Die Hieroglyphen [Durchges. Neudr. Reprint 2010 ed.] 9783111584300, 9783111211008


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German Pages 92 [104] Year 1923

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Table of contents :
I. Die Entzifferung
II. Das Wesen der Hieroglyphenschrift
III. Die Schrift im täglichen Leben
IV. Entwicklung und Entartung der Hieroglyphen
V. Die Sprache in den Hieroglyphen in schriften
VI. Proben hieroglyphischer Texte
VII. Die Inschriften und die Literatur
Anhang (Umschreibungen von Textproben)
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Die Hieroglyphen [Durchges. Neudr. Reprint 2010 ed.]
 9783111584300, 9783111211008

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Btbliotfyef jur Sprad)tDtffenf(i)aft aus cr Sammlung (oofdjen i3oub gebunben 1 SRarf 2>ie Aetlf rtft on 5?iof. Dr. 33nmo SUici ncr in SJltt 6 aibbilbimgen. Sir. 708. 2)ie $ieroglnpf)ett toon Dr. 9(bolf GErtnan, o. ^rofeffor an ber Uutoerfitat Berlin. 9ir. 608. 3nbogennanifd)e €pra$tDiffenftf)aft »on Dr. 9ϊ. Geringer, S 4?rofciior an ber lliiincrfitnt U>raj. 9)iit 1 $afel. 9ir. 59. f ertnaniidje Spra^roiifenidjaft con Dr. 9iidi. Soet e in 93er* lilt. «r. 238. 9iomonif^eSprod)tDinen^aft »on Dr. Siboff Bauner, au bcu Uni criit t ©raj. 2 SBanbe. 9?r. 128, 250. 6cmitif(i)c 6ρταφη)ίίίβΗ[φοίί οοη Dr. (£. Sorocfelmann, fen'or au bcr Untuerftt t i>alle. 9ir. 291. Πιηηιϊφ * ugriji^c δρΓοφιρίϊίβηίφαίί toon $rof. Dr. ^ofef ©jinnijct in 35nbaucft. 9ir. 463. (6€[φϊφί0 ber grteφtfφen Θρτοφ»ί. I: Sis $um Slusgange bet ϊίοίΠΪΦ^η 3*tt Don Dr. Ctto ^offnmnn, ^rofeffor an ber Uiiioetfit t 5Ji nfter. 9ir. 111. 9IustuaI)l aus gr^eφίfφcn ^Japijtt toon Xircftor $rof. Dr. Robert oelbtng in i»ai)r i. 33. Wr. 625. ?iusmal)l aus 0ή0φί(φ6η 3n^riften toon $)ireftor i|3uof. Dr. «Robert £elbtnfl in iiafjr t. ». SKtt 1 2afel. 9ir. 757. i>cbtoif(i)e (ornmmatif ton $rof. D. Dr. ®eorg 93eer in $eibelficrg. 2 93anbe. 9?r. 763, 764. es ίibung5buφ on i)3rofeffor D. Dr. eorg 99eer in ^eibelbevg. 5Rr. 769.

τβ ber lateini^en δρΓοφβ οοη $rof. Dr. fyrtebrtci}

®toia in Smtabntrf. 9h·. 492. (5nmbri& bet latetni^en Sprod^Iei)re bon S 3rofeifor Dr. SB. SSot^ in 9Tfagbebnrg. 9Zr. 82. fiateint^cs Qtfebu ) f r Oberrealfc^ulen nnb jitm ©elbftftnbiitnt, enttjaltenb: S farS K mpfe mit ben ©crntanen nnb benjweiten ^unijd&en Srieg toon $rof. Lic.theol. So^onnc«! ^>itimann in ftranffiirt a. 9Ji. 9ir. 713. ©βϊφΐφίβ ber ΪΙαΠίίφεη ^ilologie toon Dr. SBtty. iiroU, orb. < rof. an ber Unto. SKunjler. 9ir. 367. 2IItt)oφbcutίφe ( rommatif oon Dr.s.'gang 9ϊαιιηιοηιι, an bcr Unfoerfttat ©trafeburfl. Jir. 727.

$Htf)0d)beut|d)es fiefebud) Dr. §9 , *ßrioatbo$. on ber Unioerfitnt Straftbura,. . 734. $eutfd)e (ötammatt! nnb fnrje ©eicfytrfjte ber bcntfdjcn Sprache Don 2ct)iilrat ^rofefior Dr. £. Vnon in Srcsben. -Jh. 20. £eutfd}e 9tebeleljre oon §anl ^robft, (Stjtnnaiialreftor in Slnsöadj. 9ttit l Safel. «Rr. 61. Deutfdje ipoctif ooit Dr. Ä. 33ortnöii, ^rofciior an ber Uni' üerutcit Wüliefen. 9h:. 40. iluflo^enttDÜrfe »on Cberftubicnrat Dr. S. 2S. Sträub, SReftot beä Gberijarb^nbtütgä'Oitjmnaiiitmä in ©titttgart. 9?t. 17. 9Börterbu(f) ber neuen beutidjen 9ied^tic^ret6itng üou Dr. ipeinridö Stlenj. 9ir. 200. Deutfdjes 9Döiter6u(6 öon Dr. iRid^arb fioetue in 93erltn. ?ir. 64. 3)tts grcmbtoort im Xeui^en öon Dr. 9ütb. iUcin^auI in Seipjifl. 9ir. 55. I)»uti. 9\ei§in Wnittj. 9Zr.605. ^lattbcutf^c iDiunbartCtt üon $rof. Dr. .^ufiert (trimme in fünfter i. 9». «r. 461. Xte beutf^en ^erfoncnnnmen üou Dr. SHubolf Sllctitbaul in Ücipsig. 9Zr. 422, ßänbct= unb93ötfernomcnt).Dr.9i. inßetpjiiv 9?r Orisnamen im Deutf^en. Sfjre ©nirotrfhtng unb funft oou Dr. Sfiubolf Stlcinponl in Seipaifl. 9?r. 573. eutirt)e^ föefprärfjeburl) oon ^Srot. Dr. ®. in fianfanne. 9?r. 424. ^onetil mit ßcfcitütfen Oon Dr. 9t G. iicitor an ber Unioetiität Äöninööcrg i. $r. 9ir. 601. iReuengtif^e ßaut* unb Sottnenteijre »on si?rof. Dr. Stiert GefwajK in iiiinö. 9ir. 735. «ytait5öfifd)e (drammattf oonG.^rancttion, fieftor am orientali* f en Seminar nnb an bcr.panbeläljod^cfjiilc in Berlin. S?r.729. 5ron3öiUd)sbcuii(i)es ©ejprärf)sbud; oon S. ^ranctHon, fieftpr am orientoliicften ©eminor unb an ber ipanbcls^odjfdöule in Berlin. 9ir. 596. gronjöyifdies fiefebud) mit SSBrtcröcraetdöniS bon (5. ^ranciUon, iieftor am ortcutrtlifdjcn Seminar nnb au ber .^anbelsi)od)f(i)ufe in 93erltn. 9?r. 643. 9leugrted)tfd)e ©rammatif oon ^ro|. Dr. 9 . in @tra&* i. (£. 9ir. 756. SBenbenl

9leugried)iT(f):beutt(I)e5 (ftefpt djsbiidf) mit fcefonberer ueriicf· fi$ttgtmg ber Uingani^fpradjetjon Dr. 3oi)anne3 ftalitfnnaft , S)o jent am Seminar f r orienralifdje S rad) en in s-8eriin.92r.587. 9ίθΜ9ΓΪ6φίίφεβ Cefebi^ on Dr.^ofianneSftalitiunafte, SOjent am Seminar f r orientalise ©proben in 93erlin. 9ft. 726. 9tuffif

ebenso in alter Zeit den König, selbst wenn er unbekleidet war, hätte anschauen dürfen. Wenn mau das Wort, das die Wasserflut bezeichnet, P g schreibt, wobei die dreifache Wiederholung des Zeichens mc einer alten Schreibung des Pluralis entspricht, so sind das nach Horapollo drei Wasserkrüge, wovon der eine auf Ägypten gehen soll, das sich salbst sein Wasser erzeuge: der andere geht auf den Ozean, von dem Wasser zur Überschwemmungszeit in den Nil komme, der dritte deutet auf die Regen hin, die im Süden von Äthiopien fallen. Habent sua fata libelli. Die ernste griechische Literatur über das alte Ägypten ist uns zumeist verloren gegangen, das törichte Buch Horapollos aber hat alle Zeiten überlebt, gewiß gerade weil es so töricht war. Und das wurde verhängnisvoll für unsere Kenntnis vom alten Ägypten. Denn aus Horapollo verbreitete sich seit der Renaissance die Vorstellung, daß die Hieroglyphen seltsame Symbole gewesen seien, voll von geheimer Weisheit, ein Produkt philosophierender Priester. Wer sie lesen wollte, mußte daher selbst mystische Wege wandeln. Auch als mau dann im siebzehnten Jahrhundert auf den Obelisken Roms wirkliche Hieroglyphen kennen lernte, änderte dieses nichts au der einmal feststehenden Meinung. Die ernsteren Gelehrten gingen daher diesen Dingen aus dem Wege, während ein gelehrter Charlatan, der über alles schreibende Athanasius Kircher, mit ihrer angeblichen Enträtselung paradierte. Was er dabei zutage förderte, war natürlich freie Phantasie und nicht einmal geistvolle.

Die kleine Inschrift i

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A "l, die

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in Wahrheit in ihren sieben Zeichen nur die Worte r]^cx=x ^.^ ^^ ersten und zweiten" entsprechen 1

1

1

mußten. Sonst blieben alle Versuche, die Inschrift zu lesen, erfolglos und keines ihrer Zeichen, die man ja für

2. Young und Champollion.

7

Symbole hielt, wurde erkannt. Und doch verstrichen nicht zwei Jahrzehnte seit der Auffindung des Steine?, bis die Lösung des großen Rätsels gefunden war und zwar wurde sie, wie das bei so vielen großen Entdeckungen geschehen ist. fast, gleichzeitig von zwei verschiedeneu Gelehrten gefunden.

2. Young und Champollion. Zeitlich der erbte war der englische Naturforscher T h o m a s Y o u n g , dessen Name auch schon durch seine optischen Entdeckungen weiterlebt. Er sagte sich, daß, wenn auch die Hieroglyphen selbst nur eine symbolische Schrift wären, doch die griechischen Personennamen, wie sie ja in der Inschrift von Rosette vorkommen, nicht wohl ebenfalls symbolisch geschrieben sein könnten; er nahm daher an, daß man zur Schreibung dieser, eben?o wie im Demotischen, besondere alphabet it ehe Zeichen gehabt haben werde und nach diesen suchte er. Nun war freilich der Anfang der Inschrift, wo die meisten Personennamen vorkamen, im hieroglyphischen Teile fortgebrochen, aber einer mußte doch erhalten sein, der des Ptolemäus, und dieser entsprach offenbar dem Schilde Mit welchen Zeichen man ihn im Demotischen schrieb, fc. m l und Yermochte sogleich darin einen l INI l ^lil l und einen -wis, d. h. Ramses und Thutmosis, die großen Herrschernamen alter Zeit, zu erkennen. Er hatte also nicht nur, wie er bisher gedacht halte, ein spätes Anhängsel djr Hieroglyphemchrift lesen gelernt, sondern er war, ohne es zu ahnen, in das große Geheimnis der alten Schrift selbst eingedrungen. Noch hatte er die Kraft, zu seinem Bruder zu gehen und ihm zuzurufen „je tiens affaire", dann verließ den Überanstrengten die Besinnung. — Am 27. September 1822 wurde der Pariser Akademie mitgeteilt, daß die Hieroglyphen entziffert waren. Und jetzt belohnte sich die ungeheuere Vorarbeit, die Champollion geleistet hatte, denn nun einmal der Bann gebrochen war, ging die weitere Entzifferung mit wunderbarer Schnelligkeit vor sich. Noch waren nicht drei Jahre vergangen, und er vermochte schon eine kurze Inschrift Amenophis' III. zu übersetzen und 1827 übertrug er fehlerlos den schwierigen Text eines italienischen Obelisken. 1828 wußte er schon bei flüchtigem Lesen den Inhalt eines großen hieratischen Papyrus richtig anzugeben; unter den Papyrus, die ein Herr Sallier in Äix besaß, erkannte er das große Gedicht, das vor .drei Jahrtausenden den Sieg Ramses' II. über das kleinasiatische Volk der Chatti verherrlicht hatte.

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I. Die Entzifferung.

Wie weit Champollion aber in den letzten Jahren seines Lebens gekommen ist, als er Ägypten selbst bereiste, das haben wir mit Staunen gesehen, als lange Jahre nach seinem Tode ein Teil seiner damaligen Notizen veröffentlicht wurde. Freilich eine wohlgeordnete Kenntnis war es nicht, die er bei seinein frühen Tode (1832) seinen Nachfolgern hinterließ. Er hatte genial die Worte und Sätze richtig erfaßt,' aber über das System der Schrift,' die er zu lesen ·/ verstand, war er sich nie recht klar geworden. So fand denn auch seine Entdeckung, die der Menschheit verschollene Jahrtausende eröffnete und ein großes Volk neu in die Geschichte einführte, durchaus nicht überall Glauben. Noch dreißig Jahre lang gab es, gerade auch in den wissenschaftlichen Kreisen, Ungläubige genug, die höchstens zugaben, daß man einige Königsnamen lesen könne, ganz zu geschweigen von den sonderbaren Schwärmern wie Seyffarth und Uhlemann, die eine neue wunderliche Art der Entzifferung versuchten. Erst der Fund einer zweiten zweisprachigen Inschrift, des umfangreichen Dekretes von Kanopus (1866) hat auch die letzten Zweifler verstummen gemacht; brachte er doch für das, was Champollion und seine Nachfolger erschlossen hatten, die endgültige Bestätigung. Wie diese Nachfolger Champollions sein Werk gefördert haben, dessen kann hier nur kurz gedacht werden. Als erster ist ein Deutscher, Richard Lepsius, zu nennen, dem es gegeben war, das System der Schrift klarzulegen und der sich auch sonst um die junge Ägyptologie die größten Verdienste erwarb. Ihm gleichzeitig und ebenso besonnen wie er wirkten Birch in England, der scharfsinnige Hincks in Irland und der treffliche de Rouge in Frankreich. Ungestümer drang ein jüngerer Gelehrter vorwärts, Heinrich Brugsch, der schon als Primaner 1848 die

II. Wesen der Hieroglyphenschrift. 1. Entstehung.

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demotische Schrift entzifferte und der dann auf allen Gebieten der Ägyptologie eine großartige Tätigkeit entfaltete, die gerade auch das Verständnis der Schrift und Sprache gefordert hat. Einen gewaltigen Fortschritt machte die Ägyptologie dann in den f'ünf/iger und sechziger Jahren, als Goodwin und Chabas über die hieroglyphischen Inschriften hinausgingen und sich ernstlich an die hieratischen Papyrus heranwagten. Erst damit wurde uns die eigentliche Literatur der Ägypter erschlossen. .Das sind die Männer, deren Namen das heroische Zeitalter der Ägyptologie bezeichnen, die Epoche der Entzifferung und der grundlegenden Arbeiten. Wir haben seitdem unendlich viel hinzugelernt, die Menge der bekannten Inschriften und Papyrus ist ins Ungeheuerliche gewachsen und neue Seiten des ägyptischen Schrifttumes haben sich erschlossen, von denen jene Männer sich nichts träumen ließen. Wir stehen jetzt auf festerem Boden und erreichen ein tieferes und sichereres Verständnis der Texte, aber unsere Arbeit geht dafür auch langsamer vorwärts und der Arbeiter sind viel zu wenig für die Größe dieser Ernte.

II. Das Wesen der Hieroglyphenschriffc. I. Ihre Entstehung. Wo immer der Mensch eine gewisse Stufe der Kultur erreicht, da empfindet er das Bedürfnis, Gedanken und Worte durch äußere Mittel festzuhalten. Er will Erlebtes vor der Vergessenheit schützen, er will Freunden eine Nachricht mitteilen, ohne daß der Bote sie erfährt, oder er will auch nur auf einer Sache vermerken, wessen Eigentum sie sei. Das alles erreicht er zumeist durch eine Bil-

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II. Das Wesen der ITieroglyplienschrift.

dersclirift: er zeichnet mit rohen Strichen den Gegenstand oder Vorgang, den er berichten will. Stehen zwei Männer einander gegenüber, so „reden sie" miteinander; ein Ochse und fünf Striche dazu bedeutet, daß sie um „fünf Rinder" handeln; ein Mond und drei Striche deuten an, daß ihre Verabredung auf „drei Monate" gehen soll. Solche reine Bilderschrift liegt uns auch noch aus dem ältesten Ägypten vor.· Ein Oval (das heißt ein Stück Land) hat einen Kopf; durch dessen Lippen zieht sich ein Strick und diesen hält ein Falke in einer Hand. Das besagte für

einen Ägypter der Urzeit Idürlich, daß der „siegreiche König", den man in der Poesie sich gern als einen Falken dachte, die „Leute" eines „Landes gefangen fortgeführt" hat. Wollte man dann weiter noch angeben, daß es nicht weniger als 6000 Gefangene waren und daß es sich um das Land Ua (eigentlich wC) handelte, so erreichte man beides in sehr einfacher Weise. Für „tausend" wählte man einen Gegenstand, der tausendfach auf den ägyptischen Sümpfen zu sehen war, das Blatt der Lotusblume, und ließ nun sechs solcher Blatter aus jenem Landstücke heraussehen. Auf den Namen des Landes Ua aberkennte man den Beschauer führen, wenn man eine Harpune hinzeichnete, denn die Harpune trug einen ganz ähnlich lautenden Namen. Und damit man noch besser sah, was diese Harpune hier be-

1. Ihre Entstehung,

15

deuten sollte, BÖ fügte man ihr noch ein Viereck bei, das von Wellenlinien erfüllt war; denn das war, wie jeder dieser Zeichen Kundige wußte, ein See oder ein daran belegenes Land. Man sieht, in dieser Bilderschrift müssen alle Vorteile gelten, und der kleinen Kunststücke, mittels deren man seine Gedanken auszudrücken sucht, sind unzählige. Für hundert malt man einen Strick (2 und nimmt dabei an, daß dies der gewöhnliche Meßstrick von hundert Fallen sei, für hunderttausend wählt man eine Kaulquappe ^5 ^>, denn die sieht man ja die Sümpfe in ungeheuren Schwärmen erfüllen. Will man aber eine unendliche Summe ausdrücken, so zeichnet man einen sitzenden Mann, der die Arme hochhebt Mr; es ist der Rechner, der vor Schreck über den riesigen Betrag in Aufregung gerät. Ist es indessen ein stehender Mann, der die Arme erhebt |T, so zeigt er die Freude an. Zwei Arme in dieser Stellung ^-n-^, wehren ab und sind dem lebhaften Orientalen das Zeichen der Verneinung; zwei Beine J\ bedeuten das Gehen, ein fliegender Vogel ,-

i/

das Fliegen, die Schreibgeräte "M EI dasSchrei-

y

ben, die Arme mit Schild und Keule Q^l den Kampf, ein Kuhohr

das Hören. Der hockende Mann M"Ö bezeichnet

einen Mann, führt er aber den Finger zum Munde n*A, so ißt er oder er spricht auch. Gibt man dann weiter dieser ,v letzteren Figur eine sitzende Stellung '.11), in der Art, wie J\

die ägyptischen Kinder auf dem Arme ihrer Mütter sitzen, so bedeutet dies Zeichen ein kleines Kind, das noch am

16

II. Das Wesen der Hieroglyphenschi-ift.

Finger lutscht. Eine vornehme Person läßt man auf einem Sessel thronen ^, einen Gott aber bezeichnet man am

jii

besten durch das Bild eines göttlichen Vogels auf einer Tragstange, wie man es bei feierlichen Auizügen umherträgt j^.. Die Zweizahl eines Dinges drückt man durch Wiederholung des Zeichens aus:

„die beiden Arme",

setzt man es aber dreimal, so drückt das die Mehrheit aus: Vra VQi VvL· Männer". Wichtiger aber als alle diese kleinen Kunstgriffe war jener, dem wir schon oben bei der Wiedergabe des Ländernamens U'C begegneten, das Heranziehen ähnlich lautender Worte. Es war das so, als wollten wir einen „Toren" durch ein „Tor", den „Segen" durch ,.Sägen" und „hassen" durch „Hasen" ausdrücken. Ich habe diese beide letzteren Beispiele absichtlich ungenau gewählt, denn auch im Ägyptischen gab es natürlich nicht genügend Worte, die einander genau glichen, und man mußte zumeist mit annähernden Gleichklängen vorlieb nehmen. Dabei kam denn freilich eine besondere Eigentümlichkeit der Sprache den Schreibern zu Hilfe. Auch uns sind ja in unserer Sprache Fälle geläufig, in denen zwei oder mehr Formen eines und desselben Wortes sich durch verschiedene-Vokale voneinander unterscheiden: Maus Mäuse, komm kam käme, Schrei schrie schreie, Wage wiege wöge — aber solche Fälle bilden bei uns nur eine nebensächliche Erscheinung und die große Mehrzahl aller Worte hat bei uns einen festen Vokal, den sie durch alle Formen hindurch bewahrt. Anders im Ägyptischen und in den ihm verwandten semitischen Sprachen, wie dem Hebräischen oder Arabischen. Hier heißt

1. Ihre Entstehung.

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katala „er tötete", kutila „er wurde getötet", kaitala „er mordete", kuttila „er wurde gemordet", ktul „töte", k^itil „tötend" und ebenso maktfil „getötet", mnkälil „töten wollend", muktal „töten lassend" usw. Überall ist es in erster Linie der Wechsel der Vokale, an dem man die vergeh«denen grammatischen Formen erkennt. Die Folge dav< n ist, daß diese Völker in dieser Hinsicht anders als wir empfinden. Für uns gehört in lebe leben lebt lebte Leben das e, in laben labe labt labte das a, in lieben liebe liebt liebte Liebe das i, und in loben lobe lobte Lob das o notwendig dazu, um den Worten die Bedeutung des Lebens, Labens, Liebens und Lobens zu geben. Für jene Orientalen dagegen sind die Vokale eine Nebensache; für sie· haftet die Bedeutung des Stammes an seinen Konsonanten, also in dem obigen Beispiel an den drei Konsonanten /,/', die die Bedeutung „töten" besitzen. Diese Anschauungsweise muß man sich vor Augen halten, um zu verstehen, wie die Ägypter bei ihrer Schritt verfuhren. Wenn sie für ein Wort, das sich nicht gut zeichnen liess, ein anderes einsetzten, so erhoben sie überhaupt nicht den Anspruch, daß dieses nun auch die gleichen Vokale haben müsse wie jenes; es genügte vielmehr völlig, wenn es die gleichen Konsonanten besaß. Uns würde es niemals einkoramen, eine „Säule" für eine „Seele" zu setzen; dem Ägypter aber würde dies nicht anstößig gewesen sein, denn seinem Gefühle erschienen nur die Konsonanten als etwas Wesentliches an den Worten und nicht die Vokale, die nur die grammatischen Formen bezeichneten. So setzte er denn ruhig spir*· /'e==>kv „Rippe" für soper gelangen und alle dessen verschiedene Formen, welche Vokale sie auch haben 1

Ich führe diese Worte in ihrer jüngsten, koptischen Form an, da uns die ältere Aussprache, wie wir sehen werden, unbekannt bleibt. B r n i a n , Hieroglyphen.

2

18

II. Das Wesen der Hieroglyphenschrift.

mochten; er setzte pahu C^> „Ende" für pah „gelangen" und pahte „ K u h m - usw. Ja er ging noch weiter. Weil es so oft in diesen Sprachen vorkommt, daß das j oder w eines WortshiiiiniL'S bei dessen Flexion in den begleitenden Vokalen aufgellt und ein n} ?, ai, au gibt (arabisch ramaita für fdiuajfa. kifa für k>nrila, ausnla für awsala UBW.), so betrachtete man nun auch diese armen beiden Konsonanten j und w als etwas, das keine Bedeutung hatte. So fand man denn kein Arges dabei, den Stamm prj1 „herausgehen" mit dem ^

jT^j

Hause tTJ.P' zu schreiben oder jij „dieser" durch s£\ py „flieget»" auszudrücken. Auch der schwache Laut des j, der Spiritus leuis der Griechen, das S der Hebräer, machte ihnen kein Bedenken und ohne weiteres benutzten sie ein Zeichen, das eigentlich hip lautete für hp usw. Auf diese Weise gewarm der Ägypter sich Zeichen für alle möglichen Worte, die er sonst nicht hätte schreiben können. Mit dem Käfer

{ hpT schrieb er hpr werden,

mit "^=3 wr Schwalbe ur groß, mit i*"""! mn Brettspiel , mn bleiben, mit fj| ms AVedel msj gebären, mit 0 hs Krug l Ll

ff±

hsj loben, mit Q\ rw& Bogenseiine rwd wachsen, mit ·¥· Cnh Schuhriemen Cnh Leben, mit ^^ dr Korb dr Grenze u&w. Viele dieser Zeichen kamen nur für ein Wort in Frage, andere aber wurden auf so viele Worte übertragen, daß sie schließlich beliebig verwendet werden konnten, wo 1

Über die Zeichen, mit denen wir die ägyptischen Konsonanten wiedergeben, siehe unten S. 23; die Vokale bleiben in der Hieroglyphenschrift unbezeiclinet und sind uns unbekannt, vgl. S. 24.

l. Ihre Entstehung.

l9

immer die betreffenden Konsonanten nur vorkamen, sogar als Teil längerer W orte. So kann man wsV>* „Uhr" aus Jeu Zeichen fl| und

zusammensetzen oder wnmn „ sich be

wegen" aas zwei Das Wichtigste aber war, daß man einige besonders kurze Worte nun auch so verwendete, daß sie zur Andeutung eines einzelnen Konsonanten dienten. So nahm man n den Mund, um ein r auszudrücken. t s) den See für ein 3, ^

dt die Schlange für ein d, —M— den

Riegel für ein s usw. Mit Hufe dieser Zeichen konnte man nun viele Zweideutigkeiten in der Bilderschrift vermeiden. Denn au und für sich blieb es ja bei manchen Zeichen derselben unklar, wie sie zu lesen seien, konnte man doch bei einem Zeichen oft an verschiedene Worte denken. Fügte man aber fortaii der Schwalbe ^j^· ein bei, so merkte der Leser gleich, daß damit wr gemeint war. Das Zeichen des Gehens J\ konnte auf verschiedene Worte führen, auf sm „gehen", auf swj „gehen", auf tj „kommen"; die unterschied man nun durch Anfügung ihrer ersten Konsonanten alß ijy '

j± " un(i ü· Oder man konnte bei der

Bogensehne ^C\ auch ein davor und ein ^ y dahintersotzen, dann mußte auch der Beschränkteste an diesem r und d merken, daß das Wort rwd gemeint war. Des weiteren ließen sich diese Konsonantenzeichen dazu benutzen, grammatische Endungen und Präfixe zu bezeichnen : 1^^* swr „groß machen" und swrk

l^^^ „du

machst groß" vou -i^ wr „groß". 2*

20

II. Das \Vesen der Hieroglyphenschrift.

Und endlich: mit diesen Konsonantenzeichen konnte man nun auch im Notfall allein ganze Worte schreiben: l,n „dort«, Γϋ hr „zufrieden", Q 5 (l ghs „Antilope". Oder man mischte sie auch mit solchen Wortzeichen zusammen, f r die sich, wie wir oben sahen, eine ganz freie Benutzung herausgebildet hatte und schrieb z. B. ft hsmn Natron,' "^=? swr trinken.' 11 t""*"! „ ____^ wrs wachen, l ^ sdr schlafen. Solche lautliche Schreibungen waren ja nun freilich vieldeutig genug, aber da f gte man ihnen dann noch alte Bildzeichen hinzu, die ihre Bedeutung dem Leser nahej\

in (l(l l e e n konnten. Ein

inr konnte noch alles m

liche

Λ ΛΛΛΛ/V

sein, aber ί1 war augenscheinlich das Wort Inr „der l

-l

Stein", *^=? £v\ war „trinken", P "

£^} „Natron", l X

O O O

l «

schlafen", (l δ ^^ ih „Bind" usw. Allm hlich dr ngten dann diese j ngeren Bestandteile der Schrift die eigentlichen Gedankenbilder g nzlich zur ck und Aver den oben in Bilderschrift angef hrten Satz: „der K nig brachte 6000 Mann gefangen aus dem Lande Ua" schreiben wollte, der schrieb jetzt einfach jedes Wort n ΛΛΛΛΛΛ-^— α α α α α α « η einzeln, etwa so: j\ v^w» ^o κ\ π JJ * M i s s S s JS -^^! l

s 6000 m akr Cnh m wd. •

1

w

tu „lii-iiigeu"; 5 „Maun"; m Pr position „aas, als"; skr

l. Ihre Entstehung,

2l

Damit war denn eine brauchbare Schrift gewonnen, dip sich im Laufe der Zeit dann immer fester regelte und ausbildete. Sie erlaubte einem Ägypter mil annähernder Sicherheit zu lesen, was ein anderer ge sehr i ebon halte; er konnte wenigstens die Worte im groben, in den Konsonanten, erkennen und da ihm Sprache und Gedankeninhalt ja geläufig waren, so konnte er sie auch richtig grammatisch auffassen und mit den richtigen Vokalen sprechen. Wir machen uns die Möglichkeit eines solchen Lesens am besten klar, wenn wir bedenken, was wir selbst alle Tage in ähnlichem Erraten unvollkommener Schrift tun, ohne es als eine besondere Kunstfertigkeit zu empfinden. Wird nicht jeder von uns anstandslos die folgende Annonce lesen: ., Jgr. M. z. Z. in erst. Gesch. d. Konf. ßr., s. mögl. sof. ähnl. St.li? Das könnte man an und für sich ja auch in sehr verschiedene Worte auflösen und doch wird niemand, der Deutsch versteht, darin etwa ein „jüngeres Mädchen zur Zufriedenheit in erstehendem Geschicke der Konfessions-Brauerei" oder ähnlichen Unsinn lesen, sondern jeder wird das Sehnen des „jungen Mannes" erraten, der „möglichst sofort" aus seinem „ersten Geschäfte der Konfcktiousbranche" in ein ähnliches übersiedeln möchte. Gerade so erging es dem Ägypter; auch er konnte die unvollständigen, vokallosen Worte an und für sich in sehr verschiedener Weise lesen und auffassen, aber auch er wußte in der Regel ungefähr, um was es sich handelte, und deshalb las er richtig. Und lag ihm einmal ein Schriftstück vor, das sich nicht in gewöhnlichen Wendungen bewegte, so wird der Ägypter ohne Zweifel so verfahren sein, wie noch heute Völker mit unvollkommenen vokallosen Schriften verfahren. Wenn z. B. ein Tuarek eine Schrift lesen will, deren Inhalt er „Geschlagener"; Cnh „lebend" (lebender Gest-lila^ner = Gefangener).

22

II. Pas Wesen der Hieroglyphensclirift.

nicht ahnt, so probiert er erst eine Weile hindurch halblaut. vor sich her, indem er die Konsonanten mit diesen und jenen Vokalen x,u lesen versucht. .Endlich gelingt es ihm dann, an einer Stelle Grund zu finden und nun erkennt er von da aus vorw rts und r ckw rts sicher deu Sinn des Ganzen. 2. bereicht der Schrift und Proben der Schreibung. So wie wir es im vorigen Abschnitt geschildert haben, waren die Hieroglyphen entstanden und so waren sie gestaltet in der Zeit, in der sie uns zuerst in l ngeren Inschriften entgegentreten, in der gro en Epoche des sogenannten Alten Reiches (2800-2300 v. Chr.). Die alte Bilderschrift hatte sich also in folgende Klassen von Zeichen c aufgel st: 1. Alte Bilderzeichen, die, wie £z) rfidi Kopf. ___