiben des Paulus ist, welches dieser vor dem antiochenischen Zwischenfall verfasste13 – ein Ereignis, das sich für die weitere Tätigkeit des Paulus als einschneidend erweisen sollte und in dessen Folge er sich gezwungen sah, im Ringen mit seinen toraobservanten Gegenspielern um die heidenchristlichen Mitglieder seiner Gemeinden die christologisch–soteriologische Begründung seiner auflagenfreien Evangeliumsverkündigung unter den Heiden zu profilieren und zu schärfen. Wenn sich dieser Beitrag nun im Folgenden den Äußerungen des Paulus über Kephas, Jakobus und Barnabas zuwendet, so gilt es sich bewusst zu bleiben: Die Äußerungen stammen von einer Person, die in direktem Kontakt und Austausch, aber schließlich auch in kontroversem Diskurs mit diesen drei wichtigen und einflussreichen Persönlichkeiten der ersten Generation von Christusgläubigen  9  Jenseits der Diskussion um die Einheitlichkeit des Schreibens lässt sich der 2. Korintherbrief mit relativ breitem Forschungskonsens auf die zweite Hälfte des Jahres 55 n. Chr. datieren, vgl. u. a. Schreiber, Chronologie, 163; Schnelle, Einleitung (92017), 97; Schmeller, Korintherbrief, 342. 10 Schnelle, Einleitung (92017), 118, vertritt „die Annahme, dass der Gal nach den beiden Korintherbriefen und unmittelbar vor dem Röm im Spätherbst 55 n. Chr. in Makedonien geschrieben wurde“ (kursiv im Original); ähnlich Schreiber, Chronologie, 163; Theobald, Galaterbrief, 365. 11  Sowohl Schreiber, Römerbrief, 292, als auch Wischmeyer, Römerbrief, 257, verweisen auf einen breiten Forschungskonsens, die Abfassung des Römerbriefs auf das Frühjahr 56 n. Chr. – mit Korinth als Abfassungsort – zu datieren. 12  Vgl.  Öhler, Barnabas, 62 f.77–86; Ders., Geschichte, 204 f.; Wedderburn, History, 98 f.103; Hengel, Petrus, 93–95; Konradt, Datierung, passim. 13 Auf diese Ausnahmestellung des 1. Thessalonicherbriefs weist etwa auch Hengel, Petrus, 104, hin.

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stand. Umgekehrt besitzen wir von ihnen keine Äußerungen über Paulus und die gemeinsame Geschichte mit ihm.14 Paulus aber nimmt ihnen gegenüber keine objektive Haltung ein. Vielmehr fließen in seine Äußerungen die für ihn positiven wie negativen Erfahrungen mit Kephas, Jakobus und Barnabas ein. Diese subjektive Perspektive wird noch durch den literarischen Ort der Äußerungen gattungsmäßig verstärkt. Denn in seinen situativ bedingten und zugespitzten Briefen bringt Paulus nur die Details zur Sprache, die ihm in der konkreten Kommunikationssituation mit den jeweiligen Adressatengemeinden und angesichts der daraus erwachsenden konkreten Kommunikationsstrategie wichtig sind.15 Doch trotz der subjektiven Komponente lässt sich den paulinischen Äußerungen über Kephas, Jakobus und Barnabas ein historisch belastbarer Informationswert nicht einfach absprechen. Denn Mitte der Fünfzigerjahre, als Paulus den 1.  Korintherbrief und den Galaterbrief verfasste, lebten diese drei angesehenen und einflussreichen Persönlichkeiten wohl allesamt noch16 und waren den Gemeinden in Korinth und Galatien persönlich und/oder durch Mittelsleute bekannt. Insofern ließen sich die Äußerungen des Paulus über sie relativ problemlos überprüfen, sofern sie den Adressatengemeinden unglaub14 Insofern trifft hier mit Wolter, Autonomie, 94 „[…] die alte Skatspielregel: ‚Wer schreibt, der bleibt‘. Von den vielen Menschen, die in den ersten Jahrzehnten nach Ostern über christliche Identität und christliches Ethos nicht nur nachdachten, sondern beides auch gestalteten und darüber mit anderen Christen diskutiert haben, sind uns nur die Positionen derjenigen überliefert, die etwas aufgeschrieben haben. Die Stimmen und die theologischen Positionen derjenigen, die zur kulturellen Kontextualisierung der christlichen Identität nur Mündliches beigesteuert haben, sind nicht oder nur indirekt erhalten geblieben. Ich denke da z. B. an Personen mit theologischen Positionen wie Jakobus, Petrus und Barnabas. […] Wir können heute diesen Positionen einzig und allein dadurch Gehör verschaffen, dass wir sie aus den schriftlich überlieferten Quellen im Wege einer historisch-kritischen Rückfrage rekonstruieren – und das ist ein ganz mühsames und risikoreiches Unterfangen“ (kursiv M. G.). 15  Vgl.  etwa Schreiber, Briefliteratur, 259 f. Dieser konkreten Kommunikationssituation und ‑strategie dürfte es im Übrigen auch geschuldet sein, dass Paulus überhaupt nur im 1. Korintherbrief und Galaterbrief Kephas, Jakobus und Barnabas erwähnt. 16  Am besten belegt ist gerade auch aufgrund des außerchristlichen Zeugnisses des Flavius Josephus (Ant.  20,  197–203) die Steinigung des Jakobus 62  n. Chr. in Jerusalem (vgl.  dazu Pratscher, Herrenbruder, 229–260; Deines, Jakobus, 314–354). Dagegen steht die Überlieferung des Märtyrertodes von Kephas im Kontext der neronischen Verfolgung 64 n. Chr. in Rom quellenmäßig auf schwächeren Füßen (zur kontroversen Diskussion ihrer historischen Belastbarkeit vgl. u. a. die beiden forschungsgeschichtlichen Beiträge von Burkhard, Petrus, und Dassmann, Petrus, sowie die beiden gegensätzlichen Voten von Ameling, Petrus, pro Historizität und Zwierlein, Petrus, contra Historizität), ist aber in Abwägung der verschiedenen Argumente keineswegs unplausibel (so etwa auch Koch, Geschichte, 405–414; Schnelle, 100 Jahre, 304–308). Die Lebensspur des Barnabas bzw. ihr Ende verliert sich im Dunkel der Geschichte. Doch meint Kollmann, Joseph Barnabas, 58, der legendarischen Barnabastradition als historischen Kern entnehmen zu dürfen, „daß Barnabas auf Zypern während der zweiten dortigen Mission entweder gewaltsam umkam oder eines natürlichen Todes starb“. Als terminus post quem führt er die Erwähnung des Barnabas durch Paulus in 1 Kor 9,6 an. Doch auch der einige Monate später entstandene Galaterbrief (s. o. Anm. 9) bietet kein Indiz für den zwischenzeitlich eingetretenen Tod des Barnabas (vgl. Gal 2,1.9 f.13).

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würdig erscheinen sollten. Allein schon um seiner Glaubwürdigkeit und um seiner Autorität willen musste Paulus daher daran gelegen sein, das grundlegende Faktengerüst angemessen zu berücksichtigen,17 auch wenn er es – durchaus legitim – aus seiner subjektiven Perspektive darstellte.

I. Kephas, Jakobus und Barnabas im ‚Rückspiegel‘ des Galaterbriefes18 Anlass für Paulus, den Christusgemeinden Galatiens (Gal 1,2)19 einen Brief zu schreiben, ist es, dass ihre Mitglieder aktuell im Begriff stehen, sich die Argumentation einer Gruppe von judenchristlichen Verkündigern zu eigen zu machen, welche Beschneidung und Toraobservanz20 als heilsnotwendige Bestandteile des Christusglaubens auch für Menschen paganer Herkunft propagieren. Die Annahme einer Verbindung dieser Verkündigergruppe zur Jerusalemer Urgemeinde darf als „die wahrscheinlichste Lösung“21 gelten. Ein Hinweis darauf findet sich etwa in Gal 6,12, wo Paulus ihr Drängen auf Beschneidung der galatischen Christusgläubigen mit ihrer Furcht vor eigener Verfolgung aufgrund des Kreuzes Christi in eine kausale Beziehung bringt. Eine solche Verfolgung konnte aber nur vonseiten nichtchristusgläubiger 17  Dies gilt noch einmal in besonderem Maße für den ausführlichen autobiographischen Rückblick in Gal 1,13–2,14a, den Paulus angesichts einer angespannten, konfliktiven Situation formuliert. Zutreffend bemerkt hierzu Böttrich, Apostelkonvent, 104: „Paulus schreibt gleichsam unter Beschuss und muss, bei aller erkennbaren apologetischen Tendenz, hinsichtlich der Fakten korrekt sein“. Vgl. auch Koch, Paulus, 48. 18 Obwohl der Galaterbrief chronologisch einige Monate nach dem 1.  Korintherbrief verfasst sein dürfte (s. o. Anm. 10), wird hier der Blick zunächst auf diesen Brief gerichtet. Denn in Gal 1,13–2,14 bietet Paulus den umfangreichsten und aussagekräftigsten autobiographischen Rückblick, wobei er auch wiederholt Begegnungen mit Kephas, Jakobus und Barnabas thematisiert. Alle Ereignisse, die Paulus aber in dieser Briefpassage Revue passieren lässt, fallen in die Zeit vor Abfassung des 1. Korintherbriefs. 19  Wo diese Gemeinden zu lokalisieren sind  – im Süden der römischen Provinz Galatien (Provinzhypothese) oder im Norden im Bereich der Städte Pessinus, Tavium und Ankyra (Landschaftshypothese) –, ist in der Forschung nach wie vor umstritten. Da hier der Raum fehlt, in die komplexe Diskussion einzusteigen, muss der Hinweis genügen, dass dieser Beitrag die Landschaftshypothese zugrunde legt. Denn obwohl „Rätsel [bleiben], die wir nicht lösen können“ (so zutreffend Theobald, Galaterbrief, 361), wiegen im Vergleich der Argumente pro und contra m. E. diejenigen zugunsten der Landschaftshypothese doch schwerer, vgl. dazu u. a. Koch, Barnabas, passim; Ders., Geschichte, 573–579; Theobald, Galaterbrief, 357–361; Schnelle, Einleitung (92017), 119–121; Schreiber, Chronologie, 163 f. 20  Die Bereitschaft der galatischen Christusgläubigen zur Beschneidung geht aus Gal 5,1 f. hervor, ihre Entschlossenheit zur Toraobservanz aus Gal  4,8–11 und vor allem aus 4,21, wo Paulus sie anspricht als οἱ ὑπὸ νόμον θέλοντες εἶναι. Seine Kritik an der Toraobservanz zielt dabei auf die kultisch-rituellen Bestimmungen, nicht auf die ethischen Bestimmungen der Tora, die es selbstverständlich weiter zu beachten gilt und die Paulus im Liebesgebot erfüllt sieht (vgl. Gal 5,14). Insofern ist die Qualifizierung der paulinischen Evangeliumsverkündigung als gesetzesfrei nicht ganz zutreffend (vgl. Hengel, Stellung, 217). 21 Stowasser, Konflikte, 57.

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Juden ausgehen und die Möglichkeit dazu verweist realistischerweise nach Jerusalem (bzw. Judäa), nicht aber in die Diaspora.22

Für Paulus freilich bedeutet das Einschwenken der aus dem Heidentum stammenden galatischen Christusgläubigen auf die Linie seiner judenchristlichen Gegenspieler nichts weniger als ein ‚Super-GAU‘. Denn er ist davon überzeugt, dass ihre drohende Akzeptanz von Beschneidung und Toraobservanz ihr in Christus begründetes Heil zunichtemacht (Gal 5,2–4).23 Entsprechend bewertet Paulus die sich abzeichnenden Tendenzen in den galatischen Gemeinden als Kehrtwende ihrer Mitglieder weg vom gnädigen Gott, der sie berufen hat, hin zu einem „anderen Evangelium“ (μετατίθεσθε […] εἰς ἕτερον εὐαγγέλιον, Gal 1,6). Freilich stellt er sofort darauf richtig, dass dieses andere Evangelium gar kein Evangelium ist (Gal 1,7) und daher ausnahmslos jeder, der ihnen solch ein „anderes Evangelium“ verkündet, verflucht sein soll (Gal 1,8 f.). Denn nur das Evangelium, das die galatischen Christusgläubigen durch die Verkündigung des Paulus kennengelernt und angenommen haben, ist – ohne Abstriche und vor allem ohne Zusätze – das authentische Evangelium, insofern es nicht von Menschen stammt, sondern Paulus es unmittelbar durch eine Offenbarung Christi empfangen hat (Gal 1,11 f.). Auch der Auftrag zur Verkündigung dieses authentischen Evangeliums ist unmittelbar göttlichen Ursprungs, und darin gründet der paulinische Apostolat (Gal 1,1). 22 Mit

Theobald, Galaterbrief, 364. Wenngleich Paulus seine Gegenspieler durch den Hinweis auf ihre Furcht bloßstellen will, ist Furcht als (zumindest) ein Motiv ihres Handelns durchaus nicht abwegig. Denn bereits seit den Vierzigerjahren wuchsen in Jerusalem/Judäa die Spannungen zwischen national–religiösen jüdischen Kreisen und der Oberherrschaft der heidnischen Römer, vgl. Dunn, Incident, 7–11; Deines, Jakobus, 166–169. In diesem spannungsgeladenen Klima aber konnten Mitglieder der judenchristlichen Jerusalemer Urgemeinde leicht in das Visier dieser strenggläubigen Juden gelangen und als Bedrohung für die identitätsstiftenden jüdischen Traditionen unter Druck geraten, weil sie duldeten, dass heidnische Personen in den Diasporagemeinden ihrer Gruppierung voll integriert wurden, vgl. Dunn, Incident, 10. 23  Diese Überzeugung des Paulus erwächst aus seiner neuen Betrachtung des Gesetzes (νόμος) und der Gesetzeswerke (ἔργα νόμου) im Licht des Kreuzestodes Christi, die in ihren Grundzügen wohl schon auf sein Offenbarungserlebnis (Gal  1,15 f.;  vgl.  1 Kor  9,1;  15,8– 10; 2 Kor 4,6; Phil 3,7 f.) zurückgeht (vgl. u. a. Dietzfelbinger, Berufung, 90–106; Gielen, Grundzüge, 123–125; Wolter, Paulus [2011], 29), die er jedoch im Ringen um die galatischen Christusgläubigen erstmals nachweislich pointiert darstellt und theologisch begründet (vgl. vor allem Gal 2,14b–21; 3,10–14) und wenig später im Römerbrief untermauert. Demnach scheitert das Gesetz in seiner Heilsfunktion an den Menschen, die ausnahmslos seine Bestimmungen faktisch nicht erfüllen. Deshalb kehrt sich die Heilsfunktion des Gesetzes in eine Fluchfunktion um. An Christus aber wirkt sich dieser Fluch stellvertretend aus, indem er, „der die Sünde nicht kannte“ (vgl. 2 Kor 5,21), den vom Gesetz mit dem Fluch belegten Tod am Kreuz stirbt (vgl. Gal 3,13 mit Zitat Dtn 21,23) und so den Menschen den Zugang zum Heil eschatologischendgültig eröffnet (vgl. u. a. Merklein, Paradox, 292–300; vgl. Ders., Nicht aus Werken, 306 f.). Wer daher – wie die judenchristliche Verkündigergruppe in Galatien – post Christum crucifixum Menschen paganer Herkunft, die zum Christusglauben gekommen sind, weiterhin auf die Werke des Gesetzes als heilsnotwendigen Bestandteil dieses Glaubens verpflichten will, setzt sie dem Scheitern aus und gefährdet also gerade ihr Heil.

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So ist es also gleichermaßen die Sorge um das Heil der galatischen Christusgläubigen wie die Verpflichtung gegenüber seinem göttlichen Auftrag, die Paulus im Galaterbrief alle Register ziehen lassen, um die Briefadressaten doch noch davon abzuhalten, auf die Position der judenchristlichen Verkündigergruppe einzuschwenken, die Beschneidung und Toraobservanz als unverzichtbare Bestandteile des Christusglaubens propagiert. Vor diesem situativen Hintergrund erschließt sich die Pragmatik der theologischen Argumentation in der zweiten Hälfte des Briefcorpus ab 3,1. Ihm verdankt sich in der ersten Hälfte des Briefcorpus aber auch die längste und informativste autobiographische Passage aller paulinischen Briefe (1,13–2,14a), in welcher auch wiederholt Kephas, Jakobus und Barnabas erwähnt werden. Thematisch kreisen die Erinnerungen des Paulus hier um zwei Themenkomplexe: Zum einen geht es um den Nachweis, dass das von ihm verkündete Evangelium das von Gott durch ein Offenbarungsgeschehen legitimierte, authentische Evangelium für die Heiden ist und dass er sich von Anfang an seine Unabhängigkeit von Menschen bewahrt hat (1,13–24). Zum anderen geht es um den Nachweis, dass Paulus dieses Evangelium auch schon in der Vergangenheit kompromisslos verteidigt hat (2,1–14a).24 Dass Paulus also gerade im Galaterbrief retrospektiv so mitteilsam wird, ist dem aktuellen Konflikt um das von ihm verkündete Evangelium geschuldet. Und so ist die autobiographische Rückblende auch exakt darauf hin konzipiert, seine Position in diesem Konflikt als begründet und alternativlos darzustellen. Dies rät dazu, diese Rückblende nicht als objektiven, neutralen Bericht zu lesen. Es handelt sich vielmehr um subjektiv akzentuierte Erinnerungen, die jedoch historisch in ihren Grundzügen (nicht immer im Detail) durchaus plausibel und belastbar sind. Dies gilt es auch im Blick zu behalten, wenn nachfolgend der Fokus des Interesses auf die paulinische Darstellung von Kephas, Jakobus und Barnabas innerhalb seiner autobiographischen Erinnerungen im Galaterbrief gerichtet wird. 1. Paulus zu Gast bei Kephas in Jerusalem (Gal 1,18–20) Über seine erste persönliche Begegnung mit Kephas informiert Paulus die galatischen Christusgläubigen in Gal 1,18–20. Diese Information ist somit eingebettet in den ersten Teil seiner autobiographischen Rückblende (Gal 1,13–24), in welchem sich Paulus textpragmatisch darauf fokussiert, die ausschließlich göttliche Legitimation seiner Evangeliumsverkündigung unter den Heiden und – damit 24 Die Wiedergabe seiner Rede, die er im Rahmen des antiochenischen Zwischenfalls an Kephas gerichtet hat, gestaltet Paulus in Gal 2,14b–21 ganz im Dienst der textpragmatischen Zielsetzung seines Schreibens. Sie bildet gleichsam die Brücke zum zweiten Teil des Briefcorpus (3,1 ff.), indem Paulus hier seine Position thetisch skizziert, um sie anschließend theologischargumentativ zu entfalten, vgl.  Merklein, Nicht aus Werken, 304, in Anschluss an Betz, Galaterbrief, 54–72; 212–215.

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eng verbunden – die strikte Wahrung seiner Unabhängigkeit von menschlicher Beeinflussung herauszustellen (s. o.). Um den Nachweis des göttlichen Ursprungs des von ihm verkündeten Evangeliums (vgl. Gal 1,11 f.) zu erbringen, stellt Paulus zum Auftakt seines autobiographischen Rückblicks zunächst eindrücklich den Überraschungseffekt heraus, mit welchem das Damaskuserlebnis in seine bis dahin ‚heile Welt‘ als vorbildlich gesetzestreuer und für die väterlichen Überlieferungen eifernder Pharisäer hereinbrach. Diese Treue zur Tora und ihrer gruppenspezifisch pharisäischen Auslegung war es aber auch, die Paulus die neue Gemeinschaft der Christusgläubigen (ἐκκλησία τοῦ θεοῦ) verfolgen und auf ihre Vernichtung trachten ließ (Gal 1,13 f.). Denn die Verkündigung eines Messias, der den Kreuzestod gestorben war und damit nach Ausweis der Tora als von Gott Verfluchter zu gelten hatte (vgl.  Dtn  21,22 f.), musste ihm als Gotteslästerung erscheinen.25 Verstärkt wurde seine Abwehrhaltung wohl noch durch die Gruppe der christusgläubig gewordenen Diasporajuden Jerusalems um Stephanus, die die heilsmittlerische Funktion der Tora auf diesen gekreuzigten und ihrem Zeugnis nach von Gott auferweckten Messias Jesus von Nazaret übertrugen und  – daraus resultierend  – eine deutlich reservierte Haltung gegenüber der Tora und dem Jerusalemer Tempel(-kult) einnahmen, die sie aus den tempel– und torakritischen Teilen der Jesusüberlieferung abgeleitet haben dürften (vgl. Apg 6,8–15).26 In dieser ungetrübten, von keinerlei Selbstzweifeln an der Richtigkeit seiner theologischen Position und seines daraus erwachsenden Handelns geplagten Phase trifft Paulus dann völlig unvermutet das Eingreifen Gottes in sein Leben, der ihm den Gekreuzigten als seinen – Gottes – Sohn offenbart, verbunden mit der Beauftragung, ihn als Evangelium (… ἵνα εὐαγγελίζωμαι αὐτὸν …), d. h. als Heilsweg unter den Heiden zu verkünden (Gal 1,15– 16a). Wenngleich Paulus in Gal 1,13–16a sehr pointiert die – nach irdisch–menschlichen Kriterien geurteilt  – völlige Unableitbarkeit und somit Gottgewirktheit seiner Lebenswende herausstreicht, um im Blick auf seine galatische Adressatenschaft glaubhaft nachzuweisen, dass das von ihm verkündete Evangelium nicht menschlicher, sondern göttlicher Herkunft ist, ist diese Akzentuierung seiner Darstellung dennoch kein bloßer rhetorischer Kniff, sondern dürfte durchaus seiner eigenen Wahrnehmung entsprochen haben. Mit Gal  1,16b–17 verschiebt sich der Fokus der autobiographischen Rückblende insofern etwas, als Paulus jetzt ergänzend betont, dass er das ihm von Gott anvertraute authentische Evangelium für die Heiden von Beginn an konsequent davor bewahrt hat, durch menschlichen Einfluss gleichsam kontaminiert zu werden. Daher setzt Paulus unmittelbar nach seinem Offenbarungserlebnis sofort (εὐθέως)27 zwei sachlich miteinander verbundene Entscheidungen in die Tat um: (1) Er verzichtet auf jede Art von menschlichem Rat (V. 16b: […] οὐ προσανεθέμην σαρκὶ καὶ αἵματι) und dazu gehört auch – wie er präzisierend hinzufügt: Er sucht nicht den Kontakt zum Apostelkreis der Jerusalemer Urgemeinde (V. 17a: […] οὐδὲ ἀνῆλθον εἰς Ἱεροσόλυμα πρὸς τοὺς πρὸ ἐμοῦ ἀποστόλους).28   Vgl. u. a. Dietzfelbinger, Berufung, 96; Merklein, Paradox, 292.  Vgl. Dietzfelbinger, Berufung, 16–20; Merklein, Entstehung, 247–276. 27 Das vorangestellte Adverb εὐθέως bezieht sich gleichermaßen auf die nachfolgende zweigliedrige negative Aussage οὐ προσανεθέμην […] (V. 16b) und οὐδὲ ἀνῆλθον […] (V. 17a) wie auf die anschließend antithetisch ergänzende positive Aussage ἀλλ᾽ ἀπῆλθον […] (V. 17b). 28  Die Überlegung, Paulus habe angesichts einer potentiellen Gefährdung aufgrund seiner theologisch-religiösen Kehrtwende zunächst auf einen Besuch in Jerusalem verzichtet (so Hengel, Arabien, 203), ist vom Text nicht gedeckt und blendet zudem aus, dass Paulus sich auch später nicht von drohenden Gefahren hat abhalten lassen, dorthin zu gehen, wohin es 25 26

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(2)  Stattdessen (ἀλλά) begibt er sich von Damaskus, wo ihn unvermutet die göttliche Offenbarung traf, zunächst einmal unverzüglich nach Arabien, bevor er wiederum nach Damaskus zurückkehrt (V. 17b: […] ἀλλ᾽ ἀπῆλθον εἰς Ἀραβίαν καὶ πάλιν ὑπέστρεψα εἰς Δαμασκόν).29 Doch gerät Paulus während seiner Zeit in Arabien offenbar aufgrund erster Verkündigungsversuche im Umfeld jüdischer Synagogen in den Nabatäerstädten30 in das Visier des Nabatäerkönigs31 Aretas IV. Nur so erklärt es sich nämlich, dass dieser versucht, Paulus über seinen Ethnarchen32 in Damaskus festnehmen zu lassen. Daher sieht sich Paulus nach nur kurzem Aufenthalt zu einer abenteuerlichen Flucht aus der Stadt gezwungen (vgl. 2 Kor 11,32 f.).

Statt sich jedoch sofort nach dieser Flucht nordwärts zu wenden und auf syrischem und kilikischem Gebiet mit seiner Verkündigungsarbeit, die er in Arabien ihm geboten erschien. Zu Jerusalem als Ziel vgl.  im unmittelbaren Kontext Gal  1,18;  2,1; im Blick auf seinen letzten Jerusalembesuch spricht Paulus offen seine – (wie sich erweisen sollte) berechtigten  – Befürchtungen an (vgl.  Röm  15,30 f.), ohne sich dadurch freilich von seinen Reiseplänen abbringen zu lassen. 29  Liest man Gal 1,16 f. nicht durch die Brille der lukanischen Darstellung Apg 9,1–9, lässt sich das paulinische Selbstzeugnis völlig zwanglos so verstehen, dass er nach seinem Aufenthalt in Arabien in die Stadt Damaskus wiederum zurückkehrt (πάλιν ὑπέστρεψα), wo sein Leben dank göttlichen Handelns eine 180°-Kehrtwende erfuhr (vgl. Koch, Geschichte, 206: „[…] hier wird indirekt Damaskus als Ort seiner Berufung erkennbar“). Dass Lukas das Offenbarungserlebnis des Paulus, über das dieser selbst stets unter Beschränkung auf das Notwendigste und unter Ausblendung aller äußeren Umstände spricht (vgl. neben Gal 1,15–16a auch 1 Kor 9,1; 15,8–10; 2 Kor 4,6; Phil 3,7 f.), mit einem gewissen Öffentlichkeitscharakter versieht und eindrucksvoll vor den Toren der Stadt inszeniert, ist seinem episodenhaft-dramatischen Erzählstil geschuldet (anders etwa Hengel, Der vorchristliche Paulus, 169, der hier der lk. Schilderung vor dem paulinischen Selbstzeugnis den Vorzug gibt. Diese – meist unreflektierte – Lektüre von Gal 1,16b–17 im Licht von Apg  9,2 f. [vgl.  22,5 f.; 26,12 f.] ist allerdings sehr verbreitet, vgl.  u. a. Wolter, Paulus [2011], 25; Wedderburn, History, 84; Dunn, Beginning, 346.348). 30 Zur Annahme einer paulinischen Verkündigungstätigkeit in Arabien vgl. Hengel, Arabien, 204–210; Knauf, Arabienreise, 469. Ob diese Verkündigungsversuche erfolgreich waren, darf bezweifelt werden (skeptisch auch etwa Koch, Geschichte, 211; anders Hengel, Arabien, 211), da sie keinerlei Spuren in der Überlieferung hinterlassen haben. Ziemlich wahrscheinlich ist jedoch, dass es über die Christusbotschaft zu handfesten Streitigkeiten innerhalb der städtischen Synagogengemeinden Arabiens kam, die den Unwillen Aretas IV. erregten. Ein ganz ähnliches Szenario führte bekannterweise Ende der Vierzigerjahre zum sog.  Claudiusedikt, durch das (wohl speziell die christusgläubigen) Juden aus Rom ausgewiesen wurden, weil sie impulsore Chresto unablässig für Tumulte sorgten, wie Sueton in seiner Claudius-Vita (25,4) überliefert (vgl. Apg 18,1 f.). 31  Bei den Nabatäerkönigen handelt es sich genau genommen um Stammesfürsten, die von 63 v. Chr. bis 106 n. Chr. (Einrichtung der römischen Provinz Arabien) unter römischer Oberherrschaft standen (Klientelkönigtum), vgl. Wenning, Nabatäer, 606. Ihr Herrschaftsgebiet erstreckte sich vom heutigen südlichen Syrien über Jordanien bis ins nordwestliche Saudiarabien, vgl. Koch, Geschichte, 210. 32 Vgl. Knauf, Zum Ethnarchen, 147: „Beim Ethnarchen des Aretas 2 Kor 11,32 handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den Vorsteher der nabatäischen Handelskolonie in Damaskus, der wohl zugleich die Interessen des nabatäischen Staates vertrat, um eine Art Konsul also. Wenn er sich manchen Übergriff erlaubte, der von seinen gewöhnlichen Funktionen nicht gerade gedeckt war – wen kümmerte es? Der Kaiser war in Rom, aber die Nabatäer standen vor den Toren!“

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doch eher erfolglos begonnen hatte,33 endlich ‚durchzustarten‘ (vgl. Gal 1,21–24), entschließt sich Paulus – rund zwei Jahre34 nach seinem Damaskuserlebnis – jetzt doch zunächst südwärts nach Jerusalem zu reisen. Mit dieser Zwischenetappe in Jerusalem revidiert er keineswegs seine Entscheidung, die er unmittelbar nach der ihm zuteil gewordenen göttlichen Offenbarung und Beauftragung (Gal 1,15– 16a) getroffen hatte, nämlich auf Menschenrat zu verzichten und entsprechend auch nicht die Jerusalemer Apostel zu kontaktieren (vgl. Gal 1,16b–17a). Denn zum einen hatte er inzwischen sein Offenbarungserlebnis auf sich selbst gestellt theologisch bearbeitet35 und damit zugleich die Unabhängigkeit seiner Evangeliumsverkündigung von Menschen gesichert. Zum anderen aber trieb ihn jetzt ein Motiv nach Jerusalem, das offenbar stark genug war, um ihn die Umsetzung seines göttlichen Missionsauftrages für eine überschaubare Zeit noch aufschieben zu lassen.36 Dieses Motiv beschreibt Paulus kurz und knapp mit ‚um Kephas kennenzulernen‘ (Gal 1,18a: ἱστορῆσαι Κηφᾶν). Mit der Wahl des Verbs ἱστορεῖν stellt er dabei sicher, dass er den Kontakt zu Kephas nicht sucht, weil er in ihm eine wichtige Auskunftsperson bzw. Informationsquelle – insbesondere im Blick auf das vorösterliche Wirken Jesu von Nazaret – sieht, sondern weil er Interesse an seiner Person hat und ihn daher persönlich kennenlernen will.37 33 Vgl. Anm. 30.

34  Die Zeitangabe Gal 1,18a ἔπειτα μετὰ ἔτη τρία ist etwas unscharf. Zum einen wird nach antiker Zählung das angebrochene Jahr stets mitgerechnet, so dass sich aus der Angabe eine Spannbreite von gut einem Jahr bis zu knapp drei Jahren ergibt (vgl. Schäfer, Paulus, 129). Zum anderen lässt sich die Zeitangabe sowohl vom Offenbarungserlebnis des Paulus her rechnen als auch von seiner Rückkehr nach Damaskus im Anschluss an seinen Aufenthalt in Arabien. Für die erstgenannte Lösung spricht im textlichen Zusammenhang die Antithese zwischen den beiden Zeitangaben mit jeweiligem Jerusalembezug ( Ὅτε δὲ εὐδόκησεν ὁ θεὸς ὁ ἀφορίσας με [Gal 1,15a] … οὐδὲ ἀνῆλθον εἰς Ἱεροσόλυμα [Gal 1,17a] … Ἔπειτα μετὰ ἔτη τρία ἀνῆλθον εἰς Ἱεροσόλυμα [Gal 1,18a]). Gegen die zweitgenannte Lösung spricht vor allem der zu lange Zeitraum zwischen der Rückkehr des Paulus aus Arabien und dem versuchten Zugriff des nabatäischen Ethnarchen auf ihn (2 Kor 11,32 f.), der sich plausibel nur aus dem bei den Nabatäern Ärger verursachenden Auftreten des Paulus in deren Herrschaftsbereich erklären lässt (s. Anm. 30 und 32). 35 Dies könnte sogar der Anlass für Paulus gewesen sein, sich nach seinem Offenbarungserlebnis nach Arabien zurückzuziehen (Gal 1,17b: […] ἀπῆλθον εἰς Ἀραβίαν). Aufgrund ihres Reichtums aus Handel und Zolleinnahmen (vgl. Wesch–Klein, Provinzen, 106) hatten die Nabatäer in ihrem Herrschaftsgebiet ein Netz hellenistisch geprägter Städte geschaffen. Von Damaskus aus konnte Paulus ohne großen Reiseaufwand in eine dieser nabatäischen Städte wie etwa Bostra gelangen. Zudem durfte er davon ausgehen, dass er hier noch nicht auf Christusgläubige stieß und auch selbst noch unbekannt war. So bot ihm die Stadtkultur der Arabia also den geeigneten Freiraum, zunächst einmal sein theologisches Koordinatensystem, das durch göttliches Eingreifen gehörig durcheinandergewirbelt worden war, ohne Einflussnahme von außen (Gal 1,16b!) neu zu ordnen, um anschließend dort erste Versuche in der Verkündigung zu unternehmen. Theologische Reflexion und Verkündigung sollten hier also nicht gegeneinander ausgespielt werden (so aber Knauf, Arabienreise, 469). 36  Vgl. dazu aber Anm. 39. 37  Dass Paulus das Verb ἱστορεῖν (ein neutestamentliches Hapaxlegomenon) in Gal 1,18a mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Bedeutung persönlich kennenlernen ver-

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Selbstverständlich ist ein solches persönliches Kennenlernen nur über den Weg eines direkten kommunikativen Austausches möglich. In den Gesprächen, die Paulus mit Kephas in den zwei Wochen seines Aufenthaltes bei ihm als seinem Gastgeber (vgl.  Gal  1,18b) reichlich Gelegenheit hatte zu führen, dürften die vorösterlichen Erfahrungen des Kephas mit Jesus von Nazaret eine ebenso wichtige Rolle gespielt haben38 wie auch seine österliche Begegnung mit dem Auferweckten (vgl. 1 Kor 15,5!) und seine Leitungsfunktion in der Jerusalemer Gemeinde, die er beim Besuch des Paulus um 33/34 n. Chr. ausübte.

Damit ist freilich noch nicht darüber entschieden, ob das Interesse des Paulus an der Person des Kephas, die ihn das erste Mal nach seinem Damaskuserlebnis nach Jerusalem reisen lässt, aus der unzweifelhaft prominenten Rolle des Kephas im vorösterlichen Jüngerkreis Jesu erwächst und/oder aus seiner ebenso führenden Rolle in der Jerusalemer Urgemeinde zu der Zeit, als Paulus sich entschließt, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Beides ist möglich, aber m. E. nicht sehr wahrscheinlich, sofern man berücksichtigt, dass Paulus in seinen Briefen  – um es vorsichtig auszudrücken  – keine ausgeprägte Hochschätzung menschlicher Autoritäten unter den Christusgläubigen erkennen lässt (vgl. Gal 2,6; 1 Kor 3,5.21–23) und in diese Zurückhaltung ausdrücklich auch Kephas einschließt. Ein plausiblerer Anhaltspunkt für das paulinische Interesse an Kephas ergibt sich aber, sofern Paulus Grund zu der Annahme hatte, in ihm einen Verbündeten hinsichtlich seiner gesetzeskritischen Haltung und der damit verbundenen Implika​tionen für eine seiner göttlichen Beauftragung entsprechenden Verkündigung unter den Heiden finden zu können.39 So weist B. Kollmann m. E. zu Recht darauf hin: Die Hebräer innerhalb der Urgemeinde stellten trotz grundsätzlicher Gesetzesobservanz ebenfalls keine homogene Größe dar. Als Mann der Mitte lässt sich in ihren Reihen der Herrenbruder Jakobus ausmachen, der nicht zuletzt wegen seiner untadeligen Gesetzestreue den Beinamen ‚der Gerechte‘ trug (EvThom, Log 12; Eus.h.e. II 23,4–7). Bildlich gesprochen rechts von Jakobus stand eine einflussreiche Fraktion pharisäisch geprägter Gemeindemitglieder (Apg 15,5; 21,20–24; Gal 2,4), die durch eine besonders gesetzesstrenge Haltung gekennzeichnet ist. Auf der anderen Seite pflegte Simon Petrus, anfängliche Leitfigur der Hebräer und später durch Jakobus an der Spitze abgelöst, Kontakt zur hellenistischen, vielleicht wie der Stephanuskreis dem Ritualgesetz kritisch gegenüberwendet, hat Hofius, Gal 1,18, 255–267, philologisch präzise herausgearbeitet; vgl. ebd. auch die Diskussion anderer Übersetzungsvorschläge. 38 Diesen naheliegenden Themenbereich ausschließen zu wollen, ließe jeden Realitätssinn vermissen. Und so hält es auch Hofius, Gal 1,18, 267, für „denkbar (wenn auch nicht beweisbar), daß Paulus sich bei seinem zweiwöchigen Aufenthalt im Hause des Petrus unter anderem auch über Jesu Erdenwirken und seine Verkündigung hat berichten lassen“. 39  Insofern könnte Paulus seine erste Jerusalemreise durchaus sogar als integralen Bestandteil der Umsetzung seiner göttlichen Beauftragung (Gal  1,16a) verstanden haben, die keine Verzögerung bedeutete, sondern bei seinen missionarischen Bemühungen positiv zu Buche schlagen konnte.

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stehenden Hausgemeinde der Maria (Apg 12,12–17) und begegnet eher als Repräsentant der gesetzesliberalen Richtung der Urkirche (Apg 10.1–48; 11,3; Gal 2,12).40

Offenbar sah sich Paulus – wie auch aus der weiteren Entwicklung ersichtlich wird (s. 2.) – in seiner Hoffnung auf Kephas nicht getäuscht. Jedenfalls deutet die Dauer seines Aufenthaltes bei ihm, die Paulus ausdrücklich mit ἡμέρας δεκαπέντε (Gal 1,18b) angibt,41 daraufhin, dass Gast und Gastgeber einen guten persönlichen Draht zueinander gefunden haben. Denn immerhin drohten Kephas wegen seiner gastfreundlichen Aufnahme des Paulus, der sich vom gesetzeseifernden und deswegen die Christusgläubigen verfolgenden Pharisäer (Gal  1,13 f.; vgl.  Phil  3,5 f.) zum torakritischen und mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein zu den Heiden ausgestatteten Verkündiger des Evangeliums Christi gewandelt hatte, gleich von zwei Seiten Schwierigkeiten. So musste Kephas damit rechnen, dass seine wohlwollende Haltung gegenüber Paulus bei den Mitgliedern der Jerusalemer Urgemeinde, denen die aggressive paulinische Gewaltbereitschaft gegen ihre Glaubensgeschwister noch sehr präsent gewesen sein dürfte, mehrheitlich auf Unverständnis stieß oder sogar Verärgerung hervorrief. Zudem bestand auch die Gefahr, dass aus der Gruppe der nichtchristusgläubigen Pharisäer Jerusalems diejenigen, die den vormaligen gewaltbereiten Gesetzeseifer des Paulus teilten, ihre Gewaltbereitschaft nun gegen ihn selbst als Abtrünnigen richteten, sofern sie von seinem Aufenthalt in der Tempelstadt erfuhren.42 Für diesen Fall war es aber durchaus möglich, dass die ganze Gemeinde erneut von gewaltsamen Aktionen betroffen wurde. Kephas verweigert Paulus trotz dieser potentiellen Widrigkeiten seine Gastfreundschaft nicht, sondern gewährt sie sogar großzügig über zwei Wochen hinweg. Allerdings könnte sich vor dem gerade skizzierten situativen Hintergrund des paulinischen Aufenthalts bei Kephas eine plausible Erklärung von Gal  1,19 ergeben. Textstrategisch dient die ergänzende Bemerkung des Paulus („Einen anderen aber von den Aposteln sah ich nicht außer Jakobus, den Bruder des Herrn“) zweifellos dazu, gegenüber den galatischen Gemeinden zu betonen, dass er ungeachtet seines Besuches bei Kephas (Gal 1,18) seine prinzipielle Unabhängigkeit gegenüber den Jerusalemer Aposteln gewahrt habe.43 Der Sache nach lässt sich aber der Umstand, dass Paulus in den zwei Wochen bei Kephas in 40 Kollmann, Joseph Barnabas, 25 f. (kursiv im Original). Eine ähnliche Einordnung des Kephas hinsichtlich seiner Stellung zum Gesetz findet sich auch bei Karrer, Petrus, 219 f. 41 Vgl. Koch, Paulus, 50: „Jedenfalls muss Petrus bereit gewesen sein, Paulus als Gast aufzunehmen, und das nicht nur für ein oder zwei Nächte, sondern für zwei Wochen“. Vielleicht will Paulus mit dieser präzisen Zeitangabe also nicht nur auf den intermezzoartigen Charakter seines ersten Jerusalembesuchs als Christusgläubiger verweisen, sondern zugleich auch auf die großzügige Gastfreundschaft des Kephas. 42  Vgl. Koch, Paulus, 51. 43  Diesen Besuch konnte Paulus wohl deshalb nicht verschweigen, weil die galatischen Gemeinden darum wussten. Und so macht er argumentativ „aus der Not eine Tugend“ (so auch Koch, Paulus, 50), indem er seine Unabhängigkeit trotz dieses Besuches unterstreicht

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Jerusalem nur den Herrenbruder Jakobus und niemand sonst aus der Gemeinde zu Gesicht bekommt, durchaus als Vorsichtsmaßnahme44 des Kephas begreifen. Diese besteht darin, dass Kephas angesichts drohender innergemeindlicher Kontroversen und potentieller Gefährdung von außen nur Jakobus einweiht, dass sich Paulus aktuell bei ihm als Gast aufhält. In der exklusiven Information des Jakobus dokumentiert sich damit ein stabiles Vertrauensverhältnis zwischen Kephas und dem Herrenbruder, das sich im Übrigen auch Jahre später beim antiochenischen Zwischenfall (Gal 2,11 ff.) als tragfähig erweist (s. 3.). Dass Jakobus aber seinerseits die Information nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich bei Kephas45 während des zweiwöchigen Aufenthalts des Paulus sehen lässt,46 deutet auch darauf hin, dass der Herrenbruder bereit ist, dem ‚schwierigen‘ Gast des Kephas Vertrauen entgegen zu bringen.47 Obwohl sich also die Auskunftsfreudigkeit des Paulus über seinen Besuch bei Kephas in Jerusalem in Grenzen hält, bietet Gal 1,18 f. doch Anhaltspunkte dafür, dass nicht nur bereits eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Kephas und Jakobus bestand, sondern dass in diesen zwei Wochen auch die Basis für ein gutes Verhältnis dieser beiden in der Jerusalemer Gemeinde einflussreichen Männer zu ihm gelegt wurde. Diese Basis sollte sich Jahre später bei einem weiteren Treffen in Jerusalem bewähren.

(vgl. auch die unmittelbar anschließende Beteuerung in 1,20: „Was ich euch aber schreibe, siehe vor Gott, ich lüge nicht!“). 44  „[D]ie Beschränkung der Gesprächspartner [als, M. G.] eine Vorsichtsmaßnahme“ vermutet auch Hengel, Stellung, 227. 45 Dass Paulus den Herrenbruder Jakobus bei Kephas zu Hause und nicht sonst irgendwo in Jerusalem sah, dafür spricht seine Formulierung in Gal 1,18b … ἐπέμεινα πρὸς αὐτὸν [= Κηφᾶν]. Es ist nämlich bemerkenswert, dass Paulus hier nicht das Verbum simplex μένειν, sondern das Verbum compositum ἐπιμένειν verwendet, das die Konnotation „an einem Ort bleiben“ (hier konkret: bei Kephas zuhause) besitzt (vgl. Balz, Art. ἐπιμένω, 78) – auch dies im Übrigen ein Indiz dafür, dass die Anwesenheit des Paulus in Jerusalem möglichst nicht publik werden sollte (vgl. ähnlich Hengel, Arabien, 203, der aber leider die Motive des Kephas für das ‚Versteckspiel‘ ausblendet). 46  Es ist Hofius, Gal 1,18, 266, zuzustimmen, dass zwischen ἱστορῆσαι Κηφᾶν (Gal 1,18) und εἶδον Ἰάκωβον (Gal 1,19) ein Unterschied besteht. Allerdings ist dieser Unterschied m. E. etwas anders zu bestimmen wie O. Hofius es tut. Gewiss strebte Paulus anders als im Fall des Kephas keine persönliche Begegnung zum Zweck des Kennenlernens mit Jakobus an (und er formuliert Gal  1,18 f. sorgfältig entsprechend seiner Intention). Dennoch ist  – sofern man der hier gebotenen Erklärung folgen mag – sein Zusammentreffen mit dem Herrenbruder de facto weder „zufällig“ noch „flüchtig“ (gegen Hofius, ebd.). Vielmehr schafft Kephas die Voraussetzung für die Begegnung und Jakobus ergreift seinerseits die Gelegenheit, Paulus kennenzulernen und sich ein Bild von ihm zu machen. Vielleicht also hätte Jakobus aus seiner Perspektive zutreffend gesagt, er habe Kephas aufgesucht ἱστορῆσαι Παῦλον. 47  Dies bestätigt die Einschätzung von Kollmann, Joseph Barnabas, 25, dass Jakobus als „Mann der Mitte“ fähig war, zwischen verschiedenen Positionen zu vermitteln. Denn eine solche Fähigkeit impliziert auch die Bereitschaft, solche Positionen überhaupt erst kennenzulernen und in ihrem Für und Wider abzuwägen.

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2. Führungspersönlichkeiten unter sich: Die Weichenstellung des Jerusalemer Aposteltreffens (Gal 2,1–10) Mit Gal 2,1 wendet sich Paulus in seinem autobiographischen Rückblick seinem zweiten Jerusalembesuch nach seinem Damaskuserlebnis zu, der aus Anlass einer Verständigung über die Konditionen der Heidenmission zwischen Antiochia und Jerusalem erfolgte.48 Erneut leitet er die Darstellung auch dieses Besuches mit einer konkreten Zeitangabe ein: Ἔπειτα διὰ δεκατεσσάρων ἐτῶν. Angesichts des unverkennbaren Rückgriffs auf die Einleitung der Schilderung seines ersten Jerusalembesuchs in 1,18a benennt Paulus mit dieser Angabe am ehesten die zeitliche Distanz zwischen seinen beiden Jerusalembesuchen.49 Textstrategisch legt Paulus innerhalb seiner Rückblende ab jetzt den Akzent auf seinen unermüdlichen und kompromisslosen Einsatz für die Bewahrung des von ihm verkündigten, göttlich legitimierten und daher authentischen Evangeliums für die Heiden,50 während der bisher dominierende Aspekt seiner Unabhängigkeit von Menschen in den Hintergrund rückt. Denn ungeachtet seiner subjektiv akzentuierten Erinnerung an das Jerusalemer Aposteltreffen kann Paulus nicht verschweigen, dass er dieses Mal nicht allein nach Jerusalem reiste. Vielmehr war er Mitglied einer Delegation, zu der mit Barnabas und Titus zumindest zwei weitere, namentlich erwähnte Personen gehörten (2,1). Während aus 2,3 hervorgeht, dass Titus ein unbeschnittener Christusgläubiger heidnischer Provenienz war (und somit ein Paradebeispiel 48  Neben der paulinischen Schilderung des Jerusalemer Aposteltreffens in Gal 2,1–10 findet sich bekanntermaßen auch eine ausführliche Darstellung in Apg 15,1–29. Eine übersichtliche synoptische Zusammenfassung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Texte bietet Öhler, Geschichte, 197 f. 49 Vgl.  Muẞner, Galaterbrief, 101; Rohde, Galater, 74; Betz, Galaterbrief, 163, bezieht ἔπειτα zwar auf 1,21 zurück, konzediert aber, dass „der Ausdruck ‚ich zog abermals hinauf ‘ (πάλιν ἀνέβην) in Zusammenhang mit 1,18, dem ersten Besuch in Jerusalem, zu sehen“ ist. Die zeitliche Differenz beträgt dann de facto nur die zwei Wochen des paulinischen Aufenthaltes bei Kephas in Jerusalem. 50  Zu dieser Textstrategie gehört, dass Paulus seine eigene Rolle beim Jerusalemer Aposteltreffen auf Kosten der übrigen beteiligten Personen deutlich überzeichnet (vgl.  Öhler, Geschichte, 200, der ebenfalls darauf verweist, dass Paulus in Gal  2,1–10 „generell seine Person in den Vordergrund rückt“; ähnlich Koch, Barnabas, 96). So erweckt er etwa von sich selbst den Eindruck des ‚Chefs‘ der nach Jerusalem reisenden Delegation, deren Rückbindung an die Gemeinde von Antiochia er überdies geflissentlich unerwähnt lässt. Wenn Paulus also in Gal 2,1 sagt: Ich ging (ἀνέβην) nach Jerusalem hinauf mit Barnabas (μετὰ Βαρναβᾶ), wobei ich auch Titus mitnahm (συμπαραλαβὼν καὶ Τίτον), so insinuiert er dadurch: Die Teilnahme des unbeschnittenen Heidenchristen Titus (vgl. 2,3, hier mit dem Zusatz „mein Begleiter“/ὁ σὺν ἐμοί) an der Jerusalemreise beruhte auf seiner – des Paulus – Entscheidung. Und durch das unscheinbare καί (auch Titus) suggeriert er obendrein, dass der zuvor genannte Barnabas gleichfalls auf dem ‚paulinischen Ticket‘ mitreiste. Zudem stilisiert sich Paulus auch zum Wortführer der antiochenischen Delegation (vgl. 2,2) und zum entscheidenden Protagonisten der beschneidungsfreien Heidenmission (vgl.  2,6–9a). In 2,9b.c kommt Paulus allerdings nicht umhin, Barnabas als Verhandlungspartner zu erwähnen.

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für die von Paulus vehement verfochtene auflagenfreie Heidenmission), wird Barnabas unvermittelt und völlig kommentarlos in die autobiographische Rückblende auf das Jerusalemer Aposteltreffen eingebracht.51 Doch lässt sich mit Hilfe der Informationen der Apostelgeschichte ein Mosaik erstellen, das ein anschauliches Bild von Barnabas als Person, seiner Beziehung zu Paulus und insgesamt hinsichtlich seiner Rolle, die er in der ersten Generation der Christusgläubigen innehatte, ergibt.52 Nach Apg 4,36 f. war Barnabas als in Jerusalem ansässiger Diasporajude mit zypriotischen Wurzeln schon früh zur Urgemeinde gestoßen. Theologisch stand er vermutlich dem Stephanuskreis nahe. Entsprechend war er wohl auch betroffen von der Verfolgung und Vertreibung der christusgläubigen Diasporajuden aus Jerusalem (Apg 8,1), die nach der Steinigung des Stephanus einsetzte. Diese Gruppe der vertriebenen Christusgläubigen verkündete das Evangelium von da an auch außerhalb Jerusalems (Apg 8,4). Dabei wandten sich die meisten nur an die Juden (Apg 11,19). Einige aber von ihnen, die aus Zypern und Kyrene stammten, begannen in der syrischen Großstadt Antiochia das Evangelium auch an Heiden zu verkünden (11,20). In Apg 13,1 ist nun mit einer Namensliste von Propheten und Lehrern, die das gemeindliche Leitungsteam bildeten, eine alte, als historisch belastbar geltende Tradition aus Antiochia eingearbeitet.53 Unter den fünf Namen finden sich auch Barnabas, der Apg 4,36 zufolge aus Zypern stammte, und Lucius aus Kyrene. Kombiniert man die Informationen von Apg 11,20 und 13,1, dann dürfte es sich also bei Lucius und Barnabas um die Protagonisten der Heidenmission in Antiochia handeln. Beide Männer waren zudem Mitglieder im Gemeindeleitungsteam, in dem wiederum der zuerst genannte Barnabas eine Führungsrolle innegehabt haben dürfte. Interessanterweise nennt die antiochenische Liste am Ende auch Paulus/Saulus. Er hat demnach ab einem nicht exakt bestimmbaren Zeitpunkt während der Phase seines Wirkens in Syrien und Kilikien (vgl. Gal 1,21.23) Anschluss an die Gemeinde im syrischen Antiochia gefunden. Die Mitarbeit dort dürfte für ihn wegen des Projekts der Heidenmission attraktiv gewesen sein. Denn der Weg, den die antiochenische Gemeinde beschritt, stimmte mit seinem Verständnis des an ihn ergangenen Berufungsauftrags (Gal 1,16) überein. Dieses Projekt bildete in der Folgezeit entsprechend die Basis für eine intensive Zusammenarbeit zwischen Paulus und Barnabas.

Historisch durchaus einleuchtend ist dabei die lukanische Darstellung, wonach Paulus von Barnabas selbst in der kilikischen Metropole und zugleich der paulinischen Heimatstadt Tarsus54 für den Anschluss an und die Mitarbeit in der antiochenischen Gemeinde angeworben wurde. Doch wie geriet Paulus – genauer sein für Antiochia passgenaues Engagement in Sachen Heidenmission – überhaupt in das Blickfeld des Barnabas? Dank Kephas, so lautet eine jedenfalls naheliegende Antwort: 51  Das lässt darauf schließen, dass Barnabas für die galatischen Christusgemeinden kein Unbekannter war und Paulus auf Zusatzinformationen verzichten konnte. 52  Vgl. zum Folgenden Kollmann, Joseph Barnabas, 24–38; Öhler, Barnabas, 478–486; Ders., Barnabas (2005), 50–62. 53 So ein breiter exegetischer Konsens, wie Weiser, Apostelgeschichte, 304, hervorhebt. 54  Nur durch Apg 22,3 ist überliefert, dass Tarsus die Heimatstadt des Paulus war.

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Eine […] Frage ist, wie Barnabas auf Paulus aufmerksam wurde und ob er ihn vor dem gemeinsamen Wirken in Antiochia persönlich kannte. Gewisse Plausibilität hat die Annahme für sich, daß Barnabas und Paulus einander bereits in den hellenistischen Synagogen Jerusalems (Apg 6,9) begegnet sein können. Entfällt Apg 9,26–30 als zuverlässige Quelle, dann war zumindest der christliche Paulus dem Barnabas bis zu den Ereignissen von Apg 11,25 f. möglicherweise nur vom Hörensagen bekannt. Eine maßgebliche Mittlerfunktion könnte dabei Petrus zukommen, den Paulus drei Jahre nach seiner Berufung aufgesucht hatte (Gal  1,18) und der in Beziehung zur Hausgemeinde der mit Barnabas verwandten Maria und ihres Sohnes Johannes Markus stand (Apg 12,12–17).55

Dieser Erklärungsansatz B. Kollmanns lässt sich noch durch eine ergänzende Überlegung plausibilisieren, die vom Textbefund im Galaterbrief gestützt wird. Denn wenn sich Paulus im unmittelbaren Anschluss an seinen zweiwöchigen Aufenthalt bei Kephas in Jerusalem (Gal  1,18) in die Gebiete von Syrien und Kilikien begibt (Gal 1,21) und dort das Evangelium verkündet (Gal 1,23), dürfte er Kephas vor seiner Abreise höchstwahrscheinlich über seine Pläne informiert haben. Und so könnte dann Kephas seinerseits, der doch wohl Kenntnis über die antiochenischen Ambitionen in Sachen Heidenmission besaß, Barnabas als führenden Mann dieser Gemeinde (vgl.  Apg  13,1) auf Paulus als kongenialen Mitstreiter für dieses Projekt aufmerksam gemacht haben. Wenn Kephas aber den Kontakt zwischen Barnabas und Paulus vermittelt, bestätigt diese Initiative zunächst indirekt seine Offenheit und Sympathie für eine gesetzesliberale Haltung gerade auch gegenüber Christusgläubigen heidnischer Herkunft,56 die möglicherweise sogar durch den Austausch mit Paulus verstärkt worden waren. Sodann unterstreicht seine Initiative aber auch noch einmal, dass er Paulus in den zwei Wochen, in denen er ihm Gastfreundschaft gewährte, menschlich schätzen gelernt hatte und dass in dieser Zeit eine Vertrauensbasis zwischen den beiden Männern gelegt worden war. Angesichts des doch ziemlich langen Zeitraums von rund dreizehn Jahren57 zwischen seinem ersten Jerusalembesuch zum Zweck des Kennenlernens von Kephas (Gal 1,18) und seinem zweiten Jerusalembesuch als Mitglied der antiochenischen Delegation (Gal 2,1 ff.) ist auch eine bereits längere Einbindung des Paulus von mehreren Jahren in die antiochenische Gemeinde vorauszusetzen. Die Zusammenarbeit mit Barnabas hatte sich daher inzwischen wohl bewährt und die beiden Männer bildeten ein ‚eingespieltes Team‘. Insofern lag es nahe, dass sie auch gemeinsam nach Jerusalem reisten, um Einmütigkeit zwischen der Jerusalemer und der Antiochener Gemeinde in der Frage der auflagenfreien Heidenmission zu erzielen.

55  Kollmann, Joseph Barnabas, 36 (kursiv im Original). Zur verwandtschaftlichen Beziehung zwischen Barnabas und Johannes Markus, vgl. ausführlicher Öhler, Barnabas, 242–249. 56  Vgl. Kollmann, Joseph Barnabas, 25 f. 57  Zur Berechnung der Zeitangaben vgl. o. Anm. 34.

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Doch warum überhaupt sah sich die Gemeinde von Antiochia veranlasst, durch Angehörige ihres Leitungsteams zugunsten der von ihr praktizierten Heidenmission in Jerusalem zu intervenieren? Die Spur weist auf das dritte, von Paulus namentlich genannte Mitglied der antiochenischen Delegation: Titus (Gal 2,1b.3). Durch V. 3 ist Titus nicht nur als ‚lebender Beweis‘ der erfolgreichen Heidenmission ausgewiesen. Es zeigt sich an ihm zugleich, dass die Gemeinde von Antiochia Heidenmission beschneidungsfrei – also unter Verzicht auf das Zeichen des Bundes zwischen Gott und Abraham sowie seinen Nachkommen, (vgl. Gen 17,9–14) – definierte. Ein solches Verständnis von Heidenmission stieß jedoch auf Kritik von christusgläubig gewordenen Juden außerhalb der antiochenischen Gemeinde. Paulus disqualifiziert die außergemeindlichen Kritiker polemisierend als „eingeschlichene Pseudobrüder“, denen er schlechte Absichten unterstellt (vgl. Gal 2,4). In der Sache wirft er ihnen vor, geradezu argwöhnisch die in Jesus Christus gegebene Freiheit auszukundschaften (κατασκοπεῖν),58 um sie schließlich durch Versklavung zu beenden. Dass die außergemeindlichen Kritiker bei der antiochenischen Heidenmission am Beschneidungsverzicht Anstoß nahmen, bestätigt die lukanische Parallelversion zum Jerusalemer Aposteltreffen (Apg  15). Demnach vertraten aus Judäa (Jerusalem?) stammende christusgläubige Juden gegenüber den Christusgläubigen heidnischer Herkunft in Antiochia, die Beschneidung sei heilsnotwendig (15,1). Auf der Beschneidung und der damit verbundenen Verpflichtung auf das jüdische Religionsgesetz insistiert dann wenig später beim Aposteltreffen in Jerusalem eine Gruppe christusgläubig gewordener Pharisäer (15,5). Historisch ist es naheliegend, die in Gal 2,4 sowie Apg 15,1.5 agierenden Gruppen miteinander zu identifizieren. Damit ging also der Protest gegen die in Antiochia praktizierte beschneidungsfreie Heidenmission vor und während des Aposteltreffens wohl von pharisäisch orientierten Christusgläubigen aus. Diese standen in ihrem Festhalten an der Heilsnotwendigkeit von Beschneidung und jüdischem Religionsgesetz den nichtchristusgläubigen Pharisäern näher als den torakritischen christusgläubigen Juden Antiochias. Doch konnten sie sich mit ihrer Position letztlich nicht durchsetzen. Allerdings lässt die paulinische Schilderung des Jerusalemer Treffens noch durchscheinen, dass es ein zähes Ringen gab, bei dem offenbar nicht nur die Verfechter der beschneidungsfreien Heidenmission aus Antiochia unnachgiebig blieben, sondern ebenso ihre Kontrahenten.

So gelang es Paulus bzw. der antiochenischen Delegation59 also nicht, die Jerusalemer Gemeinde geschlossen zu einer Anerkennung der göttlichen Autorisierung des von ihnen den Heiden verkündigten Evangeliums60 – de facto also der von 58  Zu dieser negativen Konnotation (Argwohn, Verdacht) des Verbs κατασκοπεῖν vgl. Fuchs, Art. σκοπός κτλ., 418. 59  Vgl. o. Anm. 50. 60 Wenn Paulus in Gal 2,2b vermerkt, er habe ihnen (d. h. den Mitgliedern der Jerusalemer Gemeinde) das von ihm unter den Heiden verkündigte Evangelium mitgeteilt bzw. dargelegt (ἀνεθέμην) (vgl.  Stowasser, Konflikte, 62), so impliziert seine Aussage selbstverständlich nicht, dass er damit der Jerusalemer Urgemeinde eine Kontrollfunktion über dieses Evangelium zugesteht (gegen Betz, Galaterbrief, 167, der davon ausgeht, dass Paulus den Jerusalemer Autoritäten „sein Evangelium zur Genehmigung vorlegte“). Denn es ist göttlich autorisiert (vgl.  Gal  1,11 f.16) und kann daher gar keiner menschlichen Kontrolle unterliegen. Dennoch sieht Paulus (bzw. die antiochenische Delegation) der Reaktion der Jerusalemer offenkundig mit einer gewissen Befürchtung entgegen (vgl. Gal 2,2fin: „… ob ich nicht etwa ins Leere liefe oder gelaufen sei“). Da diese Befürchtung aber weder den Inhalt noch den/die Verkündiger noch den intendierten Adressatenkreis des Evangeliums betreffen kann (vgl. Gal 1,16a.b), da all dies

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ihnen praktizierten auflagenfreien Heidenmission – zu bewegen. Daher wurde anschließend im kleinen Kreis zwischen den Angesehenen (οἱ δοκοῦντες), d. h. dem Jerusalemer Gemeindeleitungsteam, und der Delegation aus Antiochia um eine Lösung gerungen (Gal  2,2b)61 und schließlich auch eine Vereinbarung getroffen (Gal 2,6–10). In Gal  2,9, wo Paulus von der Besiegelung dieser Vereinbarung per Handschlag berichtet, nennt er alle Beteiligten auch explizit mit Namen: Auf Seiten der Jerusalemer Gemeindeleitung62 sind es Jakobus, Kephas und Johannes,63 auf Seiten der Delegation aus Antiochia Paulus und Barnabas. Damit treffen hier Personen aufeinander, die – wie schon dargelegt – sich bereits seit Jahren kannten, die ein vertrauensvolles, persönliches Verhältnis auszeichnete und die eine gesetzesliberale Einstellung in Bezug auf die Heidenmission (Barnabas/ Paulus/Kephas) bzw. der Respekt vor dieser Einstellung (Jakobus) verband. Auf dieser Basis nun kam die Jerusalemer Vereinbarung zustande, die im Wesentlichen auf zwei Pfeilern beruhte.64 Der erste Pfeiler war eine Grundsatzentscheidung, wodurch die Aufnahme von Christusgläubigen heidnischer Provenienz ja göttlich autorisiert ist, kann sie sich nur auf die Anerkennung der göttlichen Autorisierung beziehen. Denn eine Verweigerung dieser Anerkennung durch die Jerusalemer hätte den Erfolg der von Gott gewollten paulinischen/antiochenischen Verkündigung unter den Heiden nachhaltig behindern oder in Frage stellen können (ähnlich Rohde, Galater, 77; Öhler, Barnabas, 38 f.; Schäfer, Paulus, 177). 61  Vgl. dazu Koch, Geschichte, 228 f., der hinter der paulinischen Schilderung in Gal 2,1–10 ebenfalls einen etappenweisen Verhandlungsprozess sieht, wobei auf Jerusalemer Seite der antiochenischen Gruppe zunächst die Gesamtgemeinde (V. 2b: αὐτοῖς) und dann die Gemeindeleitung (V. 2b: τοῖς δοκοῦσιν) gegenübertritt (ähnlich Muẞner, Galaterbrief, 104; Rohde, Galater, 77; Becker, Simon Petrus, 53). M. E. zutreffend interpretiert Koch, Geschichte, 229, Gal 2,3–5 als „das negative Ergebnis der öffentlichen Versammlung“. 62 Diese Funktion umschreibt Paulus hier mit οἱ δοκοῦντες στῦλοι εἶναι („die als Säulen angesehen sind“). 63  Während beim ersten Jerusalembesuch des Paulus nach seinem Damaskuserlebnis (um 33/34 n. Chr.) Kephas wohl noch alleiniger Leiter der Jerusalemer Urgemeinde war, wobei ihn aber mit dem Herrenbruder Jakobus schon damals ein Vertrauensverhältnis verband (s. o. I.1), trifft die antiochenische Delegation dreizehn Jahre später auf ein Leitungsgremium aus drei Personen: Jakobus, Kephas und den Zebedaiden Johannes. Da Jakobus in der paulinischen Aufzählung Gal 2,9 an erster Stelle genannt wird, hatte er – analog zu Barnabas in Antiochia (vgl. Apg 13,1 f.) – in dieser Zeit wohl bereits die Stellung eines Primus inter pares innerhalb des Jerusalemer Leitungsteams inne (vgl. Koch, Geschichte, 228). Diese Veränderungen an der Spitze der Jerusalemer Gemeinde dürften durch die zeitweise Abwesenheit des Kephas bedingt gewesen sein, als dieser Anfang der Vierzigerjahre während einer Verfolgung durch Agrippa II. aus Jerusalem fliehen musste (vgl. Apg 12,3–17), nachdem ihr schon der Zebedaide Jakobus zum Opfer gefallen war (vgl. Apg 12,1 f.) (vgl. Hengel, Herrenbruder, 577). Innerhalb des Jerusalemer Dreiergremiums gewinnt Johannes in der paulinischen Rückblende des Galaterbriefs keine konkreten Konturen und wird daher in diesem Beitrag auch nicht weiter berücksichtigt. 64 Die Kollektenvereinbarung, die Paulus, obwohl sie ihm selbst sehr wichtig war (vgl.­ Böttrich, Apostelkonvent, 107), in Gal  2,10 eher nachklappend erwähnt, mag hier auf sich beruhen bleiben, da die finanzielle Unterstützung der materiell bedürftigen Jerusalemer Urgemeinde in keinem argumentativen Zusammenhang mit der beim Jerusalemer Aposteltreffen zu lösenden theologischen Streitfrage steht.

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in die Gemeinde(n) ohne vorherige Konversion zum jüdischen Glauben bzw. ohne vorherige Eingliederung in das jüdische Volk durch Beschneidung und Verpflichtung auf die Tora als theologische Option prinzipiell akzeptiert wurde (vgl. Gal 2,7–9a). Der zweite Pfeiler war eine Arbeitsteilung zwischen Jerusalem (verantwortlich für die Verkündigung unter den Juden) und Antiochia (verantwortlich für die – auflagenfreie – Verkündigung unter den Heiden).65 Gerade angesichts der innerhalb der Jerusalemer Gemeinde offenbar ausgeprägten Vorbehalte gegen die auflagenfreie Heidenmission als theologische Option seitens christusgläubig gewordener Pharisäer, die durch den zunehmenden Druck aus religiös-nationalistischen Kreisen Jerusalems/Judäas außerhalb der Gemeinde66 noch genährt worden sein dürften, war die Vereinbarung über die Arbeitsteilung ein geschickter Schachzug. Denn in der gegebenen Situation wäre eine Beteiligung von Jerusalemer Gemeindemitgliedern an der auflagenfreien Heidenmission für die Urgemeinde insgesamt prekär gewesen. Dagegen war die antiochenische Gemeinde schon von ihren Anfängen her offen für dieses Projekt (vgl. Apg 11,20) und hatte mit Barnabas und Paulus dafür in ihren Reihen theologische Vordenker. Zudem hatte sie auch von den äußeren Bedingungen als 65 M. Wolter hat vor einigen Jahren eine neue Interpretation der Jerusalemer Vereinbarung vorgeschlagen: Es gehe um verschiedene Weisen der Heidenmission, die Evangeliumsverkündigung unter Juden stünde dagegen gar nicht im Blick. Die Differenz sei folgende: Die Jerusalemer dürften von den Christusgläubigen heidnischer Herkunft die Beschneidung verlangen, während die Antiochener die Beschneidung nicht verlangen müssten (vgl. Wolter, Paulus [2011], 41). Diese Interpretation kann jedoch nicht überzeugen. Sie ließe sich vielleicht noch mit der semantischen Opposition τὸ εὐαγγέλιον τῆς ἀκροβυστίας vs. [τὸ εὐαγγέλιον] τῆς περιτομῆς (Gal 2,7) decken. Doch bezeichnenderweise ersetzt Paulus sowohl Gal 2,8 als auch Gal 2,9c ἀκροβυστία (V. 7) durch τὰ ἔθνη. Die Vorhaut bzw. das Unbeschnittensein bleibt also unter dem Vorzeichen der Evangeliumsverkündigung Merkmal der gesamten – auch der christusgläubig gewordenen – Gruppe der Heiden. Ihnen stellt Paulus mit περιτομή die Gruppe der (selbstverständlich beschnittenen) Juden (also gerade nicht beschnittene bzw. beschneidungswillige Christusgläubige heidnischer Herkunft) gegenüber. Aber nicht nur die semantische Struktur von Gal 2,7–9 spricht gegen den Interpretationsvorschlag von M. Wolter, sondern auch dadurch entstehende inhaltliche Ungereimtheiten. Unter der Voraussetzung nämlich, die Jerusalemer Vereinbarung hätte tatsächlich vorgesehen, dass Paulus/Antiochia sowie Kephas/Jerusalem auf je spezifische Weise (ἀκροβυστία vs. περιτομή) Mission unter den Heiden betreiben durften, lassen sich die scharfen paulinischen Angriffe auf die konservativ-judenchristlichen Missionare, die in den galatischen Gemeinden für die Beschneidung und Toraobservanz der Christusgläubigen heidnischer Herkunft werben, schlechterdings nicht erklären. Denn seine Kontrahenten hätten Paulus nur darauf verweisen brauchen, dass ihr Tun durch die Jerusalemer Vereinbarung (und also auch durch ihn selbst) gedeckt war. Und wie soll man ferner auf der Basis der Interpretation von M. Wolter erklären, dass Paulus den beschneidungswilligen galatischen Christusgläubigen drastisch den ihnen durch die Beschneidung drohenden Heilsverlust vor Augen stellt (vgl. Gal 5,2–4)? Seine Zustimmung zur Jerusalemer Vereinbarung hätte dann doch auch die Zustimmung impliziert, dass die Beschneidung Christusgläubiger heidnischer Herkunft zwar nicht heilsnotwendig, aber eben auch nicht heilshindernd sei! Kurzum: Paulus wäre mit seiner Argumentation bei den Mitgliedern seiner galatischen Gemeinden wie bei seinen missionarischen Kontrahenten gleichsam ‚ins offene Messer‘ gelaufen! 66  Zu diesem Druck vgl. Dunn, Incident, 7–11; Deines, Jakobus, 166–169.

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Gemeinde in der Diaspora weniger ‚Gegenwind‘ seitens nichtchristusgläubiger Juden zu fürchten als die Urgemeinde im Lebenskontext von Jerusalem bzw. Judäa. Und doch trug die zwischen dem Jerusalemer Gemeindeleitungsteam und der antiochenischen Delegation erzielte Vereinbarung bereits den Keim des Konflikts in sich. Denn sie war allgemein gehalten, bot also Ansatzpunkte für verschiedene Auslegungen. Vor allem aber war es nicht gelungen, die opponierende Gruppe der Beschneidungsverfechter mit ins Boot zu holen. Diese Schwachstellen sollten sich einige Jahre später bemerkbar machen. 3. Einer gegen alle: Der antiochenische Zwischenfall (Gal 2,11–14a) Paulus beschließt seinen ausführlichen autobiographischen Rückblick in Gal 2,11–14a mit der Erinnerung an eine heftige Auseinandersetzung, zu welcher es rund fünf Jahre nach der Jerusalemer Vereinbarung im Winter 51/52 n. Chr. während eines Aufenthaltes in der Gemeinde von Antiochia zwischen seiner zweiten und dritten Missionsreise (vgl. Apg 18,22 f.) gekommen war. Diese Auseinandersetzung, die üblicherweise unter der Bezeichnung antiochenischer Zwischenfall firmiert,67 erwuchs nun aus den gerade schon erwähnten Schwachstellen der Jerusalemer Vereinbarung. Als die Delegation aus Antiochia mit dem Ergebnis ihrer Verhandlung beim Jerusalemer ‚Gipfeltreffen‘ in ihre Heimatgemeinde zurückkehrte, sah man sich dort im bisherigen Tun bestätigt, Menschen heidnischer Herkunft ohne Beschneidung und Verpflichtung auf die Tora allein durch die Taufe in die Gemeinschaft der Christusgläubigen aufzunehmen. Ob diese Aufnahme aber auch schon vor der Jerusalemer Vereinbarung in Antiochia eine vorbehaltlose Tischgemeinschaft zwischen den beiden Gruppen der Christusgläubigen jüdischer und heidnischer Herkunft einschloss, ist fraglich.68 Denn gerade eine solche Tischgemeinschaft implizierte für die christusgläubigen Juden, die religionsgesetzlichen Bestimmungen, die ihnen ein Essen mit Nichtjuden untersagte, zu missachten. Auf jeden Fall aber ist eine solche Tischgemeinschaft durch Gal 2,11 ff. geraume Zeit nach der Jerusalemer Vereinbarung belegt. Damit betrachtete also die Gruppe christusgläubig gewordener Juden in Antiochia diese integrative Praxis durch das Ergebnis des Jerusalemer Gipfeltreffens als abgesichert.69 Paulus vertritt diese Interpretation auch nach seinem Zerwürfnis mit der antiochenischen Gemeinde weiterhin unnachgiebig. Er pocht darauf, dass mit der Einigung zwischen der Jerusalemer Gemeindeleitung und der Delegation aus Antiochia die auflagenfreie Heidenmission ganz grundsätzlich als theologisch  Zur Spätdatierung dieses Vorfalls zu Beginn der 50er Jahre n. Chr. vgl. o. Anm. 12.  Vgl. Holtz, Zwischenfall, 353; mit einer Entwicklung zwischen Apostelkonvent und antiochenischem Zwischenfall rechnet Konradt, Datierung, 24–30. 69  Vgl. Holtz, Zwischenfall, 353. 67 68

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möglich akzeptiert worden sei, ohne diese Akzeptanz durch Zusatzbedingungen zu verwässern. Entsprechend weist er in Gal 2,6 ausdrücklich darauf hin, dass diese Grundsatzentscheidung seitens Jakobus, Kephas und Johannes mit keinerlei Auflagen versehen worden sei. Dieser dezidierte Vermerk über das Fehlen einschränkender Auflagen könnte ein versteckter Hinweis auf die sog. Jakobusklauseln (bzw. das sog. Aposteldekret, vgl. Apg 15,19 f.28 f.; vgl. Apg 21,25) sein. Entgegen der lukanischen Darstellung gehören die hier zusammengestellten Bestimmungen für Christusgläubige heidnischer Herkunft historisch nicht zur Jerusalemer Vereinbarung. Wollte man Lukas folgen, müsste man nicht nur Paulus unterstellen, in seinem Rückblick auf das Jerusalemer Treffen bewusst und gezielt eine Falschaussage gemacht zu haben. Unter dieser Voraussetzung würde auch dem antiochenischen Zwischenfall die sachliche Basis entzogen. Oder anders gesagt: Es wäre wohl gar nicht erst zum Konflikt um die Tischgemeinschaft von Christusgläubigen jüdischer und heidnischer Provenienz in Antiochia gekommen.70 Denn die Jakobusklauseln formulieren ja gerade rituelle Mindestanforderungen für die Gruppe der Christusgläubigen paganer Herkunft, deren Beachtung den christusgläubigen Juden die Tischgemeinschaft mit ihnen ermöglichen sollte.71 Konkret handelt es sich bei diesen Mindestanforderungen um den Verzicht auf Verunreinigung durch Götzen (Apg 15,20) bzw. auf den Verzehr von Götzenopferfleisch (Apg 15,29), den Verzicht auf alle illegitimen Sexualkontakte (πορνεία) – und zwar wohl inklusive einer Ehe eines/einer Christusgläubigen heidnischer Herkunft mit einem/einer heidnischen Partner/Partnerin72 – sowie auf den Verzicht von nicht koscher geschlachtetem Fleisch (Blut und Ersticktem). Inzwischen wird der historische Ort der Jakobusklauseln mit wachsendem Konsens im Umfeld des antiochenischen Zwischenfalls vermutet.73 Zwar erwähnt Paulus selbst diese Klauseln explizit in seiner Darstellung des antiochenischen Zwischenfalls nicht noch würdigt er sie irgendwo sonst in seinen Briefen ausdrücklicher Erwähnung.74 Dennoch ist an der Historizität der Jakobusklauseln nicht zu zweifeln. Denn sie haben gut erkennbare traditionsgeschichtliche Spuren hinterlassen.75 70 Vgl. Pratscher,

Herrenbruder, 84. den Jakobusklauseln bzw. dem Aposteldekret vgl. u. a. Wehnert, Reinheit; Jürgens, Anfang, 155–190; Avemarie, Wurzeln; Deines, Aposteldekret; Stiksel, Mischehenproblematik, 50–94. 72  Vgl. Heininger, Kaiserkult, 63–67. Für eine negative Beurteilung exogamer Ehen – gerade auch sub verbo πορνεία – findet sich eine breite traditionsgeschichtliche Basis im alttestamentlichen und frühjüdischen Schrifttum, vgl.  dazu El Mansy, Ehen, 103–139.158–184.185–216; Stiksel, Mischehenproblematik, 66–88. 73  Vgl. dazu u. a. Pratscher, Herrenbruder, 73 f.85–89; Becker, Simon Petrus, 63; Schnelle, 100 Jahre, 228–234; Koch, Geschichte, 233.241–245; Öhler, Geschichte, 208–210; Stiksel, Mischehenproblematik, 95–105. 74  Möglicherweise finden sie aber einen thematischen Widerhall im 1. Korintherbrief (s. dazu unter II.1). 75 Besonders deutlich finden sich diese Spuren in Apk 2,14 (Sendschreiben an Pergamon) und 2,20.24 (Sendschreiben an Thyatira), vgl. Karrer, Apokalypse, 440–452; Stiksel, Mischehenproblematik, 342–373. Wahrscheinlich ist aber auch die sog. matthäische Unzuchtsklausel innerhalb des Ehescheidungslogions Mt 5,32; 19,9 ein Indiz für die Diskussion um Mindestanforderungen für das Zusammenleben von Christusgläubigen mit jüdischen und paganen Wurzeln, vgl. Heininger, Sendschreiben, 68; Stiksel, Mischehenproblematik, 162–214. 71 Zu

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Doch auch Kephas teilte zunächst als einer der Jerusalemer Verhandlungspartner offensichtlich die antiochenische und vor allem paulinische Ansicht, dass eine vollständige gemeindliche Integration von Christusgläubigen heidnischer Herkunft von der Jerusalemer Vereinbarung gedeckt sei. Denn aus Gal  2,11 f. geht eindeutig hervor, dass sich auch Kephas, als er einige Zeit nach Abschluss dieser Vereinbarung nach Antiochia kam,76 entsprechend der gemeindlichen Praxis mit den unbeschnittenen Christusgläubigen an einen Tisch setzte. Das änderte sich allerdings, als „einige von Jakobus“ ebenfalls in der antiochenischen Gemeinde der Christusgläubigen eintrafen (Gal 2,12: πρὸ τοῦ γὰρ ἐλθεῖν τινας ἀπὸ Ἱακώβου […] ὅτε δὲ ἦλθον […]). Aus dieser etwas schwammigen Formulierung lässt sich nicht exakt erschließen, ob diese Leute aus eigenem Antrieb nach Antiochia gereist waren und als Jerusalemer Judenchristen sich ganz selbstverständlich auf die Autorität des Jakobus beriefen, der inzwischen wohl allein die Urgemeinde leitete. Oder aber waren sie im Auftrag des Jakobus unterwegs? Waren sie also offiziell von ihm entsandt worden, um in der antiochenischen Gemeinde nach dem Rechten zu sehen und die dortige judenchristliche Gruppe angesichts ihres Verhaltens zur Ordnung zu rufen?77 Wie so oft liegt auch hier die Wahrheit wahrscheinlich in der Mitte. In der Tat dürften die Leute, die in Antiochia intervenierten, mit Wissen und im Auftrag des Jakobus nach Antiochia gereist sein, nachdem in Jerusalem die antiochenische Gemeindepraxis, der sich auch Kephas angeschlossen hatte, bekannt geworden war. Allerdings ist diese Intervention wohl kaum als ‚Visitation‘ oder als Ausübung einer ‚Kontrollfunktion‘ zu verstehen, sondern viel eher als Appell an die Vernunft und als Bitte um Rücksichtnahme. Dieser Appell bzw. diese Bitte stößt in Antiochia nicht auf taube Ohren. So geben Kephas und mit ihm die christusgläubigen Juden der antiochenischen Gemeinde einschließlich Barnabas nach Eintreffen der Jakobusleute die zuvor praktizierte Tischgemeinschaft mit den Christusgläubigen heidnischer Herkunft in der Gemeinde auf (Gal 2,12b–13). Damit aber distanzieren sie sich von ihrer bisherigen weiten Auslegung der Jerusalemer Vereinbarung. Das kann nur 76 Im Unterschied zu Gal 1,18a; 2,1a verzichtet Paulus in Gal 2,11a (ὅτε δὲ ἦλθεν Κηφᾶς εἰς Ἀντιόχειαν) auf eine genaue Zeitangabe. Er lässt also in der Schwebe, wieviel Zeit vergangen ist zwischen der Jerusalemer Vereinbarung und der Ankunft des Kephas in Antiochia, aber auch wie lange Kephas sich bereits in Antiochia aufhielt, als „einige von Jakobus“ ebenfalls in der Gemeinde eintrafen. Damit eröffnet sich hier ein legitimer Interpretationsspielraum für die Datierung des antiochenischen Zwischenfalls. Doch auch den Grund, warum sich Kephas in Antiochia aufhält, nennt Paulus nicht. Angesichts der in Jerusalem vereinbarten Arbeitsteilung (vgl. Gal 2,9fin) ist es allerdings naheliegend anzunehmen, dass Kephas nun den Jerusalemer Part der Vereinbarung umsetzen und das Evangelium unter den nichtchristusgläubigen Juden Antiochias verkünden wollte. Während dieser dann doch wohl zumindest mehrere Wochen bis Monate dauernden Missionsphase aber lebte er in der antiochenischen Gemeinde der Christusgläubigen jüdischer wie heidnischer Provenienz. 77  Vgl. dazu etwa die unterschiedlichen Erklärungsvorschläge bei Muẞner, Galaterbrief, 139; Rohde, Galater, 105 f.; Betz, Galaterbrief, 203–205.

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bedeuten: Die Intervention der Jakobusleute in Antiochia zielte darauf, dass die dortige judenchristliche Gemeindegruppe auf eine von Jakobus vertretene engere Auslegung der Jerusalemer Vereinbarung einschwenkte. Dabei stellte Jakobus die Grundsatzentscheidung dieser Vereinbarung, nämlich die auflagenfreie Heidenmission als theologische Option zu akzeptieren (vgl. I.2), keineswegs zur Disposition.78 Obwohl er selbst wahrscheinlich zum gemäßigt-toraobservanten Kreis der Jerusalemer Gemeinde gehörte,79 zollte er gegenüber der Sichtweise und den theologischen Argumenten von Paulus und Barnabas, mit denen sich Kephas „als Repräsentant der gesetzesliberalen Richtung der Urkirche“80 offenbar sehr viel leichter tat, dennoch Respekt und Offenheit und trug die Jerusalemer Grundsatzentscheidung auch in der Folgezeit mit. Allerdings waren in Jerusalem keine weitergehenden Vereinbarungen über die praktischen Konsequenzen dieser Grundsatzentscheidung für das Leben von Gemeinden mit einer judenchristlichen und einer heidenchristlichen Gruppe getroffen worden (vgl. I.2). Entsprechend seiner eigenen toraobservanten Einstellung sah Jakobus jedoch eine integrative Praxis einschließlich einer Tischgemeinschaft zwischen den verschiedenen Gruppen von der Jerusalemer Vereinbarung nicht gedeckt. Vielmehr trennte nach seinem Verständnis der Verzicht auf die Beschneidung christusgläubig gewordener Heiden diese Gruppe auf Gemeindeebene aufgrund des jüdischen Religionsgesetzes von den christusgläubigen Juden.81 Diese Sichtweise (Akzeptanz der Jerusalemer Grundsatzentscheidung bei gleichzeitig restriktiver Auslegung der Konsequenzen für die Gemeindepraxis) konnte Jakobus der gemäßigt-toraobservanten Gruppierung innerhalb der Urgemeinde gewiss vermitteln, und aus ihren Reihen kamen wohl auch die τινες ἀπὸ Ἰακώβου in Antiochia (Gal 2,12a). Diesen Jakobusleuten gelang es aber offenbar, eindringlich und glaubwürdig zu erläutern, dass Jakobus auf das Entgegenkommen der judenchristlichen Gruppe in Antiochia – konkret auf die Beendigung ihrer integrativen Gemeindepraxis – angewiesen war, sollte die Jerusalemer Situation innergemeindlich wie auch nach außen hin nicht eskalieren. Denn es wirkte sicherlich noch nach, dass die Grundsatzentscheidung für eine auflagenfreie Heidenmission auf der Leitungsebene und damit unter Ausschluss und gegen den Willen der pharisäisch orientierten, streng-toraobservanten Gruppe der Urgemeinde gefallen war. Und diese Gruppe stand hinsichtlich ihrer Hochschätzung des jüdischen Religionsgesetzes den nichtchristusgläubigen Pharisäern Jerusalems näher als den christusgläubigen Juden Antiochias. Mitglieder aus genau diesem antiochenischen Kreis um Barnabas hatten aber mit der beschneidungsfreien Heidenmission begonnen, nachdem 78 Hier liegt ein entscheidender Unterschied zu den späteren Gegenspielern des Paulus in Galatien, vgl. auch Pratscher, Herrenbruder, 89 f. 79   Vgl. a. a. O., 82 f. 80 Kollmann, Joseph Barnabas, 26. 81  Vgl. Betz, Galaterbrief, 204.

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sie in Folge gewaltsamer Auseinandersetzungen um ihre distanziert-kritische Haltung zur Tora aus Jerusalem fliehen mussten (vgl.  Apg  8,1;  11,19 f.). Damit ist die Annahme plausibel, dass Jakobus, der die Jerusalemer Vereinbarung als Mitglied des damaligen Leitungsgremiums der Urgemeinde mit zu verantworten hatte und inzwischen wohl alleine die Gemeindeleitung ausübte, zusammen mit seinen Anhängern befürchtete, die integrative antiochenische Praxis könnte ein Wiederaufflammen der Gewalt schüren.82 Um dieses Szenario abzuwenden, bat Jakobus also die judenchristliche Gruppe in Antiochia wohl um Rücksicht, damit nicht durch ihre liberale Auslegung der Grundsatzentscheidung im Blick auf die Gemeindepraxis zusätzlich Öl ins Feuer gegossen würde. Beachtet man, in welcher Reihenfolge Paulus in Gal 2,12b.13a.b die Reaktionen der verschiedenen Personen(‑gruppen) auf die Intervention der Jakobusleute schildert, so entsprach offenbar Kephas als erster dem Anliegen des Jakobus und beendete die Tischgemeinschaft mit der heidenchristlichen Gemeindegruppe in Antiochia. Paulus umschreibt die Reaktion des Kephas mit zwei Verben. Das zweite Verb (ἀφορίζειν ἑαυτόν) beschreibt die Beendigung der Tischgemeinschaft in präziser Fachterminologie als den Juden religionsgesetzlich auferlegte Pflicht der Absonderung von den als rituell unrein geltenden Heiden/Gojim. Zuvor aber versieht Paulus mit dem ersten Verb (ὑποστέλλειν) aus seiner eigenen Perspektive das Verhalten des Kephas mit einem negativen Vorzeichen. Denn dieses Verb „kommt als Beschreibung von militärischen oder politischen Manövern des Rückzugs in eine unauffällige oder geschützte Stellung vor. Der Ausdruck stellt das Verhalten des Kephas als taktisches Manöver hin: er hatte die gleichen theologischen Überzeugungen wie Paulus, traute sich aber nicht, ihnen Ausdruck zu verleihen.“83

Wenngleich es gewiss zutrifft, dass Kephas mit seiner gesetzesliberalen Einstellung Paulus und damit auch Barnabas und der antiochenischen Gemeinde theologisch näherstand als Jakobus (vgl. I.1 und I.2), so ‚untergriffig‘ ist es von Paulus, den Rückzug des Kephas von der integrativen Gemeindepraxis in Antiochia als bloße Taktiererei darzustellen, um nicht persönlich in die Schusslinie zu geraten. Denn Kephas konnte die inner‑ und außergemeindliche Situation in Jerusalem sehr gut einschätzen, da er viele Jahre Verantwortung für die Urgemeinde getragen hatte und er nicht schon – wie Paulus und Barnabas – rund zwei Jahrzehnte außerhalb Jerusalems wirkte. Insofern ist das Motiv seines Handelns, das Paulus 82  Dabei trug zu einer potentiellen Deeskalation der Lage gewiss nicht bei, dass rund zwei Jahrzehnte nach der Vertreibung der gesetzeskritischen hellenistischen Judenchristen aus Jerusalem die national-religiösen Tendenzen mit ihrer Ablehnung alles Heidnischen und vor allem der Römerherrschaft Anfang der Fünfzigerjahre sich deutlich verstärkt hatten (vgl. u. a. Dunn, Incident, 7–11; Becker, Simon Petrus, 61 f.; Böttrich, Petrus, 205 f.; Deines, Jakobus, 166–169; Kollmann, Petrus, 34), und eben so wenig, dass mit Paulus ein ehemaliger Pharisäer, der sich selbst mit gewaltbereitem Eifer an der Verfolgung dieser gesetzeskritisch eingestellten Gruppe beteiligt hatte, nun das Lager gewechselt hatte und als Abtrünniger die gesetzesliberalen und integrativen Tendenzen in Antiochia nach Kräften forcierte. 83  Betz, Galaterbrief, 204.

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wohl zutreffend als Furcht des Kephas „vor denen aus der Beschneidung“84 (Gal 2,12fin.) beschreibt, nicht die Furcht, dass diese Gruppe die Situation in Antiochia zum Anlass nehmen könne, ihm persönlich zu schaden. Vielmehr dürfte Kephas der aktuelle ‚Lagebericht‘ aus Jerusalem eingeleuchtet haben, so dass er sich der Furcht des Jakobus und seiner Leute um die Jerusalemer Gemeinde angesichts der ihr drohenden Gefahren anschloss.85 Hinzu kommt, dass der Entschluss des Kephas zum Rückzug aus der integrativen Tischgemeinschaft in Antiochia durch seine Loyalität gegenüber Jakobus noch verstärkt worden sein dürfte. Denn von den in Gal 2,12b–13 genannten Akteuren bestand gerade bei Kephas die intensivste und vertrauensvollste Verbindung zu Jakobus (s. auch I.1). Dass Kephas also bald nach dem Eintreffen der Jakobusleute seine Konsequenzen zog, führte zu einem ‚Dominoeffekt‘:86 Auch die übrigen Juden (οἱ λοιποὶ Ἰουδαῖοι), konkret also die gesamte judenchristliche Gruppe der antiochenischen Gemeinde, folgte seinem Vorbild, was Paulus freilich als „mit ihm heucheln“ (συνυπεκρίθησαν αὐτῷ) disqualifiziert (Gal 2,13a). Dieses geschlossene Vorgehen der antiochenischen Judenchristen bewirkte zuletzt, dass sogar Barnabas „von ihrer Heuchelei mitgerissen wurde“ (ὥστε καὶ Βαρναβᾶς συναπήχθη αὐτῶν τῇ ὑποκρίσει), wie es Paulus wiederum abwertend formuliert (Gal  2,13b). Hinter diesen Worten, aus denen eine große persönliche Enttäuschung spricht, scheint dennoch durch, dass sich Barnabas mit seiner Entscheidung am schwersten tat. Denn die integrative antiochenische Gemeindepraxis dürfte ihm nicht weniger als Paulus ein theologisches Herzensanliegen gewesen sein. Zudem verband ihn mit Paulus eine langjährige Zusammenarbeit für die antiochenische Gemeinde und eine daraus wohl auch erwachsene Freundschaft, der selbst der Streit um Johannes Markus und möglicherweise um den Radius der weiteren Missionsaktivitäten sowie die dadurch bedingte Trennung bei der Missionsarbeit (vgl.  Apg  15,36–41)87 nicht ernsthaft geschadet haben 84 Diese Formulierung könnte sich auf die Beschneidungsbefürworter unter den christusgläubigen Juden beziehen. Damit wären also οἱ ἐκ περιτομῆς (Gal  2,12b) identisch mit den ψευδαδελφοί (Gal 2,4a). Allerdings ist unter dieser Annahme verwunderlich, warum Paulus die Bezeichnung ψευδαδελφοί aus 2,4a nicht wieder aufgreift. Näherliegend ist daher die Annahme, dass die Bezeichnung „die aus der Beschneidung“ auf die außergemeindlichen, national-religiösen Kreise in Jerusalem bzw. Judäa zielt, die der Jerusalemer Urgemeinde ohnehin skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden. Ihnen konnte daher die antiochenische Praxis einen willkommenen Anlass bieten, gewaltsam gegen die Jerusalemer Christusgläubigen vorzugehen (zu diesem politischen Hintergrund vgl. auch Pratscher, Herrenbruder, 85). 85 Im Hintergrund stand hier sicherlich auch die eigene Erfahrung des Kephas, der Anfang der Vierzigerjahre Jerusalem verlassen musste, um nicht wie der Zebedaide Jakobus einer streng toraobservanten Kreisen geschuldeten Verfolgung unter Herodes Agrippa I. zum Opfer zu fallen (Apg 12,1–19), vgl. Weiser, Apostelgeschichte, 289; Pratscher, Herrenbruder, 85. 86  Vgl. Böttrich, Petrus, 204: „Sogwirkung“. 87  Zur Unterscheidung zwischen diesem Streit von Barnabas und Paulus unmittelbar vor Beginn der 2. Missionsreise und ihrem aus dem antiochenischen Zwischenfall resultierenden Zerwürfnis vgl. Konradt, Datierung, 23 f.; Öhler, Barnabas (2005), 124–128.

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dürfte. Andererseits bestand aber auch eine persönliche Loyalität des Barnabas zu Kephas und Jakobus, die bis in die früheste nachösterliche Zeit in Jerusalem zurückreichte. Auch wenn gesicherte Informationen fehlen, haben vielleicht doch zwei Punkte letztlich den Ausschlag dafür gegeben, dass Barnabas sich beim antiochenischen Zwischenfall auf die Seite von Kephas, Jakobus und Jerusalem stellte: Zum einen waren da seine persönlichen Jerusalemer Verfolgungs‑ und Vertreibungserfahrungen aus der ersten Hälfte der Dreißigerjahre und zum anderen bewegte ihn möglicherweise auch die Überlegung, um Jakobus willen, der bei der Jerusalemer Vereinbarung über den Schatten seiner theologischen Überzeugungen gesprungen war und die auflagenfreie Heidenmission als theologische Option anerkannt hatte, nun selbst auch einen solchen Sprung zu tun, der im Vergleich dazu doch um einiges leichter war, da es ja ‚nur‘ um nachgeordnete praktische Regelungen für Gemeinden mit Christusgläubigen jüdischer und heidnischer Provenienz ging. Für Paulus ging es dagegen um weit mehr als um eine nachrangige Frage der Gemeindepraxis. Aus seiner Perspektive setzten Kephas, Barnabas und die judenchristliche Gruppe der antiochenischen Gemeinde nichts weniger als die „Wahrheit des Evangeliums“ (Gal 2,14a) aufs Spiel – und zwar ungeachtet der Tatsache, dass weder von ihnen noch von Jakobus und seinem Jerusalemer Kreis die Grundsatzentscheidung pro auflagenfreie Heidenmission auch nur ansatzweise in Frage gestellt worden war. Sofern nun aber die sog. Jakobusklauseln historisch in das Umfeld des antiochenischen Zwischenfalls gehören (s. o.), erklären sie sich zwanglos als Kompromissangebot. Dieses Angebot sollte vermitteln zwischen der Ablehnung einer nur aus der Jerusalemer Grundsatzentscheidung abgeleiteten und damit voraussetzungslosen Tischgemeinschaft von Juden‑ und Heidenchristen durch Jakobus und seinen Kreis auf der einen Seite und dem paulinischen Insistieren auf einer integrativen Tischgemeinschaft als selbstverständliche Konsequenz dieser Grundsatzentscheidung auf der anderen Seite. Die Jakobusklauseln sind also nicht Ursache oder Auslöser der konfliktiven Situation in Antiochia. Jedenfalls hatten die Jakobusleute, als sie nach Antiochia kamen, die Klauseln nicht im Gepäck.88 Nur so ist nämlich erklärbar, dass Kephas, die judenchristlichen Gemeindemitglieder Antiochias sowie Barnabas sich als Reaktion auf die Intervention der Jakobusleute zunächst einmal komplett von der Tischgemeinschaft mit den Christusgläubigen heidnischer Herkunft zurückzogen. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Jakobusleute eine integrative Tischgemeinschaft grundsätzlich ablehnten und keine Vorbedingungen für ihre Ermöglichung stellten. Wahrscheinlich hat erst der vehemente Widerstand des Paulus zu Überlegungen geführt, wie eine pragmatische Lösung gefunden werden konnte,

88  So aber offenbar vorausgesetzt bei Kollmann, Petrus, 33, wonach „eine Jerusalemer Gruppe von Jakobusleuten“ in Antiochia „ein Mindestmaß an Rücksichtnahme auf die jüdischen Speisegebote forderte“ (kursiv M. G.).

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die nicht nur das Anliegen des Jakobus und seines Jerusalemer Kreises berücksichtigte, sondern die auch für Paulus theologisch akzeptabel war.

Inhaltlich bestand der Kompromiss nach Auskunft der mehrfach überlieferten Klauseln in einigen rituell-kultischen Mindestanforderungen. Sie bedeuteten zwar eine gewisse Einschränkung für die Christusgläubigen heidnischer Herkunft, doch sollten sie nicht nur eine Rückkehr zur integrativen Tischgemeinschaft in Antiochia ermöglichen, sondern diese auch dort und anderenorts auf Dauer sichern. Es ist naheliegend, dass die Initiative für diesen Kompromiss von Kephas und Barnabas ausging. Denn diese beiden Führungspersönlichkeiten mussten ein Interesse daran haben, eine gleichermaßen theologisch wie pragmatisch tragfähige Lösung zu finden, die ein Auseinanderdriften der verschiedenen Gruppen unter den Christusgläubigen verhindern konnte. Zudem verband die beiden eine positiv besetzte Geschichte sowohl mit Jakobus als auch mit Paulus. Die Zusammenarbeit dieser vier Führungspersönlichkeiten hatte sich in entscheidenden Situationen bewährt, und Kephas als auch Barnabas war sicherlich daran gelegen, dass dies auch künftig so blieb. Ihr Vorschlag fand wohl die Zustimmung des Jakobus,89 der darin die Interessen der Jerusalemer Urgemeinde offenbar gewahrt sah. Paulus dagegen zeigte sich auch dem Kompromiss gegenüber unnachgiebig.90 Denn er musste in den rituellen Mindestanforderungen an die Christusgläubigen heidnischer Herkunft sozusagen das Schlupfloch für die Rückkehr zu den Werken des Gesetzes sehen (vgl. Gal 2,14b–21), die am sündigen, d. h. die Gesetzeswerke de facto nicht erfüllenden Menschen in ihrer Heilsfunktion scheitern, wie im Licht des gekreuzigten Christus deutlich wird (vgl.  Gal  3,10–14). Schlussendlich nimmt Paulus für diese theologische Überzeugung, die ihn den Kompromiss ablehnen lässt, die Trennung von der Gemeinde von Antiochia, aber auch den Bruch mit Kephas, Barnabas und Jakobus in Kauf,91 mit denen er bis dahin eine vertrauensvolle, erfolgreiche und nicht zuletzt auch freundschaftliche Zusammenarbeit im Dienst der Evangeliumsverkündigung gepflegt hatte.92 89  Nur so ist nachvollziehbar, dass in der Apostelgeschichte die Klauseln eng an die Person des Jakobus gebunden werden (vgl. Apg 15,13–21; 21,18–25). 90  Im Unterschied etwa zu Böttrich, Petrus, 208, gehe ich davon aus, dass dieser Kompromissvorschlag nicht erst „nach seinem (= Pauli, M. G.) Fortgang“ eingebracht wurde. 91  Vgl.  Konradt, Datierung, 38: „Paulus geriet mit seiner kompromisslosen Haltung in Antiochien in die Isolation“. 92  Nicht auszuschließen ist im Übrigen, dass Paulus mit seiner kompromisslosen Haltung beim antiochenischen Zwischenfall zu einer ‚Radikalisierung‘ der streng gesetzesobservanten Gruppe in der Jerusalemer Urgemeinde mit beigetragen hat (vgl. ähnlich Stiksel, Mischehenproblematik, 103), wenngleich diese Radikalisierung auch gewiss nicht monokausal zu erklären ist. Hatte sich diese Gruppe, deren Sichtweise bei der Jerusalemer Vereinbarung außen vor geblieben war (vgl. I.2), bis dahin – soweit unsere Quellen dies erkennen lassen – mit Aktionen außerhalb Jerusalems bzw. Judäas zurückgehalten, war sie danach, wie vor allem die Entwicklung in den galatischen Gemeinden zeigt, nicht mehr dazu bereit, die Jerusalemer Grundsatz-

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II. Kephas, Jakobus und Barnabas im ‚Rückspiegel‘ des 1. Korintherbriefs Nach der hier zugrunde gelegten Spätdatierung des antiochenischen Zwischenfalls (51/52 n. Chr.) ist der 1. Korintherbrief das erste Schreiben des Paulus, das aus der Zeit nach diesem Eklat überliefert ist.93 Es entstand wahrscheinlich im Jahr 55  n. Chr. in Ephesus (16,8), und zwar um die Zeit des Passafestes.94 Im 1. Korintherbrief fehlt noch jeder Hinweis, dass Paulus bereits Kenntnis erhalten haben könnte von einer gezielten ‚Werbekampagne‘ gegen seine auflagenfreie Evangeliumsverkündigung, die vonseiten streng-toraobservanter judenchristlicher Kreise aus Jerusalem in den von Paulus gegründeten, heidenchristlich dominierten Gemeinden gestartet wurde und nach Ausweis des Galaterbriefs nur kurze Zeit nach Abfassung des 1. Korintherbriefs bereits in vollem Gange war.95 Dennoch erwähnt Paulus im 1.  Korintherbrief namentlich Kephas (1,12; 3,22; 9,5; 15,5), Jakobus (15,7) und Barnabas (9,6) und damit die drei Führungspersönlichkeiten, mit denen ihn nach Auskunft des Galaterbriefs eine langjährige, vertrauensvolle, seit dem Eklat in Antiochia aber belastete Beziehung verband. Allerdings besteht das Hauptproblem, mit dem sich Paulus im 1. Korintherbrief auseinandersetzen muss, darin, dass die Gemeinde in verschiedene, miteinander konkurrierende und streitende Gruppierungen auseinanderzubrechen droht (1,12). Nachdem Paulus sich zunächst in 1,10–4,21 bemüht, der Gemeinde die Absurdität eines solchen Parteienstreits aufzuzeigen, erörtert er dann in 5,1– 15,58 verschiedene Einzelprobleme und Streitfragen, die innergemeindlich aus den divergierenden Positionen der einzelnen Gruppen und der verschiedenen Autoritäten, auf die sie sich jeweils berufen, erwachsen. 1. Die Kephasgruppe in Korinth In 1 Kor 1,12 präzisiert Paulus die Information, die er von den Leuten der Chloë über Streitigkeiten in der Gemeinde erhalten hat (V. 11), so: entscheidung für eine auflagenfreie Heidenmission weiterhin zu tolerieren und der paulinischen Evangeliumsverkündigung unter den Heiden in der jüdischen Diaspora tatenlos zuzusehen.. 93  Als verloren hat der in 1 Kor 5,9 erwähnte sog. Vorbrief zu gelten, vgl. Wolff, 1. Korinther, 11; Lindemann, Korintherbrief, 129 f.; Merklein, Korinther (Bd. 2), 41. 94  Für diesen Abfassungszeitraum gibt es zwei Anhaltspunkte im Text: 1. In 16,8 vermerkt Paulus, dass er bis Pfingsten in Ephesus bleiben möchte. 2. In 5,6–8 bedient er sich einer christologisch-ethischen Passafestmetaphorik, vgl. Wischmeyer, Korintherbrief, 150 mit Anm. 28; Schnelle, Einleitung (92017), 77. 95  1 Kor 16,1 lässt vielmehr noch auf ein völlig unbelastetes Verhältnis zwischen Paulus und den galatischen Gemeinden schließen. Erst in 2 Kor 7,5 könnte ein früher, thematisch noch sehr offen formulierter Hinweis auf die weitere Entwicklung vorliegen. Demnach belastete ihn nicht nur der Streit mit der korinthischen Gemeinde. Vielmehr sah er sich ἐν παντί Bedrängnissen ausgesetzt: von außen Kämpfe (ἔξωθεν μάχαι), von innen Furchtgefühle (ἔσωθεν φόβοι).

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„Ich meine damit aber dies, dass ein jeder von euch sagt: Ich gehöre zu Paulus, ich aber zu Apollos, ich aber zu Kephas, ich aber zu Christus.“ Bei dieser Auflistung fällt zunächst einmal eine gewisse Unausgewogenheit auf. Denn die drei menschlichen Autoritäten (Paulus – Apollos – Kephas) befinden sich auf einer anderen Ebene als der erhöhte Christus. Die Beurteilung der Christusgruppe ist entsprechend schwierig und wird kontrovers diskutiert.96 Doch muss dies hier nicht weiterverfolgt werden. Relativ unproblematisch lässt sich im Vergleich dazu erklären, dass in der korinthischen Gemeinde Paulus und Apollos als Autoritäten durch bestimmte Gruppen in Anspruch genommen werden konnten. Denn diese beiden Männer waren ja in Korinth persönlich bestens bekannt. Paulus hatte die korinthische Gemeinde gegründet und verbrachte während der Gründungsphase rund anderthalb Jahre (50/51 n. Chr.) in der Stadt. Nach ihm wirkte Apollos als Verkündiger in der Gemeinde (vgl. 1 Kor 3,5 f.). Wie lange er in Korinth blieb, ist ungewiss. Doch hatte er bei bestimmten Gemeindemitgliedern offenbar einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, so dass sie sich zur Apollosgruppe zusammenschlossen. Dagegen fällt eine Erklärung für die Existenz einer Kephasgruppe in Korinth deutlich schwerer. Ob Kephas die korinthische Gemeinde selbst einmal besucht hat, ist möglich (s. u.), im Unterschied aber zur Präsenz von Paulus und Apollos nicht belegbar.97 Zumeist wird vermutet, dass die Mitglieder der Kephasgruppe vor allem judenchristliche Anliegen in der korinthischen Gemeinde vertraten.98 Allerdings findet sich durchweg keine Antwort darauf, warum sich die judenchristliche Gruppe in Korinth gerade auf Kephas als Autorität beruft und nicht etwa auf Barnabas oder Jakobus, ebenfalls prominente judenchristliche Führungspersönlichkeiten, bei denen Paulus nach Ausweis von 1 Kor 9,6 und 15,7 voraussetzen kann, dass auch sie für die korinthischen Gemeindemitglieder keine Unbekannten waren.

Möglicherweise lässt sich jedoch das Profil der korinthischen Kephasgruppe vor dem Hintergrund des antiochenischen Zwischenfalls und seiner Folgen inhaltlich etwas schärfen.99 Denn es fällt auf, dass die beiden zentralen Forderungen – das Meiden von Götzenopferfleisch (εἰδωλόθυτα) und von Unzucht (πορνεία) (vgl. Apg 15,20.29; 21,25)100 – der bei den Auseinandersetzungen in Antiochia wohl von Kephas und Barnabas als Kompromiss eingebrachten Klauseln (s. I.3) thematisch auch 1 Kor 5–7.8–10 dominieren.101 Die spezifischen Probleme, die  Vgl. dazu Lindemann, Korintherbrief, 39 f.  Vgl. Karrer, Petrus, 211.  98   Vgl. u. a. Wolff, 1. Korinther, 28; Lang, Korintherbriefe, 25; Merklein, Korinther (Bd. 1), 148 f.  99 Überlegungen in diese Richtung etwa bei Merklein, Korinther (Bd. 1), 148–151. 100  Als zentral erweisen sie sich schon deshalb, weil nur sie – nicht aber das Verbot des Verzehrs von Blut und Ersticktem – in späteren neutestamentlichen Schriften traditionsgeschichtliche Spuren hinterlassen haben, vgl. Stiksel, Mischehenproblematik, 106–110. 101 Öhler, Geschichte, 210, dagegen verneint kategorisch einen sachlichen Zusammenhang zwischen der Behandlung dieser Themen im 1.  Korintherbrief und den Bestimmungen des Aposteldekrets. Wenig plausibel erscheint angesichts der ‚Prominenz‘ aller Akteure und der theologischen Tragweite der Klauseln auch seine These „Paulus war das Aposteldekret fremd“ (ebd.; die Nichtkenntnis des Dekrets als Möglichkeit erwägt auch Avemarie, Wurzeln, 797 f.), wenngleich M. Öhler zuzustimmen ist, dass die Regelung für Paulus nicht akzeptabel gewesen wäre bzw. korrekter wohl: nicht akzeptabel war.  96  97

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Paulus in 5,1–13 (Inzest eines Gemeindemitgliedes mit der Frau seines Vaters), 6,12–20 (Verkehr mit Prostituierten) sowie in 8,1–13; 10,1–11,1 (Verzehr von Götzenopferfleisch und Teilnahme an paganen Kultmahlzeiten) erörtert, wurden offenkundig durch eine libertinistische Haltung bestimmter Gemeindemitglieder evoziert.102 Bei den deswegen entstehenden kontroversen oder sogar konfliktiven gemeindlichen Diskursen könnten durchaus die (jedenfalls mehrheitlich) judenchristlichen Mitglieder der Kephasgruppe die Klauseln des antiochenischen Kompromisses in die Diskussion eingespeist haben. Dass sie sich dafür ausdrücklich auf Kephas als Autorität berufen, lässt den Schluss zu, dass er mit seinem Namen für die Klauseln gleichsam bürgte und dass er auch von den beiden anderen in den antiochenischen Zwischenfall involvierten judenchristlichen Führungspersönlichkeiten Jakobus und Barnabas sozusagen als ‚Aushängeschild‘ für den in Antiochia gefundenen Kompromiss anerkannt wurde, dem sich nur Paulus verweigert hatte. Angesichts des von Teilen der heidenchristlich dominierten korinthischen Gemeinde schon geradezu provokativ zur Schau gestellten libertinistischen Verhaltens könnte nun die judenchristliche Minderheit der Kephasgruppe den Verzicht auf εἰδωλόθυτα und πορνεία eingefordert und sich hierfür auf Kephas und die mit seinem Namen verbundenen antiochenischen Klauseln berufen haben. Das setzt voraus, dass die korinthische Gemeinde über Informationen zur Vor‑ und Nachgeschichte der antiochenischen Klauseln (I.3) verfügte, so dass die Berufung der judenchristlichen Gemeindeminderheit auf Kephas zugleich auch eine gewisse Distanzierung von ihrem Gemeindegründer Paulus implizierte. Damit stellt sich die Frage, wie diese Informationen nach Korinth gelangten. Auf diese Frage gibt es mehrere, gleichermaßen plausible Antwortmöglichkeiten, von denen jedoch keine hinsichtlich ihres Plausibilitätsgrades hervorragt. Eine erste Antwort, die sich anbietet, lautet: Kephas und/oder Barnabas sind im Zeitraum nach dem antiochenischen Zwischenfall (51/52), jedoch vor der brieflichen Korrespondenz des Paulus mit der korinthischen Gemeinde103 selbst besuchsweise vor Ort in Korinth gewesen. Immerhin erwähnt Paulus die beiden in 1 Kor 9,5 f. jeweils im Kontext ihrer missionarischen Reisetätigkeit. Dass diese Reisetätigkeit sie auch nach Korinth geführt haben könnte,104 ist angesichts der Bedeutung der Stadt als Provinzhauptstadt Achaias und ihrer verkehrstechnisch guten Lage als Handelsmetropole am Isthmos nicht abwegig. Eine zweite Antwortmöglichkeit erwächst aus der beruflichen Mobilität, die gerade im Bereich von Handwerk und/oder Handel tätige Christusgläubige auszeichnete. So 102  Dafür spricht deutlich das mehrfach in der paulinischen Erörterung zitierte und sofort korrigierte Programmwort: „Alles ist (mir) erlaubt“ (1 Kor 6,12; 10,23). 103  Vorbrief (1 Kor 5,9) – korinthischer Gemeindebrief (1 Kor 7,1a) – 1. Korintherbrief. 104  Zu Petrus vgl. u. a. Merklein, Korinther (Bd. 2), 218; Hengel, Petrus, 108 f.; Schnelle, 100 Jahre, 164; nicht kategorisch ausschließend auch Karrer, Petrus, 211; zu Barnabas: eher ablehnend Schrage, Korinther (Bd. 2), 295; Merklein, Korinther (Bd. 2), 219; Öhler, Barnabas (2005), 143 f.

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könnten also korinthische Gemeindemitglieder von einer solchen Geschäftsreise Informationen über den antiochenischen Zwischenfall und den mit der Person des Kephas eng verknüpften Kompromiss der antiochenischen Klauseln nach Hause mitgebracht haben.105 Schließlich sollte auch Silvanus als potenzielle korinthische Informationsquelle nicht außer Acht gelassen werden. Denn während der 2.  Missionsreise bildete er zusammen mit Paulus und Timotheus das Verkündigerteam, durch das der Christusglauben auch in Korinth etabliert wurde (vgl. 2 Kor 1,19). Während der 3. Missionsreise findet sich der ursprünglich aus Jerusalem stammende Judenchrist Silvanus/Silas aber im Unterschied zu Timotheus nicht mehr an der Seite des Paulus. Dies lässt vermuten, dass er sich infolge der Ereignisse in Antiochia von Paulus trennte und sich auf die Seite von Kephas und Barnabas stellte.106 Als Mitglied des Gemeindegründungsteams (vgl. 2 Kor 1,19) dürfte er aber weiterhin über gute Kontakte nach Korinth verfügt haben und könnte sich daher entweder selbst vor Ort oder durch Mittelsleute für den von der Autorität des Kephas gestützten antiochenischen Kompromiss stark gemacht haben.

Es gab also verschiedene Wege, auf denen die Informationen in die korinthische Gemeinde gelangt sein konnten und dort zur Bildung der gemeindlichen Teilgruppe führten, die sich auf die Autorität des Kephas berief. 2. Der bleibende Konsens zwischen Paulus und den Jerusalemer Autoritäten Kephas und Jakobus über die Essentials des Evangeliums (1 Kor 15,1–11) Im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefs widmet sich Paulus der Widerlegung einer These, die von einem Teil der korinthischen Gemeinde (V. 12: ἐν ὑμῖν τινες) vertreten wurde und die er in V. 12b auch zitiert: „Eine Auferstehung von Toten gibt es nicht“ (ἀνάστασις νεκρῶν οὐκ ἔστιν). Hinter den Gemeindemitgliedern, die die Totenauferstehung leugneten, sind am ehesten die Anhänger der Apollosgruppe zu vermuten, die unter Auferstehung eine Rückkehr in die irdische Leibexistenz verstanden. Dagegen richtete sich ihre Erlösungshoffnung auf eine rein geistige, leiblose Existenz bei dem in seinen himmlischen ‚Urzustand‘ zurückgekehrten Christus.107 Bevor sich Paulus jedoch der argumentativen Auseinandersetzung mit der in Korinth vertretenen Bestreitung einer Totenauferstehung zuwendet, verweist er die Gemeinde zunächst zurück auf die Grunddaten des Evangeliums (Tod und Auferweckung Christi), die er ihnen in dem ihm selbst bereits überlieferten Wortlaut weitergegeben hat (V. 3a: παρέδωκα γὰρ ὑμῖν ἐν πρώτοις, ὃ καὶ παρέλαβον). Der Grundbestand der von Paulus zitierten Tradition, die bis in die Jerusalemer Urgemeinde zurückreichen dürfte,108 findet sich wahrscheinlich in den VV. 3b–5: „Bis dahin reichen nämlich die ὅτι–Sätze, während danach Hauptsätze einsetzen. Vor allem der 105 Vgl. Stiksel,

Mischehenproblematik, 114 f.  Vgl. Konradt, Datierung, 33–35. 107 Zur ausführlichen Begründung vgl. Merklein/Gielen, Korinther (Bd. 3), 302–306. 108  Vgl. Merklein/Gielen, Korinther (Bd. 3), 265 f. 106

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parallele Aufbau der zweigliedrigen Formel (vgl. das doppelte κατὰ τὰς γραφάς) ist ein unverkennbares Indiz für diese Begrenzung, denn bei Zugehörigkeit auch von V. 6f zur Formel ginge die Gleichgewichtigkeit des Parallelismus mit seiner paarweisen Zuordnung der zwei Doppelglieder verloren. Die beiden jeweils an zweiter Stelle stehenden Aussagen sind Verstärkungen der ersten, d. h. ἐτάφη sichert das wirkliche Gestorben‑ und ὤφθη das wirkliche Auferwecktsein.“109 Unsicher ist, ob die VV. 6 f. (oder wenigstens Teile davon) sich bereits vorpaulinisch an den ältesten Kern der Überlieferung angelagert haben110 oder ob die Erweiterung auf Paulus zurückgeht, zumal er ja auch sehr wahrscheinlich die Liste der Erscheinungszeugen in den VV. 8–10 um seine eigene Person ergänzt.111 Für eine Erweiterung durch paulinische Hand spricht entschieden, dass die formal-strukturelle als auch inhaltliche Ausgewogenheit zwischen Sterbens‑ und Auferweckungsaussage, die die Tradition in den VV.  3b–5 auszeichnet, durch die VV.  6 f. zugunsten einer Hervorhebung der Auferweckungsaussage durch die Anfügung weiterer Erscheinungszeugen zerstört wird.112 Umgekehrt passt dieses ‚Ungleichgewicht‘ aber exakt zur Argumentationsstrategie des Paulus in 1 Kor 15, geht es ihm doch darum, die Glaubwürdigkeit der Auferweckung Jesu Christi von den Toten gegenüber den korinthischen Bestreitern einer Totenauferstehung durch eine eindrucksvolle und möglichst vollständige Liste von Erscheinungszeugen zu untermauern.113

Zu dieser Vollständigkeit gehört es, dass Paulus sich selbst als letzten Erscheinungszeugen (V. 8: ἔσχατον δὲ πάντων […] ὤφθη κἀμοί) an das Ende der Liste setzt. Und obgleich er aufgrund seiner ‚Vorgeschichte‘ alles andere als prädestiniert war für eine Christuserscheinung (V. 9), ist er trotzdem durch göttliche Gnade (V. 10a) schlussendlich noch in den durch eine Offenbarung des Auferweckten autorisierten Personenkreis (VV. 5–7) aufgenommen worden. Unter den Mitgliedern dieses Personenkreises aber gibt es keinerlei Dissens über die von ihnen verkündigten konstitutiven Eckdaten des Evangeliums (V. 11), die im Tod Christi für unsere Sünden (V. 3b) und in seiner Auferweckung am dritten Tag (V. 4b) bestehen. Die auf Vollständigkeit bedachte paulinische Aufzählung von Erscheinungszeugen erwähnt nur zwei Personen namentlich. Während der Name des Kephas (V. 5a) fest in dem alten, von Paulus zitierten Traditionsstück (VV. 3b–5) verankert war, verdankt sich die namentliche Erwähnung des Herrenbruders Jakobus (V. 7a) – unter der Voraussetzung der von Paulus zu verantwortenden Vervollständigung der Liste (s. o.)  – seiner bewussten Entscheidung. Damit werden also in der paulinisch gestalteten Liste die beiden entscheidenden Führungspersönlichkeiten aus der Vergangenheit und Gegenwart der Jerusalemer 109  Schrage, Korinther (Bd. 4), 20; vgl. u. a. auch Lang, Briefe, 209; Wolff, 1. Korinther, 358; Lindemann, Korintherbrief, 329 (ohne V. 5b: „… dann den Zwölfen“); Merklein/Gielen, Korinther (Bd. 3), 265. 110 So etwa Lang, Briefe, 209. 111  Vgl. Merklein/Gielen, Korinther (Bd. 3), 262. 112  Vgl. a. a. O., 264. 113  Vgl. Schrage, Korinther (Bd. 4), 20.

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Urgemeinde (s. I.1–3) ausdrücklich erwähnt. Dies ist vor dem Hintergrund des noch nicht lange zurückliegenden und auch in der korinthischen Gemeinde seine Spuren hinterlassenden antiochenischen Konflikts (II.1) bemerkenswert. Denn es ist Paulus offenbar wichtig, dass der zwischen den prominenten Jerusalemern Kephas und Jakobus einerseits sowie ihm selbst andererseits bestehende Dissens um die Frage der Konditionen für eine integrative Tischgemeinschaft zwischen Christusgläubigen jüdischer und paganer Provenienz keineswegs den grundlegenden Konsens zwischen ihnen und ihm über die konstitutive Basis ihrer Evangeliumsbotschaft berührt. Und dieser entscheidende Konsens verbindet diese Drei mit allen anderen Erscheinungszeugen.114 Gerade wenn die korinthischen Leugner einer Totenauferstehung (V. 12b) aber der Gemeindegruppe zuzuordnen sind, die sich auf Apollos als entscheidende Autorität beruft, so verschafft sich Paulus mit der vollständigen Liste der Erscheinungszeugen (VV.  5–10) zwischen den Zeilen eine für seine anschließende Widerlegung dieser Auffassung argumentationsstrategisch hervorragende Ausgangsbasis: Im Unterschied zu ihm selbst, der durch göttliche Gnade zum exklusiven Kreis der Erscheinungszeugen gehört und unisono mit ihnen den Tod Jesu Christi und seine Auferweckung von den Toten als Essentials des Glaubens verkündigt (VV. 3b–5.11–12a), gehört Apollos nämlich nicht zu diesem Kreis.115 Alle diejenigen also in der korinthischen Gemeinde, die sich für ihre spezifische Interpretation von Erlösung auf Apollos berufen und eine Auferstehung von den Toten in Abrede stellen, verlassen das apostolisch bezeugte Glaubensfundament, das ihnen Paulus bei der Gemeindegründung überliefert hat (VV. 1–3a). 3. Der freiwillige Verzicht auf gemeindlichen Lebensunterhalt für den Verkündigungsdienst als alternative Praxis von Paulus und Barnabas im Vergleich zu Kephas und anderen (1 Kor 9,4–6) Die textpragmatische Intention von 1 Kor 9 erschließt sich vom vorausgehenden Kapitel 8 her. In 1 Kor 8,1–13 hatte Paulus das Thema des Verzehrs von Götzenopferfleisch erörtert. Ein solcher Verzehr wurde in der korinthischen Gemeinde von einigen Gemeindemitgliedern offenbar geradezu demonstrativ praktiziert. Ihre Berechtigung (ἐξουσία), Götzenopferfleisch zu essen (VV. 8 f.), leiteten diese Gemeindemitglieder wohl aus ihrer Erkenntnis (γνῶσις) (V. 1a) ab, dass es gar keine Götzen, sondern nur den einen Gott gebe (V. 4). 114 Vgl. Holtz,

Zwischenfall, 350; Karrer, Petrus, 219. wenn man in Rechnung stellt, dass Apg  18,24–19,7 deutlich vom redaktionellen lukanischen Interesse geprägt ist, die Konkurrenz zwischen Paulus und Apollos und den daraus erwachsenden Konflikt in der korinthischen Gemeinde auf Kosten des Apollos (konkret: der seiner Person anhaftenden pneumatischen Defizite im Vergleich zu Paulus) herunterzuspielen (vgl.  Wolter, Apollos, passim), bietet die Passage auch unter Ausblendung dieser Darstellungsabsicht kein Indiz für eine Zuordnung des Alexandriners Apollos zu dem von Paulus in 1 Kor 15,3–10 klar umrissenen Kreis von Erscheinungszeugen. 115 Selbst

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Obwohl Paulus ihrer Erkenntnis grundsätzlich zustimmt, ordnet er ihr die Liebe über (V. 1b–3). Daraus folgt für ihn ganz selbstverständlich der Verzicht auf das ‚gute Recht‘, an und für sich heilsirrelevantes Götzenopferfleisch zu essen (VV. 12 f.), und zwar für den Fall, dass ein anderes, in seiner Erkenntnis noch nicht ganz gefestigtes Gemeindemitglied aufgrund des Verzehrs Gewissensbisse verspürt und deswegen in seinem Heil gefährdet wird (VV. 10 f.).

Mit der unmittelbar anschließenden Briefpassage 9,1–18 wirbt Paulus nun dafür, diesen Verzicht auf ein vorhandenes Recht um eines übergeordneten Zieles willen innerhalb der Gemeinde zu praktizieren, und zwar indem er einen solchen Verzicht an einem Beispiel seines eigenen Verhaltens veranschaulicht. Als konkretes Beispiel wählt er seinen Verzicht auf Inanspruchnahme der Berechtigung, sich seinen Lebensunterhalt von den Gemeinden als Entgelt für seine Verkündigungstätigkeit zahlen zu lassen (VV. 11 f.).116 Dass diese Berechtigung tatsächlich gegeben ist, stellt Paulus in VV. 4–10.13 f. nachdrücklich heraus. Im Kontext dieses Beitrags interessiert vor allem sein Verweis auf die Praxis anderer Verkündiger (VV. 4–6).117 Doch Paulus hat keinen Gebrauch von seinem ‚guten Recht‘ gemacht und will es auch künftig nicht auf sich angewendet wissen (V. 15a). Denn da er sich gleichsam von Gott dienstverpflichtet weiß, das Evangelium zu verkünden, kann ihm ein Mehrwert aus seiner Verkündigungstätigkeit nur dadurch erwachsen, dass er auf Entlohnung durch Menschen verzichtet (VV. 15b–18).118 Bereits im 1. Thessalonicherbrief wird der freiwillige Verzicht auf Lebensunterhalt durch die Gemeinde von Paulus bzw. präziser: vom Verkündigerteam der 2. Missionsreise (Paulus, Silvanus und Timotheus) thematisiert.119 Innerhalb der Briefpassage 2,1–12, in der sie ihren Gründungsbesuch in Thessaloniki Revue passieren lassen und die dazu beitragen soll, „die Beziehung zwischen Missionaren und Gemeinde zu vertiefen und zu festigen“,120 spielen sie diesen Punkt in 1 Thess 2,7a.9 ein. In 2,9 wird das Motiv ihres Verzichts erkennbar: Sie haben die mühevolle Arbeit für die Sicherung ihres Lebensunterhaltes auf sich genommen, um die Gemeinde(‑mitglieder) zu entlasten (πρὸς τὸ μὴ ἐπιβαρῆσαί τινα  Vgl. auch den Beitrag von S. Schreiber in diesem Band. Folgenden untermauert Paulus die Logik dieser Praxis zunächst anhand von drei Beispielen aus der Alltagserfahrung (1 Kor 9,7). Doch auch die Tora unterstützt das Recht auf Entlohnung für verrichtete Arbeit (VV. 8–10.13). Und nicht zuletzt die Jesustradition bestätigt dieses Recht (V. 14). Ein entsprechendes Jesuswort überliefert die Logienquelle Lk 10,7 par. Mt 10,10, vgl. Wolff, 1. Korinther, 195 f.; Lindemann, Korintherbrief, 207, u. ö. 118  Vgl.  Merklein, Korinther (Bd. 2), 227, mit Bezug auf 1 Kor  9,18: „Es zeigt sich nun, daß der Begriff ‚Lohn‘ durchaus mit Hintersinn, d. h. mit einer gewissen Dialektik verwendet wird: Der ‚Lohn‘, dessen er [Paulus, M. G.] sich rühmen kann, besteht gerade im Verzicht auf bezahlten Lohn“. 119 Dass Paulus während der 2. Missionsreise seine Begleiter Silvanus und Timotheus tatsächlich als apostolische Teamkollegen bei ihrer gemeinsamen Verkündigungstätigkeit sah, bestätigt er selbst rückblickend in 2 Kor 1,19 (vgl. etwa Frey, Paulus, 200). Zu Recht betrachtet Schreiber, 1. Thessalonicher, 51–54, Silvanus und Timotheus m. E. daher als Mitbeteiligte an der Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs (vgl. auch Byrskog, Co-Senders, 236–238; skeptisch dagegen Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 64–70). 120  Schreiber, 1. Thessalonicher, 129. 116

117 Im

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ὑμῶν). Zuvor hatten sie jedoch in 2,7a gleichsam nota bene einfließen lassen, dass sie nach Art der Apostel Christi durchaus zur Last hätten fallen können (δυνάμενοι ἐν βάρει εἶναι ὡς Χριστοῦ ἀπόστολοι).121 Damit klingt in 2,7a an, dass um das Jahr 50 Apostel – d. h. der Personenkreis, der primär für die gemeindegründende Evangeliumsverkündigung zuständig war122 – ihre Tätigkeit bereits hauptberuflich ausübten und ihr Entgelt dafür von den Mitgliedern der jungen Gemeinden erhielten, so dass sie ihren Lebensunterhalt nicht durch ‚Nebenjobs‘ finanzieren mussten. Paulus und seine Teamkollegen dagegen definieren ihr Verhältnis zur thessalonikischen Gemeinde nicht als berufsbedingtes, professionelles Verhältnis, sondern als eine emotionale, von elterlicher Zuneigung und Liebe bestimmte Beziehung (vgl.  2,7b–8.11 f.). Deswegen also verzichten sie auf die ihnen zustehende Bezahlung, um so die ihnen liebgewordene Gemeinde nicht zu belasten (V. 9).123 So wenig wie somit der Verzicht auf Entlohnung von Paulus und seinen beiden Kollegen Silvanus und Timotheus theologisch begründet wird (V. 9), so wenig steht offenkundig wegen dieses Verzichts ihr Apostelstatus inner‑ oder außergemeindlich zur Diskussion (V. 7a).

Ganz anders im 1. Korintherbrief: Jetzt rund fünf Jahre nach dem 1. Thessalonicherbrief stellt Paulus also seinen Lohnverzicht als Konsequenz aus seiner göttlichen Dienstverpflichtung zur Evangeliumsverkündigung dar (9,15b–18). Mit der Wahl seines konkreten Beispiels zur Veranschaulichung der Verhaltensanweisung in 1 Kor 9 ergreift Paulus aber zugleich die Gelegenheit, sich gegenüber Kritikern zu rechtfertigen (V. 3, ἡ ἐμὴ ἀπολογία τοῖς ἐμὲ ἀνακρίνουσίν ἐστιν αὕτη), die unter Hinweis auf seine unentgeltliche Evangeliumsverkündigung offenbar seinen Apostelstatus in Frage stellten (VV. 1 f.).124 Als Reaktion auf die ihm zu Ohren gekommenen Zweifel, ob er überhaupt ein ‚richtiger‘ Apostel sei (VV. 2a.3), fügt Paulus nun in die Definition seines Apostolats explizit als konstitutives Kriterium die ihm zuteilgewordene Christusvision ein (V. 1).125 Durch diese Vision erfolgte seine Berufung zum Apostel Christi 121  Zur Begründung dieser Übersetzung von 1 Thess 2,7a vgl. Stegemann, Anlaß, 405–408; Gerber, Paulus, 279–281; Schreiber, 1. Thessalonicher, 139. 122  Vgl. Koch, Entwicklung, 175; Frey, Paulus, 203–208; Gielen, Wahrnehmung, 159 f. 123  Vgl. Schreiber, Geschichte, 229–233. 124  Da Paulus sich bei seiner Erwiderung (ἀπολογία), die mit 1 Kor 9,4 beginnt, ausschließlich auf diesen einen Aspekt des Verzichts auf Annahme des gemeindlich finanzierten Lebensunterhalts konzentriert, werden sich auch seine Kritiker auf diesen Sachverhalt beschränkt haben (V. 3). Allerdings wird diese Kritik kaum aus der korinthischen Gemeinde heraus erwachsen sein (vgl. V. 2a). Doch musste Paulus durchaus im Blick haben, dass sie dort angesichts der Streitigkeiten zwischen den verschiedenen gemeindlichen Gruppierungen und den verschiedenen Autoritäten, auf die sich deren Mitglieder beriefen (1,12), mittelfristig einen geeigneten Nährboden finden konnte (vgl. etwa Merklein, Korinther [Bd. 2], 215 f.). Und so hat das von Paulus gewählte Beispiel nicht nur eine exemplifizierende Funktion in Bezug auf 1 Kor 8, sondern zugleich eine prophylaktische Funktion in Bezug auf eine potentielle Entwicklung in der korinthischen Gemeinde. 125  Dass diese präzisierte Definition des paulinischen Apostolatsverständnisses in der „seit dem Apostelkonzil – oder spätestens seit der im antiochenischen Zwischenfall noch einmal verschärften Auseinandersetzung“ gründet (Frey, Paulus, 210, kursiv im Original), ist sehr wahrscheinlich. Doch ist zu konstatieren, dass die Kritiker nach Befund des 1. Korintherbriefs ihre Auseinandersetzung mit Paulus über die Legitimität seines Apostelstatus – zunächst jedenfalls –

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Jesu (κλητὸς ἀπόστολος Χριστοῦ Ἰησοῦ διὰ θελήματος Θεοῦ, 1,1). Damit gehört er aber auch zum exklusiven Kreis der apostolischen Erscheinungszeugen (15,3b–10),126 die unisono den Tod und die Auferweckung Jesu Christi als unverrückbares Fundament des Glaubens verkündigen, auf dem die Gemeinden der Christusgläubigen entstehen (15,1–3a.11) (s. II.2). Daher ist nicht zuletzt auch die korinthische Gemeinde das Siegel des paulinischen Apostolats (ἡ γὰρ σφραγίς μου τῆς ἀποστολῆς ὑμεῖς ἐστε ἐν κυριῷ, 1 Kor 9,2b). Die in 1 Kor  9,1 f. apologetisch hervorgehobenen Kriterien seines Apostelstatus, die faktisch schon immer gegeben waren, ließen es – im Unterschied zum vorausliegenden 1. Thessalonicherbrief (vgl. 2,7a) – künftig nicht mehr zu, dass Paulus andere Personen, auch wenn sie wie er hauptberuflich in der missionarischen Evangeliumsverkündigung tätig waren,127 auf einer Stufe mit sich selbst als ἀπόστολοι bezeichnete, sofern sie nicht wie er dem Kreis der Erscheinungszeugen angehörten.128 Die drei rhetorischen Fragen (1 Kor 9,4–6), mit denen Paulus seine Apologie gegen die kritischen Anfragen zu seinem Apostelstatus eröffnet, variieren allesamt das Thema des Lebensunterhaltes eines auf Missionsreise befindlichen Apostels (V. 4: Ernährung; V. 5: Mitversorgung der mitreisenden Ehefrau; V. 6: Befreiung von Erwerbsarbeit). Genauer: Paulus stellt mit dieser Fragenreihe nachdrücklich fest, dass ihm als Apostel das Recht auf gemeindliche Bestreitung über das Thema seines Lohnverzichts, nicht über das Thema seiner Haltung zur auflagenfreien Evangeliumsverkündigung unter den Heiden führten. 126  Seinen Kritikern, die bezweifeln, ob er angesichts seines Lohnverzichts überhaupt ein professioneller Apostel ist, hält Paulus also entgegen, dass er im Gegenteil als Erscheinungszeuge sogar zur obersten Kategorie der Apostel gehört. Für eine gewisse Hierarchisierung des Apostelbegriffs spricht, dass Paulus auch später noch durchaus Personen, die im Auftrag von Gemeinden agieren, als Apostel bezeichnen kann (vgl. 2 Kor 8,23; Phil 2,25). Allerdings bringt er dann die gemeindliche Beauftragungsinstanz auch explizit zur Sprache. 127  Dies lässt sich gut an Timotheus aufzeigen, der Paulus im Unterschied zu Silvanus auch nach dem antiochenischen Zwischenfall als Verkündiger auf der 3.  Missionsreise begleitete. Während in 1 Thess 2,7a Paulus, Silvanus und Timotheus doch wohl unterschiedslos der Gruppe der ἀπόστολοι zugeordnet werden (vgl. Schreiber, 1. Thessalonicher, 140; Frey, Paulus, 210), differenziert Paulus etwa in der Briefadresse 2 Kor 1,1 exakt zwischen Παῦλος ἀπόστολος Χριστοῦ Ἰησοῦ διὰ θελήματος Θεοῦ und Τιμόθεος ὁ ἀδελφός, obwohl an seiner Hochschätzung des Timotheus (vgl. etwa 1 Kor 16,10 f.), ja an seiner persönlichen Freundschaft zu ihm kein Zweifel bestehen kann (vgl. Gielen, Netzwerk, 81–89). Wo Paulus freilich für sich selbst nicht den Aposteltitel geltend macht, kann er auch für sich selbst und Timotheus dieselbe Bezeichnung verwenden, so etwa Phil 1,1: Παῦλος καὶ Τιμόθεος δοῦλοι Χριστοῦ Ἰησοῦ. 128  Die Würdigung, die Paulus in Röm  16,7 dem Paar Andronikos und Junia zuteilwerden lässt, ist also ein untrügliches Indiz dafür, dass er diese beiden zum Kreis der Apostel rechnet, die in Jerusalem einer Erscheinung des Auferstandenen gewürdigt wurden (vgl. 1 Kor 15,7). Dafür spricht, dass er sie durchweg im Vergleich zu sich selbst qualifiziert: Als Christusgläubige jüdischer Herkunft (συγγενεῖς μου) und als ehemalige Mitgefangene (συναιχμαλώτοι μου) bezeichnet er das, was sie miteinander verbindet. Doch zugleich übertreffen sie Paulus auch, indem sie herausragen unter den Aposteln (εἰσιν ἐπίσημοι ἐν τοῖς ἀποστόλοις) (vgl. 1 Kor 15,9: ἐγὼ γάρ εἰμι ὁ ἐλάχιστος τῶν ἀποστόλων) und indem sie schon vor ihm zum Christusglauben gefunden haben (οἳ καὶ πρὸ ἐμοῦ γέγοναν ἐν Χριστῷ), vgl. Gielen, Wahrnehmung, 137–139,157–160.

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seines Lebensunterhaltes in allen Facetten zweifellos zustünde. Mit V. 5 weist er eigens daraufhin, dass er sich mit der Inanspruchnahme dieses Rechtes zudem in bester Gesellschaft befände, denn auch die übrigen Apostel (οἱ λοιποὶ ἀπόστολοι) nehmen es wahr, namentlich die Brüder des Herrn (οἱ ἀδελφοὶ τοῦ κυρίου)129 und Kephas. Mit V. 5 bestätigt Paulus also, was sich auch schon in 1 Thess 2,7a zeigte (s. o.): Es gehört selbstverständlich zum berufsmäßigen Verhalten der Apostel, dass sie nicht selbst für ihren Lebensunterhalt (und den ihrer Ehefrauen) sorgen, sondern – wie ergänzt werden kann – sich ganz der Verkündigung widmen. Wenn Paulus hier von den übrigen Aposteln spricht, dann hat er gemäß den in den VV. 1 f. genannten Kriterien den exklusiven, zahlenmäßig begrenzten (vgl.  15,3b–7) Kreis der Apostel im Blick, die den auferweckten Kyrios gesehen haben.130 Zu diesem Kreis, dem Paulus sich beginnend mit 1 Kor dezidiert zuordnet (9,1; vgl. 15,8–10) (s. o.), gehört allen voran Kephas als Erstzeuge (15,3b). Doch rechnet Paulus offenkundig auch die Brüder des Herrn dazu.131

Mit V. 6 fügt Paulus ergänzend hinzu, dass er mit seinem freiwilligen Verzicht auf Lebensunterhalt durch die Gemeinden gleichwohl nicht ganz allein dasteht. Denn auch Barnabas, den Paulus damit zugleich implizit ebenfalls als Mitglied des prominenten Kreises apostolischer Erscheinungszeugen ausweist, verzichtet auf sein Recht, nicht arbeiten zu müssen, erwirbt also seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit. Wahrscheinlich fiel die Entscheidung von Barnabas und Paulus, sich für ihre Verkündigung des Evangeliums nicht als Gegenleistung von den neu gewonnenen Christusgläubigen ihren Lebensunterhalt finanzieren zu lassen, bereits auf ihrer gemeinsamen Missionsreise (vgl. Apg 13 f.),132 die sie im Auftrag der antiochenischen Gemeinde durchführten (vgl. Apg 13,1–3).133 Auch 129  Zu den auch in der sonstigen Überlieferung gut bezeugten Brüdern des Herrn vgl. Mk 3,31 f. par. Lk 8,19 f.; Mt 12,46f; Mk 6,3 (namentlich: Jakobus, Joses, Judas und Simon) par. Mt 13,55; vgl. Apg 1,14. Unter den von Paulus in 1 Kor 9,5 pauschal genannten Brüdern des Herrn, die er vom Kontext her unmissverständlich als Apostel auf Missionsreise im Blick hat, ist Jakobus (vgl. 1 Kor 15,7) auszunehmen, insofern er zu dieser Zeit die Leitung der Jerusalemer Urgemeinde innehatte und somit lokal gebunden war. Dafür spricht im Übrigen auch, dass er nicht selbst nach Antiochia reist, sondern Leute aus seinem Umfeld sein Anliegen dort vertreten (vgl. Gal 2,12) (s. I.3). 130  Nur unter dieser Annahme gewinnt der Vers im Kontext argumentatives Gewicht. 131  Die dreigliedrige Aufzählung von 1 Kor 9,5 ist also steigernd aufgebaut. Aus der zuerst genannten Gruppe der übrigen Apostel greift Paulus zunächst die Teilgruppe der Brüder des Herrn heraus und nennt dann abschließend mit Kephas ein einzelnes Mitglied dieser Gruppe, dem aber als Erstzeugen des Auferstandenen die prominenteste Stellung im Kreis der Apostel zukommt. Dagegen macht es im argumentativen Kontext von 1 Kor 9 keinen Sinn, die Brüder des Herrn und Kephas von der Gruppe der übrigen Apostel abgrenzen zu wollen. 132 Vgl.  Kollmann, Joseph Barnabas, 40; Öhler, Barnabas, 17. Beide Autoren nehmen zudem an, dass Barnabas die treibende Kraft für den Lohnverzicht war. 133  Ich halte diese 1. Missionsreise für historisch, setze sie aber gegen die lukanische Abfolge nach dem Jerusalemer Treffen (vgl. Apg 15) an, so etwa auch Öhler, Barnabas, 58–62; Ders., Geschichte, 91–93; Wedderburn, History, 97.103.

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nach ihrer Trennung als Missionsteam (vgl. Apg 15,36–41) haben sie offensichtlich dann beide unabhängig voneinander an dieser Maxime festgehalten. Angesichts des rund drei Jahre zurückliegenden Konflikts in Antiochia ist es bemerkenswert, dass Paulus in 1 Kor 9,5 f. Kephas und Barnabas ungeachtet der Tatsache, dass sie sich in einer für ihn zentralen theologischen Grundsatzfrage gegen ihn und aufseiten des Jakobus positioniert hatten (s. I.3), vollkommen ohne Polemik in seine Argumentation einbindet, die sich gegen die Infragestellung seines Apostolats wegen seines Verzichts auf gemeindlichen Lebensunterhalt richtet. Auch wenn es seit dem antiochenischen Zwischenfall einen gravierenden theologischen Dissens zwischen ihm einerseits sowie Kephas und Barnabas andererseits über die Konditionen einer integrativen Tischgemeinschaft von Christusgläubigen jüdischer und heidnischer Herkunft gab, ist es Paulus in 1 Kor 9,5 f. offenbar wichtig, auf bleibende Gemeinsamkeiten zu verweisen:134 Mit ihnen – und auch mit Jakobus (15,7) (s. II.2) – verbindet Paulus dauerhaft die Zugehörigkeit zum exklusiven Kreis der Erscheinungszeugen. Mit Barnabas verbindet ihn überdies noch die von beiden durchgehaltene Entscheidung, ihren Lebensunterhalt durch eigener Hände Arbeit zu bestreiten. Doch auch an der gegenteiligen Praxis des Kephas übt Paulus keine Kritik, sondern präsentiert sie vielmehr als übliche Praxis, die zudem noch durch das Gesetz des Moses (VV. 8–10.13) und durch ein Gebot des Kyrios (V. 14) abgesichert ist. Argumentationsstrategisch war es für Paulus zweifellos wichtig, die korinthische Gemeinde auf das aufmerksam zu machen, was ihn mit diesen prominenten Führungspersönlichkeiten der jungen Glaubensgemeinschaft dauerhaft verband. Denn die Bildung einer gemeindlichen Teilgruppe, die sich auf Kephas als maßgebliche Autorität berief (s. II.1.), dürfte sich am ehesten aus der Akzeptanz einer theologischen Position erklären, für die Kephas als wohl prominentester Kopf unter den urchristlichen Führungspersönlichkeiten einstand, die aber gleichermaßen von Jakobus und Barnabas mitgetragen wurde. Genau diese theologische Position – die Rettung einer integrativen innergemeindlichen Tischgemeinschaft zwischen Christusgläubigen jüdischer und heidnischer Herkunft unter Wahrung judenchristlicher Identität mit Hilfe der antiochenischen Klauseln (s. I.3) – bekämpfte Paulus unnachgiebig. Dennoch musste ihm im Blick auf die korinthische Gemeinde, die über die Kephasgruppe hinaus von einer Spaltung in weitere konkurrierende Gruppen bedroht war (vgl.  1,12 f.), daran gelegen sein, seine Stellungnahme zu innergemeindlich kontrovers diskutierten Themen möglichst von persönlichen Spitzen freizuhalten,135 um die Spaltung zwischen den verschiedenen Gemeindegruppierungen nicht noch zu vertiefen und damit auch seine eigene Autorität in der Gesamtgemeinde136 weiter zu schwächen.  Vgl. Holtz, Zwischenfall, 350; Karrer, Petrus, 218 f.  Eine polemische Passage wie Gal 2,11–14a konnte Paulus sich im 1. Korintherbrief nicht erlauben. 136  In der Paulusgruppe war seine Autorität selbstverständlich unangefochten. Je mehr ihre 134 135

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III. Fazit Jenseits aller argumentationsstrategischen Erwägungen zeugt die Erwähnung von Kephas und Barnabas in 1 Kor  9,5 f. sowie von Kephas und Jakobus in 1 Kor 15,3b.7 davon, dass Paulus diese drei urchristlichen Führungspersönlichkeiten auch nach dem antiochenischen Zwischenfall weiterhin hochschätzte und nicht vergessen hatte, was sie ungeachtet des theologischen Dissens über die antiochenischen Klauseln dauerhaft miteinander verband. Schon rund zwei Jahre nach dem Damaskuserlebnis war beim ersten Jerusalembesuch des Paulus (Gal 1,18 f.) die Basis für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen ihm, Kephas und Jakobus gelegt worden (s. I.1). In den ca. dreizehn Jahren, die bis zu seinem zweiten Jerusalembesuch verstrichen (Gal 2,1), hatte wahrscheinlich Kephas die Verbindung zwischen Barnabas und Paulus hergestellt, die sich als theologisch fruchtbar und auch zwischenmenschlich stabil und belastbar erweisen sollte. Beim Jerusalemer Treffen (Gal 2,1–10) war es wohl nicht zuletzt dem guten und vertrauensvollen Einvernehmen zwischen Jakobus und Kephas auf Jerusalemer sowie Barnabas und Paulus auf Antiochener Seite zu verdanken, dass ein einvernehmliches Ergebnis in der Frage einer auflagenfreien Evangeliumsverkündigung unter den Heiden erzielt werden konnte (s. I.2). Doch als wiederum einige Jahre später eine Diskussion um eine auch für toraobservante Kreise in der Jerusalemer Urgemeinde akzeptable praktische Umsetzung der Jerusalemer Entscheidung in Antiochia entbrannte, konnte Paulus Kephas, Barnabas und Jakobus von seinem theologischen Standpunkt nicht überzeugen und verweigerte sich seinerseits ihrem Kompromissangebot (s. I.3). So wie er in der Folgezeit offensiv diesen Standpunkt in den von ihm gegründeten Gemeinden vertrat, so dürften auch Kephas und Barnabas auf ihren Reisen (1 Kor 9,5 f.) für das von den antiochenischen Klauseln bestimmte Modell des gemeindlichen Zusammenlebens von Christusgläubigen jüdischer und heidnischer Herkunft geworben haben. Möglicherweise erklärt sich dadurch sogar die Entstehung der Kephasgruppe in Korinth, obwohl offenbleiben muss, ob Kephas und/oder Barnabas einmal persönlich die dortige Gemeinde besucht haben (II.2). Doch bietet die Art und Weise, wie Paulus Kephas, Barnabas und Jakobus im 1. Korintherbrief erwähnt (II.2/3), kein Indiz dafür, dass er ihnen jenseits des zwischen ihnen bestehenden theologischen Sachkonflikts mit Ablehnung begegnet wäre. Mitglieder diese Autorität jedoch betonten, desto mehr wurde sie zwangsläufig in den anderen Gruppen geschwächt, deren Mitglieder stattdessen ‚ihre‘ Autoritäten stark machten. Daher erklärt es sich auch, dass Paulus zu Beginn des Schreibens alle Register zieht, um aufzuzeigen, wie absurd es ist, dass die verschiedenen Gruppierungen menschliche Autoritäten gegeneinander ausspielen (vgl. 1 Kor 3,3b–9.21–23; 4,6 im Kontext von 1,11–4,21).

Die Mobilität des frühen Paulus Ulrich Fellmeth I. Reisen im 1. Jahrhundert n. Chr. Dem Reisenden in der römischen Antike standen verschiedene Verkehrsmittel und Verkehrswege zur Verfügung: Man reiste zu Fuß, auf dem Rücken eines Maulesels, zu Pferde oder in einem Wagen über die berühmten römischen Straßen, auf einem Kahn über ein Binnengewässer oder per Schiff übers Meer. Straßen zu benutzen war die beliebteste und letztendlich auch sicherste Art zu reisen. Das römische Straßensystem ist nicht leicht zu überschauen: Da gab es einerseits die viae publicae, die staatlicherseits auf öffentlichem Grund gebauten Fernstraßen, die Regionen oder gar Provinzen miteinander verbanden. Da gab es die viae vicinales, die Nebenstraßen, die sowohl verschiedene Fernstraßen als auch kleinere Siedlungen miteinander verbanden und für den Anschluss an das Fernstraßensystem sorgten. Und schließlich gewährleisteten die viae privatae, Straßen auf privatem Grund – aber oft mit einem öffentlichen Wegerecht belegt – die Anbindung auch des letzten Gehöfts an die Vizinal‑ und Fernstraßen. Die römischen Fernstraßen wurden teils aus militärischen, teils aus wirtschaftlichen Gründen angelegt. Deshalb wurden sie prinzipiell auf öffentlichem Grund errichtet. Die Finanzierung des Baus und der Unterhaltung oblag in Italien dem römischen Staat, in den Provinzen den anliegenden Städten und Gemeinden. Angeordnet wurde der Bau einer Straße vom Staat, bzw. vom jeweiligen Kaiser. Oftmals haben sich letztere auch an den Kosten für Bauten, Ausbauten oder Reparaturen beteiligt. Der Fernstraßenbau wurde von technischen Einheiten der römischen Armee durchgeführt, wobei die schwersten Arbeiten von Sklaven und Tagelöhnern verrichtet wurden. Die militärischen Spezialisten planten die zumeist geradlinige Straßenführung, sorgten dafür, dass möglichst wenige kostenaufwendige Bauten wie Tunnel, Brücken etc. nötig wurden, legten die Strecken in Tälern – um Überschwemmungen der Straße zu vermeiden – auf Halbhöhenlage und vermieden für Wagen kaum zu überwindende Steigungen. Die Trasse selbst wurde folgendermaßen angelegt: In der Breite der zu erbauenden via wurde ein Graben ausgehoben und das darunter liegende Erdreich gegebenenfalls durch Pfähle stabilisiert. Darauf wurde dann der so genannte Straßenkörper aufgebaut. Er bestand aus einer Schicht grober Steine, darauf kam eine verdichtete Schicht aus Kalk oder Mörtel mit großen Kieseln und darüber eine Feinschüttung aus

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l­osen feinen Kieselsteinen  – insgesamt etwa einen Meter dick. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Fahrbahn gewölbt war, damit das Regenwasser in die seitlichen Gräben abfließen konnte. Bordschwellen am Rande der Straße verhinderten, dass der Straßenkörper vom Regenwasser weggeschwemmt werden konnte. Die Oberfläche von solchen Straßen bestand also zumeist aus feinem Kies, nur in der Nähe von Städten und in den Städten selbst waren sie gepflastert. Viae publicae waren im Reich durchaus nicht einheitlich breit, im Durchschnitt maßen sie jedoch knapp sechs Meter in der Breite, zuzüglich beiderseits zwei bis drei Meter befestigter Randstreifen. Diese Randstreifen waren als Ausweichflächen bei starkem Verkehr und als Weg für Fußgänger und Reiter gedacht. Das römische Straßensystem beschränkte sich jedoch nicht bloß auf die vorzüglich ausgebauten Trassen. Meilensteine oder besser Inschriftensäulen an den Straßen gaben dem Reisenden wertvolle Hinweise zu seinem Standort. Die Inschriften auf diesen Säulen gaben zumeist die vollständige und manchmal mehrere Zeilen umfassende Titulatur desjenigen Kaisers an, der die Straße gebaut oder renoviert hatte. Dann folgte die Angabe der Entfernung vom oder zum nächsten Hauptort. Lediglich in Italien wurde auf den Meilensteinen immer von Rom aus gezählt. An den Straßen lagen auch Stationen. Ursprünglich waren sie für die kaiserliche Post, für reisende Militärs und Beamte (cursus publicus) eingerichtet worden. Ungefähr alle 23 römische Meilen (ca. 34 km) standen an römischen Fernstraßen solche Poststationen (mansiones). Sie boten Übernachtungsmöglichkeiten, Pferde oder Maultiere zum Wechseln, Stallpersonal, oft auch einen Tierarzt und Wagenbauer. Zwischen den mansiones gab es ein bis zwei mutationes, Pferdewechselstationen, die aber zumeist auch einfache Gasthäuser und Herbergen waren. Ungefähr alle 15 km war also eine Rast‑ bzw. Übernachtungsstation vorhanden.1 Diese Raststationen standen kostenlos nur den in offiziellem Auftrag Reisenden mit speziellem kaiserlichem Diplom zur Verfügung, gegen Bezahlung standen sie jedoch jedem Reisenden offen. Diese Herbergen genossen durchaus nicht den besten Ruf, oft waren es wohl tatsächlich üble Spelunken, mit leichten Mädchen und ständig mit der Gefahr verbunden, über Nacht Hab und Gut, wenn nicht sogar das Leben, zu verlieren.2 1  Der anonyme Pilger von Bordeaux, der im Jahre 333 n. Chr. zu Fuß aus seiner Heimatstadt Burdigala nach Jerusalem pilgerte, hat seine Reiseroute in einem detaillierten Itinerar dargestellt (It. Burdig.). Auf der Strecke von Byzantion/Konstantinopel bis nach Tarsus gibt er etwa 808 röm. Meilen als Distanz an und 34 civitates oder mansiones sowie 38 mutationes. Dies bedeutet, dass alle 11 mp. (16,5 km) eine Raststation vorhanden war, alle 33 km sogar eine komfortablere civitas oder mansio. 2  Vgl. etwa Cic.Div. 1,57. Von den Kosten einer Übernachtung in einer einfachen Herberge berichtet eine Inschrift aus Aesernia, im Südosten Italiens (ILS 7478): „Mein Wirt, begleichen wir die Rechnung. Ein Sextarius [ungefähr ½ Liter] Wein und Brot, ein as; Essen, 2 asse. Ein-

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Dass das Diebes‑ und Räuberwesen auf den Straßen nicht überhandnahm, dafür sorgten die so genannten benefiziarier. Diese vom Kaiser eingesetzten Militärs übernahmen die Sicherungsaufgaben an den viae publicae, sie waren gewissermaßen die ‚Autobahnpolizei‘. An allen wichtigen Kreuzungen waren solche Militärposten eingerichtet. Und in besonders unsicheren Gegenden säumten sogar Militärkastelle die Straße.3 Bei all dem ist allerdings zu bedenken, dass das vorgestellte vorzügliche Straßensystem in Italien zwar schon ab dem 2. Jh. v. Chr. nutzbar war, in den Provinzen jedoch oft erst ab dem 1. und 2. Jh. n. Chr. Interessant war für antike Fernreisende auch die Nutzung der Seeschifffahrt.4 Zunächst konnte die weit verbreitete Küstenschifffahrt Alternativen zu den entlang der Küste verlaufenden Straßen bieten. Waren die Reiseziele weiter entfernt, so rückte die Schifffahrt übers Meer in den Blickpunkt, hier war die direkte Linie verlockend. Den Vorteilen einer Seereise standen aber auch schwerwiegende Nachteile gegenüber. Eine Schiffsreise barg immer ein erhöhtes Risiko. Die Menge der im Mittelmeer gefundenen Schiffswracks zeigt, wie leicht man bei Reisen übers Meer nicht nur Hab und Gut, sondern auch das Leben verlieren konnte. Stürme, Seeräuberei und Kriege waren die wichtigsten Risikofaktoren in der Seeschifffahrt. Überdies war es selbst in großen Häfen wohl selten so, dass man sofort ein Schiff besteigen konnte, das an das Reiseziel segelte. Manchmal musste man auf die Passage warten und zudem musste man sich unter Umständen mit Zwischenstopps in diversen anderen Häfen abfinden, denn man reiste auf Handelsschiffen. Es gab, von wenigen schnellen Militärschiffen (liburnae) für die kaiserliche Post und staatliche Würdenträger abgesehen, in der römischen Antike keine Schiffe für den Personentransport. Auf einem Handelsschiff 5 befanden sich die einfachen Passagiere die ganze Reise über an Deck, mussten für den Schutz gegen die Witterung und für ihren Proviant selbst sorgen. Nur ganz begüterte Reisende durften hoffen, eine eigene Kabine beziehen zu können. verstanden. Mädchen [vermutlich das Zimmer mit dem Mädchen], 8 asse. Auch einverstanden. Futter für das Maultier, 2 asses. Das Maultier wird es mir schon abarbeiten // frißt mir die Haare vom Kopf // bringt mich um“. Wenn wir die Kosten für das Maultier abziehen und für das Zimmer nur die Hälfte ansetzen, so kommen pro Übernachtung doch 7 asse, das sind knapp ein halber Denar, zusammen. 3 Zu Straßen und Landreisen allgemein vgl. Bender, Römische Straßen; Ders., Römischer Reiseverkehr; Ders., Verkehrs‑ und Transportwesen; Casson, Reisen, 188–257; Hezser, Jewish Travel, 19–196; Sauer, Art. Straße, 518–524; Giebel, Reisen, 131–150. 4 Zu Seereisen und Seeschifffahrt allgemein vgl. Casson, Seefahrt; Ders., Reisen, 173–187; Hezser, Jewish Travel, 161–196; Schneider, Landtransport und Schifffahrt, 244–261; Warnecke, Art. Schiffahrt, 438–442; Ders., Art. Schiffahrtswege, 442–446; Giebel, Reisen, 151–157. 5 Von der Größe der Schiffe der alexandrinischen Kornflotte vermittelt Luc.Nav. 5 ein Bild. Die Apostelgeschichte (27,37) berichtet von der Passagierzahl auf solch einem Schiff, das mit Paulus von Myra aus nach Rom segelte: „Wir waren aber in dem Schiff, alle Seelen, zweihundertsechsundsiebzig“. Casson, Ships, 172, spricht, gestützt auf Josephus, von bis zu 600 Passagieren auf solchen Schiffen.

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Aus Furcht vor Stürmen wurde in der antiken mediterranen Seeschifffahrt in der Regel nur in den Sommermonaten gesegelt, also von März bis Oktober. Wollte oder musste jemand im Winter reisen, so schied die Schiffspassage in den meisten Fällen aus.6 Die Passagezeiten variierten je nach dem, in welche Richtung man segelte. Bei den im Sommer im Mittelmeer vorherrschenden Winden aus Nordwest war eine Schiffsreise in östliche Richtung mit dem Wind eine angenehme und kurze Angelegenheit. In der umgekehrten Richtung dauerte es jedoch umso länger.7 Die Kosten einer Schiffsreise können wir, mangels Quellenhinweisen, leider nicht abschätzen, sodass wir auch keinen Kostenvergleich zwischen Land‑ und Seereise wagen können.

II. Die Mobilität des ‚frühen Paulus‘ und die genutzten Routen Vor dem Jahre 48 n. Chr. ist die Mobilität des Paulus nur sehr bruchstückhaft zu fassen: Der ‚Wende von Damaskus‘, die ungefähr ins Jahr 32 n. Chr. zu datieren ist, scheint sich ein nicht näher zu bestimmender Aufenthalt in der Provinz Arabia angeschlossen zu haben (Gal  1,17), der in der Rückkehr nach Damaskus sein Ende fand. Jedenfalls scheint im Jahre 34/35 die Reise von Damaskus nach Jerusalem (1. Besuch in Jerusalem) stattgefunden zu haben (Gal 1,18). In den Jahren 35/36 oder 45/47 scheint eine Reise von Antiochia am Orontes aus durch Südostkleinasien fassbar zu sein, jedenfalls berichtet der 2. Timotheusbrief von den Leiden des Paulus in Antiochia (Pisidien), Iconium und Lystra (2 Tim 3,11). Dies sind nun Orte, die durch die gut bekannte via Sebaste miteinander verbunden sind (vgl.  Karte 2). Bezüglich dieser Wanderung scheint 6  So musste etwa die Pilgerin Paula im Jahre 385 n. Chr. das Frühjahr abwarten, bevor sie mit dem Schiff von Ostia aus die Reise ins ‚Heilige Land‘ antreten konnte, Hier.ep. 108 [Epist. S. Paulae] 6–7. 7  Römische Schiffe verfügten über eine sogenannte Quertakelung. Mit dieser Takelung konnte man sehr gut mit dem Wind segeln, gut auch noch quer zum Wind, das Kreuzen gegen den Wind war aber ziemlich mühsam. Der im Mittelmeer während des Sommers vorherrschende Wind aus Nord-West brachte es mit sich, dass man etwa von der Straße von Messina aus mit dem Wind südlich an Kreta vorbei in sieben bis neun Tagen nach Alexandria segeln konnte. Der Rückweg von Ost nach West folgte hingegen einer ganz anderen Linie: über die Insel Zypern und von dort gegen den Wind über Kreta zur Straße von Messina. Diese Passage konnte gut und gerne zwei Monate dauern. Ebenso brauchte man von Gades (Cadiz) nach Ostia nur ca. sieben Tage, von Narbo (Narbonne) nach Ostia nur ca. drei Tage – die Rückwege gegen den Wind folgten aber auch hier anderen Routen und benötigten wesentlich längere Zeit. Lediglich die Fahrten quer zum vorherrschenden Wind dürften auf denselben Routen und bei ungefähr demselben Zeitbedarf gefahren worden sein (Rhodos – Alexandria: vier Tage; Afrika – Ostia: zwei Tage). Doch dies sind nur Durchschnittswerte! Da die Witterung nicht vorhergesagt und bei bedecktem Himmel nicht navigiert werden konnte, war es fast unmöglich, die exakte Dauer einer solchen Seereise abzuschätzen; vgl. Plin.Nat. 14, 3–4.

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Karte 1: Die Straßenverbindungen in Palästina (© U. Fellmeth). (——— Straße gesichert, ------ Straße erschlossen oder vermutet)8

auch die Apostelgeschichte glaubhaft zu sein (13–14). Diese Reise würde dann wieder in Antiochia am Orontes geendet haben. 8 Schematische Karte (von U. F.) nach Tsafrir u. a., Tabula Imperii Romani; Ausschnitt. Die im Text genannten möglichen Routen sind hervorgehoben. Es ist darauf hinzuweisen, dass das in dieser Karte abgebildete Straßensystem den Zustand im 2. Jh. n. Chr. darstellt. Der Ausbau der viae publicae begann nach der ersten jüdischen Revolte (66–70 n. Chr.), der erste datierte Meilenstein stammt aus dem Jahre 69  n. Chr. Weitere Meilensteine zeigen an, dass es unter Hadrian (120–130) und Marc Aurel (162) weitere Ausbauphasen gab (vgl. Roll, Roman Roads,

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Einigermaßen klar scheint eine Reise von Antiochia nach Jerusalem und wieder zurück – und zwar in den Jahren 47/48 n. Chr. – zu sein (Gal 2).9 Somit blieben bezüglich der Mobilität des Paulus vor 48 n. Chr. lediglich die Strecken Damaskus  – Jerusalem (34/35 n. Chr.) und Antiochia am Orontes  – Jerusalem und wieder zurück (47/48 n. Chr.) zu klären. 1) Von Damaskus aus ist eine Nutzung des Seewegs sehr unwahrscheinlich. Vielmehr wird man im 1. Jh. n. Chr. die Straße über Paneas/Caesarea Philippi zum See Genezareth und von dort die Straße im Jordantal nach Skythopolis benutzt haben. Von Skythopolis konnte man dann entweder weiter im Jordantal nach Jericho und Hierosolyma oder über Neapolis nach Hierosolyma reisen (vgl. Karte 1, dort sind die möglichen Routen hervorgehoben). 2) Anders sieht das bei der Strecke Antiochia – Hierosolyma aus. Hier ist die vergleichsweise bequeme und sichere (Fahrt entlang der Küste, Übernachtung in sicheren Häfen), schnelle (Fahrt quer zum Wind) und sehr häufig genutzte Schifffahrt zwischen Seleukia und Caesarea maritima ernsthaft in Betracht zu ziehen.10 Von Caesarea führten gut ausgebaute Straßen nach Hierosolyma, jene über Neapolis, jene über Antipatris oder jene über Antipatris und Lod. War man zur Reise über Land gezwungen, so blieb zwischen Antiochia und Ptolemais nur die Küstenstraße. Zwischen Ptolemais und Hierosolyma gab es dann die Alternativen entweder über Skythopolis die Straße im Jordantal nach Jericho und Hierosolyma zu nehmen oder über Neapolis direkt nach Hierosolyma zu ziehen. Zog man über verschiedene mögliche Straßen nach Caesarea maritima, konnte man die stark frequentierten Routen über Neapolis, über Antipatris oder Antipatris und Lod nach Hierosolyma nutzen. Welche Routen Paulus tatsächlich jeweils genutzt hat, lässt sich mangels weiterer Hinweise nicht genau bestimmen.11 Die Missionsreise des Paulus in den Jahren 48–52  n. Chr.12 ist aus seinen Briefen nur schwerlich rekonstruierbar. Nur vereinzelt und vorwiegend für Makedonien und Achaia macht Paulus Angaben zu den von ihm besuchten Orten. Ausgangspunkt der Reise war wohl Antiochia am Orontes. Im Folgenden zog Paulus durch Syrien und Kilikien (Gal 1,21) und Galatien (1 Kor 16,1), ohne dass 21–22). Obwohl also die in der Karte abgebildeten Straßen zur Zeit des Paulus noch nicht als viae publicae, als komfortable Fahrstraßen, vorhanden waren, ist doch davon auszugehen, dass die römischen Straßen zuvor schon bestehende Routen aufgenommen haben. Nur waren dies dann eben noch keine Fahrstraßen nach römischem Muster.  9 Vgl. zum aktuellen Forschungsstand bezüglich der Chronologie in der Biographie des frühen Paulus Schnelle, Einleitung (52005), 32–45; Kraus, Paulus als Heidenmissionar, 91–94; Verheyden, Missionsreise, 110–112. 10 Nach Apg  9,29–30 jedenfalls wurde Paulus auf der Flucht aus Jerusalem (1.  Jerusalembesuch) nach Caesarea maritima geleitet, um von dort mit sehr großer Wahrscheinlichkeit per Küstenschiff nach Tarsus gebracht zu werden. 11 Zum römischen Straßensystem in Palästina vgl. Hezser, Jewish Travel, 54–88. 12  Vgl. Anm. 8.

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hier genauere Ortsangaben vorliegen. Hinsichtlich des Aufenthalts in Galatien scheint die Forschung immer stärker der Ansicht zuzuneigen, dass die Provinz Galatien, oder vielmehr ihr südlicher Teil gemeint sei, nicht aber die Landschaft Galatien um Ankyra, Pessinus und Tavium.13 Der südliche Teil der Provinz Galatien umfasste jedoch auch die Landschaften Pamphylien, Pisidien, Isaurien und Lykaonien. Dies ließe dann auf eine erneute Missionstätigkeit etwa in den Städten pisidisches Antiochia, Iconium, Lystra, Derbe oder Perge schließen (vgl. Apg 13,13–14,26; 15,41–16,5). Die nächste aus den Briefen bekannte Station ist dann Makedonien (1 Thess 1,8; 2 Kor 7,5). Hier sind erstmals auch wieder Orte genannt, Philippi (1 Thess 2,1 f.; Phil 4,15 f.) und Thessaloniki (Phil 4,16). In Achaia sind als besuchte Orte bekannt: Athen (1 Thess 3,1) und Korinth. Aus diesen spärlichen Angaben mögliche Reiserouten oder gar eine eindeutige Reiseroute zu rekonstruieren, ist nur schwer möglich, insbesondere weil auch in Regionen, in denen einzelne besuchte Orte bekannt sind, die Reihenfolge der aufgesuchten Orte von der zum Teil nicht unumstrittenen Datierung der Briefe abhängt. Wollte man dennoch den Versuch machen, diese Orte in der in der Forschung angenommenen Reihenfolge durch Reisewege zu verbinden, so wäre der kleinasiatische Süden von Antiochia am Orontes aus mit einiger Sicherheit über die kilikische Pforte/Tarsus weitgehend der via Tauri und der via Sebaste folgend über Derbe, Tyana und Iconium nach Lystra und von dort aus entweder zuerst zum pisidischen Antiochia und dann nach Süden, nach Perge, oder umgekehrt zu erreichen gewesen sein. Diese Route deckt sich auch mit der in der Apostelgeschichte angegebenen (Apg 15,41; 16,6). Man muss hinsichtlich der weiteren Reiseroute bedenken, dass es sich um eine Missionsreise handelte. Aus diesem Grunde werden  – ganz dem antiken Denken folgend – die städtischen Zentren der Bürgerverbände, wenn möglich große Städte bevorzugt gewesen sein (Apg 16,4). Dieser Gedanke schließt ein, dass bei Missionsabsicht im Binnenland der Landweg bevorzugt worden sein dürfte. Außerdem werden deshalb die Hauptverkehrsrouten, die ja die Metropolen miteinander verbanden und zugleich die angenehmste, schnellste und im ersten Jahrhundert auch sehr sichere Reisemöglichkeit auf dem Landweg darstellten, bevorzugt worden sein. Paulus wird nachgesagt, zu Fuß gereist zu sein (Apg 20,13), also nur mit leichtem Reisegepäck. Es ist nirgends von einem Tragtier, einem Reittier oder gar einer Kutsche (zum Transport von Zelten, Betten, Kochgeschirr, Lebensmitteln etc.) die Rede. Schon allein deshalb war er an Land auf die Herbergen entlang der Fernstraßen unbedingt angewiesen. Bei Strecken

13 Vgl.  Pilhofer, Paulus in Albanien, 22; Verheyden, Missionsreise, 112; Wischmeyer, Paulus, 200–205.

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ohne Missionsabsicht kommt auch der Seeweg in Betracht, diesen hat Paulus nach eigenem Zeugnis häufig genutzt (2 Kor 11,26). Nun, von Perge aus wird man als antiker Reisender – zumindest im Sommerhalbjahr – wohl kaum auf die Idee gekommen sein, den beschwerlichen Landweg von der Süd‑ zur Nordküste Kleinasiens zu nehmen, um nach Makedonien zu gelangen.14 Vielmehr ist ein kurzer Landweg nach Side oder Myra, um sich dort dann nach Makedonien einzuschiffen, viel wahrscheinlicher.15 Und wenn der Ausgangspunkt das pisidische Antiochia gewesen sein sollte, so wäre der Landweg entweder nach Süden (Side) oder entlang der via Sebaste nach Apameia und von dort über Laodizea und Antiochia nach Milet oder Ephesus oder von Laodizea aus über Sardes nach Smyrna naheliegend gewesen.16 Von all diesen Hafenorten (Milet, Ephesus, Smyrna) verkehrten jederzeit Frachtschiffe nach Makedonien oder ins Schwarze Meer.17 Eine Schiffsreise ist umso wahrscheinlicher als es offenbar vom pisidischen Antiochia keine direkten Fernstraßenverbindungen nach Nordwesten gegeben hat. Wollte man auf dem Landweg in den Nordwesten Kleinasiens, etwa nach Alexandria Troas, so musste man zunächst an die Westküste reisen, um dann auf einer der Fernstraßen entlang der Küste 14  Wenn man nochmals den Bericht des Pilgers von Bordeaux (vgl. Anm. 1) bemüht: Für die 808 mp. von Byzantion nach Tarsus hätte er bei einer Tagesmarschleistung von 33 km (dies entspräche der durchschnittlichen Entfernung der mansiones voneinander) 25 Tage für die Strecke benötigt, das aber nur, wenn man annimmt, er sei ohne Pausen gewandert. Einen Monat kann man für diese Strecke getrost rechnen. Horaz (Sat. 1,5) reiste im Jahr 38 oder 37 v. Chr. mit einer kleinen Reisegruppe (u. a. Maecenas, Vergil) auf der via Appia von Rom nach Brindisi. Die Gruppe reiste höchstwahrscheinlich in Wagen. Für die rund 375  mp. (= 550  km) benötigte die Gruppe rund zwei Wochen, was einer Tagesleistung von 40 km entspricht. Freilich legt die Erzählung des Horaz nahe, dass die Gruppe ausgedehnte Rastpausen und Gelage einlegte, was die Reisegeschwindigkeit erheblich verringert haben mag. Zu Reisegeschwindigkeiten zu Land: R amsay, Roads, 386–388. 15  Als Cicero im Jahre 50  v. Chr. aus seiner Provinz Kilikien zurückreist, nimmt er von Side aus ein Militärschiff, das ihn – allerdings mit großer Verzögerung – nach Ephesus bringt (Att. 6, 8). 16 Als Cicero im Jahre 51 v. Chr. seine Statthalterschaft in Kilikien antrat, hat er von Ephesus aus jedenfalls die Land-Route über Laodizea nach Apameia genommen, ist dann aber im Bogen nördlich von Antiochia (Antiochia ist erst unter Augustus zur colonia italischen Rechts erhoben worden und erst danach zur Hauptstadt des nördlichen Pisidien avanciert; vgl. Stengel, Art. Antiocheia, 2446) über Synnada und Philomelium nach Iconium gelangt (Att. 5,20). 17  Als ein Beispiel sei wiederum Cic.Att. 5, 11,4; 5, 12; 6, 8,4; 6, 9,1 angeführt: Auf seinem Weg nach Kilikien segelte er im Herbst 51 v. Chr. von Athen über Keos, Gyaros, Syros, Delos, Samos nach Ephesus. Die Reise über die 200 Seemeilen (370 km) dauerte zwei Wochen. Diese Strecke hätte jedoch selbst ein langsamer Segler in direkter Linie in 4 Tagen zurücklegen können. Dafür konnte Cicero aber jeden Abend an Land essen und übernachten. Umgekehrt: Als Plinius d. J. im Jahre 111 n. Chr. seinen Statthalterposten in Bityhnien antrat, segelte er direkt von Rom nach Ephesus. Dort konnte er jedoch wegen ungünstiger etesischer Winde nicht die gesamte Strecke bis zum Hellespont auf einem Küstensegler überwinden, sondern musste gelegentlich auf den Landweg ausweichen (Ep. 10,15–17). Über eine nicht ganz reibungslose Reise von Alexandria nach Kyrene im Jahre 404 n. Chr. auf einem Küstensegler berichtet Syn.Ep. 4, 160 ff.

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Karte 218: Das Straßen‑ und Wegenetz in Kleinasien (© E. Olshausen).

nach Norden zu ziehen. War man dann allerdings schon an der Küste, dann bot sich doch der Küstensegler an, denn von Missionen an der Westküste ist – abgesehen von Ephesus, das aber später – im untersuchten Zeitraum nichts bekannt. Dass Paulus nicht, wie die Apostelgeschichte es nahelegt, in die nördlicher gelegenen Landschaften Phrygien, Galatien und Mysien gezogen ist, wird auch dann wahrscheinlich, wenn man sich die etwas nebulösen Andeutungen bei Lukas (der Heilige Geist verwehrte die Mission in den Provinzen Asien und 18  Auszug aus Wittke/Olshausen/Szydlak (Hg.), Historischer Atlas, 197, © E. Olshausen. Das Netz der viae publicae in Kleinasien baute auf dem persischen Straßennetz und auf Straßen der hellenistischen Königreiche auf. Erste Straßenbaumaßnahmen fanden schon ab der Einrichtung der römischen Provinz (129 v. Chr.) statt, unter Augustus und den flavischen Kaisern (69–96 n. Chr.) wurde der römische Straßenbau in Kleinasien intensiviert. Es ist also davon auszugehen, dass der größte Teil der in der Karte abgebildeten Straßen zur Zeit des Paulus schon existierte, wenn auch nicht immer als komfortable Fahrstraßen.

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Karte 319: Das Straßen‑ und Wegenetz auf der Balkanhalbinsel (© E. Olshausen).

Bithynien) vor Augen führt und vor allem, wenn man bedenkt, dass überhaupt nichts von Missionen etwa in Ankyra, Pessinus oder Tavium bekannt ist. Überdies gab es im Norden Galatiens, um Ankyra, zu paulinischer Zeit noch gar kein römisches Straßensystem.20 Sollte er aber doch der später ‚Pilgerstraße‘ genannten Hauptverkehrsader von Tarsus nach Byzantion21 entlang gezogen sein, so wäre ein Abbiegen kurz vor Bithynien, wie es die Apostelgeschichte nahelegt, unsinnig gewesen. Vielmehr wäre dann über Byzantion der direkte Anschluss an die via Egnatia nach Philippi und Thessaloniki der beste Weg gewesen.22 Doch es

 Auszug aus Wittke u. a., Atlas, 196, © E. Olshausen. Paulus in Albanien, 20. 21  Diese Route gab es wohl schon zu Paulus’ Zeit, allerdings war sie zu jener Zeit keineswegs durchgängig als via publica ausgebaut. 22 Der ebenfalls zu Fuß wandernde Pilger von Bordeaux nahm jedenfalls genau diese Route (It. Burdig.), ebenso die Pilgerin Egeria 381/83 n. Chr. (Peregrinatio Egeriae). 19

20 Vgl. Pilhofer,

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Karte 423: Die Trasse der via Egnatia zwischen Philippi und Thessaloniki (© P. Pilhofer).

gibt, wie schon gesagt, gute Gründe, diese Route (Pilgerstraße bis Byzantion– via Egnatia) als unwahrscheinlich anzusehen. Wahrscheinlich ist also, dass Paulus auf dem Seeweg, entlang der kleinasiatischen Westküste, nach Makedonien gelangt ist. Dabei kann es gut so gewesen sein, dass er Philippi in Makedonien über Samothrake und Neapolis/heute Kavala (Apg 16,11) erreicht hat. Die Stationen in Makedonien sind nun wieder durch authentische Paulusbriefe gut bezeugt: Philippi (Phil 4,15 f.) und Thessaloniki (Phil 4,16). Von Philippi nach Thessaloniki wird Paulus die via Egnatia benutzt haben, die ihn dann auch in die unmittelbare Nähe von Amphipolis und Apollonia (Apg 17,1) geführt hat. Der nächste Ort, der aus den authentischen Paulusbriefen bekannt ist, ist Athen (1 Thess 3,1). Es stellt sich die Frage, wie Paulus von Thessaloniki aus nach Athen gelangt ist. Ob man eine Mission im westlich von Thessaloniki gelegenen Beroia (Apg 17,10) annimmt, hängt davon ab, für wie glaubhaft man den Bericht des Lukas hält. Für einen Aufenthalt in Beroia spricht, dass Paulus ja ursprünglich vorhatte, von Thessaloniki aus über die via Egnatia weiter nach Westen zu reisen,24 dann wäre Beroia an der Strecke gelegen. Überdies ist in Apg 20,4 zu einem späteren Zeitpunkt von einem Begleiter des Paulus namens Sopater aus Beroia die Rede. Eine solche Erfindung einer Person, die einem schon früher 23 Die Trasse der via Egnatia zwischen Philippi und Thessaloniki (Pilhofer, Philippi [Bd. 1], 202, © P. Pilhofer). 24 Vgl. Röm 1,13; 15,22–24. Die von Pilhofer, Paulus in Albanien, bekräftigte sogenannte Suhlsche Hypothese (Suhl, Paulus und seine Briefe, 94–96), wonach Paulus die via Egnatia bis nach Dyrrhachium gereist sei, um dann auf einer südlichen Route nach Korinth zu gelangen, überzeugt nicht, weil Röm 15,18–19 so unklar ist, dass daraus nach Auffassung des Autors keine Reiseroute rekonstruiert werden kann. Außerdem hat Paulus weder in Jerusalem gepredigt noch sind Missionen in Illyrien bekannt.

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missionierten Ort entstammt, ist sogar Lukas nicht zuzutrauen. In Apg 17,14 f. ist jedoch ein Hinweis versteckt, nämlich dass Paulus, als er aus Beroia fliehen musste, zum Meer und dann nach Athen gebracht worden ist. Dies ließe wieder an eine Schiffsreise denken. Überdies war der Landweg von Thessaloniki nach Athen über Dion, Larisa, Pagasai, den Thermopylenpass und Theben so beschwerlich, weil reich an Gebirgslandschaften und berüchtigtermaßen gefährlich, dass jeder Reisende, der sich das leisten konnte, den Seeweg vorgezogen haben wird. Außerdem wissen wir nichts von Missionen in Zentralachaia, weshalb eine Missionsabsicht in dieser Region wohl nicht vorgelegen hat. Sehr wahrscheinlich nutzte Paulus die viel befahrene See-Handelsroute von Thessaloniki entlang der Küste nach Athen. Schließlich wissen wir von dem Aufenthalt des Paulus in Korinth. Von Athen nach Korinth gelangte man auf einem kurzen Landweg über Megara oder per Küstensegler. Was nach Korinth geschehen ist, entzieht sich unserer genaueren Kenntnis. Die in der Apostelgeschichte (18,18–22) angegebene Route über Kenchreä, Ephesus nach Caesarea maritima und Jerusalem, um dann schließlich in Antiochia am Orontes, dem Ausgangspunkt der Reise anzukommen, ist m. E. zu Recht angezweifelt worden.25 Es ist gut möglich, dass Paulus im Jahre 52 n. Chr. von Korinth nach Ephesus gereist ist und dort bis 55 n. Chr. geblieben ist.

 Etwa Reinbold, Propaganda, 143–146.

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Paulus, seine Reisen und seine Briefeim Licht des römischen Transport‑ und Nachrichtenwesens Monika Schuol I. Einleitung Die Schauplätze von Paulus’ missionarischem Wirken liegen fast ausnahmslos in der Einflusssphäre des Römischen Reiches, in Syrien, im nordarabischen Raum, in Kleinasien, Makedonien, Griechenland und auf den griechischen Inseln. R. Hock rekonstruiert für den Apostel und seine Begleiter nach der Apostelgeschichte 16.000 auf Land‑ und Seewegen zurückgelegte Kilometer.1 Nicht nur Paulus’ Reisen, sondern auch die unmittelbar mit seiner Mission verbundene Übermittlung seiner Briefe setzt eine allgemein zugängliche Verkehrsinfrastruktur voraus. Beide Aspekte der paulinischen Mission werden daher in den nachfolgenden Ausführungen gemeinsam untersucht. Aus historisch-geographischer Perspektive richtet sich der Fokus auf die Bedeutung des römischen Straßennetzes für den reisenden Paulus und die Beförderung seiner Korrespondenz. Die konkrete Abwicklung des Transports sowohl der an den Missionsreisen teilnehmenden Personen als auch des Nachrichtentransfers werden auf der Folie der römischen Organisation des Transportwesens und des Nachrichtentransfers analysiert.

II. Die Missionsreisen des Paulus: Routen und Reisestationen 1. Die 1. Missionsreise (Apg 13,1–14,26) Für die 1.  Missionsreise nahm Paulus zunächst wahrscheinlich den Landweg von Antiochia am Orontes nach Seleukia Pieria (Apg 13,1–5), dem Hafenplatz Antiochias. Strabo zufolge ist der Fluss Orontes zumindest bis Antiochia schiffbar, so dass die Mittelmeerküste von der syrischen Metropole in einer Tagesreise erreichbar sei. Unklar bleibt allerdings, inwiefern die Orontes-Schifffahrt bereits im 1. Jh. n. Chr. regelmäßig betrieben wurde.2 Über die Schiffsroute von  Hock, Social Context, 27; vgl. auch Casson, Travel, 128–137.  Strab.Geogr.  16,  2,7 (751); vgl. auch Paus.Descr.  8,  29,3.  – Butcher, Roman Syria, 133; Vorderstrasse, Port, 30–32; wohl eher von spätantiken Verhältnissen mit Lib.Ant. 262.265 als Quellengrundlage ausgehend Downey, Ancient Antioch, 15.26. 1 2

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Seleukia Pieria gelangte Paulus direkt an die Ostküste Zyperns nach Salamis, um von dort aus den Landweg nach Paphos zu nehmen (Apg 13,5–12); in Paphos bestieg er ein Schiff nach Perge (Apg 13,13). Von dort aus nutzten die Reisenden die im Kontext von Augustus’ Ausbau des provinzialen Wegenetzes gebaute via Sebaste in Galatien (6 v. Chr.). Diese Straße sollte die neuen augusteischen Kolonien (Cremna, Comana, Parlais, Antiochia in Pisidien, Iconium und Lystra) im Binnenland an die bereits vorhandene Verkehrsinfrastruktur anbinden. Die via Sebaste fungierte also als Instrument der kaiserlichen Herrschaftssicherung und dürfte bereits in der frühen Kaiserzeit für den staatlichen Transport und Nachrichtentransfer (cursus publicus) benutzt worden sein;3 sie führte in einem Bogen vom südkleinasiatischen Küstenort Perge nach Norden zu den anschließend von Paulus besuchten Orten  – ins pisidische Antiochia und von dort aus nach Südwesten über Iconium, Lystra nach Derbe (Apg 14,6–21).4 Für die Rückkehr ins syrische Antiochia steuerte Paulus die Hafenorte Perge und Attaleia an (Apg 14,25), um von dort aus per Schiff nach Antiochia am Orontes zurückzukehren (Apg 14,26). Attaleia ist der wichtigste Hafenort Pamphyliens: Dieser Ort wird in dem nur wenige Jahre vor Paulus’ Missionsreise errichteten Stadiasmus von Patara, einem Ehrenmonument für Kaiser Claudius aus dem Jahr 46 n. Chr., genannt; verzeichnet sind Straßen, die der Statthalter Quintus Veranius mit kaiserlicher Vollmacht in der Provinz Lykien bauen ließ, wobei Attaleia als einer von drei Endpunkten in den Nachbarprovinzen aufgelistet wird.5 Paulus und seine Begleiter nutzten also die vielbefahrenen Schiffsrouten im östlichen Mittelmeer und die wichtigen Landwege, die teils erst wenige Jahre oder Jahrzehnte vor den Reisen des Apostels im Kontext der römischen Infrastrukturmaßnahmen in den neuen Provinzen gebaut worden waren. 2. Die 2. Missionsreise (Apg 15,40–18,22) Die Stationen der 2. Missionsreise (Apg 15,40–18,22) sind Syrien und Kilikien (15,41), die bereits auf der ersten Reise besuchten Orte im südgalatischen Raum (16,1–5), Phrygien und das „galatische Land“ (16,6: Γαλατικὴ χώρα), Mysien und Alexandria Troas (16,7–10), Samothrake und Neapolis (16,11), das makedonische Philippi (16,12), Amphipolis, Apollonia und Thessaloniki (17,1), Beröa (17,10), Athen (17,15), Korinth (18,1), Kenchreä (18,18), Ephesus (18,19), Caesarea maritima, Jerusalem und Antiochia am Orontes (Apg 18,22). 3  Siehe Mitchell, Anatolia (Bd. 1), 60–79; R athmann, Statthalter, 207. – Zur Ausstattung der via Sebaste mit Einrichtungen des cursus publicus vgl. Kolb, Transport, 58.149. – Zum cursus publicus vgl. ausführlicher Abschnitt IV. 4 Schnabel, Urchristliche Mission, 1029–1031.1034; zur via Sebaste, vgl.  Kolb, Transport, 57 f.; Hild, Via Sebaste, 59–72. 5  Stadiasmus von Patara C8.  – Sawley, Perception, 196.199.200; Şahin/Adak, Stadiasmus Patarensis, 109 f.114.234–236; Grasshoff/Mittenhuber, Untersuchungen, 212 f. mit Abb. VIII.1., 230.

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Für die 2. Missionsreise genutzt wird das römische Straßennetz in Kleinasien, Griechenland und den Balkanprovinzen, insbesondere die via Egnatia. Diese Straße war von Cnaeus Egnatius, dem prokonsularischen Statthalter der Provinz Macedonia ca. 145 v. Chr. nach der Eingliederung Makedoniens und Griechenlands in das Römische Reich angelegt worden und nutzte streckenweise die bereits in der makedonischen Königszeit bestehende große Ost-West-Marginale. Die via Egnatia führte von ihren zwei Ausgangspunkten an der Adria (Dyr­ rhachium und Apollonia) über Herakleia, Edessa und Pella nach Thessaloniki und weiter im Norden der Chalkidike über Amphipolis, nördlich an Neapolis vorbei nach Perinthos an der Propontis bis nach Byzantium.6 Zusammen mit der von Rom nach Brundisium führenden via Appia als Fortsetzung auf der westlichen Seite der Adria bildet die via Egnatia eine der Hauptverbindungen sowohl für Truppenbewegungen als auch für den Personen‑ und Handelsverkehr zwischen dem östlichen und westlichen Teil des Römischen Reiches.7 Die via Egnatia zählt auch in den folgenden Jahrhunderten zu den größten öffentlich genutzten und seit der frühen Kaiserzeit mit Einrichtungen des cursus publicus ausgestatteten Hauptverbindungen des Römischen Reiches (‚Reichsstraßen‘);8 dementsprechend ist sie in römischen Itineraren und Miliarien mit Entfernungsangaben dokumentiert. So gibt ein hellenistischer meilensteinartiger Entfernungsanzeiger (3./2.Jh. v. Chr.), der 2011 an einem älteren, in seiner Streckenführung vielleicht der via Egnatia entsprechenden Verkehrsweg gefunden wurde, die Entfernung von Philippi nach Amphipolis mit 200 Stadien (= ca.  30–40 Meilen) an.9 Das Itinerarium Antonini beziffert die Distanz zwischen Neapolis und Philippi mit 12 Meilen (= 18 km);10 ein Entfernungsanzeiger aus der Zeit des makedonischen Statthalters und Erbauers der via Egnatia, Cnaeus Egnatius, hingegen gibt die Distanz zwischen den beiden Orten mit 6 Meilen (knapp 9 km) an.11 Von Philippi bis Amphipolis sind dem Itinerarium Antonini zufolge 33 Meilen (= 49 km), von Amphipolis nach Apollonia 30 Meilen (= 44 km) und von dort bis Thessaloniki sind 37 Meilen (= 55 km) zurückzulegen. Einem anderen Streckenverlauf zufolge stellen sich die für Paulus’ 2. Missionsreise relevanten Distanzen folgendermaßen dar: Philippi – Amphipolis: 32 Meilen (= 47 km),  6 Cic.Prov.cons.  4; Strab.Geogr.  7,  7,4 (323), basierend auf Pol.  7,  4,4; It.  Ant.  317,7–323,8; 329,5–332,9; It. Burdig. 601,6–609,3. – Koukouli-Chrysanthaki, Communication, 53–64; Dies., Colonia, 12 f.; R athmann, Princeps, 207 f.  7  Vgl.  Walbank, Via illa nostra militaris, 131–147 (hier Belegstellen), erneut gedruckt in Ders., Selected Papers, 193–209; Schnabel, Urchristliche Mission, 1098–1100.1196–1198.  8 Vgl. AE 1979, 565 (Vespasian). – Kolb, Transport, 124 f.; zu den Begriffen via publica und ‚Reichsstraße‘ vgl. R athmann, Art. Viae publicae, 164–172; Ders., Reichsstraßen, 2 f.  9  Archaeological Museum of Amphipolis Inv.  No. 1944.  – Nigdelis/Anagnostoudis,­ Δεκαστάδιον, 79–88. 10  It. Ant. 321,1; für die Distanzen zwischen den Stationen an der gesamten via Egnatia vgl. It. Ant. 317,6–323,8. – Löhberg, Itinerarium, 249–252. 11  AE 1992, 1532 = SEG 40 (1990 [1993]) 543. – Pilhofer, Philippi (Bd. 2), 40 f. (Nr. 034/ LG 630).

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Amphipolis  – Apollonia: 32 Meilen (= 47  km), Apollonia  – Thessaloniki: 36 Meilen (= 53  km).12 In einer ähnlichen Größenordnung bewegen sich auch die Angaben der Distanzen auf der Tabula Peutingeriana (Segment 7B2–3): Philippi – Amphipolis: 33 Meilen, Amphipolis – Apollonia: 30 Meilen, Apollonia – Thessaloniki: 38 Meilen (mit der Zwischenstation Melissirgin),13 ebenso wie auch das Itinerarium Burdigalense die Entfernung von Apollonia nach Thessaloniki mit 38 Meilen angibt (It. Burd. 605,1). Die Entfernungen zwischen diesen Orten waren also kaum an einem Tag zu bewältigen, wenn man davon ausgeht, dass ein Reisender zu Fuß bei normalem Gelände 30 bis 40 km zurücklegt und auch mit dem Wagen kaum schneller war.14 Von Korinth in einer Tagesreise problemlos zu erreichen war das 5 Meilen (= 8 km) – die Tabula Peutingeriana gibt 7 Meilen an15 – entfernte Kenchreä im östlichen Teil des Isthmus von Korinth, einer der beiden Häfen von Korinth. Gerade Kenchreä als Einfuhrhafen für Waren östlicher Provenienz, die für die griechischen Absatzmärkte bestimmt waren, spielte eine wichtige Rolle in den ägäischen Handelsnetzwerken.16 Daher dürfte es außer Frage stehen, dass der Apostel von dort per Schiff nach Ephesus gereist ist, um dann ebenfalls auf dem Seeweg die Fahrt nach Caesarea maritima und (nach einem Abstecher nach Jerusalem) die Fahrt nach Antiochia am Orontes fortzusetzen. 3. Die 3. Missionsreise (Apg 18,23–21,33) Die 3.  Missionsreise führte Paulus von Antiochia am Orontes aus durch die Kilikische Pforte über die via Tauri und die via Sebaste, um die auf den ersten Missionsreisen aufgebauten Gemeinden wie Iconium, Lystra und Derbe in Galatien zu besuchen (Apg 18,23). Für den ersten Abschnitt der 3. Missionsreise, von Antiochia am Orontes bis Ankyra (Galatien), wird auch die Benutzung einer Vorgängerroute der später unter Domitian gepflasterten Reichsstraße in Erwägung gezogen.17 Diese sogenannte ‚Pilger-Route‘ führte von Konstantinopel durch Kleinasien (Nikomedia, Nicäa, Ankyra, Tyana, Kikilische Pforte, Tarsus, Antiochia am Orontes) in die Levante und wurde seit der konstantinischen Zeit zunehmend auch von christlichen Pilgern benutzt (Pilger von Bordeaux, Melania die Jüngere usw.).18 Vom syrischen Antiochia kommend, bietet sich für die Reise durch Galatien gegenüber der über Pessinus und Sardis führenden Nord12  It. Ant. 329,1–332,9. – Löhberg, Itinerarium, 254–256. Zu den Distanzen zwischen den Stationen an der via Egnatia vgl. Hatzopulos, Via Egnatia, 199–213. 13 Zu Abbildungen der Strecke vgl. jetzt R athmann, Tabula Peutingeriana, 70–73. 14  Vgl. Laurence, Roads, 82; Kolb, Transport, 310–313; Schnelle, Paulus (2014), 134. 15  Tab. Peut., Segment 6B5: Cencris. – R athmann, Tabula Peutingeriana, 68 f. 16  Zu Kenchreä, insbesondere in römischer Zeit für die Isis-Verehrung berühmt, vgl. z. B. Egelhaaf-Kaiser, Kulträume, 68–71.164–171; Rife, Religion, 390–432. 17  Breytenbach, Paulus und Barnabas, 117–119; John, Galaterbrief, 140. 18  French, Roman Roads (Bd. 1); Hunt, Holy Land, 50.82.

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route eher die Südroute über Apameia an: Der Aufbau der Straßeninfrastrukur in Galatien und den Nachbarprovinzen begann erst in flavischer Zeit unter A. Caesennius Gallus, dem Statthalter der Doppelprovinz Galatia-Cappadocia in den Jahren 80–82  n. Chr.19; die Phrygia Paroreius mit der Anbindung an die via Sebaste konnte hingegen über die Fernstraße der κοινὴ ὁδός, die teilweise der mindestens seit der Achämenidenzeit bestehenden Königstraße folgt und von den Römern befestigt wurde, nach ca. 10 Tagesmärschen à ca. 30 km erreicht werden.20 Die wichtigen Orte für die mit dem Schiff zurückgelegten Etappen sind Ephesus (Apg 19,1–20,1) und abermals Neapolis als Hafenort von Philippi (20,6) sowie das von dort aus in fünf Tagen mit dem Schiff erreichbare Alexandria, das in Apg  20,6  – ähnlich wie z. B. auch bei Plinius (Nat.  5,  124) und im Itinerarium Antonini (334,4)  – Troas genannt wird. Verkehrsgünstig am westlichen Ausgang des Hellesponts gelegen, fungierte Alexandria Troas als bedeutendes Handelszentrum (emporion) im ägäisch-pontischen Raum und als Drehkreuz für den gesamten Schiffsverkehr in dieser Region; zudem war die wohlhabende, von Caesar als Hauptstadt des Reiches ins Auge gefasste Stadt (Suet.Jul.  79) eine bedeutende Station an der Überlandroute zwischen Kleinasien und Makedonien.21 Hier begann auch die Küstenschifffahrt entlang der ionischen Küste, die in der Apostelgeschichte unter Angabe der Tagesetappen Assos, Mytilene, Chios, Samos, Milet, Kos und Rhodos bis Patara beschrieben wird (Apg  20,13–21,1). Patara ist der Ausgangspunkt für die Schifffahrt über das offene Meer in den syrisch-phönizischen Raum. Von dort reiste Paulus als Passagier auf einem größeren, hochseetauglichen Getreidesegler nach Tyros, Ptolemais und Caesarea (Apg 21,4–8).22 Vom letztgenannten Hafenort gelangte der Apostel auf der bedeutendsten römischen Straße Palästinas für den cursus publicus nach Jerusalem (Apg 21,15–23,33), benutzte also wohl ebenso wie Petrus (Apg  9,32–35.38; 10,23 f.) die von Caesarea nach Südwesten verlaufende Straße, um von dem bedeutenden Kreuzungspunkt Lydda in Richtung Osten nach Jerusalem seine Reise fortzusetzen.23 19  Vgl. z. B. CIL III 318. – French, Roman Road-System, 710.712; Ders., Roman Roads (Bd. 1), 71.76.83; R athmann, Statthalter, 208.217; Ders., Princeps, 214. 20  Strab.Geogr. 14, 2,29 (663). – French, Roman Road-System, 707; Mitchell, Administration, 18–21; John, Galaterbrief, 48 f.141. 21  Apg  16,11; 20,5 f.; 2 Kor  2,12; vgl.  auch IgnPol  8.  – Zu Alexandria Troas allgemein vgl.  Schwertheim, Art. Alexandreia (Ἀλεξάνδρεια), 465 f.; Ders./Wiegartz (Hg.), Neue Forschungen; Ders./Wiegartz (Hg.), Neue Forschungen (Bd. 2); Ricl, Inscriptions, 1–21; Schwertheim, Troas; zur wirtschaftlichen Bedeutung von Alexandria Troas vgl.  Ruffing, Wirtschaftspolitik, 123–149; Feuser, Hafen. 22 Vgl. Koch, Geschichte, 600. 23  Zu der Straße von Caesarea nach Jerusalem/Aelia Capitolina vgl.  Roll, Roman Road System, 136–162; Ders., Roman Roads, 30–33; Ders., Roman Roads (1996), 549–558; Dorsey, Roads and Highways.  – Zur Bedeutung von Lydda als wichtiger Kreuzungspunkt mehrerer Straßen vgl. Ameling u. a. (Hg.), Corpus Inscriptionum Iudaea/Palaestinae (Bd. 4/1), 77–80.

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Letztendlich bewegte sich der Apostel bei allen seinen Missionsreisen auf den wichtigsten römischen Straßen Kleinasiens, die vom syrischen Antiochia durch Kilikien (Tarsus), Phrygien (d. h. die Provinz Asia mit den Städten Apameia und Laodikeia) nach Ephesus führten (Apg 13,14.51; 14,20 f.; 15,41–16,2; 18,23 f.; 19,1).24 Tendenziell wurde jedoch ein möglichst großer Teil dieser Route, so auch die Strecke Alexandria Troas  – Neapolis, auf dem Seeweg zurückgelegt (vgl. Apg 16,11; 20,6; vgl. auch 2 Kor 2,12 f.), um die Reisezeiten zu verkürzen.25 Die Infrastruktur des Römischen Reiches bestimmte auch die weitblickende Missionsstrategie: Schwerpunkte sind Korinth, die Hauptstadt Achaias mit einem für die Überfahrt nach Italien wichtigen Hafen, und Ephesus in Kleinasien mit guten Verbindungen nach Griechenland; ebenso setzte Paulus auf bedeutende Orte wie Thessaloniki, Philippi und Alexandria Troas – also Verkehrsknotenpunkte, wichtige Handelsplätze und politisch-administrative Zentren, von denen sich Paulus’ Botschaft ins Hinterland (‚Zentrumsmission‘26), aber auch in weiter entferne Regionen der antiken Welt tragen ließ.

III. Paulus’ Reise nach Rom Die Schwierigkeiten und Risiken der antiken Seefahrt im Mittelmeer illustriert sehr anschaulich der Bericht über die Schiffsreise des Apostels Paulus nach Rom (Apg 27,1–28,14). Während die von Italien nach Ägypten segelnden Schiffe unter Ausnutzung günstiger Windverhältnisse ihr Ziel in etwa neun Tagen erreichen konnten, gestaltete sich die Fahrt in umgekehrter Richtung als mühselig und langwierig: Schiffe in Richtung Norden wie der Getreidefrachter aus dem ägyptischen Alexandria (wohl mit dem Zielhafen Puteoli), den Paulus bestiegen hatte, waren häufig direktem Gegenwind ausgesetzt, was sie angesichts der mangelnden technischen Möglichkeiten, hart am Wind zu segeln, zu häufigem und langwierigen Kreuzen zwang. So wählte die Crew mit ihrer für Rom bestimmten Fracht küstennahe Routen, um dann von der westkleinasiatischen Küste westwärts bei ungünstigen Wind‑ und Strömungsverhältnissen das Ionische Meer zu durchqueren und nach 50–70 Tagen Puteoli in Mittelitalien zu erreichen.27 Dass die nach Rom gesandte Gefangenengruppe mit Paulus im palästinischen Caesarea ein Frachtschiff bestieg, das die levantinische und südkleinasiatische Küste entlangfährt (Apg  27,2 f.), und in Myra in Lykien auf einen alexandri24  Vgl. Ferguson, Backgrounds, 87–90 (hier auch zu anderen von Paulus genutzten Straßen und den für die Missionsreisen relevanten Seerouten). 25 Vgl. Koester, Introduction, 115. 26  Zum Begriff ‚Zentrumsmission‘ vgl. Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 125–129; Reinbold, Propaganda, 212; Schnelle, Paulus (2014), 144. 27 Zu den Schiffsrouten und Reisezeiten vgl. Casson, Speed, 145 f.; Ders., Ancient Mariners, 207 f.; Ders., Ships (1995), 281–291; Beresford, Ancient Sailing Season, 53–106.

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nischen Getreidefrachter umstieg (Apg 27,5 f.), entspricht zum einen der antiken Art und Weise, zur See zu reisen, nämlich sich auf Frachtschiffen einzubuchen (vgl. auch Apg 21,2). Dabei hatten die Passagiere für ihre Verpflegung und die Übernachtung üblicherweise selbst zu sorgen und mussten eventuell mehrmals umsteigen, um an ihren Zielort zu gelangen. Zum anderen erzwingen die im östlichen Mittelmeer vorherrschenden West‑ und Nordwestwinde diesen großen Umweg über die Südküste Kleinasiens, Kreta (Apg 27,13) und schließlich – weil Paulus erst im Spätherbst nach Rom aufgebrochen ist – auch den dreimonatigen Aufenthalt auf Malta, um dort zu überwintern und günstigere Witterungsverhältnisse abzuwarten (Apg 28,1–10), bevor das Schiff über Syrakus schließlich Puteoli erreichte (Apg 28,12 f.).28

IV. Die Paulusbriefe im Kontext der antiken Nachrichtenübermittlung Die Paulusbriefe sind verschriftlichte Rede, Mitteilung und Instruktion an die Gemeinden, die den Apostel persönlich kannten und auf die er mit der Aufrechterhaltung der Beziehung weiterhin Einfluss nehmen wollte (z. B. die Briefe an die Korinther oder den an die Thessalonicher) oder die er in Kürze besuchen und daher den Kontakt herstellen wollte (der Römerbrief ). Viele seiner Briefe ersetzen die mündliche Kommunikation, wo diese nicht möglich oder nicht erwünscht ist.29 Der Brief tritt also sowohl bei Paulus als auch bei anderen antiken Briefschreibern an die Stelle des persönlichen Gesprächs, er ist – so die Definition von Ambrosius (ep. 48) – sermo cum absentibus. Als Überbringer der Paulusbriefe an die Gemeinden fungieren Paulus’ Mitarbeiter, z. B. Silvanus und Timotheus (1 Thess 2,17–3,10), oder Gemeindeglieder, die eine Reise vorhatten (Röm 16,1): Sie übten am Zielort Einfluss auf die angemessene Wahrnehmung der Briefe aus, konnten gegebenenfalls zusätzliche Informationen liefern (2 Kor 7,8–8,13; Phlm 12) und übermittelten dem Apostel wiederum die Nachrichten aus den jeweiligen Gemeinden. Sie erhielten auf diese Weise den Kontakt zu den früher gegründeten Gemeinden aufrecht, auch wenn Paulus selbst auf Grund von Konflikten seine Missionstätigkeit am jeweiligen Ort (z. B. Thessaloniki und Beröa, vgl. 1 Thess 2,18; 3,1–8) nicht mehr fortsetzen konnte. Diese hohe Relevanz der Paulusbriefe als Kommunikationsmedium und charakteristisches Mittel der Missionsstrategie des Apostels erklärt, warum Paulus die Überbringer mit besonderer Sorgfalt auswählte: Er beauftragte Personen 28  Zu den nautischen Details von Apg. 27,1–28,8 vgl. Labahn, Paulus, 75–106; Börstinghaus, Sturmfahrt, 347–424. 29  Vgl. Baumkamp, Kommunikation, 34–38; Paynter, Das Evangelium bei Paulus, 389–397; Stettler, Endgericht, 87–90.

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aus seinem engeren Umfeld mit der Übermittlung seiner Briefe30 anstatt sie, wie in der Antike sonst üblich, Kaufleuten und anderen Reisenden anzuvertrauen.31 Entsprechende Reisepläne besonders vertrauenswürdiger Persönlichkeiten können auch der Anlass für das Abfassen von Briefen sein: So eine günstige Gelegenheit nutzte Augustinus, um dem diaconus Cyprian, der ins Heilige Land reiste, einen neugeschriebenen Brief und Kopien von zwei älteren Briefen an Hieronymus in Bethlehem mitzugeben;32 Cyprian nahm auf seiner Rückreise zwei Schreiben von Hieronymus an Augustinus mit nach Hippo.33 Aber selbst die Beauftragung von engeren Vertrauten war keine Garantie, dass der Brief den Adressaten auch wirklich erreichte: So empfiehlt Augustinus am Ende seines Schreibens an Hieronymus den Überbringer Paulus zwar als frater noster; dieser lieferte den Brief jedoch nicht an Hieronymus aus. Anstatt dessen gelangte der Brief nach Rom und wurde dort sehr zum Ärger von Hieronymus durch Abschriften weiterverbreitet.34 Mit der Ausbreitung des Christentums in der antiken Welt war ein zunehmender Informationsaustausch zwischen den einzelnen Gemeinden verbunden, was wiederum zu einer Verdichtung des Botennetzes führte. Die Aufrechterhaltung von Kontakten war somit über große Entfernungen hinweg möglich. Die Kommunikation zwischen den Bischöfen oder auch dem einzelnen Bischof und seiner Gemeinde brach selbst während der Christenverfolgungen des 3. Jahrhunderts nicht ab: Der verbannte karthagische Bischof Cyprian von Karthago stand in Briefkontakt mit ebenfalls verbannten und zu Bergwerksarbeit verurteilten numidischen Amtskollegen und zeigt sich auch über das Ausmaß der Christenverfolgung in Rom (und bspw. den Tod Sixtus’ II. und vier seiner Diakone) gut informiert. Als Überbringer der Briefe werden niederrangige Kleriker genannt, die sogar mit den Verurteilten sprechen und auch Geldspenden übergeben konnten.35 In prekären Situationen war die Geschwindigkeit der Nachrichtenübermittlung von zentraler Bedeutung: Cornelius, der neugewählte Bischof von Rom, lässt den Boten Cyprians auf schnellstem Wege, den dieser finden könne, nach Karthago zurückkehren – vielleicht von Ostia, dem Ankunftshafen der Getreidefrachter aus Nordafrika. Ebenso wie bei Paulus’ Missionsreisen und seinem späteren Briefverkehr spielten die bedeutenden, ein rasches Vorwärtskommen garantierenden Verkehrsrouten eine zentrale Rolle im Nachrichentransfer.36  So auch Koch, Geschichte, 248–256; Paynter, Das Evangelium bei Paulus, 397.  Drecoll, Nachrichten, 46–54; Kolb, Transport, 20–27; Klauck, Ancient Letters, 60–66. 32  Augustinus ad Hieronymum, ep. 71,1 (CSEL 34/II). – Hennings, Briefwechsel, 39. 33  Hieronymus ad Augustinum, ep.  72 und 75 (CSEL 34/II).  – Hennings, Briefwechsel, 40 f.42 f. 34  Augustinus ad Hieronymum, ep. 40 (CSEL 34/II); ep. 68,1 (CSEL 34/II); ep. 72,1 (CSEL 34/II). – Hennings, Briefwechsel, 35–38. 35  Vgl. Baumkamp, Kommunikation, 317–323. 36  Vgl. a. a. O., 219 f. mit Anm. 59. 30 31

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Auch wenn die Expansion des Römischen Reiches in der frühen Kaiserzeit den Ausbau des römischen Straßennetzes und damit den Informationsfluss beschleunigte, gestalteten sich, wie in allen vorindustriellen Gesellschaften, die Übermittlungsbedingungen von Nachrichten schwierig. Kilometerleistungen von 70 oder 80 km am Tag auf den größten Römerstraßen sind vor allem aus militärischen Zusammenhängen bezeugt, im Normalfall jedoch gelangten Briefe und andere Nachrichten nicht schneller zu ihrem Ziel als die Reisenden selbst, denn auch die Boten waren in der Regel zu Fuß unterwegs. Der schnellste Weg der Nachrichtenübermittlung war der in der frühen Kaiserzeit geschaffene cursus publicus mit seinem System von Relaisstationen zur Weitergabe von Nachrichten von einem Boten an den anderen und Möglichkeiten für den Pferdewechsel (vgl.  z. B. Suet.Aug.  49,3). Dieser wurde schon aus finanziellen Gründen aber nicht an allen Verkehrswegen des Römischen Reiches, sondern nur an einigen Straßen von besonderer strategischer und somit politischer Relevanz (viae militares) eingerichtet. Allerdings stand der cursus publicus nur einem kleinen, mit Berechtigungsscheinen (διπλώματα, diploma) ausgestatteten Personenkreis offen. Der Großteil der Reichsbewohner  – und dazu gehörten auch Paulus und seine Mitarbeiter – hatte nicht das Recht, die entsprechenden von der lokalen Bevölkerung bereitzustellenden Einrichtungen und Dienste zu nutzen.37 Höherrangige kirchliche Amtsträger hatten erst im 4. Jahrhundert Zugang zum staatlichen Transportwesen: So stellte Konstantin den Bischöfen, immerhin 250–270 Personen, den cursus publicus für ihre Reise zum Konzil von Nicaea (325) zur Verfügung.38 Die wohlhabenden Briefschreiber vertrauten ihre Korrespondenz meist ihren eigenen Sklaven (tabellarii) und Freigelassenen oder denen ihrer Briefpartner an (so z. B. Cicero); wohl gegen eine Gebühr konnten auch Privatpersonen ihre Briefe an einen Empfänger außerhalb Italiens durch Briefboten der Steuerpächter in den Provinzen (tabellarii publicanorum) befördern lassen (Cic.Att. 5, 15,3).39 Cicero beklagte sich gelegentlich über die zufällig ausgewählten Boten: Einer seiner Briefe an Atticus sei zurückgekommen, so dass er ihn ein zweites Mal schicken musste (Att. 2, 12,4; 2, 13,1); ein saumseliger Sklave habe erst nach 40 Tagen den Brief ausgehändigt (Fam. 8, 12,4; vgl. auch Quint.fratr. 3, 1,23). Angesichts dieser Unwägbarkeiten ist Ciceros Entschuldigung für eine lange hinausgezögerte Antwort, dass er keinen vertrauenswürdigen Briefboten gefunden habe, verständlich (Att. 1, 31,1). Nicht selten dürften Briefe längere Zeit unterwegs gewesen sein oder kamen überhaupt nicht an (Cic.Fam. 2, 10,1; 2, 13,1).40 37 Zum cursus publicus vgl. ausführlich Kolb, Transport, 49–226, zum nutzungsberechtigten Personenkreis vgl. a. a. O., 71–122; vgl. auch Eck, Organisation, 88–110. 38  Eus.v.C. 3, 6,1 f. – Kolb, Transport, 87–92. 39 Vgl. Pittia, Circulation, 210–213; Kolb, Transport, 21 f.27. 40  Vgl. Kolb, Transport, 27; Klauck, Ancient Letters, 66.

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Paulus stellte mit der Übermittlung seiner Schreiben durch enge Mitarbeiter und Gemeindeglieder sicher, dass die Briefe schnellstmöglich auf direktem Weg ihre Adressaten erreichten, agierte in diesem Punkt also entsprechend den Gepflogenheiten der römischen nicht-christlichen Oberschicht.

V. Zusammenfassung Sowohl Paulus’ Wahl der Reisewege und der Transportmittel als auch die Beförderung seiner Briefe durch Personen seines Vertrauens fügen sich gut in die Reisegewohnheiten und die Praxis der Nachrichtenübermittlung der frühen Kaiserzeit ein. Der Apostel bewegte sich auf den wichtigsten Reichsstraßen, die durch ihren guten Zustand eine gewisse Kilometerleistung pro Tag ermöglichten, Übernachtungsmöglichkeiten verschiedener Qualitäten boten und zumindest eine relative Sicherheit vor Raubüberfällen gewährleisteten. Seine Schiffsreisen folgten einem dichten Netz von vielbefahrenen Seewegen in der Ägäis und im östlichen Mediterraneum und führten ihn (ebenso wie auch auf seinen Reisen auf dem Landweg) über die größeren Verkehrsknotenpunkte der Mittelmeerwelt, so dass der Wechsel auf ein anderes Schiff meistens zügig erfolgen konnte. Ebenso wie andere Reisende nutzte er nach Möglichkeit seine eigene Infrastruktur: Unterwegs nahm er z. B. für Verpflegung und Unterkunft die Gastfreundschaft von Gemeindegliedern in Anspruch. Die Beförderung seiner Briefe legte der Apostel in die Hände privater Boten, zuverlässige Personen aus den eigenen Reihen, die für eine zügige Übermittlung sorgten und den Empfängern zusätzliche mündliche Informationen geben konnten. Diese Organisationsstrukturen finden ihre Weiterentwicklung in den christlichen Gemeinden der Spätantike: Mit der zunehmenden Institutionalisierung und der Ausdifferenzierung der kirchlichen Ämterstruktur fielen Botendienste, schließlich auch Gesandtschaftsreisen in Vertretung der Bischöfe, den niederrangigen Klerikern (Lektoren, Presbyter, Diakone) zu. Was für den Austausch von Know-how und Waren in der Antike gilt, lässt sich problemlos auf Paulus’ Missionsreisen übertragen – das Christentum (ebenso wie andere Religionen) verbreitete sich über die große Entfernungen überbrückenden Land‑ und Wasserwege und die Drehkreuze des überregionalen Handels.

Zur Strategie der frühen Völkermission des Paulus Ulrich Mell Aus dem 1. Thessalonicherbrief, eine ca.  50  n. Chr.  – wahrscheinlich in Korinth1  – von Paulus2 abgefasste3 und einheitlich überlieferte4 Schrift, sind eine Reihe von Informationen über den Verlauf seines Aufenthaltes in Griechenland zu entnehmen. Der folgende Beitrag versucht diese geschichtlichen Angaben zu erheben,5 um anschließend in einer Auswertung zu fragen, unter welchen programmatischen Bedingungen Paulus seine frühe Völkermission nach dem Verlassen von Antiochia durchführte. Von besonderem Interesse soll dabei sein, ob Paulus bei seiner Mission6 einer bestimmten Strategie folgte und, wenn ja,  Vgl. Schnelle, Einleitung (62007), 62; Broer, Einleitung (2006), 349. Überzeugung von der Echtheit des 1. Thessalonicherbriefs prägt bis auf wenige Ausnahmen die moderne Paulus-Forschung (siehe den Beitrag von E. Schmidt in diesem Band). Die Ansicht von Crüsemann, Briefe, 60 f.155, die den angeblich pseudepigraphischen 1. Thessalonicher auf den Beginn des 2. Jh. n. Chr. datiert, weil der Mimesis-Gedanke von 1 Thess 2,13 in das Milieu der Ignatius-Briefe verweise sowie nur Texte von frühen Kirchenvätern 2,14–16 vergleichbar seien, kann nicht überzeugen, weil M. Crüsemann Konflikte zwischen der jüdischen und christlichen Gemeinschaft aus der frühen Geschichte des Urchristentums ausblendet, vgl. Q 6,22 f.; 11,49–51; 2 Kor 11,24; Gal 1,13; Mk 13,9 par. sowie Apg 4 f.; 7,59; 12,1 f. 3  1 Thess 1,1a nennt nicht die drei Personen, die den 1. Thessalonicherbrief verfasst haben, sondern den kollektiven Absender, der das Schreiben an die „Gemeinde der Thessalonicher“ autorisierte. Die den 1. Thessalonicherbrief prägende Wir-Rede ist als epistolographischer Plural zu interpretieren, der in 2,18 und 5,27 begründet in den Singular wechselt: Einmal will Paulus als Bürge für die Wahrheit einer Aussage mit seinem persönlichen Namen haften, das andere Mal gibt Paulus als Verfasser an, was mit dem 1.  Thessalonicherbrief in der thessalonischen Gemeinde zu geschehen hat. 4 Teilungshypothesen des 1. Thessalonicherbriefs, wie sie noch in der Hochzeit der deutschen Literarkritik an Paulus-Schriften in den 70–80er Jahren des 20. Jahrhunderts en vogue waren, werden in der aktuellen Paulus-Forschung nicht mehr verfolgt. Ihr Common Sense geht zudem davon aus, dass 1 Thess 2,13–16 bzw. nur die V. 14–16 kein nachpaulinischer Zusatz sind. 5  Die geschichtlichen Daten des 1.  Thessalonicherbriefs als Primärquelle werden im Folgenden durch einige wenige Hinweise der Sekundärquelle, der Apostelgeschichte, die ca. 90/100  n. Chr. verfasst wurde (vgl.  Schnelle, Einleitung [62007], 305; Broer, Einleitung [2006], 156), ergänzt, und zwar nur dann, wenn sie sich organisch mit den paulinischen Angaben vereinbaren lassen. 6 Zum Verständnis von ‚Mission‘ vgl. R abens, Jerusalem, 219, der darunter „das multidimensionale Engagement eines Einzelnen oder einer Glaubensgemeinschaft […] (versteht), das das Ziel verfolgt, andere Menschen für die eigenen Glaubensinhalte und die damit verbundene Lebenspraxis zu gewinnen“. Die grundsätzliche Motivation zur Mission dürfte Paulus aus dem Urchristentum übernommen haben, da sowohl Johannes der Täufer (vgl. Q 3,7–9; Mk 1,4 parr.) als auch Jesus von Nazaret (vgl. Lk 11,20; 17,20 f.) an der persönlichen Vermittlung ihres Anliegens 1

2 Diese

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wie er mit kontingenten Ereignissen umging, die ihn an der Verwirklichung seines Vorhabens hinderten. Dass Paulus eine Missionsstrategie7 leitete, ist anzunehmen, da die aus dem 1.  Thessalonicherbrief bekannt werdende Strecke paulinischer Mobilität durch Griechenland mindestens ca.  700 km beträgt.8 Zwar wurde die Reisefreudigkeit der damaligen Bevölkerung9 von der relativ guten Infrastruktur im Römischen Reich begünstigt,10 doch war eine auf dem Land‑ und/oder Seeweg durchgeführte Fortbewegung11 immer mit körperlichen Strapazen wie unvorhersehbaren Risiken – Widrigkeiten durch Naturereignisse12 oder Banditentum13 – verbunden. Von dem finanziellen Aufwand für Ausrüstung, Proviant, Transport und Unterkunft14 ganz zu schweigen, den eine Reise erforderte, die große Distanzen fern der eigenen Heimat überwinden will, ohne auf private Gastgeber zurückgreifen zu können.

I. Zur Geschichte der frühen Völkermission von Paulus in Griechenland Hinsichtlich der Informationen des 1.  Thessalonicherbriefes ist zuallererst zu bemerken, dass Paulus sich auf seiner Reise nicht allein fortbewegte. Handelt es sich bei der Schrift um einen „Brief “ (5,27), so stellt Paulus gemäß epistolographischer Konvention am Beginn im ‚Präskript‘, und zwar in der ‚Superscriptio‘, mit „Paulus, Silvanus und Timotheus“ (1,1a) den aus drei Personen bestehende Absenderkreis dem Adressaten, „der Gemeinde der Thessaloniker“ (1,1b), vor. Da Paulus in seinen authentischen Briefen15 neben sich als Absender gelegen war. Im Unterschied zur Polemik von Mt 23,15 ist es für das antike Judentum bis heute nicht gelungen, eine aktive (Proselyten‑) Mission nachzuweisen, vgl. Konradt, Gericht, 47–53.  7  Zur Definition einer Missionsstrategie vgl.  R abens, Jerusalem, 221, der diese „als den Konnex von missiologischen Prinzipien und deren praktischer Anwendung“ definiert.  8 Diese Distanz ergibt sich, wenn man annimmt, dass Paulus auf dem Land‑ und/oder Seeweg von Philippi (1 Thess 2,2) über Thessaloniki (1,1) nach Athen (vgl. 3,1) und dann weiter nach Korinth gereist ist. (Vgl. die Beiträge von U. Fellmeth und M. Schuol in diesem Band)  9 Dazu vgl. Giebel, Reisen, 131 f. 10 Vgl. dazu Fellmeth, Pilgerberichte, 47–51 sowie Bender, Reiseverkehr; Casson, Reisen, 188–257; Reck, Kommunikation, 81–84. 11 Dazu Reck, Kommunikation, 85–91. 12  Apg 27,14.18 berichtet von einem schweren (Nordost‑) Sturm; 2 Kor 11,25b nennt einerseits Schiffbruch durch Materialermüdung bzw. ‑fehler (?) und andererseits einen Schiffsverlust, sodass man, um aus Seenot gerettet zu werden, ein Rettungsboot besteigen (vgl. Apg 27,30) oder sich auf Schiffstrümmern über Wasser halten musste (vgl. 27,44). 13  Vgl. 2 Kor 11,26b. Zum Banditentum in römischer Zeit vgl. Shaw, Art. Räuberbanden, 761. 14 Zu den Kosten einer auch mit Verpflegung verbundenen Übernachtung in Wirtshäusern vgl. den Grabstein aus Aesernia (zit. bei Giebel, Reisen, 147): Wein, Brot und Fleisch 3 As, Heu für das Maultier 2 As. 15  Dazu zählen nach Communis opinio neben dem 1 Thess der Röm, 1+2 Kor, Gal, Phil und Phlm.

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seine Mitarbeiter einbringt,16 ist davon auszugehen, dass es sich bei Silvanus und Timotheus um Personen handelt, die der Gemeinde in Thessaloniki als Mitstreiter von Paulus bekannt sind. Sie bildeten zusammen unter Paulus’ Leitung ein Missionsteam, das in Griechenland u. a. Thessaloniki aufsuchte und dort eine christliche Gemeinde gründete. Die Stadt Thessaloniki erreichte das Missionsteam von Osten her. Ihr vorheriger, einen längeren Zeitraum umfassender Aufenthaltsort war die ca. 150 km entfernt liegende Stadt Philippi (vgl. 1 Thess 2,2). Ist Thessaloniki seit 44 n. Chr. (wieder) Hauptstadt der römischen Provinz Macedonia,17 so die Stadt Philippi seit 30 v. Chr. eine römische Colonia18. Auch in Philippi war es zur Gründung einer ‚christlichen Gemeinde‘19 gekommen: Die drei Missionare hatten nämlich die Stadt verlassen müssen, weil es aufgrund ihrer Verkündigung des Evangeliums zu einem schweren Konflikt mit den örtlichen Stadtbehörden gekommen war. Ihre Inhaftierung war mit körperlicher Misshandlung verbunden (vgl. 2,2) und führte anschließend zur Ausweisung.20 In Thessaloniki angekommen, finanzierten die drei Missionare von Anfang an ihren Lebensunterhalt mit eigener Lohnarbeit (vgl.  2,9). Ihre Verkündigung des Evangeliums bewirkte die Konversion von Personen nichtjüdischer Herkunft: 1 Thess  1,9 f. bemerkt Paulus nämlich, dass die Hinwendung zum christlichen Glauben bedeutet, dass man die vormals verehrten Götterbilder verließ, um dem wahren und lebendigen Gott zu dienen, der in Jesus Christus sich als Retter offenbart. Auch in Thessaloniki konnten die drei Missionare nicht bleiben (vgl. 1 Thess 2,17). Wie lange ihr Wirken in der thessalonischen Gemeinde dauerte, wird aus dem 1. Thessalonicherbrief nicht deutlich. Dass es nur eine Zeit von mehreren Wochen bzw. wenigen Monaten war, deutet sich an, wenn 3,5 die Sorge durchblicken lässt, dass die thessalonische Gemeinde nicht genügend gefestigt sein könnte. Grund für das Verlassen der Gemeinde dürften Misshelligkeiten sein, die sich von thessalonischen Mitbürgern gegen die gesamte Gemeinde richteten (vgl. 2,14). Allerdings verließen die Missionare Thessaloniki, bevor es wie zuvor in Philippi zu ihrer Inhaftierung als Unruhestifter kommen konnte. Mehrmals versuchte das Missionsteam, zur Gemeinde in Thessaloniki zurückzukehren (vgl. 2,18). Jedoch war ihren Bemühungen kein Erfolg beschieden. Überraschenderweise verließen die drei Missionare daraufhin Mazedonien und traten eine Reise von über 450 km in den Süden Griechenlands an. Ohne 16  Vgl. 1 Kor 1,1; 2 Kor 1,1; Phil 1,1; Phlm 1, nachpaulinisch Kol 1,1; 2 Thess 1,1, Ausnahmen: Röm 1,1; Gal 1,2. 17  Zu Thessaloniki vgl. vom Brocke, Thessaloniki, 15–20. 18  Vgl.  Apg  16,12. Offizieller Name ist Colonia Iulia Augusta Philippensis; zu Philippi vgl. Pilhofer, Philippi, 163–165. 19  Das Adjektiv ‚christlich‘ ist für die Bezeichnung einer aufgrund der Mission des paulinischen Teams entstehenden religiösen Gruppierung anachronistisch, wird jedoch beibehalten, um den Unterschied zu anderen Vereinen der hell.-röm. Polis zu bezeichnen. 20  Vgl. auch Phil 1,30 sowie Apg 16,11–40.

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dass der 1. Thessalonicherbrief den Standortwechsel nach Athen (1 Thess 3,1) begründet, wird erläutert, dass sich dort das Dreierteam trennte: Während Paulus nicht erzählt, wo Silvanus blieb,21 reiste Timotheus seinen Angaben zufolge von Athen aus zurück nach Thessaloniki, um die Gemeinde als Missionar zu besuchen (vgl. 3,2). Nach seiner nur wenige Wochen (?) währenden Reise trifft er wieder mit Paulus und Silvanus zusammen. Dürfte der Ort ihres Wiedersehens bei ihrer Trennung in Athen verabredet gewesen sein, so schweigt sich der 1. Thessalonicherbrief darüber aus. Dass es Korinth war, ist neben Apg 18,5 der paulinischen Vita zu entnehmen, insofern Paulus dort eine erfolgreiche Missionsarbeit begann.22 Dem dort wieder vereinigten Missionsteam gibt Timotheus einen mündlichen Bericht über seine Reise (vgl. 1 Thess 3,6), der gute und schlechte Nachrichten enthält. Erst auf die Information von Timotheus, dass in Thessaloniki eine christliche Glaubensgemeinschaft weiterhin existiert, entschließt sich Paulus, den 1. Thessalonicherbrief aufzusetzen.

II. Frühe Völkermission als Kollegialmission Paulus begleitete auf seiner Griechenlandmission mit Silvanus und Timotheus zwei im christlichen Glauben verbundene Brüder, die familiär unabhängig23 ihr Leben gestalten konnten. Zusammen bildeten sie unter seiner Führung ein Missionsteam, das in Sachen Evangeliumsverkündigung gemeinsam unterwegs war. Ist aus 2 Kor 1,1924 über Silvanus25 nur bekannt,26 dass er auch die auf Thessaloniki folgende Missionsarbeit in Korinth im Team zusammen mit Paulus und Timotheus verantworten wird, so dürfte Silvanus Paulus bereits seit seinem Aufbruch aus Antiochia begleitet haben. 21 Bezieht man 2 Kor 11,9 auf die Anfangszeit der paulinischen Mission in Korinth, in der der 1. Thessalonicherbrief verfasst wurde, dann könnten mazedonische Gemeinden mit einem Geldbetrag Paulus unterstützt haben (vgl. Apg 18,5a). Timotheus könnte diese Hilfe von seiner Reise nach Thessaloniki, Silvanus von derjenigen nach Philippi mitgebracht haben. Doch ist diese Nachricht zu vage formuliert und zeitlich schwer einzuordnen, um eine Reise von Silvanus parallel zu Timotheus zu belegen (anders Koch, Geschichte, 252). 22  Vgl. 1 Kor 3,6–8; 2 Kor 1,19. 23  Vgl. für Paulus 1 Kor 7,7; der Familienstand von Silvanus und Timotheus ist nicht bekannt. 24  Vgl. auch Apg 18,5. 25  Latinisierte Form (‑us) des griechischen Namens Σιλουανός (vgl. Bauer, Wörterbuch, s. v.). Der häufig verwendete Name (vgl. Preisigke, Namenbuch, s. v.) ist auch als Gentilname bekannt (vgl. Solin/Salomies, Repertorium, 171). 26  Silvanus wird noch 2 Thess  1,1 zusammen mit Timotheus als Absender des um 100– 120 n. Chr. zu datierbaren pseudepigraphischen 2. Thessalonicherbriefs genannt (vgl. Nicklas, 2. Thessalonicherbrief, 62). Der gleichfalls pseudepigraphische, auf ca. 115 n. Chr. zu datierende 1. Petrusbrief (dazu Koch, Geschichte, 477 f.) nennt Silvanus 5,12 einen „treuen Bruder“ von Petrus, der als Briefbote den 1.  Petrusbrief den Adressaten angeblich überbracht haben soll. Die Angaben folgen wahrscheinlich Apg 15,22–33, die einen Silas als Überbringer des Briefes der Apostel (einschließlich des Petrus) an Gemeinden in Syrien und dem südlichen Kleinasien nennt, vgl. Becker, Autorität, 179.

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Diese Annahme legt die Apostelgeschichte nahe, die in 15,40 erstmals einen gewissen Silas nennt,27 der an Paulus’ Seite auf der sog. ‚Zweiten Missionsreise‘28 war, die ihn von Antiochia bis Korinth führte. Dürfte es sich bei Silas bzw. Silvanus um ein und dieselbe Person handeln,29 so war Silvanus seinem Namen nach ein Christ jüdischer Abkunft, der sich als „Prophet“ in der Ausgestaltung der ‚Antiochenischen Theologie‘ beteiligt hatte (vgl. 15,32, dazu 1 Thess 5,19 f.; 1 Kor 14,24.26).

Hatte sich Silvanus im Gegensatz zu den während des ‚Antiochenischen Konfliktes‘ in der dortigen Gemeinde aufhaltenden sonstigen Christen jüdischer Herkunft für das von Paulus vertretene Evangeliumsverständnis entschieden,30 so fanden beide auf der Grundlage einer gemeinsamen Auffassung zueinander: Danach begründet der Glaube an das Evangelium von der Auferstehung Christi von Toten31 einen fundamental neuen Weg Gottes, der den Völkern die Beteiligung an dem Israel verheißenen Heil eröffnet, indem sie mittels ihres christlichen Glaubens im Geist Christi (Nächsten‑) Liebe üben.32 Diese theologische Basis, die für Glaubende nichtjüdischer Herkunft zugleich eine Unabhängigkeit von jüdischen Tora-Normen vorsah,33 motivierte Paulus und Silvanus, das Projekt einer Völkermission in Angriff zu nehmen. Es darf als ein glücklicher Umstand bezeichnet werden, dass sich ihnen auf ihrer partnerschaftlich begonnenen Missionsreise mit Timotheus ein weiterer Mitstreiter ‚Antiochenischer Theologie‘ zugesellte, den Paulus zuvor für den christlichen Glauben gewonnen hatte34. Schenkt man der Apostelgeschichte Vertrauen (vgl. Apg 15,36–16,3), so erweiterte sich das Missionsteam nach der Durchquerung von Zilizien im pisidischen Lystra durch Aufnahme von Timotheus zu einem Dreierkollegium. Timotheus soll einer religiös-gemischten  Vgl. noch Apg 16,19.25.29; 17,4.10.14 f.; 18,5.

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28 Vgl. Apg 15,36–18,22. Zählung und Einteilung in ‚Missionsreisen‘ verdanken sich einer for-

schungsgeschichtlichen Betrachtung und sind nicht von der Apostelgeschichte geprägt, s. Verheyden, Missionsreise, 109 f.; Näheres bei Koch, Geschichte, 572–579. 29 Die Person trug entweder zwei Namen, einen semitischen, Σιλᾶς, und einen griechischen, Σιλουανός, „od.[er] Σιλουανός ist die latein.[ische] Form desselben semit.[ischen] Namens [= ‫]שאילא‬, ׁ der in Σιλᾶς gräzisiert vorliegt“ (Bauer, Wörterbuch, s. v., mit Verweis auf BDR § 1256). 30  Die Formulierung Gal 2,13: „… auch die übrigen Juden“, die bedeutet, dass sich grundsätzlich alle zur Zeit des Konflikts in Antiochia aufhaltenden Christen jüdischer Herkunft von Paulus’ theologischer Einstellung absetzten, dürfte übertreiben (so Schäfer, Paulus, 229). So erklärt Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 18: „Wenigstens Silvanus hielt sich zu Paulus und war einer der wenigen (oder der einzige) von ihnen, der sich ganz der gesetzesfreien Evangeliumsverkündigung des Paulus aufschloß“. Eine andere Möglichkeit ist, dass Paulus sich Gal 2,13 nur auf Christen jüdischer Herkunft aus Antiochia bezieht, worunter der ‚Jerusalemer‘ Silvanus/Silas (vgl. Apg 15,22.27) von ihm nicht gezählt wurde. 31  Vgl. z. B. 1 Kor 15,3b–5*. 32 Vgl. Gal 5,5 f.; 6,2. 33  Vgl. Gal 5,2. 34  Vgl. 1 Kor 4,17. Nach Auskunft der Apostelgeschichte (vgl. 16,3, dazu 14,6–13.19) geschah seine Hinwendung zum christlichen Glauben zusammen mit seiner Mutter im Verlauf der sog. ‚Ersten Missionsreise‘ (vgl. Apg 13 f., dazu Koch, Geschichte, 217–223).

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Familie zugehören, insofern nur seine Mutter jüdischer Herkunft war (vgl. 16,1.3). Da die Partner entgegen jüdischer Halacha35 zusammenlebten, könnte Timotheus, der religionsgesetzlich als Jude galt, ein eher ‚laxes Judentum‘36 kennengelernt haben. Seine familiäre Sozialisation lässt ihn sowohl für polytheistische Gottesverehrung als auch für das monotheistische Judentum aufgeschlossen sein.37 Da Timotheus aufgrund seiner Herkunft gute Ortskenntnisse in Kleinasien gehabt haben dürfte und auch von Mitchristen aus Lystra und Ikonion empfohlen wurde (vgl. 16,2), war es für Paulus insgesamt gut begründet, dass er ihn Silvanus als Partner vorschlug.

War das Missionsteam seit seinem Weg durch Kleinasien38 als Dreierteam unterwegs, so ruhte die Aufgabe der Evangeliumsverkündigung auf mehreren Schultern. Ihre Botschaft vom „Sohn Gottes, Christus Jesus“ wurde von nun an als Gottes eindeutiges „Ja“ zur Welt glaubwürdig vorgetragen (2 Kor 1,19), da sie aus dreier Zeugen Mund39 ihre rechtliche Gültigkeit erhielt. Alle drei Missionare wurden im Verlauf der Reise zu Genossen, die versuchen mussten, die Strapazen und Nöte einer in fremde Gegenden vorstoßenden Reisemission gemeinsam zu ertragen. Dass man sich als gleichberechtigte Kollegen verstand, unterstreicht die von Paulus 1 Thess  3,2 über den zur thessalonischen Gemeinde gesandten Timotheus gemachte Aussage, dass er „unseren Bruder40 und Mitarbeiter Gottes41 am Evangelium Christi42“ ist. Dürfte diese Ansicht 35 Vgl. Jev 45b (Bill. 2, 741). 36 Vgl. Haenchen,

Apostelgeschichte, 419. Mitteilung der Apostelgeschichte, dass Paulus Timotheus beschneiden ließ (vgl. Apg 16,3), dürfte keinerlei historische Wahrscheinlichkeit besitzen (mit Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 21), da Paulus seit seiner Beteiligung an der Völkermission in der antiochenischen Christenheit ein gesetzesfreies Evangelium propagierte (vgl.  Gal  2,3), das auch später keine Toraobservanz vorsah (vgl.  5,1 f.). In Unkenntnis paulinischer Theologie dürfte die Apostelgeschichte die Angabe, Timotheus sei mütterlicherseits jüdischer Abstammung (vgl. Apg 16,3), benutzt haben, um Timotheus mit einem guten Leumund als gesetzestreuen Juden auszustatten, vgl. aber dazu den Beitrag von B. Mutschler in diesem Band. 38 Vgl. zur Historizität der Reise des Missionsteams von Lykaonien und Pisidien nach Mazedonien Koch, Geschichte, 575–577. 39 Vgl. Dtn 17,6; 19,15; Mt 18,16; 2 Kor 13,1; Hebr 10,28. 40 Der Ausdruck ἄδελφος bezeichnet zunächst allgemein den Mitchristen (vgl.  Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 78 Anm. 93; Haufe, Thessalonicher, 56 Anm. 199). Er wird von Paulus für seine eigenen Mitarbeiter (vgl. 1 Kor 1,1; 2 Kor 2,13), aber auch für christliche Missionare (vgl.  1 Kor  16,12; 2 Kor  8,22) benutzt. Das beigefügte Personalpronomen dürfte das besondere Verhältnis hervorheben, das zu Timotheus „als eng verbundenen Mitarbeiter in der Dreiergruppe der Missionare“ (a. a. O., 56) besteht. 41  Vgl.  1 Kor  3,9 bezogen auf Apollos (und Paulus). Der von Bauer, Wörterbuch, s. v., gemachte Vorschlag, das συν‑ beziehe sich nicht auf Gott („Arbeitsgenossen im Dienst Gottes“), ist abzulehnen (mit Haufe, Thessalonicher, 57): Wer das Evangelium von Christus „ausrichtet, ist nicht weniger als Gottes Mitarbeiter“ (a. a. O., 57). 42 Τὸ εὐαγγέλιον τοῦ Χριστοῦ (vgl. Röm 15,19; 1 Kor 9,12; 2 Kor 2,12; 9,13; 10,14; Gal 1,7) ist ein Genitivus obiectivus (vgl. Holtz, Thessalonicher [1998], 126 Anm. 611; Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 199), der den Inhalt des Evangeliums als Verkündigung des irdischen Jesus als den göttlich gesalbten Retter für die Völker bezeichnet und insofern zugleich zum Genitivus auctoris wird (vgl. Holtz, ebd., und analog dazu 2 Kor 5,18–6,2). 37 Die

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selbstredend auch für Silvanus gelten,43 so teilen alle drei Kollegen das Bewusstsein, als von Gott auserwählte Mitarbeiter gleichberechtigt am Vorhaben der Völkermission mitzuwirken.44

III. Frühe Völkermission als apostolische Mission Als Paulus mit seinem Team in Mazedonien eintraf, konnte er selbst auf eine weit über ein Jahrzehnt andauernde Wirkungszeit in der christlichen Gemeinde von Antiochia zurückblicken.45 Neben seiner Tätigkeit für die Gemeinde in der (Groß‑)Stadt Antiochia46 hatte er zusammen mit Barnabas im Auftrag der antiochenischen Gemeinde ein Missionsunternehmen auf Zypern und in Teilen von Kleinasien geleitet.47 Praktische Missionsarbeit in römischen Kolonien,48 wenn auch durch eine aussendende Gemeinde mit finanzieller wie logistischer Hilfe ausgestattet, war ihm daher nicht fremd. Aufgrund seiner erfolgreichen Missions‑ wie Gemeindearbeit gelang es Paulus mit der Zeit, in das Leitungsgremium der Gemeinde von Antiochia aufgenommen zu werden.49 Ja, aufgrund seiner ausgezeichneten Kenntnis alttestamentlich-frühjüdischer Theologie, die er u. a. seiner ehemaligen Zugehörigkeit zur frühjüdischen Elite der Pharisäer verdankte,50 konnte er das theologische Profil der Gemeinde entscheidend prägen. So avancierte Paulus auf dem ‚Apostelkonvent‘ in Jerusalem sogar zu ihrem Sprecher.51 Diese im Jahre 48/9  n. Chr.52 durchgeführte Versammlung sollte sich als Glücksfall für Paulus’ spätere Mission erweisen. Angeregt worden war das Treffen von ‚Antiochia‘, um einen schwerwiegenden theologischen Dissens mit den 43 Vgl. Haufe, Thessalonicher, 57. Silvanus wird nach 1,1 im 1. Thessalonicherbrief nicht mehr erwähnt. Jedoch ist 3,6 zu entnehmen, dass er zusammen mit Paulus den Bericht von Timotheus über seine Reise nach Thessaloniki entgegennimmt. Da Silvanus mit Timotheus als Absender des 1. Thessalonicherbriefes fungiert, dürfte er die von Paulus über Timotheus gemachte Aussage sowohl unterstützt als auch auf sich selbst bezogen haben. 44  Vgl. Holtz, Thessalonicher (1998), 125; Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 67; Reck, Kommunikation, 166 f., dazu 2 Kor 1,24; 8,23a. 45  Vgl. Gal 2,1. 46 Zu Antiochia vgl. Haensch, Art. Antiochia, 133–135. 47   Vgl. Apg 13 f. 48  Vgl. Breytenbach, Missionsreise, 102, der darauf hinweist, dass es „die Tendenz […] des Paulus“ sei, „sich an römischen Militärkolonien wie Antiochia ad Pisidiam, Lystra, Ikonion, Troas, Philippi, Korinth“ zu orientieren. 49  Vgl. Apg 13,1. 50  Vgl. Phil 3,5. Zur frühjüdischen Gruppierung der Pharisäer, die sich in der Folge des religiös motivierten makkabäischen Aufstands 168–164 v. Chr. für ein gesetzeskonformes Judentum einsetzte, vgl. Weiss, Art. Pharisäer, 473–481. 51  Vgl. Gal 2,2. 52  Zur Datierung vgl. Koch, Geschichte, 238.

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sog. ‚Jakobusleuten‘ der christlichen Gemeinde in Jerusalem auszuräumen:53 Strittig war nicht nur die von der antiochenischen Gemeinde programmatisch vorgenommene Mission von Personen nichtjüdischer Herkunft,54 sondern auch die kultische Praxis, eine vorbehaltlose Tischgemeinschaft mit Gläubigen nichtjüdischer Herkunft beim ‚Herrenmahl‘ durchzuführen.55 Nachdem Paulus in den Beratungen in Jerusalem seine spezifische Evangeliumsverkündigung, mit der er sich an Personen nichtjüdischer Herkunft wandte, sowohl der versammelten Jerusalemer Gemeinde wie auch ihrem Leitungsgremium vorgetragen hatte,56 kam ‚Jerusalem‘ zur Überzeugung, seine Verkündigung als gleichberechtigt zur bisher u. a. von Petrus betriebenen Evangeliumsverkündung an Personen jüdischer Herkunft anzuerkennen.57 Dadurch war der Weg frei für ein Abkommen zwischen ‚Jerusalem‘ und ‚Antiochia‘: Ihre Übereinkunft regelte die Teilhabe an Israels Heil von Gläubigen nichtjüdischer Herkunft58 und zwar ohne, dass sie sich der Pflicht der Tora zur Beschneidung als Aufnahme in das jüdische Erwählungsvolk unterziehen müssten.59 Seit diesem Treffen in Jerusalem durfte sich Paulus als ein von Christus berufener Apostel verstehen, der von dem Gesalbten Gottes für seine Evangeliumsverkündigung an die Völker beauftragt worden war.60 Für seine spätere selbständige 53 Das Treffen in Jerusalem sollte die in der Gemeinde von Antiochia entstandenen Irritationen beenden, die gesetzestreue Christen jüdischer Herkunft aus Jerusalem bei Besuchen in Antiochia verursacht hatten. Diese Jerusalemer (sicher identisch mit den „Falschbrüdern“ Gal 2,4 und den „Leuten von Jakobus“ 2,12) verlangten von Christen nichtjüdischer Herkunft die Beschneidung und damit implizit auch die Übernahme der gesamten jüdischen Tora. Für die antiochenische Gemeinde, die sich gegen Auflagen für Gläubige nichtjüdischer Herkunft entschieden hatte, verständlicherweise eine schwer erträgliche und von sich aus, d. h. ohne eine Verabredung mit ‚Jerusalem‘ zu treffen, nicht zu bewältigende Situation. 54 Erfolgte in der frühen Zeit des Urchristentums einzelne Konversionen von Personen nichtjüdischer Herkunft (vgl. Q 7,1–10; Mk 7,24–30; Apg 10,47 f.), so kam es aufgrund der besonderen Bedingung in der Diasporasynagoge von Antiochia (vgl. Josephus, Bell. 7, 45) zu Konversionen von sog. ‚Gottesfürchtigen‘, die in eine grundsätzlich aufgenommene Völkermission mündete, vgl. Apg 11,20 f. sowie die von Antiochia initiierte Mission von Zypern und Teilen von Kleinasien Kap. 13 f.: Letztere führte zu Gemeindegründungen von Gläubigen nichtjüdischer Herkunft in Ikonion, Lystra und Derbe. 55  Vgl. Gal 2,12. Diese beiden (sic!) in der antiochenischen Gemeinde vorhandenen ‚Neuerungen‘ gehören zu den geschichtlichen Voraussetzungen des innerchristlichen Konfliktes. Wer nur die Beschneidungsfrage nennt (z. B. Koch, Geschichte, 228) verkennt, dass eine ‚Herrenmahlsfeier‘ von Gläubigen nichtjüdischer und jüdischer Herkunft die ekklesiologische Folge einer beschneidungsfreien Völkermission ist. Insofern ist es richtig, wenn Böttrich, Apostelkonvent, 103, ausführt: „Beide Ereignisse [der Jerusalemer Apostelkonvent und der Antiochenische Konflikt, U. M.] sind miteinander verbunden“, und bemerkt: „Was in Antiochia verhandelt wird, erscheint damit als eine Art Folgekonflikt“. 56  Vgl. Gal 2,2. 57  Vgl. Gal 2,7 f. 58  Vgl. Gal 2,1–3. 59  Vgl. Gal 2,1.3 das Verfahren mit Titus, dem aus Antiochia als Exempel mitgereisten Gläubigen nichtjüdischer Herkunft. 60 Vgl. Gal 2,8 f. Aus dieser Sicht – jedoch ohne den Begriff Apostel zu verwenden – beschreibt

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Mission wird er diese Auszeichnung benutzen, indem er sowohl in Philippi als auch in Thessaloniki als „Apostel Christi“ (1 Thess  2,7) auftrat und diese Würdigung auch seinen beiden Mitarbeitern, die an Gottes endzeitlichem Rettungswerk der Gründung von ‚Völkergemeinden‘ mitwirken, nicht vorenthielt.61 Zugleich verwendete Paulus die ursprünglich nur ‚antiochenische Gläubige‘ nichtjüdischer Herkunft betreffende soteriologische Gleichberechtigung für das Vorhaben seiner eigenen, jedoch von Antiochia völlig unabhängigen apostolischen Völkermission.62 Um jedoch die Anerkennung von Gemeindegründungen aus Gläubigen nichtjüdischer Herkunft als integrativen Teil des endzeitlichen Israels durch ‚Jerusalem‘ zu erreichen, musste Paulus jedoch einen wichtigen Umstand verwirklichen: Damit die Einheit der Christenheit durch die Existenz zweier verschiedener Verkündigungsweisen des Evangeliums63 nicht aufs Spiel gesetzt werde, hatte er nämlich auf dem Jerusalemer Apostelkonvent zusammen mit Barnabas ein wichtiges Zugeständnis gemacht:64 Danach müssen Gläubige nichtjüdischer Herkunft einwilligen, mit einer Geldsammlung an die Jerusalemer Gemeinde65 den heilsgeschichtlichen Ursprung ihrer von Toraobservanz freien Glaubensexistenz zu würdigen. Auf diese Weise sollte es zu einem Ausgleich zwischen Christen jüdischer Herkunft und Christen nichtjüdischer Herkunft kommen: Während die einen den Gläubigen nichtjüdischer Herkunft Heilsteilhabe an Israels göttlicher Verheißung ermöglichen, geben die anderen den Gläubigen Paulus im späteren Galaterbrief seine zeitlich weit vor dem Apostelkonvent liegende Lebenswende in Damaskus, vgl. 1,16. 61  Der in 1 Thess 2,9 Verwendung findende Apostelbegriff ist weder Titel noch Amtsbezeichnung (vgl. Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 151). Er ist auch nicht im technischen oder professionellen Sinne gebraucht, da er kombiniert mit „Christus“ erscheint, anders Holtz, Thessalonicher (1998), 78–81; Schreiber, 1. Thessalonicher, 140. Zudem ist er nicht wie Apg 1,21 f.26 nahelegt, personell eingeschränkt auf den Kreis der 11 + 1 Jünger. Zur Vermeidung von Missverständnissen bietet sich mit Bauer, Wörterbuch, s. v., eine deutsche Übersetzung mit „Abgesandter“ an. Der Ausdruck „Apostel Christi“ ist dabei als Genitivus subiectivus zu verstehen und bringt zum Ausdruck, dass die Abgesandten im Auftrag und in Vertretung ihres erhöhten Herrn, dem Gesalbten Gottes, mit seiner Botschaft an den Menschen zu ihrer Rettung tätig werden. Sie treten damit als seine selbständig agierende – im Unterschied zum Boten – Botschafter auf. Paulus wird später den Apostelbegriff als Christus‑ oder Erscheinungsapostolat (um‑) definieren (vgl. 1 Kor 9,1 f.; 15,7b; Gal 1,15 f.). Zur Zeit des 1. Thessalonicherbriefs partizipiert der Begriff an einem offenen Apostelbegriff, insofern er nur die gemeindegründende Tätigkeit meint, vgl. Frey, Apostel, 200. 62  Vgl. Schreiber, 1. Thessalonicher, 43. 63 Vgl. Gal 2,7, dass es aufgrund der Beratungen auf dem Apostelkonvent zur Anerkennung zweier verschiedener ‚Evangelien‘ kam, zum einen das bisher praktizierte, sich an Personen jüdischer Herkunft richtende Evangelium mit bleibender Toraobservanz  – das ‚Evangelium der Beschneidung‘ – und zum anderen das sich in Antiochia neu an Personen nichtjüdischer Herkunft richtende Evangelium ohne Toragehorsam, das ‚Evangelium der Unbeschnittenheit‘. 64  Vgl. Gal 2,10. Die Kollektenvereinbarung dürfte nicht Bestandteil der Abmachung gewesen sein, vgl. Becker, Paulus (1992), 272 f.; Horn, Kollektenthematik, 139 f. 65  Diese Gelder waren bestimmt zur Verteilung an Bedürftige der Jerusalemer Gemeinde, vgl. 2 Kor 9,9.12.

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jüdischer Herkunft materielle Versorgung.66 Aufgrund dieser Konzession musste es Paulus aber während der gesamten Zeit seiner selbständigen Völkermission in Kauf nehmen, dass über den von ihm und seinem Team gegründeten Gemeinden das Damoklesschwert ihrer Akzeptanz durch ‚Jerusalem‘ schwebte. Diese Unsicherheit musste bis zu dem Zeitpunkt andauern, an dem es zur tatsächlichen Annahme des von den paulinischen Missionsgemeinden gesammelten Geldbetrages durch die christliche Erstgemeinde von Jerusalem67 gekommen war.68

IV. Frühe Völkermission als Pioniermission Konnte die Jerusalemer Abmachung Gläubigen nichtjüdischer Herkunft die Teilhabe an dem Israel verheißenen Gottesheil verbürgen, so wurde jedoch das genauso strittige Folgeproblem nicht gelöst, nämlich, ob es in sog. ‚gemischten Gemeinden‘, die sich aus Christen jüdischer und nichtjüdischer Herkunft zusammensetzen, bei der Feier des Herrenmahls zu einer Tischgemeinschaft kommen kann: Schloss das christliche Mahl, das entweder als Erinnerungs-69 oder als Gedächtnismahl70 gefeiert wurde, doch die Sättigung aller Teilnehmer an den zum Mahl mitgebrachten Speisen ein.71 Der Grund lag in der jüdischen Tora, die aus dem Grund der Abgrenzung des Erwählungsvolkes von den Völkern Juden einen gemeinsamen Tisch mit Unreinen untersagte.72 Wurde dieses ‚gemischte Herrenmahl‘ in dem von Gläubigen jüdischer Herkunft dominierten Jerusalem bzw. Palästina nicht gefeiert, blieb Petrus nichts anderes übrig, als nach Antiochia zu reisen, um seine Praxis kennenzulernen: Als erster Auferstehungszeuge73 sollte er wie zuvor über das paulinische Völkerevangelium74 so auch über den ‚christlichen‘ Geist, näher: der Angemessenheit der in Antiochia geübten Herrenmahlsfeier zur bisher unter Gläubigen jüdischer Herkunft praktizierten Kult66 Vgl.

 die paulinische Zuspitzung 2 Kor 9,10–15; Röm 15,27. der Auferstehung Jesu und Gründung der ersten Auferstehungsgemeinde, vgl. Mk 16,1–8 par.; Apg 1,13 f. 68 Vgl. Röm 15,25–28; 2 Kor 9,12–15. Aus dem Philipper‑ wie dem 1. Thessalonicherbrief sind Informationen zur Kollekte nicht zu entnehmen. Dass sie in beiden Gemeinden (wie auch in Galatien, vgl. Gal 2,10) durchgeführt wurde, belegt zum einen die Unterstützung der Kollekte in Mazedonien durch Titus (vgl. 2 Kor 2,13; 7,6; 8,6.16.23) sowie die von Paulus geführte Kollektendelegation der Gemeinden von Macedonia und Achaia (vgl. Röm 15,26.28; 1 Kor 16,4), von der Apg 20,4 weiß, dass sie u. a. unter Beteiligung von Abgesandten der Gemeinden von Thessaloniki und Beroia zustande kam. 69 Vgl. Mk 14,22 f parr. 70  Vgl. 1 Kor 11,25. 71 Vgl. Mk 14,22parr.; Gal 2,12; 1 Kor 11,25. 72  Vgl. Ex 34,15; Est 4,C28, auch Jub 22,16–18; Apg 10,9–16. 73  Vgl. 1 Kor 15,3b–5*. 74 Vgl. Gal 2,8, dass zuvor in Jerusalem die Adäquatheit des paulinischen Evangeliums für die Völker mit der auf Petrus zurückgehenden Verkündigung an Israel festgestellt wurde. 67 Ort

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feier befinden. Nach anfänglicher Teilnahme nahm Petrus jedoch davon wieder Abstand.75 Seine Doppelmoral, erst auf Druck gesetzesstrenger ‚Jakobusleute‘ die Tischgemeinschaft mit Gläubigen nichtjüdischer Herkunft zu verlassen,76 erregte den Unmut von Paulus: Während sich Petrus durch sein Verhalten implizit für Zugeständnisse von Gläubigen nichtjüdischer Herkunft für ihre Teilnahme am Herrenmahl aussprach,77 sprach sich Paulus kompromisslos78 gegen jegliche Auflagen aus. Dass Gläubige jüdischer Herkunft bei der Herrenmahlsfeier die Tora übertreten mussten, nahm er dabei als Folge des nach seinem Verständnis eine neue Welt begründenden Evangeliums79 in Kauf. Mit seiner Bewertung von Christi Auferstehung von den Toten als Epochenwende, die durch den Christusglauben die Heilsperiode der Tora definitiv zur überwundenen Vergangenheit machte,80 stand Paulus jedoch (plötzlich) allein da: Zu seinem Entsetzen entschied sich nämlich auch Barnabas zusammen mit (fast) allen anderen Gläubigen jüdischer Herkunft für die ‚petrinische‘ respektive ‚jakobische‘ Position.81 Die Folgen waren für Paulus gravierend: Nicht nur, dass seine theologische Stimme in der antiochenischen Christenheit unglaubwürdig geworden war, nein, er musste zudem darüber hinaus einsehen, dass ihm aufgrund der Unstimmigkeit in der ‚Herrenmahlsfrage‘ mit dem ‚Antiochener‘ Barnabas und dem ‚Jerusalemer‘ Petrus/Kephas82 in ganz Syrien keinerlei Wirkungsmöglichkeiten mehr gegeben war: Einerseits im nordsyrischen Einflussgebiet der antiochenischen Gemeinde83 und andererseits im südsyrischen/palästinischen Bereich im Umkreis der Gemeinde von Jerusalem. Seinen Abschied von Antiochia und die Begründung einer eigenständigen Völkermission wird Paulus Jahre später Röm 15,20 f. rückblickend als Aufbruch zu einer sog. ‚Pioniermission‘ beschreiben: Nach dieser sich selbst auferlegten Verpflichtung hätte er nur christliche Gemeinden an denjenigen Orten gegründet, wohin noch kein Evangelium gedrungen war. Trifft dies für seinen Aufenthalt in der von ihm nicht gegründeten Gemeinde in Ephesus keineswegs zu,84 so doch für die Anfangszeit seiner Völkermission. Denn in der Tat: Wollte Paulus  Vgl. Gal 2,11–14.  Vgl. Gal 2,12a. 77  Aus Gal 2,12 f. geht nicht hervor, welche Auflagen Petrus bzw. die antiochenische Gemeinde den Gläubigen nichtjüdischer Herkunft für ihre Teilnahme an einer gemischten Herrenmahlsfeier gemacht hat. Erwägenswert ist, dass die vier ‚Jakobusklauseln‘ (vgl. Apg 15,29) auf diesen in der Urchristenheit immer seltener werdenden Fall angewandt wurden, dazu Koch, Geschichte, 245 f. Sie regelten aus jüdischer Perspektive universale Moralvorstellungen, die jedem Christen nichtjüdischer Herkunft abverlangt werden konnten, dazu Eschner, Essen, 363–374. 78  Vgl. Gal 5,2 f. 79 Vgl. Gal 1,4; 2,21fin. 80 Vgl. Gal 3,19–25. 81 Vgl. Gal 2,13 mit V. 12. 82  Vgl. Gal 2,11–13. 83  Einschließlich Zypern und Teilen Kleinasiens, vgl. Apg 13 f. 84  Vgl. 1 Kor 16,12; Phil 1,14–18; Apg 18,24–26, dazu Koch, Geschichte, 289–291. 75 76

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einen Konflikt mit Vertretern der sich mehrheitlich gegen ihn ausgesprochenen Theologie vermeiden, musste er Syrien verlassen. Was lag für einen im Osten des Römischen Reiches sozialisierten Bürger näher,85 als sich konsequent nach Westen in Richtung (Kleinasien und) Griechenland zu orientieren, wohin um 49/50 n. Chr. noch kein christlicher Missionar gereist war?86

V. Frühe Völkermission als eigenfinanzierte Mission Die Trennung von der auch prominente und daher wohlhabende Mitglieder umfassenden Gemeinde in Antiochia87 war für das Vorhaben einer eigenen Missionsarbeit nicht förderlich. Ohne Unterstützung durch eine entsendende Gemeinde war Paulus darauf angewiesen, alle entstehenden Kosten aus eigener Tasche zu bezahlen. Da weit und breit keine Gemeinde zu finden war, die für die Finanzierung seiner Reisemission in Frage kam, und es allenfalls einzelne Unterstützer gegeben haben wird, musste Paulus eine eigenfinanzierte Mission beginnen. Dürfte Paulus sicherlich sein eigenes Vermögen88 eingebracht haben, so waren seine Mittel doch begrenzt. Es ist daher nicht von ungefähr, dass er 1 Thess 2,9 von der „Mühe und Anstrengung“ seines Missionsteams erzählt, „Tag und Nacht bei der Arbeit“ in Thessaloniki gewesen zu sein, „um nur ja keinem“ in der Gemeinde „zur Last zu fallen“. 85  Es dürfte kein Zufall sein, dass Paulus in seinen Briefen „Spanien“ mit einer geographischen Bezeichnung als Land (vgl.  Röm  15,24.28), jedoch sonst Regionen mit römischen Provinznamen bezeichnet, vgl. Macedonia: Röm 15,26; 1 Kor 16,5; 2 Kor 1,16; 2,13; 7,5; 8,1; 11,9; Phil 4,15; 1 Thess 1,7 f.; 4,10, Achaia: Röm 15,26; 1 Kor 16,15; 2 Kor 1,1; 9,2; 11,10; 1 Thess 1,7 f., Illyris [superior und inferior]: Röm 15,19, Asia: Röm 16,5; 1 Kor 16,19; 2 Kor 1,8. Lässt sich besonders aus Röm 15,19 schließen, dass Paulus ein im Osten des Römischen Reiches sozialisierter Diasporajude ist, der sich mithilfe einer römisch-politischen Geographie ausdrückt, so doch nicht, dass er aus einem Konzept der Territorialität seine frühen Völkermission konzipierte, gegen Magda, Territoriality, 183. 86  Bis zu diesem Zeitpunkt war das Urchristentum in Palästina wie in Städten von Syrien präsent (Überblick zur Verbreitung bei Koch, Geschichte, 431–437) und dürfte nach Rom durch die guten Schiffsverbindungen gekommen sein, dazu Lampe, Christen, 2–4. – Wie recht Paulus bei seinem Entschluss zur Pioniermission hatte, sollte die spätere Situation in Galatien (und Philippi vgl. Phil 3,1–15) zeigen: Hier war es nach Paulus gesetzesfreier Völkermission zu einer Nachmission von judaistischen Gegnern gekommen, die von den Konvertiten nachträglich die Bescheidung forderten, vgl. Gal 1,7; 5,2; 6,12. 87  Nach Apg 13,1 gehörte zum Leitungsgremium der antiochenischen Gemeinde Manahem/ Manaem, der, als „Jugendgefährte des Tetrachen Herodes“ Antipas bezeichnet, zur palästinischen Aristokratie zählte. 88 Liegen über das private Vermögen von Paulus keine eigenen wie auch urchristlichen Angaben vor, so dürfte er aufgrund seines familiären Hintergrundes relativ wohlhabend gewesen sein, da er nach Phil 3,5; 2 Kor 11,22; Apg 21,39 aus einer jüdische Traditionen pflegenden Diasporafamilie mit vielleicht tarsischem Stadtbürgerrecht stammte, die ihrem begabten Sohn höheren Unterricht in jüdischen Traditionen, darunter der LXX und ihrer Auslegung (dazu Frey, Prägung, 63 f.), aber auch in der Beherrschung gehobener Literaturkoine finanzieren konnte.

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Ist der Beruf von Silvanus und Timotheus unbekannt, so könnte Paulus nach Auskunft von Apg 18,3 das Handwerk eines Textilarbeiters bzw. Sattlers gelernt und ausgeübt haben. Das Herstellen u. a. von Zeltplanen war z. B. für die Beschattung in städtischen Theatern oder Hippodrome notwendig.

Waren sich die drei Missionare darin einig, mit eigener Lohnarbeit die nicht unerheblichen Kosten ihrer missionarischen Sendung zu verdienen, so dürfte ihre handwerkliche (Aushilfs‑) Tätigkeit nicht den zur Deckung ihres Lebensunterhaltes notwendigen Ertrag abgeworfen haben. Nicht anders lässt sich nämlich die Notiz von Phil 4,16 interpretieren, dass das Missionsteam während seines Aufenthaltes in Thessaloniki mehrmals Zuwendungen aus der Gemeinde in Philippi dankbar angenommen hat.

VI. Frühe Völkermission als Wandermission Erklärt 1 Thess 2,2 als Aufenthaltsorte des Missionsteam die Stadt Philippi und, darauf folgend, die ca. 150 km westlich gelegene Stadt Thessaloniki (vgl. 1,1),89 so dürften die Missionare bei ihren städtischen Aufenthaltsorten auf der den Norden von Griechenland von West nach Ost querenden via Egnatia unterwegs gewesen sein.90 Diese via publica begann an der Adria und führte von Dyrrhachion und Apollonia über Herakleia, Thessaloniki, Apollonia, Amphipolis und Philippi bis nach Neapolis an den Hellespont.91 Wenn man den Wagen wählte, ermöglichte sie mithilfe von Beherbergungsmöglichkeiten und Pferdewechselstationen eine relativ angenehme und vor allen Dingen zügig vorankommende Reise.92 Folgt man der Darstellung der Apostelgeschichte, so setzte das Missionsteam nach der Durchquerung von Kleinasien in der Hafenstadt Troas nach Europa über, um über die Insel Samothrake nach dem Hafen Neapolis zu gelangen (vgl. Apg 16,11 f.). Der nächste größere Ort war dann das im Landesinnern an der via Egnatia gelegene Philippi.

Führte die Evangeliumsverkündigung sowohl in zwei mazedonischen Städten zu Missionserfolgen, so kann die Vorgehensweise des Missionsteams als eine von Stadt zu Stadt sich fortbewegenden sog. ‚Wandermission‘ bezeichnet werden, die sich vom Straßennetz, das Städte in römischer Zeit miteinander verband, leiten ließ. Ursprünglich von Paulus und Silvanus im Osten des Römischen Reiches, 89  Nach dem Itinerarium Antonini 317,6–323,8 (dazu Löhberg, Itinerarium, 249–252) sind es von Philippi bis Thessaloniki 100 Meilen = 148 km. Auf direktem Weg war dies eine Reise auf einem Pferdewagen von ca. 3–5 Tagen, zu Fuß von ca. 10–14 Tagen, dazu Riepl, Nachrichtenwesen, 145 f.154 f. 90  Vgl. die Anordnung der ‚Ersten Missionsreise‘ des Paulus in Apg 13 f. (Antiochia – Ikonion – Lystra), die der via Sebaste von West nach Ost folgt. 91  Zum Verlauf der via Egnatia vgl. die Karte bei Pilhofer, Philippi (Bd. 1), 202. 92  Vgl. hierzu auch die Beiträge von U. Fellmeth und M. Schuol in diesem Band.

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im syrischen Antiochia begonnen, suchte sie Städte in nördlich des Mittelmeeres gelegenen römischen Provinzen auf, um – vervollständigt mit Timotheus – über Kleinasien und Mazedonien schließlich das Vorhaben zu verwirklichen, zu dem am westlichen Ende des Römischen Reiches am Mittelmeer gelegenen Spanien93 zu gelangen. Kriterien der Wandermission waren, dass in hellenistischrömischen Städten eine griechisch sprechende Bevölkerung anzutreffen war,94 die man in der eigenen Sprache95 auf das auf Griechisch abgefasste Evangelium ansprechen konnte. Zudem waren in größeren römischen Städten, die mit Verwaltung, Handel und Wirtschaft ein gewisse Mittelpunktfunktion für eine Region ausübten, Personen anzutreffen, die über einen gewissen Bildungsgrad verfügten, um die theologischen Gehalte der christlichen Botschaft zu erfassen96 und im Geist des Evangeliums selbstständig gemäß den Prinzipien christlicher Ethik zu handeln97. Hinzukam, dass es auch für die Missionare selbst von Vorteil war, in Städten ihren Aufenthalt zu suchen. Die Infrastruktur einer römischen Stadt, ihre orthogonale Straßenanlage mit insulae von Wohn‑ und Arbeitsstätten, durchzogen von breiteren Hauptstraßen wie cardo maximus und decumanus, an deren Schnittpunkt in der Nähe eine Agora sowie größere Verwaltungsgebäude und Tempel lagen, war von Stadt zu Stadt ähnlich98 und machte die Orientierung relativ einfach. Städte, die Gewerbe und Handel, aber auch Geldwirtschaft auszeichneten, erleichterten das Auffinden von Gasthäusern wie die Aufnahme von bezahlter Arbeit. Konnten die Missionare mithin davon ausgehen, in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. eine bis nach Italien reichende hellenistisch-römische Polis-Gesellschaft anzutreffen, so mussten sie erst für den westlichen Endpunkt ihres Planes in Erwägung ziehen, auf Hilfe im Dolmetschen zurückzugreifen. Es ist darum nicht von ungefähr, dass das Missionsteam auf dem Weg nach Spanien von vor93 Vgl.  Röm  1,13; 15,22.24.28. Paulus dürfte mit der geographischen Angabe „Spanien“ (vgl. Bauer, Wörterbuch, s. v.) von seinem Standpunkt im Ost-Mittelmeerraum die westlichen Grenzen der damals bekannten Welt meinen (vgl. Riesner, Frühzeit, 272, mit Belegen). Dass in Italien bzw. auf dem Weg zwischen Rom und Spanien noch andere Regionen, u. a. die römischen Provinzen Gallia Cisalpina und Gallia Narbonensis liegen, in deren Städten er Völkermission betreiben könnte, dürfte außerhalb seiner Kenntnis liegen. Ein Bezug zu Jes 66,18–22LXX , der Vision von einer endzeitlichen Sammlung Israels (so Riesner, Frühzeit, 213–225), wie auch eine Verwendung der Völkertafeltradition (bes.  Gen  10LXX , so Scott, Paul and the Nations, 135–148) wird von Paulus für die geographischen Ziele seines Missionsunternehmens nicht hergestellt. Er selbst begründet Röm 15,21 denn auch rückblickend das Konzept seiner ‚weltweiten (Pionier‑) Mission‘ mit dem Zitat aus Jes 52,15LXX . 94  Vgl. Ebner, Stadt, 18 f.; Reck, Kommunikation, 75–78. 95  Vorauszusetzen ist, dass das Missionsteam die Lingua franca des Römischen Reiches als Muttersprache (so Paulus, dazu Niebuhr, Name, 51) oder neben dem eigenen muttersprachlichen Dialekt zumindest als Zweitsprache beherrschte. 96   Vgl. z. B. 1 Thess 1,9 f. 97   Vgl. z. B. 1 Thess 4,1.9. 98  Vgl. Höcker, Art. Städtebau, 906 f.

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neherein plante, in Rom eine Zwischenstation einzulegen, um von einer dort bereits existierenden Gemeinde99 entsprechende Unterstützung zu erbeten.100 Die von Paulus angeführte Wandermission nutze jede sich bietende Gelegenheit, das christliche Evangelium zu verkündigen. Nicht mehr festzustellenden günstigen Umständen ist es dabei zu verdanken,101 dass es sowohl in Philippi als auch in Thessaloniki zur Gründung einer christlichen Gemeinde kam. Jedoch verließ das Missionsteam auf Druck kommunaler Behörden beide Orte. Die nur kurze Zeit betreuten Gemeinden waren damit sich selbst überlassen.102

VII. Frühe Völkermission als Gründung funktionsfähiger Gemeinden Während das Missionsteam bei Philippi keine Möglichkeit sah, zur Gemeinde zurückzukehren, gestaltete sich die Situation in Thessaloniki anders. Hier gab es die Chance, dass nach Beruhigung der öffentlichen Lage die Missionsarbeit fortgesetzt werden konnte. Nach Darstellung der Apostelgeschichte wählte das Missionsteam seinen nächsten Aufenthalt in der von Thessaloniki ca. 75 km entfernt liegenden Stadt Beroia (vgl. Apg 17,10–13). Dieser Thessaloniki relativ nahe gelegenen Ort103 lag wiederum auf der Richtung Westen eingeschlagenen Route, jedoch nicht an der via Egnatia.

Verkündete das Missionsteam auch in der Stadt Beroia mit Erfolg das christliche Evangelium,104 so blieben nach 1 Thess 2,18 in dieser Zeit mehrere Anläufe ohne Erfolg, als Team zur Gemeinde in Thessaloniki zurückzukehren. Nach Darstellung von Apg 17,5–9 blieben die Rückkehrbemühungen des Missionsteam nach Thessaloniki erfolglos, weil nach dem Verlassen des Missionsteams ein Gemeindeglied mit Namen Jason als Quartiergeber für die der Unruhestiftung verdächtigten Missionare vom Pöbel vor die Politarchen gezerrt wurde und dieser einer Inhaftierung nur durch Stellung einer von ihm zusammen mit seinen thessalonischen Glaubensgenossen aufgebrachten Kaution von nicht unerheblicher Höhe entgehen konnte.  99 Zur Entstehung der christlichen Gemeinde in Rom vgl.  Apg  19,21 und dazu Wolter, Römer (Bd. 1), 38 f., dass die ersten Christen nach Rom bereits unter den Kaisern Caligula (37–41 n. Chr.) oder Claudius (41–54 n. Chr.) gekommen waren. 100  Vgl. Röm 15,24. 101  Diese Feststellung muss genügen, warum es nicht auf den zwischen Philippi und Thessaloniki an der via Egnatia liegenden Städten Amphipolis und Apollonia (vgl.  Apg  17,1) zu Missionserfolgen gekommen ist. 102  Dass Paulus weiterzog, wenn eine Gemeinde in einer Stadt gegründet war und wie eine Fackel brannte und ein größeres Hinterland erleuchtete, trifft auf seine Mission in Mazedonien nicht zu, gegen R abens, Missionsstrategie, 226. 103  Zu Beroia vgl. Wirbelauer, Art. Beroia, 577 f. 104  Vgl. Apg 17,11 f., dazu 20,4, dass Sosipater als Vertreter der Gemeinde von Beroia Teil der paulinischen Kollektendelegation werden wird.

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Blieb die Kautionsstellung in Kraft, so war das Missionsteam de facto für Thessaloniki mit einem Aufenthaltsverbot belegt, da ja bei einem erneuten Aufenthalt die Kaution einbehalten werden würde. Auch musste man befürchten, dass weitere Missionstätigkeit von der thessalonischen Bevölkerung behindert werden würde, etwa wie im Falle von Jason durch Verschleppung vor das Politarchengremium und Anzeige als Unruhestifter. Die mehrmaligen Rückkehrbemühungen zeigen jedoch an, dass das Missionsteam seine Aufgabe, das christliche Evangelium zu verkündigen, nicht darin bereits erfüllt ansah, wenn es gelang, einzelne Personen für den christlichen Glauben zu gewinnen. Vielmehr galt es, aus den Konvertiten eine lebensfähige und funktionierende (Haus‑) Gemeinde105 zu formieren, die sich im christlichen Kultus bis zum Eintreffen der als nahe bevorstehend geglaubten Parusie Christi verstetigen konnte. Entsprechend urchristlicher Praxis106 dürfte das Missionsteam die Gläubigen motiviert haben, sich regelmäßig am Abend107 des ersten Tages der Woche,108 dem „Herrentag“109, zu einem Wort‑ wie Herrenmahlsgottesdienst110 zu versammeln. Dazu war es notwendig, Räumlichkeit in privaten Wohnungen/Häusern zu finden111 und Verantwortliche zu finden (vgl. 1 Thess 5,12), die diese vorbereiteten wie auch für den anschließenden familiären Gebrauch wiederherstellten. Auch galt es für neu zur Gemeinde hinzukommende Gläubige die christliche Taufe als Aufnahmeritus zu etablieren (vgl. 5,5.8)112.

Mit dem Aufbau einer intakten Gemeinde vor Ort war aber auch noch eine weitere Maßnahme verbunden: Da Gemeinden, die aus Gläubigen nichtjüdischer Herkunft bestehen, sich bereiterklären mussten, einen angemessenen finanziellen Beitrag an die Gemeinde in Jerusalem zu entrichten, mussten vertrauenswürdige Personen für diese Aufgabe gefunden werden, die diesen unter Umständen regelmäßig113 gesammelten Beitrag zur Aufbewahrung entgegennahmen und treuhänderisch verwalteten, bis es zu einer Übersendung einer größeren Summe mithilfe von Vertrauensleuten kommen konnte114. 105 Vgl. die stehende Wendung ἡ κατ’οἶκον + Gen. + ἐκκλησία und Röm 16,3.5; 1 Kor 16,19; Phlm 2, dazu Mell, Hauskirche, 37–52. 106 Vgl. Apg 1,13 f.; 9,11; 12,12. 107 Vgl. 1 Kor 11,20 f. 108 Christliche Zählung, vgl. 1 Kor 16,2; Apg 20,7. 109 Vgl. Apk 1,10; Did 14,1; IgnMagn 9,1; EvPetr 9(35).12(50). 110  Vgl. 1 Kor 11,20–34; 12–14. 111  Gut möglich ist es, dass in Jasons Hauswesen (vgl. Apg 17,5) sich eine sog. ‚Hausgemeinde‘ zur Durchführung des christlichen Kultes versammelte, auch können Wohnungen/Häuser von Aristarchus und Sekundus (vgl. 20,4) dafür in Frage gekommen sein. Jedoch ist bei letzteren nicht sicher, ob sie von Beginn an zur thessalonischen Gemeinde gehörten. 112  Vgl. 1 Thess 5,5 die Verwendung der frühjüdischen Bezeichnung von Rechtgläubigen als „Söhne des Lichtes“ und in 5,8 die Gewandmetaphorik, beides in ähnlicher Weise vorhanden in der vorpaulinischen Tauftradition Gal 3,26–28*, die durch die Taufe den Menschen als Geschöpf Gottes durch das Christuskleid einer neuen soteriologischen Existenz zuordnet, dazu Mell, Schöpfung, 308. 113  Vgl. 1 Kor 16,2. 114  Vgl. Apg 20,4.

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VIII. Der Ortswechsel während der frühen Völkermission Die vom Missionsteam auf seiner Wanderreise Richtung Westen in drei Städten (Philippi, Thessaloniki und Beroia) in der römischen Provinz Macedonia erfolgreich durchgeführte Evangeliumsmission fand keine Fortsetzung. 1 Thess  3,1 kehrte man nicht von Beroia aus zur Trasse der via Egnatia zurück, um in den von ihr berührten Städten, etwa in Pella115, Edessa116 oder Herakleia117, die Völkermission im mazedonischen Westen fortzusetzen. Nein, das Missionsteam änderte seine Vorgehensweise und zog sich aus der Missionsarbeit in Mazedonien zurück, um im Süden von Griechenland seine missionarische Tätigkeit fortzusetzen. Die Kürze der für den Ortswechsel nach Athen zur Verfügung stehenden Zeit legt es nahe, dass das Missionsteam118 Beroia in östlicher Richtung zum Thermaischen Golf hin verließ, und es ihm vielleicht gelang, von der ca. 35 km entfernten Hafenstadt Pydna aus per Schiff Piräus119 zu erreichen. Als Grund für diese im wahrsten Sinne des Wortes einer ‚Richtungsentscheidung‘ nahekommenden Ortsveränderung dürfte das auf das Jahr 49 n. Chr. datierbare120 sog. ‚Claudius-Edikt‘121 namhaft zu machen sein. Es stimmt zeitlich mit der im mazedonischen Beroia122 getroffene Entscheidung des paulinischen Missionsteams überein. Entsprechend dem von Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) erlassenen Edikt hatten (die) Synagogen in Rom erreicht, dass die in der jüdischen Gemeinschaft für Unruhe sorgenden Personen aus der Stadt ausgewiesen werden. Da ein gewisser „Chrestos“ verantwortlich gemacht wurde, dürften Christen jüdischer Herkunft gemeint sein, die durch ihre (gesetzeskritische?) Verkündigung des christlichen Evangeliums für Streit sorgten.123  Zu Pella vgl. Errington, Art. Pella, 495 f.  Zu Edessa vgl. Errington/Erler, Art. Edessa, 874. 117  Zu Herakleia vgl. Errington, Art. Herakleia Lynku, 364 f. 118 Vgl. 1 Thess 3,2. Anders Apg 17,14, wonach Silvanus/Silas und Timotheus in Beroia zurückblieben und Paulus allein nach Athen weiterreiste. Beide treffen aber in Korinth wieder mit Paulus zusammen (vgl. 18,5). 119  Vgl. auch Apg 17,14 f. Zu Piräus als dem sieben Kilometer von Athen entfernt liegenden Hafen vgl. von Eickstedt, Art. Peiraieus, 474–476. 120  Der Erlass des Kaisers wurde von Oros.Hist. VII 6,15 f. (Anfang des 5.Jh. n. Chr.) in das neunte Jahr der Regierungszeit des Claudius, das ist 49  n. Chr., datiert (vgl.  auch Apg  18,2), dazu Botermann, Judenedikt, 50–140; Alvarez Cineira, Religionspolitik, 201–214. Von dieser zeitlich beschränkten oder unbeschränkten Maßnahme der Ausweisung waren auch Prisca und Aquila betroffen (vgl. Apg 18,1 f.). 121 Vgl. den Wortlaut des Erlasses bei Sueton, Cl. 25, 4. 122 Anders Riesner, Frühzeit, 262; Alvarez Cineira, Religionspolitik, 273 f.; Ebner, Stadt, 21, die eine Kenntnis des ‚Claudius-Ediktes‘ schon für den Aufenthalt in Thessaloniki annehmen. Auf welche Weise das Missionsteam von dem Edikt erfuhr, ist nicht zu ermitteln: Nach Ebner, a. a. O., 21, geschah es durch ein besonders in Hafenstädten umlaufendes Gerücht (dazu Reck, Kommunikation, 120–129). Andererseits ist eine Begegnung mit aus Rom Ausgewiesenen in Mazedonien nicht auszuschließen, die wie die Italien Richtung Osten verlassende Eheleuten Prisca und Aquila belegen, vgl. Apg 18,1 f. 123  Vgl. die Vorgänge in Jerusalem (Apg 6,13 f. in Verbindung mit 7,57) und in der Synagoge 115 116

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Durch Ausweisung von Christen aus Rom124 war dem paulinischen Missionsteam ein Aufenthalt nicht nur in der Judenschaft der Metropole des Römischen Reiches, sondern auch bei Mitchristen jüdischer wie nichtjüdischer Herkunft erschwert, ja verunmöglicht.125 Ein äußerst widriger Umstand, war das Missionsteam doch bei seinem Vorhaben der bis nach Spanien geplanten Mission auf Unterstützung durch die römische Christengemeinde angewiesen. Da die missliche Situation in Rom hinzunehmen war, man aber als erfolgreich tätige Missionare nicht die Hände in den Schoß legen wollte, um auf bessere Zeiten zu warten, änderte das Missionsteam seine bisherige Route. Wie auch sonst auf seiner Wandermissionsreise blieb es auch im Süden Griechenlands das Ziel, eine hellenistisch-römische Stadt mit einer gewissen Zentrumsfunktion aufzusuchen. Jedoch, während ihrer (Schiffs‑)Reise nach Athen reifte beim Missionsteam der Entschluss, die thessalonische Gemeinde nicht weiterhin sich selbst zu überlassen. Was dem Missionsteam als Ganzem versagt geblieben war, sollte einem Einzelnem von ihnen gelingen: Verursachte doch die Reise einer Person weniger Kosten; auch könnte sich ein Einzelner in der Stadt ohne Arbeitsaufnahme durch materielle Unterstützung von Gläubigen leichter versteckt halten. Die Wahl aus dem Team fiel auf Timotheus126, der bereit war, das Risiko auf sich zu nehmen, sodass er von Athen aus nach Thessaloniki – wohl per Schiff – zurückgeschickt wurde. Bevor seine Missionskollegen sich aber von ihm trennten, wurde ein Treffpunkt für ein Wiedersehen vereinbart: Die Wahl fiel auf die wirtschaftlich und politisch aufstrebende Stadt Korinth, die vor Kurzem Sitz des römischen Statthalters für die Provinz Achaea geworden war.127 Blieb in Athen für Paulus missionarischer Erfolg aus, so reiste er nach Korinth weiter. In die Anfangszeit seiner dortigen Missionsarbeit fiel die Rückkehr von Timotheus aus Thessaloniki, der dem dort wieder vereinten Missionsteam einen Bericht über seine Reise abstattete. Zwei positive Ergebnisse konnten ein schwerwiegendes negatives jedoch nicht überstrahlen: Zunächst war es überaus erfreulich, dass die thessalonische Gemeinde auch bei anhaltenden Schikanen durch pagane Polis-Bewohner intakt geblieben war. Sie akzeptierte zudem, dass Timotheus als Einzelner aus dem von Paulus geführten Missionsvon Damaskus (Gal 1,13; Phil 3,6), dass palästinische Juden bzw. der sog. ‚vorchristliche Paulus‘, ein Diasporajude, gegen ein als torakritisch beurteiltes christliches Evangelium einschritten. 124 Entgegen Sueton, Cl. 25,4 dürfte die Ausweisung nicht alle Juden, sondern nur die christlichen Unruhestifter in der Synagoge betroffen haben. 125 Zum gemeinsamen Wohnort von Juden und Christen in Rom vgl. Lampe, Zugereiste, 15. 126 Warum Timotheus den Vorzug vor Silvanus erhielt, der 1 Thess  1,1 vor Timotheus als Mitglied des Absenderteams genannt wird, wird aus dem 1.  Thessalonicherbrief nicht deutlich. Eventuell war Timotheus aufgrund seiner religiösen Sozialisation in einer jüdischpaganen Familie besser geeignet, mit Christen nichtjüdischer Herkunft zu kommunizieren (vgl.  1 Thess  1,9 f.). Erst nachdem Paulus von Timotheus’ Evangeliumsverkündigung einen (guten) Eindruck erhält, wird er zu einem überschwänglichen Lob über seine Verkündigungsarbeit greifen, vgl. 1 Kor 4,17. 127  Vgl. Lafond, Art. Korinthos, 747.

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teams zur Gemeinde gekommen war und hatte ihn als kompetenten Mitarbeiter am Evangelium Christi willkommen geheißen. Bei allem Bemühen um eine Fortsetzung der Erstmission aber war es Timotheus nicht gelungen, bestimmte Anfragen der Gemeinde zu beantworten: So war er u. a. nicht in der Lage, über die Heilsteilhabe der zwischenzeitlich in der Gemeinde zu beklagenden Toten trostreiche Auskunft zu geben (vgl. 1 Thess 4,13–18). Die thessalonische Gemeinde fragte sich nämlich, wie ihre vor dem Eintreten der Parusie Christi verstorbenen Gläubigen an dem verheißenen eschatologischen Endheil der auf Erden stattfindenden Gottesherrschaft teilnehmen werden. Ja, sollte diese Frage in Bälde nicht geklärt werden, würde die Gemeinde an dem zu Tage tretenden inneren Widerspruch des christlichen Evangeliums zerbrechen: Denn eine wartende Parusie-Gemeinde, die durch den Tod ständig ihre Glieder verliert, war eine durch Spaltung in eine vom Leben privilegierte und unterprivilegierte Gruppe von Gläubigen bedrohte Einheit, ja, war eine ohne ständigen Mitgliederzuwachs durch das Ausbleiben der Parusie sich letztlich ins Nichts auflösende Erwählungsgemeinde! Für eine lösende und tröstende Antwort an ‚Thessaloniki‘ blieb dem paulinischen Missionsteam nur wenig Zeit, wollte man vermeiden, die Arbeit in Thessaloniki insgesamt als Fehlschlag bewerten zu müssen.

IX. Der Strategiewechsel zur Zentrumsmission Schenkt man dem Umstand Beachtung, dass erst der Bericht von Timotheus in Korinth Paulus dazu veranlasste, zur Feder zu greifen, um einen Brief an die Gemeinde in Thessaloniki aufzusetzen, so werden dafür zwei triftige Gründe vorgelegen haben. Der erste betrifft die personale Präsenz des Missionsteams: Bis zu diesem Zeitpunkt ihrer Mission der Völker war es Paulus und seinen Kollegen ihr stetes Anliegen gewesen, vor Ort Personen durch mündliche Ansprache für das Evangelium von der Erlösung in Christus zu gewinnen und im Anschluss daran eine christliche Gemeinde aufzubauen.128 Eben aus diesem Grund hatte Paulus gemeinsam mit seinen Kollegen versucht, von Beroia aus zur Gemeinde zurückzukehren, und wurde auch Timotheus von Athen aus zur thessalonischen Gemeinde zurückgesandt. Dass ein schriftliches Dokument dieselbe Qualität haben könnte wie die mündliche Kommunikation des Evangeliums129 war für 128  Vgl. 1 Thess 2,17 f.; 3,10, aber auch Gal 4,20; Phil 1,8; 2,24; 4,1. Vgl. auch das reziproke Verlangen der thessalonischen Gemeinde, das paulinische Missionsteam zu sehen, vgl. 1 Thess 3,6fin. 129 Zur initialen mündlichen Evangeliumsverkündigung vgl.  Reck, Kommunikation, 162– 164, sowie über die schriftliche Qualität von Briefen: Dass Briefe nach antiker Brieftheorie u. a. die Funktion haben, persönliche Anwesenheit zu ersetzen, „stimmt aber nur in recht eingeschränktem Sinn. In Wirklichkeit können diese Medien die persönliche Gegenwart nicht adäquat ersetzen: sie verfügen rein mengenmäßig über eine unvergleichlich geringere Übertragungskapazität, sind sehr störanfällig, was noch dadurch verschärft wird, daß die Rückkopplungsmechanismen ausgesprochen träge reagieren und daher auf der Empfängerseite die

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Paulus in dieser frühen Zeit seiner Völkermission schwer vorstellbar, ja, es war für ihn schlicht analogielos.130 Bis zum Jahr 50 n. Chr., dem anzunehmenden Abfassungsdatum des 1. Thessalonicherbriefs, dürfte das Urchristentum bis auf eine Ausnahme131 auf mündliche ‚Face-to-faceKommunikation‘ gesetzt haben: Johannes der Täufer, aber auch Jesus von Nazaret waren an der persönlichen Vermittlung ihres jeweiligen Anliegens gelegen. Während der Täufer prophetische Gerichtsrede bevorzugte und in seiner Taufe am Jordan Israel Rettung anbot (vgl. Q 3,7–9; Mk 1,4par.), vermittelte Jesus u. a. in Gleichnisreden und Wundertaten die Israel in seiner Person nahekommende Gottesherrschaft (vgl.  Lk  11,20; 17,20 f.). Auch Paulus selbst bevorzugte in Jerusalem einen mündlichen Vortrag über die theologischen Konturen seines Evangeliums an die Völker (vgl. Gal 2,2).

Der zweite Grund wird bei der thessalonischen Gemeinde gelegen haben: Der Bericht von Timotheus über seinen Aufenthalt bei ihr in Thessaloniki machte nämlich deutlich, dass die Gemeinde ihn als Einzelnen aus dem paulinischen Missionsteam akzeptiert hatte. Konnte Timotheus zwar bestimmte Anfragen nicht dem Evangelium entsprechend lösen, so war er doch als apostolischer Völkermissionar von ihnen angenommen worden, um die vom Team begonnene Erstmission in Thessaloniki fortzusetzen. Während des Aufenthaltes in Korinth begann daher bei Paulus die Überlegung Gestalt anzunehmen, dass die Völkermission auch anders als durch eine permanente Wandermission seines Teams gelingen könnte. Akuter Anlass zum Umdenken war nicht zuletzt die Information des Timotheus, dass die thessalonische Gemeinde zerbrechen würde, wenn nicht u. a. das anthropologische Problem der Parusie-Erwartung für Verstorbene geklärt und ihr mitgeteilt werden würde.132 Für eine Überwindung der zwischen Thessaloniki und Korinth bestehenden Distanz kam nur eine schriftliche Mitteilung, für die Betreuung von Gemeinden vor Ort kam aber auch die Konsultation durch Reisen einzelner Apostel in Frage. Ja, in idealer Weise könnte eine Paulus-Schrift durch einen Mitarbeiter einer christlichen Gemeinde überbracht werden.133 Fühlte sich Paulus aufgrund seiner literarischen wie rhetorischen und theologischen Bildung für das Verfassen eines Briefes kompetent, so waren einzelne seines Missionsteams für die Durchführung von Besuchsreisen geeignet, vor allem dann, wenn sie Notwendigkeit der Interpretation und die Möglichkeiten der Fehlinterpretation stärker zur Buche schlagen“ (a. a. O., 206). 130   Vgl. Röm 10,14 f. 131  Dazu gehört die gemäß der Zwei-Quellen-Hypothese aus mt und lk Texten rekonstruierte, überwiegend Jesus-Logien enthaltende Textsammlung „Q“, die im Rahmen palästinischer Mission eingesetzt wurde und auf ca. 40–50 n. Chr. datiert werden kann, dazu Broer, Einleitung (2006), 60 f. Ihre Existenz wird das paulinische Missionsteam nicht gekannt haben. 132  Vgl. zur soteriologischen Lösung 1 Thess 4,14 f., dass Paulus aus und vermittels der einmaligen Auferstehung Jesu von den Toten die Auferstehung für gläubig verstorbene Christen zur Teilnahme im Kreis der die Parusie lebend erfahrenen Gläubigen schlussfolgert. 133  Vgl. Röm 16,1; 2 Kor 8,17 f.; Phil 2,28 f.; Phlm 12.

Zur Strategie der frühen Völkermission des Paulus

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an der theologischen und ethischen Entfaltung des Evangelium für die Völker beteiligt wurden. Paulus’ Anwesenheit in einem gemeindlichen Zentrum sollte darum die Basis bilden, damit vor oder nach einem Besuch einer Gemeinde die anstehenden Probleme der Völkermissionsverkündigung besprochen und eine Lösung erarbeitet werde, die auch mittels eines Briefes zu den Gemeinden gelangen könnte. Es entstand eine neue Strategie in der frühen Mission des Paulus. Sie lässt sich am besten als zentrumsgeführte Völkermission durch Paulus-Briefe und Besuchsreisen einzelner Mitarbeiter seines Missionsteams beschreiben.134 Schaut man sich die weitere Geschichte des Aufenthaltes von Paulus in der römischen Provinzhauptstadt Korinth näher an sowie diejenige Episode, die darauf in Ephesus, der Provinzhauptstadt für die römische Provinz Asia, folgt, so ist auffällig, dass Paulus an beiden Orten längere Zeit verweilt (vgl.  Apg  18,11.18a; 19,8.10.22) und zwischen diesen beiden gemeindlichen Standorten hin und her reist (vgl. 1 Kor 16,8 f.; 2 Kor 2,1; 13,1). Von diesen beiden Zentren aus wird er selbst Mission treiben (vgl. 1 Kor 16,1; Phlm 2 sowie Gal)135, aber auch seine Mitarbeiter aussenden, um bestehende Gemeinden zu betreuen (vgl.  Timotheus: 1 Kor  4,17; 16,10 f.; Apg  18,5, Titus: 2 Kor  12,18, Epaphras: Phlm  23 f., Kol 1,7). Aus diesem Abschnitt paulinischer Mission werden ein (guter) Teil (vgl. 1 Kor 5,9) seiner schriftlichen Bemühungen um die „Wahrheit des Evangeliums“ (Gal 2,14) erhalten bleiben, nämlich aus Korinth der Römerbrief, und aus Ephesus der 1. Korinther‑ und der Philemonbrief.136

An dem 1. Thessalonicherbrief lässt sich der in Korinth erfolgte Strategiewechsel bereits ablesen: An der eine Art ‚Gebrauchsanweisung‘ darstellenden, unmissverständlich strengen Aufforderung 1 Thess 5,27, den Brief allen Geschwistern vorzulesen, wird deutlich, wie Paulus sich die Rezeption seines Briefes vorstellte: Sein Schreiben sollte nicht lesend von einzelnen Gemeindegliedern rezipiert werden, sondern vermittels eines Vorlesenden in einem mündlichem Vortrag in einer Gemeindevollversammlung den Gläubigen zur Kenntnis gebracht werden. Um diese Absicht einer quasi mündlichen Evangeliumsverkündigung zu verwirklichen, konzipierte Paulus ein Schriftstück besonderer Art: So folgt der 1. Thessalonicherbrief am Beginn (vgl. 1,1 f.) wie an seinem Ende (vgl. 5,25–28) epistolographischen Gepflogenheiten137 und stellt formmäßig eine schriftliche Kommunikation aus der Ferne zwischen dem Absenderkollektiv, dem namentlich in der Gemeinde bekannten Missionsteam, und dem Adressaten, der christ134  Anders Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 125 f.; Reinbold, Propaganda, 212 (vgl. Breytenbach, Missionsreise, 98), die bereits den paulinischen missionarischen Aufenthalt in einer Stadt mit Mittelpunktfunktion als „Zentrumsmission“ bezeichnen. 135  Dazu vgl. Koch, Geschichte, 296–304. 136 Vgl. ähnlich Verheyden, Missionsreise, 113. 137  Auf das Präskript 1 Thess 1,1 folgt V. 2 ein zum Briefinhalt überleitendes Proömium. Im Epilog 5,25–28 wird die zukünftige getrennte Existenz der per Brief verbundenen Partner besprochen, indem das Gebet für die Briefabsender, aber auch die Grußübermittlung für die Briefempfänger eingefordert wird. Der Brief endet mit einem allgemein gehaltenen Segensgruß, der inhaltlich den Bezug zum Beginn 1,1 sucht.

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lichen Gemeinde in Thessaloniki her, um im Briefkorpus (vgl. 1,2–5,24) Prinzipien einer künstlich konzipierten ‚Rede‘ zu folgen. Indizien für einen rhetorisch angelegten Mittelteil sind neben einer längeren Narratio über die Geschichte der thessalonischen Gemeinde (vgl. 1,2b–3,11) die in einer rhetorischen Argumentation gebrauchten Syllogismen zur Konzeption einer eschatologischen Hoffnung für Glaubende (vgl. 4,14; 5,2 f.). Die Gattung des schriftlich kommunizierenden Briefes wurde von Paulus mithin weiterentwickelt, damit sie seinem Grundsatz der mündlichen Evangeliumsverkündigung weitestgehend entsprach. Der 1. Thessalonicherbrief ist gattungsmäßig ein Zwitter, nach seinem Rahmen ein sog. ‚Gemeindeleitungsbrief ‘,138 nach seinem Inhalt eine rhetorische Betreuung der Endzeitgemeinde, auf dem bisher eingeschlagenen Weg der Heiligung139 bis zur sehnsüchtig erwarteten Parusie Christi140 mutig und zugleich getröstet voranzuschreiten. Neben der für seine Zeit ungewöhnlichen Form gibt auch der Inhalt des 1.  Thessalonicherbriefes Auskunft über den neuen Ansatz zur Völkermission. Im Eingang schreibt Paulus nämlich, dass die thessalonische Gemeinde „für alle Glaubenden in Macedonia und Achaia zum Vorbild geworden“ ist, und führt als Begründung aus: „Denn von euch aus ist das Wort des Herrn nicht nur in Macedonia und Achaia erschallt, sondern an jeden Ort ist euer Glaube an Gott gedrungen“ (1 Thess 1,7 f.). Wird bei der Exegese von 1 Thess  1,7 angenommen, dass die thessalonische Gemeinde über gute Verbindungen nicht nur zu Gläubigen in der römischen Provinz Macedonia, etwa zur Gemeinde in Philippi,141 verfügen müsse, sondern auch zu Gläubigen in der römischen Provinz Achaia, eine Provinz, die das paulinische Missionsteam erst vor Kurzem als erste Missionare des christlichen Evangeliums betreten hat, so wird es schwer, diese ‚realistische Auslegung‘ mit konkreten Belegen auszustatten142. Gänzlich unverständlich wird bei diesem Auslegungsansatz aber die 1,8 folgende Aussage, dass das Evangelium von der thessalonischen Gemeinde aus sich über alle Orte (sic!) in den beiden römischen Provinzen von Griechenland ausgebreitet haben soll. Sollte hinter der paulinischen Bemerkung sein Selbstverständnis von der weltweiten Bedeutung des christlichen Völkerevangeliums stehen,143 so verlässt dennoch eine wirklichkeitsgetreue Interpretation die zumutbare historische Realität: Die christliche Gemeinde, eine marginale Erscheinung innerhalb des Vereinslebens der Stadt, wird allenfalls in der näheren Umgebung von Thessaloniki Wirkung erzielt haben können.

Zieht man von der Aussage 1 Thess 1,7 f. ab, dass sie ein überschwängliches Lob über die thessalonische Gemeinde ausbringt, so steht doch fest, dass für Paulus eine christliche Gemeinde nicht nur vorzeigbares Modell und Leitbild einer 138 Vgl.

frühjüdisch 2 Makk 1,10;  Dan 3,98Theod;  6,26Theod, später syrBar 78,2. 5,23. 140 Vgl. 1 Thess 2,19; 3,13; 4,15–17. 141  Vgl. Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 113. 142  Vgl. das Urteil a. a. O., 113 f.: „[V ]erifizieren lässt sich das anhand der Quellenlage nicht“. 143  Vgl. Röm 1,8; 2 Kor 2,14, nachpaulinisch Kol 1,23. 139 Vgl. 1 Thess 4,3;

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christlichen Lebensweise ist, sondern sich auch durch den jedem Glaubenden innewohnenden Drang zur missionarischen Wortverkündigung des Evangeliums auszeichnet. Vom Standpunkt eines sich für Griechenland verantwortlich wissenden Missionszentrums in Korinth aus besitzt für Paulus und seine Begleiter die Gemeinde im nördlichen Thessaloniki eine Art ‚Leuchtturmfunktion‘. Die thessalonischen Christen in Mazedonien sind für Paulus die entscheidenden Multiplikatoren, die das Gedankengut des Evangeliums von Mensch zu Mensch verbreiten. Folgerichtig gelten seine im Brief an die thessalonische Gemeinde vermittelten Inhalte über das Evangelium zwar einerseits der Bewältigung der aktuellen gemeindlichen Probleme vor Ort in Thessaloniki, sie stellen aber darüber hinaus eine Interpretation des christlichen Evangeliums zur Stabilisierung in Glaube, Liebe und Hoffnung144 aller auf die Parusie zugehenden Gläubigen in ganz Griechenland dar.145

X. Resümee Zusammen mit der Akzeptanz von Timotheus als vollwertigen apostolischen Mitarbeiter am Evangelium durch die thessalonische Gemeinde ist der 1. Thessalonicherbrief Teil eines Strategiewandels in der frühen Völkermission des Paulus. Aufgegeben wurde die seit dem syrischen Antiochia sich von Stadt zu Stadt westwärts bewegende Wandermission des aus Paulus, Silvanus und Timotheus bestehenden Kollegiums, das in Städten griechisch-römischer Kultur durch mündliche Evangeliumsverkündigung Personen für das christliche Evangelium zu gewinnen und eine im christlichen Kultus funktionierende (Haus‑) Gemeinde zu gründen versuchte. Eingeführt wurde demgegenüber eine größere Gebiete betreuende Zentrumsmission, die durch Konsultation von Mitarbeitern des paulinischen Missionsteams, aber auch durch von Paulus verfasste Briefe die Inhalte des christlichen Evangeliums von einem gemeindlichen Mittelpunkt aus für eine größere Region bereitstellte. Der 1. Thessalonicherbrief ist somit keineswegs ‚aus der Not‘ geboren, von der christlichen Gemeinde in Thessaloniki getrennt zu sein, sondern Teil einer bewussten Entscheidung für eine Neuausrichtung der paulinischen Mission. Ausschlaggebend für die Änderung in der Missionsstrategie im Jahre 50 n. Chr. dürfte die durch das Claudius-Edikt entstandene ‚Blockade‘ gewesen sein, die das paulinische Missionsteam an seinem missionarischen Drang hinderte, über Rom hinaus weitere Städte im Westen des Römischen Reiches zur Evangeliumsverkündigung an die Völker aufzusuchen. Um der neuen Missionsstrategie  Vgl. 1 Thess 1,3.  Vgl. als Analogie die später im 1. Korintherbrief gemachten sog. ‚katholischen Notizen‘ von 1,2; 4,17; 7,17; 11,16. 144 145

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gerecht zu werden, musste Paulus die durch das christliche Evangelium entstehenden theologischen wie ethischen Probleme (mit seinen Mitarbeitern) auf eine evangeliumsgemäße Lösung hin durchdenken, um seine Kollegen für ihren Dienst in den zu besuchenden Gemeinden auszurüsten. Er musste zugleich die auf schriftliche Kommunikation eingeschränkte Gattung des antiken Briefes zur Verwendung für die an das schöpferische Wort (vgl. 1 Thess 2,13) gebundene Verbreitung des Evangeliums weiterentwickeln. Der 1. Thessalonicherbrief dürfte aufgrund seines epistolographischen wie rhetorischen Janusgesichtes nicht nur das erste von Paulus verfasste Dokument, sondern darüber hinaus auch der erste Versuch gewesen sein, das christliche Evangelium der Erlösung in Christus auf schriftliche Weise seinen Weg zu den Menschen finden zu lassen. Mit anderen Worten: Der Wandel in der paulinischen Missionsstrategie hat bewirkt, dass der 1. Thessalonicherbrief der Beginn einer ‚medialen Revolution‘ im Urchristentum wurde.

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus Eine Spurensuche in der Apostelgeschichte und im 1. Thessalonicherbrief Bernhard Mutschler Prof. Dr. Norbert Collmar zum 28. 06. ​2018 und Prof. Dr. Peter Lampe zum 28. 01. ​2019 in kollegialer Freundschaft gewidmet.

Am Beginn des ältesten Paulusbriefes an die christliche Gemeinde in Thessaloniki werden drei Personen genannt: „Paulus und Silvanus und Timotheus“ (1 Thess  1,1). Lukas erzählt, wie und in welchen Phasen Silas und Timotheus mit der Wirksamkeit des Paulus verbunden sind,  – vorausgesetzt, beim paulinischen Silvanus und dem lukanischen Silas handelt es sich um dieselbe Person.1 Auffälligerweise nennt Lukas den viel bekannteren Timotheus zuerst neben und nach Silas.2 Da Letzterer also zuerst in die Erzählung eingeführt wird, ist hier zunächst (1) Silas und erst dann (2) Timotheus in der Apostelgeschichte zu beleuchten. Anschließend folgt der Blick auf (3) Silvanus und Timotheus im ersten Thessalonicherbrief auf dem Hintergrund der Paulusbriefe und des übrigen Neuen Testaments. Am Ende stehen zusammenfassende Bemerkungen zu (4) Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter von Paulus und Mitverfasser des 1. Thessalonicherbriefs. Der im frühen Christentum äußerst prominente Paulusmitarbeiter Timotheus wird – zumal aufgrund der beiden an ihn adressierten Briefe3 und einer sprachlichen Assonanz – gerne in einem Atemzug mit Titus genannt. Doch Letzterer kommt in der Apostelgeschichte an keiner einzigen Stelle vor.4  Diese Frage wird im letzten Teil des Beitrags nochmal aufgenommen. später auch neben Erastus (19,22) und neben und nach Gaius (20,4). 3 Zu den wechselnden Bezeichnungen für die Briefe an Timotheus und Titus s. Mutschler, Glaube, 79–98. 4 Die Überlieferung von Τίτου statt Τιτίου in einem Teil der Überlieferung zu Apg 18,7 (‫א‬, E, 453, 945, 1175, 1739, 1891, 2818, syp, co) ist als Versuch zu begreifen, diesen offenkundigen Mangel des Lukas zu beheben. Konzise Gründe für „das merkwürdige Schweigen der Apostelgeschichte über Titus“ nennt bereits Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 37, mit dem Fazit: „So oder so konnte Titus in seiner Darstellung keinen Platz finden“. Für einen Überblick zu Titus im Corpus Pastorale und im Corpus Paulinum s. Mutschler, Glaube, 187–191. 1

2 Apg 17,14f,

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I. Silas in der Apostelgeschichte – vom Reisebegleiter zum Mitarbeiter des Paulus Silas ist in drei Abschnitten des paulinischen Verkündigungs‑ und Missionswirkens präsent.5 Als Gliederungsparameter legt sich die jeweils verschiedene Zusammensetzung der Reise‑ und Zeugnisgemeinschaft um Paulus nahe. Anhand dieser sind folgende Reiseabschnitte zu unterscheiden: (1) eine Reise zu viert von Jerusalem (im Anschluss an den Apostelkonvent) bis nach Antiochien am Orontes, (2) eine Reise zu zweit von Antiochien über das Taurusgebirge nach Norden ins anatolische Hochland bis nach Lykaonien und schließlich (3)  zu dritt von Lykaonien/Zentralanatolien über Mazedonien/Griechenland  – u. a. über Philippi, Thessaloniki, Athen und Korinth  – und zurück über Ephesus und Jerusalem bis nach Antiochien. Die alternative Gliederung nach den geographischen Räumen Syrien (einschließlich Palästina), Kleinasien und Europa (Griechenland) erschiene demgegenüber als unangemessen und willkürlich. Abschließend folgt eine (4) Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. 1. Eine Reise zu viert von Jerusalem bis Antiochien Im Anschluss an die Jerusalemer Apostelversammlung (Apg 15,2b–21) werden von der Jerusalemer Gemeinde „aus ihrer Mitte Männer ausgewählt“6, um zusammen mit Paulus und Barnabas nach Antiochien zu reisen. Obwohl Josef Barnabas ein vorbildliches und buchstäblich ‚förderndes Mitglied‘ der frühen Jerusalemer Gemeinde ist (Apg 4,36 f.), kommt er als Jerusalemer Repräsentant und Botschafter hier nicht in Frage: Er stammt ursprünglich aus Zypern (4,36), hat sich in der Frage einer Beschneidung für Heidenchristen sehr klar auf die antiochenische Seite gestellt und ist zusammen mit Paulus als Delegierter der dortigen Gemeinde (die damit eine sehr geschickte Auswahl vornahm) nach Jerusalem gekommen (15,1–5). Formell gehört er der antiochenischen Gemeinde an (13,1), für die er auch als Missionar auf Zypern und in Kleinasien mit Paulus unterwegs gewesen ist (Apg 13 f.).

Zwei Jerusalemer Vertreter sollten die auf der Apostelversammlung gefassten Beschlüsse nach Antiochien überbringen: „Judas, den man auch Barsabbas nennt, und Silas“ (15,22). Beide werden als „führende Männer unter den Brüdern“ in Jerusalem bezeichnet. Sie werden im Schreiben der Jerusalemer Gemeinde7 5 Vor einer unreflektierten Übertragung neuzeitlicher Vorstellungen von ‚Mission‘ (trotz Apg 1,7 f.) warnt mit guten Argumenten Burchard, Zeuge, 177–182. Den Versuch eines zeitgemäßen Brückenschlags unternimmt Popp, Paulus-Risiko, 28–103. 6  Apg  15,22. Auch im Folgenden wird nach der Zürcher Bibel zitiert, sofern nicht anders vermerkt. 7  Apg 15,23–29. Die Formulierung ἔδοξεν τοῖς ἀποστόλοις καὶ τοῖς πρεβυτέροις σὺν ὅλῃ τῇ ἐκκλησίᾳ (V. 22) knüpft an πρὸς τοὺς ἀποστόλους καὶ πρεσβυτέρους εἰς Ἰερουσαλὴμ an (V. 2) und weist voraus auf οἱ ἀπόστολοι καὶ οἱ πρεσβύτεροι ἀδελφοὶ (V. 23).

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an die Heidenchristen „in Antiochia, in Syrien und Kilikien“ (Apg  15,23) als mündliche Zeugen namentlich erwähnt. Es heißt: Judas und Silas werden „euch dasselbe mündlich mitteilen“ (V. 27). Nach der Verlesung in Antiochien treten „Judas und Silas, die selbst Propheten waren“, in Aktion (V. 32). Sie „ermutigten die Brüder und Schwestern mit manchem Wort und stärkten sie“ (ebd.). Nach einiger Zeit in Antiochien werden Judas und Silas „in Frieden entlassen“, um sich auf den Rückweg nach Jerusalem zu machen (V. 33). Paulus und Barnabas dagegen bleiben in Antiochien, um dort weiterhin zu verkündigen und zu lehren. Grundsätzlich hätte es genügt, wenn die erzielte Übereinkunft von den beiden antiochenischen Abgesandten in schriftlicher Form mit nach Hause genommen worden wäre. Doch dabei bleibt es nicht, folgt man der lukanischen Darstellung. Daher ist zu fragen: Welchen Mehrwert erbringt der Umstand, dass Paulus und Barnabas nicht allein nach Antiochien zurückkehren, sondern durch die Jerusalemer Judenchristen Judas und Silas begleitet werden? Ein breiter Horizont an Sinnpotentialen eröffnet sich. Zunächst wird durch die Verdoppelung der Delegation auf vier Personen die in Jerusalem erreichte Übereinkunft symbolisch dargestellt und damit konkret anschaulich im Zentrum des anderen Gebietes der Übereinkunft, nämlich im fernen Antiochia am Orontes. Damit wird sie gleichsam leiblich transferiert und personell besiegelt durch die Anwesenheit beider ‚Verhandlungsparteien‘. Das offizielle Jerusalemer Gemeindeschreiben wird durch Judas und Silas nicht nur persönlich überbracht, sondern auch als zweifelsfrei echt erwiesen und mündlich erläutert (Apg 15,27). In der Folge verkündigen, ermutigen und stärken beide die antiochenische Filialgemeinde mit Hilfe ihres persönlichen Charismas der Prophetie (V. 32) durch ein mutuum colloquium et consolationem fratrum et sororum. Als zwei ausgewählte Botschafter repräsentieren sie die Jerusalemer Muttergemeinde und dokumentieren deren Einmütigkeit (ὁμοθυμαδόν, V. 25). All dies festigt und vergewissert das bestehende, gute Verhältnis zwischen Mutter‑ und Tochtergemeinde (11,19–21) und führt eine Tradition des lebendigen Austauschs und der solidarischen Unterstützung fort (vgl. 11,22–26.27–30). Nicht zuletzt ist ein Jerusalemer Gemeindeschreiben auch von Jerusalemer Abgesandten zu überbringen. Die Jerusalemer Gemeinde als älteste christliche Gemeinde bringt damit ihren Anspruch, ihre besondere Stellung und ihr Selbstverständnis zum Ausdruck: Sie ist Urheberin des Ergebnisses des Jerusalemer (!) Apostelkonvents. All dies unterstreicht Anspruch, Selbstverständnis und Bedeutung der Jerusalemer Gemeinde. Schließlich gehört auch ein persönlicher Gegenbesuch zum Protokoll, zur Dramaturgie einer feierlichen, fairen und wechselseitigen Übereinkunft. Beide Orte werden auf diese Weise aktiv einbezogen. Dies atmet den Geist von geschwisterlichen, mehr oder weniger gleichberechtigten Gemeinden, die hier wie dort ausdrücklich vom Heiligen Geist geleitet werden (Apg 15,8). Während Barnabas und Saulus-Paulus bereits über längere Zeit ein gut eingespieltes Team bildeten  – der aus Zypern stammende Josef Barnabas

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(Apg 4,36), ein vorbildlicher Förderer der frühen Jerusalemer Gemeinde, hatte sich von Anfang an furchtlos um den neu bekehrten Paulus gekümmert (9,27), war ihm von Antiochien bis in dessen Heimat Tarsus nachgereist (11,25f ), hatte mit ihm „ein ganzes Jahr lang“ in Antiochien kooperiert (11,26) und in der Folge die (so genannte) 1. Missionsreise mit ihm unternommen (Apg 13 f.) –, notiert Lukas keine vergleichbare Zusammengehörigkeit von Judas Barsabbas und Silas. Beide gehören offenbar nur für diese einmalige gemeinsame Gesandtschaft von Jerusalem nach Antiochien und wieder zurück zusammen. Ungeachtet dieser Verschiedenheit ist die Reisegruppe aller vier gleichwohl von einer bemerkenswerten Homogenität geprägt. Die Namen aller vier sind traditionell jüdisch. Alle vier sind herausragende, leitende Mitglieder ihrer jeweiligen Gemeinde und werden eigens von diesen ausgewählt,8 alle vier verfügen über die besondere Gabe der „Prophetie“9, d. h. des Trostes, des einfühlsamen Zuhörens und der Gesprächsführung (Seelsorge und Verkündigung). Darin ist auch eine lukanische Tendenz zu ausgleichender und ausgewogener Darstellung erkennbar. Zwei der vier entstammen der Diaspora,10 die anderen beiden sind wohl in der Stadt oder Umgebung von Jerusalem zuhause.11 Judas und Silas erscheinen durchgängig in dieser Reihenfolge, die einen Vorrang für den höchstwahrscheinlich älteren Judas ausweist.12 Eine Entwicklung und Variation im Blick auf ihre Reihenfolge durchlaufen hingegen (a) Barnabas  – Saulus, (b) Paulus  – Barnabas, und (c) Barnabas  – Paulus.13 Die Reihenfolge dieser beiden Namen, deren Träger sich seit den frühen Antiochener Gemeindetagen kannten, wechselt offenbar überlegt; Gesichtspunkte dafür sind (a) Anciennität, (b) Aktivität und (c) Initiativkraft. Während Judas Barsabbas nur in diesem Kontext Erwähnung findet, wird Silas an weiteren acht Stellen in der Apostelgeschichte genannt.14

 8  Vgl. ἄνδρας ἡγουμένους ἐν τοῖς ἀδελφοῖς, Apg 15,22. Analog werden in 13,1 f. zunächst fünf Personen namentlich herausgehoben, aus denen anschließend „Barnabas und Saulus“ ausgewählt und für Gott „ausgesondert“ werden, s. ἀφορίσατε δή μοι, 13,2.  9  Apg 13,1: „Propheten und Lehrer“; 15,32: „die selbst Propheten waren“. 10  Saulus-Paulus aus Tarsus in Kilikien, s. Apg 9,11.30; 11,25; 21,39; 22,3, Barnabas dagegen aus Zypern, 4,36. 11  Vgl. ἄνδρας ἐξ αὐτῶν, Apg 15,22, im Blick auf Judas und Silas. 12  Apg 15,22.27.32. 13  Vgl. zu (a) Apg 9,27; 11,25(mit 22).30; 12,25; 13,1.2.7; zu (b) 13,43.46.50; 14,19f; 15,2.22.35.36; zu (c) 14,12.14; 15,12.25.37 f.39 f. Die Reihenfolge Saulus – Barnabas ist nicht belegt. 14  Offenbleiben muss hier, ob „die Sendung des Silas von Jerusalem nach Antiochien“ als Ganze eine „lukanische Konstruktion“ ist, um „diese wichtige Persönlichkeit lediglich gebührend ein[zu]führen“, vgl. dazu Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 18 f., Zitat 19.

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2. Zu zweit von Antiochien bis nach Lykaonien Obgleich Paulus und Barnabas die vorausgehende (nach allgemeiner Zählung: erste paulinische) Missionsreise15 erfolgreich miteinander unternommen und zum Abschluss gebracht haben (Apg 13 f.16), geraten sie vor der zweiten Missionsreise in eine hartnäckige Auseinandersetzung über die Zusammensetzung ihrer Reisegruppe (Apg 15,36–39a). Eine Einigung auf eine dritte Person gelingt ihnen nicht. Daher trennen sich die Wege von Paulus und Barnabas. Letzterer segelt jetzt erneut in seine Heimat Zypern, diesmal aber nur von Johannes Markus begleitet (15,39b) und nicht mehr von Paulus. Aus Jerusalem stammend und seinerzeit im Zentrum der Unterstützung des Petrus während dessen Gefangenschaft (Apg 12,12), ist „Johannes mit dem Beinamen Markus“ einst zusammen mit Barnabas und Saulus von Jerusalem nach Antiochien gereist (12,25). Er begleitet beide erneut „zu ihrer Unterstützung“ (als ὑπηρέτης) am Beginn ihrer Missionsreise nach Zypern, deren erste Station Salamis ist (13,5). Aber von Paphos nach Perge in Pamphylien gekommen,17 „trennte sich Johannes von ihnen und kehrte nach Jerusalem zurück“ (13,13). Diese Trennung ist nach der lukanischen Darstellung für Paulus der Grund, weshalb er Johannes Markus nicht auf die kommende Missionsreise mitnehmen möchte (15,38). Insofern Johannes „Markus der Neffe des Barnabas“ ist (Kol 4,10), hat er wie Barnabas familiäre Bande auf Zypern und verfügt dort über ein Netzwerk. Johannes Markus bietet sich daher als Begleiter von Barnabas für eine Reise nach Zypern in jeder Hinsicht an.18

Der durch die Trennung von Barnabas auf sich allein gestellte Paulus wählt Silas als Reisebegleiter (15,40). Da dieser zuletzt in der Delegation mit Judas Barsabbas nach Jerusalem verabschiedet wurde (15,33), ergibt sich eine leichte Spannung in der Erzählung: Denn es bleibt unmotiviert, dass Silas nun plötzlich in Antiochien verfügbar ist. Spätere Einschübe nach V. 33 wie „Silas aber beschloss, bei ihnen zu bleiben“ und „Judas aber reiste allein [nach Jerusalem]“ versuchen, dies auszugleichen (15,34). „Dadurch soll in beiden Fällen zu 15,40 übergeleitet werden.“19 Eine Erzählung, sei sie modern oder antik, ist freilich in den seltensten Fällen von lückenloser Konsistenz.20 15  Zählung und sogar Einteilung in ‚Missionsreisen‘ verdanken sich einer modernen Betrachtung und sind weder paulinisch noch lukanisch grundgelegt, s. Verheyden, Missionsreise, 109 f. 16  Als Annäherung aus gemeindepädagogischer Perspektive s. Mutschler, Apostelspiel. 17  Zu den kleinasiatischen Landschaftsnamen s. durchgängig Mittmann/Schmitt, Bibelatlas, Karten B V 7 und B V 8; Wittke u. a., Atlas, 183; kurz und knapp Zwickel, Bibelatlas, 39; Conzelmann, Apostelgeschichte, Faltkarte (im hinteren Buchdeckel); ferner Walker, Unterwegs, 98. 18 Zur weiteren frühchristlichen Tradition s. ausführlich Knoch, Testament, 69–72. 19 Jervell, Apostelgeschichte, 402 Anm. 739. Angesichts des zeitlichen Abstands (vgl.  Apg 15,35, mit leichter Spannung zum Beginn von V. 36) wendet Roloff, Apostelgeschichte, 234, jedoch zu Recht ein: „Aber eine echte Spannung zwischen V. 33 und V. 40 besteht schwerlich“. Möglich wäre z. B., dass Silas und Johannes Markus, der zwischen Apg 13,13 und 15,39 dieselbe Distanz zu überwinden hatte (nach Kol 4,10 ein Neffe des damals in Antiochien befindlichen Barnabas), den Weg nach Antiochien gemeinsam auf sich nahmen. Pesch, Apostelgeschichte

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Wenn sowohl Johannes Markus als auch Barnabas als Reisebegleiter ausscheiden, ist Silas eine gute Wahl. Nach der Erzählung des Lukas bietet sich Paulus bereits auf dem gemeinsamen Weg von Jerusalem nach Antiochien die Gelegenheit und genügend Zeit für ein näheres, individuelles Kennenlernen des jungen Jerusalemers. Da das Schreiben der Jerusalemer Gemeinde (Apg 15,23– 29) nicht nur an die Heidenchristen „in Antiochia“, sondern ausdrücklich auch an diejenigen „in Syrien und Kilikien“, d. h. an das Umland der Metropole, gerichtet ist (15,23), haben Silas und Paulus gemeinsame Interessen und Ziele. Zu ihrer Umsetzung ist kein anderer besser geeignet als der hochmotivierte Jerusalemer Silas. Er ist ein lebendiger und glaubwürdiger Zeuge für die Verbreitung des Schreibens nach Wortlaut, Inhalt und Hintergründen. Bereits während seines früheren Aufenthalts in Antiochien hat Paulus reichlich Gelegenheit, Silas in dieser Eigenschaft kennenzulernen und wertzuschätzen. Silas steht im antiochenischen Konflikt nicht auf der Seite „der Jakobusleute, von Petrus und Barnabas“, stimmt also theologisch mit Paulus überein.21 Außerdem hält Silas die Strapazen einer Missionsreise an der Seite von Paulus – im Gegensatz zu dem bereits früher an der Küste von Perge in Pamphylien (Kleinasien) regelrecht gestrandeten Johannes Markus (15,38) – aus. Lange Wanderungen zu Fuß, viele Begegnungen mit Menschen, aber auch Einsamkeit, Unwägbarkeiten, Nöte und Gefahren teilen Paulus und Silas auf dieser Reise weitgehend zu zweit, bis sie in das am weitesten entfernte Gebiet der 1. Missionsreise, nach Lykaonien und Pisidien, kommen. Hier liegen Städte wie Antiochia in Pisidien, Iconium, Lystra oder Derbe.22 Bedenkt man die massiven Auseinandersetzungen vor Beginn des Aufbruchs zur Reise, dann gleicht zwar die Zusammenstellung der Reisegruppe einer Zangengeburt; das Ergebnis ist aber tragfähig, alltagstauglich und insofern überzeugend. Was trägt Silas als Begleiter von Paulus bei? Anders als Johannes Markus vor ihm (Apg 13,13) hält Silas durch. Seine Konstitution, sein Charakter, seine Begeisterung bzw. Hingabe (aufgrund einer sehr starken intrinsischen Motivation) und seine Umgänglichkeit unterstützen ihn darin. Durch seine (Bd. 2), 84, erwägt, dass Silas „mit Paulus die gemeinsame Missionsreise schon vereinbart hatte“. Dieser Gedanke ist m. E. keineswegs so abwegig, wie er auf den ersten Blick (z. B. von Apg 15,36 her) erscheinen mag. Ein ‚Plan B‘ setzt lediglich proaktives Handeln und Weitblick zur Umsetzung paulinischer Verkündigungsziele voraus. 20 Ähnlich Schille, Apostelgeschichte, 325: „Wir müssen uns damit abfinden, daß die lukanische Standortbestimmung bei den Nebenfiguren nicht ganz konsequent ist“. 21 Gegen οἱ λοιποὶ Ἰουδαῖοι, Gal 2,13; s. Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 18: „Wenigstens Silvanus hielt sich zu Paulus und war einer der wenigen (oder der einzige) von ihnen, der sich ganz der gesetzesfreien Evangeliumsverkündigung des Paulus aufschloß“. 22  Vgl. zu Antiochien in Pisidien Apg 13,14; 14,19; zu Iconium s. 13,51; 14,1.19.21; 16,2; zu Lystra s. 14,6.8.21; 16,1f; zu Derbe s. 14,6.20; 16,1, ferner 20,4. Für das Umland s. Apg 13,49; 14,6. Die drei erstgenannten Städte werden in 2 Tim 3,11 in dieser Reihenfolge erwähnt. Von Lystra und Derbe gibt es heute „nur noch Reste durch Ausgrabungen“, vgl. von Lips, Timotheus, 38.

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus

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Herkunft verfügt er zudem über eine besonders hohe Glaubwürdigkeit im Blick auf das Schreiben der Jerusalemer Gemeinde und die damit verbundenen ekklesiologischen, ethischen und praktischen Fragen von Juden‑ und Heidenchristen. Paulus selbst gewinnt durch den Wechsel von Barnabas zu Silas als Reisebegleiter an Bedeutung. Innerhalb des jeweiligen Teams kommt er aus der Juniorposition gegenüber Barnabas in die Stellung des Erfahreneren und Leitenden. Dies spiegelt sich in der Erzählstruktur wider: Saulus’ bzw. Paulus’ Name wird nun verhältnismäßig häufiger genannt als in der Schilderung der 1. Missionsreise.23 In der Darstellung der 2.  Missionsreise steht Paulus bei paarweiser Nennung von Anfang an unbestritten und ausnahmslos an erster Stelle.24 Trotz seiner Vorzüge tritt Silas deutlich hinter Paulus zurück. Von ersten Überlegungen zu einer Missionsreise bis zum Eintreffen in Lykaonien wird er nur ein einziges Mal namentlich genannt: „Paulus aber wählte Silas und machte sich […] auf den Weg“ (Apg 15,40).25 Obwohl sich sowohl ἐπιλεξάμενος als auch der Fortgang der Erzählung grammatisch nur auf Paulus beziehen, machte sich auch Silas auf denselben Weg. Trotz seines Einsatzes und seines Beitrags zum Gelingen der Reise ist die lukanische Erzählung ab jetzt zunehmend und nahezu ausschließlich auf Paulus als Hauptperson konzentriert. Dessen vielfältige Begabung akzentuiert Chr. Burchard wie folgt: „Das Große etwa an Paulus ist […] nicht, daß er kraftvoll redet und Wunder tut, sondern daß er sowohl als Synagogenprediger wie als Dozent wie als Straßenredner wie als Gesprächspartner von Philosophen wie als Wundertäter (und schließlich noch als Jurist und Seemann) etwas taugt.“26 In Anbetracht dieser Charakterisierung bleibt für Silas freilich wenig Raum. 3. Zu dritt unterwegs von Lykaonien (Zentralanatolien) über Mazedonien, Griechenland und Kleinasien bis nach Antiochia am Orontes In der inneranatolischen Region von Derbe, Lystra und Iconium angekommen,27 erweitert Paulus die bisherige Reise‑ und Zeugnisgemeinschaft um Timotheus (Apg 16,1–3). In der Erzählperspektive wird Silas dabei übergangen; seine Zustimmung oder zumindest Akzeptanz werden stillschweigend vorausgesetzt. 23  In Apg 13 f. wird der Begleiter Barnabas achtmal, aber Saulus-Paulus 17-mal namentlich genannt; in Apg  15,36–18,22 dagegen (= 2.  Missionsreise) wird der Begleiter Silas ebenfalls achtmal, aber Paulus 29-mal genannt. Die Steigerung spiegelt nicht nur eine Konzentration der Erzählung auf Paulus, sondern auch eine Zunahme seiner Bedeutung im Team wider. 24 In Apg 13 f. liegt Barnabas mit 5:4 Erstnennungen gegenüber Saulus-Paulus leicht vorn. In 15,36–18,22 dagegen führt Paulus unangefochten mit 5:0 Erstnennungen gegenüber Silas. 25  Paulus wird dreimal genannt. 26 Burchard, Zeuge, 178. 27  Nach von Lips, Timotheus, 38 gehören „alle drei zur römischen Provinz Galatia im Süden Kleinasiens, und speziell zur Teilprovinz Lykaonia“. Sie liegen an der Via Sebaste. Die Entfernungen betragen 35 km zwischen Iconium und Lystra sowie 100 km zwischen Lystra und Derbe, a. a. O., 39.

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Obgleich Paulus und Silas ab jetzt von Timotheus begleitet werden, wird dieser zwischen Apg 16,4 (Lykaonien) und 17,14 (Beroia in Nordgriechenland) nicht in der Erzählung erwähnt. Silas dagegen ist im selben Textabschnitt fünfmal namentlich präsent.28 Auch nach der Erweiterung der Reisegruppe durch Timotheus spielt die Bekanntmachung der Jerusalemer Vereinbarung und zumal des zuerst von Silas (an der Seite von Judas Barsabbas) aus Jerusalem überbrachten Schreibens der christlichen Muttergemeinde eine wichtige Rolle im Verkündigungswirken. Lukas notiert: „Sie zogen nun zusammen durch die Städte und übergaben die Beschlüsse, die von den Aposteln und Ältesten in Jerusalem gefasst worden waren, mit der Weisung, sich daran zu halten“.29 Nach dem Besuch in Derbe, Lystra und Iconium werden die bei der 1. Missionsreise bereisten Gebiete erweitert. Das frischgebackene Dreierteam setzt seinen Fuß in Neuland. Die Wege führen nun durch Phrygien und Galatien, nicht aber durch die Provinz Asia oder durch Bithynien, schließlich Mysien entlang zur nordwestlichen Mittelmeerküste des Landes nach Troas (Apg 16,6–8). Die explizite Einladung von einem Mazedonier in einem Traum mit Vision und Audition (16,9 f.) wird über Samothrake und Neapolis (heute Kavala) angenommen (16,11). Nächste Station ist die römische Kolonie Philippi (16,12)30. Der enge Zusammenschluss der Dreiergruppe durch den Entschluss zur Überfahrt nach Mazedonien und durch die gemeinsame Überfahrt per Schiff findet einen sprachlichen Ausdruck im Wir-Stil der Erzählung zwischen Apg 16,10 und 16,17.31 Auffälligerweise endet dieser in Philippi (16,17), wo er später auch wieder aufgenommen wird (20,5 f.). Mit Bekehrung und Taufe der Purpurhändlerin Lydia und ihrer Angehörigen (16,14 f.)32 steht eine erfreuliche Erfahrung am Beginn des Wirkens auf dem bisher nicht von Paulus missionierten Kontinent Europa. Das Treffen findet nicht in einer Synagoge, sondern an einer „Gebetsstätte“ (προσευχή, Apg  16,13.16) statt.33  Apg 16,19.25.29; 17,4.10.  Apg 16,4; vgl. auch die Rechenschaftslegung in Jerusalem, 21,25. 30  Zum Verlauf der Via Egnatia und zum Territorium der Colonia Iulia Augusta Philippensis s. Pilhofer, Philippi (Bd. 1), 50 f.; eine knappe Beschreibung der Stadt, a. a. O., 74–77. 31  Es handelt sich möglicherweise um „ein red.[aktionelles] Stilmittel des Acta-Vf.“, das besonders im Zusammenhang von „Seefahrtsberichten“ nach Griechenland (Apg  16,10–17), Jerusalem (20 f.) oder Rom (27 f.) gewählt wird. Dadurch wird „der Leser unmerklich […] tiefer miteinbezogen“; zugleich wird die Zuverlässigkeit durch den Eindruck von Augenzeugenschaft (vgl. ἀσφάλεια, Lk 1,4) erhöht, so ausführlich Zmijewski, Apostelgeschichte, 593 f. Zu literarischen und historischen Fragen der ‚Wir-Erzählungen‘ s. detailliert Thornton, Zeuge, 84–197.199–367. 32  Zur Kontextualisierung von Lydia s. ausführlich Metzner, Die Prominenten, 417–426; zur Purpurfärberei in Thyatira bzw. Philippi s. Pilhofer, Philippi (Bd. 1), 174–182. 33  Philippi hatte „wohl nur eine recht kleine jüdische Gemeinde“; ihre προσευχή am Fluß Angites war „sehr wahrscheinlich ein Gebetsplatz unter freiem Himmel“, so Claussen, Versammlung, 116, ausführlich a. a. O., 114–120; eine Lage innerhalb des Stadtgebiets präferiert 28 29

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus

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Ist ‚Lydia‘ für eine Frau aus Thyatira in Lydien ein Eigenname oder eine Herkunftsbezeichnung? Für Letzteres spricht die ausdrückliche Nennung ihrer Herkunft (Apg 16,14). Dann hieße τις γυνὴ ὀνόματι Λυδία „eine Frau mit der Bezeichnung Lydierin“. Da sie aus Lydien stammt, wäre eine Namensgebung als „Lydia“ in Lydien nicht plausibel. Außerhalb von Lydien ist dagegen eine Bezeichnung für eine aus Lydien Gekommene gut möglich: im Sinn von „die Lydische“ (sc. Frau). Als Name ist Lydia – wenn überhaupt – äußerst selten belegt. In antiken Papyri, Ostraka und Inschriften findet sich Λυδία oder Λυδή überhaupt nicht.34 Bei den immer wieder angeführten Lydia-‚Belegen‘ für Frauengestalten in der Dichtung von Horaz35 ist größte Vorsicht geboten, da „Hetären in augusteischer Zeit im gesellschaftlichen Bewußtsein etabliert waren“ und „viele von ihnen griechische Künstlernamen trugen“.36 Klarnamen sind bei Kurtisanen und Hetären aus verschiedenen Gründen unüblich. Für die Lydierin in Philippi ist auch eine „frühere Existenz als Sklavin“ denkbar.37 Zutreffend ist daher das von Peter Pilhofer klar formulierte Fazit: „Diese Frau hieß eigentlich anders; Λυδία ist ein Ethnikon, das in bestimmten Kreisen den eigentlichen Namen verdrängt hat“.38 Weder belegbar noch wahrscheinlich sind anderweitige Ausführungen wie z. B. „Lydia ist hier Eigenname der Frau“.39 Sie verdanken sich einer auslegungsgeschichtlich geleiteten Interpretation von Apg 16,14 mit einem Bild der „gläubigen Lydia in Philippi“ und sind letztlich irreführend. Viel eher gilt: „Der Name ist eine zum Rufnamen gewordene Herkunftsbezeichnung“.40

Unerfreuliche Erfahrungen mit einer innerlich und äußerlich unfreien Wahrsagerin, die schließlich von Paulus mittels eines Exorzismus geheilt wird, folgen jedoch (16,16–18). Durch wirtschaftliche Interessen Dritter ausgelöste Eskalationen ziehen eine dramatische Zuspitzung des Konflikts nach sich. All dies führt Paulus und Silas „zu einer ersten Konfrontation“ mit der römischen Staatsmacht41 bis hin zu Auspeitschung und strenger Haft im Hochsicherheitsbereich des örtlichen Gefängnisses.42 Paulus und Silas lassen sich davon offenbar nicht einschüchtern und überwinden ihre Schmerzen und ihre Angst durch nächtliches Singen von Lobliedern für Gott.43 Dies wird zum Ausgangspunkt ihrer Befreiung. Analog zur bereits erzählten Jerusalemer Befreiung von Petrus aus dem Pilhofer, Philippi (Bd. 1), 165–174. Zu den Verhältnissen in Philippi s. auch Elliger, Paulus, 43–45 (= 24 f. [1998]). 34  Preisigke, Namenbuch, Sp. 199; Foraboschi, Onomasticon, 183 (ein Beleg für Λύδιος, 2./3. Jh.). Bauer u. a., Wörterbuch, Sp. 976, nennt zwar drei inschriftliche Belege, erwägt aber nicht die Möglichkeit einer Fremdbezeichnung statt eines regulären Namens. 35  Hor.carm. 1, 8,1; 1, 13,1; 1, 25,8; 3, 9,6 f. (Lydia nominis); 3, 9,20. 36  Auhagen, Hetäre, 294. 37 Metzner, Die Prominenten, 418. 38  Pilhofer, Philippi (Bd. 1), 237 (234–240). 39  Schneider, Apostelgeschichte (Bd. 2), 214 Anm. 29; ähnlich Walker, Unterwegs, 94: „eine Frau namens Lydia“. 40  Eckey, Apostelgeschichte (Bd. 2), 361 f. (kursiv B. M.). 41  Gebauer, Apostelgeschichte (Bd. 2), 73, s. im Detail Omerzu, Prozeß, 124–152. 42  Zur sozialen Gemengelage in Städten wie Philippi, Thessaloniki oder Korinth s. ausführlich De Vos, Church, 121–300; zur besonderen Situation in Philippi s. Bormann, Philippi, 220 (217–224): Hier wurde „das paulinische Evangelium als Kritik am eigenen kulturellen, religiösen und politischen Selbstverständnis“ aufgefasst. 43 Προσευχόμενοι ὕμνουν τὸν θεόν, Apg 16,25.

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Gefängnis (Apg  12,3–11) werden Paulus und Silas in dieser Nacht wunderbar von Gott befreit. Die Entwicklungen überschlagen sich.44 Im Ergebnis entsteht eine zweite christliche Hausgemeinde45 in Philippi – ausgerechnet beim Gefängnisaufseher der Stadt (16,29–34). Die offizielle Freilassung von Paulus und Silas ist mit ihrer vollständigen, förmlichen und öffentlichen Rehabilitation verbunden (16,35–40). Der „Vorwurf der unangemessenen öffentlichen Religionsausübung“46 an Paulus und Silas (Apg 16,20 f.) ist damit als haltlos erwiesen. Entsprechend erzählt Lukas „nur von einem nichtöffentlichen Wirken des Paulus“. Predigten außerhalb der Stadt und Taufen des Hauses der Lydia und des Gefängnisaufsehers zeigen: „Paulus weiß sich auch in einer römischen Kolonie korrekt zu verhalten, d. h. er verzichtet auf die öffentliche Verkündigung innerhalb des pomerium Philippis“.47 Da am Ende der Philippi-Erzählung nur die beiden bis dato Gefangenen offiziell gebeten werden, „aus der Stadt wegzuziehen“ (16,39),48 ist offen, ob Timotheus noch geraume Zeit in Philippi bleibt.49 Während die Erzählung zum Aufenthalt in Philippi insgesamt drei Unterabschnitte enthält (Lydia, Wahrsagerin, Paulus und Silas im Gefängnis), sind die deutlich knapperen Nachrichten zu Thessaloniki und Beroia (heute Veria) wie in einem kleinen Diptychon in Anknüpfung und Weiterentwicklung aufeinander bezogen:50 Tabelle 1: In Thessaloniki und Beroia Ort Ankunft Verkündigung des Glaubens, Lehre Aufnahme des Glaubens, Bekehrungen

Thessaloniki, Apg 17,1–9

Beroia, Apg 17,10–15

Paulus und Silas kommen in die Stadt. Besuch in der Synagoge Schriftauslegung an drei Sabbaten

Täglich

einige Juden viele Gottesfürchtige mehrere vornehme Frauen

viele Juden nicht wenige angesehene griech. Frauen und Männer

44  Der Philippi-Abschnitt enthält nacheinander eine dichte Folge von Wundern oder wunderhaften Zügen: Bekehrung der Lydia (16,14), Exorzismus (16,18), Erdbeben mit Öffnung der Gefängnistüren und der Fesseln (16,26), Gefangene fliehen nicht (16,28), Bekehrung des Gefängnisaufsehers (16,30–33) mit Einladung in dessen Zuhause (16,34). 45  Zu dieser für das frühe Christentum typischen Organisationsform s. Mutschler, Art. Hausgemeinde; ferner Klauck, Hausgemeinde, passim. Die Erwähnung eines Hauses ist zwar für sich allein genommen „kein ganz sicheres Kriterium für einen gehobenen Sozialstatus, aber doch ein wahrscheinliches“, s. Theissen, Schichtung, 248. 46  Bormann, Philippi, 211; hier auch im Folgenden. 47  S. Apg 16,13.15.32; Bormann, Philippi, 211; ferner a. a. O., 219 f. 48 Vgl. dazu Omerzu, Prozeß, 154–163. 49 So auch Pesch, Apostelgeschichte (Bd. 2), 117: „Ob er zunächst in Philippi zurückblieb, um die entstehende Gemeinde zu konsolidieren?“ S. auch Phil 2,19–24. 50 In einem größeren Kontext gesehen, liegt den Erzählungen zu Philippi (Apg 16,11–40), Thessaloniki (17,1–10) und Beroia (17,11–15) „im Prinzip das gleiche Erzählschema“ zugrunde, ausgeführt bei Zmijewski, Apostelgeschichte, 598–600, Zitat 598.

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus Ort

Thessaloniki, Apg 17,1–9

Beroia, Apg 17,10–15

Widerstand: Ursache Verlauf Vorwürfe Ergebnis

Eifersucht Volksauflauf/-versammlung Aufwiegler, Kaisermajestät51 Jason hinterlegt eine Kaution

Juden aus Thessaloniki Anstachelung zu Unruhen (wie in Thessaloniki) Paulus verlässt die Stadt.

Abreise und neues Ziel

Paulus und Silas werden nachts nach Beroia gebracht.

Paulus wird per Schiff nach Athen geleitet. Silas und Timotheus bleiben vor Ort, sollen möglichst schnell nach Athen nachreisen.

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Die Erzählung in Apg 17 fokussiert ganz auf Paulus, so dass Silas nur am Anfang und Ende kurz erwähnt wird. Er steht durchgängig im Schatten des Paulus. Dessen Person wird – zumal nach den schmerzhaften Erfahrungen in Philippi – stark geschützt. Bei Gefahr verschwindet sie in beiden Fällen sehr schnell aus der Öffentlichkeit und aus der Stadt.52 Stattdessen wird Jason53 als Gastgeber der Missionare in Thessaloniki bedrängt, beschuldigt und schließlich auch monetär verwarnt.54 Er fungiert als ‚Prügelknabe‘. Im freundlicheren Klima von Beroia, das „nach Luftlinie gemessen 65 km südwestlich von Thessalonich“ liegt,55 verweilen Silas und Timotheus weiterhin am Ort56, während Paulus per Schiff in das einstige kulturelle Zentrum Athen weiter geleitet wird.57 Innerhalb von verhältnismäßig kurzer Zeit sind unter der Wirksamkeit des Dreierteams Paulus, Silas und Timotheus an drei verschiedenen Orten in Nordgriechenland Gemeinde51  Die beiden Vorwürfe „staatsgefährdender Aufruhr und Konkurrenz zur kaiserlichen Herrschaft“, s. a. a. O., 624, haben „in der Anklage der Juden gegen Jesus (vor Pilatus) ihre Entsprechung“, so Schneider, Apostelgeschichte (Bd. 1), 225, mit Verweis auf Lk  23,2; s.  auch Omerzu, Prozeß, 208 f.215–220, ferner Hoppe, Paulus, 194. Ein jüdischer Ausgangspunkt für die Bedrängnisse ist historisch unwahrscheinlich. Denn Bedränger der Gemeinde waren wohl „ausschließlich Heiden und keine Juden“ (gegen Apg 17,5), so vom Brocke, Thessaloniki, 166 (152–166); s. auch Still, Conflict at Thessalonica, 207–286. 52  Zur Flucht des Apostels s. ausführlich Riesner, Frühzeit, 318–320. 53  Jason ist die gräzisierte Form des jüdischen Josua oder Jesus, s. Blass u. a., Grammatik, 43 (§ 53,3 Anm. 9). 54  Zur Funktion der Politarchen s. Elliger, Paulus, 90–94 (= 45 f. [1998]). Zur lukanischen Gestaltung des Abschnitts über Thessaloniki s. ausführlich vom Brocke, Thessaloniki, 187–271; zur Auseinandersetzung s. Omerzu, Prozeß, 177–219. 55  Von Lips, Timotheus, 43. Beroia ist „in römischer Zeit Sitz des makedonischen Bundes“ und „gehört wie Thessalonich zur römischen Provinz Makedonien“ (ebd.). 56  Die etwas abseitige Lage von Beroia „war vielleicht auch der Grund, weshalb diese Stadt als Zufluchtsort gewählt wurde“, s. Elliger, Paulus, 115 f., Zitat 116 (= 56 [1998]). Vornehme Frauen scheinen „in Beroia eine größere Rolle gespielt [zu] haben als andernorts“ (ebd.). 57 Athen zehrt damals von seinem symbolischen Kapital. Die Stadt war „nach Größe und wirtschaftlichem Potenzial kaum mehr als eine Provinzstadt“, vgl. Elliger, Paulus, 118 (= 57 [1998]). Der Rückgang beläuft sich „vielleicht sogar bis auf 4000 Bürger in der frühen Kaiserzeit“, a. a. O., 138. Aufblühende Städte wie Korinth, Antiochia am Orontes oder Alexandrien haben Athen längst überflügelt und um ein Vielfaches übertroffen.

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gründungen in Europa geglückt. Der Paulus einst im Traumgesicht erschienene Mazedonier (Apg 16,9) wäre sehr zufrieden. Silas und Timotheus sollen zwar möglichst schnell nach Athen nachreisen (17,15), das gut 300 km südöstlich von Beroia liegt.58 Bis auf Weiteres ist Paulus in Athen jedoch auf sich allein gestellt. „Lukas möchte den Erfolg von Athen allein Paulus vorbehalten!“59 In Athen diskutiert Paulus mit Philosophen auf der Agora (Sokrates-Mimesis) und verkündigt auf dem Areopag.60 Nur hier wendet er sich sofort an Heiden, ohne zuerst eine Synagoge oder zumindest eine jüdische Gebetsstätte aufzusuchen und dort zu verkündigen. Dementsprechend legt er in Athen nicht heilige Schriften Israels aus, sondern knüpft an architektonische und ikonographische Eindrücke seines Gangs durch die Stadt an. Seiner Verkündigung in Athen ist jedoch – zumal im Vergleich mit den vorausgehenden Gemeindegründungen in Nordgriechenland – nur mäßiger Erfolg beschieden. Die Paulusbriefe erwähnen jedenfalls keine Gemeinde in der Stadt der Wissenschaften, Kunst und Philosophie.61 A. v. Harnack fasst für die ersten drei Jahrhunderte insgesamt zusammen: „[I]n dieser Stadt der Philosophen […] war für das Christentum wenig Raum“.62 Tatsächlich war die paulinische Mission nach dem Selbstzeugnis von Paulus ein Misserfolg. Denn nach 1 Kor 16,15 wurde in Achaia kein Athener, sondern ein Korinther zuerst bekehrt: „Ihr kennt das Haus des Stephanas, es ist die Erstlingsfrucht der Achaia“. Lukas freilich „hat sich eine Mission des Paulus, erst recht in Athen, nicht erfolglos vorstellen können“.63 Stattdessen spricht er von „einigen Männern […] und einigen mit ihnen“ und nennt exemplarisch „Dionysios den Areopagiter und eine Frau mit Namen Damaris“.64 Das in Athen angewandte Vorgehen bleibt in jedem Fall singulär in der Beschreibung der paulinischen Mission. Von Athen aus zieht Paulus weiter in die Hauptstadt der römischen Provinz Achaia, nach Korinth, und begegnet dort Juden, die durch das Claudiusedikt aus Rom ausgewiesen wurden.65 Durch das Handwerk verbunden, schließt sich 58 Nach

von Lips, Timotheus, 43, liegt Beroia „311 km nordwestlich von Athen“ (Luftlinie).  Schille, Apostelgeschichte, 352, „Erfolg“ ist hier im Sinn von „Auftritt“ zu verstehen. Dagegen plädiert Donfried, Paul, 218, dafür, dass Paulus tatsächlich allein in Athen war, weil in 1 Thess 3,2 „a rhetorical plural“ vorliege. 60 Vgl.  dazu Elliger, Paulus, 133 f. (132–136) (= 64 f. (63–66) [1998]); a. a. O., 180–186 (= 85–88 [1998]) zum ‚unbekannten‘ Gott. Über wahrscheinliche Verkündigungsinhalte gibt 1 Thess 1,9 f. Aufschluss. 61  1 Thess 3,1 erwähnt nur einen Aufenthalt, aber keine „Brüder und Schwestern“. 62  von Harnack, Mission, 788. 63 Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 30 Anm. 126. 64 Apg 17,34. 65 Vgl. Suet.Cl. 25,4 (BSGRT, 209,7 f. Ihm; Übersetzung, 307 Heinemann): Iudaeos impulsore Chresto assidue tumultuantis Roma expulit. „Die Juden vertrieb er aus Rom, weil sie, von Chrestus aufgehetzt, fortwährend Unruhe stifteten“. Eine vergleichbare Ausweisung von Juden aus Rom ist bereits unter Kaiser Tiberius belegt, s.  Suet.Tib.  36 (131,12 f. Ihm; Übersetzung, 192 Heinemann): Reliquos gentis eiusdem vel similia sectantes urbe summovit. „Die übrigen Angehörigen dieses Volkes und die Anhänger judaisierender Sekten wies er aus Rom aus“. 59

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus

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Paulus einem jüdischen Ehepaar an und arbeitet in der Folge mit Aquila und Priszilla66 in seinem Beruf als Zeltmacher bzw. Sattler67 (Apg  18,1–3). Da er zugleich bei ihnen wohnt,68 ihre Bekehrung aber nicht erwähnt wird, ist davon auszugehen, dass sie bereits als Christen aus Rom gekommen sind:69 „Dann haben wir hier eine früheste Spur des Christentums in Rom – und in Korinth!“70 Ab ihrem Korinthaufenthalt wirkt das Paar als „missionarische ‚Vorhut‘ des Paulus“.71 Priszilla und Aquila werden später Mitarbeiter von Paulus sein.72 Tag für Tag lebt und arbeitet Paulus in Korinth bei Aquila und Priszilla,73 aber „Sabbat für Sabbat sprach er in der Synagoge mit den Leuten und versuchte, Juden und Griechen zu überzeugen“ (Apg 18,4). Erst jetzt kommen „Silas und Timotheus von Makedonien“ aus wieder hinzu (18,5).74 Da sie den Auftrag hatten, „möglichst rasch“ von Beroia nach Athen zu kommen (17,15), kann der Aufenthalt des Paulus in Athen nicht von allzu langer Dauer gewesen sein. Silas und Timotheus erfahren spätestens in Athen – sei es durch einen Boten, einen Brief oder eine in Athen hinterlassene Nachricht –, dass Paulus bereits nach Korinth weiter gegangen ist. Interessanterweise beendet der Zeltmacher bzw. Sattler bei ihrem Eintreffen seine Erwerbsarbeit: Dann „widmete sich Paulus ganz der Verkündigung des Wortes und legte Zeugnis ab vor den Juden, dass Jesus der Gesalbte sei“ (18,5). Dieser plötzliche Wechsel seiner Tätigkeit wirft m. E. ein Licht auf einen bisher von Lukas nicht erwähnten Zum Claudiusedikt s. auch Metzner, Die Prominenten, 428–430.436–440; Omerzu, Prozeß, 129–138; Riesner, Frühzeit, 139–180; Lampe, Christen, 4–7. 66  Während Lukas die Diminutivform Priszilla gebraucht, verwendet Paulus – sieht man von variae lectiones in 1 Kor 16,19 und Röm 16,3 ab – Prisca. Beide werden stets als Paar aufgeführt; Priszilla/Prisca wird dabei meist vor ihrem Mann genannt: Apg 18,18; Röm 16,3; 2 Tim 4,19. Aus einem frühchristlichen Blickwinkel kommt ihr also die größere Bedeutung zu. Πρισκίλλα/ Πρεισκίλλα und Πρίσκα/Πρείσκα sind belegt bei Preisigke, Namenbuch, Sp. 343.345 (2/1 bzw. 0/1) sowie bei Foraboschi, Onomasticon, 27.146.217.268 (0/0 bzw. 5/2), d. h. dreimal Πρ(ε)ισκίλλα und achtmal Πρ(ε)ίσκα. 67  Nach Michaelis, Art. σκηνοποιός, 396,8 f., „spricht die größere Wahrscheinlichkeit dafür, daß Paulus und Aquila Lederarbeiter oder Sattler gewesen sind“ (Hervorhebung im Original). So auch Conzelmann, Apostelgeschichte, 114. 68  Zu den korinthischen Wohnadressen von Paulus s. Theissen, Schichtung, 250–252. 69  So Zeller, Korinther, 34; Merklein/Gielen, Korinther (Bd. 3), 458; Lindemann, Korinther­brief, 387; Voigt, Gemeinsam glauben, 165. 70  Conzelmann, Apostelgeschichte, 114. 71 Lampe, Christen, 129. Nach Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 27, sind sie „der Mission des Paulus in solchem Maße verbunden, daß sie seinetwegen von Korinth nach Ephesus und später nach Rom zogen“; denn das Ehepaar kommt „jeweils vor Paulus“ nach Korinth, Ephesus und später wieder nach Rom, (ebd.). 72  Vgl. neben Apg 18,2 f. auch 18,18.26; Röm 16,3(–5); 1 Kor 16,19; 2 Tim 4,19. Priszilla und Aquila halten „in den folgenden Jahren in großer Treue und Opferbereitschaft“ zu Paulus, s. Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 24(–27). 73  Zum Status eines selbständigen kleinen Handwerkers wie Aquila s.  Lampe, Christen, 156–164. 74  Elliger, Paulus, 241–243 (= 113f [1998]), bietet einen Überblick zum Mitarbeiterkreis von Paulus in Korinth.

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Aufgabenbereich von Silas und Timotheus: Sie sind u. a. mit der Sicherung oder dem Erwerb des zum Leben Notwendigen befasst. Dies kann auch in der Weise geschehen sein, dass sie „eine finanzielle Unterstützung der mazedonischen Gemeinden mitgebracht“ haben.75 In ähnlicher Weise ist dies bereits wiederholt (καὶ ἅπαξ καὶ δὶς) von Philippi aus in Thessaloniki erfolgt.76 Mit dem Eintreffen von Silas und Timotheus in Korinth ist Paulus jedenfalls wieder ganz freigestellt zur „Verkündigung des Wortes“ von Christus (Apg  18,5). Silas wird an dieser Stelle letztmalig in der Apostelgeschichte erwähnt. Wahrscheinlich zieht er mit Paulus weiter über Ephesus, Caesarea maritima und Jerusalem nach Antiochia am Orontes (Apg  18,21b–22), den Ausgangsort ihrer gemeinsamen (zweiten) Missionsreise. Möglich ist aber auch, dass Silas sich weiter um junge Gemeinden in Griechenland oder Kleinasien kümmert. Weniger wahrscheinlich dürfte sein, dass er sich wieder in seine Heimatgemeinde Jerusalem zurückzog. Timotheus dagegen bleibt Paulus weitere Jahre als sehr enger oder sogar engster Mitarbeiter verbunden.77 Paulus selbst wirkt nach Lukas eineinhalb Jahre in Korinth (Apg 18,11). Diese vorerst letzte Station seiner Missionsarbeit in Europa wächst schon bald zu einem neuen Zentrum der Kirche und des frühen Christentums heran. Von Korinth aus zieht Paulus weiter nach Ephesus. Dabei begleiten ihn Priszilla und Aquila (18,18 f.), die in der Folge dort wirken (18,26). In Ephesus rückt Lukas „den großen Völkermissionar am Ende seiner Missionstätigkeit noch einmal ins helle Rampenlicht“.78 4. Zusammenfassung: Silas’ Reiseabschnitte und Reisegemeinschaften Die Erzählabschnitte der Apostelgeschichte zu Silas’ Wirksamkeit lassen sich als drei Reiseabschnitte mit einer Reisegruppe von zunächst vier, später zwei und schließlich drei Personen79 begreifen. Dies zeugt von der Notwendigkeit zur Veränderung und von Dynamik: Mehrfach wird die Gruppe um Paulus neu gemischt. Im Folgenden werden die Abschnitte vergleichend zusammengefasst: Tabelle 2: Reiseabschnitte und Reisegemeinschaften von Silas Reiseabschnitt

Von Jerusalem nach Antiochia

Von Antiochia nach Lykaonien

Von Lykaonien nach Antiochia

Anlass

1. Beschlüsse der Jerusalemer Übereinkunft überbringen

1. Gemeindebesuche zum Zweck von Seelsorge und Gemeindeaufbau (Apg 15,36.41)

1. weitere, neue Missionsgebiete vor einer Rückkehr nach Antiochia

 Gebauer, Apostelgeschichte (Bd. 1), 99; vgl. auch Phil 4,15; 2 Kor 11,8 f.   Vgl. Phil 4,15 f. 77  S. zum Beispiel Apg 19,22; 20,4. 78  Elliger, Ephesos, 137. 79  Kurzfristig auch zwei, Silas und Timotheus, oder bis zu fünf: Aquila und Priszilla begleiten Paulus von Korinth nach Ephesus. 75 76

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus Reiseabschnitt

Route

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Von Jerusalem nach Antiochia

Von Antiochia nach Lykaonien

Von Lykaonien nach Antiochia

2. offizielle Delegation der Jerusalemer Gemeinde 3. Schreiben der Jerusalemer Gemeinde 4. Verbundenheit unter Gemeinden stärken antiochenische Gemeinde als Ziel

2. Verstärkung durch Timothe2. Beschlüsse der Jerusalemer Überein- us bringt neuen Schwung und kunft überbringen usw. zusätzliche Kompetenzen. 3. Beschlüsse der Jerusalemer Übereinkunft überbringen (16,4) usw.

Charakter offizielle Reise

Gemeinden in Syrien, Kilikien und der 1. Missionsreise eigene Initiative

Teilnehmer

Paulus und Barnabas (aus Antiochia), Judas Barsabbas und Silas (aus Jerusalem)

Paulus und Silas (aus Antiochia)

Funktion von Silas

1. Juniorpartner von Judas Barsabbas

1. Juniorpartner von Paulus

1. effizienter Zuarbeiter für Paulus, ‚zweiter‘ Zeuge, Haftgenosse von Paulus 2. Botschafter und 2. Botschafter und 2. Botschafter und Repräsentant Repräsentant der Repräsentant der der Jerusalemer Gemeinde in Jerusalemer Gemeinde Jerusalemer Gemeinde weiter entfernten Gebieten in Antiochia in Syrien, Kilikien und darüber hinaus 3. Gastprediger, ‑seel- 3. Gastprediger, ‑seel- 3. Gemeindepädagoge, Seelsorger, ‑lehrer sorger, ‑lehrer sorger, auch mit Timotheus 4. Organisator, meist in der zweiten Reihe

Ergebnis

In einer wichtigen theologischen Streitfrage wurde der wiedergefundene Friede (aufgrund inhaltlicher Übereinkunft) vertreten, glaubwürdig erklärt und gelebt

1. Stärkung der Gemeinden der 1. Missionsreise (15,41) 2. kein Ende ohne Anfang: Neuorientierung in Lykaonien statt Rückreise nach Antiochia

1. ein halbes Dutzend Gemeinden in Griechenland gegründet, weitere in Kleinasien 2. Vertrauen in die Wirksamkeit Gottes bei sich und vielen anderen gestärkt

Ausblick

1. Silas hat die Erwartungen an ihn und seine Leitungsfunktionen voll und ganz erfüllt. Er empfiehlt sich dadurch für weitere Aufgaben 2. Das Tor zur Heidenmission ist weit geöffnet

1. Paulus und Silas harmonieren und arbeiten effektiv81 und erfolgreich 2. Timotheus kommt neu ins Team 3. Mission in weiteren Gebieten, auch grenzüberschreitend, steht bevor

sofortiger Aufbruch zur dritten Missionsreise, insbesondere nochmal nach Ephesus (18,19–21; 19,1)

nicht festgelegt, geistgeleitet (16,6 f.9 f.)80 eigene Initiative, entwicklungsoffen Paulus, Silas, Timotheus; teilweise mit Priszilla und Aquila (Korinth – Ephesus)

80 Mit folgendem Ergebnis: Galatien, Bithynien, Troas, Mazedonien (Philippi, Thessaloniki, Beroia), Athen, Korinth, Ephesus, Caesarea maritima, Jerusalem, Antiochia. 81  Vgl. die äußerst konzise Darstellung wie in einem Zeitraffer in Apg 15,40 f.

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Drei Reiseabschnitte werden von Silas erzählt. (1) Am Beginn steht eine offizielle Reise als Gemeindedelegierter nach Antiochia und wieder zurück in die Jerusalemer Heimatgemeinde. Route und Ziel stehen vorab fest und sind überschaubar. (2) Auf der 2.  Missionsreise begleitet Silas Paulus. Beide wollen zu Beginn nur die Gemeinden der 1. Missionsreise besuchen und stärken. Allerdings erhält die Reise an dem am weitesten vom Ausgangspunkt entfernten Punkt eine neue Richtung: (3) Jetzt ist missionarisches Neuland im Blick; ein bisher unbekannter Horizont öffnet und weitet sich. Der genaue Weg durch neue Regionen und Länder zeigt sich erst Schritt für Schritt während der Reise. Am Beginn dieses dritten Reiseabschnitts von Silas kommt erstmals Timotheus in den Blick. Er scheint ideal zur Erweiterung des bisher aus Paulus und Silas bestehenden Teams. Der zweite und der dritte Reiseabschnitt des Silas bilden zusammen die 2. Missionsreise des Paulus. Den drei Reiseabschnitten eignet ein durchaus verschiedener Charakter. (1) Der erste Abschnitt ist sozusagen kirchenamtlich, ökumenisch und gesamtkirchlich orientiert. Eine theologische Grundfrage steht im Zentrum: Sollen Heidenchristen als Zeichen ihrer Zugehörigkeit zur Heilsgemeinde sich beschneiden lassen und die Tora einhalten? Man soll „die Leute beschneiden und von ihnen verlangen, dass sie das Gesetz des Mose hielten“, so die Haltung von zum Glauben gekommenen Pharisäern (Apg 15,5). Doch diese Hürde wird als unnötig erachtet. (2) Der zweite Abschnitt nimmt Gemeindeentwicklung und Gemeindeaufbau von kürzlich gegründeten, jungen Gemeinden in den Blick. Ein besonderes Anliegen ist die Pflege von Gemeinden in der Diaspora. Die meisten von ihnen sind von Kilikien aus, der Heimat des Paulus, gut erreichbar. (3) Erst im dritten Abschnitt richtet sich der Blick nicht mehr zuerst in die Kirche hinein, sondern von Anfang an nach außen auf die Gewinnung möglicher neuer Mitglieder. Hier liegen Neugründungen von Gemeinden im Mittelpunkt des Interesses. Dabei spielen fast immer der Kontakt und die Nähe zu einer Synagoge eine entscheidende Rolle. Was ist zusammenfassend über Silas’ Engagement zu sagen? Welche Rolle übernimmt er in den drei erzählten Reiseabschnitten? Silas füllt im Laufe der Zeit mehrere und verschiedene Rollen und Funktionen aus. (1) Als offizieller Delegierter ist er zugleich Juniorpartner des höchstwahrscheinlich älteren Judas Barsabbas. Gastweise wirkt er in der antiochenischen Gemeinde, und in dieser Rolle gefällt er Paulus offenbar so sehr, dass dieser ihn später auf seine 2. Missionsreise mitnimmt. Als Jerusalemer Repräsentant, als Prediger des Evangeliums, Seelsorger und Lehrer macht Silas eine gute Figur. (2) Diese Kompetenzen setzt er erneut ein, als er zusammen mit Paulus jene Gemeinden besucht, die Paulus und Barnabas während ihrer 1. Missionsreise gegründet haben (Apg 13 f.). In diese Gemeinden kommt Silas zwar als fremde Gestalt. Aber als leitendes Mitglied der Jerusalemer Gemeinde, mehr noch als Verkündiger, Seelsorger und Lehrer erwirbt er sich Achtung und Anerkennung in den Gemeinden von

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus

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Syrien bis Lykaonien. (3) Paulus zu unterstützen, bleibt eine wichtige Aufgabe auch im dritten Reiseabschnitt, der sehr lange Wanderungen einschließt. Nicht Timotheus leidet mit Paulus und wird in Philippi äußerst qualvoll inhaftiert, sondern Silas. An Leidensbereitschaft und Leidensfähigkeit um des Evangeliums willen steht Silas Paulus in nichts nach. Gleichzeitig übernimmt er als der Erfahrenere auch Verantwortung für Timotheus. Im Verhältnis zu Timotheus gebührt Silas auch aufgrund seiner Anciennität die Erstnennung (Apg 17,14 f.; 18,5). All dies zeigt Silas’ Widerständigkeit und Belastbarkeit, aber auch seine Hingabe und sein Engagement, seine Begeisterung und seine Ausstrahlung. Silas mutiert schnell vom Reisebegleiter zum Mitarbeiter des Paulus, der mit ihm durch dick und dünn geht. Er gehört zu den neun Mitarbeitenden, die in allen drei neutestamentlichen Textgruppen, die für Paulus relevant sind, genannt werden und steht damit neben Namen wie Apollos, Aquila, Aristarch, Barnabas, Erastus, Johannes Markus, Priszilla und Timotheus.82 Wahrscheinlich hat Silas weitere Reisen unternommen, um Gemeinden zu besuchen oder zu gründen, offenbar aber nicht an der Seite von Paulus. Oder Silas ist früh gestorben.83 Lukas erwähnt Silas nicht mehr und konzentriert seine Erzählung zunehmend auf Paulus. Damit ist die lukanische Absicht erfüllt, „zunächst einmal den ‚dienstälteren‘ Silas als Mitarbeiter zu profilieren“.84 In Anatolien (genauer: Lykaonien) ergänzt ein weiterer Jünger die bisherige Zeugnis-, Verkündigungs‑ und Reisegemeinschaft. Damit fällt der Blick auf die lukanischen Erzählungen über Timotheus.

II. Timotheus in der Apostelgeschichte – vom Wunschmitarbeiter zum engsten Mitarbeiter des Paulus Erst zum dritten Abschnitt des gemeinsamen Weges von Silas und Paulus kommt Timotheus in den Blick. Er wird in drei bereits behandelten Belegen von „Silas und Timotheus“85 und in drei weiteren erwähnt: Apg 16,1; 19,22; 20,4. Sie betreffen (1) Timotheus als Teil der 2. Missionsreise des Paulus (16,1) und (2) während seiner 3. Missionsreise (19,22; 20,4). Eine (3) Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse steht wiederum am Ende.

82  Vgl. Öhler, Mitarbeiter, 253. Insgesamt werden im Neuen Testament nicht weniger als „69 Personen […] mit der paulinischen Verkündigungstätigkeit verbunden“, (ebd.). 43 Personen werden in den echten Paulusbriefen, weitere 14 in der Apostelgeschichte und zehn in den unechten Paulusbriefen namentlich genannt, s. a. a. O., 246–252. 83  Vgl. Holtz, Thessalonicher (1998), 15. 84 Gebauer, Apostelgeschichte (Bd. 2), 66, mit Verweis auf Apg 16,19.25.29; 17,4.10.14 f. 85  Apg 17,14 f.; 18,5; dazu s. o. im Abschnitt zu Silas.

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1. Timotheus als Teil der 2. Missionsreise des Paulus In Lykaonien, dem äußersten Gebiet der 1. Missionsreise (Apg 14,6–23), kommt während der 2. Missionsreise Timotheus erstmals ins Auge. Er wird als „Jünger“ beschrieben, „der bei den Brüdern und Schwestern in Lystra und Ikonium einen guten Ruf hatte“ (16,1 f.). Bevor Paulus ihn als Mitarbeiter mit sich nimmt, führt er die rituelle Beschneidung durch „mit Rücksicht auf die Juden, die in jener Gegend wohnten“ (16,3). Denn Timotheus’ Mutter ist eine gläubige Jüdin, sein Vater „Grieche“, d. h. Nichtjude (und damit religionsrechtlich ein ‚Heide‘, 16,1.3). In später verfassten Briefen polemisiert Paulus gegen die jüdische Beschneidung.86 Ist es angesichts dessen denkbar, dass derselbe Paulus einen Gläubigen eigenhändig beschneidet? Was wird dadurch gewonnen? Einen knappen, aber richtungsweisenden Hinweis gibt Lukas als Erzähler: Paulus beschneidet Timotheus „wegen der Juden, die in jener Gegend waren“.87 Damit öffnet sich ein weiter Horizont von nicht weniger als sechs Motiven und guten Gründen. (1) Die Formulierung „wegen der Juden“ kann auf eine Rücksichtnahme zielen. Paulus möchte keinen Anstoß erregen und kein Ärgernis geben. Bei diesem Motiv stehen soziale und interaktive Gesichtspunkte im Zentrum.88 (2) Tradition und Rechtmäßigkeit werden gewahrt. Paulus wird für eine synagogale Hörerschaft nicht zum Apostat wider besseren Wissens,89 zum vorsätzlichen Sünder „mit erhobener Hand“90. Andernfalls würde er als Person kompromittiert, in synagogalen Zusammenhängen zur persona non grata und sehr leicht angreifbar; sein gesamtes Wirken würde diskreditiert und desavouiert.91 Timotheus’ Beschneidung ist „nur die bisher versäumte Konsequenz“ seiner elterlichen Herkunft.92 (3) „Derbe und Lystra“ (Apg 16,1) sind Signalworte und Signalorte. Beide Gemeinden verdanken ihren Ursprung einer Flucht von Teilen der Gemeinde aus Iconium während der 1. Missionsreise. Sie „flohen in die Städte von Lykaonien, nach Lystra und Derbe, und in deren Umgebung.Und dort verkündigten sie das Evangelium“.93 Aus diesem Grund sind Rücksichtnahme auf die Gemeinden und eine besondere Sensibilität in der gesamten Region während der 2.  Missionsreise unbedingt geboten. Frieden und Sicherheit der örtlichen Gemeinden stehen auf dem Spiel. Die Wunden der Vergangenheit sind kaum  S. etwa Gal 5,2(1–6).11 f.; 6,15; 1 Kor 7,17–19; Phil 3,2 f.(–8); Röm 2,25–29; ferner Kol 2,11(–13).  Apg 16,3 (Übersetzung nach der Lutherbibel). So auch Vermès, Anno Domini, 300 mit Blick auf Timotheus: „Als sein gemeinsames Wirken mit Paulus in einem von vielen Juden bewohnten Gebiet bevorstand …“. 88  In diesem Sinn übersetzt die Zürcher Bibel: „mit Rücksicht auf die Juden“. 89  Paulus hätte sich „von vornherein als Apostat diskreditiert“, so Pesch, Apostelgeschichte (Bd. 2), 97. 90 Vgl. Num 15,30 f.: ‫עשה ביד רמה‬. 91  Vgl.  Pesch, Apostelgeschichte (Bd. 2), 97: „Paulus hätte also, wäre Timotheus mit ihm gezogen, sanktioniert, was in den Augen der Juden ein Frevel war“. 92 Von Lips, Timotheus, 125. 93   Vgl. Apg 16,6 f. 86

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Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus

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vernarbt. Traumatische Erinnerungen sind noch wach. (4) Damit koinzidiert, dass auch Paulus persönlich in Lystra wie durch ein Wunder eine Steinigung überlebt hat.94 Bei einem erneuten Besuch dieser Stadt ist unbedingt darauf zu achten, dass Paulus und die örtliche Gemeinde kein Déjà-vu-Erlebnis erleiden. Insofern eignet der Beschneidung von Timotheus beinahe der Charakter einer Lebensversicherung für Paulus. Erinnerungen an Todesangst und akute Lebensgefahr sind für ihn mit einem erneuten Besuch von Lystra verbunden. Es entbehrt nicht einer feinen Ironie bzw. einer kontraintuitiven Sinnumdeutung, wenn sich die Mitarbeiterschaft des Paulus nun ausgerechnet am Ort seines ihm zugedachten Todes erweitert. Denn Timotheus wird mit einem „guten Ruf “ vorgestellt „bei den Brüdern und Schwestern in Lystra und Ikonium“ (Apg 16,2). Juden aus Iconium waren seinerzeit auch bei der Steinigung des Paulus in Lystra maßgeblich beteiligt (14,19). Symbolisch gesprochen: Aus dem (vermeintlichen, zugedachten) Tod erwachsen nun ein weiteres Mal Leben und eine weitere Verkündigung des Evangeliums. Ostern wird hier nachvollzogen, symbolisch erlebt und erfahren. (5) Indem sich Paulus von Tarsus und Silas von Jerusalem an die Jerusalemer Übereinkunft halten und eine Abschrift des Briefes der Jerusalemer Gemeinde – oder diesen selbst – mit sich führen, zeigen sie nicht nur ein Bewusstsein für die ekklesiologischen, ethischen und ritualgesetzlichen Problemkonstellationen im Miteinander von Juden, Judenchristen und Heidenchristen, sondern sie halten sich auch an die vereinbarten Grundsätze und Lösungswege. Lukas erinnert in demselben Kontext explizit an die Weitergabe der „Beschlüsse“ (δόγματα, Apg 16,4).95 (6) Schließlich kann nur eine klare und konsequente Haltung in der Beschneidungsfrage dazu beitragen, dass Paulus, Silas und Timotheus weiterhin Synagogen besuchen können, in diesen sprechen können und dort zugewandte Aufmerksamkeit erfahren. Insofern wird die Beschneidung des Timotheus zum Türöffner für eine weitere Mission in der Region und auf der weiteren Reise.96 All dies entspricht der von Paulus im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth offengelegten Maxime, „den Juden ein Jude“ zu werden um des Evangeliums willen.97 Obgleich Beschneidung für Paulus und – so ist vorauszusetzen – auch für Timotheus theologisch ein Adiaphoron ist, gehört doch zum Judesein bleibend die Beschneidung: „Jeder aber bleibe an seinem Ort, an den er berufen worden ist.“98 Wenn Paulus also die Beschneidung des Sohnes einer jüdischen Frau in Lystra „wegen der Juden“ vornimmt (Apg 16,3), dann handelt er dem   S. Apg 14,19 f.   Apg 16,4 f. 96 Für Roloff, Apostelgeschichte, 240, ist dies ein „missionsstrategischer Gesichtspunkt“; ähnlich spricht Pesch, Apostelgeschichte (Bd. 2), 98, von einer „missionarischen Akkomodation“. 97 Vgl. 1 Kor 9,20. 98  1 Kor 7,20 im Kontext von 7,17–20. 94 95

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ausgeführten Motivhorizont entsprechend (1) transparent, (2) konsequent, (3) umsichtig und fürsorglich für andere, (4) vorsichtig, (5) vereinbarungsgemäß und (6) seinen eigenen Maximen, Zielen und Zwecken entsprechend. Im Hinblick auf die Jerusalemer Vereinbarung gilt: „Nur für die Heidenchristen sind Sonderregelungen beschlossen worden“.99 Daher ist umgekehrt zu formulieren: Timotheus nicht zu beschneiden, wäre zumal nach den vorausgegangenen Erfahrungen leichtsinnig und gefährlich für Paulus, Silas, Timotheus und für viele Gemeindeglieder in der gesamten Umgebung; es wäre alles andere als zielführend. Der Fall des Timotheus liegt daher vollkommen anders als derjenige des ‚Griechen‘ Titus.100 Eine Gleichsetzung beider kann mit guten Argumenten ausgeschlossen werden.101 Denn ein Wechsel zwischen Kurz‑ und Langform eines Namens wäre nur mit Blick auf denselben Verfasser ein Argument. Dies zeigen Beispiele wie Priszilla und Silvanus in paulinischer Tradition gegenüber Priska und Silas in der Apostelgeschichte des Lukas.102 Warum kommt Timotheus nach Apg  16,1–3 hinzu? Inwiefern werden die Handlungsmöglichkeiten von Paulus und Silas dadurch erweitert? An erster Stelle ist die Begabung von Timotheus als ‚Jünger‘ mit einem ‚guten Ruf ‘ in den Gemeinden seiner Umgebung zu nennen. Er ist offensichtlich ein geschickter und anerkannter Gemeindepädagoge, Verkündiger, Seelsorger und Lehrer. Dies setzt voraus, dass er bereits Christ ist, als Silas und Paulus auf ihrer Reise in die Region kommen. Mehr noch, wahrscheinlich kennt Paulus ihn bereits von seiner vorherigen Missionsreise, die er zusammen mit Barnabas unternommen hat.103 Es besteht der „Anschein, als sei Timotheus von Paulus selbst bei seinem ersten Aufenthalt in Lystra bekehrt und getauft worden.“104 Zudem scheint die Chemie zwischen Timotheus und Paulus zu stimmen. Paulus scheint dies zu bestätigen: In seinen Briefen bezeichnet er Timotheus als „mein geliebtes und treues Kind im Herrn“ (1 Kor 4,17). Offensichtlich können Paulus und Silas zusätzliche Unterstützung gut gebrauchen. Tres faciunt collegium, ein Dreierteam ist flexibler, widerstandsfähiger und weniger verwundbar als nur ein Zweierteam.105 Mit Timotheus ist eine geographische Horizonterweiterung verbun 99 Von

Lips, Timotheus, 127. Zur Diskussion um eine mögliche Beschneidung s. ausführlich von Lips, Timotheus, (91–)99 f. 101 Sie ist sprachlich, erzählerisch und historisch alles andere als wahrscheinlich oder überzeugend, gegen Zmijewski, Apostelgeschichte, 587 f. 102  S. die Daten bei von Lips, Timotheus, 129. 103 Vgl. Apg 14,6.8.21. In ähnlicher Weise kennt er Silas bereits, ehe er ihn als Begleiter für seine Missionsreise auswählt, s. Apg 15,22.40. 104 Roloff, Apostelgeschichte (Bd. 2), 240; ebenso von Lips, Timotheus, 39.123. Dies stehe möglicherweise „nicht in Einklang mit der späteren Timotheus-Legende“ (2 Tim 1,5), so Roloff, Apostelgeschichte (Bd. 2), 240. Anders bewertet von Lips, Timotheus, 127 2 Tim 1,5: „Das kann dann natürlich nur die Unterweisung in der jüdischen Schrift und Glaubenstradition gewesen sein“. 105  Vgl. bereits Pred 4,12. 100 Vgl. Gal 2,3.

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den. Bessere Kenntnisse im Landesinneren, im anatolischen Hochland jenseits (= nördlich) des Taurusgebirges, sind hochwillkommen. Erst recht gilt dies in kultureller Hinsicht. Timotheus stammt weder aus dem fernen Jerusalem noch aus der Küstengegend von Kilikien. Für Menschen aus dem Landesinneren ist er ‚einer der ihren‘. Zumal angesichts des bevorstehenden Aufbruchs in Neuland106 und vor dem Verlassen der bereits aus der 1. Missionsreise bekannten Gebiete ist eine Verstärkung und Erweiterung zum Dreierkollegium eine sinnvolle und ermutigende Entwicklung der bisher auf Paulus und Silas beschränkten Dienstgemeinschaft.107 Im weiteren Verlauf der 2. Missionsreise wird Timotheus erst wieder im Zusammenhang von Beroia genannt. Er bleibt dort mit Silas zurück, während Paulus allein nach Athen weiterzieht (Apg 17,14 f.). Erst in Korinth stoßen beide „von Makedonien gekommen“ wieder zu Paulus (Apg 18,5). Sie entlasten ihn dort von Erwerbsarbeit, so dass dieser sich wieder uneingeschränkt der Verkündigung des Evangeliums widmen kann – insgesamt eineinhalb Jahre (18,11). Danach wird Timotheus auf der 2. Missionsreise nicht mehr erwähnt. Sehr wahrscheinlich begleitet er Paulus aber weiter nach Ephesus und über Caesarea maritima und Jerusalem nach Antiochia am Orontes. 2. Timotheus während der 3. Missionsreise des Paulus Die 3. Missionsreise führt Paulus von Antiochia am Orontes über Galatien und Phrygien (Apg 18,23) schließlich an die Küste hinab nach Ephesus (19,1). Dort wirkt er längere Zeit in einer Synagoge und in einem privaten Lehrgebäude,108 ehe er Mazedonien, Achaia, Jerusalem und schließlich Rom als Ziele auf seine innere Agenda setzt (19,21)109. In dieser Situation schickt er aus seiner Mitarbeiterschaft „Timotheus und Erastus“ von Ephesus nach Mazedonien voraus,110 bleibt aber selbst noch in Kleinasien, wahrscheinlich in dessen Metropole Ephesus (19,22).111 Da Timotheus im Vergleich mit Erastus der Erfahrenere ist, wird er hier an erster 106  Timotheus ist auch aufgrund seiner Herkunft und Familie „geübt in interkultureller Kommunikation“, s. Haacker, Römer, 388. 107  Nach Börschel, Konstruktion, 125, „erhöht schon die Anzahl der Sinnvermittler die Chance der Etablierung dieser Sinnwelt“, ausführlich a. a. O., 91–110. 108  Drei Monate bzw. zwei Jahre, Apg 19,8.10. Liegt mit Blick auf 24,27 und 28,30 eine symbolische Zeitangabe im Sinn von langer Dauer vor? 109 Hier ist ein Wendepunkt erreicht, ähnlich wie am Beginn des lukanischen Reiseberichts in Lk 9,51. „Fortan geht Paulus – ähnlich wie Jesus – den abschließenden Weg des Leidens“, s. Gebauer, Apostelgeschichte (Bd. 2), 119; ebenso Zmijewski, Apostelgeschichte, 699: „bewußt in Parallele zum Leidensweg Jesu nach Jerusalem“ (Hervorheb. im Original). 110  Analog zu Lk 9,52(–56); vgl. auch Apg 20,5.13. Die in 1 Kor 4,17 und 16,10 erwähnte Reise findet (1) ohne Erastus statt und führt (2) nach Korinth. Es handelt sich also um „verschiedene Reisen des Timotheus“, Metzner, Die Prominenten, 561 Anm. 37. 111  S. auch Asia in Apg 20,4.16; 21,27.29; 24,19.

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Stelle genannt: „Timotheus und Erastus“.112 Er rückt damit um eine Stelle auf wie vor ihm Paulus beim Wechsel von Barnabas zu Silas und Silas im Verhältnis zu Timotheus anstelle von Paulus. Timotheus und die mazedonischen Gemeinden kennen sich bereits von der 2. Missionsreise des Paulus her. Der Begriff „Diener“ (19,22) dürfte sich „konkret auf die Organisation der Kollekte für Jerusalem“ beziehen.113 Bei der anschließend erzählten Auseinandersetzung um die Göttin Artemis von Ephesus (19,23–40) wird Paulus von Gaius und Aristarchus, zwei „Reisegefährten des Paulus aus Makedonien“, begleitet (19,29[37]). Timotheus und Erastus sind also nicht die einzigen Mitarbeiter auf der 3. Missionsreise des Paulus. Schließlich zieht Paulus durch Mazedonien und Griechenland.114 Bei der Rückreise über Mazedonien werden nicht weniger als sieben Personen erwähnt (Apg 20,4). Auf den ersten Blick kommen drei von ihnen aus Mazedonien, nämlich „Sopater, der Sohn des Pyrrhus, aus Beröa, Aristarchus und Secundus aus Thessalonich“ (20,4), und vier aus Kleinasien: „Gaius aus Derbe und Timotheus, sowie aus der Asia Tychikus und Trophimus“ (20,4). Aristarchus aus Mazedonien wird bereits im Ephesusabschnitt erwähnt (19,29). Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei „Gaius aus Derbe“ ebenfalls um den kurz davor in Ephesus erwähnten Gaius „aus Makedonien“ (19,29). Diese ohnehin „vom Kontext her naheliegende(n) Gleichsetzung“ wurde von Cl.-J. Thornton mit mehreren und guten Argumenten untermauert.115 Zur Vermeidung eines Missverständnisses ist dann „Gaius Derbaios“ in Apg 20,4 zu übersetzen anstatt „Gaius aus Derbe“ (Zürcher Bibel).116 Dann aber stammen die ersten vier Personen aus Mazedonien und die übrigen drei aus Kleinasien. Die Siebenzahl ist m. E. weder zufällig noch dürfte es sich einfach um Mitarbeiter von Paulus handeln.117 Denn auch sonst werden Mitarbeiter nicht einfach aufgelistet. M. E. besteht hier eine gewisse „Analogie zum jüdischen Ortsvorstand, der sieben Männer umfasste“.118 Von der Einsetzung eines solchen Siebenergremiums wird bereits in Apg  6,1–7 erzählt. Jenes weist mit der hier 112  Erastus ist nicht mit dem in Röm 16,23 und 2 Tim 4,20 genannten identisch, s. ausführlich Metzner, Die Prominenten, 561–563. 113 A. a. O., 562 Anm. 38, im Anschluss an Pesch, Apostelgeschichte (Bd. 2), 176; vgl.  dazu Röm 15,25.31; 2 Kor 8,4.19 f.; 9,1.12 f. 114 Apg 20,1 f.; vgl. auch Röm 15,26. Die Grenzen der beiden senatorischen Provinzen mit den für Paulus relevanten Orten skizziert Thornton, Zeuge, 252; s. auch Wittke u. a., Atlas, 187. 115  Thornton, Zeuge, 256 f., Zitat 257, lokalisiert entweder den Herkunftsort des Gaius in Illyrien oder  – wahrscheinlicher  – seinen Wohnort in einem „uns nicht mehr bekannten mazedonischen Ort“ (ebd.) anstatt in der Stadt Derbe in Lykaonien in Kleinasien. 116  Vgl. a. a. O., 89. Dieser Übersetzung von Γάϊος Δερβαῖος schließe ich mich im Folgenden an. 117  So auch Jervell, Apostelgeschichte, 498: „Sie sind keine Missionsmitarbeiter, denn von einer Mission ist in der Apg fortan nicht die Rede“. 118  Zu diesem Selbstverwaltungsorgan s.  Roloff, Apostelgeschichte, 108 f.; Hengel, Jesus, 30 f. [= 180 f.]; Billerbeck, Kommentar (Bd. 2), 641.

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in 20,4 aufgeführten Siebenerliste drei Gemeinsamkeiten auf: Es handelt sich durchgängig um (1) hellenistische Namen,119 und (2) es existiert ein Bezug auf Jerusalem sowie (3) auf das Thema Armut in der Jerusalemer Gemeinde. Obwohl im Kontext von Apg  20 eine Kollekte nicht ausdrücklich erwähnt wird, hat Lukas diese wahrscheinlich im Blick: „Es liegt nahe, an die Kollektendelegation zu denken, also an Gemeindevertreter, die die Kollekte überbringen sollten“.120 Daher werden fast alle sieben Namen einem Herkunftsgebiet zugeordnet (Apg  20,4): „Sopater, der Sohn des Pyrrhus, aus Beröa, Aristarchus und Secundus aus Thessalonich, Gaius Derbaios und Timotheus, sowie aus der Asia Tychikus und Trophimus“.121 Die Aufzählung ist rhetorisch gestaltet und „einprägsam strukturiert“.122 (1)

„Sopatros, (der des) Pyrros, (2) und Gajos, und Timotheos, ein Beroianer, ein Derbaier, von Thessalonikern aber als Asier aber Aristarchos und Sekundos Tychikos und Trophimos“.

Timotheus wird in der Aufzählung nach Gaius Derbaios, d. h. nach der mazedonischen Gruppe und zugleich an der Spitze der Asier eingeordnet. Dass nur bei ihm Lystra als Ort seiner Herkunft nicht eigens erwähnt ist, kann verschieden erklärt werden. Einerseits ist diese Angabe dem Leser bereits vertraut.123 Andererseits ist Timotheus ein atypisches Mitglied der Aufzählung, weil er auch sonst als Mitarbeiter von Paulus auftritt und damit mehr als ein bloßer ‚Gemeindevertreter‘ mit dem begrenzten Zweck der Kollektenüberbringung ist. Er „reist dann mit als Mitarbeiter des Paulus, nicht als Gemeindevertreter“.124 Die Aufzählung verbindet jeweils zwei Personennamen mit einer Ortsangabe. Sopater steht zwar für sich,125 allerdings mit dem Namen seines Vaters. Darauf folgen Repräsentanten aus der mazedonischen Hauptstadt Thessaloniki126 – darunter 119 Apg 6,5; zu den sieben Hellenisten in Apg 6,1–7 s. ausführlich Mutschler, Diakonat, 189–192 (182–199). 120  So zurückhaltend, aber sachlich zutreffend Jervell, Apostelgeschichte, 498; ähnlich Eckey, Apostelgeschichte (Bd. 2), 459: „wahrscheinlich Delegierte ihrer Gemeinden“. Zur Kollekte s. Apg 24,17. 121 Gegenüber der Zürcher Bibel wurde „aus Derbe“ (Δερβαῖος) verändert zu „Derbaios“. 122  Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 54, im Folgenden in der Übertragung des Münchener Neuen Testaments mit einer leichten Variation („ein Derbaier“ statt „Derbaios“). 123  S. „Derbe und Lystra“, Apg 16,1; „Lystra und Ikonium“, 16,2. 124 Jervell, Apostelgeschichte, 498. Bei Aristarchus koinzidieren beide Funktionen, die des Mitarbeiters aus Mazedonien (Apg 19,29) bzw. Thessaloniki (27,2) mit der des Kollektenbeauftragten und Gemeindevertreters (20,4). Ob es sich in Phlm 24 und Kol 4,10 um denselben Aristarchus handelt, ist unsicher, s. Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 46 f. 125  Vgl. Sosipater (Röm 16,21). Bei Timotheus, So(si)pater und Gaius (Röm 16,21.23) liegt nach Lohse, Römer, 415 „eine auffallende Entsprechung zur Liste von Act 20,4“ vor. 126  Nach Elliger, Paulus, 81 (= 41 [1998]), war die Stadt „über Jahrhunderte ein politisches, wirtschaftliches, kulturelles und religiöses Zentrum, dessen Bedeutung kaum hoch genug veranschlagt werden kann“.

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Secundus mit einem typischen Sklavennamen – oder ihrem Umland (Gaius), sodann Timotheus und schließlich Vertreter aus der Asia, in der Paulus zuletzt ausführlich wirkte (Apg 19,1–20,1).127 Dagegen fehlen der Aufzählung Hinweise auf Titus, Korinth und Philippi, die bei der Jerusalemkollekte ebenfalls zu erwarten wären.128 Ähnlich wie auf dem Hinweg nach Mazedonien129 reisen auch Mitreisende von Paulus von Mazedonien (Philippi?) nach Troas voraus (20,5). Dadurch wird der Eindruck einer ausgewogenen, überlegten und wohlproportionierten Erzählung bzw. Mission verstärkt. „Um dort Schiffsverbindungen zu erkunden“, wäre ein plausibler Zweck;130 unklar bleibt jedoch, „wer und von wo an“ vorausreist.131 Von Kleinasien aus reist Timotheus mit der Kollekte und Paulus zum zweiten Mal nach Jerusalem, wo er die Gefangennahme des Paulus erlebt. „Ob er die Schiffsreise des gefangenen Paulus zum Berufungsgericht nach Rom mitgemacht hat“,132 bleibt offen. 3. Zusammenfassung: Timotheus als Mitarbeiter von Paulus In einem für die Mission, für Paulus mitsamt Silas und für die frühchristlichen Gemeinden sensiblen und insgesamt gefährlichen Umfeld findet Paulus seinen alles in allem wichtigsten und engsten Mitarbeiter (Apg 16,1–3). Wie kein Zweiter verbindet Timotheus in seiner Person Judentum, Griechentum und Christentum. Allerdings ist er, obwohl dem Judentum durch Geburt zugehörig, bislang nicht beschnitten. Seinen theologischen und missionstheologischen Grundsätzen entsprechend (1 Kor 7,20; 9,20) holt Paulus dies als erstes nach. Damit schafft er Sicherheit in mindestens dreifacher Hinsicht: (1) Innerkirchlich und innerchristlich werden vereinbarte theologische Grundsätze des Zusammenlebens von Judenchristen und Heidenchristen respektiert. (2) Gegenüber dem Judentum ist ein notorischer Stein des Anstoßes und ein potentieller Hauptangriffspunkt beseitigt. (3) Die Akzeptanz des Vorhandenen und die Durch­ 127  Zu Tychikus s. Eph 6,21f; Kol 4,7; 2 Tim 4,12; Tit 3,12, zu Trophimus Apg 21,29 (Stein des Anstoßes für Paulus’ Gefangennahme in Jerusalem); 2 Tim 4,20. Die achtergewichtige Nennung von zwei Vertretern aus Ephesus entspricht eher „der vermutlichen Größe der Gemeinde“ und weniger ihrer Beteiligung an der Sammlung für Jerusalem, s. Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 55. 128 Zu Titus und Korinth s. 2 Kor 8,6.16–19.23. Thornton, Zeuge, 271, zieht in Erwägung, „daß Lukas Kollektenvertreter der Gemeinde von Philippi“ ist und „in den mit ‚wir‘ bezeichneten Personen inbegriffen“ ist. Denn es wäre überraschend, wenn „niemand aus der Lieblingsgemeinde des Apostels […] mitgemacht“ hätte, (ebd.). Bereits Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 57, geht davon aus, „daß sich im (echten) ‚Wir‘ der Erzählung ein Kollektenvertreter verbirgt“. 129 Apg 19,22; s. auch 20,13. 130  Gebauer, Apostelgeschichte (Bd. 2), 127. 131  Eckey, Apostelgeschichte (Bd. 2), 460; Thornton, Apostelgeschichte, 90, denkt an zwei, sechs oder sieben möglicherweise ab Philippi vorausreisende Personen. 132  Knoch, Testament, 105.

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setzung des religionsrechtlich Gebotenen minimieren bestehende Risiken religiösen Unfriedens inmitten eines multireligiösen, labilen Gleichgewichts. Durch all dies erhält Timotheus einen Zugewinn an Handlungsfreiheit und Legitimität. Seine Beschneidung ist deshalb eine sinnvolle Voraussetzung seiner Berufung und Indienststellung als Mitarbeiter von Paulus und Silas, die beide bereits als Säuglinge beschnitten wurden.133 Einstweilen steht Timotheus immer wieder im Schatten des Jerusalemer Paulusbegleiters Silas. Silas hat Timotheus sehr viel an Erfahrung voraus. So ist es natürlich, dass er zunächst zu einer Art Mentor für ihn wird. In Philippi geht Silas mit Paulus den schmerzhaften Weg ins Gefängnis, während Timotheus offenbar nicht belangt wird. In Thessaloniki stehen ebenfalls Paulus und Silas im Zentrum der Anfeindungen. In Beroia werden Paulus und Silas getrennt. Letzterer bildet nun mit Timotheus – ohne Paulus – für einige Zeit eine Dienst-, (Über‑) Lebens‑ und Reisegemeinschaft zu zweit (Apg 17,14 f.). Erst in Korinth finden alle drei wieder zusammen. Timotheus hat sich bis dahin in besonderer Weise um mazedonische Gemeinden gekümmert und sich  – ähnlich wie in seiner lykaonischen Heimatregion – einen „guten Ruf “ erarbeitet.134 In und ab Korinth unterstützen Silas und Timotheus erneut Paulus auf seiner 2. Missionsreise (18,5). Ab der 3.  Missionsreise des Paulus ist nicht mehr von Silas die Rede. Timotheus rückt dadurch auf. Erneut durchquert er mit Paulus das weitläufige inneranatolische Hochland. Von Ephesus aus schickt Paulus „Timotheus und Erastus“ nach Mazedonien voraus (Apg 19,22). Die Reihenfolge der Nennung zeigt: Der einstige Mentee von Silas ist nun selbst zum Mentor geworden. Timotheus wird in der Folge zum spiritūs rector und zum praktischen Organisator des allerersten übergemeindlichen christlichen Unterstützungswerkes: der Kollekte für Jerusalem. Damit übernimmt er ein wichtiges, eminent ökumenisches und praxisbezogenes Ergebnis der Jerusalemer Übereinkunft (Gal 2,10) und setzt es im Auftrag von und in Zusammenarbeit mit Paulus um. Auf der Rückreise von Mazedonien wird Timotheus inmitten von mazedonischen Gemeinderepräsentanten und kleinasiatischen Begleitern genannt (Apg 20,4). Die Siebenergruppe ist der Überbringung der Jerusalemkollekte verpflichtet, für die Timotheus im Auftrag von Paulus verantwortlich zeichnet. Sieben Personen mit einem hellenistischen Namen engagieren sich zum Wohl der Armen von Jerusalem. Sie bilden innerhalb der Apostelgeschichte ein kompositionelles Pendant zum Siebenerkreis von Jerusalem.135 Lässt man die großen Entwicklungslinien Revue passieren, dann ergeben sich für Timotheus folgende vier großen Veränderungen: (1) Aus einem Wunschmit Für Paulus s. Phil 3,5.  S.  Apg  16,2. Nach 1 Tim  3,13 können diejenigen, die ihren Dienst gut versehen, „hohes Ansehen“ und „großen Freimut“ erwerben, s. dazu ausführlich Mutschler, Glaube, 284–286. 135  Vgl. Apg 6,1–7, s. dazu Mutschler, Diakonat, 182–199(–208).210–212. 133 134

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arbeiter des Paulus wird sein engster und wichtigster Mitarbeiter. (2) Aus einem Jünger mit ‚gutem Ruf ‘ vor Ort wird ein überregional, cum grano salis international und interkontinental tätiger Zeuge mit ‚gutem Ruf ‘. (3) Aus einem Mentee von Silas wird der Mentor einer Fülle von Mitarbeitern und Gemeinderepräsentanten im Gebiet der paulinischen Mission. (4) Aus einer illegitimen Verbindung zwischen einer jüdischen Frau und einem griechischen Mann in einer inneranatolischen Kleinstadt, dem lykaonischen Lystra, wird eine Ankerperson des Christentums in Kleinasien, Griechenland und besonders in Mazedonien. Timotheus kommt nur in fünf von 28  Kapiteln der Apostelgeschichte vor (Apg  16–20). Aber für das früheste Christentum in Kleinasien, Griechenland und besonders in Mazedonien ist er nach Paulus die wichtigste Gestalt. Die Darstellung von Timotheus in der Apostelgeschichte wird daher „seiner wirklichen Bedeutung nicht gerecht“.136

III. Silvanus und Timotheus im 1. Thessalonicherbrief auf dem Hintergrund der Paulusbriefe und des übrigen Neuen Testaments Silvanus und Timotheus werden in den Paulusbriefen verschieden oft genannt. Zum Einstieg wird das gemeinsame Vorkommen von (1) Silvanus und Timotheus in 2 Kor 1,19 betrachtet, ehe zunächst knapp (2) Silvanus in den protopaulinischen Briefen (abgesehen vom 1. Thessalonicherbrief ) sowie im 1. Petrusbrief und dann (3) Timotheus in den protopaulinischen Briefen (abgesehen vom 1. Thessalonicherbrief ) und (4) in den Briefen der Paulusschule als Hintergrund für den 1. Thessalonicherbrief erhellt werden. Danach werden (5) Silvanus und Timotheus im 1. Thessalonicherbrief fokussiert. Von hier aus wird dann (6) ein erneuter Seitenblick auf die Thessaloniki-Erzählung in Apg  17,1–10 geworfen und schließlich (7) die Frage nach der Mitverfasserschaft von Silvanus und Timotheus am 1. Thessalonicherbrief gestellt. Am Ende werden (8) die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst. 1. Silvanus und Timotheus in 2 Kor 1,19 Erstaunlicherweise kommt Silvanus abgesehen vom 1. Thessalonicherbrief nur ein weiteres Mal – und hier zusammen mit Timotheus – in den Paulusbriefen vor. In 2 Kor 1 schreibt Paulus zunächst von einer „Bedrängnis, die in der Asia über uns gekommen ist“, die so schwer war, dass er „das Todesurteil schon in den Händen“ hatte (1,8 f.). Sein ursprüngliches Vorhaben, „ein zweites Mal“ nach Korinth und von da aus nach Mazedonien und wieder zurück zu reisen, kam  So bereits Conzelmann, Apostelgeschichte, 97.

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nicht zustande (1,15 f.).137 Von hier aus betont er „die Treue Gottes“ (1,18) und fährt fort (1,19): Der Sohn Gottes, Jesus Christus, der durch uns bei euch verkündigt worden ist – durch mich und Silvanus und Timotheus –, war nicht Ja und Nein, sondern in ihm ist das Ja Wirklichkeit geworden.138

Silvanus und Timotheus werden hier als Christusverkündiger in Korinth neben Paulus aufgeführt. Tatsächlich fügt sich dies gut zu der von Lukas erzählten Situation, als „Silas und Timotheus von Makedonien gekommen waren“ (Apg 18,5), um Paulus in Korinth zu unterstützen. Auch die Reihenfolge der beiden Mitverkündiger deckt sich mit dem „Silas und Timotheus“ der Apostelgeschichte.139 Die Nennung aller drei Verkündiger verfolgt die rhetorische Absicht, die Glaubwürdigkeit der Aussage zu erhöhen. Das Ja in Christus erscheint als besonders verlässlich und gewiss, weil nicht weniger als drei Personen einheitlich dasselbe verkündigen und bezeugen. Die Zuverlässigkeit einer Sache aufgrund von (zwei oder) drei Zeugen (Drei-Zeugen-Regel), „darf als allgemeine antike ‚Faustregel‘ gelten“.140 Wenn nämlich Paulus, Silvanus und Timotheus dasselbe gemeinsame Evangelium von Christus verkündigen, dann ist es in jedem Fall glaubhaft. Es wäre sogar glaubhaft vor Gericht und damit gerichtsfest. Drei verschiedene Personen bürgen dafür. Sie stehen mit ihrem Wort und mit ihrer gesamten Existenz für das Evangelium von Jesus als dem Christus und ‚Sohn Gottes‘ ein. 2. Silvanus in den protopaulinischen Briefen (ohne 1. Thessalonicherbrief ) und im 1. Petrusbrief Im Gegensatz zu Timotheus ist die neutestamentliche Nachgeschichte von Silvanus bemerkenswert kurz. Er wird in den Paulusbriefen  – abgesehen vom 1. Thessalonicherbrief – sonst nicht mehr erwähnt. In 1 Petr 5,12 ist zu lesen: Durch die Übermittlung des Silvanus, des treuen Bruders, wie ich meine, habe ich euch einige Zeilen zukommen lassen, um euch zu ermahnen und zu bezeugen, dass das, was ich geschrieben habe, in Wahrheit die Gnade Gottes ist, in der ihr stehen sollt.

Auch hier dient die gemeinsame Zeugenschaft der Sicherung und Glaubwürdigkeit des übermittelten Inhalts. Der Jerusalemer Judenchrist Silas alias Silvanus wird als Übermittler im Sinn von „Überbringer“141 und Zeuge eines Schreibens von Petrus in Anspruch genommen. Ohne Zweifel ist der gleichnamige Silvanus  Das Imperfekt ἐβουλόμην hat konativen Charakter.  Die Hervorhebung von „und Silvanus und Timotheus“ stammt von B. M. und erfolgt als Lesehinweis; so auch in weiteren Zitaten. 139  Apg 17,14.15; 18,5, dazu ausführlich o. im Abschnitt zu Silas. 140  Rusam, Johannesbrief, 122 f., Zitat 123. Zur biblischen Tradition s.  Dtn  17,6; 19,15; 2 Kor 13,1 f.; Mt 18,16; Hebr 10,28; 1 Joh 5,6–8; ferner 1 Kön 21,10; Joh 8,10. 141  In diesem Sinn wird διὰ Σιλουανοῦ übereinstimmend von Vahrenhorst, Petrus, 200; 137 138

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aus den Paulusbriefen gemeint, der als Silas in Apg 15,22 f. bereits das Schreiben der Jerusalemer Gemeinde mit nach Antiochia überbringt.142 Dass es sich um eine bewusste Bezugnahme handelt, zeigt die Fortsetzung: In 1 Petr 5,13 klingt mit „mein Sohn Markus“ eine parallele Anspielung auf den aus der Apostelgeschichte bekannten Johannes Markus an.143 Silvanus ist in der Rolle eines Briefüberbringers im frühen Christentum anerkannt. In 1 Petr 5,12 wird er als glaubwürdiger Mitchrist („treuer Bruder“) in die petrinische Tradition und Traditionsvermittlung eingebunden. Mit anderen Worten: Silvanus wird nostrifiziert, angesichts seiner palästinischen (Jerusalemer) Herkunft sogar renostrifiziert. Der inzwischen als Begleiter von Paulus und Mitautor eines Briefes bekannt Gewordene wird zugleich als „Bruder“ (1 Petr 5,12) und Mitarbeiter von Petrus in Anspruch genommen; tatsächlich gehört er ja in seinen Anfängen zur Jerusalemer Gemeinde.144 Silvanus wird dadurch als apostelverbindender, gewissermaßen überapostolischer und ökumenischer Zeuge in Anspruch genommen. Denn er steht nicht nur im treuen Dienst des Paulus, sondern auch des Petrus.145 Für viele Christen und Gemeinden „in Pontus, Galatien, Kappadokien, in der Provinz Asia und in Bithynien“ (1 Petr 1,1), an die der Brief zirkular gerichtet ist, ist Silvanus ein glaubwürdiger Gewährsmann, ein zuverlässiger Zeuge und ein treuer Tradent von hohem Gewicht, hat er doch mit Paulus zusammen viele dieser Landschaften (und weitere, folgt man der Apostelgeschichte) zum Teil mehrfach als Christusverkündiger bereist.146 In vielen lokalen Gemeinden ist noch ein Wissen darüber vorhanden, und Lukas erzählt es. 3. Timotheus in den protopaulinischen Briefen (ohne 1. Thessalonicherbrief ) Timotheus dagegen avanciert zu dem Mitarbeiter des Paulus, ohne dass er zusätzlich in nichtpaulinischen Schriften genannt würde. Nicht weniger als elfmal wird Timotheus namentlich in den protopaulinischen Briefen erwähnt. Acht Belege befinden sich außerhalb des 1. Thessalonicherbriefs. Sie lassen sich in drei Gruppen untergliedern. Brox, Petrusbrief, 242 f., interpretiert. Goppelt, Petrusbrief, 347, denkt hingegen an eine selbständige Konzeption „durch Silvanus“ im Auftrag. 142  Zur Begründung dieser Identifikation s. ausführlich Brox, Petrusbrief, 241–243. Mit dem Briefüberbringer stehen eine „sichere Beförderung des Briefes“ und die „Authentizitätsgarantie für die Empfänger bezüglich des Briefes“ auf dem Spiel, (a. a. O., 243). 143  Zu diesem s. o. im Abschnitt zu Silas in der Apostelgeschichte. 144 Apg 15,22.27.32 f.; so auch Feldmeier, Petrus, 169. 145 Vgl. πιστός, 1 Kor 4,17; 1 Petr 5,12. 146 Nach Lukas konnte auf der 2. Missionsreise des Paulus Bithynien nicht besucht werden (Apg 16,7). Ob Bithynien und Pontus am Rande der 2. Missionsreise besucht wurden, muss offenbleiben (18,23). In jedem Fall wurden Galatien, Kappadokien und die Provinz Asia teilweise sogar mehrfach besucht. Dass die Adressatengemeinden des 1. Petrusbriefs „nur zum geringen Teil (…) im paulinischen Missionsgebiet liegen“, wird man also kaum sagen können, gegen Vahrenhorst, Petrus, 200.

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus

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(1) Eine erste Gruppe von Belegen erwähnt Timotheus als Boten, der zu einer achäischen oder mazedonischen Gemeinde gekommen ist oder kommen wird: Darum habe ich euch Timotheus geschickt, mein geliebtes und treues Kind im Herrn; er wird euch erinnern an meine Wege, die ich in Christus Jesus gehe, daran, wie ich überall in jeder Gemeinde lehre. (1 Kor 4,17) 10Wenn aber Timotheus kommt, seht zu, dass er sich vor euch nicht fürchten muss; denn er wirkt wie ich am Werk des Herrn. 11Niemand soll ihn also gering schätzen! Lasst ihn in Frieden ziehen, damit er wieder zu mir kommt. Ich erwarte ihn nämlich mit den Brüdern. (1 Kor 16,10 f.) 19Ich hoffe aber im Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch schicken zu können, damit auch ich neuen Mut schöpfe, wenn ich erfahre, wie es euch geht. 20Ich habe sonst keinen Gleichgesinnten, der sich so ernsthaft um eure Angelegenheiten kümmern würde. 21Alle andern sind ja nur mit ihren eigenen Dingen beschäftigt, nicht mit der Sache Jesu Christi. 22Er aber hat sich bewährt, das wisst ihr: Wie ein Kind dem Vater, so hat er mit mir zusammen dem Evangelium gedient. 23Ihn also hoffe ich zu schicken, sobald ich klarer sehe, wie es um meine Sache steht. (Phil 2,19–23)

In diesen Kontexten stellt sich Paulus sehr deutlich hinter Timotheus. Dadurch wird einerseits ihre persönliche, enge Beziehung nach außen erkennbar gemacht; andererseits werden die von ihnen vertretenen Inhalte auf diesem Weg wiederholt, betont und in den Vordergrund gerückt. Timotheus repräsentiert den abwesenden Paulus, wie sich an mehreren und verschiedenen Formulierungen zeigt: „mein geliebtes und treues Kind im Herrn“, „euch erinnern an meine Wege“, „wie ich überall in jeder Gemeinde lehre“ (1 Kor 4,17); „er wirkt wie ich am Werk des Herrn“ (16,10), „damit er wieder zu mir kommt“, „ich erwarte ihn nämlich“ (16,11); „ich habe sonst keinen Gleichgesinnten“ (Phil 2,20), „er aber hat sich bewährt, das wisst ihr“ (2,21), „wie ein Kind dem Vater, so hat er mit mir zusammen dem Evangelium gedient“ (2,22). Timotheus wirkt hier wie ein Stellvertreter von Paulus, der freilich nur punktuell (ad hoc) dazu gemacht wird, aber weder generell noch formell dazu ernannt wurde. Deutlicher vertritt er Paulus im Philipperbrief, da dieser sich gerade in Gefangenschaft befindet. Insofern hofft Paulus hier (2,24): „Ich habe aber die Zuversicht im Herrn, dass auch ich bald kommen werde“. Timotheus dagegen ist schon jetzt frei zu kommen. Timotheus ist in Philippi und Korinth kein Unbekannter.147 Er wirkte bereits in der Vergangenheit als Bote ‚an Pauli Statt‘.148 Er kann daher auch in Zukunft mit der Rolle eines Paulusboten betraut werden.149 Paulus ist zwar abwesend, aber Timotheus kommt. Er hält die Kommunikation aufrecht, kümmert sich

 S. Phil 2,19–23; 1 Kor 4,17; 16,10 f.; 2 Kor 1,19.  1 Thess 3,2; 1 Kor 4,17; vgl. „an Christi Statt“ (ὑπὲρ Χριστοῦ), 2 Kor 5,20. 149  1 Kor  16,10 f.; Phil  2,19–23. „Interaktionen zwischen Paulus und den Philippern“ führt Bormann, Philippi, 125 f., Zitat 125 übersichtlich auf. 147 148

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um die jungen Gemeinden und „wirkt am Werk des Herrn“150 durch die Verkündigung des Evangeliums von Jesus als dem Christus. (2) Eine weitere Gruppe von Belegen zeigt Timotheus als Mitabsender von Briefen (inwieweit er auch Mitverfasser ist, muss an dieser Stelle offenbleiben). Erneut sind hier Briefe nach Korinth und Philippi, aber auch an eine bisher unbekannte Hausgemeinde zu nennen: Paulus, Apostel des Christus Jesus durch den Willen Gottes, und Timotheus, unser Bruder, an die Gemeinde Gottes in Korinth und an alle Heiligen in der ganzen Achaia (2 Kor 1,1). Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, und an ihre Bischöfe und Diakone (Phil 1,1). Paulus, Gefangener Christi Jesu, und Timotheus, unser Bruder (Phlm 1).

Auch hier kommt die persönliche, enge Beziehung zwischen beiden zum Ausdruck, und zwar noch stärker als bei der ersten Gruppe von Beispielen. Denn während Timotheus dort als „Kind“ von Paulus (1 Kor 4,17; Phil 2,22) oder als sein Vorläufer (Phil 2,19.23) erscheint, enthält die zweite Gruppe von Belegen Beziehungsmetaphern der Gleichheit: „Bruder“ (2 Kor 1,1; Phlm 1,1) und „Knechte“ (δοῦλοι, Phil 1,1). Insofern steht Timotheus hier ebenbürtig neben Paulus, wenngleich er in allen Fällen an zweiter Stelle nach Paulus genannt wird. Die Stärkung der Mitabsenderschaft von Timotheus ist historisch und geographisch erklärbar: Paulus ist zur Zeit der Abfassung des Philipper‑ und Philemonbriefs in Haft. Daher wird die Mitabsenderschaft durch Timotheus deutlich gestärkt. Von der Mitabsenderschaft, Wirksamkeit und Akzeptanz des Timotheus hängt die Möglichkeit zur brieflich vermittelten Wirksamkeit des Paulus ab. (3) In Röm 16,21 schließlich kommt Timotheus weder als Bote auf dem Weg zur Adressatengemeinde noch als Mitabsender eines Briefes in den Blick. Allerdings steht er prominent an der Spitze von insgesamt acht Personen, die am Ende des Briefes in einer Grußliste aufgeführt werden: Es grüßen euch Timotheus, mein Mitarbeiter, und Lukios, Jason und Sosipatros, meine Landsleute. (Röm 16,21[–23])151

Nur einer von ihnen wird ausdrücklich als Mitarbeiter (συνεργός) bezeichnet: Timotheus. Wer briefliche Grüße bestellen lässt, steht auf der Seite des Briefabsenders und Briefverfassers. Insofern stellt Röm  16,21 zwar hinsichtlich des literarischen Mittels (Grußliste) einen Fall für sich dar; aber er fügt sich sehr gut zu den bereits genannten Gruppen von Belegen. Ob nun Bote, Mitverfasser oder nur einer, der mit grüßt: In allen Fällen wird Timotheus zum Mitzeugen, Mitverkündiger und Mitarbeiter an der Seite von Paulus.

 1 Kor 16,10.  Zu Jason und Sosipatros vgl. Apg 17,5–9; 20,4 (Sopater).

150 151

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4. Silvanus und Timotheus in den deuteropaulinischen Briefen Das Präskript des Kolosserbriefs schließt an dasjenige des 2.  Korintherbriefs und des Philemonbriefs durch die Bezeichnung von Timotheus als „Bruder“ sehr gut an: Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, und Timotheus, unser Bruder (Kol 1,1).

Eine weitere Form des Anschlusses an protopaulinische Briefkonventionen liegt vor, wo Timotheus als in Kürze zu erwartender Bote angekündigt wird (1 Kor 16,10; Phil 2,19): Ihr wisst, dass unser Bruder Timotheus abgereist ist; wenn er demnächst kommt, werde ich euch mit ihm zusammen besuchen. (Hebr 13,23)

In anderen Briefen bereits eingeführte Stilisierungen von Timotheus kommen hier nebeneinander vor und werden akkumuliert: die Bezeichnung als Bruder, die Ankündigung seines Kommens, die Ankündigung eines Besuches von Paulus und dies – als neue Stilisierung – „zusammen mit“ Timotheus. Ganz und gar anderen Charakter haben dagegen Belege in Briefen, die an Timotheus adressiert sind. Sie geben (vermeintlich) Einblick in eine Binnenkommunikation zwischen Paulus und Timotheus. Damit kommt eine neue Gruppe in den Blick: (…) an Timotheus, sein rechtmässiges Kind im Glauben (1 Tim 1,2). Diese Weisung lege ich in deine Hände, Timotheus, mein Kind, im Blick auf die prophetischen Worte, die früher an dich ergangen sind, damit du mit ihrer Hilfe den guten Kampf führst! (1,18) Lieber Timotheus, bewahre, was dir anvertraut ist, und wende dich ab vom heillosen und leeren Gerede, von den Behauptungen der sogenannten Erkenntnis (6,20). (…) an Timotheus, sein geliebtes Kind (2 Tim 1,2).

Im Anschluss an 1 Kor 4,17 und Phil 2,22 wird Timotheus hier wieder als „Kind“ von Paulus angesprochen: „sein rechtmässiges Kind im Glauben“ (1 Tim  1,2), „mein Kind“ (1,18), „sein geliebtes Kind“ (2 Tim 1,2). Dadurch erscheint Paulus größer, älter, fürsorglicher und väterlicher als Timotheus. Eine namentliche Anrede am Beginn bzw. Ende der Briefe intensiviert die Vielzahl der in ihnen erteilten Anweisungen an Timotheus, die wiederholt in Form von Imperativen ergehen. Am Ende des zweiten Timotheusbriefes fehlt ein namentlicher Bezug. Er wird jedoch durch direkt ergehende Imperative substituiert.152 Schließlich ist das Präskript des 2. Thessalonicherbriefs zu nennen. Es handelt sich um einen Brief aus der Paulusschule, der den vorausgehenden (protopaulinischen) Brief an die Gemeinde in Thessaloniki bereits in der ersten Zeile inhaltlich und stilistisch imitiert:  S. 2 Tim 4,9.11.13.15.

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Paulus und Silvanus und Timotheus an die Gemeinde in Thessalonich, die in Gott, unserem Vater, und im Herrn Jesus Christus lebt (2 Thess 1,1).

Dieser Beleg nimmt ebenfalls die Drei-Zeugen-Regel zu Hilfe. Allerdings verweist er literarisch und rhetorisch auf den 1. Thessalonicherbrief, dessen Resonanzraum im Blick auf spätere Paulusbriefe dadurch hörbar und sichtbar wird. 5. Silvanus und Timotheus im 1. Thessalonicherbrief Das älteste Schreiben des Paulus und des Neuen Testaments führt Silvanus und Timotheus als Mitabsender auf (1 Thess 1,1): Paulus und Silvanus und Timotheus an die Gemeinde in Thessalonich, die in Gott, dem Vater, und im Herrn, Jesus Christus, lebt: Gnade sei mit euch und Friede.

Die Reihenfolge von Silvanus und Timotheus entspricht derjenigen in 2 Kor 1,19 und in der Apostelgeschichte;153 καί verbindet an allen diesen Stellen Gleichartiges, nämlich drei Namen. Durch ihre Nennung in 1 Thess 1,1 wird die Wirksamkeit aller drei Personen während der Gemeindegründungs‑ und Anfangsphase in Erinnerung gerufen.154 Auffälligerweise unterbleibt eine Selbststilisierung durch einen Titel im Gegensatz zu allen späteren kanonischen Paulusbriefen.155 Die auch sonst im Brief fast vollständige Abwesenheit von Titeln156 erweckt und nährt den Verdacht auf eine besondere Nähe und Vertrautheit gegenüber der Gemeinde in Thessaloniki. Denn wo man einander vertraut ist,157 spielen Titel keine Rolle. Ausdrücklich heißt es im Brief (2,6–8): 6Wir haben nicht Ehre und Anerkennung von Menschen gesucht, sei es von euch oder von

anderen, 7obwohl wir uns als Apostel Christi auf unser Ansehen hätten berufen können, im Gegenteil: Wir konnten unter euch sein wie arglose Kinder. Und wie eine Amme ihre Kinder hegt, 8so sehnen wir uns nach euch.

Durch den in Form einer praeteritio rhetorisch gestalteten Verzicht auf Titel und Attribute wird der geographisch bedingte Abstand zur Adressatengemeinde so weit wie möglich verringert. Eine Zurückhaltung gegenüber Titeln in der Absenderangabe lässt zudem auf ein hohes Alter des Briefes schließen; denn Titel (und manchmal auch ihr Gebrauch) wachsen Menschen erst allmählich zu. „Paulus und Silvanus und Timotheus“ bringen außerdem eine demonstrative  Zu Apg 17,14 f.; 18,5 s. o. im Abschnitt über Silas.  Vgl.  Schreiber, 1.  Thessalonicher, 51: „das Missionsteam aus der Anfangszeit der Gemeinde“. Grundlagen des Evangeliums sind in 1 Thess  1,9 f. skizziert, s.  dazu Schreiber, 1. Thessalonicher, 46 f. Zu den drei Personen als Gründergestalten s. Börschel, Konstruktion, 110–137.157–161. 155  Nämlich (1) als „Apostel“: Röm 1,1; 1 Kor 1,1; 2 Kor 1,1; Gal 1,1; Kol 1,1; Eph 1,1; 1 Tim 1,1; 2 Tim 1,1; (2) als „Sklave“: Phil 1,1; Tit 1,1 oder (3) als „Gefangener“: Phlm 1,1. 156  S. aber „Apostel“ mit Bezug auf Paulus und Silvanus und Timotheus in 1 Thess 2,7. 157  Vgl. Nicholl, Hope, 85: „there is no notable opposition to the missionaries in the Thessalonian community“. 153 154

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Gleichrangigkeit unter sich zum Ausdruck. Sie treten der Gemeinde gemeinsam gegenüber und versenden ihren Brief als Team gemeinsam. Dass nicht nur der Kopf eines Teams, die Teamleitung, genannt wird, zeigt und unterstützt einen demokratisierenden, wertschätzenden, egalitären und den Einzelnen stärkenden Umgang miteinander. Insgesamt macht der Brief „in weiten Teilen nicht den Eindruck einer Differenzierung innerhalb der Absender oder einer ausgeprägten Hierarchie im Missionsteam“158. Obgleich Timotheus erst an dritter Stelle im Präskript genannt wird, ist zwischen ihm und der Gemeinde ein besonders intensives Verhältnis vorauszusetzen. Dies zeigt ein Abschnitt in der Mitte des Briefes (1 Thess 3,1–6): Da wir es nicht länger aushielten, beschlossen wir, allein in Athen zurückzubleiben, 2und sandten Timotheus zu euch, unseren Bruder und Mitarbeiter Gottes am Evangelium von Christus. Er sollte euch stärken und zum Glauben ermutigen, 3damit niemand in dieser Zeit der Bedrängnis ins Wanken komme; denn ihr wisst selbst, dass uns dies alles auferlegt ist. 4Als wir bei euch waren, haben wir euch ja vorausgesagt, dass wir in mancherlei Bedrängnis geraten würden; so ist es denn auch gekommen, und ihr wisst es. 5Darum habe ich, da ich es nicht länger aushielt, zu euch gesandt, um zu erfahren, wie es um euren Glauben steht, ob der Versucher euch nicht etwa in Versuchung geführt habe und unsere Arbeit umsonst gewesen sei. 6Doch eben ist Timotheus zu uns zurückgekehrt und hat uns gute Botschaft gebracht von eurem Glauben und eurer Liebe, dass ihr uns allezeit in guter Erinnerung habt und euch danach sehnt, uns zu sehen, so wie auch wir uns nach euch sehnen. 1

Zunächst ist der Wechsel zwischen der 1. Person Plural und der 1. Person Singular auffällig. Während in V. 1 f. vom ‚Wir‘ die Rede ist, formuliert Paulus in V. 5 plötzlich ‚Ich‘, um dann wieder zum inklusiven ‚Wir‘ zurückzukehren.159 Daraus ergibt sich die Frage: Wer spricht in V. 1 f.5 f. im ‚Wir‘? T. Holtz geht davon aus, „daß Paulus in Athen nicht von Silvanus begleitet“ wird.160 Dann bliebe offen, wo sich Silvanus aufhält, während Timotheus Thessaloniki besucht und Paulus in Athen wirkt.161 Andere hingegen interpretieren καταλειφθῆναι ἐν Ἀθήναις μόνοι (3,1) als echten Plural: „Er [= Paulus] und Silas beschlossen, allein in Athen zu bleiben“162, „Paulus und Silas bleiben ‚alleine‘ in Athen zurück“.163 Für Letzteres spricht m. E., dass Timotheus nach Abschluss seines Besuches in der mazedonischen Hauptstadt „zu uns“ (πρὸς ἡμᾶς) zurückkehrt und „uns“ „gute Botschaft bringt“.164 Denn wenn er allein unterwegs ist, kehrt er zu den beiden übrigen Personen seines Dreierteams zurück.  Börschel, Konstruktion, 128.  (1) Wir: στέγονθες εὐδοκήσαμεν […] μόνοι, V. 1; ἐπέμψαμεν, ἡμῶν, V. 2; (2) ich: κἀγὼ […] στέγων ἔπεμψα, V. 5; (3) wir: ἡμᾶς […] ἡμῖν […] ἡμῶν […] ἐπιποθοῦντες ἡμᾶς […] ἡμεῖς, V. 6. 160  Holtz, Thessalonicher (1998), 124. So auch Vermès, Anno Domini, 278. 161  Holtz, Thessalonicher (1998), 124: „Völlig im Dunkeln bleibt der Weg des Silvanus in der Zeit, von der 2,17–3,6 redet“. 162  Haufe, Thessalonicher, 56 (Klammer B. M.); entsprechend a. a. O., 59 Anm. 214. 163  Schreiber, 1. Thessalonicher, 184. 164  Εὐαγγελισαμένου ἡμῖν, 1 Thess 3,6. In den Paulusbriefen steht das Verb εὐαγγελίζεσθαι 158 159

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Unstrittig ist, dass Timotheus die Reise allein antritt. Nach den vereitelten gemeinsamen Besuchsplänen des Missionsteams (1 Thess 2,17 f.) wird er allein zur Stärkung und Ermutigung der Gemeinde nach Thessaloniki gesandt (3,2). Seine Bezeichnung als ‚unser Bruder‘ bringt die sehr enge Beziehung innerhalb der „eng verbundenen […] Dreiergruppe der Missionare“ zum Ausdruck.165 Auf der anderen Seite unterstreicht die Bezeichnung Timotheus’ als „Mitarbeiter Gottes am Evangelium von Christus“ (3,2) das Gewicht und die Bedeutung dieses Mitarbeiters im Blick auf Gott und Christus; in gewissem Sinn bilden diese ebenfalls ein Dreierteam, das an der Gemeinde in Thessaloniki handelt. Timotheus reist also „mit klarer Autorisierung“.166 Die Betonung der Verbindungen von Timotheus mit Paulus und Silvanus einerseits und mit Gott und Christus andererseits zeigt dem Adressatenkreis: Keinesfalls soll sich die Gemeinde in Thessaloniki gering geschätzt oder als weniger gewürdigt betrachten, wenn anstelle aller drei Gemeindegründer nur ein einziger kommt: Denn was für einer kommt! Er ist nach allen Seiten hin bestens verbunden und vernetzt. Zur Stärkung von Verbundenheit und Vernetzung wird im nachfolgenden Kontext der weiterhin bestehende intensive Besuchswunsch mehrfach betont: „Dass ihr uns allezeit in guter Erinnerung habt und euch danach sehnt, uns zu sehen, so wie auch wir uns nach euch sehnen“ (1 Thess  3,6), „Tag und Nacht bitten wir inständig darum, euch von Angesicht zu sehen und ergänzen zu können, was eurem Glauben noch fehlt“ (3,10). Interessanterweise wird der Begriff ‚Glaube‘ hier (wie bereits zuvor im Brief ) als Integral des neuen Seins in Christus, des „Stehens im Herrn“167, gebraucht. Πίστις ist das häufigste, umfassendste und sinnreichste Theologumenon des gesamten Abschnitts.168 Zugespitzt formuliert: ‚Glaube‘ wird im 1. Thessalonicherbrief als „Grundrelation zwischen Gott und Mensch“, als „Basis der Gemeinschaft“ und insofern im Ganzen als „Mitte christlicher Existenz“ verstanden.169 Diese Grundlinie frühchristlicher Theologie erstreckt sich nachvollziehbar bis zu den Pastoralbriefen170  – und weiter in die Theologiegeschichte hinein.171 Wird Timotheus von Athen aus entsandt (1 Thess  3,1 f.), so trifft er bei seiner Rückkehr Paulus und Silvanus erst wieder in Korinth. Letzteres ergibt sich „sonst nur technisch für die Verkündigung des Evangeliums“, s. Schreiber, 1. Thessalonicher, 189; ähnlich Holtz, Thessalonicher (1998), 132. 165  Haufe, Thessalonicher, 56 mit Anm. 199. 166 von Lips, Timotheus, 52. 167  Στήκειν ἐν κυρίῳ, 1 Thess 3,8, vgl. analog „Stehen in der wahren Gnade Gottes“ (ἀληθῆ χάριν τοῦ θεοῦ εἰς ἣν στῆτε), 1 Petr 5,12. 168  S. 1 Thess 3,2.5.6.7.10, flankiert von ἀγάπη, 3,6.12. 169  Im Anschluss an die zusammenfassende Bestimmung von ‚Glaube‘ in den Pastoralbriefen bei Mutschler, Glaube, 395.397.400 (394–401). 170  Siehe a. a. O., 396 Anm. 44: „die Pastoralbriefe stehen hier theologisch mit dem ersten Thessalonikerbrief in einer Reihe“. 171  S. dazu exemplarisch zu Polykarp von Smyrna Mutschler, Glaube als Transformationsraum, passim.

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durch die wiederholte Erwähnung von „Makedonien und Achaia“ zu Beginn des Briefes.172 „Makedonien und Achaia“ stehen für die jeweiligen Hauptstädte Thessaloniki bzw. Korinth.173 Paulus und Silvanus sind bereits in Korinth. Durch diese formale Gleichrangigkeit und Ebenbürtigkeit schlagen sie eine weitere Brücke zwischen Absendern und Adressaten. Letztlich bedeutet dies, dass der 1.  Thessalonicherbrief höchstwahrscheinlich in Korinth verfasst wurde174 zu einer Zeit, in der bereits Prisca und Aquila als weitere Unterstützer der Verkündigung in Korinth tätig waren.175 Sowohl der Brief als auch die in ihm erwähnte Reise des Timotheus verfolgen denselben Zweck: die Stärkung des Glaubens der Gemeinde in Thessaloniki. Sie dienen der „Fortsetzung des signifikanten Gesprächs zur Sicherung der Identität“ der Gemeinde.176 Brief und Besuch sind aufeinander bezogen und deshalb wird der Besuch des Timotheus gewissermaßen nachbereitet durch einen Brief, der bis heute erhalten ist und zum ältesten Zeugen frühchristlicher Korrespondenz geworden ist. Von hier aus ist ein erneuter Blick auf Gemeindegründung und Gemeindeaufbau in Thessaloniki, wie sie in Apg 17,1–10 erzählt werden, sinnvoll. Ein Vergleich zwischen den beiden frühesten Quellen zur Gemeinde von Thessaloniki legt sich nahe. 6. Ein erneuter Seitenblick auf die Apostelgeschichte und Apg 17,1–10 Zwischen den im 1.  Thessalonicherbrief erkennbaren Verhältnissen und der späteren lukanischen Erzählung bestehen mehrere Gemeinsamkeiten. So wird die im Brief erkennbare geographische Linie des Missionsteams von den Misshandlungen in Philippi (1 Thess 2,2) über die Gemeindegründung in der mazedonischen Hauptstadt Thessaloniki und den Aufenthalt in Athen bis nach Achaia (Korinth) insgesamt nachgezeichnet. Sogar der Umstand, dass sich Timotheus und Paulus erst in Korinth wieder treffen, steht im Einklang mit Apg 18,(1)5. In der engen Zusammengehörigkeit von Paulus, Silvanus (Silas) und Timotheus stimmt die Erzählung des Lukas ebenfalls denselben Grundton an. Alle drei sind gemeinsam als Missionare unterwegs.177 Im Gegensatz zum 1. Thessalonicherbrief konzentriert Lukas jedoch sichtbarer auf Paulus, und auch sonst weist seine Erzählung Differenzen oder Ergänzungen und Ausschmückungen gegenüber dem 1.  Thessalonicherbrief auf. Der Missionserfolg in Thessaloniki wird bei Lukas ausgemalt durch seine  1 Thess 1,7 f.; s. analog Röm 15,26; 2 Kor 9,2; ferner 11,9 f.  Korinth ist ‚Erstling‘, Zentrum und Exponent der Achaia, s. 1 Kor 16,15; 2 Kor 1,1. 174  Vgl. Schreiber, 1. Thessalonicher, 50: „zu Beginn des Korinth-Aufenthalts Ende 50/Anfang 51“; so auch Roose, Thessalonicherbrief, 4.56; Knoch, Testament, 104; ähnlich Börschel, Konstruktion, (32–)34: „etwa in das Jahr 50 n. Chr.“. 175  Apg 18,2 f., s. ferner 18,18.26; Röm 16,3(–5, Hausgemeinde); 1 Kor 16,19; 2 Tim 4,19. 176  Börschel, Konstruktion, 196, ferner 200–203.204–212 (196–214). 177  Viele weitere Gemeinsamkeiten zwischen den Darstellungen von Lukas und von Paulus führt Riesner, Frühzeit, 325 f., auf. 172 173

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Größe und die besondere Erwähnung von Frauen aus prominenten Familien.178 Beides kennt der 1. Thessalonicherbrief nicht. Das paulinische Wirken (Paulus verkündigt179) erscheint bei Lukas dadurch als größer. Die anschließenden Unruhen, die bei Lukas durch den Missionserfolg motiviert sind (Apg 17,5–10), fehlen als solche im 1. Thessalonicherbrief. Dieser bietet allerdings „das Wissen um Verfolgungen während der Mission in Thessalonich“, und dies „dürfte der historische wahrscheinliche Kern der Erzählung sein, die Lk in seiner Weise gestaltete“.180 Da der 1. Thessalonicherbrief „keine Angaben über einzelne Gemeindeglieder“ macht,181 fehlen dort genauso die von Lukas erzählten Anschuldigungen gegenüber Jason, der unfreiwillig die Rolle des ‚Prügelknaben‘ einnimmt, und gegenüber weiteren Gemeindegliedern. Das Missionsteam selbst wird dagegen nach Lukas nicht belangt und kommt ungeschoren davon, was in einem gewissen Gegensatz zu 1 Thess 3,4 steht: „Als wir bei euch waren, haben wir euch ja vorausgesagt, dass wir in mancherlei Bedrängnis geraten würden; so ist es denn auch gekommen, und ihr wisst es“. Lukas erweckt stattdessen den Anschein, als ob Paulus und Silas182 – Timotheus wird nicht einmal erwähnt – mit Hilfe der Gemeinde eine dramatische nächtliche Flucht geglückt sei (Apg 17,10a): „Die Brüder und Schwestern aber schickten Paulus und Silas noch in der Nacht nach Beröa weiter“. Von einem Aufenthalt in Beroia (17,10–15) schweigt der 1.  Thessalonicherbrief ebenfalls. Die Erzählung von einem Aufenthalt in Beroia gleicht derjenigen über Thessaloniki in mehreren Punkten schematisch,183 so dass sich die Frage nach einer spannend erzählten Verdoppelung durch den Erzähler Lukas stellt. Ab hier vereinfacht Lukas den gesamten Ablauf,184 indem Paulus von vornherein von Beroia aus allein nach Athen zieht, während Silvanus (Silas) und Timotheus erst in Korinth wieder zu ihm stoßen, obgleich Paulus „in Athen auf sie wartete“.185 Durch die Abwesenheit von Silas und Timotheus erhält Paulus genügend Zeit und Raum, um allein in Athen zu wirken. Nach dem 1. Thessalonicherbrief wird Timotheus hingegen von Athen aus (1 Thess 3,1) nach Thessaloniki zum Gemeindebesuch gesandt. Sehr wahrscheinlich befindet sich Silvanus gleichzeitig bei Paulus in Athen. Die gesamte 178  Apg 17,4. Zur Attraktivität des frühen Christentums für Gottesfürchtige s. Schreiber, 1. Thessalonicher, 47: „Ohne Beschneidung war ihnen die volle Gemeinschaft auch an Mählern und rituellen Vollzügen möglich.“ Im Judentum hingegen stießen sie hier an Grenzen aufgrund der Reinheitsgebote. 179  Apg 17,2. 180  Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 30. Hinweise auf Verfolgungen finden sich in 1 Thess 1,6;2,14; 3,3(f.). 181  Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 30. 182  Eine Zweiergemeinschaft entspricht dem Ideal des „zu zweien“ bei der Aussendung der 72 in Lk 10,1(–12), vgl. Schreiber, 1. Thessalonicher, 45. 183  Aber mit einer erzählerischen Steigerung, vgl. die Tabelle o. im Abschnitt zu Silas in der Apostelgeschichte. 184 So bereits Conzelmann, Apostelgeschichte, 104: „das lukanische Bild ist also vereinfacht“. 185  Apg 17,14.15(16); 18,5, vgl. dazu o. im Abschnitt zu Silas in der Apostelgeschichte.

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Reise des Timotheus nach Thessaloniki zur Glaubensstärkung wird von Lukas nicht erzählt. Er übergeht sie, um seine Erzählung ganz auf das Wirken von Paulus zu konzentrieren. Aus solchen Differenzen wurde die Schlussfolgerung gezogen: „Lukas scheint den ersten Thessalonicherbrief nicht gekannt zu haben“.186 Das ist nicht auszuschließen, auch wenn er mit den Verhältnissen der mazedonischen Städte, die in der Nähe der ägäischen Küste liegen, sehr gut vertraut ist.187 Da der Brief ausdrücklich dazu auffordert, „allen in der Gemeinde“ vorgelesen zu werden (1 Thess 5,27), wäre zudem eine frühe Bekanntheit in weiteren Städten gut denkbar, z. B. im Tausch einer Abschrift mit dem Paulusbrief an die Gemeinde in Philippi. Falls Lukas den 1. Thessalonicherbrief kannte, hätte er sich durch einige Umakzentuierungen in einen Gegensatz zu den Angaben beispielsweise am Beginn des dritten Kapitels begeben. Es ist eine Ermessensfrage, ob man Lukas ein solches Maß an erzählerischer Freiheit zutraut. Diese Frage lässt sich nicht mit letzter Sicherheit klären. Eine andere Überlegung führt weiter. Möglicherweise sollte der lukanische Text eher unter dem Aspekt einer dramatisierenden und illustrierenden Ausgestaltung gelesen und interpretiert werden. Dann wäre es nicht ratsam, „den Text unmittelbar als historischen Bericht zu lesen“.188 Typisch lukanische Erzählmotive wie der starke Missionserfolg, die separate Nennung von Frauen zumal aus hervorgehobenen Gesellschaftsschichten, Juden als Urheber der Unruhen oder Eifersucht als Ursache weisen in diese Richtung. Diese Motive „würden dann keine spezifische Erinnerung an Verhältnisse in Thessaloniki darstellen“,189 sondern wären Teil der lukanischen Gestaltung seiner Erzählung. Mit Hilfe dieser Betrachtung kommt ein größerer Gestaltungsspielraum für Lukas als Erzähler in den Blick. Tatsächlich sind Gemeinsamkeiten zwischen seiner Darstellung und den Verhältnissen, die dem 1. Thessalonicherbrief entnommen werden können, in den großen Linien gegeben. Einzelheiten dagegen sind teilweise erheblich verschieden. Diese der Gestaltung des Autors zuzuweisen, würde ein Verfahren voraussetzen, das für einen antiken Historiker durchaus legitim ist. Bei alledem bleibt bisher jedoch eine Frage noch offen. 7. Haben Silvanus und Timotheus den 1. Thessalonicherbrief mit verfasst? Die Absenderangabe von drei untereinander gleich gestellten Personen setzt sich innerhalb des Briefes dadurch fort, dass dieser fast durchgängig im Plural  Pesch, Apostelgeschichte (Bd. 2), 98. Philippi (Bd. 1), 248–254, erwägt, dass „Lukas aus Philippi“ stammt. A. a. O., 254: „Einige redaktionelle Passagen lassen Lukas als einen Makedonen erkennen, dessen Herz hier in besonderer Weise schlägt“. 188 Schreiber, 1. Thessalonicher, 48. 189  Ebd. 186

187 Pilhofer,

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verfasst ist.190 Lediglich an drei Stellen tritt Paulus separat hervor:191 (1) „Wir wollten zu euch kommen, ich, Paulus, mehr als einmal, doch der Satan hat es verhindert“. (2) „Darum habe ich, da ich es nicht länger aushielt, zu euch gesandt“. (3) „Ich beschwöre euch beim Herrn, diesen Brief allen in der Gemeinde vorzulesen“. Sprachliche Hinweise wie „wollen“, „mehr als einmal“, „Satan“, „nicht länger aushielt“ und „beschwören“ zeigen nicht nur Individualität, sondern auch Eindringlichkeit und eine besondere Emotionalität. Alle drei singularischen Formulierungen verdeutlichen, dass der ansonsten verwendete Plural nicht bloß rhetorischer Natur ist (als Pluralis maiestatis), sondern tatsächlich alle drei Absender inkludiert.192 Daher ist zu fragen: Sind Silvanus und Timotheus nicht nur als Mitabsender, sondern zugleich als Mitverfasser des Briefes zu betrachten? Die Positionen dazu gehen auseinander. So möchte T. Holtz „davon ausgehen, daß Paulus allein ihn formulierte“: „Mitabsender heißt also nicht gleichrangiger Mitverfasser“.193 Demgegenüber plädiert H. Roose in ihrem neuen Kommentar dafür, den Brief als ein „kollektives Schreiben mit drei Verfassern“ und infolgedessen Silvanus und Timotheus „weitgehend auch als Co-Autoren“ zu betrachten.194 Hilfreich ist m. E. eine Zwischenüberlegung: Wie entstehen Texte, die von mehreren Personen unterzeichnet und verantwortet werden, heute? Auch von nur zwei Personen verfasste Texte werden in aller Regel nicht von beiden Personen miteinander oder zu gleichen Teilen verfasst. Am Beginn stehen häufig gemeinsame Überlegungen oder erste Absprachen im Blick auf Inhalte und (oder) eine Gliederung, zumindest jedoch ein kommunikativer Zusammenhang in Form eines mündlichen oder knappen schriftlichen Gedankenaustauschs. Damit ein konkreter Text entsteht, wird ein mindestens dreistufiges Verfahren angewendet: (1) Schriftlicher Entwurf durch die eine von zwei Personen, (2) Gegenlesen und Kommentieren durch die andere und anschließend (3) gemeinsam verantwortete Kürzungen, Korrekturen, Ergänzungen, Erweiterungen oder Akzentverschiebungen.195 Der zuletzt genannte Schritt erfolgt in der Praxis oft durch nur eine Person und erneutes Gegenlesen, Kommentieren und Sich-Aneignen (Nostrifizieren) der anderen. Mitunter bleiben „Reste“, die sich nur einer Person verdanken; in bestimmten Fällen wird dies im Text kenntlich gemacht. 190 S.  besonders 1 Thess  2,7: Auch Silvanus und Timotheus werden als ‚Apostel Christi‘ bezeichnet. 191  S. 1 Thess 2,18; 3,5; 5,27. „Dies ist in der Welt der Paulusbriefe ein völlig singulärer Befund“, so Crüsemann, Briefe, 81 (80–95). 192  Zu diesem Ergebnis kommt auch Börschel, Konstruktion, 127: „Der Singular bezieht sich nur auf Paulus, der Plural umfaßt dagegen Paulus und die Mitabsender, was sich auch als einfachste und naheliegendste Erklärung erweist“. 193  Holtz, Thessalonicher (1998), 14. 194  Roose, Thessalonicherbrief, 6. 195  Ähnlich Schreiber, 1.  Thessalonicher, 75: „Den ersten Entwurf, den Paulus diktierte, können die anderen gegengelesen und korrigiert haben“.

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So ähnlich könnte auch der Abfassungsprozess des 1.  Thessalonicherbriefs vonstatten gegangen sein. Vom dritten Schritt zeugen die singularischen Stellen, an denen Paulus als eigene Person hervortritt. Insofern „Silvanus und Timotheus sich mit dem Brief identifizierten“,196 läge ein echter Plural vor, in dem das missionarische Dreigestirn gemeinsam spricht.197 Der Brief wäre dann „weitgehend als ‚kollektives‘ Schreiben anzusehen, das Paulus nicht allein, sondern gemeinsam mit Silvanus und Timotheus verantwortet“.198 Auch wenn dies bei drei (anstatt zwei) Personen nur als mühsamer Prozess vorstellbar ist, stehen mehr als bei allen übrigen Paulusbriefen alle drei Absender auch als Verfasser hinter dem 1. Thessalonicherbrief. Denn erst dadurch ist der Brief glaubhaft für die Adressaten. Der älteste erhaltene frühchristliche Brief darf als von drei Personen verfasst gelten. Ihn als Paulusbrief zu bezeichnen, wäre eine inhaltliche und begriffliche Verkürzung, die seine hier vorgetragene Einordnung missachtet und konterkariert. Demgegenüber stärkt die „grundsätzliche Gleichrangigkeit der drei Missionare als Gesprächspartner der Gemeinde“199 die Glaubwürdigkeit aller drei Personen und diejenige des ganzen Briefes. Glaubwürdigkeit aber stellt das Grundkapital und das höchste Gut eines Briefes in seinem Adressatenkreis dar. Es ist wirksam in dem Maß, in dem ein Brief überzeugend und tatsächlich ‚glaub-würdig‘ ist. Ein gemeinsames Schreiben aller drei Christusverkündiger und Gemeindegründer ist in jedem Fall glaubwürdiger, als wenn es nur von einem Verfasser stammen würde. Weitere Aussagen verdeutlichen diese Intention. So unterstützt die kollektive Selbstbezeichnung ‚Apostel Christi‘ für alle drei Gemeindegründer deren Gleichrangigkeit und Glaubwürdigkeit. „Bezeichnenderweise bezieht sich der einzige Beleg des Apostel-Prädikats in 1 Thess (2,7) nicht nur auf Paulus, sondern auch auf die anderen beiden Missionare.“200 Der Aposteltitel wird im 1. Thessalonicherbrief „in einem noch wesentlich offeneren Sinne verwendet“ als in späteren Paulusbriefen; im ältesten Brief bezeichnet er „mehr eine Funktion als ein Amt“.201 Alle drei Missionare sind von Gott „für tauglich erachtet, mit dem Evangelium betraut zu werden“.202 Dies bindet ihre Rede ausschließlich an Gott, „der unsere Herzen prüft“ und nicht an das Gefallen von Menschen (1 Thess 2,4). Sowohl der Aposteltitel als auch das Betrautwerden werden nur im 1. Thessalo196 Holtz,

Thessalonicher (1998), 14.  Für Schreiber, 1. Thessalonicher, 75, ist der Brief ein „Gemeinschaftsprodukt, das die Absender gemeinsam verantworten“. 198  Roose, Thessalonicherbrief, 6. 199  Schreiber, 1. Thessalonicher, 54. 200  Börschel, Konstruktion, 125. Demgegenüber ist der Aposteltitel bereits in 1 Kor 1,1 und 2 Kor 1,1 Paulus vorbehalten, während die jeweiligen Mitabsender Sosthenes bzw. Timotheus (anders als in 1 Thess 2,7) als ‚unser Bruder‘ bezeichnet werden. 201  A. a. O., 126, mit weiteren Erwägungen zum Wandel im Verständnis von ‚Apostel‘. 202  1 Thess  2,4; ähnliche Formulierungen begegnen neben Gal  2,7 auch in 1 Tim  1,11 und Tit 1,3, dazu Mutschler, Glaube, 160–176.325–328. 197

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nicherbrief nicht allein von Paulus, sondern in gleicher Weise von Silvanus und Timotheus ausgesagt.203 Im Blick auf eine gemeinsame Verfasserschaft kommt dem 1.  Thessalonicherbrief daher eine besondere Stellung zu. Spätere protopaulinische Briefe sind nicht mehr von drei Personen verfasst. Hier zeigen sich zugleich das Alter des 1. Thessalonicherbriefs und eine Weiterentwicklung innerhalb des Verständnisses von frühchristlicher Mission. In seinen Grundzügen ist der älteste frühchristliche Gemeindebrief also als Ergebnis von Teamarbeit zu betrachten; dazu passt, dass es der zweitkürzeste aller Paulusbriefe ist.204 Angesichts dieses einheitlichen und klaren Ergebnisses ist jedoch daran zu erinnern, dass Überlegungen und Schlussfolgerungen zur Verfasserschaft des 1.  Thessalonicherbriefs zwar wahrscheinlich und plausibel sind, aber nicht mit letzter Sicherheit erwiesen werden können. 8. Zusammenfassung: Silvanus und Timotheus – zwei ungleiche Mitarbeiter von Paulus Silvanus und Timotheus werden in verschiedenen Paulusbriefen erwähnt. Umfang und Inhalte ihrer Erwähnungen lassen grundlegende Gemeinsamkeiten und gleichzeitig erhebliche Unterschiede in den konkreten Ausprägungen erkennen. Handelt es sich im Ganzen um ‚ungleiche‘ Mitarbeiter von Paulus? Wo liegen Gemeinsamkeiten und wo Unterschiede? Beide Personen werden in mehreren Paulusbriefen erwähnt. Beide kommen als Begleiter von Paulus über eine längere Wegstrecke in den Blick, nämlich vom mazedonischen Philippi über Thessaloniki und Athen bis nach Korinth, beide als Verkündiger und Mitverfasser mindestens eines Briefes. Beide genießen Vertrauen in frühen christlichen Gemeinden in Mazedonien und Achaia. Paulus arbeitet mit beiden Personen offenbar vertrauensvoll, eng und von sich aus zusammen. Allerdings liegen beträchtliche Unterschiede im Detail. Während Silvanus an denjenigen Stellen, an denen beide genannt sind, immer zuerst erscheint (1 Thess 1,1; 2 Kor 1,19), wird Timotheus insgesamt viel häufiger genannt.205 Silvanus ist Mitverfasser eines – des ältesten – Paulusbriefes, Timotheus dagegen von vier Briefen, also von über der Hälfte aller protopaulinischen Briefe. Dies betrifft vorrangig Briefe, die nach Griechenland adressiert sind,206 sowie den Philemonbrief. Wenn Silvanus trotzdem zweimal vor Timotheus genannt wird, 203  Zur „paulinischen ‚Obertonreihe‘“ des Betrautwerdens s. ausführlich a. a. O., 160–163.168– 176(173). 204 Nur der Brief an die Hausgemeinde von Philemon ist kürzer, s. Morgenthaler, Statistik, 164. 205  Elf Belege: Röm 16,21; 1 Kor 4,17; 16,10; 2 Kor 1,1.19; Phil 1,1; 2,19; 1 Thess 1,1; 3,2.6; Phlm 1. Für Silvanus liegen zwei Belege vor. 206  An die Gemeinden in Korinth (zweiter Brief ), Philippi und Thessaloniki.

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lässt dies zwei mögliche Schlüsse zu: Entweder ist Silvanus wesentlich älter als Timotheus oder er ist deutlich vor diesem ein Mitarbeiter des Paulus. Er steht an tatsächlichem Alter, an Anciennität (Dienstzeit207) oder an beidem gegenüber Timotheus vor. Teilen sich Silvanus und Timotheus also ihre Eigenschaften als Paulusbegleiter, als Verkündiger des Evangeliums und als Mitverfasser von Paulusbriefen, so ist doch das Ausmaß verschieden. Hier hat der Spätere mehr aufzuweisen als der Frühere. Es gibt jedoch drei weitere Bereiche, in denen Timotheus Silvanus im Ergebnis übertrifft. Timotheus wird immer wieder (allein?) von Paulus zu Gemeindebesuchen gesandt, während dies von Silvanus nicht bekannt ist. Auffälligerweise koninzidieren Gemeindereisen und Briefe geographisch: Timotheus ist Mitverfasser von Briefen an dieselben Gemeinden, in die er als Bote gesandt wird.208 Ob er von Paulus auch in die Hausgemeinde von Philemon, Apphia und Archipp gesandt wird, muss offenbleiben; jedenfalls ist er Mitverfasser des Philemonbriefs. Timotheus ist in diesen Gemeinden offenbar eine solche Vertrauensperson, dass er persönlich und brieflich Gehör findet. Zumindest nach Thessaloniki könnte Silvanus genauso gut gesandt werden. Aber nicht er, sondern Timotheus wird nach 1 Thess 3,1 f. von Paulus und Silvanus beauftragt. Paulus pflegt eine sehr persönliche Beziehung zu Timotheus. Er kommuniziert dies nach außen und nennt ihn ‚Kind‘, ‚Bruder‘, ‚Sklave‘ (Christi), ‚mein Mitarbeiter‘ oder sogar „mein geliebtes und treues Kind im Herrn“ (1 Kor 4,17). Dazu passt, dass sich Timotheus wiederholt in der Rolle eines Vertreters von Paulus befindet.209 Ein vergleichbar enges und persönliches Verhältnis gegenüber Silvanus lässt Paulus an keiner Stelle erkennen. Die genannten Bilder und Begriffe werden in dieser Dichte allein auf Timotheus bezogen; darin hat er ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Timotheus ist für Paulus nicht eine, sondern die Person seines Vertrauens. Es ist nach alledem nicht erstaunlich, dass auch die Nachgeschichte von Silvanus und Timotheus sehr verschieden ausfällt. Silvanus wird nach der Nennung in 2 Kor 1,19 – dort allerdings bereits im Rückblick auf die Jahre 50/51 n. Chr. – nicht mehr erwähnt. Möglicherweise ging er kurz darauf andere Wege als Paulus; möglich ist aber auch ein früher Tod. Ein Martyrium hingegen ist unwahrscheinlich, da Lukas dieses wohl nicht unerwähnt lassen würde. Die Geschichte von Silvanus bricht also bereits zu Beginn der fünfziger Jahre des ersten Jahrhunderts ab. Anders Timotheus: Er überlebt Paulus offenbar und wird in mindestens einem weiteren Brief aus nachpaulinischer Zeit als Mitverfasser erwähnt (Kol 1,1). Darüber hinaus wird er noch länger erwähnt (Hebr 13,23), und schließlich erhält er sogar zwei persönliche, offene Briefe, die von ‚Paulus‘ (als Pseudonym) an ihn 207  Die Zusammenarbeit von Silvanus und Paulus reicht etwas weiter zurück, in eine Zeit, aus der keine Briefe von Paulus überliefert sind. 208  Vgl. 1 Thess 1,1; 3,1 f.5 f.; 1 Kor 4,17; 16,10 f.; 2 Kor 1,1; Phil 1,1; 2,19–24. 209  1 Thess 3,6; Phil 2,23; s. darüber hinaus Hebr 13,23.

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als „sein rechtmässiges Kind im Glauben“ bzw. „sein geliebtes Kind“ adressiert sind (1 Tim 1,2; 2 Tim 1,2). Zwar verlieren sich die Spuren sowohl von Silvanus als auch von Timotheus, aber diejenigen von Timotheus sind einige Jahrzehnte länger erkennbar. Beide, Silvanus und Timotheus, sind Judenchristen wie Paulus. Dies geht jedoch nicht aus den Paulusbriefen hervor, sondern ist zusammen mit weiteren Angaben nur der Apostelgeschichte zu entnehmen. Während Lukas eine Erzählung der Vergangenheit mit einem roten Faden gestaltet, teilt Paulus nur punktuell und vergleichsweise wenig mit. Seine Briefe dokumentieren ‚Gegenwart‘, aktuell stattfindende Kommunikation, deren weiterer Verlauf jeweils noch offen ist. Apostelgeschichte und Paulusbriefe unterscheiden sich daher wie gestaltete Erzählung der Vergangenheit (Lukas) und aktuelle Briefkommunikation mit einem offenen Ende (Paulus).210 In beiden Fällen handelt es sich um Interpretationen. Beide sind auf eine weite Leserschaft hin angelegt. Damit ist deutlich: Sowohl nach den älteren Paulusbriefen als auch nach der jüngeren Apostelgeschichte handelt es sich bei Silvanus und Timotheus um zwei in vielen Punkten ‚gleiche‘, in wesentlichen Bereichen aber ungleiche Mitarbeiter von Paulus.

IV. Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter von Paulus und Mitverfasser des 1. Thessalonicherbriefs Aus Gründen der Redlichkeit ist vorab in Erinnerung zu rufen, dass jede Präsentation von Ergebnissen historischen Forschens letztlich nur Fragmente des Wissens umfasst. Die für ein Gesamtbild fehlenden Bruchstücke des Nichtwissens sind in den allermeisten Fällen zahlreicher und größer als diejenigen des Wissens. Beide verhalten sich oft zueinander wie ein Ozean des Nichtswissens zu mehreren schwimmenden Inseln punktuellen ‚Wissens‘ bzw. einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Ohne die vorausgehenden Ergebnisabschnitte zu wiederholen,211 sieht eine knappe Gegenüberstellung der beiden Paulusmitarbeiter folgendermaßen aus: Tabelle 3: Silvanus/Silas und Timotheus im Vergleich Paulusmitarbeiter

Silvanus/Silas

Timotheus

Name

hellenisierte Fassung von ‫שאול‬, dt. ‚Erbetener‘

jüdisch-hellenistischer Name, dt. ‚Fürchtegott‘

Herkunft

Jerusalem, judäisches Hochland, Judenchrist

Lystra, anatolisches Hochland, Judenchrist

210  In ähnlicher Weise spricht Hoppe, Paulus, 197, von „paulinischen Selbstreflexionen“ und „lukanische(r) Retrospektive“. 211  Vgl. o. Abschnitt I.4, II.3 und III.8.

Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter des Paulus

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Paulusmitarbeiter

Silvanus/Silas

Timotheus

Indienststellung

Beginn der 2. Missionsreise

während der 2. Missionsreise

Funktionen

Zeuge vom Apostelkonvent, Verkündiger des Evangeliums, Missionar, Seelsorger, Gemeindepädagoge, Mitverfasser von 1. Thessalonicher, Leidens­ genosse des Paulus

Zeuge aus der Diaspora, Verkündiger des Evangeliums, Missionar, Seelsorger, Gemeindepädagoge, Mitverfasser von 1 Thessalonicher, Abgesandter von Paulus/Silvanus

Arbeitsschwerpunkte Syrien, Kilikien, Kleinasien, in Mazedonien, Achaia

Kleinasien, Mazedonien, Achaia

Außerdienststellung Nachgeschichte

nach dem ersten Korinth­ aufenthalt nicht mehr erwähnt –

begleitet Paulus weiterhin, Mitabsender seiner Briefe; Adressat von zwei pseud­ epigraphen Paulusbriefen

Verhältnis zu Paulus

von Paulus ausgewählt, bewährt, leitet Timotheus an

von Paulus ausgewählt, bewährt, leitet viele andere an

Im Folgenden werden nacheinander die Aspekte (1) Name, Herkunft, Häufigkeit, Indienststellung, (2) Funktionen, Rangfolge und Arbeitsschwerpunkte, (3) Außer­dienststellung und Nachgeschichte und schließlich (4) Silvanus/Silas und Timotheus als Mitarbeiter von Paulus und Mitverfasser des 1. Thessalonicherbriefs beleuchtet. 1. Name, Herkunft, Häufigkeit und Indienststellung der Mitarbeiter und Mitverfasser Während der Name Timotheus (< τιμᾶν τὸν θεόν, ‚Gott fürchten/ehren‘) auf eine jüdisch-hellenistische Herkunft verweist und außerbiblisch vielfach belegt ist,212 stellt die von Lukas durchgängig verwendete Namensform Silas eine Gräzisierung des aramäischen ‫( שאילה‬Sila) dar.213 Paulus hingegen gebraucht konsequent die viel gebräuchlichere latinisierte Form Σιλουανός (Silvanus),214 so wie er im übrigen auch seinen eigenen ursprünglich hebräischen Namen latinisiert: Παῦλος (Paulus). Auffällig ist, dass sich sowohl Silvanus als auch Paulus auf denselben hebräischen Namen Saul, der auf den ersten König in Israel

 S. Preisigke, Namenbuch, Sp. 436; Foraboschi, Onomasticon, 318. u. a., Grammatik, 101 (§ 125,2 Anm. 6); Bauer u. a., Wörterbuch, Sp. 1500; ferner Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter, 18 Anm. 53. 214  Sie überwiegt in verschiedenen Schreibweisen (Σιλουανός, Σειλουανός, Σιλβανός) deutlich mit 58 urkundlichen Belegen gegenüber nur drei Belegen von Σιλᾶς/Σειλᾶς, s. Preisigke, Namenbuch, Sp. 384; Foraboschi, Onomasticon, 72.285.293. Paulus folgt also einer Konvention im Griechischen, Lukas der aramäischen Form des Namens. 212

213 S. Blass

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verweist, zurückführen lassen: ‫( שאול‬Scha’úl).215 Beide Latinisierungen tragen jedoch einen besonderen, im Lateinischen vernehmbaren Nebensinn in sich: der „Kleine“ bzw. einen Anklang an den „latinische(n) Wald‑ und Feldgott“ (< silva), der u. a. als Beschützer der Herden verehrt wurde.216 Unter den renommierten Namensträgern von Paulus ist „am bekanntesten L. Aemil. Paulus Macedonicus“217 (um 229–160  v. Chr.). Für Gebildete klingt daher im Namen Paulus bereits Mazedonien an. Ob und ab wann zugleich eine Erinnerung an prominente christliche Gemeindegründungen in Mazedonien mitschwingt oder an den insbesondere römischen Charakter von Philippi, den Ort der ersten christlichen Gemeinde in Europa, muss offenbleiben. Deutlich ist jedoch zumindest so viel: Der Name ‚Paulus‘ besitzt im Mazedonien zur Römerzeit einen besonderen Klang, erinnert er doch an den Triumphator im dritten mazedonischen Krieg, der auf seinem Triumphzug in Rom den gefangenen mazedonischen König mit sich führte und dem der römische Senat den Beinamen Macedonicus verlieh. Der hellenistischen Kultur aufgeschlossen, verkörperte Lucius Aemilius Paulus Macedonicus besonders die römischen Tugenden der Strenge, der Gerechtigkeit und der Uneigennützigkeit.218

Trotz anderer Möglichkeiten von Namensübertragungen ins Griechische, wie sie z. B. von Lukas genutzt werden (als Σαῦλος bzw. Σιλᾶς), entscheidet sich Paulus in beiden Fällen für eine am Lateinischen orientierte Übertragung. Paulus und Silvanus verbindet nichtsdestotrotz eine ursprüngliche Namensgleichheit ( 1 Kor > Gal und 2 Kor > 1 Thess > Phil > Phlm 23  Vgl. dazu die volle Publikation dieser Liste bei Tiwald, Hebräer, 91–97.102–104 und 490– 500. Dort findet sich auch die detaillierte Auflistung aller Zitate, die für diesen Beitrag nur resultathaft zusammengefasst wurde. 24 Vgl. dazu auch Prostmeier, Schrift, 106 f. 25  Verwendung von γραφή im Sinne eines Schriftbeweises: Röm 1,2; 4,3; 9,17; 10,11; 11,2; 15,4; 16,26; 1 Kor 15,3.4; Gal 3,8; 3,22; 4,30. 26 Alle Formen von γράφειν (γέγραπται/ἐγράφη/προεγράφη/etc.) im Sinne eines Schriftbeweises: Röm  1,17; 2,24; 3,4.10; 4,17.23; 8,36; 9,13.33; 10,5.15; 11,8.26; 12,19; 14,11; 15,3.4.9.21; 1 Kor 1,19.31; 2,9; 3,19; 4,6; 9,9.10; 10,7.11; 14,21; 15,45.54; 2 Kor 4,13; 8,15; 9,9; Gal 3,10.13; 4,22.27. 27  Zum Fehlen von direkten Schriftzitaten in 1 Thess und Phil vgl.  die Untersuchung von Öhler, Rezeption, 113–135.

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Markus Tiwald

Nun könnte man darüber diskutieren, ob situative Vorprägungen dieses Gefälle verursacht haben. So unterscheidet D. Sänger zwischen endogenen und exogenen Faktoren.28 An exogenen Faktoren wäre z. B. zu nennen, dass ein ‚Privatbrief ‘, wie der Philemonbrief, ganz ohne Schriftzitation auskommen kann. In unserem Fall stellt sich betreffs exogener Faktoren die Frage, ob Paulus bei der Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs – wahrscheinlich im Korinth des Jahres 50 n. Chr. – überhaupt Zugriff auf Schriftrollen hatte.29 Bei der Abfassung des Römerbriefs – wahrscheinlich im Frühjahr 56, ebenfalls in Korinth  – verfügte Paulus aber bereits über ein volles Repertoire an Schriftbezügen. Somit deutet dieser Befund stark in Richtung eines Wachstums oder Wandels paulinischer Schriftbenützung. Denn entweder besaß Paulus in Korinth entsprechende Schriftrollen und hatte diese bei Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs nicht benützt und bei Abfassung des Römerbriefs sehr wohl – das würde auf einen Wandel in der Argumentationsweise Pauli hindeuten –, oder er hatte sich zwischenzeitlich ein Repertoire an Schriftbezügen zugelegt – nicht zuletzt um die dornige Frage des Platzes Israels im Heilsplan Gottes neu zu bedenken. Letzteres würde auf ein Wachstum in der Erkenntnis des Paulus gerade in Bezug auf die Israelthematik verweisen, da er hier  – ausgelöst durch ein neues Studium der heiligen Schriften  – zu tieferen Einsichten gelangt ist. Natürlich ist dabei in Betracht zu ziehen, dass sich die mangelnden Schriftzitate im 1.  Thessalonicherbrief der „Gesprächssituation mit Adressaten, die vorwiegend aus der paganen Kultur stammten, ebenso verdanken wie den Themen des Briefs, die den Blick v. a. auf die Identität und die Lebenspraxis der Gemeinde richten“.30 Auch M. Öhler verweist auf den nicht-jüdischen Hintergrund der Adressaten des 1. Thessalonicherbriefs mit der Schlussfolgerung: „M. E. ist daher anzunehmen, dass den Christusgläubigen in Thessalonich die Schrift überhaupt nicht oder höchstens in sehr groben Zügen bekannt war.“31 Ohne Frage stellt der exogene Faktor der nicht-jüdischen Herkunft der Adressaten von 1. Thessalonicher einen Teil der Begründung dar, warum dieser Brief keine direkten Zitate aufzuweisen hat. Hinzu gesellen sich aber auch endogene Faktoren, denn man wird konzedieren müssen, dass die Passage 1 Thess 2,14–16 nicht nur in puncto Schriftgestütztheit die theologische Höhe von Röm 9–11 nicht erreicht, sondern auch argumentative Defizite aufweist, die in Röm 9–11 behoben wurden. Der Vergleich dieser beiden Stellen ist eines der Beispiele, wo die frühere Argumentation des Paulus aus dem 1 Thessalonicherbrief im späteren Römerbrief nachgebessert wurde. Auch wenn man betreffs  Sänger, Gottlosigkeit, 187, und Ders., Adressaten, 206.  Vgl. die Diskussion bei Öhler, Rezeption, 115–117. 30  Schreiber, 1. Thessalonicher, 67. 31  Öhler, Rezeption, 121. Vgl. dazu auch die ausführliche Diskussion a. a. O., 120–123. Ebenso von Bendemann, Frühpaulinisch, 224: „Wenn Paulus aber im 1.  Thessalonicherbrief […] nicht explizit auf den νόμος zu sprechen kommt, so kann dies damit erklärt werden, dass entsprechende Probleme in der heidenchristlichen Gemeinde nicht kontrovers waren.“ 28 29

Kontinuität und Wandel im Schriftgebrauch des Paulus

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1 Thess 2,14–16 die heidenchristlichen Adressaten des 1. Thessalonicherbriefs als exogene Faktoren für das Fehlen von direkten Schriftzitaten in Anschlag bringen möchte, so sprechen doch die endogenen Faktoren (fehlende argumentative Geschlossenheit und theologische Komplexität, keine Stützung der Theologie durch Schriftverwendung) für die Annahme eines paulinischen Wachstums, ja gar eines Wandels in seiner Argumentation im Vergleich zum Römerbrief. Es geht nämlich nicht nur um die Frage, ob und wie häufig Paulus Schriftzitate einwebt, sondern mehr noch um die Relation, in der die in den jeweiligen Briefen vorgebrachten Zitate mit der paulinischen Theologie stehen. Hier hat Paulus im Vergleich von 1. Thessalonicherbrief und Römerbrief nicht nur einen durch exogene Faktoren erklärbaren quantitativen Sprung gemacht, sondern auch einen endogen begründeten qualitativen Wachstumsschritt vollzogen. S.  Schreiber weist zu Recht darauf hin, dass „alle erhaltenen Paulusbriefe aus einem engen Zeitkorridor stammen (wohl 50–56) und keiner dieser Briefe eine systematische Gesamtdarstellung einer paulinischen Theologie entfaltet“, sodass „die Nachweisbarkeit theologischer Entwicklungen ohnehin beschränkt“ bleibt.32 Das stimmt zwar grundsätzlich, doch gerade beim Schriftgebrauch ist m. E. eine deutliche Entwicklung – selbst bei Abrechnung exogener Faktoren – nicht zu übersehen. Am markantesten tritt dieser Mehraufwand in der Israelthematik des Paulus zu Tage. Das mag damit zusammenhängen, dass dieses Thema sowohl im ältesten Brief (in 1 Thess 2,15–16) als auch im jüngsten Paulusbrief (Röm 9–11) zum Tragen kommt. Wie Paulus in Röm 9,1–3 selbst mit feierlichem Schwur freimütig erklärt, trägt er wegen seiner jüdischen συγγενεῖς „unaufhörlich“ (ἀδιάλειπτος) „große Betrübnis“ und „Schmerz im Herzen“ und möchte um deren Rettung willen sogar „selber lieber verflucht und von Christus getrennt“ sein. Nach diesem nicht zu vernachlässigenden Selbstzeugnis ist damit zu rechnen, dass Paulus die Israelfrage tatsächlich „unaufhörlich“ beschäftigte. Was aber tut ein Theologe in solch einer Situation? – Er befragt die Schrift, um dort eine Antwort auf seine Fragen zu finden. Genau das hat Paulus in den sechs Jahren, die zwischen 1. Thessalonicherbrief und Römerbrief liegen, getan.

IV. Anspielungen im 1. Thessalonicherbrief Der 1 Thessalonicherbrief enthält kein einziges direktes Schriftzitat. Allerdings führt Nestle-Aland in seiner 28. Auflage im Randapparat für 1. Thessalonicher mehrere Anspielungen auf. Die Liste ist allerdings nicht vollständig, S. Schreiber weist noch auf einige weitere indirekte Zitate hin:33  Schreiber, 1. Thessalonicher, 69; ebenso Ders., Spätfolgen, 280.  Auf Anspielungen und Echos verweist auch Öhler, Rezeption, 124–129.

32 33

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Markus Tiwald

Liste nach Nestle-Aland34

Liste nach S. Schreiber35

1,3 4 Makk 17,4 1,8 4 Makk 15,24 2,4 Jer 11,20 2,16 Gen 15,16; Sap 19,4 3,11 Jdt 12,8 LXX 3,13 Sach 14,5 4,6 Ps 94,2; Sir 5,3 4,8 Ez 36,27; 37,14 4,13 Sap 3,18 5,2 Sap 18,14s 5,3 Jes 13,8; Jer 6,14; Sap 17,14; 1 Hen 62,4 5,8 Ijob 2,9a LXX 5,14 Jes 35,4; 57,15 LXX 5,19 Num 11,26–29 5,22 Ijob 1,1.8

S. Schreiber nennt: „das Geben des heiligen ­Geistes ‚in euch‘ in 4,8 (Ez 11,19; 36,27; 37,6.14); vielleicht das gegenseitige Lieben in 4,9 (Lev 19,18); die Adjektivbildung ‚gottgelehrt‘ 4,9 (Jes 54,13); die Rüstungsmetaphorik 5,8 (Jes 59,17 f.; Sap 5,17–22).“ In 3,11–13 und 5,23 f. werden stehende Formen des Segensgebets (etwa Num 6,24–26) aufgegriffen. Etliche Motive des Alten Testaments werden im 1. Thessalonicherbrief sichtbar: „Gottes Liebe zu Israel und seine Erwählung 1,4 (Dtn 7,7 f. u. ö.); ‚Sohn‘ Gottes 1,10 (Ps 2,7; 2 Sam 7,14); Berufung durch Gott 1,12 (Jes 41,9 u. ö.); ein Leben, das Gott gefällt 4,1 (Gen 5,22.24 u. ö.); der ‚Tag des Herrn‘ 5,2 (Joel 1,15; Jes 13,6 u. ö.); Gottes Treue 5,24 (Dtn 7,9; 32,4 u. ö.).“

Prüft man all diese Stellen im Einzelnen nach, so erkennt man unschwer, dass Paulus hier tatsächlich nicht bewusst ‚zitiert‘, aber schriftgestützte Sprachmuster verwendet.36 Im griechischsprachigen Frühjudentum war Septuaginta-Vokabular weit verbreitet, man kann sogar von einer regelrechten „SeptuagintaMimesis“ sprechen,37 ganz zu schweigen von stehenden biblisch-theologischen Motiven. Der „Pharisäer nach dem Gesetz“ (Phil 3,5) war mit alledem bestens vertraut. Von diesen Anspielungen darf angenommen werden, dass sie von den Lesern – bewusst oder unbewusst – verstanden und richtig zugeordnet wurden. Selbst bei einem heidenchristlichen Publikum (wie bei den Adressaten von 1.  Thessalonicher) ist anzunehmen, dass es eine elementare Unterweisung in den heiligen Schriften in Katechese und Predigten gab und biblische Themen daher vertraut waren.38 34 Dass Nestle-Aland hier auch das Henochbuch auflistet, ist legitim, da der biblische ‚Kanon‘ im damaligen Judentum noch nicht fixiert war. Dass hier auch das wohl erst nach den paulinischen Homologumena abgefasste 4Makk aufgelistet wird, belegt lediglich die weite Verbreitung ‚biblischer‘ Sprache, kann allerdings nicht als ‚Anspielung‘ an einen bereits existierenden Prätext verstanden werden. Der Ausdruck ‚Kanon‘ für das Verzeichnis verbindlicher Schriften ist christlichen Ursprungs und nur bedingt auf die jüdischen heiligen Schriften anzuwenden. Zur Frage der Entwicklung des jüdischen ‚Kanons‘ vgl. Tiwald, Frühjudentum, 267–270. 35 Vgl. Schreiber, 1. Thessalonicher, 67. Die in der Liste angeführten Zitate stammen von ebd. 36 Vgl. auch Öhler, Rezeption, 124: „Das Fehlen alttestamentlicher Zitate [sc. in 1 Thess] … schließt nicht aus, dass Paulus in Gedanken und Formulierungen von der Schrift geleitet wurde. […] in der Summe ist […] nicht zu bezweifeln, dass die paulinische Sprache, seine Denkvorstellungen wie seine Theologie wesentlich durch die Schrift, genauerhin die LXX, geprägt sind.“ 37 Zur „Septuaginta-Mimesis“ beim dritten Evangelisten vgl. Plümacher, Lukas, 38–72, und im Frühjudentum vgl. Schwemer, Emmausjünger, 97, ebenso Reinmuth, Pseudo-Philo, 247, der von „frühjüdischer, der Schrift verpflichteter Erzählkunst“ spricht. Vgl. dazu auch die oben getätigten Ausführungen zur ‚rewritten scripture‘. 38  Vgl. Schreiber, 1. Thessalonicher, 67: „Wenn wir berechtigt annehmen, dass in Gemeinde-

Kontinuität und Wandel im Schriftgebrauch des Paulus

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Typisch für diesen Schriftgebrauch ist gerade die schwierige Stelle 1 Thess 2,15,39 wo Paulus an das Theologumenon vom gewaltsamen Prophetengeschick anspielt.40 Diese Motivik war im Frühjudentum weit verbreitet, zu nennen wären (über den Tanach hinausgehend): 1 Hen 89,51–90,19; Jub 1,7–26; 1QpHab I–V und Josephus, Ant. 9,265–267; 10,38–41, aber auch Sir 49,7.41 In der Logienquelle wird die Vorstellung vom gewaltsamen Prophetengeschick zum tragenden Deutemuster42 (Q  6,22 f.; 11,47–51; 13,34 f.) und wird von dort durch Matthäus und Lukas übernommen. Die Topik hat aber auch in anderen Texten des Neuen Testaments ihren Niederschlag gefunden, neben 1 Thess  2,15 in Mk  12,1–11; Mt 21,33–46; 22,6; Apg 7,51 f.; ähnlich auch in Röm 11,3 und Hebr 11,32–37. Das Motiv ist also weit verbreitet – schon die Logienquelle verbindet das Scheitern Jesu mit der Ablehnung der Propheten im Alten Testament. M. Konradt spricht sogar davon, dass „in Q und 1 Thess 2,15 f. jeweils ein im frühen Christentum verbreiteter Traditionszusammenhang rezipiert wurde“.43 Dass Paulus hier auf ein Klischee zurückgreift, wird schon alleine am Faktum klar, dass eben nicht ‚die Juden‘ Jesus töteten, sondern die Römer. Paulus greift mit dem gewaltsamen Prophetengeschick ein stehendes frühjüdisches Interpretationsmuster auf, das er – wenig glücklich – auf die eigene Situation ummünzt.44 Dass er dieses Muster dann noch mit ebenfalls stehenden, nun aber paganen Gemeinplätzen der Judenversammlungen über den Brief und sein Verständnis gesprochen wurde, können Einzelne entsprechende Beobachtungen den anderen unschwer mitgeteilt haben, so dass sich ein vertieftes Verständnis entwickelt“. Vgl. auch Öhler, Rezeption, 116: „Die Korintherbriefe machen zudem wahrscheinlich, dass Paulus die dortige Gemeinde [sc. zur Zeit der Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs, der ja in Korinth verfasst wurde] intensiv mit der Schrift vertraut gemacht hatte, wozu schriftliche Unterlagen in welcher Form und welchen Ursprungs auch immer zumindest hilfreich, wenn nicht sogar unerlässlich waren“. 39 Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass 1 Thess 2,13–16 eine Interpolation ist. Vgl. dazu die Diskussion bei Lange, Polemiken, 71 Anm. 21; Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 167; Konradt, Gericht, 74 Anm. 305. Zur Auslegung der Stelle vgl. a. a. O., 75–93. 40 In der Literatur wird dieser Topos seit O. H.  Steck als „deuteronomistisches Prophetengeschick“ bezeichnet (Steck, Israel, passim). So begegnet bereits in 2 Kön 17,7–20 der Tun-Ergehen-Zusammenhang zwischen der Verstocktheit Israels und der Strafe als genereller Deuteparameter für die Geschichte des Nord‑ und Südreiches. Gleiches gilt auch für die dtr geprägten Schichten des Jeremiabuches (vgl. Steck, Israel, 72, sowie Backhaus/Meyer, Jeremia, 420 f.); auch Jeremia widerfährt das Geschick eines Propheten, der von seinem Volk nicht erhört wird (vgl. Jer 7,27; 25,3; 35,14). Von einem gewaltsamen Geschick der Propheten bis hin zu deren Tötung ist in deuteronomistischer Theologie allerdings noch nicht die Rede. Das Motiv einer gewaltsamen Verfolgung aller Propheten bis hin zu deren Ermordung tritt erst mit Neh 9,26 ins Bild, einem nicht mehr zur dtr Theologie zählenden Text. Es empfiehlt sich hier also nicht mehr, vom „deuteronomistischen“ Prophetengeschick zu sprechen. 41  Vgl. dazu auch Konradt, Gericht, 80. 42  Vgl. Tiwald, Logienquelle, 104–107. 43  Konradt, Gericht, 81; ebenso Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 167. 44  Zur Frage, welche Verfolgungen in Judäa 1 Thess 2,14 meinen könnten, vgl. den Verweis auf die Verfolgung unter Agrippa I. (37–44 n. Chr.) bei Konradt, Gericht, 77, und bei Tiwald, Frühjudentum, 211 f. Es sind dies jene Verfolgungen, die Apg  12 in legendarisch überformter Weise wiedergibt (Agrippa wird dort als „Herodes“ bezeichnet).

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polemik verbindet, ist argumentationstechnisch platt und menschlich unfair: Der Vorwurf, dass „die Juden“ „allen Menschen feindlich sind“ (1 Thess 2,15), war ein stehender Topos antiker Judenpolemik,45 wie die Vielzahl an Parallelstellen verdeutlicht:46 Tacitus Hist. 5, 5,2 (adversus omnis alios hostile odium) und 5, 3,1; Philostratos Vit. Apoll. 5,33; Quintilian Inst. 3, 7,21; Juvenal Sat. 14,95–104; Est 3,13e  LXX ; Josephus Ant. 11,212; Josephus Apion. 2,121.125.148.258. Aufgrund der erdrückenden Fülle an Belegen wird man nicht umhinkommen, „1 Thess 2,15 zweifelsfrei als eine ‚Anleihe‘ bei den Parolen des heidnischen Antijudaismus anzusehen, die für die Leser dieses Briefes auch als solche erkennbar gewesen sein dürfte“.47 Die Phrase ἔφθασεν δὲ ἐπ’ αὐτοὺς ἡ ὀργὴ εἰς τέλος in 1 Thess 2,16 verdankt sich dann wiederum stehender frühjüdischer Ausdrucksweise. In TestLev 6,1148 findet sich eine idente Passage (mit nur leicht abweichender Satzstellung: ἔφθασε δὲ ἡ ὀργὴ κυρίου ἐπ᾽ αὐτοὺς εἰς τέλος):49 Dort werden in Ausweitung von Gen 34 die Schikanen der Sichemiten gegen Sara, Dina und Abraham beschrieben – ähnlich wie Paulus die ‚Schikanen‘ der ‚Juden‘ in Thessalonich beklagt. Summa summarum: Paulus bietet in 1 Thess 2,15 „eine eigentlich unnötige, aus lauter Stereotypen bestehende Polemik gegen ‚die Juden‘“.50 Der Haftpunkt dieser unfairen ‚Pöbelei‘ ist in der schwierigen Lage in Thessalonich zu suchen – was freilich nichts von der Qualitätslosigkeit der Aussagen beschönigt. Die Situation, in der Paulus schreibt, dürfte mit Apg 17,1–14 einigermaßen zutreffend wiedergegeben sein.51 Das ‚Synagogen-Hopping‘, das Paulus zur Missionsmethode im 45  So Haacker, Elemente, passim; Lange, Polemiken, 75; Crüsemann, Briefe, 49–64; Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 177 f. Anders aber Sänger, Gottlosigkeit, 193: „Anders als vielfach vermutet stammt der Vorwurf, sie seien allen Menschen gegenüber feindlich gesinnt, schwerlich aus dem Repertoire des paganen Antijudaismus, wenngleich er dort heimisch ist und eine literarisch verbreitete Stereotype darstellt. […] Nur auf ihr den Gang des Evangeliums behinderndes Verhalten zielen die Vorwürfe.“ Ebenso Kampling, Skizze, 186: „… nicht erwiesen, daß Paulus oder die Empfänger des Briefes diese Texte [sc. als stehende Topoi des antiken Antijudaismus] kannten.“ Allerdings waren diese Topoi so weit verbreitet – siehe die Belegstellen unten – dass mit einer Unkenntnis solcher Gemeinplätze durch Paulus nicht zu rechnen ist. 46  Vgl. die Auflistung der Stellen bei Haacker, Elemente, 406 f.; Sänger, Gottlosigkeit, 193; Crüsemann, Briefe, 49–64. 47  Haacker, Elemente, 408. 48  Durch TestLev-Texte aus Qumran (1Q21; 4Q213–214; vgl. TestNaph 4Q215 und TestJosef 4Q539) wie durch die Textfragmente der Kairoer Geniza lässt sich belegen, dass TestLev ursprünglich eine genuin frühjüdische Schrift war, die später allerdings christlich überformt wurde. Vgl. dazu Stökl Ben Ezra, Impact, 83 und Tilly, Testamente, passim. 49 Vgl. Lange, Polemiken, 74; Lamp, Paul, 409; Holtz, Gericht, 316, der zu Recht urteilt: „Eine unmittelbare Abhängigkeit besteht zwischen beiden Stellen nicht, wohl aber dürften sie gemeinsam eine geprägte Wendung aufgreifen.“ Zu weiteren Berührungspunkten der beiden Stellen vgl. Baarda, Shechem, 11–73. 50  Theobald, Wandlungen, 506. 51  So auch Schreiber, 1.  Thessalonicher, 31–33, der zugleich die Frage erörtert, welche Hinweise wir auf eine jüdische Synagogengemeinde in Thessalonich haben. Weiters Holtz, Gericht, 314 f., ebenso Sänger, Gottlosigkeit, 190 f., der sich ausführlich mit der Frage der His-

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östlichen Mittelmeerraum machte, ist zwar von Lukas in der Apostelgeschichte stark schematisiert worden, doch im Kern historisch: Paulus nutzte die Infrastruktur seiner jüdischen Glaubensbrüder, um in missionarischem Neuland ein ‚pied-à-terre‘ und Zugang zu seiner Zielgruppe zu finden. Die Benutzung der jüdischen Infrastruktur durch Paulus und sein Abwerben von Gottesfürchtigen mussten von jüdischer Seite als ein hostile takeover verstanden werden.52 Obendrein gefährdete Paulus das fragile Gleichgewicht zwischen jüdischem Politeuma und der jeweiligen Polis. Entgegen anderslautenden Darstellungen besaß das Judentum im Römischen Reich keinen Status als religio licita; Sonderrechte der Juden beruhten in den jeweiligen Poleis auf bestimmten Privilegien, die jederzeit widerrufen werden konnten.53 Allzu aggressive Missionsmethoden wurden als Störung des eingespielten status quo zwischen jüdischem Politeuma und der jeweiligen Polis wahrgenommen,54 wie das Claudius-Edikt in Rom (49 n. Chr.), der Vorfall vor Gallio in Korinth (51 n. Chr.) oder der Aufstand in der Silberschmiede von Ephesus (55 n. Chr.) belegen. Für das Claudiusedikt werden die Christen noch ganz klar unter dem Judentum subsumiert (Iudaeos impulsore Chresto …), ebenso für Gallio („Streitet ihr jedoch über … euer Gesetz“, Apg 18,15). Gleiches gilt für den Streit mit den Silberschmieden von Ephesus:55 Die Juden sehen sich gemüßigt, mit Alexander ihren eigenen Sprecher vorzuschicken (Apg 19,33 f.), da sich der Tumult gar nicht gegen eine eigenständige Gruppe von ‚Christen‘ richtete, sondern gegen das ephesinische Judentum, als deren Untergruppe die ersten Christen gesehen wurden.56 Ein über Generationen mühsam aufgebautes Vertrauensverhältnis läuft durch Paulus Gefahr, im Handumdrehen zerstört zu werden. Wenn man die Perikope auf diesem Hintergrund liest, kann man verstehen, dass Juden in Ephesus für Paulus wenig Sympathie hegten und ihm nach torizität von Apg 17 auseinandersetzt, ebenso Konradt, Gericht, 91 f. Zur Frage nach dem gesamten politischen und religiösen ‚Setting‘ in Thessalonich vgl. Tellbe, Paul, 81–90. 52 Vgl. Frey, Paulus, 267: „Seine Mission unter den Sympathisanten der Synagogen machte dieser zugleich einen wichtigen Kreis paganer Förderer und Unterstützer streitig ….“ Zur Missionsmethode des Paulus vgl. Tiwald, Frühjudentum, 216 f. 53  Vgl. dazu: Applebaum, Status, 460; R ajak, Charter, 301.317.326; Pucci Ben Zeev, Jews, 238; Ebner, Stadt, 88. Siehe dazu auch die ausführliche Diskussion bei Tiwald, Frühjudentum, 172–176. 54  Vgl.  dazu die Studie von Goodman, Persecution, besonders 149–152: „The security of Jewish communities in diaspora cities depended above all on Jews not interfering in the civic life, not least the religious civic life, of the gentile majority“ (ebd., 151). „In the case of Paul … the political factor which impelled diaspora Jewish leaders to persecute him was the need to live a quiet life untroubled by the hostility of pagan neighbours resentful that a Jew should try to lure them away from the ancestral worship on which, in their eyes, their security depended“ (ebd., 152). Ähnlich Hoppe, 1. Thessalonikerbrief, 174: „Störer der Stadtgemeinschaft“. 55 Zur Frage der Historizität von Apg 19 vgl. Witetschek, Artemis, passim. 56  Vgl. Horsley, Inscriptions, 122: „… the riot in ch. 19 was not so much a reaction against the Christians as against the Jews of the city […] Christians in the Greek cities at this period can scarcely have been visible to non-Jewish outsiders as anything other than a schismatic Jewish group ….“ Ebenso Goodman, Persecution, 151.

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Apg  20,3 sogar nach dem Leben trachteten. Ganz auf dieser Linie muss man den Konflikt in Thessalonich verstehen. Nach Apg 17,5–10 kooperierte die Synagogenleitung mit dem Stadtpräfekten und der paganen Stadtverwaltung, um einen Aufruhr zu verhindern. Wie real solche Ängste waren, erkennt man an den späteren Vorfällen in Ephesus. Für Paulus mag sich ein subjektiv anderer Blickwinkel geboten haben: Aus seiner eschatologischen Sichtweise verhindern „die Juden“ die Verkündigung des Evangeliums, wie 1 Thess 2,16 verdeutlicht. Seine Worte sind als emotionale Überreaktion zu verstehen, die nicht argumentiert, sondern in einer inhaltlich unqualifizierten Suada dem Ärger freien Lauf lässt.57

V. Wandlungen im Schriftgebrauch: Der 1. Thessalonicherbrief und Röm 9–11 Wir haben Grund zu der Annahme, dass Paulus das theologische wie argumentative Ungenügen seiner Aussage in 1 Thess 2,15 selbst einsah und entsprechende Korrekturen vornahm. Denn im Römerbrief greift er die wichtigsten Passagen seiner Argumentation wieder auf – doch setzt er sie diesmal in einen anderen heilsgeschichtlichen Rahmen: Die Rede vom Zorn Gottes als Metapher für das Strafgericht Gottes an den Sündern war im Frühjudentum weit verbreitet.58 Sowohl im 1. Thessalonicherbrief wie auch im Römerbrief ist der Zorn Gottes tragendes Thema. Den Aorist ἔφθασεν in 1 Thess 2,16 „versteht man am besten so, daß das Zorngericht damit als bei Gott schon beschlossene Sache ausgewiesen wird …“.59 Gemäß 1 Thess 1,10 und 5,9 ist anzunehmen, dass es sich auch hier um das eschatologische Zorngericht handelt, das allerdings jetzt schon in sichtbaren Anzeichen und Vorboten deutlich wird.60 Die Formulierung εἰς τέλος meint dabei, „daß Gottes Urteil definitiv, endgültig ist“.61 Anders als in 1 Thess 2,16 kommt in Röm 1,18 der Zorn Gottes nun aber nicht über „die Juden“, welche „uns hindern, den Heiden das Evangelium zu verkünden“, sondern „wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtig57  Vgl. Lange, Polemiken, 74: „Es ist, als ob Paulus eine Art negativen Hymnus formuliert, in dem er die Juden nicht preist, sondern beschimpft.“ 58  Zur Thematik des Zorngerichts Gottes vgl. Konradt, Gericht, 57–93. 59  Konradt, Gericht, 86. Vgl. dort auch die Diskussion über alternative Interpretationen. So etwa verweist der Text für Schreiber, 1. Thessalonicher, 165, „[…] auf ein Gerichtsereignis über Teile Israels […], das sich kürzlich ereignet hat.“ Ebenso Lange, Polemiken, 74, für den Paulus hier „die vielen kleineren und größeren Katastrophen, mit welchen sich die Juden Judäas und der Diaspora in den Jahren 48–49 n. Z. konfrontiert sahen, darunter auch der Tod von 20 000 (Josephus, Ant. 10,112) oder sogar 30 000 Juden (Josephus, B. J. 2,227) auf dem Tempelberg“ im Blick hat. 60  So zu Recht Konradt, Gericht, 86, gegen die oben angeführte Deutung von S. Schreiber und A. Lange, die darin ein bereits eingetretenes historisches Ereignis sehen wollen. 61  Konradt, Gericht, 87, der auch einen reichen Überblick zu ähnlichen Formulierungen im Alten Testament und Frühjudentum bietet.

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keit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten“ – nämlich Juden wie Heiden!62 Auch nach Röm 2,1–5 werden alle Menschen („wer du auch bist“) von Gott gerichtet werden. Hier also ‚korrigiert‘ Paulus die einseitige Gerichtsdrohung gegen οἱ Ἱουδαῖοι aus dem 1. Thessalonicherbrief durch eine universelle Sichtweise. Unmittelbar damit verbunden ist die Israelthematik: Sowohl in 1 Thess 9,14 wie in Röm 9,3 kommt Paulus auf seine jüdischen „Stammverwandten“ (1 Thess: συμφυλέτης; Röm: συγγενής) zu sprechen. Beide Male thematisiert er deren Weigerung, das Evangelium gläubig anzunehmen (1 Thess 2,16; Röm 10,9.14–21). „Dieses Nein deutet er [nun] nicht als Ausdruck ihrer Böswilligkeit (1 Thess 2,16a), sondern von Gott selbst verhängte ‚Verhärtung‘ (Röm 11,7 f.25).“63 Diese ‚Verhärtung‘ führt nun aber nicht zum Strafgericht über οἱ Ἱουδαῖοι, sondern ist der Heilsökonomie Gottes geschuldet, der „alle in den Ungehorsam eingeschlossen hat, um sich aller zu erbarmen“ (Röm 11,32). Warum dieser Lernprozess in Gang gekommen ist, bleibt spekulativ. Es ist aber gut möglich, dass sich Paulus gemüßigt sah, „die eigene erste ‚Wirkungsgeschichte‘ aufzufangen“, wie von M.  Theobald vermutet.64 Die Situation in Apg  21,21 belegt, welch schlechten Leumund Paulus auch in der Jerusalemer Urgemeinde hatte, nämlich den Vorwurf, die unter Heiden lebenden Juden zu lehren, von Mose abzufallen. Hier sah Paulus Handlungsbedarf.65 Zusätzlich wird man auch ernst nehmen müssen, was Paulus in Röm 9,1–3 selbst erklärt: dass er wegen seiner jüdischen συγγενεῖς „unaufhörlich“ (ἀδιάλειπτος) „große Betrübnis“ und „Schmerz im Herzen“ trug und ihm die Lösung dieser Frage ein Herzensanliegen war. Wie dieser Lernprozess zustande gekommen ist, wissen wir auch nicht. In Röm 11,25 f. offenbart Paulus seinen Lesern das Resultat dieses Lernprozesses als ein Geheimnis:66 25 Denn ich will euch, Brüder und Schwestern, nicht in Unkenntnis über dieses Geheimnis lassen, damit ihr euch nicht selbst für klug haltet: Verstockung liegt auf einem Teil Israels, bis die Vollzahl der Heiden hereingekommen ist, 26und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht: Es wird kommen aus Zion der Retter, / er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen.

Das griechische μυστήριον gibt dabei das hebräische ‫( ָרז‬rāz) bzw. das aramäische ‫( ָרזָ א‬rāzā) wieder,67 das „in den Texten von Qumran, aber auch in anderen 62 Konträr aber Sänger, Gottlosigkeit, 198 f., der auch schon in dem Ausdruck εἰς τέλος in 1 Thess 2,16 das Gericht über die Heiden mitverstanden wissen will – was aber vom Textbefund nicht gedeckt ist. 63 Theobald, Wandlungen, 506. 64 So die eingangs zitierte Vermutung von Theobald, Kirche, 328. 65  Vgl. dazu Tiwald, Frühjudentum, 219 f. 66  Vgl. dazu Konradt, Gericht, 74 Anm. 306. 67  Vgl. Zeller, Korinther, 136.

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Werken des Frühjudentums, die verborgene präexistente Seins‑ und Geschichtsordnung der Welt beschreiben kann …“68 In 1QH XII (früher 1QH IV ),28 f. sagt der Lehrer der Gerechtigkeit zu Gott: „Du hast mich belehrt in den Mysterien Deines Wunders (‫)הודעתני ברזי פלאכה‬.“ Das meint, dass seine Lehre in Übereinstimmung mit der göttlichen Heilsordnung steht. In gleicher Weise nimmt Paulus Bezug auf den eschatologischen Heilsratschluss Gottes, wenn er in 1 Kor 2,7 μυστήριον als den „vor allen Zeiten vorausbestimmten“ Heilsplan Gottes deutet, der jetzt im Eschaton offenbar wird (ähnlich in Röm 11,25; 1 Kor 15,51), der Paulus offenbart wurde und den er nun kundtut. Wann dieser Lernprozess bei Paulus in Gang gekommen ist, lässt sich ebenfalls nur vermuten. Interessant ist die „psychologisierende Verlegenheitsauskunft“69 von C. Clemen, Paulus sei „wohl in einer besonders feierlichen Stunde […] die Gewißheit [gekommen], daß dereinst, wenn die Fülle der Heiden eingegangen wäre, auch Israel […] gerettet und so alle selig würden“.70 Der Ausdruck μυστήριον meint dabei tatsächlich eine eschatologische Aufhellung des universalen Heilsgeschicks und trägt durchaus visionäre Züge. Das kann aber auch beinhalten, dass Paulus diese Weiterentwicklung durch vertieftes Studium der Schrift zuteilwurde – wie schon T. Holtz und O. Hofius vermutet haben.71 Da dieses μυστήριον nach frühjüdischem Verständnis nur wenigen Offenbarungsträgern zugänglich ist, hat Paulus hier tatsächlich einen neuen Schritt in das Verständnis des eschatologischen Heilsplanes Gottes getan – und damit einen Lernprozess, ja einen Wandel in seiner theologischen Erkenntnis vollzogen. Denn das „‚Mysterium‘ […] hat […] den Inhalt, daß die teilweise Verstockung über Israel gekommen ist, bis die Fülle der Völker eingegangen ist. Daraus folgert Paulus, […] daß nach solchem Eingang die Verstockung Israels aufgehoben, und damit seine Rettung gegeben sein wird“.72 68 Lange, Weisheit, 217 f. Im Qumrantext Musar leMevin (früher 4QInstruction, doch umfasst das Corpus auch Textfragmente der ersten Höhle, insgesamt: 1Q26, 4Q415–418, 4Q423) ist der ‫( רז נהיה‬raṣ nihjeh), das „Geheimnis des Werdens“, als stehende Wendung „geradezu formelhaft verfestigt“ (a. a. O., 58). Der Ausdruck hat eine „offenbarungsvermittelnde Funktion“ (ebd.) und bezeichnet „eine Welt‑ und Schöpfungsordnung, die ethische und historische Komponenten enthält und sich dereinst im Eschaton erfüllt. Es beginnen sich also im Begriff ‫ רז נהיה‬die ethisch-sittlichen Elemente der weisheitlichen Urordnung mit der Vorstellung einer prädestinatianischen, auf das Eschaton zulaufenden Geschichtsordnung zu vereinigen“ (a. a. O., 60). 69  Rese, Rolle, 317. 70 Clemen, Paulus, 112. 71 Vgl. Hofius, Evangelium, 322–324; Holtz, Gericht, 320. 72 Holtz, Gericht, 321, auch wenn dieser keine Wende im Denken und in der Theologie des Paulus erkennen möchte (a. a. O., 324). Zu Recht aber Söding, Evangeliumsverkündigung, 184 f., der darauf hinweist: „Die Theologie des 1 Thess unterscheidet sich deutlich von derjenigen der Hauptbriefe …“ (ebd., 184). Reichlich überzogen aber ist der Schluss von Crüsemann, Briefe, 185, die aufgrund der Andersartigkeit des 1. Thessalonicherbriefs befindet, „dass ein anderer Kopf als Paulus damit in Verbindung zu bringen wäre“, und 1. Thessalonicher als Pseudepigraph erachtet.

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Wodurch dieser Lernprozess möglich wurde, ist allerdings klar: Die Neuerkenntnis des ‚Mysteriums‘ ist für Paulus im Röm auf eine vertiefte und neue Deutung der Schrift gestützt.73 Dabei sind die Erwählungsthematik Israels und die Frage nach dem Zorngericht Gottes eng miteinander verknüpft: Die Israelthematik profitiert davon, dass Paulus in elaborierter Weise darlegt – und zwar mit ausdrücklichem Verweis auf das „Wort Gottes“ –, dass „nicht alle, die aus Israel stammen, auch Israel sind“ (Röm 9,6). Die in 1. Thessalonicher noch bestehenden engen Grenzen einer „Erwählungstheologie“74 werden nun heilsökonomisch geweitet. Gerade in apokalyptischen Kreisen des Frühjudentums war die Vorstellung weit verbreitet, dass die physischen Grenzen Israels nicht mehr mit den religiösen Grenzen des erwählten Volkes korrespondieren.75 Solche Konzepte, bei denen auch noch einmal innerhalb Israels zwischen Gerechten und Ungerechten geschieden wird, beginnen schon in Mal  3,9.18–22 und sind uns vertraut aus Qumran (CD XX 1–4.25–27), der „Epistel Henochs“ (1 Hen 99,10; 104,10–13), der Zehnwochenapokalypse (1 Hen 93,1–10; 91,11–17), dem 4. Esrabuch (4 Esr 9,36 f.; 14,44–46) und der AssMos 5,1–7,10. Die Thematik der allgemeinen Sündenverstricktheit und das Strafgericht Gottes über Juden und Heiden findet sich auch im knapp nach Paulus verfassten 4. Esrabuch (vgl. 7,24.37.47 f.). In der kurz nach der Zerstörung des Tempels abgefassten Schrift wird der heilsgeschichtliche Vorteil Israels gegenüber den Heiden aufgelöst, wie K. Hogan anmerkt: „… Ezra embodies a breakdown of covenantal wisdom in response to the fall of Jerusalem to the Romans.“76 Für Qumran, dem 1. Henochbuch und 4. Esrabuch führt die Auflösung einer auf ganz Israel bezogenen Erwählungstheologie allerdings zu einer engeren Grenzziehung und zu einer Scheidung zwischen Gerechten und Ungerechten auch innerhalb von Israel. Bei Paulus hingegen führt das gleiche Muster nun zu einer Generalisierung: „Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen“ (Röm 11,32). Daher ergeht für Paulus nun der Zorn Gottes (als Metapher für das Strafgericht Gottes) nicht mehr wie in 1 Thess 2,16 über „die Juden“, sondern nach Röm 1,18 „wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen“ – also über Juden wie Heiden. Auch wenn dieser Zorn Gottes im Römerbrief (vgl.  1,18; 2,5; 3,5 f.; 12,19) wie auch im 1.  Thessalonicherbrief (vgl.  1,10) eine eschatologische Größe ist (s.  die Argumentation oben), so instrumentalisiert Paulus diese in 1 Thess 2,16 doch in der Weise, dass das Zorngericht gegen die Juden bereits als ‚definitiv‘ (vgl. ἔφθασεν und εἰς ­τέλος) dargestellt wird. Das ändert sich nun in Röm  11,32: Während 73  Vgl. von Bendemann, Frühpaulinisch, 221: „Die Gesetzesaussagen im Römerbrief sind von einer sowohl gegenüber dem 1. Korintherbrief als auch gegenüber dem Galaterbrief weiter reflektierten Sprachkompetenz gekennzeichnet. Diese Sprachkompetenz verdankt sich primär biblischer Reflexion.“ 74  So Becker, J., Paulus (1998), 112 f. und 138–148. 75 Vgl. dazu die ausführliche Diskussion bei Tiwald, Scheidung, 88–106. 76  Hogan, Conflict, 37.

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in 1 Thess  1,10 die Errettung aus dem kommenden Gericht nur den Christusgläubigen77 gilt, so wird sich Gott nun „aller erbarmen“. Die ursprüngliche Instrumentalisierung des Zornes Gottes für den situativ bedingten Zorn des Paulus gegen seine thessalonischen Widersacher ist durch die Relektüre biblischer Texte dem Konzept des Heilsuniversalismus gewichen.78 Die Volte, die Paulus hier in seinem Denken vollzieht, ist ihm wohl bewusst – verbucht er sie doch selbst als „unergründlichen“ Heilsratschluss Gottes, der ihm aber nun gleich einem „endzeitlichen Mysterium“ offenbar wurde (vgl. Röm 11,32–36).

VI. Konklusion Der Vergleich zwischen 1. Thessalonicher‑ und Römerbrief belegt eindeutig eine Veränderung im Schriftgebrauch des Paulus. Beide Briefe wurden zwar nur in einem Abstand von etwa sechs Jahren in Korinth verfasst, doch weisen beide schon rein statistisch einen völlig anders gearteten Umgang mit der Schrift auf, der auch unter Abrechnung kontingenter Faktoren (wie der unterschiedlichen Adressatengruppe und situativer Bedingtheit) weiterhin bestehen bleibt. Dennoch lässt sich gerade hier auch eine gewisse Kohärenz im Denken des Paulus feststellen: Nach eigenen Angaben in Röm 9,1–3 beschäftigte ihn das Geschick seines eigenen Volkes „unaufhörlich“ (ἀδιάλειπτος): Israelthematik und damit unmittelbar verbunden die Frage nach dem Zorngericht Gottes sind bleibende Konstanten im Denken des Paulus – daher sollte man wohl nicht von Brüchen im Denken des Paulus sprechen.79 Gerade aber bei diesen beiden Konstanten kommt es zu signifikanten Wandlungen in der Argumentation, die zu einer neuen Ausrichtung – gestützt auf eine neue und vertiefte Lektüre der Schrift – führen.80 Solche Wachstumsprozesse selbst beim großen Paulus brauchen uns nicht zu beunruhigen: Schön, dass auch Paulus dazulernen konnte, besonders in der heiklen Frage des heilsgeschichtlichen Standes Israels – einer Thematik, in der wir selbst auch heute noch Lernbedarf haben.

 Vgl. Konradt, Gericht, 71.  Zur Frage nach heilsuniversalistischen Konzepten im Römerbrief vgl.  Adam, Paulus, 397–407. 79  So auch von Bendemann, Frühpaulinisch, 224, mit dem Verweis, dass sich auch schon im 1. Thessalonicherbrief „Strukturen erkennen [lassen], die sich bis in die späteren ‚Hauptschreiben‘ durchhalten.“ 80 Vgl. a. a. O.: „Gerade in der Aneignung alttestamentlicher Aussagen in der brieflichen Argumentation geben die paulinischen Schreiben ein procedere zu erkennen“ (Hervorhebung M. T.). 77

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Paulus und sein Blick auf Israel Vom 1. Thessalonicherbrief über den Galater‑ zum Römerbrief * Dieter Sänger I. Einführung und Fragehorizont „Athene sprang gewappnet in voller Kraft aus dem Haupte des Zeus hervor. So ist die Theologie des Paulus nicht entstanden. Sie ist gewachsen und geworden, und wir begreifen sie wie alles Geschichtliche nur in dem Maße wirklich, als wir in ihr Werden hineinsehen“.1 Dieses vielzitierte Diktum William Wredes, als Sachverhaltsaussage formuliert, enthält zugleich eine Problemanzeige. Gewiss trifft es zu, dass die Größe, die wir in kondensierter Form als Paulus’ Israeltheologie bezeichnen, immer auch geschichtlich zu verstehen ist. Sie reflektiert einen zur historischen Erfahrung quer liegenden und theologisch nicht verrechenbaren Denk‑ und Erkenntnisprozess, der am Ende Israels Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in theozentrischer Perspektive mit dem universalen Christusgeschehen verzahnt. Doch stehen jedem Versuch, „in ihr Werden hineinsehen“ zu wollen, erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Die eine erwächst aus der anderen. Zunächst: Geht man davon aus, dass der pharisäisch gesinnte (Phil  3,5, vgl.  Apg  22,3; 23,6; 26,5) Diasporajude Paulus, der aus der Rückschau von sich sagt, er habe als „Eiferer für meine väterlichen Überlieferungen“ (Gal 1,14, vgl. Phil 3,6; Apg 22,3)2 die „Gemeinde Gottes“ verfolgt und danach getrachtet, sie zu vernichten (Gal 1,13)3, um 32/33 n. Chr. sein Bekehrungs‑ bzw. Berufungserlebnis hatte, sich etliche Jahre später – es mögen etwa 10, vielleicht auch 2–3 weniger gewesen sein, in denen er Apg 9,30 zufolge einige Zeit in seiner kilikischen Heimatstadt Tarsus verbrachte4 – der Gemeinde im syrischen Antiochien * Der auf dem Symposium aus Zeitgründen relativ knapp gehaltene Vortrag ist für den Druck überarbeitet und um den Anmerkungsteil ergänzt worden. 1  Wrede, Paulus, 79. 2  Vgl. 1 Makk 2,27; 14,14; 2 Makk 4,2; Philo spec. 2, 253; Flav.Jos.Ant. 12, 271; 1QS IV,4. 3  Vgl. 1 Kor 15,9; Apg 9,1; 22,3–5; 26,12.15; 1 Tim 1,13. 4  Von insgesamt 10 Jahren geht Schnelle, 100 Jahre, 212.235, aus. Gal 1,21  Ἔπειτα ἦλθον εἰς τὰ κλίματα τῆς Συρίας καὶ τῆς Κιλικίας hilft uns in dieser Frage nicht weiter. Der wiederholte Artikel weist Syrien und Kilikien als zwei getrennte Gebiete aus. Ganz offensichtlich soll ein bestimmter Bereich innerhalb der Provinz Syrien, vermutlich Antiochien und Umgebung, von

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anschloss (11,25 f.) und eine sie prägende Gestalt wurde (13,1; 15,2), zusammen mit Barnabas außerhalb des syro-phönizischen Raums (Zypern, südöstliches Kleinasien) missionarisch tätig war, dann auf dem Jerusalemer Apostelkonvent (48/49  n. Chr.) der beschneidungsfreien Völkermission zum Durchbruch verhalf, nach dem antiochenischen Konflikt (Gal  2,11–14) die Partnerschaft mit seinem bisherigen Missionsgefährten Barnabas beendete,5 daraufhin Antiochien verließ und nun als Missionar eigenen Rechts auf europäischem Boden (Makedonien, Achaia) christliche Gemeinden gründete, tritt Paulus uns erst in seinen Briefen persönlich entgegen. Gemessen an antiken Maßstäben war er schon im fortgeschrittenen Alter.6 Sieht man einmal von der Zeit ab, die seiner Lebenswende voraufgeht, gibt es den sog. frühen Paulus lediglich zwischen dem Damaskusereignis und zweiten Jerusalembesuch.7 Diese ungefähr 16 Jahre seines missionarischen Wirkens – sie schließen den Aufenthalt in der Arabia (Gal 1,17, vgl. 2 Kor 11,32 f.; Apg 9,23–25) ein – sind uns nur fragmentarisch, umrisshaft und perspektivisch gebrochen zugänglich. Paulus’ Existenzgewissheit, von Gott berufener Apostel ἐν πᾶσιν τοῖς ἔθνεσιν (Röm 1,5, vgl. 11,13; Gal 1,16) zu sein, und die theologisch zu bewältigende Ablehnung seines Evangeliums von Seiten der überwiegenden Mehrheit „meiner Verwandten nach dem Fleisch“ (Röm 9,3fin) machen es sehr wahrscheinlich, dass er von Beginn an mit der Israelfrage konfrontiert wurde. Freilich lässt sich das in den Briefen zur Darstellung gebrachte Israelverständnis zeitlich nicht einfach nach hinten verlängern, so als reflektiere es dem Grundsatz nach eine einem anderen – etwa dem östlichen Kilikien mit Tarsus als Zentrum – unterschieden werden. Man kann aber nur darüber spekulieren, wie sich die in 2,1 genannten 14 Jahre auf beide Gebiete verteilen, wenn überhaupt an zwei streng voneinander zu unterscheidende Aufenthalte gedacht ist. Vgl. Hengel/Schwemer, Paulus, 245 f. 5 Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen beider Trennung und dem antiochenischen Konflikt bestreitet Schwemer, Paulus in Antiochien, 175 f. Sie verbindet die Auseinandersetzung um das Verhalten von Johannes Markus (Apg 15,36–40) mit Paulus’ Aufenthalt in Antiochien zwischen seiner 2. und 3. Missionsreise (Apg 18,22 f.). Aber nach dem Zerwürfnis mit Barnabas wird Paulus – analog zu seinem in den Briefen zur Sprache gebrachten Selbstverständnis – von Lukas als eigenständiger Missionar dargestellt. Diese konzeptionelle und geographische Neuorientierung als Ergebnis einer Personalquerele verstehen zu sollen, erscheint wenig plausibel. 6  In Phlm 9 bezeichnet er sich als „alten Mann“ (πρεσβύτης). Orientiert man sich an der auf Hippokrates zurückgehenden Einteilung der Lebensaltersstufen bei Philo opif.  105 (vgl. Ov.met. 15, 199–213; Sen.ep. 49,3; Dio.Chrys., Or. 74,10 [mit anderen Unterteilungen]), wird Paulus zur Abfassungszeit des Briefs über fünfzig gewesen sein. Einiges deutet darauf hin, dass er ihn während seiner indirekt zu erschließenden (vgl. Phlm 1.9.12 f. mit 1 Kor 15,32; 2 Kor 1,8 f. und Röm 16,3 f.; 2 Kor 11,23fin; Phil 1,12–20 f.) ephesinischen Gefangenschaft geschrieben hat. Unter dieser Voraussetzung lässt sich der Philemonbrief in die Zeit zwischen 53–55  n. Chr. datieren. Vgl. U. B. Müller, Philipper, 18–21; Reinmuth, Philemon, 17 f.; P. Müller, Philemon, 80–84; Theobald, Vorgeschichte, 34–37. 7  Hatte er sich der Apostelgeschichte zufolge nach seiner Berufung vor Damaskus viermal in die judäische Stadt begeben (9,26–30; 11,27–30 [12,25]; 15,2–4; 18,22) – das Überbringen der Kollektensammlung nicht mit eingerechnet –, spricht der Apostel selbst von nur zwei Aufenthalten (Gal 1,18 f.; 2,1–10).

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aktualisierte Fortschreibung bereits zuvor gewonnener Einsichten. Ein solches Verfahren überspielt die zunehmend komplexer werdende paulinische Argumentationsstruktur und hat auch dann zirkulären Charakter, wenn man der Auffassung ist, die entsprechenden brieflichen Äußerungen seien trotz aller Situationsgebundenheit und Problemdifferenz im Wesentlichen kohärent und sachlogisch kompatibel. Kurzum, aufgrund des lückenhaften, nicht selten ambivalenten und interessegeleiteten Quellenmaterials, d. h. mangels eindeutiger historischer Referenzen, entzieht sich der ‚frühe‘ Paulus dem unmittelbaren Zugriff. Jenseits spekulativer Hypothetik wird man aber mit großer Sicherheit sagen können, dass ihn seine jüdische Herkunft und besonders seine vorkonversionelle Orientierung an den „väterlichen Überlieferungen“ dazu nötigten, zwei miteinander kollidierende Exklusivitätsansprüche unter dem Primat der Selbigkeit des einen Gottes zusammenzubringen: den ethnisch entschränkten Heilsanspruch des Christusevangeliums (vgl. Röm 1,18–5,21; 10,9–13; 1 Kor 12,13; Gal 3,27 f.) auf der einen, den schriftbasierten Anspruch Israels, Gottes erwähltes Eigentumsvolk zu sein (Ex 19,4–6; Lev 11,44 f.; 19; 20,26; Dtn 7,6–11; 26,16–19; Jos 24,2–24 u. ö.), auf der anderen Seite.8 Eine aporetisch erscheinende Aufgabe, zumal nirgends ersichtlich wird, dass die ihm zuteilgewordene γνῶσις Χριστοῦ (Phil 3,8), die „[a]n jene Mitte (tritt), wo das Gesetz war“9, eine Distanzierung von seinen geschichtlichen Ursprüngen impliziert.10 Ein Zweites kommt hinzu. Die Vielschichtigkeit, teilweise auch Unaus­ge­ glichen­heit der paulinischen Theologie, wie sie uns in den authentischen Briefen begegnet, irritierte bereits zu Lebzeiten des Apostels (1 Kor 9,19–23). Sie provozierte Missverständnisse, begünstigte Fehldeutungen und bot Raum für die vom  8 Der

Erwählungsgedanke ist ein Integral der Gottesvolkthematik, vgl.  Dtn  4,37; 10,5; Jub 2,19 f.; 15,30 f. u. ö.  9  Backhaus, Reformation, 236. 10 Vgl.  Frey, Paul’s Jewish Identity, 285–321; Theobald, Von Saulus zu Paulus?, 23–27. Despotis, „New Perspective on Paul“, betont zu Recht, „dass Paulus die Religion seiner Väter in V. 7 weder abwertet noch verwirft. Er vergleicht sie nur mit der Überlegenheit des neuen Lebens in Christus“ (172). Ähnlich Niebuhr, Heidenapostel, 104: Paulus disqualifiziere „nicht die in V. 5 f. aufgezählten jüdischen Vorzüge als solche, sondern ihre Funktion beim Zugang zum Heil“. Demgegenüber fragt U. B. Müller, Ephesus, 155–171, ob „Paulus mit seiner Abwertung der in 3,5 f. genannten Vorzüge … nicht gerade dieses jüdische Erbe in Frage“ stellt (166). Mehrfach erinnert er jedoch daran, selbst ein „Israelit“ (Röm 11,1; 2 Kor 11,22; Phil 3,5, vgl. Röm 9,4) und „Nachkomme Abrahams“ (Röm 11,1; 2 Kor 11,22) zu sein. Er bezeichnet sich als „Hebräer“ (2 Kor 11,22; Phil 3,5) und verweist damit auf seine Traditionsverwurzelung im jüdischen Volk (Gal 1,14: ἐν τῷ γένει μου). Aufschlussreich ist die Wahl des Tempus. In den aus der Rückschau formulierten biographischen Notizen dominiert das Präsens: Röm 11,1: ἐγὼ Ἰσραηλίτης εἰμί, ἐκ σπέρματος Ἀβραάμ, φυλῆς Βενιαμίν; 2 Kor 11,22: Ἑβραῖοί εἰσιν; κἀγώ. Ἰσραηλῖταί εἰσιν; κἀγώ. σπέρμα Ἀβραάμ εἰσιν; κἀγώ. In Phil 3,5: περιτομῇ ὀκταήμερος, ἐκ γένους Ἰσραήλ, φυλῆς Βενιαμίν, Ἑβραῖος ἐξ Ἑβραίων ist jeweils ein εἰμί zu ergänzen. Ob das auch für das letzte Glied in der Aufzählung gilt: κατὰ νόμον Φαρισαῖος, ist wegen der Fortsetzung in V. 7 f. schwer denkbar. Apg 23,6 spricht jedenfalls nicht dafür. Denn in der Redesituation konnte Lukas seinen Protagonisten nur sagen lassen ἐγὼ Φαρισαῖος εἰμί und nicht, er sei ein Pharisäer gewesen.

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Verfasser des 2. Petrusbriefs beklagten „Verdrehungen“ (3,16). Prima vista gegenläufige Aussagen (vgl. nur 1 Thess 4,14–18 und 1 Kor 15,51–57 mit 2 Kor 5,1–10; 1 Thess 2,14–16 mit 2 Kor 3,16) und Differenzen zwischen den Briefen ergeben ein disparates Bild. Es macht synthetische Entwürfe der paulinischen Theologie fraglich. Die ihr immer wieder attestierte – wirkliche oder vermeintliche – innere Unstimmigkeit und Widersprüchlichkeit führte schon in der Alten Kirche (Origenes), seit dem 19. Jahrhundert verstärkt und in der jüngeren Paulusforschung auf breiter Front zur Herausbildung von Entwicklungstheorien. Ihnen zufolge hat das theologische Denken des Apostels zwischen dem ersten und letzten seiner Briefe eine Entwicklung durchgemacht, die mit „einschneidende(n) Wandlungen“11 einherging. Ansonsten ließen sich die Ambivalenzen, Spannungen und offenkundigen Inkonsistenzen in zentralen Themenbereichen, etwa in der Gesetzesfrage und Rechtfertigungslehre12, der Eschatologie13, Ethik14 und Pneumatologie15, kaum zureichend erklären. Nun sollte man eine Entwicklung der paulinischen Theologie nicht von vornherein in Abrede stellen, wenngleich ihre Anfänge im Dunkeln liegen und allzu oft diffus bleibt, was mit „Entwicklung“ konkret gemeint ist. Dies zeigt das breite Spektrum der realisierten Deutungsmöglichkeiten bei der Verwendung des Begriffs. Er kann im Sinne von Variabilität, Transformation, Reifeprozess und Perspektivenwechsel, aber auch im Sinne von Positionsverschiebung, Korrektur und Revision gebraucht werden. Problematisch ist nicht der Entwicklungsbegriff als solcher oder das hinter ihm sich verbergende Sachanliegen, sondern seine semantische Unbestimmtheit und die ihm zugeschriebene Funktion als texthermeneutische Kategorie und Verstehensregulativ. Nach seiner Damaskusvision, die er als göttlichen Sendungsauftrag interpretierte, Jesus Christus „unter den Völkern“ zu verkündigen (Gal 1,15 f.), ging Paulus für 2–3 Jahre in das als „Arabia“ bezeichnete nabatäische Herrschaftsgebiet und kehrte wieder nach Damaskus zurück (V. 17c). Anschließend verweilte er  Schnelle, Wandlungen, 11.  Vgl. Hübner, Gesetz; Wilckens, Entwicklung, 154–190; R äisänen, Paul’s Conversion, 404–419; Schnelle, Paulus (2014), 183–186.367–378; Ders., Entwicklung, 289–309. Anders z. B. von Bendemann, ‚Frühpaulinisch‘, 215–229 („Die Paulusbriefe […] liefern insgesamt keine ausreichende Basis, um den Plot eines epochalen Entwicklungsprozesses zu rekonstruieren“ [228]); Hahn, Gibt es eine Entwicklung, 271–297. Vgl. auch Frey, Rechtfertigungstheologie, 415–441. 13 Vgl. Wiefel, Hauptrichtung, 65–81; Mearns, Early Eschatological Development, 19–35; Schnelle, Paulus (2014), 634–642; Ders., Korinth, 669–695. Vorsichtig bis ablehnend ­Lindemann, Korinthische Eschatologie, 64–90; Hengel, Apokalyptik, 302–417; Schrage, Paulinische Eschatologie, 152–154. 14 Vgl. Houlden, Ethics; Schulz, Neutestamentliche Ethik, 290–432. Schulz unterscheidet zwischen einer Frühphase (1. Thessalonicherbrief ), in der Paulus die Ethik der hellenistischen Kirche (!) repräsentiert, und einer Spätphase, aus der die übrigen Briefen stammen. 15  Vgl. z. B. Horn, Angeld (kritisch dazu R abens, Development, 161–179), und (etwas zurückhaltender) Philip, Origins. 11 12

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gut zwei Wochen bei Kephas/Petrus in Jerusalem (V. 18 f.), um sich dann über einen längeren Zeitraum – er selbst spricht von 14 Jahren (2,1) – in Syrien und Kilikien aufzuhalten (1,21). Mit Ausnahme der Flucht vor den Nachstellungen des damaszenischen Ethnarchen des nabatäischen Königs (Apg  9,23–25) berichtet Lukas von alledem nichts. Dass Paulus in dieser Lebensphase seine im Geschehen vor Damaskus gründende Basisüberzeugung, der Christusglaube sei die notwendige, aber auch hinreichende Bedingung für die Zugehörigkeit zum eschatologischen Gottesvolk, d. h. zur ἐκκλησία τοῦ θεοῦ16, zum Maßstab seiner Verkündigung machte und den Verzicht auf die Beschneidung – nach dem Exil und insbesondere seit der makkabäischen Krise das Kennzeichen jüdischer Identität – nicht nur propagierte, sondern praktizierte, gibt Gal 2,2 zu erkennen. Ganz unabhängig davon, ob „bestimmte Grundelemente der paulinischen Theologie, wie sie in den Briefen zutage treten, zumindest andeutungsweise schon viel früher vorauszusetzen sind“17, wird man angesichts neuer Erfahrungen und Herausforderungen und daraus resultierender Erkenntniszuwächse bereits in den ‚unbekannten Jahren des Apostels‘ mit Vertiefungen und Akzentverlagerungen zu rechnen haben. Sein Denken ist weder statisch noch eindimensional, aber ebenso wenig rein pragmatisch oder dogmatisch. Für seine Theologie gilt mutatis mutandis das Gleiche. Ihre Entstehung ist eingebettet in plurale kulturelle und lebensweltliche Kontexte – geographische, politische, soziale, ökonomische, religiöse –, denen eine sich jeweils unterschiedlich darstellende und differenziert wahrgenommene ekklesiale Realität korrespondiert. Soweit die Umstände es erlaubten, pflegte Paulus enge Beziehungen zu den von ihm gegründeten Gemeinden, auch wenn er ihren Erwartungen nicht immer gerecht wurde und sich bisweilen genötigt sah, angekündigte bzw. geplante Besuche zu verschieben (vgl. 1 Kor 4,18–21; 2 Kor 1,15–23; 1 Thess 2,17–20). Wie die zahlreichen aus ihren Reihen kommenden und mit unterschiedlichen Aufgaben betrauten Mitarbeiter/ innen des Apostels zu erkennen geben,18 band er die Gemeinden in seine missionarische Arbeit ein und zeigte sich über ihre inneren Verhältnisse recht gut unterrichtet. Erschien es ihm erforderlich, versuchte er in Konfliktfällen, strittigen oder klärungsbedürftigen Angelegenheiten regulierend einzugreifen und seine apostolische Autorität zur Geltung zu bringen (1 Kor 4,18–21; Gal 1,1; 6,17). War er persönlich anwesend, spontan und direkt, bei Abwesenheit mit zeitlicher 16  1 Kor 1,2; 10,32; 11,22; 15,9; 2 Kor 1,1; Gal 1,13, im Plural 1 Kor 11,16; 1 Thess 2,14. Dem volleren Ausdruck entspricht sachlich der verkürzte ohne τοῦ θεοῦ in Gal 1,22 und Phil 3,6. Die pluralische Formulierung macht deutlich, dass für Paulus jede an einem Ort versammelte christliche Gemeinde ‚Gemeinde Gottes‘ ist. 17 Hengel/Schwemer, Paulus, 30. 18 Der übergreifende Ausdruck, den Paulus für sie verwendet und auch auf sich bezieht, ist συνεργός (Röm 16,3.9.21; 1 Kor 3,9; 2 Kor 1,24; 8,23; Phil 2,25; 4,3; 1 Thess 3,2; Phlm 1.24). Zur Bedeutung, Tätigkeits‑ und Funktionsbeschreibung dieses Personenkreises im Strahlungsfeld der paulinischen Mission vgl.  Ollrog, Paulus und seine Mitarbeiter; Ebel, Missionswerk, 119–128.

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Verzögerung per Boten oder Briefe (1 Kor  5,3; 16,10 f.; 2 Kor  7,5–7 [mit 2,13]; 1 Thess 3,1 f.) – durchaus im Bewusstsein, seine Intervention könnte vergeblich sein (Gal  4,11, vgl.  2,2; 3,4; Phil  2,16; 1 Thess  3,5). Die beschwörende Bitte in 1 Thess 5,27 (vgl. Kol 4,16) lässt vermuten, dass seine Briefe nach ihrer Ankunft in den Gemeinden (wiederholt?) vorgelesen wurden und kaum ohne Echo blieben. Solche Kontaktdichte, die ein hohes Maß an sozialer und informeller Vernetzung voraussetzt, zeugt von einem intensiven, ebenso dynamischen wie produktiven Kommunikationsprozess und treibt ihn zugleich voran. Der Einfluss des darin beschlossenen dialogischen Potentials auf den diskursiven Charakter, das inhaltliche Profil, die begriffliche Ausgestaltung und adressatenorientierte Applikation (1 Kor 9,19–23) der paulinischen Theologie und Verkündigung19 ist schwerlich zu überschätzen. Sie ist kein erratischer Block, geschweige denn ein den Gesetzen der Logik verpflichtetes widerspruchfreies Lehrsystem, sondern offen für theologische Modifikationen, neue Sprachformen und Reflexionsfiguren, eben „Theologie im Vollzug“.20 Endogene und exogene Faktoren haben gleichermaßen eine Rolle gespielt und auf sie eingewirkt. In dieser allgemeinen Beschreibung des entwicklungsgeschichtlichen Problems besteht ein relativ breiter Konsens. Er verflüchtigt sich, sobald es darum geht, die Etappen der rekonstruierten Denkbewegung nachzuzeichnen, sie biographisch wie historisch zu kontextualisieren und theologisch zu bewerten.21 Eine Schlüsselfunktion kommt dabei der Abfolge und Chronologie der Protopaulinen zu. Eine genauere Bestimmung wird freilich dadurch erschwert, dass kein einziger Brief datiert ist. Ihre Sequenz und zeitliche Einordnung in die Vita Pauli können lediglich indirekt erschlossen werden, auch wenn das subjektive Moment solcher notwendig hypothetisch bleibender Konstruktionsarbeit nicht gleichzusetzen ist mit Subjektivismus. Der argumentative Rückgriff auf die Apostelgeschichte erscheint verständlich, weckt aber methodische Bedenken. Aufgrund ihres ganz unterschiedlich eingeschätzten historiographischen Werts ist zumindest Vorsicht angebracht, mögliche Einwände gegen die Zuverlässigkeit ihrer entsprechenden Nachrichten a priori auszublenden und mit Hilfe der lukanischen Angaben die von Paulus hinterlassenen Leerstellen zu füllen. Doch geben die zur Verfügung stehenden Texte, hält man an dem hierarchischen Verhältnis von Primärquelle (Briefe) und Sekundärquelle (Apostelgeschichte) fest, Kriterien an die Hand, die es uns erlauben, zwischen abgestuften Wahrscheinlichkeitsgraden zu differenzieren. 19  Beides, Theologie und Verkündigung, sind nicht voneinander zu trennen, wie der Galaterbrief exemplarisch deutlich macht. Er lässt sich weithin als eine anamnetische Vergegenwärtigung des Evangeliums verstehen, das Paulus anfänglich unter den Galatern verkündigt hat (1,6–9; 3,1; 5,3, vgl. 2,16; 4,13–15.18 f.). 20  Von „Theologie in Briefform“ spricht Weder, Neutestamentliche Hermeneutik, 318–322, von „Theologie und Mission in Briefform“ Schnelle, Paulus (2014), 154. 21  Vgl. speziell hierzu Klein, Werkruhm, 309–332, bes. 310–313.

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Als Probe aufs Exempel bietet sich der Galaterbrief an. Vor allem deshalb, weil die gegenwärtige Diskussion einmal mehr zu erkennen gibt, dass jede Antwort auf die Frage nach seiner Abfassungszeit hinsichtlich der Plausibilität, hermeneutischen und theologischen Implikationen des Entwicklungstheorems von leitender Relevanz ist, gerade auch im Blick auf die Israelthematik.

II. Zur Entstehung und Chronologie der paulinischen Briefe Der Galaterbrief schweigt sich darüber aus, wann er an seine Empfänger abgeschickt und ihnen zugestellt wurde. Dies lässt prinzipiell Raum für unterschiedliche Optionen. Wer das Zirkularschreiben (1,2) z. B. mit R. N.  Longenecker und D. J. Moo – er gehört neben A. A. Das, M. L. Soards/D. J. Pursiful, P. Oakes und C. S. Keener22 zu den letzten Kommentatoren – noch vor den Apostelkonvent platziert,23 rechnet in der Regel mit einem anderen prozessualen Verlauf der paulinischen Sicht auf Israel als diejenigen, die es zeitlich in die Nähe des Römerbrief rücken. Die aus der vorgeschlagenen Terminierung sich ergebenden Konsequenzen liegen auf der Hand. Sie zwingt nämlich R. N. Longenecker und D. J.  Moo sowie all jene, die ihre Auffassung teilen,24 zu einer doppelten Annahme: Während ihres gemeinsamen Jerusalemaufenthalts anlässlich der Hilfsaktion für die dortige Gemeinde (Apg 11,27–30; 12,25) hätten Paulus und Barnabas nicht nur die in Antiochien gesammelten Spendengelder den notleidenden Glaubensgeschwistern überbracht, sondern dieser Besuch falle auch mit dem in Gal 2,1–10 geschilderten Aposteltreffen zusammen, das aber privaten Charakter gehabt habe. Darauf weise Gal 2,2b hin: „Ich unterbreitete ihnen das Evangelium, das ich unter den Völkern verkündige, den Angesehenen (ganz) für sich“25. Diese Zusammenkunft müsse vom später stattfindenden Apostelkonvent (Apg  15,1–30) unterschieden werden. Demnach dokumentiert schon 22 Das, Galatians; Soards/Pursiful, Galatians; Oakes, Galatians; Keener, Galatians. Der angekündigte Kommentar von deSilva, Galatians, war mir bei Abschluss des Manuskripts (September 2018) noch nicht zugänglich. Im deutschsprachigen Bereich sind in diesem Zeitraum zwei allgemeinverständliche Kommentierungen erschienen: Klaiber, Galaterbrief; Eckstein, Christus. 23  Longenecker, Galatians, lxxii–lxxxviii; Moo, Galatians, 8–18. 24  Fung, Galatians, 28: „Galatians may well have been written on the eve of the Jerusalem Council“ (vgl. a. a. O., 17); Schreiner, Galatians, 26–29. Siehe Riesner, Frühzeit, 286; Ders., Rechtfertigung, 201–218, und Deines, Jakobus, 176–178 (der Galaterbrief wurde 48/49 zwischen antiochenischem Zwischenfall und dem dadurch notwendig gewordenen Jerusalemer „Schlichtungskonvent“ [Aposteldekret als Kompromisslösung] abgefasst, möglicherweise in Antiochien). 25  Longenecker, Galatians, lxxx (er verbindet zudem den antiochenischen Zwischenfall mit Apg 15,1 f.); Moo, Galatians, 14; ähnlich Schreiner, Galatians, 28 f. (er konzediert aber „that Acts 15:1–35 and Gal 2:1–10 are remarkably similar“ [28]), und Das, Galatians, 41. An eine „Versammlung in eher kleinem Rahmen“ denkt Schäfer, Paulus, 171.

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der Galaterbrief eine bestimmte theologische Perspektive auf Israel, so dass alle übrigen Israelaussagen im Corpus Paulinum auf sie zu beziehen und mit ihr zu korrelieren sind. Ohne jetzt in Details zu gehen, können die vorgebrachten Argumente zugunsten der extremen Frühdatierung des Galaterbriefs26  – er wird dann dem 1. Thessalonicherbrief zeitlich vorgeordnet – aufs Ganze gesehen nicht wirklich überzeugen. Erhebliche Schwierigkeiten bereitet zunächst die Identifizierung der von Lukas geschilderten Hilfeleistung, über deren Hintergründe vielleicht Josephus Auskunft gibt (Flav.Jos.Ant. 20,50 f.101), mit der auf dem Konvent vereinbarten Kollektensammlung für die πτωχοί (Gal 2,10a).27 Die Spendenaktion der antiochenischen Gemeinde ist durch eine Hungersnot der judäischen Christusgläubigen (Apg 11,29) motiviert (11,28) und wird, da dringender Handlungsbedarf zu bestehen scheint, sogleich in die Tat umgesetzt. Mit dem Transfer der zusammengetragenen Gelder an die Empfänger (11,30; 12,25) ist sie aber auch beendet. Von einer erforderlich gewordenen Verstetigung oder Beteiligung weiterer Gebergemeinden weiß Lukas, der in 24,17 deutlich auf die paulinische (!) Kollektensammlung anspielt und sie damit von der antiochenischen Initiative unterscheidet, offenbar nichts zu berichten. Hingegen signalisiert die Verbform 26  Von seiner Priorität geht zwar auch R. Schäfer aus, doch bietet sie eine andere chronologische Rekonstruktion der Ereignisse, Schäfer, Paulus, 160–222.348–375.447–472.492 f. Wie z. B. Hemer, Acts, 247 f., identifiziert sie Apg 11,27–30 mit dem Apostelkonvent Gal 2,1–10 und datiert ihn um 40 n. Chr. Der antiochenische Zwischenfall unter Beteiligung von Petrus setze dessen erzwungenen Weggang aus Jerusalem voraus (Apg 12,17) und habe frühestens 41 n. Chr. stattgefunden. Seine Bedeutung dürfe jedoch nicht allzu hoch veranschlagt werden. Er habe zu keinem Bruch zwischen Paulus und Petrus oder Paulus und Barnabas geführt. Die beiden zuletzt Genannten hätten anschließend gemeinsam die sog.  1.  Missionsreise unternommen (Apg 13 f.). Erst später, nach dem Apostelkonzil (15,1–35), dessen Ergebnis (V. 23b–29) den antiochenischen Konflikt gegenstandlos gemacht habe, trennten sich die Wege der beiden (V. 36–41). Hingegen datiert Öhler, Barnabas (2003), 58–86, den Apostelkonvent auf 46/47 n. Chr., an den sich die in Apg 13 f. beschriebene, etwa ein Jahr dauernde gemeinsame Mission mit Barnabas in Zypern und Südgalatien anschloss. Nach ihrer Trennung brach der Apostel ohne seinen früheren Gefährten von Antiochien aus zur 2. Missionsreise auf (ab 48/49). Er besuchte erneut die galatischen Gemeinden (Gal 4,13, vgl. Apg 16,1–6), um dann über Makedonien nach Korinth zu gelangen, bis er schließlich wieder nach Antiochien zurückkehrte. Dort kam es 52 n. Chr. zum Konflikt (Gal 2,11–14), der zur Trennung von der Gemeinde führte. Im gleichen Jahr begann Paulus seine 3. Reise, wobei er wiederum in Galatien Station machte (Apg 18,23), um danach 2–3 Jahre in Ephesus zu verbringen. 27  Dass hier die Angehörigen der Jerusalemer Gemeinde im Blick sind, bezweifelt Longen­ ecker, Remember the Poor. Weil die „Jerusalem apostles were […] concerned that Jewish traditions about caring for the poor might be abandoned in a mission to the pagan world“ (198), hätten sie darauf hingewirkt, notleidende Menschen im Umfeld der paulinischen Gemeinden finanziell zu unterstützen. Warum verbindet Paulus dann aber die Kollekte, wenn er anderswo von ihr spricht, speziell mit Jerusalem (Röm 15,25–28.31; 1 Kor 16,1–4, vgl. 2 Kor 8,4; 9,1.12)? Bachmann, Adressatenkreis, 435–445, verbleibt grundsätzlich innerhalb des Mehrheitskonsensus, erweitert aber mit Verweis u. a. auf 2 Kor  9,12–14 den Empfängerkreis. Neben den „Christus-Anhängern“ habe Paulus auch „sonstige Juden Jerusalems, der Stadt des (jüdischen) Tempels“ im Blick (444 f.).

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μνημονεύωμεν in Gal 2,10a, dass an ein kontinuierliches „Gedenken“ gedacht ist.28 Dies passt nicht zu einer Situation wie der in Apg 11,27 f. beschriebenen. Auch wird durch nichts angedeutet, die Bitte um finanzielle Unterstützung der „Armen“ entspringe einem akuten Notfall. Jedenfalls ist davon keine Rede.29 Leitend für den Datierungsvorschlag dürfte vor allem das Interesse sein, die apologetisch grundierte autobiographische Erzählung Gal 1–2 mit den in der Apostelgeschichte erwähnten Jerusalem-Reisen Pauli und ihren jeweiligen Anlässen (Apg  9,26–31; 11,27–30 [vgl.  12,25]; 15,1–30) in Deckung zu bringen  – immer unter der Voraussetzung, dass es sich bei der Apostelgeschichte um ein historiographisches Werk des zeitweiligen Paulusbegleiters Lukas handelt und sie aufgrund des ihr dadurch zukommenden Quellenwerts rekonstruktiv belastbar ist.30 Obwohl Paulus in Gal 2,1 nicht ausdrücklich verneint, während der genannten 14 Jahre in Jerusalem gewesen zu sein, ist diese Möglichkeit vom argumentativen Duktus her doch sehr unwahrscheinlich. Hält man an der Priorität des 1. Thessalonicherbriefs fest, den Paulus nicht lange nach seiner Ankunft in Korinth schrieb (Mitte bis Ende 50 n. Chr.), erscheint mir die folgende chronologische Reihung der übrigen Briefe am plausibelsten:31 Der 1. Korintherbrief wurde vermutlich im Frühjahr 54 oder 55 in 28  Vgl. Pathrapankal, Apostolic Commitment, 1009: „The auxiliary verb μνημονεύωμεν […] points to a desired ongoing activity […]: ‚we should continue to remember‘“. 29  Das ist einer der Gründe, die dagegen sprechen, Gal 2,1–10 mit Apg 11,29 f. zu korrelieren, so u. a. Wedderburn, Paul’s Collection, 99.107f; Schäfer, Paulus, 363–368; Downs, Offering, 38f, wobei die beiden zuletzt Genannten eine Verbindung zwischen der Weissagung des Propheten Agabus (Apg 11,27 f.) und Gal 2,2: ἀνέβην δὲ κατὰ ἀποκάλυψιν herstellen. Alle drei gehen davon aus, Paulus und Barnabas hätten die Kollekte der antiochenischen Gemeinde nach Jerusalem mitgebracht und abgeliefert. Nur: Wenn in Antiochien bereits vor dem Apostelkonvent Geld für die bedürftigen Glaubensgeschwister in Jerusalem gesammelt worden wäre, müsste erklärt werden, warum ausgerechnet Abgesandte des dortigen Gemeindeleiters Jakobus später auf eine Beendigung der in Antiochien praktizierten Tischgemeinschaft von Juden‑ und Völkerchristen drängten (Gal 2,12 f.). Soll man wirklich annehmen, die Jerusalemer hätten die ekklesiale und mit ihr auch die eucharistische Gemeinschaft mit christusgläubigen Nichtjuden abgelehnt, vorher aber deren finanzielle Unterstützung willkommen geheißen? Dieses Problem scheint auch Kim, Kollekte, 160–162, entgangen zu sein. Er deutet die Kollektenvereinbarung im Sinne einer Verstetigung der ursprünglich zeitlich begrenzten und für die Überbrückung einer Notlage gedachten Unterstützung von Seiten Antiochiens. Hengel/Schwemer, Paulus, halten es für denkbar, Paulus habe die Sammlung in Antiochien nicht nur befördert, sondern sei auch mitgereist, Jerusalem selbst aber ferngeblieben, „weil sein Leben dort immer noch in Gefahr war und man ihn dort nicht sehen wollte“ (368). 30  In diesem Sinne Longenecker, Galatians, lxxviii: „[W]e believe the current widespread skepticism toward the historical reliability of Acts to be ill-founded“, und zuletzt Schnabel, Acts, 21–45. Auf einem anderen Blatt steht, dass die in der 2.  Hälfte des vergangenen Jahrhunderts besonders von deutschen protestantischen Exegeten vorgebrachten Argumente gegen die historische Zuverlässigkeit der Apostelgeschichte sich als ideologisch aufgeladen und methodisch defizitär erweisen, Alkier, Bemerkungen, 8–36. 31  Teilungshypothesen sind fast zu vernachlässigen. Sie beziehen sich zumeist auf nur einen der sieben unstrittig echten Paulinen, den 2. Korintherbrief. Vgl. hierzu Bieringer, Teilungshypothesen, 68–105; Thrall, The Second Epistle to the Corinthians (Bd. 1), 3–49; Lindemann,

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Ephesus verfasst. Über den Ort und die Jahreszeit informiert 16,8 (ἐπιμενῶ δὲ ἐν Ἐφέσῳ ἕως τῆς πεντεκοστῆς32). Die beiden Gefangenschaftsbriefe Philipper‑ und Philemonbrief stammen m. E. aus der von Lukas unterschlagenen ephesinischen Haft33 und sind Mitte bis Ende des Jahres 54, möglicherweise auch 55 geschrieben worden. Sollte der 2. Korintherbrief literarisch einheitlich sein, setzt er einen gut einjährigen Abstand zum 1. Korintherbrief voraus (vgl. 1 Kor 16,1 f. mit 2 Kor 8,10).34 Teilungshypothesen ändern daran prinzipiell nichts. Auch in diesem Fall sind die drei, möglichweise sogar vier Textfragmente zwischen 55 und 56 n. Chr., frühestens im Sommer/Herbst 55 entstanden.35 Der Galaterbrief ist entweder noch gegen Ende des ephesinischen Aufenthalts verfasst worden oder, was mir wahrscheinlicher ist, auf dem Weg nach Korinth, der Paulus durch Makedonien führte (Apg 20,1 f.; 2 Kor 2,13). Dann haben ihn die alarmierenden Nachrichten über die (nach seiner Wahrnehmung) krisenhaft sich zuspitzende Lage in Galatien36 vielleicht noch im Herbst 55, eher aber im Frühjahr 56 erreicht, auf die er gleich reagierte.37 Den Römerbrief diktierte er nur wenige MoKirche, 132–159; Koch, 2.  Korintherbrief, 119–145. Deutlich rückläufig ist die Tendenz, auch den Philipperbrief literarkritisch zu sezieren. Vor allem wohl deshalb, weil bei der Bestimmung des Umfangs der vermuteten Brieffragmente, seien es zwei oder drei, die in Kauf zu nehmende methodische Hypothek das noch vertretbare Maß übersteigt. 32  Dass der dort genannte Zeitplan hinfällig wurde, hing mit den bald sich verändernden Umständen zusammen. Anders als Lukas es darstellt, blieb der in Apg 19,23–40 geschilderte massive Konflikt doch nicht folgenlos. Paulus wurde festgenommen und inhaftiert. Unklar ist, wie lange er im Gefängnis saß. Ein Näherungswert ergibt sich aus dem in Phil 2,25–30 vorausgesetzten regen Verkehr zwischen Paulus und der philippischen Gemeinde. Er macht einen relativ kurzen Zeitraum eher unwahrscheinlich. Auch musste die prekäre Lage des Apostels in Kolossae bekannt gewesen sei. Nur so erklärt sich die Anwesenheit von Onesimus, der von dort aus Paulus im Gefängnis aufsuchte mit der Bitte, sich für ihn bei seinem Patron Philemon zu verwenden (Phlm 8–21). Onesimus war dann kein servus fugitivus, sondern hatte das Haus seines Herrn nach einem für beide gravierenden Konflikt verlassen und den ihm bekannten Paulus als Vermittler gewählt. Vgl. Lampe, „Sklavenflucht“, 135–137; Theobald, Vorgeschichte, 43 f. 33 Vgl.  U.  Müller, Ephesus, 155–171; Omerzu, Spurensuche, 295–326. Für Rom als Abfassungsort beider Briefe votiert u. a. Schnelle, Paul’s Literary Activity, 433–451, bezogen auf den Philemonbrief jetzt auch Ebner, Philemon, 20–23. Allerdings wird nicht explizit gesagt, auch der Philipperbrief sei dort entstanden. 34  Vgl. Meiser, Galaterbrief, 109–124. Er datiert mit aller Vorsicht den Galaterbrief zwischen 1. Korinther‑ und 2. Korintherbrief, lässt jedoch das Zirkularschreiben etwa zeitgleich mit dem Philipperbrief verfasst sein. Anders z. B. Söding, Chronologie, 3–30, der den „Kampfesbrief “ Phil 3,2–4,5; 4,8 f. und die beiden Korintherbriefe dem Galaterbrief chronologisch vorordnet (28 f.). 35 Thrall, The Second Epistle to the Corinthians, 74–76. 36 Die angeschriebenen Gemeinden sind sehr wahrscheinlich im Süden der römischen Provincia Galatia, nicht in der im zentralanatolischen Hochland gelegenen Landschaft Galatien zu lokalisieren. Zu den Argumenten Pro und Contra vgl. meine Studie: Adresse des Galaterbriefs, 229–274, und mit umfassender Begründung John, Galaterbrief. 37   Wie z. B. Hyldahl, Gerechtigkeit, 441 f., datiert Theiẞen, Entstehung, 122–124, den Galaterbrief vor den 1. Korintherbrief, u. a. mit der Begründung, dort argumentiere Paulus wie ein Enthusiast, hier aber müsse „er den Enthusiasmus korrigieren“. Hätte er „seine Auseinandersetzung mit den Enthusiasten in Korinth schon hinter sich, so könnte er nicht im Gal dem

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nate später während des letzten Korinthbesuchs (Apg 20,2fin, vgl. Röm 16,1 f.23) seinem Amanuensis Tertius (Röm 16,22) in den calamus.38 Trifft die skizzierte Abfolge im Wesentlichen zu und bleibt es bei den eingangs genannten chronologischen Rahmendaten, erstreckt sich die uns vorliegende paulinische Korrespondenz über einen Zeitraum von sechs bis sieben Jahren. In dieser Phase seines Lebens ist die Israelthematik ausweislich der Briefe ein ständiger Begleiter des Apostels. Sie ist in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen präsent, sei es explizit oder implizit. Außerhalb des Römerbriefs ist speziell von Israel zwar nur an relativ wenigen Stellen die Rede (1 Kor  10,18; 2 Kor 3,7.13; Gal 6,16; Phil 3,5).39 Im Einzelfall lässt sich darüber streiten, worauf sich der Ausdruck bezieht. Doch selbst dort, wo es um die Klärung eines gemeindeinternen und zudem spezifisch völkerchristlichen Problems geht, die Frage nämlich, wann das Essen von Götzenopferfleisch erlaubt und wann ein Verzicht angeraten, gar zwingend geboten ist (1 Kor 8,1–11,1), greift Paulus auf Enthusiasmus des Geistes so vorbehaltlos das Wort reden“ (124). Einwand: Das Pneuma ist im Galaterbrief kein eigenständiges Themas. Strittig ist lediglich seine Herkunft, nicht Wirkfunktion. Das im Glauben sich erschließende Rechtfertigungshandeln Gottes im Gekreuzigten (3,1.13 f., vgl. 2,16–21; 4,13 f.; 5,11; 6,14) wird in der ἀκοὴ πίστεως verkündigt und manifestiert sich in den δυνάμεις der Gemeinden (3,2.5). Diese Geisterfahrungen sind aber Zeichen und „Angeld“ (2 Kor 1,22; 5,5) der in ihnen schon Gestalt annehmenden künftigen ζωή. Sie bilden das sinnenfällig wahrnehmbare Substrat des allein dem Christusglauben sich verdankenden Pneumas (vgl. 2 Kor 13,3 f.). Verweist demnach die konnektive Struktur von πνεῦμα und δυνάμεις auf deren eschatologischen Horizont, sind die unter den Galatern wirkmächtigen δυνάμεις auch von ihm her theologisch – und d. h. im Kontext des Galaterbriefs rechtfertigungstheologisch – zu qualifizieren. Als in die individuelle und ekklesiologische Wirklichkeit überführte Konsequenz des Glaubens an das Christusevangeliums (1,7) werden sie so zum Indikator für den Anteil der ἔθνη an der Segensverheißung (3,14a, vgl.  3,22) und am Erbe Abrahams (vgl. 3,9.29; 4,7.21–31). Man kann deshalb nicht sagen, Paulus rede „im Gal dem Enthusiasmus des Geistes […] vorbehaltlos das Wort“. Vielmehr geht es ihm allein darum, den galatischen Christen das Woher ihrer Geistbegabung abermals in Erinnerung zu rufen: Sie haben das Pneuma ἐξ ἀκοῆς πίστεως und nicht ἐξ ἔργων νόμου empfangen (3,2.5). 38  Für die zeitliche Nähe des Galaterbriefs zum Römerbriefs sprechen die dort wiederkehrenden Themen, theologischen Leitgedanken und zentralen Begriffe. Vgl. die Zusammenstellung bei Wolter, Römer (Bd. 1), 47. So auch Klaiber, Galaterbrief, 11, und Eckstein, Christus, 6. Der Formulierung in Gal 1,2 „und alle Brüder, die mit mir sind“ entnimmt Pilhofer, Das Neue Testament und seine Welt, 280 f. (vgl. 9–14), Paulus habe den Galaterbrief nach dem Römerbrief geschrieben, da sich „alle Brüder“ auf jene Männer beziehe, die ihn auf dem Weg von Cäsarea nach Rom begleiteten. Eine solche Annahme erscheint gekünstelt und legt sich durch nichts nahe, zumal P. Pilhofer gezwungen ist, sie durch eine weitere zu stützen: Im lykischen Myra sei der Bewachungstrupp mitsamt den übrigen Personen in ein anderes Schiff umgestiegen (Apg 27,5 f.), und bei dieser Gelegenheit habe der Apostel den auf der Fahrt oder während des Landaufenthalts „zu Papier gebracht[en]“ (14) Brief abgesandt (281). Paulus nutzte also seine „letzte Chance, auf die Entwicklung der Gemeinden in Galatien einzuwirken“ (ebd.). Kann man hier ernsthaft noch von einer historischen „Rekonstruktion“ (281) sprechen? 39  Mit den υἱοὶ Ἰσραήλ in 2 Kor 3,7.13 ist jeweils die Sinaigeneration gemeint. In 1 Kor 10,18 bezieht sich das Syntagma Ἰσραὴλ κατὰ σάρκα auf das empirisch wahrnehmbare Israel. Mit ἐκ γένους Ἰσραήλ (Phil  3,5) erinnert Paulus an seine jüdische Herkunft und Traditionsverwurzelung. Zum Verständnis des Ausdrucks Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ s. u. 482 mit Anm. 88.

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die Geschichte Israels zurück. Das Schicksal der Wüstengeneration dient ihm als Exemplum, um vor den Gefahren einer falschen securitas zu warnen (10,1–14). Da die Behandlung weiterer hier zu diskutierender Referenztexte, neben 1 Kor 10,1–14 und 2 Kor 3 wäre noch an 2 Kor 11,22 f. und Phil 3,2–11 zu denken, aus Raumgründen nicht möglich ist, konzentriere ich mich auf den 1. Thessalonicher-, Galater‑ und Römerbrief. Die an sie gerichtete Frage lautet: Lassen sich bei einer synoptischen Lektüre „substantielle Wandlungen“40 im Blick auf das in ihnen zur Sprache gebrachte Israelverständnis feststellen? Oder sind Linien zu erkennen, die sich trotz deutlicher Situations‑ und Problemverschiebungen durchhalten? Wie immer man auch urteilt, in jedem Fall müssen die entsprechenden Texte als ein Integral der paulinischen Perspektive auf Israel begriffen werden.

III. Die Israelperspektive im 1. Thessalonicherbrief Ich gehe davon aus, dass der Abschnitt 1 Thess 2,(13)14–16 keine nachpaulinische Interpolation ist, sondern ein originärer Bestandteil des gedanklich und rhetorisch sorgfältig disponierten Schreibens.41 Die drei Verse – A. Meyer bezeichnet sie als „Initiationstext des [christlichen] Antijudaismus“42 – haben eine aus dem Brief selbst und der Apostelgeschichte zu erhebende Vorgeschichte. Während ihres Gründungsaufenthalts, der entgegen dem Eindruck, den Apg 17,2 erweckt, mehr als nur drei Wochen dauerte (vgl. 1 Thess 1,5–9; 2,9; Phil 4,16), mussten Paulus und Silas/Silvanus sowie ihr hier nicht eigens genannter, aber als anwesend gedachter (17,14fin) Missionskollege Timotheus Thessaloniki überstürzt verlassen (17,10a). Der Weg führte sie zunächst in das südwestlich gelegene, etwa 75 km entfernte Beröa (17,10aβ, vgl. 20,4; Röm 16,21). Dort wähnten sie sich vor dem Zugriff der Politarchen (17,6–9), deren Befugnisse an den Grenzen des städtischen Territoriums endeten, sicher.43 Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Trotz der zunächst positiven Resonanz, auf die ihre missionarische Verkündigung in der Synagoge stieß (17,10b–12), kam es bald erneut zu Unruhen (17,13). Sie zwangen Paulus, auch diese Stadt zu verlassen (17,14) – sofern man annehmen kann, dass die entsprechende Notiz wie auch die lukanische Darstellung in  So Schnelle, Wandlungen, 88. Vgl. Ders., Paulus (2014), 21 f.645 f. Pro und Contra-Diskussion ist umfassend aufgearbeitet bei Schlueter, Polemical Hyperbole, 13–53. Vgl.  Still, Conflict at Thessalonica, 24–45; Hoppe, 1.  Thessalonikerbrief, 55–60. 42 Meyer, Der zensierte Jesus, 248. 43  Zur Wahl gerade dieser Reiseroute und zur Rechtskompetenz der Politarchen vgl. vom Brocke, Thessaloniki, 200–206.259–267. Nach der von Suhl, Paulus und seine Briefe, 92–96, vor allem unter Berufung auf Röm 15,19.23 rekonstruierten Reiseroute ist Paulus nie in Beröa gewesen. Ähnlich Busse, Paulus in Beröa, 116 Anm. 2 („Die Perikope stammt m. E. aus der Feder des Evangelisten“). 40

41 Die

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17,5–9 auf historischer Erinnerung beruhen und keine literarischen Konstrukte des auctor ad Theophilum sind.44 Silas/Silvanus und Timotheus blieben zurück (17,14), während Paulus von Beröa aus vermutlich auf dem Seeweg (vgl. V. 14a: εὐθέως […] τὸν Παῦλον ἐξαπέστειλαν οἱ ἀδελφοὶ πορεύεσθαι ἕως ἐπὶ τὴν θάλασσαν) nach Athen (17,15–34) gelangte und von dort weiter nach Korinth reiste, wo er sich inzwischen befindet. Entgegen seiner ursprünglichen Absicht war er aus Gründen, über die er keine näheren Angaben macht (1 Thess 2,17 f.), daran gehindert, möglichst bald wieder in die Provinzhauptstadt Makedoniens zurückzukehren. Deshalb sandte er noch von Athen aus Timotheus nach Thessaloniki (3,1 f.), um zu erfahren, wie es nach seinem vorzeitigen Weggang um die dortige (Haus‑)Gemeinde (vgl. 5,27; Apg 17,5) bestellt war. Apg 17,5–9 verbindet ihn mit einer gegen Paulus und Silas/Silvanus gerichtete Initiative der ortsansässigen Judenschaft.45 1 Thess 2,16 könnte darauf anspielen (vgl. 2,2).46 Als eigentliche Widersacher der thessalonichen Christen werden aber ihre nichtjüdischen Mitbürger (οἱ ἴδιοι συμφυλέται) genannt (V. 14).47 Der Aorist ἐπάθετε signalisiert, 44  Der geschichtliche Wert von 17,1–9.13 f. wird häufig in Zweifel gezogen, vgl.  nur Lüdemann, Das frühe Christentum, 192–196. Zuversichtlicher gerade auch im Blick auf den historischen Referenzstatus von V. 13 urteilen u. a. Holtz, Gericht, 314, und Still, Conflict at Thessalonica, 134 Anm. 34. 45 Kritisch dazu Murphy-O’Connor, Paul (1997), 103 f. Für Schreiber, 1. Thessalonicherbrief, 389, steht die Anklage gegen die Gemeinde im Zentrum der lukanischen Darstellung und er folgert daraus, in ihr spiegelten sich „soziale Anfeindungen nach dem Weggang der Missionare“. Aber die in 17,6 Genannten („Jason und einige Brüder“) dienen nur als Ersatzobjekt, weil die eigentlichen Zielpersonen, Paulus und Silas/Silvanus, nicht greifbar sind. Und die Besorgnis des Apostels um das Ergehen der Gemeinde spricht eher gegen als für eine freiwillige Abreise „in der Absicht, an einem anderen Ort zu verkündigen“ (ebd.). Zweifel an den von Lukas genannten Beweggründen, die Paulus zum Verlassen der Stadt nötigten, äußern auch vom Brocke, Thessaloniki, 214–231, und Hoppe, Verkündiger, 27 f. Während R. Hoppe seine Skepsis u. a. auf das fehlende Widerlager der lukanischen Angaben im 1. Thessalonicherbrief stützt, hält Ch. vom Brocke den Einfluss der synagogalen Gemeinde für zu gering, als dass sie derart massiv gegen Paulus hätte vorgehen können. Doch auch wenn Lukas zur Schematisierung neigt, indem er Paulus regelmäßig in die Synagoge gehen lässt (Apg 13,5.14; 14,1; 15,21; 16,13; 17,1 f.10; 18,4.19; 19,8) und als Urheber der an seiner Verkündigung sich entzündenden Konflikte die örtliche Judenschaft verantwortlich macht (13,44–51; 17,5–9.13 f., vgl. 18,12–18), besagt das noch nicht, 17,1–9 sei in toto fiktiv, vgl.  Malherbe, Thessalonians, 175; Still, Conflict at Thessalonica, 61–82; Alvarez Cineira, Religionspolitik, 260–271; Schnelle, 100 Jahre, 197. Den gegen die thessalonichen Christen erhobenen Vorwurf, sie verstießen gegen die „Anordnungen“ (δόγματα) des Kaisers (17,7b), bezieht D. Alvarez Cineira auf das Claudius-Edikt (268). Die auf das Fehlen eindeutiger archäologischer Indizien gegründete These, in Thessaloniki habe es überhaupt keine Juden gegeben, als Paulus in die Stadt kam, so Vos, Church, 144–147, lässt außer Acht, dass die vorhandenen epigraphischen Zeugnisse (2.–4. Jh.) den relativ breit gestreuten literarischen Befund stützen, Tellbe, Paul between Synagogue and State, 86–89. 46 Gal 4,29 setzt ebenso wie 5,11 und 6,12 f. Feindschaftserfahrungen von Christen voraus. Auch hier sind Juden als Urheber gedacht. Anders Matera, Galatians, 178: Paulus identifiziere die „Kinder der Sklavin“ (4,31) mit den galatischen Fremdmissionaren und interpretiere deren Beschneidungskampagne als „Verfolgung“. 47 Hingegen meint Alvarez Cineira, Religionspolitik, 280, das paulinische Hapaxlegomenen συμφυλέται schließe auch Juden ein, da es sich auf „die Mitglieder des sozialen Lebens-

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dass die von ihnen verursachten Leiden, an die auch 1,6 erinnert (θλῖψις πολλή, vgl. 3,3–4,7), in der Briefsituation überstanden sind (vgl. 3,6).48 Warum hebt Paulus dann aber das Verhalten der Juden gegen ihn und seine missionarische Tätigkeit so betont hervor? Präziser noch: Warum setzt er gerade das jüdische Nein in eine Beziehung zu seiner primär an Nichtjuden sich richtenden Christusverkündigung (V. 16a)? Aus dem breiten Spektrum der Antworten seien nur zwei genannt. K. Haacker denkt an die Negativerfahrungen in Korinth, von denen Apg 18,12–17 berichtet, als auslösendes Moment.49 Doch ist ungewiss, ob der Vorstoß der dortigen Judenschaft, Paulus vor dem Prokonsul L. Iunius Gallio Annaeanus zu verklagen, zur Abfassungszeit des Briefs schon der Vergangenheit angehörte. Die Aoristform ἐκδιωξάντων – das Kompositum ist am ehesten mit ‚hinauswerfen, wegjagen, vertreiben‘ zu übersetzen – spricht nicht unbedingt dafür.50 Genauso gut kann an die erst kürzlich erfolgte Vertreibung aus Thessaloniki oder die abermals erzwungene Abreise aus Beröa gedacht sein.51 Die zeitlich unmittelbar voraufgehenden Ereignisse in Philippi (vgl. Phil 1,30 mit Apg 16,22–24 und 2 Kor 11,25) scheiden natürlich aus, weil dort keine Juden in den Konflikt involviert sind. Jedenfalls kann Paulus sich noch nicht allzu lange in Korinth aufgehalten haben, als er den 1. Thessalonicherbrief schrieb. Mit ihm reagiert er auf die gute Nachricht, die Timotheus aus Makedonien mitgebracht hatte (3,6 f.). Für G. Theißen steckt hinter 1 Thess 2,14–16 psychologisches Kalkül. Der Apostel „beschwör[e] einen gemeinsamen Gegner, damit er und die Gemeinde zusammenrücken können“.52 Diese Auskunft kann sich zwar auf das in Korrespondenz zu dem „ihr“ (ὑμεῖς) in V. 14 stehende „wir“ (ἡμεῖς) in V. 15 berufen. Aber als Erklärung reicht sie m. E. nicht aus. Flankierend dazu bringt G. Theißen unbewusst verlaufende Aggressionsverschiebungen in Anschlag. Der pauschale Vorwurf gegen „die Juden“ (V. 14fin) deute auf eine traumatische Vergangenheitsbewältigung des ehemaligen Christenverfolgers bereichs, dem die Thessalonicher zugehören“, beziehe. Aus diesem Grund habe Paulus „die Situation der Kirche in Thessalonich“ mit der in Judäa analog setzen können (281). Wie für Schnelle, 100 Jahre, 197 f., legt es sich für Roose, Thessalonicherbrief, aufgrund der Darstellung in Apg 17,5–9 ebenfalls „nahe, unter den Landsleuten in 1 Thess 2,14 auch (überwiegend?) Juden zu vermuten“ (39). D. Alvarez Cineira sieht außerdem einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Maßnahmen gegen die thessalonichen Christen und dem Claudius-Edikt. Nach der Ankunft einiger jüdischer Vertriebener aus Rom hätten die in Thessaloniki ansässigen Juden „als Racheakt die Christen durch Provokation des Pöbels bei den städtischen Behörden“ (285) angeklagt. Das ist vorstellbar, bleibt aber ungewiss und hängt von der vermuteten Referenz der δόγματα (Apg 17,7b) ab. 48 Vgl. Malherbe, Paul and the Thessalonians, 46 f. Ausführlich hierzu Still, Conflict at Thessalonica, 208–227.228–267. Für Barclay, Conflict, 512–530, indiziert jedoch das ταύταις in 3,3 (vgl. 2 Kor 8,1 f.), dass die Verfolgungen („persecutions“) zur Abfassungszeit des Briefs noch anhalten (514 Anm. 5). 49 Haacker, Elemente, 159 f. 50  Vgl. Still, Conflict at Thessalonica, 133–135. 51  S. oben Anm. 43. 52  Theiẞen, Das Neue Testament, 41.

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hin. Paulus projiziere seinen früheren Hass gegen die Christen auf die seine Verkündigung behindernden Juden.53 Beachtet man die parallele Struktur der beiden Reihen in V. 15.16a, liegt eine andere Antwort näher. Jede Reihe enthält drei konkrete Vorwürfe. Zunächst ist davon die Rede, „die Juden“54 hätten den Herrn Jesus und die Propheten getötet und uns verfolgt (τῶν καὶ τὸν κύριον ἀποκτεινάντων Ἰησοῦν καὶ τοὺς προφήτας καὶ ἡμᾶς ἐκδιωξάντων, V. 15a).55 Anschließend heißt es, sie gefielen Gott nicht und seien allen Menschen feind, indem sie uns daran hindern,56 den Völkern (das Evangelium) zu verkündigen (καὶ θεῷ μὴ ἀρεσκόντων καὶ πᾶσιν ἀνθρώποις ἐναντίων, κωλυόντων ἡμᾶς τοῖς ἔθνεσιν λαλῆσαι, V. 15b.16a).57 Beide Reihen weisen ein klimaktisches Gefälle auf. Das jeweils letzte Glied in der Aufzählung thematisiert ein und denselben Sachverhalt: die Behinderung der missionarischen Verkündigung durch Juden. In V. 15 f. greift Paulus auf das deuteronomistische Interpretationsmuster vom Widerstand Israels gegen die Propheten zurück.58 Von einem geprägten Überlieferungsstück zu sprechen, das Paulus reproduziert, geht vielleicht zu weit. Eher ist anzunehmen, dass er auf einzelne Elemente des aus dem deuteronomistischen Geschichtswerk bekannten Vorstellungskomplexes zurückgreift und sie aktualisiert.59 Dazu gehören der Topos vom gewaltsamen Tod der Propheten und das Motiv des Zornes Gottes. Ob der pauschalisierende Satz, die Juden gefielen Gott nicht, ebenfalls Tradition wiedergibt, lässt sich kaum noch entscheiden und muss offen bleiben.60 Einerseits konvergiert er mit der hellenistischen ἀθεότης-Kritik am jüdischen Monotheismus (vgl.  Apollonius Molon bei Flav.Jos. 53 Theiẞen,

Erleben und Verhalten, 221.  Mit dem Ausdruck eine geographische Referenz zu verbinden und ihn im limitierenden Sinne aufzufassen („die Judäer“), so Weatherly, Authenticity, 84–86, ist wegen 2,15b.16a zu eng gedacht. Vgl. Schreiber, 1. Thessalonicher, 159. 55 Grammatisch möglich, aber weniger wahrscheinlich ist die Lesart: „sie haben auch den Herrn Jesus getötet und die Propheten und uns verfolgt“. Trotz seiner anderslautenden Übersetzung scheint sie Reinmuth, Der erste Brief an die Thessalonicher, 130, zu bevorzugen (vgl. 128). 56  Das Präsenspartizip κωλυόντες ist der vorhergehenden Aussage untergeordnet und hat modalen Sinn. 57  Das Verb λαλεῖν ist hier und in 1 Thess 2,2.4 wie auch sonst oft im Neuen Testament mit ‚predigen, verkündigen‘ wiederzugeben und entspricht damit κηρύσσειν, vgl.  Mk  2,2; 4,33; Joh 15,3; Apg 11,19; Phil 1,14; Hebr 2,3 u. ö. 58  Grundlegend hierzu Steck, Israel. Das in die AscJes eingelagerte MartJes und die VitProph (hier sterben sechs Propheten eines gewaltsamen Todes: Jesaja [1,1], Jeremia [2,1], Ezechiel [3,1 f., vgl.  3,18(R)], Micha [6,1], Amos [7,1], Secharja ben Jojada [23,1, vgl.  2 Chr  24,21; Mt  23,35; Lk  11,51]) illustrieren die Vitalität dieser alttestamentlichen Vorstellung im frühen Judentum. Im Neuen Testament vgl. noch Mk 12,1b–5.7– 9 (jeweils mit par.); Mt 23,32; 23,34/ Lk 11,49; Mt 23,36; 23,37/Lk 13,34; Apg 7,51–53 (mit 7,54–8,1); Röm 11,2 f.; Hebr 11,36–38, ferner IgnMagn 8,2; Just.dial. 16,4; 73,6; 95,2. 59  Scott, Paul’s Use of Deuteronomic Tradition, 651–657; Konradt, Gericht, 80 f.; Hoppe, Topos, 64 f. 60 Vgl. Broer, „ Antisemitismus“, 72 f.; Bell, The Irrevocable Call of God, 60 f.; Hoppe, Topos, 66; Konradt, Gericht, 81 f. 54

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Apion. 2, 148.258), andererseits zeigen Röm 8,8; 1 Kor 7,32; Gal 1,10; 1 Thess 2,4, dass er durchaus als eine paulinische Bildung verstanden werden kann. Der Vorwurf, die Juden seien allen Menschen feindlich gesinnt, ist eine literarisch vielfach belegte Stereotype. Sehr wahrscheinlich stammt sie aus dem Repertoire des paganen Antijudaismus.61 Man muss dann aber wohl zusätzlich annehmen, Paulus und den thessalonichen Christen sei der Misanthropievorwurf bekannt gewesen, was angesichts seiner Verbreitung gut denkbar ist.62 Auffällig ist der Tempuswechsel am Ende von V. 15 (ἐκδιωξάντων […] ἀρεσκόντων). Mit ihm signalisiert Paulus „to move into a generalised mode of accusation“63, obwohl er jeweils eine lokal begrenzte Gruppe von Juden vor Augen hat, wie die Parallelität der präpositionalen Wendungen „von Seiten der eigenen Landsleute“ (ὑπὸ τῶν ἰδίων συμφυλετῶν) – „von Seiten der Juden“ (ὑπὸ τῶν Ἰουδαίων) in V. 14 und der die Wendung πᾶσιν ἀνθρώποις ἐναντίων (V. 15fin) begründende V. 16 zeigen. De facto beziehen sich aber die Vorwürfe trotz des limitierenden Vorbehalts auf die Juden als Entität.64 Den Finalsatz „damit sie gerettet werden“ (ἵνα σωθῶσιν [V. 16aβ]) hat Paulus selbst formuliert (vgl. 1 Kor 10,33). Mit ihm erweitert er den Gegenwartsbezug der Anklage „sie hindern uns daran, den Völkern zu predigen“ und lädt sie eschatologisch auf. Zwischen dem Verhalten der Juden, die „unsere“ Missionsverkündigung behindern, und dem soteriologischen Geschick der ἔθνη besteht für Paulus ein Interdependenzverhältnis. Dass er hier typisiert und ganz allgemein von den „Völkern“ spricht, also gar nicht speziell auf die Briefadressaten abhebt,65 ist ebenfalls zu beachten. Darüber hinaus lässt der Text nirgends erkennen, der Apostel unterstelle „den Juden“ die bewusste Absicht, durch ihr κωλύειν die Völker im Unheil zu belassen, wie M. Konradt meint.66 Über eventuelle Beweggründe äußert sich Paulus nicht. Festgestellt werden lediglich das Faktum und die aus ihm sich ergebenden Konsequenzen. Der in V. 16ab eröffneten eschatologischen Perspektive fügt sich die abschließende Bemerkung ein: „Es ist aber das Zorngericht (Gottes) endgültig über sie hereingebrochen“ (V. 16c). Wie immer man den Aorist ἔφθασεν bestimmt – als einen ingressiven, effektiven, komplexiven oder als einen auf dem Hintergrund 61   Tac.Hist.  5,  5,1 f.: adversus omnes alios hostile odium; Philostratos,  Vit.  Apoll.  5,33, vgl. Quint.Inst. 3, 7,21; Est 3,13eLXX ; Flav.Jos.Ant. 11, 212 (Rede des Haman an König Kyros/Artaxerxes); Apion. 1, 309; 2, 121.125.148.258; Tac.Hist. 5, 3,1; Juv.Sat. 14, 100–104; Diod.Sic. 30, 1,1; 40, 3,4 (= FGrHist 264 F 6,4 [Hekataios v. Abdera]) und dazu Dautzenberg, Mt 5,43, 156–187, bes. 166–186; Barclay, Hostility to Jews, 167–170. 62  Skeptisch ist in dieser Hinsicht Kampling, Skizze, 186 f. Zur Begründung führt er an, dass diese Stelle in der altkirchlichen Judenpolemik kaum nachwirkte, dort jedenfalls nur eine untergeordnete Rolle spielte (191–211). 63  Barclay, Hostility to Jews, 174. 64 Vgl. auch Bell, The Irrevocable Call of God, 65 f. 65  Dann wäre eine Formulierung zu erwarten wie „die uns gehindert haben, euch (das Evangelium) zu verkündigen, damit ihr gerettet werdet“, vgl. Steck, Israel, 275. Er nimmt aber an, auch das ἵνα σωθῶσιν sei traditionell. 66  Konradt, Gericht, 82 Anm. 349.

Paulus und sein Blick auf Israel

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der prophetischen Weherufe zu verstehenden proleptischen Aorist,67 bezieht sich die ὀργή auf kein innergeschichtliches Ereignis, dessen Funktion darin besteht, „vor dem Vernichtungsgericht am Ende zu bewahren“68, sondern mit ihr ist an das endzeitliche Gericht gedacht (vgl. 1,10; 5,9).69 Während das den Glauben wirkende λαλεῖν zur Rettung im kommenden Gericht führt (1,10c70), verfallen diejenigen, die es behindern, dem göttlichen Strafgericht εἰς τέλος. Das gilt natürlich auch für die in 1,9 als Götzendiener Bezeichneten und die in 2,14b genannten Mitbürger, unter denen die thessaloniche Gemeinde zu leiden hatte. Ihnen droht ebenfalls die ὀργὴ ἡ ἐρχομένη, sofern sie nicht zu dem „lebendigen und wahren Gott“ (1,9fin)71 umkehren. Aber sie werden jetzt nicht mehr eigens erwähnt. Der Akzent ruht auf dem künftigen Geschick von Heiden und Juden, das Paulus in Form einer negativen Entsprechung miteinander verknüpft. Der Einwand, 2,14–16 bleibe „weit unterhalb der Ebene der theologischen Reflexion“ und thematisiere „auch nicht die Zurückweisung des Christus-Evangeliums durch die weitaus überwiegende Mehrheit der Juden“72, sticht nicht. Er schüttet das Kind mit dem Bade aus. Richtig ist: Die Israelfrage als solche ist weder in diesem Abschnitt noch überhaupt im Brief ein eigenständiges Thema. Es darf aber nicht übersehen werden, dass sie im Text sehr wohl präsent ist. Zum einen ist in V. 14fin ausdrücklich von den Juden die Rede. Ihnen attestiert Paulus 67  So Johnson, 1 Thessalonians 2:15–16, 523–531. Einem ingressiven Verständnis stehen m. E. die wenigsten Bedenken entgegen, vgl. Okeke, I Thessalonians 2.13–16, 130; Kraus, Das Volk Gottes, 152 (er verbindet es aber mit einer zeitgeschichtlichen Deutung der ὀργή: den „Einschränkungen jüdischen Lebens in Rom unter Claudius“); Haufe, Thessalonicher, 48. Im Sinne eines Perfectum propheticum interpretieren u. a. von Dobschütz, Thessalonicher-Briefe, 116; Oepke, Thessalonicher, 165; Hofius, Das Evangelium und Israel, 189 Anm. 53. 68  Stegemann, Zur antijüdischen Polemik, 58, vgl. 57–60. Ihm folgen z. B. Wick, I Thess 2,13– 16, 9 f.14.20, und Schreiber, Der erste Brief an die Thessalonicher, 163–165. Kritisch dazu Broer, Juden, 2–33, bes. 9–12; Konradt, Gericht, 84–88. 69  Wenngleich die in 2,16b: εἰς τὸ ἀναπληρῶσαι αὐτῶν τὰς ἁμαρτίας πάντοτε aktivierte Vorstellung vom eschatologischen Sündenmaß (vgl. Dan 8,23; 9,24; Jub 14,16; 2 Makk 6,14; Bar 4,25 [in Verbindung mit 4,28]; LibAnt 26,13; 36,1; 41,1; 4 Esr 15,6; Mt 23,23; Barn 5,11 u. ö.) den Gedanken an ein Züchtigungsgericht nahelegen könnte – dass Paulus ihn kennt, belegen 1 Kor 5,1– 13 und 11,27–34  –, ist doch an das eschatologische Strafgericht gedacht, von Dobschütz, Thessalonicher-Briefe, 15 f.; Synofzik, Gerichts‑ und Vergeltungsaussagen, 35 f.119; Konradt, Gericht, 83–88; Roose, Thessalonicherbrief, 38. Deshalb erweist sich die von F. C. Baur initiierte und in jüngerer Zeit wieder aufgenommene Suche nach zeitgeschichtlichen Bezügen (vgl. nur Bammel, Judenverfolgung und Naherwartung, 238–244; Pearson, 1 Thessalonians 2:13–16, 62–64; Riesner, Frühzeit, 313; Alvarez Cineira, Religionspolitik, 281–286; Schreiber, Der erste Brief an die Thessalonicher, 165) von vornherein als vergeblich. 70 Freilich impliziert das ἡμεῖς, in das Paulus sich einschließt, dass das Strafgericht auch Juden treffen wird. 71 Aus der Fülle der alttestamentlichen, frühjüdischen und ‑christlichen Belege, die zum Vergleich immer wieder herangezogen werden, bietet nur die doppelte Gottesprädikation in JosAs 11,10 (ed. Burchard) eine wirkliche Parallele: θεὸς ἀληθινὸς […] θεὸς ζῶν (vgl. 8,9: κύριε ὁ θεὸς [ὁ] […] καλήσας […] ἀπὸ τῆς πλάνης εἰς τὴν ἀλήθειαν καὶ ἀπὸ τοῦ θανάτου εἰς τὴν ζωήν). Wie in 1 Thess 1,9 steht sie in Verbindung mit ἐπιστέφειν c. praep. πρός (11,11). 72  Wolter, Paulus (2015), 412.

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(V. 15 f.), durch ihr schuldhaftes Verhalten über die Zeiten hinweg (πάντοτε [V. 16b]) das Maß ihrer Sünden vollgemacht zu haben.73 Zum anderen werden die Bedrängnisse der judäischen Gemeinden ὑπὸ τῶν Ἰουδαίων mit denen der Christen Thessalonikis analog gesetzt: „…, denn ihr erlittet das Gleiche“ (ὅτι τὰ αὐτὰ ἐπάθετε [V. 14c]). Indem Paulus die Leidenserfahrungen der Gemeinden an den christologisch konturierten Mimesisgedanken in 1,6a zurückkopppelt: „Ihr seid unsere Nachahmer geworden und des Herrn“, stellt er ihre „ökumenische Verbundenheit im Leiden“74 als „allgemeine Signatur christlicher Existenz“75 dar. Auf der Ausdrucksebene des Textes firmieren die Juden als ein Kollektiv, das zum eigenen Schaden (ἔφθασεν δὲ ἐπ᾽ αὐτοὺς ἡ ὀργὴ εἰς τέλος, V. 16c) auch jetzt die Botschaft der Gesandten Gottes ablehnt und damit den Lauf des Evangeliums torpediert. Ihm gegenüber steht ein anderes Kollektiv: das der christusgläubigen ἔθνη und der „wir“ unter Einschluss von Paulus, Silas/Silvanus und Timotheus (1,1)  – alle drei Judenchristen.76 Zwischen „ablehnen“ und „behindern“ trennscharf unterscheiden zu wollen, ist zu fein gesponnen. Das Zweite folgt aus dem Ersten im Sinne von Ursache und Wirkung. Darum liegt die Auskunft, in 2,14–16 spiele „[d]ie Ablehnung der christlichen Verkündigung durch die meisten Juden […] keine Rolle“77, quer zur Sinnlinie des Textes. Für Paulus ist der Widerstand gegen „unsere“ Verkündung, den er einreiht in die Kontinuität über Generationen sich erstreckender jüdischer Verfehlungen, Implikat der Israelthematik – besser noch: Israel-Völker-Thematik. Sie wird von ihm, freilich unter dem Vorzeichen des Gerichts, in einen eschatologischen Horizont gerückt. Genau darauf kommt es Paulus offenbar an.

IV. Israel und die Völker im Galaterbrief Mit dem Galaterbrief reagiert der Apostel auf eine ihm zur Kenntnis gebrachte bedrohliche Entwicklung in den galatischen Gemeinden. Sie begründet für ihn den Ernst‑ und Konfliktfall. Die diagnostizierte Krisensymptomatik spiegelt sich im Stil und Ton des Schreibens wider  – sachbezogene Argumentation, leidenschaftliche Appelle und emotionale Betroffenheit hier, massive Vorwürfe, 73  Dahinter steht die in der antik-jüdischen und frühchristlichen Eschatologie begegnende Vorstellung, Gott habe vorab der Zeit ein bestimmtes Maß gesetzt (mensura temporum), das erfüllt sein muss, bevor das Weltende eintritt. Siehe dazu die Arbeit von Stuhlmann, Das eschatologische Maß. 74  Konradt, Gericht, 28 (mit Anm. 15), vgl. 77. 75  Konradt, Gericht, 77 Anm. 326. 76 Zu Silas/Silvanus vgl. Apg 15,22 (gehörte zur Jerusalemer Gemeinde), 15,32 („Prophet“); 15,40; 16,19.25.29; 17,4; 18,5; 2 Kor 1,19; zu Timotheus, dem wohl engsten Mitarbeiter des Paulus, vgl. nur Apg 16,1 (Sohn einer christusgläubigen jüdischen Mutter). 2 Tim 1,5 will es noch genauer wissen. Er nennt neben dem Namen der Mutter (Eunike) auch den der Großmutter: Loïs. 77  Wolter, Paulus (2015), 416.

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bissige Ironie und schroffe Polemik bis hin zu schneidendem Sarkasmus (5,12) dort. Von außen kommende judenchristliche (nicht jüdische, vgl. 1,6 f.; 3,26–28; 5,1–7; 6,12 f.) Missionare, die gegen Paulus agitieren, indem sie neben seiner apostolischen Legitimität auch die Authentizität seines Evangeliums bestreiten (1,10–12) und ihm Heilseffizienz absprechen, haben erfolgreich Überzeugungsarbeit geleistet und die völkerchristlichen Galater für sich gewonnen (1,6; 3,1.3 f.; 4,9–11.17.21; 5,1.4.7). In der Briefsituation stehen diese im Begriff, sich auf die an sie herangetragenen Forderungen einzulassen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie auf der gleichen Ebene angesiedelt sind und in ein und dieselbe Richtung zielen. Wie aus 4,10 (Bezugstext ist Gen 1,14LXX ) hervorgeht, sollen die Galater den jüdischen Festkalender beachten (vgl. nur Jub  1,14; 1 Hen 82,7.9 f.; 1QM  X,15 f.), ferner die Speise‑ und Reinheitsvorschriften einhalten, worauf der Rückblick auf den antiochenischen Zwischenfall in 2,11–14 hinweist,78 und sich vor allem – entsprechend der Weisung in Gen 17,9–14 – der Beschneidung unterziehen (5,2 f.6; 6,12 f.15, vgl. 2,3.7). Erst wenn sie die rituellen Identitätsmerkmale des Judentums übernehmen, so wurde ihnen bedeutet, seien sie Abrahams Nachkommen und seine Verheißungserben.79 Die ungenannt bleibenden Fremdmissionare, deren Anonymität durch die in den Brief eingeschriebenen Inhalte ihrer Verkündigung partiell aufgehoben wird (3,2–5; 4,9 f.21; 6,12 f.), stimmten zwar grundsätzlich mit Paulus überein, „that Gentiles could be included in Abraham’s family“80 (vgl Jes 2,1–4; 56,6 f.). Beschneidung und prinzipiell auch Toraobservanz (vgl. 4,1; 5,4) galten ihnen aber als unabdingbare Voraussetzungen. Ganz offensichtlich verstanden sie das von ihnen propagierte „Evangelium“ (1,6fin) als ein notwendiges Korrektiv zum paulinischen Evangelium. Es ließ für sie Entscheidendes vermissen. Ihm fehlte die jüdische Signatur. Deshalb konnten sie sich den 78  Er entzündete sich an der Tischgemeinschaft von Juden‑ und Völkerchristen. Ihn zu thematisieren wirkte nach der in 2,1–10 erfolgten Klärung der Beschneidungsfrage unmotiviert, hätte die Speise‑ und Reinheitsproblematik im aktuellen Konflikt keine Rolle gespielt. 79  Sehr wahrscheinlich ist die im Galaterbrief eine dominierende Rolle spielende AbrahamThematik (3,6–29; 4,21–31) von den Fremdmissionaren eingebracht worden, war sie doch geeignet, ihre Position zu stärken. Um Kinder Abrahams zu sein, müssten die Galater sich wie seine männlichen Nachkommen (Gen  17,9–14) einschließlich Ismael (17,23.25 f.) und Isaak (21,3 f.) der Beschneidung unterziehen. Vgl. Hansen, Abraham, 113.169–173; Longenecker, Galatians, 109 f.199; Konradt, Erwägungen zum galatischen Konflikt, 25.38.44 f.; Wolter, Israelproblem, 3 f. Paulus begegnet diesem Einwand, indem er gleich zu Beginn seiner Argumentation Gen 15,6; 12,3 und 18,18 anführt (3,6–9) und die mit diesen Zitaten eingespielten Leitbegriffe der Abrahamüberlieferung – πίστις/πιστεύειν, εὐλογεῖν – samt den auf ihre Seite gehörenden Lexemen ἐπαγγελία, σπέρμα, κληρονομία/κληρονόμος/κληρονομεῖν, διαθήκη, die bis auf ἐπαγγελία ebenfalls der biblischen Abrahamüberlieferung entnommen sind, zur Basis seiner exegetischen Beweisführung macht. In der für Paulus grundlegenden Schriftstelle Gen 15,6 (zit. in 3,6) fehlt allerdings, was die anschließende Folgerung: „Erkennt also: Die aus Glauben sind, (nur) diese sind Abrahams Kinder“ (3,7) aus ihr herausliest. Von Abrahamskindschaft ist im Vorlagetext nicht die Rede. 80  Moo, Galatians, 192 (Kursivierung im Orig.).

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religiösen Statuswechsel der für sie heidnischen Galater81 nur in Kontinuität zu der mit Abraham beginnenden Erwählungsgeschichte Gottes mit seinem Volk Israel, d. h. innerhalb der halachisch fixierten Grenzen des Judentums, vorstellen. Dass sie bona fide handelten, wird man unterstellen dürfen. Sie meinten wohl, auf der Erstmission aufzubauen und den aus ihrer Sicht defizitären Heilsstand der Galater im Sinne des in der Tora Gebotenen zu „vollenden“ (3,3).82 Einer solchen Heilskonzeption, die den Nomos ausdrücklich inkludiert und damit den exklusiven Charakter der πίστις (Ἰησοῦ) Χριστοῦ verneint, setzt Paulus entgegen: „Nicht wird der Mensch aufgrund von Werken des Gesetzes gerecht gesprochen, sondern (nur) durch den Glauben an Jesus Christus“ (2,16a). Der in Form einer assertorischen Aussage formulierte Satz beantwortet die den Brief durchziehende Frage nach der kriteriologischen Funktion des Christusglaubens im Rechtfertigungsgeschehen, dessen christologisch-soteriologische Pointe die Fremdmissionare synergistisch entschärfen: „Der Mensch wird aufgrund des Glaubens an Jesus Christus gerecht gesprochen und aufgrund von Werken des Gesetzes“. Nach dieser Auffassung hebt der Glaube die heilsgeschichtlich begründete Differenz zwischen Juden und Nichtjuden weder auf noch wird sie durch ihn null und nichtig. Legitimationsinstanz der paulinischen Argumentation sind die Schriften Israels, hier der Pentateuch (außer Numeri) und die Propheten. Das gilt vor allem im Blick auf die antithetisch strukturierten Beweisgänge in 3,6–14.15–18 und die Sara-Hagar-Allegorese in 4,21–31, wo die Schrift personifiziert erscheint: „Sagt mir, die ihr unter dem Gesetz sein wollt, hört ihr das Gesetz (d. h. die Schrift83) nicht?“ (V. 21). Jeweils werden ein und dieselben Gruppen miteinander kontrastiert. Die in 4,31 als „Kinder der Freien“ Bezeichneten sind identisch mit denen, „die aus Glauben (sind)“ (οἱ ἐξ πίστεως [ὄντες]) (3,7, vgl. V. 8 f.), während die in 3,10a als ἐξ ἔργων νόμου (ὄντες) Charakterisierten mit den „Kindern der Magd“ (4,31) gleichgesetzt werden. Für jene gilt, dass ihnen qua πίστις die Abraham-Kindschaft zuteilwird und sie aufgrund ihrer Mutter (Sara), der Freien, 81 Diese Perspektive auf die galatischen Konvertiten nimmt Paulus in 6,15 auf. Der jüdischen Unterscheidung von περιτομή und ἀκροβυστία (vgl. 2,7; 5,6) setzt Paulus entgegen: In Christus sind christusgläubige Nichtjuden und Juden weder „Vorhaut“ noch „Beschneidung“, sondern „neue Schöpfung“. 82  Von einer „Ergänzungsmission“ spricht Alvarez Cineira, Religionspolitik, 309. Vgl. Theissen, Gegenmission, 286 f.; Theobald, Galaterbrief, 356: „Aus ihrer (sc.  der Gegner) Perspektive ging es also nicht um ein Entweder-Oder, sondern um […] eine Nachbesserung der pln Erstmission“. Hingegen versteht de Boer, Galatians, 56 (mit Anm. 81), das ἐπιτελεῖσθε im Sinne von „ending up with“. Auf einem anderen Blatt steht, dass sich die Fremdmissionare wohl mit einem Minimalprogramm begnügt haben und von den Galatern nicht mehr erwarteten als die Übernahme der jüdischen Identitätsmerkmale (vgl. 5,3). Gerade dieses Zugeständnis, das ihre Chance erhöhte, auf positive Resonanz zu stoßen, wird ihnen als Inkonsequenz vorgeworfen (6,13a [auf dem Hintergrund von Dtn 27,26, zit. in Gal 3,10]) und gegen sie verwendet. 83  Vgl. V. 30: ἡ γραφή. Das doppelte νόμος ist hier äquivok gebraucht, vgl. bei Paulus noch Röm 3,19.31; 1 Kor 9,8; 14,21, ferner Joh 10,34; 12,34; 15,25; Ps-Philo, De Jona, 176.

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frei vom Gesetz sind. Und umgekehrt: Die nicht „aus Glauben“ (ἐξ πίστεως), sondern „aus Werken des Gesetzes“ (ἐξ ἔργων νόμου) sind, werden folglich auch nicht „mit dem glaubenden Abraham“ gesegnet werden (3,9). Als Kinder der „zur Knechtschaft gebärenden“ (4,24c) Magd (Hagar) stehen sie unter dem versklavenden Gesetz. Eine genealogisch vermittelte Deszendenzlinie, die Abraham mit den nichtglaubenden Juden kurzschließt, gibt es nicht.84 Im makrotextuellen Gefüge des Briefs ist die in 4,21–31 aufgewiesene „christliche[ ] Sara-Kindschaft als komplementäre Ergänzung zur Konstruktion der christlichen AbrahamKindschaft in 3,6–9 (zu) verstehen“.85 Um seiner selbst willen ist das empirisch vorfindliche Israel, das Ἰσραὴλ κατὰ σάρκα (1 Kor 10,18), kein Gegenstand theologischer Reflexion. Vielmehr ist es wie schon im 1. Thessalonicherbrief die Israel-Völker-Thematik, auf deren Ebene Paulus das in den galatischen Gemeinden virulente Beschneidungsproblem diskutiert. Es markiert den Fundamentaldissens zwischen ihm einerseits, seinen Kontrahenten und den auf ihre Linie eingeschwenkten Galatern andererseits. So gewiss er keinen Zweifel daran lässt, dass die Aufwertung des Nomos zu einer heilsrelevanten Größe den Status der Kindschaft verwirkt, so wenig ist das mit „Aber was sagt die Schrift?“ eingeleitete Zitat in 4,30: „Vertreibe die Magd mit ihrem Sohn“ (vgl.  Gen  21,10LXX ) als ein „Verdammungsurteil“ über die Juden zu deuten.86 Außer Betracht bleiben dabei all jene in 2,15 als φύσει Ἰουδαῖοι Angeredeten, von denen es heißt, sie seien „zum Glauben an Christus Jesus gekommen“ (V. 16c). Zudem liegt das Schwergewicht in 4,30, was die Wiederaufnahme der beiden Stichwörter παιδίσκη und ἐλευθέρα in V. 31 bestätigt, auf dem Begründungssatz: „Denn der Sohn der Magd soll nicht mit dem Sohn der Freien erben“. Im Vorlagetext ist Abraham der Adressat des Imperativs „vertreibe“. Die Abwandlung des Zitats  – Paulus ersetzt „mit meinem Sohn Isaak (μετὰ τοῦ υἱοῦ μου Ισαακ)“ durch „mit dem Sohn der Freien (μετὰ τοῦ υἱοῦ τῆς ἐλευθέρας)“ – erleichtert zwar „die Möglichkeit einer verallgemeinernden Übertragung“.87 Dennoch sollte man der Versuchung widerstehen, einen Bezug zur redenden ‚Schrift‘ herzustellen, so als gebe sie den Auftrag an die Galater. Der veränderte Text bietet dafür keine Handhabe. Er lässt die intendierte Referenz der Aufforderung offen. 84 Zu Recht betont Sellin, Hagar und Sara, 116–137: „Jenseits der sarkischen Abstammung gibt es eine ‚geistliche‘, die prinzipiell außerhalb der Genealogie verläuft“. Zur „Entgenealogisierung der Abrahamskindschaft“ (136 Anm. 70) s. auch Röm 9,6–13, ferner Lk 3,8 („… und redet euch nicht ein: ‚Wir haben Abraham zum Vater‘, denn ich sage euch: Gott vermag dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken“) und Joh 8,12–45, bes. V. 33: „Wir sind Abrahams Nachkommen und waren noch niemals jemandes Knechte (οὐδενὶ δεδουλεύκαμεν πώποτε). Wie kannst du sagen: Ihr werdet frei werden (ἐλεύθεροι γενήσεσθε)?“ im Vergleich mit V. 37–44. 85  Wolter, Israelproblem, 14. 86  So Theiẞen, Bekehrung, 22. Ähnlich Schnelle, Theologie, 341 („Die Juden wurden von Gott verworfen“). Vgl. Ders., Wandlungen, 80. 87  Wolter, Paulus (2015), 423.

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Dass Paulus aus biographischen und theologischen Gründen die Israelfrage als ein Integral der Israel-Völker-Thematik begreift, zeigt auch 6,16: καὶ ὅσοι τῷ κανόνι τούτῳ στοιχήσουσιν, εἰρήνη ἐπ᾽ αὐτοὺς καὶ ἔλεος καὶ ἐπὶ τὸν Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ. Vom Kontext her legt sich ein metaphorisches Verständnis des Ausdrucks Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ nahe.88 Dem argumentativen Gefälle in 3,6–4,31; 6,12–15 und der Pragmatik des Briefs wird es am ehesten gerecht, bezieht man die Nominalverbindung auf die Heilsgemeinde von Juden‑ und Völkerchristen, zumal die Rede von einem Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ wohl die Unterscheidung von einem anderen Israel, dem „Israel nach dem Fleisch“ (1 Kor 10,18), impliziert.89 Adressaten des bedingten Segenswunsches sind zunächst die Galater. Gottes Friede und Erbarmen soll über sie kommen, wenn sie sich an dem Maßstab orientieren, der für alle auf Christus Getaufte (3,27) gilt: dass sie eine neue Schöpfung sind (6,15), in der das Alte vergangen und Neues entstanden ist (2 Kor 5,17). Auf die galatische Situation und ihren Problemhintergrund bezogen folgt daraus: Beschneidung und Unbeschnittenheit (ἀκροβυστία) haben die ihnen jüdischerseits zugeschriebene Bedeutung als existenzbestimmende Faktoren verloren. Sie sind ἐν Χριστῷ überholt und soteriologisch irrelevant. Mit dem dritten καί schließt Paulus das „Israel Gottes“ in den Segen ein, „to expand the reference to those who follow his canon wherever they may be found“.90 Das empirische Israel fällt dadurch aber nicht in ein „theologisches Vakuum“91 oder wird,  Für ein nicht-metaphorisches Verständnis spricht sich jüngst wieder Zimmermann, Gott und seine Söhne, 137, aus. Der Ausdruck habe wie „das Lexem Ἰσραήλ ohne Genetivattribut“ ethnische Bedeutung und bezeichne „das auserwählte Gottesvolk“. Vgl. Dies., Kirche und Israel, 122–139, bes. 131–139. In diesem Sinn z. B. auch Eastman, Israel and the Mercy of God, 367–395, bes.  368.373.385–390; Bachmann, Verus Israel, 79–91; Bemerkungen zur Auslegung zweier Genitivverbindungen, 287–294. Vorsichtig erwogen von Barclay, Paul and the Gift, 420: „If Israel has had a real, if unmarked, presence in the letter, it would be understandable if Paul prays at the end for mercy on a largely unbelieving but still special entity in the purposes of God“. Er räumt aber ein: „In what sense and for what reason Israel’s position might be considered special is not explained in this letter“ (421). Das geschieht erst in Röm 9–11. 89  Vgl. Betz, Galaterbrief, 547 f. (er nimmt an, Paulus habe „diesen Ausdruck von seinen judenchristlichen Gegnern übernommen […], in deren Theologie die Bezeichnung ‚Israel Gottes‘ sie als das wahre Judentum gegenüber dem offiziellen Judentum auswies“ [547]); Theiẞen/ von Gemünden, Römerbrief, 309.311. Wie für Bruce, Galatians, 275, ist für Muẞner, Galaterbrief, 417 (Anm. 61), das Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ „identisch mit dem πᾶς Ἰσραήλ von Röm 11,26“. Zu den syntaktischen Optionen in 6,16 und ihren interpretatorischen Konsequenzen s. de Boer, Galatians, 404–410, und Moo, Galatians, 400–402. 90  Foster, Renaming Abraham’s Children, 61 mit Anm. 49 (62). So auch Moo, Galatians, 403, und Keener, Galatians, 290: „Calling anyone else Israel is not, then, Paul’s usual language. It is, however, a fitting climax in this polemical letter“. Vgl. Theobald, Kirche und Israel, 331. Es spricht nichts dagegen, das dritte καί entsprechend dieser Lesart wie z. B. in Apg 5,21 (ὁ ἀρχιερεὺς καὶ οἱ σὺν αὐτῷ συνεκάλεσαν τὸ συνέδριον καὶ πᾶσαν τὴν γερουσίαν τῶν υἱῶν Ἰσραὴλ …) explikativ zu verstehen, Kraus, Das Volk Gottes, 251 f.; Eckstein, Christus, 171 f. Zu übersetzen wäre also: „Und alle nun, die im Einklang mit diesem Maßstab stehen, Friede und Erbarmen (komme) über sie – das Israel Gottes“. 91  Theobald, Kirche und Israel, 331 f., vgl. 330. 88

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s­ chärfer noch formuliert, vollends „destruiert“.92 Ebenso wenig lässt sich Gal 6,16 für „a substitution model“ in Anspruch nehmen, in dem „the Church of Jews and Gentiles replaces Israel“.93 Gegen eine solche Lesart spricht schon der auf ein gemeinsames Wissen (εἰδότες [δὲ] ὅτι) der jüdischstämmigen „Wir“ (ἡμεῖς φύσει Ἰουδαῖοι [V. 15]) sich berufende rechtfertigungstheologische Grundsatz in 2,16a.94 Dies heißt zugleich: Auch im Galaterbrief liegt das ungläubige Israel nicht „beyond the horizon“.95 Seine gegenwärtige Heilsferne ist für den Apostel weiterhin eine schmerzhafte Wunde (vgl. Röm 9,1–3), da die judenchristlichen πιστεύοντες zum gesegneten Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ gehören.

V. Was ist mit Israel? Die Antwort im Römerbrief Dieser hier vorbereitete und bereits anklingende, aber noch nicht ausgeführte Gedanke wird im Römerbrief erneut aktiviert. In der übergeordneten propositio generalis (1,16 f.) formuliert Paulus nicht nur eine Sachverhaltsaussage, sondern bringt sich auch selbst ins Spiel, indem er das „für jeden, der glaubt“ (παντὶ τῷ πιστεύοντι) mit dem dazu in Spannung stehenden „dem Juden zuerst“ (Ἰουδαίῳ πρῶτον) korreliert. Wie kann er nach den Ausführungen in Kap. 1–8 daran festhalten, „um der Väter willen“ (11,28b, vgl. 9,5; 15,8) seien „Gottes Gnadenzusagen und seine Berufung unwiderruflich“ (11,29, vgl. 11,1 f.; 15,10), während er gleichzeitig konstatieren muss, dass Israel – von wenigen Ausnahmen abgesehen (9,27; 10,16a; 11,5) – noch im Unglauben verharrt und seine Gerechtigkeit nicht dort sucht, wo sie einzig zu finden ist: in Christus (9,30–33)? Verstärkt wird diese kognitive Dissonanz zwischen kollektiv zugesprochener Verheißung und ihrer nur partiellen Realisierung durch den theozentrischen Unterbau der beiden anthropologischen Universalaussagen: Juden und Nichtjuden, also alle Menschen, sind der Sünde verfallen (1,18–3,20.23; 5,12–21; 7,7–25, vgl. Gal 3,22a); jeder wird von Gott gerecht gesprochen aufgrund des Glaubens an Jesus Christus (1,16 f.; 3,21–22.27–30).96 Damit bekräftigt Paulus seine bereits im Galaterbrief vertretene Position. Dies gilt aber noch in anderer Hinsicht, wie der polysem verwendete Begriff ‚Israel‘ zeigt. Er bezieht sich einmal auf die Gesamtheit der leiblichen Nach Klein, Individualgeschichte, 205.  Bell, The Irrevocable Call of God, 179. 94  Eine kausale Interpretation des εἰδότες liegt m. E. am nächsten, vgl. de Boer, Galatians, 143. Im Blick auf das ἐπιστεύσαμεν (2,16c) besagt dies freilich nicht, dass „a utility balance concerning human inability leads to a rational decision to become believer in Christ“. Vor allem deshalb nicht, weil „[t]he foundation of this εἰδότες is not a neutral analysis of common ‚Jewish and/or Christian life‘ […] but a conclusion on the basis of the coming of Jesus Christ“, Meiser, Tora in Galatians, 185. 95  Barclay, Paul and the Gift, 421. 96  Vgl. 10,12 f.; Gal 2,16; 3,13 f.26–28. 92 93

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kommen Abrahams (9,6bα.27a; 11,23.25 f., vgl. 9,4 [Ἰσραηλῖται]; 9,24 [Ἰουδαῖοι]; 11,1 f. [ὁ λαὸς αὐτοῦ]); 9,7a; 11,1 [σπέρμα Ἀβραάμ]; 9,8a [τὰ τέκνα τῆς σαρκός]), sodann im eingeschränkten Sinn auf die Heilsgemeinde Israel (9,6bβ)97 und schließlich auf die „Übrigen“ (λοιποί, 11,7b), d. h. die nicht an Christus glaubenden Juden (9,31; 10,19.21).98 Analog zum Ausdruck Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ (Gal  6,16) verweist das dissoziierende „nicht alle aus Israel sind auch Israel“ auf eine innerhalb der korporativen Größe ‚Israel‘ durch das Verheißungswort Gottes (9,6a: ὁ λόγος τοῦ θεοῦ) geschaffene Wirklichkeit. Repräsentiert wird sie durch den „Rest gemäß der Gnadenwahl“ (11,5, vgl. 11,3). Er umfasst jene Judenchristen, die zusammen mit den glaubenden ἔθνη das „Israel Gottes“ konstituieren. Paulus knüpft hier an das in 9,27 eingespielte Jesaja-Wort an: „Wenn die Zahl der Kinder Israel so zahlreich wäre wie der Sand am Meer, wird (nur) der Rest gerettet werden“ (Jes 10,22LXX , vgl. Gen 32,13; Jes 1,9LXX ), und interpretiert es als Antwort auf die in 10,16b zitierte Frage des Propheten: „Herr, wer hat unserer Verkündigung Glauben geschenkt?“ (Jes 53,1LXX ). Im Unterschied zur Menge der „Übrigen“ hat die „Auswahl“ (ἐκλογή [11,7a]) – sie ist identisch mit dem „Rest“ (λεῖμμα) – das Evangelium von Jesus Christus verstanden und angenommen.99 Gleichviel, wie man die Kapitel Röm 9–11 gliedert, unter welche Überschriften die einzelnen Teilabschnitte gestellt und welche Perspektiven dann jeweils als leitend angenommen werden, ist nach dem bis 11,10 reichenden Argumentationsgang und seiner Beweisführung aus der Schrift das Gerettet-Werden limitiert (9,27). Innerhalb der Definitionsgröße ‚Israel‘ umfasst es allein die „Auswahl“ bzw. den „Rest“. Für die „Übrigen“ gilt es nicht. Auf dem Hintergrund des in 11,11–15 entwickelten Szenarios ist die Verhärtung der „Übrigen“ die Kehrseite des schon in Gang gekommenen „Hineingehens“ der Völker (11,25bβ, vgl. V. 26b). Das absolut gebrauchte εἰσέρχεσθαι, zu dem ein gedanklich zu ergänzendes Bezugsobjekt fehlt,100 erinnert an die im Alten Testament (Ps 22,28–30; 89,9; Jes 2,2 f. [vgl. Mi 4,1–4]; 49,22 f.; Jer 3,17; 66,20.23; Sach  1,15; 8,20–23 u. ö.) und frühen Judentum (z. B.  1 Hen  10,20 f.; 90,30; Tob  13,13; TestBen  9,2; TestNaph  8,3; 1QHa  VI,12) verbreitete Erwartung der  97  Sie ist identisch mit der ἐκλογή (11,7a), den τέκνα [sc. Ἀβραάμ] (9,7a), den τέκνα τοῦ θεοῦ (9,8a) und den τέκνα τῆς ἐπαγγελίας (9,8b, vgl. Gal 4,28).  98  Von einem weithin „monosemantischen Gebrauch des Terms ‚Israel‘ als Ehrentitel für das jüdische Volk“, Theobald, Kirche und Israel, 332, kann man deshalb nicht sprechen.  99  „Der ‚Rest‘-Gedanke impliziert beides: Gottes Gerichtshandeln und die Bewahrung vor völliger Auslöschung“, so zutreffend Theobald, Gottes Barmherzigkeit, 174 (Kursivierung im Orig.). 100 An das „Eingehen in den Heilsraum Gottes, den er […] in Jesus Christus neu eröffnet hat – für alle Menschen“, denkt Walter, Zur Interpretation von Römer 9–11, 224, an „den Eingang in ‚das ewige Leben‘, das ‚obere Jerusalem‘ (Gal 4,26), an dem die Glaubenden aus der Völkerwelt jetzt schon Anteil erhalten“, Theobald, Wandlungen im paulinischen Christus-Bild?, 252 (mit Anm. 88). Für ein Verständnis im Sinne des εἰσέρχεσθαι in die endzeitliche Heilsgemeinde Israel plädieren U. Wilckens, Römer (Bd. 2), 254 f., und Hofius, Das Evangelium und Israel, 191.

Paulus und sein Blick auf Israel

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endzeitlichen Völkerwallfahrt zum Zion (vgl. Mt 8,11 f./Lk 13,28 f.).101 Allerdings wird die mit dem Motivkomplex sich verbindende israelzentrische Perspektive (vgl. Ps 107,2 f.; Jes 43,5 f.; 49,12; Bar 4,37; 5,5; 1 Hen 57,1; PsSal 11,2) in eigentümlicher Weise gebrochen. Nun ist es nicht mehr Israel, dessen Rettung eine attrahierende Funktion im Blick auf die Völker hat, sondern es ist genau umgekehrt. Die den Völkern aufgrund ihres Glaubensgehorsams zuteilgewordene σωτηρία bewirkt, dass Israel zum Nacheifern „gereizt“ wird (V. 11), seine Verhärtung ein Ende findet und sich schließlich erfüllt, was dem Apostel ein Herzens‑ und Gebetsanliegen ist (10,1), ihn tief bewegt und nicht ruhen lässt (9,2 f.): πᾶς Ἰσραὴλ σωθήσεται (11,26a).102 Mit dem „Hineingehen“ der Völker wird „die Spaltung Israels in einen christlichen und nichtchristlichen Teil […] aufgehoben“.103 Trotz des in 11,25bβ angekündigten „Rollentauschs“104 im eschatologischen Fahrplan bleibt damit das Grundanliegen der ursprünglichen Vorstellung gewahrt: Israel und die Völker sind aufs engste aufeinander bezogen, mehr noch, sie bleiben heilsökonomisch aufeinander angewiesen. Die in 11,25b genannte Ziel‑ und Zeitangabe der von Gott verfügten Verhärtung: „bis die Vollzahl der Völker hineingegangen ist“105 geht freilich darüber hinaus. Und vor allem: Auch Israels Rettung geschieht nicht abseits von Christus, dem aus Zion kommenden ῥυόμενος (V. 26b, vgl. Jes 59,20a). Zuletzt wieder energisch bestritten von M. Wolter.106 Der Apostel beziehe „die prophetische Verheißung nicht auf Jesus Christus, sondern allein auf Gottes Heilshandeln an 101  Zu dieser Vorstellung vgl. insbesondere Jeremias, Jesu Verheißung, 47–62; Zeller, Logion Mt 8,11f/Lk 13,28f (1971), 222–237; (1972), 84–93, bes. 225 ff.; Bohlen, Einlasssprüche, 175. Freilich findet sich das Motiv der Völkerwallfahrt unterschiedlich ausgestaltet, dazu Kraus, Das Volk Gottes, 16–44. 102  Πᾶς Ἰσραήλ ist wie in mSan 10,1 und TestBen 10,11 auf Israel in seiner diachronen Erstreckung zu beziehen, wobei der Ausdruck nicht numerisch-individuell aufgefasst werden darf. Dann wäre πάντες οἱ Ἰουδαῖοι oder auch πάντες οἱ Ἰσραηλῖται zu erwarten. Er umgreift vielmehr die repräsentative Gesamtheit des Gottesvolkes (vgl. etwa 1 Sam 18,16; 2 Sam 2,9; 3,21; 2 Chr 12,1). Das einleitende καὶ οὕτως ist weder rein temporal zu fassen noch – trotz der Verflechtung des Geschicks Israels mit dem der Völker (11,11–15) – im modalen Sinn auf V. 25bβ (ἄχρι οὗ […] εἰσέλθῃ) zurückzubeziehen, sondern am ehesten im logischen bzw. folgernden Sinn zu verstehen, auch wenn ihm ein zeitliches Moment nicht völlig abzusprechen ist, ohne dass auf ihm der Ton liegt, vgl. Sänger, Verkündigung, 166–168 (anders noch in: Rettung der Heiden und Erwählung Israels, 107 f.). Eine modale Bedeutung lehnt Wolter, Blick auf Röm 11,25–32, 127–130, ebenfalls ab. Doch „weil zwischen dem, was vor καὶ οὕτως steht, und dem, was danach kommt, ein sachlicher Zusammenhang besteht“ (127 f.), versteht er es im konnektiven Sinn und schlägt vor, mit daraufhin zu übersetzen (128). 103  Wolter, Blick auf Röm 11,25–32, 126. 104  Vgl. Theiẞen, Judentum und Christentum bei Paulus, 338 f. 105 Vollzahl meint nicht „schlechthin alle“, sondern τὸ πλήρωμα bezeichnet entsprechend der apokalyptischen Vorstellung vom eschatologischen „Maß“ die von Gott bestimmte Zahl der Heiden, die zum eschatologischen Heil gelangen werden (vgl. Apg 13,48), Stuhlmann, Das eschatologische Maß, 109–188, bes. 164 ff. (zu Röm 11). 106  Wolter, Blick auf Röm 11.25–32, 130–135.

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seinem Volk“107. Denn in den alttestamentlichen Texten (von ihnen unabhängige frühjüdische gibt es m. W. nicht), in denen der präpositionale Ausdruck „aus Zion“ (ἐκ Σιών, hebr. ִ‫)צ ּיוֹ ן‬ ּ ִ begegnet – bis auf Jes 2,3 par. Mi 4,2 und Joel 4,16 par. Am 1,2 durchweg Psalmentexte –, sei allein der Gott Israels der Handelnde. Nur er „wohnt in Zion. Niemand sonst“108. Dem entspreche, worauf schon K. Stendahl aufmerksam gemacht hat, „daß Paulus diesen ganzen Teil des Römerbriefs [sc. 10,17–11,26] schreibt, ohne den Namen Jesu Christi zu erwähnen“109 – ein Sachverhalt, der M. Wolter zufolge „für den inhaltlichen Kern der paulinischen Argumentation wesentlich ist: Akteure in diesem Teil [sc. 11,25–32] von Röm 9–11 sind ausschließlich Gott und sein Volk Israel“.110 Ob daraus aber gefolgert werden kann, die kontrovers diskutierte Frage, wen der Apostel mit dem ‚Retter‘ identifiziert, lasse sich „einer klaren Antwort zu[ ]führen“111, erscheint keineswegs sicher. Im Gegenteil. Klar ist zunächst nur: In der relativ geringen Zahl alttestamentlicher Texte, die von einem Kommen, Helfen, Segnen, lauten Schreien oder Aussenden bzw. Ausgehen „aus Zion“ reden, fungiert stets Gott als handelndes Subjekt. Über das paulinische Verständnis des ἥξει ἐκ Σιὼν ὁ ῥυόμενος (Jes  59,20aLXX ) ist damit jedoch noch nicht entschieden. Mehrfach ist zu beobachten, dass Paulus die ursprüngliche Referenz der eingespielten Zitate im Sinne seiner theologischen Aussageabsicht neu bestimmt. Zur Illustration zwei Beispiele: 1 Kor 10,26 zitiert nahezu wörtlich ψ 23,1: „Des Herrn ist die Erde und ihre Fülle“ (vgl. ψ 49,12; 88,12). Während in der LXX die κύριος-Prädikation sich auf Gott bezieht, deutet Paulus den Titel wie in 10,21 f. (hier gleich dreimal) auf Christus.112 Markantes Beispiel für die christologische Reinterpretation eines Psalmzitats ist 1 Kor 15,25b: θῇ πάντας τοὺς ἐχθροὺς ὑπὸ τοὺς πόδας αὐτοῦ. Sprecher-Ich im Vorlagetext ψ 109,1b ist Gott, der von sich sagt, dass er die Feinde des Königs unterwirft (θῶ τοὺς ἐχθρούς σου ὑποπόδιον τῶν ποδῶν σου). 1 Kor 15,25a: δεῖ γὰρ αὐτὸν βασιλεύειν begründet den vorhergehenden Vers. Dort ist Christus Subjekt des βασιλεύειν. Dies gilt auch für θῇ in V. 25b, zumal „mit ἐχθρούς noch einmal die Mächte von V. 24 zusammengefasst, das καταργήσῃ von V. 24 aufgenommen“113 wird und Gott vorher keine Erwähnung findet. Dann dürfte sich aber der ὑπὸ τοὺς πόδας beigefügte possessive Genitiv αὐτοῦ ganz analog zu V. 27a, wo Paulus ψ  8,7b πάντα γὰρ ὑπέταξεν ὑπὸ τοὺς πόδας αὐτοῦ kontextbedingt leicht verändert wiedergibt, ebenfalls auf Christus beziehen.114 M. a. W., M. Wolters Hinweis auf 107 A. a. O.,

132 (Kursivierung im Orig.).  Ebd. 109  Stendahl, Der Jude Paulus und wir Heiden, 14. 110  Wolter, Blick auf Röm 11.25–32, 133. 111   A. a. O., 132. 112  Zur Begründung vgl. Böhm, Rezeption, 138–143. So u. a. auch Koch, Schrift, 287 (mit Anm. 11); Wolff, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, 238, und Brucker, Psalm 23[24], 405–429, bes. 416: „Auf jeden Fall ist festzuhalten, daß in den Schriften des Neuen Testaments die Gottesbezeichnung κύριος der Septuaginta grundsätzlich auf Christus übertragen wird und somit eine potentielle Deutung aller κύριος-Aussagen, insbesondere in den Psalmen, ermöglicht wird“. In der weiteren christlichen Rezeption ist die christologische Interpretation von Ps 23[24] keine Ausnahme, sondern die Regel, Blaising/Harding (eds.), Ancient Christian Commentary on Scripture, 184–191. 113  Schrage, Korinther (Bd. 4), 177. Vgl. Böhm, Rezeption, 146–149. 114  Ein Wechsel der Aussagerichtung liegt m. E. auch in 2 Kor 9,9 vor, wo Paulus wörtlich aus ψ 111,9 zitiert: ἐσκόρπισεν, ἔδωκεν τοῖς πένησιν, ἡ δικαιοσύνη αὐτοῦ μένει εἰς τὸν αἰῶνα. Im Psalm wird ein „den Herrn fürchtender Mann“ gepriesen (μακάριος ἀνὴρ ὁ φοβούμενος τὸν 108

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das gemeinsame „semantische[ ] Profil“115 der alttestamentlichen Texte, in denen sich der Ausdruck ἐκ Σιών findet, leistet nicht, was er soll, nämlich auszuschließen, mit dem ῥυόμενος in Röm 11,26a könne Christus gemeint sein.116 Das futurische Passivum divinum σωθήσεται lenkt zwar den Blick auf „den zukünftigen Zeitpunkt der endgültigen Heilsvermittlung durch Gott“.117 Allerdings verbindet Paulus diesen Gedanken mit der Parusie Christi (1 Thess 2,19 [zusammen mit 2,16]; 3,13; Phil 3,20 [Jesus Christus als σωτήρ und κύριος]), dem „Tag des Herrn“ (vgl.  1 Kor 5,5; 11,26; 1 Thess  4,15 f.; 5,2–9).118 Darüber hinaus lässt sich für ein christologisches Verständnis des ῥυόμενος neben 1 Thess  1,10 (vgl. Röm 5,9) geltend machen, dass a) der Subjektwechsel zwischen 11,26 und 11,27 kaum nur zitationsbedingt ist, b) Jes 59,19 f. in bSan 98a auf die messianische Zeit gedeutet wird, c) im Pentateuch-Targum der Messias als Retter (TPsJ zu Ex 40,9.11, vgl. TPsJ zu Ex 12,42) erscheint und schließlich d) Jes 28,16 in Röm 9,33 („Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und Felsen des Ärgernisses. Und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden“) und 10,11 („Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden“) zweifellos christologisch interpretiert wird.

κύριον), der an Gottes Geboten große Freude hat (V. 1), von seinem Reichtum den Armen gibt und aufgrund seiner Gerechtigkeit in Ewigkeit bleibt (V. 9). Im übergeordneten Satz (V. 8a) des dem Zitat voraufgehenden Verses verweist Paulus ebenso wie im unmittelbar folgenden auf Gott, dessen Gnade (χάρις) zum mildtätigen Handeln motiviert (V. 8) und der „Samen dem Sämann gibt und Brot zur Speise“ (V. 10). Da V. 9 grammatisch keinen Subjektwechsel anzeigt und der mit ὁ δέ anschließende V. 10 auf die den Korinthern von Gott zugesprochene Gerechtigkeit abhebt, wird nach paulinischem Verständnis auch der im Psalmzitat „Ausstreuende“ Gott sein. 115  Wolter, Blick auf Röm 11.25–32, 132. 116  Dass nach Röm 11,26b der Retter „aus Zion“ kommen wird und nicht „um Zions willen“ (Jes 59,20LXX : ἕνεκεν Σιών), steht seiner Identifizierung mit Christus nicht entgegen, gleichviel, ob Paulus ἐκ Σιών in der ihm vorliegenden LXX-Fassung bereits gelesen oder die Änderung selbst vorgenommen hat. Einiges spricht für die zweite Möglichkeit. Wo in den alttestamentlichen Texten (LXX) ἐκ Σιών begegnet, findet sich der Ausdruck durchweg im Zusammenhang soteriologischer, auf Israel bezogener Aussagen (vgl. 4 Esr 13,35; 4QMidrEschat [4Q174 + 4Q177] III,11–13; WaR 24,4 zu 19,2; MPs 14 § 6 zu V. 7). Auffällig sind dabei die Übereinstimmungen bzw. Ähnlichkeiten im Vokabular zwischen ψ 13,7 und Jes 59,20LXX einerseits (ἐπιστρέψαι/ ἀποστρέψει; Ἰακώβ/ Ἰακώβ) sowie zwischen ψ 49,1 f. und Jes 59,19 f.LXX (ἀπὸ ἀνατολῶν ἡλίου/ ἀπ᾽ ἀνατολῶν ἡλίου; μέχρι δυσμῶν/ἀπὸ δυσμῶν; ἥξει/ἥξει) andererseits. Diese Gemeinsamkeiten legen den Schluss nahe, Paulus selbst habe qua Analogieschluss (Gezera schawa) ἕνεκεν Σιών durch ἐκ Σιών ersetzt. Röm 9,5 erhärtet diese Vermutung. Am Ende seiner Aufzählung der Vorzüge Israels fügt Paulus an: ἐξ ὧν ὁ Χριστός. Er dürfte demnach nicht zuletzt im Sinne seines in 11,26b formulierten Anliegens die Präposition ἐκ bewusst gewählt haben. Christus wird bei der Parusie vom Zion aus erscheinen. Dabei muss nicht notwendigerweise an das himmlische Jerusalem (Gal 4,26, vgl. Phil 3,20) gedacht sein. Es ist ebenso gut möglich, dass dem Apostel die Parusie vom irdischen Jerusalem vor Augen steht, zumal dieser Bezug auch in dem Mischzitat Röm 9,32b.33a (Jes 8,14/28,16) hergestellt wird. Das Rettungshandeln Christi besteht darin, dass er die Sünden Jakobs, d. h. Israels, hinwegnimmt. 117 Theobald, Römerbrief, 280 (Kursivierung im Orig.). 118 Vielleicht ist es nicht überflüssig zu betonen, dass Paulus mit σωτηρία und σῴζειν immer Gottes Heilshandeln in Christus bezeichnet: das schon Jetzt der Rechtfertigung im Modus des Glaubens (Röm 1,16; 9,27; 10,2.9 f.13; 11,11.14; 1 Kor 1,21; 7,16; 9,22; 10,33; 15,2; 2 Kor 1,6; 6,2; 7,10), die Bewahrung im Gericht (Röm 5,9 f.; 11,26; 13,11; 1 Kor 3,15; 5,5; Phil 1,19; 2,12; 1 Thess 5,8 f.); auf beide Aspekte bezogen in 1 Kor 1,18; 15,2; 2 Kor 2,15; Phil 1,28; 1 Thess 2,16. Vgl. Schneider / Haubeck, Art. σῴζω, 371 f.

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VI. Ergebnisse Ich komme zur Ausgangsfrage zurück. Lassen sich im 1. Thessalonicher-, Galater‑ und Römerbrief „substantielle Wandlungen“ hinsichtlich der Stellung des Apostels gegenüber Israel feststellen? Hat sie sich zwischen dem ersten und letzten seiner Briefe „radikal verändert“119? Ja und Nein. Nein, weil Paulus von einer Linie nicht abweicht: Allein der Christusglaube hat soteriologische Effizienz. Er bedarf keiner Ergänzung von Seiten des Menschen. Darum ist die Beschneidungsforderung der judenchristlichen Fremdmissionare in Galatien christologisch überholt und damit gegenstandslos. Der besonders im Römerbrief aufgerissene eschatologische Horizont, in den Paulus die Israelfrage einschreibt, wird schon im 1. Thessalonicherbrief zur Geltung gebracht, wenngleich er dort – bezogen auf die nichtglaubenden Juden – mit dem Gerichtsgedanken verbunden ist. Jedoch ist zweierlei zu beachten. Das in Röm 11,11–15 entfaltete soteriologische Junktim hat sein dialektisch halbiertes Pendant in 1 Thess 2,16. Wie dort erweist sich der jüdische Widerstand gegen das Evangelium insofern als kontraproduktiv, als er zum eigenen Nachteil die Rettung der Völker behindert und ihrem εἰσέρχεσθαι im Wege steht. Zudem hält sich die Überzeugung durch, dass die gegenwärtige Heilsferne der überwiegenden Mehrheit des erwählten Gottesvolks weder eine „Vernichtung des jüdischen Vorrangs“ impliziert noch die „vorgegebenen jüdischen Heilssetzungen […] im Lichte der Christusoffenbarung absolut“120 profaniert. Eine solche Lesart, die Gefahr läuft, in Paulus einen „Renegaten“ zu erblicken, der sich „vom Judentum verabschiedet (hat)“121, ignoriert sein Bemühen um eine sprachliche und sachliche Differenzierung. Im 1. Thessalonicherbrief sind es die christusgläubigen ἔθνη und die „wir“ – gemeint sind Judenchristen  –, die zum Heilskollektiv der vom Herrn „Gerufenen“ gehören (2,16, vgl. 5,24). Der Galaterbrief bringt auf den theologischen Begriff, was sie gemeinsam sind: das „Israel Gottes“ (6,16). Im Römerbrief ist es die als „Auswahl“ (11,7) oder „Rest“ (λεῖμμα [11,5]) bezeichnete Gruppe der Judenchristen, an der „die Kontinuität der Erwählung Israels wahrnehmbar“122 ist. Pointiert formuliert könnte man sagen: Die von Paulus in apokalyptischer Redeform als ein „Mysterium“ (11,25a) mitgeteilte Erkenntnis: „Ganz Israel wird gerettet werden“ (11,26a) ist nichts anderes als die soteriologisch entgrenzte Variante des Rest-Gedankens.123 Wenngleich der Apostel hier, jedenfalls was die Israelfrage betrifft, in der Tat „neue Akzente (setzt)“ und „eine überraschende Perspektive

 Schnelle, Theologie, 343 (Kursivierung im Orig.). Individualgeschichte, 207. 121  Schaller, Rolle des Paulus, 7. 122  Wolter, Paulus (2015), 430. 123 Dass der zentrale Inhalt des in 11,25b–27 mitgeteilten Mysteriums bereits in 11,12 f.15.16–24 präformiert ist, habe ich an anderer Stelle zu zeigen versucht: Verkündigung, 181–193. 119

120 Klein,

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anbietet“124, geschieht dies doch auf der Basis und im Rahmen seiner bisherigen Positionsbestimmung. Zugleich aber hat sich die paulinische Sicht auf Israel auch „substantiell“ gewandelt. Sein früheres Urteil, das göttliche Zorngericht sei über die Juden endgültig hereingebrochen (1 Thess 2,16), hält der Apostel im Römerbrief nicht länger aufrecht. Mehr noch, es wird revidiert. Dabei ist es völlig unerheblich, wie man das präpositionale εἰς τέλος versteht – entweder substantivisch im Sinne von (usque) in finem = „für immer, endgültig“125 oder adverbial im Sinne von „vollständig, ganz und gar“126. Denn nicht die Ankündigung des Gerichts ist das Letzte, was Paulus in seinen Briefen von Israel zu sagen weiß, sondern – und dies hat sich ihm als ein Mysterium erschlossen – Israels Teilhabe am umfassenden Erlösungsgeschehen. In eschatologischer Perspektive ist damit der limitierende Bezug des Ehrennamens „Israel Gottes“ (Gal 6,16) auf die Minorität der Glaubenden aus Israel und den Völkern hinfällig. Das „eine Überwindung der Spaltung unter den Abrahamskindern […] durch Erlösung von ganz Israel“ ankündende Mysterium „transzendiert die innergeschichtliche Realität“127. Sie ist gekennzeichnet durch eine innerhalb des Römerbriefs bis dato noch bestehende Spannung. Es ist die zwischen dem exklusiven Heilsanspruch des Evangeliums und der Gewissheit der bleibenden Erwählung Israels. Einerseits betont Paulus in 9,7–9, und zwar ganz analog zu Gal 4,21–31: Gottes Erwählung ist an leibliche Abstammung nicht gebunden. Weil alle Menschen unter der Sünde sind (1,18–3,20), gilt vom Evangelium her: οὐ γάρ ἐστιν διαστολή (3,22; 10,12, vgl. 1,16; 2,9 f.; 3,9–20) zwischen Juden und Nichtjuden. Andererseits hält er daran fest, dass – im Unterschied zu den Völkern – das nichtglaubende Israel aufgrund der Erwählung seiner Väter nach wie vor eine privilegierte Stellung bei Gott hat (11,24.28 f., vgl. 9,4 f.). Diese „schier unerträgliche[ ] Spannung“128, die der Jude Paulus nicht zu entschärfen vermag, löst der Völkerapostel im eigentlichen Sinne des Wortes theo-logisch auf. Am Ende (11,28–32) seiner biblisch gesättigten Argumentation lenkt er mit den polaren Kategorien „Evangelium“ und „Erwählung“ (V. 28) nicht nur auf den Kerngedanken der prophetischen Kundgabe des „Mysteriums“ zurück, sondern weitet ihn universalistisch aus, indem er in das zunächst ausdrücklich nur auf

 Schnelle, 100 Jahre, 287. 15,11; 51,7; 73,1.10; Hi 14,20; LibAnt 19,2; 30,7; 39,6; 49,3; Barn 4,7 u. ö. Eine fast gleichlautende Wendung findet sich TestLev 6,11: ἔφθασεν δὲ ἡ ὀργὴ κυρίου ἐπ᾽ αὐτοὺς εἰς τέλος. Jedoch ist nicht völlig auszuschließen, dass die Stelle unter dem Einfluss von 1 Thess 2,16 christlich redigiert wurde, Baarda, Shechem Episode, 11–73, bes. 61–72. 126  2 Chr  [Paralipomenon II]  12,12; 2 Makk  8,29; ψ  17,36; Hi  6,9; Am  9,8; PsSal  1,1; 2,5; Barn 10,5; 19,11 u. ö. 127  Theiẞen/von Gemünden, Römerbrief, 311 (Kursivierung im Orig.). 128  Wilk, „Unfreier Wille“?, 110. 124

125 ψ 9,7.32;

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den nichtglaubenden Teil Israels bezogene künftige Rettungshandeln Gottes129 auch das eschatologische Geschick der ungläubigen Völker einschließt: „Gott hat nämlich alle an den Unglauben preisgegeben,130 damit er sich aller erbarme“ (V. 32, vgl. 15,8–12).131

129  Vgl. aber die implizite Parallele zwischen dem πλήρωμα von Israel (11,12), dem πλήρωμα τῶν ἐθνῶν (11,25c) und πᾶς Ἰσραήλ (11,26a). 130  Zu dieser Übersetzung von συγκλείειν εἰς vgl. Ps 30,9; 77,50.62; Am 1,6.9 [jeweils LXX]. 131  Das gedankliche Gefälle der sog. Israel-Kapitel bis hin zum „fulfillment“ von „God’s final goal“ fasst Barclay, Paul and the Gift, 555, so zusammen: „Just as disobedient Gentiles have received mercy from God (in the course of Israel’s own disobedience), so Israel, which is now disobedient (in the course of God’s mercy on Gentiles), will itself receive mercy from God (11:30–31). The current reversals in the relations between Gentiles and Jews are a sign for Paul of the power of mercy, to which disobedience is no ultimative block […] Paul is confident that the God who promised ‚to have mercy on whom he has mercy‘ (9:15) has ‚shut up all in disobedience in order that he may have mercy on all‘“. Knapper noch Wagner, Mercy to the Nations, 428: „According to Paul, God’s single overarching purpose for the cosmos is to display his own glory by showering mercy on all, Jew and Gentile alike“.

Der frühe Briefeschreiber Paulus als alternder Mann Vom 1. Thessalonicherbrief zum Philipperbrief Eve-Marie Becker I. Die Jahre vor dem paulinischen Briefeschreiben Es lassen sich unterschiedliche Vermutungen darüber anstellen, warum aus den ersten ca.  15  Jahren der missionarischen Tätigkeit des Paulus keine Briefe erhalten sind. Drei Überlegungen scheinen besonders naheliegend: (1) Aus überlieferungsgeschichtlicher Perspektive wäre es möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich anzunehmen, dass zahlreiche Paulusbriefe verlorengingen und nicht auf uns gekommen sind – sie hätten damit nicht nur das Schicksal eines Großteils der antiken Literatur geteilt. Auch aus den uns vorliegenden Paulusbriefen (z. B. 1 Kor 5,9; 2 Kor 10,10) gewinnen wir immer wieder den Eindruck, dass Paulus mehr und andere Briefe geschrieben hat als die, die uns überliefert wurden, da diese kontinuierlich abgeschrieben und gesammelt wurden und in (prä‑)kanonische Sammlungen (bes. Papyrus 46) Eingang fanden. Auffällig wäre dann gleichwohl der Umstand, dass uns aus der frühesten Wirkungsperiode des Apostels, also zwischen ca. 33 und 49 n. Chr., überhaupt kein Brief erhalten ist. Können wir den Mangel an frühesten Dokumenten allein durch das Versiegen der allerfrühesten Überlieferung von etwaigen Paulusbriefen erklären und es womöglich auf das Fehlen an geeigneter Infrastruktur (z. B. Mangel an Kopisten) zurückführen? War Paulus in den mutmaßlich ersten Jahren seiner Tätigkeit als Missionar und Briefeschreiber nicht eng genug an Gemeinden gebunden, die seine Briefe hätten aufbewahren, abschreiben, sammeln und austauschen können oder wollen?1 Kurzum: Fehlte es dem Apostel und seinen Adressaten an Schreibwerkzeug und ‑materialien, Archiven, Mitarbeitern, Boten und Netzwerken, die  – wie etwa Cicero beispielhaft zeigt  – zum notwendigen Inventar eines antiken Briefeschreibers gehören (Fam. 2, 4,1)? Bis auf den Galaterbrief spiegeln die erhaltenen sieben authentischen Paulusbriefe ihrerseits jedenfalls vitales Gemeindeleben oder eine differenzierte Hausgemeindestruktur (Phlm) wider  – den Gemeinden in Thessaloniki, Korinth, 1 Zu den technischen Voraussetzungen und Erfordernissen der paulinischen Epistolographie vgl. immer noch Klauck, Briefliteratur.

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Philippi und Rom ist zumindest eine gewisse mediale Infrastruktur zuzutrauen, die die Konservierung und Sammlung von Paulusbriefen möglich gemacht hat. (2) Aus missionsbiographischer Perspektive lässt sich vermuten, dass Paulus in den ersten Jahren seiner apostolischen Tätigkeit gar keine Briefe verfasst hat. Wie wäre das zu erklären? In den ersten Jahren seines Wirkens nach seiner Berufung – zunächst in der Arabia, Syrien, Kilikien und Antiochien2 – ist es Paulus wohl zum einen nicht gelungen, eigene, klar lokalisierte (anders: Gal 1,2) Gemeinden zu gründen und diese fortan als Gemeindeleiter weiter zu begleiten und zu unterweisen, was dann auch, während physischer Trennung, kontinuierliche briefliche Kommunikation erfordert hätte. Erst mit dem Übergang der Missionstätigkeit von Kleinasien nach Mazedonien und Achaia und den Gründungen der Gemeinden in Thessaloniki, Philippi und Korinth schafft Paulus seinen eigenen Wirkungs‑ und Verantwortungsbereich, mit dem er  – wann immer er selbst physisch nicht vor Ort sein kann  – dauerhaft in brieflicher Kommunikation zu sein versucht, um apostolische parousia ausüben zu können (s. dazu unten). Zum anderen bleibt zu diskutieren, ob das paulinische Briefeschreiben erst in direkter Folge des Apostelkonvents (48/49 n. Chr.; vgl. Gal 2,1; Apg 15,1–29) notwendig wurde  – nämlich zu dem Zeitpunkt, als Paulus zur ausführlichen Legitimierung seines Apostolates „unter den Heiden“ herausgefordert war.3 Dass die paulinische Epistolographie von den Entscheidungen des Apostelkonvents situativ geprägt ist, wird daran deutlich, dass wichtige Teile der korinthischen Korrespondenz dem Thema der Kollektensammlung gewidmet sind (2 Kor 8–9; 1 Kor 16), die auf die Konventsbeschlüsse hin initiiert wurde (Gal 2,10).4 Auch über den 1. und 2. Korintherbrief hinaus erweist sich die Aufgabe der Kollektenmission für Paulus als wichtiges Dauerthema, auf das er in seinen Briefen vielfach zu sprechen kommt (vgl. Gal 2,10; Röm 15,25 ff.; evtl. Phil 4,14 ff.). Der Umgang mit Geld  – sei es in Hinsicht auf die Kollektensammlung,5 sei es in Hinsicht auf die persönlichen Lebensbedürfnisse des Apostels – ist in nahezu allen Briefen des Paulus ein wiederkehrendes Thema (vgl. etwa auch 1 Kor 9,6 ff.; 2 Kor 12,13; Phil 4,14 ff.).6 (3) Ein theologiegeschichtlicher Aspekt tritt hinzu: Wurde die paulinische Epistolographie und so auch die urchristliche Briefliteratur insgesamt „durch eine Krise hervorgerufen“7, wie sie am Thema der Parusieverzögerung im 1. Thessalonicherbrief erkennbar wird? Wurde Paulus überhaupt erst im Rahmen ernster 2 Vgl.  dazu weiterhin: Hengel, Der vorchristliche Paulus, 177–291; Hengel/Schwemer, Paulus. 3  Vgl. dazu auch Theiẞen, Entstehung, 94–96. 4 Vgl. dazu auch Becker, Form, 143. 5  Vgl. etwa Horn, Kollekte, 116–119. 6  Zur Bedeutung der Unterhaltsfragen im 2. Korintherbrief vgl. etwa Schmeller, 2. Korinther­ brief, 191 ff. 7  So Theiẞen, Das Neue Testament, 40.

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Krisen und Anfragen seiner Gemeinden zum Briefeschreiben genötigt? Welche Bedeutung hat dabei die sich zunehmend verschärfende eschatologische Enttäuschung angesichts der andauernden Parusieverzögerung? Worin besteht der motivationale Anlass zur Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs als erstem Brief – eine Frage, die in der Kommentarliteratur zumeist nicht eigens problematisiert und in ihrer Bedeutung für die Suche nach den Anfangsgründen paulinischen Briefeschreibens bedacht wird?8 Ist der eigentliche Abfassungsgrund letztlich in 4,13–18 auszumachen? Welche Rolle spielen eschatologische Fragen und Diskurse insgesamt in der im frühen Christentum entstehenden Briefliteratur?9 Von 1 Thess  4 f. bis 2 Petr  3,8 ff. jedenfalls lässt sich beobachten, dass und wie gemeindliche Ermahnung angesichts vielfältiger Zweifel an der Parusieerwartung nötig wird. Nun lassen sich die überlieferungsgeschichtliche, die missionsbiographische und die theologiegeschichtliche Sicht auf die ‚dunklen Jahre‘ des späteren Briefeschreibers Paulus nicht trennen – alle drei Erklärungsmodelle sind besser komplementär als einander ausschließend zu verstehen. Im Folgenden möchte ich darüber hinaus eine vierte Perspektive hinzunehmen, die die antike – besonders die griechisch-römische – Literaturgeschichte eröffnet. Demnach lässt sich das Phänomen des Briefeschreibens überhaupt als Alterswerk verstehen, worauf ich nun die Aufmerksamkeit lenken werde.

II. Das Briefeschreiben als Alterswerk M. Korenjak10 hat in einer Studie zum epistolographischen Werk des Ovid und Horaz gezeigt, dass das Briefeschreiben als literarische Aktivität – insbesondere das Abfassen von Briefsammlungen – in den griechisch-römischen (Schriftsteller‑)Biographien als ein Altersphänomen begegnet. M. Korenjak wählt Ovid und Horaz als Ausgangspunkt seiner Darstellung, da beide Autoren in ihren Briefen „die Aufmerksamkeit des Lesers auf ihr Alter“ lenken und ihre Briefe „wiederholt als ihr Alterswerk“ bezeichnen (vgl. etwa Hor.ep. 1, 1,4–9).11 Beobachtungen zur epistolographischen Tätigkeit als Alterswerk antiker Autoren lassen sich gleichwohl über die beiden genannten römischen Dichter hinaus anstellen, denn es gilt: „Die von beiden Autoren betonte Eigenschaft der Briefbücher als Spätwerke findet ihre Entsprechung in der Tatsache, dass ein überproportional hoher  8  Vgl. dazu zuletzt etwa Malherbe, Thessalonians, Schreiber, 1.  Thessalonicher, oder Hoppe, 1.  Thessalonikerbrief, die im Rahmen ihrer jeweiligen einleitungswissenschaftlichen Erschließung eher nach den möglichen historischen Umständen, die zur Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs führten, fragen.  9  Vgl. allgemein die Beschreibung der ausbleibenden Parusieerwartung als Krisenphänomen bei Schnelle, 100 Jahre, 402 ff. – Vgl. grundlegend weiterhin: Erlemann, Naherwartung. 10  Korenjak, Abschiedsbriefe (Teil 1), 46–61; Ders., Abschiedsbriefe (Teil 2), 218–234. 11  Korenjak, Abschiedsbriefe (Teil 1), 55.

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Anteil der erhaltenen antiken Briefkorpora dem Alter bzw. der letzten Lebensperiode ihrer Autoren entstammt.“12 Verallgemeinernd lässt sich daher sagen: Von Cicero oder Horaz und Ovid bis zu Johannes Chrysostomos oder Augustinus entstehen Briefe und Briefsammlung vor allem als Alterswerk. Es gibt in der griechisch-römischen Autorenliteratur zugleich eine Tradition, wonach es erst im vergleichsweise hohen oder späten Alter eines Schriftstellers – nicht zuletzt in Auseinandersetzung mit der expectatio mortis und dem eigenen nahenden Tod – zur epistolographischen Aktivität im Sinne der Auseinandersetzung mit sich selbst kommt.13 Die Briefform eignet sich mehr als alle anderen Formen und Genres der antiken Literatur dazu, autobiographische Inhalte zu transportieren und dabei auch zu einem geeigneten Medium „literarischer Selbstreflexion“ zu werden.14 Als „Spiegel der Seele“15 gewähren Briefe nicht nur dem Adressaten einen Einblick in den Seelenzustand des Briefeschreibers. Im Prozess des Schreibens kann der Brief vielmehr zu einem Medium der Begegnung des Briefeschreibers mit sich selbst werden. Entsprechend nutzt Paulus – im Zuge seiner epistolographischen Tätigkeit – das Briefeschreiben zunehmend offensichtlicher dazu, autobiographisch und selbstreflexiv zu schreiben.16 Hier lässt sich im Übrigen eine ‚Entwicklung‘ im paulinischen Briefeschreiben vom 1. Thessalonicherbrief bis zum Philipperbrief erkennen, auf die ich noch zu sprechen komme (s. u.). Nun räumt M.  Korenjak zwar ein, dass das vermehrte Vorhandensein von Briefen als Spätwerk bei griechisch-römischen Autoren auch lebensgeschichtliche und schlicht technische Gründe haben kann oder hat: „Bei solchen Privatkorrespondenzen [= Cyprian, Libanios, Johannes Chrysostomos oder Augustin] dürfte das in erster Linie aus der Verdichtung des Briefpartnernetzes über die Jahre hinweg und der sorgfältiger werdenden Aufbewahrung der Briefe resultieren.“17 M. Korenjak stellt aber zugleich fest: Bei philosophischen Lehrbriefen wie dem des sterbenden Epikur an verschiedene Freunde […] oder denjenigen Senecas an Lucilius kann man zwar nicht die Abfassung gegen das Lebensende ihres Autors an sich, wohl aber die Betonung dieses Umstandes mit Hilfe der Vorstellung von der Philosophie als einer ars moriendi erklären.18

Auf dieser Basis habe sich dann, so M. Korenjak, besonders im Hellenismus und in der frühen römischen Kaiserzeit eine „regelrechte literarische Konvention“   A. a. O., 56.  Vgl. Becker, Paul’s Epistolary Self, 253–271; Dies., Das introspektive Ich, 310–331. 14  Korenjak, Abschiedsbriefe (Teil  1), 53  – zur Darstellung der autobiographischen und selbstreflexiven Funktion des Briefeschreibens bei Ovid und Horaz: a. a. O., 52 ff. 15  Vgl. Müller, Spiegel, 138–157. 16  Vgl. dazu Becker, Autobiographisches bei Paulus, 67–87; Dies., Das introspektive Ich. 17  Korenjak, Abschiedsbriefe (Teil 1), 57. 18  Korenjak, Abschiedsbriefe (Teil 1), 57 – mit Hinweis auf: Sen.ep. 12,1–4; 26,1; 34,1; 35,2.61; 67,1 f.; 68,12; 70,2 f.; 76,1–3; 83,3–6; 102,2; 104,2; 121,16. 12 13

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zur Produktion authentischer oder fingierter epistolarer Korrespondenzen als Alterswerk entwickelt.19 Bis hierher ergaben die Beobachtungen M. Korenjaks zum Briefeschreiben als Altersphänomen drei wichtige Einsichten, die auch Licht auf den Beginn und das Wesen paulinischen Briefeschreibens werfen können: (1) Zu der erhöhten Produktion von Briefen im Alter trägt ein lebensgeschichtlicher und technischer Faktor bei: Im höheren Alter kommt es zu einer Verdichtung von Netzwerken und Korrespondenzen. Dieser Faktor ist oben schon im Blick auf die mögliche Erklärung für die späten Anfänge des paulinischen Briefeschreibens genannt worden. Erst nach erfolgreichen Gemeindegründungen und dem Aufbau eines vitalen Netzwerkes an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wird das Briefeschreiben für Paulus zu einem wichtigen Instrument der Kontaktpflege. (2) Prominente antike Autoren nutzen darüber hinaus das Briefeschreiben dazu, ihre persönliche Auseinandersetzung mit dem Alter und ihrem bevorstehenden Tod explizit zu thematisieren. Das gilt auch und gerade für Paulus (vgl. bes. 2 Kor 5; Phil 1–3). (3) Die Briefform ermöglicht in besonderem Maße autobiographisches oder autofiktionales Schreiben, in dem Selbstreflexion möglich wird. Das lässt sich auch bei Paulus beobachten (vgl.  z. B. Röm  7; Phil  1). Daraus folgt zweierlei: Briefe, im Alter verfasst, sind zum einen ein wesentlicher Beitrag zur antiken Kultur der ars moriendi – das trifft insbesondere auf philosophische Briefe zu. Zum anderen gelten Briefe wegen ihres hohen (auto‑)biographischen Gehalts nicht nur als Spiegel der inneren Person (Cic.Fam. 16, 16,2; Sen.ep. 40,1), sondern auch als „Schlüssel zum Verständnis“ eines Autorenwerks20  – und zwar unabhängig von der Frage, ob sie authentisch oder fingiert verfasst worden sind. Als Alterswerk geschrieben und/oder gesammelt, geben Briefe einen umfassenden, tendenziell retrospektiven Einblick in die Lebensleistung einer Autorenperson. Zwei weitere Beobachtungen, die das Briefeschreiben als Altersphänomen erklärbar machen können, kommen hinzu: (4) Briefe, in der antiken Literaturtheorie gemeinhin der niederen Gattung (genus humile) zugewiesen, können auch, wenn nicht gerade im Alter verfasst werden, wenn mit dem Nachlassen des poetischen „ingenium und [der] Fähigkeit zur sprachlichen Gestaltung“, also der Stilfertigkeit eines Autors gerechnet werden muss.21 Oder anders: Beim Briefeschreiben kann sich der alternde Autor umso mehr behaupten, je mehr er das genus humile im Stil und Anspruch seines Schreibens nicht nur erreicht, sondern sogar übersteigt. So erklärt Horaz in seinen Briefen, dass er eigentlich nichts mehr schreiben wolle, und verlangt doch 19  Ebd.– mit Hinweis auf Themistokles, Ps.-Hippokrates, Isokrates, Platon, Demosthenes et al. 20  Korenjak, Abschiedsbriefe (Teil 2), 225. 21   A. a. O., 222.

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stets frühmorgens nach Schreibtafeln (ep. 2, 1,111–113). Nach M. Albrecht zeigt die Stelle, wie „paradoxerweise gleichzeitig mit der Abwendung von der Literatur eine neue Stufe des Literarischen erklommen“ wird.22 Vor diesem Hintergrund könnte neues Licht darauf fallen, warum und wie Paulus den korinthischen Slogan von den „starken Briefen“, die der Apostel schreibt (2 Kor 10,10 f.), nutzbringend und mehrdeutig zum Zwecke der Apologie seiner Person einsetzt: Wenn schon seine Briefe stark sind, kann auch seine Person nicht in der Gefahr sein, (alters)schwach zu werden. Paulus nimmt also nicht nur den Vorwurf der Diskrepanz zwischen persönlichem Auftreten und brieflichem Wirken auf, sondern fordert seine Adressaten auf, gerade von seinem brieflichen Wirken Rückschlüsse auf sein – physisch wie intellektuell – kraftvolles persönliches Auftreten zu ziehen. Die Ankündigung seines bevorstehenden dritten Besuchs in Korinth (2 Kor 12,14 f.; 13,1 ff.) zielt ja darauf, die Korinther auf ein ebensolches kraftvolles und wirkmächtiges Auftreten des Apostels vorzubereiten. (5) Als beliebtes Medium der Exilliteratur23 (vgl. Ovid, ep.; aber auch z. B. Apk 2–3) spiegeln Briefe die Situation einer separierten Existenzform. Die separierte Existenzform kann jedoch nicht nur politisch bedingt, sondern auch mit dem Alter und dem damit verbundenen Rückzug aus der Öffentlichkeit gegeben sein. Auch in diesem Zusammenhang gilt: „Die Kommunikationsform par excellence für den zurückgezogenen Philosophen ist der Brief, denn er bietet Nähe und Distanz zugleich …“.24 Oder: „Die Briefform erlaubt es […], gerade die Distanz des Rückzugs auch in der literarischen Fiktion aufrecht zu erhalten“.25 Der Brief als Medium der Gestaltung von Trennung oder Rückzug hat dabei zugleich eine ‚therapeutische Funktion‘, wie J. Wildberger beschreibt: „Sich selbst als Exempel zu imaginieren [sic] kann eine therapeutische Übung sein oder gar Konzeptarbeit, eine Methode der bewussten Formung des eigenen Selbst“.26 Paulus beschreibt sich in seinen Briefen durchgängig in einer Situation einer von den Gemeinden getrennten und so separierten Existenzform. Bereits im 1. Thessalonicherbrief problematisiert Paulus seine Trennung von der Gemeinde (z. B. 1 Thess 3,1 ff.). Die Ungewissheit über künftige Möglichkeiten des Besuchs und der Aufhebung der Trennung von seinen Gemeinden beschäftigt Paulus zwar schon in seinem frühesten Schreiben (vgl. 1 Thess 3,10), nimmt aber mit zunehmendem Alter erkennbar weiter zu (vgl. z. B. Phil 1,27–30). Die „Formung des eigenen Selbst“ (J. Wildberger) erreicht im Philipperbrief ihren Höhepunkt.27 22 Von

Albrecht, Geschichte, 578. Abschiedsbriefe (Teil 2), 228. 24 Nesselrath/Rühl, Einleitung, 1–5, Zitat 3. 25  Wildberger, Simus inter exempla, 101. 26   A. a. O., 103. 27  Vgl. Becker, Paul’s Epistolary Self. 23 Vgl. Korenjak,

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Wie bis hierher unter Verweis auf griechisch-römische Briefautoren angedeutet, meine ich, dass sich auch der Beginn der paulinischen Epistolographie in die literaturgeschichtliche Skizze von der Briefform als Alterswerk einordnen lässt: Als alternder Apostel wurde für Paulus die Form der brieflichen Kommunikation wichtig und nützlich – wurde er womöglich erst vom Motiv lebensalterlich gereiften Briefeschreibens angeregt, selbst als Briefeschreiber tätig zu werden? Entdeckt Paulus im Zuge seiner briefeschreibenden Tätigkeit, welche konzeptionellen Möglichkeiten der Brief zur Formung der Person besonders unter dem Aspekt der Reifung und Alterung eröffnet? Im Folgenden werde ich noch einmal das Phänomen des Alterns und des Alters in der frühkaiserzeitlichen Welt näher betrachten, um den Beginn und das Wesen paulinischer Epistolographie mit der biographischen Entwicklung des Paulus zu korrelieren. Ich untersuche, ob der griechisch-römische Erwartungshorizont an literarisches Briefeschreiben im gehobenen Alter auch Paulus dazu mitveranlasst haben könnte, erst in einer vergleichsweise späten Periode seines Lebens und seiner apostolischen Wirksamkeit – etwa im letzten Drittel seines Apostolats – mit dem Briefeschreiben zu beginnen. Reflektiert Paulus selbst in seinen Briefen sein Alter? Und lässt sich im Blick auf die Wahrnehmung des Lebensalters und das Phänomen des späten Briefeschreibens dann noch einmal eine weitere Entwicklung innerhalb der paulinischen Epistolographie erkennen: vom mutmaßlich frühesten Paulusbrief (1 Thess) zu den spätesten Briefen (Phil und Phlm)?

III. Der alternde Paulus als beginnender Briefeschreiber Soweit wir sehen können, beginnt das paulinische Briefeschreiben mit der Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs wohl im Jahre 49 n. Chr. Paulus hat den Brief an die Thessalonicher verfasst, um die Gemeinde dazu anzuleiten, „to persevere and make progress in their Christian faith“.28 Im Schreiben an die Gemeinde in Thessaloniki reflektiert Paulus rückblickend die Anfänge seiner missionarischen Tätigkeit in Makedonien (1 Thess 1,2–2,20). Dabei stehen retrospektive Überlegungen zur apostolischen Arbeit (1 Thess  1,2 ff.; 2,1 ff.), zum Inhalt der missionarischen Verkündigung (1 Thess 1,9 f.) und zur Aufnahme und Annahme der paulinischen Verkündigung in Thessaloniki (1 Thess 1,8; 2,1.13 ff.) im Mittelpunkt der brieflichen Darstellung. Nachdem Paulus Makedonien verlassen hatte, ist er bemüht, die Anfänge seiner Missionstätigkeit, auf die er noch einmal in Phil 4,15 zu sprechen kommen wird (οἴδατε δὲ καὶ ὑμεῖς, Φιλιππήσιοι, ὅτι ἐν ἀρχῇ τοῦ εὐαγγελίου, ὅτε ἐξῆλθον ἀπὸ Μακεδονίας …), den Thessalonichern in Erinnerung zu rufen und  Ascough, Associations, 162.

28

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bleibend vor Augen zu führen, um so eine communicative memory zu schaffen,29 seinen apostolischen Dienst auch in der Rückschau zu begründen und zu legitimieren und mit der Gemeinde persönlich in Kontakt zu bleiben. Denn der Brief schafft apostolische Präsenz (parousia, s. u.) während (schmerzhaft empfundener) persönlicher Trennung (z. B. 1 Thess 2,17). Während der Zeit der Trennung sieht sich der Briefschreiber Paulus in einer gleichsam separierten Existenzform. Bei der Ausübung einer solchen apostolischen parousia via Briefeschreiben wird nicht nur das Medium Brief zur Herstellung einer quasi adesse-Situation des Briefeschreibers genutzt, wie in der antiken Brieftheorie dargelegt:30 Demnach sucht der Briefeschreiber, bei den Adressaten physisch präsent zu sein, was auch die Mitteilung von Gesichtsausdruck und Emotionalität nötig macht.31 Denn der Brief soll ja ein möglichst genaues Spiegelbild der Person des Briefautors sein (vgl. z. B. Cic.Fam. 16, 16,2; Sen.ep. 40,1). Darüber hinaus zielt Paulus in ethischer Unterweisung und paränetischer Ermahnung darauf, die Adressaten auf ihren gemeindlichen Alltag so einzustimmen, als ob der Apostel ihn selbst beobachte. So forderte Epikur – nach Seneca (ep. 25,5; bei Epik.fr. 211): „Tue du … alles, als ob Epikur es sähe“ (Sic fac[…] omnia tamquam spectet Epicurus). Ähnliche Überlegungen begegnen auch bei Cicero, der seinen Bruder Quintus mit entsprechenden Worten ermahnt und ermuntert (Quint.frat. 1 ,1,46: … tecum semper esse putabis et omnibus iis rebus, quas dices et facies, interesse). Seneca dagegen beschränkt sich darauf, seinem brieflichen Adressaten zu raten, sich eine beliebige eminente Person – nicht notwendig Seneca selbst – zum Vorbild zu wählen (ep. 25,6; 11,8 ff.).32 Zurück zum 1.  Thessalonicherbrief: Als Paulus den 1.  Thessalonicherbrief, wahrscheinlich seinen ersten Brief, verfasst, ist der Apostel etwa 50 Jahre alt. Auf der Basis der Selbstbezeichnung als πρεσβύτης, als „alter Mann“ (s. u.), in Phlm 9 lässt sich schließen, dass Paulus vermutlich „wenige Jahre nach der Zeitenwende“ oder um die Zeitenwende geboren worden ist.33 Demnach hat Paulus – bei Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs – bereits ein für die antike Welt vergleichsweise hohes Lebensalter erreicht, auch wenn in der antiken Literatur, so etwa bei Tacitus, sogar Belege dafür vorliegen, dass erst ein Alter von 120 Jahren als Maximum menschlicher Lebensdauer bezeichnet wird (Tac. Dial. 17,3).  Vgl. Becker, Patterns, 222 ff.

29

30 Vgl. Malherbe, Ancient Epistolary Theorists; zum parousia-Motiv: Thraede, Grundzüge;

vgl. zuletzt zum altertumswissenschaftlichen Forschungsstand: Fögen, Approaches, 43–79. 31   Vgl. z. B. Becker, Tränen, 361–378. 32 Schon Petrarca hat bei der Gestaltung des parousia-Motivs auf die konzeptionelle Differenz zwischen Epikur und Cicero einerseits sowie Seneca andererseits hingewiesen: vgl. Petrarca, Das einsame Leben, 92 f. 33  Vgl. Ebel, Leben, 108, Zitat ebd. Anm. 10. – Philo bezeichnet sich in der Legatio als γέρων (legat. 1).

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IV. Lebensdauer und Lebensalter in der antiken Welt Verlässliche Berechnungen zur allgemeinen durchschnittlichen Lebenserwartung in der antiken Welt lassen sich nur schwer vornehmen – sie sind am ehesten auf der Basis von (Begräbnis‑)Inschriften, Beschreibungen von ‚alten‘ Menschen in der antiken Literatur sowie den (philosophischen) Lebenszeitalterlehren (gradus aetatum), so etwa bei Aristoteles (Rhet.  1388bf.), herzuleiten. Folgender Grundwert ist anzunehmen: Sepulchral inscriptions, no doubt biased in favour of the upper classes, suggest that in the Roman world the median age of death was 34 years for wives and 46.5 for husbands […] Probably less than one per cent of the population attained the age of 80…34

Bei der Durchschnittsberechnung der vermuteten Lebensdauer von Mann und Frau in der antiken Welt ist zu bedenken, dass die Lebenserwartung regional äußerst verschieden war. Nach Untersuchungen über die Sterblichkeit in Mittel‑ und Süditalien, Hispanien und den nordafrikanischen Provinzen in der Kaiserzeit, die J. Szilágyi in den 1960er Jahren vorgelegt hatte, „ist die durchschnittliche Lebensdauer in den nordwestafrikan[ischen] Provinzen“ auffallend hoch.35 So kommen „in den afrikan[ischen] Inschriften über Hundertjährige gar nicht so selten vor“, so dass Sallusts Bericht „über Gesundheit u[nd] Lebensdauer der Afrikaner […] so eine Bestätigung“ erfährt (vgl. Bell.Iug. 17,6).36 Auch im Blick auf die in Inschriften und der Literatur verwendete Lexik zum ‚(Greisen‑)Alter‘ lässt sich eher nur eine uneinheitliche Verwendung der griechischen und lateinischen Begriffe für πρεσβύτης (gravis/gravitas oder veteranus) und γέρων (senex, senectus) beobachten.37 So begegnen entsprechend unterschiedliche Bestimmungen des ‚Greisenalters‘.38 Es findet sich allerdings – in Anlehnung an Solons hebdomadisch bestimmte Lebensalterelegie (D/K frgm. 27) – die Tendenz, die letzte Lebensstufe mit dem 63. Lebensjahr beginnen zu lassen. Vielfach wird das Alter des πρεσβύτης dann von dem des γέρων/senectus unterschieden und ihm vorangestellt (Philo opif. 105; Plut.E Delph. 392C).39 In den griechisch-römischen Diskursen wird die letzte Lebensaltersstufe unterschiedlich bestimmt – sie wird ab dem 60. (Solon et al.), 63. (z. B. Varro) oder 69. (z. B. Ptolemaios) Lebensjahr angesetzt. Über die Bestimmung eines zeitlichen

34 Garland,

Age, 38.  So die zusammenfassende Darstellung bei Gnilka, Greisenalter, 1002 (mit Lit.-hinweisen). 36   A. a. O., 1003. 37  Zur uneinheitlichen Verwendung und den terminologischen Schwierigkeiten in der griechischen und lateinischen Sprache vgl. noch einmal a. a. O. Gnilka, Greisenalter, bes. 998–1000 (jeweils mit Quellenbelegen). 38   Vgl. a. a. O., 996–1001. 39   Hinweise a. a. O., 997 f. 35

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Rahmens kommen wir aber letztlich kaum hinaus: „… senectus could be said to begin at various ages, ranging from 42 to 77 years“.40 Die Thematik des (Greisen‑)Alters und der damit verbundenen physisch und/oder geistigen Schwächung (des Mannes), die auch mit einer Schwächung seines Status in der Gesellschaft einhergeht, wird von griechisch-römischen Autoren nicht selten explizit aufgenommen und bearbeitet  – sie wird dabei vielfach zum Thema der consolatio (vgl. bei Musonius, Cicero oder Plutarch).41 Denn mit dem Alter droht – langsam oder schneller – körperlicher und geistiger Verfall einherzugehen, was auch Einbußen für die politische, soziale und intellektuelle Bedeutung und Stellung (des Mannes) in der Öffentlichkeit mit sich bringt: „Old age is commonly described as hateful and detestable in classical literature […]“42. Seneca geht bei seiner Beschäftigung mit dem Alter so vor, dass er die Frage nach dem Lebensalter und der Lebensdauer (z. B.  brev.  vit.  1,4; 7,10 etc.; ep. 32,3 f.; 73,13) relativiert: Das Lebensalter als solches sei belanglos (aetas inter externa est, ep. 93,7), wichtiger sei die Suche nach einem vertieften Leben und einer Existenz in otium. Cicero (De senectute) oder Plutarch (an seni res publica gerenda sit = mor. 771E–854D) dagegen zeigen sich bemüht, dem Greisenalter einen eigenen „Daseinswert“ zu sichern und ihm gesonderte Aufgabenfelder zuzuordnen:43 Beide Autoren schreiben gerade dem alternden bzw. alten Mann besonders wichtige sozio-politische oder intellektuelle Eigenschaften und Fähigkeiten zu, die sich ähnlich z. B. auch in der frühjüdischen Weisheitsliteratur (Sach 8,4; Sir 3,14) oder in der Institution des Ältestenrates Israels (Ex 3,16LXX [… συνάγαγε τὴν γερουσίαν τῶν υἱῶν Ισραηλ] u. ö.) finden lassen.44 Plutarch etwa bemerkt: Nicht „blos Hände, Füße und Körperkräfte überhaupt sind ein Eigenthum und Glied des Staates, sondern vor Allem der Geist und die Vorzüge des Geistes: Gerechtigkeitsliebe, Mäßigung, Klugheit. Und eben weil diese Eigenschaften so spät und langsam zu Reife kommen, ist es widersinnig(,) wenn sie nur dem Haushalt und dem Feldbau und den übrigen Erwerbszweigen zu Gute kommen, dem gemeinsamen Vaterland aber und den Mitbürgern nichts mehr nütze sein sollen“ (mor. 797E).45

Wie schon bei Cicero im Zusammenhang der Widerlegung von Vorwürfen gegen das Alter (vituperatio senectutis, Sen. 12,39) diskutiert (Sen. 19,66), so erkennt auch Musonius in der Furcht vor dem Tod (ὁ τοῦ θανάτου φόβος) das eigentliche Unglück des Greisenalters (Diatr.  17). Da die Furcht vor dem Tod aber 40 Vgl. auch

Parkin, Old Age, 15 ff. (19).  Zur jüngeren altertumswissenschaftlichen Forschung vgl. z. B.: Wagner-Hasel, Alter in der Antike; Timmer, Altersgrenzen; Parkin, Old Age; Sigismund, Über das Alter; Richardson, Old Age. 42 Garland, Age, 38. 43  Gnilka, Greisenalter, 1021. 44  Vgl. Rüterswörden, Älteste, 371. 45  Übersetzung nach: Plutarch, Moralia (Bd. 2), hg. v. Weise/ Vogel, 310. 41

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letztlich alle Altersgruppen gleichermaßen betrifft, kann – so Musonius – gerade der Greis bei der Fähigkeit vorankommen, an Einsicht zu gewinnen. Der Greis kann gerade darin für andere (junge wie alte Menschen) vorbildhaft werden, dass er den Tod furchtlos und zuversichtlich erwartet (ebd.). Damit wird dem Greisenalter in philosophischer Hinsicht sogar eine besondere ethisch-moralische Bedeutung und Würdigung zuteil.

V. Lebensalter und Briefeschreiben bei Paulus: Vom 1. Thessalonicherbrief zum Philipperbrief Als Paulus den 1. Thessalonicherbrief wohl in einem Alter von etwa 50 Jahren schreibt, befindet sich der Apostel – je nach gradus aetatum (s. o.) – in einer der letzten Lebensstufen. Er ist bereits ein alternder, ein älterer Mann. Festzustellen ist, dass Paulus im 1. Thessalonicherbrief die lebensgeschichtlichen Umstände seines Schreibens, so auch sein persönliches Lebensalter, selbst (noch) nicht thematisiert. Gleichwohl begegnen bereits im 1.  Thessalonicherbrief einzelne Motive, die die Lebenserfahrung des tendenziell alternden Apostels reflektieren: (1) Paulus empfindet aufgrund seiner emotionalen Nähe zu den Thessalonichern (1 Thess  2,8 f.) auch die Trennung (1 Thess  2,17) und die durch den „Satan“ verhinderten Reisepläne (1 Thess 2,18), die zu der Sendung des Timotheus geführt haben (1 Thess 3,5), als schmerzhafte Erfahrung einer separierten Existenzform. (2) Paulus arbeitet bereits im 1.  Thessalonicherbrief mit einem ‚früherjetzt‘-Schema, mit Hilfe dessen er seine missionsgeschichtliche Praxis und die Vorgeschichte dieses Schreibens darlegt (1 Thess 2,4 ff.). Die retrospektive Deutung der eigenen Lebensleistung setzt bereits die Perspektive eines altersgereiften Briefeschreibers voraus. (3) Die Mühen und Anstrengungen im apostolischen Dienst, die Paulus im 1. Thessalonicherbrief darlegt (1 Thess 2,2.9 ff.), machen den Apostel müde und erschöpft. Nur das Wissen um die Glaubensfestigkeit der Thessalonicher vermag ihn wieder zu „beleben“ (1 Thess 3,8). (4) Schon im 1. Thessalonicherbrief befasst sich Paulus ausgiebig (1 Thess 4–5) mit dem Thema Tod und Eschatologie (1 Thess 4,13–18). Es geht dabei um das Schicksal derer, die bereits vor der Parusie Christi verstorben sind. Bei der Bearbeitung dieser eschatologischen Problemstellung ist Paulus persönlich involviert. Denn die eschatologischen Erwartungen, die er den Thessalonichern als gemeinsamen Bestand ihres Glaubens erinnernd vor Augen führt (1 Thess 4,13 f.; 1,9 f.), betreffen auch den Apostel selbst. Im 1. Thessalonicherbrief rechnet er sich nämlich selbst denen zu, die am Tage der Parusie noch leben (1 Thess 4,15.17) und als Lebende mit Christus entrückt werden. Trotz Mühen, Anstrengungen und Verfolgungen, die er im apostolischen Dienst erlebt, erwartet Paulus seinen

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eigenen Tod noch nicht. Bis zur Parusie Christi wird Paulus – nach eigener Einschätzung und Erwartung – am Leben sein und bleiben. Der 1. Thessalonicherbrief spiegelt Fragen und Perspektiven eines alternden Apostels. Gleichwohl befindet sich Paulus beim Abfassen dieses Briefes, wie es scheint, noch nicht in der letzten Altersstufe: Weder ist der Rückblick auf sein Leben umfassend angelegt oder gefordert noch bereitet sich der Apostel auf seinen endgültigen persönlichen Rückzug aus seinem Dienst an der Gemeinde oder auf seinen eigenen Tod unmittelbar vor. Erst im Philipperbrief begegnet Paulus deutlich erkennbar als alter Mann, der auch sein Briefeschreiben als Mittel zur abschließenden Formung der Person und zum Umgang mit der expectatio mortis vervollkommnet. Woran lassen sich, so frage ich also abschließend, die lebensaltersbedingten Veränderungen, die die Person des Briefeschreibers betreffen, vom 1.  Thessalonicher‑ zum Philipperbrief festmachen? Wie und worin erscheint Paulus im Philipperbrief dann als alter Mann? (a) Der Philipperbrief ist deutlich durch eine Zunahme autobiographischer und selbstreflexiver Darstellung geprägt. In Phil 1 gibt Paulus Einblick in seine Haftbedingungen (1,12 ff.) sowie in seine inneren Überlegungen, die sein künftiges Schicksal und seine persönliche Todeserwartung (1,21 ff.) betreffen. In Phil  3 blickt er zugleich auf seinen früheren Lebenswandel zurück (3,3 ff.) und beschreibt seine persönliche eschatologische Hoffnung (3,10 f.; 3,20 f.): Die Teilhabe am Tod und an der Auferstehung Christi (3,10 f.) erscheint als unmittelbares, nahbares Ziel des Paulus, Christus zu gewinnen (3,8: […] ἵνα Χριστὸν κερδήσω). Mit der Beschreibung seiner eigenen Herkunft und seiner gegenwärtigen Erwartung auf die baldige Gemeinschaft mit Christus sucht der Apostel, den Philippern vorbildhaft vor Augen zu treten (3,12 ff.). (b) Das paulinische Sprechen vom „Tag des Herrn“ (Phil 1,6: […] ἄχρι ἡμέρας Χριστοῦ Ἰησοῦ; 3,20: […] ἐξ οὗ καὶ σωτῆρα ἀπεκδεχόμεθα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν […]), d. h. von der Parusie Christi, ist im Philipperbrief von jener persönlichen Erwartung der Parusie durch den Apostel entkoppelt, die in 1 Thess 4,13 ff. grundlegend war ([…] ἡμεῖς οἱ ζῶντες οἱ περιλειπόμενοι, V. 17): Im 1. Thessalonicherbrief hatte Paulus für sich selbst wie für seine Mitarbeiter noch ein AmLeben-Sein am Tag der Parusie erwartet. Mit dieser Erwartung hatte Paulus im 1. Thessalonicherbrief die Ermahnung der Gemeindeglieder, die den Tod ihrer Gemeindeglieder zu beklagen hatten und offensichtlich nun verstört waren, zum rechten Lebenswandel verbunden (4,1 ff.; 5,1 ff.). Im 1. Thessalonicherbrief suchte Paulus, die Naherwartung zu erneuern sowie Trost und Ermahnung zu stiften. Die Empathie des Apostels und seiner Mitarbeiter (1,1) mit den Lebenden, die sich in einem ungewissen Zeitrahmen (5,1 ff.) auf die Parusie Christi vorbereiten und d. h. sich noch weiterhin in ihrem Lebenswandel bewähren müssen, während die Verstorbenen bereits ἐν Χριστῷ sind, sollte den Thessalonichern Trost und ethische Orientierung geben.

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Anders argumentiert der Apostel nun im Philipperbrief: Paulus rechnet nicht mehr damit, selbst noch als Lebender entrückt zu werden, um so am Parusiegeschehen teilzuhaben. Vielmehr erwartet der Apostel nunmehr für sich selbst die persönliche Teilhabe an Tod und Auferstehung Christi: … τοῦ γνῶναι αὐτὸν καὶ τὴν δύναμιν τῆς ἀναστάσεως αὐτοῦ καὶ [τὴν] κοινωνίαν [τῶν] παθημάτων αὐτοῦ, συμμορφιζόμενος τῷ θανάτῳ αὐτοῦ, εἴ πως καταντήσω εἰς τὴν ἐξανάστασιν τὴν ἐκ νεκρῶν (3,10 f.). Paulus erwartet also nun für sich selbst das, was er im 1 Thess 4 über die Gruppe der νεκροὶ ἐν Χριστῷ (4,16) gesagt hatte. „Paul’s ‚personalism‘“,46 der die Darstellung in Phil  1.3 prägt, ist hier weit mehr als ein rhetorisches Stilmittel: Paulus schreibt als Individuum über sich selbst. Der Tendenz individualisierter Darstellung entsprechend, erfolgt auch die Ermahnung der Gemeindeglieder (1,27 ff.) mit Hilfe der Veranschaulichung von persönlichen exempla: Christus, Timotheus, Epaphroditus (Kap. 2) und – nicht zuletzt – Paulus selbst (Kap. 1.3). Gerade in der Orientierung an Christus (2,5), die durch die Ermahnung der einzelnen Gemeindeglieder (ἕκαστος, 2,4) zur Übung der „Demut“ exemplifiziert wird (2,6–11),47 zeigt sich, wie die kommunitäre ethische Praxis die eschatologische Hoffnung auf vollständige ChristusKonformität antizipieren kann: Der, der aus Gehorsam gegenüber Gott selbstgewählten Statusverzicht geübt hat, wird von Gott erhöht. Im Philipperbrief also stärkt Paulus die Vergewisserung der eschatologischen Teilhabe an der Parusie Christi (1,6; 3,20 f.) durch die Vorstellung einer vollendeten Christus-Konformität (3,21), die eine Gleichgestaltigkeit zum Doxa-Leib Christi bedeuten wird. Die ethische und eschatologische Orientierung am Beispiel der Selbsterniedrigung Christi kann – wie Paulus für sich selbst erwartet – eine Gemeinschaft an Leiden, Tod und Auferstehung Christi bedeuten. Im Philipperbrief scheint Paulus jedenfalls gewiss zu sein, dass sich für ihn die vollständige Christus-Konformität in Tod und Auferstehung realisieren wird (3,10 f.). (c) Wir können also im Philipperbrief sehen, wie deutlich Paulus von seinem eigenen nahenden Tod ausgeht und sein individuelles eschatologisches Schicksal skizziert: Für ihn selbst wird der Tod zur Voraussetzung einer Teilhabe an der vollendeten Christus-Konformität. Im Philipperbrief verwirft Paulus nicht das eschatologische Denken, das er zuvor in 1 Thess  4 oder 1 Kor  15 entwickelt hatte: Das Sterben der ChristusGlaubenden schließt weder die Teilhabe an der Parusie aus (so 1 Thess  4,16) noch ist es eine notwendige Voraussetzung, um an der Parusie teilzuhaben (so 1 Kor 15,51). Vielmehr sind 1 Thess 4 und 1 Kor 15 im Philipperbrief weiter vorauszusetzen. Denn auch nach Phil  3,20 f. lässt Paulus prinzipiell beide Teilhabevoraussetzungen – als Lebende oder als Verstorbene – an der Parusie zu.

 So Holloway, Philippians, 168.  Vgl. hierzu: Becker, Demut.

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Ein deutlicher Unterschied zu 1 Thess  4 und 1 Kor  15 hingegen betrifft das persönliche Schicksal des Apostels: Denn im Philipperbrief erwartet Paulus für sich selbst, dass er auf dem Weg dahin, dem Doxa-Leib Christi gleichgestaltet zu werden (so 3,21: … σύμμορφον τῷ σώματι τῆς δόξης αὐτοῦ), auch in Leiden, Tod und Auferstehung schicksalhaft mit Christus verbunden ist. Der explizite Umgang mit seiner persönlichen Todeserwartung,48 die schon in Phil 1,21 ff. dramatisch anklingt, ist nicht oder nicht zuerst, jedenfalls nicht allein der Gefängnishaft und der Erwartung eines möglichen gewaltsamen Todes geschuldet. Als alter Mann ist Paulus im Philipperbrief vielmehr grundsätzlich und mehr denn je zuvor mit seinem bevorstehenden Tod befasst: Alter und Tod sind in der antiken Literatur geradezu eine „Junktur“.49 Dass Paulus im Philipperbrief sein Alter – seine mutmaßlich senectus – dennoch nicht explizit problematisiert, sondern allein seinen Tod thematisiert, wird seinen Grund darin haben, dass er nicht im Blick auf das Alter, wohl aber im Blick auf seine möglichen Todesumstände eine Analogie zum Schicksal Christi herstellen und so eine prozesshafte Christus-Konformität beanspruchen kann. Vom 1. Thessalonicherbrief bis zum Philipperbrief ist Paulus als ein Apostel in einem höheren oder hohen Lebensalter tätig. Ein gewaltsamer Tod als vergleichsweise jüngerer Mann, wie ihn Johannes der Täufer, Jesus von Nazareth, Stephanus (Apg  6–7) oder der Zebedaide Jakobus (Apg  12,2) erlitten haben, blieb Paulus erspart. Paulus und Petrus (vgl. Joh 21,18: … ὅταν δὲ γηράσῃς …) erreichten dagegen ein höheres (πρεσβύτης, gravitas oder veteranus) oder sogar hohes (γέρων, senectus) Alter. Daher werden Petrus und Paulus – wenn auch nur pseudepigraph – die Abfassung eines literarischen Testamentes zugetraut und zugeschrieben (vgl. 2 Petr; 2 Tim). Dass Paulus selbst in den letzten etwa dreizehn Jahren seines Wirkens briefeschreibend tätig war, mag mehrere Ursachen und Gründe haben (s. o.). Dafür, dass auch sein Lebensalter die Form und Funktion seines Briefeschreibens mitbestimmt und geprägt hat, finden wir, wie ich in diesem Beitrag zu zeigen versuche, im 1.  Thessalonicherbrief und Philipperbrief im Kontext der antiken Epistolographie stichhaltige Hinweise.

VI. Schluss Das Alter des Paulus spielt, soweit ich sehe, in den Darstellungen zur briefeschreibenden Tätigkeit des Apostels und der Formung seiner Person durch das Briefeschreiben bisher keine Rolle. Höchstens dann, wenn die biographischen 48  Eine solche persönliche Todeserwartung wird ja gerade im Römerbrief nicht greifbar: von Gemünden, Todesangst, 235–261. 49  Brandt, Ende, 17.

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Daten des Paulus erhoben werden, werden auch Vermutungen zu seinem Geburtsdatum und zu seinem mutmaßlichen Alter als Märtyrer in Rom angestellt. Der vorliegende Beitrag versucht, das Phänomen des paulinischen Briefeschreibens  – zusätzlich zu allen Überlegungen, die zum ursächlichen Beginn der epistolaren Tätigkeit des Paulus bisher berechtigt angestellt worden sind – im Lichte des Alters und des Alterns zu betrachten. Vor dem Hintergrund einer reichen antiken Tradition des Briefeschreibens als Alterswerk lassen sich auch die paulinischen Briefe – schon in ihrer frühesten Phase (1 Thess) – bereits als Spätwerk des Apostels verstehen. In den Briefen selbst wird dann noch einmal eine weitere Entwicklung im Umgang mit dem Alter angesichts der Erfahrung der ausbleibenden Parusie und der zugleich näher rückenden Erwartung des eigenen Todes erkennbar. Schon den 1. Thessalonicherbrief schreibt Paulus als alternder Mann: Der frühe Briefeschreiber agiert also zu Beginn seiner epistolaren Tätigkeit bereits als lebensgereifter Mensch. Zwischen 1. Thessalonicher‑ und Philipperbrief ist dann ein weiterer Schritt in die wohl letzte Lebensstufe des Apostels zu erkennen: Auch wenn Paulus sich zu dieser Zeit selbst eher als πρεσβύτης bezeichnet (Phlm  9), hat er faktisch sogar die Stufe des γέρων (senex, senectus) erreicht. In den vielleicht dreizehn Jahren, die zwischen der Abfassung des 1. Thessalonicherbriefs und des Philipperbriefs liegen – Jahre, in denen Paulus ausgiebig Leid erfährt (s. 1 Kor 15,30 ff.; 2 Kor 1,8–10; auch schon: 1 Thess 3,4), Peristasen erlebt, beschreibt und deutet (s. 1 Kor 4,6–13; 2 Kor 4,7–15; 6,3–10; 11,21b–30; 12,9b–10; Röm 8,31–39)50 und von der täglichen Sorge für die Gemeinden getrieben ist (2 Kor 11,28) –, vollzieht sich dann jener Übergang in die senectus, die nunmehr mit einer deutlich greifbaren Todeserwartung einhergeht. Dementsprechend skizziert Paulus im Philipperbrief seine individuelle eschatologische Erwartung (3,10 f.). So sind es vermutlich nicht die „Fesseln“ (Phil 1,7 u. ö.) oder der unklare Ausgang des Prozesses gegen ihn (Phil 1,12 ff.), die Paulus im Philipperbrief dazu veranlassen, seine persönliche expectatio mortis zu bedenken und explizit zum Thema zu machen: Der gefangene Apostel ist vielmehr – so wie auch im Philemonbrief – nunmehr ein alter Mann, ja vielleicht nach antikem Verständnis ein Greis, der deutlicher als je zuvor erkennt, dass er seinen eigenen Tod notwendig bedenken muss.

 Vgl. Choi, Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

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Literaturverzeichnis Die allgemeinen Abkürzungen sowie die Abkürzungen für antike Autoren, biblische ­Bücher, außerkanonische Literatur, Qumran, Rabbinica und für die Schriften der Kirchen­ väter folgen den Vorschlägen von H. D. Betz u. a. (Hg.), Religion in Geschichte und Gegenwart, RGG4, Bd. 1, 1998, XX–XXXI.LI–LIV. Abkürzungen von Werken griechisch-­ römischer Autoren folgen dem Abkürzungsverzeichnis der Society of Biblical Literature, The SBL Handbook of Style, Atlanta, GA 22014. Inschriften und Papyri folgen dem Wörterbuch zum Neuen Testament, 6. Aufl., bearbeitet von K. und B. Aland, 1988, XVIII-XX. Reihenangaben folgen Siegfried M. Schwertner, IATG3  – Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin/Boston 32017. Darüber hinaus finden folgende Abkürzungen Verwendung: ABG Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte AE L’Année épigraphique AG Alte Geschichte AREAK Arbeiten zur römischen Epigraphik und Altertumskunde AsMS Asia Minor Studien BG Biblische Gestalten BGdS La Bible Grecque des Septante BNT Die Botschaft des Neuen Testaments BzKTh Beiträge zur Komparativen Theologie CRPG Culture, Religion, and Politics in the Greco-Roman World EC Early Christianity EGD Europäische Geschichtsdarstellungen HABES Heidelberger Althistorische Beiträge und epigraphische Studien JEpS The Journal of Epigraphic Studies KSRBGSWD Kleine Schriften zur Kenntnis der römischen Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands MRBen.BÖA.COP Monographische Reihe von ‚Benedictina‘. Biblisch-Ökumenische Abteilung. Colloquium Oecumenicum Paulinum 24 PCNT Paideia Commentary on the New Testament RRTC Revista de Retórica y Teoria de la Comunicación SAG Studien zur Alten Geschichte S.AHGAFG Der Steigbügel. Arbeitshilfe für Gruppenabende und Freizeit­ gestaltung SFEG Suomen Eksegeettisen Seuran julkaisuja / Suomen eksegeettinen seura SUDNIA Skrifter utgitt av Det norske instituttet i Athen ThHB Theologen-Handbücher ZECNT Zondervan Exegetical Commentary on the New Testament

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Autorenverzeichnis Eve-Marie Becker Professorin für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Babett Edelmann-Singer Professorin apl. für Alte Geschichte an der Fakultät für Philosophie, Kunst-, Geschichts‑ und Gesellschaftswissenschaften der Universität Regensburg. Ulrich Fellmeth Professor hon. am Historischen Institut der Universität Stuttgart und Lehrbeauftragter an der Universität Hohenheim. Marlis Gielen Universitätsprofessorin für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg. Gudrun Guttenberger Professorin für Biblische Theologie am Institut für Evangelische Theologie/ Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Friedrich Wilhelm Horn Professor em. für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg Universität Mainz. Matthias Konradt Professor für Neutestamentliche Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg. Christof Landmesser Professor für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen. Hermann Lichtenberger Professor em. für Neues Testament und antikes Judentum an der EvangelischTheologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen.

562

Autorenverzeichnis

Andreas Lindemann Professor em. für Neues Testament an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/ Bethel. Ulrich Mell Professor für Evangelische Theologie und ihre Didaktik an der Wirtschafts‑ und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hohenheim (Stuttgart). Bernhard Mutschler Professor für Biblische Theologie/Gemeindediakonie an der Evangelischen Hochs­ chule Ludwigsburg. Markus Öhler Universitätsprofessor für Neutestamentliche Wissenschaft an der Evangelisch-​ Theolo­gischen Fakultät der Universität Wien. Dieter Sänger Professor em. für Theologie‑ und Literaturgeschichte des Neuen Testaments an der Theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Eckart David Schmidt Privatdozent an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Udo Schnelle Professor em. für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg. Stefan Schreiber Professor für Neutestamentliche Wissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg. Monika Schuol Professorin apl. für Alte Geschichte am Fachbereich für Geschichts‑ und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin. Gert J. Steyn Professor für Neues Testament an der Theologischen Hochschule Ewersbach. Michael Theobald Professor em. für Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Autorenverzeichnis

563

Markus Tiwald Universitätsprofessor für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Oda Wischmeyer Professorin em. für Neues Testament an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.

Stellenregister 1. Altes Testament Genesis 1,1–5 1,2 1,14LXX 2,7LXX 4,26 5,22 5,24 6,9 12,3 15,6 15,16 17,1 17,9–14 17,10–14 17,10 17,23 17,25 f. 18,18 21,3 f. 21,10LXX 32,13 34 43,32

369 259 479 352 266 299 299 299 479 479 452 299 109, 479 398 392 479 479 479 479 481 484 454 53

Exodus 3,16LXX 12,43–49 19,4–6 19,5 f. 20,10 23,12 33,3 33,5 34,15

500 390 463 300 390 390 277 277 164

Leviticus 11,32–35 11,44 f. 11,44 11,45 15,12 16,29

52 463 388 388 52 390

17–26 17–18 17,10–14 18 18,6–26 18,6–18 18,8 19 19,2 20,2 20,7 20,24 20,26 21,17–24 22,18–20 24,10–22

390 67 390 304 390 301, 390 304 463 300, 388, 487 390 388 300 300, 388, 463 388 390 390

Numeri 9,14 11,17 11,26–29 15,30 f. 15,30 18,11 19,1–11 23,27

390 259 452 196 390 432 390 299

Deuteronomium 4,37 6,4 7,6–11LXX 7,6 9,13 10,5 10,15 12,5 14,2 14,23 14,29 15 15,3 15,12 17,6

463 368 387, 463 300 277 463 387 387 300, 387 387 432 261 261 261 160, 205

566

Stellenregister

18,1 19,15 21,22 f. 21,23 25,4 26,16–19 26,18 f. 27,26 28,9

432 160, 205 100 98 432 463 300 480 300

Josua 24,2–24

463

1. Samuel 17,39 18,16

277 485

2. Samuel 2,9 3,21

485 485

1. Könige 3,10 13,1 f.LXX 21,10 21,35LXX 24,40 f.LXX

299 333 205 333 426

2. Könige 10,2–7LXX 17,7–20

426 453

2. Chronik 12,1 12,12 24,21 30,12LXX

485 489 475 333

Nehemia 13,30

277

Esther 3,13eLXX 4,C25–28LXX

454, 476 164

Hiob 1,1 1,8 2,9LXX 6,9 14,20 15,15

452 452 452 489 489 30

Psalter 7,9 7,12LXX 8,7LXX 9,2–5 9,7LXX 9,32LXX 10,17 f. 13,7LXX 15,7LXX 17,39LXX 22,28–30 23,1LXX 24 25,14LXX 26,9–11LXX 30,9LXX 33,20 36,7–9 36,39 39,9LXX 49,1LXX 49,12LXX 51,7 LXX 73,1 LXX 73,10 LXX 75,9 f. 77,50LXX 77,62LXX 55,14LXX 57,11LXX 68,32LXX 88,12LXX 89,6 89,8 89,9 94,2 107,2 f. 109,1LXX 111,1LXX 111,8 111,9LXX 111,10LXX 114,9LXX

387 387 347, 486 387 489 489 387 487 489 489 484 486 486 299 387 490 385 387 385 387 487 486 489 489 489 387 490 490 299 387 299 486 30 30 484 452 485 347, 486 487 487 486–487 487 299

Sprüche 24,18

299

Kohelet 4,12 12,13 f.

198 322

567

Stellenregister Jesaja 1,1 1,9LXX 2,1–4 2,1 2,2–4 2,2 f. 2,3 3,1 f. 3,8 8,14 10,22LXX 13,8 22 22,11 ff. 22,13LXX 25,8 28,16 35,4 43,5 f. 43,8 f. 49,1 49,4 49,6 49,12 49,22 f. 52,15 53,1LXX 56,6 f. 57,15LXX 59 59,2 59,4 59,9 59,11LXX 59,12 59,14 59,15 59,17 f. 59,17 59,19 f. 59,20LXX 60 66,18 f. 66,20

475 484 479 475 48 484 486 475 475 487 484 452 349 349 349 354, 398 487 452 485 48 67 278 67 485 484 168 484 479 452 388 388 388 388 388 388 388 299 388 388 487 485–487 48 3 48

Jeremia 1,6–10 3,17 6,14 7,27 8,11 11,20

434 484 230, 452 453 230 452

12,3 20,7–9 25,3 35,14 38,33LXX 66,20 66,23

300 434 453 453 399 484 484

Ezechiel 13,10 20,25 f. 36,27 37,14

230 399 297, 452 297, 452

Daniel 1,8–16 1,12 3,98 4,10 6,26 7,13LXX 8,23 9,24 12,1 12,1–4

52 52 176 30 176 337 477 477 385 330

Hosea 13,14

354, 398

Joel 4,16

486

Amos 1,2 1,6LXX 1,9LXX 3,8 9,8 7,1 7,15

486 490 490 434 489 475 434

Micha 4,1–4 4,2 6,1 7,9

484 486 475 387

Habakkuk 3,16

385

Zephania 1,15

385

568 Sacharja 1,15 8,4 8,20–23 9,14 14,5 23,1

Stellenregister Maleachi 3,4 3,9 3,18–22

484 500 484 335 30, 452 475

299 459 459

2. Frühjüdisches Schrifttum Aristeasbrief 151 f. 180–186

301 52

Himmelfahrt des Mose (Assumptio Mosis) 5,1–7,10

459

Apokalypse des Mose 41,2

337

Apokalypse des Sedrach 7,7

317

Baruch 4,25 4,28 4,37 5,5

477 477 485 485

2. Baruch (Syrischer Baruch) 15,7 f. 48,50 52,6 78,2

385 385 385 176

4. Esra 6,23 7,24 7,34 7,47 f. 7,89 9,36 f. 13 13,3–11 13,3 13,12 f. 13,16–20

335 459 459 45 385 459 334 334 337 334 334

13,23 13,24 13,35 14,44–46 15,6

334 334 487 459 477

1. Henoch 10,20 f. 57,1 62,4 82,7 82,9 f. 89,51–90,19 90,30 91,11–17 93,1–10 99,10 103,11 104,10–13

484 485 452 479 479 453 484 459 459 459 428 459

Liber Antiquitatum Biblicarum 19,2 26,13 30,7 36,1 36,6 41,1 49,3

489 477 489 477 489 477 489

Qumran Damaskusdokument (4Q265; CD) 1a–b 236 7,7–10 234 7,7 234 11,2–13 237 11,1–4 459 11,25–27 459 Gemeinderegel (1QS) I,9 236

569

Stellenregister II,4–25 II,16 III,13–IV,26 III,13–15 III,13 III,14–IV,26 III,17 f. III,18–21 III,18 f. III,19–21 III,19 III,20 f. III,21–24 III,21 f. III,24 f. III,24 III,25 IV,2–8 IV,4 IV,6–8 IV,9–14 IV,18 f. IV,18 IV,20 IV,21 IV,23 IV,25 V,8–11 VIII,1–10 VIII,1 IX,3–6 IX,4 X,6 X,14

236 236 236–237, 240 239 236 237 237 233 237 241 237 237–238 238 238 238 236, 238 236 238 461 238 238 239 239 239 239 239 239 387 234 234 233 233 233–234 233

XV,37–38 XVIII,3–5

237 242

Hodayot (4QHb) 10,1 237 Horoskope (4Q186) II,5–9 241 III,3–6 241 Kriegsrolle (1QM) I,1 236 I,3 236 I,6 236 I,11 f. 385 I,11 236 I,13 236 I,14 236 X,15 f. 479 XIII,16 236 Maskil-Lieder (4Q510; 4Q511) I, 7 236 1,9 236 10,4 236 Melchisedek-Dokument (11Q13) 2,8 236 Midrasch zur Eschatologie (4Q174 + 4Q177) 1–2 I 6 233 I 7 236 I 11 236 III,11–13 487 X–XI,7 236 XII–XIII 236

Habakuk-Pescher (1Qp-Habakuk) I–V 453

Visionen von Amrama (4Q543) 14,1–2 240 14,1 237

Hodayot (1QHa) V,25–30 VI,12 VII,27–34 VII,27 f. VII,27 VII,30 VII,35 VIII,13 f. VIII,28 IX,9–22 XI,8–13 XII,6–12 XII,28 f. XII,39

Visionen von Amramb (4Q544) 2 240 3, III,12–IV,2 240

242 484 237 242 242 237 237 242 242 242 230 385 457 237

Visionen von Amramd (4Q546) 4,1 240 Visionen von Amramf (4Q548) 1, II–2,16 237, 239–40 II,9 237 II,12 237 Jesus Sirach 3,14 5,3

500 452

570 44,15 49,7

Stellenregister 299 453

Joseph und Aseneth 7,1 8,9 11,10 f. 11,10 11,11 23,9 29,3

52 477 368 477 477 317 317

Josephus Antiquitates Judaicae 1, 192 392 3, 274 301 9, 265–267 453 10, 38–41 453 10, 201 261 10,112 456 11, 212 454, 476 12, 119 56 12, 120 56 12, 271 461 13, 135–143 56 13,289 299 16, 148 56 17, 23–31 56 18, 118 22 18, 261–288 57 20,50 f. 468 20,101 468 20, 197–203 96 De bello Iudaico 1, 425 2, 161 2, 184–203 2, 227 7, 44 7, 45 7, 46–62 7, 106–111

56 301 57 456 56 56, 162 56 56

Contra Apionem 1, 309 2, 39 2, 79 2, 95 2, 148 2, 199 2, 121 2, 125

476 56 37 37 37, 476 301 454, 476 454, 476

2, 148 2, 258

454, 476 454, 476

Vita 13 f.

52

Jubiläenbuch 1,7–26 1,14 2,19 f. 14,16 15,25–34 15,30 f. 22,16–18 22,16 25,1 33,10 33,20

453 479 300, 463 477 392 463 164 52 301 301 300

Judith 10,5 12,1–4 12,8LXX

52 52 452

1. Makkabäerbuch 2,27 3,30 11,44–51 14,14

461 277 56 461

2. Makkabäerbuch 1,3 f. 1,10 4,2 6,14 8,29 15,14

387 176 461 477 489 306

4. Makkabäerbuch 13,19–14,1 15,24 17,4 17,7–10

306 452 452 56

Midrasch Tehillim 14 § 6

487

Philo De Abrahamo 8

265–266

571

Stellenregister 9 10 17 31 50 137 270 271 273

266 266 299 299 256 301 264 256, 264 264

De praemiis et poenis 27 256, 264 31 265 49 265 117 335

De cherubim 85

265

De specialibus legibus 1, 1 ff. 392 1, 41 256 1, 79 261 1, 201 299 2, 165 256 2, 253 461 3, 9 301 3, 22–25 301 3, 12–26 301 3, 34–36 301 3, 113 301 4, 30 264

De confusione linguarum 31 264 De congressu eruditionis gratia 17 250–251, 266 78 264 De ebrietate 94

256

De decalogo 90 157

256 263

De fuga et inventione 150 264 152 264 154 264 De gigantibus 22–24 22 23 24 27

259 259 259 259 259

De Iosepho 40–44 43

301 301

De migratione Abrahami 132 264 De mutatione nominum 42 299 201 256 De opificio mundi 105 462, 499 De plantatione 70 88

264 266

De posteritate Caini 43 299

De sacrificiis Abelis et Caini 91 263 De somniis 1, 68

256, 264

De virtutibus 67 207 214 217 218

299 301 256 259 256

De vita Mosis 1, 28 1, 300 2, 177 2, 245 2, 288

301 263 264 439 256

Legatio ad Gaium 1 498 200–207 57 361 f. 52 Legum allegoriae 1, 41 260 1, 42 259 1, 76 256 2, 96 299 3, 108 265 3, 177 299 3, 180 257 Quaestiones et solutiones in Genesim 4, 86 301

572

Stellenregister

Quis rerum divinarum heres sit 82 256 91 264 203 256 Quod deus sit immutabilis 109 299 Quod deterius potiori insidiari soleat 139 266 Quod omnis probus liber sit 84 265 111 266 127–130 284 Psalmen Salomos 1,1 2,5 8,9 11,2

489 489 301 485

Pseudo-Philo De Iona 16,105 f. 176

301 480

Pseudo-Phokylides 179–183

301

5,18 5,17–22 9,10 14,24 14,26 18,14 17,14 19,4

388 388 299 301 301 452 452 452

Testament des Abraham 16,3 16,7

335 335

Testamente der zwölf Patriarchen Testament des Benjamin 4,3 319 9,2 484 10,11 296, 485 Testament des Dan 1,3 301 5,5 301 Testament des Issachar 2,3 301 Testament des Juda 23,2 301

Sibyllinische Orakel

Testament des Levi 2,3,9 299 6,11 454, 489

3, 594–600 5, 387–393 5, 390 f.

Testament des Naftali 3,1 f. 387 8,3 484

301 301 301

Sapientia Salomonis

Tobit

3,18 4,10 5

8,7 13,13

452 299 388

301 484

3. Neues Testament Matthäus 5,32 5,38 f. 5,43 7,15–20 8,5–13 8,11 f. 10,8

113 317 307 436 48 485 444

10,10 12,46 f. 15,19 13,55 18,16 19,9 19,19 21,33–46

126, 432, 436, 442 129 264 129 160, 205 113 307 453

573

Stellenregister 22,6 22,16 22,39 23,15 23,23 23,25 23,34 23,32 23,35 23,36 23,37 24,30 f. 24,42 24,43 25,1 25,6

453 58 307 156 477 52 60, 475 475 475 475 475 333 230 235 338 338

Markus 1,4 1,8 2,2 3,6 3,29 3,31 f. 4,33 6,3 6,10 7,4 7,21 7,24–30 12,1–11 12,1–5 12,7–9 12,13 12,31 12,33 13,9 13,11 13,33–36 14,22 f. 16,1–8

155, 174 57 475 58 57 129 475 129 432, 442 52 654 48, 162 453 475 475 58 307 307 155 57 230 164 164

Lukas 1,4 2,1 f. 2,16 3,2 3,8 3,19 f. 7,10 8,19 f. 9,51 9,52–56

186 22 62 22 481 22 436 129 199 199

9,52 10,1–12 10,1 10,7 10,27 11,20 11,49 11,51 12,11 12,12 12,39 12,45 13,28 f. 13,34 16,8 17,20 f. 17,20 17,26–30 23,2

199 214 214 126, 431–432, 435, 442 307 155, 174 475 475 62 235 235 62 485 475 231 155, 174 174 230 189

Johannes 1,4 f. 1,9 3,20 5,29 8,10 8,12–45 8,33 8,37–44 9,22 10,34 12,36 12,42 12,34 13,34 f. 14–16 15,3 15,17 15,12 f. 15,25 16,2 18,28

369 369 322 322 205 481 481 481 60 480 231 60 480 307 57 475 307 307 354, 480 60 48, 52

Quelle «Q» 3,7–9 6,22 f. 7,1–10 11,47–51 11,49–51 12,10–12 13,34 f.

155, 174 155, 453 162 45 155 57 453

574

Stellenregister

Apostelgeschichte 1,7 18, 180 1,8 18, 62 1,9 249, 264 1,13 f. 170 1,13 49, 62, 164 1,14 129 1,21 f. 163 1,26 163 2,14 249 4–5 155 4,3 264 4,6 22 4,36 f. 54, 107, 180 4,36 47, 49, 63, 107, 180, 182 5,3 330 5,21 482 6–7 504 6 47 6,1–7 200, 201, 203 6,1 21 6,5 47–49, 201 6,8–15 100 6,9 108 6,12 62 6,13 f. 171 7,51 f. 453 7,51–53 475 7,52 171 7,54–8,1 475 7,58 412 7,59 155 8 412 8,1 47–48, 107, 116 8,4 107 8,5 48 8,39 338 9 224 9,1–9 101 9,1 f. 58 9,1 461 9,2 f. 101 9,3 60 9,11 170, 182 9,23–25 462, 465 9,26–31 469 9,26–30 108 9,27 182 9,29–30 138, 462 9,30 61, 182, 461 9,32–35 149 9,38 149 10–11 53

10,1–11,18 10,1–48 10,9–16 10,11–15 10,14 f. 10,23 f. 10,28 10,44–48 10,47 f. 11,3 11,15 11,18 11,19–21 11,19 f. 11,19 11,20 f. 11,20 11,21 11,22–26 11,22 f. 11,22 11,25 f. 11,25 11,26 11,27–30 11,27 f. 11,28 11,29 f. 11,29 11,30 12,1–9 12,1 f. 12,1 12,2 12,3–17 12,3–11 12,3 12,12–17 12,12 12,17 12,25 13–14 13 13,1–14,26 13,1–5 13,1–4 13,1–3 13,1 f. 13,1

47 104 164 53 390 149 390 390 162 53, 104, 390, 393 390 47 181 47–48, 116 107, 475 162, 390 47, 107, 111, 390 47 181 47 182 61, 108, 182, 390, 462 67, 182 58–59, 62, 182 181, 462, 467, 469 469 468 469 59, 468 182 468 117 110, 155 21 504 110 188 342 104, 108 170, 183 468 65, 182–183, 462, 467, 468–469 51, 61, 63, 129, 137, 161–162, 165, 167, 180, 182–183, 185, 194, 431, 468 412 145 145 426 129 110, 182 47, 49, 59, 61–62, 107–108, 166, 180, 182, 462

Stellenregister 13,2 f. 13,2 13,5–12 13,5 13,13 13,14–14,26 13,14 13,38 f. 13,43 13,44–51 13,46 13,48 13,49 13,50 13,51 14 14,1 14,4 14,6–23 14,6–21 14,6 14,8–18 14,8 14,12 14,14 14,19 f. 14,19 14,20 f. 14,20 14,21 14,25 14,26 14,27 14,28 15–28 15 15,1–35 15,1–30 15,1–29 15,1–5 15,1 f. 15,1 15,2–21 15,2–4 15,2 15,3 15,5 ff. 15,5 15,8 15,12 15,13–21 15,16–18

66 182 146 183, 473 64, 146, 183–184 63, 139 45, 150, 184, 473 46 182 473 182 64, 485 184 182 150, 184 412 31, 34, 184, 473 46, 426 196 146 184, 198 330 184, 198 182 46, 182, 426 182, 197 45, 184, 197 150 184 45, 184, 198 146 146 59, 64, 66, 284 59 408 3, 49, 109, 129, 224, 264, 409 468 467, 469 95, 492 180 49, 467 59, 62, 109 180 462 180, 182, 462 59 391 61, 103, 109, 194 181 182 119 447

15,19–21 15,19 f. 15,20 15,21 15,22–29 15,22–33 15,22 f. 15,22 15,23–29 15,23 15,25 15,27 15,28–29 15,28 f. 15,29 15,32 f. 15,32 15,33 15,34 15,35 15,36–18,22 15,36–41 15,36–40 15,36–39 15,36 15,37 f. 15,38 15,39–16,3 15,39 f. 15,39 15,40–18,22 15,40–16,1 15,40 f. 15,40 15,41–16,5 15,41–16,2 15,41 16 16–20 16–17 16,1–6 16,1–5 16,1–3 16,1 f. 16,1 16,2 16,3 16,4 f. 16,4 16,6–8 16,6 f.

575 390 113 53, 113, 121, 264 473 24, 27 158 206 59, 66, 159, 180, 182, 198, 206, 478 180, 184, 468 180–181, 184 181–182 66, 159, 181–182, 206 390 113 53, 113, 121, 165, 264 59, 206 66, 181–182, 478 181, 183 183 62, 182–183 159, 185 117, 130, 291, 427, 468 462 64, 183 182, 184, 192 182 65, 183–184 94 182 183 146 365 193 159, 183, 185, 198, 224, 478 139 150 139, 146, 192–193 224 204 407 468 146 185, 198, 202 184, 196 50, 184, 194, 196, 201, 224, 478 184, 197, 203 49, 160, 196–197 197 139, 186, 193, 197 186 193, 196

576 16,6 16,7–10 16,7 16,8 16,9 f. 16,9 16,10–17 16,10 16,11–40 16,11 f. 16,11 16,12 16,13 16,14 f. 16,14 16,16–18 16,16 16,17 16,18 16,19 16,20 f. 16,22–24 16,25 16,26 16,28 16,29–34 16,29 16,30–33 16,32 16,34 16,35–40 16,39 17 17,1–18,5 17,1–14 17,1–10 17,1–9 17,1–7 17,1–3 17,1 ff. 17,1 f. 17,1 17,2 17,4 17,5–10 17,5–8 17,5–9 17,5 17,6–9 17,6 17,7 17,9

Stellenregister 31, 34, 139, 146 146 206 470 186, 193 190 186 186 157, 188 167 143, 146, 149–150, 186 146, 186 186, 473 186 187–188 187 186 186 188 159, 186, 194, 478 188 474 159, 186–187, 194, 478 188 188 188 159, 186, 194, 478 188 31, 34 188 188 188 18, 189, 293, 329–330, 455 250 454 188, 204, 213, 281, 330 188–189, 249, 473 365 329 330 473 143, 146, 168 214, 472 78, 159, 186, 194, 214, 329, 478 214, 293, 456 329 87, 169, 208, 329, 473 170, 189, 282, 329, 473 472 329, 473 473–474 329

17,10–15 17,10–13 17,10–12 17,10 17,11–15 17,11 f. 17,13 f. 17,13 17,14 f. 17,14 17,15–34 17,15 17,16 17,34 18 18,1–17 18,1–3 18,1 f. 18,1 18,2 f. 18,2 18,2–11 18,2–8 18,2–4 18,3 18,4 18,5–7 18,5 18,7 18,8 18,9 18,11 18,12–18 18,12–17 18,12–16 18,12 18,15 18,17 18,18–22 18,18 f. 18,18 18,19–21 18,19 18,21 f. 18,22 f. 18,22 18,23–21,33

188–189, 214 169 472 143, 146, 159, 186, 194, 214, 330, 472–473 188 169 473 472 144, 159, 179, 194, 199, 203, 210 18, 143, 171, 186, 205, 214, 472–473 473 146, 190–191, 205, 214 214 18, 190 21 25, 28 191, 431 101, 171 146, 213 191 20 25 25 26 167, 427–428, 442 191, 473 26 18, 23, 158–159, 171, 175, 191–192, 194, 199, 203, 205, 210, 213–214, 225, 478 179 25 32, 34 18–19, 25, 66, 175, 192, 199, 342 473 25, 474 25 19–20, 25 455 25 144 192 20, 146, 175, 191, 342 193 19, 146, 473 192 95, 112, 462 51, 59, 66–67, 146, 462 148

577

Stellenregister 18,23 f. 18,23 18,24–19,7 18,24–26 18,26 18,27 19 19,1–20,1 19,1 19,8 19,10 19,21 19,22 19,23–40 19,23 19,29 19,33 f. 19,37 20–21 20 20,1 f. 20,2 20,3 20,4 20,5 f. 20,5 20,6 20,7 20,13–21,1 20,13 20,16 20,33–35 20,34 20,35 21,2 21,4–8 21,15–23,33 21,18–25 21,20–24 21,21 21,25 21,27 21,29 21,39 22,3–5 22,3 22,23 23,6–9 23,6

150 199, 206, 468 125 165 191–192 18, 165 358 149, 202 150, 193, 199 175, 199, 473 175, 199 169, 199 175, 179, 192, 194, 199–200, 202–203 200, 349, 358, 470 21 200–201 455 200 186, 286 201 470 471 456 143, 164, 169–170, 179, 184, 192, 194, 199–201, 203, 208, 225, 472 149, 186 199, 202 149–150 170 149 139, 199, 202 199 442 428 442 151 149 149 119 103 457 53, 62, 113, 121, 186, 264, 390 199 199, 202 166, 182 461 107, 182, 461 62, 338 358 461, 463

24,17 24,19 24,27 26,5–7 26,5 26,12 26,15 26,28 26,30 27–28 27,1–28,14 27,1–28,8 27,2 f. 27,2 27,5 f. 27,13 27,30 27,37 27,44 28,1–10 28,12 f. 28,25 28,30

201, 468 199 199 258 46 461 461 58 62 186 150 151 150 201 151, 471 151 156 135 156 151 151 338 199

Römerbrief 1–8 1 1,1 1,2 1,3–4 1,5 1,6 1,7 1,8–15 1,8 1,9 1,13 1,16 f. 1,16 1,17 1,18–5,21 1,18–3,20 1,18–2,16 1,18–32 1,18 1,19–22 1,23 1,26 f. 1,29 1,30 2,1–16 2,1–5 2,4

483 302 210, 299, 327, 416 449 395–396 63, 388, 462 299 299 384 30, 33, 176 416 66, 143, 168, 261–262, 326 9, 373, 483 487, 489 12, 449 463 483, 489 370 370 456, 459 12 352 302 314 314 370 457 332

578 2,5 2,6 2,7 2,9–18 2,9 f. 2,9 2,10 2,24 2,25–29 2,25–27 2,29 3,4 3,5 f. 3,8 3,9–20 3,9–19 3,10 3,19 3,20 f. 3,20 3,21 f. 3,22 3,23 3,24 3,25 3,27–30 3,28 3,31 4,1–25 4,3 4,17 4,23 4,25 5–8 5 5,1–11 5,1 5,7 5,9 f. 5,9 5,10 f. 5,12–21 5,21 6,1 6,3–5 6,4 6,6 6,12 6,13 6,14 6,15 6,16 f. 6,19

Stellenregister 356, 459 356 313–314 319 489 314 313–314 449 196 12 12 449 459 11, 313–314 489 12 449 480 12 279 483 489 483 388, 444 395–396 483 12 11, 480 12 449 449 449 395–396 373, 379 379 371–373, 376 373 314 487 487 13 13, 483 388 11 13, 396 396 13, 292 312, 379 232 388 11 398 296, 301

6,20 6,22 7–8 7 7,1 7,4 7,6 7,7–25 7,7 ff. 7,7 7,12 7,13 7,16 7,18 f. 7,18 7,19 7,21 7,25 8 8,1–27 8,1–17 8,3 f. 8,4–13 8,8 8,14 8,15–17 8,23–29 8,23 8,28 8,29 8,30 8,31–39 8,31–35 8,33 f. 8,33 8,36 9–11 9,1–3 9,2 f. 9,3 9,4 f. 9,4 9,5 9,6–13 9,6–9 9,6 9,7–9 9,7 9,8 9,11 9,12 9,13

301 296, 301 11 495 261 261 12, 369 13, 483 398 390 314 314 314 312 314 313–314, 319 314 369, 398 379 373 297 13 13 299, 476 332 13 13 13 299, 314 13, 352 298 373, 379, 505 379 373 299 449 11, 298, 359, 450, 456, 482, 484, 486 451, 457, 460, 483 485 457, 462 489 463, 484 483, 487 481 13 386, 459, 484 489 298, 484 484 13, 298, 313–314, 321 298 449

579

Stellenregister 9,17 9,22 9,24 9,27 9,30–33 9,31 9,32 9,33 10,1 10,2 10,5 10,9–13 10,9 f. 10,9 10,11 10,12 10,13 10,15 10,16 10,19 10,21 f. 10,21 10,14–21 10,14 f. 10,15 11 11,1–10 11,1 f. 11,1 11,2 f. 11,2 11,3 11,5 11,7 f. 11,7 11,8 11,10 11,11–15 11,11 11,12 f. 11,12 11,13 11,13 f. 11,14 11,15 11,16–24 11,23 11,24 11,25–27 11,25 f. 11,25 11,26 f.

449 11, 13 298, 484 386, 483–484, 487 483 386, 484 487 449, 487 485 487 449 463 487 457 449, 487 489 487 449 483–484 386, 484 486 386, 484 457 174 314 485 11 483–484 463, 484 475 386, 449 45, 484 13, 298, 483–484, 488 457 13, 298, 386, 484, 488 449 484 484–485, 488 485, 487 488 490 462 63 487 488 488 484 489 488 62, 457, 484 3, 10, 63, 262, 326, 386, 457–458, 484–485, 488, 490 10

11,26 11,27 11,28–32 11,28 f. 11,28 11,29 11,32–36 11,32 12 12,1–15,13 12,1 f. 12,1 12,2 12,3–8 12,3 12,9–21 12,9 f. 12,9 12,10 12,11 12,12 12,13 12,17 12,18 12,19 12,21 13–14 13,1–7 13,3 13,4 13,8–10 13,9 13,10 13,11–14 13,11 13,12 13,13 14,1–15,13 14,1–15,6 14,1–23 14,1 f. 14,10 14,11–13 14,11 14,15 14,16 14,18 14,19 14,20 14,21 15,2 f. 15,2

13, 386, 449, 484–485, 487–488, 490 487 489 489 13, 298, 483, 489 298, 483 460 457, 459, 490 301, 307–309 308 300 299, 321 314, 321 13 298 13, 307–309 307 13, 308, 313–314, 319 261, 306 308 308 261, 317 307, 314, 317, 319 307 449, 459 13, 313–314, 319 159 87 313–314 314 13 390 314 236 487 232, 236 302 308 13 12 52 356 159 449 308 314 299, 308, 321, 369 159, 317 314 314 308 313–314

580

Stellenregister

15,3 449 15,4 449 15,7 308 15,8–12 490 15,8 483 15,9 449 15,10 483 15,14–33 384 15,14–29 409 15,14 314 15,15 f. 63 15,16 3 15,17 f. 434 15,18–19 143 15,19 3, 66, 160, 166, 472 15,20 f. 13 15,20 261 15,21 168, 449 15,22 168 15,22–24 143 15,23 3, 472 15,24 1, 67, 166, 169 15,25–28 164, 286, 468 15,25 ff. 492 15,25 200 15,26 18, 164, 166, 213 15,27 164 15,28 3, 67, 164, 166, 168 15,30 f. 101 15,31 200, 468 16,1 f. 38, 41, 471 16,1 151, 160, 174 16,2 160 16,3 f. 462 16,3 159–160, 170, 191, 465 16,5 166, 170, 191 16,7 128, 336, 426 16,9 465 16,18 314, 369 16,19 313–314 16,20 388 16,21 201, 218, 225, 465, 472 16,22 471 16,23 168, 200–201, 443, 471 16,25–27 448 16,26 449 1. Korintherbrief 1–4 9, 294, 298 1,1 128, 157, 210, 217, 225, 299, 342 1,2 177, 299, 342, 360, 465 1,3 388

1,4 1,6–9 1,7 1,8 1,9 1,10–4,12 1,10–17 1,10 1,11–-4,21 1,11–13 1,11 1,12 f. 1,12 1,18 1,19 1,21 1,24 1,26–29 1,26–28 1,26 1,29 1,30 1,31 2,4 2,7 2,9 2,12 2,14 2,15 f. 2,16 3,1 f. 3,1 3,3–9 3,4–6 3,4 f. 3,5 f. 3,5 3,6–8 3,9 3,13–15 3,14 3,15 3,19 3,21–23 3,21 f. 3,22 4,1 4,3 f. 4,3 4,4 4,6 4,7 4,9–12

296 466 347, 362 347, 362 299, 309 120 429 261 131 441 120, 261 130 26, 120, 127 487 449 487 299 433 298 261 279 296, 301, 396–397, 400 449 30–31, 33–34 458 449 296 362 295 466 253 466 131 432 441 121 103 158 160, 465 356 326 326, 487 449 103, 131 432 26, 120 434 30, 34 296 396 131, 449 296 309

Stellenregister 4,12 4,13–15 4,14–21 4,14 4,16–21 4,16 4,17 4,18–20 4,18 f. 5–7 5 5,1–15,58 5,1–13 5,1 5,3 5,5 5,6–8 5,6 5,7 5,8 5,9–12 5,9 5,11 6,1 f. 6,9 f. 6,11 6,12–20 6,12 6,13–20 6,13 6,14–16 6,14 6,15–17 7 7,1–7 7,1 ff. 7,1 7,2–5 7,2 7,4 7,5 7,7 7,8 f. 7,8 7,9 7,10 7,15 7,16 7,18 f. 7,18 7,19

428, 430–431 466 384, 442 253, 409 355 34, 40, 252, 356 62, 159, 172, 175, 177, 198– 199, 206–209, 218–219, 225, 360 465 466 121, 294, 305, 308 304 120 122, 477 301, 342 304, 350, 466 312, 362, 487 120 314 304 314 409 120, 122, 175, 342, 491 53 300 353 296, 396 122, 304 122 350 234 235 344 304 298, 302–305, 320 302–303 6 122, 303, 314, 320, 342 303 234, 304 350 304–305, 312 158, 304 320 314, 320 304, 314, 320 295, 298 299 487 354 50, 58 397

7,17–24 7,17–20 7,17–19 7,17 7,19 7,20 7,25 7,26 7,28 7,29–31 7,32–35 7,32 7,34 7,36 7,37 7,38 7,39 7,40 8–10 8 8,1–11,1 8,1–13 8,1–6 8,1–3 8,1 8,4 8,6 8,7 8,8 f. 8,9 8,10 f. 8,11 8,12 f. 8,12 8,13 9 9,1–18 9,1 f. 9,1 9,2 9,3–18 9,3 9,4–18 9,4–14 9,4–12 9,4–10 9,4–6 9,4 9,5 f. 9,5 9,6–18 9,6 ff. 9,6 f.

581 299 197 196 177, 360 395 197, 202 298 314, 320 305 304 304 299, 476 350 305 314, 320 305, 314, 320 326 298, 305 53, 121 12, 125, 127, 429 294, 307, 471 13, 122, 125, 427 344 126 125, 294, 307 125 368, 396 53, 429 125 429 126 307 125 429 429, 434 125, 127, 129, 429, 443 126 127–129, 163, 426, 429 60, 98, 101, 129, 389 127–128 427, 429 127 430–431 430 430 126 125–128, 431 127–128, 429, 431 122, 131 26, 120, 128–130, 429, 431 12 492 298

582 9,6 9,7 9,8–10 9,8 9,9 9,10 9,11 f. 9,11 9,12–18 9,12 9,13–15 9,13 f. 9,13 9,14 9,15–18 9,15–17 9,15 f. 9,15 9,16 9,17 f. 9,17 9,18 9,19–23 9,20 ff. 9,20 f. 9,20 9,22 9,26 9,27 10 10,1–14 10,1–13 10,1 10,6 10,7 10,11 10,14–33 10,16 f. 10,16 10,17 10,18 10,23–11,1 10,23 10,24 10,26 10,32 10,33 11

Stellenregister 54, 65, 96, 120–121, 128–129, 429, 431, 442 126 126, 130, 432 480 397, 449 432, 449 126 432 432 160, 418, 429–430, 432–433, 440, 442–443 430, 43 126 126, 130, 429, 432–433 126, 130, 418, 427, 432, 442 126–127, 430, 433 443 30, 34, 433 126, 314, 430–431, 439, 442 418, 434 433 434 126, 418, 429–430, 433, 440, 442–443, 444 397, 463, 466 f. 354 55 54, 197, 202, 397 487 338 350 349 472 344 262, 326 323 449 449 344 53 314, 350 350 386, 471, 481–482 55, 122 122 303, 307 486 360, 465 476, 487 349

11,1 30, 33, 40, 252, 307 11,2–16 302 11,16 177, 261, 360, 465 11,17 295, 314 11,18 342, 471 11,20–34 170 11,20 f. 170 11,21 53 11,22 433, 465 11,23–25 333 11,23 360, 395 11,24 350 11,25 164 11,26 487 11,27–34 477 11,27 350 11,29 350 11,30 326 11,33 53 11,34 355 12–14 57, 170, 294 12,1–14,40 294 12,1 262, 326 12,4–31 13 12,12–27 350 12,12 395 12,13 395–396, 463 12,28 f. 62 12,28 62 13 13 13,1–13 294 13,2 62 13,5 303, 314, 322 13,7 430 13,11–14 232 13,12 409 13,13 12, 306, 376, 384 14 342, 344 14,1 13, 317 14,4 62 14,6 62 14,9 338 14,14 62 14,16–5,10 356 14,17 314 14,19 6 14,20 314, 323 14,21 397, 449, 480 14,24 159 14,26 159 14,34 360, 397 14,35 360 14,37 f. 298

Stellenregister 15 15,1–58 15,1–11 15,1–3 15,1 f. 15,1 15,2 15,3–11 15,3–10 15,3–7 15,3–5 15,3 f. 15,3 15,4 15,5–10 15,5–7 15,5 15,6 f. 15,6 15,7 15,8–10 15,8 15,9 15,10 15,11 f. 15,11 15,12–22 15,12–19 15,12–14 15,12 15,13–19 15,13–15 15,15 15,16 15,18 15,19 15,20 15,21 f. 15,21 15,22 15,23 15,23–28 15,24–28 15,24–26 15,24 15,25 15,26

124, 294, 325, 337–338, 342, 344–345, 350, 355–362, 503–504 325, 356, 358 123, 359–360 125, 128, 342 129, 357 342, 353, 359 343, 359, 487 357 125, 128 129 8, 123–125, 159, 164, 343, 359–360, 384, 391, 396 374 12, 123–125, 131, 359, 395, 449 124, 449 125 124, 360 26, 103, 120, 124, 343 124 326, 343–344 120–121, 124, 128–131, 163, 343 2, 98, 101, 124, 129, 343 60, 124, 389 124, 128, 461, 465 8, 124, 356 125 124, 128, 343, 360 374 371 345 123, 125, 343–345, 350, 357, 359 360 345 343 345 326, 336 345, 360 121, 326, 346, 347 13 36, 346 336, 346, 352, 362 346–347, 362, 383 31–32 347–348, 354 348 347–348, 486 347–348, 362, 486 36, 347, 354

15,27 15,28 15,29–34 15,29 15,30 ff. 15,30–32 15,31 15,32 15,33 15,34–50 15,34 15,35–38 15,35–49 15,35 15,36–16,3 15,36–58 15,36–49 15,36 15,37 15,38 15,39–41 15,39 15,40 15,41 15,42 15,43 15,44 15,45–49 15,45 15,46 15,47 15,48 15,49 15,50 15,51–57 15,51–55 15,51–53 15,51 f. 15,51 15,52 15,53 15,53 f. 15,54 f. 15,54 15,55 15,56 f. 15,56 15,57 15,58 16 16,1–4 16,1–3

583 347–348, 362, 486 10, 348 348, 355 327, 345, 348–349 505 349 353 349, 358, 462 314, 349 361 350, 396 361 350 350–351, 361 159 350 352 350, 360 350 350 350 351 351 351 351, 353 351 351, 402 13 352, 449 352 352 352 352 353 464 354, 398 353 32, 62, 361 11, 31–32, 326, 347, 353, 358, 360–361, 458, 503 31, 335, 338, 353, 361 353, 355 10–11, 13 36 353–354, 449 354, 398 13 292, 354, 398–399 355 355, 357 286, 357, 492 24, 355, 468 437

584 16,1 16,2 16,3–9 16,3 16,4 16,5–12 16,5–8 16,5 16,6 16,8 f. 16,8 16,9 16,10 f. 16,10 16,11 16,12 16,14 16,15 16,17 16,19 16,20 16,21–23 16,21 16,22 16,23

Stellenregister 27, 120, 138, 175, 360, 470 170 286 191 164 384 356 166 443 175 120 284 38, 42, 128, 175, 207, 219, 225, 466 19, 207–209, 218 207 160, 165 13 18, 166, 190, 213 333, 343 166, 170, 191, 431 261 208 208 261 388

2. Korintherbrief 1 204 1,1–2,4 384 1,1 128, 157, 166, 208, 210, 217, 218–219, 225, 465 1,2 388, 471 1,3–11 284 1,6 487 1,7 471 1,8–10 505 1,8 f. 204, 358, 462 1,8 166, 261–262, 326, 349, 358 1,15–2,2 286 1,15–23 465 1,15 f. 205, 286 1,16 166, 443 1,17 286 1,18 205 1,19 123, 126, 158, 160, 204– 205, 207, 210, 218–219, 225, 478 1,21 f. 396 1,21 12 1,22 471 1,24 161, 465 2,1–4 286

2,1 175 2,9 439 2,12 f. 150 2,12 149, 160, 284 2,13 164, 166, 466, 470 2,14 176, 346 2,15 487 2,17 30, 34 3 399, 472 3,1 435 3,3 399 3,6 12, 399 3,7–18 7 3,7 386, 471 3,9 471 3,13 386, 471 3,14 471 3,16 464 3,18 13, 352 3,22 471 3,29 471 4,1 314 4,2 279 4,6 2, 98, 101, 369 4,7–12 505 4,7 471 4,13 354, 449 4,16–18 355 4,16 314 4,21–31 471 5 11, 495 5,1–10 7, 321, 355, 356, 464 5,1–8 321 5,1 355 5,2–4 355 5,4 10–11, 13 5,5 355, 471 5,9 f. 320–321 5,9 299, 321 5,10 314, 322 5,11–6,2 372 5,11–21 371 5,11 30, 34 5,14 f. 372 5,14 356 5,15 356 5,17 369, 379, 482 5,18–6,2 160 5,18 f. 13 5,18 369, 372 5,19 369 5,20 207 5,21 98, 396, 399–400

Stellenregister 6,2 6,3–10 6,7 6,13 6,14–7,1 6,14 7,5–7 7,5 7,6 f. 7,6 7,8–8,13 7,10 7,12 7,19 8–9 8 8,1 f. 8,1 8,4 8,6 8,6–16 8,8 f. 8,9 8,10 8,15 8,16 8,17 f. 8,19 f. 8,19 8,21 8,22 8,23 8,24 9,1 9,2 9,8 9,9 9,10–15 9,10 9,12–15 9,12–14 9,12 f. 9,12 9,13 9,15 10–13 10,1 f. 10,3 f. 10,10 f. 10,10 10,13–16 10,14 10,15 f.

487 505 232, 399 253 229, 232–235, 300, 448 399 466 120, 139, 166 333 164 151 487 279 12 437, 492 38, 41 474 166, 261, 342 200, 468 164, 202 202 307 299, 307, 439 470 449 164 174 200 202 279, 314 160 128, 161, 164, 202, 426, 465 307 200, 468 166, 213, 368 313–314, 323 163, 399, 449, 486 164 399 164 468 200 468, 163 160 444 286–287, 421, 434, 443, 445 286 232 286, 496 333, 435, 491 67 160 13

11,4 11,6 11,8 f. 11,7–12 11,7–11 11,7 11,8 f. 11,8 11,9 f. 11,9 11,10 11,11 11,12 11,13 11,15 11,20 11,21–30 11,21 11,22 f. 11,22 11,23–29 11,23 11,24 11,25 11,26 11,27 11,28 11,32 f.

585

314, 435 435 192 435 434, 437 436–437, 439, 442–444 442 438 213 158, 166, 437, 438–439, 441 166, 439, 443 436, 440, 443 438 427, 435–436 399 435 505 155 435–436, 472 166, 287, 463 287 462 60 156, 474 140, 156 439 505 2, 61, 101–102, 287–288, 462 11,32 101 12,1–7 287 12,1–5 2 12,1 287 12,2 338 12,2–12 287 12,4 338 12,7 287 12,8 f. 2 12,9 f. 505 12,13–18 434–435 12,13 f. 437 12,13 437–438, 441, 492 12,14–13,13 384 12,14–21 286 12,14–18 437 12,14 f. 496 12,14 286, 438–441, 443 12,15 440, 443 12,16 436–438, 441 12,17 f. 38, 41, 437 12,18 175 12,20 f. 286 12,21 301

586 13,1 ff. 13,1 f. 13,1 13,3 f. 13,7 13,10 13,11 13,13 Galaterbrief 1–3 1–2 1,1 1,2–2,16 1,2–10 1,2–9 1,2 f. 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6

Stellenregister 496 205 160, 175, 286 471 314, 322 286 307 388

274 2, 469 98, 210, 269, 275, 465 275 273, 275 273 276 97, 157, 275–276, 467, 492 276, 388 165 275–276 98, 276, 298, 388, 391, 474, 479 1,6 f. 479 1,7 98, 160, 166, 391 1,8 f. 98 1,10–24 26 1,10–12 479 1,10 275, 299, 476 1,11–2,21 2 1,11 f. 98, 100, 109 1,11 261, 342, 391, 416 1,12–2,14 409 1,12 389, 391 1,13–2,14 94, 97, 99 1,13–16 100 1,13 f. 100, 104 1,13 155, 172, 389, 461, 465 1,14 389, 461, 463 1,15–16 100 1,15 f. 98, 101–102, 163, 434, 464 1,15 67, 102, 299, 389 1,16 f. 100–102 1,16 61, 63, 100, 102–103, 109, 163, 389, 412, 462 1,17–2,1 20 1,17 60–61, 100–102, 136, 462, 464 1,18–20 99 1,18 f. 105, 131, 462 1,18 26, 60, 101–106, 108, 114, 136, 465 1,19 104

1,20 1,21–24 1,21 1,22 1,23 2 2,1–14 2,1–12 2,1–10 2,1–8 2,1–3 2,1 ff. 2,1 2,2 2,3–5 2,3 2,4 2,5 2,6 2,6–9 2,7–9 2,7 f. 2,7 2,8 f. 2,8 2,9–16 2,9 f. 2,9 2,10 2,11–15 2,11–14 2,11–13 2,11 ff. 2,11 f. 2,11 2,12–21 2,12 f. 2,12 2,13–3,13

105, 279 102 21, 23, 26, 107–108, 138, 461, 465 465 107–108 3, 49, 65, 138, 409 99 273–274, 276 25, 95, 106, 110, 131, 462, 467, 468–469, 479 275 162 23, 108 62, 96, 101, 106, 109, 114, 131, 161–162, 276, 465, 469, 492 106, 109–110, 161–162, 174: 275–276, 409, 421, 465, 467, 469 110 24, 53, 106, 109, 160, 162, 198, 479 62, 103, 109, 117, 162, 275 276 24, 27, 53, 103, 113 63, 106, 110 111 24, 26, 162, 392 26, 111, 163, 217, 276, 391–392, 421, 479–480 162 24, 26–27, 111, 164, 275, 391 275 96 26, 63, 106, 110–111, 114, 163, 275–276, 391–392 24, 66, 110, 163–164, 203, 391, 468–469, 492 393 24, 51, 95, 111–112, 130, 165, 291, 427, 462, 468, 479 165 105, 112 114 26, 45, 114, 117, 276, 412 409 114, 117, 165, 469 51, 53–54, 60, 104, 114– 117, 129, 162, 164–165, 275, 392, 410 275

587

Stellenregister 2,13–16 2,13 2,14–21 2,14 2,15 f. 2,15 2,16–21 2,16 f. 2,16 2,17–3,13 2,17–20 2,17 2,18 2,19 f. 2,19 2,20 2,21 3,1–8 3,1 f. 3,1 3,2–5 3,2 3,3–4,7 3,3 f. 3,3 3,4 3,5 3,6–4,31 3,6–29 3,6–14 3,6–9 3,6 3,7 3,8 f. 3,8 3,9–13 3,9 3,10–21 3,10–14 3,10 3,11 3,13 3,15–18 3,15 3,16 3,19–25 3,19–21 3,21 f. 3,22 3,24 3,25

273 60, 65, 96, 116–117, 159, 165, 184, 273, 275 9, 98–99, 410 26, 51, 55, 118–119, 175, 276 12 481 471 373 394, 480–483 273, 275 275 276–277 271, 277 13 275, 275 299, 307 165 275 271 99, 471, 479 57, 479 275, 471 474 276, 479 276, 480 276 271, 277, 471 482 12, 479 480 479, 481 275–276, 474, 479 276, 479–480 480 449 275 275, 481 98 119 173, 276, 449, 480 12, 275 98, 275, 449, 471 480 261 474 165 394 399 12, 394, 449, 483 12 395

3,26–28 3,26 3,27 f. 3,27 4,1–5,26 4,1 4,4 f. 4,4 4,6 f. 4,8–11 4,9–11 4,9 f. 4,10 4,13 f. 4,13 4,17 4,18 4,17 4,19 4,20 4,21–31 4,21 4,22 4,24 4,26 4,27 4,28 4,29 4,30 4,31 5 5,1–7 5,1–6 5,1 f. 5,1 5,2–4 5,2 f. 5,2 5,4 5,5 f. 5,6 5,7 5,8 5,11 f. 5,11 5,12 5,13–6,10 5,13–15 5,13 5,14 5,16–18 5,16 5,17

396, 479 395 463 13, 482 275 275, 479 13 255 13 97 479 479 479 471 468 314 314 479 253 173, 449 13, 394, 479–481, 489 97, 479–480 449 481 484, 487 449 484 473 480–481 473, 480 11 479 196 97, 160 312, 479 98, 111 165, 479 159, 166, 196 388, 479 159, 376 12, 314, 395, 397, 479 314, 479 298 196 471, 473 479 307 13 298, 307, 312 97 13 297, 312 13

588 5,19–21 5,21 5,22 5,24 f. 5,25 5,27 6,2 6,9 f. 6,9 6,10 6,12–15 6,12 f. 6,12 6,14 6,15

Stellenregister

6,16 6,17 6,18

298, 301 353 297, 314 13 297 271 f. 159, 307 13 314 313 482 473, 479 97, 166 13, 471 12, 196, 379, 395, 397, 479, 482–483 386, 482–484, 488–489 465 388

Epheserbrief 1,2 1,10 2,2 4,17–19 5,2 5,3–8 5,3 5,6 5,8 6,13–17 6,13 6,15 6,21 f.

348 346 338 301 308 301 480 480 231 232 480 480 202

Philipperbrief 1–3 1 1,1–3,1 1,1 1,2 1,3–11 1,5 f. 1,5 1,6 1,7 1,8 1,10 1,12 ff. 1,12–21 1,12–20 1,12–18

495 11, 495, 503 411 128, 157, 208, 210, 218–219, 225 388 418 409 418, 487 313–314, 418, 502–503 414, 418–419 173 318 502, 505 462 419–420 414

1,12 1,14–18 1,14 1,15–17 1,16 1,19 1,21 ff. 1,22 1,23 1,24–26 1,25 1,27–30 1,27 ff. 1,27 1,30 2 2,1–11 2,4 2,5 2,6–11 2,6 2,9 2,12 2,16 2,18 2,19–24 2,19–23 2,19–22 2,19 2,20 2,21 2,22 2,23 2,24 2,25–30 2,25 2,28 f. 2,28 3 3,1–21 3,1–15 3,1 3,2–11 3,2–8 3,2 f. 3,2 3,3 ff. 3,4–11 3,5–9 3,5 f. 3,5 3,6

261, 419 165 255, 475 420 419, 421 487 502, 504 414 11–12, 314, 340, 356, 414 419 414 496 503 299, 419–420 157, 474 503 304 503 299, 503 396, 439, 503 395 396 333, 487 434, 466 414 188, 219, 384, 419 207 225 208–209, 218 207 207 207–209, 253 208, 219 173, 207 470 38, 42, 128, 426, 465 174 38, 42 2, 445, 503 411 166 261 472 196 196, 306 314 502 409 389 2, 104 161, 166, 203, 386, 452, 461, 463, 471 172–173, 389, 461, 465

589

Stellenregister 3,7 f. 3,8 3,9 3,10–14 3,10 f. 3,10 3,12–14 3,12 ff. 3,14 3,17 3,18 3,20 3,20 f. 3,21 3,28 4,1–9 4,1 4,3 4,5 4,8 4,9 4,10–20 4,10–18 4,11 4,12 4,14 ff. 4,15 f. 4,15

4,17 4,18 4,21–23

98, 101, 463 463, 502 12 409 502–503, 505 13 317 502 299 40, 252 358 358, 420, 487, 502 13, 502–503, 503 358, 503–504 396 411 173 465 358 261 252 411 438, 442 442 409 492 143, 192 25, 28, 66, 166, 192, 407, 442 143, 167, 281, 293, 442, 472 442 38, 42 411

Kolosserbrief 1,1 1,4 f. 1,7 1,23 2,11–13 2,11 3,5–7 3,5 f. 3,8–10 3,8 3,24 4,3 4,7 4,10 4,15 4,16 4,17

157, 209–210, 219 306, 376 175 176 196 196 301 295 389 389 369 284, 419 202 65, 183, 201 419, 496 418, 466, 503 443

4,16

4,18 4,23

299, 321 388

1. Thessalonicherbrief 1–3 269, 289, 293 1–2 40, 42 1 329 1,1 f. 175 1,1 18, 65, 94, 155–156, 161, 167, 172, 175, 179, 210, 218–219, 223, 250, 256–258, 327, 332, 365, 385, 388, 478, 502 1,2–5,24 176 1,2–3,13 285 1,2–3,11 176 1,2–2,20 496 1,2–10 366, 376, 383 1,2–5 327, 416 1,2–4 94 1,2 ff. 496 1,2 f. 383 1,2 175, 279 1,3 f. 376 1,3 12, 177, 256–258, 264, 279, 306, 331, 360, 367, 376, 380, 384–385, 388, 452 1,4 f. 279 1,4 12–13, 256, 306, 341, 370, 372, 383–384, 387, 417 1,5–10 94, 279 1,5–9 472 1,5 f. 384 1,5 30, 33, 39, 254, 259–260, 279, 282, 315, 365, 370, 376–377, 383–384, 385, 416–418 1,6–8 383 1,6 f. 252 1,6 30, 33, 39, 42, 214, 252, 255, 259–260, 279, 282, 327, 370, 376, 384–385, 478 1,7–10 39 1,7 f. 35, 166, 176, 213, 367 1,7 39, 176, 252, 255, 327, 366, 384 1,8 30–31, 33, 39, 139, 176, 255–256, 265, 327, 368, 370, 384, 417, 452 1,9 f. 157, 168, 172, 190, 210, 264, 299, 327, 330, 359, 367, 370, 383, 385, 396, 401, 405, 418, 496, 501

590 1,9 1,10

2–3 2 2,1–3,13 2,1–13 2,1–12 2,1–11 2,1 ff. 2,1 f. 2,1 2,2

2,3–12 2,3–8 2,3–7 2,3 f. 2,3 2,4 ff. 2,4 f. 2,4 2,5–8 2,5–7 2,5 f. 2,5 2,6–8 2,7 f. 2,7 2,8 f. 2,8 2,9–12 2,9 ff. 2,9 f. 2,9

2,10

Stellenregister 78, 89, 257, 299, 327–328, 330, 365, 368, 371, 383, 385, 418, 477 13, 258, 266, 328, 331, 335, 336–337, 361–362, 367– 368, 370, 372, 375–376, 383–384, 386–387, 456, 460, 477, 487 294 249, 421 94, 366 384 39, 126, 279–281, 283, 296, 384, 417, 423–424 289 496 94, 139, 408 39, 254, 280, 282, 306, 383, 417, 496 35, 39, 155–157, 167, 213, 255, 257, 341, 365, 370, 384–385, 412, 417–418, 466, 473, 475, 501 253 424 412 280, 424 252, 316, 417 501 30, 33 217, 252, 257, 299, 370, 384, 417–418, 452, 465, 475–476 280, 417, 424 255 253, 425 39, 254, 257, 263, 280, 418 210 127 126–129, 163, 216–217, 226, 253, 258, 412, 424–427, 431, 433, 441, 443 370, 501 257, 269, 384, 417, 425, 427, 440 281, 417 501 12 39, 126–127, 157, 166, 254, 257, 280, 384, 417, 425, 427, 428, 431, 433, 436, 438, 441–443, 472 257, 263, 280, 306, 384, 386

2,11 f. 2,11 2,12 2,13–16 2,13 ff. 2,13 2,14–16 2,14–15 2,14 f. 2,14

2,15 f. 2,15 2,16

2,17–3,13 2,17–3,10 2,17–20 2,17 f. 2,17 2,18 2,19 f. 2,19 2,20 3,1–8 3,1–6 3,1–5 3,1–4 3,1 ff. 3,1 f. 3,1 3,2

3,3–7 3,3–5

127, 280 39, 253–254, 280, 417 252, 295, 299, 309, 372, 384, 417 30, 155, 249, 421, 451, 453 496 155, 178, 255, 257, 265, 279–280, 296, 365, 369– 370, 372, 376, 384, 418, 472 31, 34, 37, 41, 155, 249, 371, 376, 385–386, 450, 451, 464, 472, 474, 477–478 412 412 2, 39, 59, 93, 157, 214, 252, 255, 257–258, 280, 282, 306, 336, 376, 385, 453, 473, 476–478 11, 475, 478 35, 257–258, 299, 453–454, 456, 474–476 11, 13, 29–31, 34, 38, 257, 386–387, 412, 452, 454, 456–457, 459, 473, 475–478, 487–489 384 151 465 17, 173, 212, 385, 473 19, 31, 35, 157, 253, 255, 306, 498, 501 36: 38, 151, 157, 169, 216, 223–224, 282, 326, 332, 377, 501 434 79, 176, 253–254, 258, 266, 279, 328, 331, 333, 360, 377, 383, 487 377 151 18, 23, 211 93, 377 278 3 496 211–212, 219, 466 18, 139, 143, 156, 171, 190, 211, 214, 278, 332 39, 160, 171, 207, 211–212, 218, 223, 225, 252, 256, 258, 265, 278, 370, 384, 417, 465 376 371, 376

Stellenregister 3,3 f. 3,3 3,4 f. 3,4 3,5 f. 3,5 3,6–8 3,6 f. 3,6 3,7 3,7–9 3,8 3,9 3,10 3,11–13 3,11 f. 3,11 3,12 3,13 3,17 3,19 3,26–28 4–5 4 4,1–5,22 4,1–5,11 4,1–12 4,1–8 4,1 ff. 4,1 f. 4,1 4,2 4,3–6 4,3–5 4,3 f. 4,3 4,4 f. 4,4 4,5 f. 4,5 4,6–13

214, 385 39, 214, 254, 278, 282 326 39, 214, 254, 278, 377, 466, 505 211, 219, 225 38–39, 157, 211–212, 216, 265, 278, 384, 466, 501 93 474 18, 158, 211–212, 218, 219, 223, 254, 265, 278, 314, 326, 384 212, 265, 282, 306, 371, 384 94 212, 258, 377, 385, 501 254, 257, 279, 377 31, 173, 212, 265, 384, 496 279 279, 291 256, 258, 452 158, 212, 258, 264, 306, 318 29–30, 176, 525, 278–279, 315, 321, 328, 333, 383, 385, 387, 452, 487 35 356 170 293, 301, 308, 493, 501 298, 303–305, 309, 348, 357, 358–360, 362, 503–504 263 260, 383 94, 291, 293–294, 300, 310, 325, 366, 386 294, 299 502 294, 298, 303, 385 38, 167, 252, 257–258, 291, 294–295, 299, 306, 316, 412 39, 254, 258, 293, 295, 297, 299, 304 295, 300–301 294–295, 300, 302–305, 309 316 176, 257, 263, 295–297, 300–301, 315–316, 385, 387 255, 301, 303–304 254, 302, 315–316, 385, 387 316 12, 254, 257, 300–301, 385, 405 505

4,6–8 4,6 4,7 f. 4,7 4,8 4,9–12 4,9 f. 4,9 4,10 4,11 f. 4,11 4,12 4,13–5,11 4,13–18 4,13–17 4,13–16 4,13–15 4,13 ff. 4,13 f. 4,13

4,14–18 4,14–17 4,14 f. 4,14 4,15–17 4,15 ff. 4,15 f. 4,15 4,16 f. 4,16

4,17

591 295, 298 254, 293–295, 383, 387, 452 297–298 12, 257, 295–296, 301, 309, 315–316, 372, 384–385, 387 13, 38, 57, 257, 259–260, 294, 296–297, 315, 384–385, 452 38–39, 257, 261, 294, 305, 308–309 306–307, 316 13, 31, 39, 168, 254, 257, 261, 265, 267, 300, 306, 326 39, 166, 525, 265, 294, 306, 316 31, 34, 284, 427 254, 261, 293, 295, 316, 466 254, 316, 385 40, 294 173, 230, 325, 335, 341, 352–353, 356–358–361, 366–367, 374, 383, 493, 501 232, 342, 358, 362, 365, 374 266 229, 336 334, 337, 383, 502 359 261–262, 266, 267, 306, 325–326, 330–331, 340– 341, 345, 357, 359–360, 366, 412, 452, 501 31–32, 328, 340, 345, 356, 464 328, 340, 348 174 176, 257–258, 262, 331–332, 336, 339, 341, 359–360, 374, 384, 386, 401 62, 176, 262, 266, 332–333, 341, 353, 359 405 487 258, 328, 332–333, 337, 341–342, 353, 370, 383, 501 353, 358, 361 257–258, 315, 333–334, 336–337, 339, 341–342, 353, 361–362, 385, 401, 503 32, 258, 333–334, 337, 339, 341–342, 343, 347, 353, 360–362, 374–375, 386, 401, 501–502

592 4,18 5 5,1–11 5,1–10 5,1–8 5,1 ff. 5,1 f. 5,1 5,2–9 5,2 f. 5,2 5,3 5,4–11 5,4–9 5,4–8 5,4 f. 5,4 5,5 5,6–8 5,6 5,7 5,8 f. 5,8 5,9 f. 5,9 5,10 5,11–22 5,11 5,12–22 5,12 f. 5,12 5,13 5,14 5,15–17 5,15 5,16–22 5,16 ff. 5,16 5,17 5,18

Stellenregister 9, 232, 252, 325, 340–341, 355, 357, 359, 366, 375 231, 320 229, 357, 366, 371, 376, 378, 383 341 372 340, 502 230 39, 231, 261–262, 306, 326 487 176, 267 39, 230–231, 235–236, 253–254, 258, 262, 340, 383, 452 77, 79, 229–231, 253, 255, 452 229, 254 232–233, 235–236, 242 235 232, 235–236, 255, 369 231, 306 170, 235, 378 253 40, 232, 235, 331, 356, 360 232, 235, 356 487 12, 170, 232, 235, 253, 264, 306, 356, 360, 367, 376, 380, 384, 388, 452 370–372, 375–376, 384 12, 232, 257–258, 296, 356, 367, 371–372, 375, 383–384, 387–388, 456, 477 232, 266, 370–372, 384–385, 401 262 9, 232, 252, 340, 373, 375, 378 94, 307, 316 265 170, 251, 258, 263, 306, 385, 412 306–307 525, 263, 306, 316, 412, 452 332 13, 255, 307, 314, 316–317, 319 316 297 297, 308, 316 17, 279, 308 258, 300, 316, 385

5,19 f. 5,19 5,21 f. 5,21 5,22 5,23 5,24 5,25–28 5,25 5,26 5,27 5,28

159 259–260, 318, 323, 384, 452 318 314, 316, 318 308, 316, 452 176, 257–258, 260, 262, 292, 315–316, 321, 328, 350, 383–386 295, 372, 383, 384, 488 175 279, 306 261, 385 31, 35–36, 38, 155–156, 175, 215–216, 258, 326, 401, 466, 473 258, 388

2. Thessalonicherbrief 1,1 157–158, 210, 226 1,5–10 341 1,5 341 2,1–12 341 2,1 341 2,2 31, 341 2,3 36 2,4 36 2,8 36 2,15 31 3,6–13 442 3,6–12 436 3,17 31, 36, 341 1. Timotheusbrief 1,1 210 1,2 209, 220, 226 1,11 217 1,13 2, 461 1,18 209, 226 2,15 296 3,13 203 5,18 432 6,16 353 6,20 209, 226 2. Timotheusbrief 1,1 210 1,2 209, 220, 226 1,5 198, 478 3,11 45, 136, 184 4,9 209 4,11 209 4,12 202 4,13 209

593

Stellenregister 4,15 4,19 4,20

209 191, 214 200, 202

Titusbrief 1,1 1,3 3,12

210 217 202

Philemonbrief 1 2 3 6 8–21 8 9 10 12 f. 12 16 21–22 23 f. 24

157, 208, 210, 218, 225, 314, 388, 462, 465 170, 175 388 314 470 298 412, 462, 505 253 462 151, 174 368 384 175 201, 465

Hebräerbrief 2,3 2,6–10 6,10–12 10,22–24 10,28 11,32–37 11,36–38 12,14 13,1 13,23

475 348 306 306, 376 160, 205 45 475 296 306–307 209, 219, 222, 225–226

Jakobusbrief 2,2 2,8 3,16

59 307 322

1. Petrusbrief 1,1 1,14–16 1,21 f. 1,22 2,9 2,17 3,9 4,8 4,16 5,12 5,13 5,14

206 300 306 306–307 300 307 317–318 307 58 158, 205–206, 212, 222, 226 206 307

2. Petrusbrief 1,7 3,6 3,8 ff.

307 464 493

1. Johannesbrief 5,6–8 205 2. Johannesbrief 9–11 436 Judasbrief 9

335

Offenbarung 1,5 1,10 2–3 2,14 2,20 2,24 3,8 5,5 9,2 12,5 12,9 14,8 16,17 18,3 20,2

241 170 496 113 113 113 284 241 338 338 241 301 338 301 241

4. Rabbinische Schriften Mischna ’Avoda Zara 2,3 5,5

52 52

Qiddushim 3,12

50

Jevamot 2,5 7,5

50 50

594 Sanhedrin 10,1

Stellenregister

485

Babylonischer Talmud Jevamot 45b

160

Sanhedrin 98a

487

Leviticus Rabba 24,4 24,6

487 300

Targum Pseudo-Jonathan Zu Exodus 12,42 40,9 40,11

487 487 487

5. Frühchristliche und altkirchliche Schriften 12,4 14,1

Ambrosius Epistulae 48

151

Epistula ad Hieronymum 40 152 68,1 152 71,1 152 72 152 72,1 152 75 152 Barnabasbrief 1,4 4,7 5,11 10,5 19,5 19,11

306 489 477 489 307 489

1. Clemensbrief 5,5–7 1 49,1–50,7 307 53,3 277 2. Clemensbrief 13,41 f.

317

Didache 1,2 1,3 f. 2,7 6,2 f. 11

Historia Ecclesiastica II 23,4–7

Augustinus

307 317 307 68 436

58 170

103

Hieronymus Epistulae Sanctae Paulae 108, 6–7 136 Hirt des Hermas Mandata 8, 10

317

Ignatius von Antiochien Brief an die Epheser 1,1 40, 210 10,1 17 11,2 58 Brief an die Magnesier 4 48 8,1 60, 68 8,2 475 9,1 170 10,3 60, 68 Brief an die Philadelphier 4,15 f. 139 4,16 139 6,1 60, 68 7,2 40 Brief an die Römer 1,1 157 3,2 58

595

Stellenregister 120, 2 123, 4 133, 6

Brief an die Traller 1,2 40 Brief an Polykarp 2 2 4,2 59 7,3 58 8 149

38 38 38

Orosius Historia adversum Paganos 7, 6,15 f. 171

Johannes Malalas

Petrusevangelium

Weltchronik 10,20

9 (35) 12 (50)

57

170 170

Justinus Martyr

Tertullian

Apologia Prima 21 79 36 38

Apologeticum 21,30 f.

79

De spectaculis 30

79

Dialogus cum Tryphone 16,4 475 73,6 475 80,4 344 95,2 475

Thomasevangelium Log 12 Log 25

103 307

6. Griechisch-römisches Schrifttum Appian Iberica 34 § 137

65

Aristoteles De arte rhetorica 1388bf. 499 Ethica Nicomachea 1, 1094a, 2–3 311 Problemata Physica 83 246

19 22–23 19 19

Cicero Cato maior de senectute 12,39 500 19,66 500 De provinciis consularibus 2, 4 74 4 147 Divinatio in Caecilium 1,57 134

Caesar De bello civilii 2,32

57, 14,5 60, 6,6 60, 11,6 60, 17,3

287

Cassius Dio Historia Romana 41, 18,5 74 51, 20,6–7 81 53, 12 72

Epistulae ad Atticum 1,31,1 153 2,12,4 153 2,13,1 153 5,11,4 140 5,12 140 5,15,3 153 5,20 140

596 6,8 6,8,4 9,1

Stellenregister 140 140 140

Epistulae ad Familiares 2, 4,1 491 2, 10,1 153 2, 13,1 153 8, 12,4 153 16, 16,2 495, 498 Epistulae ad Quintum fratrem 1, 1,46 498 3, 1,23 153 In L. Pisonem 84

74

Orator 2,24

288

Pro Cn. Plancio 99 74 Pro Flacco 55

81

Diodorus Siculus Bibliotheca historica 30, 1,1 476 34–35, 1, 1–5 37 34, 1,2 52 40, 3,4 476 Diogenes Laertius De clarorum philosophorum vitis 2,24 287 7,13 277 Dion Chrysostomos Orationes 8 15 f. 74,10

287 287 462

Epiktet Dissertationes (Diatribe) 3,16,11 f. 843 3, 22,69 438 3, 24,64 f. 397 Enchiridium 43

317

Flavius Philostratos Vita Apollonii 5, 33

52, 454, 476

Horaz Carmina 1, 8,1 1, 13,1 1, 25,8 3, 6,9 f. 3, 9,20

187 187 187 187 187

Epistulae 1, 1, 4–9

493

Saturae 1,5

140

Itinerarium provinciarum Antonini Augusti 317,6–323,8 317,7–323,8 321,1 329,1–332,9 329,5–332,9 334,4

167 147 147 148 147 149

Itinerarium Burdigalense 601,6–609,3 605,1

147 148

Jamblichos Vita Pythagorae 31, 209–211 301 Juvenal Staurae 14, 95–104 14, 100–104

454 476

Lukian von Samosata De morte Peregrini 11–13 436 16 436 Mesomedes Hymnus in Musam 3,10 317

597

Stellenregister Mithidatius 35

74

Musonius Rufus Diatribe 3 4 11 12 13 17

303 303 425 301 301 500

Ovid Metamorphoses 15,199–213 462 Pausanias Graeciae descriptio 8, 29,3 145 Platon Leges 8 838 E

301

Res publica (Politeia) 3 401e 313 505b–509b 311 Theaetetus 185e

313

Plinius der Jüngere Epistulae 10,15–17 10, 92,1 10, 96 10, 96, 1

140 18 59 59

Plinius der Ältere Naturalis historia 4, 36 74 5, 124 149 7,27 287 7,97 f. 287 14, 3–4 136 36, 38 74 Plutarch De E apud Delphos 392C 499

Lucullus 23,1

81

De exilio 604D

284

Polybios Historiae 7, 4, 4

147

Quintilian Institutio oratoria 1, 8,11 f. 6 3, 7,21 454, 476 4, 2,83 25 Sallust De bello Iugurthino 17,6 499 Seneca der Jüngere De brevitate vitae 1,4 500 7,10 500 De Ira 2, 32,2

317

Epistulae morales 2, 1,111 – 113 496 11,8 f. 498 12,1–4 494 24,4 287 25,5 498 25,6 498 26,1 494 32,3 f. 500 33,7–11 6 34,1 494 35,2 494 35,61 494 40,1 495, 498 49,3 462 67,1 f. 494 68,12 494 70,2 f. 494 73,13 500 76,1–3 494 83,3–6 494 93,7 500 102,2 494 104,2 494 121,16 494

598

Stellenregister Tacitus

Strabon Geographica 7, 7,4 14, 2,29 16, 2,7

75, 147 149 145

81 73 59

Dialogus de Oratoribus 17,3 498

Sueton Augustus 49,3 52

153 81

Claudius 25,4

20, 59, 171–172, 190

Julius 79

149

Tiberius 36

190

Historiae 5, 5,1 f. 5, 3,1 5, 5,2

37, 52, 476 454, 476 392, 454

Titus Livius Ab urbe condita 45, 18 70 45, 29–32 70 Xenophon

Synesios Epistulae 4, 160 ff.

Annales 4, 37,3 6, 39 15, 44,1

140

Anabasis 2, 5,7

65

Autorenregister Adak, M. ​86, 146 Adam, J. ​460 Adam-Veleni, P. ​72–73, 75–76 ​ Adams, S.  E. ​415 Adler, M. ​251 Aejmelaeus, L. ​430, 432–433, 436, 437, 440 ​ Agrell, G. ​430, 434 Albertz, R. ​56 Albl, M.  C. ​447 Alexandre, M. ​247, 250–251 Alkier, S. ​69, 78, 85, 469 Allegro, J.  M. ​241 Alvarez Cineira, D. ​171, 473–474, 477, 480 Ameling, W. ​96, 149 Anagnostoudis, P. ​147 Ando, C. ​87 Applebaum, Sh. ​455 Ascough, R. S. ​257, 302, 425, 427, 497 Auhagen, U. ​187 Avemarie, F. ​53, 113, 121, 390 Avotri, S.  K. ​302 Baarda, T. ​454, 489 Baasland, E. ​261 Bachmann, M. ​468, 482 Back, S.-O. ​16 Backhaus, F.-J. ​453 Backhaus, K. ​2–3, 46, 463 Baltensweiler, H. ​302 Balz, H. ​105 Bammel, E. ​89, 477 Barclay, J. M. G. ​56, 401, 411, 474, 476, 482–483, 490 Barnikol, E. ​392 Barrett, C.  K. ​329 Bartels, J. ​70 Bauer, Th. J. ​5, 272 Bauer, W. ​158–160, 164, 168, 322, 342, 407, 412, 430, 432, 437, 443 Baumert, N. ​302 Baumgarten, J. ​313 Baumgarten, J.  M. ​234 Baumkamp, E. ​151–152 Baur, F. Chr. ​29–32, 34–37, 477 Bauspieß, M. ​22 Bayer, O. ​6

Beard, M. ​84 Becker, E.-M. ​5, 22, 93, 401, 491–492, 494, 496, 498, 503 Becker, J. ​3–4, 7, 12, 15, 21, 110, 113, 116, 158, 163, 296, 395, 402, 445, 459 Behm, J. ​15 Beker, J. Chr. ​10 Bell, R. H. ​475–476, 483 ​ Bellen, H. ​284 Belleville, L.  L. ​432 Bender, H. ​135, 156 Beresford, J. ​150 Berger, K. ​29 Bernhardt, R. ​74 Best, E. ​15, 20, 302 Betz, H.-D. ​99, 106, 109, 114–116, 291, 306, 392, 407–408, 411–412, 414, 419–420, 482 Beyer, K. ​239 Bickmann, J. ​293, 400 Bieringer, R. ​469 Billerbeck, P. ​200 Bird, M. F. ​48, 51–55, 57–58, 60 Blaising, C.  A. ​486 Blass, F. ​189, 221, 368 Blischke, F. ​307, 311, 317 ​ Bohlen, M. ​485 Böhm, Chr. ​486 Borgen, P. ​250 Boring, E. ​388, 425–426, 428 Bormann, L. ​187–188, 207, 407–408 Bornemann, W. ​16–17 Bornkamm, G. ​33, 249 Börschel, R. ​4, 36, 199, 210–211, 213, 216–217, 301, 380 Börstinghaus, J. ​17, 151 Bosenius, B. ​287, 327 Botermann, H. ​171 Böttrich, Chr. ​36, 97, 110, 116–117, 119, 162 Brandt, H. ​504 Bremmer, J. N. ​69, 85 Brent, A. ​42 Breytenbach, C. ​33, 63–64, 148, 161, 175 Briones, D. E. ​432–434, 440, 443 ​ Broer, I. ​2, 8, 15–16, 21, 23, 27, 35, 155, 174, 407, 410, 475, 477 Brooten, B. J. ​49, 57

600

Autorenregister

Brown, R.  E. ​16 Brox, N. ​206, 222 Bruce, F. F. ​15, 18–19, 23, 249, 253, 302, 482 Brucker R. ​396, 486 Brugger, W. ​5 Bruns, B. ​303 Buell, D.  K. ​249–250 Hodge, C.  J. ​249–250 Büning, E. ​1 Bultmann, R. ​312–313, 351, 380, 405 Burchard, Chr. ​180, 185, 224, 477 Burke, T.  J. ​302 Burkhard, D. ​96 Busse, U. ​472 Butcher, K. ​145 Byrskog, S. ​126, 271 Calhoun, R.  M. ​415–416 Campanile, M. D. ​83, 86 Caragounis, Chr. C. ​302 Carras, G.  P. ​302 Carter, W. ​83, 87 Chaniotis, A. ​83, 85 Chapa, J. ​251 Cho, J. K. ​245–246, 251, 255, 262 Choi, Y.  S. ​505 Clark, D. L. ​246, 248–249, 251–252 Clarke, M.  L. ​246 Clauss, M. ​84 Clauẞen, C. ​186 Clemen, C. ​458 Cohen, Sh. J. D. ​50, 52 Cohn, L. ​251 Collins, R. F. ​295–296, 301–302 Conley, Th. ​247 Conzelmann, H. ​8, 22, 183, 191, 204, 214, 247, 329, 343, 346, 352, 355, 409, 445 Crüsemann, M. ​30, 37–43, 155, 216, 334, 337–338, 445, 454, 458 Cullmann, O. ​392 Dahmen, U. ​231, 242 Das, A.  A. ​467 Dassmann, E. ​96 Daubner, F. ​70, 72–76, 81–82 Dautzenberg, G. ​397, 433, 444, 476 De Boer, M. ​480, 482–483 De Certeau, M. ​89–91 De Vos, C. S. ​187 Deichgräber, R. ​395 Deidun, Th. J. ​297 Deines, R. ​67, 96, 98, 111, 113, 116, 467 Deininger, J. ​85

Deissmann, A. ​409 Delling, G. ​302 Deming, W. ​303 Den Hertog, C. ​277 DeSilva, D. A. ​26, 249–251, 261, 467 Despotis, A. ​463 Dibelius, M. ​230, 301, 328, 332 Dietzfelbinger, Chr. ​98, 100, 224 Dimant, D. ​447–448 Dinkler E. ​392 Docherty, S. ​447 Dochhorn, J. ​313, 322 Doering, L. ​5 Donfried, K. P. ​21, 190, 302, 330, 411 Dorsey, D.  A. ​149 Downey, G. ​56–57, 145 Downs, D.  J. ​469 Dräger, M. ​82 Drecoll, C. ​152 Duff, P. ​54 Dunn, J. D. G. ​16, 33, 55, 58, 63, 65, 67, 98, 101, 111, 116, 257, 265, 403 Eastman, S.  G. ​482 Ebel, E. ​16, 34–35, 408, 465, 498 Ebner, M. ​87, 168, 171, 291, 455 Eck, W. ​19, 153 Eckey, W. ​187, 201–202 Eckhardt, B. ​58–59 Eckstein, H.-J. ​467, 471, 482 Edelmann-Singer, B. ​69, 72–73, 76–78, 80–81, 83–86 Edsall, B.  A. ​432 Edson, C. ​75 Egelhaaf-Kaiser, U. ​148 Eisen, U. E. ​79, 89 El Mansy, A. ​113 Elgvin, T. ​302 Elliger, W. ​187, 189–192, 201 Ellingworth, P. ​250–251 Elliott, N. ​87 Erlemann, K. ​493 Erler, M. ​171–272 Errington, M. ​171 Eschner, Chr. ​45, 52–53, 165 Fabry, H.-J. ​447–449 Fee, G. D. ​16–17, 19, 41, 302, 424, 426, 430 Feine, P. ​15 Feldmeier, R. ​206 Feldtkeller, A. ​52, 55 Fellmeth, U. ​133, 137, 156, 167 Ferber, R. ​311

Autorenregister Ferguson, E. ​150 Feuser, S. ​149 Fewster, G.  P. ​251 Fishwick, D. ​80 Fitzmyer, J.  A. ​234 Fögen, Th. ​498 Foraboschi, D. ​187, 191, 221 Forschner, M. ​311, 397 Foster, R.  B. ​482 Foster, P. ​42 Foucault, M. ​89 Frame, J. E. ​15, 20, 251, 260, 302 Fredrickson, D. ​302 French, D. H. ​83, 148, 149 ​ ​ Frey, J. ​49, 126–128, 163, 166, 401, 404, 455, 463, 464 Friedrich, G. ​335 Friesen, S. J. ​85, 87 Fuchs, E. ​109 Fuglseth, K. ​250 Fung, R. Y.  K. ​467 Funke, S. ​82 Furnish, V. P. ​302, 356, 431, 434, 436–437 Gadamer, H.-G. ​395 Galloway, L. E. ​429, 435 Gansel, Chr. ​6 Garland, R. S. J. ​499–500 Gavaldà Ribot, J. M. ​1 Gebauer, R. ​187, 192, 195, 199, 202 Georges, K.-E. ​222 Georgi, D. ​437 Gerber, Chr. ​127, 425, 428 Gerber, D. ​411 Gibbon, E. ​80 Giebel, M. ​135, 156 Gielen, M. ​93, 98, 123–124, 127–128, 191, 291, 343, 345, 348–349, 355, 359, 407 Gillman, J. ​262 Gnilka, Chr. ​499–500 Gnilka, J. ​93, 445 Goodman, M. ​455 Goodrich, J. ​434 Goppelt, L. ​206, 222 Gorman, M.  J. ​250 Gradel, I. ​81, 84 Gräẞer E. ​322, 436–437 Grasshoff, G. ​146 Grayston, K. ​15 Green, G.  L. ​30 Grindheim, S. ​252, 255 Grundmann, W. ​312, 315 Gubler, M.-L. ​395

601

Gupta, N. J. ​263, 432 Guttenberger, G. ​269, 273, 288 Haacker, K. ​199, 319, 454, 474 Habicht, Chr. ​81 Haenchen, E. ​64, 160 Haensch, R. ​161 Hafemann, S.  J. ​399 Häfner, G. ​448 Hahn, F. ​403, 464 Halfmann, H. ​78 Hammond, N. G. L. ​72 Hansen, G.  W. ​479 Haraguchi, T. ​433, 435–436, 440 Harding, C.  S. ​486 Harl, M. ​447 Harnisch, W. ​229–230, 235 Harrison, J.  R. ​89 Haubeck, W. ​487 Haufe, G. ​16, 21, 26, 28, 160–161, 211–212, 230, 297, 302, 316, 477 Hausrath, A. ​16 Hawthorne, G. F. ​28, 248, 259 Hay, D.  M. ​247 Hays, R. B. ​307, 313 Hayward, C. ​86 Heen, E.  M. ​83 Heilig, Chr. ​36, 77, 79, 87 Heinemann, I. ​251 Heinemann, M. ​190 Heininger, B. ​113, 306 Heinrici, G. ​398 Hellholm, D. ​248, 395 Hemelrijk, E.  A. ​86 Hemer, C.  J. ​468 Hengel, M. ​3, 27–28, 48–49, 56–57, 65, 95, 97, 100–101, 105, 110, 122, 200, 246–247, 412, 414, 421, 462, 464–465, 469, 492 Hennings, R. ​152 Herrmann, P. ​81 Herz, P. ​81–82 Hezser, C. ​135, 138 Hiestermann, H. ​318, 333 Hild, F. ​146 Hock, R. F. ​145, 435–436, 441 Höcker, Chr. ​168 Hodgson, R. ​301 Hoffmann, P. ​12, 330, 336 Hofius, O. ​53, 103, 105, 399, 458, 477, 484 Hofmann, K.-M. ​36 Hogan, K.  M. ​459 Holloway, P. A. ​408, 503

602

Autorenregister

Holtz, T. ​15, 19, 21, 34–36, 41, 112, 125, 130, 160–161, 163, 195, 211–212, 216–217, 285, 293, 295–296, 300–302, 317–318, 326, 330, 334–340, 368, 370, 425–426, 454, 458, 473 ​ Holtzmann, H. ​16 Hoppe, R. ​16, 34–36, 41–42, 78, 89, 93, 126, 160, 163, 176, 189, 220, 302, 315–318, 325–327, 330–331, 333, 335–336, 338– 339, 368, 400–401, 415, 425, 428, 453–455, 472–473, 475, 493 ​ Horn, Chr. ​313–314 Horn, F. W. ​2, 28, 34, 42, 69, 163, 292, 296–297, 311–313, 384, 397–398, 401, 464, 492 Horrell, D. ​429 Horsley, G. H. R. ​455 Horsley, R. A. ​79, 87 Houlden, J.  L. ​464 Hübner, H. ​4, 464 Hülsmann, H. ​5 Hulmi, S. ​399 Hunt, E.  D. ​148 Hyldahl, N. ​470 Ihm, M. ​190 Jacobi, Chr. ​318, 332 Jacques, F. ​74 Jantsch, T. ​36, 346–348, 350 Jastrow, M. ​ Jensen, J. ​301 Jeremias, J. ​485 Jervell, J. ​183, 200–201 Jewett, R. ​15, 17, 21, 49, 319 John, F. ​3, 45, 51–53, 56, 67, 148–149, 470 Johnson, B.  C. ​477 Jürgens, B. ​133, 391 Kaiser, O. ​323 Kampling, R. ​454, 476 Karrer, M. ​104, 113, 121–122, 125, 130 Keener, C. S. ​467, 482 Kennedy, G. A. ​245–246, 248, 251 Kim, B.-M. ​469 Kim, S. ​87 Kirbihler, F. ​83 Kister, M. ​447–448 Klaiber, W. ​467, 471 Klauck, H.-J. ​6, 34–35, 152–153, 188, 283, 306, 415–417, 491 Klein, Chr. ​273–274 Klein, G. ​392, 399, 466, 483, 488 Klinghardt, M. ​53

Klinzing, G. ​233 Kloppenborg, J.  S. ​54 Klumbies, P.-G. ​16 Knauf, E.  A. ​101–102 Knibb, M.  A. ​447 Knoch, O. ​183, 202, 213 Knox, J. ​21 Koch, D.-A. ​17 Koester, H. ​77, 79, 150, 247, 251–252, 261–262 Kolb, A. ​146–148, 152–153 Kollmann, B. ​8, 96, 103–105, 107–108, 115–116, 118, 129 Konradt, M. ​2–3, 12, 51, 95, 112, 117, 119, 123, 156, 230–232, 236, 291, 293–295, 297, 299, 301–302, 307, 317, 321, 325, 328, 356, 369, 378, 383, 453, 455–457, 460, 475–479 Konstan, D. ​258 Korenjak, M. ​493–496 Koskenniemi, H. ​34 Koukouli-Chrysanthaki, Ch. ​147 Kramer, W. ​395 Kraus, W. ​138, 390, 392, 477, 482, 485 Kreinecker, Chr. M. ​252, 257–258 Kreuzer, S. ​277 Kuhn, H.-W. ​229, 231, 236–237 Kümmel, W. G. ​15, 249 Kuss, O. ​7 Labahn, M. ​151, 277 Lafond, Y. ​172 Lambrecht, J. ​325 Lamp, J.  S. ​454 Lampe, P. ​166, 172, 179, 191, 401, 470 Landmesser, Chr. ​16, 35, 41, 325–327, 329, 346, 353, 357–358, 365–368, 370–372, 374, 377, 380–381, 384, 403, 411 Lang, F. G. ​121, 124, 235 Lange, A. ​453–454, 456, 458 Lanzinger, D. ​432 Lapenga, B.  J. ​252–254 Latte, K. ​84 Laub, F. ​16, 296, 302 Laurence, R. ​148 Lausberg, H. ​368 Lejeune, A. ​222 Leonhard, C. ​58–59 Leppin, H. ​69, 78, 85 Liampi, K. ​77, 82 Lichtenberger, H. ​229, 233–234, 237–238, 254, 357, 389 Lietzmann, H. ​319 Lim, T.  H. ​447

Autorenregister Lindemann, A. ​11, 27, 34, 42, 120–121, 124, 126, 191, 247, 264, 321, 325–326, 332, 340, 342–343, 345, 347, 352–354, 356, 358, 360, 397–398, 415–416, 418–420, 429, 445, 464, 469 Lintott, A. ​18 Lipsius, R. A. ​32–33, 35 Löhberg, B. ​147–148, 167 Löhr, H. ​2, 52–53, 311–312 Lohse, E. ​201, 313, 415 Longenecker, R. N. ​26, 467–469, 479 Löning, K. ​21 Lozano, F. ​85 Luckensmeyer, D. ​367 Lüdemann, G. ​20–28, 37, 41–43, 64, 329, 357, 429, 473 Ludolph, M. ​272 Lührmann, D. ​302 Lünemann, G. ​16 Luz, U. ​284, 373, 379, 396, 403 Magda, K. ​166 Maier, J. ​446 Majercik, R. ​245, 248, 253 Malherbe, A. J. ​16, 18–19, 21, 30, 34–36, 39, 41, 251, 253–254, 271–273, 275, 277, 279–280, 282–283, 285, 295, 302, 317–318, 369, 372, 411, 413, 415–418, 424–425, 473–474, 493, 498 Malina, B. ​256, 301 Marguerat, D. ​46 Marrou, H.  I. ​246 Marshall, I. H. ​292, 302 Martin, R. P. ​248, 259 Martínez, M. ​273–274 Martyn, J.  L. ​26 Marxsen, W. ​4, 15, 302, 313, 403 Matera, F. J. ​302, 473 Maurer, Chr. ​302 McGehee, M. ​302 Mearns, Chr. L. ​464 Meeks, W. A. ​261, 302 Meier, J.  P. ​16 Meiser, M. ​277, 337, 470, 483 Mell, U. ​94, 155, 170, 232, 306, 379, 384 Mellor, R. ​82 Merk, O. ​302, 325, 337 Merklein, H. ​94, 98–100, 120–124, 126–127, 191, 303, 332–333, 337, 343, 345, 348–349, 355, 359 Merz, A. ​16 Metzner, R. ​186–187, 191, 199–200 Meyer, A. ​472

603

Meyer, I. ​453 Michaelis, W. ​191, 409 Mileta, Chr. ​81 Milinovich, T. ​275 Millar, F. ​84 Milligan, G. ​49 Misch, G. ​272 Mitchell, M.  M. ​416 Mitchell, S. ​83 Mittenhuber, F. ​146 Mittmann, S. ​183 Moo, D. J. ​467, 479, 482 Morgenthaler, R. ​218, 223 Morris, L. ​15, 20 Moulton, J.  H. ​49 Müller, M. ​ Müller, P.-G. ​34–36, 302 Müller, P. ​462 Müller, U. B. ​407, 462–463, 470 Müller, W.  G. ​494 Muñoz Melgar, A. ​1 Murphy-O’Connor, J. ​17, 473 Mußner, F. ​106, 110, 114, 482 Mutschler, B. ​50, 160, 179, 183, 188, 201, 203, 212, 217, 227, 332 Nasuti, H.  P. ​444 Nesselrath, H.-G. ​313, 496 Neyrey, J.  H. ​253–254 Nicholl, C. R. ​210, 254, 266 Nicklas, T. ​36, 69, 158, 332, 340–341, 353, 434 Niebuhr, K.-W. ​168, 463 Nida, E.  A. ​250–251 Nigdelis, P. M. ​73, 75, 147 Niggl, G. ​272–273 North, J. ​84 Nussbaum, M.  C. ​303 Oakes, P. ​467 Oepke, A. ​477 Öhler, M. ​29, 45, 48–49, 51–54, 59, 62–64, 66, 93, 95, 106–108, 110, 113, 117, 121– 122, 129, 195, 291, 449–453, 468 Okeke, G.  E. ​447 Ollrog, W.-H. ​150, 159–161, 175, 179, 182, 184, 190–191, 201–202, 214, 221, 226, 465 Omerzu, H. ​187–189, 191, 282, 470 Papazoglou, F. ​72 Parkin, T.  J. ​500 Passow, F. ​426, 429–430, 437, 439 Pathrapankal, J. ​469

604

Autorenregister

Paynter, M. ​151–152, 415–417, 421 Pearson, B. A. ​30, 250, 477 Peppel, M. ​84 Pesch, R. ​183, 188, 196–197, 200, 215 Peters, A. ​6 Peterson, E. ​338 Petrarca, F. ​498 Philip, F. ​464 Pieper, A. ​322 Pilch, J.  H. ​256 Pilhofer, P. ​16, 66, 139, 142–143, 147, 157, 167, 186–187, 215, 471 Pittia, S. ​153 Pitts, A.  W. ​261 Plevnik, J. ​262 Plümacher, E. ​22, 452 Pola, Th. ​277 Popkes W. ​395 Poplutz, U. ​319 Popović, A. ​429–430 Popp, Th. ​180 Portenhauser, F. ​380 Porter, S. E. ​247, 415, 447 Pratscher, W. ​96, 113, 115, 117, 390, 429, 433, 439–440, 443 Preisigke, F. ​158, 187, 191, 221 Price, S. F. R. ​83–84 Prignitz, S. ​81 Prostmeier, F. R. ​447, 449 Pucci Ben Zev, M. ​455 Puech, É. ​239–241 Puig i Tàrrech, A. ​1 Pursiful, D. J. ​467 ​ ​ Rabens, V. ​155–156, 169, 297, 464 Radl, W. ​383 Räisänen, H. ​7, 33, 464 Rajak, T. ​455 Ramelli, I. ​258 Ramsay, W. ​140 Rathmann, M. ​146–149 Rau, E. ​390 Ravasz, H. ​366 Reck, R. ​156, 161, 168, 171, 173 Reid, D. G. ​248, 259 Reinbold, W. ​65–66, 144, 150, 175 Reinmuth, E. ​16, 295, 302, 372, 375, 452, 462, 475 Reiser, M. ​387 Reitzenstein, D. ​86 Rese, M. ​458 Reumann, J. ​28, 408 Ricci, C. ​88 Richard, E. J. ​4, 17, 296, 302, 401

Richards, E.  R. ​302 Richardson, B.  E. ​500 Richardson, P. ​432 Richter, W. ​395 Ricl, M. ​149 Riepl, W. ​167 Riesner, R. ​3, 15, 19–21, 93, 168, 171, 189, 191, 213, 403, 467, 477 Rife, J.  L. ​148 Rigaux, B. ​302 Röder, J. ​313 Rohde, J. ​106, 110, 114 Roll, I. ​137, 149 Roloff, J. ​16, 65, 183, 197–198, 200, 397 Roose, H. ​16, 34, 213, 216–217, 302, 474, 477 Rubel, G. ​2 Rudnig-Zelt, S. ​322 Ruffing, K. ​149, 284 Rühl, M. ​496 Rusam, D. ​205 Rüterswörden, U. ​500 Şahin, S. ​146 Salomies, O. ​158 Sanders, E. P. ​9, 384–385, 394, 401 Sänger, D. ​7, 9, 34, 41, 51, 64, 401, 450, 454, 457, 461, 485 Sauer, V. ​135 Sauter, G. ​366 Sawley, B. ​146 Schade, H.-H. ​21, 385 Schäfer, R. ​102, 110, 159, 467–469 Schaller, B. ​488 Schille, G. ​184, 190 Schlier, H. ​8, 26 Schlueter, C.  J. ​472 Schmeller, Th. ​7, 62, 67, 95, 234–235, 284, 286–288, 321, 399, 433–440, 492 Schmidt, D. ​250 Schmidt, E. D. ​15, 17, 23, 30, 35–37, 42, 93, 155, 297, 302, 316–317, 385, 402 Schmidt, J. E. C. ​29 Schmitt, G. ​183 Schnabel, E. J. ​146–147, 469 Schneider, J. ​487 Schneider, G. ​187, 189 Schneider, H. ​135 Schnelle, U. ​2, 4, 11, 15–17, 21, 30, 33–34, 36, 41, 48, 65, 93–97, 113, 120, 122, 138, 148, 150, 155, 292–293, 295, 297, 310, 312, 357–358, 383, 385–386, 389–390, 393, 395–396, 401–404, 407, 411–412,

Autorenregister 414–415, 445–446, 461, 464, 466, 470, 472–474, 481, 488–489, 493 Schrader, K. ​29–30, 34, 37 Schrage, W. ​94, 122, 124, 296, 298, 303, 313, 343–346, 348–349, 353–354, 429–433, 464, 486 Schreiber, S. ​16, 21, 34–36, 41–42, 93–97, 126–128, 163, 210–217, 222, 225, 230, 232, 269, 272–273, 275, 277, 280, 282–283, 302, 315, 318, 326–327, 329, 333, 335–338, 340–342, 365, 368, 372, 374, 378, 383, 386, 400–401, 403, 407, 411, 415, 418, 423–426, 428, 436, 443, 450–452, 454, 456, 473, 475, 477, 493 ​ Schreiner, J. ​334 Schreiner, Th. R. ​467 Schröter, J. ​17, 20, 22, 46 Schulz, S. ​292–293, 297, 300, 401, 464 Schwalm, H. ​272 Schwemer, A. M. ​3, 28, 48–49, 56–57, 65, 412, 421, 462, 464–465, 447, 452, 465, 469, 492 Schwertheim, E. ​149 Scott, J. M. ​3, 168, 475 Sellin, G. ​338, 343–344, 348–352, 481 Shaw, B.  D. ​156 Sieffert, F. ​392 Siegert, F. ​247 Sigismund, M. ​500 Skarsten, R. ​250 Smit, J.  F. ​432 Smith, A. ​251 Smith, J.  E. ​302 Soards, M.  L. ​467 Söding, Th. ​292, 300, 305–306, 384, 396, 399, 415, 421, 458, 470 Solin, H. ​158 Spaeth, B.  S. ​85 Stalker, J. ​252 Starling, D.  I. ​262 Steck, O. H. ​453, 475–476 Stefanidou-Tiveriou, Th. ​76 Stegemann, W. ​34, 127, 425, 477 Steimle, Chr. ​76, 81 Stein, H.-J. ​53 Stemberger, G. ​52, 330, 448 Stendahl, K. ​486 Stengel, P. ​140 Stettler, Chr. ​151 Steudel, A. ​236, 447 Stiksel, R. ​113, 119, 121, 123 Still, T. D. ​189, 472- 474 Stökl Ben Ezra, D. ​454

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Stowasser, M. ​97, 109, 447 Stowers, S. ​251 Strecker, Chr. ​90 Strecker, G. ​389 Strotmann, A. ​16 Stuhlmacher, P. ​317 Stuhlmann, R. ​478, 485 Suh, M. K. E. ​235 Suhl, A. ​143, 472 Sweeney, J.  P. ​246 Synofzik, E. ​321, 477 Taylor, J. S. M. ​19 Tellbe, M. ​455, 473 Theiler, W. ​251 Theißen, G. ​16, 188, 191, 225, 284, 306, 410, 412, 421, 429–430, 433, 434–436, 470, 474–475, 480–482, 485, 489, 492 Theobald, M. ​1–2, 4, 7–8, 10–11, 33, 95, 97–98, 395, 401, 404, 444–446, 454, 457, 462–463, 470, 480, 482, 484, 487 Thielmann, F. ​398 Thomasson, B.  E. ​18 Thonemann, P. ​86 Thornton, Cl.-J. ​186, 200, 202 Thraede, K. ​34, 498 Thrall, M. E. ​286, 435, 437, 439, 440, 469–470 Tilly, M. ​277, 446, 454 Timmer, J. ​500 Tite, Ph. L. ​254 Tiwald, Markus ​284, 445, 447, 452–453, 455, 457 Tiwald, Michael ​2, 29, 449, 459 ​ Tomson, P.  J. ​302 Touratsoglou, I. ​76 Tov, E. ​446 Trilling, W. ​36 Tsafrir, Y. ​137 Uprichard, H. ​258 Vahrenhorst, M. ​205–206, 222, 302 Verheyden, J. ​20, 138–139, 159, 175, 183, 288 Van Bremen, R. ​86 Van der Lans, B. ​69, 85 VanderKam, J.  C. ​447 Vegge, T. ​245–248, 251–252, 264 Veit, W. ​6 Verheyden, J. ​20, 138–139, 159, 175, 183, 288

606

Autorenregister

Vermes, G. ​196, 211 Verwold, E. ​313, 319 Vielhauer, Ph. ​15, 46, 407 Vogel, M. ​69, 320–322, 399, 500 Voigt, G. ​191 Vollenweider, S. ​397, 429, 434 Volp, U. ​34, 42, 313 Volz, P. ​334–335 Von Albrecht, M. ​496 Von Bendemann, R. ​401–402, 445, 450, 459–460, 464 Vom Brocke, Chr. ​18, 72–76, 78, 89, 157, 189, 302, 329–330, 368, 386, 472–473 Von Dobschütz, E. ​16, 19, 230, 295, 300, 302, 317–318, 326, 339–340, 416–418, 477 Von Eickstedt, K.-V. ​171 Von Gemünden, P. ​350, 482, 489, 504 Von Harnack, A. ​190 Von Lips, H. ​184–185, 189–190, 196, 198, 212 Vorderstrasse, T. ​145 Wagner, J.  R. ​490 Wagner-Egelhaaf, M. ​273 Wagner-Hasel, B. ​500 Walbank, F. W. ​72, 147 Walker, P. ​183, 187 Walter, N. ​484 Wanamaker, Ch. A. ​16, 21, 30, 245, 249, 253, 260–262, 300, 302 Ware, J.  P. ​10 Warnecke, H. ​135 Waschke, E.-J. ​330 Weatherly, J.  A. ​475 Wedderburn, A. J. M. ​48, 95, 101, 129, 469 Weder, H. ​6, 466 Wehnert, J. ​113, 390 Weidemann, H.–U. ​50, 52, 54–55, 59, 407, 409–410 Weima, J. A. D. ​17, 30, 32, 35–36, 41, 79, 88, 301–302, 330, 424 Weise, Chr. ​500 Weiß, H.-F. Weiß, W. ​296, 306 Welzer, H. ​273 Wendebourg, N. ​230, 235 Wengst, K. ​6, 89, 395 Wenning, R. ​101 Wesch-Klein, G. ​102 White, J. R. ​79, 88

Whites, H. ​290 Whitton, J. ​302 Wick, P. ​447 Wiefel, W. ​464 Wiegartz, H. ​149 Wieseler, K. ​16–17 Wilckens, U. ​33, 319, 396, 445, 464, 484 Wildberger, J. ​496 Wilk, F. ​67, 313, 349, 489 Wilker, J. ​58 Williams, D. J. ​19–20, 302 Windisch, H. ​320 Winter, B.  W. ​85 Winter, F. ​277 Wirbelauer, E. ​169 Wischmeyer, O. ​33, 94–95, 120, 139, 306, 314, 317, 407, 409, 418, 420 Witetschek, St. ​455 Witherington III, B. ​246–248, 250–251 Wittke, A.-M. ​141–142, 183, 200 Witulski, Th. ​83, 85, 87 Wojtkowiak, H. ​304 Wold, B. ​322 Wolff, Chr. ​120–121, 124, 126, 303, 343, 346, 348, 353, 355, 430, 436–437, 439, 486 Wolff, D. ​270–272 Wolter, M. ​7, 22, 33–34, 36, 41, 46, 96, 98, 101, 111, 125, 169, 294, 311, 326, 328, 333, 337, 344, 353, 355, 392, 404, 415–417, 471, 477–479, 481, 485–488 Wrede, W. ​9, 393, 461 Wright, N. Th. ​257, 260, 415 Yarbrough, O.  L. ​302–303 Yarbrough, R.  W. ​302 Zachhuber, J. ​29 Zangenberg, J. K. ​17, 20 Zeller, D. ​27, 34, 191, 320, 343, 345–347, 349–350, 353, 355, 361, 409, 429–432, 434, 457, 485 Zeller, E.  30 Zetterholm, M. ​56, 59 Zimmermann, Chr. ​482 Zimmermann, R. ​34, 42, 46, 313, 315, 320 Zmijewski, J. ​186, 188, 198–199 Zugmann, M. ​47, 328 Zwickel, W. ​183 Zwierlein, O. ​96

Namenregister Abraham ​109, 256, 259, 264, 394, 454, 463, 471, 480–481, 484, 485 Achaia ​2, 18, 19, 66–67, 122, 138–139, 150, 164, 166, 172, 176, 190, 199, 207, 218, 221, 225, 252, 291, 327, 366, 414, 439, 462 Actium ​72 Adam ​234, 239, 336, 346, 352 Adria ​147, 167 Aemilius Paullus, Lucius  ​70, 82, 222 Aesernia ​134 Afrika ​136 – Nord 49 Agabus ​468 Ägäis ​3, 154, 215 Ägypten ​53, 150 Alexander der Große ​70, 73 Alexander ​455 Alexandria Troas→ Troas Alexandria ​136, 150, 189, 246 Alpenraum ​85 Amanuensis Tertius ​471 Ambrosius ​151 Amos ​475 Amphipolis ​143, 146–148, 167, 169, 407 Anatolisches Hochland ​180, 199 Ancyra ​83 Andronikus ​128, 426 Ankyra ​138, 142, 148 Annia Prokla ​86 Antigoniden-Dynastie ​73 Antiochia in Pisidien ​63, 65, 67, 136, 139–140, 146, 161, 184 Antiochia ​3–4, 45, 46–48, 54–62, 64–68, 106–109, 114–120, 122–123, 130–131, 136–139, 144–146, 148, 150, 158–159, 161–162, 164, 168, 177, 180–185, 189, 192–193, 199, 206, 282, 392, 395, 408, 413–414, 426, 431, 461–462, 467–469, 492 Antiochius IV. Epiphanes ​56 Antipatris ​138 Apameia ​140, 148, 150 Apollonia ​143, 146–148, 167, 169, 407 Apollonius Molon ​37, 475 Apollos ​125, 160, 195, 432 Apphia ​219

Aquila ​20, 171, 191–193, 195, 213, 431 Arabia, Provinz ​137, 225, 462, 464, 492 Arabien ​101, 102 – Nord ​145 – Saudi ​101 Archipp ​219 Areopag ​190, 330 Aretas IV. ​101 Aristarchus ​170, 195, 200–201 Aristoteles ​246–247, 260, 311, 499 Artemis ​200 Asdod ​338 Asia, Provinz ​3, 73, 80–81, 150, 166, 175, 186, 200–202, 204, 206 Assos ​149 Athen ​17–18, 23, 139–140, 143–144, 146, 156, 158, 171–173, 180, 189–191, 193, 199, 211–213, 218, 330, 473 Athene ​461 Attaleia ​146 Atticus ​153 Augustinus ​153 Augustus (Kaiser) ​72, 75–77, 82, 84, 86, 141, 286 Aulus Caesennius Gallus ​149 Avia Posilla ​76 Balak ​263 Balkanprovinzen ​147 Barnabas ​23–24, 45, 47, 51, 54–55, 60–66, 93–97, 106–108, 110, 114–119, 123, 129–131, 161, 163, 165, 180–186, 192, 194, 195, 198, 200, 226, 291, 306, 410, 414–415, 426, 431, 435, 442, 462, 468–469 Beliar ​233, 235 Beröa ​18, 23, 73, 143, 146, 164, 169, 171, 173, 186, 188–191, 193, 199–201, 203, 214, 329, 414, 472–474 Bethlehem ​153 Bezaleel ​259 Bileam ​263 Bithynien ​80, 81, 140–142, 186, 193, 206 Bostra ​102 Brundisium ​140, 147 Byzantion ​134, 140–141, 147

608

Namenregister

Caesar, Gaius Iulius 74, 81–82, 149 – Divus Iulius ​76, 81 Caesarea maritima ​138, 144, 146, 148–150, 192–193, 199, 408, 471 Caesarea Philippi ​138 Caligula (Kaiser) ​57, 73, 169 Cassius Dio Cocceianus ​19, 22, 80–81 Chaldäer ​266 Chalkidike ​73, 147 Chios ​149 Cicero, Marcus Tullius 74, 140, 153, 491, 494, 498, 500 Cicero, Quintus Tullius 498 Claudius (Kaiser) ​19, 57, 73, 77, 82, 85, 146, 169, 477 Cnaeus Egnatius ​146 Colonia Iulia Augusta Philippensis ​157, 187 Comana ​146 Cornelius von Rom ​153 Cremna ​146 Cyprian von Karthago ​152, 494 Cyprian, diaconus ​153 Dalmatien ​75, 85 Damaris ​190 Damaskus ​2, 8, 61, 88, 101–102, 136, 138, 163, 286, 290–291, 389–390, 394, 403, 414, 462, 464–465 Delos ​140 Demosthenes ​495 Derbe ​64, 139, 146, 148, 162, 184–186, 196 Dina ​454 Diogenes ​396 Dion Chrysostomos ​283, 424 Dion ​144 Dionysios (Areopagiter) ​190 Dionysos ​76, 368 Domitian (Kaiser) ​82, 148 Donau ​83, 85 Dyrrhachium ​143, 147, 167 Ebed-Jhwh ​278 Edessa ​147, 171 Egeria (Pilgerin) ​142 Engel Satans ​288 Epaphroditus ​38, 42, 411, 414, 503 Ephesus ​19, 81, 120, 140, 141, 144, 146, 148–150, 165, 175, 180, 191–193, 199–200, 202, 284, 290–291, 349, 358, 407–408, 442, 455–456, 470 – ~hypothese ​409, 410 Epiktet ​438 Epikur ​494, 498

Erastus ​179, 195, 199–200, 203 Eunike ​478 Europa ​20–21, 23, 26, 28, 167, 180, 186, 222 Eva ​234 Ezechiel ​475 Felix ​408 Festus ​408 Flaccus , Lucius Valerius 81 Flavier ​85, 141 Flavius Josephus ​56, 96, 135, 261, 412, 445, 453–454, 468 Gades ​136 Gaius ​179, 200–202, 443 Galatia-Cappadocia ​149 Galatien ​70, 96–97, 138, 146, 148–149, 166, 186, 193, 199, 206, 468, 470, 489, siehe auch → Gemeinde in ~ – Landschaft ​139 – Provinz ​139 – Süd~ ​23, 51, 64, 66, 146, 185, 468 Galatisches Land ​146 Gallia Narbonensis ​85, 168 Gallia Cisalpina ​168 Gallio, L. Iunius Annaeanus ​19–20, 23, 25–26, 455, 474 Griechenland ​55, 57, 145, 147, 150, 155–158, 166–167, 171–172, 177, 181, 185–186, 192–193, 200, 204, 218, 224, 408, 412–414, 419 – Nord~ ​186, 189, 190 Gyaros ​140 Hadrian (Kaiser) ​83–84, 137 Hagar ​480–481 Hannas ​22 Hauptmann von Kapernaum ​48 Hebräer ​53, 463 Hellespont ​140, 149, 167 Herakleia ​147, 167, 171 Herakles ​76 Herodes Agrippa I. ​117, 453 Herodes Agrippa II. ​110 Herodes Antipas ​54, 166 Herodes der Große ​48, 56 Herrenbrüder ​442 Hieronymus ​152 Hierosolyma ​138 Hippo ​153 Hippokrates ​462 Horaz ​140, 187, 493, 495

Namenregister Iconium ​136, 139–140, 146, 148, 184–186, 196–197 Ignatius von Antiochia ​17, 40, 42, 59–60, 68 Ikonion ​64, 160–162 Illyrien ​66, 143, 200 Illyris, Provinz ​166 Ionisches Meer ​150 Isaak ​256, 479, 481 Isaurien ​139 Isis ​76 Ismael ​479 Isokrates ​246, 272, 495 Israel ​52, 159, 163, 164, 174, 221, 256, 299, 300, 323, 327, 368, 386, 391–392, 405, 416, 432, 446, 448, 451, 457–461, 463, 467, 471–472, 477–478, 480–490, 500 Isthmos ​123, 148 Italien ​19, 76, 133–135, 150, 168, 171 Iulia Augusta ​76, 86 Jakob ​256, 487 Jakobus, Sohn des Zebedäus ​117 Jakobus, Herrenbruder ​24, 45–46, 60, 63, 67, 93–97, 103–105, 110, 114–119, 123–125, 129–131, 343, 469 Jakobusleute ​51, 60, 118, 162, 165, 392 Jaques Derrida ​273 Jason ​169, 171, 189, 214, 282, 283, 285, 329, 473 Jeremia ​475 Jericho ​138 Jerusalem ​3, 27, 47–48, 53–55, 58, 60–61, 67, 98, 100, 102–103, 106–108, 114, 116–118, 120, 131, 134, 138, 143–144, 146, 149, 161–164, 170–171, 174, 180–184, 186–187, 192–193, 199–200, 202–203, 205–206, 220, 223, 225, 246, 307, 408–409, 432, 468–469, 484, 487, siehe auch → Gemeinde in ~ Jesaja ​349, 475 Johannes Brahms ​354 Johannes der Täufer ​22, 155, 174, 504 Johannes Malalas ​57 Johannes Markus ​63–66, 108, 117, 183–184, 195, 206, 462 Johannes, Sohn des Zebedäus ​24, 63, 110, 504 Jonathan (Makkabäer) ​56 Jordan ​174 Jordanien ​101 Jordantal ​138 Joses, Herrenbruder ​129

609

Judäa ​47, 59, 98, 109, 413, 418, 474 Judas → Barnabas Judas, Herrenbruder ​129 Junia ​128, 426 Justinus Martyr ​344 Juvenal ​454 Kabirus ​76–77, 368 Kaiphas ​22 Kairoer Geniza ​454 Kalindoia ​81 Kapernaum ​48 Kappadokien ​206 Kassander ​73 Kavala ​143 Kenchreä ​144, 146, 148, 414 Keos ​140 Kephas → Petrus Kerateion ​56 Kilikien ​21, 23, 26, 49, 62, 67, 101, 107–108, 138, 140, 146, 150, 159, 181, 184, 193, 199, 221, 225, 461, 462, 465, 491 Kilikische Pforte ​139, 148 Kleinasiatische Westküste ​143 Kleinasien ​54, 57, 74, 140, 141, 145, 147– 150, 161–162, 165–168, 185, 192–193, 199–200, 202, 204, 221, 225, 408, 412–414, 462 – Süd~ ​51, 61, 63, 65, 67, 139, 150–151 Kleitomachos → Nikolaos, Sohn des Demetrius Kolossä ​470 Konstantin (Kaiser) ​153 Konstantinopel ​134, 148 Korinth ​3, 11, 15, 18–21, 23, 26, 65–66, 96, 121–123, 139, 143–144, 146, 150, 155– 156, 158–159, 161, 171–172, 174–175, 177, 180, 187, 189–193, 202, 204–205, 207–208, 212–213, 218, 224–225, 282–283, 286, 288, 290–291, 321, 325, 327, 342–344, 356–358, 360, 363, 371, 408, 410, 413–414, 429, 431, 434–436, 438–439, 442–443, 448, 453, 455, 460, 468–470, 473–474, 491, 492, 496, siehe auch → Gemeinde in ~ – Gründungsaufenthalt in ~ 440 Kornelius ​47 Kos ​149 Kreta ​85, 136, 151 Krispus ​25 Kyniker ​424, 438 Kyrenaika ​47 Kyrene ​47, 107, 140

610

Namenregister

Laodizea ​140, 150 Larisa ​144 Latinius Alexander ​83 Levante ​148, 150 Libanios ​494 Livia Drusilla ​76 Livius ​70 Lod ​138 Loïce ​478 Lucilius ​494 Lucius aus Kyrene ​107 Lucullus, Lucius Licinius 82 Lukas ​21, 25–26, 28, 45, 47–48, 53, 58–59, 64–65, 101, 143, 179, 182, 186, 190–191, 195, 198, 206, 213–215, 220–223, 226, 283, 329, 408, 412, 453, 455, 463, 465, 468, 470, 473 Lukios ​47 Lydda ​149 Lydia ​186–188 Lykaonien ​64, 139, 160, 180, 184–186, 192–193, 196, 200, 203–204 Lykien, Provinz ​146 Lystra ​64, 136, 139, 146, 148, 159–162, 184–186, 196–197, 201, 204, 220, 223 Macedonia, Provinz ​72, 75, 82, 157, 164, 166, 171, 176 Makedonien ​18, 23, 55, 66–67, 69–78, 81, 83, 138–141, 143, 145, 147, 149, 157, 160–161, 164, 168–169, 177, 181, 185–186, 189–191, 193, 199–200, 202–205, 207, 211, 213, 215, 218, 221–222, 225, 252, 261, 291, 327, 366, 411, 414, 439, 462, 468, 470, 473–474, 497, siehe auch → Gemeinde in ~ Malta ​150 Manaem ​166 Manaën ​54 Marc Aurel ​137 Marcus Antonius ​75 Marcus Papius Marci filius Maximus ​86 Marcus Papius Maximus ​76 Maria, Mutter des Johannes Markus ​104, 108 Matthäus ​333, 453 Meander ​349 Megara ​144 Melania die Jüngere ​148 Messina ​136 Micha ​475 Milet ​149 Mittelmeerraum ​46, 56, 67, 154 Moesien ​75

Mose ​130, 194, 256, 259, 261, 266, 399, 432, 456 Musonius Rufus ​301–302, 500 Mygdonien ​73 Myra ​135, 140, 150, 471 Mysien ​141, 146, 186 Mytilene ​149 Nabatäer ​61, 101–102, 464, 465 Narbo ​136 Neapolis ​138, 143, 146–147, 149–150, 167, 186 Nikaia/Nicäa ​81, 148 Nike ​319 Nikolaos ​47, 48, 56 Nikolaos, Sohn des Demetrius ​76, 86 Nikomodeia/Nikomedia ​81, 148 Nordreich ​453 Octavian → Augustus Onesimus ​38, 41, 470 Orontes ​145 Orosius ​22, 23 Ostia ​136, 152 Ovid ​493–495 Pagasai ​144 Palästina ​49, 164–166, 180, 435 Pamphylien ​139, 146, 183–184 Paneas ​138 Pannonien ​85 Paphos ​63, 146, 183 Parlais ​146 Parorbelien ​73 Patara ​149 Paula (Pilgerin) ​136 Paulus von Tarragona ​1 Pella ​147, 171 Peregrinos Proteus ​436 Perge ​139–140, 146, 183–184 Perinthos ​147 Perseus (Makedonien) ​70, 77 Pessinus ​139, 142, 148 Petrus ​24, 26–27, 45–47, 51, 53, 55, 60, 63, 93–97, 102–104, 107–108, 110–111, 114–119, 122, 124–125, 129–131, 149, 162, 164–165, 183, 187, 290, 392–393, 442, 465, 468, 504 Philemon ​218–219, 401, 448, 470 Philipp V. (Makedonien) ​77 Philippi ​23, 55, 66, 74, 139, 142–143, 146– 147, 149–150, 156–158, 161, 163, 167, 169, 171, 176, 180, 186–189, 192–193, 202–203,

Namenregister 207–208, 213, 218, 222, 224–225, 280, 282, 407–408, 411, 413–414, 417, 419, 427, 438, 442, 474, 492, siehe auch → Gemeinde in ~ Philippus ​48, 338 Philo von Alexandria ​245, 247, 248–250, 256–257, 259, 260–261, 263–267, 315, 446, 462 Philomelium ​140 Philostratos ​454 Phöbe ​38, 41 Phrygia Paroreius ​149 Phrygien ​141, 146, 150, 186, 199 Pilger von Bordeaux ​134, 140, 142, 148 Piräus ​171 Pisidien ​139, 160 Platon ​260, 311, 314–315 Plinius der Ältere ​149 Plinius der Jüngere ​59, 140 Plutarch ​306, 500 Polykarp von Smyrna ​212 Pompeius Magnus ​74 Pontius Pilatus ​189 Pontus ​206 Priscilla ​20, 171, 191–193, 195, 198, 213, 431 Propontis ​147 Pseudo-Hippokrates ​495 Ptolemais ​138, 149, 499 Publius Petronius ​57 Puteoli ​150–151 Pydna ​70, 171

611

Rahel ​257 Rhodos ​136, 149 Rom ​20, 22, 45, 66–67, 83, 87, 91, 101, 134–135, 140, 150, 151–152, 166, 169, 172, 177, 186, 190, 199, 202, 291, 338, 378, 407–409, 411, 455, 477, 492, 505 Roma (Göttin) ​81–82

Saul/Saulus ​62, 107, 182–183, 185, 221–222 Scaevola, Quintus Mucius 81 Schwarzes Meer ​140 Sebaste ​48 Secharja ben Jojada ​475 Secundus aus Thessalonich ​170, 200–202 See Genezareth ​138 Seleukia ​138, 145–146 Seleukos I. ​56 Seneca ​494, 498 Sergius Paullus ​63 Severus, Gaius Iulius 83 Side ​140 Silas/Silvanus ​15, 17–18, 65, 67, 94, 123, 126–128, 151, 156–161, 167, 171–172, 177, 179–195, 197–200, 202–206, 208, 210–227, 250, 257, 269–271, 277, 289, 315, 325–326, 329, 365, 423, 425–427, 472, 473, 478 Simon, Herrenbruder ​129 Sixtus II. ​152 Skythopolis ​138 Smyrna ​140 Sokrates ​190, 286 Solon ​499 Sopater aus Beröa ​143, 200–201 Sosipater ​169 Sosthenes ​25–26, 217, 428 Spanien ​3, 67, 166, 168, 172 Stadiasmus von Patara ​146 Stephanas ​343 Stephanus ​47–48, 100, 107, 412, 504 Strabo ​75, 145 Südreich ​453 Sueton ​101 Synnada ​140 Syrakus ​151 Syrien ​21, 23, 26, 46, 49, 56, 62, 66, 83, 85, 100, 107–108, 138, 145–146, 158, 164, 166, 180–181, 184, 193, 221, 225, 412, 461, 465, 491 – Süd~ ​165 Syro-Phönizien ​48, 149, 462 Syros ​140

Salamis ​146, 183 Sallust ​499 Samaria ​47–48 Samos ​140, 149 Samothrake ​143, 146, 167, 186 Sara ​454, 480 Sardes ​140, 148 Satan ​216, 224, 277–278, 288, 304, 377

Tacitus ​454, 498 Tarsus ​61, 107, 134, 140–142, 148, 150, 182, 197, 461–462 Taurusgebirge ​180, 199 Tavium ​139, 142 Theben ​144 Themistokles ​495 Thermaischer Golf ​73–74, 171

Quintilian ​27, 246, 454 Quintus Veranius ​146 Qumran ​229, 230, 231, 235, 236–237, 242–243, 446, 448, 454, 459 Qumran-Essener ​237

612

Namenregister

Thermopylenpass ​144 Thessaloniki ​17, 23, 26, 55, 69, 72–78, 81, 85–86, 126, 139, 142–144, 146–148, 150, 156–158, 163–164, 166–167, 169–174, 176–177, 179–180, 187–189, 192–193, 200–201, 209–215, 218–219, 223–224, 230, 250–252, 269, 274–276, 280, 282–283, 285–286, 290, 293, 306, 325, 327–330, 340–341, 343, 360, 363, 365–366, 368–369, 377, 380, 400, 407–408, 410, 413–414, 416–418, 423–424, 427–428, 442, 448, 454, 455, 472–474, 477, 491–492, 497, siehe auch → Gemeinde in ~ – Gründungsaufenthalt in ~ 280–283, 285, 293, 295, 299, 328, 423, 472 Thrakien ​75 Thyatira ​186–187 Tiberius (Kaiser) ​19, 56–57, 73, 76, 86, 190 Timotheus ​15, 23, 38, 41, 67, 93–94, 123, 126–128, 151, 156–161, 167–168, 171– 174, 177, 179, 185–186, 188–193, 195–227, 250, 257–258, 269–271, 274–279, 289, 315, 325–326, 328, 365, 377, 423, 425–427, 472474, 478, 501, 503 Titus ​24, 38, 41, 53, 56, 106, 109, 164, 179, 198, 202, 437 Trajan (Kaiser) ​59, 83

Troas ​140, 146, 148, 150, 161, 167, 186, 193, 202, 284 Trophimus ​200–202 Tyana ​139, 148 Tychikus ​200–201 Tyros ​149 van Beethoven, Ludwig ​1 Varro ​499 Veria → Beröa Via Appia ​140, 147 Via Egnatia ​73, 142–143, 147,167, 169, 171, 186 Via Sebaste ​136, 139–140, 146, 148–149, 167, 185 Via Tauri ​139, 148 Victoria ​319 William Wrede ​461 Zentralachaia ​144 Zentralanatolien ​180 Zeus ​82, 461 Zion ​48, 486–487 Zypern ​47, 49, 51, 55, 61, 63–67, 85, 96, 107, 136, 146, 161, 162, 165, 180–183, 462, 468

Sachregister Abendmahl ​349 Abraham – Bund Gottes mit ~ ​109 – ~skindschaft ​480–481, 489 – ~süberlieferung ​479 Achämenidenzeit ​149 Ad Herennium ​251 Adam-Christus-Typologie ​346, 352 Adiaphoron ​197, 298, 392, 395, 397 Adventus-Ritual ​88 Agonotheten ​76 Agora ​74, 190 Akklamation ​19 Allegorese ​480 Allegorie ​250 Alte Kirche ​464 Alter Bund ​399 Altes Testament ​386–387, 456, 484 Älteste ​442 Ämterekklesiologie ​40, 42 Amtsbrief ​410 Analepse ​254, 267 Anciennität ​224 Anspielung ​451 Anthropologie ​312, 319, 386, 400, 402, 404 Anthypophora ​254 Antichrist ​32, 36 Antidosis ​272 Antijudaismus ​37, 60, 454, 472, 476 Antiochia, siehe auch → Gemeinde in ~ – Klauseln ​122, 123, 130–131 – Tradition ​306 – Kompromiss ​122–123 – Konflikt ​3, 24–25, 45, 51–54, 65, 95, 99, 105, 112–114, 117, 119–123, 125, 127, 282, 291, 393, 403, 413, 415, 462, 467–468, 479 – Zwischenfall → Konflikt Apokalypse Moses ​337 Apokalyptik ​10, 32, 262, 278, 333–336, 338, 340, 342, 355, 362, 367, 374, 383, 385, 459, 488 Apologetik ​23, 283, 288–289 Apologie ​413, 417, 421, 424, 429, 496 Apostat ​196, 393 – jüdischer ​11

Apostel ​2, 29, 62, 65, 88, 129, 145, 151, 158, 162, 186, 227, 263, 287, 288, 307–309, 321, 343, 349, 383–384, 397, 400, 403, 414, 421, 423, 425–427, 429–432, 434–436, 438, 441–443, 462–463, 465, 471, 474, 476, 483, 485, 491, 496, 502, 505 – Christi ​127, 163, 217, 345 – ~begriff ​128, 163, 426 – ~dekret ​46, 53, 67, 113, 121, 390, 467 – der Völker ​55, 64, 284, 389, 489 – Jerusalemer ​46, 100, 102, 104 – ~konvent ​3, 22, 23, 25, 50, 51, 53–54, 62–64, 67, 94, 106–107, 109–110, 112, 127, 161, 163, 180, 221, 224–225, 282, 291, 389–393, 401, 403, 413–414, 462, 467–469, 492 – ~konzil ​468 – Lehre ​31 – ~status ​127 – ~titel ​62, 217 Apostelgeschichte ​2, 16–17, 20, 22–23, 26, 30–31, 47–48, 58, 62, 65–67, 78, 119, 135, 139, 141–143, 145, 149, 155, 159–160, 167, 179, 192, 195, 203, 205–206, 210, 213, 215, 220, 223, 226, 282–283, 285, 288–290, 311, 330, 408, 455, 462, 467, 469, 472 – Entstehung der ~ ​46 – Historizität der ~ ​28 Applikation ​466 Archäologie ​75 Ars moriendi ​321 Askese ​320 Astrologie ​242 Athletische Agonistik ​319, 322, 323 Attizistische Schulrhetorik ​246 Audition ​186 Auferstehung – der Toten ​123–125, 174, 262, 266–267, 325, 327–331, 334–335, 337, 339, 341–342, 344–346, 353–357, 359–360, 362, 371, 374 – Teilhabe an der ~ Christi ​503 – ~shoffnung ​330, 348, 356–358, 363 – ~sleugner ​353 – ~svorstellung ​344, 350 – ~zeuge ​164, 343 Auferweckung ​10, 124, 336, 339

614

Sachregister

– Jesu ​124–125, 343–345, 347, 357–358, 362, 370, 375, 379, 384, 400 Aufnahmeritus ​170 Augenzeugenschaft ​186 Augustus – Ära ​75 – Kult ​76 – ~priester ​82 Autobiographie ​273 Autorität ​6, 250, 289, 425, 434–435, 437 Babylonisch-iranische Tradition Barbareneinfälle ​75 Befreiung ​187 Befreiungsedikt ​82 Befreiungsgeschehen ​312 Bekehrung ​2, 186, 188, 191, 383, 461 Bekenntnis ​325, 362 – ~formel ​262 – ~tradition ​8–9 Benefiziarier ​135 Berufung ​2, 296, 298–299, 308, 372, 384, 386, 389, 401, 461 Beschneidung11, 24, 60, 97–99, 109, 111–112, 115, 117, 162, 180, 194, 196, 197, 214, 390- 393, 397–398, 465, 473, 479–482, 488, siehe auch → Unbeschnittenheit ​ – ~sforderung ​48, 51 – ~sfreiheit ​63, 109, 391, 403, 462 Bestattungsrhetorik ​246 Bestrafung ​295 Bildung, griechisch-hellenistische ​245–246 Bischof ​153–154 Bote ​38–39, 41, 153, 209, 290, 466 Botenformel ​38–39, 41–42 Brief ​5, 152, 154, 173, 175, 191, 206, 216, 219, 226, 257, 290, 307, 402, 423, 466, 489, 492, 496 – ~kommunikation ​220 – ~konvention, antike ​35, 178, 209, 210 – ~theorie ​175, 273, 499 – Freundschafts~ 225, 410, 412, 421 – Herrscher~ ​225 – literarischer ~ ​225 – philosophischer Lehr~ 494 Bürgerkrieg ​74–75 Bürgerrecht ​166, 284 Caesareahypothese ​409 Calamus ​471 Charisma ​181 Christenverfolgung, siehe auch → Verfolgung – 3.  Jahrhundert ​152

– Jerusalem ​118 – Judäa ​31 Christus → Jesus Christus Cicerobriefe ​272 Civitas libera ​74 Claudius – ~edikt ​20–23, 101, 171, 177, 190, 455, 473–474 – ~vita ​101 – Claudische Judenvertreibung ​28 Colonia, römische ​157 Concilium ​71 Conclusio ​252 Confirmatio ​252 Confutatio ​252 Corpus Pastorale ​179 Corpus Paulinum ​7, 16, 179, 252, 307, 398, 468 Corpus Philonis ​245, 250, 266 Cursus publicus ​134, 146–147, 149, 153 Cynische Tradition ​254 Damaskus – Berufung des Paulus vor ~ ​2, 8, 50, 93–94, 100, 102–103, 106, 110, 130, 136, 291, 389, 390, 462, 464, 465 – Synagoge ​58 – ~erlebnis → Berufung des Paulus vor ~ Dämon ​338 – Dämonologie ​240, 241 De Congressu ​250 Dekalog ​263, 390 Determinismus ​236–237 Deuteengel ​334 Deuteronomistisch ​453, 475 – ~e Theologie ​453 – ~es Geschichtswerk ​475 Deuteronomium ​387 Deuteropaulinen ​209, 223, 226 Deutsches Requiem ​354 Diakone ​154 Diaspora – ~-Gemeinde ​98, 112, 182, 194, 224 – ~-Juden ​47–49, 52, 100, 107, 166, 221, 223, 461 – ~-Synagoge ​5, 67, 162 Diatribe ​432 Dichotomie ​69–70, 79, 84, 90, 260 Didache ​58, 68 Dieb ​230–231, 235, 258, 262, 340 Diminutivform ​191 Diptychon ​188 Diskriminierungserfahrung ​283–285

Sachregister Dispositio ​250, 266 Divisio ​252 Dogma, neutestamentliche Grundlegung des ​8 Doxa-Leib Christi ​503–504 Dritter Makedonischer Krieg ​222 Dualismus ​231, 233–238, 240, 242–243, 253, 262 – ethischer~ ​240–241 Ego-Erzählung ​274 Ehebruchverbot ​263 Ehelosigkeit ​304–305 Ehescheidung ​113 Eid ​263 Eigentumsvolk ​463 Eisegese ​267 Ekklesia ​45–46, 48, 57, 59 Ekklesiologie ​40, 42, 404 Ekstase ​57 Elocutio ​250–251, 266 Endogene Faktoren ​450–451 Endzeit ​176, 334, 337 Engel ​315, 335 – ~ der Finsternis ​237–238, 241 Entgenealogisierung ​481 Enthaltsamkeit ​304 Enthusiasmus ​229, 344, 354, 371, 410, 470, 471 Entrückung ​40, 332, 338, 341, 353, 361 Epheserbrief ​226 Epideixis ​248, 255 Epistel Henochs ​459 Epistolographie ​28, 155, 178, 491–492, 494, 497, 504 Erdbeben ​188 Erlösung ​173, 178, 371, 375, 488 – ~slehre ​389 Erscheinungszeugen ​124–125, 128–129 Erstling ​347 Erwählung ​295, 298–300, 371–372, 377, 386–388, 400, 459, 463 – ~stheologie ​459 – ~svolk ​162, 164, 173, 387, 488, 489 Erwecker ​396 Eschatologie ​4, 23, 31, 36, 173, 176, 236, 237, 239, 267, 294, 310, 313, 315, 321, 339, 340, 342, 347, 352–353, 356–357, 362, 366, 369, 372–373, 378, 380, 383–385, 400, 402, 404, 446, 456, 458, 478, 485, 489–490, 501 – Eschatologische Teilhabe ​503 – Eschaton ​458 – futurische ~ ​331, 366–367

615

– paulinische~ ​356, 358 – präsentische ~ ​365–368, 378, 380–381 Esrabuch, Viertes ​459 Etesische Winde ​140 Ethik ​4, 97, 267, 293–295, 297–298, 300– 301, 306–307, 309–311, 316–317, 323, 325, 387, 391, 398, 400, 404, 464 – christliche ~ ​168, 265, 301, 307, 317 – Entwicklung paulinischer ~ ​293 – neutestamentliche ~ ​311, 313 – paulinische ~ ​291, 293, 297, 301, 311, 403 – teleologische ~ ​312 Ethnarch ​101–102, 465 Ethnikon ​187 Ethos ​248, 315 Euergetismus ​85 Eunuch ​338 Europareise ​23, 26 Evangelienüberlieferung ​48, 290 Evangelisation des Paulus ​25 Evangelium ​3, 9, 33, 38, 47, 61, 66–67, 126, 159, 165, 173, 176–178, 196–197, 217, 260, 276, 359, 368, 370, 384–385, 387, 389, 391–392, 400, 403, 407, 410, 415, 417, 420–421, 424, 428, 433, 436, 457, 462, 478–479 – ~ Ausbreitung des ​45 – ~ Christi ​205, 212, 417–419, 433, 444, 484, 489 – ~ der Beschneidung ​163, 403 – ~ der Unbeschnittenheit ​163 – ~ für die Heiden ​100, 106, 109, 174–176 – ~ Gottes ​256, 417–418, 425, 427, 437 – ~ Verständnis des ​4 – ~ Zeugen des ​46 – ~sbotschaft ​125 – ~smission ​171 – ~sverkündigung an die Völker ​162 – ~sverkündigung in Antiochia ​50 – ~sverkündigung unter Juden ​111 – ~sverkündigung ​21, 48, 119, 127–128, 160, 167, 172, 176, 369, 389–390, 397, 417, 420 – ~sverkündigung, auflagenfreie ​120 – ~sverkündigung, gesetzesfreie ​95, 97, 160 – ~sverkündigung, unabhängige ​102 – Grunddaten des ~s ​123 – Grundlagen des ~ ​210 – Paraklese ​9 – paulinisches ~ ​187, 384, 479 – Predigt des ~ ​371 – Verkündigung des ~ ​6, 8, 10, 55, 65, 100, 104, 129, 157–158, 177, 199, 208, 219, 221,

616

Sachregister

224, 276–278, 342, 360, 407–408, 413, 416, 432, 434–435, 456 Exegese ​447 Exilliteratur ​496 Existenz – apostolische ~ ​444 – christliche ~ ​294, 296, 312, 321, 353, 354–356, 360–361, 365, 369, 370–371, 374, 376–381, 386, 388, 400 Existenzgewissheit ​462 Exogene Faktoren ​450–451 Exordium ​24, 251 Exorzismus ​187–188 Expectatio mortis ​494, 502, 505 Falschpropheten ​436 Fernstraßen ​133 Figura etymologica ​377 Finsternis ​229, 231, 233, 235–236, 239 Finsternis-Licht-Terminologie ​229, 232, 242 Flavische Zeit ​149 Flucht ​283, 285, 287, 290, 330 Frachtschiff ​140 Freigelassene ​153 Freiheit ​298, 373, 397, 429, 431, 434, 441, 442 Freiheitsverleihung ​74 Freundschaftsbrief ​→ Brief Friedensideologie ​86 Frühjudentum ​229, 231, 301, 322, 452, 453, 456, 458–459, 475, 484 Fürsten der Lichter ​237 Galaterbrief ​4, 11, 24, 26, 33, 38, 50, 53, 61, 63–64, 94, 97, 99, 120, 225, 248, 269, 294, 297, 307, 310, 386, 388, 390, 394, 398–399, 402–405, 410, 414, 448, 461, 467, 468, 470–472, 478, 479, 482–483, 488 – Zuordnung zur Apostelgeschichte ​26, 101 – Galatische Krise ​25, 294, 298, 393–394 Gallio-Inschrift ​16, 19, 28, 408 Gastfreundschaft ​427, 441, 443 Gebetsstätte ​186, 190 Gebote ​263, 295, 306, 387, 398, 487 Gefangenschaft – paulinische ~ ​182, 202, 291, 358, 419, 442, 462, 470 – ~sbriefe ​291, 470 – Gefängnis ​188, 470 Geist 260, 267, 316, 355, 384, 391 – ~ Christi 159 – ~ des Evangelium ​168 – ~er 239

– Erfahrung des ~ ​57 – ~gabe ​400 – ~ Gottes ​259 – ~ und Abraham ​259 – ~ und Mose ​259 Geld ​418 Gemeinde – ~ in Antiochia ​46–47, 49–50, 108, 129, 165–166, 181, 194, 426, 468, 469 – ~ in Antiochia, Judenchristen ​60, 116–117, 123 – ~ in Antiochia, Leitung der ​49 – ~ in Galatien ​104, 119–120, 478, 481 – ~ in Jerusalem ​97, 103–105, 110–112, 119, 123, 129, 162, 165, 170, 180–182, 184–185, 193–194, 197, 201, 206, 392–393, 395, 457, 468 – ~ in Jerusalem, gemäßigt-toraobservante Richtung ​115 – ~ in Jerusalem, gesetzesliberale Richtung ​ 104 – ~ in Jerusalem, Leitung der ​63, 110, 116, 186 – ~ in Jerusalem, toraobservante Richtung ​ 115 – ~ in Korinth ​24, 120, 125, 128, 130, 305, 344, 360, 363, 428–429, 438, 441 – ~ in Korinth, Judenchristen ​121 – ~ in Makedonien ​326 – ~ in Philippi ​28, 407, 442, 470 – ~ in Südgalatien ​51 – ~ in Thessaloniki ​69, 88–89, 91, 93–94, 127, 155, 160, 172–173, 176, 276, 280, 291, 337–338, 363, 400, 410, 413, 427–428, 477 – ~ judenchristliche in Jerusalem ​11, 98, 120, 205 – ~ makedonische ​158, 207 – ~brief ​225–226, 410, 421 – ~leiter ​442 – ~leitungsbrief ​176 – ~ordnung ​40 Gemeindegründung in Korinth ​24, 291 Gemeindegründungen in Makedonien ​222, 291 Gemeindegründung in Thessaloniki ​31, 210, 274, 280, 282, 306, 473 Gemeinschaftsmahl ​51, 53–54 Genitivus subjectivus ​163 Genus deliverativum ​251 Gerechtigkeit ​233, 235, 384, 386–388, 396–397, 399, 405, 483, 487 Gericht ​37–38, 41, 230, 295, 298, 321, 325, 328, 330, 341, 349, 356, 369, 371–372, 375,

Sachregister 378–379, 383, 386, 388, 396, 457, 477–478, 487–489 Gesalbter Gottes ​163 Gesandter ​426 Geschichtsschreibung, hellenistisch-römische ​2 Geschlechtsverkehr ​301–305, siehe auch → Sexualität Gesetz ​23, 98, 103–104, 293, 315, 354–355, 384, 386–389, 392, 394, 396–398, 400–401, 403–404, 446, 452, 480–481 – ~ Christi ​307, 397 – ~ des Mose ​130 – ~eskritik ​103 – ~esliberale Haltung ​110 – ~esliberale Haltung, Paulus ​116 – ~esliberale Haltung, Petrus ​108 – ~esverständnis ​4, 390 – ~esverständnis, paulinisches ​390, 393 – ~eswerke ​98 – ~losigkeit ​233, 235, 341 – Fluchfunktion des ~ ​98 – Heilsfunktion des ~ ​98 Getreidesegler ​149–151 Glaube ​212, 256, 265, 344, 366, 368–369, 376, 384, 391, 398, 481 – ~ bei Abraham ​264 – ~ bei Paulus ​265 – ~ bei Philo ​264 – ~ im Ersten Thessalonicherbrief ​212 – ~ der Thessalonicher ​33, 38 – ~nder ​233, 235 – ~sformeln ​8 – christologischer ~ssatz ​6 Glaube, Liebe, Hoffnung (Trias) ​177, 256, 264, 267, 331, 367, 376, 380, 384, 388, 400 Gleichnis ​174, 253 Glosse ​360 Glossolalie ​294 Glücksstern (mazal) ​242 Gnade ​298, 307, 487 Gnosis ​229, 322, 344, 349 Goldenes Zeitalter ​89 Goliatherzählung ​277 Gott – ~esdienst ​36 – ~esfürchtige ​78, 162, 188, 214, 329, 455 – ~esheil ​164 – ~esherrschaft ​48, 173, 347–348, 351, 353, 431 – ~esrede ​349 – ~esvolk ​50, 55, 301, 485 – ~esvolk, eschatologisches ​465

617

– Bund ​109 – Erwählungsgeschichte ​480 – eschatologischer Heilsratschluss ​458, 460 – Frieden ​257 – Heilswille ​348 – Rächer ​295 – Ratschluss ​354 – Richter ​321, 387 – Schöpfer ​237, 239 – Vater ​256, 346 – Verheißungswort ​484 – Wesen ​416 – Wille ​242, 257, 295–296, 298, 300, 315–318, 323, 387 – Wirken ​369 – Wohlgefallen ​257 – Wort ​257, 296, 384, 459 Götzen ​113, 233, 235, 264, 368, 383 – ~bilder ​78, 157 – ~diener ​477 – ~dienst ​390 – ~opferfleisch ​53, 113, 121–122, 125–126, 291, 390, 428–430, 434, 441, 471 Gräzisierung ​221–222, 271, 277 Güterethik ​311, 314–315, 318, 322–323 Halacha ​160, 234, 237, 315, 318, 480 Hamartiologie ​394 Hapaxlegomenon Hauptstadt ​74 Hausgemeinde ​188 Hebräerbrief ​223, 226 Hebräische Bibel ​229 Heiden ​52, 78, 111, 116, 189, 196, 331, 337, 383, 385, 387, 457, 458, 477, 490 – ~christen ​24, 31, 55, 106, 108, 180–181, 184–185, 194, 197–198, 202, 328, 387, 390, 392, 393, 403, 469, 479, 482 – ~mission ​27, 106, 109–110, 118, 409, 418 – ~mission, auflagenfreie ​108, 110–111, 115 – ~mission, gesetzesfreie ​55, 107, 115, 166, 391, 462 Heil ​9, 98–99, 126, 159, 235, 321, 350, 354, 367, 371–372, 375, 377–379, 388, 390–391, 485 – Israels ​162 Heilige Schrift, jüdische ​447, siehe auch → Judentum/Kanon; Tanach Heiliger Geist ​181, 259, 260, 371, 376–377, 390, 396, 399 Heiligkeit ​260, 300, 315–316, 387, 400, 402 – ~sgesetz ​390 Heiligtum ​432

618

Sachregister

Heiligung ​176, 257, 295–296, 298, 300, 385, 387, 402 Heil – ~anspruch ​463, 489 – ~sausschluss ​298 – ~sbotschaft ​384, 424 – ~sgemeinde ​194, 482, 484 – ~sgeschehen ​370–371, 374 – ~sgeschichte ​22, 459 – ~sgeschick ​458 – ~shandeln Gottes ​8, 51, 295–296, 298, 331, 351, 366, 371–376, 378–381, 400, 402, 416, 485, 487, 490 – ~skonzeption ​480 – ~sökonomie ​457, 459, 485 – ~sordnung ​459 – ~sort ​339 – ~speriode der Tora ​165 – ~splan ​450 – ~sstand ​388, 460, 480 – ~steilhabe ​163, 173, 356 – ~suniversalismus ​460 – ~sverlust ​111 – ~svermittlung ​487 – ~sweg ​293 – ~szusagen ​50 – ~ung ​48 – ~/skollektiv ​488 Hellenisierung ​223 Hellenismus ​315, 494 Hellenisten ​47–49, 57, 103, 223 – Christusgläubige ​47 – Gemeinden ​24 – Jerusalemer ​50, 61, 67, 108 – Juden ​245, 261, 267, 390 – Judenchristen ​116 – Mission ​26 – Tradition ​82 – Herrscherkult ​81 – Hellenistisch-römische Kultur ​69 – Hellenistisch-römische Umwelt ​89 Hendiadyoin ​425 Henochbuch, Erstes ​447, 452, 459 Hermeneutik ​245 – biblische ​248 Herrenmahl ​162, 164–165, 344 – ~sgottesdienst ​170 Herrentag ​170 Herrenwort ​335 Herrscherkult ​72, 76, 79–80, 82–88, 90–91, 368 Hetäre ​187 Himmel ​338–339, 355, 368, 370

Himmlisches Jerusalem ​487 Historischer Jesus ​48 Historizität ​455 Hodayot ​237, 242 Hoffnung ​38, 176, 235, 256, 262, 265–266, 328, 330–331, 336, 340–341, 345, 358, 360, 362, 369, 372, 375, 379, 381, 384 Hoffnungslosigkeit ​374 Hoheitstitel ​348 Hohepriester ​22 Homologoumenon ​445, 448 Horoskop ​241–242 Hapaxlegomenon ​413 Idealismus ​37, 313 Ignatiusbriefe ​58 Imitatio Christi ​307, 444 Imperium Romanum ​69 Indikativ/Imperativ ​313 Individualethik ​316 Infrastruktur ​156, 168 – ~maßnahmen ​146 Initiationsritus ​50, 57, 391, 392 Inschriften ​75, 187 Inspiration ​259, 260 Interpolation ​354 Inventio ​250, 266 Irdisches Jerusalem ​487 Ironie ​254, 267 Israel-Theologie ​4 Itinerar ​147 – ~ium Antonini ​147, 149, 167 – ~ium Burdigalense ​148 Jakobusklauseln ​113, 118, 165 Jeremiabuch ​453 Jerusalem – judenchristliche Gemeinde in ~ ​11 – Zerstörung ​29, 31, 459 – ~aufenthalt ​467 – ~besuch ​104, 105 – ~besuch, erster ​105, 108, 110, 131, 136 – ~besuch, zweiter ​106, 131, 462 – ~er Kreis ​118–119 – ~er Schlichtungskonvent ​467 – ~er Tempel ​58, 233, 432 – ~er Treffen ​24, 131, 467 – ~er Vereinbarung ​110, 112–114, 116, 186, 197–198, 203 – Reise nach ~ ​469 Jesaja – Buch des ~ ​3 – Wort des ~ ​484

Sachregister Jesus Christus ​90–91, 100, 128, 155, 157, 160, 163, 174, 192, 205, 208, 212, 224, 232–233, 258, 294, 297, 299, 307, 321–322, 325, 328, 331–332, 335, 337–340, 343, 345–348, 355–356, 358–362, 357, 368, 372, 374–375, 378, 383, 386, 389, 392, 396, 399–400, 412, 416, 426, 428, 439, 442, 444, 463, 465, 475, 480, 483–485, 487, 503–504 – Anwalt ​356 – Auferstehung von den Toten ​159, 164–165, 174, 224, 262, 295, 331, 341–342, 344–346, 356, 504 – Auferweckung ​371–372 – Christiani ​58 – Christologie ​90, 257–258, 267, 300, 305–307, 309, 347, 446 – Christophanie ​343 – Christusbeziehung ​385 – Christusereignis ​55, 61 – Christuserkenntnis ​389 – Christusevangelium ​463 – Christusgemeinschaft ​329, 365, 366–367, 371–375, 379–380 – Christusgeschehen ​295, 304, 372–373, 379–380, 399, 461 – Christusglaube ​25, 47–48, 62–63, 93, 97, 99–100, 104, 122, 165, 358, 371, 415, 465, 471, 480, 488 – Christusglaube, toratreuer ​62 – Christusgläubige ​53, 57–60, 64, 107, 269, 284, 312, 330–331, 339, 367, 370, 374, 390, 393, 410, 413, 431, 439, 450, 460 – Christusgläubige, antiochenische ​49 – Christusgläubige, aus den Völkern ​52 – Christusgläubige, galatische ​98, 107 – Christusgläubige, heidnische ​108–109, 113, 118–119, 125, 130–131, 410 – Christusgläubige, jerusalemer ​50 – Christusgläubige, jüdische ​55, 59, 109, 112–114, 118, 125, 128, 130–131, 410, 468 – Christusgläubige, pharisäische ​103, 109 – Christusgläubige, samaritanische ​48 – Christusgläubige, unbeschnittene ​114 – Christuskleid ​170 – Christuskult ​79 – Christus-Teilhabe ​385 – Christusverfolger ​474 – Christusverkündigung ​474 – Christusvision ​127 – Erscheinung des Auferstandenen ​60, 124, 426 – Freiheit ​109, 352

619

– Geschichte ​8 – Heilswerk ​346 – Herabsteigen ​336 – Herrschaft ​347, 348 – Jesusbewegung ​412 – Jesus-Logien ​174, 332 – Jesus-Tradition ​57, 100, 230, 316, 333, 343, 427, 432–433 – Kreuz ​97, 295, 306, 347 – Kreuzestod ​98, 100, 125 – Leidensweg ​199 – ~ praesens ​9 – Richter ​356 – Selbsterniedrigung ​503 – Selbstunterwerfung ​348 – Tod ​262, 331, 341–342, 370–371, 504 – vorösterliches Wirken ​102–103 Johanneisches Schrifttum ​307 Johannes Chrysostomos ​38, 60, 319, 494 Jubiläenbuch ​448 Juden ​52, 62, 78, 111–112, 117, 188–189, 196–197, 215, 249, 258, 295, 329, 331, 385, 387, 413, 418, 420, 454, 473–477, 483, 489–490, siehe auch → Judentum – ~christen ​11, 24, 31, 48, 54–55, 59, 62, 98, 117, 122, 162, 185, 197, 202, 205, 220, 222, 390–392, 394, 403, 435–436, 469, 478–480, 482–484, 488 – ~christen, Jerusalemer ​114 – ~christliche Gruppen ​114, 118 – Gericht über die ~ ​38 – ~mission ​27 – ~polemik ​31, 453–454 – Volk der ~ ​38 Judentum ​32, 54, 68, 202, 214, 222–223, 240, 260, 310, 315, 330, 335, 342, 349, 386, 393, 394, 455, 479–480, 482, 488 – antikes ​51 – ephesinisches ​455 – Jüdische Gemeinde in Thessaloniki ​282, 478 – Jüdisch-hellenistische Herkunft ​221 – Jüdisch-hellenistische Literatur ​30 – Jüdisch-hellenistische Schule in Jerusalem ​ 246 – Kanon ​452, siehe auch → Heilige Schrift/ jüdische; Tanach – Krieg ​56, 137 – Monotheismus ​475 – Politeuma ​455 – Religionsgesetz ​115 – Tradition ​90, 166, 295 – Volk ​51

620

Sachregister

– Weisheit ​248, 266, 385, 500 Jüngerkreis ​103, 118, 290 Kabirus-Kult ​76, 77 Kaiser ​78–79, 84, 101, 329–330, 418, 494 – Ideologie ​78 – ~kritik ​70, 87, 91 – ~kult → Herrscherkult – ~priesterin ​6 Kalindoia ​82 Kanon Muratori ​17 Katechese ​452 Kinder der Wahrheit ​237, 240 Kinder des Frevels ​237, 239 Kinder des Lichts ​231–232, 235–236, 238, 240, 242, 254, 369, 378, 380 Kirche, hellenistische ​464 Kirchenväter ​38, 446 Klientelkönigtum ​101 Kohärenz ​5 Kohärenzbegriff, prozessbezogen ​6 Koinon ​72–73, 77–78, 81–82 Kollegialmission ​158 Kollekte – ~ für Jerusalem ​24, 27, 66, 110, 163–164, 169, 200–203, 307, 437, 462, 468–469, 492 – ~nbrief ​248 – ~nreise ​3 Kollektiverzählung ​275 Kolonien ​161, 186 Kolosserbrief ​209, 226 Konstruktivität ​2–3 Konsul ​101 Kontemplation ​250 Kontingenz ​5 Kontrast ​254 Konversion ​157 Konvertiten ​170, 267, 336 Konzil von Nicaea ​153 Korintherbriefe ​30, 33, 249, 260, 315, 320, 388, 396, 400, 414, 423, 443, 453 – Korintherbrief, Erster ​4, 11, 24, 32, 38, 41–42, 94, 97, 113, 120–121, 127, 175, 177, 269, 291, 294, 301, 303–306, 309, 319, 325, 334, 344, 347, 350, 356, 358, 362, 396–398, 402, 404, 410, 418, 423, 426, 429, 434, 448, 470, 492 – Korintherbrief, Zweiter ​4, 38, 95, 209, 269, 284, 286–287, 289, 356, 399, 423, 431, 434–435, 440–441, 448, 469–470, 492 – ~ Datierung ​95 Körper ​260, 351 Kreuz ​292, 319

– ~ Christi ​97 – ~estheologie ​298, 310, 386 Kult – ~ der ägyptischen Götter ​368 – ~ des Dionysos ​76, 368 – ~ des Kabirus ​368 – ~einrichtung ​81 – kultisch-rituelle Bestimmung ​97 Kurtisane ​187 Kyrios ​57, 89, 129–130, 230, 258, 279, 288, 295, 297, 299, 315, 321–322, 338–340, 360, 374, 385, 486 Laie ​234 Landschaftshypothese → Nordgalatische Hypothese Lasterhaftes Verhalten ​298, 301 Lasterkatalog ​238, 261 Latinisierung ​221–222 Lebensunterhalt ​128, 130, 425–426, 428–430, 433, 435–436, 437, 439–441 Legat ​57 Legitimationsformel ​333 Lehrer ​62, 107, 436 Leib ​267, 316, 351, 361 Leiblichkeit ​350 Lektor ​154 Leviten ​432 Liber Antiquitatum Biblicarum ​447 Libertiner ​122, 321 Licht ​229, 231, 233, 235–236, 239 Liebe ​265, 267, 294, 303–308, 318–319, 356, 440, 443, siehe auch → Glaube, Liebe, Hoffnung (Trias) ​ – ~ Christi ​356 – ~sgebot ​97, 307 – Bruder~ ​261, 306, 316 – Geschwister~ ​305–306 – Nächsten~ 159, 317 Literarkritik ​28 Literaturkoine ​166 Litotes ​326 Lobpreis ​233, 373 Logien-Quelle ​453 Logos ​248 Lohnarbeit ​157, 167, 282 Lohnverzicht ​127 Lukanisches Doppelwerk → Apostelgeschichte Lukasevangelium ​22 Magistrat ​71 Mahl

Sachregister – ~feier ​350 – ~gemeinschaft ​51, 54–55, 60 – ~streitigkeiten ​53 Mahnschreiben ​251 Makeonien ​3 Makkabäerbuch, Viertes ​452 Makkabäische Krise ​465 Makkabäischer Aufstand ​161 Mansiones → Poststationen Märtyrer ​329, 505 – ~tod ​225 – Martyrium ​3, 219 Matthäusevangelium ​68, 284 Matthäushomilien ​319 Maulesel ​133 Meilensteine ​134, 137 Meineidverbot ​263 Menorah ​57 Menschensohn ​334 Merides (Bezirke) ​71 Messianisches Reich ​315 Messias ​91, 100, 224, 392 Metapher ​253, 284, 428 Midrasch ​447 Migration ​284 Miliarien ​147 Militärkolonie ​161 Militärschiffe ​135 Mimesis-Gedanke ​155, 190, 254, 267, 478 Misanthropie ​476 Missio Dei  ​227 Mission ​3, 26, 38, 141, 145, 155, 158, 160, 166, 169–170, 175, 192, 391, 393, 405, 408, 412–414, 417, 419–420, 426, 439, 440 – ~ in Griechenland ​415 – ~saufenthalt ​292 – ~serfolg ​215, 224 – ~sgemeinde ​164 – ~spredigt ​328 – ~sstrategie ​139, 151, 156, 168, 175, 393, 440, 455, 497 – ~steam ​170–174, 177, 210–214, 273–282, 284, 289, 291, 306, 425, 431 – ~stheologie ​421 – ~sverkündigung ​4, 329–330, 384, 415, 418, 472, 475–476, 497 – ~szentrum ​177 – antiochenische ~ ​23, 431, 442 – frühchristliche ~ ​218 – galatische Fremdmissionare ​473, 479–480, 488 – Heiden~ ​27 – Juden~ ​27, 166

621

– judenchristliche ~ ​391 – judenchristliche Missionare 111, 410 – Missionar ​38, 40, 126, 157, 160, 166, 174, 176, 180, 213, 221, 223, 284, 285, 330, 383–384, 401, 420, 424–425, 427–428, 432, 442, 462, 479, 491 – palästinische ~ ​435 – paulinische ~ ​20, 22, 25, 28, 67, 151, 158, 164, 175, 180, 190–191, 227, 420, 465 – Proselyten~ ​156 – Völker~ ​159–162, 164–166, 171, 173–177, 192, 390 Missionsreisen – Dritte ~ ​95, 123, 128, 145, 148, 193, 195, 199–200, 203, 225, 462 – Erste ~ ​61, 112, 129, 159, 167, 182–183, 185–186, 193–194, 196, 199, 468 – Zweite ~ ​25, 94–96, 112, 123, 126, 128, 138, 146–147, 159, 183, 185, 194–196, 199–200, 203, 206, 221, 224–225, 407, 411, 462, 468 Mitabsender ​208, 210, 216, 225 Mitarbeiter ​177, 212, 218, 220, 224, 326, 365, 415, 417, 465 Mithridatische Kriege ​74 Mitverfasser ​208, 216, 218–221, 224, 226, 271 Monotheismus ​391 Mobilität ​35, 288 Mond ​351 Moral ​252, 266, 315 – alttestamentliches ~gesetz ​293 Münzen ​74, 77 Mysterien ​332, 344, 348–349, 353, 458, 460, 488 Nachrichtentransfer ​145 Nächstenliebe → Liebe/Nächsten~ ​ Naherwartung ​23, 333, 353, 358 Narratio ​24–25, 176, 252 Narrenrede ​286–287, 438 Natalfamilie ​86 Natur ​315 Nebenstraßen ​133 Neokorie ​82 Neronische Verfolgung ​96, 412 Neuer Bund ​399 Nomologie ​388 Nomos ​480–481 Nordgalatische Hypothese ​97, 291, 470 Normenethik ​318 Numeri ​480 Nuptialfamilie ​86

622

Sachregister

Oberpriester ​83 Offenbarung ​124, 230, 353, 389, 391 – ~ Christi ​61, 488 – ~serlebnis ​98, 102 – ~sgeschehen ​99 Officia ​251, 266 Opfer ​233, 234 – ~altar ​432 Orator ​424 Ostern ​442 Ostraka ​187 Oxymoron ​254, 267, 351 Paganismus – Kult ​432 – Kultur ​450 – Religiosität ​49 – Umwelt ​69, 70, 443 Pantokrator ​348 Papyrus ​187, 425 Paradies ​234 Paradoxon ​254, 267 Paraklese ​308–309 Parallelismus membrorum ​396 Paränese ​33–34, 38, 234, 241, 243, 260, 283, 311–312, 315–316, 318–319, 321, 325–326, 328, 340, 355, 366, 371–372, 376, 378, 419, 424, 498 Paraphrase ​447 Parenthese ​24 Parodie ​89 Partitio ​252 Parusie – ~ Christi ​31, 40, 170, 173–174, 176–177, 261–262, 266–267, 278, 298, 315–316, 325, 328, 332–335, 337–341, 343, 347, 357–361, 366, 374, 376–377, 379, 383, 385, 487, 501–503, 505 – ~erwartung ​11, 174, 309, 493 – ~verzögerung ​492 – ~vorstellung ​40 Passa – ~fest ​120 – ~lamm ​304 – ~mahl ​52 Passivum divinum ​487 Pastoralbriefe ​2, 212, siehe auch → Corpus Pastorale, Timotheusbrief, Titusbrief Pathos ​248 Patron ​470 – ~atsdenken ​432 – ~-Klient-Beziehung ​432, 442

Paulus – ~biografie ​412 – ~briefe ​21, 29–30, 34, 41, 45, 57, 67, 69, 77, 87, 138, 151, 175, 179, 204, 210, 217–220, 223, 225–226, 234, 248, 261, 269–270, 279, 284, 298, 307, 401, 408, 445, 465, 491, 495 – ~briefe, echte ​17, 93, 143, 156, 195, 204–206, 209, 218, 223, 226, 296, 466 – ~briefe, Überlieferungsgeschichte ​491 – ~schule ​46, 223 – ~tradition ​341 – Apostolat ​35, 46, 98, 127–128, 130, 148, 150, 269, 276, 389, 392, 399, 429, 436, 492, 497, 501 – Bekehrung ​93 – Besuch ​34, 496 – Botschaft ​90, 91 – Christologie ​90 – Chronologie des ​16, 20–23, 28, 408, 412, 466 – Denken des ​8–10 – Mission → Mission, paulinische – Missionsbiografie ​492 – Missionsreisen des ​22, 26, 146, 150, 159, 182, 185, 198, 225 – Reisetätigkeit des ​66–67 – Selbstpräsentation ​33, 299 – Stellvertreter des ​207 – Verhältnis zu Timotheus ​219 – Wirken des ​214 Pax Romana ​40 Pentateuch ​447, 480 Pentateuch-Targum ​487 Peristasenkatalog ​287, 439, 505 Peroratio ​252 Petrinische Tradition ​206 – Erster Petrusbrief ​58, 158, 204, 206 – Zweiter Petrusbrief ​464 – Petrusbriefe ​401 Pferd ​133 Pferdewechselstation ​134 Pfingsten ​120 Pharisäer ​50, 100, 103, 111, 115, 161, 194, 342, 345, 358, 389, 390, 436, 452, 461 – Bildung ​351 – Tradition ​61 Philemonbrief ​38, 42, 208–209, 218–219, 269, 291, 358, 407, 411, 450, 462, 470–471, 504 Philipperbrief ​38, 42, 50, 164, 207–208, 269, 291–292, 358, 401, 404, 407–409, 411–412,

Sachregister 414, 418–421, 448, 470, 491, 496, 501–502, 504–505 Philosoph ​185, 190, 260, 283, 287, 424, 435–436, 442 Philosophie ​245, 250, 252, 266, 302, 311 Phylen ​72 Pioniermission ​165–166 Platon – siebter Platonbrief ​272 – Platonisches Denken ​253 Pleonasmus ​254, 267 Pliniusbriefe ​271 Pluralis majestatis ​216 Pluralis sociativus ​270 Pneuma ​259, 267, 349, 471 – Dualismus ​348 – ~tologie ​297–298, 384 Polemik ​23, 60 Polis ​46, 59, 69, 74, 77, 157, 168, 327, 455 – ~religion ​85 Politarchen ​72, 169, 170, 472 Poppaeus Sabinus, Gaius 73 Popularphilosophie, griechisch-römische ​ 280 Porneia → Unzucht Porticus ​76 Posaune ​315, 335, 353 Postatationen ​134 Postskript ​272 Prädestination ​229, 236–237, 239, 242–243 Praeteritio ​367 Präexistenter Gottessohn ​396 Präskript ​175, 270–271, 275, 326, 410 Prätorium ​52 Predigt ​409 Presbyter ​154 Priester ​76, 86, 234, 432 Princeps ​80, 82 Privatbrief ​251–252, 410, 450 Probation ​263 Prokonsul ​19, 25, 474 Prokonsulare Provinz ​56 Promagistrate, senatorische ​73 Proömium ​175, 275, 284, 366–367, 376 Propheten ​62, 107, 284, 354, 434, 436, 453, 469, 475, 480 – ~geschick ​453 – ~worte ​8, 355 – Prophetie ​181–182, 318, 333, 349 Propositio generalis ​483 Proselyten ​48, 56, 156, 249, 267, 329, 393 Prostituierte ​122 Protreptischer Brief ​252, 266

623

Provinz ​66, 70, 72, 80, 135, 141, 168, 185, 190, 327, 473 – ~administration ​71 – ~hauptstadt ​175 – ~hypothese → Südgalatische Hypothese – ~iallandtage ​81, 83 – ~ialverwaltung ​73, 87 – ~identität ​78 – kaiserliche ~ ​73 – senatorische ~ ​19, 73, 200 Psalmen ​486 – ~text ​486 – ~zitat ​486 Pseudepigraphie ​29, 155, 195, 221, 340, 458 Pseudonym ​219 Purpurfärberei ​186 Purpurhändler ​186 Quaestorium ​74 Quartakelung ​136 Rabbinische Tradition ​350 Rechtfertigungslehre ​8–9, 294, 306, 309–310, 355, 373, 379, 388–389, 393, 396, 398–403, 471, 487 – Kampfeslehre ​9 – Rechtfertigungsbotschaft ​9 – Rechtfertigungsgeschehen ​480 – Sekundärphänomen ​9 Reich Gottes ​296 Reichsadministration ​83 Reichsaristokratie ​83 Reichsstraßen ​147 Reinheit – ~sbedenken ​432 – ~sbestimmungen ​61, 214, 479 – ~svorstellungen ​61 Reinigung ​234, 239 Reiseroute ​139, 145, 148, 154, 194, 472 Religio licita ​455 Reminiszenz ​447 Repräsentation ​352 retractatio ​10 Retter ​157, 383, 396, 486, 487 Rettung ​163, 367, 369, 372, 375, 378, 379, 384, 386, 477, 485 Rettungswerk ​163 Rhetorik ​25, 27, 176, 245–249, 415, 424, 435, 443 – dialektische ~ ​253 – griechisch-hellenistische ~ ​6, 250, 266 – hellenistisch-jüdische ~ ​245

624 – juristische ~ ​253 – Rhetorische Frage ​254, 267 Richterstuhl ​321, 322, 356 Ritualgesetz ​390 Römerbrief ​3, 4, 9, 11, 28, 33, 41, 95, 98, 151, 175, 249, 269, 291–292, 302, 309, 311–312, 316, 318–319, 336, 373, 386, 388, 390, 394, 398–400, 402–405, 414, 443, 445–446, 448, 450–451, 456, 459–461, 470–472, 483, 486, 488–489 – Abfassung des ~ ​95 – Heilsuniversalismus ​460 – Romhypothese ​409, 412, 414 Rom – Administration ​75–76 – Herrscherkult ​70, 80–81 – Ideologie ​90 – imperiale Machtstrukturen ​91 – makedonische Tradition ​78 – Prinzipialzeit ​230 – Reich ​80, 145, 147, 153, 156–166, 167–168, 418, 455 – Republik ​74 – Staatsmacht ​40 – Stadtverwaltung ​282 – Straßensystem → Straße – Tugenden ​222 Rüstungsmetaphorik ​388 Sabbat ​191, 234, 329 Sabbatschule ​246 Sakrament ​349 Salutatio ​275 Samenkorn ​350 Sanhedrin ​58 Sara-Kindschaft ​481 Schiff ​133, 189, 202, 471 – ~bruch ​156 – ~fahrt ​135–136, 138, 471 – ~sreise ​136, 140, 144, 149–150, 154, 172, 202 – ~srouten ​146 Schöpfung ​259, 350, 352, 369 – Neu~ ​239, 348, 369, 379, 396, 482 – ~smittler ​396 – ~sordnung ​458 Schrift ​362, 446, 480, 484 – Autorität der ~ ​250 – ~auslegung ​188 – ~auslegung, rabbinische ​6 – ~beweis ​433, 448 – ~bezug ​348

Sachregister – ~gebrauch ​445–446, 448, 451, 453, 456, 460 – ~rolle ​450 – ~verständnis ​4 – ~zitat ​348, 352, 447–448, 451 Schulbildung, griechische ​246 Schweinefleisch ​52 Seehandel ​75 Seele ​260, 267, 271, 316, 349 Segensgebet ​275 Sekte ​58 Selbstempfehlung ​273, 279–281, 283, 285, 417 Senat ​72 Sendschreiben ​113 Sendung, missionarische ​167 Senecabriefe ​272 Septuaginta ​166, 333, 338, 354, 432, 446–447, 452, 486–487 Septuaginta-Mimesis ​452 Sexualethik ​300–302, 304–305, 309, 316, 320 Sexualität ​303 Siegeskranz ​317 Silberschmiede ​455 Sklave ​153, 284 Sohn Gottes ​160, 205, 258, 348, 368, 370, 373, 379–380, 383, 389 Soldaten, römische ​73 Sonne ​351 Sophistik ​287, 424 Soteriologie ​163, 170, 174, 295, 331, 373, 403, 476, 482, 488 Sozialgeschichte ​42 – christlich-jüdische ~ ​37 Spanienreise ​1 Speisegebote ​51–52, 54–55, 67, 387, 479 Spenden ​468 Spiegeleffekt ​279 Spiele ​86 Stadt – Aufbau ​168 – hellenistisch-römische ~ ​172 Stadtpräfekt ​456 Statthalter ​19, 63, 73, 146, 172 Statthalter, prokonsularischer ​147 Status confessionis ​262 Stephanus – ~kreis ​103–104, 107 – Steinigung 107 Stereotype ​454 Stern ​351 Strafgericht ​456, 459, 477

Sachregister Straße ​133–135, 137, 141–142, 145, 150, 153, 167 – ~ninfrastruktur ​149 – ~netz ​140 Styloi ​412 Suada ​456 Südgalatische Hypothese ​97, 291, 468, 470 Suhlsche Hypothese ​143 Sühne ​233, 234 Sünde ​239, 304–305, 347, 354, 388, 394, 397–398, 436, 477, 483, 489 Sündenvergebung ​396, 403 Syllogismus ​176 Symbolum Apostolicum ​325 Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum ​ 325 Synagoge ​25, 50, 55, 57–59, 64, 101, 171, 186, 188, 194, 196–197, 199, 246–247, 329, 413, 454, 472–473 – ~nleiter ​456 – ~nprediger ​185 – ~nstrafe ​60 – Antiochien ​60 – Arabien ​101 – hellenistische ~ in Jerusalem ​108 Synekdoche ​416 Synhedrion ​71, 73 Synkrise ​253, 267 Synoptische Tradition ​318 Syntagma ​275, 277–278, 282, 336, 362, 414, 439 Tabula Peutingeriana ​148 Tag des Herrn ​229–232, 235, 262, 341, 487, 502, siehe auch → Herrentag Tanach ​453, siehe auch → Judentum/Kanon; Heilige Schrift/jüdisch Taufe ​9, 50, 57, 112, 170, 174, 186, 355, 379, 391, 396, 397, 403 – ~interpretament ​296 – ~tradition ​296 – Unterweisung ​261 Teilungshypothese ​406, 409, 468, 470 Tempel ​76, 86, 233, 235, 399 – ~kult ​100 Testamentum Levi ​454 Testimonium ​447 Tetrarchie ​166 Theodizee ​239 Theologie – ~ des apostolischen Leidens ​444 – alttestamentlich-frühjüdische ~ ​161

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– antiochenische ~ ​159, 402 – Entwicklung der paulinischen ~ ​292, 294, 310, 357, 361, 407, 409–410, 464 – messianische ~ ​91 – paulinische ~ ​7, 16, 33, 267, 269, 293, 365, 381, 384, 402–404, 412, 416, 444–446, 451, 458, 461, 462, 464–466 – ~politische ​91 Therme ​77 Thessalonicherbrief, Erster ​2–5, 9, 12, 16–17, 33–34, 38–40, 42, 66–70, 77, 87, 89, 91, 94, 126–128, 155–156, 158, 161, 163–164, 172, 174–175, 177, 179, 204–205, 210, 213–218, 220–221, 223–226, 245–251, 253, 255, 257, 259, 261, 263–264, 266–267, 269–271, 273–275, 279, 281–283, 286, 289, 291–294, 297–300, 305–310, 315–316, 319, 325, 329, 334, 338, 350, 357–358, 360, 362, 365–366, 370, 373, 376, 378, 380–381, 383–386, 400–405, 407, 410, 412–413, 415–416, 418–421, 423–424, 426–427, 441, 445–446, 448, 450–453, 456–461, 468–469, 472–474, 480, 488, 491, 493–494, 496–498, 501–502, 504–505 – Abfassung ​29, 217, 272 – Abfassungsort ​18 – atl. Zitate ​30 – Authentizität ​29, 32, 41, 93 – Christologie ​42 – Datierung ​16, 23, 35, 37, 43 – Eschatologie ​36, 40, 42 – Ethik ​294, 300, 402 – Theologie ​42 – Verhältnis zu Lukas ​215 Thessalonicherbrief, Zweiter ​29, 158, 209, 340, 341 – atl. Zitate ​30 – Authentizität ​32 – Eschatologie ​36 Timotheus – Beziehung zu Paulus ​207 – Sendung nach Thessaloniki ​17, 39, 207, 219, 277, 501 Timotheusbriefe ​29 – Erster Timotheusbrief ​196 – Zweiter Timotheusbrief ​29, 136, 209 Tischgemeinschaft ​46, 112–113, 115–119, 125, 130, 162, 164, 393, 410, 469, 479 Titusbrief ​29, 226 Tod ​320–321, 330, 337, 340, 344, 346–347, 353–354, 365, 370, 372, 374–375, 379, 385, 398, 495, 501, 505 – Teilhabe am ~ Christi ​9, 502–503

626

Sachregister

– Datierung des ~ Jesu ​16 – ~ des Paulus ​197 Topik ​453 Topos ​247–249, 251, 256, 262, 267, 301 Tora ​50, 54–55, 100, 111–112, 116, 126, 159, 162, 164–165, 194, 250, 301, 389–394, 397–398, 432, 448, 480 – ~kritik ​109 – ~observanz ​95, 97–99, 115, 117, 131, 160, 163, 391, 479 – ~unterweisung ​293 – ~vorschriften ​55 – heilsmittlerische Funktion ​100, 109 – pharisäische Auslegung ​100 Tote ​262, 346, 348–349 – ~nauferweckung ​337, 349–350, 400 – ~ntaufe ​327, 349 – Totenauferstehung → Auferstehung der Toten Traditionsgut ​396, 442, 453 Traktat ​250, 256 Tränenbrief ​248, 286 Translokation ​337 Transportmittel ​154 Transportwesen ​145 Trauer ​340 Traum ​186 Trichotomie ​260, 267 Trinklied ​349 Trompete → Posaune Tropos ​247, 253, 267 Trost ​340 – ~botschaft ​333 – ~brief ​366 Tugend – ~ethik ​312, 232 – ~katalog ​238 Typologie ​346, 447 Unbeschnittenheit ​53, 106, 111, 482 Ungerechtigkeit ​387 Ungläubiger ​233, 235 Unheil ​321 Unreinheit ​53, 164, 316 Unzucht ​113, 121, 263–264, 267, 301, 390 – ~sklausel, matthäische ​113 Urchristentum ​162, 166, 178, 202, 204, 321, 447 Urgemeinde → Gemeinde in Jerusalem Verein ​74 – ~swesen ​59

Verfolgung ​214 – ~ der Jerusalemer Gemeinde ​61 Vergeltung ​295 – ~sverzicht ​317, 319 Verheißung ​163, 352, 484 – ~serbe ​479 Verkehr – ~sinfrastruktur ​145–146 – ~smittel ​133 – ~swege ​133 Verkündigung ​62, 65, 169, 218 – ~ Christi ​103, 205–206, 217 – ~ des Evangeliums → Evangelium, ­Verkündigung des – ~ des Paulus ​98–99, 180, 269, 297, 327, 329, 419–420, 444, 465–466, 497 – ~ unter den Völkern ​50, 63, 99, 103 – ~spraxis ​50 – ~stätigkeit ​61 – judenchristliche ~ ​97–99 Vernichtungsgericht ​328 Versammlung – ~sverbot ​22 – Gemeinde ​45 – Gottesdienst ​36 Versöhnung ​286, 369, 371 Verstockung Israels ​458 Verwalter ​434 Viae privatae ​133 Viae publicae ​133–134, 137, 140 Viae vicinales ​133 Vikariatstaufe ​345, 349 Vision ​186, 334 Vita Pauli ​466 Vita Prophetarum ​447 Völker ​48, 50–52, 54, 60–62, 64–65, 67–68, 354, 394, 475, 485, 489–490 – ~apostel → Apostel der Völker – ~christen → Heidenchristen – ~evangelium, paulinisches ​164 – ~gemeinde ​163 – ~wallfahrt zum Zion ​485 Vollmacht ​429 Vorpaulinische Tradition ​395 Vulgata ​352 Waffenrüstung ​236 Wagen ​133 Wahrsager ​187 Wander – ~apostel ​436, 441, siehe auch → Apostel – ~charismatiker ​284, 431 – ~lehrer ​283

Sachregister – ~mission ​166, 168–169, 172, 177, 435 – ~philosoph ​285, 296, 436, 438 – ~prediger ​441 Weherufe, prophetische ​477 Welt – ~mission ​391 – ~ordnung ​458 – griechisch-römische ~ 63, 264 Werke des Gesetzes ​265, 398, 481 Wettkampf ​319 Wirklichkeitserzählung ​273–274 Wortgottesdienst ​170 Wunder ​174 Wundertäter ​185 Yahad ​242

627

Zehnwochenapokalypse ​459 Zeltmacher ​191 Zensus ​22 Zerstörung Jerusalems ​29, 31 Zeugen ​205, 224, 280 – ~ des Evangeliums ​46 Zirkularschreiben ​467 Zorn – ~ Gottes ​40, 328, 375, 386–388, 400, 456, 460, 475 – ~gericht ​38, 295, 367–368, 370, 372, 456, 459, 476–477 Zukunftserwartung ​355 Zwei-Quellen-Hypothese ​174 Zwölferkreis ​426