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German Pages 268 Year 2020
Braun Die Grenzen der Gläubigerautonomie im Insolvenzplanverfahren
Die Grenzen der Gläubigerautonomie im Insolvenzplanverfahren
von Tobias Braun
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG · Köln
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© 2020 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG Postfach 27 01 25, 50508 Köln E-Mail: [email protected], Internet: http://www.rws-verlag.de Das vorliegende Werk ist in all seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der Übersetzung, des Vortrags, der Reproduktion, der Vervielfältigung auf fotomechanischem oder anderen Wegen und der Speicherung in elektronischen Medien. Satz und Datenverarbeitung: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt Druck und Verarbeitung: Hundt Druck GmbH, Köln
Vorwort Die vorliegende Arbeit lag im Wintersemester 2019/20 der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg als Dissertation vor. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Oktober 2019 berücksichtigt werden. Ich danke meinem Doktorvater und Betreuer Prof. Dr. Andreas Piekenbrock für die hervorragende Betreuung. Von unserem ersten Gespräch an bis zum Schluss unterstützte er mein Promotionsvorhaben äußerst engagiert und beriet mich beim genauen Zuschnitt des Themas. Auch während ich die zahlreichen Einzelprobleme im Insolvenzplanrecht bearbeitete, trug er mit hilfreichen Einblicken in den aktuellen Diskussionsstand in Wissenschaft und Praxis maßgeblich zum Erfolg der Arbeit bei. Ich danke auch Prof. Dr. Matthias Siegmann für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens und Prof. Dr. Christoph A. Kern, LL.M. (Harvard) für die Führung des Vorsitzes in der mündlichen Prüfung. Den Herausgebern Prof. Dr. Moritz Brinkmann, LL.M. (McGill), Dr. Bruno M. Kübler, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hanns Prütting und Prof. Dr. Christoph Thole danke ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Außerdem danke ich allen anderen, die mich bei der Erstellung der Arbeit unterstützt haben. Namentlich nennen möchte ich meine Großmutter, Anna-Lore Schwager. Sie hat jahrelang auf einen höheren Lebensstandard verzichtet und mich durch ihre Ersparnisse unterstützt. Damit hat sie maßgeblich ermöglicht, dass ich als erstes Mitglied meiner Familie ein Hochschulstudium aufnehmen und erfolgreich abschließen konnte. Hierfür bin ich ihr zu großem Dank verpflichtet. Eigentlich hatte ich mir bereits ein Vorwort zu meiner Dissertation überlegt. Es sollte darum gehen, wie der Insolvenzplan nach der Einführung des präventiven Restrukturierungsrahmens (Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20. Juni 2019) bald in der praktischen Irrelevanz versinken könnte. Doch als im Frühjahr 2020 die Covid-19-Pandemie auch Deutschland erreichte und zur wochenlangen Schließung von Betrieben, Kaufhäusern und Restaurants führte, wurde diese Annahme von der Realität überholt. Es deutet alles darauf hin, dass wir uns am Anfang einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise befinden, die in ihrer Intensität noch über die Finanzkrise von 2008/2009 hinausgehen wird. In Zeiten wie diesen ist ein effizientes Insolvenzrecht, das eine erfolgreiche finanz- und leistungswirtschaftliche Sanierung lebensfähiger Unternehmen ermöglicht und für eine rasche Abwicklung ausscheidender Marktteilnehmer sorgt, wichtiger denn je. Die vorliegende Arbeit möchte dazu einen Beitrag leisten.
Frankfurt am Main, im Mai 2020
Tobias Braun
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Inhaltsverzeichnis Rn.
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Vorwort ................................................................................................................ V A. Einleitung .......................................................................................... 1 ........ 1 I. Regelungsspielräume und -grenzen im Insolvenzplan ........................ 2 ........ 1 II. Stand der Forschung ........................................................................... 5 ........ 2 III. Gang der Untersuchung ...................................................................... 7 ........ 3 IV. Themenbegrenzung ............................................................................ 9 ........ 4 B. Das Rechtsinstitut Insolvenzplan .................................................. 10 ........ 5 I. Gang des Verfahrens ........................................................................ 11 ........ 5 II. Abstimmung über den Insolvenzplan ............................................... 12 ........ 5 III. Gläubigerschutzvorschriften im Insolvenzplanverfahren ................. 1. Obstruktionsverbot (§ 245 InsO) ................................................ a) Keine Schlechterstellung ...................................................... aa) Ziel der Pareto-Effizienz ................................................ bb) Vergleichsrechnung ....................................................... b) Angemessene Beteiligung am wirtschaftlichen Wert ........... c) Zustimmung der Mehrheit der Gruppen ............................... d) Geltung des Obstruktionsverbots für andere Beteiligte ........ 2. Minderheitenschutz (§ 251 InsO) ...............................................
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........ 6 ........ 6 ........ 7 ........ 7 ........ 7 ........ 9 ........ 9 ...... 10 ...... 10
IV. Einschränkung der Gestaltungsfreiheit im Insolvenzplan durch die Verfahrensvorschriften ............................................................... 25 ...... 10 V. Prozessuale Stadien für die Prüfung der Plandispositivität .............. 1. Vorprüfung ................................................................................. 2. Bestätigungsprüfung ................................................................... 3. Registergericht ............................................................................ 4. Prozessgerichte nach Planbestätigung ........................................
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO ...................................................... 32 ...... 15 I. Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger .................... 34 ...... 15 1. Die Grundaussage des § 223 Abs. 1 InsO .................................. 36 ...... 16 2. Sicherungsrechte an Gegenständen Dritter ................................. 40 ...... 17
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3. Einschränkung der Dispositivität zugunsten von Finanzsicherheiten ................................................................................. 41 ...... 17 II. Befriedigung der Insolvenzgläubiger ................................................ 1. „Befriedigung“ als Grundlage schuldrechtlicher Planregelungen .................................................................................. 2. Zur Zulässigkeit flexibler Quoten ............................................... a) Bestimmtheit ........................................................................ b) Vollstreckbarkeit .................................................................. c) Minderheitenschutz .............................................................. d) Variable Planquoten ............................................................. e) Zwischenergebnis .................................................................
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III. Befriedigung der nachrangigen Insolvenzgläubiger ......................... 1. Die Grundregel des § 225 Abs. 1 InsO ....................................... 2. Regelungsspielraum nach § 225 Abs. 1, 2 InsO ......................... 3. Einschränkung der Dispositivität in § 225 Abs. 3 InsO ............. 4. Zwischenergebnis .......................................................................
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IV. Verwertung der Insolvenzmasse ....................................................... 73 1. Sicherung der Insolvenzmasse ................................................... 74 a) Sicherung als Teil der Verwertung ....................................... 74 b) Praktische Relevanz nur in Ausnahmefällen ........................ 77 c) § 149 InsO spricht für die Dispositivität .............................. 78 d) Zwischenergebnis ................................................................. 80 2. Vorschriften über die Vermögensübersicht ................................ 81 a) Die §§ 151–154 InsO im Überblick ..................................... 81 b) Praktische Relevanz nur in Ausnahmefällen ........................ 82 c) Subsumtion unter § 217 Satz 1 InsO .................................... 83 d) Zweck der §§ 151–154 InsO ................................................ 84 e) § 151 Abs. 3 InsO ist neutral ................................................ 87 f) Zwischenergebnis ................................................................. 89 3. Die handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung ................. 90 4. Der Berichtstermin ..................................................................... 94 a) Subsumtion unter § 217 Satz 1 InsO .................................... 95 b) Planfestigkeit aufgrund Informationszwecks ....................... 96 5. Verwertung im engeren Sinne .................................................... 98 a) Grundsätzliche Dispositivität ............................................... 98 b) Betonung der Gläubigerautonomie durch die §§ 159, 160, 162 InsO ....................................................................... 99 c) Dogmatische Einordnung der Verwertungsregelungen ...... 100 d) Generelle Zustimmungen zu Verwertungshandlungen ...... 102 e) Zwischenergebnis ............................................................... 105
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43 ...... 19
Inhaltsverzeichnis Rn.
6. Verwertung von Massegegenständen mit Absonderungsrechten ...................................................................................... 7. Disposition über Anfechtungsansprüche .................................. a) Der Wortlaut des § 217 InsO .............................................. b) Unerheblichkeit der Eigenheiten des Anfechtungsanspruchs ............................................................................ c) Keine Indizwirkung des ESUG .......................................... d) Unerheblichkeit der Präventionswirkung der Anfechtung ... e) Einschränkungen der Dispositivität von Anfechtungsansprüchen ......................................................................... aa) Insolvenzzweckwidrigkeit ........................................... bb) Gleichbehandlungsgebot des § 226 InsO ..................... cc) Unlautere Planherbeiführung ....................................... 8. Zwischenergebnis .....................................................................
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106 ...... 48 109 ...... 49 111 ...... 50 113 ...... 50 115 ...... 52 117 ...... 52 119 120 126 132 134
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V. Verteilung der Insolvenzmasse ....................................................... 135 ...... 60 1. Definition von „Verteilung“ ..................................................... 135 ...... 60 2. Mögliche Regelungsvarianten im Insolvenzplan ...................... 141 ...... 62 VI. Verfahrensabwicklung .................................................................... 1. Der Sachverhalt im Fall Phoenix Kapitaldienst GmbH ............ 2. Der Beschluss des LG Frankfurt am Main ............................... 3. Die Einführung der Variante „Verfahrensabwicklung“ durch das ESUG ....................................................................... 4. Keine Anwendung der Vorschriften über Prozessverträge ....... 5. Mögliche Schlussfolgerungen ..................................................
142 ...... 63 143 ...... 63 148 ...... 65
VII. Haftung des Schuldners ................................................................. 1. Der Grundtatbestand des § 227 InsO ........................................ 2. Gestaltungsmöglichkeiten ........................................................ 3. Unabdingbarkeit des § 202 InsO .............................................. 4. Ergebnis und Definition des Begriffs „Haftung“ ......................
159 160 161 164 165
149 ...... 66 152 ...... 66 157 ...... 68 ...... ...... ...... ...... ......
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung .................................................................................. 167 ...... 75 I. Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan ..... 1. Der Beschluss des BGH im Fall Phoenix Kapitaldienst GmbH ............................................................................ 2. Kritische Reaktionen im Schrifttum ......................................... 3. Zustimmende Reaktionen im Schrifttum .................................. 4. Stellungnahme .......................................................................... a) Kein verfahrensrechtlich zwingender Ausschluss .............. b) § 217 Satz 1 InsO als Ausgangspunkt ................................
168 ...... 75 168 169 172 178 178 179
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IX
Inhaltsverzeichnis Rn.
c) Die Garantie des Prüfungsverfahrens ................................. aa) Vermögensrechte ......................................................... bb) Teilnahme- und Stimmrechte ....................................... d) Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO ...................................... e) Ergebnis ............................................................................. II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln .............................................. 1. Die Rechtslage im Regelverfahren und bei Liquidationsplänen ....................................................................................... 2. Die Nachzüglerproblematik bei Sanierungsplänen ................... 3. Keine Präklusion kraft Gesetzes ............................................... 4. Zur Zulässigkeit verfahrensmäßiger Ausschlussklauseln ......... 5. Zur (Un-) Zulässigkeit materieller Ausschlussklauseln ............ a) Ausschlussklauseln im Anwendungsbereich von § 217 InsO .......................................................................... b) Keine abschließende Wirkung der §§ 259a, 259b InsO ..... c) Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO ...................................... d) Unzulässigkeit der „Nachzüglergruppe“ ............................ e) Die Nachzüglerproblematik als Problem der Haftung ....... aa) Strukturüberlegungen ................................................... bb) Friktionen zwischen Regelverfahren und Insolvenzplan ....................................................................... cc) Kein Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO ........................ dd) Alternative Gestaltung mit betragsmäßiger Haftungsbeschränkung ............................................................... f) Kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG ............................. aa) Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG .......................... bb) Keine Enteignung ........................................................ cc) Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG ...................................... dd) Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG ...... (1) Gesetzesvorbehalt .................................................. (2) Verhältnismäßigkeit ............................................... (Į) Interessen der Gesamtheit der Gläubiger, der Allgemeinheit und des Schuldners ............ (ȕ) Schutzwürdigkeit des Nachzüglers .................. (Ȗ) Faktische Wertlosigkeit des Nachzüglerrechts ... (į) Keine besondere Schutzwürdigkeit bei Verletzung von Leib und Leben ...................... (İ) Nachzüglerschutz in den Insolvenzplanvorschriften ...................................................... g) Zwischenergebnis ...............................................................
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6. Kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK ...................................................................................... 250 .... 108 7. Ergebnis .................................................................................... 251 .... 109 III. Planfestigkeit des § 194 InsO ......................................................... 253 .... 109 IV. Regelungen über die Schlussrechnungslegung ............................... 258 .... 111 V. Dispositivität des § 197 InsO .......................................................... 261 .... 113 VI. Erkenntnisse zur Dispositivität der Verfahrensabwicklung ............ 262 .... 114 E. Die Dispositivität der Planvorschriften ....................................... 265 .... 117 I. Die Dispositivität in den §§ 217 – 254b InsO .................................. 265 .... 117 II. Die Dispositivität in den §§ 255 – 269 InsO .................................... 1. Nachtragsverteilung im Insolvenzplanverfahren ...................... a) Die Nachtragsverteilung im Regelverfahren ...................... b) Die Nachtragsverteilung im Planverfahren ohne Planklausel ................................................................ aa) Herrschende Meinung: Keine Nachtragsverteilung ..... bb) Die Ansicht Schulte-Kaubrüggers ............................... cc) Stellungnahme ............................................................. c) Anordnung einer Nachtragsverteilung durch Insolvenzplan ..................................................................................... aa) Stimmen für eine Nachtragsverteilung durch Insolvenzplan ....................................................................... bb) Stimmen gegen eine Nachtragsverteilung durch Insolvenzplan ............................................................... cc) Stellungnahme ............................................................. (1) Ausgestaltung der Planklausel zur Nachtragsverteilung ............................................................... (2) § 217 InsO als Ausgangspunkt .............................. (3) Historie des § 259 Abs. 1 InsO .............................. (4) Systematik der Plandispositivität in den §§ 255 – 269 InsO ................................................... (5) Zweck der Norm .................................................... (6) Numerus clausus der Sachenrechte ........................ dd) Ergebnis ....................................................................... 2. Regelungen zur Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters ................................................................................. a) § 259 Abs. 3 InsO zwischen Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung .......................................................
268 .... 117 270 .... 118 270 .... 118 271 271 272 275
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aa) Erlöschen des Anfechtungsanspruchs ohne Ermächtigung nach § 259 Abs. 3 InsO ........................ bb) Zulässigkeit der Klage des Insolvenzverwalters ohne Ermächtigung nach § 259 Abs. 3 InsO ........................ cc) Unklare Einordnung des § 259 Abs. 3 InsO durch den Gesetzgeber .................................................................. dd) § 259 Abs. 3 InsO als Ermächtigung zur Perpetuierung des Verwalteramtes ...................................................... b) Folgen für die Plandispositivität der Prozessführungsbefugnis .............................................................................. c) Gewillkürte Prozessstandschaft in Bezug auf andere Ansprüche .......................................................................... 3. Regelungen zur Überwachung der Planerfüllung nach den §§ 260 – 269 InsO ............................................................... a) Grundstruktur der Überwachung der Planerfüllung ........... aa) Überwachungstätigkeit ................................................ bb) Rechtsgrundlagen für Eingriffe in Rechte des Schuldners .................................................................... cc) Rechtsgrundlagen für Eingriffe in Rechte Dritter ........ b) Systematik der §§ 260–269 InsO ....................................... c) Unergiebigkeit der historischen Auslegung ....................... d) Abgestufte Dispositivität nach Rechtssphären ................... aa) Regelungen mit Eingriff in Rechte Dritter ................... (1) Grundsätzlich kein Eingriff in Rechte Dritter ........ (2) Grundsätzlich keine Wettbewerbsverzerrung ........ (3) Kreditrahmen ......................................................... (4) Planfestigkeit des § 267 InsO ................................ bb) Regelungen mit Eingriff in Rechte des Schuldners ..... (1) Untauglichkeit des § 247 InsO ............................... (2) Überwachungsvorschriften als Höchstmaß der Eingriffe ........................................................... cc) Regelungen zur Ausgestaltung der Überwachungstätigkeit ........................................................................ dd) Verfahrensregelungen im Rahmen der Planüberwachung ....................................................................... e) Ergebnis ............................................................................. 4. Die Überwachung durch den gewillkürten Überwacher ........... a) Keine Planüberwachung im Sinne der §§ 260 – 269 InsO .... b) Hinnahme der Überwachung als Nebenpflicht bei der Gläubigerbefriedigung im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO .....................................................................
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298 .... 129 299 .... 129 300 .... 130 301 .... 131 305 .... 132 306 .... 132 309 .... 134 310 .... 134 312 .... 134 314 317 320 323 325 326 327 328 330 335 336 337
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347 .... 149
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c) Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen der gewillkürten Planüberwachung ............................................................... 350 .... 150 5. Ergebnis .................................................................................... 354 .... 151 F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans .......................... 355 .... 153 I. Die Beteiligten ................................................................................ 357 .... 153 II. Einbeziehung der Massegläubiger .................................................. 1. Grundsatz: Keine Erstreckung auf Massegläubiger .................. 2. Gesetzgebungsgeschichte des § 210a InsO .............................. 3. Regelungsmöglichkeiten .......................................................... 4. Keine Aussagekraft für die Plandispositivität ..........................
359 359 360 361 362
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154 154 155 155 156
III. Einbeziehung Dritter ....................................................................... 1. Grundsatz: Keine Erstreckung auf Dritte ................................. 2. Die „Verpflichtungserklärung“ nach § 230 Abs. 3, § 257 Abs. 2 InsO ..................................................................... 3. Regelungsmöglichkeiten .......................................................... 4. Ergebnis ....................................................................................
363 .... 156 363 .... 156
IV. Übernahmegesellschaft ................................................................... 1. Regelungsgehalt des § 260 Abs. 3 InsO ................................... 2. Beschränkung der Planüberwachung auf Übernahmegesellschaften ..................................................................................... 3. Kein Zustimmungserfordernis der Übernahmegesellschaft ...... 4. Ergebnis ....................................................................................
372 .... 160 372 .... 160
364 .... 157 368 .... 159 371 .... 160
373 .... 161 375 .... 162 376 .... 163
V. Insolvenzgericht .............................................................................. 377 .... 163 VI. Insolvenzverwalter .......................................................................... 1. Verfahrensrechtliche Stellung des Insolvenzverwalters im Planverfahren ...................................................................... 2. Zulässigkeit von Vergütungsvereinbarungen ........................... a) Festsetzung der Vergütung im gesetzlichen Regelfall ....... b) Stimmen für die Zulässigkeit ............................................. c) Stimmen gegen die Zulässigkeit ........................................ d) Die Ansicht des BGH ......................................................... e) Stellungnahme .................................................................... aa) Ausgestaltungsvarianten .............................................. bb) Ausgangspunkt: § 217 InsO ......................................... cc) Subjektive Einbeziehung des Insolvenzverwalters ...... dd) Gesetzliches Verbot von Vergütungsvereinbarungen ....
378 .... 163 378 379 380 382 384 387 391 391 393 395 396
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ee) Unzulässigkeit auch bei Verpflichtung des Verwalters nach § 230 Abs. 3 InsO ................................................ 399 .... 174 3. Ergebnis .................................................................................... 401 .... 175 VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner ..... 1. Grundstruktur der Neuregelungen ............................................ 2. § 225a Abs. 3 InsO als Generalnorm ........................................ 3. Meinungsstand zum Begriff „gesellschaftsrechtlich zulässig“ ... 4. Debt-Equity-Swap .................................................................... a) Ablauf außerhalb des Insolvenzplanverfahrens .................. aa) Kapitalherabsetzung ..................................................... bb) Kapitalerhöhungsbeschluss .......................................... cc) Bezugsrechtsausschluss ............................................... dd) Zeichnungsvertrag und Einbringung der Forderungen ...................................................................... ee) Werthaltigkeitsprüfung und Handelsregisteranmeldung .................................................................... b) Ablauf im Insolvenzplanverfahren ..................................... aa) Kapitalherabsetzung ..................................................... bb) Kapitalerhöhungsbeschluss .......................................... cc) Bezugsrechtsausschluss ............................................... dd) Übernahmeerklärung nach § 230 Abs. 2 InsO ............. ee) Zeichnungsvertrag ........................................................ ff) Einbringung der Forderungen ...................................... gg) Werthaltigkeitsprüfung ................................................ hh) Handelsregisteranmeldung und Eintragung ................. c) Erkenntnisse für die Plandispositivität ............................... d) Rechtliche Hindernisse für den Debt-Equity-Swap in anderen Gesetzen ........................................................... 5. Übertragung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten ............. 6. Austausch von Organmitgliedern ............................................. a) Beschlusskompetenz der Anteilseigner .............................. aa) Grundsätzliche Zulässigkeit im Zuständigkeitsbereich der Anteilseigner .......................................................... bb) Kein Bezug zu Anteilsrechten erforderlich .................. cc) Kein Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ........................... b) Zuständigkeit anderer Organe ............................................ 7. Ergebnis ....................................................................................
402 405 408 410 412 413 413 415 416
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G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität .............................. 451 .... 197 I. Der Ansatz von Madaus .................................................................. 452 .... 197 II. Der Ansatz von Spahlinger ............................................................. 455 .... 198 XIV
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III. Andere Ansätze ............................................................................... 457 .... 199 IV. Eigener Ansatz ................................................................................ 1. Unergiebige Untersuchungsansätze .......................................... a) Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung ........................ b) Gläubigerautonomie ........................................................... c) Rechtsnatur des Insolvenzplans ......................................... 2. Schwächen der deduktiven und induktiven Methode ............... 3. § 217 InsO als abschließende Regelung ................................... 4. Rechtswirkungen des Insolvenzplans ....................................... 5. Die persönliche Reichweite der Plandispositivität ................... 6. Planfeste Rechtsnormen ........................................................... a) Wortlautauslegung ............................................................. b) Systematische Auslegung ................................................... c) Zweck der Norm ................................................................ aa) Informationszweck ....................................................... bb) Stimmrechte und andere Verfahrensrechte .................. cc) Aufsichtsbefugnisse des Insolvenzgerichts und Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters ..................... dd) Hinreichender Minderheitenschutz als Indiz ............... ee) Kein Eingriff in Rechte Dritter und keine Wettbewerbsverzerrung .................................................................... d) Rechtsnormen außerhalb der InsO ..................................... 7. Schlussfolgerung und Prüfungsaufbau .....................................
458 458 459 461 462 463 465 467 472 473 475 476 477 478 479
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480 .... 208 481 .... 208 482 .... 208 483 .... 209 484 .... 209
V. Die Folgen unzulässiger Planklauseln ............................................ 485 .... 210 H. Zusammenfassung ........................................................................ 489 .... 213 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 219 Stichwortverzeichnis ........................................................................................ 249
XV
A. Einleitung „Insolvenz ist […] nicht der Notstand des Privatrechts“1), heißt es in der Regie- 1 rungsbegründung zur Insolvenzordnung (InsO). Wer so denkt, der fordert die Geltung des Privatrechts auch in der Krise eines Unternehmens. Er benötigt Instrumente, die die Geltung des Privatrechts inklusive der vermögensmäßigen Entscheidungen aller Marktteilnehmer in der Insolvenz sicherstellen. Das Instrument, das die Marktkräfte besonders zur Geltung bringen soll, ist der Insolvenzplan. Er ist das „Kern- oder sogar Herzstück“2) der InsO. Der Gesetzgeber der InsO wollte unter dem Eindruck der schlechten Ergebnisse der Konkursordnung ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts3) ein möglichst effizientes Gesetz zur Bewältigung von Unternehmensinsolvenzen schaffen. Hierbei war er davon überzeugt, dass auch die beste Insolvenzordnung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann.4) Stattdessen sollte das Ziel der bestmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger besser durch maßgeschneiderte Lösungen im Einzelfall erreicht werden. Der Gesetzgeber wollte den Gläubigern ein „Höchstmaß an Flexibilität“ verschaffen.5) Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)6) wurden das Insolvenzplanverfahren weiter gestärkt und die Gestaltungsmöglichkeiten ausgeweitet.
I. Regelungsspielräume und -grenzen im Insolvenzplan Nachdem der Insolvenzplan nach seiner Einführung zunächst eher ein Schattenda- 2 sein führte,7) rückte er durch eine Reihe prominenter Verfahren (z. B. Suhrkamp, Arcandor, Holzmann) ins Rampenlicht.8) Die Planersteller wurden mutiger in der Wahrnehmung ihrer Gestaltungsfreiheit und testeten die Grenzen dieses neuen Instruments aus. Mal sollten im Insolvenzplan Regelungen über die Modalitäten der Forderungsfeststellung getroffen werden,9) mal sollte die Insolvenzverwaltervergü___________ 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9)
Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 75. Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 217, Rn. 1; ähnlich Haas, in: Kayser/Thole, Vorbemerkung zu §§ 217 – 269, Rn. 5. Ausführlich mit Statistiken: Madaus, Der Insolvenzplan, S. 83 – 97; Stürner, in: MüKo-InsO, Einleitung, Rn. 33 – 38. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 76. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 78. Kritisch hingegen Pape, ZInsO 2019, 57 (61), der das Insolvenzplanverfahren noch immer für unflexibel hält. Gesetz vom 7.12.2011, BGBl. I, S. 2582. Statistiken bei Madaus, Der Insolvenzplan, S. 109 – 110. Haas, in: Kayser/Thole, Vorbemerkung zu §§ 217 – 269, Rn. 12. Vgl. BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480; LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229.
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A. Einleitung
tung im Insolvenzplan festgesetzt werden.10) Doch der BGH entschied in beiden Fällen, dass die beabsichtigten Maßnahmen unzulässig waren.11) Heute besteht Unsicherheit in der Praxis darüber, wie weit die Beteiligtenautonomie bei der Aufstellung eines Insolvenzplans wirklich reicht.
3 Das sich stellende Problem lässt sich aus zwei Perspektiven formulieren. Einerseits kann man von der einzelnen Planregelung ausgehen und fragen: Welche Regelungen können in einem Insolvenzplan getroffen werden und welche nicht? Andererseits kann man von den Normen des ohne Plan zur Anwendung berufenen Gesetzes ausgehen und fragen: Welche Rechtsnormen sind durch den Insolvenzplan abdingbar („plandispositiv“) und welche sind zwingend („planfest“)? Beides sind zwei Seiten derselben Medaille. Jede zulässige Planregelung bedingt eine Rechtsnorm ab, die ohne den Insolvenzplan zur Anwendung berufen wäre.12) Das führt zu der Frage: Woran lässt sich erkennen, ob eine Rechtsnorm plandispositiv ist oder nicht?
4 Das Problem ist von höchster praktischer Relevanz. Das Hauptanwendungsfeld des Insolvenzplan ist die Sanierung von Unternehmen. Diese muss meist unter großem Zeitdruck erfolgen. Die einzigartigen Umstände jedes Sanierungsvorhabens machen maßgeschneiderte Lösungen erforderlich. Die Unsicherheit über die Bestätigungsfähigkeit eines Insolvenzplans kann dazu führen, dass ein Plan nicht vorgelegt und stattdessen auf das bewährte Regelverfahren zurückgegriffen wird. Das würde zur fortschreitenden Bedeutungslosigkeit des Planverfahrens führen. Schließlich kann, wenn ein Insolvenzplan zwar vorgelegt, aber daraufhin nicht bestätigt wird, die gesamte Sanierung scheitern. Der Gesetzgeber hätte das Gegenteil dessen erreicht, was er mit dem Insolvenzplan erreichen wollte. Geld würde nutzlos verschwendet; Sanierungen würden erschwert statt erleichtert. Folglich benötigt die Praxis handhabbare Maßstäbe zur Bestimmung der Plandispositivität. Das Wissen um die Reichweite der Plandispositivität bringt auch die Wissenschaft voran, indem das bisherige Wissen über den Insolvenzplan um einen wichtigen Baustein ergänzt wird. Im besten Fall können bestehende Annahmen über die dogmatischen Grundlagen des Insolvenzrechts bestätigt oder widerlegt werden.
II. Stand der Forschung 5 In der Literatur wurden bisher wenige umfassende Untersuchungen zur Reichweite der Regelungsbefugnis im Insolvenzplan angestellt. Herauszuheben ist die Arbeit von Madaus, der ein Konzept vorgelegt hat, wie die Plandispositivität anhand abstrakter Kriterien zu bestimmen ist.13) Außerdem hat Kröger eine Dissertation zu § 231 ___________ 10) 11) 12) 13)
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Vgl. BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78. Siehe die Nachweise in den vorangehenden Fußnoten. Allgemein Wagner, Prozeßverträge, S. 55. Madaus, ZIP 2016, 1141; zuletzt auch Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, S. 150 – 153.
III. Gang der Untersuchung
InsO vorgelegt, in der die Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Planregelungen, auch anhand bestimmter Einzelfälle und Rechtsnormen, breiten Raum einnimmt.14) Zu erwähnen ist auch die Dissertation von Fritzsche zur Konstruktion des Insolvenzplans als Vertrag, die nebenbei eine Fülle für die Plandispositivität relevanter Aspekte fundiert diskutiert.15) Nach Inkrafttreten des ESUG, das erstmals Eingriffe in die gesellschaftsrechtlichen 6 Strukturen des Schuldners ermöglichte, erschien eine kaum zu überblickende Vielzahl an Aufsätzen und Dissertationen zur Zulässigkeit und Reichweite von Eingriffen ins Gesellschaftsrecht, die zum Teil hilfreiche Erkenntnisse zu diesem Aspekt liefern.16) Im Übrigen wird das Problem der Plandispositivität in manchen Kommentierungen17) und Handbüchern18) behandelt, wobei Umfang und Tiefgang variieren.
III. Gang der Untersuchung Zunächst erfolgt eine kurze Einführung in das Regelungsgefüge des Insolvenzplans 7 und das Abstimmungsverfahren. Hieran können das Obstruktionsverbot und der Minderheitenschutz erklärt werden, die im Laufe der Bearbeitung eine größere Relevanz erhalten werden. Außerdem werden die prozessualen „Einbruchstellen“ aufgezeigt, in denen die Frage der Plandispositivität relevant wird. Im Hauptteil wird die Reichweite der Plandispositivität anhand verschiedener Re- 8 gelungsbereiche untersucht. Hierbei wird die Diskussion abstrakter Theorien zur Dispositivität an sich, zur Rechtsnatur des Insolvenzplans, Verdrängungsbereichslehre usw. zunächst zurückgestellt. Solche Theorien bergen die Gefahr von Zirkelschlüssen, indem in die Normen des Gesetzes das beabsichtigte Auslegungsergebnis auf der Grundlage des vertretenen dogmatischen Konstrukts hineingelesen wird. Stattdessen soll das Gesetz ausgehend von § 217 InsO in systematischer Weise untersucht und ausgelegt werden. Im Rahmen dessen werden exemplarisch verschiedene Problemfälle untersucht, in denen die Zulässigkeit bestimmter Planregelungen in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten ist. Die in der rechtswissenschaftlichen Diskussion vorgebrachten Argumente werden geordnet und das Problem einer dogmatisch stimmigen Lösung zugeführt. Im letzten Schritt sollen die gewonnenen Erkenntnisse der einzelnen Regelungsbereiche quasi induktiv auf ein gemeinsames Rechtsprinzip ___________ 14) Kröger, Rechtsgründe. 15) Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag. 16) Z. B. Bulgrin, Die strategische Insolvenz; Frauer, Grenzen des Eingriffs in Gesellschafterrechte im Insolvenzplanverfahren; Gontschar, Umwandlungsmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren; Schmetzer, Schutz der Anteilsinhaber; Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan. Siehe auch die Nachweise unter Rn. 405. 17) Besonders erwähnenswert sind Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 94 – 201; Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 28 – 72. 18) Z. B. bei Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26; Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7.
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A. Einleitung
zurückgeführt werden. Im Idealfall soll dieses Rechtsprinzip auf eine beliebige Zahl zukünftiger Problemfälle anwendbar sein.
IV. Themenbegrenzung 9 Diese Arbeit kann nur exemplarische Fälle behandeln. Die Bearbeitung aller möglichen – jede für sich wichtigen und relevanten – Problemstellungen würde ihren Rahmen sprengen. Dem Trend zu immer längeren Dissertationen, Kommentierungen und Handbüchern soll nicht Vorschub geleistet werden. Daher liegt der Schwerpunkt auf dem gesetzlichen „Normalfall“ der Unternehmensinsolvenz in Fremdverwaltung. Besonderheiten der Eigenverwaltung, der Insolvenz natürlicher Personen und des Verbraucherinsolvenzverfahrens werden ausgeklammert. Dasselbe gilt für arbeitsrechtliche Besonderheiten oder Sonderregelungen in Bezug auf den Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (z. B. § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 4 BetrAVG).
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B. Das Rechtsinstitut Insolvenzplan Der Insolvenzplan ist hauptsächlich in den §§ 217 ff. InsO geregelt.19) Das Konzept 10 hinter dem Insolvenzplan besteht darin, dass den Gläubigern die Möglichkeit gegeben wird, von den Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens abzuweichen, vgl. § 1 Satz 1 InsO.20) Sie sollen das Verfahren frei nach ihren Bedürfnissen anpassen können, weil sie es sind, die die wirtschaftlichen Konsequenzen des Verfahrensverlaufs tragen.21) Eine Abweichung vom Regelinsolvenzverfahren kommt sowohl hinsichtlich der materiellen Rechtsstellung der Beteiligten22) als auch hinsichtlich prozessualer23) Regelungen in Betracht.24) Unter den Vorbildern für den Insolvenzplan ist dem Verfahren in Chapter 11 des Bankruptcy Code der Vereinigten Staaten von Amerika der bedeutendste Einfluss zuzusprechen.25)
I. Gang des Verfahrens Ein Insolvenzplan kommt folgendermaßen zustande: Der Schuldner (bei juristischen 11 Personen dessen Vertretungsorgan) und der Insolvenzverwalter haben in jedem Verfahrensstadium bis spätestens zum Schlusstermin das Recht, einen Insolvenzplan vorzulegen, § 218 Abs. 1 InsO. Der Plan besteht aus einem darstellenden Teil und einem gestaltenden Teil. Der darstellende Teil soll die Beteiligten über alle Umstände informieren, die für ihre Entscheidung über den Plan wichtig sind. Das sind insbesondere die Tatsachenlage, die Ziele des Plans und die Maßnahmen, mit denen der Plan sie zu erreichen sucht, § 220 InsO. Der gestaltende Teil ist der Bestandteil des Plans, in dem die rechtswirksamen Maßnahmen und Abweichungen von den Vorschriften der InsO dargestellt sind, § 221 InsO. Folglich ist der gestaltende Teil der hier hauptsächlich relevante. Das Insolvenzgericht führt eine Vorprüfung des Insolvenzplans durch, § 231 InsO, und leitet diesen, wenn es keine Beanstandungen hat, den Beteiligten und Arbeitnehmervertretern zur Stellungnahme zu, § 232 InsO.
II. Abstimmung über den Insolvenzplan Das Insolvenzgericht beraumt einen Erörterungs- und Abstimmungstermin an, in 12 dem über den Insolvenzplan diskutiert und dann abgestimmt wird, § 235 Abs. 1 InsO. ___________ 19) Jedoch finden sich auch an anderer Stelle in der InsO Verweise auf den Insolvenzplan, etwa in § 1 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 2, § 157 Satz 2 InsO. 20) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 90. 21) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 80. 22) Z. B. die Höhe der Gläubigerbefriedigung und ähnliche Regeln. Siehe hierzu Rn. 43. 23) Zu Regelungen über die Verfahrensabwicklung siehe Rn. 142 und Rn. 262. 24) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 80. 25) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 105 – 106; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 112; Stürner, in: MüKo-InsO, Einleitung, Rn. 40.
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B. Das Rechtsinstitut Insolvenzplan
Die Gläubiger stimmen in Gruppen ab, in die sie durch den Planersteller nach Maßgabe ihrer Rechtsstellung oder gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen eingeteilt wurden, §§ 222, 243 InsO. Die nachrangigen Gläubiger und Inhaber der Anteilsoder Mitgliedschaftsrechte werden nicht immer an der Abstimmung beteiligt, § 222 Abs. 1 Nr. 3, 4 InsO. Die Gruppen, in die Beteiligte nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Interessen eingeteilt werden, müssen sachgerecht voneinander abgegrenzt werden, § 222 Abs. 2 Satz 2 InsO. In jeder Gruppe muss der Plan mit einer doppelten Mehrheit, nämlich mit der Summenmehrheit der Forderungen einerseits und der Kopfmehrheit der Gläubiger andererseits, angenommen werden, § 244 InsO. Der Insolvenzplan muss in jeder Gruppe angenommen werden. Die Zustimmung der nachrangigen Gläubiger und der Anteilseigner gilt als erteilt, wenn kein Angehöriger der jeweiligen Gruppe an der Abstimmung teilnimmt, §§ 246, 246a InsO. Die Zustimmung des Schuldners gilt als erteilt, wenn er nicht widerspricht, § 247 Abs. 1 InsO. Wenn der Plan wirksam angenommen wurde und nicht von einer Planbedingung abhängt, wird er nach Maßgabe der §§ 248 – 252 InsO durch das Insolvenzgericht bestätigt. Durch die Bestätigung treten seine Rechtwirkungen ein, § 254 Abs. 1 InsO.
III. Gläubigerschutzvorschriften im Insolvenzplanverfahren 13 Das Insolvenzplanverfahren ist ein kollektives Entscheidungsverfahren mit einer Vielzahl an Beteiligten, die naturgemäß über unterschiedliche Interessen und Ansichten verfügen. Die Insolvenzplanvorschriften müssen ein effizientes Instrumentarium schaffen, damit ein Plan durchgesetzt werden kann. Zugleich bedarf es aber Schutzvorschriften für die überstimmte Minderheit.26) Dieser Minderheitenschutz ergibt sich in Bezug auf überstimmte Gläubigergruppen aus § 245 InsO (Rn. 14) und in Bezug auf einzelne Gläubiger aus § 251 InsO (Rn. 23). Eine Schutzvorschrift für den Schuldner befindet sich in § 247 InsO, ist aber von erheblich geringerer praktischer Bedeutung.27)
1.
Obstruktionsverbot (§ 245 InsO)
14 Die Regelung in § 245 InsO wird als Obstruktionsverbot bezeichnet. Ihre Hauptschutzrichtung wird darin gesehen, dass sie verhindert, dass einzelne Gruppen ihre Zustimmung zum Plan von der Gewährung unangemessener Sondervorteile abhängig machen.28) Wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Obstruktionsverbots vorliegen, stellt die Ablehnung des Plans durch die Gruppe kein Hindernis für die Planbestätigung durch das Insolvenzgericht mehr dar. Aber genauso wichtig ist, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 245 InsO zugleich Mindeststandards festlegen, die ___________ 26) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 211. 27) Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 247, Rn. 1; Thies, in: HambKomm-InsO, § 247, Rn. 1. 28) Jaffé, in: FK-InsO, § 245, Rn. 7 – 8; Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 68, Rn. 54.
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III. Gläubigerschutzvorschriften im Insolvenzplanverfahren
die obstruierende Gläubigergruppe schützen.29) Sind die Voraussetzungen des Obstruktionsverbots nicht erfüllt, so kann der Plan ohne Zustimmung der obstruierenden Gläubigergruppe nicht bestätigt werden. § 245 Abs. 1 InsO stellt die folgenden Voraussetzungen auf: Erstens dürfen die An- 15 gehörigen der obstruierenden Gruppe nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden. Zweitens müssen sie angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der auf der Grundlage des Plans den Beteiligten zufließen soll. Drittens muss die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan zugestimmt haben.
a) Keine Schlechterstellung aa) Ziel der Pareto-Effizienz Das Schlechterstellungsverbot ist ein maßgebliches Element des Minderheitenschut- 16 zes im Insolvenzplanverfahren. In § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist es in Bezug auf die Gläubigergruppe30) geregelt. Kein Gläubiger darf gegen seinen Willen wirtschaftlich schlechtergestellt werden, als er ohne einen Plan stünde. Ein Gläubiger bzw. eine Gläubigergruppe kann aber gleich- oder bessergestellt werden. Hierdurch soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein wirtschaftliches Optimum erreicht werden.31) Dieses Optimum wird nach dem italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto (1848 – 1923) auch Pareto-Optimum oder Zustand der Pareto-Effizienz genannt.32) Es ist dann erreicht, wenn kein Beteiligter bessergestellt werden kann, ohne einen anderen Beteiligten schlechter zu stellen.33) Anders ausgedrückt wird eine pareto-ineffiziente Ressourcenallokation dann pareto-effizient, wenn mindestens ein Beteiligter durch eine andere Allokation bessergestellt wird und gleichzeitig kein anderer Beteiligter schlechtergestellt wird. Dieser Gedanke lässt sich auf die Allokation der begrenzten Ressourcen im Insolvenzrecht übertragen: Der Insolvenzplan soll solche Abweichungen vom Regelverfahren ermöglichen, die zumindest einen Beteiligten besserstellen als im Regelverfahren, aber niemanden schlechterstellen.
bb) Vergleichsrechnung Wie gut ein Beteiligter im Regelverfahren bzw. im Insolvenzplan gestellt ist, lässt 17 sich – vereinfacht ausgedrückt – an der Geldsumme erkennen, die ihm im jeweiligen Verwertungsverfahren voraussichtlich zufließen wird. Der Gläubiger wird durch den ___________ 29) Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43, Rn. 5; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 245 (Stand: 9/2016), Rn. 5; Skauradszun/Spahlinger/Tresselt, DZWIR 2015, 539 (541). 30) Thies, in: HambKomm-InsO, § 245, Rn. 6. 31) Balz, ZIP 1988, 273 (279); Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 78. 32) Varian, Intermediate Microeconomics, S. 15 – 16. 33) Balz, ZIP 1988, 273 (279); Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 78; Varian, Intermediate Microeconomics, S. 15 – 16.
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B. Das Rechtsinstitut Insolvenzplan
Insolvenzplan bessergestellt, wenn die an ihn auszuschüttende Quote höher ist als die im hypothetischen Verlauf des Regelverfahrens zu erwartende.34) Dementsprechend muss der darstellende Teil eines Insolvenzplans eine detaillierte Vergleichsrechnung enthalten,35) die das Insolvenzgericht zu überprüfen hat.36) Der Vergleich der wirtschaftlichen Ergebnisse beider Verfahrensarten erzeugt für das Insolvenzgericht jedoch Schwierigkeiten in der praktischen Handhabung. Denn die Vergleichswerte stehen nicht fest, sondern ergeben sich jeweils aus einer Prognose.37) Entsprechend kann eine mögliche Schlechterstellung nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden, sondern nur nach der prognostischen Überzeugung des Gerichts.
18 In Bezug auf das Ergebnis des hypothetischen Regelverfahrens muss geschätzt werden, zu welchem Preis die in der Masse enthaltenen Vermögenswerte verwertet werden können und welche Quote sich daraus ergeben würde. Außerdem ist die Prognose auch auf den Zeitraum nach Aufhebung des Regelinsolvenzverfahrens zu erstrecken, da der Wortlaut des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO sich nicht auf das Ergebnis des Regelverfahrens beschränkt, sondern die Situation „ohne einen Plan“ als Vergleichsmaßstab nimmt.38) So hat der BGH entschieden, dass der Gläubiger einer natürlichen Person, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zwischen Aufhebung des Regelinsolvenzverfahrens und Restschuldbefreiung mit Gegenansprüchen (hier: Steuererstattungsansprüchen) aufrechnen können wird, durch einen Insolvenzplan, der einen weitgehenden Forderungserlass vorsieht, schlechter gestellt wird.39)
19 In Bezug auf das Ergebnis des Planverfahrens kann im ersten Schritt auf die aus dem Plan ersichtliche Quote abgestellt werden. Aber auch die Erfüllung der Planquote ist risikobehaftet. Wenn der Plan beispielsweise nicht durchführbar ist, sind die dort gemachten Versprechungen für die Gläubiger wertlos.40) Daher muss ein dem Risiko entsprechender Abschlag auf die Planquote vorgenommen werden.41) Auch wenn Zahlungen gestundet werden sollen, verringert sich ihr Gegenwartswert und der ___________ 34) Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das Regelverfahren nicht zwingend mit der Zerschlagung enden muss, sondern unter Umständen auch eine übertragende Sanierung in Betracht kommt, bei der die Vermögensgegenstände zu Fortführungswerten anzusetzen sind; Becker, in: Kübler, HRI, § 41, Rn. 12; Kern, in: Jaeger-InsO, § 245, Rn. 13; Laroche/Pruskowski/ Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2159); LG Mühlhausen, Beschluss v. 17.9.2007 – 2 T 190/06, NZI 2007, 724 (727). 35) BGH, Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 33); Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1299). 36) BGH, Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 33). 37) BT-Drs. 14/120, 14; Drukarczyk, in: MüKo-InsO, § 245, Rn. 43; Kern, in: Jaeger-InsO, § 245, Rn. 23. 38) A. A. Braun/Frank, in: Braun, § 245, Rn. 6; Kern, in: Jaeger-InsO, § 245, Rn. 24. 39) BGH, Beschluss v. 29.3.2007 – IX ZB 204/05, NZI 2007, 409 (Rn. 7 – 8). 40) Kern, in: Jaeger-InsO, § 245, Rn. 27; Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 17, Rn. 14. 41) Drukarczyk, in: MüKo-InsO, § 245, Rn. 55; Kern, in: Jaeger-InsO, § 245, Rn. 17; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 245 (Stand: 10/2018), Rn. 11; Spliedt, in: K. Schmidt, § 245, Rn. 12; a. A. Becker, in: Kübler, HRI, § 41, Rn. 34; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 245, Rn. 19.
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III. Gläubigerschutzvorschriften im Insolvenzplanverfahren
Zahlbetrag ist entsprechend abzuzinsen.42) Bei den Abzinsungen können die in der Betriebswirtschaft anerkannten Methoden angewandt werden, wie sie etwa auch bei der Unternehmensbewertung zum Einsatz kommen.43) Anderweitige Vorteile, die einzelne Gruppen aus dem Plan ziehen, bleiben bei der Vergleichsrechnung außer Betracht. Zum Beispiel können Arbeitnehmer oder Zulieferer von der Sanierung profitieren, indem das Arbeitsverhältnis bzw. die Geschäftsbeziehung bestehen bleibt.44) Die Gruppe kann dann freiwillig auf einen Teil der Quote verzichten, um die Annahme des Plans zu fördern. Sie kann aber nicht hierzu gezwungen werden. Die Beurteilung, ob etwaige künftige Vorteile (z. B. die künftige Geschäftsbeziehung) die Gläubiger besserstellen, gebührt nur den betroffenen Gläubigern, aber nicht dem Insolvenzgericht.45)
b) Angemessene Beteiligung am wirtschaftlichen Wert Darüber hinaus muss die obstruierende Gläubigergruppe angemessen an dem wirt- 20 schaftlichen Wert beteiligt werden, der den Beteiligten aufgrund des Insolvenzplans zufließt, § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Gemäß § 245 Abs. 2 InsO liegt für eine Gruppe der Gläubiger eine angemessene Beteiligung vor, wenn kein anderer Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, wenn weder ein Gläubiger, der ohne einen Plan mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an ihm beteiligte Person einen wirtschaftlichen Wert erhält und wenn kein Gläubiger, der ohne einen Plan gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger. Die Gläubiger einer Gruppe behalten also ihren Platz in der allgemeinen insolvenzrechtlichen Rangfolge.46) Wenn zwei gleichrangige Gläubigergruppen unterschiedlich behandelt werden sollen, muss die schlechtergestellte Gruppe dem Plan zustimmen.
c)
Zustimmung der Mehrheit der Gruppen
Als dritte Voraussetzung muss die Mehrheit der Gruppen dem Insolvenzplan zuge- 21 stimmt haben. Diese Voraussetzung dient dazu, die Legitimationsbasis für den Plan zu verbreitern.47) ___________ 42) Kern, in: Jaeger-InsO, § 245, Rn. 17; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 245 (Stand: 10/2018), Rn. 11; Spliedt, in: K. Schmidt, § 245, Rn. 12. 43) Spliedt, in: K. Schmidt, § 245, Rn. 12. 44) Vgl. Bierbach, in: Kübler, HRI, § 28, Rn. 8. 45) Vgl. im Hinblick auf § 251 InsO: Spliedt, in: K. Schmidt, § 251, Rn. 8; a. A. Burmeister/ Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43, Rn. 58; Warrikoff, KTS 1997, 527 (545). 46) Zur Entstehungsgeschichte der Regel ausgehend vom US-amerikanischen Recht vgl. Koch/ Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 68, Rn. 56. 47) Drukarczyk, in: MüKo-InsO, § 245, Rn. 24 – 26, mit kritischer Anmerkung („systemwidrig“).
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B. Das Rechtsinstitut Insolvenzplan
d) Geltung des Obstruktionsverbots für andere Beteiligte 22 Das Obstruktionsverbot gilt auch für die Anteilseigner. In § 245 Abs. 3 InsO ist festgelegt, dass sie dann angemessen beteiligt werden, wenn kein Gläubiger Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, und wenn kein gleichrangig zu befriedigender Anteilseigner bessergestellt wird. Für den Schuldner gilt in § 247 Abs. 2 InsO eine parallele Regelung.
2.
Minderheitenschutz (§ 251 InsO)
23 Der in § 251 InsO geregelte Minderheitenschutz dient dem Schutz des einzelnen Gläubigers, der von der Mehrheit in seiner Gruppe überstimmt wurde. Anders als das Obstruktionsverbot, das von Amts wegen Anwendung findet, greift der Minderheitenschutz nur nach Widerspruch gegen den Plan und auf Antrag ein, § 251 Abs. 1 InsO. Jedem Insolvenzgläubiger wird zumindest der Wert garantiert, der ihm im Regelverfahren zugeflossen wäre, § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Diese Regel ist Ausfluss des Eigentumsgrundrechts in Art. 14 Abs. 1 GG, das alle vermögenswerten Rechtspositionen und mithin auch Insolvenzforderungen schützt.48) Die Mehrheitsentscheidung einer Gruppe ist nach Ansicht des InsO-Gesetzgebers keine ausreichende Legitimation dafür, dass einem einzelnen Beteiligten gegen seinen Willen Vermögenswerte entzogen werden.49)
24 Für die Anwendung des § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO gelten dieselben Grundsätze wie im Rahmen des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO. § 251 Abs. 3 InsO erlaubt darüber hinaus „salvatorische Klauseln“, in denen der Planersteller einen Ausgleichsfonds für solche Gläubiger einrichten kann, die eine Schlechterstellung gegenüber dem Regelverfahren nachweisen. Zweck dieses Ausgleichsfonds ist die Beschleunigung der Bestätigung des Insolvenzplans, da der Minderheitenschutzantrag der Bestätigung dann nicht mehr entgegensteht, § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO.50)
IV. Einschränkung der Gestaltungsfreiheit im Insolvenzplan durch die Verfahrensvorschriften 25 Die Verfahrensvorschriften in den §§ 217 ff. InsO stellen bereits die erste Einschränkung der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten im Insolvenzplan dar. Das hat zur Folge, dass der Aufbau des Plans dem § 219 InsO entsprechen muss. Die Beteiligten müssen in Gruppen unterteilt werden, wobei die Gruppenmitglieder unter___________ 48) BVerfG, Beschluss v. 9.1.1991 – 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201 (208 – 209); Beschluss v. 26.4.1995 – 1 BvL 19/94, 1 BvR 1454/94, BVerfGE 92, 262 (271); Urt. v. 23.11.1999 – 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239 (258); Beschluss v. 7.12.2008 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 (107); Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, Art. 14, Rn. 201. 49) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 211; BGH, Beschluss v. 29.3.2007 – IX ZB 204/05, NZI 2007, 409 (Rn. 7). 50) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 35.
10
V. Prozessuale Stadien für die Prüfung der Plandispositivität
einander gleichbehandelt werden müssen, § 226 Abs. 1 InsO.51) Am bedeutendsten schränken die Minderheitenschutzvorschriften in §§ 245, 247, 251 InsO den Planverfasser ein. Sie betreffen nicht nur formelle Aspekte, sondern begrenzen die inhaltliche Gestaltungsfreiheit im Insolvenzplan, wenn die betroffenen Beteiligten dem Plan nicht zustimmen.
V. Prozessuale Stadien für die Prüfung der Plandispositivität Die rechtliche Zulässigkeit der im Insolvenzplan enthaltenen Regelungen wird durch 26 das Insolvenzgericht zu zwei Zeitpunkten geprüft: zum einen bei der Vorprüfung (Rn. 27) und zum anderen bei der Entscheidung über die Bestätigung des Insolvenzplans (Rn. 29). Daneben ist bei gesellschaftsrechtlichen Änderungen auch eine Prüfungskompetenz des Registergerichts denkbar (Rn. 30). Denkbar ist auch die Prüfung durch andere Gerichte oder Behörden nach erfolgter Planbestätigung (Rn. 31).
1.
Vorprüfung
Gemäß § 231 InsO hat das Insolvenzgericht nach Vorlage des Insolvenzplans eine 27 Vorprüfung durchzuführen. Gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO weist das Gericht den Plan von Amts wegen zurück, wenn die Vorschriften über das Recht zur Vorlage und den Inhalt des Plans nicht beachtet sind und der Vorlegende den Mangel nicht beheben kann oder nicht behebt. Gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 InsO weist das Gericht einen vom Schuldner vorgelegten Plan zurück, der offensichtlich keine Aussicht auf Annahme hat oder wenn die sich aus dem Plan ergebenden Ansprüche offensichtlich nicht erfüllt werden können. Der Schuldnerplan wird insoweit strenger überprüft als der durch den Insolvenzverwalter vorgelegte Plan. Die Vorprüfung durch das Insolvenzgericht dient der Beschleunigung des Verfahrens.52) Fehlerhafte oder offensichtlich aussichtslose Pläne sollen den Gläubigern gar nicht erstzugeleitet werden.53) Bei der Prüfung, ob die Vorschriften über den Inhalt des Plans (§ 231 Abs. 1 Satz 1 28 Nr. 1 InsO) beachtet wurden, prüft das Insolvenzgericht erstmals die Zulässigkeit bestimmter Planklauseln. Dabei nimmt das Gericht eine vollumfängliche Prüfung vor; eine Beschränkung auf offensichtliche Mängel findet nicht statt.54) Das Prüfprogramm des § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO entspricht dem der §§ 248, 250 Nr. 1 ___________ 51) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 14 – 15; Münch, in: Jaeger-InsO, § 221, Rn. 68 sprechen insofern von der „Gruppenbezogenheit der Rechtsgestaltung“. 52) Andres, in: Andres/Leithaus, § 231, Rn. 1; Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 92; BGH, Beschluss v. 20.7.2017 – IX ZB 13/16, ZIP 2017, 1576 (Rn. 9). 53) Breuer, in: MüKo-InsO, § 231, Rn. 1. 54) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 8); Frind, ZInsO 2018, 231 (240); Laroche, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 14, Rn. 20; Skauradszun/Spahlinger/ Tresselt, DZWIR 2015, 539 (543); Stahlschmidt, ZInsO 2018, 494 (495); a. A. Stapper/Jacobi, ZInsO 2014, 1821 (1824); wohl auch Oswald, NZI 2018, 825 (828), aber wie hier auf S. 829.
11
B. Das Rechtsinstitut Insolvenzplan
InsO.55) Folglich entscheidet das Gericht bereits in der Vorprüfung, ob es eine bestimmte Planregelung für zulässig und den Plan für bestätigungsfähig hält. Jedoch prüft es den Plan nur auf rechtlicher Ebene. Eine Prüfung, ob der Plan wirtschaftlich zweckmäßig gestaltet ist oder voraussichtlich Erfolg haben wird, ist dem Gericht – außer bei Schuldnerplänen – versagt.56)
2.
Bestätigungsprüfung
29 Das Insolvenzgericht hat den Plan nach seiner Annahme durch die Gläubiger zu bestätigen, § 248 Abs. 1 InsO. Erst nach Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses treten seine Wirkungen ein, § 254 Abs. 1 InsO. Gemäß § 250 Nr. 1 InsO ist die Bestätigung unter anderem dann von Amts wegen zu versagen, wenn die Vorschriften über den Inhalt in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Mangel nicht behoben werden kann. Bei der Bestätigungsprüfung prüft das Insolvenzgericht zum zweiten Mal und nunmehr abschließend, ob es bestimmte Planregelungen für zulässig hält. Dabei ist das Gericht nicht an das Ergebnis der Vorprüfung gebunden.57)
3.
Registergericht
30 Nachdem durch das ESUG auch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Insolvenzplan möglich wurden,58) müssen diese Maßnahmen in vielen Fällen zum Handelsregister angemeldet und dort eingetragen werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob auch dem Registergericht eine Prüfungskompetenz in Bezug auf Insolvenzplanregelungen zukommt. Durch das ESUG wurde die Frage nicht ausdrücklich geregelt. Jedoch stellte sich der ESUG-Gesetzgeber vor, dass das Registergericht „vor allem eine beurkundende Funktion“59) haben sollte. Andererseits haben Registergerichte bestimmte Planregelungen trotzdem geprüft und als nicht eintragungsfähig abgelehnt.60) Daher ist jedenfalls bis zu einer höchstrichterlichen Klärung der Rechtslage damit zu rechnen, dass auch das Registergericht eine Planregelung prüft. ___________ 55) Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1299); Sinz, in: MüKo-InsO, § 250, Rn. 5; Thies, in: HambKommInsO, § 250, Rn. 4. 56) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 8); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 14); Laroche, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 14, Rn. 22. 57) BGH, Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 13); Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 475; Sinz, in: MüKo-InsO, § 250, Rn. 5. 58) Siehe dazu Rn. 402. 59) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 37. Zustimmend Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 103; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 32. 60) AG Charlottenburg, Beschluss v. 9.2.2015 – HRB 153203 B, ZInsO 2015, 413. Zustimmend Gutowski, DES nach ESUG, S. 349; Horstkotte, ZInsO 2015, 416.
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V. Prozessuale Stadien für die Prüfung der Plandispositivität
4.
Prozessgerichte nach Planbestätigung
Denkbar ist, dass ein Insolvenzgläubiger nach Rechtskraft der Planbestätigungsbe- 31 schlusses versucht, vor den ordentlichen Gerichten seine volle, die Planquote übersteigende Forderung einzuklagen. Die Frage, inwieweit Prozessgerichte nach der Rechtskraft der Planbestätigung die Kompetenz haben, den Insolvenzplan zu überprüfen, ist nicht gesetzlich geregelt. Bezüglich des Zustandekommens des Insolvenzplans, also des Abstimmungsverfahrens, den Voraussetzungen des Obstruktionsverbots usw. ist jedoch anerkannt, dass etwaige Mängel durch die Rechtskraft der Planbestätigung geheilt werden.61) Ein hierauf gestütztes Vorbringen des Insolvenzgläubigers wird daher keine Aussicht auf Erfolg haben. Umstritten hingegen ist die Rechtslage in Bezug auf inhaltlich rechtswidrige Planklauseln, die das Insolvenzgericht auf keinen Fall hätte bestätigen dürfen. Detailliert hierzu siehe Rn. 485.
___________ 61) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 198; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254, Rn. 9; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 407; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254 (Stand: 9/2017), Rn. 6a; Takjas/Kunkel, ZInsO 2017, 1196 (1197).
13
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO Die InsO räumt dem Insolvenzplan einen hohen Stellenwert ein. Bereits § 1 Satz 1 32 InsO streicht dies heraus, indem er darauf hinweist, dass in einem Insolvenzplan von den Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens abweichende Regelungen getroffen werden können. Für das Ausmaß der Dispositivität lässt sich hieraus freilich noch nichts herleiten – § 1 InsO ist ein reiner Programmsatz des Gesetzgebers.62) Inhaltliche Regelungen zum Insolvenzplan finden sich in den §§ 217 ff. InsO. § 217 33 InsO, amtlich überschrieben mit „Grundsatz“, ist die Grundnorm des Insolvenzplans. Dort werden die Regelungsbereiche, in Bezug auf welche von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelungen im Insolvenzplan getroffen werden können, aufgezählt.63) So können gemäß § 217 Satz 1 InsO abweichende Regelungen in Bezug auf die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger (Rn. 34) und der Insolvenzgläubiger – die wiederum in nicht nachrangige Insolvenzgläubiger (Rn. 43) und nachrangige Insolvenzgläubiger (Rn. 65) zu unterteilen sind –, die Verwertung der Insolvenzmasse (Rn. 73) und deren Verteilung an die Beteiligten (Rn. 135) sowie die Verfahrensabwicklung (Rn. 142) und die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens (Rn. 159) getroffen werden. In den §§ 223 ff. InsO werden die Regelungsmöglichkeiten konkretisiert.
I. Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger Die absonderungsberechtigten Gläubiger sind solche, denen ein Sicherungsrecht an 34 einem Massegegenstand – zum Beispiel ein (Grund-) Pfandrecht – zusteht, §§ 49 – 51 InsO. Sie sind in zwei Konstellationen vom Insolvenzplan betroffen: Das Sicherungsrecht kann zur Sicherung einer Insolvenzforderung dienen. Dann tritt der Absonderungsberechtigte zugleich als Insolvenzgläubiger in Erscheinung (hierzu siehe Rn. 43). Das Sicherungsrecht kann aber auch eine Forderung des Absonderungsberechtigten gegen einen Dritten absichern. Dann wird nur die Sicherheit in das Insolvenzverfahren einbezogen, da sie an einem Massegegenstand besteht.64) Im Regelinsolvenzverfahren wird das Sicherungsrecht des Absonderungsberechtig- 35 ten in vermögensmäßiger Hinsicht respektiert. Zwar führt meist der Insolvenzverwalter die Verwertung durch, §§ 165, 166 Abs. 1 InsO. Aber die Gläubiger erhalten gemäß § 50 Abs. 1 InsO den Erlös aus der Verwertung des Massegegenstandes (abzüglich Feststellungs- und Verwertungskosten, § 170 Abs. 1, § 171 InsO). Wenn der Erlös die Forderung nicht ganz deckt, nehmen sie mit der Restforderung als normale Insolvenzgläubiger am Verfahren teil, § 52 InsO. ___________ 62) Becker, in: Nerlich/Römermann, § 1 (Stand: 7/2016), Rn. 1; Kießner, in: Braun, § 1, Rn. 1. 63) Dass die Aufzählung abschließend ist, wird zwar weit überwiegend angenommen, ist aber nicht unumstritten, vgl. Rn. 465. 64) Braun/Frank, in: Braun, § 223, Rn. 3; Haas, in: Kayser/Thole, § 223, Rn. 2.
15
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
1.
Die Grundaussage des § 223 Abs. 1 InsO
36 § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO bestimmt, dass die Rechte der absonderungsberechtigten Gläubiger mangels anderweitiger Regelung im Plan nicht berührt werden. Der Formulierung nach handelt es sich um eine Auslegungsregel.65) Als solche hätte sie nicht eigens normiert werden müssen. Dass Absonderungsrechte wertmäßig nicht berührt werden, stellt in der InsO den Normalfall dar.66) Und dass im Planverfahren die allgemeinen Regeln Anwendung finden, wenn der Plan nichts Abweichendes bestimmt, ist immerhin naheliegend. Dass § 223 Abs. 1 InsO den Grundsatz trotzdem normiert, liegt an der Gesetzgebungsgeschichte.67) Im überkommenen Recht konnte durch Vergleich oder Zwangsvergleich nicht in die Rechtsposition absonderungsberechtigter Gläubiger eingegriffen werden.68) Im Gesetzgebungsverfahren der InsO sah der erste Bericht der Kommission69) vor, dass Absonderungsrechte regelmäßig in den Insolvenzplan einbezogen werden sollten. Als Kompromiss wurde dann die fakultative Einbeziehung der Absonderungsberechtigten beschlossen.
37 Der springende Punkt an § 223 Abs. 1 InsO liegt im ersten Halbsatz: Er eröffnet ausdrücklich die Möglichkeit, dass im Insolvenzplan „etwas anderes bestimmt“, also in die Sicherungsrechte der absonderungsberechtigten Gläubiger eingegriffen werden kann.70) Hierdurch können die Planbeteiligten den Zugriff auf das Sicherungsgut erhalten, das oft aus für den schuldnerischen Geschäftsbetrieb wichtigen Wertgegenständen besteht (z. B. Betriebsgrundstück, Waren usw.).71) Denkbar ist, dass die Absonderungsberechtigten ihr Absonderungsrecht teilweise freigeben, es gegen eine andere Sicherheit eintauschen oder die Verwertung stunden, um etwa das Unternehmen als lebensfähige Einheit zu erhalten.72) Die Gläubiger können auch die Sicherheiten in einen Pool einbringen, aus dem sie dann anteilig befriedigt werden.73)
___________ 65) Rattunde, in: Leonhardt/Smid/Zeuner, § 223, Rn. 3. 66) Ebenso Haas, in: Kayser/Thole, § 223, Rn. 4. 67) Münch, in: Jaeger-InsO, § 223, Rn. 1; a. A. Andres, in: Andres/Leithaus, § 223, Rn. 2; Spliedt, in: K. Schmidt, § 223, Rn. 2 mit systematischer Begründung. 68) Breuer, in: MüKo-InsO, § 223, Rn. 1; Hess, Insolvenzrecht, § 217, Rn. 23; Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 78 – 79. 69) Bundesministerium der Justiz, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Leitsätze 1.1.5 und 2.2.1. 70) Braun, in: Nerlich/Römermann, § 223 (Stand: 3/2005), Rn. 1; Breuer, in: MüKo-InsO, § 223, Rn. 8; Münch, in: Jaeger-InsO, § 223, Rn. 14. 71) Münch, in: Jaeger-InsO, § 223, Rn. 3. 72) Ausführlich zu den verschiedenen Regelungsmöglichkeiten Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 73 – 75; Breuer, in: MüKo-InsO, § 223, Rn. 11 – 23; Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 214. 73) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 200.
16
I. Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger
Die Planregelungen, mit denen in Absonderungsrechte eingegriffen wird, können 38 schuldrechtliche oder dingliche Wirkung haben.74) Zum Beispiel können sich die Absonderungsberechtigten verpflichten, ihre Sicherheiten freizugeben, sobald bestimmte Teilbeträge gezahlt worden sind.75) Insofern begründet der Insolvenzplan ein Schuldverhältnis mit dem im Plan bestimmten Inhalt.76) Jedoch kann der Plan gemäß § 228 InsO auch sachenrechtliche Willenserklärungen enthalten, etwa eine Freigabeerklärung oder eine dingliche Einigung nach § 929 Satz 1 BGB. Da auch den absonderungsberechtigen Gläubigern gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO 39 die Rechtsstellung garantiert wird, die sie im Regelinsolvenzverfahren hätten, wird in vielen praktischen Fällen auf Eingriffe in Absonderungsrechte verzichtet werden.77) Das ist allerdings keine Frage der Gestaltungsmacht im Insolvenzplan, sondern spiegelt lediglich die Herausforderung für den Planvorlegenden wider, für seinen Planvorschlag die Zustimmung der Gläubiger zu erlangen. Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass nach den § 217 Satz 1 Var. 1, § 223 Abs. 1 InsO im Prinzip unbeschränkt in Absonderungsrechte eingegriffen werden kann.
2.
Sicherungsrechte an Gegenständen Dritter
Durch den Insolvenzplan kann nicht in Sicherungsrechte an Gegenständen einge- 40 griffen werden, die nicht zur Insolvenzmasse gehören, § 254 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 InsO. Hat beispielsweise ein Dritter dem Insolvenzgläubiger eine Hypothek an einem Grundstück eingeräumt, um eine Insolvenzforderung zu sichern, so hat die Insolvenz hierauf keinen Einfluss. Der Insolvenzgläubiger kann seine volle Forderung zur Tabelle anmelden78) und für den Rest ungeachtet der Insolvenz des Schuldners die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben, da das belastete Grundstück nicht zur Insolvenzmasse gehört.79) Im Hinblick auf den Regress des Hypothekenschuldners (vgl. § 1143 Abs. 1 BGB) gilt § 44 InsO entsprechend.80) In einem solchen Fall ist § 223 InsO nicht anwendbar.
3.
Einschränkung der Dispositivität zugunsten von Finanzsicherheiten
§ 223 Abs. 1 Satz 2 InsO schränkt die Dispositivität, die Satz 1 eröffnet, ein. Finanz- 41 sicherheiten im Sinne von § 1 Abs. 17 KWG und Sicherheiten, die dem Betreiber ___________ Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 63. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 202. Näher hierzu siehe Rn. 43. Bork, InsR, Rn. 378; Jaffé, in: FK-InsO, § 217, Rn. 8. Bitter, in: MüKo-InsO, § 43, Rn. 20; in Bezug auf die Vorgängervorschrift des § 68 KO 1898 auch RG, Urt. v. 30.11.1937 – VII 127/37, RGZ 156, 271 (278). 79) Das gilt natürlich nur, solange der Hypothekenschuldner nicht ebenfalls insolvent ist oder ihm sonstige Einwendungen gegen den Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung zustehen. 80) Bäuerle, in: Braun, § 44, Rn. 2; Knof, in: Uhlenbruck, § 44, Rn. 5.
74) 75) 76) 77) 78)
17
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
oder dem Teilnehmer eines Systems nach § 1 Abs. 16 KWG zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System oder der Zentralbank eines EU-Mitgliedstaates oder der Europäischen Zentralbank gestellt wurden, können nicht in den Plan einbezogen werden. Mit dieser Norm wurde Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 98/26/EG vom 19.5.1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und Abrechnungssystemen umgesetzt.81) Hintergrund der Regelung war der Wunsch der Europäischen Kommission, zu verhindern, dass durch die Insolvenz eines großen Kreditinstituts aufgrund der großen wirtschaftlichen Verflechtung der Kreditinstitute eine Kettenreaktion in Gang gesetzt und eine Bankenkrise ausgelöst werden könnte.82) Dabei erkannte der deutsche Gesetzgeber, dass die Gläubiger der genannten Sicherheiten bereits aufgrund des Minderheitenschutzes gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht schlechter stehen konnten als ohne Insolvenzplan. Der Gesetzgeber hielt aber die mögliche Verzögerung der Verwertung und Durchsetzung der Gläubigerrechte im Planverfahren für unzumutbar und entzog deshalb diese Sicherheiten der Plandispositivität.83)
42 § 223 Abs. 1 Satz 2 InsO ist mithin keine prinzipienbasierte, sondern eher pragmatische Regelung. Sie räumt der Finanzwirtschaft allein aufgrund der ihr immanenten Risiken für die Gesamtwirtschaft Privilegien ein und weicht insofern vom gesetzlichen Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung (par condicio creditorum) ab.84) Das Prinzip, das § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO aufstellt, wird in einem nicht verallgemeinerungsfähigen Ausnahmefall durchbrochen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Umsetzung der EG-Richtlinie für den deutschen Gesetzgeber wegen Art. 249 Abs. 3 EGV (heute: Art. 288 Abs. 3 AEUV) verpflichtend war. Folglich lassen sich aus der Einschränkung der Plandispositivität in § 223 Abs. 1 Satz 2 InsO keine verallgemeinerungsfähigen Schlüsse für die Plandispositivität im Allgemeinen ziehen.
___________ 81) BT-Drs. 14/1539, 12 – 13. 82) BT-Drs. 14/1539, 13; Breuer, in: MüKo-InsO, § 223, Rn. 9; Jaffé, in: FK-InsO, § 223, Rn. 7; parallel dazu wurde in § 104 InsO das sog. „close-out netting“ ermöglicht, das Kreditinstitute und Wertpapierhandelsfirmen privilegiert, indem es die Aufrechung sämtlicher Einzelgeschäfte in einer meist rahmenvertraglich geregelten Geschäftsbeziehung ermöglicht und somit das Ausfallrisiko für Finanzdienstleister erheblich senkt; siehe hierzu Kerkemeyer, ZBB 2017, 272; Lehmann/Flöther/Gurlit, WM 2017, 597; Piekenbrock, BB 2016, 1795; kritisch Paulus, ZIP 2016, 1233. 83) BT-Drs. 14/1539, 13. 84) Ob dieses Regelungsziel in der Praxis erreicht wurde, ist zweifelhaft. Kerkemeyer, ZBB 2017, 272 (275 – 277) stellt überzeugend dar, dass die Privilegierung des Close-out Nettings das systemische Risiko nicht gesenkt, sondern erhöht hat. Er weist in diesem Zusammenhang auf den Kollaps der amerikanischen Großbanken Lehman Brothers und Bear Stearns sowie der Versicherung AIG im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 hin. Dass die Vereinigten Staaten, Deutschland und die EU-Staaten Großbanken insolvenzrechtlich privilegierten, konnte die Finanzkrise nicht verhindern. Ebenso Paulus, ZIP 2016, 1233 (1235); Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 223, Rn. 12.
18
II. Befriedigung der Insolvenzgläubiger
II. Befriedigung der Insolvenzgläubiger 1. „Befriedigung“ als Grundlage schuldrechtlicher Planregelungen § 217 Satz 1 InsO spricht davon, dass die „Befriedigung“ der Gläubiger geregelt 43 werden könne.85) Dieser Begriff, obgleich für das Verständnis der Norm zentral, ist recht unbestimmt86) und wird überdies in der InsO uneinheitlich verwendet.87) Als Auslegungshilfe kann § 224 InsO dienen. Obwohl es sich seinem Wortlaut nach nur um eine Formvorschrift handelt, konkretisiert § 224 InsO, welche Regelungen im Hinblick auf die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger getroffen werden können. Nicht nachrangige Gläubiger sind persönliche Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, § 38 InsO. In den Bestimmungen über nicht nachrangige Insolvenzforderungen liegt meist der Kern des Insolvenzplans.88) § 224 InsO zählt mögliche Bestimmungen beispielhaft auf: So können die Forde- 44 rungen um einen bestimmten Bruchteil gekürzt werden. Die Gläubiger verzichten dann auf einen Teil oder im Extremfall völlig auf ihre Forderungen. Durch den Verzicht erlöschen die Forderungen nicht, sondern werden zu Naturalobligationen, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht erzwungen werden kann, vgl. § 227 Abs. 1, § 254 Abs. 3, § 255 Abs. 1 Satz 1 InsO.89) Etwaige akzessorische Sicherungsrechte bleiben anders als beim vollständigen Erlöschen der Forderungen bestehen.90) Außerdem können die Insolvenzforderungen auf einen bestimmten Zeitraum gestundet oder gesichert werden, wobei der Planersteller nicht auf die Sicherungsmittel des § 232 BGB beschränkt ist.91) Die Formulierung „oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sol- 45 len“ zeigt, dass die Aufzählung nicht abschließend ist.92) Es können im Grundsatz be___________ 85) Die Formulierung bezieht sich gleichermaßen auf die absonderungsberechtigten, nicht nachrangigen und nachrangigen Insolvenzgläubiger, § 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO. 86) Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 56 hält ihn für einen „nebulösen Auffangbegriff“. 87) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 100; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 3; Heinrich, NZI 2008, 74 (76). 88) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 224 (Stand: 28.1.2019), Rn. 1; Haas, in: Kayser/Thole, § 224, Rn. 1; Thies, in: HambKomm-InsO, § 224, Rn. 1. 89) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 213; BGH, Urt. v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08, ZIP 2011, 1271 (Rn. 8) m. w. N.; Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 (Rn. 9); Frege/ Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 2006; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 224 (Stand: 28.1.2019), Rn. 4; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 227, Rn. 6; Rugullis, KTS 2012, 269 (283 – 284); a. A. nur Flöther/Wehner, in: BK-InsO, § 227, Rn. 3: vollständiges Erlöschen (ohne Begründung). 90) Braun/Frank, in: Braun, § 227, Rn. 6; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 227, Rn. 7. Vgl. auch § 301 Abs. 2 Satz 1 InsO sowie § 193 Satz 2 KO 1898. A. A. Spliedt, in: K. Schmidt, § 223, Rn. 2. 91) Breuer, in: MüKo-InsO, § 224, Rn. 12. 92) Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 7.
19
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
liebige und vielfältige andere Bestimmungen getroffen werden, die eine große Gestaltungsfreiheit ermöglichen.93) Diese Gestaltungsfreiheit stellt einen Paradigmenwechsel im Vergleich zum früheren Recht dar. § 174 KO 189894) und § 7 VglO 193595) waren in ihrem Wortlaut allein auf Zahlung und Sicherung der Insolvenzforderungen konzentriert. Besonders § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VglO 1935 stellte mit einem bar zu leistenden Mindestsatz von 35 Prozent hohe, für Schuldner schwer erfüllbare Anforderungen. § 224 InsO ist demgegenüber bewusst offen formuliert, um den Beteiligten im Einklang mit dem Konzept des Gesetzgebers größtmögliche Flexibilität zu bieten.96)
46 Daraus folgt, dass der Begriff „Befriedigung“ im Lichte des § 224 InsO weit ausgelegt werden muss. Die § 217 Satz 1 Var. 2, § 224 InsO ermöglichen die vollumfängliche materiellrechtliche Änderung der Rechtsstellung der Insolvenzgläubiger.97) Das zwischen jedem Gläubiger und dem Schuldner bestehende Schuldverhältnis, das seinen wichtigsten Ausdruck in der Insolvenzforderung findet, kann in beliebiger Weise modifiziert werden. Bestehende Verpflichtungen des Schuldners können aufgelöst und neue schuldrechtliche Ansprüche gegen den Schuldner begründet werden mit der Folge, dass die materiellrechtliche Beziehung zwischen den Insolvenzgläubigern und dem Schuldner vollständig durch den Plan definiert wird. Seine Grenze findet der Begriff „Befriedigung“ erst dort, wo den Gläubigern neue Verpflichtungen (z. B. Zahlungspflichten) auferlegt werden sollen. Hier besteht kein Bezug mehr zur Erfüllung der Insolvenzforderungen, hinsichtlich derer allein die Insolvenzgläubiger am Plan beteiligt sind.98)
2.
Zur Zulässigkeit flexibler Quoten
47 Im Rahmen möglicher Befriedigungsregelungen ist umstritten, ob der Insolvenzplan zwingend eine feststehende Quote für die einzelnen Gläubigergruppen vorsehen muss ___________ 93) Zahlreiche Beispiele für weitere Regelungen finden sich bei Bähr, in: Mohrbutter/ Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 76; Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26; Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8. 94) Konkursordnung vom 20.5.1898 (RGBl. S. 612), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.8.1998 (BGBl. I S. 2489). 95) Vergleichsordnung vom 26.2.1935 (RGBl. I S. 321), in der zuletzt durch Gesetz vom 22.6.1977 (BGBl. I S. 998) geänderten Fassung. 96) Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 76. 97) Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 17; vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201; im Ergebnis ebenso Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 100; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 3: jedes (im Sinne von § 1 Satz 1 InsO) rechtlich zulässige Ergebnis des Insolvenzverfahrens. Enger Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 217, Rn. 42: alles, was sich auf die Höhe der Zahlungen an die Gläubiger auswirkt. A. A. Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 54 – 56. Unstreitig scheint indessen zu sein, dass der Begriff nicht die „Befriedigung der Insolvenzgläubiger“ überschriebenen Vorschriften des fünften Teils der InsO meint, die sich eher mit dem Verteilungsverfahren befassen. 98) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 43; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 102.
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II. Befriedigung der Insolvenzgläubiger
oder ob auch flexible Quoten im Insolvenzplan zulässig sind.99) Feste Quoten können unzweckmäßig erscheinen, wenn Unsicherheit über die Höhe der erzielbaren Verteilungsmasse besteht. Die Unsicherheit ergibt sich aus dem zeitlichen Abstand zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und dem Zeitpunkt der Auszahlung. Denkbar sind zwei Situationen: Zum einen kann die Insolvenzmasse (Aktivmasse) zur Zeit der Abstimmung über den Plan noch nicht feststehen, etwa weil noch Anfechtungsprozesse laufen, weil der Verwertungserlös bestimmter Massegegenstände noch nicht feststeht100) oder weil die Beteiligten die Quoten im Hinblick auf die zukünftige Geschäftsentwicklung des Schuldners flexibel halten wollen.101) Zum anderen kann bei feststehender Aktivmasse die Gesamthöhe der Insolvenzforderungen (Passivmasse) ungewiss sein, weil einzelne Forderungen bestritten worden sind oder Nachzügler ihre Forderungen erst nach der Abstimmung über den Insolvenzplan anmelden.102) Wenn die Aktivmasse ungewiss ist, könnte im Insolvenzplan definiert werden, von 48 welchen Faktoren die endgültige Höhe der Planquote abhängt. Wenn die Passivmasse ungewiss ist, aber die Verteilungsmasse begrenzt werden soll, könnte ein Gesamtabgeltungsbetrag für eine bestimmte Gläubigergruppe festgelegt werden, aus dem alle Gläubiger dieser Gruppe unabhängig von der Gesamthöhe der Insolvenzforderungen abschließend befriedigt werden.103) Dies könnte zum Beispiel so umgesetzt werden, dass vor Verfahrensaufhebung der Insolvenzverwalter oder nach Verfahrensaufhebung der Schuldner innerhalb einer im Plan festgelegten Frist ein Verteilungsverzeichnis mit den festgestellten oder bis dahin angemeldeten Forderungen aufstellt und quotal auszahlt. Dies hat den Vorteil für den Planvorleger, dass er Planungssicherheit gewinnt. Später angemeldete oder festgestellte Insolvenzforderungen schmälern die Quote für die anderen Gläubiger dieser Gruppe, aber erhöhen ___________ 99) Dafür Braun/Frank, in: Braun, § 224, Rn. 3; Breuer, in: MüKo-InsO, § 224, Rn. 16; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 90; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 224 (Stand: 28.1.2019), Rn. 3; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 224, Rn. 6; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 14; Spliedt, in: K. Schmidt, § 224, Rn. 3; Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, Hdb InsR, Kapitel 12, Rn. 95; offenbar von der Zulässigkeit ausgehend: AG Leipzig, Beschluss v. 16.12.2010 – 444 M 22550/10, NZI 2011, 327 (328 – 329); Takjas/Kunkel, ZInsO 2017, 1196 (1198). Dagegen mit dem Argument, dass Planregelungen vollstreckbar sein müssten Andres, in: Andres/Leithaus, § 224, Rn. 1; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 6.83 f.; Thies, in: HambKomm-InsO, § 224, Rn. 3 – 4; wohl auch Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 40 – 41. 100) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 16; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 11. 101) Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 224, Rn. 6; Spliedt, in: K. Schmidt, § 224, Rn. 3. Alternativ kommt auch die Ausgestaltung mit einem Besserungsschein in Betracht, vgl. hierzu Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 24 – 38. 102) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 17; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 11. 103) Braun/Frank, in: Braun, § 224, Rn. 3; Breuer, in: MüKo-InsO, § 224, Rn. 16; Geiwitz/ Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 224 (Stand: 28.1.2019), Rn. 3; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 224, Rn. 6.
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
nicht die Kosten für den Schuldner. So können sie die Finanzplanung des Schuldners, die in der Insolvenz typischerweise knapp kalkuliert ist, nicht vereiteln. Auch in Übernahmesituationen bestehen Investoren typischerweise auf einer Beschränkung ihres finanziellen Risikos.104)
49 Gesamtabgeltungsklauseln ähneln den sog. Ausschluss- oder Nachzüglerklauseln (detailliert hierzu Rn. 197). Beide Arten von Klauseln sollen die Gesamtsumme, die an die Gläubiger ausgezahlt wird, begrenzen. Die Ausgestaltung ist aber leicht unterschiedlich. Während eine Ausschlussklausel eine feststehende Planquote für anmeldende Gläubiger verspricht und Nachzügler pauschal ausschließt, lässt die Gesamtabgeltungsklausel die Nachzügler zu und vermindert die Planquote für alle. Der Gesetzgeber hat das Konzept eines zur Befriedigung einzelner Gläubiger bereitgestellten, summenmäßig begrenzten105) Geldbetrags an anderer Stelle gebilligt: In § 251 Abs. 3 InsO kann der Schuldner einen Ausgleichsfonds für die Befriedigung solcher Gläubiger bereitstellen, die eine Schlechterstellung im Vergleich zum Regelverfahren nachweisen. Auch im Regelverfahren ist die Aktivmasse auf den Verwertungserlös der Massegegenstände begrenzt und die den einzelnen Gläubigern zukommende Quote zunächst unbekannt.
50 Die Kritiker flexibler Quoten bezweifeln hingegen deren Zulässigkeit, weil sie meinen, Planklauseln müssten zwingend hinreichend bestimmt sein. Entweder nehmen sie an, es gebe einen autonomen Bestimmtheitsgrundsatz in der InsO (Rn. 51) oder sie leiten das Bestimmtheitserfordernis daraus ab, dass Insolvenzplanregelungen vollstreckbar sein müssten (Rn. 55). Außerdem werde die Prüfung von Minderheitenschutzanträgen unmöglich gemacht (Rn. 60). Diese Probleme seien bei „variablen“ Planquoten besonders schwerwiegend (Rn. 61).
a) Bestimmtheit 51 Schiessler ist der Ansicht, der Gesetzgeber setze unausgesprochen ein Erfordernis hinreichender Bestimmtheit von Planklauseln voraus.106) Der Wortlaut der InsO enthalte Indizien auf einen Bestimmtheitsgrundsatz: § 221 InsO spreche von „festgelegt“. Die § 223 Abs. 2, §§ 224, 225 Abs. 2 InsO betonten, welche Angaben der Planvorleger zu machen habe. Damit entspreche § 224 InsO dem § 174 KO 1898.107) ___________ 104) Vgl. den Beispielsfall bei Nawroth/Wohlleber, ZInsO 2013, 1022 (1023). 105) Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43, Rn. 95; Sinz, in: MüKo-InsO, § 251, Rn. 48. 106) Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 114 – 115; zust. OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328); Groß, in: Hess, Sanierungshandbuch, Kapitel 32, Rn. 346; Hess, Insolvenzrecht, § 224 Rn. 8; Pape, ZInsO 2007, 337 (351); Skauradszun/Spahlinger/ Tresselt, DZWIR 2015, 539 (544); a. A. Braun, in: Nerlich/Römermann, § 219 (Stand: 3/2005), Rn. 65 – 73; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 224 (Stand: 10/2018), Rn. 7. 107) Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 114. § 174 KO 1898 lautete: „Der Vergleichsvorschlag muß angeben, in welcher Weise die Befriedigung der Gläubiger erfolgen, sowie ob und in welcher Art eine Sicherstellung derselben bewirkt werden soll.“
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II. Befriedigung der Insolvenzgläubiger
Zudem spreche die historische Auslegung für ein Bestimmtheitserfordernis, weil die Motive zur KO ebenfalls einen bestimmt formulierten Vergleichsvorschlag erforderten. Der historische Gesetzgeber befürchtete, ein unbestimmter Antrag könnte das Verfahren verzögern, entziehe den Gläubigern eine sichere Entscheidungsgrundlage und vermöge es nicht zu rechtfertigen, dass sein Inhalt auf abwesende Gläubiger erstreckt werde.108) Diese Motive träfen laut Schiessler auch auf die InsO zu.109) Dementsprechend hält er Gesamtabgeltungsklauseln für unzulässig, da die Quote ungewiss bleibe.110) Jedenfalls dürfte eine spätere Änderung der Zahlungsmodalitäten nicht vom Willen des Schuldners abhängig gemacht werden.111) Ähnlich wie Schiessler befürchtet das AG Hannover, dass die Gläubiger ohne feste Quoten nicht sinnvoll über den Plan abstimmen könnten und Nachzügler benachteiligt würden, weil sie nicht wüssten, wie hoch ihre Forderung nach Verfahrensaufhebung noch sei.112) Auch das OLG Celle äußert Bedenken gegen eine Planklausel, in der die Insolvenzgläubiger auf denjenigen Betrag verzichten, „der notwendig ist, damit der Überschuldungstatbestand beseitigt wird.“113) Diese Argumente können nicht überzeugen. Zwar spricht die Betonung der erfor- 52 derlichen Angaben in § 224 InsO dafür, dass diese Angaben für den Gesetzgeber wichtig waren. Auch die Ähnlichkeit zwischen § 224 InsO und § 174 KO 1898 deutet darauf hin, dass § 174 KO 1898 dem Gesetzgeber als Vorlage gedient haben könnte – und dort war das Bestimmtheitserfordernis anerkannt.114) Jedoch lässt die Regierungsbegründung zu § 224 InsO erkennen, dass es dem InsO-Gesetzgeber nicht um eine feste Quotenbestimmung, sondern lediglich um die Vermeidung von Unklarheiten oder Widersprüchen ging: „Die vorgesehenen Rechtsänderungen müssen im gestaltenden Teil genau bezeichnet sein, wobei wieder zwischen den verschiedenen Gruppen dieser Gläubiger differenziert werden muß […]. Auf die Beseitigung von Unklarheiten hat notfalls das Gericht hinzuwirken […].“115) Der Plan muss also nur so bestimmt sein, dass sich sein Inhalt zweifelsfrei feststellen lässt. Der BGH hat dies jüngst als „Grundsatz der Klarheit“116) bezeichnet. ___________ 108) Vgl. Hahn, Motive zur KO, S. 362. 109) Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 114. 110) Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 115; ebenso Frind, WM 2018, 1920 (1923); Groß, in: Hess, Sanierungshandbuch, Kapitel 32, Rn. 346. 111) Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 115; ähnlich AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris Rn. 73). 112) AG Hannover, Beschluss v. 30.9.2016 – 902 IN 607/14, ZIP 2016, 2081 (2082). 113) OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328). 114) Weber, in: Jaeger-KO, § 174, Rn. 1. Außerdem war in § 7 Abs. 1 Satz 1 VglO 1935 der Bestimmtheitsgrundsatz ausdrücklich normiert. 115) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201. 116) BGH, Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 39); der Sache nach bereits in Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 8). Ebenso Rühle, in: Nerlich/ Römermann, § 224 (Stand: 10/2018), Rn. 7.
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
53 Dagegen spricht nichts dafür, dass der InsO-Gesetzgeber die möglichen Regelungsvarianten weitergehend einschränken und darüber hinaus eine zahlenmäßig festgelegte Planquote einfordern wollte. Insbesondere geht die Regierungsbegründung zur InsO nicht auf die Bedenken ein, von denen noch die Motive zur KO getragen waren. Die damals befürchtete Verzögerungsgefahr lässt sich beim Insolvenzplan auch nicht mehr ohne Weiteres unterstellen, da ein Insolvenzplan nicht nur durch den Schuldner (vgl. noch § 173 KO 1898), sondern auch durch den Insolvenzverwalter – ggf. im Auftrag der Gläubigerversammlung – vorgelegt werden kann, § 218 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO. Der Insolvenzverwalter hat meist kein Interesse an einer Verfahrensverzögerung. Zudem hat der InsO-Gesetzgeber den Wortlaut des § 224 InsO bewusst für sonstige Regelungsmöglichkeiten jenseits der dort aufgezählten Varianten geöffnet und sich in der Regierungsbegründung vom früheren Regelungsmodell distanziert: „Der Plan ist kein Vergleich.“117) Der Insolvenzplan sollte ein neues Rechtsinstitut sein, das auf Deregulierung, Flexibilität und Gläubigerautonomie118) ausgelegt ist. Die Normen des Insolvenzrechts müssten der privatautonomen Abwicklung der Insolvenz so wenige Schranken wie möglich setzen und dürften nicht zu einer Bevormundung der Beteiligten durch Gericht und Verwalter führen. Nur so könne gewährleistet werden, dass wirtschaftlich effiziente Verfahrensergebnisse erzielt werden.119) Pointiert formuliert ist die InsO ein neoliberales Gesetz, das es den Marktteilnehmern in Gestalt der Verfahrensbeteiligten überlassen will, das beste Ergebnis auszuhandeln.120) Diese Grundentscheidung führt dazu, dass im Rahmen der Gesetzesauslegung nur schwerwiegende Argumente Einschränkungen der Regelungsbefugnis der Parteien begründen können.121)
54 Entsprechend müssen die Gläubiger bei flexiblen Quoten die dargestellten Vorteile und Risiken des Insolvenzplans abwägen und bei der Erörterung des Plans und der Abstimmung berücksichtigen.122) Wenn die Gläubiger einer unbestimmten Klausel zustimmen, nehmen sie damit auch in Kauf, dass sich die Höhe ihrer Quote später ___________ Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 91; vgl. auch Hänel, Gläubigerautonomie, S. 110 – 111. Vgl. hierzu auch Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 2; Hänel, Gläubigerautonomie, S. 111. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 76. Kritisch zur seiner Ansicht nach übermäßig marktorientierten Ideologie der InsO Stürner, in: Kübler, Neuordnung des Insolvenzrechts, S. 58 – 59. 121) Nur vordergründig anderer Ansicht ist BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 25); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 23), wo der BGH ausführt, das Anliegen des Gesetzgebers, das Verfahren so flexibel wie möglich zu gestalten, gelte nur für plandispositive Rechtsnormen. Der BGH sagt nicht, wie die Grenzen der Plandispositivität im Allgemeinen zu ziehen sind. Im Beschluss vom 5.2.2009 hatte der BGH schwerwiegende Gründe, die der Plandispositivität entgegenstanden. Ausführlich hierzu siehe Rn. 168. 122) So BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 52), in einem Fall, in dem ein Gesellschafter einen Geldbetrag zur Abgeltung aller Ansprüche der Schuldnerin gegen ihn anbot. Bestehen, Höhe und Durchsetzbarkeit der Ansprüche waren im Zeitpunkt der Abstimmung ungewiss. 117) 118) 119) 120)
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II. Befriedigung der Insolvenzgläubiger
schwerer bestimmen lässt.123) Das Insolvenzgericht kann die Gläubiger hierauf hinweisen. Doch am Ende obliegt die Entscheidung, ob sie sich hierauf einlassen, den Gläubigern selbst. Die Gläubiger müssen nicht vor unbestimmten Klauseln geschützt werden. Im Ergebnis lässt sich aus der InsO kein allgemeines Bestimmtheitserfordernis in dem Sinne herleiten, dass die Quote genau beziffert werden müsste.124)
b) Vollstreckbarkeit Es gibt Planregelungen, die zweifellos nicht der Einzelzwangsvollstreckung unter- 55 liegen,125) zum Beispiel die Einräumung eines Kreditrahmens nach § 264 InsO und andere Regelungen. Andere Planregelungen räumen den Gläubigern hingegen subjektive Rechte ein, etwa auf die Insolvenzquote. In Rechtsprechung126) und Schrifttum127) wird verbreitet angenommen, dass solche Planregelungen immer vollstreckbar sein müssten. Dies wird damit begründet, dass der Insolvenzplan in Verbindung mit dem Tabellenauszug einen Vollstreckungstitel darstelle, § 257 Abs. 1 Satz 1 InsO.128) Eine allgemeine Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung aus einem Titel sei dessen hinreichende Bestimmtheit.129) Da flexible Quoten aber ihrer Natur nach unbestimmt seien, seien sie nicht vollstreckbar.130) Hieraus wird zum Teil die
___________ 123) Ebenso OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328): „[…] Sache der Gläubiger, ihre Ansprüche gegen den Schuldner zu verfolgen […]“. 124) Ebenso Braun, in: Nerlich/Römermann, § 219 (Stand: 3/2005), Rn. 67; Münch, in: Jaeger-InsO, § 221, Rn. 79; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 224 (Stand: 10/2018), Rn. 7. 125) Vgl. Breuer, in: MüKo-InsO, § 224, Rn. 5; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 17; Hess, Insolvenzrecht, § 224 Rn. 8. 126) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 8); AG Frankfurt, Beschluss v. 19.4.2007 – 810 IN 300/05, Juris-Rn. 71. 127) Andres, in: Andres/Leithaus, § 224, Rn. 1; Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1299); Breuer, in: MüKo-InsO, § 224, Rn. 5; Buchalik/Stahlschmidt, ZInsO 2014, 1144 (1146); Groß, in: Hess, Sanierungshandbuch, Kapitel 32, Rn. 346; Hess, Insolvenzrecht, § 217 Rn. 8; Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1299); Jaffé, in: FK-InsO, § 224, Rn. 10; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 224, Rn. 1; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 224, Rn. 5; Münch, in: Jaeger-InsO, § 221, Rn. 78; Paul, ZInsO 2007, 856 (857); Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 224 (Stand: 10/2018), Rn. 6; Stapper/Jacobi, ZInsO 2014, 1821 (1823); Weber, ZInsO 2017, 255 (259); unklar OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328). 128) Breuer, in: MüKo-InsO, § 224, Rn. 5; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 17; Hess, Insolvenzrecht, § 217 Rn. 8; Jaffé, in: FK-InsO, § 224, Rn. 10; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 224, Rn. 1; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 224, Rn. 5. 129) Das ist insoweit zutreffend, vgl. Seibel, in: Zöller, § 704, Rn. 4 m. w. N.; Piekenbrock, in: JaegerInsO, § 257, Rn. 20. 130) Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 2012; Thies, in: HambKomm-InsO, § 224, Rn. 4; a. A. Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 20; Madaus, in: FS Graf-Schlicker, S. 337 (343 f.); Münch, in: Jaeger-InsO, § 224, Rn. 31, die sie unter bestimmten Voraussetzungen (etwa nach § 726 ZPO) für vollstreckbar halten.
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Unzulässigkeit flexibler Quoten hergeleitet131) oder empfohlen, jedenfalls bestimmte Mindestquoten zu verwenden.132)
56 Für die These, dass Planregelungen vollstreckbar sein müssen, spricht die Existenz des § 257 InsO.133) Daraus, dass der Gesetzgeber ausdrücklich geregelt hat, dass der Insolvenzplan für den Einzelgläubiger einen Vollstreckungstitel bildet, folgt nach dieser Lesart, dass er auch vollstreckbar sein muss.134) Man kann auch anführen, dass es keinen Grund gebe, den Gläubiger in der Insolvenz verfahrensrechtlich schlechter zu stellen als außerhalb der Insolvenz, wo Endurteile wegen der § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 704 ZPO immer hinreichend bestimmte Vollstreckungstitel darstellen. Außerdem könnte man argumentieren, das Eigentumsrecht des Gläubigers an der Forderung aus Art. 14 Abs. 1 GG erfordere die Vollstreckbarkeit, da eine formelle Rechtsposition erst aus ihrer rechtsförmigen Durchsetzbarkeit ihren (auch wirtschaftlichen) Wert gewinne. Wird das Insolvenzverfahren ohne vorherige Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse aufgehoben, muss der Gläubiger die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung haben. § 257 InsO erleichtert die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner, weil der Gläubiger keinen separaten Titel mehr erstreiten muss.135)
57 Jedoch spricht gegen das Erfordernis der Vollstreckbarkeit, dass § 257 InsO zwar die Vollstreckbarkeit vorsieht, aber das Gesetz nirgendwo ausdrücklich anordnet, dass alle Planregelungen vollstreckbar sein müssen. Die Existenz des § 257 InsO ist hierfür kein hinreichendes Argument.136) Im Gegenteil schafft die InsO selbst Situationen, in denen die Vollstreckbarkeit fehlt. Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, haben gemäß § 254b InsO dieselbe Rechtsstellung wie alle anderen Gläubiger, aber profitieren mangels Feststellung ihrer Forderung nicht von der Vollstreckbarkeit nach § 257 Abs. 1 InsO. Außerdem ist auch der Prozessvergleich nach § 794 Nr. 1 ZPO grundsätzlich vollstreckbar, ohne dass die Vollstreckbarkeit zu seiner
___________ 131) AG Hannover, Beschluss v. 30.9.2016 – 902 IN 607/14, ZIP 2016, 2081; Bähr, in: Mohrbutter/ Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 78; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 2012; Frind, WM 2018, 1920 (1923); Thies, in: HambKomm-InsO, § 224, Rn. 3 – 4; wohl auch Rendels/ Zabel, Insolvenzplan, Rn. 40 – 41. 132) Körner/Rendels, EWiR 2017, 23 (24); Madaus, in: FS Graf-Schlicker, S. 337 (345 f.); Martini, in: SanRKomm, § 224, Rn. 14; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 41; Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 13. 133) So Braun/Frank, in: Braun, § 224, Rn. 4; Breuer, in: MüKo-InsO, § 224, Rn. 5; Smid/Rattunde/ Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 6.83. 134) So Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 17; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 224 (Stand: 10/2018), Rn. 6. 135) Huber, in: MüKo-InsO, § 257, Rn. 2. 136) Im Ergebnis ebenso Münch, in: Jaeger-InsO, § 221, Fn. 127; a. A. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 17; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 40; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 6.83 f.; Thies, in: HambKomm-InsO, § 224, Rn. 3 – 4.
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Wirksamkeit erforderlich wäre.137) Weiterhin spricht gegen das Erfordernis der Vollstreckbarkeit, dass es sich bei der Vollstreckbarkeit um ein Privileg der Gläubiger handelt. Wenn die Gläubiger im Insolvenzplan sogar auf ihre materiellrechtliche Forderung verzichten können, müssen sie erst recht auf die prozessuale Durchsetzbarkeit verzichten können.138) Auch dass die Regelung des § 257 InsO historisch von den §§ 85, 86 VglO 1935 und 58 § 194 KO 1898 übernommen wurde,139) ist kein zwingendes Argument für das Erfordernis der Vollstreckbarkeit. Hieraus lässt sich wie schon im Fall des § 174 KO 1898 nicht ohne Weiteres schließen, dass der Gesetzgeber durch die Übernahme dieser Vorschrift in die Insolvenzordnung die tiefere Absicht verfolgt hat, die Gestaltungsfreiheit des Plangestalters einzuschränken. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber vom früheren Recht distanziert,140) sodass die Wertungen des Konkurs- und Vergleichsrechts nicht unreflektiert übernommen werden können. Das gilt umso mehr nach dem Inkrafttreten des ESUG, durch das § 258 Abs. 1 InsO dergestalt geändert wurde, dass die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr unmittelbar nach Planbestätigung erfolgen muss. Dadurch ist es möglich geworden, dass der Insolvenzverwalter wie im Regelverfahren (vgl. § 200 Abs. 1 InsO) die Quote bereits vor Verfahrensaufhebung auszahlt – und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Vollstreckung nach § 89 InsO ohnehin nicht möglich ist. Auch für den Fall, dass das Verfahren vor der Auszahlung aufgehoben wird, könnte ein Insolvenzplan vorsehen, dass der zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehende Betrag zunächst an einen Treuhänder und dann durch den Treuhänder an die Gläubiger ausgezahlt wird. Dann wäre eine Vollstreckung gegen den Treuhänder nur unter den Voraussetzungen des § 257 Abs. 2 InsO möglich. Bewegt man sich von der Ebene der Gläubigergesamtheit hin auf die Ebene des 59 (möglicherweise überstimmten) Einzelgläubigers, ist zuzugeben, dass dieser durch die fehlende Vollstreckbarkeit in seinem Eigentumsgrundrecht im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG eingeschränkt wird. Das ist aber bei jeder Planregelung der Fall, die dem Gläubiger Einbußen abverlangt. Der überstimmte Gläubiger kann sich auf den Minderheitenschutz verlassen, der ihm gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO mindestens dasjenige garantiert, was er im Regelinsolvenzverfahren bekäme. Im Rahmen des hier anzustellenden wirtschaftlichen Vergleichs141) können Risiken angemessen be___________ 137) Lackmann, in: Musielak/Voit, § 794, Rn. 2; Madaus, in: FS Graf-Schlicker, S. 337 (343); Wolfsteiner, in: MüKo-ZPO, § 794, Rn. 8, 100 m. w. N. auch zur Gegenansicht. Möglicherweise a. A., aber nur auf das Fürsorgegebot des § 139 ZPO verweisend, Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1299 – 1300). 138) Ebenso Körner/Rendels, EWiR 2017, 23 (24). 139) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 257, Rn. 1. 140) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 91. 141) Braun, in: Nerlich/Römermann, § 251 (Stand: 3/2008), Rn. 4; Sinz, in: MüKo-InsO, § 251, Rn. 28.
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
rücksichtigt werden.142) Dazu gehört auch das Risiko der Durchsetzbarkeit der Forderung. Beispielsweise hat der BGH entschieden, dass der Gläubiger einer natürlichen Person, der damit rechnet, zwischen Aufhebung des Regelinsolvenzverfahrens und Restschuldbefreiung mit Gegenansprüchen aufrechnen zu können, durch einen Insolvenzplan, der einen weitgehenden Forderungserlass vorsieht, schlechter gestellt wird.143) Da zum Zeitpunkt der Planbestätigung ungewiss war, ob solche Gegenansprüche entstehen würden, wurde hier die bloße Verschlechterung der Befriedigungschance auf null als Schlechterstellung bewertet. Entsprechend muss sich die Tatsache, dass die flexible Planquote nicht vollstreckbar ist, negativ auf ihren wirtschaftlichen Wert im Vergleich mit dem Regelinsolvenzverfahren auswirken. Denkbar ist auch, dass das Gericht hierbei die Verlässlichkeit des Schuldners berücksichtigt. Haben die Gläubiger etwa durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen die Kontrolle über den Schuldner gewonnen, fällt die fehlende Vollstreckbarkeit möglicherweise weniger ins Gewicht als bei einem Schuldner, der die Insolvenz verschleppt und Vermögenswerte unterschlagen hatte. Auch das Wiederaufleben der Forderung kann als Faktor berücksichtigt werden. Lebt die Forderung bei Nichterfüllung nach § 255 Abs. 1 InsO wieder auf, so ist das durch die mangelnde Vollstreckbarkeit entstehende Risiko geringer zu bewerten, da die Forderung dann wieder in voller Höhe vollstreckbar wird. Andererseits kann auch berücksichtigt werden, dass es bei flexiblen Quoten im Streitfall möglicherweise schwierig sein kann, den Eintritt der Tatbestandsvoraussetzungen des § 255 InsO festzustellen. Hier besteht für den Gläubiger ein Prozessrisiko, das sich negativ auf die wirtschaftliche Stellung des Gläubigers auswirkt.
c)
Minderheitenschutz
60 Im Schrifttum wird hiergegen angebracht, dass bei flexiblen Quoten die Schwankungsbreite möglicher Planquoten die Prüfung eines Minderheitenschutzantrags nach § 251 InsO unmöglich mache.144) Dieses Argument greift nicht durch. Ein Gläubiger ist im Rahmen des § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO dann nicht schlechtergestellt, wenn der Erwartungswert der Auszahlung höher ist als der Erwartungswert des Regelverfahrens. Trotz der Unsicherheit lässt sich das mit herkömmlichen betriebswirtschaftlichen Methoden berechnen, wie sie etwa bei der Ertragswertberechnung von Unternehmen zum Einsatz kommen.145) Die ihrem Vorhersagecharakter immanenten Ungenauigkeiten dieser Methoden werden dadurch relativiert, dass auch bei festen Quoten jedenfalls die hypothetische Quote im Regelverfahren geschätzt werden muss. Daneben können Risiken wie ungünstige Marktbedingungen für die Verwertung oder eine Quotenschmälerung durch Nachzügler sowohl im Plan- als auch im ___________ 142) 143) 144) 145)
28
Sinz, in: MüKo-InsO, § 251, Rn. 31; Spliedt, in: K. Schmidt, § 251, Rn. 12. BGH, Beschluss v. 29.3.2007 – IX ZB 204/05, NZI 2007, 409 (Rn. 7 – 8). Vgl. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 12. Vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, § 245, Rn. 11.
II. Befriedigung der Insolvenzgläubiger
Regelverfahren auftreten.146) Daher machen Schwierigkeiten bei der Vergleichsrechnung die flexible Quote nicht im Rechtssinne unzulässig.147) Sollten Unsicherheiten in Bezug auf die Vergleichsrechnung verbleiben, besteht außerdem die Möglichkeit, für diejenigen Gläubiger, die eine Schlechterstellung nachweisen, Ausgleichsmittel nach § 251 Abs. 3 InsO bereitzustellen.
d) Variable Planquoten Brünkmans diskutiert die Zulässigkeit von Klauseln, bei denen sowohl die Aktiv- 61 masse als auch die Passivmasse unbestimmt ist. Er nennt sie „variable Planquoten“, da die Quotenregelung nur aus einer mathematischen Berechungsformel mit Variablen bestehe.148) Die Zulässigkeit solcher Regelungen sei fraglich, da den Gläubigern die Basisinformationen für ihre Entscheidung fehlten. Jedenfalls sollte eine ausschüttungsfähige Mindestquote auf der Grundlage einer „Worst-Case-Berechnung“ festgelegt werden.149) Der Ansicht von Brünkmans ist nicht zuzustimmen. Bei variablen Planquoten sum- 62 mieren sich die Unsicherheiten, die Planklauseln mit offener Aktiv- bzw. Passivmasse jeweils mit sich bringen. Das macht sie aber aus den jeweils oben genannten Gründen nicht unzulässig, solange sie die Grundlage für eine zweifelsfreie Berechnung liefern.150) Die Entscheidung, ob sie das Risiko variabler Quoten tragen wollen, obliegt den Gläubigern. In der Praxis werden die Gläubiger vom Insolvenzverwalter und ggf. dem Gläubigerausschuss die sorgfältige Ermittlung und Darlegung aller verfügbaren, für die Zustimmung zum Plan erheblichen Informationen verlangen. Das kann zum Beispiel in den Verzeichnissen nach den §§ 151 – 155 InsO, im Berichtstermin (§ 157 InsO) und im darstellenden Teil des Insolvenzplans (§ 220 Abs. 2 InsO) erfolgen. Auf der Grundlage dieser Informationen muss jeder Gläubiger für sich das verbleibende Risiko abschätzen und entscheiden, ob er dem Insolvenzplan zustimmt oder nicht.151) Der Entscheidungsprozess stellt sich insofern genauso dar wie jede andere risikobehaftete Investitionsentscheidung außerhalb der Insolvenz. Dieselben marktwirtschaftlichen Mechanismen und Austauschprozesse setzen sich im Insolvenzverfahren fort.152) ___________ 146) Weber, ZInsO 2017, 255 (258 – 259). 147) Ebenso Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 14; Spliedt, in: K. Schmidt, § 224, Rn. 3. 148) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 22; auch erwogen bei Madaus, in: FS Graf-Schlicker, S. 337 (339 f.). 149) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 23; skeptisch auch Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 39 – 40. 150) Ebenso Friel, in: SanRKomm, § 217, Rn. 17. 151) Vgl. BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 52). 152) Genau das war ausdrücklich vom Gesetzgeber beabsichtigt, Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 76.
29
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
63 Das Insolvenzgericht kann den Gläubigern die Entscheidung über die Informationsbasis und das Risiko der variablen Quote nicht abnehmen. Zwar prüft das Insolvenzgericht im Rahmen der Vorprüfung gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 InsO auch, ob der darstellende Teil des Plans die informatorischen Grundlagen für die Entscheidung der Beteiligten schafft (vgl. § 220 InsO).153) Welche Informationen „erheblich“ für die Entscheidung der Beteiligten im Sinne des § 220 Abs. 2 InsO sind, kann naturgemäß nicht exakt abgegrenzt werden, sondern obliegt der Einschätzung des Gerichts. Es darf eine nachvollziehbare Darstellung der Verhältnisse fordern154) und die Beachtung von Mindestanforderungen sicherstellen. Bei Insolvenzplänen, die bewusst Risikoelemente enthalten, sollte das Gericht die Anforderungen aber nicht überspannen. In solchen Fällen können die Gläubiger selbst entscheiden, welche und wie detaillierte Informationen sie benötigen.155) Ist ein Gläubiger der Auffassung, das sich aus der variablen Quote ergebende Risiko sei für ihn untragbar, so muss er seine Zustimmung verweigern. Außerdem kann das Risiko im Rahmen von Minderheitenschutzanträgen berücksichtigt werden. Erweist es sich für den Planersteller als schwierig, die Zustimmung der Gläubiger zu erlangen und Minderheitenschutzanträge abzuwehren, kann auf Brünkmans‘ Vorschlag, eine Mindestquote festzulegen, zurückgegriffen werden.
e)
Zwischenergebnis
64 Flexible und variable Planklauseln sind zulässig. In der praktischen Plangestaltung ist anzuraten, das Bewertungsrisiko beim Minderheitenschutz durch Festlegung einer Mindestquote oder durch Bereitstellung eines Ausgleichsfonds nach § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO auszuräumen.156)
III. Befriedigung der nachrangigen Insolvenzgläubiger 65 Die nachrangigen Insolvenzgläubiger sind Insolvenzgläubiger, die im Regelinsolvenzverfahren erst dann befriedigt werden, wenn die ihnen im Rang vorgehenden ___________ 153) Vgl. Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1301 – 1302). 154) Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 231, Rn. 16 – 17; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 231 (Stand: 4/2017), Rn. 17. 155) Vgl. AG Köln, Beschluss v. 15.5.2019 – 72 IN 269/17, ZInsO 2019, 1754 (1756): Der darstellende Teil solle die Gläubiger in die Lage versetzen, Nachfragen zu stellen, bevor sie über den Plan abstimmen. A. A. BGH, Beschluss v. 3.12.2009 – IX ZB 30/09, NZI 2010, 101 (Rn. 3); Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 8); Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1302); Sinz, in: MüKo-InsO, § 250, Rn. 8, die es der Bestimmung des Richters überlassen, welche Ausführungen der darstellende Teil zu haben hat. Wie hier legen die Prüfungskompetenz unter Betonung der Gläubigerautonomie restriktiv aus, aber im Hinblick auf § 231 Abs. 1 Nr. 2 InsO: Groß, in: Hess, Sanierungshandbuch, Kapitel 32, Rn. 457; Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 131. 156) Ebenso Martini/Horstkotte, ZInsO 2017, 1913 (1921); Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 41; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 224 (Stand: 11/2018), Rn. 13.
30
III. Befriedigung der nachrangigen Insolvenzgläubiger
Gläubiger voll befriedigt wurden, vgl. § 39 Abs. 1 InsO.157) Wer nachrangiger Insolvenzgläubiger ist, bestimmt sich nach den §§ 39, 327 InsO, § 208 Abs. 1 VAG, Art. 108 Abs. 2 EGInsO.158)
1.
Die Grundregel des § 225 Abs. 1 InsO
§ 225 Abs. 1 InsO bestimmt, dass die Forderungen der nachrangigen Insolvenzgläu- 66 biger, wenn nichts anderes bestimmt ist, als erlassen gelten. Die Norm stellt keine Auslegungsregel dar, da die Forderungen nicht durch den Plan, sondern bereits kraft Gesetzes als erlassen gelten.159) Nach überwiegender Ansicht bestehen sie nicht als Naturalobligationen fort, sondern erlöschen (§ 397 Abs. 1 BGB).160) Hintergrund der Regelung ist die Erwägung, dass im praktischen Regelfall nicht einmal die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger voll befriedigt werden und die nachrangigen Gläubiger ohnehin nichts erhalten.161) Außerdem sollten die nachrangigen Forderungen – anders als im überkommenen Recht nach § 29 VglO 1935 und §§ 63, 173 KO 1898 – trotzdem in das Insolvenzplanverfahren einbezogen werden, um Raum für sachgerechte Lösungen aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu schaffen.162) Indes ist nicht ersichtlich, weshalb es hierfür des vollständigen Erlöschens der Forderung bedürfte – mit der Folge, dass auch etwaige werthaltige Sicherheiten für diese Forderungen untergingen. Für die Zwecke des Insolvenzplanverfahrens genügt es, wenn die nachrangigen Insolvenzforderungen wie alle anderen Insolvenzforderungen lediglich nicht mehr erzwingbar sind.163) Einer weitergehenden Auslegung des § 225 Abs. 1 InsO steht das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip entgegen.164) Zudem spricht auch der Begriff „erlassen“ in § 225 Abs. 1 InsO nicht unbedingt für einen vollständigen Erlass, da der Begriff auch in der Regierungsbegründung zu § 301 Abs. 3 RegE-InsO (= § 254 Abs. 3 InsO) als Synonym für die Umwandlung in Naturalobligationen verwendet wird.165) Daher gilt auch für nachrangige Forderungen dasselbe wie für nicht nachrangige Insolvenzforderungen.
___________ 157) Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, § 39, Rn. 1. 158) Vgl. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 63 mit Verweis auf § 51 Abs. 1 VAG a. F., der dem heutigen § 208 Abs. 1 VAG entspricht. 159) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 528; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225, Rn. 10. 160) Breuer, in: MüKo-InsO, § 225, Rn. 13; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 225, Rn. 5; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225, Rn. 11; Spliedt, in: K. Schmidt, § 225, Rn. 1; a. A. Piekenbrock, in: JaegerInsO, § 254, Rn. 41. 161) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201; Braun/Frank, in: Braun, § 225, Rn. 1. 162) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201. 163) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254, Rn. 41. 164) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254, Rn. 41. 165) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 213; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254, Rn. 41.
31
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
2.
Regelungsspielraum nach § 225 Abs. 1, 2 InsO
67 Das Gesetz eröffnet in § 225 Abs. 1, 2 InsO einen Gestaltungsspielraum, eine von der Grundregel abweichende Regelung vorzusehen. Es wird selten Anlass dazu bestehen, den nachrangigen Gläubigern etwas zuzuwenden. Der Gesetzgeber hatte einen Fall vor Augen, in dem dem Schuldner Vermögenswerte zugewendet werden, indem ihm die Fortführung des Unternehmens zu besonders günstigen Bedingungen gestattet wird. Dann sei es angemessen, auch den nachrangigen Gläubigern Leistungen zukommen zu lassen.166) Außerdem kann es aus taktischen Gründen, etwa um die Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans zu beschleunigen, sinnvoll sein, die nachrangigen Insolvenzgläubiger zu beteiligen.167) Hinsichtlich der möglichen Planregelungen und deren Anforderungen besteht kein struktureller Unterschied zur Gruppe der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger,168) sodass auf die Ausführungen unter Rn. 43 ff. verwiesen werden kann.
3.
Einschränkung der Dispositivität in § 225 Abs. 3 InsO
68 Die Plandispositivität wird in § 225 Abs. 3 InsO eingeschränkt. Nach dieser Vorschrift kann die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens für Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO gleichgestellten Verbindlichkeiten durch einen Plan weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Als gleichgestellte Verbindlichkeiten nennt § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten.
69 Die Regierungsbegründung liefert zum einen eine systematische Erwägung für die Einschränkung der Plandispositivität: Die einschlägigen Spezialgesetze enthielten bereits Spezialregelungen für die Situation, dass die Forderungen wegen der Insolvenz des Schuldners uneinbringlich seien, etwa § 43 StGB über die Ersatzfreiheitsstrafe, § 95 Abs. 2, § 96 Abs. 2 OWiG über das Absehen von einer Vollstreckung und über Zahlungserleichterungen bei Geldbußen, oder § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Ersetzung eines Zwangsgelds durch Zwangshaft.169) Im übergreifenden gesetzlichen Normensystem, in das die InsO eingebettet wurde, sind die Spezialregelungen demnach abschließend.
70 Zum anderen begründet die Regierungsbegründung die Einschränkung mit der „besonderen Natur“ jener Verbindlichkeiten, die deswegen nicht der Disposition durch die Gläubigergremien unterliegen dürften.170) Sie erläutert diesen unbestimmten ___________ 166) 167) 168) 169) 170)
32
Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201. Braun/Frank, in: Braun, § 225, Rn. 2; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225, Rn. 15. Vgl. auch Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 225, Rn. 8. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 201.
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
Rechtsbegriff aber nicht weiter. Bei inhaltlicher Betrachtung der erfassten Forderungen zeigt sich, dass es sich jeweils um Forderungen des Fiskus gegen den Schuldner handelt, die durch den Staat hoheitlich verhängt bzw. festgesetzt werden und entweder einen Strafcharakter (Geldstrafen, Ordnungsgelder, Nebenfolgen) oder einen Zwangscharakter (Zwangsgelder) aufweisen.171) Aus der Perspektive des Staates stehen die Bestrafung des Schuldners oder sein Zwang zu einem Tun oder Unterlassen im Vordergrund, nicht hingegen die Generierung von Einnahmen für den Fiskus.172) Insofern hat der Staat kein vermögensrechtliches Interesse an der Beteiligung am Insolvenzplan oder der Aussicht auf eine Insolvenzquote. Dagegen hat der Staat ein Interesse daran, im Rahmen des staatlichen Gewaltmo- 71 nopols ausschließlich selbst über die von ihm verhängten Strafen und Zwangsmaßnahmen zu entscheiden, d. h. sie zu verhängen und aufzuheben. Hiermit wäre es unvereinbar, die Gläubigergremien mit der Entscheidung über die Annahme des Insolvenzplans auch über die durch den Staat verhängten Strafen und Zwangsmaßnahmen entscheiden zu lassen. Und aus der Perspektive des Schuldners soll sich die Insolvenz nicht als Glücksfall erweisen, indem der Schuldner durch den Forderungserlass nach § 225 Abs. 1 InsO ungerechtfertigt von den empfindlichen Geldstrafen und Zwangsgeldern befreit wird.173)
4.
Zwischenergebnis
§ 225 InsO eröffnet gegenüber dem überkommenen Recht neue Gestaltungsspiel- 72 räume. Die Einschränkung in § 225 Abs. 3 InsO lässt sich zum einen systematisch durch die Existenz vorrangiger Spezialvorschriften erklären und zum anderen durch die besondere Natur von Geldstrafen und Zwangsgeldern, die durch ihre hoheitliche Verhängung und den Strafanspruch des Staates definiert wird.
IV. Verwertung der Insolvenzmasse Es können im Insolvenzplan auch Regelungen zur Verwertung der Insolvenzmasse 73 getroffen werden, § 217 Satz 1 Var. 3 InsO. Die Regelungen zur Verwertung be___________ 171) Missverständlich BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 21), wo der BGH zu suggerieren scheint, dass öffentlich-rechtlich festgesetzte Forderungen des Fiskus und Steuerforderungen grundsätzlich nicht dispositiv seien, da sie auf gesetzlicher Grundlage entstünden und nicht Ausdruck kaufmännischen Handelns seien. Das erinnert in bedenklicher Weise an die Konkursvorrechte (§ 61 KO), deren Abschaffung bei Einführung der InsO gerade als große Errungenschaft gesehen wurde; vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 90. Auch das Argument, dass die Forderungen nicht Ausdruck kaufmännischen Handelns seien, geht fehl, da der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung unabhängig vom Rechtsgrund der Forderung gilt. Dieser Punkt zeigt zugleich, dass es im Fall des § 225 Abs. 3 InsO eines triftigen Grundes bedarf, um dogmatisch eine Ausnahme von der Plandispositivität zu rechtfertigen. 172) Ähnlich Flöther/Wehner, in: BK-InsO, § 225, Rn. 7: „repressive Funktion“; Jaffé, in: FK-InsO, § 225, Rn. 13. 173) Ähnlich Münch, in: Jaeger-InsO, § 225, Rn. 22.
33
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
finden sich im vierten Teil der InsO unter der amtlichen Überschrift „Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse“ in den §§ 148 – 173 InsO. Fraglich ist, von welchen dieser Vorschriften abgewichen werden kann. Der vierte Teil ist in mehrere Abschnitte unterteilt: Der erste Abschnitt behandelt in den §§ 148 – 150 InsO die Sicherung der Insolvenzmasse (Rn. 74). In den §§ 151 – 154 InsO regelt er – ebenfalls noch unter der Überschrift „Sicherung“ – die Pflicht des Verwalters zur Aufstellung einer Vermögensübersicht (Rn. 81) und die Rechnungslegung (Rn. 90). Der zweite Abschnitt behandelt in den §§ 156 – 158 InsO den Berichtstermin (Rn. 94). Die §§ 159 – 164 InsO betreffen die Verwertung der Insolvenzmasse, besonders bedeutsame Rechtshandlungen und Betriebsveräußerungen (Rn. 98). Der dritte Abschnitt behandelt schließlich in den §§ 165 – 173 InsO die Verwertung von Gegenständen mit Absonderungsrechten (Rn. 106). Eine Sonderstellung unter den Verwertungsregelungen nehmen Regelungen über Anfechtungsansprüche ein (Rn. 109).
1.
Sicherung der Insolvenzmasse
a) Sicherung als Teil der Verwertung 74 Fraglich ist, ob die Vorschriften über die Sicherung der Insolvenzmasse grundsätzlich plandispositiv sind. Teilweise wid dies pauschal abgelehnt.174) Hierfür scheint auf den ersten Blick das Wortlautargument zu sprechen, dass „Sicherung“ nicht „Verwertung“ ist.175) Tatsächlich scheinen sich beide Begriffe antagonistisch gegenüberzustehen: Sicherung bedeutet die Erhaltung der Masse; Verwertung ist ihre Umsetzung in Geld („Verteilungsmasse“ im Sinne des § 187 InsO).176) So gesehen scheint der erste Abschnitt nicht zum vierten Teil der InsO zu passen.
75 Tatsächlich aber stehen die Inbesitznahme, Verwaltung und Sicherung der Insolvenzmasse durch den Verwalter (vgl. § 148 InsO) nicht im Widerspruch zur Verwertung, sondern bilden eine notwendige Vorstufe für die Verwertung. Ohne die vorherige Inbesitznahme der Insolvenzmasse kann keine Verwertung erfolgen, da die Massegegenstände sich sonst außer Reichweite für den Verwalter befinden. Sobald die Masse in Besitz genommen wurde, müssen die Massegegenstände verwaltet werden, damit sie nicht untergehen oder beschädigt werden. Entsprechend war es folgerichtig, dass der Gesetzgeber diese Materien zusammen im Teil „Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse“ geregelt hat.
76 Auch aus Sicht der Gläubiger bilden Sicherung, Verwaltung und Verwertung eine Einheit. Oft lassen sich schon durch die Art der Verwaltung die Art der Verwertung ___________ 174) Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 60; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 41; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 53. 175) Dies annehmend Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 116. 176) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 52; Ries, in: Kayser/Thole, § 159, Rn. 2.
34
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
und der Preis beeinflussen. Ein Beispiel wäre ein Grundstück mitsamt Gebäude, das nicht gepflegt wird und daher nach einiger Zeit unansehlich aussieht. In einer Versteigerung mit außenstehenden Bietern ohne genaue Kenntnis des Gebäudes würde es nur einen geringen Erlös abwerfen. Folglich haben die Gläubiger ein Interesse an der möglichst vollen Kontrolle über die Verwertung, damit ihre Befugnis, über die Verwertung zu bestimmen, nicht praktisch leerläuft. Im Ergebnis folgt aus der funktionalen und systematischen Stellung der Sicherungsvorschriften, dass der Begriff der „Verwertung“ im Rahmen des § 217 Satz 1 Var. 3 InsO weit auszulegen ist und auch die Sicherung umfasst.
b) Praktische Relevanz nur in Ausnahmefällen Gegen die Dispositivität der Sicherungsvorschriften wird angeführt, dass in den meis- 77 ten Fällen Regelungen zur Sicherung der Insolvenzmasse schon aus praktischen Gründen nicht in Betracht kämen.177) Die Sicherung der Masse beginnt spätestens nach Verfahrenseröffnung (§ 148 Abs. 1 InsO), teils aber auch schon nach Insolvenzantragstellung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Damit findet die Sicherung der Insolvenzmasse grundsätzlich zeitlich vor der Planbestätigung statt. Es sind aber auch praktische Ausnahmefälle denkbar, etwa wenn einzelne Massegegenstände erst nachträglich entdeckt oder gesichert werden können. Das ist umso wahrscheinlicher, je früher der Plan vorgelegt, verabschiedet und bestätigt wird. Wenn der Planersteller mit dem Auftauchen neuer Massegegenstände rechnet, können Regelungen für deren Sicherung in der Zeit zwischen Planbestätigung und Verfahrensaufhebung erforderlich werden. Gemäß § 258 Abs. 1 InsO kann der Plan nämlich vorsehen, dass die Verfahrensaufhebung nicht unmittelbar auf die Planbestätigung folgt.178) In einem solchen Fall ist es nicht einzusehen, warum es den Gläubigern nicht erlaubt sein soll, von den §§ 148 ff. InsO abweichende Regelungen zu treffen.
c)
§ 149 InsO spricht für die Dispositivität
Auch die Wertung des § 149 InsO spricht dafür, dass die Planbeteiligten Regelungen 78 über die Sicherung treffen können. Diese inhaltlich unverändert aus der KO übernommene Bestimmung179) erlaubt es im Regelverfahren dem Gläubigerausschuss ___________ 177) Dies wohl voraussetzend Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 287; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 9; Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 60; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 53. 178) Diese Regelung wurde durch das ESUG eingeführt, vgl. BR-Drs. 127/1/11, 22; Braun/Frank, in: Braun, § 258, Rn. 2. Da die zuvor bestehende Rechtslage durch das ESUG klargestellt werden sollte, ist nicht entscheidend, dass § 258 Abs. 1 InsO n. F. erst nach den §§ 148 ff. InsO eingeführt wurde. Ausführlich zur Verfahrensabwicklung siehe Rn. 142. 179) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 171. Die entsprechenden Bestimmungen des überkommenen Rechts waren die § 129 Abs. 2, § 132 Abs. 1, § 137 KO 1898. Zur bereits damals weitreichenden Zuständigkeit der Gläubigerversammlung vgl. Weber, in: Jaeger-KO, § 132, Rn. 1.
35
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
bzw. der Gläubigerversammlung, zu bestimmen, wie Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten hinterlegt oder angelegt werden sollen. § 149 InsO soll den Gläubigern ein Element der Selbstverwaltung180) einräumen.181) Als wirtschaftlich Betroffene sollen die Beteiligten selbst die besten Verwertungslösungen finden.182) Dieser Gedanke klingt bereits in den Motiven zur KO an, wenn dort ausgeführt wird, die Gläubiger seien selbst am besten imstande, die Sicherheit einer Hinterlegungsstelle und die Vor- und Nachteile der Anlegungsmethode zu prüfen.183) § 149 InsO lässt sich als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes lesen, der sich in § 217 Satz 1 Var. 3 InsO wiederfindet: Dass die Gläubiger befugt sein sollen, über das Schicksal der ihnen vermögensmäßig zustehenden Massegegenstände selbst zu entscheiden. Daraus folgt, dass auch im Insolvenzplan Sicherungs- und Verwaltungsmodalitäten in Bezug auf einzelne Massegegenstände geregelt werden können.
79 Manche Stimmen in der Literatur meinen unter Berufung auf eine andere Textstelle in den Motiven zur KO184), dass § 149 InsO nicht vornehmlich die Gewährleistung der Gläubigerselbstverwaltung, sondern den Schutz der Masse vor missbräuchlicher Verwendung durch den Verwalter bezwecke.185) Jedenfalls in heutiger Zeit ist dem eher eine nachrangige Bedeutung zuzusprechen. Der Verwalter wird als geschäftskundige und unabhängige Person durch das Insolvenzgericht bestellt (§ 56 Abs. 1 Satz 1 InsO), von ihm überwacht (§ 58 InsO) und untersteht einer unbeschränkten persönlichen Haftung (§ 60 InsO). Kommt es dennoch zu Untreuefällen, hilft auch ein Bestimmungsrecht wie jenes in § 149 InsO nicht mehr. Dementsprechend sind Missbrauchsfälle durch Insolvenzverwalter in der Praxis relativ selten, obwohl das Bestimmungsrecht nur selten ausgeübt wird.186)
d) Zwischenergebnis 80 Im Ergebnis sind die §§ 148 – 150 InsO als plandispositiv anzusehen. Dass der gesetzliche Regelfall möglicherweise den praktischen Ausnahmefall darstellt, schadet nicht. ___________ 180) Zur Gläubigerselbstverwaltung als Element der Gläubigerautonomie siehe Thoma, Gläubigerautonomie, S. 30 – 31. 181) Füchsl/Weishäupl/Jaffé, in: MüKo-InsO, § 149, Rn. 1; Jungmann, in: K. Schmidt, § 149, Rn. 2; Kießling, NZI 2006, 440 (446); differenziert Eckardt, in: Jaeger-InsO, § 149, Rn. 2. 182) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 2, 76; ganz explizit auch Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 17. 183) Hahn, Motive zur KO, S. 318. 184) Ebenfalls Hahn, Motive zur KO, S. 318. 185) Andres, in: Nerlich/Römermann, § 149 (Stand: 12/2009), Rn. 2; Jarchow, in: HambKomm-InsO, § 149, Rn. 1; Wegener, in: FK-InsO, § 149, Rn. 1. 186) Andres, in: Nerlich/Römermann, § 149 (Stand: 12/2009), Rn. 2; Füchsl/Weishäupl/Jaffé, in: MüKo-InsO, § 149, Rn. 1; Wegener, in: FK-InsO, § 149, Rn. 1.
36
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
2.
Vorschriften über die Vermögensübersicht
a) Die §§ 151 – 154 InsO im Überblick Die §§ 151 – 154 InsO stehen zwar im Abschnitt „Sicherung“, behandeln aber ih- 81 rem Inhalt nach nicht die Sicherung von Gegenständen der Insolvenzmasse. Stattdessen statuieren sie Pflichten des Insolvenzverwalters zur Aufstellung diverser Übersichten und Verzeichnisse. Nach § 151 InsO hat der Insolvenzverwalter ein Verzeichnis der Massegegenstände aufzustellen und deren Wert nach Fortführungs- und Liquidationswerten anzugeben. Nach § 152 InsO hat er ein Verzeichnis aller bekannten Gläubiger und ihrer Forderungen aufzustellen, unabhängig davon, ob sie ihre Forderungen angemeldet haben oder nicht. Diese Verzeichnisse bilden den Ausgangspunkt für die nach § 153 InsO aufzustellende Vermögensübersicht.187) Die Verzeichnisse sind gemäß § 154 InsO spätestens eine Woche vor dem Berichtstermin in der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Der Zweck dieser Vorschriften ist zweierlei: Zum einen dienen sie der Vorbereitung des Berichtstermins. Die Gläubiger sollen sich anhand der gemäß § 154 InsO ausgelegten Übersichten ein Bild über die Vermögenslage des Schuldners machen, um anhand dessen eine informierte Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens treffen zu können.188) Zum anderen sollen die Übersichten dem Insolvenzgericht die Überwachung des Insolvenzverwalters nach § 58 InsO ermöglichen.189) Der systematische Standpunkt dieser Normen unter „Sicherung“ ist daher falsch gewählt. Vielmehr hätte man diese im Zweiten Abschnitt „Entscheidung über die Verwertung“ oder in einem eigenen Abschnitt verorten sollen.
b) Praktische Relevanz nur in Ausnahmefällen Fraglich ist nunmehr, ob durch Insolvenzplan von diesen Vorschriften abgewichen 82 werden oder gar ganz auf die Aufstellung der Übersichten verzichtet werden kann. Das wird in der Praxis selten relevant werden, da die Abstimmung und die Planbestätigung wegen § 154 InsO bereits früher als eine Woche vor dem Berichtstermin erfolgen müssten.190) Es scheint aber dann möglich, wenn der Plan bereits vor Insolvenzantragstellung mit den wichtigsten Gläubigern abgesprochen, ausgearbeitet und als pre-packaged plan bereits mit dem Insolvenzantrag vorgelegt wurde. ___________ 187) Andres, in: Nerlich/Römermann, § 151 (Stand: 9/2005), Rn. 3; Depré, in: Kayser/Thole, § 151, Rn. 1; Hess, in: KK-InsO, § 151, Rn. 1; Jarchow, in: HambKomm-InsO, § 151, Rn. 2. 188) Drukarczyk, in: MüKo-InsO, § 245, Rn. 27 – 31; Eckardt, in: Jaeger-InsO, § 151, Rn. 3; Haffa/ Leichtle, in: Braun, § 151, Rn. 1; Hess, in: KK-InsO, § 151, Rn. 1; Jarchow, in: HambKommInsO, § 151, Rn. 1; Mäusezahl, ZInsO 2006, 580 – 581; Sinz, in: Uhlenbruck, § 154, Rn. 1. 189) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 171; Haffa/Leichtle, in: Braun, § 151, Rn. 1; Jarchow, in: HambKomm-InsO, § 151, Rn. 1; Mäusezahl, ZInsO 2006, 580 (581). 190) Hierauf weist insbesondere Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 45 hin.
37
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
Auch die Terminierungsregeln der InsO (vgl. §§ 29, 236 InsO) sprechen nicht zwingend dagegen.191)
c)
Subsumtion unter § 217 Satz 1 InsO
83 Der Wortlaut des § 217 Satz 1 InsO und die Systematik der InsO sprechen auf den ersten Blick eher für die Dispositivität. Hält man es für zu fernliegend, die §§ 151 – 154 InsO wegen ihrer systematischen Stellung im vierten Teil unter „Verwertung“ (§ 217 Satz 1 Var. 3 InsO) zu fassen, kann man sie jedenfalls wegen ihres Inhalts als Verfahrensvorschriften unter „Abwicklung des Verfahrens“ (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) subsumieren.
d) Zweck der §§ 151 – 154 InsO 84 Die Normzwecke der §§ 151 – 154 InsO sprechen gegen die Dispositivität. Der erste Zweck ist der Informationszweck. Auf die Information der Beteiligten legte der InsO-Gesetzgeber besonderen Wert.192) Zusammen mit dem Berichtstermin193), mit dem sie in engem Zusammenhang stehen, sollen die Verzeichnisse eine fundierte Entscheidung der Gläubiger im gesamten Verfahren ermöglichen.194) Ohne Informationen über die Lage des Unternehmens wäre jegliche Abstimmung sinnlos, da die Gläubiger die Auswirkungen ihrer Entscheidung nicht abschätzen könnten.195) Ließe man die Einschränkung der Informationsrechte der Gläubiger im Insolvenzplan zu, so würde dies die Gläubigerautonomie im Ergebnis unterminieren, da den Entscheidungen der Gläubiger die informationelle Grundlage entzogen würde. Debatten über den Insolvenzplan im Erörterungstermin (§ 235 Abs. 1 Satz 1 InsO) fänden im luftleeren Raum statt.
85 An dieser Stelle ist denkbar, dass der Insolvenzplan funktional die Rolle der Verzeichnisse nach den §§ 151 – 153 InsO übernehmen könnte. § 220 InsO sieht vor, dass der Plan einen darstellenden Teil mit allen entscheidungserheblichen Informationen enthalten muss.196) Bedenkt man allerdings die Wichtigkeit der Verzeichnisse für die Entscheidung der Gläubiger, ist ein Verzicht auf die Verzeichnisse nicht sinnvoll. Sie dienen dazu, den Gläubigern anhand eines vollständigen Bildes der Lage ___________ Vgl. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 116. Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 194. Zum Berichtstermin siehe unter Rn. 94. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 171. Mit besonderem Bezug auf den Berichtstermin betonen dies: Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 116; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 287; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 4; Kröger, Rechtsgründe, S. 81; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 4. Vgl. auch Drukarczyk, in: MüKo-InsO, § 245, Rn. 27. 196) Zu den erforderlichen Angaben im darstellenden Teil vgl. BGH, Beschluss v. 13.10.2011 – IX ZB 37/08, ZIP 2012, 187 (Rn. 9); Beschluss v. 19.7.2012 – IX ZB 250/11, WM 2012, 1640 (Rn. 9). 191) 192) 193) 194) 195)
38
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
des Unternehmens die Möglichkeit zu geben, alternative Verwertungskonzepte anzudenken und ggf. den Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans mit einem bestimmten Ziel zu beauftragen (vgl. § 157 Satz 2 InsO).197) Außerdem bilden sie die Grundlage für die Vergleichsrechnung im darstellenden Teil des Insolvenzplanes.198) Soll der darstellende Teil die Verzeichnisse ersetzen, müsste dieser zumindest gleichwertige Übersichten enthalten. Da die §§ 151 – 153 InsO sich in ihren Anforderungen ohnehin schon auf das Wesentliche beschränken, ist schwer vorstellbar, welche Übersichten den §§ 151 – 153 InsO nicht entsprächen, aber trotzdem gleichwertig wären.199) Eine Arbeitsersparnis ergäbe sich durch solche Übersichten jedenfalls nicht. Beim Fortführungsplan könnte man die nach § 229 Satz 1 InsO auf den Zeitpunkt der Planbestätigung zu erstellende Vermögensübersicht zur Information heranziehen. Jedoch reicht diese nicht aus, da sie nur die künftige Finanzlage bei Planbestätigung aufzeigt.200) Die Vermögensübersicht nach § 153 InsO soll aber gerade die aktuelle Finanzlage darstellen, um den Gläubigern die Beurteilung der im Plan genannten Kennzahlen zu erlauben und ihnen eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob das Unternehmen überhaupt saniert werden soll. Es ist daher konsequent, wenn der BGH fordert, dass die Verzeichnisse nach den §§ 151 – 153 InsO dem darstellenden Teil des Insolvenzplans stets beigefügt sein müssten.201) Der zweite Zweck der §§ 151 – 154 InsO ist, dem Insolvenzgericht die Überwachung 86 des Insolvenzverwalters zu ermöglichen. Das Insolvenzgericht ist nach § 58 InsO im öffentlichen Interesse und im Interesse aller Beteiligten zur Überwachung des Insolvenzverwalters berechtigt, aber auch verpflichtet.202) Im Zuge dessen kann das Gericht alle Aufsichtsmaßnahmen ergreifen, die es nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält. Insbesondere kann es vom Verwalter Einsicht in die Bücher und Kasse sowie Zwischenstandsberichte verlangen.203) Die in den §§ 151 – 153 InsO aufgeführten Verzeichnisse sind aber umfassender und für das Gericht leichter zu überblicken als zahllose Einzelbelege und Buchungsposten. Es handelt sich nämlich um eine vollständige und im Idealfall übersichtliche Auflistung aller Massege___________ 197) So zutreffend Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 116. 198) Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 42; BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 45). 199) Z. B. fordert § 151 InsO nur die Angabe aller Massegegenstände mit Liquidations- und Fortführungswert. Alle diese Informationen sind für die Beschlussfassung der Gläubiger wesentlich. Eine Liste, die nicht vollständig wäre oder den Wert der Massegegenstände nicht angäbe, wäre sinnlos. Die Bewertung zu Liquidations- und Fortführungswerten ist ebenfalls für die Entscheidung der Gläubiger über Liquidation oder Sanierung relevant. Für das Verzeichnis der Massegegenstände gibt es also kaum Abweichungsspielraum von § 151 InsO. Ähnlich sieht das Bild in Bezug auf § 152 InsO aus; hier könnte man wohl allenfalls die Anschrift der Gläubiger weglassen. 200) Braun/Frank, in: Braun, § 229, Rn. 3; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 229, Rn. 2. 201) BGH, Beschluss v. 19.7.2012 – IX ZB 250/11, WM 2012, 1640 (Rn. 9). 202) Gerhardt, in: Jaeger-InsO, § 58, Rn. 5; Vallender, in: Uhlenbruck, § 58, Rn. 1. 203) Andres, in: Andres/Leithaus, § 58, Rn. 4 m. w. N.
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
genstände und aller bekannten Gläubiger des Schuldners. Ohne diese Verzeichnisse könnte das Insolvenzgericht seiner Aufsichtspflicht nicht genauso effektiv nachkommen. Selbst wenn es die Verzeichnisse als Aufsichtsmaßnahme im Rahmen des § 58 InsO anforderte, würde es im Zweifel zu lange dauern, die Verzeichnisse noch nachträglich zu erstellen. Die Gläubiger würden also durch die Planklausel die Aufgabenwahrnehmung des am Insolvenzverfahren unbeteiligten Gerichts einschränken. Mittelbar wären damit auch die Interessen der schwächeren Beteiligten betroffen, die keine Abstimmungsmehrheiten in der Gläubigerversammlung haben und deshalb auf die Überwachungsfunktion des Gerichts vertrauen müssen. Ein Beispiel dafür ist der Minderheitenschutz nach § 251 InsO. Hierfür muss das Gericht befähigt sein, sich aus objektiven Quellen darüber zu informieren, ob der Insolvenzplan den Antragsteller schlechter stellt als in der Regelinsolvenz. Der vom Planvorleger verfasste darstellende Teil des Insolvenzplans reicht hierfür regelmäßig nicht aus, da der Planvorleger an der Annahme des Plans interessiert ist und deshalb den darstellenden Teil entsprechend verfassen wird.
e)
§ 151 Abs. 3 InsO ist neutral
87 Zuletzt spricht auch die Existenz des § 151 Abs. 3 InsO nicht für die Plandispositivität. Nach dessen Satz 1 kann das Insolvenzgericht auf Antrag gestatten, dass auf die Aufstellung des Verzeichnisses der Massegegenstände verzichtet wird. Auf den ersten Blick scheint die Vorschrift auszusagen, dass das Verzeichnis der Massegegenstände gerade nicht unbedingt erforderlich ist. Mögliche Anwendungsfälle könnten solche Fälle sein, in denen der Schuldner bereits hinreichend genaue Aufzeichnungen hergestellt hat204) oder nichts aufzuzeichnen ist.205) In der Praxis hat die Vorschrift nur eine geringe Bedeutung. Die Vermögensübersicht nach § 153 InsO ist nämlich zwingend aufzustellen. Das ergibt sich aus einem Umkehrschluss daraus, dass in § 153 InsO eine dem § 151 Abs. 3 InsO entsprechende Vorschrift fehlt. Da die Inventur der Massegegenstände aber die Grundlage für die Vermögensübersicht ist, muss fast immer ein Verzeichnis der Massegegenstände aufgenommen werden.206)
88 Außerdem spricht gegen eine weitgehende Dispositivität, dass nicht die Gläubigerorgane, sondern nur das Insolvenzgericht den Verzicht auf das Verzeichnis gestatten kann. Dabei zeigt § 151 Abs. 3 Satz 2 InsO, der eine Zustimmungspflicht des Gläubigerausschusses statuiert, dass der Gesetzgeber Möglichkeiten der stärkeren Gläubigerbeteiligung gesehen hat, aber den Gläubigern hier trotzdem faktisch nur ein Vetorecht in Bezug auf die Befreiung eingeräumt hat. Daher kommt dem § 151 Abs. 3 InsO im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung in Bezug auf die Abdingbarkeit der §§ 151 – 153 InsO zu. Prägend erscheint eher die Tatsache, dass die ___________ 204) Sinz, in: Uhlenbruck, § 151, Rn. 10; Wegener, in: FK-InsO, § 151, Rn. 27. 205) Jarchow, in: HambKomm-InsO, § 151, Rn. 25. 206) Jarchow, in: HambKomm-InsO, § 151, Rn. 25; Sinz, in: Uhlenbruck, § 151, Rn. 10.
40
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
Verzeichnisse nach den §§ 152, 153 InsO im Regelverfahren zwingend aufzustellen sind.
f)
Zwischenergebnis
Die §§ 151 – 154 InsO sind nicht plandispositiv, da die Dispositivität dem Zweck 89 der Verzeichnisse zuwiderlaufen würde, die prozessualen Rechte aller Beteiligten zu schützen. Hier zeigt sich zum ersten Mal, dass aus der Möglichkeit, eine Norm unter den Wortlaut des § 217 InsO zu subsumieren, nicht automatisch auf ihre Dispositivität geschlossen werden kann.
3.
Die handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung
Fraglich ist, ob von § 155 InsO abgewichen werden kann. § 155 Abs. 1 Satz 1 InsO 90 bestimmt, dass handels- und steuerrechtliche Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung unberührt bleiben. Gemäß Satz 2 treffen sie fortan in Bezug auf die Insolvenzmasse den Insolvenzverwalter. Die Absätze 2 und 3 enthalten Ausführungsbestimmungen, die die Rechnungslegungspflichten den Besonderheiten der Insolvenz anpassen. Wie bereits der Wortlaut des § 155 Abs. 1 Satz 1 InsO beschreibt, handelt es nicht um spezifisch insolvenzrechtliche Pflichten des Insolvenzverwalters, sondern um allgemeine öffentlich-rechtliche Pflichten207) des Schuldners, die diesen genauso auch außerhalb der Insolvenz treffen würden.208) § 155 Abs. 1 Satz 1 InsO hat nur klarstellende Funktion.209) Er schreibt das sog. duale System fest, also die Trennung zwischen handelsrechtlichen Rechnungslegungspflichten und den spezifisch insolvenzrechtlichen Pflichten der §§ 151 – 154 InsO, die der Insolvenzverwalter beide nebeneinander erfüllen muss.210) Die insolvenzrechtlichen Pflichten privilegieren den Insolvenzverwalter in handels- und steuerrechtlicher Hinsicht nicht. Handelt es sich aber um allgemeine öffentlich-rechtliche Pflichten, so eröffnet schon 91 § 217 Satz 1 InsO keinen Abweichungsspielraum, da es sich nicht um „Vorschriften dieses Gesetzes“ – also der InsO – handelt. Das deckt sich mit der Verortung der InsO in der Rechtsordnung: Sie schafft nur einen Rechtsrahmen für das Verhältnis zwischen dem Schuldner und den Gläubigern, aber stellt den Schuldner im ___________ 207) Mit „allgemeinen öffentlich-rechtlichen Pflichten“ sind hier alle handels- und steuerrechtlichen, aber auch verwaltungsrechtlichen (z. B. polizei-, bau-, umweltschutzrechtlichen) und sonstigen Pflichten gemeint, die den Schuldner auch außerhalb der Insolvenz treffen könnten. 208) Füchsl/Weishäupl/Jaffé, in: MüKo-InsO, vor §§ 151 bis 155, Rn. 3. 209) Denkhaus, in: HambKomm-InsO, § 155, Rn. 2; Füchsl/Weishäupl/Jaffé, in: MüKo-InsO, § 155, Rn. 1. 210) Bodungen, in: BeckOK-InsO, § 155 (Stand: 28.1.2019), Rn. 1; Gietl, in: Wimmer/Dauernheim/ Wagner/Gietl, Hdb Fachanwalt InsR, Kapitel 25, Rn. 4 – 9; Sinz, in: Uhlenbruck, § 155, Rn. 1; ausführlich zur Entstehungsgeschichte Andres, in: Nerlich/Römermann, § 155 (Stand: 9/2005), Rn. 1 – 3; Füchsl/Weishäupl/Jaffé, in: MüKo-InsO, vor §§ 151 bis 155, Rn. 1 – 3.
41
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
Wirtschaftsleben nicht besser als außerhalb der Insolvenz, denn das Insolvenzrecht darf – so die Regierungsbegründung zur InsO – „den Wettbewerb zwischen gesunden und insolventen Unternehmen nicht zu Gunsten letzterer verzerren.“211) Das marktwirtschaftlich ausgerichtete Konzept der InsO bezweckt, die Marktkräfte zu stimulieren. Der Marktaustritt nicht lebensfähiger Unternehmen soll erleichtert212) und nicht durch Sondervorteile, die anderen Marktteilnehmern nicht zur Verfügung stehen, verhindert werden.213)
92 Stattdessen kommen Abweichungen nur in Betracht, wenn diese Vorschriften selbst die entsprechenden Spielräume schaffen. Im öffentlichen Recht gibt es solche Spielräume aber in der Regel nicht. Der Adressat einer öffentlich-rechtlichen Rechtsnorm kann regelmäßig nicht entscheiden, ob er der Norm unterworfen sein möchte oder nicht.214) Die einzige verbleibende Möglichkeit ist daher, durch privatautonomes Handeln den Kreis der Adressaten einer Rechtsnorm zu verlassen. Im Bereich der handelsrechtlichen Rechnungslegung könnte der Schuldner etwa versuchen, die Anforderungen für kleine (vgl. § 267 HGB) oder kleinste (vgl. § 267a HGB) Kapitalgesellschaften zu erfüllen, um von den damit verbundenen Erleichterungen zu profitieren (z. B. in § 264 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HGB).215)
93 Im Ergebnis ist § 155 InsO nicht plandispositiv. Der hieraus geschöpfte Rechtsgedanke lässt sich verallgemeinern. Aufgrund des Wortlauts der InsO („dieses Gesetzes“) und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sind Rechtsnormen außerhalb der InsO grundsätzlich nicht plandispositiv.216)
4.
Der Berichtstermin
94 Im Berichtstermin berichtet der Insolvenzverwalter von der wirtschaftlichen Lage des Schuldners und ihren Ursachen sowie von Sanierungsmöglichkeiten, §§ 29 Abs. 1 Nr. 1, 156 Abs. 1 InsO. Die Beteiligten und Arbeitnehmervertreter können dazu Stellung nehmen, § 156 Abs. 2 Satz 1 InsO. Die Gläubigerversammlung beschließt im Berichtstermin, ob das Unternehmen des Schuldners stillgelegt oder vorläufig fortgeführt werden soll, § 157 Satz 1 InsO. Sie kann auch beschließen, den ___________ 211) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 75. Kritisch zur wettbewerbsverzerrenden Wirkung des Chapter 11-Verfahrens in den USA Heese, JZ 2018, 179 (184). 212) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 75 – 76; Heese, JZ 2018, 179 (180 – 181). 213) Korch, ZHR 182 (2018), 440 (450 – 453) mit Verweis auf das Negativbeispiel der US-amerikanischen Luftfahrtbranche. Zu den ordnungspolitischen Konsequenzen marktverzerrender Sanierungsinstrumente Schnabl/Siemon, NZI 2018, 913. 214) Vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 54, Rn. 11 im Hinblick auf die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Vertrags: „keine ‚Flucht in das Vertragsrecht‘, um gesetzlichen Bindungen zu entgehen.“ 215) Jedoch wird sich dies betriebswirtschaftlich meist nicht lohnen, wenn es nicht ohnehin mit der jeweiligen Sanierungsstrategie im Einklang steht. 216) Ebenso Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 298.
42
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans zu beauftragen, § 157 Satz 2 InsO. In § 158 InsO wird die Stilllegung oder Veräußerung des schuldnerischen Betriebs vor dem Berichtstermin behandelt, die der Zustimmung des Gläubigerauschusses bedarf (Abs. 1). Da solche Maßnahmen die eigentlich den Gläubigern zustehende Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens präjudizieren können,217) steht § 158 InsO mit den §§ 156 f. InsO in einem untrennbaren Sachzusammenhang. Wenn ein Insolvenzplan (z. B. ein pre-packaged plan) theoretisch bereits vor dem Berichtstermin beschlossen werden könnte,218) könnte das Bedürfnis entstehen, von den §§ 156 – 158 InsO abzuweichen und etwa auf den Berichtstermin zu verzichten.
a) Subsumtion unter § 217 Satz 1 InsO Im Rahmen des § 217 Satz 1 InsO kann man die §§ 156 – 158 InsO aufgrund ihrer 95 systematischen Stellung im vierten Teil der InsO als Vorschrift über die Verwertung (§ 217 Satz 1 Var. 3 InsO) qualifizieren. Inhaltlich handelt es sich jedoch um Verfahrensregeln, die besser unter den Begriff „Verfahrensabwicklung“ (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) zu fassen sind. In beiden Fällen spricht § 217 InsO für deren Plandispositivität.
b) Planfestigkeit aufgrund Informationszwecks Jedoch wird die Dispositivität der Vorschriften über den Berichtstermin in der Li- 96 teratur zu Recht einhellig abgelehnt.219) Gegen die Plandispositivität sprechen weitgehend dieselben Argumente wie im Falle der Vorschriften über die Vermögensübersicht (siehe Rn. 84). Der Zweck des Berichtstermins ist es, die möglichst umfassende und neutrale Information der Gläubiger über die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu gewährleisten.220) Die Verwendung des Plural „Möglichkeiten für einen Insolvenzplan“ in § 156 Abs. 1 Satz 2 InsO zeigt, dass nicht bloß eine bestimmte, vom Schuldner oder Verwalter favorisierte Möglichkeit vorgestellt werden soll. Sie soll die Grundlage dafür schaffen, dass die Gläubiger frei über Liquidation, Sanierung und ggf. ein von ihnen gewünschtes Verwertungskonzept entscheiden können. ___________ 217) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 173. 218) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 116. 219) Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 5; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 116; Frege/ Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 1919; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 287; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 4; Kröger, Rechtsgründe, S. 81; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, § 217, Rn. 35; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 45; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 4; a. A. ohne Begründung Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 6.69; Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 10. 220) Decker, in: HambKomm-InsO, § 156, Rn. 1.
43
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
97 Will man auf den Berichtstermin verzichten, müssten die Gläubiger stattdessen im Erörterungstermin zum Insolvenzplan vollumfänglich informiert werden. Doch dort werden üblicherweise nur der Plan und das Stimmrecht der Beteiligten erörtert, § 235 Abs. 1 Satz 1 InsO. Auch die Erläuterung des darstellenden Teils, die Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage des Schuldners und ihrer Ursachen enthält, wird regelmäßig bereits im Kontext des vorgelegten Insolvenzplans stattfinden. Da der Planersteller für seinen Plan werben würde, würden die Beteiligten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausreichend über alternative Verwertungsmöglichkeiten informiert und effektiv vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Suche nach der besten Verwertungsmethode, die der Gesetzgeber ermöglichen wollte,221) könnte nicht stattfinden. Daraus folgt, dass die Information der Gläubiger im Erörterungstermin derjenigen im Berichtstermin nicht gleichwertig ist.222) Im Gegenteil widerspräche die Möglichkeit eines Verzichts auf den Berichtstermin dem Konzept des Insolvenz(plan)verfahrens als „Entdeckungsverfahren“223). Es untergrübe die Entscheidungsfreiheit der Gläubiger, deren Verwirklichung das Insolvenzplanverfahren dient. Daher sind die §§ 156 – 158 InsO nicht plandispositiv. Darüber hinaus ist dem Insolvenzgericht dringend zu empfehlen, den Berichtstermin vor dem Erörterungstermin zu terminieren, damit die umfassende Information der Beteiligten sichergestellt ist.
5.
Verwertung im engeren Sinne
a) Grundsätzliche Dispositivität 98 Die §§ 159 – 164 InsO regeln die Verwertung der Massegegenstände. Diese Vorschriften unterfallen eindeutig dem Begriff „Verwertung“ im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 3 InsO. Sie sind grundsätzlich plandispositiv. In Insolvenzplänen sind vielfältige Verwertungsregelungen denkbar, etwa der Verkauf einzelner Massegegenstände an einen bestimmten Bieter, zu einem bestimmten Preis, in einem bestimmten Verfahren oder zu einem bestimmten Zeitpunkt.224) Tatsächlich enthalten viele Insolvenzpläne Abweichungen von den gesetzlichen Verwertungsvorschriften. Gerade bei Sanierungsplänen unter Erhaltung des Rechtsträgers ist dies zwangsläufig der Fall, da das Regelverfahren die Verwertung durch Liquidation vorsieht.225) Die ___________ Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 92; vgl. auch Balz, ZIP 1988, 273 (277 – 278). Ebenso Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 116; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 287. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 92; Balz, ZIP 1988, 273 (277 – 278). Zahlreiche Regelungsvorschläge bei Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 68 – 70; Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 272 – 304; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 117; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 217 (Stand: 28.1.2019), Rn. 21; Jaffé, in: FK-InsO, § 217, Rn. 70 – 90. 225) Die übertragende Sanierung ist auch im Regelverfahren möglich; vgl. Eidenmüller, in: MüKoInsO, § 217, Rn. 117.
221) 222) 223) 224)
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IV. Verwertung der Insolvenzmasse
„übertragende Sanierung“226) ist keine Ausnahme: Sie stellt eine Sonderform der Liquidation durch die Veräußerung des gesamten Betriebes dar.227)
b) Betonung der Gläubigerautonomie durch die §§ 159, 160, 162 InsO Untersucht man die §§ 159 – 164 InsO im Einzelnen, so zeigt sich, dass die §§ 159, 99 160, 162 InsO plandispositiv sind. Sie sind auch im Regelverfahren wesentlicher Ausdruck der Gläubigerautonomie.228) § 159 InsO statuiert zwar einerseits die grundsätzliche Verwertungskompetenz des Insolvenzverwalters, räumt aber andererseits im Regelverfahren den Gläubigerorganen die Kompetenz zum Beschluss abweichender Regelungen ein. Dann müssen die Gläubiger im Planverfahren erst recht zum Beschluss abweichender Regelungen befugt sein. § 160 und § 162 InsO fordern im Regelverfahren für besonders bedeutsame Rechtshandlungen bzw. die Betriebsveräußerung an besonders Interessierte die Zustimmung der Gläubigerorgane. Im Insolvenzplan kann eine solche Zustimmung ohne Weiteres ausgesprochen werden, da der Insolvenzplan ein detailliertes Verwertungskonzept hinsichtlich des gesamten Schuldnervermögens beinhaltet. Die Zustimmung der Gruppen zum Insolvenzplan nach § 244 InsO ersetzt die Zustimmung des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung im Verfahren des § 76 Abs. 2 InsO.229)
c)
Dogmatische Einordnung der Verwertungsregelungen
Die dogmatische Einordnung der Verwertungsregelungen unterscheidet sich je nach 100 verwendetem Plantyp. Diese Varianz ist eine Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, mit dem Plan als einheitlichem Instrument mehrere historisch separat gewachsene Verfahrensarten modifizieren zu wollen. Erstens gibt es den Sanierungsplan nach dem „Vergleichsmodell“, der dem (Zwangs-)Vergleich der KO bzw. VglO nachempfunden ist. Hier wird der Insolvenzplan nach Planbestätigung aufgehoben. Der Schuldner erhält die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zurück (§ 258 Abs. 1, § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO) und führt die Verwertung und Auszahlung der Planquote durch. In dieser Konstellation begründet die Verwertungsregelung eine schuldrechtliche Pflicht des Schuldners, die Gegenstände entsprechend zu verwerten. Ob jeder einzelne Gläubiger einen korrespondierenden Anspruch auf Durchfüh-
___________ 226) Thiele, in: Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Hdb Fachanwalt InsR, Kapitel 14, Rn. 67. 227) Grundlegend Schmidt, ZIP 1980, 328 (337); ausführlich Thiele, in: Wimmer/Dauernheim/ Wagner/Gietl, Hdb Fachanwalt InsR, Kapitel 14, Rn. 10 – 23. 228) Förster, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 160, Rn. 5; Zimmermann, ZInsO 2012, 245. 229) Görg/Janssen, in: MüKo-InsO, § 160, Rn. 35; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 45; Zipperer, in: Uhlenbruck, § 160, Rn. 5.
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
rung der Verwertungsmaßnahmen hat, hängt von der Auslegung des Plans ab.230) Außerdem können gemäß § 228, § 254a Abs. 1 InsO auch dingliche Erklärungen in den Insolvenzplan aufgenommen werden, die Verfügungscharakter haben. Wird beispielsweise der Verkauf eines Massegegenstandes im Insolvenzplan geregelt, kann bereits der Durchführungsakt, nämlich die Veräußerung, mitgeregelt werden. Die dingliche Willenserklärung des Erwerbers, die nicht Teil des Insolvenzplans ist, kann entsprechend § 230 Abs. 3 InsO als Plananlage beigefügt werden.231) Sind für die dingliche Übertragung bestimmte Publizitätsakte erforderlich, z. B. die Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB oder die Eintragung nach § 873 Abs. 1 BGB, so werden diese jedoch nicht durch den Plan ersetzt und müssen separat vorgenommen werden.232)
101 Zweitens ist es spätestens seit der mit dem ESUG erfolgten Neufassung des § 258 Abs. 1 InsO233) möglich, einen Sanierungsplan zu beschließen, bei dem das Insolvenzverfahren nach Planbestätigung nicht aufgehoben wird. Die Verwertungsmaßnahmen und sogar die Auszahlung der Planquote finden dann durch den Insolvenzverwalter statt. Drittens kann auch ein Liquidationsplan beschlossen werden, bei dem der Plan nur das Regelverfahren modifiziert. In diesen beiden Konstellationen hat die Verwertungsregelung prozessuale Wirkung. Sie stellt eine Erlaubnis für den Verwalter dar, die Massegegenstände wie im Plan beschrieben zu verwerten und ersetzt eine Entscheidung der Gläubiger nach den §§ 160, 162 InsO. Die §§ 161, 163 InsO werden im Falle einer Verwertungsregelung im Insolvenzplan gegenstandslos.
d) Generelle Zustimmungen zu Verwertungshandlungen 102 Fraglich ist, ob im Insolvenzplan generelle Zustimmungen zu Verwertungshandlungen zulässig sind. Fritzsche lehnt das ab, da eine Regelung, die dem Verwalter freie Hand ließe, Verfahrensgarantien der Gläubiger nach den §§ 160 – 163 InsO ___________ 230) Kategorisch ablehnend, aber ohne Begründung Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 16. Haben die Gläubiger keinen Anspruch, so kann die Festlegung der Verwertung als Planbedigung (§ 249 InsO) oder deren Ausbleiben als auflösende Bedingung (§ 258 Abs. 2 BGB) gedacht werden. Für die Zulässigkeit der auflösenden Bedingung Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 87; Schultze/Tögel, ZIP 2011, 1250; eher dagegen sprechend, aber offen gelassen in Begr. RegE EGInsO, BT-Drs. 12/3803, 135. Dagegen ist die Planüberwachung zur Überwachung von Verwertungsmaßnahmen ungeeignet; vgl. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 19; a. A. Frank, Überwachung, Rn. 70, der meint, Verwertungsmaßnahmen könnten überwacht werden, wenn sie sich auf die Fähigkeit des Schuldners zur Planerfüllung auswirken können. 231) Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 228 (Stand: 4/2017), Rn. 4; Thies, in: HambKommInsO, § 228, Rn. 5. Zu Verträgen mit Dritten im Insolvenzplan siehe Rn. 363. 232) Andres, in: Andres/Leithaus, § 228, Rn. 9; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 16; Spliedt, in: K. Schmidt, § 254a, Rn. 1. 233) Ausführlich hierzu und zu verfahrensbegleitenden Plänen siehe Rn. 142.
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IV. Verwertung der Insolvenzmasse
aushebele.234) Der Insolvenzplan dürfe nicht als Mittel zur Umgehung der Zustimmungserfordernisse nach den §§ 160, 162, 163, 76 Abs. 2 Hs. 1 InsO eingesetzt werden.235) Damit knüpft Fritzsche an den Diskurs an, der auch im Regelverfahren zur Zulässigkeit genereller Zustimmungen im Rahmen der §§ 160 – 163 InsO geführt wird.236) Fritzsche übersieht, dass das Insolvenzplanverfahren ein eigenes Abstimmungsver- 103 fahren (§§ 235 – 244 InsO) und ein eigenes Rechtsschutzverfahren (§§ 245 – 253 InsO) kennt, das die Verfahrensrechte der Gläubiger abschließend regelt.237) Von einer „Umgehung“ des Abstimmungsverfahrens gemäß § 76 Abs. 2 InsO kann keine Rede sein. Vielmehr greift der Abstimmungsmodus nach Gruppen gemäß den §§ 243 – 244 InsO ohne Weiteres ein. Zudem ist das Abstimmungsverfahren über den Insolvenzplan dem Verfahren nach § 72 InsO oder § 76 Abs. 2 InsO überlegen238) und bietet eine höhere Richtigkeitsgewähr. Diese Richtigkeitsgewähr muss sich aus einer Wertentscheidung des Gesetzgebers ergeben, da es eine „objektiv“ richtige Verwertungsentscheidung im Verteilungskampf der insolvenzrechtlichen Akteure nicht gibt. Diese Wertentscheidung ist die Zielsetzung der InsO, einen breiten Interessenausgleich zwischen den Beteiligten zu schaffen.239) In der Gläubigerversammlung, in der sich das Stimmrecht gemäß § 76 Abs. 2 InsO allein nach der Forderungshöhe bzw. des Absonderungsrechts bestimmt, gibt es keinen breiten Interessenausgleich. Die Abstimmung wird regelmäßig durch die Großgläubiger kontrolliert.240) Gleiches gilt im Grundsatz auch für den Gläubigerausschuss, wenngleich diesem auch Vertreter der Kleingläubiger und Arbeitnehmer angehören (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 1 InsO). Anders ist es im Abstimmungsmodus der InsO. Dort stimmen die Planbeteiligten in Gruppen unterschiedlicher Rechtsstellung und wirtschaftlicher Interessen ab und müssen in jeder Gruppe zusätzlich zur Summenmehrheit eine Kopfmehrheit (§ 244 Abs. 1 InsO) erreichen. Überstimmte Beteiligte werden durch ___________ 234) Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 287. 235) Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 288. 236) Zum Streitstand vgl. Zimmermann, ZInsO 2012, 245 (247); Zipperer, in: Uhlenbruck, § 160, Rn. 7 jeweils m. w. N.; differenzierend Wegener, in: FK-InsO, § 160, Rn. 26; zum überkommenen Recht: Hahn, Motive zur KO, S. 321; Weber, in: Jaeger-KO, §§ 133, 134, Rn. 4. 237) Vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 1.10.2013 – 5 U 145/13, ZIP 2013, 2018 (2019 – 2020): Das als abschließend konzipierte Rechtsschutzsystem des Insolvenzplanverfahrens schließt die Berufung auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht aus. 238) Im Ergebnis ebenso Görg/Janssen, in: MüKo-InsO, § 160, Rn. 35, die betonen, dass ein einmal beschlossener Plan nicht durch spätere Beschlüsse der Gläubigerversammlung nach den §§ 160, 76 Abs. 2 InsO konterkariert werden könne. 239) Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 90 – 94; Bork, InsR, Rn. 365; kritisch zur Konzeption der InsO, ein Interessenausgleich könne mit marktwirtschaftlichen Instrumenten gelingen Henckel, KTS 1989, 477 (483). 240) Kritisch hierzu Wimmer, ZIP 2013, 2038. Vgl. auch Pape, NZI 2006, 65, der anschaulich beschreibt, dass sich in der Praxis oft nur die öffentlich-rechtlichen Gläubiger und die (meist besicherte) „Hausbank“ am Verfahren beteiligen. Die Kleingläubiger, für die sich die Beteiligung am Verfahren finanziell meist nicht lohnt, verfallen in rationale Apathie.
47
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
Minderheitenschutzinstrumente geschützt und ihnen wird das Ergebnis des Regelverfahrens garantiert, wobei das Gericht Risiken angemessen berücksichtigen kann.241)
104 Es bleibt zu hoffen, dass die Planbeteiligten dem Insolvenzverwalter jedenfalls keinen völligen „Blankoscheck“ ausstellen und zumindest ein detailliertes Verwertungskonzept verlangen. Doch wenn trotz des komplexen Abstimmungsverfahrens ein Plan verabschiedet wird, der dem Insolvenzverwalter freie Hand lässt, so liegt das abschließend im Ermessen – und Risiko – der Gläubiger. Der Zweck der §§ 160, 162 InsO besteht – wie schon in den Vorgängervorschriften der § 133 Nr. 2, § 134 KO 1898242) – in der Beteiligung der Gläubiger als Träger des wirtschaftlichen Risikos sowie im Schutz der Gläubiger vor dem eigenmächtigen Handeln des Insolvenzverwalters.243) Wenn sich die Gläubiger freiwillig und voll informiert dieses Schutzes begeben, ist gesetzlicher Paternalismus unangebracht. Daher sind generelle Zustimmungen zu Verwertungshandlungen zulässig.
e)
Zwischenergebnis
105 Die §§ 159, 160, 162 InsO sind dispositiv. Es können einzelne, im Plan genau bezeichnete Verwertungshandlungen erlaubt werden oder generelle Zustimmungen zu Verwertungshandlungen im Plan erteilt werden. Die Rechte der Beteiligten sind durch die Minderheitenschutzinstrumente gewahrt.
6.
Verwertung von Massegegenständen mit Absonderungsrechten
106 Der dritte Abschnitt des vierten Teils der InsO regelt in den §§ 165 – 173 InsO die Verwertung von Massegegenständen mit Absonderungsrechten. Während die bei Rn. 98 ff. dargestellten Verwertungsvorschriften den Schutz der Interessen aller Insolvenzgläubiger gegenüber dem Insolvenzverwalter bezwecken, kommt bei den Vorschriften über die Verwertung von Massegegenständen mit Absonderungsrechten die Perspektive des Absonderungsberechtigten hinzu. Die §§ 165 – 173 InsO regeln demzufolge den Interessenkonflikt zwischen dem Insolvenzverwalter und den ungesicherten Insolvenzgläubigern einerseits244) und dem Absonderungsberechtigten anderseits.245) ___________ 241) Siehe Rn. 17 und Rn. 59 ff. 242) Hahn, Motive zur KO, S. 318; Weber, in: Jaeger-KO, §§ 133, 134, Rn. 3; zur Übernahme dieser Vorschriften in die InsO vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 174. 243) Balthasar, in: Nerlich/Römermann, § 160 (Stand: 1/1999), Rn. 3; Zipperer, in: Uhlenbruck, § 160, Rn. 1. 244) Die §§ 165 – 173 InsO schließen die Anwendbarkeit der §§ 159 – 164 InsO nicht aus. So ist bei der Verwertung eines mit einer Hypothek belasteten Grundstücks des Schuldners auch die Zustimmung des Gläubigerausschusses bzw. der Gläubigerversammlung nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 InsO erforderlich; vgl. Brinkmann, in: Uhlenbruck, § 165, Rn. 27. 245) Landfermann, in: Kayser/Thole, Vor §§ 165 – 173, Rn. 1.
48
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
Im Rahmen des § 217 InsO kann man die Vorschriften entweder unter „Befriedi- 107 gung der absonderungsberechtigten Gläubiger“ (§ 217 Satz 1 Var. 1 InsO) oder unter „Verwertung der Insolvenzmasse“ (§ 217 Satz 1 Var. 3 InsO) subsumieren. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses ergibt die Auslegung des § 217 InsO in Verbindung mit den §§ 165 – 173 InsO, dass diese Vorschriften plandispositiv sind. Entsprechend gilt das zu diesen Varianten unter Rn. 34 ff. und Rn. 98 ff. Gesagte. Die Frage, unter welche Variante (oder beide) eine bestimmte Abweichung fällt, wird unter Zugrundelegung des obigen Verständnisses als Regelung eines Interessenkonflikts zu einer Frage der Perspektive. Dogmatisch kann allenfalls ein Unterschied darin gesehen werden, dass die unter Rn. 34 ff. diskutierten Fälle in das materiellrechtlich bestehende Absonderungsrecht eingreifen, während die §§ 165 – 173 InsO eher prozessuale Vorgänge regeln. Als mögliche Regelungsgegenstände einer Abweichung von den §§ 165 – 173 InsO 108 kommen zum Beispiel eine abweichende Regelung hinsichtlich der Kostenbeiträge (§§ 170, 171 InsO), der Verwertungsbefugnis (§§ 165 – 169, 173 InsO), der Nutzung des Absonderungsgegenstandes für die Insolvenzmasse (§ 172 InsO) oder der Verteilung des Erlöses (§ 173 InsO) in Betracht.246) Bedenken sind dagegen angebracht, wenn etwa dem Absonderungsberechtigten die Möglichkeit genommen werden soll, gemäß § 168 Abs. 1 Satz 2 InsO auf eine günstigere Verwertungsmöglichkeit hinzuweisen und vermögensrechtlich entsprechend gestellt zu werden (vgl. § 168 Abs. 2 InsO). Eine solche Einschränkung eines prozessualen Rechts kann Vermögenseinbußen beim Absonderungsberechtigten zur Folge haben, ohne dass er bereits im Zeitpunkt des Planbeschlusses adäquate Rechtsschutzmöglichkeiten hätte.247)
7.
Disposition über Anfechtungsansprüche
In vielen Fällen wird ein erheblicher Teil der Verteilungsmasse durch die Insol- 109 venzanfechtung generiert. Der Anfechtungsanspruch nach den §§ 129 – 143 InsO ist auf die Rückgängigmachung gläubigerbenachteiligender Vermögensverschiebungen gerichtet, vgl. § 143 Abs. 1 InsO. Er entsteht mit Verfahrenseröffnung und kann nur durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.248) Korrespondierend dazu hat der Insolvenzverwalter die durch § 60 InsO bewehrte Pflicht, Anfechtungsansprüche geltend zu machen.249) Der Anfechtungsanspruch stellt ein Sonderaktivum der Insolvenzmasse dar, ohne zum Schuldnervermögen zu gehören.250) ___________ 246) Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 73. 247) Detailliert hierzu siehe Rn. 188 und Rn. 262. 248) BGH, Urt. v. 3.12.1954 – V ZR 96/53, BGHZ 15, 333 (337); Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102 (105); Urt. v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 (Rn. 20). 249) Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (110); Pape, in: FS Kübler, S. 487 (492). 250) Thole, ZIP 2014, 1653 (1654).
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
110 Fraglich ist, ob im Insolvenzplan auch Regelungen zur Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen getroffen werden können. Zum Beispiel könnte der Plan regeln, ob und inwieweit ein Anfechtungsanspruch geltend gemacht werden soll. Genauso ist denkbar, dass die Gläubiger einem Vergleich zwischen Insolvenzverwalter und Anfechtungsgegner über den Anfechtungsanspruch im Insolvenzplan zustimmen. Vielleicht wollen die Beteiligten den Vergleich auch im Insolvenzplan selbst vereinbaren, wenn der Anfechtungsgegner dementsprechende Willenserklärung abgibt und dem Plan nach § 230 Abs. 3 InsO anfügt.251)
a) Der Wortlaut des § 217 InsO 111 Der Wortlaut des § 217 InsO erwähnt die Insolvenzanfechtung nicht ausdrücklich.252) Da es sich beim Anfechtungsanspruch um einen der Masse zugutekommenden Vermögensgegenstand handelt, spricht jedoch vieles dafür, Regelungen über die Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs zu den Verwertungsregelungen (§ 217 Satz 1 Var. 3 InsO) zu zählen.253) Dass die Insolvenzanfechtung systematisch nicht zusammen mit den anderen Verwertungsvorschriften im vierten Teil der InsO steht, ist unbedeutend. Das ist durch den chronologisch konzipierten Aufbau der InsO bedingt, in welchem häufig erst die Geltendmachung der Anfechtungsansprüche den Weg zur Soll-Masse ebnet, die anschließend verwertet werden kann.254)
112 Pape und Buchalik/Hiebert gehen noch einen Schritt weiter. Sie folgern aus dem Ziel der Insolvenzanfechtung, verteilungsfähige Masse zu generieren, dass die Insolvenzanfechtung gleichermaßen einen Teil der Gläubigerbefriedigung, der Verfahrensabwicklung sowie der Verteilung darstelle.255) Damit kommen Pape und Buchalik/ Hiebert zum gleichen Ergebnis wie die hier geäußerte Auffassung. Da aber praktisch jede Entscheidung und sogar bloße Untätigkeit Auswirkungen auf die Gläubigerbefriedigung hat, ist Vorsicht angebracht: Ein so weitgehendes Verständnis der Tatbestandsmerkmale des § 217 InsO riskiert, dass diese völlig verschwimmen und entgrenzt werden.
b) Unerheblichkeit der Eigenheiten des Anfechtungsanspruchs 113 Fraglich ist, ob die speziellen Eigenschaften des Anfechtungsanspruchs seine Planfestigkeit erfordern. Man könnte hier an zwei Punkten ansetzen: Erstens hat der Insolvenzverwalter das eigenverantwortliche Recht und die Pflicht, den Anspruch zu ___________ 251) Zur Einbeziehung Dritter in den Insolvenzplan siehe Rn. 363. 252) Auch sonst wird die Insolvenzanfechtung in den §§ 217 ff. InsO nur in § 259 Abs. 3 InsO erwähnt. Zu dieser Vorschrift siehe Rn. 296. 253) Thole, ZIP 2014, 1653 (1659). 254) Thole, ZIP 2014, 1653 (1659). 255) Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (111); Pape, in: FS Kübler, S. 487 (493).
50
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
verwerten.256) Die Insolvenzanfechtung wird teils sogar als „vornehmste Aufgabe“ des Insolvenzverwalters angesehen.257) Daraus könnte man folgern, dass Anfechtungsansprüche von Gesetzes wegen zwingend geltend gemacht und wenn nötig eingeklagt werden müssten. Diese Annahme ist aber bereits im Regelverfahren unzutreffend. Der Insolvenzverwalter darf nach seinem Ermessen die Risiken der Geltendmachung des Anspruchs abwägen und sich vergleichen.258) Der Anspruch ist nach mittlerweile allgemeiner Auffassung auch abtretbar,259) was eine Verwertung durch Verkauf der Forderung ermöglicht. Wenn bereits das Regelverfahren so viel Flexibilität bei der Geltendmachung zulässt, muss den Beteiligten im Planverfahren erst recht die Möglichkeit zustehen, die beste Verwertungsart des Anspruchs zu regeln.260) Zweitens könnte man annehmen, dass der Anfechtungsanspruch dergestalt an den 114 Insolvenzverwalter gebunden sei, dass allein dieser über die Geltendmachung entscheiden dürfe. So gibt etwa Smid zu bedenken, dass durch Regelungen über Anfechtungsansprüche in Rechte des Insolvenzverwalters als nicht am Planverfahren Beteiligten eingegriffen werden könnte.261) Jedoch besteht die Befugnis des Insolvenzverwalters, allein über die Geltendmachung zu entscheiden, selbst im Regelverfahren nur eingeschränkt. Auch dort kann der Insolvenzverwalter beispielsweise gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO auf die Zustimmung der Gläubigerorgane zur Klageerhebung angewiesen sein.262) Im Planverfahren tragen Bedenken, dass der Anfechtungsanspruch an den Verwalter gebunden sei, noch weniger. Die Insolvenzanfechtung ist kein Selbstzweck, sondern soll der Masse und damit den Gläubigern zugutekommen. Dann darf es der Gläubigergemeinschaft im Planverfahren nicht verwehrt sein, selbst zu entscheiden, ob und wie der Anspruch verwertet werden ___________ 256) BGH, Urt. v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353 (360); Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (110); Pape, in: FS Kübler, S. 487 (492). 257) BGH, Urt. v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353 (360); fast wortgleich Thole, ZIP 2014, 1653. 258) BGH, Urt. v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94, NJW 1995, 2783 (2784); Bork, ZIP 2006, 589 (592); Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (110); Pape, in: FS Kübler, S. 487 (495); Thole, ZIP 2014, 1653 (1654 – 1655). 259) BGH, Versäumnisurteil v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 (Rn. 8); Versäumnisurteil v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11, ZIP 2013, 531 (10) m. w. N.; grundlegend Eckardt, KTS 1993, 585. Die in frühen Entscheidungen des Reichsgerichts (RG, Urt. v. 5.1.1893 – Rep. VI. 228/92, RGZ 30, 71 (76)) geäußerte Auffassung, nach der die Abtretung deshalb unzulässig sei, weil die Gegenleistung für die Abtretung regelmäßig hinter dem Nennbetrag der Forderung zurückbleibe, wird heute als überholt angesehen; siehe nur BGH, Versäumnisurteil v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 (Rn. 10). 260) Ebenso Pape, in: FS Kübler, S. 487 (495). 261) Smid, ZInsO 2016, 128 (133). Im Ergebnis kommt auch Smid zum Ergebnis, dass Anfechtungsansprüche dispositiv sind, wobei er bei Verwalterplänen auf § 230 Abs. 3 InsO zurückgreift. 262) Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (110); Pape, in: FS Kübler, S. 487 (494); a. A. Wimmer, ZIP 2013, 2038 (2039).
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
soll.263) Die Besonderheiten des Anfechtungsanspruchs rechtfertigen es nicht, ihn von der Regelungsbefugnis der Planbeteiligten auszunehmen.
c)
Keine Indizwirkung des ESUG
115 Buchalik/Hiebert argumentieren weiter, dass Anfechtungsansprüche deshalb plandispositiv sein müssten, weil der ESUG-Gesetzgeber größtmögliche Gestaltungsfreiheit für die Gläubiger schaffen wollte.264) Auch das Ziel, eine frühe Insolvenzantragstellung zu fördern, könne nur erreicht werden, wenn Anfechtungsansprüche dispositiv seien. Denn da die Anfechtungsgegner in der Praxis oft Geschäftsführer und Gesellschafter seien, schaffe eine besonders strenge Durchsetzung der Anfechtungsansprüche einen Anreiz, die Insolvenzantragstellung so lange wie möglich hinauszuzögern und auf eine Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse zu spekulieren.265)
116 Es trifft zu, dass der ESUG-Gesetzgeber die Gläubigerautonomie stärken wollte.266) Diese Absicht des Gesetzgebers kann grundsätzlich bei der Auslegung des § 217 InsO berücksichtigt werden.267) Andererseits darf die Bedeutung des ESUG für die Dispositivität von Anfechtungsansprüchen im Speziellen nicht überschätzt werden. Denn das ESUG führte keine Änderungen hinsichtlich der Plandispositivität von Anfechtungsansprüchen herbei. Auch die Gesetzgebungsmaterialien zum ESUG sagen nichts hierzu.268) Das Argument, die Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen behindere die frühe Insolvenzantragstellung, kann ebenfalls nicht durchgreifen. Das Gesetz versucht, die rechtzeitige Insolvenzantragstellung mit Haftungs- und Strafvorschriften sicherzustellen (z. B. § 15a InsO; § 64 GmbHG).269) Das Argument von Buchalik/Hiebert läuft darauf hinaus einzugestehen, dass dieser Ansatz fehlgeschlagen ist, und entsprechende Anreize stattdessen durch Aushebelung des Anfechtungsmechanismus zu schaffen. Das führt bereits im Ausgangspunkt zu einer ungerechtfertigten Begünstigung der Anfechtungsgegner und kann vom Gesetzgeber, dessen Konzept das gerade nicht ist, nicht beabsichtigt worden sein. Daher ist das Argument ungeeignet, die Plandispositivität der Anfechtungsansprüche zu begründen.
d) Unerheblichkeit der Präventionswirkung der Anfechtung 117 Der Zweck der Insolvenzanfechtung ist es, gläubigerbenachteiligende Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen und hierdurch die Gläubigergleichbehand___________ 263) 264) 265) 266) 267) 268) 269)
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Ebenso Pape, in: FS Kübler, S. 487 (494); Thole, ZIP 2014, 1653 (1659). Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (112). Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (113). Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 90. Ebenso Pape, in: FS Kübler, S. 487 (494). Ebenso Pape, in: FS Kübler, S. 487 (494). Thole, ZIP 2014, 1653 (1654); Wimmer, ZIP 2013, 2038.
IV. Verwertung der Insolvenzmasse
lung zu fördern.270) Ein Anfechtungsgegner erhält durch die anfechtbare Handlung praktisch eine Befriedigungsquote von 100 Prozent, was durch die Rückgewähr des Anfechtungsgegenstands nach § 143 InsO vermieden werden soll.271) Thole und Wimmer betonen daneben die Steuerungszwecke bzw. die Präventionswirkung der Anfechtung. Durch die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung sollen Gläubiger und Schuldner generalpräventiv von masseschädigenden Handlungen abgehalten werden.272) Wimmer zieht daraus die Konsequenz, dass die Insolvenzanfechtung der Gläubigerdisposition entzogen sein solle, damit die Präventionswirkung nicht vereitelt wird.273) Trotz alledem kann der Verweis auf die Präventionswirkung im Ergebnis nicht über- 118 zeugen. Das ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Präventionswirkung bereits dadurch geschwächt wird, dass manche anfechtbare Handlungen unentdeckt bleiben.274) Dann müssten mehr Anstrengungen unternommen werden, anfechtbare Handlungen aufzudecken. Das überzeugende Argument ist vielmehr, dass der Präventionswirkung in Wirklichkeit keine herausgehobene Bedeutung zukommt. Bereits im Regelverfahren wird sie durch die Möglichkeit relativiert, dass sich der Insolvenzverwalter über den Anfechtungsanspruch vergleichen kann. Das ist nur aus der Perspektive des den Anspruch verwertenden Verwalters sinnvoll, der dann nicht gezwungen ist, Prozesse mit ungewissen Erfolgsaussichten zu führen. Aus der Sicht des Anfechtungsgegners hingegen ist jede Einigung, die hinter dem Nominalbetrag der Forderung zurückbleibt, ein Sieg und schwächt die Präventionswirkung. Würde das Gesetz der Präventionswirkung überragende Bedeutung zumessen, müsste es den Vergleichsschluss verbieten und die Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen weiter erleichtern. Das ist aber nicht der Fall. Der überragend wichtige Zweck ist das Ziel der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 Satz 1 InsO), hinter das die Präventionswirkung zurücktritt. Wenn das Ziel der Gläubigerbefriedigung nach Einschätzung der Gläubiger die Opferung des Präventionseffekts erfordert, muss das in Kauf genommen werden.275)
___________ 270) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 156; BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 173/09, NJW-RR 2013, 419 (Rn. 18); Bork, ZIP 2014, 797 (802). 271) Bork, ZIP 2006, 589 (593); Thole, ZIP 2014, 1653 (1655). 272) Thole, ZIP 2014, 1653 (1654); Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 11, Rn. 18; ebenso Koss, Insolvenzanfechtung, S. 157; Wimmer, ZIP 2013, 2038 unter Verweis auf Drukarczyk, Unternehmen und Insolvenz, S. 229, der früh auf diese Funktion hinwies. 273) Wimmer, ZIP 2013, 2038 (2039) im Zusammenhang mit § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO. 274) So aber Thole, ZIP 2014, 1653 (1654); wie hier Wimmer, ZIP 2013, 2038 (2039). 275) A. A. Thole, ZIP 2014, 1653 (1659); Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 11, Rn. 18.
53
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
e)
Einschränkungen der Dispositivität von Anfechtungsansprüchen
119 Daher sind Insolvenzanfechtungsansprüche im Grundsatz plandispositiv.276) Fraglich ist jedoch, ob die Dispositivität auf solche Fälle beschränkt werden muss, in denen der Gläubiger im Gegenzug für den Verzicht auf die Geltendmachung des Anspruchs eine vollwertige Gegenleistung in die Masse zahlt.277) Als Schranken für weitergehende Planregelungen kommen insbesondere die Insolvenzzweckwidrigkeit (Rn. 120), das Gleichbehandlungsgebot des § 226 InsO (Rn. 126) und das Verbot der unlauteren Planherbeiführung gemäß § 250 Nr. 2 InsO (Rn. 132) in Betracht.
aa) Insolvenzzweckwidrigkeit 120 Die Disposition über Anfechtungsansprüche könnte dort unzulässig sein, wo sie dem Insolvenzzweck widerspricht. Der Insolvenzzweck besteht aus zwei Elementen, nämlich erstens der größtmöglichen und zweitens der möglichst gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung.278) Im Regelinsolvenzverfahren kommt die Entscheidung über die Verwertung der Insolvenzmasse im Allgemeinen und der Anfechtungsansprüche im Speziellen dem Insolvenzverwalter zu. Dort ist anerkannt, dass insolvenzzweckwidrige Verfügungen des Verwalters unwirksam sind.279) Weitere Voraussetzung für die Insolvenzzweckwidrigkeit ist in Anlehnung an die Grundsätze zum Missbrauch der Vertretungsmacht, dass die Insolvenzzweckwidrigkeit für den Geschäftspartner ohne weitere Anhaltspunkte offensichtlich ist.280) Verfügungen, die nur unzweckmäßig oder unrichtig sind, reichen dagegen nicht aus.281)
121 Thole will die Schranke der Insolvenzzweckwidrigkeit auf die Verfügungen der Gläubiger im Insolvenzplan übertragen. Der Insolvenzzweck überforme das Verfahren ___________ 276) Ebenso die h. M. im Schrifttum: Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 109; Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 4; Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (115); Buchalik/Stahlschmidt, ZInsO 2014, 1144 (1146); Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 120; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 4; Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1308); Pape, in: FS Kübler, S. 487 (494 f.); Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 10; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 4; Thole, ZIP 2014, 1653 (1659); Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 11, Rn. 4. 277) So Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 11, Rn. 15 – 16. 278) BGH, Urt. v. 13.1.1983 – III ZR 88/81, ZIP 1983, 589 (590); Urt. v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353 (360); Urt. v. 20.3.2014 – IX ZR 80/13, NZI 2014, 450 (Rn. 14); RG, Urt. v. 6.5.1911 – Rep. I. 164/10, RGZ 76, 244 (249 – 250). 279) BGH, Urt. v. 13.1.1983 – III ZR 88/81, ZIP 1983, 589 (590); Beschluss v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06, NZI 2008, 365 (Rn. 4); Versäumnisurteil v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11, ZIP 2013, 531 (Rn. 8); Bork, ZIP 2006, 589 (591 – 592); RG, Urt. v. 16.3.1904 – Rep. V. 384/03, RGZ 57, 195 (199 – 200); Urt. v. 25.4.1906 – Rep. I. 614/05, RGZ 63, 203 (213); Urt. v. 6.5.1911 – Rep. I. 164/10, RGZ 76, 244 (249 – 250). 280) BGH, Versäumnisurteil v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11, ZIP 2013, 531 (Rn. 9); Bork, ZIP 2006, 589 (592). 281) BGH, Beschluss v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06, NZI 2008, 365 (Rn. 4); Versäumnisurteil v. 10.1.2013 – IX ZR 172/11, ZIP 2013, 531 (Rn. 9); Pape, in: FS Kübler, S. 487 (495).
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IV. Verwertung der Insolvenzmasse
im Ganzen und nicht nur das Handeln des Verwalters.282) Dass die Gläubiger dem Plan mit Mehrheitsentscheidung zugestimmt hätten, mache den Plan seinem Inhalt nach nicht automatisch insolvenzzweckgemäß.283) Auch Pape ist der Ansicht, Planregelungen könnten insolvenzzweckwidrig sein. Um die Gläubigerautonomie nicht zu untergraben, will er das jedoch erst in absoluten Evidenzfällen annehmen, wenn dem Plan „die Schädigung der Insolvenzgläubiger auf die Stirn geschrieben steht“284). Das ist abzulehnen. Die Insolvenzzweckwidrigkeit ist kein zulässiges Kriterium, 122 an dem eine Planregelung gemessen werden kann. Es fehlt hierfür an einer gesetzlichen Grundlage. § 1 Satz 1 InsO ist nur ein Programmsatz des Gesetzgebers285) und in den §§ 217 ff. InsO sowie insbesondere den §§ 231, 250 InsO findet sich nichts hierzu. Im Gegenteil kann der Insolvenzplan von beiden Aspekten des Insolvenzzwecks abweichen. Im Insolvenzplan soll den Gläubigern gerade keine schematische Verwertungsart vorgegeben werden. Die Gläubiger können entscheiden, bestimmte Massegegenstände anders oder gar nicht zu verwerten. Auch von der Gläubigergleichbehandlung kann abgewichen werden, indem verschiedene Gruppen von Gläubigern differenziert behandelt werden (vgl. §§ 222, 226 InsO).286) Aus historischer Sicht ist zudem zu beobachten, dass gemäß § 79 Nr. 4 VglO 1935; 123 § 188 Nr. 2 KO 1898 ein (Zwangs-) Vergleich aufzuheben war, wenn er dem gemeinsamen Interesse der nicht bevorrechtigten Gläubiger widersprach. Das „gemeinsame Interesse“ der Gläubiger – wenn es ein solches in der zufällig zusammengesetzten Gemeinschaft der Gläubiger geben kann – ist im Wesentlichen gleichbedeutend mit dem Insolvenzzweck.287) Diese Bestimmung hat der Gesetzgeber anders als im Fall des § 78 Abs. 1 InsO bewusst nicht ins Insolvenzplanverfahren übernommen, sondern beschränkte sich auf das Schlechterstellungsverbot in § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO.288) Daraus lässt sich schließen, dass der Insolvenzzweck keine Schranke der Plandispositivität sein soll. ___________ 282) Thole, ZIP 2014, 1653 (1660 – 1661); Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 11, Rn. 18 – 20; generell für die Insolvenzzweckwidrigkeit als Schranke der Regelungsbefugnis der Planbeteiligten: Brünkmans/Greif-Werner, ZInsO 2015, 1585 (1592); Brünkmans/Uebele, ZInsO 2014, 265 (272 – 273); Laroche, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 14, Rn. 80; Meyer, DB 2015, 538 (540); Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 105; Weitbrecht, ZIP 2019, 1849 (1853); für gesellschaftsrechtliche Maßnahmen Andrianesis, WM 2017, 362 (364); Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 74; Priester, in: FS Kübler, S. 557 (19). 283) Thole, ZIP 2014, 1653 (1661). 284) Pape, in: FS Kübler, S. 487 (495 f.). 285) Becker, in: Nerlich/Römermann, § 1 (Stand: 7/2016), Rn. 1; Kießner, in: Braun, § 1, Rn. 1. 286) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 91 – 92; Frank, in: Runkel/Schmidt, AnwHdb-InsR, § 13, Rn. 169. 287) Vgl. Ehricke, in: MüKo-InsO, § 78, Rn. 17; Karg, in: BeckOK-InsO, § 78 (Stand: 28.1.2019), Rn. 1. 288) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 211.
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
124 Die Nichtberücksichtigung der Insolvenzzweckwidrigkeit ist folgerichtig. Im Regelinsolvenzverfahren gilt der Grundsatz der im Außenverhältnis unbeschränkten Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters, § 164 InsO. Die Gläubiger, denen die Insolvenzmasse haftungsrechtlich zusteht, sind dem Verwalter praktisch ausgeliefert. Die Insolvenzverwalterhaftung nach § 60 InsO ist nicht immer ein wirksames Korrektiv. Durch das Kriterium der Insolvenzzweckwidrigkeit versucht die Rechtsprechung, die unbeschränkte Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters in offensichtlichen Missbrauchsfällen einzuschränken. Die Parallele zum Missbrauch der Vertretungsmacht leuchtet ein: Auch dort ist der Geschäftsherr möglichem Missbrauch durch den Vertreter ausgeliefert, besonders bei der unbeschränkten Vertretungsmacht von Geschäftsführern und Vorständen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1, § 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG; § 78 Abs. 1 Satz 1, § 82 Abs. 1 AktG). Hier wie dort wird die gesetzliche Grundsatzentscheidung in einem Ausnahmefall durchbrochen.
125 Im Insolvenzplanverfahren herrschen dagegen andere Voraussetzungen. Hier wird die Verwertung der Insolvenzmasse von den Gläubigern bestimmt. Entsprechend passt die Parallele zum Missbrauch der Vertretungsmacht, die im Regelverfahren gezogen wird, nicht. Zwar garantiert auch die Bestimmung durch die Gläubiger nicht, dass die Masse immer bestmöglich und gerecht verwertet wird. Doch meist gibt es kein objektiv gerechtes Ergebnis der Verwertung des Schuldnervermögens. Das Insolvenzplanverfahren ist als Entdeckungsverfahren konzipiert, in dem die Gläubiger durch Verhandlungen aus einer Vielzahl von Optionen die beste Verwertungsmöglichkeit im Einzelfall finden.289) Dem Gericht steht es nicht zu, seine eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen unter Anführung des Insolvenzzwecks anstelle jene der Gläubiger zu stellen. Für den notwendigen Minderheitenschutz überstimmter Gläubiger sorgen ausschließlich die Planvorschriften.290)
bb) Gleichbehandlungsgebot des § 226 InsO 126 Die Dispositivität von Anfechtungsansprüchen könnte durch das Gleichbehandlungsverbot des § 226 InsO eingeschränkt sein, wenn der Anfechtungsgegner gegenüber den anderen Insolvenzgläubigern bevorzugt wird. § 226 Abs. 1, 2 InsO bestimmt, dass allen Beteiligten einer Gruppe gleiche Rechte anzubieten sind, es sei denn, alle benachteiligten Gläubiger stimmen zu.
127 Es bietet sich an, einen Beispielsfall zu bilden: Der fast zahlungsunfähige Schuldner befriedigt kurz vor der Insolvenz einen bedeutenden Lieferanten vollständig. Der Lieferant wusste, dass die Zahlung die anderen Gläubiger benachteiligte. Der Insolvenzplan sieht vor, dass der sich aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1, 2 InsO ergebende Anfechtungsanspruch nicht geltend gemacht werden soll. Die nicht nachran___________ 289) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 92. Siehe auch Balz, ZIP 1988, 273 (278). 290) Darauf anspielend Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 91, die die Verhinderung „verfahrenszweckwidriger Sondervorteile“ erwähnt.
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IV. Verwertung der Insolvenzmasse
gigen Insolvenzgläubiger werden nur quotal befriedigt. Der Anfechtungsgegner, der ohne die Zahlung zur Gruppe der nicht nachrangigen Gläubiger gehören würde, wurde dagegen zu 100 Prozent befriedigt. Da der Anfechtungsgegner aufgrund seiner vollständigen Befriedigung kein Gläubiger mehr ist, ist § 226 Abs. 1, 2 InsO nicht direkt anwendbar.291) Es ergibt sich ein Störgefühl: Die anfechtbare Handlung, die zur Bevorzugung des 128 Anfechtungsgegners geführt hat, führt nun dazu, dass der Anfechtungsgegner aus dem Anwendungsbereich des § 226 Abs. 1, 2 InsO herausfällt. Hier setzt sich die Bevorzugung des Anfechtungsgegners fort. Das spricht dafür, § 226 Abs. 1, 2 InsO analog anzuwenden und auf den Anfechtungsgegner zu erstrecken.292) Die Voraussetzungen für einen Analogieschluss sind eine vergleichbare Interessenlage und eine planwidrige Regelungslücke.293) Die Interessenlage ist vergleichbar, da es aus Sicht der übrigen Gläubiger keine Rechtfertigung für die Bevorzugung des Anfechtungsgegners gibt. Würde der Anfechtungsanspruch geltend gemacht, so müsste er die anfechtbare Leistung zur Masse zurückerstatten und seine wieder auflebende Forderung als Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden, § 144 Abs. 1, 2 InsO. Er wäre ein Insolvenzgläubiger wie jeder andere. Weiterhin spricht für die vergleichbare Interessenlage, dass sowohl § 226 InsO als auch die Insolvenzanfechtung selbst der Verwirklichung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung dienen294) und jedenfalls § 226 InsO auch auf Ausnahmen hiervon angewandt werden sollte. Ob die Regelungslücke planwidrig war, ist aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht 129 ersichtlich. Offenbar ging der Gesetzgeber davon aus, dass alle Anfechtungsansprüche bereits vor der Planbestätigung durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht würden. Doch die Planwidrigkeit liegt nahe, da eine analoge Anwendung des § 226 Abs. 1 InsO systemkonform ist: Solange der Anfechtungsgegner unter normalen Umständen mit anderen Gläubigern in einer Gruppe wäre, darf er entsprechend § 226 Abs. 1 InsO nicht bessergestellt werden als diese. Wenn die Umstände es rechtfertigen, ihn im Rahmen des § 222 InsO in eine eigene Gruppe einzuteilen, dann dürfen für seine Gruppe Sonderregelungen gefunden werden. § 226 Abs. 1 InsO gilt nur innerhalb einer Gruppe, aber nicht gruppenübergreifend.295) Die Umstände, die für
___________ 291) Ebenso Thole, ZIP 2014, 1653 (1660). 292) Ebenso, aber ohne ausdrücklichen Hinweis auf den Analogieschluss Thole, ZIP 2014, 1653 (1660). 293) Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 373 – 382. 294) Im Hinblick auf § 226 InsO vgl. Ober, in: Nerlich/Römermann, § 226 (Stand: 1/2019), Rn. 1, im Hinblick auf die Insolvenzanfechtung vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2012 – IX ZR 173/09, NJW-RR 2013, 419 (Rn. 18); Bork, ZIP 2010, 397 (802). 295) Andres, in: Andres/Leithaus, § 226, Rn. 1; Frank, in: Runkel/Schmidt, AnwHdb-InsR, § 13, Rn. 169; Martini, in: SanRKomm, § 226, Rn. 1.
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
die Einteilung des Anfechtungsgegners in eine besondere Gruppe sprechen, müssen im Plan nach den allgemeinen Regeln für die Gruppenbildung dargestellt werden.296)
130 Versucht man, die abstrakte Erkenntnis, dass § 226 Abs. 1 InsO auf den Anfechtungsgegner analog angewandt werden muss, praktisch anzuwenden, so ergeben sich im Grundsatz drei Fallgruppen, von denen nur eine problematisch ist: Unproblematisch ist eine Regelung im Insolvenzplan, der zufolge Anfechtungsansprüche vor Verfahrensaufhebung oder unter den Voraussetzungen des § 259 Abs. 3 InsO297) auch danach geltend gemacht werden. Zulässig erscheint auch eine vergleichsweise Regelung über den Anspruch, wie sie auch der Insolvenzverwalter finden könnte. Zum Beispiel könnte der Anfechtungsgegner zur wertäquivalenten Abgeltung seines Anspruchs einen Geldbetrag in die Masse bezahlen.298) Ein solcher Vergleich wäre die Verwertung des vollständigen Anfechtungsanspruchs299) und hätte mit § 226 InsO nichts zu tun, da der hinter dem Nominalbetrag der Forderung zurückbleibende Betrag nicht der Befriedigung des Anfechtungsgegners dient, sondern lediglich den Schwierigkeiten der Rechtsdurchsetzung (unklare Rechts- oder Tatsachenlage, Prozessrisiko, Insolvenzrisiko des Anfechtungsgegners) Rechnung trägt.300) Eine wertäquivalente vergleichsweise Regelung kann auch darin bestehen, dass der Anfechtungsgegner eine andere Leistung zur Masse erbringt, etwa eine Mitwirkungshandlung durchführt oder einen Kredit oder andere Betriebsmittel zur Verfügung stellt. Wenn in der Literatur befürchtet wird, durch solche Regelungen könnten sich Gesellschafter im Gegenzug für ihre Kooperation in anderen Punkten aus der Insolvenzanfechtung herauskaufen301) oder die anderen Beteiligten erpressen302), so ist dieses Verhalten rechtlich nicht unbedingt illegitim. Wenn den Anfechtungsgegner keine Rechtspflicht zur Kooperation trifft, darf er seine Kooperation in einer Marktwirtschaft so teuer wie möglich verkaufen.303)
___________ 296) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 200; detailliert zu den Kriterien der Gruppenbildung Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 222, Rn. 80 – 121. 297) Siehe hierzu auch Rn. 297. 298) So eine Planregelung wurde in BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 53) ohne Auseinandersetzung mit dem Problem offenbar für zulässig gehalten. 299) Thole, ZIP 2014, 1653 (1660); Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 11, Rn. 15. 300) Die praktische Folgefrage ist, wie die Wertäquivalenz des Vergleichsbetrags festgestellt werden kann. Der Vergleichsbetrag kann nicht errechnet werden, sondern muss im Verhandlungswege gefunden werden. Die Wertäquivalenz kann im Rahmen der Bestätigungsentscheidung grundsätzlich durch das Insolvenzgericht überprüft werden, wobei die gerichtliche Kontrolle insoweit auf Evidenzfälle beschränkt werden sollte. Zu den Anforderungen an die Darstellung im Insolvenzplan BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 49 – 53); Thole, ZIP 2014, 1653 (1660). 301) Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 11, Rn. 16. 302) So aber Thole, ZIP 2014, 1653 (1660). 303) Ähnlich Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (114).
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IV. Verwertung der Insolvenzmasse
Problematisch sind die Fälle, in denen der Anfechtungsgegner keine wertäquivalente 131 Leistung zur Abgeltung des Anfechtungsanspruchs erbringt. Die Differenz zur wertäquivalenten Leistung ist sein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber den anderen Gläubigern derselben Gruppe. Dieser bedarf zu seiner Zulässigkeit entweder entsprechend § 226 Abs. 2 InsO der Zustimmung aller benachteiligten Gläubiger der Gruppe oder der Eingruppierung des Anfechtungsgegners in eine eigene Gruppe. Ansonsten ist die Planregelung entsprechend § 226 Abs. 1 InsO unzulässig.
cc) Unlautere Planherbeiführung Außerdem könnte das Verbot der unlauteren Planherbeiführung gemäß § 250 Nr. 2 132 InsO die Plandispositivität einschränken.304) Nach dieser Vorschrift ist die Bestätigung des Insolvenzplans von Amts wegen zu versagen, wenn die Annahme des Plans unlauter, insbesondere durch Begünstigung eines Beteiligten, herbeigeführt worden ist. Gemäß § 226 Abs. 3 InsO, der mit § 250 Nr. 2 InsO in engem Zusammenhang steht, ist jedes Abkommen des Insolvenzverwalters, des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Beteiligten, durch das diesen für ihr Verhalten bei Abstimmungen oder sonst im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren ein nicht im Plan vorgesehener Vorteil gewährt wird, nichtig. Der Begriff „unlauter“ ist generalklauselartig unbestimmt und wird als ein Verhalten definiert, das gegen Treu und Glauben verstößt.305) Die Regierungsbegründung erwähnt als Anwendungsfall exemplarisch einen verdeckten Stimmenkauf.306) Pape befürchtet, der (verdeckte) Verzicht auf Anfechtungsansprüche könnte dem 133 Planersteller dazu dienen, die Zustimmung eines Gläubigers zum Plan „zu erkaufen“.307) Damit hat Pape nur im Falle des verdeckten Verzichts recht. Im Ausgangspunkt wird der Insolvenzplan unter den Beteiligten ausgehandelt. Es entspricht dem Konzept von Verhandlungen, dass die Beteiligten versuchen, den größtmöglichen Vorteil für sich herauszuholen und als Druckmittel ihre Stimme im Abstimmungsverfahren über den Plan einsetzen. Dass einem Anfechtungsgegner, der zugleich Gläubiger ist, für seine Stimme eine Gegenleistung angeboten wird, ist daher nicht illegitim, sondern erwünscht. Nach § 250 Nr. 2 InsO unlauter und nach § 226 Abs. 3 InsO nichtig wird erst eine verdeckte Absprache. Das ergibt sich zum einen bereits ___________ 304) So insbesondere Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (113); Laroche, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 14, Rn. 80; Pape, in: FS Kübler, S. 487 (496). 305) BGH, Beschluss v. 3.3.2005 – IX ZB 153/04, BGHZ 162, 283 (289); Jaffé, in: FK-InsO, § 250, Rn. 11; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 250 (Stand: 9/2016), Rn. 11. 306) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 211. Der BGH dehnt den Anwendungsbereich auch auf Forderungskäufe zu einem höheren Preis als der vorgesehenen Planquote, egal ob verdeckt oder offen, aus; BGH, Beschluss v. 3.3.2005 – IX ZB 153/04, BGHZ 162, 283. Die Entscheidung erscheint bedenklich, weil sie auf ein faktisches Abtretungsverbot ab Insolvenzeröffnung hinausläuft, solange der Kaufpreis höher ist als die vom Planersteller vorgesehene Planquote. Hierfür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Wie hier bereits Krebs, NJW 1951, 788 (789). 307) Pape, in: FS Kübler, S. 487 (496).
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C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
aus dem Wortlaut des § 226 Abs. 3 InsO. Zum anderen liegt regelmäßig ein Darstellungsmangel gemäß § 220 Abs. 2 InsO vor, da die anderen Gläubiger nicht entscheiden können, wie werthaltig der Anfechtungsanspruch ist und ob eine Verwertung vorzugswürdig wäre.308) Zugleich kann ein Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO und gegen die Gruppenbildungsvorschriften vorliegen.
8.
Zwischenergebnis
134 Die Vorschriften über die Sicherung und Verwertung der Insolvenzmasse sind weitgehend dispositiv. Ausnahmen sind die Vorschriften, die die Grundlage für die Information der Gläubiger und damit das gesamte Planverfahren bilden. Ausgenommen sind auch Vorschriften außerhalb der InsO. Auch Anfechtungsansprüche sind plandispositiv. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 226 InsO bildet eine Schranke der zulässigen Planregelungen und ist bei der Disposition über Anfechtungsansprüche entsprechend anzuwenden.
V. Verteilung der Insolvenzmasse 1. Definition von „Verteilung“ 135 Nach § 217 Satz 1 Var. 4 InsO kann die Verteilung der Insolvenzmasse an die Beteiligten im Insolvenzplan geregelt werden. Es ist unklar, was der Begriff „Verteilung“ umfasst. Im Gesetz und in den Gesetzgebungsmaterialien ist er nicht definiert; in der Literatur weichen die Definitionen ab. In systematischer Hinsicht liegt nahe, dass der zweite Abschnitt des fünften Teils der InsO gemeint sein könnte, der mit „Verteilung“ überschrieben ist. Entsprechend wird vertreten, dass die §§ 187 – 206 InsO alle unter „Verteilung“ fallen.309) Doch auf den zweiten Blick ist die systematische Betrachtung zugleich zu eng und zu weit. Zu eng ist sie, weil sich bereits § 170 InsO mit der Erlösverteilung in Bezug auf die Verwertung von Massegegenständen mit Absonderungsrechten befasst. Zu weit ist sie, da sich nicht alle Vorschriften in den §§ 187 – 206 InsO ihrem Inhalt nach mit der Verteilung befassen. Die §§ 197, 200 InsO regeln die Verfahrensabwicklung. § 201 InsO regelt die Haftung des Schuldners nach der Verfahrensaufhebung.310) Die rein auf das äußere System beschränkte Betrachtungsweise ist deshalb kein hinreichendes Mittel zur Bestimmung der Verteilungsvorschriften.
___________ 308) Ebenso Buchalik/Hiebert, ZInsO 2014, 109 (113). 309) So im Ausgangspunkt Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 5; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 46; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 5; a. A. Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 92 – 93. 310) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 59; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 122.
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V. Verteilung der Insolvenzmasse
Man muss „Verteilung“ inhaltlich definieren. Der Begriff „Verteilung“ setzt einer- 136 seits voraus, dass mehrere Beteiligte vorhanden sind. Das sind jedenfalls der Schuldner und typischerweise eine Mehrzahl von Gläubigern, unter denen der Verwertungserlös aufgeteilt wird. Man kann als „Verteilung“ also den Aufteilungsschlüssel begreifen, nach dem der Verwertungserlös aufgeteilt wird.311) So gesehen überschneidet sich der Begriff mit dem der „Befriedigung“ (vgl. § 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO).312) Hierfür sprechen auch die amtliche Überschrift des § 187 InsO sowie dessen Absatz 1, wo die Verteilung als „Befriedigung der Gläubiger“ bezeichnet wird. Problematisch ist an dieser Ansicht, dass die Variante „Verteilung“ dann überflüs- 137 sig wäre.313) Ihr Restanwendungsbereich bestünde höchstens dort, wo dem Schuldner etwas zugewandt werden soll oder auf sonstige Weise vom üblichen Verteilungsschlüssel (Befriedigung pro rata) abgewichen werden soll. Beispielsweise kann der Plan vorsehen, dass der Schuldner für die Fortführung seines Gewerbebetriebs einen Grundstock an Kapital, z. B. Geld, behalten soll. Da der Schuldner in der Insolvenz regelmäßig nicht mehr über Geld verfügt, könnte der Plan vorsehen, dass ihm durch eine Kapitalerhöhung oder Zuwendungen Dritter Kapital zugeführt werden soll. Dann wäre es unzweckmäßig, dieses Kapital an die Gläubiger auszuschütten. Daher kann über § 199 Satz 1 InsO hinausgehend dem Schuldner das Kapital zugewandt werden, obwohl die Gläubiger nicht vollständig befriedigt wurden.314) Freilich wäre auch für diesen Beispielsfall der Rückgriff auf die Variante „Verteilung“ nicht zwingend notwendig. Genauso gut könnte man die Quoten der Gläubiger nach § 217 Abs. 1 Var. 2, § 224 InsO kürzen und das Verfahren aufheben. Dann fiele der Rest der Insolvenzmasse gemäß § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO ohne Weiteres an den Schuldner zurück.315) Andererseits kann man „Verteilung“ prozessual definieren. Dann beschreibt der 138 Begriff die Aushändigung des Verwertungserlöses an die Beteiligten, also den Auszahlungsprozess. Diese Sichtweise wird durch die Formulierung „Verteilung an die Beteiligten“316) anstatt „Verteilung auf die Beteiligten“ in § 217 Satz 1 InsO gestützt. Das stimmt inhaltlich mit den §§ 187 – 206 InsO überein, da diese Normen vornehmlich Verfahrensfragen regeln. ___________ 311) Ein solch materiellrechtliches Verständnis haben offenbar Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOKInsO, § 217 (Stand: 28.1.2019), Rn. 22; tendenziell auch Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 91 – 93. 312) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 58; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 122; Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 91 – 93. 313) Ebenso Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 92. Hingegen hält Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 101 die Begriffe „Befriedigung“ und „Verteilung“ für deckungsgleich. 314) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 123. 315) So richtig Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 123. 316) Hervorhebung nicht im Original.
61
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
139 Es gibt berechtigte Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Variante „Verteilung“ ursprünglich auch zum Ausdruck bringen sollte, dass verfahrensbegleitende Pläne möglich sind. Das sind Insolvenzpläne, nach deren Bestätigung das Insolvenzverfahren nicht aufgehoben wird, sondern die das Regelverfahren nur in bestimmten Punkten modifizieren (ausführlich sogleich unter Rn. 142). Denn nur bei solchen Insolvenzplänen kann überhaupt von den §§ 187 – 206 InsO abgewichen werden, da diese Vorschriften auf Sanierungspläne nach dem „Vergleichsmodell“, bei dem der Schuldner die Auszahlung vornimmt, von vornherein keine Anwendung finden.317) Auch die Regierungsbegründung zur InsO erwähnt die Verteilung im Zusammenhang mit verfahrensbegleitenden Plänen. Dort wird ausgeführt, der Plan könne darauf beschränkt werden, im Rahmen eines Liquidationsplans die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten abweichend von den gesetzlichen Vorschriften zu gestalten.318) Liquidationspläne sind meist verfahrensbegleitende Pläne, da es in der Regel nicht sinnvoll ist, dass das Insolvenzverfahren vor der Vollbeendigung der Gesellschaft noch aufgehoben und die Gesellschaft stattdessen durch die Liquidatoren liquidiert wird.319)
140 Zwar hat die Variante „Verteilung“ dann Schnittpunkte mit der Variante „Verfahrensabwicklung“.320) Das lässt sich aber historisch erklären: Während die Variante „Verteilung“ schon bei Inkrafttreten der InsO in § 217 Satz 1 InsO enthalten war, wurde die Variante „Verfahrensabwicklung“ erst durch das ESUG zu Klarstellungszwecken eingefügt.321) Zugrundezulegen ist daher in erster Linie ein prozessuales Verständnis von „Verteilung“, das im Überschneidungsbereich zur Variante „Verfahrensabwicklung“ lex specialis ist.322) Anhand dieses Verständnisses gehören die §§ 187 – 196, 198, 200, 203 – 206 InsO zur Verteilung.323) Die §§ 197, 200 InsO sind hingegen zur Verfahrensabwicklung zu zählen, da sie die Verfahrenshandlungen des Insolvenzgerichts regeln.
2.
Mögliche Regelungsvarianten im Insolvenzplan
141 Von den Vorschriften über die Verteilung kann vor allem im Rahmen von Liquidationsplänen abgewichen werden. Es können in Konkretisierung von § 187 Abs. 2, 3 Satz 2 InsO die Zeitpunkte von Abschlagsverteilungen und der Schlussverteilung ___________ 317) Wenn man von der Prämisse ausgeht, dass verfahrensbegleitende Pläne vor dem ESUG unzulässig gewesen seien, lässt sich mit diesem Argument zugegebenermaßen auch die Ansicht stützen, man müsse die Variante „Verteilung“ materiell verstehen. 318) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 195. 319) Detailliert zu Liquidationsplänen Jaffé, in: FK-InsO, § 217, Rn. 71 – 74; Silcher, in: Ahrens/ Gehrlein/Ringstmeier, § 217, Rn. 39 – 40. 320) So auch Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 286. 321) BT-Drs. 17/7511, 11. Näher hierzu siehe Rn. 142. 322) Ebenso Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 58. 323) Ebenso zu §§ 188, 189 InsO BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 9).
62
VI. Verfahrensabwicklung
festgelegt werden. Denkbar ist auch, dass der Plan in Konkretisierung von § 195 InsO den Bruchteil der Abschlagsverteilung festsetzt – wobei man diesen Punkt genauso gut unter die Variante „Befriedigung“ (§ 217 Satz 1 Var. 2 InsO) subsumieren könnte. Weiterhin sind Sanierungspläne denkbar, bei denen die Auszahlung der Planquote nicht nach Planaufhebung durch den Schuldner vorgenommen wird, sondern in Abweichung von § 258 Abs. 1 InsO vor Planaufhebung durch den Insolvenzverwalter.324)
VI. Verfahrensabwicklung Gemäß § 217 Satz 1 Var. 5 InsO kann auch die Verfahrensabwicklung im Insol- 142 venzplan geregelt werden. Diese Variante stellt eine neue Rechtsentwicklung dar. Weder die Konkursordnung noch die Vergleichsordnung kannten die Möglichkeit, dass in einem Vergleich oder Zwangsvergleich von den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes abgewichen werden kann. Nach Inkrafttreten der InsO war die Abweichungsmöglichkeit auch dort nicht ausdrücklich enthalten, obwohl die Regierungsbegründung sie für möglich hielt.325) Die Variante „Verteilung“ wurde hierfür jedenfalls nicht in Betracht gezogen. In der Folgezeit war umstritten, ob „verfahrensbegleitende“ Pläne, also solche Insolvenzpläne, die nicht unmittelbar zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens führen, zulässig sind.326) Bewegung in die Diskussion brachte ein verfahrensbegleitender Plan in der Sache Phoenix Kapitaldienst GmbH (Rn. 143).327) Unter dem Eindruck des hierzu ergangenen Beschlusses des LG Frankfurt am Main (Rn. 148) wurde durch das ESUG die Variante „Verfahrensabwicklung“ eingeführt (Rn. 149). Insolvenzpläne, die die Verfahrensabwicklung regeln, können nicht mit zivilprozessualen Prozessverträgen gleichgesetzt werden (Rn. 152). Das genaue Ausmaß der Dispositivität ist weitgehend unerforscht (Rn. 157).
1.
Der Sachverhalt im Fall Phoenix Kapitaldienst GmbH
Der Fall Phoenix Kapitaldienst GmbH („Phoenix“) war ein spektakulärer Betrugs- 143 fall, der eine Vielzahl (insolvenz-) rechtlicher Rechtsfragen aufwarf, von denen zwei für die Plandispositivität relevant sind.328) Das ist zum einen die Zulässigkeit ___________ 324) Zur Praxis der Verteilung vor Verfahrensaufhebung Thies, in: HambKomm-InsO, § 258, Rn. 5. 325) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 79 – 80. 326) Dafür Balz, ZIP 1988, 273 (280); Frank, in: FS Braun, S. 219 (229 – 237); Heinrich, NZI 2008, 74; Piekenbrock, LMK 2009, 281471; dagegen Jungmann, WuB 2009, 355 (357). 327) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 328) Der Fall beschäftigte die Gerichte bis in die jüngere Zeit wiederholt, darunter viermal den BGH (BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480; Urt. v. 23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327; Urt. v. 20.9.2011 – XI ZR 434/10, BGHZ 191, 95; Urt. v. 25.10.2011 – XI ZR 67/11, ZIP 2011, 2295) und zweimal den EuGH (EuGH, Urt. v. 12.11.2014, C-140/13, ZIP 2307 – Altmann u. a. ./. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht; Urt. v. 19.6.2018, C-15/16, BB 1546 – BaFin ./. Ewald Baumeister). Ausführlich zu verschiedenen durch den Fall aufgeworfenen Rechtsfragen Baumert/Schmitt, NZI 2012, 394.
63
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
verfahrensbegleitender Insolvenzpläne und zum anderen die Zulässigkeit von Regelungen über die Forderungsfeststellung (hierzu siehe unten Rn. 168).
144 Die Phoenix war ein Wertpapierhandelsunternehmen, das am unregulierten, sog. „Grauen“ Kapitalmarkt tätig war.329) Für ihre zuletzt etwa 30.000 Kunden330) unternahm die Phoenix in eigenem Namen und für gemeinsame Rechnung der Anleger angeblich höchst lukrative Termingeschäfte.331) Im Jahr 2005 wurde bekannt, dass die verwalteten Finanzprodukte nicht existierten. Spätestens seit 1998 hatte die Phoenix ein Schneeballsystem unterhalten, in dem die angeblichen Gewinne der Anleger mit den Einlagen neu geworbener Anleger bezahlt wurden.332) Anleger erhielten Kontostandsmitteilungen, auf denen angebliche Gewinne von ca. 10 Prozent p. a. ausgewiesen wurden.333) Tatsächlich wurden keine Gewinne erzielt.334)
145 Im März 2005 untersagte die BaFin der Phoenix den Geschäftsbetrieb335) und stellte einen Insolvenzantrag.336) Am 1.7.2005 wurde durch das AG – Insolvenzgericht – Frankfurt am Main das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Phoenix eröffnet.337) Es wurden 30.032 Forderungen angemeldet, von denen 29.977 durch den Insolvenzverwalter geprüft und im Umfang von über 500 Mio. Euro anerkannt wurden. Hierbei handelte es sich überwiegend um Rückzahlungsansprüche der Anleger.338)
146 Die Höhe der Rückzahlungsansprüche, die den jeweiligen Anlegern zustanden, war oft streitig. Das war problematisch, da der Insolvenzverwalter über eine freie Masse von ca. 236 Mio. Euro verfügte, von denen er 200 Mio. Euro an die Insolvenzgläubiger auszahlen wollte.339) Er konnte die Auszahlung aber nicht vornehmen, solange die Forderungshöhen noch streitig waren. Der Insolvenzverwalter legte einen Insolvenzplan vor, in dem die Forderungshöhe aller Anleger durch eine einheitliche ___________ 329) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 1); Urt. v. 23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 (Rn. 3). 330) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 1). 331) BGH, Urt. v. 25.10.2011 – XI ZR 67/11, ZIP 2011, 2295 (Rn. 2); LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 332) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 2); Urt. v. 23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 (Rn. 3). Zu weiteren Fällen von Schneeballsystemen am Grauen Kapitalmarkt und der Rechtsprechung hierzu Cranshaw, DZWIR 2018, 508. 333) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 334) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 2); LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 335) BGH, Urt. v. 23.11.2010 – XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 (Rn. 4). 336) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 337) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 3); LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 338) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 339) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 3).
64
VI. Verfahrensabwicklung
Formel festgelegt werden sollte. Nach dem Plan sollten Anlegerforderungen mit der Höhe der jeweiligen Einzahlungen zuzüglich 3 Prozent Zinsen berücksichtigt werden. Von der Schuldnerin zwischenzeitlich erbrachte Zahlungen seien von den Forderungen abzuziehen. Die Feststellung der Forderungen von Gläubigern, die keine Anleger waren, sollte nach den Vorschriften des Regelverfahrens erfolgen. Dann sollte die Schuldnerin nach den Vorschriften des Regelverfahrens liquidiert und das Verfahren nach Abschluss der Verteilung aufgehoben werden.340) Im Abstimmungstermin haben 99,7 % der Gläubiger nach Köpfen und 93,6 % der 147 Gläubiger nach Summen dem Insolvenzplan zugestimmt.341) Das Insolvenzgericht hat den Insolvenzplan zunächst bestätigt.342) Das LG Frankfurt am Main hat die Bestätigungsentscheidung jedoch aufgehoben und dem Plan die Bestätigung versagt.343) Die Rechtsbeschwerde vor dem BGH hatte keinen Erfolg.344) Damit war der Insolvenzplan gescheitert.
2.
Der Beschluss des LG Frankfurt am Main
Das LG Frankfurt am Main war der Ansicht, dass ein verfahrensbegleitender Plan 148 unzulässig sei, und bemängelte die Gruppenbildung. § 217 InsO erfordere, dass ein Insolvenzplan vollständig an die Stelle des Regelinsolvenzverfahrens trete und dieses beende, was sich in den §§ 258, 259 InsO (a. F.) zeige.345) Er ersetze den Zwangsvergleich nach der KO.346) In verfahrensrechtlicher Hinsicht könne nur dort von der Regelinsolvenz abgewichen werden, wo die Verfahrensvorschriften durch einen Gläubigerbeschluss abbedungen werden dürften oder Sondervorschriften bestünden. Die Vorschriften über die Verfahrensaufhebung und die Feststellung der Forderungen nach den §§ 174 ff. InsO seien planfest.347) Der Gesetzgeber hätte bei aller eingeräumten Autonomie im Auge gehabt, dass der Insolvenzplan zum Abschluss des Insolvenzverfahrens führen solle. Der Insolvenzplan diene auch der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Gerichte.348) ___________ 340) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 4); LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229 – 2230 Zur Frage, ob die Klausel zur Forderungsberechnung zulässig war, siehe Rn. 168. 341) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 5). 342) AG Frankfurt, Beschluss v. 19.4.2007 – 810 IN 300/05 (nicht veröffentlicht). 343) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229. 344) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480. Zum Rechtsbeschwerdebeschluss siehe Rn. 168. 345) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229 (2231). § 258 Abs. 1 InsO a. F. lautete: „Sobald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.“ 346) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229 (2230). 347) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229 (2230). 348) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229 (2231).
65
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
3.
Die Einführung der Variante „Verfahrensabwicklung“ durch das ESUG
149 Der Beschluss wurde seinerzeit als in praktischer Hinsicht unbefriedigend kritisiert, da den Gläubigern durch das Scheitern des Insolvenzplans eine Abschlagsverteilung in Höhe von ca. 30 Prozent der Quote vorenthalten wurde. Aus der Sicht mancher Beobachter hatten die Planvorschriften die Gläubigerbefriedigung, zu deren Zweck sie geschaffen wurden, vereitelt.349)
150 In den Beratungen zum ESUG schlug der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vor, die Variante „Verfahrensabwicklung“ in § 217 Satz 1 InsO aufzunehmen. Unter direkter Bezugnahme auf die Entscheidung des LG Frankfurt am Main und den Rechtsbeschwerdebeschluss des BGH350) stellte der Rechtsausschuss klar, dass der Gesetzgeber ein Höchstmaß an Flexibilität zur privatautonomen Verfahrensgestaltung gewähren wollte und dass deshalb auch Liquidationspläne zulässig seien, die das Insolvenzverfahren nicht beendeten, sondern nur das Regelverfahren in Verfahrensfragen ergänzten.351) Zur weiteren Klarstellung wurde § 258 Abs. 1 InsO um einen Halbsatz ergänzt, demzufolge der Insolvenzplan etwas anderes als die Aufhebung des Insolvenzverfahrens bestimmen kann.352) Die durch den Rechtsausschuss vorgeschlagenen Änderungen wurden schließlich Gesetz.
151 Das LG Frankfurt am Main sah sich einem Konflikt mehrerer Rechtsnormen gegenüber: Einerseits sprachen die Variante „Verteilung“ (§ 217 Satz 1 Var. 4 InsO), die das LG Frankfurt am Main nicht gesehen hatte, und die Ausführungen in der Regierungsbegründung dafür, dass Liquidationspläne zulässig sein sollten. Andererseits existierte die planfeste353) Vorschrift des § 258 Abs. 1 InsO. Das LG Frankfurt am Main hätte den Konflikt genauso gut durch eine teleologische Reduktion des § 258 Abs. 1 InsO auf Sanierungspläne auflösen können. Das hätte die Vorstellungen des Gesetzgebers besser verwirklicht. Letztendlich wurde der Beschluss durch die Rechtsentwicklung überholt.
4.
Keine Anwendung der Vorschriften über Prozessverträge
152 Abseits des Vorstehenden scheint es wenig Forschung zu der Frage zu geben, wie weit die Gläubigerautonomie in Bezug auf die Verfahrensabwicklung reicht.354) ___________ 349) Vgl. Heinrich, NZI 2008, 74 (78); Hörmann, EWiR 2008, 115 (116); Madaus, ZIP 2016, 1141 (1145 – 1146). 350) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480. Der Rechtsbeschwerdebeschluss des BGH nahm zur Problematik des verfahrensbegleitenden Plans nicht Stellung. 351) BT-Drs. 17/7511, 35. 352) BT-Drs. 17/7511, 36. 353) Siehe zur Systematik der §§ 217 ff. InsO Rn. 268. 354) Vgl. z. B. Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, § 217, Rn. 2, der die neue Variante nur in einem Absatz erwähnt und sich im Übrigen ausschließlich auf die Eingriffsmöglichkeiten in die Anteilseignerrechte konzentriert.
66
VI. Verfahrensabwicklung
Entsprechend der Formulierung in den Gesetzgebungsmaterialien wurde die Änderung vielerorts als Klarstellung der bisherigen Rechtslage im Hinblick auf den als fehlerhaft empfundenen Beschluss des LG Frankfurt am Main angesehen.355) Man könnte erwägen, auf das Insolvenzverfahren die Grundsätze anzuwenden, die 153 in der ZPO zu Prozessverträgen entwickelt wurden. Dort sind Prozessverträge jedenfalls im Rahmen der §§ 38 – 40, 108 Abs. 1 Satz 2, § 224 Abs. 1 Satz 1, § 404 Abs. 4, § 816 Abs. 1, 2, § 825 Abs. 1, §§ 1025 – 1058 ZPO zugelassen. Ob es darüber hinaus einen zivilprozessualen Grundsatz gibt, demzufolge im Zweifel Vertragsfreiheit gelten solle („in dubio pro libertate“) oder ob stattdessen grundsätzlich ein Verbot des Konventionalprozesses besteht, ist umstritten.356) Doch selbst wenn man der liberalsten Auffassung im zivilprozessualen Diskurs folgt, besteht zwischen Prozessverträgen und Insolvenzplänen ein maßgeblicher Unterschied. Während dem Prozessvertrag jede Partei zustimmen muss, gilt im Insolvenzplanverfahren das Mehrheitsprinzip. Mehrheitsentscheide sind bei Verfahrensvorschriften problematisch, da die Verfahrensvorschriften die individuellen Beteiligungsrechte jedes einzelnen Beteiligten schützen. Im Regelinsolvenzverfahren werden die Rechte der Beteiligten ganz wesentlich durch Verfahrensrechte definiert. Der einzelne Beteiligte wäre ohne den Schutz seiner Beteiligungsrechte im verfahrensbegleitenden Plan der Mehrheitsherrschaft ausgeliefert. Die Minderheitenschutzvorschriften im Insolvenzplanverfahren, etwa § 245 Abs. 1 154 Nr. 1, 2, § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO, bieten dem überstimmten Beteiligten im Hinblick auf seine Verfahrensrechte im nachfolgenden Regelverfahren keinen Schutz. Sie beschränken sich auf die Garantie des wirtschaftlichen Ergebnisses des Insolvenzverfahrens, sind also materiell ausgerichtet. Doch wenn Verfahrensvorschriften geändert werden, lässt sich regelmäßig nicht absehen, wie sich das auf das wirtschaftliche Ergebnis auswirkt. Dadurch laufen die Minderheitenschutzvorschriften des Planverfahrens leer und es kann eine Situation entstehen, in der einem Beteiligten weder materieller noch verfahrensrechtlicher Schutz zukommt. Diese Unstimmigkeit entsteht dadurch, dass die Minderheitenschutzvorschriften im Planverfahren offensichtlich für Pläne nach dem Leitbild des Zwangsvergleichs konzipiert sind, wo das Insolvenzverfahren nach Planbestätigung aufgehoben wird und für der Rechtskraft der Planbestätigung zeitlich nachfolgende Verfahrensrechte deshalb kein Bedarf mehr besteht. Die neue Möglichkeit, das Insolvenzverfahren nach ___________ 355) So etwa Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 127. Genauso schon zum Entwurf der InsO: Henckel, KTS 1989, 477 (481). 356) Für das Verbot des Konventionalprozesses: Bülow, AcP 64 (1881), 1 (69); RG, Urt. v. 30.6.1925 – VI 29/25, RGZ 111, 276 (279); Urt. v. 6.2.1986 – Rep. I 337/46, RGZ 36, 421; Urt. v. 6.2.1986 – Rep. I 337/46, RGZ 36, 421 (532). Für Vertragsfreiheit: Schlosser, Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozeß, S. 9 – 10; Wagner, Prozeßverträge, S. 79; wohl auch Hellwig, Zur Systematik des zivilprozessrechtlichen Vertrages, S. 82 – 84. Vermittelnd Kern, in: Stein/ Jonas, vor § 128, Rn. 330 – 331; Teubner/Künzel, MDR 1988, 720 (722). Siehe auch Rn. 188.
67
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
Planbestätigung fortzuführen, wurde in den Planvorschriften schlicht nicht berücksichtigt.
155 Auf den Schutz durch das Insolvenzgericht im nachfolgenden Insolvenzverfahren kann sich der überstimmte Beteiligte ebenfalls nicht verlassen. Abgesehen davon, dass aufgrund des mit einer engmaschigen Überwachung verbundenen Arbeitsaufwands die Aufsichtsmöglichkeiten an praktische Grenzen stoßen, gibt die InsO im Spannungsfeld zwischen kollektiver Gläubigerautonomie und gerichtlicher Kontrolle der Gläubigerautonomie den Vorzug.357) Deshalb hat beispielsweise der Gläubigerausschuss weitreichende Mitwirkungsrechte, § 69 InsO. Deshalb müssen die Gläubigerorgane bei allen bedeutsamen Rechtshandlungen zustimmen, § 160 Abs. 1 InsO. Deshalb prüft das Insolvenzgericht angemeldete Forderungen nicht auf Richtigkeit, sondern es obliegt den anderen Gläubigern oder dem Insolvenzverwalter, der Forderung zu widersprechen, woraufhin das Bestehen der Forderung im Zivilprozess zwischen den Streitparteien geklärt werden muss, § 179 Abs. 1 InsO. Die Kontrollbefugnis des Insolvenzgerichts ist also von vorneherein zurückgenommen. Zwar kann das Insolvenzgericht einen Beschluss der Gläubiger gemäß § 78 Abs. 1 InsO auf Antrag aufheben, wenn er materiell dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger zuwiderläuft. Doch das wird regelmäßig nur in eindeutigen Fällen in Betracht kommen, um die Gläubigerautonomie, hier verstanden als Autonomie der Gläubigergesamtheit bzw. Gläubigermehrheit, nicht zu untergraben.358)
156 Mit dieser Eigenverantwortung der Gläubigergesamtheit muss aber die Möglichkeit für jeden einzelnen Gläubiger korrespondieren, seine individuellen Verfahrensrechte unbeschränkt geltend zu machen. Hierbei muss betont werden, dass Gläubiger entgegengesetzte Interessen haben können. Die Insolvenzsituation, in der nicht genügend Mittel zur Befriedigung aller Gläubiger vorhanden sind, schafft geradezu einen Anreiz für die Gläubigermehrheit, sich auf Kosten anderer Gläubiger zu bereichern. Gerechte Ergebnisse können nur durch ein klar geregeltes Verfahren unter Einbeziehung und gegenseitiger Kontrolle aller Beteiligter erzielt werden. Ergebnisgerechtigkeit im Regelverfahren kann nur durch Verfahrensgerechtigkeit erreicht werden. Der Verfügung der Gläubigergesamtheit über Verfahrensrechte steht also regelmäßig die Tatsache entgegen, dass es sich um Rechte handelt, die nicht der Gläubigergesamtheit, sondern dem einzelnen Gläubiger gerade gegen die Gläubigergesamtheit zugewiesen sind.
5.
Mögliche Schlussfolgerungen
157 Abstrakt lässt sich nicht sagen, wie das Gesetz nach Inkrafttreten des ESUG diese Interessenkonflikte auflösen will. Es kommen im Wesentlichen drei Ansätze zur ___________ 357) Vgl. BGH, Beschl. v. 8.4.2020 – II ZB 3/19 (Rn. 29). 358) LG Hamburg, Beschluss v. 4.12.2014 – 326 T 142/14, NZI 2015, 279 (Rn. 280); Ehricke, in: MüKo-InsO, § 78, Rn. 17; Jungmann, in: K. Schmidt, § 78, Rn. 23; Karg, in: BeckOK-InsO, § 78 (Stand: 28.1.2019), Rn. 1.
68
VII. Haftung des Schuldners
Auslegung der Variante „Verfahrensabwicklung“ in Betracht: Erstens könnte man die restriktive Meinung359) vertreten, dass der Gesetzgeber ausschließlich den verfahrensbegleitenden Plan „legalisieren“ wollte. Im Rahmen von verfahrensbegleitenden Plänen könnte man sich dann eventuell auf bestimmte Verwertungsmodalitäten einigen, aber weitergehende Eingriffe in das Verfahrensrecht wären unzulässig. Zweitens könnte man der Ansicht sein, dass (fast) das gesamte Verfahrensrecht abdingbar sein sollte. Schließlich wurde auch im ESUG-Gesetzgebungsverfahren wieder betont, dass größtmögliche Flexibilität gewünscht wird.360) Ein dritter Ansatz wäre, die Abweichung von Verfahrensvorschriften zwar zuzulassen, aber nur, soweit zwingende Verfahrensgarantien nicht verletzt werden. Dann stellte sich indes die Anschlussfrage, wo die Grenzen dieser zwingenden Verfahrensgarantien im Einzelfall zu ziehen sind. Um zu untersuchen, welche Lösung angemessen ist, sollen im Folgenden spezifi- 158 sche Einzelprobleme und Regelungen im Bereich der Verfahrensabwicklung diskutiert werden. Zuvor soll aber der Vollständigkeit halber in die Haftungsregelungen des Insolvenzplanverfahrens eingeführt werden, die ebenfalls für die Diskussion der Einzelprobleme relevant sein werden.
VII. Haftung des Schuldners Gemäß den § 217 Satz 1 Var. 6, § 227 Abs. 1 InsO kann im Insolvenzplan die Haf- 159 tung des Schuldners geregelt werden. Der Begriff „Haftung“ wird im Gesetz nicht definiert. Nach verbreiteter Auffassung finden sich Vorschriften über die Haftung des Schuldners in den §§ 201, 202, 286 – 303a InsO.361)
1.
Der Grundtatbestand des § 227 InsO
Der Grundtatbestand der Haftungsregelungen ist § 227 InsO. Er bestimmt, dass der 160 Schuldner mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern befreit wird, wenn der Insolvenzplan nichts anderes bestimmt. Gemäß § 227 Abs. 2 InsO gilt dies auch für die akzessorische Haftung persönlich haftender Gesellschafter von Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit und Kommanditgesellschaften auf Aktien (vgl. § 128 HGB). Damit tritt – anders als im Regelverfahren (vgl. § 201 InsO) – ___________ 359) Grundsätzlich kritisch gegenüber Eingriffen ins Verfahrensrecht Henckel, KTS 1989, 477 (483 – 484); Jungmann, WuB 2009, 355 (357 – 358); Michels, Nachzügler, S. 251; Schöttler, NZI 2014, 852 (853); Stürner, in: MüKo-InsO, Einleitung, Rn. 50; in diese Richtung auch Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 8; BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 38); Ganter, NZI 2016, 377 (Rn. 384 – 385). 360) BT-Drs. 17/7511, 35. 361) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 66; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 129; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 6; Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 16; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 6.
69
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
eine Art automatische Restschuldbefreiung in Bezug auf den die Planquote übersteigenden Forderungsteil ein.362) Entgegen dem missverständlichen Wortlaut „mit der […] Befriedigung“ tritt die Befreiung nicht erst mit der vollständigen Erfüllung des Insolvenzplans ein, sondern bereits mit der Planbestätigung.363) Die Gegenauffassung364), die sich vor allem auf den Wortlaut stützt, ist mit § 255 Abs. 1 InsO unvereinbar. Forderungen, die noch bestehen, können nicht wiederaufleben.365) Die Voraussetzungen, die § 255 Abs. 1 InsO an das Wiederaufleben stellt (Mahnung und Nachfristsetzung), wären gegenstandslos. Außerdem hatte der Gesetzgeber keine Änderung gegenüber der Rechtslage des § 193 KO 1898, der dem heutigen § 254 Abs. 1 InsO entspricht, beabsichtigt. In der Regierungsbegründung zur InsO366) finden sich nur dieselben Überlegungen, die auch den Motiven zur KO367) zugrunde liegen und dort als selbstverständlich angesehen wurden. Daher ist § 227 Abs. 1 InsO nur eine Auslegungsregel für den Planinhalt368) und streng genommen überflüssig.369)
2.
Gestaltungsmöglichkeiten
161 Durch den Hinweis, dass der Insolvenzplan etwas anderes bestimmen kann, betont § 227 Abs. 1 InsO darüber hinaus die Gestaltungsmöglichkeiten im Insolvenzplan. Zum Beispiel kann eine Nachhaftung des Schuldners bestimmt werden, die ggf. mit der Möglichkeit der späteren Restschuldbefreiung versehen werden kann.370) Nach der Vorstellung der Regierungsbegründung zur InsO können die Voraussetzungen der Restschuldbefreiung (§§ 286 – 303a InsO) und die Länge der Wohlverhaltensperiode abweichend geregelt werden.371) Wenn dies im Plan bestimmt ist, kann beispielsweise auch dem unredlichen Schuldner die Restschuldbefreiung gewährt werden.372) Wie § 255 Abs. 3 InsO anordnet, kann auch das Wiederaufleben nicht erfüllter Forderungen abweichend von § 255 InsO zugunsten des Schuldners eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. ___________ 362) Die Forderungen werden zwar nicht erlassen, aber sie werden zu nicht zwangsweise durchsetzbaren Naturalobligationen; siehe die Nachweise bei Rn. 43. 363) Breuer, in: MüKo-InsO, § 227, Rn. 8; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 227 (Stand: 28.1.2019), Rn. 6; Haas, in: Kayser/Thole, § 227, Rn. 3; Jaffé, in: FK-InsO, § 227, Rn. 8; Lüer/ Streit, in: Uhlenbruck, § 227, Rn. 9. 364) Rugullis, KTS 2012, 269 (274 – 276); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254 (Stand: 9/2017), Rn. 8. 365) Vgl. Braun/Frank, in: Braun, § 227, Rn. 4; Haas, in: Kayser/Thole, § 227, Rn. 3. 366) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 202. 367) Hahn, Motive zur KO, S. 374; vgl. auch Rugullis, KTS 2012, 269 (272 – 273). 368) Weitbrecht, ZIP 2019, 1849 (1851). 369) Vgl. Rugullis, KTS 2012, 269 (272 – 273). 370) Haas, in: Kayser/Thole, § 227, Rn. 6. 371) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 195. 372) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 195.
70
VII. Haftung des Schuldners
Nach einer häufig vertretenen Meinung kann außerdem ein vollständiger Forde- 162 rungserlass (§ 397 Abs. 1 BGB) im Plan angeordnet werden.373) Bedenklich hieran ist jedoch, dass hierdurch auch von § 254 Abs. 2, 3 InsO abgewichen würde, unter anderem weil der Forderungserlass zum Erlöschen von etwaig bestehenden Sicherungsrechten führen würde.374) Entscheidend gegen eine solche Abweichungsmöglichkeit spricht, dass § 254 InsO zu den Planvorschriften gehört, die Zustandekommen und Wirkungen des Insolvenzplans erst schaffen und mithin eine Regelungskompetenz für die Gläubigerversammlung (und eine Ermächtigungsgrundlage für den Eingriff der Planmehrheit in die Vermögensrechte des einzelnen Gläubigers) eröffnen. Seinen eigenen Wirkungsbereich kann der Insolvenzplan nicht selbst erweitern.375) Folgerichtig enthält § 254 InsO auch keine Öffnungsklausel dahingehend, dass der Plan Abweichendes bestimmen könne.376) Es kann auch eine summenmäßige Haftungsbeschränkung des Schuldners gegen- 162a über den Insolvenzgläubigern vorgesehen werden. Ob man dem Schuldner mehr als die Pfändungsfreigrenze an Vermögen belässt oder den Zugriff der Gläubiger auf eine bestimmte Summe begrenzt, ist allein eine Frage der Perspektive. So ein Haftungshöchstbetrag könnte sich etwa dann anbieten, wenn er die Sanierung des Schuldners ermöglicht, indem er sicherstellt, dass dem Schuldner nach Verfahrensaufhebung die für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendigen Betriebsmittel verbleiben und Neugläubiger die Kreditwürdigkeit des Schuldners besser einschätzen können. Ähnlich wie beim Verzicht auf die Verwertung bestimmter Massegegenstände oder Anfechtungsansprüche werden die Rechte der Insolvenzgläubiger durch die Garantie des Geldbetrages, den sie im Regelverfahren erhalten würden, geschützt.377) Denkbar ist weiterhin, dass der Schuldner den Gläubigern (bzw. einem Treuhänder) 163 bestimmte Vermögenswerte zur Verwertung und gemeinsamen Befriedigung unter der Bedingung abtritt, dass er von der Haftung frei wird. Es wäre eine Art cessio bonorum.378) Die Haftungsregelung bestünde hier also in einer Haftungsbefreiung gegenüber den Gläubigern. Das wäre für natürliche Personen als Schuldner vorteilhaft, die eine Art Liquidation wie im Regelverfahren anstreben und keine kon___________ 373) Haas, in: Kayser/Thole, § 254, Rn. 4; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 227, Rn. 13; Münch, in: Jaeger-InsO, § 227, Rn. 28; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 227 (Stand: 4/2017), Rn. 2; Spliedt, in: K. Schmidt, § 254, Rn. 12; a. A. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254, Rn. 44; Weitbrecht, ZIP 2019, 1849 (1853 – 1854). 374) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254, Rn. 44. 375) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254, Rn. 44; siehe auch Rn. 265. 376) Weitbrecht, ZIP 2019, 1849 (1853); zur Erforderlichkeit von Öffnungsklauseln für die Dispositivität der §§ 217 ff. InsO siehe Rn. 265. 377) Das ist in der Regel, aber nicht notwendigerweise, der Liquidationswert. Im Einzelfall kann auch im Regelverfahren eine Betriebsveräußerung bzw. übertragende Sanierung erfolgen, vgl. Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1306). 378) Zur cessio bonorum siehe Hess, in: KK-InsO, Vor § 1, Rn. 18; Prütting, in: Kübler/Prütting/ Bork, Einleitung (Stand: 9/2009), Rn. 5.
71
C. Die Fälle des § 217 Satz 1 InsO
kret bezifferte Quote versprechen wollen, aber zugleich die Nachhaftung gemäß § 201 Abs. 1 InsO vermeiden möchten. Hiervon würden gescheiterte Unternehmer profitieren, die ihr Unternehmen nicht in einer haftungsbeschränkten Rechtsform geführt haben. Für die Gläubiger ergäbe sich freilich nur dann ein Vorteil gegenüber dem Regelverfahren, wenn ein Dritter Geld oder andere Vermögenswerte zuschösse.379)
3.
Unabdingbarkeit des § 202 InsO
164 § 202 InsO statuiert die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig war, für Klagen auf Klauselerteilung, Vollstreckungsabwehrklagen und anderes. Systematisch gesehen gehört auch § 202 InsO kraft seines Regelungs- und Sachzusammenhangs zu den Vorschriften über die Haftung des Schuldners.380) Inhaltlich müsste man § 202 InsO indes unter „Verfahrensabwicklung“ (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) subsumieren, da es sich um eine Verfahrensvorschrift handelt. Trotzdem soll nach offenbar allgemeiner Ansicht im Schrifttum nicht von § 202 InsO abgewichen werden können381) – begründet wird dies aber nirgends. Richtigerweise ergibt sich die Planfestigkeit des § 202 InsO aus dem Rechtsgedanken des § 4 InsO i. V. m. § 40 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind Gerichtsstandsvereinbarungen unzulässig, wenn für die entsprechende Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand eröffnet ist. § 202 InsO begründet ausweislich seines Wortlauts einen solchen ausschließlichen Gerichtsstand. Die Zuständigkeit eines anderen Gerichts könnte demnach nicht einmal dann begründet werden, wenn der Schuldner mit jedem einzelnen Gläubiger eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen würde. Diese gesetzgeberische Wertung muss auch im Insolvenzplanverfahren Beachtung finden.
4.
Ergebnis und Definition des Begriffs „Haftung“
165 Aus den erörterten Gestaltungsmöglichkeiten, die größtenteils bereits in der Regierungsbegründung angesprochen wurden, lässt sich eine Definition des Begriffs „Haftung“ ableiten. Der Begriff „Haftung“ bezeichnet alle materiellrechtlichen und prozessualen Regelungen, die bestimmen, in welchem Maß und unter welchen Bedingungen die Insolvenzgläubiger den Schuldner nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens in Anspruch nehmen können. Damit überschneidet sich der Begriff ___________ 379) Stapper, ZInsO 2009, 2361 (2362) berichtet, dass Freunde und Familie des Schuldners oft Mittel zuschießen, um eine Entschuldung des Schuldners durch Insolvenzplan zu ermöglichen. 380) Vgl. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 129; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 36. 381) Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 8; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 130; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 36; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 217, Rn. 37; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 48; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 6.
72
VII. Haftung des Schuldners
teilweise mit dem der „Befriedigung“ (z. B. § 224 InsO), weshalb eine dem § 227 InsO entsprechende Norm unter Geltung der KO für unnötig gehalten wurde.382) Im Überschneidungsbereich ist der Begriff der „Befriedigung“ lex specialis. Die Alternative „Haftung“ geht aber darüber hinaus und umfasst auch die Haftung der Gesellschafter sowie im Hinblick auf die Regelungen zur Restschuldbefreiung auch prozessuale Elemente. Das ist dadurch bedingt, dass bei der Konzipierung des § 217 InsO keine dogmatische Abgrenzung zwischen Haftungsadressaten, materiellrechtlichen oder prozessualen Elementen vorgenommen wurde, sondern schlicht „Haftung“ als Sachgebiet angegeben wurde. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Haftung des Schuldners und seiner persön- 166 lich haftenden Gesellschafter weitgehend dispositiv ist. Speziell im Zusammenhang mit der Haftung des Schuldners ist zuletzt noch auf die Schranke des § 247 InsO hinzuweisen, die hier besondere Relevanz gewinnt. Gemäß § 247 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 InsO hindert der schriftliche Widerspruch des Schuldners die Planbestätigung, wenn der Schuldner im Insolvenzplan schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde.383) Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine natürliche Person als Schuldner Aussicht auf Restschuldbefreiung hat und ihr diese gegenüber dem Regelverfahren erschwert werden soll.384) Eine juristische Person dagegen hat kein Interesse an ihrer eigenen Abwicklung.385)
___________ 382) Rugullis, KTS 2012, 269 (272 – 273). 383) Das bedeutet entgegen Breuer, in: MüKo-InsO, § 227, Rn. 7; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOKInsO, § 227 (Stand: 28.1.2019), Rn. 7 nicht, dass der Schuldner niemals schlechter gestellt werden darf – der Schuldner muss auch widersprechen; vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 202; richtig auch Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 126; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 227, Rn. 14. 384) Braun/Frank, in: Braun, § 227, Rn. 7; Haas, in: Kayser/Thole, § 227, Rn. 6. 385) Braun, in: Nerlich/Römermann, § 227 (Stand: 3/2005), Rn. 3; Braun/Frank, in: Braun, § 227, Rn. 7; Haas, in: Kayser/Thole, § 227, Rn. 6.
73
D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung Inwieweit ein Insolvenzplan von den gesetzlichen Vorschriften zur Verteilung, 167 Verfahrensabwicklung und Haftung abweichen kann, soll im Folgenden anhand von Einzelfällen und in der Praxis eingesetzten Planregelungen untersucht werden. Kontrovers diskutiert wurden vor allem Planregelungen zur Forderungsfeststellung (Rn. 168) und Ausschlussklauseln (Rn. 197). Erwähnenswert sind daneben die Planfestigkeit des § 194 InsO (Rn. 253) sowie der Verzicht auf die Schlussrechnungslegung (Rn. 258) und den Schlusstermin (Rn. 261).
I. Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan 1. Der Beschluss des BGH im Fall Phoenix Kapitaldienst GmbH Im Fall Phoenix Kapitaldienst GmbH386) hat der BGH die Rechtsbeschwerde zu- 168 rückgewiesen und den Insolvenzplan für unzulässig gehalten. Dabei ging er nicht auf die tragenden Erwägungen des LG Frankfurt am Main zum verfahrensbegleitenden Insolvenzplan (siehe Rn. 148) ein, sondern ließ sie dahinstehen.387) Stattdessen stützte er sich bei der Zurückweisung der Rechtsbeschwerde auf die Auffassung, dass Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan unzulässig seien, da die §§ 174 – 186 InsO nicht disponibel seien.388) Voraussetzung für die Zulässigkeit des Planinhalts sei, dass nur plandispositive Gegenstände geregelt würden. Von planfesten Vorschriften dürfe nicht abgewichen werden, es sei denn, Sondervorschriften ließen solche eine Abweichung ausdrücklich zu.389) Die §§ 174 ff. InsO garantierten den Gläubigern das Recht, ihre Forderungen in einem formalisierten Prüfungsverfahren feststellen zu lassen und im Fall des Widerspruchs gerichtlich zu verfolgen. Diese rechtlichen Garantien könnten einzelnen Gläubigern nicht durch einen Insolvenzplan entzogen werden. Denn sonst wäre es nach Ansicht des BGH möglich, einzelnen Gläubigern oder einer Gläubigergruppe durch Mehrheitsbeschluss ihre Forderung(en) vollständig oder teilweise zu entziehen. Umgekehrt sei es mit den verfahrensrechtlichen Garantien der §§ 174 ff. InsO unvereinbar, dass andere Insolvenzgläubiger ihr Widerspruchsrecht gegen eine bestimmte angemeldete Forderung nicht ausüben könnten, weil die Regelungen des Insolvenzplans dem entgegenstünden.390)
___________ 386) 387) 388) 389)
Zum Sachverhalt siehe oben Rn. 143. BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 27). BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 25 – 26). BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 25); später ebenso in Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 23). 390) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 26).
75
D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
2.
Kritische Reaktionen im Schrifttum
169 Die Entscheidung des BGH stieß im Schrifttum auf ein geteiltes Echo. Die Kritiker der Entscheidung391) führten an, die Forderungsfeststellung sei allein für die Teilnahme an der Verteilung im Insolvenzverfahren relevant. Der materielle Gehalt der Forderung werde nicht abschließend festgestellt. Ein Gläuber könne nach Verfahrensaufhebung seine Forderung noch im ordentlichen Rechtsweg durchsetzen. Dass nicht die Insolvenztabelle maßgeblich für die Teilnahme der Gläubiger am Planverfahren sei, zeige sich daran, dass die Wirkungen des Plans auch für solche Gläubiger gelten, die ihre Forderung nicht angemeldet hätten. Auch in Bezug auf die Stimmrechtsverteilung sei die Tabelle nur Ausgangspunkt, aber nicht bindend. Deshalb sei der Einfluss der Regelung auf die Stimmrechte unbeachtlich.392)
170 Die vom BGH verlangte Sondervorschrift, die es erlaube, in die Forderungsrechte der Gläubiger einzugreifen, erblicken einige Autoren in § 224 InsO. Der BGH habe übersehen, dass dort stehe, dass nach dieser Vorschrift die – theoretisch auch vollständige – Forderungskürzung im Plan zulässig sei. Dass machen Gläubigern ihre Forderungen entzogen werden, sei daher entgegen dem BGH gerade zulässig.393) Heinrich meint außerdem, dass sich sowohl über die Modifikation der §§ 174 ff. InsO als auch über die Forderungskürzung nach § 224 InsO identische wirtschaftliche Ergebnisse erzielen ließen. Es dürfe nicht auf das Formulierungsgeschick des Planverfassers ankommen, ob eine Regelung zulässig sei oder nicht.394)
171 Wenn der BGH betone, dass der Minderheitenschutz eine Modifikation der §§ 174 ff. InsO verbiete, so ist dies nach Auffassung von Heinrich und Spliedt unzutreffend. Ausschließlich § 251 InsO gewährleiste den Minderheitenschutz.395) Spliedt hält Abweichungen von den §§ 174 ff. InsO jedenfalls nach Inkrafttreten des ESUG für möglich. Regelungen über Berechnungsmodalitäten ensprächen der marktwirtschaftlichen Ausrichtung des Verfahrens.396)
3.
Zustimmende Reaktionen im Schrifttum
172 Landry stimmt dem BGH zu, da alle Vorschriften, die wesentliche Schutzgarantien enthielten oder für das Insolvenzverfahren konstitutiv seien, planfest seien. Das sei bei den §§ 174 ff. InsO der Fall. Er gibt zu bedenken, dass die Feststellung der ___________ 391) Frank/Baumert, FD-InsR 2009, 277437; Heinrich, NZI 2009, 546 (548 – 549); Kröger, Rechtsgründe, S. 91. 392) Frank/Baumert, FD-InsR 2009, 277437; Heinrich, NZI 2009, 546 (548). 393) Frank/Baumert, FD-InsR 2009, 277437; Heinrich, NZI 2009, 546 (548 – 549); Kröger, Rechtsgründe, S. 91. 394) Heinrich, NZI 2009, 546 (549). 395) Heinrich, NZI 2009, 546 (548); Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 13. 396) Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 13.
76
I. Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan
Forderungen im gesetzlichen Verfahren auch deshalb wichtig sei, damit die Gläubiger ihre Rechte auch außerhalb des Insolvenzverfahrens verfolgen könnten.397) Piekenbrock sieht daneben einen Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO. Durch das modifizierte Feststellungsverfahren könne sich eine einheitliche Insolvenzquote bei Zugrundelegung der wahren Forderungshöhe wirtschaftlich unterschiedlich auswirken.398) Für Jungmann liegt der wirklich ausschlaggebende Gesichtspunkt darin, dass durch die Abweichung vom gesetzlichen Forderungsfeststellungsverfahren auch in die Prinzipien zur Festsetzung des Stimmrechts und in die Vorschriften über die erforderlichen Mehrheiten im Abstimmungstermin eingegriffen werden, wodurch der Schutz verfassungsrechtlich garantierter Werte leerlaufen könne.399) Auch Gellert, der sich in seiner Dissertation sehr ausführlich400) mit dem Thema 173 auseinandersetzt, stimmt dem BGH zu. § 224 InsO sei keine Sondervorschrift, die eine Abweichung vom Gesetz zulasse. § 224 InsO tangiere das Feststellungsverfahren nicht, da alle Forderungen, ob festgestellt oder nicht, erfasst würden. Tatsächlich setze § 224 InsO das Bestehen einer Forderung voraus und ermögliche es dann, sie zu kürzen. Im Phoenix-Plan sollte aber nichts gekürzt, sondern nur ein Berechnungsmodus für die Forderungen gefunden werden.401) Außerdem könne ein Gläubiger erst auf Basis der Feststellung über die Forderung und sein Stimmrecht verfügen.402) Dieser Schritt dürfe nicht übersprungen werden. Außerdem bestehe bei Liquidationsplänen wie dem Phoenix-Plan für § 224 InsO kein Bedarf.403) Das Argument Heinrichs, dass die Forderungsfeststellung nur die Voraussetzungen für die Verfahrensteilnahme schaffe und die Gläubiger die erforderlichen Teilnahmevoraussetzungen daher selbst bestimmen könnten, sieht Gellert dadurch widerlegt, dass die Prüfung der Vergleichsrechnung, die Heinrich zum Minderheitenschutz anführt, eine Prognoseentscheidung durch das Gericht erfordere, die einer inzidenten Forderungsprüfung nahekomme.404) Gellert geht in einer neuen Argumentationslinie von der Auslegung des § 217 InsO 174 aus, der es erlaube, die „Befriedigung“ der Gläubiger abweichend zu regeln. Er stellt fest, dass der fünfte Teil der InsO, in dem die §§ 174 ff. InsO geregelt sind, mit „Befriedigung“ überschrieben ist, weist aber zugleich darauf hin, dass der Begriff „Befriedigung“ in der InsO uneinheitlich gebraucht werde.405) Aufgrund des Wort___________ 397) Landry, EWiR 2009, 251 (252). 398) Piekenbrock, LMK 2009, 281471. Kritisch dazu Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 116 – 117, der meint, es sei gerade die Frage, ob die Änderung des Bezugspunkts unzulässig sei. 399) Jungmann, WuB 2009, 355 (358). 400) Auf über 40 Seiten. 401) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 84 – 85. 402) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 86, 106 – 109. 403) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 86 – 87. 404) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 117 – 118. 405) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 90 – 91.
77
D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
sinns und der Tatsache, dass die Variante „Verteilung“ sonst überflüssig wäre, schließt Gellert, dass der Begriff der „Befriedigung“ im Sinne des § 217 InsO nicht Bezug auf den fünften Teil der InsO nehme, sondern jedes rechtlich zulässige Ergebnis des Insolvenzverfahrens bezeichne.406)
175 Auch die Variante „Verteilung“ hält Gellert für nicht einschlägig, da § 177 InsO nur rudimentär mit den Vorschriften des Verteilungsverfahrens abgestimmt sei. Dass etwa eine nachträglich angemeldete Forderung noch im Schlusstermin geprüft werden könne, bedeute nicht, dass sie auch im Verteilungsverzeichnis berücksichtigt werde. Vielmehr verschaffe die Feststellung dem Gläubiger nur einen Titel nach Verfahrensaufhebung.407)
176 Gellert prüft eine Subsumtion unter die Variante „Verfahrensabwicklung“ und verwirft sie. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Vorschriften über die Forderungsfeststellung bindend seien und habe hiervon nicht abweichen wollen.408) Außerdem müsse es schon aus Gründen der Gerechtigkeit des staatlichen Verfahrens und des Schutzes der Rechte Dritter Schranken des Planinhalts geben. Einzelne Beteiligte dürften nicht die Möglichkeit erhalten, ihre Partikularinteressen auf Kosten anderer durchzusetzen.409) Zum Beispiel müssten im Feststellungsverfahren sowohl der anmeldende Gläubiger als auch der bestreitende Gläubiger und Insolvenzverwalter die Möglichkeit haben, die Feststellungswirkung zu erwirken oder zu verhindern. Das werde durch die Rechtsweggarantie gewährleistet.410) Die Gläubigerautonomie finde nur im Rahmen der Verwertung der Masse statt.411)
177 Gellert lehnt es ab, die Gläubigerautonomie als Argument für die Zulässigkeit von Planregelungen zu verwenden, da ihre Reichweite konturenlos sei. Die Gläubigerautonomie müsse sich systemimmanent selbst begrenzen, weil grenzenlose Autonomie der Gläubigermehrheit von denen missbraucht werden könnte, die über mehr Wissen und Erfahrung verfügten.412) Kleingläubiger, die oft nicht einmal zur Abstimmung erschienen, müssten durch Anwendung der § 78 Abs. 1, § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor der Gläubigermehrheit geschützt werden.413) Zuletzt führt Gellert an, dass § 236 InsO, der zwingend die Vorschaltung des Prüfungstermins vor den Erörterungs- und Abstimmungstermin vorsieht, gegen eine Dispositivität der §§ 174 ff. ___________ Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 91 – 92. Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 93. Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 104. Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 101 – 102. Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 100 – 101. Überhaupt komme den Grundrechten ein großes Gewicht zu, Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 87 – 90. 411) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 99 – 100. 412) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 106. 413) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 107 – 108.
406) 407) 408) 409) 410)
78
I. Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan
InsO spreche, denn er bezwecke eine vorgeschaltete und umfassende Forderungsprüfung.414)
4.
Stellungnahme
a) Kein verfahrensrechtlich zwingender Ausschluss Die Planvorschriften schließen Regelungen zur Forderungsfeststellung nicht aus. Dass 178 gemäß § 236 Satz 1 InsO der Erörterungs- und Abstimmungstermin nicht vor dem allgemeinen Prüfungstermin angesetzt werden darf, bedeutet nicht, dass alle Forderungen festgestellt sein müssen, bevor die Planabstimmung erfolgen kann. § 237 InsO zeigt, dass die Planabstimmung auch erfolgen kann, wenn Forderungen bestritten wurden, wobei das Stimmrecht der Gläubiger mit bestrittenen Forderungen nach §§ 237, 77 Abs. 2 InsO bestimmt werden muss.
b) § 217 Satz 1 InsO als Ausgangspunkt Daher ist zu untersuchen, ob andere Normen die Abweichung von den §§ 174 ff. InsO 179 zulassen oder verbieten. Der Ausgangspunkt des BGH, dass nur von plandispositiven Regelungsbereichen abgewichen werden darf, ist dabei selbstverständlich. Das ist die Definition von „plandispositiv“. Der BGH prüft jedoch anschließend nicht, ob die §§ 174 ff. InsO dispositiv sind oder nicht, sondern unterstellt schlicht ihre Planfestigkeit. Umso weniger leuchtet ein, dass der BGH dann moniert, es gebe keine Sondervorschriften, die eine Abweichung zuließen. Der Ausgangspunkt der Prüfung muss § 217 InsO sein. Aufgrund der Überschrift des 180 fünften Teils der InsO, zu dem die §§ 174 ff. InsO gehören, liegt nahe, dass sie unter die Variante „Befriedigung“ (§ 217 Satz 1 Var. 2 InsO) der nicht nachrangigen Gläubiger fallen. Doch wie bereits gezeigt415) und von Gellert erkannt, bezieht sich der Begriff „Befriedigung“ im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 2 InsO nicht auf die Verfahrensregeln in den §§ 174 ff. InsO, sondern ausschließlich auf die Änderung der materiellrechtlichen Rechtsstellung der Gläubiger. Auch eine Anwendung des § 224 InsO bringt darüber hinaus keinen Mehrwert. Zum einen konkretisiert § 224 InsO den § 217 Satz 1 Var. 2 InsO nur. Zum anderen setzt § 224 InsO eine festgestellte Forderung voraus, die dann gekürzt wird. Dieser in § 224 InsO beispielhaft genannte Fall passt nicht auf die vorliegende Konstellation, in der die Forderungen erst festgestellt werden müssen.416)
___________ 414) Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 115. 415) Siehe Rn. 43. 416) Ähnlich Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 86.
79
D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
181 Die Variante „Verteilung“ (§ 217 Satz 1 Var. 4 InsO) ist ebenfalls nicht einschlägig, da sie nur das Verteilungsverfahren umfasst.417) Das Feststellungsverfahren gehört aber nicht zur Verteilung, sondern ist dieser vorgeschaltet, wie § 187 Abs. 1 InsO zeigt. Außerdem kommt die Variante „Verfahrensabwicklung“ (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) in Betracht. Diese Variante wurde 2012 durch das ESUG eingeführt und konnte in der juristischen Diskussion im Jahr 2009 naturgemäß keine Rolle spielen. Für die damaligen Befürworter der streitgegenständlichen Planregelung musste der Lösungsweg zwangsläufig über die Variante „Befriedigung der Insolvenzgläubiger“ und die Absichtserklärungen des InsO-Gesetzgebers418) führen. Für die Beurteilung aus heutiger Sicht soll jedoch die neue Gesetzeslage herangezogen werden.
182 Die §§ 174 ff. InsO sind Verfahrensvorschriften. Sie betreffen den Fortgang, also die „Abwicklung“, des Insolvenzverfahrens. Ohne die Feststellung der Gläubigerforderungen kann die Masse nicht verteilt werden, da unklar ist, wer Insolvenzgläubiger ist. Entgegen der Ansicht Gellerts spricht es nicht entscheidend gegen die Subsumtion unter Var. 5, dass der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages bei Beratung des ESUG davon ausging, dass die Vorschriften planfest seien.419) Der Rechtsausschuss gab offensichtlich nur die BGH-Rechtsprechung wieder und wollte die Rechtslage nicht selbst gestalten.420) Damit fallen die §§ 174 ff. InsO grundsätzlich unter den Begriff „Verfahrensabwicklung“.
c)
Die Garantie des Prüfungsverfahrens
183 Nach Ansicht des BGH spricht gegen die Abdingbarkeit der Feststellungsvorschriften, dass diese jedem Gläubiger das Recht einräumen, ihre Forderungen feststellen zu lassen. Ansonsten wäre es möglich, einem Gläubiger seine Forderung zu entziehen. Keines dieser Argumente ist ohne Weiteres überzeugend. Aus dem Wortlaut der §§ 174 ff. InsO alleine lässt sich nicht herleiten, dass diese die Forderungsfeststellung in der Weise garantieren, dass auch durch Insolvenzplan nicht davon abgewichen werden kann – der Insolvenzplan soll gerade Abweichungen erlauben. Genauso ist ein Forderungsentzug für sich genommen gemäß § 224 InsO unstreitig möglich. Den nachrangigen Gläubigern wird ihre Forderung wegen § 225 Abs. 1 InsO sogar im Regelfall entzogen, ohne dass sie überhaupt erst zur Anmeldung aufgefordert wurden (vgl. § 174 Abs. 3 InsO).421)
184 Ein überzeugendes Argument ergibt sich aber dann, wenn man die zwei Funktionen der Forderungsfeststellung betrachtet: Zum einen wahrt sie Vermögensrechte ___________ 417) 418) 419) 420) 421)
80
Siehe Rn. 135. Siehe Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 79 – 80. Vgl. BT-Drs. 17/7511, 35. Vgl. BT-Drs. 17/7511, 35. So richtig Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 119.
I. Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan
der Insolvenzgläubiger (Rn. 185). Die Forderungsfeststellung ist die Voraussetzung für die Aufnahme einer Insolvenzforderung in das Verteilungsverzeichnis nach § 188 InsO und für die Teilnahme an der Verteilung der Insolvenzmasse.422) Außerdem soll sie für alle Beteiligten zügig und abschließend Klarheit darüber schaffen, welche Forderungen mit welchem Betrag an der Verteilung der Masse teilhaben.423) Zum anderen räumt die Feststellung der Forderung dem Gläubiger Stimmrechte im Insolvenzverfahren ein, § 77 Abs. 1 Satz 1 InsO (Rn. 188).424)
aa) Vermögensrechte Wenn der BGH betont, bei einer Änderung der Forderungsfeststellung könne ein- 185 zelnen Insolvenzgläubigern ihre Forderung entzogen werden, stellt er auf die Vermögensrechte ab. Doch er berücksichtigt nicht, dass die Minderheitenschutzvorschriften des Insolvenzverfahrens, darunter insbesondere § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO, die Vermögensrechte der Gläubiger vollständig schützen.425) Daher geht dieses Argument des BGH ins Leere. In praktischer Hinsicht ist zu bemerken, dass die in der Theorie simpel erscheinen- 186 de Vergleichsrechnung zwischen Planverfahren und Regelverfahren das Insolvenzgericht im Fall Phoenix vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt haben muss. Der einem einzelnen Gläubiger zukommende Geldbetrag hängt außer von der verteilungsfähigen Aktivmasse sowohl von der Höhe seiner festgestellten Forderung als auch von der Höhe der gesamten Passivmasse ab. Es reicht nicht aus, dass die festgestellte Forderung im Planverfahren die festgestellte Forderung im Regelverfahren übersteigt. Wenn die festgestellten Forderungen aller übrigen Gläubiger im Vergleich zum Planverfahren noch höher ausfallen, vermindert sich trotzdem der dem einzelnen Gläubiger zukommende Betrag.426) Das Insolvenzgericht müsste also bei Prüfung eines Minderheitenschutzantrages inzident alle Forderungen prüfen und den hypothetischen Auszahlungsbetrag im Regelverfahren errechnen.427) Das zeigt, dass die Planklausel im Fall Phoenix praktisch nicht funktionieren konnte. Eine Erleichte___________ 422) Becker, in: Nerlich/Römermann, § 174 (Stand: 5/2007), Rn. 7; Riedel, in: MüKo-InsO, § 174, Rn. 1. 423) BGH, Urt. v. 8.5.2014 – IX ZR 118/12, BGHZ 201, 121 (Rn. 19). 424) Riedel, in: MüKo-InsO, § 174, Rn. 2. 425) Siehe Rn. 13; ebenso Heinrich, NZI 2009, 546 (548). Im Gegensatz zum wirtschaftlichen Wert wäre die Quote als Vergleichsobjekt ungeeignet, da sie von der festgestellten Forderung als Bezugspunkt abhängt. Wenn sich – wie hier – die festgestellte Forderung ändert, verliert die Quote ihre Aussagekraft. 426) Rechenbeispiel: Regelverfahren: Aktivmasse: 100. Forderung Gl1: 100. Forderung Gl2: 200. Passivmasse: 300. Quote (gerundet): 33,3 %. Gl1 erhält daher 33,3. Planverfahren: Aktivmasse: 100. Forderung Gl1: 110. Forderung Gl2: 290. Passivmasse: 400. Quote: 25 %. Gl1 erhält daher 27,5. 427) Ähnlich Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 118.
81
D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
rung oder Beschleunigung des Verfahrens hätte sich hieraus bei gebührlicher Prüfung im Bestätigungsverfahren nicht ergeben.
187 Nimmt man die Garantie des Regelverfahrenswertes ernst, so erübrigt sich auch das Argument, den anderen Gläubigern müsse ihr Widerspruchsrecht im Feststellungsverfahren garantiert werden. Das Widerspruchsrecht ist zwar ein Verfahrensrecht, doch es dient ausschließlich dem Vermögensschutz gegen die quotenschmälernden Forderungsanmeldungen anderer Gläubiger.428) Ob und welche Forderungen im Regelfall er bestritten hätte, muss der Gläubiger bei Stellung des Minderheitenschutzantrags glaubhaft machen (vgl. § 251 Abs. 2 InsO). Das Gericht muss mindestens summarisch prüfen, ob und in welcher Höhe die bestrittene Forderung schließlich festgestellt worden wäre.429) Folglich spricht der Schutz der Vermögensinteressen der Gläubiger nicht gegen die Abdigbarkeit der §§ 174 ff. InsO.
bb) Teilnahme- und Stimmrechte 188 Ändert sich die Höhe der jeweiligen festgestellten Forderungen, so hat dies auch Auswirkungen auf die Teilnahme- und Stimmrechte der betreffenden Gläubiger nach den § 74 Abs. 1 Satz 2, § 77 Abs. 1 Satz 1 InsO. Diese Stimmrechte sind für das auf die Planbestätigung folgende Insolvenzverfahren relevant, etwa bei Abstimmungen der Gläubigerversammlung nach § 160 InsO oder § 197 InsO. Änderungen der Stimmrechte könnten die Mehrheiten in der Gläubigerversammlung während des gesamten nachfolgenden Insolvenzverfahrens beeinflussen. Denklogisch ausgeschlossen ist hingegen die Annahme, dass die Berechnungsmethode des Insolvenzplans bereits die Stimmrechte bei der Planabstimmung festlegt und der Insolvenzplan sich so quasi selbst legitimiert.430)
189 Die §§ 217 ff. InsO treffen keine Aussage zu solchen Planregelungen, die in die Verfahrensrechte der Gläubiger im nachfolgenden Insolvenzverfahren eingreifen. Es gibt auch im Hinblick auf diese Verfahrensrechte auch keinen Rechtsschutz im Insolvenzplanverfahren – die §§ 245, 247, 251, 253 InsO beschränken sich ausschließlich auf wirtschaftliche Gesichtspunkte. Man könnte annehmen, dass Eingriffe in Stimmrechte als Teil der Verfahrensabwicklung unbeschränkt möglich seien. Das entspräche dem gesetzgeberischen Ziel der größtmöglichen Flexibilität im Insolvenzplanverfahren. Zudem zeigt die regelmäßig geringe Gläubigerbeteiligung in Insolvenzverfahren, dass die Gläubiger ihre Verfahrensrechte offenbar geringschätzen. Zugleich könnten sie sich in gewissem Maße auf den Insolvenzverwalter und die Aufsicht durch das Insolvenzgericht verlassen. Vordergründig läge im Verlust dieser Verfahrensrechte also kein großer Verlust. ___________ 428) Gerhardt, in: Jaeger-InsO, § 176, Rn. 29; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 22.23. 429) So im Grundsatz auch BGH, Beschluss v. 29.3.2007 – IX ZB 204/05, NZI 2007, 409, allerdings mit hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung nach § 251 Abs. 2 InsO. 430) Siehe auch Rn. 265.
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I. Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan
Doch das ist weder auf der Ebene des einzelnen Gläubigers noch unter Zugrunde- 190 legung des Leitbildes der Gläubigermitbestimmung unter Geltung der InsO überzeugend. Ein Gläubiger, der seine Verfahrensrechte im Insolvenzverfahren tatsächlich ausüben will, sieht sich dem Risiko ausgesetzt, dass sein Stimmrecht in der Gläubigerversammlung verhältnismäßig an Gewicht verliert und in dem Umfang praktisch entwertet wird. Dadurch wiederum erhöht sich für ihn das Risiko, dass die Gläubigerversammlung aus seiner Sicht wirtschaftlich unangemessene Beschlüsse trifft und er einen wirtschaftlichen Schaden erleidet. Vor diesem Risiko können ihn weder die Insolvenzverwalterhaftung noch das In- 191 solvenzgericht adäquat schützen. Die Insolvenzverwalterhaftung muss erst durchgesetzt werden, was nur in eindeutigen und schwerwiegenden Fällen erfolgen wird. Und das Aufhebungsrecht des Insolvenzgerichts nach § 78 Abs. 1 InsO wäre nur dann eine ausreichende Kompensation für die Versagung von Stimmrechten, wenn das Insolvenzgericht seine Beschlusskontrolle sehr weitgehend ausüben würde. Das kann das Gericht höchstens in den seltenen Fällen tun, in denen eine Entscheidung der Gläubigerversammlung objektiv wirtschaftlich nachteilig ist. In allen anderen Fällen hat das Insolvenzgericht sein Aufhebungsrecht zurückhaltend auszuüben, um die Autonomie der Gläubigerversammlung nicht zu unterlaufen.431) Das gilt entgegen Gellert auch dann, wenn Kleingläubiger ihre Rechte nicht im gebotenen Maße ausüben. Aus Autonomie folgt Verantwortung. Nehmen einzelne Gläubiger ihre Mitwirkungsrechte im Insolvenzverfahren nicht wahr, so tragen sie das wirtschaftliche Risiko. Auch im Phoenix-Fall, wo die Mitwirkungsrechte bestimmter Gläubiger eingeschränkt werden, ist es keine Lösung, mit einer verschärften Überwachung von Gläubigerbeschlüssen durch das Insolvenzgericht zu reagieren. Dann hätte kein Gläubiger mehr Mitwirkungsmöglichkeiten, sondern die wirtschaftlichen Entscheidungen würden durch das Insolvenzgericht getroffen. Der einzelne Gläubiger bedarf also bereits im Planverfahren eines wirksamen Schut- 192 zes. Doch die Planvorschriften enthalten nur einen vermögensmäßigen Schutz. Wenn sich die Vermögensrisiken nicht quantifizieren lassen, weil die Einschränkung von Beteiligungsrechten nur möglicherweise aufgrund zukünftiger Gläubigerbeschlüsse zu Vermögenseinbußen führt, ist dieser Schutz nutzlos. Das führt dazu, dass die Rechte des überstimmten Gläubigers weder im Planverfahren noch im nachfolgenden Insolvenzverfahren adäquat geschützt werden. Da das nicht beabsichtigt gewesen sein kann, ist der Gläubiger zu schützen, indem Eingriffe in Mitwirkungsrechte im Insolvenzplan untersagt werden. Das überzeugt auch unter dem Gesichtspunkt, dass eine Verschiebung der Stimm- 193 gewichte und Mitwirkungsbefugnisse wie im Phoenix-Fall das gesamte Konzept der Gläubigerbeteiligung in der InsO beeinträchtigt. Das Konzept besteht darin, dass ___________ 431) Jungmann, in: K. Schmidt, § 78, Rn. 23; LG Hamburg, Beschluss v. 4.12.2014 – 326 T 142/14, NZI 2015, 279 (280). Siehe auch Rn. 120.
83
D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
durch die Gläubigerorgane diejenigen mitbestimmen, deren wirtschaftliche Interessen betroffen sind. Das Maß der wirtschaftlichen Betroffenheit wird pauschal durch die Forderungshöhe bestimmt (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 1, § 76 Abs. 2 InsO). Ein Insolvenzplan, der durch Regelungen zur Forderungshöhe die Stimmrechte verzerrt, stört das Gleichgewicht der wirtschaftlichen Interessen in der Gläubigerversammlung und ersetzt sie durch willkürliche Mehrheiten.
d) Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO 194 Piekenbrock erwägt, dass die Planregelung gegen § 226 Abs. 1 InsO verstoßen könnte, da sich durch Änderungen bei der Forderungsfeststellung eine im anschließenden Verfahren ausgezahlte einheitliche Quote von bspw. 30 Prozent auf die nach dem Insolvenzplan festgestellte Forderung auf der Grundlage der Feststellung nach den gesetzlichen Bestimmungen unterschiedlich auswirke.432) Diese Frage lässt sich auf den Meinungsstreit darüber zurückführen, ob § 226 Abs. 1 InsO die formale433) oder die wirtschaftliche434) Gleichbehandlung der Gläubiger einer Gruppe fordert. Richtigerweise ist hier auf die formale Gleichbehandlung der Gläubiger abzustellen. Der Wortlaut des § 226 Abs. 1 InsO fordert „gleiche“ Rechte für die Gläubiger einer Gruppe und nicht „gleichwertige“.435) Die Möglichkeit zum Treffen differenzierter Regelungen wird durch die Gruppenbildung ermöglicht und nicht durch die unterschiedliche Behandlung der Gläubiger einer Gruppe.436) Die gegenteilige Ansicht basiert auf dem früheren Recht (vgl. § 181 Satz 1 KO 1898, § 8 Abs. 1 VglO 1935, § 16 Abs. 3 Satz 2 GesO), das die Gestaltungsmöglichkeit der Gruppenbildung noch nicht kannte.437) Zudem ist es oft schwer zu beurteilen, ob zwei angebotene Leistungen wirtschaftlich gleichwertig sind oder nicht.438) Wer ___________ 432) Piekenbrock, LMK 2009, 281471. 433) So Andres, in: Andres/Leithaus, § 226, Rn. 2; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 226 (Stand: 28.1.2019), Rn. 2; LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229 (2231); Martini, in: SanRKomm, § 226, Rn. 5 – 6; Münch, in: Jaeger-InsO, § 226, Rn. 14; Ober, in: Nerlich/Römermann, § 226 (Stand: 1/2019), Rn. 3; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 226 (Stand: 4/2017), Rn. 6; Spliedt, in: K. Schmidt, § 226, Rn. 2; Thies, in: HambKomm-InsO, § 226, Rn. 2; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 226, Rn. 8; wohl auch Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 226, Rn. 2. 434) So Braun, in: Nerlich/Römermann, § 226 (Stand: 3/2005), Rn. 6; Braun/Frank, in: Braun, § 226, Rn. 6; Breuer, in: MüKo-InsO, § 226, Rn. 8; Heinrich, NZI 2008, 74 (77 – 78); wohl auch Haas, in: Kayser/Thole, § 226, Rn. 2. 435) Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 226 (Stand: 28.1.2019), Rn. 2; Wenzel, in: Haarmeyer/ Wutzke/Förster, § 226, Rn. 8. 436) Münch, in: Jaeger-InsO, § 226, Rn. 13 – 14; Thies, in: HambKomm-InsO, § 226, Rn. 2; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 226, Rn. 10. 437) Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 226, Rn. 8. 438) Münch, in: Jaeger-InsO, § 226, Rn. 14; Ober, in: Nerlich/Römermann, § 226 (Stand: 1/2019), Rn. 3; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 226 (Stand: 4/2017), Rn. 6; Thies, in: HambKommInsO, § 226, Rn. 2; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 226, Rn. 9.
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I. Regelungen über die Forderungsfeststellung im Insolvenzplan
von der Ungleichbehandlung „betroffen“ wäre und daher nach § 226 Abs. 2 InsO zustimmen müsste, ließe sich dann oft nicht klären, zumal dies oft von den Präferenzen des einzelnen Gläubigers abhängt. Das hätte die unpraktische Folge, dass alle Gruppenmitglieder zustimmen müssten.439) Legt man das formale Verständnis der Gleichbehandlung zugrunde, so ist nur entscheidend, dass alle Gläubiger einer Gruppe formal derselben Planregelung unterworfen werden. Die möglicherweise unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Planregelung sind jedenfalls bei Verfahrensregelungen wie hier nur ein Reflex.440) Sie verstoßen nicht gegen § 226 Abs. 1 InsO.441) Zufällig verstieß der Phoenix-Insolvenzplan aber aus einem anderen Grund gegen 195 § 226 Abs. 1 InsO: Der Planersteller hatte die Anleger-Gläubiger, deren Forderungen nach der Planregelung errechnet werden sollten, und die übrigen Gläubiger, deren Forderungen im Regelverfahren festgestellt werden sollten, in eine einzige Gruppe eingeteilt.442)
e)
Ergebnis
Die Vorschriften über die Forderungsfeststellung in den §§ 174 ff. InsO können 196 nicht durch einen Insolvenzplan modifiziert werden. Der BGH hat im Fall Phoenix im Ergebnis richtig entschieden. Jedoch war die Begründung im Detail unzutreffend. Die Vermögensrechte der Beteiligten werden durch die §§ 217 ff. InsO hinreichend geschützt. Der eigentlich springende Punkt ist, dass die Modifikation der §§ 174 ff. InsO Einfluss auf die Stimmrechte hat, ohne dass die überstimmten Gläubiger hier irgendwelche Schutzrechte hätten. Der Eingriff in Stimmrechte ist unzulässig. Das macht die Abweichung von den §§ 174 ff. InsO insgesamt unzulässig.
___________ 439) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 204; Braun, in: Nerlich/Römermann, § 226 (Stand: 3/2005), Rn. 6. 440) Genauso wohl Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 117. Ähnlich, aber ohne Bezug zum konkreten Fall, Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 226, Rn. 2; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 226 (Stand: 4/2017), Rn. 5. Anders könnte die Beurteilung in einem Fall sein, in denen den Gläubigern einer Gruppe, die unterschiedlich hohe Forderungen angemeldet haben, jeweils ein Festbetrag anstatt einer Quote angeboten wird. Hier könnte man zusätzlich die wirtschaftliche Gleichbehandlung als Kriterium heranziehen. 441) Dass § 226 InsO im Zusammenhang mit Anfechtungsansprüchen entsprechend anzuwenden ist (siehe Rn. 126), widerspricht dem nicht. Die entsprechende Anwendung des § 226 InsO dient dem Zweck, auch den Anfechtungsgegner in den u. a. durch die §§ 226, 245, 251 InsO geprägten Interessenausgleichsmechanismus der Planbeteiligten einzubeziehen. Der Grundsatz der formalen Gleichbehandlung betrifft die Folgefrage, wie dieser Mechanismus konkret umzusetzen ist, damit er möglichst die gewünschten Ergebnisse (Pareto-Optimum) erreichen kann. 442) LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 29.10.2007 – 2/9 T 198/07, ZIP 2007, 2229 (2231); offengelassen von Piekenbrock, LMK 2009, 281471.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln 197 Ein in Rechtsprechung und Literatur umfangreich diskutiertes Problem ist die Frage, ob sogenannte „Ausschlussklauseln“ oder „Präklusionsklauseln“ im Insolvenzplan zulässig sind. Solche Klauseln sollen das Risiko verhindern, dass „Nachzügler“ durch die Anmeldung möglicherweise hoher Forderungen die Finanzplanung des Schuldners vereiteln. Nachzügler sind solche Gläubiger, die ihre Forderungen erst in einem späten Verfahrensstadium oder gar erst nach Verfahrensaufhebung anmelden. Das kann aus vielen Gründen geschehen. Sie könnten (in Verkennung der Rechtslage) hoffen, auf diese Weise nicht von den Wirkungen der Insolvenz erfasst zu werden. Vielleicht scheuen sie den mit der Anmeldung verbundenen Aufwand, weil sie ihre Befriedigungschancen als gering einschätzen oder erfahren schlicht nichts von der Insolvenz. Manche Gläubiger wissen auch nichts von ihrer Forderung, etwa wenn die durch den Schuldner verschuldete Asbestexposition erst Jahre später zu Krebs führt443) oder bei Produkthaftungs- und Gewährleistungsansprüchen.444) Im weiteren Sinne werden als „Nachzügler“ auch solche Gläubiger bezeichnet, die nicht rechtzeitig Klage auf Feststellung ihrer bestrittenen Forderung erheben.445)
1.
Die Rechtslage im Regelverfahren und bei Liquidationsplänen
198 Im Regelverfahren setzt das Insolvenzgericht den Gläubigern gemäß § 28 Abs. 1 InsO eine Frist zwischen zwei Wochen und drei Monaten zur Anmeldung ihrer Forderungen. Diese Frist ist keine Ausschlussfrist, denn im Prüfungstermin sind auch die Forderungen zu prüfen, die nach Fristablauf angemeldet worden sind, § 177 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die hauptsächliche Folge der Fristversäumung ist die Kostenfolge des § 177 Abs. 1 Satz 2 InsO, wenn ein Gläubiger der Prüfung widerspricht.446) Die nachträglich angemeldete Forderung wird entsprechend § 192 InsO bei Abschlagsverteilungen und der Schlussverteilung in der Weise berücksichtigt, dass der verspätet anmeldende Gläubiger den übrigen Gläubigern gleichgestellt wird.447)
199 Vor jeder Verteilung (Abschlagsverteilung, Schlussverteilung und ggf. Nachtragsverteilung) stellt der Insolvenzverwalter ein Verteilungsverzeichnis unter Berücksichtigung der angemeldeten Forderungen auf und legt dieses auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht aus, § 188 InsO. Ist eine Forderung bestritten und liegt kein vollstreckbarer Titel für sie vor, so hat der Gläubiger inner___________ 443) Zu „Asbestfällen“ Madaus, ZIP 2014, 160 – 161. 444) Schreiber/Flitsch, BB 2005, 1173 (1177); a. A. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 57, der meint, solche Forderungen seien keine Insolvenzforderungen. Hiergegen überzeugend Bauer, Massenschäden, S. 150 – 153. 445) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 538. 446) Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 22.12. 447) Füchsl/Weishäupl/Kebekus/Schwarzer, in: MüKo-InsO, § 192, Rn. 3; Westphal, in: Nerlich/ Römermann, § 192 (Stand: 8/2014), Rn. 6.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
halb von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung dem Insolvenzverwalter nachzuweisen, dass Feststellungsklage erhoben wurde, § 189 Abs. 1 InsO. Dann wird der entsprechende Betrag bis zur Beendigung des Rechtsstreits zurückbehalten, § 189 Abs. 2 InsO. Versäumt der Gläubiger die Frist, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt, § 189 InsO. Nach der Schlussverteilung hebt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf, § 200 Abs. 1 InsO. Gläubiger, die nicht am Verfahren teilnehmen oder die Frist des § 189 InsO verpassen, verlieren ihr Recht an der Teilnahme an der Verteilung. Hingegen bleibt ihre materiellrechtlich bestehende Forderung auch nach Verfahrensaufhebung bestehen, § 201 Abs. 1 InsO. Sie erlischt erst, wenn der Schuldner gemäß § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG gelöscht wird oder gemäß § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO Restschuldbefreiung erhält. Im Regelinsolvenzverfahren stellen Nachzügler kein Problem dar, da die Vertei- 200 lungsmasse naturgemäß begrenzt ist. Den Gläubigern wird keine feste Quote versprochen, sondern es wird verteilt, was vorhanden ist.448) Nachzügler gehen nach Abschluss der Verteilung leer aus. Entsprechend sind Nachzügler auch bei Liquidationsplänen kein Problem, jedenfalls wenn diese Liquidationspläne das Regelverfahren nur modifizieren, aber nicht ersetzen. Beispielsweise könnte ein Liquidationsplan nur Verwertungsregelungen treffen, während die Verteilung im Regelverfahren erfolgt. § 189 InsO findet dann unmittelbare Anwendung.449)
2.
Die Nachzüglerproblematik bei Sanierungsplänen
Bei Sanierungsplänen steht die Rechtslage mit den betriebswirtschaftlichen Erfor- 201 dernissen der Sanierung in Konflikt. Am Anfang der Insolvenz steht die betriebswirtschaftliche Frage, ob das Unternehmen liquidiert oder saniert werden soll. Die Beantwortung dieser Frage hängt nicht von der Höhe der Passivmasse ab, sondern nur davon, ob der Fortführungswert des sanierten Unternehmens den Liquidationswert übersteigt.450) Wenn dies der Fall ist, dann ist zu sanieren. Im zweiten Schritt müssen die Voraussetzungen für die Sanierung permanent fortbestehen. Insbesondere dürfen dem Unternehmen keine Betriebsmittel entzogen werden, die es benötigt, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten und Erträge zu erwirtschaften. Eines dieser Betriebsmittel ist Geld. Folglich muss der Planersteller ausrechnen, welcher Geldbetrag im Unternehmen verbleiben muss und welcher an die Gläubiger ausge___________ 448) So auch Otte/Wiester, NZI 2005, 70. 449) A. A. Michels, Nachzügler, S. 212, der meint, dass Grundlage der Gläubigerbefriedigung lediglich der Insolvenzplan als privatautonome Vereinbarung (Vertrag) sei. Offenbar geht er davon aus, die Verteilung im Insolvenzplanverfahren könne nur nach Verfahrensaufhebung durch den Schuldner erfolgen. Dabei schränkt er die Gläubigerautonomie ohne Not oder gesetzliches Erfordernis ein. Das Regelverfahren kann modifiziert werden, vgl. BT-Drs. 17/7511, 35. 450) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 74; Eidenmüller, ZHR 160 (1996), 343 (362); Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 31. Freilich gestaltet sich diese Feststellung in der Praxis meist schwierig.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
schüttet werden kann. Auf dieser Grundlage errechnet er in Relation zu den angemeldeten Forderungen die Planquote. Höheren Forderungsbeträgen kann durch eine Absenkung der Quote Rechnung getragen werden.
202 Bei Sanierungsplänen entsteht aus rechtlicher Sicht das Problem, dass die angebotene Planquote regelmäßig nur den Auszahlungsbetrag pro Gläubiger begrenzt, aber nicht den Gesamtauszahlungsbetrag. Wenn Nachzügler auftreten, können sie gemäß § 254b InsO ebenfalls ihre Quote einfordern. Das kann die Finanzplanung in der Sanierung vereiteln und die Sanierung gefährden und der Plan droht zu scheitern.451) Weiterhin ist an Situationen zu denken, in denen ein Investor das Unternehmen übernimmt. Hier wird der Investor seine Investition oft davon abhängig machen, dass der Kaufpreis gedeckelt ist.452) Während dies bei der übertragenden Sanierung durch die Verschiedenheit der Rechtsträger unproblematisch ist, erscheint es aus wirtschaftlicher Sicht angebracht, eine Haftungsbeschränkung auch bei solchen Sanierungen zu ermöglichen, bei denen der Rechtsträger aus bestimmten Gründen erhalten bleiben muss.453) Denn findet sich mangels Haftungsbeschränkung kein Investor, der zur Fortführung des Unternehmens bereit ist, kann die Sanierung ebenfalls scheitern.
203 Die wirtschaftlichen Interessen des Nachzüglers werden durch sein Recht, eine Quote zu fordern, nur scheinbar geschützt. Wie oben dargestellt erhöht dieses Recht das Risiko, dass die Sanierung scheitert und vermindert dadurch die Befriedigungschancen für alle Gläubiger. Auch die Befriedigungschancen des Nachzüglers können gefährdet sein, etwa wenn eine zweite Rate auf die Quote aufgrund des Scheiterns des Plans nicht mehr ausgezahlt wird.
3.
Keine Präklusion kraft Gesetzes
204 Nach Inkrafttreten der InsO wurde vorgeschlagen, § 189 InsO im Insolvenzplanverfahren entsprechend anzuwenden, um ein Scheitern des Plans durch Nachzügler zu vermeiden.454) Nachzügler, die ihre Forderungen nicht binnen zwei Wochen ab der Bekanntmachung des Abstimmungstermins anmelden bzw. Feststellungsklage
___________ 451) Vgl. zur Problematik auch: BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 (Rn. 10); Breutigam/Kahlert, ZInsO 2002, 469; Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471 (472); Otte/Wiester, NZI 2005, 70 – 71; Rugullis, NZI 2012, 825 – 826; Schmidt, in: FS Kübler, S. 621 (624); Wienberg/ Dellit, in: Bork/Hölzle, Hdb InsR, Kapitel 12, Rn. 98. 452) Fallbeispiel bei Nawroth/Wohlleber, ZInsO 2013, 1022 (1023). 453) Zu möglichen Gründen siehe Rn. 402. 454) Breutigam/Kahlert, ZInsO 2002, 469 – 470. Ebenfalls für die gesetzliche Präklusion von Nachzüglerforderungen SächsLAG, Urt. v. 22.11.2007 – 1 Sa 364/03, BeckRS 2011, 67354, mit dem unzutreffenden Argument, dass die Anmeldung die Voraussetzung für die Geltendmachung von Forderungen nach Verfahrensaufhebung sei.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
erheben, sollten von der Verteilung ausgeschlossen werden.455) Für den Zeitraum nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens sollte § 301 InsO analog angewandt werden.456) Richtigerweise kommt eine analoge Anwendung der §§ 189, 301 InsO mangels Re- 205 gelungslücke nicht in Betracht.457) Das Problem der Nachzügler wurde bereits im Ersten Bericht der Kommission für Insolvenzrecht im Jahr 1985 gesehen,458) aber die dort vorgeschlagene Lösung, die den §§ 259a, 259b InsO ähnelte, aus unbekannten Gründen nicht weiterverfolgt.459) Die InsO enthielt in § 254 Abs. 1 Satz 3 InsO a. F. (= § 254b InsO n. F.) die Regelung, dass die Wirkungen des Plans auch die Gläubiger erfassen, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. Das gilt in positiver und in negativer Weise: Die Forderungen sind nach Maßgabe des Insolvenzplans beschränkt, aber zugleich ist den Nachzüglern das im Plan Versprochene garantiert.460) Das setzt denklogisch voraus, dass Nachzüglerforderungen nicht präkludiert sind.461) Mit dem ESUG hat der Gesetzgeber die Überlegungen des Ersten Berichts aufge- 206 griffen462) und gleichzeitig klargestellt, dass Nachzüglerforderungen nicht kraft Gesetzes präkludiert sind.463) Das Problem sollte entschärft werden, indem gemäß § 229 Satz 3 InsO bei der Aufstellung des Insolvenzplans alle bekannten Gläubigerforderungen berücksichtigt werden sollten, auch wenn sie nicht angemeldet wurden. Außerdem kann das Insolvenzgericht gemäß § 259a InsO auf Antrag des Schuldners Vollstreckungsschutz für bis zu drei Jahre gewähren. Schließlich verjähren gemäß § 259b InsO fällige Nachzüglerforderungen spätestens ein Jahr nach Rechtskraft des Planbestätigungsbeschlusses.464) Aus den Gesetzgebungsmaterialien wird deutlich, dass der Gesetzgeber eine gesetzliche Ausschlussfrist ablehnte. Früher hatte § 14 Abs. 1 der Gesamtvollstreckungsordnung für die neuen Bundesländer (GesO) eine Ausschlussfrist vorgesehen. Diese Frist habe nach Ansicht des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlichen Gründen mit der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in ___________ 455) Breutigam/Kahlert, ZInsO 2002, 469 (470). 456) Breutigam/Kahlert, ZInsO 2002, 469 (472). 457) Ebenso Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 54; Michels, Nachzügler, S. 243 – 246; Otte/ Wiester, NZI 2005, 70 (71); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 9; Schreiber/Flitsch, BB 2005, 1173 (1179). 458) Bundesministerium der Justiz, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Leitsätze 2.2.30 und 2.2.31. 459) Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471 (472). 460) Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 5; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 9. 461) BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 907/11, NZI 2013, 1076 (Rn. 29); BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 (Rn. 10). 462) BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 907/11, NZI 2013, 1076 (Rn. 29); Begr. RegE ESUG, BTDrs. 17/5712, 37; BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 (Rn. 10); Rugullis, NZI 2012, 825 (827); zustimmend Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 547. 463) BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 907/11, NZI 2013, 1076 (Rn. 29); BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 (Rn. 10). 464) Kritisch zu § 259b InsO Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259b, Rn. 4 – 13.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
den vorigen Stand versehen werden müssen. Dies wiederum führte zu zahlreichen Streitigkeiten über das Verschulden bei Fristversäumnis, die der Gesetzgeber bei der Neuregelung vermeiden wollte.465)
4.
Zur Zulässigkeit verfahrensmäßiger Ausschlussklauseln
207 Die Rechtslage wird von Teilen der Literatur und Praktikern für unbefriedigend gehalten.466) Daher wird diskutiert, ob Ausschlussklauseln zulässig sind, die Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht bis zu einem im Plan bestimmten Zeitpunkt angemeldet haben, von der Verteilung unter dem Insolvenzplan ausschließen. „Verfahrensmäßige“ Ausschlussklauseln werden nach allgemeiner Ansicht für zulässig gehalten,467) da sie eine Sonderregelung über die Verteilung (§ 217 Satz 1 Var. 4 InsO) darstellten.468) Wie solche verfahrensmäßigen Ausschlussklauseln ausgestaltet sind und welche Wirkungen sie entfalten sollen, wird jedoch nur selten detailliert ausgeführt. In der Regel wird nur gesagt, sie beraubten einen Nachzügler der verfahrensrechtlichen Vorteile des Insolvenzverfahrens, aber berührten die Forderung nicht in ihrem Bestand.469) Das klingt zunächst weitreichend: Der Nachzügler kann nicht aus dem Insolvenzplan in Verbindung mit dem Tabellenauszug vollstrecken und es tritt keine Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB ein.470) Außerdem geht ihm bei Nichterfüllung seiner Forderung die Möglichkeit ___________ 465) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 37; vgl. BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 13). Für die Wiedereinführung einer entsprechenden Regelung Pape, ZInsO 2018, 2725 (2730). 466) Auch nach dem Inkrafttreten des ESUG: Braun/Frank, in: Braun, § 259b, Rn. 14; Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 548; Michels, Nachzügler, S. 190; Pörschke, NZI 2013, 1080 (1081); Schmidt, in: FS Kübler, S. 621 (626); Schmidt, ZVI 2018, 263 (264); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254b (Stand: 9/2017), Rn. 8; wohl auch Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 67, Rn. 59; a. A. Lakkis, KTS 2016, 241 (245). 467) BAG, Urt. v. 19.11.2015 – 6 AZR 559/14, BAGE 153, 271 (Rn. 23 – 25); BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 9); Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 578; Brünkmans, ZInsO 2016, 245; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 56 – 57; Freund, in: BeckOK-InsO, § 254b (Stand: 28.1.2019), Rn. 5; Jacoby/Madaus/Sack/ Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, S. 145; Klasen, EWiR 2016, 179 (180); LAG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2014 – 7 Sa 1190/13, ZInsO 2014, 2378 (2381); Linkert, in: Vallender/Undritz, Praxis des Insolvenzrechts, Kapitel 8, Rn. 80; Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 6; Skauradszun/ Spahlinger/Tresselt, DZWIR 2015, 539 (549 – 550); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254b (Stand: 9/2017), Rn. 9; Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 11; Stephan, NZI 2014, 539 (541); Tresselt/Kamp, DZWIR 2017, 501 (507); Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 221, Rn. 14. 468) BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 9); Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 571; Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUGEvaluierung, S. 145; Skauradszun/Spahlinger/Tresselt, DZWIR 2015, 539 (549 – 550). 469) BAG, Urt. v. 19.11.2015 – 6 AZR 559/14, BAGE 153, 271 (Rn. 25); Brünkmans, in: Brünkmans/ Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 572 – 573; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254b (Stand: 9/2017), Rn. 9. 470) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 574; Brünkmans, ZInsO 2016, 245 (248); Krings/Schlering, NZI 2016, 179 (180); Tresselt/Kamp, DZWIR 2017, 501 (508).
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
des Wiederauflebens gemäß § 255 Abs. 1 InsO verloren,471) es sei denn, der Gläubiger holt eine vorläufige Entscheidung des Insolvenzgerichts gemäß § 256 Abs. 1 Satz 1 InsO ein oder lässt seine Forderung im Klagewege rechtskräftig feststellen.472) Doch all diese Rechtsfolgen ergeben sich auch ohne Planklausel direkt aus der Tatsache, dass die Forderung nicht angemeldet worden ist – doch das hat mit der Verteilung unter dem Plan nichts zu tun. Tresselt/Kamp schränken ein, dass der eigenständige Anwendungsbereich verfahrensmäßiger Ausschlussklauseln lediglich im Zeitraum zwischen Rechtskraft der Planbestätigung und Verfahrensaufhebung liege, soweit diese auseinanderfallen. In diesem Zeitraum werde dem Nachzügler die Möglichkeit genommen, seine Forderung anzumelden.473) So verstanden liegt darin eine Neuauflage der Eingriffe in das Feststellungsverfahren nach den §§ 174 ff. InsO – ein Vorhaben, dem der BGH bereits eine Absage erteilt hat.474) Eine verfahrensmäßige Ausschlussklausel wäre nur dann eine Regelung über die 208 Verteilung, wenn zwischen Rechtskraft der Planbestätigung475) und Verfahrensaufhebung eine Verteilung durch den Insolvenzverwalter stattfinden würde. Unklar bleibt aber, was gewonnen wäre, wenn der Nachzügler zwar nicht an der Verteilung vor Verfahrensaufhebung teilnimmt, aber nach Verfahrensaufhebung seine Planquote gemäß § 254b InsO weiterhin geltend machen kann. Folglich wird das Hauptproblem, nämlich dass Nachzüglerforderungen die Sanierung des finanzschwachen Schuldners gefährden, durch verfahrensmäßige Ausschlussklauseln nicht gelöst.476)
5.
Zur (Un-) Zulässigkeit materieller Ausschlussklauseln
Effektiver wäre eine „materielle“ Ausschlussklausel, die Nachzüglerforderungen in 209 Naturalobligationen umwandelt oder vollständig erlöschen lässt.477) Rendels/Zabel machen für so eine Klausel einen Formulierungsvorschlag in Anlehnung an § 189 InsO: „Die Schuldnerin wird innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft des Insolvenzplans und vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf der Grundlage der Insolvenztabelle ein Verteilungsverzeichnis in entsprechender Anwendung der §§ 188 ff. InsO erstellen und auf der Geschäftsstelle … niederlegen. Das Verteilungsverzeich___________ 471) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 575; Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 10. 472) BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 (Rn. 22 – 23). 473) Tresselt/Kamp, DZWIR 2017, 501 (508). 474) Siehe hierzu Rn. 168. 475) In BGH, Beschluss v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, NJW-RR 2011, 51 (Rn. 12 – 14) hat der BGH zu Recht entschieden, dass verfahrensmäßige Ausschlussklauseln sich nicht auf den Zeitraum vor Rechtskraft der Planbestätigung erstrecken können – denn erst mit Rechtskraft der Planbestätigung treten gemäß § 254 Abs. 1 InsO seine Rechtswirkungen ein. 476) Michels, Nachzügler, S. 248 – 249. 477) Welche Wirkung eintreten soll, hängt von der Ausgestaltung und Auslegung der Klausel ab, vgl. Michels, Nachzügler, S. 249 – 250.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
nis ist für die Auszahlung aufgrund der Regelungen des Insolvenzplans maßgeblich. Somit können nur die in dem Verzeichnis aufgeführten Gläubiger an der Verteilung gemäß den Regelungen dieses Insolvenzplans teilnehmen; Gläubiger, die nicht im Verzeichnis aufgeführt sind, sind von der Verteilung ausgeschlossen, so dass ihre Forderungen erlöschen. Bestrittene oder nicht festgestellte Forderungen werden nur berücksichtigt, wenn der betreffende Gläubiger entweder innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Niederlegung des Verteilungsverzeichnisses einen Rechtsstreit zur Klärung der Angelegenheit anhängig macht oder aufnimmt und dem Sachwalter entsprechend § 189 InsO nachweist, dass und für welchen Betrag die Forderungsfeststellungsklage erhoben oder das Verfahren in einem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen worden ist.“478) Ob solche materiellen Ausschlussklauseln zulässig sind, ist umstritten.479) Der BGH hält sie für unzulässig.480)
a) Ausschlussklauseln im Anwendungsbereich von § 217 InsO 210 Ausschlussklauseln in der von Rendels/Zabel vorgeschlagenen Ausgestaltung könnten gemäß § 217 Satz 1 Var. 2 InsO zulässig sein.481) Sie regeln die Befriedigung der ___________ 478) Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 344 (im Original vorhandene Hervorhebungen ausgelassen). Weitere Formulierungsvorschläge bei Michels, Nachzügler, S. 251 – 253. 479) Für die Zulässigkeit materiellrechtlicher Ausschlussklauseln Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 311 – 312; Braun/Frank, in: Braun, § 259b, Rn. 14; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 54 – 60; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 304; Heinrich, NZI 2012, 235 (242); LAG Düsseldorf, Urt. v. 15.9.2011 – 11 Sa 591/11, ZIP 2011, 2487 (2488); Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254b, Rn. 12 – 14; OLG Hamm, Urt. v. 3.12.2010 – 30 U 98/10, Juris, Juris-Rn. 19; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 349; offen gelassen von LG Düsseldorf, Urt. v. 27.4.2017 – 14d O 10/14, ZIP 2017, 1870 – 1873 (1872). Gegen die Zulässigkeit BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 907/11, NZI 2013, 1076 (Rn. 31 – 35); Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 276; BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 14 – 17); Beschluss v. 3.12.2015 – IX ZA 32/14, ZIP 2016, 85; Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1295); Bremen, NZI 2014, 137 (142); Exner/Wittmann, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 43, Rn. 89b; Flöther/Wehner, in: BK-InsO, § 254b, Rn. 5; Freund, in: BeckOK-InsO, § 254b (Stand: 28.1.2019), Rn. 6; Haas, in: Kayser/Thole, § 254b, Rn. 2; Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1310); Klasen, EWiR 2016, 179 (180); Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471 (476); Laroche/Pruskowski/Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2160); LG Hamburg, Beschluss v. 7.2.2018 – 326 T 120/16, NZI 2018, 261 (262); Madaus, in: MüKoInsO, § 254b, Rn. 8 – 9; Michels, Nachzügler, S. 282; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 10; Schmidt, ZVI 2018, 263 (266); Schultze, in: Kübler, HRI, § 46, Rn. 120; Schultze/ Tögel, ZIP 2011, 1250 (1251); Skauradszun/Spahlinger/Tresselt, DZWIR 2015, 539 (549); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254b (Stand: 9/2017), Rn. 6; Spliedt, in: K. Schmidt, § 259b, Rn. 8 – 9; Stephan, NZI 2014, 539 (541); Thies, in: HambKomm-InsO, § 254b, Rn. 6. Nach AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris-Rn. 43) sind zudem zeitliche Beschränkungen für die Geltendmachung von Forderungen aus dem Ausgleichsfonds nach § 251 Abs. 3 InsO unzulässig. 480) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 15); Beschluss v. 3.12.2015 – IX ZA 32/14, ZIP 2016, 85 (Rn. 2). 481) So Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254b, Rn. 13, die sich daneben noch auf die Variante „Verteilung“ stützen.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
Nachzügler in der Weise, dass diese keine Befriedigung erhalten. Im Sinne des § 224 InsO werden ihre Forderungen vollständig gekürzt. Außerdem könnte es sich um Vorschriften über die Haftung im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 6 InsO handeln, da sie jegliche Haftung für nicht angemeldete Insolvenzforderungen ausschließen.482) Schließlich könnte man sie als Regelungen über die Verfahrensabwicklung betrachten, § 217 Satz 1 Var. 5 InsO,483) denn es braucht Verfahrensregeln, um die zu berücksichtigenden Forderungen von den Nachzüglerforderungen zu unterscheiden. Auch wenn eine präzise Abgrenzung nicht möglich ist, zeigt sich, dass sich jedes Element von Ausschlussklauseln im Grundsatz unter eine der Tatbestandsvarianten des § 217 Satz 1 InsO subsumieren lässt.
b) Keine abschließende Wirkung der §§ 259a, 259b InsO Jedoch ergebe sich nach Auffassung des BGH484) und Teilen der Literatur485) im- 211 plizit aus den §§ 259a, 259b InsO, dass Ausschlussklauseln unzulässig seien. Da der ESUG-Gesetzgeber eine weitergehende gesetzliche Beschränkung der Nachzüglerrechte abgelehnt habe, seien Ausschlussklauseln unwirksam, soweit sie über die Wirkung des § 259b InsO hinausgingen.486) Das ist unzutreffend. Tatsächlich lehnte der Gesetzgeber nur eine gesetzliche Aus- 212 schlussregelung ab. Auch dies geschah offensichtlich nicht aus Überzeugung, sondern aufgrund der unzutreffenden487) Befürchtung, das Bundesverfassungsgericht werde eine gesetzliche Ausschlussfrist aufheben.488) Ironischerweise hat die letztendlich in § 259b InsO als Kompromiss eingeführte Verjährungsfrist nunmehr ebenfalls die Funktion einer Ausschlussfrist.489) So stellen sich dieselben verfassungs___________ 482) So Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 62; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 306. 483) So Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254b, Rn. 12. 484) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 16); dem folgend BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 907/11, NZI 2013, 1076 (Rn. 31). 485) AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris-Rn. 43); Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1295); Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 547; Flöther/Wehner, in: BK-InsO, § 254b, Rn. 5; Haas, in: Kayser/Thole, § 254b, Rn. 2; Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1310); Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471 (476); Laroche/ Pruskowski/Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2160); Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 9; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 10; Skauradszun/Spahlinger/Tresselt, DZWIR 2015, 539 (549); Spliedt, in: K. Schmidt, § 259b, Rn. 6; Stephan, NZI 2014, 539 (541); wohl auch Smid, ZInsO 2016, 128 (132); vor Inkrafttreten des ESUG Schreiber/Flitsch, BB 2005, 1173 (1177). 486) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 16). 487) Ebenso Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254b, Rn. 14. Zur Frage, inwieweit die durch den Gesetzgeber angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken greifen, siehe Rn. 227. 488) Vgl. Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 37 in Anspielung auf BVerfG, Beschluss v. 26.4.1995 – 1 BvL 19/94, 1 BvR 1454/94, BVerfGE 92, 262. 489) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259b, Rn. 5.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
rechtlichen Fragen, die im Rahmen der Ausschlussfrist diskutiert werden, auch im Rahmen des § 259b InsO.490) Zur Zulässigkeit von Ausschlussklauseln in Insolvenzplänen findet sich weder im Gesetz noch in den Gesetzgebungsmaterialien etwas, obwohl die hierzu geführte Diskussion bekannt war.491)
c)
Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO
213 Der BGH meint, dass Ausschlussklauseln gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 226 Abs. 1 InsO verstoßen.492) § 226 InsO erfordert die formale Gleichbehandlung der Gläubiger einer Gruppe.493) Solange ein Nachzügler anhand seiner Forderung einer bestimmten Gruppe zugeordnet werden kann, darf er nicht anders behandelt werden als die übrigen Gläubiger dieser Gruppe. Durch eine Ausschlussklausel wird der Nachzügler schlechter gestellt als die anderen Forderungen in der Gruppe. Daher ist dem BGH recht zu geben – in einer solchen Ausgestaltung ist die Ausschlussklausel gemäß § 226 Abs. 1 InsO ohne Weiteres unzulässig.494)
d) Unzulässigkeit der „Nachzüglergruppe“ 214 Um einen Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO zu vermeiden, wurde vorgeschlagen, im Insolvenzplan eine „Nachzüglergruppe“ zu bilden, die leer ausgehen sollte.495) Ob eine solche Gruppenbildung zulässig ist, bestimmt sich nach § 222 InsO. Gemäß § 222 Abs. 1 Satz 1 InsO sind verschiedene Gruppen zu bilden, soweit Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind. Nachzüglerforderungen haben aber allein aufgrund der Tatsache, dass sie nicht oder später geltend gemacht wurden, keine andere Rechtsstellung als andere Forderungen.496) Das Gesetz macht ___________ 490) Vgl. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 6 – 13; siehe sogleich Rn. 227. 491) Ebenso Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 311; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 305; Rendels/Körner, EWiR 2012, 533 (534); Schmidt, in: FS Kübler, S. 621 (630); Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 22.12; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254b (Stand: 9/2017), Rn. 8. 492) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 15); ebenso Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 556; Exner/Wittmann, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 43, Rn. 89b; Flöther/Wehner, in: BK-InsO, § 254b, Rn. 5; Haas, in: Kayser/Thole, § 254b, Rn. 2; Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 8; Michels, Nachzügler, S. 267; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 10; Stephan, NZI 2014, 539 (540 – 541). 493) Siehe Rn. 194. 494) Ebenso Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 556; Flöther/Wehner, in: BKInsO, § 254b, Rn. 5; Haas, in: Kayser/Thole, § 254b, Rn. 2; Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 8; Michels, Nachzügler, S. 267; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 10; Stephan, NZI 2014, 539 (540 – 541). 495) Braun, in: Nerlich/Römermann, § 222 (Stand: 3/2005), Rn. 115; Braun/Frank, in: Braun, § 254b, Rn. 2; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 310 – 311; Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 67, Rn. 60; Rose/Tetzlaff/Wollstadt, ZInsO 2005, 673 (677). 496) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 15); Beschluss v. 3.12.2015 – IX ZA 32/14, ZIP 2016, 85 (Rn. 2); a. A. Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 67, Rn. 60.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
zwischen angemeldeten und nicht angemeldeten Forderungen keinen Unterschied. Den Nachzüglern entgehen lediglich Verfahrensrechte.497) Gemäß § 222 Abs. 2 InsO können Gruppen gebildet werden, in denen Beteiligte mit 215 gleichartigen wirtschaftlichen Interessen anhand einer sachgerechten Abgrenzung zusammengefasst werden. Als typische Gruppen werden zum Beispiel Arbeitnehmer (so bereits § 222 Abs. 3 Satz 1 InsO), öffentliche Gläubiger, Banken, Lieferanten oder verbundene Unternehmer angegeben.498) Obwohl der Planersteller einen gewissen Gestaltungsspielraum499) hat, kann er die Gruppenbildung nicht willkürlich vornehmen.500) Soweit die Befürworter des Konzepts der Nachzüglergruppe dies erkennen,501) wird das notwendige Abgrenzungskriterium in dem Umstand gesehen, dass die Nachzüglerforderungen auch im Regelinsolvenzverfahren wirtschaftlich nicht werthaltig seien.502) Die Nachzügler seien vergleichbar mit den nachrangigen Gläubigern, die vom Gesetz ebenfalls anders behandelt werden, weil ihre Forderungen wirtschaftlich wertlos sind.503) Das ist abzulehnen. Nach § 222 Abs. 2 InsO ist nicht die Gleichwertigkeit, sondern 216 die Gleichartigkeit des wirtschaftlichen Interesses maßgeblich.504) Die Tatsache, dass Nachzügler im Regelverfahren kaum etwas erhalten, bedeutet nicht, dass sie kein Interesse an einer gleichrangigen Befriedigung haben. Dass ein Gläubiger seine Forderung nicht angemeldet hat, kann viele Gründe haben. Es sagt über seine Interessen nichts aus.505) Folglich stellt es – wie auch der BGH506) feststellt – kein sachgerechtes Abgrenzungskriterium dar, wenn ausschließlich an die Forderungsanmeldung angeknüpft wird.507) Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass eine Nachzüglergruppe keine Stimmrechte 217 hätte. Sie könnte dem Plan nicht wie gemäß § 244 Abs. 1 InsO erforderlich zustimmen.508) Zwar hindert es die Planbestätigung normalerweise nicht, wenn ein___________ 497) 498) 499) 500) 501) 502) 503) 504) 505)
506) 507) 508)
Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 8. Braun/Frank, in: Braun, § 222, Rn. 8; vgl. auch Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 199. Zur Legitimität der strategischen Gruppenbildung Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 222, Rn. 6 – 9. Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 8. Keine Begründung findet sich bei Braun, in: Nerlich/Römermann, § 222 (Stand: 3/2005), Rn. 115; Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 67, Rn. 60. Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 310 – 311. Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 311. Michels, Nachzügler, S. 296; a. A. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 222, S. 92 – 93. BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 15); Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471 (474); Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 8; Michels, Nachzügler, S. 294 – 295; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 11; wohl auch Otte/Wiester, NZI 2005, 70 (73 – 74). BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 15). Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 278; BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 15); Spliedt, in: K. Schmidt, § 259b, Rn. 6. Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471 (474 – 475); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 11.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
zelne Gruppen nicht mitabstimmen.509) Doch im Regelfall haben diese Gruppen anders als hier eine reale Möglichkeit zur Teilnahme an der Abstimmung. Eine Gruppe ohne Stimmrechte entspräche nicht dem gesetzlichen Leitbild des Insolvenzplans, demgemäß die Rechte jeder Gruppe unter den Gläubigern ausgehandelt werden sollen.510) Hintergrund ist die Hoffnung des Gesetzgebers, hierdurch pareto-effiziente Verhandlungsergebnisse zu erzielen. Würde man einer Gläubigergruppe ein von anderen Gläubigern gefundenes Verhandlungsergebnis aufzwingen, wäre ein pareto-effizientes Verhandlungsergebnis ausgeschlossen.
218 Auch das Obstruktionsverbot würde gemäß § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO nicht eingreifen, da die Nachzüglergruppe schlechtergestellt wäre als die anderen Gruppen der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger. Je nach Einzelfall könnte die Nachzüglergruppe auch schlechter stehen als ohne Plan, sodass die Anforderungen des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht erfüllt wären.511) Denkbar wäre das, wenn auch Gläubiger bestrittener Forderungen einbezogen werden oder wenn es sich beim Schuldner um eine natürliche Person handelt, die nach ihrer Qualifikation nach Verfahrensaufhebung mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Einkommen über der Pfändungsfreigrenze erwirtschaften könnte (z. B. ein Arzt mit eigener Praxis), das auch den Gläubigern zugute käme (vgl. § 287 Abs. 2 InsO).512) Daher ist die Bildung einer „Nachzüglergruppe“ im Regelfall unzulässig.
e)
Die Nachzüglerproblematik als Problem der Haftung
aa) Strukturüberlegungen 219 Man kann das Nachzüglerproblem auch primär als Problem der Haftung des Schuldners (§ 217 Satz 1 Var. 6 InsO) begreifen.513) Der Regierungsbegründung zufolge können in einem Insolvenzplan die Voraussetzungen der Restschuldbefreiung (§§ 286 – 303a InsO) und die Länge der Wohlverhaltensperiode abweichend geregelt werden.514) Um das Nachzüglerproblem zu lösen, könnte man demnach in ___________ 509) So Braun/Frank, in: Braun, § 244, Rn. 2; Hintzen, in: MüKo-InsO, § 244, Rn. 5; Wegener, ZInsO 2002, 1157 (1160) unter Verweis auf Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, Rn. 208. 510) Ebenso Michels, Nachzügler, S. 290 – 292. 511) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 11. 512) Ähnlich im Bezug auf „normale“ Ausschlussklauseln Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 59. Unklar ist, was gilt, wenn die Regelinsolvenz länger gedauert hätte als das Insolvenzplanverfahren und ein Nachzügler aus diesem Grund Gelegenheit gehabt hätte, seine Forderung anzumelden und an Ausschüttungen teilzunehmen. Einerseits scheint der Wortlaut des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch diesen Fall ohne Weiteres zu umfassen („ohne einen Plan“). Andererseits ist die Verfahrensdauer meist rein zufällig. Im Gesetzgebungsverfahren wurde dieser Aspekt offenbar nicht bedacht. 513) In diese Richtung Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 62; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 306; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254b, Rn. 14. 514) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 195.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
einem Sanierungsplan die Restschuldbefreiung für natürliche und juristische Personen ermöglichen. Die Restschuldbefreiung würde gemäß § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO auch Nachzüglerforderungen umfassen. Dann könnte man die Wohlverhaltensperiode wie gewünscht verkürzen. An die Jahresfrist des § 259b InsO wäre der Insolvenzplan nicht gebunden. Alternativ könnte man eine Klausel in den Plan aufnehmen, der zufolge ausnahms- 220 los alle Insolvenzforderungen nach Ablauf einer bestimmten Frist ab Planbestätigung zu Naturalobligationen werden. Dann wäre kein Beschluss des Insolvenzgerichts erforderlich. Die Nachzüglerforderungen würden gemäß § 254b InsO erfasst. Natürlich könnten dann nicht nur die Nachzügler, sondern auch alle anderen Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr geltend machen. Ohne Frage mindert dies die Attraktivität dieses Modells für die am Verfahren teilnehmenden Gläubiger erheblich. Um einen Wettlauf der Gläubiger zu vermeiden, müssen diese auf eine ausreichend lange Frist, auf eine Verteilung vor Verfahrensaufhebung oder auf die Abtretung der Verteilungsmasse an einen Treuhänder, der die Befriedigung übernimmt und gegen den kein Gläubiger einen klagbaren Zahlungsanspruch hat, drängen. Denkbar wäre auch, dass ein Großgläubiger oder vertrauenswürdiger Investor den Schuldner übernimmt, die Geschäftsführung austauscht und so das Vertrauen der Gläubiger gewinnt. Einzelne Gläubiger, die trotzdem befürchten, nicht innerhalb der Frist befriedigt zu werden, können dies im Rahmen eines Minderheitenschutzantrags geltend machen. Das käme etwa für solche Gläubiger in Betracht, deren Forderungen bestritten wurden und erlöschen, wenn der Rechtsstreit nicht rechtzeitig entschieden würde. Damit der Insolvenzplan trotz Minderheitenschutzantrag Erfolg hat, kann der Schuldner solchen Gläubigern für ihre Ansprüche durch Einrichtung eines Ausgleichsfonds nach § 251 Abs. 3 InsO Sicherheit leisten.
bb) Friktionen zwischen Regelverfahren und Insolvenzplan Die Einführung der Restschuldbefreiung oder einer Haftungsbeschränkung für ju- 221 ristische Personen bzw. nach einem Insolvenzplanverfahren ist im geltenden Recht nicht vorgesehen. Das beruht darauf, dass der Gesetzgeber historisch gewachsene, eigenständige Verfahrensarten in die InsO übernommen hat, ohne diese hinreichend aufeinander abzustimmen. Einerseits gibt es das Regelinsolvenzverfahren, in dem das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet wird, aber die Insolvenzforderungen unberührt bleiben. Das machte nach Einschätzung des InsO-Gesetzgebers für natürliche Personen aus sozialpolitischen Gründen eine Restschuldbefreiung nötig.515) Die Restschuldbefreiung wird zukünftig aufgrund der Art. 20 ff. der Richt-
___________ 515) Zum Restschuldbefreiungsverfahren als Kompromiss zwischen dem sozialpolitischen Entschuldungsanliegen und Gläubigerinteressen Wimmer, BB 1998, 386 (387). Zur geschichtlichen Entwicklung Sternal, in: Uhlenbruck, Vor § 286, Rn. 6 – 11.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
linie (EU) 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz516) gestärkt. Dies dient nach den Erwägungsgründen (72) f. dem Ziel, unternehmerisches Handeln zu fördern, indem die negativen Auswirkungen einer Insolvenz – inklusive daraus folgender Tätigkeitsverbote – zu begrenzen. Daher bestimmt Art. 21 der Richtlinie (EU) 2019/ 1023, dass die Restschuldbefreiung im Regelfall (außer aus gemäß Art. 23 der Richtlinie zu definierenden Versagungsgründen) innerhalb von höchstens drei Jahren eintreten soll. Das wird eine Erleichterung der Restschuldbefreiung auch im deutschen Recht erforderlich machen, wo die Restschuldbefreiung nach drei Jahren gemäß § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO an eine Mindestquote von 35 Prozent gekoppelt ist und ansonsten eine Restschuldbefreiungsfrist von fünf (bei Zahlung der Verfahrenskosten, § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO) oder sechs (§ 287 Abs. 2 InsO) Jahren gilt.
222 Im Restschuldbefreiungsverfahren für natürliche Personen stellt sich die Nachzüglerproblematik bereits kraft Gesetzes nicht, weil der Treuhänder die Insolvenzgläubiger nur nach Maßgabe des Schlussverzeichnisses befriedigt, § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO. Nicht ins Schlussverzeichnis aufgenommene Nachzügler können gemäß § 294 Abs. 1 InsO nicht in das Vermögen des Schuldners vollstrecken. Bei juristischen Personen besteht das Nachzüglerproblem in der Regelinsolvenz ebenfalls nicht, da bereits die Existenz haftungsbeschränkter Rechtsformen die Gesellschafter privilegiert.517) Das Vermögen der juristischen Person wird in der Insolvenz verwertet und die juristische Person gelöscht. Ein Rückgriff auf die Gesellschafter ist im Regelfall ausgeschlossen.
223 Andererseits gibt es das Insolvenzplanverfahren, das in seiner Grundkonzeption dem Zwangsvergleich nachgebildet ist. Dort ist normalerweise keine Restschuldbefreiung nötig, da die Gläubiger freiwillig auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten (vgl. § 227 Abs. 1 InsO). Dafür besteht dort das Nachzüglerproblem.
224 In beiden Verfahrensarten wurde der Zielkonflikt zwischen größtmöglicher Gläubigerbefriedigung und Entschuldung des Schuldners bzw. Förderung der Sanierung auf verschiedene Weise aufgelöst. Dadurch sind Friktionen entstanden, die ein Planersteller jetzt ausnutzen kann, indem er Planverfahren und Restschuldbefreiung kombiniert. Das ist zulässig, da § 217 Satz 1 Var. 6 InsO dies erlaubt. Die Norm lässt umfassende Regelungen über die Haftung zu und geht so über § 227 Abs. 1 InsO sowie das überkommene Recht hinaus, zumal die §§ 245, 251 InsO die Vermögensrechte der Gläubiger vollständig schützen.518) Dass diese Gestaltung ___________ 516) Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132. 517) Siehe hierzu bereits Rn. 198. 518) Ebenso Hänel/Harig, ZVI 2015, 282 (283 – 284); a. A. Blankenburg, ZVI 2017, 89 (90); Schmidt, ZVI 2018, 263 (266).
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
in ihren praktischen Auswirkungen allein die Nachzügler trifft, stellt nur einen Rechtsreflex dar.
cc) Kein Verstoß gegen § 226 Abs. 1 InsO Das Gedankenspiel mit der Restschuldbefreiung zeigt, dass sich unter Bezugnahme 225 auf die Variante „Haftung“ praktisch identische Ergebnisse wie mit der von Rendels/ Zabel vorgeschlagenen Ausschlussklausel erzielen lassen. Der einzige Unterschied ist, dass eine solche Ausschlussklausel – man könnte sie auch „Haftungsbeschränkungsklausel“ nennen – konkret-generell519) formuliert ist. Sie trifft allgemeine Regeln für alle Gläubiger einer Gruppe und keine Sonderregelungen für Nachzügler. Jeder Gläubiger einer Gruppe hat dieselben Befriedigungschancen. Das respektiert das Gebot der formalen Gleichbehandlung in § 226 Abs. 1 InsO. Nur in den praktischen Auswirkungen trifft die Restschuldbefreiung die Nachzügler.
dd) Alternative Gestaltung mit betragsmäßiger Haftungsbeschränkung Ähnliche Ergebnisse würde man erzielen, wenn man einen Gesamtabgeltungsbe- 226 trag520) bzw. eine betragsmäßige Haftungsbeschränkung521) festlegen würde. Auch das wäre eine konkret-generelle Regelung, die die Haftung des Schuldners auf ein überschaubares Maß beschränken würde. Auch sie würde bei entsprechender Ausgestaltung in ihren praktischen Auswirkungen vor allem Nachzügler treffen.
f)
Kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG
Fraglich ist, ob Haftungsbeschränkungsklauseln das Eigentumsgrundrecht der Nach- 227 zügler aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzen. Problemstellung und Argumente sind teilweise vergleichbar mit der Situation bei der kurzen, kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 259b InsO522) und bei § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO523), wo dieses Problem ebenfalls diskutiert wird. In allen Fällen werden die Nachzüglerforderungen undurchsetzbar.
___________ 519) Konkret, da der Insolvenzplan nur Regelungen zu einer Insolvenz enthält. Generell, da der Insolvenzplan einen unbestimmten Adressatenkreis hat, nämlich alle Insolvenzgläubiger bzw. alle Gläubiger einer Gruppe. 520) Siehe Rn. 201. 521) Ähnlich Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, S. 123, der eine Regelung, der zufolge nur ein Teil der Masse an die Gläubiger verteilt wird, für „selbstverständlich“ zulässig hält. 522) Für Verfassungswidrigkeit des § 259b InsO Exner/Wittmann, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 43, Rn. 89c; Madaus, in: MüKo-InsO, § 259b, Rn. 6; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259b, Rn. 6. 523) Für Verfassungswidrigkeit des § 301 Abs. 1 Satz 2 InsO Fischinger, KTS 2011, 51 (61).
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
aa) Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG 228 Gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentumsgrundrechts durch die Gesetze bestimmt. Nähme man diese Befugnis ernst, so könnte der Gesetzgeber über den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG einfachgesetzlich disponieren524) und Art. 14 Abs. 1 GG hätte keinen eigenständigen Regelungsgehalt mehr.525) Daher muss der Begriff des Eigentums aus der Verfassung selbst gewonnen werden.526) Der Eigentumsbegriff der Verfassung ist geprägt durch die vorkonstitutionell vorhandenen Rechtsnormen des bürgerlichen Rechts,527) insbesondere § 903 BGB, der eine privatnützige Herrschafts- und Verfügungsbefugnis des Eigentümers über eine Sache begründet.528) Aber der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ist weiter gefasst und schützt alle vermögenswerten Rechte529) einschließlich Forderungen530) – mithin auch die Nachzüglerforderungen. Weiterhin umfasst Art. 14 Abs. 1 GG die Möglichkeit der effektiven Rechtsdurchsetzung einschließlich der Zwangsvollstreckung.531) Damit ist der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG eröffnet.
bb) Keine Enteignung 229 Eine Haftungsbeschränkungsklausel stellt keine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG dar. Enteignungen erfordern einen staatlichen Beschaffungsakt. Der liegt hier nicht vor, da sich der Staat keine Insolvenzforderungen aneignet.532) Außerdem sind sie nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Rechtsnormen, die auf den Ausgleich der Interessen Privater gerichtet sind, stellen dagegen Inhalts- und ___________ 524) In diese Richtung scheinbar BVerfG, Beschluss v. 15.7.1981 – 1 BL 77/78, BVerfGE 58, 300 (336): Befugnisse des Eigentümers ergeben sich aus der Zusammenschau aller gesetzlichen Vorschriften. Aber wie hier auf S. 335. 525) Kritisch zur Normgeprägtheit des Eigentums mit dem Hinweis, dass Inhalt und Schranken des Eigentums dann nicht mehr auseinandergehalten werden können, Depenheuer/Froese, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14, Rn. 44; vgl. auch Axer, in: Epping/Hillgruber, Art. 14, Rn. 8 – 9. Ausführlich auch zur deutschrechtlich geprägten Gegenauffassung zur römischrechtlichen Tradition Depenheuer/Froese, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14, Rn. 36 – 42. 526) BVerfG, Beschluss v. 15.7.1981 – 1 BL 77/78, BVerfGE 58, 300 (335). 527) Axer, in: Epping/Hillgruber, Art. 14, Rn. 10; Depenheuer/Froese, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14, Rn. 35. 528) Axer, in: Epping/Hillgruber, Art. 14, Rn. 10; Depenheuer/Froese, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14, Rn. 32 – 34. 529) BVerfG, Urt. v. 23.11.1999 – 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239 (258); Beschluss v. 7.12.2008 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 (107); Depenheuer/Froese, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14, Rn. 115; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14, Rn. 8. 530) BVerfG, Beschluss v. 8.6.1977 – 2 BvR 499/74; 1042/75, BVerfGE 45, 142 (179); Beschluss v. 31.10.2984 – 1 BvR 35, 356, 794/82, BVerfGE 68, 193 (222). 531) BVerfG, Beschluss v. 10.10.1978 – 1 BvR 475/78, BVerfGE 49, 252 (257); Fischinger, Haftungsbeschränkung, S. 105. 532) Axer, in: Epping/Hillgruber, Art. 14, Rn. 78; BVerfG, Beschluss v. 22.5.2001 – 1 BvR 1677/97, BVerfGE 104, 1 (10); Fischinger, Haftungsbeschränkung, S. 106.
100
II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar.533) Haftungsbeschränkungsklauseln zielen auf den Ausgleich der Interessen der materiell am Insolvenzverfahren Beteiligten ab und sind deshalb als Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu qualifizieren.
cc) Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG In Art. 14 Abs. 1 GG wird eingegriffen, indem die Haftungsbeschränkungsklausel 230 den Insolvenzgläubigern ab einem bestimmten Zeitpunkt oder ab einem bestimmten Haftungshöchstbetrag die Durchsetzbarkeit ihrer Forderung nimmt. Dabei macht es aus der Perspektive der betroffenen Gläubiger keinen Unterschied, ob die Forderung erlischt oder undurchsetzbar wird. Die Forderung verliert ihren wirtschaftlichen Wert.534)
dd) Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 14 Abs. 1 GG Der Eingriff müsste gerechtfertigt sein. Die Normgeprägtheit des Eigentums zeigt 231 sich darin, dass dem Gesetzgeber die Aufgabe zukommt, das Eigentum im Einzelnen näher auszugestalten.
(1) Gesetzesvorbehalt In das Eigentum kann nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingegriffen 232 werden,535) sodass eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff erforderlich ist. § 217 InsO ist ein Parlamentsgesetz, das den Eingriff in die Eigentumsrechte der Gläubiger durch den Insolvenzplan erlaubt. Haftungsbeschränkungsklauseln können sich direkt auf § 217 InsO stützen. Entgegen der Ansicht des BGH536) schließen die Sonderregelungen, die der Gesetzgeber in den § 229 Satz 3, §§ 259a, 259b InsO geschaffen hat, die Aufnahme einer weitergehenden Haftungsbeschränkungsklausel oder Ausschlussklausel nicht aus.537)
(2) Verhältnismäßigkeit Sowohl die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage als auch der Bestätigungsbeschluss 233 im konkreten Einzelfall müssen verhältnismäßig sein. Was die Ermächtigungsgrund___________ 533) BVerfG, Beschluss v. 22.5.2001 – 1 BvR 1677/97, BVerfGE 104, 1 (10); Beschluss v. 7.12.2008 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 (109). 534) Vgl. BVerfG, Beschluss v. 26.4.1995 – 1 BvL 19/94, 1 BvR 1454/94, BVerfGE 92, 262 (272). 535) Axer, in: Epping/Hillgruber, Art. 14, Rn. 82; BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 907/11, NZI 2013, 1076 (Rn. 31); BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 16); Michels, Nachzügler, S. 42; Stephan, NZI 2014, 539 (541). 536) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 15). 537) Siehe Rn. 211.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
lage angeht, ist die genaue Ausgestaltung des Eigentums durch den Gesetzgeber nicht verfassungsrechtlich vorgezeichnet. Der Gesetzgeber hat einen weiten Gestaltungsspielraum.538) Dennoch ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nicht unbeschränkt. Jegliche Einschränkung des Eigentumsrechts muss einem legitimen Zweck dienen und zu dessen Erreichung geeignet und erforderlich sein. Insgesamt ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.539) Mit anderen Worten ist der Gesetzgeber bei jeder Einschränkung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden.540) Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist da enger, wo das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert. Er ist dort weiter, wo der soziale Bezug des Eigentums in den Vordergrund tritt.541)
234 Der Gesetzgeber verfolgt mit der Zulassung von Haftungsbeschränkungen für Insolvenzschuldner im Rahmen eines Insolvenzplans einen legitimen Zweck. Den Beteiligten des Insolvenzplans soll so viel Flexibilität eingeräumt werden, dass sie befähigt werden, im Einzelfall möglichst effiziente Verwertungslösungen für die Insolvenzmasse zu entwickeln. Anders als die Restschuldbefreiung542) ist der Insolvenzplan keine Rechtswohltat für den Schuldner.543) Er soll vor allem den Insolvenzgläubigern in ihrer Gesamtheit zugutekommen, indem nach ihrer Wahl entweder die Verteilungsmasse maximiert wird oder die Gläubiger zum Beispiel langfristig an dem Fortbestehen ihrer Geschäftsbeziehung mit dem Gläubiger profitieren. Mittelbar sind volkswirtschaftliche Vorteile dadurch zu erhoffen, dass wirtschaftliche Werte nicht verschwendet, sondern möglichst effizient verwertet und genutzt werden.544) Damit dient der Insolvenzplan dem Allgemeinwohl (vgl. Art. 14 Abs. 2 GG).
235 Die Ermöglichung von Haftungsbeschränkungsklauseln ist geeignet, diese Ziele zu erreichen. Sie gibt den Beteiligten bei der Sanierung des Schuldners Planungssicherheit und verringert hierdurch die Transaktionskosten bei der Umsetzung effizienter Verwertungslösungen.
236 Die Regelung ist auch zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele erforderlich. Hierbei ist besonders die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers545) zu beachten. ___________ 538) Axer, in: Epping/Hillgruber, Art. 14, Rn. 88; BVerfG, Beschluss v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (241). 539) BVerfG, Urt. v. 23.11.1999 – 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239 (259); Beschluss v. 7.12.2008 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 (109). 540) Axer, in: Epping/Hillgruber, Art. 14, Rn. 88; BVerfG, Beschluss v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (241); Beschluss v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91, BVerfGE 102, 1 (17); Depenheuer/Froese, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14, Rn. 231. 541) BVerfG, Beschluss v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (241). 542) Fischinger, KTS 2011, 51 (56). 543) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 91; ebenso Michels, Nachzügler, S. 245 – 246. 544) So bereits Balz, ZIP 1988, 273 (276 – 279); Balz, ZIP 1988, 1438 (1439). 545) Vgl. Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Art. 1, Rn. 279 – 281.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers kann nur die Gewährung größtmöglicher Flexibilität die gewünschten effizienten Verwertungslösungen herbeiführen. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich, da nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur marktwirtschaftliche Austauschprozesse und nicht hoheitliche Eingriffe die besten Verwertungslösungen herbeiführen können.546) Jedoch müsste die Ermöglichung von Haftungsbeschränkungen im Insolvenzplan 237 auch angemessen sein. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Beteiligter ist unzulässig.547) Dabei sind sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch die Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG zu beachten.548) Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung ist umso größer, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist.549)
(Į) Interessen der Gesamtheit der Gläubiger, der Allgemeinheit und des Schuldners Im Grundsatz stehen sich die Eigentumsrechte der Gläubigergesamtheit und jene der 238 Nachzügler gleichrangig gegenüber. Denn die Gläubiger, die ihre Forderungen rechtzeitig angemeldet haben, verfügen ebenfalls über Insolvenzforderungen, die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind. Die Gesamtheit der Gläubiger hat ein Interesse an einer schnellen und möglichst weitgehenden Befriedigung. Gegen den Schutz der Nachzügler spricht, dass sie die Chancen zur Sanierung des Un- 239 ternehmens und Befriedigung aller Gläubiger vereiteln können. Der Interessengegensatz zwischen der Gesamtheit der Gläubiger und dem Nachzügler erzeugt ein Gefangenendilemma mit dem Ergebnis, dass das eigennützige Handeln jedes Beteiligten zu einer für alle nachteiligen Lösung führt.550) Denn die Gläubiger, die ihre Forderungen rechtzeitig angemeldet haben, werden nur dann für die Sanierung stimmen, wenn sie hinreichend sicher sein können, dass diese gelingt und nicht durch Nachzügler vereitelt wird. Damit erhöht die Unsicherheit die Transaktionskosten einer Sanierung. Wenn die übrigen Gläubiger dagegen sofort die Liquidati___________ 546) Balz, ZIP 1988, 273 (278); Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 76 – 78. 547) BVerfG, Beschluss v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (240); Urt. v. 23.11.1999 – 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239 (259); Beschluss v. 7.12.2008 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 (109). 548) BVerfG, Beschluss v. 12.6.1979 – 1 BvL 19/76, BVerfGE 52, 1 (29); Beschluss v. 23.1.1990 – 1 BvR 306/86, BVerfGE 81, 208 (220); Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14, Rn. 39. 549) BVerfG, Beschluss v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (241); Beschluss v. 14.7.1999 – 1 BvR 995, 2288, 2711/95, BVerfGE 101, 54 (75 – 76); Beschluss v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91, BVerfGE 102, 1 (17); Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14, Rn. 42. 550) Zum Gefangenendilemma siehe Winter, Grundzüge der Spieltheorie, S. 41 – 42.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
on wählen würden, müssten sie Einbußen in Kauf nehmen, aber erhielten immerhin sofort den Liquiditätserlös. Der Nachzügler ginge hingegen wieder leer aus. Denkbar wäre, zur Lösung des Problems die Befriedigung der Gläubiger so lange hinauszuschieben, bis keine Nachzügler mehr zu erwarten sind. Aber dann erlitten die übrigen Gläubiger wirtschaftliche Einbußen durch die späte Befriedigung.
240 Weiterhin liegt eine volkswirtschaftlich effiziente Güterallokation im Allgemeininteresse. Als Teil der marktwirtschaftlichen Grundordnung sorgt sie für allgemeinen Wohlstand. Die Bedeutung des Allgemeininteresses wird durch die Sozialbindung in Art. 14 Abs. 2 GG unterstützt. Das Gefangenendilemma zwischen den Beteiligten hat zur Folge, dass es zu einer ineffizienten Güterallokation kommt. Es ist im Allgemeininteresse geboten, dies zu verhindern und volkswirtschaftliche Werte zu erhalten.
241 Zuletzt hat auch der Schuldner ein Interesse an einer Entlastung durch eine Haftungsbeschränkung. Rechtlich gesehen ist seine wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG betroffen. Ist der Schuldner eine juristische Person, ist der Schuldner aber ohnehin nur der Unternehmensträger. Wichtiger ist, wer im sanierten Unternehmen hinter dem Schuldner steht. Übernehmen Gläubiger im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps551) die Anteile am Schuldner, so treten seine Interessen vollständig hinter jene der „normalen“ Gläubiger zurück.
(ȕ) Schutzwürdigkeit des Nachzüglers 242 Auch der Nachzügler hat mit seinem Eigentum an der Forderung eine bedeutende Rechtsposition inne. Ob ihm der Eingriff in sein Eigentumsrecht zumutbar ist, hängt unter anderem von der Schutzwürdigkeit des Nachzüglers ab. Hat ein Nachzügler aus eigenem Entschluss nicht am Insolvenzverfahren teilgenommen oder seine Forderung sonstwie rechtzeitig geltend gemacht oder hat er dies zu vertreten, so ist ihm der Eingriff ohne Weiteres zumutbar.552) Er hat sich seiner Rechte selbst begeben.
243 Problematisch sind aber Fälle, in denen Nachzügler ihren Anspruch völlig unverschuldet nicht geltend machen konnten, etwa bei Gewährleistungs- und Produkthaftungsansprüchen. Dort kann es vorkommen, dass der Gläubiger seine Forderung nicht rechtzeitig erkennen konnte, weil sich der verdeckte Mangel erst spät zeigt oder weil die durch vom Schuldner produzierten Asbest ausgelöste Krebserkrankung erst spät auftritt.553) So ein Nachzügler ist schutzwürdig, da er keine Chance auf Befriedigung ___________ 551) Hierzu siehe Rn. 412. 552) Vgl. BVerfG, Beschluss v. 26.4.1995 – 1 BvL 19/94, 1 BvR 1454/94, BVerfGE 92, 262 (274). 553) Ausführlich zu diesen Fällen Bauer, Massenschäden; Fischinger, KTS 2011, 51 (Rn. 57 – 58); Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 11; Madaus, ZIP 2014, 160; Piekenbrock, in: JaegerInsO, § 254b, Rn. 12. Zur Frage, ob solche Fälle Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO darstellen (bejahend): Bauer, Massenschäden, S. 150 – 153; Madaus, ZIP 2014, 160 (161); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259b, Rn. 12.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
hat. Solche Nachzügler wurden auch vor Inkrafttreten der InsO geschützt und zwar in den neuen Bundesländern durch § 14 Abs. 1 GesO. Er schloss Nachzügler nach einer bestimmten Ausschlussfrist von der Befriedigung aus, sah aber eine Ausnahme für den Fall vor, dass die Verspätung unverschuldet war. Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts war diese Ausnahme ein entscheidendes Argument für die Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 1 GesO. Durch die Ausnahmeregelung trage das Gesetz den schützenswerten Belangen ausreichend Rechnung und vermeide unzumutbare Eigentumsbeschränkungen.554) Allerdings postulierte das Bundesverfassungsgericht anders als teils angenommen gerade nicht, dass eine Ausschlussfrist im Umkehrschluss immer dann unzumutbar ist, wenn sie keine Ausnahmeregelung vorsieht.555)
(Ȗ) Faktische Wertlosigkeit des Nachzüglerrechts Die Bedeutung des Eigentumsrechts der Nachzügler wird dadurch gemindert, dass es 244 auch in der Regelabwicklung meist wirtschaftlich wertlos ist.556) Selbst die rechtzeitig anmeldenden Gläubiger erhalten oft nur eine Quote im einstelligen Prozentbereich. Je nachdem, wie spät ein Nachzügler seine Forderung geltend macht, geht der Nachzügler durch Erlöschen oder Vermögenslosigkeit des Schuldners leer aus.557) Dass in solchen Fällen kein Geld mehr zur Befriedigung des Nachzüglers vorhanden ist, stellt kein gesetzliches Unrecht dar, sondern eine schlichte Tatsache. Darin manifestiert sich das Insolvenzrisiko, das jedem Geldanspruch zu eigen ist. Der Nachzügler geht nicht nur in der Liquidation des Schuldners leer aus, sondern 245 sogar in der übertragenden Sanierung: Wenn der Betrieb als Ganzes an einen anderen Rechtsträger übertragen wird, bleiben die Insolvenzforderungen beim alten Rechtsträger.558) Am Ende kann also auch ohne Haftungsbeschränkungen im Insolvenzplan durch Ausweichen auf die übertragende Sanierung die Haftung für Nachzüglerforderungen ausgeschlossen werden. Denkt man dieses Argument zu Ende, zeigt sich, dass im Grunde schon die Einführung von Gesellschaftsformen mit beschränkter Gesellschafterhaftung der Sündenfall war,559) durch die ein Unternehmer weitgehend ___________ 554) BVerfG, Beschluss v. 26.4.1995 – 1 BvL 19/94, 1 BvR 1454/94, BVerfGE 92, 262 (274 – 275). 555) Wie hier Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Fn. 92; Rose/Tetzlaff/Wollstadt, ZInsO 2005, 673 (676); a. A. Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 37; Fischinger, KTS 2011, 51 (62 – 63); Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 7; Michels, Nachzügler, S. 279 – 280. 556) Vgl. Thies, in: HambKomm-InsO, § 259b, Rn. 2; ebenso Pape, ZInsO 2002, 951 (952 – 953) im Zusammenhang mit der Restschuldbefreiung. 557) Ebenso Rose/Tetzlaff/Wollstadt, ZInsO 2005, 673 (656). 558) § 25 HGB findet nach allgemeiner Ansicht keine Anwendung auf Übertragungen aus der Insolvenz, vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 25, Rn. 4; Noack/Bunke, KTS 2005, 129 (135). § 613a BGB findet Anwendung, aber ebenfalls nicht für Insolvenzforderungen, vgl. Weidenkaff, in: Palandt, § 613a, Rn. 8. 559) Ebenso Pape, ZInsO 2002, 951 – 952 im Zusammenhang mit der Restschuldbefreiung.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
risikolos wirtschaften kann. Im Falle der Insolvenz der Gesellschaft verliert der Unternehmer als Gesellschafter nur das Eigenkapital, das er eingebracht hat. Dagegen ist im Regelfall sein sonstiges Vermögen560) vor Inanspruchnahme geschützt. Das gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft Teil eines größeren, ansonsten solventen Konzerns ist oder er der Gesellschaft in erfolgreicheren Jahren Gewinne entnommen hat. Auch in dieser Situation bevorzugt das Recht die Interessen des Gesellschafters gegenüber denen der Gesellschaftsgläubiger, die die Verluste tragen müssen. Die Rechtfertigung dafür ist die Förderung der Wirtschaft, indem Anreize zum Unternehmertum geschaffen werden.561) Heute ist die Verfassungsmäßigkeit von haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaften allgemein anerkannt.
246 In Anbetracht dieser Umstände darf der Gesetzgeber typisieren562) und den Nachzüglerforderungen, die im Regelfall ohnehin wertlos wären, einen verminderten Schutz zukommen lassen.563) Andernfalls würde eine angeblich verfassungsrechtlich zwingende Weiterhaftung für Nachzüglerforderungen nur durch die Kontinuität des schuldnerischen Rechtsträgers begründet. Dies ist jedoch deshalb kein ausreichendes Argument, da der gut beratene Schuldner einfach auf die übertragende Sanierung ausweichen könnte. In der Praxis wäre nicht viel gewonnen. Es würde nur die übertragende Sanierung gegenüber der Reorganisation bevorzugt und, wo keine übertragende Sanierung möglich ist, die Sanierung verhindert. Beides lehnte der InsOGesetzgeber ab. Er wollte Liquidation, übertragende Sanierung und Reorganisation als gleichwertige Handlungsoptionen anbieten.564) Im Übrigen wurde mit der Einführung der Restschuldbefreiung bewiesen, dass auch fortbestehenden Rechtsträgern ein wirtschaftlicher Neuanfang gestattet werden kann.565) Eine Fortentwicklung dieses Ansatzes im Rahmen des Insolvenzplans wäre daher konsequent.
(į) Keine besondere Schutzwürdigkeit bei Verletzung von Leib und Leben 247 Fraglich ist, ob in Fällen wie den Asbestfällen, in denen Leib und Leben des Gläubigers betroffen sind, das Interesse der Gläubiger so sehr überwiegt, dass Haftungsbeschränkungsklauseln schlechthin nicht möglich sein sollen566) – der entsprechende ___________ 560) Das wird in vielen Fällen das Privatvermögen des Gesellschafters sein. Denkbar ist aber auch, dass der Unternehmer durch die Verwendung mehrerer GmbH in einem Konzern verschiedene Betriebsteile haftungsrechtlich isoliert. 561) Ausführlich Fischinger, Haftungsbeschränkung, S. 253 – 254. 562) Zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers BVerfG, Urt. v. 29.11.1961 – 1 BvR 758/57, BVerfGE, 230 (236). 563) A. A. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259b, Rn. 8. 564) Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 77 – 78. 565) A. A. Fischinger, KTS 2011, 51 (61), der die Restschuldbefreiung in bestimmten Fällen für verfassungswidrig hält. 566) So Madaus, in: Brünkmans/Thole, Handbuch Insolvenzplan, § 23, Rn. 13; Piekenbrock, in: JaegerInsO, § 259b, Rn. 12.
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II. Zulässigkeit von Ausschlussklauseln
Planbestätigungsbeschluss in solchen Fällen also rechtswidrig wäre. Tatsächlich gehören Leib und Leben zu den am höchsten geachteten und meistgeschützten Rechtsgütern in der deutschen Rechtsordnung.567) Jedoch muss zwischen dem Interesse der Geschädigten an der Erhaltung ihres Lebens durch medizinische Behandlung und ihren Vermögensinteressen unterschieden werden. Die medizinische Behandlung der Geschädigten ist stets gewährleistet und hängt nicht von der Vermögenslage des Schädigers ab. Handelt es sich um einen Arbeitsunfall, kommt die gesetzliche Unfallversicherung für die Heilungskosten auf. Im Übrigen sind die Geschädigten regelmäßig krankenversichert. Es bleiben eventuelle Vermögensansprüche auf Schmerzensgeld und Verdienstausfall. Wenn die Opfer diese Ansprüche verlieren, ist das für sie zwar eine empfindliche Einbuße, rechtfertigt aber nicht, ihnen eine Sonderstellung zuzubilligen. Es entspricht dem allgemeinen Lebensrisiko jedes Deliktsopfers, dass sein Schädiger zahlungsunfähig und der Schadensersatzanspruch daher undurchsetzbar ist. Im Übrigen würden auch Deliktsopfer, die ihre Forderung rechtzeitig anmelden, ohnehin hin den ihnen zustehenden Betrag, sondern nur die Insolvenzquote bekommen.
(İ) Nachzüglerschutz in den Insolvenzplanvorschriften Angebrachter erscheint es, die Rechte der Nachzügler in Asbestfällen im Rahmen 248 einer vorsorgenden Rechtspflege zu schützen. Gemäß § 229 Satz 3 InsO sind bei der Ausarbeitung des Insolvenzplans alle Gläubiger zu berücksichtigen, die bekannt sind. Wenn Gläubiger unbekannt sind, aber aufgrund der haftungsträchtigen Natur des schuldnerischen Geschäftsbetriebes (z. B. eines Asbest verarbeitenden Unternehmens) oder Vorfällen in der Vergangenheit konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass es Nachzügler geben könnte, so sind auch sie im Insolvenzplan zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der möglichen Nachzügler kommt dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht eine maßgebliche Rolle zu. Der Insolvenzverwalter ist auch der Befriedigung etwaiger Nachzügler verpflichtet.568) Das Insolvenzgericht hat als Wahrer der Rechtmäßigkeit des Verfahrens den Untersuchungsgrundsatz der InsO in § 5 Abs. 1 InsO ernst zu nehmen und ggf. die Mitwirkung des Schuldners bei der Ermittlung solcher Ansprüche gemäß § 98 InsO zu erzwingen. Zudem kann zur Wahrung der Verfahrensrechte der Nachzügler ein Verfahrenspfleger gemäß § 1913 BGB bestellt werden.569) In materieller Hinsicht sollte für die Nachzügler ein Entschädigungsfonds eingerichtet werden, wie dies im US-amerikanischen Recht ___________ 567) BVerfG, Urt. v. 25.2.1975 – 1 BvF 1-6/74, BVerfGE 39, 1 (42); Lang, in: Epping/Hillgruber, Art. 2, Rn. 56. 568) Weitzmann, in: HambKomm-InsO, § 60, Rn. 11. 569) Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 11; Madaus, ZIP 2014, 160 (162); ebenso Geiwitz/ Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 227 (Stand: 28.1.2019), Rn. 5; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 14; ebenso mit Verweis auf das US-amerikanische Pendant des future claims representative Bauer, Massenschäden, S. 159 – 169.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
praktiziert wird.570) Hat das Gericht den Eindruck, dass der Insolvenzplan nur dazu dient, rechtsmissbräuchlich die Befriedigungschancen der Nachzügler zu vereiteln, kann es dem Plan gemäß § 250 Nr. 2 InsO die Bestätigung versagen. Das Insolvenzgericht nimmt also ausnahmsweise eine aktivere Rolle im Insolvenzverfahren ein, da bestimmte Arten von Nachzüglern ihre Interessen nicht selbst schützen können.
g) Zwischenergebnis 249 Im Ergebnis verletzen Haftungsbeschränkungsklauseln in Sanierungsplänen571) das Eigentum der Nachzügler aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht. § 217 Satz 1 Var. 6 InsO, der dies zulässt, ist eine von der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers gedeckte Inhalts- und Schrankenbestimmung. Zwar muss der jeweilige Planbestätigungsbeschluss ebenfalls verfassungskonform sein und eine Einzelfallabwägung erfolgen. In Einzelfällen, in denen konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Nachzügler vorhanden sind, wird man deren Interessen in der Regel im Wege der vorsorgenden Rechtspflege schützen können.
6.
Kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK
250 Es liegt kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor, da das Insolvenzgericht keine rechtsprechende Gewalt im Sinne von Art. 92 GG ausübt.572) Haftungsbeschränkungsklauseln verstoßen auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK. Zwar hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Howald Moor eine zehnjährige, kenntnisunabhängige Verjährungsfrist für Deliktschäden im Schweizer Recht für mit Art. 6 Abs. 1 EMRK unvereinbar erklärt. Auch dort ging es um einen Asbestfall. Die tragende Erwägung war, dass ein Asbestgeschädigter, der erst nach Ablauf der Verjährungsfrist an Krebs erkrankt, seinen Anspruch niemals geltend machen könnte.573) Jedoch betraf der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschiedene Fall eine gewöhnliche Verjährungsfrist ohne insolvenzrechtlichen Kontext. In Insolvenzfällen liegt der maßgebliche Unterschied darin, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Wäre es dem Geschädigten möglich, seine Forderung anzumelden, würde er nur eine Quote bekommen. Erfährt er erst nach der Liquidation des ___________ 570) Bauer, Massenschäden, S. 160 – 161; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 14. Ähnlich Frind, ZInsO 2019, 598 (603). 571) Anders könnte es in Fällen sein, in denen gar keine Sanierung angestrebt wird. Dann greifen die Argumente zur Rechtfertigung des Eingriffs nicht und es kommt nur zu einer ungerechtfertigten Umverteilung der Insolvenzmasse unter den Gläubigern, vgl. Piekenbrock, in: JaegerInsO, § 259b, Rn. 5, 11. 572) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254b, Rn. 13; a. A. Bauer, Massenschäden, S. 150 – 153; Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 11. 573) EGMR, Urt. v. 11.3.2014 – 52067/10, 41072/11, NVwZ 2015, 205 (Rn. 74 – 79). Kritisch zu Art. 6 Abs. 1 EMRK als angebliche Quelle unverjährbarer Ansprüche Korves, NVwZ 2015, 200 (202 – 203).
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III. Planfestigkeit des § 194 InsO
Schuldners von seiner Forderung, würde er nichts bekommen. Im Insolvenzkontext stellt es den Geschädigten also nicht besser, wenn die Sanierung durch Insolvenzplan unmöglich wird. Es sind schlicht keine ausreichenden Geldmittel vorhanden. Deshalb liegt in Insolvenzfällen kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK vor.
7.
Ergebnis
Im Ergebnis ist eine Haftungsbeschränkung durch Planklauseln auf der Grundlage 251 der § 217 Satz 1 Var. 6, § 227 InsO zulässig. Die Einschränkungen ergeben sich bereits aus den allgemeinen Planvorschriften. Dabei ist darauf zu achten, dass die Planklausel konkret-generell formuliert ist. Die meisten der vorgeschlagenen Ausschlussklauseln scheitern daran, dass sie gegen § 226 Abs. 1 InsO verstoßen. Für eine eigene „Nachzüglergruppe“ gibt es dagegen keinen im Rahmen des § 222 Abs. 2 InsO hinreichenden sachlichen Grund. Gibt es Anhaltspunkte für das Bestehen oder Entstehen von Nachzüglerforderungen, bei denen es den Nachzüglern unverschuldet unmöglich ist, am Insolvenzverfahren teilzunehmen, ist für sie ein Verfahrenspfleger zu bestellen und ggf. auf die Einrichtung eines Entschädigungsfonds hinzuwirken. Verfahrensmäßige Ausschlussklauseln sind nach allgemeiner Ansicht zulässig. Ihre 252 Zulässigkeit ergibt sich aus § 217 Satz 1 Var. 4 InsO. Verfahrensmäßige Ausschlussklauseln beinhalten nur Verfahrensregelungen, die bei Verpassen der Ausschlussfrist den Bestand der Nachzüglerforderungen nicht berühren. Der Fall zeigt auf, dass im Insolvenzplanverfahren genau zwischen Verfahrensregelungen (Verteilung, Abwicklung) und materiellrechtlichen Regelungen (Befriedigung, Haftung) unterschieden werden muss.
III. Planfestigkeit des § 194 InsO Eine der weniger beachteten Rechtsnormen, von denen möglicherweise durch In- 253 solvenzplan abgewichen werden kann, ist § 194 InsO. Dessen Absatz 1 regelt die Möglichkeit einzelner Gläubiger, Einwendungen gegen das in § 188 InsO geregelte Gläubigerverzeichnis geltend zu machen. Die Absätze 2 und 3 regeln Prozessuales zur Entscheidung des Insolvenzgerichts einschließlich der hiergegen gegebenen Rechtsbehelfe. Eine Abweichung von § 194 InsO könnte im Einzelfall vorteilhaft erscheinen. Wenn etwa die Einwendungsfrist in § 194 Abs. 1 InsO verkürzt und die Beschwerdemöglichkeit nach § 194 Abs. 2 Satz 2 InsO abgeschafft wird, kann es schneller zur Verteilung kommen. § 194 InsO gehört systematisch zu den Vorschriften über die Verteilung, § 217 Satz 1 254 Var. 4 InsO. Eine Ansicht in der Literatur hält § 194 InsO demnach für plandispositiv und im Übrigen die Rechte der Gläubiger durch die §§ 234, 245, 251, 253 InsO
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
für hinreichend gewahrt.574) Außerdem kann man mit § 224 Abs. 1 Satz 1 ZPO argumentieren, demzufolge Fristen im Zivilprozess durch Parteivereinbarung abgekürzt werden können.
255 Die Gegenansicht hält § 194 InsO trotzdem für planfest, da er wesentliche Verfahrensgarantien der Gläubiger betreffe.575) Diese Ansicht spielt auf die Phoenix-Entscheidung576) des BGH an. Dort hatte der BGH entschieden, dass die Regelungen über die Forderungsfeststellung nicht disponibel seien. Sonst könnte den Gläubigern durch Mehrheitsbeschluss ihre Forderung ganz oder teilweise entzogen werden; Rechtsschutzmöglichkeiten der Gläubiger seien durch den Plan ausgeschlossen.577) Diese Argumentation greift vor allem bei Liquidationsplänen wie dem Plan im Phoenix-Verfahren, bei denen der Insolvenzverwalter nach und nach die gesamte verfügbare Insolvenzmasse verteilt und die Befriedigung des einzelnen Gläubigers somit von der Aufnahme in das Verteilungsverzeichnis abhängt. Daher ist es für den Gläubiger wichtig, dass er im Hinblick auf das Verteilungsverzeichnis Einwendungen erheben kann, wenn er sich nicht hinreichend berücksichtigt fühlt. In einem Liquidationsplan, in dem § 194 InsO abbedungen würde, wäre der Schuldner dem Insolvenzverwalter ausgeliefert. Bei Sanierungsplänen ist § 194 InsO für die Gläubiger dagegen unbedeutend. Dort verhält es sich meist578) so, dass das Verfahren unmittelbar nach der Planbestätigung aufgehoben wird und die Verteilung durch den Schuldner stattfindet. In diesem Fall ist der Schuldner nicht verpflichtet, ein Verteilungsverzeichnis aufzustellen. Durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens sind die §§ 188, 194 InsO nicht mehr anwendbar. Stattdessen können die Gläubiger ihre verbleibenden Forderungen gemäß § 257 InsO vollstrecken.
256 Die unterschiedlichen Interessenlagen bei den verschiedenen Plantypen machen eine einheitliche Beurteilung der Plandispositivität schwierig. Eher fernliegend ist eine gespaltene Auslegung, nach der die Vorschrift in einem Fall dispositiv, im anderen planfest ist. Daher ist zu prüfen, ob sich eine systemkonforme Lösung des Problems durch die Anwendung der Schutzvorschriften des Planverfahrens erzielen lässt. Das Minus an Rechtsschutzmöglichkeiten könnte eine Schlechterstellung im Sinne der § 245 Abs. 1 Nr. 1, § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO darstellen. Jedoch zielt der Begriff „Schlechterstellung“ nur auf den Vergleich der im Insolvenzplan bzw. im Regelver___________ 574) Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 5; Kröger, Rechtsgründe, S. 82; Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 47; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 5. 575) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 122; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 1915; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 1915 – 1921; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 289; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 217 (Stand: 28.1.2019), Rn. 28; Rühle, in: Nerlich/ Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 32. 576) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480. Ausführlich zur PhoenixEntscheidung siehe Rn. 168. 577) BGH, Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 26). 578) Zu den Ausnahmefällen vgl. Thies, in: HambKomm-InsO, § 258, Rn. 5.
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IV. Regelungen über die Schlussrechnungslegung
fahren erwarteten finanziellen Leistungen ab.579) Auch hier zeigt sich wieder das Problem, dass die Höhe der erwarteten Zahlungen an einzelne Gläubiger von Verfahrensschritten nach Planbestätigung abhängt und dass die Planvorschriften hiergegen gerade keinen Schutz bieten. Das ist auch ein maßgeblicher Unterschied zur Fristverkürzung gemäß § 224 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dem Prozessvertrag der ZPO müssen alle Parteien zustimmen. Ein Prozessvertrag kann nicht gegen den Willen einer Prozesspartei geschlossen werden. Daher muss eine Partei in der ZPO nicht vor den Folgen einer Fristverkürzung geschützt werden. Im Insolvenzverfahren, wo Beschlüsse mit Mehrheit getroffen werden, ist es aber anders. Diese Rechtsschutzlücke kann nicht vom Gesetzgeber beabsichtigt worden sein. Man könnte noch erwägen, für die bei der Aufstellung des Verteilungsverzeichnisses 257 benachteiligten Gläubiger einen Ausgleichsfonds gemäß § 251 Abs. 3 InsO bereitzustellen. Dann könnten die Gläubiger ihre Rechte außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend machen und ihre Quotenerwartung aus Mitteln des Ausgleichsfonds befriedigen.580) Man könnte dann argumentieren, dass der Ausgleichsfonds das Rechtsschutzsystem der InsO für Fälle wie den vorliegenden darstellt. Dagegen spricht aber, dass der Ausgleichsfonds dafür geschaffen wurde, die Bestätigung des Plans zu erleichtern, indem schwierige Fragen der Vergleichsrechnung und der Beteiligung einzelner Gläubiger in den Rechtsstreit über den Ausgleichsfonds (außerhalb des Insolvenzverfahrens, § 251 Abs. 3 Satz 2 InsO) verschoben werden. Streitigkeiten über das Verteilungsverzeichnis haben aber nichts mit der Vergleichsrechnung zu tun, sondern stellen ein Problem dar, das genauso auch im Regelverfahren auftauchen kann. Zudem könnte ein Vorgehen über § 251 Abs. 3 InsO im Ergebnis dazu führen, dass der Planersteller im Insolvenzplan ein eigenes Rechtsschutzsystem entwerfen könnte. Dass der Gesetzgeber das ermöglichen wollte, erscheint eher fernliegend – allein schon deshalb, weil es dies noch nie gegeben hat und völlig systemfremd wäre. Im Ergebnis sprechen die besseren Gründe dafür, § 194 InsO als planfest anzusehen.
IV. Regelungen über die Schlussrechnungslegung Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter bei der Beendigung seines 258 Amtes der Gläubigerversammlung Rechnung zu legen.581) Vor der Gläubigerver___________ 579) Siehe nur Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 245, Rn. 7 – 8. 580) Das gilt jedenfalls dann, wenn man nicht die Stellung eines Minderheitenschutzantrags zur Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Ausgleichsfonds macht. Bei der Entscheidung über die Stellung eines Minderheitenschutzantrags kann der Gläubiger regelmäßig noch nicht voraussehen, ob er im Verteilungsverzeichnis benachteiligt wird. Gegen das Erfordernis eines Minderheitenschutzantrags Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43, Rn. 91a; Sinz, in: MüKo-InsO, § 251, Rn. 45; a. A. Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151 (153), die nur den Antragstellern auf Minderheitenschutz einen Ausgleich nach § 251 Abs. 3 InsO zusprechen wollen. 581) Sogenannte „interne Rechnungslegungspflicht“ in Abgrenzung zur externen Rechnungslegungspflicht des § 155 InsO; vgl. Riedel, in: MüKo-InsO, § 66, Rn. 4; Schmitt, in: FK-InsO, § 66, Rn. 2. Zur externen Rechnungslegungspflicht siehe Rn. 90.
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D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
sammlung prüft das Insolvenzgericht die Schlussrechnung des Verwalters und legt die Schlussrechnung mit den Belegen für mindestens eine Woche zur Einsicht aus, § 66 Abs. 2 InsO. § 66 InsO gilt für jede Beendigung des Amtes des Insolvenzverwalters, gleichermaßen im Regelverfahren wie im Planverfahren.582) Er regelt eine Ausprägung des Rechtsgrundsatzes, dass derjenige, der fremde Geschäfte besorgt, über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen hat (vgl. §§ 259, 666 BGB).583) Er soll die ordnungsgemäße Aufsicht durch das Insolvenzgericht584) und die Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Insolvenzverwalter585) ermöglichen.
259 Durch das ESUG wurde in § 66 Abs. 1 InsO ein Satz 2 eingeführt, der bestimmt, dass im Insolvenzplan abweichende Regelungen zur Schlussrechnungslegung getroffen werden können. Die Regierungsbegründung zum ESUG führt aus, dass die Schlussrechnungslegung und die Schlussrechnungsprüfung durch das Insolvenzgericht (vgl. § 66 Abs. 2 InsO) die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erheblich verzögern und hierdurch Sanierungschancen beeinträchtigen könne. Daher solle den Beteiligten die Möglichkeit gegeben werden, auf die Schlussrechnungslegung ggf. vollständig zu verzichten oder sie auf einen Zeitpunkt nach Verfahrensaufhebung zu verschieben.586) Folglich kann über den Wortlaut des § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO hinaus auch auf die Schlussrechnungsprüfung verzichtet werden.587) Nicht erfasst ist davon die allgemeine Befugnis des Gerichts gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 InsO, Auskünfte und Berichte vom Insolvenzverwalter zu verlangen.588) Hierdurch kann das Insolvenzgericht weiter seiner Aufsichtspflicht nachkommen.
260 Die Einfügung des § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO weist darauf hin, dass der ESUG-Gesetzgeber darauf bedacht war, den Beteiligten auch im Verfahrensrecht die größtmögliche Autonomie einzuräumen. Das kann man als Hinweis dafür auffassen, die Plandispositivität auch im Verfahrensrecht eher weit auszulegen. Offenbar waren die Zwecke der Schlussrechnungslegung – die Information der Beteiligten über die Amtsführung des Verwalters sowie die Ermöglichung der Aufsicht des Gerichts – dem Gesetzgeber nicht wichtig genug, um die Schlussrechnungslegung der Beteiligtenautonomie zu entziehen. Andererseits ist die Schlussrechnungslegung nicht unbedingt mit anderen Stadien des Verfahrens vergleichbar und lässt keine Schlussfolgerungen auf die Dispositivität in anderen Verfahrensstadien zu. Zum Beispiel ___________ 582) Kübler, in: Kübler/Prütting/Bork, § 66 (Stand: 4/2017), Rn. 5; für umstritten hält die Frage Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 27. 583) Kübler, in: Kübler/Prütting/Bork, § 66 (Stand: 4/2017), Rn. 3; Schmitt, in: FK-InsO, § 66, Rn. 1. 584) Harbeck, ZInsO 2014, 388; Kübler, in: Kübler/Prütting/Bork, § 66 (Stand: 4/2017), Rn. 3; Metoja, in: Kayser/Thole, § 66, Rn. 10. 585) Harbeck, ZInsO 2014, 388; Weitzmann, in: HambKomm-InsO, § 66, Rn. 1. 586) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 27. 587) Ebenso AG Ludwigshafen, Beschluss v. 10.4.2015 – 3 f IN 27/14 Lu, ZIP 2015, 991; a. A. Harbeck, ZInsO 2014, 388 (390 – 391). 588) Madaus, ZIP 2016, 1141 (1149).
112
V. Dispositivität des § 197 InsO
könnte man die Schlussrechnungslegung mit den Übersichten gemäß §§ 151 – 154 InsO vergleichen, in Bezug auf die oben (siehe Rn. 90) noch bemerkt wurde, sie seien aufgrund des Informationsinteresses der Gläubiger und der Überwachungsfunktion des Gerichts planfest. Diese Übersichten stehen am Anfang des Insolvenzverfahrens und sollen alle Beteiligten über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Insolvenz informieren. Damit sind sie wegweisend für das gesamte folgende Verfahren. Die Schlussrechnungslegung erfolgt dagegen regelmäßig erst ganz am Ende, wenn die Insolvenz bereits abgewickelt wurde – da mag sie zuweilen als unnötige und zeitraubende Formalität betrachtet werden. Zudem kann das Insolvenzgericht seine Aufsichtsbefugnisse außer durch die Schlussrechnungslegung noch im Rahmen des § 58 InsO wahrnehmen.589) Vor diesem Hintergrund hielt es der Gesetzgeber gerechtfertigt, auf die offenbar als nutzlose Sanierungshürde empfundene Rechnungslegung zu verzichten. Als Freibrief zur Aushebelung sämtlicher Verfahrensgarantien, Informationsrechte oder Schutzvorschriften kann die Einführung des § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO hingegen nicht verstanden werden.
V. Dispositivität des § 197 InsO § 197 InsO regelt Verfahrensvorschriften zum Schlusstermin. Aufgrund der syste- 261 matischen Stellung des § 197 InsO spricht § 217 Satz 1 Var. 4 InsO („Verteilung“) oder alternativ Var. 5 („Verfahrensabwicklung“) für dessen Dispositivität. Andererseits wird vertreten, dass § 197 InsO planfest ist.590) Hierfür spricht zwar, dass der Schlusstermin der Erörterung der Schlussrechnung (§ 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO) und der Erhebung von Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis (§ 217 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO) dient. Diese wiederum dienen dem Schutz der Insolvenzgläubiger. Jedoch kann spätestens seit Inkrafttreten des ESUG gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO auf die Schlussrechnungslegung verzichtet werden, sodass dies keinen Grund für die Planfestigkeit darstellt. Auch im Hinblick auf die Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis stellt es keine nennenswerte Beeinträchtigung dar, wenn die Gläubiger diese nicht mündlich in einem Termin, sondern wie bei den Abschlagsverteilungen (vgl. § 194 InsO) schriftlich oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle (vgl. § 4 InsO i. V. m. § 496 ZPO) geltend machen müssen. Zuletzt dient der Schlusstermin der Entscheidung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Gegenstände der Insolvenzmasse, § 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO. Diese Entscheidung, die für die meisten Gläubiger ohnehin nur von untergeordneter Bedeutung sein dürfte, kann auch im Insolvenzplan getroffen werden. Daher gibt es keinen einleuchtenden Grund, warum § 197 InsO planfest sein sollte. Er ist dispositiv. ___________ 589) AG Ludwigshafen, Beschluss v. 10.4.2015 – 3 f IN 27/14 Lu, ZIP 2015, 991 (992). 590) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 122; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 1915; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 32; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, § 217, Rn. 44; Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 5, jeweils ohne Begründung.
113
D. Einzelprobleme bei Verteilung, Verfahrensabwicklung und Haftung
VI. Erkenntnisse zur Dispositivität der Verfahrensabwicklung 262 Fraglich ist nun, was die in den Fallgruppen gefundenen Ergebnisse für die zuvor erörterten591) Lösungsansätze bedeuten. Obwohl weder die Ergebnisse noch die Schlussfolgerungen zwingend sind, erscheint der restriktive Ansatz am plausibelsten, nach der die Neuregelung nur dazu dient, verfahrensbegleitende Pläne zu ermöglichen. Diese waren bereits zuvor durch die Variante „Verteilung“ in § 217 Satz 1 Var. 4 InsO zulässig. Das folgt daraus, dass diese Variante sonst sinnlos wäre – schließlich sind die §§ 187 – 196, 198, 203 – 206 InsO, von denen sie Abweichungen erlaubt, andernfalls nicht anwendbar. Folgerichtig sprach die Regierungsbegründung zum ESUG von einer „Klarstellung“, als die Variante „Verfahrensabwicklung“ eingeführt wurde.592)
263 Dagegen sind andere Abweichungsmöglichkeiten vom Regelverfahren kritisch zu sehen. Die InsO hat im Regelverfahren ein sorgfältig austariertes Rechtsschutzsystem geschaffen, um für jeden einzelnen Beteiligten Verfahrensgerechtigkeit in der Insolvenz herzustellen. Wichtig in diesem Zusammenhang sind besonders Informationsrechte,593) Stimmrechte594) und Rechtsbehelfe595). Daneben stellen Verfahrensvorschriften sicher, dass das Insolvenzgericht seine Aufsichtsbefugnisse wirksam wahrnehmen kann.596) Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung der Variante „Verfahrensabwicklung“ keine Änderungen an diesem System zulassen. In den Gesetzgebungsmaterialien zum ESUG heißt es einschränkend: „Eine Änderung im Hinblick auf von vornherein planfeste Vorschriften, von denen auch bei einer Verfahrensabwicklung mittels eines Insolvenzplanes nicht abgewichen werden darf […], ist mit der Klarstellung in § 217 InsO und der Folgeänderung in § 258 InsO nicht verbunden.“597) Das schließt auch aus, Verfahrensregelungen im Insolvenzplan soweit zuzulassen, bis im Einzelfall die Grundrechte der Beteiligten, etwa auf Eigentum oder rechtliches Gehör verletzt werden. Abgesehen von der Rechtsunsicherheit im Einzelfall würde das dazu führen, dass die gesetzlich geschaffenen Verfahrensregeln durch gerichtlich gesetzte Mindeststandards ersetzt werden. In der Planinsolvenz entstünde eine Art zweite Verfahrensordnung, die ohne demokratische Legitimation die gesetzlichen Verfahrensregeln unterminierte. Das ist nicht hinnehmbar, insbesondere da auch insoweit den hierdurch Benachteiligten jede Schutzmöglichkeit fehlt. ___________ 591) 592) 593) 594) 595) 596) 597)
114
Siehe Rn. 157. Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 54. Beispiele sind die §§ 151 – 153 InsO (Rn. 81) und die Schlussrechnungslegung (Rn. 258). Daher sind Regelungen zur Forderungsfeststellung unzulässig, siehe Rn. 168. Zum Beispiel bei § 194 InsO, siehe Rn. 253. Beispiele sind die §§ 151 – 153 InsO (Rn. 81) und die Schlussrechnungslegung (Rn. 258). BT-Drs. 17/7511, 35.
VI. Erkenntnisse zur Dispositivität der Verfahrensabwicklung
Folglich sind Regelungen der Verfahrensabwicklung allenfalls dort zulässig, wo 264 weder individuelle Verfahrensrechte noch die Aufsichtsbefugnisse des Insolvenzgerichts beeinträchtigt werden. Das wird nur im Ausnahmefall vorkommen, wie etwa im Fall des § 197 InsO598). Bei der Schlussrechnungslegung, der zwar die Aufsichtsrechte des Gerichts nicht berührt, aber die Informationsrechte der Gläubiger über die Geschäftsführung des Verwalters beeinträchtigt, wurde in § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO eigens eine Vorschrift geschaffen, die eine Abweichung hiervon erlaubt. Jedoch kann diese nicht verallgemeinert werden, sondern stellt eine Ausnahme von der Regel dar.599) Für die Variante „Verfahrensabwicklung“ bedeutet all dies in letzter Konsequenz, dass sie kaum mehr einen eigenen Anwendungsbereich aufweist. Sie ist überflüssig.
___________ 598) Siehe Rn. 261. 599) Siehe Rn. 258.
115
E. Die Dispositivität der Planvorschriften I. Die Dispositivität in den §§ 217 – 254b InsO Im sechsten Teil der InsO sind die Vorschriften über das Insolvenzplanverfahren 265 geregelt. Die §§ 217 – 254b InsO enthalten einerseits Regelungen zum möglichen Inhalt des Plans und andererseits Verfahrensregelungen zu dessen Zustandekommen. Die materiellen Vorschriften eröffnen einen Regelungsspielraum für die Planbeteiligten, wie er etwa in § 217 Satz 1 InsO oder § 224 InsO zum Ausdruck kommt.600) Die § 223 Abs. 1, § 225 Abs. 1, § 225a Abs. 1, § 227 Abs. 1 InsO enthalten darüber hinaus Grundregeln, die ausdrücklich plandispositiv gestellt werden („Ist im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, […]“ (§ 223 Abs. 1 Satz 1 InsO) u. ä.). In den §§ 217 ff. InsO markiert das Gesetz also durch Öffnungsklauseln, welche Planregelungen zulässig und – anders gewendet – welche Normen der §§ 217 – 254b InsO abdingbar sind. Im Gegensatz dazu sind alle diejenigen Bestimmungen, die nicht von einer Öffnungs- 266 klausel erfasst sind, planfest.601) Das kann man daraus ableiten, dass die Vorschriften über das Insolvenzplanverfahren in § 217 InsO nicht als plandispositiv aufgeführt sind.602) Es ergibt sich aber auch aus der Systematik der §§ 217 – 254b InsO, die ein großzügigeres Verständnis der Plandispositivität ausschließt. Erstens wären sonst alle gesetzlichen Öffnungsklauseln außer § 217 InsO überflüssig. Zweitens würde den Planbeteiligten sonst die Möglichkeit gegeben, den durch das Gesetz eröffneten Regelungsbereich für die Gläubigerautonomie über die §§ 217 – 254b InsO hinaus unbegrenzt auszuweiten. Geradezu denklogisch ausgeschlossen ist die Plandispositivität im Falle der in den 267 §§ 217 – 254b InsO enthaltenen Verfahrensregelungen zum Zustandekommen des Insolvenzplans. Der Insolvenzplan kann nicht durch Verfahrensregelungen in Kraft gesetzt werden, die erst durch sein Inkrafttreten geschaffen werden – das wäre ein Zirkelschluss.603)
II. Die Dispositivität in den §§ 255 – 269 InsO Die §§ 255 – 269 InsO befassen sich mit bestimmten Regelungsgegenständen nach 268 der Planbestätigung und mit der Planüberwachung. Im Hinblick auf diese Normen ___________ 600) 601) 602) 603)
Zu den sich daraus ergebenden Regelungsspielräumen siehe detailliert Rn. 32. Im Falle der § 223 Abs. 1 Satz 2, § 225 Abs. 3 InsO ist dies sogar ausdrücklich bestimmt. So BGH, Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 24). Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 70; Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 89; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 41; Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 53; Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 2; vgl. Kröger, Rechtsgründe, S. 51.
117
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
lohnt sich eine genauere Betrachtung. Zum einen enthalten die §§ 255 – 269 InsO solche Regelungen, die anders als die §§ 217 – 254b InsO nicht denklogisch planfest sind. Bedenkt man, dass sie die Zeit nach der Planbestätigung regeln, ist tatsächlich sogar das Gegenteil der Fall. Beispielsweise wurde die Befriedigung der Gläubiger, das wichtigste Ereignis nach Planbestätigung, völlig der Gläubigerautonomie überlassen. Im Hinblick auf andere Regelungsgegenstände wurden wie bereits in den §§ 217 – 254b InsO Öffnungsklauseln geschaffen. Die § 255 Abs. 3 Satz 1, § 258 Abs. 1, § 259 Abs. 3 Satz 1, § 260 Abs. 1, 3, § 264 Abs. 1 Satz 1 InsO lassen abweichende Regelungen im Insolvenzplan zu. Hier besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Planfestigkeit und Dispositivität. Regelungsgegenstände wie das Wiederaufleben der Forderung wurden etwa in § 255 InsO kodifiziert, aber zugleich in § 255 Abs. 3 InsO zur Disposition der Gläubiger gestellt. Eine Rückausnahme in § 255 Abs. 3 Satz 2 InsO schränkt die Regelungsbefugnis zugunsten des Schuldners wieder ein. Weiter verkompliziert wird die Rechtslage durch die Einführung der Variante „Verfahrensabwicklung“ (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) im Rahmen des ESUG, die unklar lässt, ob auch die §§ 255 – 269 InsO davon umfasst sind.
269 Im Folgenden sollen Abweichungsmöglichkeiten von den §§ 255 – 269 InsO anhand beispielhafter Probleme erörtert werden. Das ist zunächst die Frage, ob Nachtragsverteilungen im Insolvenzplan zulässig sind (Rn. 270). Ferner wird diskutiert, wie weit die Planbeteiligten Regelungen zur Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters (Rn. 296) und zur Überwachung der Planerfüllung (Rn. 309) treffen können.
1.
Nachtragsverteilung im Insolvenzplanverfahren
a) Die Nachtragsverteilung im Regelverfahren 270 Im Regelverfahren ist die Nachtragsverteilung in § 203 Abs. 1 InsO geregelt. Nach dieser Vorschrift ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn zurückbehaltene Beträge frei werden, aus der Insolvenzmasse gezahlte Beträge zurückfließen oder neue Massegegenstände entdeckt werden. Gemäß § 203 Abs. 2 InsO steht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Anordnung der Nachtragsverteilung nicht entgegen.
b) Die Nachtragsverteilung im Planverfahren ohne Planklausel aa) Herrschende Meinung: Keine Nachtragsverteilung 271 Bei einem Liquidationsplan oder verfahrensbegleitenden Plan, der das Regelverfahren nicht beendet, sondern nur in einzelnen Punkten modifiziert, kann § 203 InsO direkt anwendbar sein. Dagegen erhält der Schuldner beim Sanierungsplan nach dem Modell des Zwangsvergleichs gemäß § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO mit dem Auf-
118
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
hebungsbeschluss die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zurück. Ab diesem Zeitpunkt ist er für die Gläubigerbefriedigung verantwortlich.604) § 203 InsO findet keine Anwendung.605) Nach zutreffender herrschender Ansicht kann das Insolvenzgericht im Aufhebungsbeschluss nach abgeschlossenem Insolvenzplanverfahren eine Nachtragsverteilung auch nicht ohne Weiteres anordnen, weil es keine dem § 203 InsO entsprechende Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung einer Nachtragsverteilung durch das Insolvenzgericht gibt.606)
bb) Die Ansicht Schulte-Kaubrüggers Schulte-Kaubrügger fordert, beim Auftauchen neuer Massegegenstände § 203 InsO 272 oder zumindest § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO analog anzuwenden.607) Er meint, dass der Schuldner nur in den Fällen des § 203 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verfügungsbefugnis über sein restliches Vermögen zurückerlangen solle. In den Fällen der Nrn. 2 und 3 würden die Rechte, die der Schuldner durch die Verfahrensaufhebung erhält, nicht beeinträchtigt. Die dort geregelten Vermögenswerte seien zunächst ohnehin vom Insolvenzbeschlag frei und würden nur zum Zweck der Nachtragsverteilung erneut beschlagnahmt. Insofern würden die Rechte, die der Schuldner durch die Verfahrensaufhebung erhält, nicht beeinträchtigt.608) Das Gesetz enthalte eine Regelungslücke, da im Falle des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO 273 nicht nur die Verfügungsbefugnis geregelt werden müsse, sondern auch, wem die Gegenstände materiell zustünden.609) Eine Lückenfüllung über die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB scheitere daran, dass die Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses eine nachträgliche Änderung des Insolvenzplans nicht zulasse.610) Die Interessenlage beim Auftauchen neuer Massegegenstände sei in beiden Verfahrensarten vergleichbar. Dabei schließe die Ver___________ 604) BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 10); Brünkmans, in: Brünkmans/ Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 344. 605) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 (Rn. 9); OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328); Smid, ZInsO 2010, 641 (644). 606) Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 286; BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 10); Freund, in: BeckOK-InsO, § 259 (Stand: 28.1.2019), Rn. 2; Hess, Insolvenzrecht, § 259, Rn. 9; Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 13; Jaffé, in: FK-InsO, § 259, Rn. 8; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 259, Rn. 10; OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 14; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259, Rn. 7; a. A. Breutigam, in: BK-InsO, § 259 (Stand: 1/2002), Rn. 4; Hingerl, ZInsO 2007, 870; Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1326); wohl auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2005 – 7 U 148/05, NZI 2006, 240. 607) Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1326). 608) Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 – 1322. 609) Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1324), der insbesondere OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 kritisiert. 610) Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1322 – 1323).
119
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
fahrensaufhebung die Nachtragsverteilung im Regelverfahren gemäß § 203 Abs. 2 InsO auch nicht aus.611)
274 Aus dem besonderen Bestandsschutz des Insolvenzplans ergäben sich keine Einschränkungen. Dieser beabsichtige nur, dass formelle Mängel unbeachtlich seien. Vom Bestandsschutz seien nur die festgestellten Forderungen umfasst, aber die Größe der Masse nicht.612) Daher müsse bei Sanierungsplänen eine Nachtragsverteilung erfolgen.613)
cc) Stellungnahme 275 Dem ist nicht zuzustimmen. Für eine analoge Anwendung des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO besteht weder eine Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage. Zwar ist aus der Perspektive der Gläubiger nachvollziehbar, dass diese bei Auftauchen neuer Vermögensgegenstände hoffen, hieraus befriedigt zu werden. Jedoch kommt eine Anpassung des Insolvenzplans nicht in Betracht. Durch die Planbestätigung werden alle Willens- und Verfahrensmängel geheilt.614) Konsequenterweise schließt die Bestandskraft des Insolvenzplans auch eine analoge Anwendung des § 313 BGB zur Lückenfüllung aus. Daher werden die Gläubiger ausschließlich nach Maßgabe des Plans befriedigt. Alle weiteren, neu auftauchenden Massegegenstände kommen dem Schuldner zugute. Entsprechendes gilt im Übrigen für Vermögensgegenstände nach den § 203 Abs. 1 Nr. 1, 2 InsO. Dass der Gesetzgeber dieses Ergebnis nicht beabsichtigt habe, ist eine unbewiesene Behauptung. Untragbar erscheint es jedenfalls nicht.
276 Die Interessenlage ist nicht vergleichbar mit der im Regelverfahren. Das Auftauchen neuer Vermögensgegenstände muss nicht zu einem Zufallsgewinn für den Schuldner führen. Der Insolvenzplan kann eine flexible Planquote vorsehen, nach deren Maßgabe der Schuldner solche nachträglich auftauchenden Vermögenswerte an die Gläubiger auszuschütten hat.615) Wenn die Gläubiger das nicht vorsehen, geschieht das auf eigenes Risiko.616) Außerdem hat der Schuldner beim Sanierungsplan anders als in der Liquidation ein bedeutendes Interesse daran, wieder ungehindert am Wirtschaftsleben teilnehmen zu können. ___________ 611) Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1324 – 1325). Auf die angeblich gleiche Interessenlage weist auch Hingerl, ZInsO 2007, 870 (871); Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1878) hin, ohne jedoch eine Analogie zu § 203 InsO zu fordern. 612) Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1325). 613) Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1326). 614) Sinz, in: MüKo-InsO, § 248, Rn. 34. 615) Ähnlich Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 345. Zu flexiblen Planquoten siehe Rn. 47. 616) Vorausgesetzt ist selbstverständlich, dass die Gläubiger ordnungsgemäß über die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Vermögensgegenständen im Sinne der § 203 Abs. 1 – 3 InsO informiert wurden.
120
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
c)
Anordnung einer Nachtragsverteilung durch Insolvenzplan
Fraglich ist, ob eine Nachtragsverteilung durch eine Insolvenzplanklausel ange- 277 ordnet werden kann.
aa) Stimmen für eine Nachtragsverteilung durch Insolvenzplan Manche Stimmen in der Literatur bejahen das.617) Sie führen an, dass dies durch 278 § 217 InsO gedeckt sei,618) etwa durch die Variante „Haftung“ (§ 217 Satz 1 Var. 6 InsO).619) Dafür spreche auch, dass die InsO die Gläubigerinteressen und die Gläubigerautonomie in den Mittelpunkt stelle.620) Eine Nachtragsverteilung entspreche dem Ziel der schnellen Sanierung und bestmöglichen Gläubigerbefriedigung.621) Die Interessenlage sei im Regelverfahren und im Planverfahren vergleichbar,622) denn es sei nicht gerechtfertigt, den Schuldner, der dank § 227 InsO einen sofortigen Schulderlass ohne jegliche Wohlverhaltensperiode erhält, noch besser zu stellen, indem keine Nachtragsverteilung erfolge.623) Wenn eine Nachtragsverteilung nicht möglich sei, würden die Gläubiger dem Insolvenzplan oder der Verfahrensaufhebung schlicht nicht zustimmen, und die Sanierung würde verzögert.624) Zudem sollte im Insolvenzplan alles möglich sein, was auch individualvertraglich 279 geregelt werden könne, sofern es mit dem Insolvenzzweck vereinbar sei.625) Wenn im Insolvenzplan ohnehin von den Vorschriften des Gesetzes abgewichen werden könne, müssten erst recht Regelungen möglich sein, die an anderer Stelle in der InsO vorgesehen sind.626) Systematisch sprächen die § 259 Abs. 2 und 3 InsO sowie § 263 InsO627) für eine solche Abweichungsmöglichkeit. Ein Umkehrschluss aus diesen Vorschriften sei nicht zulässig, da diese Vorschriften die Handlungsoptionen der ___________ 617) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 355 – 358; Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1878); Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 11; de lege ferenda Stapper, ZInsO 2009, 2361 (2365 – 2366). 618) Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1878); Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 11; a. A. Spliedt, in: K. Schmidt, § 259, Rn. 6. 619) Marwedel, NZI 2018, 695 (696). 620) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 357; Hingerl, ZInsO 2007, 870 (872); Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1877 – 1878); Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 11 – 12. 621) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 357; Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1877). 622) Hingerl, ZInsO 2007, 870 (871); Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1878); vgl. Schulte-Kaubrügger, ZInsO 2009, 1321 (1324). 623) Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1878). 624) Hingerl, ZInsO 2010, 1876; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 12a. 625) Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 11. 626) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 355; Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1877). 627) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 354; Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812 (813).
121
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
Gläubiger nicht einschränken, sondern im Gegenteil erweitern wollten.628) Jedenfalls wenn der Schuldner zustimme, gebe es keinen Grund, § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO als nicht plandisponibel anzusehen.629) Schließlich könne der Plan auch die vollständige Übertragung von Vermögensgegenständen auf den Treuhänder vorsehen. Dann müsse erst recht ein Verzicht auf die Verfügungsbefugnis möglich sein.630)
bb) Stimmen gegen eine Nachtragsverteilung durch Insolvenzplan 280 Der BGH631), das OLG Celle632) und Stimmen in der Literatur633) halten die Anordnung einer Nachtragsverteilung durch oder infolge eines Insolvenzplans für unzulässig. Die Verfügungsbefugnis des Schuldners nach Verfahrensaufhebung dürfe nicht beschränkt werden634) – darin sieht der BGH laut Kayser einen „ehernen Grundsatz“.635) Es dürfe kein Sondervermögen geschaffen werden, für das die Verfügungsbefugnis beim Insolvenzverwalter verbleibt.636) Hierfür gebe es keine Ermächtigungsgrundlage.637) Dass § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO planfest sei, zeige sich historisch daran, dass die noch in § 192 KO 1898 enthaltene Öffnungsklausel nicht in die InsO übernommen wurde.638) Ab der Verfahrensaufhebung sei allein der Schuldner und nicht mehr der Insolvenzverwalter für die Befriedigung der Gläubiger zuständig.639) Anstelle ___________ 628) 629) 630) 631) 632) 633)
634)
635) 636)
637)
638) 639)
122
Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 13 – 15. Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 355. Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 358. BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094; Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 (Rn. 9); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 30). OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328). Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 286; Freund, in: BeckOKInsO, § 259 (Stand: 28.1.2019), Rn. 2; Haas, in: Kayser/Thole, § 259, Rn. 2; Huber, in: MüKoInsO, § 259, Rn. 13; Kayser, ZIP 2018, 2189 (2193); Kröger, Rechtsgründe, S. 85; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 259, Rn. 4; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 14; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 259 (Stand: 9/2017), Rn. 2; Spliedt, in: K. Schmidt, § 259, Rn. 7; Thies, in: HambKomm-InsO, § 259, Rn. 8. BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 10); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 28 – 30); Freund, in: BeckOK-InsO, § 259 (Stand: 28.1.2019), Rn. 2; Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 12; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 259 (Stand: 10/2018), Rn. 4; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 259, Rn. 3 – 4. Kayser, ZIP 2018, 2189 (2193). OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327; Andres, in: Andres/ Leithaus, § 259, Rn. 2; Braun/Frank, in: Braun, § 259, Rn. 3; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 14. Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 286; BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 10); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 30); Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 12; Jaffé, in: FK-InsO, § 259, Rn. 8. Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 12. BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 10); OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328).
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
einer Nachtragsverteilung wird die Abtretung bestimmter Massegegenstände an einen Treuhänder (ggf. auch den Insolvenzverwalter als Treuhänder) vorgeschlagen.640)
cc) Stellungnahme (1) Ausgestaltung der Planklausel zur Nachtragsverteilung Eine Planklausel, die eine Nachtragsverteilung ermöglichen will, müsste ein materiel- 281 les und ein prozessuales Element enthalten. In materieller Hinsicht müsste sie anordnen, dass Vermögensgegenstände im Sinne der § 203 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO den Gläubigern zustehen und den Aufteilungsschlüssel festlegen. Sonst hätten die Gläubiger nur einen Anspruch auf die Planquote, die regelmäßig ohne Einbeziehung der in § 203 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO genannten Vermögengegenstände berechnet sein wird. In prozessualer Hinsicht kann der Schuldner für die Nachtragsverteilung zuständig 282 sein – dies wäre ein Fall einer flexiblen Planquote.641) Ebenso zulässig wäre es, gemäß § 228 InsO massezugehörige Rückgewähransprüche an einen Treuhänder, etwa den früheren Insolvenzverwalter, abzutreten und Vermögensgegenstände an ihn zu übereignen. Der Treuhänder würde dann die Vermögensgegenstände verwerten und verteilen.642) Problematisch wird die Klausel dann, wenn sie in Konflikt mit § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO tritt, der anordnet, dass der Schuldner durch den Aufhebungsbeschluss die unbeschränkte Verfügungsbefugnis zurückerhält. Denkbar wäre, dass das Insolvenzgericht durch die Planklausel angewiesen wird, im Aufhebungsbeschluss die Nachtragsverteilung vorzubehalten oder dass der Aufhebungsbeschluss die in § 203 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO genannten Vermögensgegenstände nicht umfasst. Höchst theoretisch wäre auch denkbar, dass der Schuldner die Verfügungsbefugnis über jene Gegenstände antizipiert an den früheren Insolvenzverwalter abtritt (zum entgegenstehenden § 137 Satz 1 BGB siehe Rn. 292).
(2) § 217 InsO als Ausgangspunkt Will man einen Vorbehalt der Nachtragsverteilung im Aufhebungsbeschluss errei- 283 chen, so greift dieser in die Verfügungsbefugnis des Schuldners als Teil seines Eigentumsrechts ein. Daher bedarf der Vorbehalt einer Ermächtigungsgrundlage. § 80 Abs. 1 InsO kommt hierfür nicht in Betracht, da § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO gerade anordnet, dass der Schuldner die Verfügungsbefugnis zurückerhält. Sie kann aber ___________ 640) BGH, Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 283/06, BGHZ 175, 86 (Rn. 9); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 13; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 362; Spliedt, in: K. Schmidt, § 259, Rn. 8; kritisch Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1879). 641) Zu flexiblen Planquoten siehe Rn. 47. 642) BGH, Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 283/06, BGHZ 175, 86 (Rn. 9); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 28); Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 362.
123
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
im Insolvenzplan liegen, der sich seinerseits auf § 217 InsO stützt. Ohne § 217 InsO zu prüfen, greift es daher zu kurz, eine Abweichung von § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO bereits aus dem Grund abzulehnen, dass dafür keine Ermächtigungsgrundlage bestehe.643)
284 Die Nachtragsverteilung lässt sich nicht ohne Weiteres als Regelung über die Haftung im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 6 InsO qualifizieren. Wie oben gezeigt644) befassen sich Haftungsregelungen im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 6 InsO in ihrem materiellrechtlichen Gehalt vorwiegend mit dem Bestand der Insolvenzforderungen nach Verfahrensaufhebung und der Haftung der Gesellschafter hierfür. Die Frage, welche Vermögensgegenstände dem Insolvenzbeschlag unterliegen, ist dem vorgeschaltet. Folglich können die Planbeteiligten nur über die Verwertung derjenigen Gegenstände entscheiden, die ihnen zuvor zur Verwertung zugewiesen wurden. Außerdem ist die Variante „Haftung“ hauptsächlich materiell geprägt, aber die Nachtragsverteilung ist vor allem ein prozessualer Vorgang.
285 Am ehesten ist eine solche Planklausel als Verfahrensregelung zu qualifizieren. Sie könnte daher unter § 217 Satz 1 Var. 5 InsO fallen. Eine Einschränkung dergestalt, dass die Verfahrensabwicklung nur in Bezug auf das fortbestehende, aber nicht auf das aufgehobene Insolvenzverfahren geregelt werden könnte,645) ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus den Gesetzgebungsmaterialien.
(3) Historie des § 259 Abs. 1 InsO 286 Allerdings spricht die Historie des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO, der ohne die Planklausel zur Anwendung berufen wäre, gegen dessen Dispositivität. Die Vorgängervorschrift, § 182 KO 1898, sowie § 295 Abs. 1 Satz 2 des Diskussionsentwurfs zur InsO enthielten noch eine Abweichungsmöglichkeit von den Wirkungen der Verfahrensaufhebung durch den Zwangsvergleich bzw. Insolvenzplan.646) Diese Abweichungsmöglichkeit ist in der Endfassung der InsO weggefallen. Das spricht dafür, dass der Gesetzgeber hier gerade keine Abweichungsmöglichkeit wünschte.647)
___________ 643) So aber Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 286; BGH, Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 283/06, BGHZ 175, 86 (Rn. 9); Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 10); Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 12; Jaffé, in: FK-InsO, § 259, Rn. 8. 644) Siehe Rn. 159. 645) So Spliedt, in: K. Schmidt, § 259, Rn. 2. 646) Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 8. § 192 KO 1898 lautete: „Soweit der Zwangsvergleich nicht ein anderes bestimmt, erhält der Gemeinschuldner das Recht zurück, über die Konkursmasse frei zu verfügen.“ 647) Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 12; a. A. Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812 (813).
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II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
(4) Systematik der Plandispositivität in den §§ 255 – 269 InsO Auch die Systematik der §§ 254 – 269 InsO spricht dafür, dass § 259 Abs. 1 Satz 2 287 InsO planfest ist. In den Vorschriften der InsO gibt es normalerweise keinen Hinweis auf Abweichungsmöglichkeiten im Insolvenzplan.648) Stattdessen stellen § 1 Satz 1, § 217 Satz 1 InsO allgemein fest, dass von diesen Normen abgewichen werden kann. Im Gegensatz dazu enthalten die §§ 254 – 269 InsO wie die §§ 217 – 254b InsO649) Öffnungsklauseln, die ausdrücklich festlegen, dass der Insolvenzplan in Bezug auf diese Vorschriften etwas anderes bestimmen kann. Das ist im Zusammenhang mit der Verfügungsbefugnis insbesondere der Fall in § 263 Satz 1 InsO, der bestimmte Beschränkungen der Verfügungsbefugnis ermöglicht. Dasselbe gilt aber auch für die § 255 Abs. 3, § 258 Abs. 1, § 259 Abs. 3, § 260 Abs. 1, 3, § 264 Abs. 1 Satz 1 InsO. Diese Öffnungsklauseln wären unnötig, wenn sich die Abdingbarkeit der genannten Vorschriften bereits aus § 217 InsO ergäbe.650) Das gilt auch für § 259 Abs. 2 InsO, der klarstellt, dass die Vorschriften über die Planüberwachung von der Verfahrensaufhebung nicht berührt werden. Wenn § 259 InsO ohnehin plandispositiv wäre, hätte der Gesetzgeber hier keinen Klarstellungsbedarf gesehen.651) Daher ist im Umkehrschluss zu folgern, dass die §§ 255 – 269 InsO grundsätzlich planfest sind. Dieser Umkehrschluss ist nicht ganz zweifelsfrei. So könnte man die Öffnungs- 288 klauseln historisch dadurch erklären, dass die Regelungsbefugnis über die Verfahrensabwicklung erst durch das ESUG ins Gesetz gekommen ist und die Öffnungsklauseln einzig ein historisches Überbleibsel darstellten. Daher könnte man behaupten, dass das ESUG nunmehr auch Abweichungen der Verfahrensabwicklung im Insolvenzplanverfahren ermöglichen wollte. Die weiteren Abweichungsmöglichkeiten in den § 66 Abs. 1 Satz 2, § 258 Abs. 1 InsO wären dann nur eine Überkompensation, um die Dispositivität noch mehr zu betonen652) und größtmögliche Flexibilität zu erreichen.653) Jedoch bieten die Gesetzgebungsmaterialien zum ESUG für einen solchen Para- 289 digmenwechsel keinen Anhaltspunkt. Die Änderungsvorschläge im ESUG waren schlecht abgestimmt. So war die Änderung des § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO bereits im Regierungsentwurf zum ESUG enthalten.654) Sie beruhte auf dem Bestreben, die ___________ 648) Die Ausnahme ist seit dem ESUG § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO. 649) Siehe oben Rn. 265. 650) Ebenso in Bezug auf § 259 Abs. 3 InsO Braun, in: Nerlich/Römermann, § 259 (Stand: 3/2005), Rn. 4. 651) A. A. Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 15. 652) In diese Richtung Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 15. 653) Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812 (813). 654) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 8.
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
Verfahrensaufhebung nicht durch die Schlussrechnungslegung zu verzögern.655) Hingegen wurden die Änderungen in den § 217 Satz 1, § 258 Abs. 1 InsO erst durch den Rechtsausschuss eingefügt.656) Aus einer Zusammenschau aller eingebrachten Änderungen lassen sich daher keine systematischen Schlüsse ziehen. Aber auch wenn man die Änderungsvorschläge des Rechtsausschusses isoliert betrachtet, kommt man zum Schluss, dass der Umkehrschluss valide sein muss. Wäre der Rechtsausschuss davon ausgegangen, dass die in § 217 Satz 1 InsO eingefügte Variante „Verfahrensabwicklung“ die §§ 255 – 269 InsO erfasst, dann wäre die Änderung in § 258 Abs. 1 InsO überflüssig gewesen.
290 Zuletzt spricht für die Planfestigkeit des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO, dass die §§ 255 – 269 InsO zusammen mit den §§ 217 – 253 InsO im sechsten Teil der InsO geregelt sind. Die §§ 217 – 253 InsO sind planfest, da sie erst den Bereich der Dispositivität innerhalb der InsO definieren.657) Da auch die §§ 255 – 269 InsO im sechsten Teil der InsO stehen, kann angenommen werden, dass sie ebenfalls planfest sind. Umgekehrt spricht dieses Ergebnis für den bisherigen Befund, dass die Variante „Verfahrensabwicklung“ nur den verfahrensbegleitenden Insolvenzplan ermöglichen soll.
(5) Zweck der Norm 291 Auch der Zweck des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO steht seiner Abdingbarkeit entgegen. Er besteht darin, dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse ungeteilt zurückzuübertragen.658) Nach der Verfahrensaufhebung ist der Schuldner für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zuständig. Nur so kommt das Verfahren zum Ende und nur so kann der Schuldner nach der Sanierung wieder vollwertig am Rechtsverkehr und Wirtschaftsleben teilnehmen. Das schützt den Rechtsverkehr und stärkt dessen Vertrauen in den Schuldner. Ein wirtschaftlicher Neustart wäre nicht möglich, wenn es Vermögensgegenstände gäbe, über die er keine Verfügungsmacht hat. Dritte könnten sich mangels Publizität keine Gewissheit über seine Verfügungsmacht verschaffen. Da sie aufgrund der vorangegangenen Insolvenz oft ohnehin misstrauisch sind, würde dies ein Sanierungshindernis darstellen.659) Zuletzt ist die Aussicht, nach der Verfahrensaufhebung wieder ein freier Unternehmer zu sein, ein wichtiger Anreiz für den Schuldner, den Gläubigern einen möglichst vorteilhaften Insolvenzplan anzubieten.
___________ 655) 656) 657) 658) 659)
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Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 27. BT-Drs. 17/7511, 11 und 18. Siehe oben Rn. 265. OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327 (1328). A. A. Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1879).
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
(6) Numerus clausus der Sachenrechte Manche Autoren argumentieren aus Gründen der Privatautonomie und Marktwirt- 292 schaft für die Zulässigkeit einer Nachtragsverteilung im Insolvenzplanverfahren.660) So sei die Möglichkeit einer Nachtragsverteilung oft die Grundlage für die Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan. Die Alternative zur Nachtragsverteilung sei, dass die Gläubiger dem Plan überhaupt nicht zustimmten, was die Sanierung des schuldnerischen Unternehmens vereiteln könne.661) Wenzel meint, im Insolvenzplan könne alles geregelt werden, was auch individualvertraglich vereinbart werden könne, also auch eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis.662) Brünkmans und Kühne/ Hancke halten es für eine unnötige Förmelei, eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis nicht zuzulassen, da genauso gut auch eine Abtretung der jeweiligen Ansprüche bzw. Vermögensgegenstände vorgenommen werden könne.663) Das ist abzulehnen. Kapitalgeberinteressen können grundsätzlich nicht zur Relati- 293 vierung von Rechtsnormen herangezogen werden. Auch im bürgerlichen Recht gilt die Privatautonomie nicht unbegrenzt. Beispielsweise kann der Schuldner gemäß § 137 Satz 1 BGB seine Verfügungsbefugnis nicht vertraglich beschränken. Folglich wäre eine antizipierte Abtretung der Verfügungsbefugnis, bereits wegen § 137 Satz 1 BGB unzulässig. Daran kann ein Erst-Recht-Schluss, dass der Plan stattdessen mit gleichen wirtschaftlichen Folgen die Übertragung des Eigentums bzw. der Inhaberschaft an Rechten vorsehen könnte,664) nichts ändern. § 137 Satz 1 InsO gibt eine Grundentscheidung des Gesetzgebers wieder. Er bezweckt die Sicherung des numerus clausus der Sachenrechte und der Zwangsvollstreckung.665) Zudem soll die Norm die Verfügbarkeit von Gütern gegen familiär-erbrechtliche und feudalrechtliche Bindungen durchsetzen und einer Trustbildung im Sinne des angloamerikanischen Rechts vorbeugen.666) Die Verkehrsfähigkeit soll erhöht werden und Rechtssicherheit durch Rechtsklarheit geschaffen werden.667) Folglich nehmen Verfahren, in denen die Eigentümerstellung und die Verfügungsbefugnis auseinanderfallen, wie das Insolvenzverfahren (vgl. § 80 InsO) oder die Testamentsvollstreckung (vgl. § 2205 BGB), eine Sonderstellung im deutschen Privatrechtssystem ein und sind nur kraft gesetzlicher Anordnung zulässig. ___________ 660) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 355 – 357; Hingerl, ZInsO 2010, 1876 (1877); Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812 (813). 661) Hingerl, ZInsO 2010, 1876; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 12a. 662) Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 259, Rn. 11. 663) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8; Kühne/Hancke, ZInsO 2012, 812 (813). 664) So Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 358. 665) BGH, Beschluss v. 5.12.1996 – V ZB 27/95, BGHZ 134, 182 (186); Urt. v. 6.7.2012 – V ZR 122/11, NJW 2012, 3162 (Rn. 14). 666) Kohler, in: Staudinger, § 137 (Stand: 2017), Rn. 6 – 7. 667) Kohler, in: Staudinger, § 137 (Stand: 2017), Rn. 8.
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
294 Dass § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO einen Ausfluss des § 137 BGB darstellt, schafft ein weiteres Argument für dessen Planfestigkeit. Das Auseinanderfallen von Eigentum und Verfügungsbefugnis soll nicht perpetuiert werden. Auf etwaige Bedürfnisse der Praxis, die Verfügungsbefugnis des Schuldners nach der Verfahrensaufhebung zu beschränken, hat der Gesetzgeber mit der Einführung des § 263 InsO reagiert. Nach dieser Vorschrift kann die Wirksamkeit bestimmter Rechtsgeschäfte während der Planüberwachung an die Zustimmung des Insolvenzverwalters gebunden werden. Er stellt die einzig mögliche Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Schuldners dar.668)
dd) Ergebnis 295 Die Anordnung einer Nachtragsverteilung im Insolvenzplan ist unzulässig, denn § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO ist planfest. Jedoch kann die Praxis auf solche Alternativgestaltungen ausweichen, die die Verfügungsbefugnis des Schuldners nach Verfahrensaufhebung nicht einschränken, etwa durch die (Voraus-) Übereignung bzw. Abtretung der in § 203 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO genannten Gegenstände im Insolvenzplan, soweit diese hinreichend genau bestimmt werden können (vgl. §§ 228, 254a InsO). Als Zessionar kommt der bisherige Insolvenzverwalter als Treuhänder in Betracht, der dann die Verteilung vornimmt.669) Der Insolvenzplan hat zudem den Verteilungsschlüssel für die Nachtragsverteilung zu bestimmen.
2.
Regelungen zur Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters
296 § 259 Abs. 3 InsO erlaubt es, den Insolvenzverwalter zu ermächtigen, nach Verfahrensaufhebung bereits rechtshängige670) Anfechtungsansprüche weiterzuverfolgen. Das gibt Anlass zu der Frage, wie weit § 259 Abs. 3 InsO reicht und inwieweit der Insolvenzverwalter allgemein im Plan zur Prozessführung ermächtigt werden kann.
a) § 259 Abs. 3 InsO zwischen Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung 297 Zunächst ist § 259 Abs. 3 InsO dogmatisch einzuordnen. Für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs müsste der Anspruch bestehen (Rn. 298) und die Klage des Insolvenzverwalters zulässig sein (Rn. 299). Welchen dieser Aspekte § 259 ___________ 668) Ebenso OLG Celle, Beschluss v. 20.11.2006 – 4 U 166/06, ZInsO 2006, 1327, mit (wohl auf einem Redaktionsversehen beruhenden) Verweis auf § 261 InsO statt § 263 InsO. 669) So auch Kröger, Rechtsgründe, S. 85, die alternativ einen verfahrensleitenden Plan vorschlägt (S. 87). M. E. wird das für Sanierungspläne meist praktisch ungeeignet sein, da das Unternehmen im Rechtsverkehr weiter das Stigma der Insolvenz tragen wird. 670) Obwohl § 259 Abs. 3 InsO von einem „anhängigen Rechtsstreit“ spricht, ist Rechtshängigkeit im Sinne des § 261 Abs. 1 ZPO erforderlich, da vor Zustellung der Klage kein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien und mithin kein Rechtsstreit besteht, vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 122/12, ZIP 2013, 998 (Rn. 10 – 11); ebenso bereits LG Marburg, Urt. v. 14.3.2012 – 1 O 123/11, ZInsO 2012, 1023 (1024 – 1025).
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II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
Abs. 3 InsO regelt, ist nach seinem Wortlaut unklar (Rn. 300). Man wird hierin eine Ermächtigung zur Fortführung des Verwalteramtes sehen müssen (Rn. 301).
aa) Erlöschen des Anfechtungsanspruchs ohne Ermächtigung nach § 259 Abs. 3 InsO Der Insolvenzanfechtungsanspruch gemäß einem der Tatbestände in den §§ 129 ff. 298 i. V. m. § 143 Abs. 1 InsO ist ein spezifisches Instrument des Insolvenzverfahrens.671) Er kann nur durch den Insolvenzverwalter zugunsten der Masse geltend gemacht werden.672) Mit Insolvenzaufhebung kann der Anfechtungsanspruch ohne eine Ermächtigung nach § 259 Abs. 3 InsO grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden, sondern erlischt.673)
bb) Zulässigkeit der Klage des Insolvenzverwalters ohne Ermächtigung nach § 259 Abs. 3 InsO Hat der Insolvenzverwalter den Anfechtungsanspruch bereits im Klagewege gel- 299 tend gemacht, so verliert der Insolvenzverwalter mit Insolvenzaufhebung mit seinem Amt auch seine Prozessführungsbefugnis als Partei kraft Amtes.674) Der Insolvenzverwalter kann den Prozess nicht entsprechend § 265 Abs. 2 ZPO weiterführen.675) Es kommt üblicherweise zu einem gesetzlichen Parteiwechsel vom Insolvenzverwalter auf den Schuldner.676) Das ist aber gerade im Fall der Insolvenzanfechtung nicht möglich, da der Anfechtungsanspruch nicht dem Schuldner zusteht, sondern untrennbar mit dem Amt des Insolvenzverwalters verbunden ist.677) ___________ 671) BGH, Beschluss v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08, NJW 2009, 1968 (Rn. 13); Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 (Rn. 10); RG, Urt. v. 27.3.1893 – Rep. VI. 2/93, RGZ 31, 41 (43). 672) BGH, Urt. v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102 (105); Beschluss v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08, NJW 2009, 1968 (Rn. 13); RG, Urt. v. 27.3.1893 – Rep. VI. 2/93, RGZ 31, 41 (43). 673) BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 15); Beschluss v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08, NJW 2009, 1968 (Rn. 22); Versäumnisurteil v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 (Rn. 12); Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 122/12, ZIP 2013, 998 (Rn. 8). Hingegen erlischt der Anfechtungsanspruch nach h. M. dann nicht, wenn er zuvor an einen Dritten abgetreten wurde, da durch den Forderungsverkauf der Wert des Anspruchs für die Masse realisiert wird; vgl. Buteröwe, in: K. Schmidt, § 143, Rn. 18; Eckardt, KTS 1993, 585 (607); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 26; Tresselt/Nagel, DB 2018, 1969 (1973); a. A. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 259 (Stand: 9/2017), Rn. 13a. 674) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 (Rn. 7); Beschluss v. 23.4.2015 – IX ZB 76/12, WM 2015, 1338 (Rn. 5). 675) BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 9); Beschluss v. 7.4.2011 – V ZB 11/10, NJW-RR 2011, 882 (Rn. 6); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 25). 676) BGH, Beschluss v. 7.4.2011 – V ZB 11/10, NJW-RR 2011, 882 (Rn. 6); Beschluss v. 23.4.2015 – IX ZB 76/12, WM 2015, 1338 (Rn. 7); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 25). 677) Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 259, Rn. 2.
129
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
cc) Unklare Einordnung des § 259 Abs. 3 InsO durch den Gesetzgeber 300 Vor Inkrafttreten der InsO hatte dies zur Folge, dass sich der Rechtsstreit erledigte.678) Ausweislich der Regierungsbegründung hat § 259 Abs. 3 InsO den Zweck, die Erledigung des Anfechtungsrechtsstreits durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu verhindern. Es soll demnach vermieden werden, dass der Anfechtungsgegner seine Inanspruchnahme durch die Verschleppung des Prozesses vereiteln kann.679) Unklar blieb aber auch in der Regierungsbegründung, ob die Vorschrift dem Wegfall der Begründetheit oder der Zulässigkeit abhelfen sollte. Einerseits moniert die Regierungsbegründung, „daß der Anfechtungsanspruch mit der Aufhebung des Konkursverfahrens nach einem Zwangsvergleich erlischt und der Anfechtungsprozeß damit in der Hauptsache erledigt ist.“680) Andererseits schlägt die Regierungsbegründung als Lösung vor: „Die neue Vorschrift schafft daher die Möglichkeit, im Plan vorzusehen, daß die Prozeßführungsbefugnis des Verwalters über die Aufhebung des Verfahrens hinaus fortbesteht. In diesem Fall wird der Anfechtungsanspruch von der Aufhebung des Verfahrens nach der Bestätigung des Insolvenzplans nicht berührt.“681) Auf diese Textstelle gestützt wird verbreitet angenommen, § 259 Abs. 3 InsO regele die Prozessführungsbefugnis des früheren Insolvenzverwalters682) im Sinne einer gewillkürten Prozessstandschaft.683) Das greift aber zu kurz: Wenn der Anfechtungsanspruch erlösche, würde sich die Klage trotzdem mangels Begründetheit erledigen. Man kann den Anfechtungsanspruch auch nicht mit dem Argument aufrechterhalten, dass der frühere Insolvenzverwalter ihn geltend mache. Der Anfechtungsanspruch ist nicht mit der Person des Insolvenzverwalters verbunden, sondern mit dem Amt. Mit dem Amt erlischt auch das Anfechtungsrecht.684) Diesen Punkt hat der Verfasser der Regierungsbegründung offensichtlich übersehen, denn auch die Regierungsbegründung vermischt Zulässigkeit („Prozeßführungsbefugnis“) und Begründetheit („Anfechtungsanspruch […] erlischt“; „wird der Anfechtungsanspruch […] nicht berührt“) der Klage.
___________ 678) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 (Rn. 7); Versäumnisurteil v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 (Rn. 7). 679) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 214. 680) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 214. 681) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 214. 682) So BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02, ZIP 2006, 39 (Rn. 10). 683) BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02, ZIP 2006, 39 (Rn. 29); Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Rn. 7); Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11, NJW 2014, 1386 (Rn. 22); Pape, in: FS Kübler, S. 487; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 259 (Stand: 9/2017), Rn. 20; Spliedt, in: K. Schmidt, § 259, Rn. 11. 684) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 22.
130
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
dd) § 259 Abs. 3 InsO als Ermächtigung zur Perpetuierung des Verwalteramtes Daher muss § 259 Abs. 3 InsO so ausgelegt werden, dass der Anfechtungsrechts- 301 streit bei Vorhandensein einer entsprechenden Ermächtigung durch die Aufhebung der Insolvenz nicht berührt wird. Er muss so entschieden werden, wie er vor der Insolvenzaufhebung entschieden worden wäre.685) Das bedeutet zum einen, dass die Prozessführungsbefugnis des früheren Verwalters fortbesteht. Zum anderen hat § 259 Abs. 3 InsO eine materiellrechtliche Dimension. Er setzt voraus, dass auch der zugrunde liegende Anfechtungsanspruch nicht erlischt.686) Die materiellrechtlichen Wirkungen der Ermächtigung nach § 259 Abs. 3 InsO 302 können nur dann stringent begründet werden, wenn man annimmt, dass das Amt des Insolvenzverwalters in Bezug auf die geltend zu machenden Anfechtungsansprüche nicht erlischt, sondern weiterbesteht.687) Dann besteht kraft Gesetzes auch der Anspruch weiter und wird vom Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes geltend gemacht.688) Das deckt sich mit dem Gesetzeszweck des § 259 Abs. 3 InsO, im Hinblick auf den Anfechtungsrechtsstreit größtmögliche Kontinuität zu gewährleisten. Außerdem vermeidet es die dogmatischen Schwierigkeiten der gewillkürten Prozessstandschaft. Dort ist nämlich unklar, wie der Schuldner bzw. die Beteiligten des Insolvenzplans den Verwalter zur Ausübung eines Anspruchs ermächtigen sollen, dessen Ausübung nicht ihnen, sondern nur dem Verwalter zusteht. § 259 Abs. 3 Satz 2 InsO ist eine pragmatische Antwort auf die Besonderheiten des 303 aufgehobenen Verfahrens. Der Anfechtungsanspruch kommt üblicherweise der Masse zugute. Über die Verteilung der Masse wiederum entscheiden im Planverfahren die Gläubiger. Da nach Verfahrensaufhebung keine Masse mehr besteht, müssen die Planbeteiligten bereits im Voraus festlegen, wem die Erlöse und Kosten des Anfechtungsrechtsstreits zu Gute kommen sollen. Ungeschrieben setzt § 259 Abs. 3 Satz 2 InsO dabei voraus, dass der frühere Verwalter auch die Verteilung vornimmt. Das ist auch sinnvoll, da die Verteilungsmasse sonst umständlich erst an den Schuldner gezahlt werden und dieser dann die Verteilung vornehmen müsste. Zu einer plausiblen Lösung kommt man wiederum, wenn man das Amt des Insolvenzverwalters ___________ 685) Ebenso Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 259 (Stand: 9/2017), Rn. 21; vgl. Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 231, Rn. 31. 686) Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.52; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 24; vgl. Smid/ Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 25.11; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 259 (Stand: 9/2017), Rn. 21; vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11, NJW 2014, 1386 (Rn. 15). 687) Ebenso Breutigam, in: BK-InsO, § 259 (Stand: 1/2002), Rn. 12. 688) Ebenso Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 39. Teilweise a. A. Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 22, der § 259 Abs. 3 InsO gespalten auslegen will. Wenn der Erlös dem Schuldner zugutekommen soll, soll gewillkürte Prozessstandschaft vorliegen; ansonsten soll der Insolvenzverwalter Partei kraft Amtes sein. M. E. besteht für diese gespaltene Auslegung weder ein dogmatisches noch praktisches Bedürfnis.
131
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
für teilweise fortbestehend ansieht. Dann ist die Verteilung der Erlöse seine selbstverständliche Aufgabe. So erweist sich die Verteilung der Anfechtungserlöse als ein Spezialfall der Nachtragsverteilung, die hier ausnahmsweise zulässig ist.689)
304 Zuletzt stützt auch § 259 Abs. 3 Satz 2 InsO in dem Fall, dass der Prozess verloren geht, die Auffassung vom Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes. Anders als bei der gewillkürten Prozessstandschaft, bei der der Prozessstandschafter die Prozesskosten trägt, trägt sie hier der Schuldner.
b) Folgen für die Plandispositivität der Prozessführungsbefugnis 305 Bedenkt man, dass Anfechtungsansprüche Massebestandteile darstellen, so stellt die Planklausel gemäß § 259 Abs. 3 InsO im Grunde eine Verwertungsregelung im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 3 InsO dar. Aufgrund der Besonderheiten des Insolvenzanfechtungsanspruchs musste eine Spezialregelung in Ergänzung zu § 217 Satz 1 Var. 3 InsO geschaffen werden. Denn eine Insolvenzplanregelung alleine hätte weder das Fortbestehen des Anfechtungsanspruchs nach Insolvenzaufhebung noch die Prozessführungsbefugnis des früheren Insolvenzverwalters in einem rechtlich unabhängigen Zivilprozess regeln können. Dass § 259 Abs. 3 InsO so weit hinten im Gesetz steht, liegt vermutlich am Sachzusammenhang mit der Insolvenzaufhebung. Die Sonderstellung, die § 259 Abs. 3 InsO unter den Planvorschriften einnimmt, führt dazu, dass sich aus § 259 Abs. 3 InsO keine Schlüsse für die Plandispositivität im Allgemeinen ziehen lassen. § 259 Abs. 3 InsO ist eine Spezialvorschrift für die Insolvenzanfechtung, die nicht entsprechend auf andere Ansprüche angewandt werden kann.690)
c)
Gewillkürte Prozessstandschaft in Bezug auf andere Ansprüche
306 Für die Ermächtigung des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung anderer Ansprüche als Anfechtungsansprüche (z. B. Haftungsansprüche gemäß § 64 Satz 1, 3 GmbHG) in gewillkürter Prozessstandschaft gibt es keine ausdrücklich normierte Rechtsgrundlage. Zugegebenermaßen gibt es für die Prozessstandschaft hier auch kein so großes Bedürfnis wie bei Anfechtungsansprüchen, denn die Verfahrensaufhebung führt nicht zur Erledigung, sondern lediglich zum gesetzlichen Parteiwechsel auf den Schuldner.691) Jedoch lässt sich ein praktisches Bedürfnis auch nicht ganz leugnen, da der Insolvenzverwalter bereits in die Prozessmaterie eingearbeitet sein wird und oft als vertrauenswürdig angesehen wird. Daher stellt sich die Frage, ob ___________ 689) Ebenso Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.52; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 41; vgl. auch Huber, in: MüKo-InsO, § 259, Rn. 22 a. E. 690) Ebenso BGH, Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 27); Thies, in: HambKomm-InsO, § 259, Rn. 17a; Tresselt/Nagel, DB 2018, 1969 (1971). 691) BGH, Beschluss v. 7.4.2011 – V ZB 11/10, NJW-RR 2011, 882 (Rn. 6); Beschluss v. 23.4.2015 – IX ZB 76/12, WM 2015, 1338 (Rn. 7); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 25).
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II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
durch Insolvenzplan eine gewillkürte Prozessstandschaft nach allgemeinen Grundsätzen begründet werden kann. Hierfür bedarf es einer Ermächtigung durch den Rechtsinhaber und eines eigenen schutzwürdigen Interesses des Prozessstandschafters an der Geltendmachung des Anspruchs.692) Angewandt auf den Insolvenzplan bedeutet das, dass in einer Planklausel die Ermächtigung erteilt werden muss. Die Zulässigkeit einer solchen Klausel folgt aus § 217 Satz 1 Var. 3 InsO. Die Einziehung der Forderung im Klagewege stellt eine Form der Verwertung dar und die gewillkürte Prozessstandschaft somit eine Verwertungsmodalität.693) Weiterhin müsste der Prozessstandschafter aber ein schutzwürdiges Interesse an 307 der Geltendmachung des Anspruchs haben. Auch ein wirtschaftliches Interesse kann zur Begründung des schutzwürdigen Interesses herangezogen werden.694) Die Rechtsprechung legt für das schutzwürdige Interesse recht großzügige Maßstäbe an.695) Sogar interne vertragliche Verpflichtungen des Prozessstandschafters und Vergütungsansprüche sollen ein schutzwürdiges Interesse begründen.696) Im Fall Insolvenzverwalters ist dessen Amt zwar formal erloschen. Doch praktisch gesehen wird er den jeweils in Frage stehenden Anspruch dennoch quasi als Annex zu seinem früheren Amt geltend machen. Im Lichte der liberalen Rechtsprechung des BGH spricht vieles dafür, dass dem früheren Insolvenzverwalter ein rechtliches Interesse an der Geltendmachung des Anspruchs zuzusprechen ist. Die gewillkürte Prozessstandschaft wäre dann zulässig. Sollten im Einzelfall Zweifel an der Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstand- 308 schaft bestehen oder wollen sich die Gläubiger vor dem Risiko schützen, das sich aus der fortbestehenden originären Einziehungsbefugnis des Schuldners ergibt, so bleibt alternativ die Möglichkeit, gemäß § 228 InsO eine Abtretung des jeweiligen Anspruchs an den früheren Insolvenzverwalter vorzusehen, der dann aus eigenem Recht klagt.697) Sowohl bei gewillkürter Prozessstandschaft als auch bei Abtretung profitiert der Insolvenzverwalter allerdings nicht von § 259 Abs. 3 Satz 2 InsO, sondern er trägt persönlich das Prozesskostenrisiko.698) Im Fall des Unterliegens muss ___________ 692) St. Rspr.; BGH, Urt. v. 19.1.1989 – I ZR 217/86, NJW-RR 1989, 690; Urt. v. 23.9.1992 – I ZR 251/90, BGHZ 119, 237 (242); Urt. v. 25.7.2012 – XII ZR 22/11, NJW 2012, 3032 (Rn. 15). 693) § 137 Satz 1 BGB und der numerus clausus der Sachenrechte stehen nicht entgegen; ausführlich Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403 (414 – 415). Außerdem kann der Schuldner die Ermächtigung grundsätzlich widerrufen; BGH, Urt. v. 25.7.2012 – XII ZR 22/11, NJW 2012, 3032 (Rn. 23). Auch sein originäres Einziehungsrecht bleibt unangetastet; Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 28). 694) BGH, Urt. v. 19.1.1989 – I ZR 217/86, NJW-RR 1989, 690; Urt. v. 23.9.1992 – I ZR 251/90, BGHZ 119, 237 (242). 695) Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403 (407) m. w. N. 696) BGH, Urt. v. 3.12.1987 – VII ZR 374/86, BGHZ 102, 293 (297): Einziehung einer Forderung gegen Provision reiche aus. Zu Recht kritisch Hoffmann, ZZP 130 (2017), 403 (407). 697) Vgl. BGH, Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 28). 698) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 38.
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
er darauf hoffen, den Schuldner aus einer materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage in Regress nehmen zu können (z. B. aus § 670 BGB).699)
3.
Regelungen zur Überwachung der Planerfüllung nach den §§ 260 – 269 InsO
309 Es ist weithin ungeklärt, inwieweit der Insolvenzplan Regelungen zur Überwachung der Planerfüllung treffen kann. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Frage, ob er die Überwachung näher ausgestalten und zu diesem Zweck von den §§ 260 – 269 InsO abweichen kann.
a) Grundstruktur der Überwachung der Planerfüllung 310 Die Anordnung der Planüberwachung nimmt eine Mittelstellung zwischen der unbedingten Aufhebung des Insolvenzverfahrens und seiner Weiterführung ein.700) Der Zweck der Überwachung der Planerfüllung ist es, den Gläubigern nach Aufhebung der Insolvenz die Möglichkeit zu geben, den Schuldner zu einem gewissen Grad weiter beobachten und kontrollieren zu können. Sie ist insbesondere für solche Fälle ausgelegt, in denen die Gläubiger aus den noch zu erwirtschaftenden Erträgen des schuldnerischen Unternehmens befriedigt werden.701) Stillschweigend vorausgesetzt wird dabei, dass es sich um einen Plan nach dem Modell des Zwangsvergleichs handelt, bei dem die Planerfüllung durch den Schuldner erfolgt.702)
311 Die Überwachung der Planerfüllung enthält verschiedene Elemente, die sich grob nach den Rechtssphären einteilen lassen, in die sie eingreifen: Das sind erstens die reine Überwachungstätigkeit ohne Rechtswirkungen nach außen (Rn. 312), zweitens Regelungen, die in die Rechtssphäre des Schuldners eingreifen (Rn. 314), und drittens Regelungen, die in die Rechte Dritter eingreifen (Rn. 317).
aa) Überwachungstätigkeit 312 Das erste prägende Element der Planüberwachung ist die eigentliche Überwachungstätigkeit durch den Insolvenzverwalter und Berichterstattung an den Gläubigerausschuss. Gegenstand der Überwachung ist die Erfüllung der Ansprüche, die den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil des Plans zustehen, § 260 Abs. 2 InsO. Gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1 InsO kommt die Aufgabe der Überwachung dem Insolvenzverwalter zu, dessen Amt insoweit fortbesteht. Gleiches gilt für die Ämter des Gläubigerausschusses und des Insolvenzgerichts, § 261 Abs. 1 Satz 2 InsO. An sie hat der Verwalter jährlich zu berichten, § 261 Abs. 2 Satz 1 InsO. Stellt der Insolvenzver___________ 699) 700) 701) 702)
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Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 259, Rn. 38. Vgl. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 3. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. Thies, in: HambKomm-InsO, § 260, Rn. 1.
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
walter fest, dass Planansprüche nicht erfüllt werden oder nicht erfüllt werden können, darf der Insolvenzverwalter nicht bis zum nächsten Bericht abwarten, sondern muss dies unverzüglich anzeigen, § 262 Satz 1 InsO. Das Gesetz bindet an die reine Überwachungstätigkeit und an die Berichte des In- 313 solvenzverwalters keine Rechtsfolgen. Der Verwalter hat auch keine Geschäftsführungsbefugnisse oder ähnliches. Die Überwachung dient nur dazu, den Gläubigern rechtzeitig die Möglichkeit zu geben, Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Erfüllung der Planforderungen gefährdet ist. Die Gläubiger könnten dann etwa einen neuen Insolvenzantrag stellen.703) Insofern greift die bloße Überwachungstätigkeit nicht in Rechte des Schuldners oder Dritter ein.
bb) Rechtsgrundlagen für Eingriffe in Rechte des Schuldners Um der Überwachung mehr Effektivität zu verleihen, wird sie durch Eingriffsbe- 314 fugnisse des Verwalters gegenüber dem Schuldner ergänzt. Diese Eingriffsbefugnisse stellen das zweite prägende Element der Planüberwachung dar. Dazu gehören gemäß § 261 Abs. 1 Satz 3, § 22 Abs. 3, §§ 97, 98, 101 InsO umfangreiche Auskunftsund Betretensrechte des Insolvenzverwalters gegenüber dem Schuldner, die mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden können. Noch weitergehend ist § 263 Satz 1 InsO. Er ermöglicht den Beteiligten, im Insol- 315 venzplan bestimmte Geschäfte festzulegen, deren Wirksamkeit der Zustimmung des Verwalters bedarf. Fehlt die Zustimmung des Insolvenzverwalters zu einem betroffenen Rechtsgeschäft, so ist es gemäß § 263 Satz 2, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO absolut unwirksam. § 263 InsO soll die Gläubiger davor schützen, dass der Schuldner durch risikoreiche Rechtsgeschäfte Vermögen verschwendet, das zur Erfüllung der Ansprüche der Gläubiger benötigt wird.704) § 263 InsO stellt also eine Ausnahme vom Prinzip der unbeschränkten Verfügungsbefugnis des Schuldners gemäß § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO und vom Rechtsgedanken des § 137 Satz 1 BGB dar.705) Außerdem hat der Schuldner die Kosten der Planüberwachung zu tragen, § 269 InsO. 316 Die Überwachung endet mit der Erfüllung aller Ansprüche aus dem Plan oder spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, § 268 Abs. 1 InsO. Daher sind die Eingriffsrechte, die die Überwachung mit sich zieht, nach der gesetzlichen Ausgestaltung zeitlich begrenzt.
___________ 703) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. 704) Braun/Frank, in: Braun, § 263, Rn. 1; Stephan, in: MüKo-InsO, § 263, Rn. 1. 705) Gietl, in: Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Hdb Fachanwalt InsR, Kapitel 13, Rn. 219; Koch/ Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 70, Rn. 8; Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 211. Zur unbeschränkten Verfügungsmacht des Schuldners siehe Rn. 270.
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
cc) Rechtsgrundlagen für Eingriffe in Rechte Dritter 317 Drittens kann durch die Planüberwachung auch in Rechte Dritter eingegriffen werden. Zum einen ist das schon durch § 263 InsO der Fall, der zu einem gewissen Grad die Interessen des Rechtsverkehrs beeinträchtigt. Vertragspartner sehen sich – oft unerwartet – einer natürlichen oder juristischen Person gegenüber, die bestimmte Geschäfte nicht selbstständig eingehen kann. Das birgt für den Dritten bedeutende rechtliche und vor allem auch wirtschaftliche Risiken. Vergleichbare Verfügungsbeschränkungen706) sind sowohl im Gesetz als auch in der Rechtswirklichkeit recht selten. Dazu kann man etwa die §§ 1365 – 1369 BGB oder bestimmte erbrechtliche Beschränkungen (z. B. §§ 2112 – 2115, 2211 BGB) zählen, wobei letztere immerhin die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs offenlassen (vgl. § 2113 Abs. 3, § 2211 Abs. 2 BGB). In den § 263 Satz 2, § 81 Abs. 1 Satz 2 InsO ist der Erwerb vom Schuldner höchstens in den seltenen Fällen der Grundbuch- oder Registerunrichtigkeit möglich.707) Immerhin sieht die InsO vor, dass Beschränkungen nach § 263 InsO zum Schutz des Rechtsverkehrs öffentlich bekannt gemacht werden, § 267 Abs. 2 Nr. 2 InsO, und in verschiedene Register (Handelsregister, Grundbuch usw.) eingetragen werden, § 267 Abs. 3, § 31 InsO.
318 Zum anderen kann dem Schuldner gemäß § 264 Abs. 1 InsO im Insolvenzplan ein Kreditrahmen in einer bestimmten Höhe eingeräumt werden. Der Schuldner kann dann von Kapitalgebern Kredite in der im Plan festgelegten Höhe aufnehmen, wenn der Insolvenzverwalter den Darlehensvertrag schriftlich bestätigt, § 264 Abs. 2 InsO. Die Rechtsfolge des Kreditrahmens ist, dass dem Darlehensgeber in einer Folgeinsolvenz ein Vorrang eingeräumt wird, § 266 Abs. 1 InsO.708) Dieser Vorrang gilt nicht nur gegenüber den Insolvenzgläubigern, § 264 Abs. 1 InsO, sondern auch gegenüber sonstigen Neugläubigern, § 265 InsO. Die Beteiligten des Insolvenzplans haben also durch den Kreditrahmen nicht nur die Macht, sich selbst in einer Folgeinsolvenz schlechter zu stellen. Sie können auch beliebige Neugläubiger schlechter stellen und damit deren Verlustrisiko in der Folgeinsolvenz vergrößern. ___________ 706) Ein ebenso großes, aber seltenes Risiko stellt es dar, wenn der Vertragspartner unerkannt geisteskrank ist (vgl. § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 1 BGB). Doch das ist keine Verfügungsbeschränkung, sondern ein Problem der Geschäftsfähigkeit. 707) Für den Dritten stellt sich die Folgefrage, ob er möglicherweise gegen den Schuldner, der beispielsweise einen Gegenstand verkauft hat, über den er keine Verfügungsmacht hat, einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB) hat. Dies ist wohl zu verneinen. Der Zweck des § 263 InsO ist es, die Vermögenswerte des Schuldners zu schützen, damit sie nicht verschleudert werden, sondern den Gläubigern zugutekommen können. Dieser Zweck würde untergraben, wenn ein wertäquivalenter Vermögensabfluss stattdessen als Schadensersatz erfolgen würde. Der Gegenpartei ist diese Rechtsfolge zumutbar, da sie sich dank der Bekanntmachung bzw. Registereintragung nach § 267 InsO über die Beschränkung informieren kann. 708) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 264, Rn. 7 vergleicht dies mit den früheren Konkursvorrechten (vgl. § 54 KO 1898).
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II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
Zuletzt kann gemäß § 260 Abs. 3 InsO eine Übernahmegesellschaft der Planüber- 319 wachung unterworfen werden. Die Übernahmegesellschaft ist nach der in § 260 Abs. 3 InsO enthaltenen Legaldefinition eine juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegründet worden ist, um das Unternehmen oder einen Betrieb des Schuldners zu übernehmen und weiterzuführen. Da sie nicht am Insolvenzverfahren beteiligt ist, ist sie ebenfalls Dritte. Durch die Überwachung wird in ihre Rechtsstellung eingegriffen.
b) Systematik der §§ 260 – 269 InsO Fraglich ist, welche Aussagen über die Regelungsbefugnis der Beteiligten im Rah- 320 men der Planüberwachung aus der Systematik der §§ 260 – 269 InsO gewonnen werden können. Wie oben gezeigt,709) geht die Systematik der §§ 260 – 269 InsO dem allgemeinen Grundsatz des § 217 InsO vor.710) Die §§ 260 – 269 InsO sind nicht im eigentlichen Sinne plandispositiv, sondern legen selbst durch Öffnungsklauseln fest, welche Regelungen im Insolvenzplan zulässig sind. Beispielsweise stellt § 260 Abs. 1 InsO den Beteiligten frei, ob sie im Insolvenzplan überhaupt eine Planüberwachung vorsehen wollen. Im Rahmen der Planüberwachung sind auch die Festlegung zustimmungspflichtiger Rechtsgeschäfte und die Einrichtung eines Kreditrahmens gemäß § 263 Satz 1 bzw. § 264 Abs. 1 InsO optional. Hier wird den Beteiligten autonome Regelungsmacht eingeräumt. Ferner wird den Beteiligten die Ausgestaltung der Überwachung überlassen, indem der Plan im Rahmen des § 263 InsO die zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfte bezeichnen kann und beim Kreditrahmen dessen Höhe festlegt. Sollen Regelungen nach den §§ 263, 264 InsO getroffen werden, müssen sie sogar hinreichend präzise ausgestaltet sein, da der Inhalt der jeweiligen Planregelung sonst nicht feststellbar ist. Andererseits beschränkt das Gesetz die Regelungsbefugnis der Beteiligten. Verfü- 321 gungsbeschränkungen und ein Kreditrahmen können nur dann angeordnet werden, wenn auch eine Planüberwachung vorgesehen ist.711) Das ergibt sich daraus, dass die § 263 Satz 1, § 264 Abs. 2 InsO auf Handlungen des Insolvenzverwalters Bezug nehmen, also voraussetzen, dass dieses Amt im Rahmen der Planüberwachung fortbesteht. Weiterhin legt § 264 Abs. 1 Satz 3 InsO einen Höchstbetrag für einen Kreditrahmen im Insolvenzplan fest, nämlich den Wert der Gegenstände, die in der Vermögensübersicht (vgl. § 229 InsO) aufgeführt sind. Abseits dieser Feststellungen lässt sich aus der Gesetzessystematik wenig darüber 322 entnehmen, welche weiteren Regelungen zur Planüberwachung im Insolvenzplan getroffen werden können. Auch in Literatur und Rechtsprechung hat sich, soweit ___________ 709) Siehe Rn. 268. 710) A. A. Ellers, in: SanRKomm, § 260, Rn. 8: Verfahrensabwicklung; Wenzel, in: Haarmeyer/ Wutzke/Förster, § 268, Rn. 9: Verwertung und Verteilung. 711) Ebenso Fischer, Mitwirkungsrechte, Rn. 329.
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
ersichtlich, keine herrschende Meinung herausgebildet. Zahlreiche Teilfragen sind umstritten, ohne dass eine Systematisierung stattfindet. Nähme man die Systematik des Gesetzes ernst, müssten alle Regelungen, die keine Öffnungsklausel enthalten, zwingend sein. Beispielsweise bestünde kein Spielraum dafür, die Dauer der Planüberwachung gegenüber dem in § 268 InsO vorgesehenen Maß zu verkürzen. Indes gibt es Hinweise, dass der Gesetzgeber dieses restriktive Ergebnis nicht herbeiführen wollte. Zum Beispiel bezeichnet die Regierungsbegründung zur InsO die Dreijahresfrist des § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO als „Höchstfrist“712) und impliziert damit, dass Verkürzungen der Frist möglich sein müssen. An anderer Stelle nimmt die Regierungsbegründung ausdrücklich auf die Vertragsfreiheit der Beteiligten Bezug und folgert daraus sogar, dass die Beteiligten auch ganz andere Formen der Überwachung wählen könnten.713) Folglich muss es Abweichungsmöglichkeiten geben, die sich nicht ausdrücklich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben. Andererseits muss es auch Beschränkungen der Gläubigerautonomie geben, was sich daran zeigt, dass laut der Regierungsbegründung an die alternativen Formen der Überwachung nicht dieselben Rechtsfolgen gebunden werden können wie an die gesetzliche Ausgestaltung der Überwachung.714)
c)
Unergiebigkeit der historischen Auslegung
323 Man könnte sich bei der Auslegung an die historischen Vorbilder der Planüberwachung anlehnen. Vor Inkrafttreten der InsO bestanden verschiedene Systeme nebeneinander. Die Konkursordnung und die Gesamtvollstreckungsordnung kannten keine Planüberwachung. In der Vergleichsordnung war die Überwachung des Vergleichs – geregelt in den §§ 90 – 95 VglO 1935 – der Regelfall. Die Unterwerfung unter die Überwachung gemäß § 91 Abs. 1 VglO 1935 gab dem Schuldner die Möglichkeit, die ansonsten drohende Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 VglO 1935 abzuwenden. Entbehrlich war die Planüberwachung nur bei Vergleichen unter 20.000 DM und wenn die Gläubiger mehrheitlich die Aufhebung ohne Überwachung beantragten, § 90 Abs. 1 VglO715). Innerhalb der Überwachung genossen die Beteiligten teils große Autonomie. Der überwachende Sachwalter war frei wählbar, § 91 Abs. 1 VglO 1935 und ihm standen gemäß § 92 Abs. 1, § 94 VglO 1935 Rechte und Pflichten zu, die sonst nur dem Vergleichsverwalter zustanden.716)
324 Im Zuge der Vorarbeiten zur InsO sah der Erste Bericht der Kommission für Insolvenzrecht die Planüberwachung als Regelfall vor.717) Am Ende entschied sich der ___________ 712) 713) 714) 715) 716) 717)
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Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 217. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. Zur gewillkürten Planüberwachung siehe Rn. 345. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. In der zuletzt bei Außerkrafttreten am 1.1.1999 geltenden Fassung. Detailliert zum gewillkürten Planüberwacher siehe Rn. 345. Bundesministerium der Justiz, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Leitsatz 2.3.1.
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
Gesetzgeber jedoch für eine fakultative Planüberwachung außerhalb des Insolvenzverfahrens.718) Wie weit der Gestaltungsspielraum im Detail geht, wurde im Gesetzgebungsverfahren, soweit ersichtlich, nicht geklärt. Man könnte vermuten, dass der Gesetzgeber den Beteiligten jedenfalls nicht weniger Autonomie zugestehen wollte als in der Vergleichsordnung. Indes heißt es in der Regierungsbegründung nur beiläufig, man habe sich bei der InsO für eine weniger komplizierte Lösung entschieden.719) Daraus lässt sich nichts herleiten. Auch wenn man den Gesetzeswortlaut der §§ 90 – 96 VglO 1935 und §§ 260 – 269 InsO vergleicht, wurde die Planüberwachung in der InsO nicht so eng an der VglO orientiert ausgestaltet, als dass sich daraus Rückschlüsse ziehen ließen. Eine Unterscheidung zwischen Insolvenzverwalter und gewillkürtem Sachwalter gibt es nicht mehr. Ausschließlich der Insolvenzverwalter ist für die Überwachung zuständig. Das sagt nichts darüber aus, ob der Insolvenzverwalter beispielsweise durch einen anderen Überwacher ersetzt werden kann. Und für den Kreditrahmen nach §§ 264 – 266 InsO gibt es gar kein historisches Vorbild.720) Im Ergebnis ist die historische Auslegung in Bezug auf das Maß der Dispositivität unergiebig.
d) Abgestufte Dispositivität nach Rechtssphären Es erscheint sinnvoll, den Regelungsspielraum bei der Planüberwachung nach den 325 betroffenen Rechtssphären abzugrenzen. Manche Regeln zur Planüberwachung greifen in die Rechtsstellung Dritter (Rn. 326) oder in die Rechtsstellung des Schuldners ein (Rn. 336), während es sich bei manchen um bloße Überwachungstätigkeiten handelt (Rn. 341).
aa) Regelungen mit Eingriff in Rechte Dritter Sind Planregelungen betroffen, die in die Rechte Dritter oder des Rechtsverkehrs 326 eingreifen, so lassen sich zwei bedeutende Schranken der Privatautonomie identifizieren. Auf der Mikroebene ist das der Grundsatz, dass der Insolvenzplan nicht in die Rechte Dritter eingreifen kann (Rn. 327). Auf der Makroebene ist es das Bestreben des Gesetzgebers, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern (Rn. 328). Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen stellt allenfalls der Kreditrahmen dar (Rn. 330).
(1) Grundsätzlich kein Eingriff in Rechte Dritter Der Insolvenzplan kann grundsätzlich nicht in Rechte Dritter eingreifen. Der In- 327 solvenzplan dient dazu, eine privatautonome Übereinkunft der Beteiligten über die Verwertung des Schuldnervermögens zu finden. Der Plan allein stellt grundsätzlich ___________ 718) Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 8 – 9. 719) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. 720) Jedenfalls ähnlich ist § 106 VglO 1935.
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
keine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in Rechte Dritter dar.721) Sonst könnten sich die Beteiligten zu Lasten Dritter bereichern. Im Privatrecht stellt es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz dar, dass Verträge zu Lasten Dritter unwirksam sind.722) Die Privatautonomie der Vertragsschließenden wird insofern beschränkt durch die Privatautonomie des Dritten. Genauso muss der Plan auch durch die Privatautonomie des Dritten beschränkt werden. Daher bedarf der Eingriff in die Rechtsstellung Dritter durch den Insolvenzplan immer einer Ermächtigungsgrundlage im Gesetz, bevor eine Planklausel geschaffen werden kann, die die Ermächtigung ausübt. Dieses Rechtsprinzip hat im Gesetzestext indes nur partikular Niederschlag gefunden. Sichtbar wird es, wenn etwa in § 230 Abs. 3 InsO ausdrücklich eine Willenserklärung des Dritten gefordert wird, damit dieser an der Sanierung teilnehmen kann. Im Umkehrschluss kann in die Rechtsstellung des Dritten ohne eine solche Willenserklärung nicht eingegriffen werden.723)
(2) Grundsätzlich keine Wettbewerbsverzerrung 328 Auf der Makroebene ist es das übergeordnete Grundprinzip der InsO, die Marktkräfte zur vollen Entfaltung zu bringen.724) Entscheidend hierfür ist, dass für alle Wettbewerber auf dem Markt Chancengleichheit besteht. Wettbewerbsverzerrungen wollte der Gesetzgeber unbedingt vermeiden.725) Obwohl der Gesetzgeber auch Sanierungen erleichtern wollte, grenzte er sich gegenüber dem stark schuldnerbegünstigenden Chapter-11-Verfahren in den Vereinigten Staaten dadurch ab, dass er es entschieden ablehnte, dem Schuldnerunternehmen durch das Insolvenzrecht Wettbewerbsvorteile zu gewähren, um die Sanierung durchzusetzen.726) Dahinter steht die Auffassung, dass jegliche Umverteilungsmaßnahmen volkswirtschaftlich ineffizient sind und größtmöglicher Wohlstand nur als Ergebnis des freien – und damit chancengleichen – Spiels der Marktkräfte erreicht werden kann.727)
329 Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich beim Verbot des Eingriffs in Rechte Dritter und beim Verbot der Wettbewerbsverzerrung um zwei Seiten desselben Prinzips. ___________ 721) Henckel, KTS 1989, 477 (483 – 484). 722) BGH, Urt. v. 16.6.2016 – III ZR 282/14, NJW-RR 2016, 1391 (Rn. 27); Grüneberg, in: Palandt, Einf v § 328, Rn. 10. 723) Siehe Rn. 363 und Rn. 482. 724) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 75 – 77; Heese, JZ 2018, 179 (180 – 181); instruktiv Korch, ZHR 182 (2018), 440 (450 – 451); vgl. auch schon Bundesministerium der Justiz, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 153. 725) Balz, ZIP 1988, 1438 (1439 – 1440); Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 75; Jaffé, in: FKInsO, § 260, Rn. 5. Siehe bereits Rn. 90. 726) Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 75 – 76; zu den negativen Auswirkungen solcher Wettbewerbsvorteile, die ganze Branchen in einem Dominoeffekt in die Insolvenz treiben können, Korch, ZHR 182 (2018), 440 (450 – 453). 727) Vgl. Balz, ZIP 1988, 1438 (1439 – 1440); Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 76.
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II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
Während sich der Schuldner auf der einen Seite direkt auf Kosten der anderen Marktteilnehmer bereichert, erfolgt auf der anderen Seite die Bereicherung über die Aushebelung der Marktkräfte, durch die den Wettbewerbern Umsatz- und Gewinnanteile entgehen, die ihnen bei einem ausgeglichenen Wettbewerb zugekommen wären.
(3) Kreditrahmen Eine gesetzlich geregelte Ausnahme von diesen Grundsätzen ist der Kreditrahmen. 330 Durch § 264 Abs. 1 InsO können die Beteiligten im dort bestimmten Rahmen den Kreditgeber in der Folgeinsolvenz begünstigen. Dadurch werden individuell gesehen alle anderen Neugläubiger belastet (vgl. § 265 InsO). Auf volkswirtschaftlicher Ebene führt der Kreditrahmen eine Wettbewerbsverzerrung herbei, indem er dem Schuldner die Kreditbeschaffung erleichtert – ein Privileg, über das seine Wettbewerber nicht verfügen. Der Schuldner wird auf Kosten seiner Wettbewerber subventioniert.728) Der Gesetzgeber hat sich entgegen aller ordnungspolitischen Überzeugungen für den Kreditrahmen entschieden, um angesichts fehlender dinglicher Sicherheiten und regelmäßiger Finanzschwäche des Schuldners dessen Sanierungsschancen durch Verbesserung der Kreditwürdigkeit zu erhöhen.729) Zugleich ist § 264 Abs. 1 InsO aber angesichts seiner Ausnahmefunktion eng aus- 331 zulegen. So ist die höhenmäßige Begrenzung des Kreditrahmens durch § 264 Abs. 1 Satz 3 InsO planfest. Könnte sie abbedungen werden, wäre sie sinnlos. Dasselbe gilt für das Erfordernis, dass der Insolvenzverwalter gemäß § 264 Abs. 2 InsO den Darlehensvertrag schriftlich bestätigt. Es dient im Sinne einer vorsorgenden Rechtspflege der Klarstellung730), welche Forderungen unter den Kreditrahmen fallen und welche nicht. Gleiches gilt für die zeitliche Begrenzung der Planüberwachung auf drei Jahre gemäß § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO. In Bezug auf die Privilegierung der Kreditgeber durch den Kreditrahmen ist unstreitig, dass diese nicht über drei Jahre hinaus verlängert werden kann, da sonst der Wettbewerb zu sehr verzerrt würde.731) Dagegen sind weniger einschneidende Regelungen zulässig. Wenn das Gesetz be- 332 stimmte Regelungen zulässt, aber auch den Verzicht darauf erlaubt, sind keine Gründe ersichtlich, warum alle dazwischen liegenden Regelungen unzulässig sein sollten. So kann eine kürzere Dauer der Planüberwachung als drei Jahre beschlossen wer-
___________ 728) Vgl. Korch, ZHR 182 (2018), 440 (450 – 452). 729) Vgl. Freund, in: BeckOK-InsO, § 264 (Stand: 28.1.2019), Rn. 1; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 264, Rn. 4. 730) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 216: „Rechtsklarheit“. 731) Ebenso AG Duisburg, Beschluss v. 1.4.2003 – 62 IN 187/02, NZI 2003, 447 (448); Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 260 (Stand: 9/2016), Rn. 18; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 580; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 268, Rn. 7 – 8, die ansonsten im Bezug auf die Höchstdauer die soweit ersichtlich liberalste Ansicht vertreten.
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
den.732) Auch § 264 Abs. 1 Satz 2 InsO erlaubt bereits nach seinem Wortlaut die Festsetzung eines Kreditrahmens, der hinter dem Höchstbetrag des § 264 Abs. 1 Satz 3 InsO zurückbleibt. Es spricht auch nichts dagegen, eine Beschränkung des Kreditrahmens auf bestimmte Kreditgeber oder Kreditarten als zulässig anzusehen.733)
333 In diesem Zusammenhang will Piekenbrock einen Kreditgeber bzw. eine Kreditart, der bzw. die nach dem Plan vom Kreditrahmen ausgenommen ist, aber vom Insolvenzverwalter pflichtwidrig gemäß § 264 Abs. 2 InsO bestätigt wird, trotzdem als privilegiert ansehen, da er nur die Festlegung des Höchstbetrages als vom Kreditrahmen umfasst sieht.734) Da gemäß § 267 Abs. 3 InsO nur die Höhe des Kreditrahmens anzugeben ist, schützt diese Auslegung den Kreditgeber, der nicht erkennen kann, welche anderen Regelungen im Insolvenzplan getroffen worden sind, und auf die Wirksamkeit seiner Privilegierung vertraut.735)
334 Wenn man aber vom hier vertretenen Standpunkt aus den Kreditrahmen nur so weit gelten lassen will, wie er durch (i) eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, (ii) eine Planregelung und (iii) die Bestätigung durch den Insolvenzverwalter gedeckt ist, muss man konsequenterweise annehmen, dass das Darlehen nicht vom Kreditrahmen umfasst ist.736) Denn es fehlt ein Element in der Legitimationskette, nämlich eine Planklausel, die den betreffenden Kredit erfasst. Die hier vertretene Auffassung schützt also die unbeteiligten Neugläubiger vor einer weiteren Aushöhlung ihrer Rechte in der Folgeinsolvenz. Der Darlehensgeber erscheint ihnen gegenüber nicht ganz so schutzwürdig. Auf die Bekanntmachung der Höhe des Kreditrahmens gemäß § 267 Abs. 2 Nr. 3 InsO kann er sich nicht verlassen, weil die Bekanntmachung nur deklaratorisch wirkt und daraus nicht ersichtlich ist, inwieweit der Kreditrahmen bereits in Anspruch genommen wurde. Sie schützt nicht den Darlehensgeber, sondern die anderen Gesellschaftsgläubiger. Der Darlehensgeber muss sich durch eine sorgfältige Prüfung aller relevanten Unterlagen und der Bankkonten des Schuldners ___________ 732) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 217: „Höchstfrist“; ebenso Braun, in: Nerlich/Römermann, § 268 (Stand: 3/2005), Rn. 1; Frank, Überwachung, Rn. 178; Haas, in: Kayser/Thole, § 268, Rn. 2; Jaffé, in: FK-InsO, § 268, Rn. 4; Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 70, Rn. 11; Lüer/ Streit, in: Uhlenbruck, § 268, Rn. 4; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 268, Rn. 9; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 268, Rn. 6; Spliedt, in: K. Schmidt, § 268, Rn. 3; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 13. 733) Braun, in: Nerlich/Römermann, § 264 (Stand: 3/2005), Rn. 2; Ellers, in: SanRKomm, § 264, Rn. 8; Freund, in: BeckOK-InsO, § 264 (Stand: 28.1.2019), Rn. 5; Haas, in: Kayser/Thole, § 264, Rn. 4; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 264, Rn. 12; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 264, Rn. 23; Spliedt, in: K. Schmidt, § 266, Rn. 4. 734) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 264, Rn. 23. 735) Vgl. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 264, Rn. 12. 736) Im Ergebnis ebenso, aber teils im Zusammenhang mit der Überschreitung des Kreditrahmens Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 264, Rn. 24; Thies, in: HambKomm-InsO, § 264, Rn. 10; a. A. Wehner, in: BK-InsO, § 264 (Stand: 7/2018), Rn. 28.
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II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
usw. (engl. due diligence) absichern. Da der Schaden am Ende durch die unrichtige Bestätigung des Insolvenzverwalters verursacht wurde und der Darlehensgeber nach der hier vertretenen Ansicht allein das wirtschaftliche Risiko des Fehlers trägt, kann man erwägen, dem Darlehensgeber einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter gemäß § 60 Abs. 1 InsO zuzugestehen.
(4) Planfestigkeit des § 267 InsO Aus dem Grundsatz, dass der Plan ohne Ermächtigungsgrundlage nicht in die Rechte 335 Dritter eingreifen kann, folgt, dass auch § 267 InsO, der die Publizität der Planüberwachung festschreibt, planfest ist. § 267 InsO schützt den Rechtsverkehr. Er soll alle Dritten, die potenziell mit dem Schuldner Verträge schließen wollen, über die Planüberwachung und die damit verbundenen, ansonsten unerkennbaren Beschränkungen aufklären. Die Planbeteiligten sind nicht befugt, durch Abbedingung des § 267 InsO in die Rechtsstellung jener potenziellen Vertragspartner einzugreifen.737)
bb) Regelungen mit Eingriff in Rechte des Schuldners Regelungen, die in die Rechte des Schuldners eingreifen, sind die Auskunfts- und 336 Betretensrechte nach § 261 Abs. 1 Satz 3, § 22 InsO, der Genehmigungsvorbehalt nach § 263 InsO und die Kostentragungslast gemäß § 269 InsO. Diesbezüglich wird vertreten, dass schuldnerbegünstigende Regelungen möglich seien, die Überwachung verschärfende Regelungen aber nicht.738) Andere Stimmen nehmen an, dass auch Planregelungen möglich seien, die den Schuldner stärker belasten, wenn dieser zustimmt.739) M. E. sprechen angesichts der Wirkungslosigkeit des § 247 InsO (Rn. 337) gute Argumente dafür, die im Gesetz bezeichneten Maßnahmen als Höchstmaß der Eingriffe in die Rechtsstellung des Schuldners anzusehen (Rn. 339).
(1) Untauglichkeit des § 247 InsO Für maximale Privatautonomie zu plädieren, fällt besonders leicht, wenn man an- 337 nimmt, dass § 247 InsO den Schuldner bereits hinreichend schützt.740) Die gemäß § 247 Abs. 1 InsO erforderliche Zustimmung des Schuldners zum Insolvenzplan ist ___________ 737) Ebenso Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 332; Freund, in: BeckOK-InsO, § 267 (Stand: 28.1.2019), Rn. 1; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 267, Rn. 2; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 267 (Stand: 9/2016), Rn. 11; Stephan, in: MüKo-InsO, § 267, Rn. 14; Thies, in: HambKomm-InsO, § 267, Rn. 1. 738) Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 332; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 260, Rn. 8; Spliedt, in: K. Schmidt, § 260, Rn. 3; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 13. 739) Frank, in: Runkel/Schmidt, AnwHdb-InsR, § 13, Rn. 214; Freund, in: BeckOK-InsO, § 260 (Stand: 28.1.2019), Rn. 3; Spliedt, in: K. Schmidt, § 260, Rn. 3; vgl. AG Duisburg, Beschluss v. 1.4.2003 – 62 IN 187/02, NZI 2003, 447 (448); Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 579 – 580. 740) So wohl AG Duisburg, Beschluss v. 1.4.2003 – 62 IN 187/02, NZI 2003, 447 (448).
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E. Die Dispositivität der Planvorschriften
gemäß § 247 Abs. 2 InsO dann entbehrlich, wenn der Schuldner nicht schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde, und wenn kein Gläubiger mehr als den vollen Betrag seines Anspruchs erhält. Die Voraussetzungen des § 247 Abs. 2 InsO werden regelmäßig vorliegen, da in einer Insolvenz die Summe der Gläubigerforderungen den Wert der verwertbaren Vermögensgegenstände meist überwiegt (Überschuldung). Ist der Schuldner eine juristische Person, ist die Fortführung des Geschäfts für ihn immer vorteilhafter als die eigene Liquidation. Und eine natürliche Person als Schuldner muss nur etwas bessergestellt werden als in der Regelinsolvenz (inklusive Wohlverhaltensperiode und Restschuldbefreiung). Unter solchen Umständen wird sich der Schuldner gut überlegen, ob er einen Widerspruch erhebt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zwecklos wäre. Da § 247 InsO also praktisch keinen wirksamen Schutz bietet, ist die Zustimmung des Schuldners keine ausreichende Legitimationsgrundlage für Überwachungsmaßnahmen, die über den gesetzlich vorgesehenen Rahmen hinausgehen.
338 Der schwache Schuldnerschutz des § 247 InsO ist im Rahmen der Verwertungsentscheidung durch Insolvenzplan angemessen, da ihm nur der Residualanspruch nach Befriedigung aller Gläubiger zusteht. Weil der Residualanspruch meist wertlos ist, hat der Schuldner kein Mitspracherecht. Die Interessenlage ändert sich aber, wenn das Unternehmen nach der Insolvenz unter Leitung des Schuldners fortgeführt werden soll. In diesem Stadium kommt dem Schuldner grundsätzlich wieder seine Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zu. Auch seine Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist zu berücksichtigen. Der Schuldner hat ein Interesse, nicht durch § 263 InsO völlig unter der Kontrolle der Gläubiger zu stehen oder sich durch eine Verlängerung der Überwachungsperiode in eine potenziell viele Jahre dauernde Abhängigkeit von den Gläubigern begeben. Diese Interessen des Schuldners werden nicht durch § 247 InsO, sondern durch die §§ 260 – 269 InsO geschützt. Diese Systematik zeigt auch § 255 Abs. 3 Satz 2 InsO, der zwar keine Überwachungsvorschrift darstellt, aber im selben Abschnitt des Gesetzes steht und im Sinne des Schulderschutzes die Plandispositivität ausdrücklich einschränkt. Folglich muss der Schuldnerschutz bei der Auslegung der §§ 260 – 269 InsO berücksichtigt werden.
(2) Überwachungsvorschriften als Höchstmaß der Eingriffe 339 Die §§ 260 – 269 InsO sind als Höchstmaß der Eingriffe in die Schuldnerrechte in der Überwachungsphase konzipiert. Vom Grundsatz der allgemeinen Verfügungsbefugnis des Schuldners ausgehend hat der Gesetzgeber mit der Planüberwachung zugunsten der Gläubiger eine Möglichkeit geschaffen, ausnahmsweise nach Insolvenzaufhebung in die Verfügungsbefugnis einzugreifen, aber damit zugleich das zumutbare Höchstmaß der Eingriffe definiert. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache, dass die Gläubiger auch die Möglichkeit haben, das Verfahren nicht aufheben zu lassen, was zur Folge hätte, dass der Schulder seine Verfügungsbefugnis nicht zurückerhalten würde, § 258 Abs. 1 InsO. Die Überwachung ist schuldner-
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II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
orientiert ausgestaltet.741) Die §§ 260 – 269 InsO wären überflüssig, hätte der Gesetzgeber jedes Maß der Überwachung zulassen wollen. Demnach darf die Verfügungsbefugnis des Schuldners, wenn die Insolvenz aufgehoben wird, nur begrenzt und für eine Übergangszeit eingeschränkt werden. Danach soll das schuldnerische Unternehmen nicht mehr unter Sonderbedingungen, sondern als gleichberechtigter Wettbewerber am Wirtschaftsleben teilnehmen.742) Im Fall des § 263 InsO muss das Auseinanderfallen von Eigentum und Verfügungsbefugnis im Hinblick auf § 137 Satz 1 BGB zeitlich begrenzt werden. Hier kommen dieselben Erwägungen zum Tragen, die bereits im Grundsatz gegen die Dispositivität des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO sprachen: Sie sollen das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Verfügungsbefugnis des Schuldners stärken und den Schuldner motivieren, möglichst gut zu wirtschaften.743) Folglich sind Planregelungen, die stärker in die Verfügungsbefugnis des Schuld- 340 ners eingreifen als durch die §§ 260 – 269 InsO erlaubt, unzulässig.744) Zum Beispiel können die Eingriffsbefugnisse des Insolvenzverwalters in § 261 Abs. 1 Satz 3, § 22 Abs. 3 InsO nicht ausgeweitet werden. Auch der Kreis der zustimmungsbedürftigen Geschäfte kann nicht über § 263 InsO hinaus erweitert werden. Nach herrschender Meinung folgt aus dem Wortlaut „bestimmte Geschäfte“ und aus dem RegelAusnahme-Verhältnis zwischen freier Verfügungsbefugnis und Zustimmungserfordernis, dass nur im Plan genau bestimmte Rechtsgeschäfte dem Zustimmungserfordernis unterstellt werden können. § 263 InsO kann nicht zur Aushebelung der Verfügungsbefugnis des Schuldners benutzt werden.745) Das Zustimmungserfordernis muss in systematischer und quantitativer Hinsicht auf Ausnahmefälle beschränkt sein.746) Die Dauer der Planüberwachung kann auch im Hinblick auf die Rechte des Schuldners nicht über die in § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO bestimmte Höchstdauer ___________ Mönning, in: Kübler, HRI, § 47, Rn. 3. Frank, Überwachung, Rn. 178. Siehe Rn. 291. Ebenso Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 517; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 260, Rn. 8; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 10; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, § 260, Rn. 5; Spliedt, in: K. Schmidt, § 260, Rn. 3; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 13; a. A. jedenfalls bei Zustimmung des Schuldners Braun, in: Nerlich/Römermann, § 260 (Stand: 3/2005), Rn. 3; Lissner, ZInsO 2012, 1452; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 260 (Stand: 9/2016), Rn. 16 – 17; vgl. Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 268, Rn. 9. 745) Braun, in: Nerlich/Römermann, § 263 (Stand: 3/2005), Rn. 2; Ellers, in: SanRKomm, § 263, Rn. 2; Fischer, Mitwirkungsrechte, Rn. 346; Freund, in: BeckOK-InsO, § 263 (Stand: 28.1.2019), Rn. 3; Jaffé, in: FK-InsO, § 263, Rn. 2; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 263, Rn. 3 – 5; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 263 (Stand: 9/2016), Rn. 4; Spliedt, in: K. Schmidt, § 263, Rn. 4; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 263, Rn. 7; liberaler Frank, Überwachung, Rn. 208 – 209. Zur ähnlich gefassten Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG vgl. Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 111, Rn. 83 – 91 m. w. N. 746) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 263, Rn. 5.
741) 742) 743) 744)
145
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
von drei Jahren verlängert werden.747) Regelungen, die weniger stark in die Rechte des Schuldners eingreifen, sind hingegen von der Gläubigerautonomie umfasst,748) da das Gesetz die Beteiligten nicht zur Planüberwachung verpflichtet.
cc) Regelungen zur Ausgestaltung der Überwachungstätigkeit 341 Planregelungen, durch die die reine Überwachungstätigkeit näher ausgestaltet wird, sind zulässig. Hierunter fallen etwa eine Verkürzung der Intervalle, in denen der Insolvenzverwalter den Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht unterrichten muss (vgl. § 261 Abs. 2 Satz 1 InsO),749) oder eine Planregelung, nach der der Insolvenzverwalter dem Gläubigerausschuss vor einer Entscheidung nach § 263 InsO Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben hat.750) Zwar gibt es hierfür keine ausdrückliche Öffnungsklausel. Aber es entspricht dem in der Regierungsbegründung angedeuteten Konzept, dass auch bei der Planüberwachung ein Grad an Gestaltungsfreiheit herrschen soll, und ist unproblematisch, weil kein Beteiligter oder Dritter in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Speziell im Fall der Berichtsintervalle lässt sich die Zulässigkeit einer solchen Regelung auch aus § 261 Abs. 2 Satz 2 InsO herleiten, demzufolge der Gläubigerausschuss ohnehin das Recht hat, jederzeit zusätzliche Intervalle anzuordnen.
dd) Verfahrensregelungen im Rahmen der Planüberwachung 342 Ob Verfahrensregelungen im Rahmen der Planüberwachung möglich sind, ist umstritten, wurde aber bisher kaum vertieft diskutiert. Beispielsweise hält die herrschende Meinung es für zulässig, die Kosten der Planüberwachung abweichend von § 269
___________ 747) In diesem Sinne Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 217: „Höchstfrist“. Ebenso Andres, in: Andres/Leithaus, § 268, Rn. 4; Braun, in: Nerlich/Römermann, § 268 (Stand: 3/2005), Rn. 1; Frank, Überwachung, Rn. 178; Freund, in: BeckOK-InsO, § 260 (Stand: 28.1.2019), Rn. 3; Haas, in: Kayser/Thole, § 268, Rn. 2; Hess, Insolvenzrecht, § 268, Rn. 1; Jaffé, in: FK-InsO, § 268, Rn. 4; Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 70, Rn. 11; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 268, Rn. 8; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 268, Rn. 9; Rattunde, in: Leonhardt/Smid/Zeuner, § 268, Rn. 1; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 268, Rn. 3 – 5; Spliedt, in: K. Schmidt, § 268, Rn. 3; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 13; a. A. AG Duisburg, Beschluss v. 1.4.2003 – 62 IN 187/02, NZI 2003, 447 (448); Gietl, in: Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Hdb Fachanwalt InsR, Kapitel 13, Rn. 229; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 268 (Stand: 9/2016), Rn. 9 – 10; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 580; Thies, in: HambKomm-InsO, § 268, Rn. 5; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 268, Rn. 7 – 9. 748) Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 332; Freund, in: BeckOK-InsO, § 260 (Stand: 28.1.2019), Rn. 3; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 260, Rn. 8; Spliedt, in: K. Schmidt, § 260, Rn. 3; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 13. 749) Frank, Überwachung, Rn. 85; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 261, Rn. 23; a. A. Stephan, in: MüKo-InsO, § 261, Rn. 12: nur mit Zustimmung des Schuldners. 750) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 263, Rn. 7.
146
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
InsO zu regeln.751) Eine Begründung wird dafür durchweg nicht geliefert. Im Gegenteil sprechen gute Argumente gegen die Zulässigkeit solcher Kostenregelungen. Vor Verfahrensaufhebung sind Regelungen über die Vergütung des Insolvenzverwalters nicht zulässig.752) Geht man von der Prämisse des § 261 Abs. 1 Satz 2 InsO aus, dass das Amt des Insolvenzverwalters während der Überwachung fortbesteht, so muss diese Frage genauso beurteilt werden wie die Zulässigkeit von Vergütungsregelungen für den Zeitraum vor Verfahrensaufhebung. Die gleichen Gefahren für die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters, die für die Planfestigkeit der Insolvenzverwaltervergütung ausschlaggebend sind, bestehen auch im Überwachungsstadium. Das gilt offensichtlich für die Höhe der Vergütung, aber genauso auch für die Festlegung der Person, die die Vergütung trägt. Denn der Insolvenzverwalter erlangt im Normalfall durch die Kostenfestsetzung einen Vergütungsanspruch gegen den Schuldner. Die Leistungsfähigkeit des Schuldners sollte im Regelfall durch geeignete Rückstellungen und die Finanzplanung sichergestellt sein. Wenn aber andere Personen die Vergütung tragen sollen, so wird der Insolvenzverwalter auf einen Kostenschuldner verwiesen, den er sich nicht ausgesucht hat und dessen Zahlungsfähigkeit zweifelhaft sein kann. Das stellt ihn schlechter und ist daher unzulässig. Entsprechend gelten diese Erwägungen für die Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschusses und die jeweiligen Auslagengläubiger. Auch in Bezug auf die Gerichtskosten für die Überwachungsphase kann der Plan weder die Höhe noch den Kostenschuldner festlegen. Beides entsteht auf gesetzlicher Grundlage und ist der Parteidisposition nicht zugänglich. Die gesetzliche Festsetzungsbefugnis des Insolvenzgerichts kann nicht durch den Insolvenzplan eingeschränkt werden.753) Für andere Verfahrensregelungen in der Überwachungsphase gilt dasselbe wie vor 343 Verfahrensaufhebung. Sie sind nur möglich, solange die Rechte einzelner Beteiligter nicht beeinträchtigt werden und auch das Insolvenzgericht nicht in seiner Überwachungstätigkeit eingeschränkt wird.754)
e)
Ergebnis
Die Planerfüllung kann nur in den Grenzen der §§ 260 – 269 InsO überwacht wer- 344 den. Die InsO enthält keine Ermächtigungsgrundlage für weitergehende Eingriffe in die Rechte Dritter und des Schuldners. Weniger einschneidende Maßnahmen sind ___________ 751) Braun, in: Nerlich/Römermann, § 269 (Stand: 3/2005), Rn. 1; Braun/Frank, in: Braun, § 269, Rn. 1; Freund, in: BeckOK-InsO, § 269 (Stand: 28.1.2019), Rn. 1; Jaffé, in: FK-InsO, § 269, Rn. 1; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 269, Rn. 1; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 260 (Stand: 9/2016), Rn. 15a; Stephan, in: MüKo-InsO, § 269, Rn. 10; Thies, in: HambKomm-InsO, § 269, Rn. 5; a. A. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 269, Rn. 20. 752) Detailliert Rn. 379. 753) Das Insolvenzgericht ist grundsätzlich nicht planunterworfen, siehe Rn. 377. 754) Siehe hierzu Rn. 378.
147
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
aber zulässig. Im Bereich der bloßen Überwachungstätigkeit sind alle näheren Ausgestaltungen zulässig.
4.
Die Überwachung durch den gewillkürten Überwacher
345 In der Literatur wird verbreitet die Überwachung der Planerfüllung durch einen gewillkürten Planüberwacher755) für möglich gehalten.756) Der Auslöser hierfür war eine Überlegung aus der Regierungsbegründung zur InsO, in der es hieß, dass die Beteiligten kraft ihrer Vertragsfreiheit auch andere Formen der Überwachung vorsehen könnten.757) Die Einzelheiten sind in der Literatur umstritten, wobei der Meinungsstand kaum eine Lagerbildung oder klare Bruchlinien erkennen lässt. Richtigerweise handelt es sich bei der Überwachung durch den gewillkürten Planüberwacher nicht um eine Planüberwachung nach den §§ 260 – 269 InsO (Rn. 346). Die Befugnis der Beteiligten zur Regelung der Planüberwachung folgt aus der in § 217 InsO wurzelnden Befugnis, Nebenpflichten des Schuldners zu statuieren (Rn. 347). Daraus folgen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich von der gewöhnlichen Planüberwachung unterscheiden (Rn. 350).
a) Keine Planüberwachung im Sinne der §§ 260 – 269 InsO 346 Die gewillkürte Planüberwachung ist keine Planüberwachung im Sinne der §§ 260 – 269 InsO. Das macht die Regierungsbegründung zur InsO klar, wenn es dort heißt, dass die §§ 260 – 269 InsO auf eine gewillkürte Planüberwachung nicht anwendbar seien.758) Die Rechtslage entspricht nicht der unter Geltung der VglO, wo der gewillkürte Planüberwacher gemäß § 92 Abs. 1 VglO 1935 bestimmte Rechte und Pflichten eines Vergleichsverwalters hatte.759) Die §§ 260 – 269 InsO regeln nur den Einsatz des Insolvenzverwalters unter der Aufsicht des Gläubigerausschusses und des Insolvenzgerichts. Nur im Kontext dieses institutionellen Rahmens ist es den Planbeteiligten erlaubt, in die Rechte des Schuldners und Dritter einzugreifen. ___________ 755) Dort wird er oft „gewillkürter Sachwalter“ genannt, aber zur Vermeidung von Verwechselungen mit dem Sachwalter nach § 270c InsO soll er hier „Planüberwacher“ genannt werden. 756) Jedoch weist Mönning, in: Kübler, HRI, § 47, Rn. 146, darauf hin, dass bisher kein Fall bekannt geworden sei, in der diese Konstruktion verwendet wurde. 757) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. 758) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. Ebenso Braun, in: Nerlich/Römermann, § 260 (Stand: 3/2005), Rn. 3; Frank, Überwachung, Rn. 140; Haas, in: Kayser/Thole, § 260, Rn. 7; Jaffé, in: FK-InsO, § 261, Rn. 2; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 11; Pleister, in: Kübler/ Prütting/Bork, § 261 (Stand: 9/2016), Rn. 3; Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 208; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 261, Rn. 2; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 13; Thies, in: HambKomm-InsO, § 261, Rn. 5; a. A. Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 518; Hess, Insolvenzrecht, § 260, Rn. 9; Lissner, ZInsO 2012, 1452 (1453); Rattunde, in: Leonhardt/Smid/Zeuner, § 260, Rn. 4; wohl auch Freund, in: BeckOK-InsO, § 260 (Stand: 28.1.2019), Rn. 3. 759) Siehe Rn. 323.
148
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
Die §§ 260 – 269 InsO sind insoweit abschließend. Die gewillkürte Planüberwachung findet jedoch außerhalb dieses Rahmens statt.760)
b) Hinnahme der Überwachung als Nebenpflicht bei der Gläubigerbefriedigung im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO Da die gewillkürte Planüberwachung nicht durch die §§ 260 – 269 InsO legitimiert 347 werden kann, ist nach einer Rechtsgrundlage für die gewillkürte Planüberwachung in § 217 InsO zu suchen. Eine Einordnung unter eine der Tatbestandsvarianten des § 217 Satz 1 InsO erscheint zunächst schwierig. Keine der Varianten passt unmittelbar. Auch die Regierungsbegründung legt sich nicht fest, sondern verweist nur auf die „Vertragsfreiheit der Beteiligten“.761) Um eine Regelung der Verfahrensabwicklung (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) handelt es sich jedenfalls nicht, da das Insolvenzverfahren zum Überwachungszeitpunkt bereits beendet ist und die Überwachung außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfindet.762) Am ehesten kann man die Variante „Befriedigung“ (§ 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO) 348 weit auslegen und die gewillkürte Planüberwachung hierunter subsumieren. Sollen im Einzelfall auch Verwertungsmaßnahmen überwacht werden, so kann es sich um Regelungen über die Verwertung (§ 217 Satz 1 Var. 3 InsO)763) handeln. Da die Verwertung regelmäßig die Vorstufe und notwendige Voraussetzung für die Befriedigung darstellt, wird es sich oft um eine Frage der Perspektive handeln, welche Variante man für einschlägig hält. Folglich beschreibt der Begriff „Befriedigung“ nicht nur die Festlegung der Hauptleistungspflichten, sondern lässt auch schuldrechtliche Nebenpflichten wie die Einzelmaßnahmen der gewillkürten Planüberwachung genügen. Diese Auslegung spiegelt die Marktpraxis bei Finanzierungsverträgen außerhalb der 349 Insolvenz wider. Dort ist die Vereinbarung einer Vielzahl an Nebenleistungspflichten und schuldrechtlich wirkenden Beschränkungen der schuldnerischen Wirtschaftstätigkeit (engl. covenants) zulässig und üblich. Zum Beispiel wird oft bestimmt, dass der Schuldner bestimmte Bilanzkennzahlen einhalten muss oder anderen Gläubigern keine Sicherheiten bestellen darf.764) Solche Regelungen müssen auch im Insolvenzplan erlaubt sein. Denn auch die Gläubiger finanzieren durch den (Sanierungs-) Plan das Unternehmen und können ihr Einverständnis, auf die Liquidation des Schuld___________ 760) Ebenso Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 11. 761) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 217. 762) Ebenso Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 14; a. A. wohl Ellers, in: SanRKomm, § 260, Rn. 8 – 10. 763) So Fischer, Mitwirkungsrechte, Rn. 311; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 268, Rn. 9. 764) Madaus, Der Insolvenzplan, S. 17 – 19; Merkel/Richrath, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78, Rn. 174 – 175; detailliert Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 33 – 46.
149
E. Die Dispositivität der Planvorschriften
nerunternehmens zu verzichten, Forderungskürzungen bzw. Stundungen hinzunehmen und dem Schuldner ein Weiterwirtschaften zu ermöglichen, von bestimmten Bedingungen abhängig machen – etwa der Einhaltung bestimmter covenants.
c)
Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen der gewillkürten Planüberwachung
350 Grundsätzlich kann jeder zum gewillkürten Planüberwacher ernannt werden, ohne dass er den Anforderungen des § 56 Abs. 1 InsO entsprechen muss.765) Er unterliegt nicht der Aufsicht des Insolvenzgerichts.766) Die dreijährige Höchstfrist des § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO gilt nicht. Es können alle Handlungen des Schuldners überwacht und Informationspflichten des Schuldners begründet werden. Auch schuldrechtliche Verfügungsbeschränkungen sind möglich, und zwar auch dann, wenn diese den Schuldner wirtschaftlich so hart wie Verfügungsbeschränkungen nach § 263 InsO treffen.767)
351 Nicht zulässig ist dagegen die Vereinbarung von Regelungen mit Wirkung gegenüber Dritten, da es hierfür an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt.768) Ein Kreditrahmen kann nicht eingerichtet werden.769) Auch die Vereinbarung von absolut wirkenden Verfügungsbeschränkungen gemäß § 263 InsO ist nicht möglich.770) Der gewillkürte Überwacher kann gegen den Willen des Schuldners nicht die Eingriffsbefugnisse nach den § 261 Abs. 1 Satz 3, § 22 Abs. 3 InsO ausüben.771)
___________ 765) Frank, in: Runkel/Schmidt, AnwHdb-InsR, § 13, Rn. 223; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 11. 766) Ebenso Braun, in: Nerlich/Römermann, § 260 (Stand: 3/2005), Rn. 3; Freund, in: BeckOKInsO, § 261 (Stand: 28.1.2019), Rn. 8; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 261, Rn. 28; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 261 (Stand: 9/2016), Rn. 21; a. A. Stephan, in: MüKo-InsO, § 261, Rn. 12; wohl auch Wehner, in: BK-InsO, § 261 (Stand: 10/2017), Rn. 7. 767) Ähnlich wie hier Mönning, in: Kübler, HRI, § 47, Rn. 150. 768) Ebenso Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 332; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 11; Spliedt, in: K. Schmidt, § 260, Rn. 3; Stephan, in: MüKo-InsO, § 268, Rn. 16; a. A. wohl Thies, in: HambKomm-InsO, § 261, Rn. 5. 769) Ebenso Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 40; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 264, Rn. 9; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 260 (Stand: 9/2016), Rn. 19; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 13; Wehner, in: BK-InsO, § 260 (Stand: 9/2017), Rn. 17. 770) Ebenso Andres, in: Andres/Leithaus, § 263, Rn. 8; Braun, in: Nerlich/Römermann, § 263 (Stand: 3/2005), Rn. 3; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 40; Jaffé, in: FK-InsO, § 261, Rn. 2 – 4; Koch/Bra, in: Gottwald, InsR-Hdb, § 70, Rn. 10; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 263, Rn. 18; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 260 (Stand: 9/2016), Rn. 19; Stephan, in: MüKo-InsO, § 263, Rn. 11; Wehner, in: BK-InsO, § 260 (Stand: 9/2017), Rn. 12; wohl auch Frank, Überwachung, Rn. 200, aber abweichend Rn. 201. 771) Ebenso Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 261, Rn. 25; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, § 261 (Stand: 9/2016), Rn. 8; Stephan, in: MüKo-InsO, § 261, Rn. 11.
150
II. Die Dispositivität in den §§ 255–269 InsO
Der gewillkürte Planüberwacher ist nicht Partei kraft Amtes wie der Insolvenzver- 352 walter. Zwischen Schuldner und Planüberwacher besteht ein Vertragsverhältnis.772) Im Verhältnis zu den Gläubigern handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB).773) Der Vertrag kann im Insolvenzplan geschlossen werden, wenn die Willenserklärung des Planüberwachers gemäß § 230 Abs. 3 InsO als Plananlage beigefügt wird. Alternativ ist denkbar, den Vertragsschluss zwischen Schuldner und Planüberwacher zur Planbedingung im Sinne des § 249 InsO zu machen.774) Die gewillkürte Planüberwachung kann neben der gesetzlichen Planüberwachung 353 angeordnet werden.775) Da beide Formen der Planüberwachung auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen basieren, die sich nicht gegenseitig ausschließen, ist dies rechtlich unproblematisch. Jedoch sollte ausdrücklich geregelt werden, wer die gewillkürten Überwachungsmaßnahmen ausführt. Hierfür wird meist der Insolvenzverwalter prädestiniert sein. Jedoch muss dafür Sorge getragen werden, dass die Regelungen nicht seine Unabhängigkeit zu beeinträchtigen drohen – und sei es nur durch die Vereinbarung einer bestimmten Zusatzvergütung für die gewillkürten Überwachungsaufgaben.776)
5.
Ergebnis
Die Dispositivität in den §§ 217 – 269 InsO ist eingeschränkt: Sie besteht nur da, 354 wo Öffnungsklauseln eine Abweichung im Plan erlauben. Das gilt im Rahmen der Planüberwachung insbesondere für solche Klauseln, die in die Rechte des Schuldners oder Dritter eingreifen, da nur insoweit eine Ermächtigungsgrundlage für solche Eingriffe besteht. Weniger intensive Eingriffe sind im Rahmen der Planüberwachung dagegen zulässig.
___________ 772) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 14; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 359. 773) Vgl. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 261, Rn. 3, zur entsprechenden Rechtslage unter Geltung der VglO und Rn. 28 hinsichtlich der Haftung des Planüberwachers. 774) Ellers, in: SanRKomm, § 260, Rn. 10. 775) Fischer, Mitwirkungsrechte, Rn. 415. 776) Zu Vereinbarungen über die Vergütung des Insolvenzverwalters siehe Rn. 379.
151
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans Neben dem sachlichen Anwendungsbereich muss auch der persönliche Anwendungs- 355 bereich des Insolvenzplans abgesteckt werden. Das ist in solchen Fällen relevant, in denen nicht nur Insolvenzgläubiger und Schuldner, sondern der Insolvenzverwalter, Dritte oder etwa das Finanzamt einbezogen werden sollen. Im Anwendungsbereich des Insolvenzplans befinden sich in erster Linie die Beteiligten (Rn. 357). Massegläubiger (Rn. 359) und Dritte (Rn. 363) können nur unter besonderen Voraussetzungen in den Insolvenzplan einbezogen werden. Einen Sonderfall stellt dabei die Übernahmegesellschaft dar (Rn. 372). Insolvenzgericht (Rn. 377) und Insolvenzverwalter (Rn. 378) werden nicht vom Plan erfasst. Die Anteilseigner des Schuldners waren in der Anfangszeit der InsO nicht in den 356 Insolvenzplan einbezogen. Mit dem ESUG ist es möglich geworden, in die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner einzugreifen (ausführlich dazu siehe Rn. 402).
I. Die Beteiligten Gemäß § 254 Abs. 1 InsO bindet der gestaltende Teil des Insolvenzplans alle Be- 357 teiligten. Das Gesetz verwendet den Begriff „Beteiligte“ in den §§ 217, 220, 221, 222, 226, 228, 231, 234, 235, 239, 241, 242, 243, 248, 248a, 250, 251, 254, 254a, 254b InsO, definiert ihn aber nicht. Nach überwiegender Ansicht ist auf den materiellen Beteiligtenbegriff der Freiwilligen Gerichtsbarkeit abzustellen, nach dem Beteiligter jeder ist, dessen Rechtsstellung durch den Insolvenzplan geändert wird.777) Dass es nicht auf die formelle Teilnahme am Verfahren ankommen kann, zeigt § 254b InsO, da sich die Wirkung des Insolvenzplans auch auf solche Gläubiger erstreckt, die nicht am Verfahren teilgenommen haben. Im Rahmen des materiellen Verständnisses kommt es auf die abstrakt planunterworfene Rechtsposition an und nicht darauf, dass die Rechte eines Beteiligten tatsächlich eingeschränkt werden – sonst wären nur diejenigen Beteiligten stimmberechtigt, deren Rechtsposition durch den konkreten Plan betroffen wäre. Mehr lässt sich aus der Definition nicht herleiten, da sie tautologisch ist: Die materielle Beteiligtenstellung ergibt sich aus der planunterworfenen Rechtsposition, die der Beteiligte innehat.778) Wann eine Rechtsposition planunterworfen ist, ergibt sich aus dem Gesetz. Daher kann der persönliche Anwendungsbereich des Insolvenzplans nicht abstrakt bestimmt werden, sondern muss anhand verschiedener Fallgruppen jeweils im Einzelnen erforscht werden. ___________ 777) Beck/Pechartscheck, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 3, Rn. 3; Eidenmüller, in: MüKoInsO, § 217, Rn. 60; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 221, Rn. 2; Münch, in: Jaeger-InsO, § 230, Rn. 36; Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 72; Thies, in: HambKomm-InsO, § 221, Rn. 3. 778) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 26; Haas, in: Kayser/Thole, § 221, Rn. 2; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 221, Rn. 2; nur terminologisch anders Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 20; Thies, in: HambKomm-InsO, § 221, Rn. 5.
153
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
358 Aus § 217 InsO ergibt sich, dass jedenfalls der Schuldner779) und die Insolvenzgläubiger780) erfasst sind. Zu den Insolvenzgläubigern gehören auch die absonderungsberechtigten und nachrangigen Gläubiger,781) wobei man letztere im Hinblick auf § 225 Abs. 3 InsO auf Insolvenzgläubiger mit Vermögensinteressen (und nicht dem staatlichen Strafinteresse) einschränken kann.782) Die planunterworfene Rechtsposition ist hier identisch mit jener, die ihre Teilnahme am gesamten Insolvenzverfahren legitimiert. Aus diesem Grund ist es auch unzulässig, die Gläubiger zur Eingehung neuer Verbindlichkeiten oder der Leistung von Sanierungsbeiträgen zu zwingen,783) da die Gläubiger nur durch ihre Insolvenzforderungen am Insolvenzverfahren teilnehmen und – anders als der Schuldner – nicht mit ihrem gesamten Aktiv- und Passivvermögen. Wie noch zu zeigen sein wird, gilt dieser Gleichlauf zwischen verfahrenseinbezogener und planunterworfener Rechtsstellung aber nicht in jedem Fall – so werden etwa die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner nicht von der Insolvenz erfasst, sind aber planunterworfen (siehe Rn. 402).
II. Einbeziehung der Massegläubiger 1. Grundsatz: Keine Erstreckung auf Massegläubiger 359 Es ist denkbar, auch Massegläubiger in den Anwendungsbereich des Plans einzubeziehen. Massegläubiger sind die Gläubiger der Verfahrenskosten und der in § 55 InsO definierten sonstigen Masseverbindlichkeiten. Sie werden gegenüber den Insolvenzforderungen vorrangig befriedigt, § 53 InsO. Im Normalfall der Insolvenz werden die Masseverbindlichkeiten vollständig befriedigt. Der Insolvenzverwalter hat prinzipiell Sorge dafür zu tragen, dass dies möglich ist und haftet ggf. nach § 61 InsO persönlich. Im Insolvenzverfahren ohne Masseunzulänglichkeit sind die Massegläubiger nach allgemeiner Ansicht nicht planunterworfen, da das Gesetz sie nicht zu einer Gläubigergemeinschaft zusammenfasst, sondern ihre Vorwegbefriedigung verlangt.784)
___________ Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 2; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 66. Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 2; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 61. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 63 – 64; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 10. Siehe Rn. 68. Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 26; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 102. 784) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 22); BFH, Urt. v. 23.10.2018 – VII R 13/17, ZIP 2019, 85 (Rn. 25); LG Dresden, Beschluss v. 15.7.2005 – 5 T 830/02, ZIP 2005, 1607; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 75; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 11; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 217, Rn. 35.
779) 780) 781) 782) 783)
154
II. Einbeziehung der Massegläubiger
2.
Gesetzgebungsgeschichte des § 210a InsO
In manchen Fällen kann es zur Masseunzulänglichkeit kommen, also zum Fall, dass 360 die Insolvenzmasse nicht zur Erfüllung der sonstigen Masseverbindlichkeiten ausreicht, § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO. Im Regelverfahren sieht § 209 Abs. 1 InsO dann eine bestimmte Befriedigungsreihenfolge vor. Dies sind zuerst die Kosten des Insolvenzverfahrens, zweitens die Neumasseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden, und zuletzt die Altmasseverbindlichkeiten, die zwischen Verfahrenseröffnung und Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur InsO sollte in § 323 des Entwurfs das Insolvenzplanverfahren auch in Fällen der Masseunzulänglichkeit erlaubt werden. Diese Fassung wurde indes nicht Gesetz.785) Stattdessen wurde entschieden, die Lösung des Problems der Rechtsprechung zu überlassen.786) In der Folgezeit war die Zulässigkeit eines Insolvenzplans bei Masseunzulänglichkeit umstritten.787) Mit dem ESUG wurde die gesetzgeberische Entscheidung schließlich nachgeholt und § 210a InsO eingeführt. § 210a InsO sieht vor, dass nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Vorschriften über den Insolvenzplan mit der Maßgabe gelten sollen, dass an die Stelle der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger die Alt-Massegläubiger treten sollen und dass die Zustimmung der Gruppen der nicht nachrangigen Gläubiger als erteilt gelten soll, wenn keiner von ihnen am Abstimmungstermin teilnimmt. Zur Begründung wird angeführt, dass auch im Fall der Masseunzulänglichkeit eine Sanierung sinnvoll sein könne und die Neuregelung dies ermöglichen wolle.788)
3.
Regelungsmöglichkeiten
§ 210a InsO findet Anwendung, wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzuläng- 361 lichkeit angezeigt hat. Es kommt nicht auf das tatsächliche Vorliegen der Masseunzulänglichkeit, sondern nur auf die Anzeige an.789) Danach greift prinzipiell dasselbe Insolvenzplanverfahren wie üblich, nur mit der Gruppe der Alt-Massegläubiger als vorrangige Gläubiger. Liegt tatsächlich keine Masseunzulänglichkeit vor, sind die Insolvenzgläubiger durch § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO geschützt. Nicht geregelt und daher unklar sind dagegen viele Detailfragen.790) Dazu gehört etwa, ob und wie die For___________ 785) Kritisch zu § 323 RegE-InsO Häsemeyer, in: FS Gerhardt, S. 341 (350). 786) BT-Drs. 12/7302, 180; kritisch Kluth, ZInsO 2000, 177. 787) Verneinend insbesondere LG Dresden, Beschluss v. 15.7.2005 – 5 T 830/02, ZIP 2005, 1607; teilweise a. A. LG Mühlhausen, Beschluss v. 17.9.2007 – 2 T 190/06, NZI 2007, 724 (727). Umfangreiche Nachweise zum damaligen Streitstand bei Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, § 210a (Stand: 11/2012), Fn. 9. 788) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 29. 789) Jungmann, in: K. Schmidt, § 210a, Rn. 5 – 6; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, § 210a (Stand: 11/2012), Rn. 10; Zimmer, ZInsO 2012, 390 (393). 790) Kritisch Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, § 210a (Stand: 11/2012), Rn. 22; Zimmer, ZInsO 2012, 390.
155
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
derungen der Massegläubiger geprüft und ggf. bestritten werden können und wie deren Stimmrechte festgelegt werden.791) Umstritten ist weiterhin, ob auch die NeuMassegläubiger in den Insolvenzplan einbezogen werden können, wenn irgendwann auch die Neu-Masseforderungen nicht mehr befriedigt werden können.792) Der Regelungszweck, das Insolvenzplanverfahren in allen denkbaren Fällen zur Verfügung zu stellen, spricht dafür. Dagegen spricht indes der klare Wortlaut des § 210a InsO. In so einem Fall wären noch viel weniger als im Fall der Alt-Massegläubiger eine gesetzliche Grundlage und ein Normengerüst vorhanden, an dem man ein solches Verfahren ausrichten könnte. Daher ist ein Insolvenzplan unter Einbeziehung der Neu-Massegläubiger unzulässig.793)
4.
Keine Aussagekraft für die Plandispositivität
362 Die vielen ungeregelten Detailfragen im Rahmen des § 210a InsO führen dazu, dass § 210a InsO keine Aussagekraft für die Plandispositivität im Ganzen besitzt. Auch wenn die Praxis mithilfe großzügiger Analogiebildung vermutlich eine sachgerechte Lösung finden könnte, lassen sich mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden praktisch keine Schlüsse ziehen, die eine verallgemeinerungsfähige Schlussfolgerung auf die Plandispositivität im Ganzen erlauben würde. Auch die Frage, ob die Einfügung des § 210a InsO durch das ESUG eine Neuregelung oder nur eine Klarstellung794) des bereits bestehenden Insolvenzplanverfahrens darstellt, lässt sich nicht klären. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zur InsO wurde dieser Punkt bewusst offengelassen.795) Allenfalls lässt sich feststellen, dass der Gesetzgeber in § 210a InsO das dem Abstimmungsmechanismus im Planverfahren zugrundeliegende Prinzip bekräftigt hat, nämlich dass jene Gläubiger, die das wirtschaftliche Risiko tragen, die Verwertungsentscheidung über das Schuldnervermögen treffen sollen.
III. Einbeziehung Dritter 1.
Grundsatz: Keine Erstreckung auf Dritte
363 Dritte können grundsätzlich nicht in den Insolvenzplan einbezogen werden. Das ergibt sich aus § 254 Abs. 1 InsO, nach dem der Insolvenzplan nur die Beteiligten bindet.796) Dritte sind definitionsgemäß nicht Beteiligte. Ein Eingriff in ihre Rechtsstellung wäre wie bei einem Vertrag zu Lasten Dritter mit ihrer Privatautonomie ___________ 791) Zur Problemstellung vgl. Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, § 210a (Stand: 11/2012), Rn. 26; Zimmer, ZInsO 2012, 390 (394). 792) Dafür Westphal, in: Nerlich/Römermann, § 210a (Stand: 1/2016), Rn. 7; dagegen Jungmann, in: K. Schmidt, § 210a, Rn. 7; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, § 210a (Stand: 11/2012), Rn. 15. 793) A. A. Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 12, Rn. 7. 794) So Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 29. 795) Vgl. BT-Drs. 12/7302, 180. 796) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 21).
156
III. Einbeziehung Dritter
unvereinbar.797) Der Insolvenzplan hat, mit anderen Worten, keine Außenwirkung. Eine eng gefasste Ausnahme ist die Möglichkeit zur Schaffung von Vorrangkrediten im Rahmen der Planüberwachung, die Neugläubiger in einer Folgeinsolvenz gegenüber dem Kreditgeber benachteiligt.798)
2.
Die „Verpflichtungserklärung“ nach § 230 Abs. 3, § 257 Abs. 2 InsO
Jedoch kann sich der Dritte durch Einreichung einer schriftlichen Erklärung frei- 364 willig zu Leistungen gegenüber den Gläubigern verpflichten. Denkbar ist, dass Personen, die dem Schuldner nahestehen, Geld bezahlen,799) Bürgschaften oder Garantien übernehmen. Das ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt, wird aber in § 230 Abs. 3 InsO und § 257 Abs. 2 InsO zugrundegelegt. § 230 Abs. 3 InsO besagt, dass dem Plan als Anlage die Erklärung eines Dritten beizufügen ist, wenn dieser für den Fall der Planbestätigung Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern übernommen hat. § 257 Abs. 2 InsO regelt, dass die Gläubiger sogar gegen den Dritten vollstrecken können, wenn dieser ihnen gegenüber durch eine beim Gericht eingereichte schriftliche Erklärung Verpflichtungen übernommen und dabei auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Die Vorschriften sind keine Erfindung des InsO-Gesetzgebers. So gab es eine dem § 230 Abs. 3 InsO entsprechende Bestimmung in § 4 Abs. 1 Nr. 4 VglO 1935, eine dem § 257 Abs. 2 InsO entsprechende Bestimmung in § 201 der Preußischen KO 1869800), § 85 Abs. 2 VglO 1935 und § 194 KO 1898. Die Rechtsnatur dieser Erklärung, oft „Verpflichtungserklärung“801) genannt, er- 365 scheint zunächst unklar. Im überkommenen Recht sprach beispielsweise § 194 KO 1898 von einer „in dem Vergleiche“ übernommenen Verpflichtung. Daraus wurde gefolgert, dass die Verpflichtungserklärung Teil des Zwangsvergleichs sei.802) In der heutigen Literatur entsteht jedoch teilweise ein anderer Eindruck. Dort scheinen die § 230 Abs. 3, § 257 Abs. 2 InsO teilweise dahingehend ausgelegt zu werden, dass die Verpflichtungserklärung als einseitiges Rechtsgeschäft den Gläubigern im Fall der Planbestätigung Ansprüche gegen den Dritten verleiht.803) Dieses Verständnis wird leider auch durch den Wortlaut des § 257 Abs. 2 InsO nahegelegt. Dieser erweckt den Eindruck, es bedürfe nur einer schriftlichen Erklärung des Dritten ge___________ Dazu Grüneberg, in: Palandt, Einf v § 328, Rn. 10 sowie bereits Rn. 327. Siehe Rn. 330. Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 204. Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 257, Rn. 34. So bereits Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 204. Weber, in: Jaeger-KO, § 194, Rn. 5; ebenso zur VglO Bley/Mohrbutter, Vergleichsordnung, § 4 Rn. 13. 803) In diese Richtung wohl Huber, in: MüKo-InsO, § 257, Rn. 46 – 50; Ober, in: Nerlich/Römermann, § 230 (Stand: 1/2019), Rn. 12; Pape, ZInsO 2018, 2725 (2730); Rattunde, in: Leonhardt/Smid/ Zeuner, § 257, Rn. 8; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 230 (Stand: 4/2017), Rn. 9; Zabel, in: Kübler, HRI, § 27, Rn. 202 – 204. 797) 798) 799) 800) 801) 802)
157
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
genüber dem Insolvenzgericht (und nicht gegenüber den Gläubigern), um einen Vollstreckungstitel der Gläubiger gegen den Schuldner zu schaffen.
366 Dass diese Auslegung zutrifft, ist eher fernliegend. Im übrigen deutschen Privatrechtssystem sind einseitige Rechtsgeschäfte, die (quasi-) vertragliche Schuldverhältnisse schaffen, praktisch unbekannt.804) Zum Beispiel stellt selbst die Bürgschaft einen notwendig zweiseitigen Vertrag dar.805) Viel plausibler ist es, auch die Verpflichtungserklärung als materiellrechtliche Willenserklärung zu qualifizieren.806) Somit ist im Fall der Plangarantie die Grundlage der Verpflichtung des Plangaranten ein Vertrag: Die Verpflichtungserklärung enthält das Vertragsangebot des Dritten, das die Planbeteiligten durch den Insolvenzplan annehmen.807) Anders als im alten Recht ist die Willenserklärung des Dritten nicht Teil des Insolvenzplans selbst.808) Die Beifügung zum Plan dient nur der Information der Gläubiger.809) Zwar findet sich auch in manchen Gesetzgebungsmaterialien die Formulierung, dass Willenserklärungen Dritter „in den Plan“ aufgenommen werden könnten.810) Diese Annahme findet aber im endgültigen Gesetzeswortlaut keine Stütze. § 230 Abs. 3 InsO unterscheidet etwa zwischen der Erklärung, durch die der Dritte die Verpflichtung übernimmt, und dem Plan, dem die Erklärung nur beigefügt wird. Außerdem dient das Rechtsinstitut des Insolvenzplans nur dem Zweck, die Gläubiger mittels eines mehrheitsbasierten Abstimmungsverfahrens in einen Akkord zu zwingen, den sie sonst, wenn sie ihn einstimmig hätten abschließen müssen, aufgrund prohibitiv hoher Transaktionskosten nicht eingegangen wären.811) Hierfür bindet der Insolvenzplan die überstimmten und die nicht teilnehmenden (vgl. § 254b InsO) Gläubiger an den Willen der Planmehrheit. Dieser Mechanismus ist im Hinblick auf Dritte, die ohnehin nicht der Mehrheitsentscheidung unterliegen, sondern nur insoweit gebunden werden, wie sie sich verpflichten, nicht erforderlich. Dass die heutige Rechtslage sich von der im überkommenen Recht unterscheidet, kann durch den zwischenzeitlichen Wandel des gesetzlichen Leitbilds erklärt werden: Früher war das (Zwangs-) Vergleichsverfahren auf den Schuldner konzentriert, der seinen Gläubigern, vor dem ___________ 804) Eine Ausnahme ist die Auslobung (§§ 657 – 661a BGB). 805) Sprau, in: Palandt, Einf v § 765, Rn. 3. 806) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 76; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 230, Rn. 86; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 257, Rn. 21; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 257, Rn. 37; vgl. Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 230 (Stand: 28.1.2019), Rn. 13 – 14. 807) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 257, Rn. 37; vgl. Hess, Insolvenzrecht, § 257, Rn. 19, 23. 808) Madaus, Der Insolvenzplan, S. 295; vgl. Bork, InsR, Rn. 375; a. A. Rattunde, in: Leonhardt/ Smid/Zeuner, § 230, Rn. 6; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 14; dies wohl auch voraussetzend Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 155 – 160. 809) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 204; ebenso Braun, in: Nerlich/Römermann, § 230 (Stand: 3/2005), Rn. 19. 810) BT-Drs. 12/7302, 108. 811) Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, Rn. 76 – 77; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 21.
158
III. Einbeziehung Dritter
Konkurs stehend, einen letzten Vorschlag über die Zahlung eines gewissen Geldbetrags machte. Der Vergleichsgarant schien aus damaliger Sicht „im Lager“ des Schuldners zu stehen. Deshalb war seine Bürgschaft Teil des Vergleichsvorschlags, der den Gläubigern unterbreitet wurde. Die Insolvenzordnung hat demgegenüber einen ganzheitlicheren Ansatz. Im Insolvenzplan schließen alle Beteiligten eine Vereinbarung über die Verwertung der Insolvenzmasse (z. B. Liquidation einiger Massegegenstände, aber Fortführung profitabler Unternehmensteile) und die Verteilung an die Beteiligten. Zu diesem Zweck können dann auch Verträge mit Dritten geschlossen werden. Nicht allein materiellrechtlich lässt sich erklären, dass § 257 Abs. 2 InsO die direkte 367 Vollstreckbarkeit der Willenserklärung anordnet, wenn dem Insolvenzgericht eine schriftliche Erklärung unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage eingereicht wurde. Hier handelt es sich um einen insolvenzrechtlichen Spezialfall der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.
3.
Regelungsmöglichkeiten
Durch Verpflichtungserklärungen nach § 230 Abs. 3 InsO können Dritte sowohl 368 Verträge mit dem Insolvenzverwalter bzw. dem Schuldner als auch Verträge mit den Insolvenzgläubigern schließen. Beides ist zulässig, soweit die Annahme im Insolvenzplan durch die Regelungsbefugnis der Planbeteiligten gedeckt ist. Im ersten Fall stellt sich der zu schließende Vertrag regelmäßig als Verwertungsentscheidung über das Schuldnervermögen gemäß § 217 Satz 1 Var. 3 InsO dar.812) Im zweiten Fall handelt es sich regelmäßig um eine Regelung über die Befriedigung der Insolvenzgläubiger gemäß § 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO. Ein Beispiel für einen Vertrag zwischen dem Dritten und dem Schuldner wäre ein 369 Kaufvertrag über einen schuldnerischen Betriebsteil oder andere Massegegenstände. Das Kaufangebot wird dann dem Plan gemäß § 230 Abs. 3 InsO beigefügt. Im Insolvenzplan kann das Vertragsangebot angenommen werden, vgl. § 254a Abs. 1 InsO. Gemäß § 228 InsO können zudem auch dingliche Erklärungen im Insolvenzplan angenommen werden, etwa die dingliche Einigung im Rahmen der Übereignung. Etwaig bestehende Formerfordernisse (z. B. aus § 311b Abs. 1 Satz 1, § 925 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3, 4 GmbHG) sind wegen § 254a Abs. 3, 1 InsO, § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB entbehrlich. Ein Schuldverhältnis zwischen dem Dritten und den einzelnen Insolvenzgläubigern 370 kommt beispielsweise bei der Planbürgschaft bzw. Plangarantie zustande, oder dann, wenn der Kaufpreis aus einem Unternehmenskauf direkt an die Gläubiger bezahlt werden soll. Hier bestehen eigentlich sogar drei Strukturierungsmöglichkeiten: Erstens könnte der Dritte ohne einen Insolvenzplan mit allen Gläubigern einzelne Verträge ___________ 812) Vgl. Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 80.
159
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
abschließen. Das ist meist unpraktikabel. Zweitens könnte der Käufer, ebenfalls ohne Insolvenzplan, mit dem Insolvenzverwalter einen Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) schließen.813) Drittens könnte der Dritte ein Vertragsangebot abgeben, das die Gläubiger durch den Insolvenzplan annehmen.814) In Fällen, in denen das zwischen jedem Gläubiger und dem Dritten begründete Schuldverhältnis für den Gläubiger lediglich rechtlich vorteilhaft ist (z. B. die Plangarantie), ist dies als Regelung über die Befriedigung der Gläubiger (§ 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO) zulässig.815) Ihre Grenze findet die Regelungsbefugnis des Insolvenzplans jedoch in Verträgen, die neue Verbindlichkeiten für die Gläubiger schaffen. Denn dies gehört nicht mehr zur „Befriedigung“. Die Gläubiger sind nur im Hinblick auf ihre Forderungen planunterworfen, aber nicht weiter.816)
4.
Ergebnis
371 Im Ergebnis ist festzustellen, dass Dritte dem Insolvenzplan nicht zwangsweise unterworfen werden können. Sie können nur durch zivilrechtlich allgemein zulässige Typen von Rechtsgeschäften an der Sanierung mitwirken, also in der Regel durch Abgabe von Willenserklärungen wie Vertragsangeboten. § 230 Abs. 3 InsO dient der Information der Gläubiger über diese Willenserklärung. Die Beifügung der Willenserklärung hat nicht zur Folge, dass der jeweilige Dritte zum Insolvenzplanbeteiligten wird. Grundlage ihrer Verpflichtung ist nur der jeweilige Vertrag. § 257 Abs. 2 InsO erleichtert die Vollstreckung gegen den Dritten.
IV. Übernahmegesellschaft 1.
Regelungsgehalt des § 260 Abs. 3 InsO
372 Einen Spezialfall der Einbeziehung eines Dritten in den Insolvenzplan stellt die Überwachung der Übernahmegesellschaft dar.817) § 260 Abs. 3 InsO definiert die Übernahmegesellschaft als eine juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegründet worden ist, um das Unternehmen oder einen Betrieb des Schuldners zu übernehmen und weiterzu___________ 813) Vgl. Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 230 (Stand: 28.1.2019), Rn. 13; Noack/Bunke, KTS 2005, 129 (136); Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 618. 814) Im Fall des Kaufvertrags wird man außer dem Schuldner und den einzelnen Insolvenzgläubigern im Regelfall den Insolvenzverwalter bzw. Schuldner als weitere Vertragspartei aufnehmen müssen, da erst dieser über den Kaufgegenstand verfügen kann. Dingliche Erklärungen nach § 228 InsO helfen nur teilweise, da weitere ggf. erforderliche Übertragungsakte (z. B. die dingliche Übergabe im Rahmen des § 929 Satz 1 BGB, Stellung des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt nach § 873 Abs. 1 BGB) nicht durch den Plan ersetzt werden können. 815) Im Ergebnis ebenso Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 206; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 102. 816) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 102. 817) Zur Planüberwachung siehe Rn. 309.
160
IV. Übernahmegesellschaft
führen. Die Übernahmegesellschaft ist Dritte, da sie nicht am Insolvenzverfahren beteiligt ist. Sie ist weder Insolvenzgläubigerin noch personenidentisch mit dem Schuldner. § 260 Abs. 3 InsO erlaubt es, durch eine Planklausel die Planüberwachung auf die Übernahmegesellschaft zu erstrecken, wenn den Gläubigern nach dem gestaltenden Teil des Insolvenzplans Ansprüche gegen diese zustehen. Das ist ungewöhnlich, da Dritte üblicherweise nicht vom Plan umfasst werden. § 260 Abs. 3 InsO geht offenbar gedanklich von einem zweistufigen Verfahren aus, wobei beide Schritte freilich gemeinsam mit Planbestätigung in Kraft treten: Zuerst erlangen die Gläubiger Ansprüche gegenüber der Übernahmegesellschaft. Dies muss mangels anderweitiger gesetzlicher Möglichkeit im Wege des § 230 Abs. 3 InsO erfolgen.818) Etwa könnte die Übernahmegesellschaft das Unternehmen mit der Abrede kaufen, dass der Kaufpreis nicht an den Schuldner zu zahlen ist, sondern direkt an die Gläubiger fließen soll. Danach wird die Übernahmegesellschaft durch eine Planklausel der Überwachung unterworfen. Wie im Fall der Überwachung des Schuldners kommt eine Planüberwachung vor allem dann in Betracht, wenn die Gläubiger nicht sofort, sondern über einen längeren Zeitraum aus den Erträgen des Unternehmens befriedigt werden sollen.819)
2.
Beschränkung der Planüberwachung auf Übernahmegesellschaften
Im Einzelnen ist jedoch unklar, welche Aussagekraft § 260 Abs. 3 InsO für die 373 Plandispositivität hat. Da die Norm ihren Anwendungsbereich auf die dort definierte Übernahmegesellschaft beschränkt, handelt es sich offensichtlich um eine Ausnahmevorschrift. Denn wiederholte sie nur anerkannte Grundsätze, wäre sie sinnlos.820) Aus dem Ausnahmecharakter der Norm folgt, dass sich die gesetzliche Grundregel durch einen Umkehrschluss ermitteln lässt. Weniger eindeutig ist, in welche Richtung der Umkehrschluss zu ziehen ist. Hierzu wird die Auffassung vertreten, dass sich kein Dritter, sondern ausschließlich die Übernahmegesellschaft im Fall des § 260 Abs. 3 InsO der Planüberwachung unterwerfen kann. Innerhalb dieser Ansicht ist umstritten, ob die Übernahmegesellschaft der Überwachung zusätzlich zustimmen muss821) oder nicht.822) Eine andere Ansicht meint, dass sich jeder Dritte mit seiner
___________ Ebenso Noack/Bunke, KTS 2005, 129 (135). Kluth, NZI 2003, 361 bezweifelt, ob sich die Gläubiger hierauf einlassen. So aber Kluth, NZI 2003, 361 (362); im Ergebnis wohl auch Haas, in: Kayser/Thole, § 260, Rn. 6. So Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 260, Rn. 22 – 23; Spliedt, in: K. Schmidt, § 260, Rn. 7; wohl auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 260, Rn. 5; ebenso Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 221, Rn. 37, der aber – obwohl beides nicht zwingend gemeinsam vorliegen muss – in der Zustimmung zur Übernahme der Verpflichtung eine konkludente Zustimmung zur Überwachung sehen will. 822) So Ellers, in: SanRKomm, § 260, Rn. 12; Wehner, in: BK-InsO, § 260 (Stand: 9/2017), Rn. 26; wohl auch Mönning, in: Kübler, HRI, § 47, Rn. 47.
818) 819) 820) 821)
161
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
Zustimmung der Planüberwachung unterwerfen kann.823) Der Aussagegehalt des § 260 Abs. 3 InsO läge dann darin, dass bei der Übernahmegesellschaft ausnahmsweise keine Zustimmung erforderlich ist.
374 Die Ansicht, dass sich alle Dritten mit ihrer Zustimmung der Planüberwachung unterwerfen können, wird von der historischen Auslegung nicht gestützt. In der Regierungsbegründung zur InsO wird angeführt, dass die Planüberwachung nur unter den Voraussetzungen des § 260 Abs. 3 InsO auf einen Dritten erstreckt werden kann. Nur bei einer Übernahmegesellschaft ließen sich die Einschränkungen der Geschäftstätigkeit rechtfertigen, mit denen die Überwachung verbunden sei, nämlich die Eingriffsbefugnisse des Insolvenzverwalters (§ 261 Abs. 1 Satz 3, § 22 Abs. 3 InsO) und der Zustimmungsvorbehalt (§ 263 InsO). Die Gesellschafter der neu gegründeten Übernahmegesellschaft könnten sich auf diese Einschränkungen einstellen, aber den Gesellschaftern und Gläubigern aller anderen Gesellschaften seien sie nicht zuzumuten.824) Ob dieses Zumutbarkeitsargument trägt,825) kann dahinstehen. Jedenfalls hat der Gesetzgeber einer Ausweitung der Planüberwachung auf jeden zustimmenden Dritten eine Absage erteilt. Folglich kann die Planüberwachung nur auf die Übernahmegesellschaft erstreckt werden, aber nicht auf andere Dritte. Dieses Ergebnis fügt sich nahtlos ein mit der oben getroffenen Feststellung, dass Dritte überhaupt nicht in den Insolvenzplan einbezogen werden können, sondern durch Erklärungen nach § 230 Abs. 3 InsO nur Verträge mit dem Insolvenzverwalter oder den Gläubigern schließen können.826)
3.
Kein Zustimmungserfordernis der Übernahmegesellschaft
375 Fraglich ist weiter, ob die Übernahmegesellschaft der Überwachung zustimmen muss. Seinem Wortlaut nach erfordert § 260 Abs. 3 InsO eine solche Zustimmung nicht. Zwar ist richtig, dass die Übernahmegesellschaft nicht am Insolvenzplanverfahren beteiligt ist und daher im Grundsatz des Schutzes vor Planregelungen bedarf, die in ihre Rechte eingreifen. Jedoch wird dieses Argument dadurch relativiert, dass § 260 Abs. 3 InsO den Begriff der Übernahmegesellschaft äußerst eng definiert. Er erfasst nur Gesellschaften, die nach Insolvenzeröffnung gegründet wurden und darüber hinaus dem Zweck dienen, den Betrieb des Schuldners fortzuführen. Diese Gesellschaften sieht das Gesetz offenbar nicht als Dritte,827) sondern als reine Zweckgesellschaften. Die Zustimmung solcher Zweckgesellschaften, die kein eigenständiges Geschäft betreiben und ohnehin von den Verfahrensbeteiligten kontrolliert werden, wäre unnötige Förmelei. § 260 Abs. 3 InsO ist eine pragmatische Regelung, die den ___________ 823) So Andres, in: Andres/Leithaus, § 260, Rn. 5; Frank, Überwachung, Rn. 470; Hess, Insolvenzrecht, § 260 Rn. 7; Jaffé, in: FK-InsO, § 260, Rn. 17; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, § 260, Rn. 8; Stephan, in: MüKo-InsO, § 260, Rn. 18. 824) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 215. 825) Kritisch hierzu Kluth, NZI 2003, 361 (363). 826) Siehe Rn. 363. 827) Ebenso Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 137.
162
V. Insolvenzgericht
Regelungsspielraum der Planbeteiligten erweitern will und hierfür das allgemeine Rechtsprinzip, dass der Insolvenzplan nicht Rechte Dritter eingreifen kann, ausnahmsweise durchbricht. Dass hierdurch im Ergebnis die Übernahmegesellschaft hinsichtlich der Übernahme der Verpflichtung nicht planunterworfen ist, aber hinsichtlich der Überwachung schon, erscheint merkwürdig, aber ergibt sich aus dem Ausnahmecharakter der Norm. Auf diesen müsste sich auch berufen, wer die Auffassung vertritt, dass sich nur die Übernahmegesellschaft – wenn auch mit ihrer Zustimmung – der Überwachung unterwerfen kann.
4.
Ergebnis
Der Insolvenzplan kann bestimmen, dass die Erfüllung des Insolvenzplans durch eine 376 Übernahmegesellschaft nach den §§ 260 – 269 InsO überwacht wird. Die Zustimmung der Übernahmegesellschaft ist nicht erforderlich. Die Regelung stellt eine Ausnahme dar, die streng auf den in § 260 Abs. 3 InsO definierten Fall beschränkt ist. Für alle anderen Fälle lässt sich aus § 260 Abs. 3 InsO jedoch ein Umkehrschluss ziehen. Dritte können weder freiwillig noch zwangsweise der Planüberwachung unterworfen werden.
V. Insolvenzgericht Das Insolvenzgericht ist kein Planbeteiligter und grundsätzlich nicht planunterwor- 377 fen.828) Das Gericht hat keine persönlichen vermögensrechtlichen Interessen am und im Verfahren. Eine Beteiligung am Plan wäre mit seiner Stellung als unabhängiges und neutrales Organ der Verfahrensleitung nicht vereinbar. Außerdem ist das Insolvenzgericht als solches nicht rechtsfähig, sondern Teil der Justiz eines Bundeslandes. Es hat keine Kompetenz, irgendwelche Vereinbarungen mit den Verfahrensbeteiligten abzuschließen, sondern agiert nur durch Beschlüsse nach Maßgaben des Gesetzes. So setzt es den Rahmen, in dem die Beteiligten agieren. Der Rahmen selbst steht aber nicht zur Disposition. Daher ist das Gericht nur in solchen Fällen an den Insolvenzplan gebunden, in denen er Vorschriften zur Verfahrensabwicklung enthält, die nach Maßgabe der oben erwähnten Grundsätze829) zulässig sind.
VI. Insolvenzverwalter 1.
Verfahrensrechtliche Stellung des Insolvenzverwalters im Planverfahren
Fraglich ist, ob auch der Insolvenzverwalter materiell planunterworfen ist. Das Ge- 378 setz regelt diese Frage nicht. Es regelt auch nicht, ob der Verwalter Beteiligter oder ___________ 828) Laroche/Pruskowski/Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2160); Madaus, in: Brünkmans/ Thole, Hdb InsPlan, § 23, Rn. 51; Madaus/Heßel, ZIP 2013, 2088 (2090); a. A. Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1623). 829) Siehe Rn. 262.
163
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
Dritter ist. Formell gesehen spielt der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren im Allgemeinen wie auch im Insolvenzplanverfahren im Speziellen eine bedeutende Rolle. Er ist gemäß § 218 Abs. 1 Satz 1 InsO neben dem Schuldner allein planvorlageberechtigt. Wenn er den Plan vorlegt, dann arbeitet er ihn aus, erarbeitet das Sanierungskonzept und muss Gläubiger und Schuldner davon überzeugen. In vielen Fällen ist der Insolvenzverwalter der eigentliche Macher des Plans. Andererseits hat der Insolvenzverwalter kein Stimmrecht (vgl. §§ 230, 238a InsO) und auch kein Beschwerderecht nach § 253 InsO. Er kann allenfalls den Zurückweisungsantrag nach § 253 Abs. 4 InsO stellen und den Plan nach § 248a Abs. 1 InsO korrigieren. In der entscheidenden Abstimmungsphase ist das Verfahren also vollständig von den Gläubigern bestimmt. Im Planverfahren gebührt die Entscheidungsmacht über den Insolvenzplan denjenigen, deren Vermögensinteressen durch den Plan berührt werden. Der Insolvenzverwalter hat (außer seinem Vergütungsinteresse) keine eigenen Vermögensinteressen an der Annahme des Insolvenzplans; ihm kommt in der entscheidenden Phase eher eine Rolle als Berater zu. In diesem Licht dient auch sein Planvorlagerecht nur dem Zweck, dass er quasi als Mediator die Wünsche der Beteiligten aufnehmen (vgl. § 157 Satz 2 InsO) und anhand seiner Kenntnis des Schuldnerunternehmens ein zustimmungsfähiges Konzept ausarbeiten kann. Aus der Tatsache, dass der Insolvenzverwalter keine eigenen Vermögensinteressen hat, folgt im Grundsatz, dass er üblicherweise kein materiell Planbeteiligter im Sinne des § 254 Abs. 1 InsO ist.830)
2.
Zulässigkeit von Vergütungsvereinbarungen
379 Die Frage, ob der Insolvenzverwalter in den Insolvenzplan einbezogen werden kann, stellt sich vor allem dann, wenn die Beteiligten im Insolvenzplan Regelungen über die Höhe der Vergütung des Insolvenzverwalters treffen wollen. Ob solche Regelungen im Insolvenzplan zulässig sind, ist in Rechtsprechung831) und ___________ 830) Ebenso BGH, Beschluss v. 22.2.2007 – IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784 (Rn. 7); Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 7); Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 21); AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris-Rn. 106); Beck/Pechartscheck, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 3, Rn. 37; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 93; Ganter, NZI 2016, 377 (384); Haas, in: Kayser/ Thole, § 217, Rn. 14; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 254, Rn. 2; Lorenz, in: FK-InsO, Vor § 1 InsVV, Rn. 35; Schöttler, NZI 2014, 852 (853); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 37; Thies, in: HambKomm-InsO, § 254, Rn. 4. 831) Für die Zulässigkeit: AG Hannover, Beschluss v. 6.11.2015 – 908 IK 1886/13 – 7, ZIP 2015, 2385; AG Wolfratshausen, Beschluss v. 26.11.2007 – 2 IN 16/05; LG München I, Beschluss v. 2.8.2013 – 14 T 16050/13, NZI 2013, 972 (973). Dafür bei Einstimmigkeit: LG Heilbronn, Beschluss v. 25.3.2015 – Bm 1 T 130/15, ZInsO 2015, 910 (911); LG Münster, Beschluss v. 1.10.2015 – 5 T 526/15, ZIP 2016, 1179 – 1180. Dagegen: AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris-Rn. 106); AG Köln, Beschluss v. 6.4.2016 – 74 IN 45/15, NZI 2016, 537 (539); AG München, Beschluss v. 21.6.2013 – 1542 IN 3485/02, BeckRS 2013, 13792; LG Hamburg, Beschluss v. 7.2.2018 – 326 T 120/16, NZI 2018, 261 (263); LG Mainz, Beschluss v. 2.11.2015 – 8 T 182/15, ZIP 2016, 587 (589 – 590).
164
VI. Insolvenzverwalter
Literatur832) umstritten. Der BGH hält Vergütungsvereinbarungen für unzulässig.833)
a) Festsetzung der Vergütung im gesetzlichen Regelfall Der Insolvenzverwalter hat einen Anspruch auf eine Vergütung und die Erstattung 380 angemessener Auslagen, § 63 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Rechtsgrundlagen hierfür ergeben sich im gesetzlichen Regelfall aus der InsO und in den Einzelheiten aus der auf Grundlage des § 65 InsO erlassenen Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV). Der Regelsatz wird dabei vor allem nach dem Wert der Insolvenzmasse nach Maßgabe der Schlussrechnung berechnet, wobei der Schwierigkeit der Amtstätigkeit durch entsprechende Zu- oder Abschläge Rechnung getragen wird, § 63 Abs. 1 Satz 2, 3 InsO, § 1 Abs. 1 InsVV. Das Insolvenzgericht setzt auf Antrag des Insolvenzverwalters die Höhe der Vergütung und der zu erstattenden Auslagen durch Beschluss fest, § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 Satz 1 InsVV. Diese Festsetzung der Verwaltervergütung führt zu einiger Unsicherheit: einerseits 381 für den Insolvenzverwalter, der nicht weiß, wie hoch seine Vergütung sein wird, und andererseits für die Planbeteiligten, die nicht wissen, wie hoch die Planquote sein wird. Die Berechnungsgrundlagen der Vergütung stehen erst nach Beendigung des Verwalteramtes fest. Aber gerade bei Insolvenzplänen mit Fortsetzung des Ge___________ 832) Für die Zulässigkeit: Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 55; Bähr, EWiR 2016, 85 (86); Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 46; Beck/Pechartscheck, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 3, Rn. 41; Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1300); Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 376; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 163; Friel, in: SanRKomm, § 217, Rn. 40; Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622; Haarmeyer/Mock, Insolvenzrechtliche Vergütung (InsVV), Vorbem. Rn. 83 – 84; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 7; Hess, in: KK-InsO, § 63, Rn. 31; Hingerl, ZIP 2015, 159 (163); Hingerl, ZInsO 2018, 776; Horstkotte, ZInsO 2014, 1297 (1310 – 1312); Jaffé, in: FK-InsO, § 217, Rn. 4; Mock, KTS 2012, 59 (94 – 95); Mock, in: Uhlenbruck, § 63, Rn. 71; Prasser/Stoffler, in: Kübler/Prütting/ Bork, Vor § 1 InsVV (Stand: 4/2015), Rn. 65; Reinhardt, ZInsO 2015, 943 (945); Schmitt, in: FK-InsO, § 63, Rn. 54; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 17.24; Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 19. Bei Einstimmigkeit und/oder Angemessenheitsprüfung durch das Gericht: Graeber, ZIP 2013, 916 (917); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 37; Stephan, in: MüKo-InsO, § 63, S. 52; Stephan/Riedel, in: Stephan/Riedel, Einleitung, Rn. 32. Dagegen: Büttner, in: HambKomm-InsO, § 64, Rn. 18; Ganter, ZIP 2014, 2323 (2333); Ganter, NZI 2016, 377 (384); Holzer, NZI 2013, 1049 (1053); Keller, in: Bork/Hölzle, Hdb InsR, Kapitel 25, Rn. 26; Keller, in: Kayser/Thole, § 64, Rn. 36 – 39; Laroche/Pruskowski/Schöttler/ Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2160); Lorenz, in: Lorenz/Klanke, Vor § 1 InsVV, Rn. 31 – 32; Lorenz, in: FK-InsO, Vor § 1 InsVV, Rn. 33; Madaus, ZIP 2016, 1141 (1149 – 1151); Madaus/ Heßel, ZIP 2013, 2088 (2089 – 2090); Schöttler, NZI 2014, 852; Skauradszun/Schmitt, DZWIR 2017, 338 (339); Smid, ZInsO 2016, 128 (134); Storz, EWiR 2016, 183 (184); Storz, NZI 2017, 264; Vuia, in: K. Schmidt, § 63, Rn. 10; Weiß, in: Nerlich/Römermann, § 63 (Stand: 6/2018), Rn. 8. 833) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 20); vgl. bereits Beschluss v. 22.2.2007 – IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784 (Rn. 7).
165
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
schäftsbetriebs kann es auch dann noch zu Wertsteigerungen kommen.834) Daher muss der Festsetzung ein Schätzwert zugrunde gelegt werden, § 1 Abs. 1 Satz 2 InsVV. Auch bei feststehenden Vergütungsgrundlagen wird weitere Unsicherheit dadurch verursacht, dass die Festsetzung der Vergütung, und insbesondere der Zuund Abschläge (vgl. § 3 InsVV), allein dem Insolvenzgericht obliegt. Die Beteiligten haben hierauf nur wenig Einfluss.835) Allenfalls kann der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Antragstellung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 InsVV) den Höchstbetrag seiner Vergütung festlegen, da das Gericht bei der Festsetzung nicht über den Antrag hinausgehen darf.836) Die Unsicherheit der Höhe der Vergütungsfestsetzung führt im Insolvenzplanverfahren dazu, dass der Planersteller die den Gläubigern zukommende Planquote nicht genau berechnen kann, da er schätzen muss, wie hoch die abzuziehende Verwaltervergütung sein wird. Daher wird verbreitet ein praktisches Bedürfnis für Vergütungsregelungen angenommen.837) Außerdem wird teilweise geltend gemacht, die Gläubiger hätten einen besseren Einblick in die Tätigkeit des Insolvenzverwalters als das Insolvenzgericht.838)
b) Stimmen für die Zulässigkeit 382 Soweit Vergütungsvereinbarungen für zulässig gehalten werden, werden sie teilweise als Regelungen zur Verfahrensabwicklung im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 5 InsO,839) vereinzelt auch als Verteilungsregelung im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 4 InsO840) aufgefasst. Überwiegend wird auch bei Vorliegen einer Vergütungsvereinbarung ein formeller Festsetzungsakt durch das Insolvenzgericht für erforderlich gehalten.841) ___________ 834) Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 24.10. 835) Mit Vergleich zum englischen Recht Beissenhirtz, in: FS Braun, S. 183 (196). 836) BGH, Beschluss v. 12.1.2006 – IX ZB 127/04, ZIP 2006, 672 (Rn. 18); Beschluss v. 28.9.2006 – IX ZB 108/05, NZI 2007, 45 (Rn. 13). 837) So etwa AG Hannover, Beschluss v. 6.11.2015 – 908 IK 1886/13 – 7, ZIP 2015, 2385; Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 55; Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1300); Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 370; Graeber, ZIP 2013, 916 (919); LG Heilbronn, Beschluss v. 25.3.2015 – Bm 1 T 130/15, ZInsO 2015, 910 (911); LG München I, Beschluss v. 2.8.2013 – 14 T 16050/13, NZI 2013, 972 (973); Prasser/Stoffler, in: Kübler/Prütting/Bork, Vor § 1 InsVV (Stand: 4/2015), Rn. 66. 838) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 378 – 379; Graeber, ZIP 2013, 916; Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1624). 839) AG Hannover, Beschluss v. 6.11.2015 – 908 IK 1886/13 – 7, ZIP 2015, 2385; Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 55; Graeber, ZIP 2013, 916 (918); LG München I, Beschluss v. 2.8.2013 – 14 T 16050/13, NZI 2013, 972 (973); LG Münster, Beschluss v. 1.10.2015 – 5 T 526/15, ZIP 2016, 1179 (1180); Reinhardt, ZInsO 2015, 943 (945); wohl auch Hingerl, ZIP 2015, 159 (161); im Grundsatz ebenso Madaus/Heßel, ZIP 2013, 2088, die aber im Ergebnis trotzdem zur Unzulässigkeit der Klausel kommen. 840) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 380. 841) Graeber, ZIP 2013, 916 (919); Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1623); LG Heilbronn, Beschluss v. 25.3.2015 – Bm 1 T 130/15, ZInsO 2015, 910 (911); LG München I, Beschluss v. 2.8.2013 – 14 T 16050/13, NZI 2013, 972 (973); Mock, in: Uhlenbruck, § 63, Rn. 70. Entgegen Madaus, ZIP 2016, 1141 (1150) ist dies nicht unstreitig, a. A. Hingerl, ZIP 2015, 159 (162 – 163); Reinhardt, ZInsO 2015, 943 (945).
166
VI. Insolvenzverwalter
Bei Vorliegen einer Vergütungsvereinbarung habe dies jedoch nur formelle Bedeutung.842) Dass die Beteiligten Vereinbarungen über die Kostentragung regeln können, bei denen das Gericht einen formellen Feststellungsbeschluss fasse, zeige sich auch an § 278 Abs. 6 ZPO, der über § 4 InsO auch im Insolvenzverfahren anwendbar sei.843) Auch der Vergleich mit anderen Amtspersonen zeige ein Nebeneinander von gerichtlicher und privatrechtlich-autonomer Vergütungsfestsetzung.844) Die Befürworter von Vergütungsvereinbarungen sehen keine besondere Gefahr, dass 383 Vergütungsvereinbarungen sich auf die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters auswirken könnten.845) Jedenfalls habe das ESUG die Unabhängigkeit des Verwalters geschwächt, indem in § 56 Abs. 1 Satz 3 InsO die Kriterien für die Unabhängigkeit aufgeweicht wurden und dem Gläubigerausschuss in § 56a InsO ein grundsätzlich bindendes Vorschlagsrecht (Abs. 2) bzw. sogar ein Wahlrecht (Abs. 3) eingeräumt wurde. Dann müssten Vergütungsvereinbarungen erst recht zulässig sein.846) Außerdem seien die anderen Beteiligten durch die Vor- und Bestätigungsprüfung durch das Gericht und namentlich durch die §§ 231, 245, 250 Nr. 2, §§ 251, 253 InsO vor einer zu hohen Vergütung geschützt.847) Dabei könne das Gericht auch die Unabhängigkeit des Verwalters prüfen und ggf. sicherstellen.848) Jedenfalls bei Einstimmigkeit solle das Gericht sich nicht gegen den übereinstimmenden Willen aller Beteiligten stellen.849)
___________ 842) Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 55; Bähr, EWiR 2016, 85 (86); Graeber, ZIP 2013, 916 (917); Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1623); Haarmeyer/ Mock, Insolvenzrechtliche Vergütung (InsVV), Vorbem. Rn. 84; Prasser/Stoffler, in: Kübler/ Prütting/Bork, Vor § 1 InsVV (Stand: 4/2015), Rn. 65; Schmitt, in: FK-InsO, § 63, Rn. 52; Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 19. 843) Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1300); Graeber, ZIP 2013, 916 (917 – 918); LG München I, Beschluss v. 2.8.2013 – 14 T 16050/13, NZI 2013, 972 (973); LG Münster, Beschluss v. 1.10.2015 – 5 T 526/15, ZIP 2016, 1179 (1180). 844) Mock, KTS 2012, 59 (93). 845) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 8, Rn. 385; Reinhardt, ZInsO 2015, 943 (945); Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 19. 846) Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1301); Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1624); Mock, KTS 2012, 59 (92 – 93). 847) Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1300 – 1301); Hingerl, ZIP 2015, 159 (162); Hingerl, ZInsO 2018, 776 (777); vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 19. Auf eine Angemessenheitsprüfung stellt Stephan, in: MüKo-InsO, § 63, Rn. 52 ab, wenn ein Beteiligter der Vergütungsvereinbarung widerspricht. 848) AG Hannover, Beschluss v. 6.11.2015 – 908 IK 1886/13 – 7, ZIP 2015, 2385 (2386); Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1301). 849) Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 55; Bähr, EWiR 2016, 85 (86); Graeber, ZIP 2013, 916 (918); LG Heilbronn, Beschluss v. 25.3.2015 – Bm 1 T 130/15, ZInsO 2015, 910 (911); LG München I, Beschluss v. 2.8.2013 – 14 T 16050/13, NZI 2013, 972 (973).
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
c)
Stimmen gegen die Zulässigkeit
384 Andere Stimmen lehnen Vergütungsvereinbarungen ab, da die Vergütung dem Einflussbereich der Gläubiger entzogen sei.850) Der Insolvenzplan könne weder das Insolvenzgericht binden851) noch den Verwalter, da dieser kein Beteiligter sei.852) Außerdem sei die Verwaltervergütung gemäß den §§ 53, 54 Nr. 2 InsO eine Masseverbindlichkeit, in die durch den Plan nicht eingegriffen werden könne.853)
385 Bereits vor Inkrafttreten der InsO sei es ständige Rechtsprechung gewesen, dass Vergütungsvereinbarungen unzulässig seien, um die Unabhängigkeit des Konkursverwalters zu schützen.854) Denn Vergütungsvereinbarungen gefährdeten die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters.855) Aus diesem Grund habe der InsO-Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, Vergütungsvereinbarungen zu ermöglichen.856) Stattdessen überlasse das Gesetz die Festsetzung der Vergütung gemäß § 64 InsO dem Gericht. Diese Festsetzungsbefugnis sei auch materiell zu verstehen und dürfe nicht ausgehöhlt werden.857)
386 Teils wird auch argumentiert, dass das Beschwerderecht jedes Insolvenzgläubigers gegen den Festsetzungsbeschluss aus § 64 Abs. 3 InsO nicht beeinträchtigt werden dürfe.858) Deshalb sei § 278 Abs. 6 ZPO im Insolvenzverfahren nicht anwendbar.859) ___________ 850) Schöttler, NZI 2014, 852. 851) Madaus/Heßel, ZIP 2013, 2088 (2090). 852) AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris-Rn. 106); Ganter, NZI 2016, 377 (384); Lorenz, in: FK-InsO, Vor § 1 InsVV, Rn. 35; Schöttler, NZI 2014, 852 (853). 853) Ganter, NZI 2016, 377 (384); Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, S. 141; Skauradszun/Schmitt, DZWIR 2017, 338 (339); Smid, ZInsO 2016, 128 (134). 854) Laroche/Pruskowski/Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2160 – 2161); Madaus/Heßel, ZIP 2013, 2088 (2089); Weiß, in: Nerlich/Römermann, § 63 (Stand: 6/2018), Rn. 8. 855) AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris-Rn. 106); Ganter, ZIP 2014, 2323 (2333); Holzer, NZI 2013, 1049 (1053); Keller, ZIP 2014, 2014 (2017); Keller, in: Kayser/Thole, § 64, Rn. 37; Lorenz, in: FK-InsO, Vor § 1 InsVV, Rn. 35; Schöttler, NZI 2014, 852 (854); Storz, EWiR 2016, 183 (184). 856) Büttner, in: HambKomm-InsO, § 63, Rn. 22; Madaus, ZIP 2016, 1141 (1150); Madaus/Heßel, ZIP 2013, 2088 (2089); Schöttler, NZI 2014, 852 (854) mit Verweis auf BT-Drs. 12/7302, 162. 857) LG Mainz, Beschluss v. 2.11.2015 – 8 T 182/15, ZIP 2016, 587 (590); AG Hamburg, Beschluss v. 19.4.2016 – 67c IN 232/13, ZIP 2016, 2492 (Juris-Rn. 106); AG Köln, Beschluss v. 6.4.2016 – 74 IN 45/15, NZI 2016, 537 (539); AG München, Beschluss v. 21.6.2013 – 1542 IN 3485/02, BeckRS 2013, 13792; Büttner, in: HambKomm-InsO, § 64, Rn. 18; Laroche/ Pruskowski/Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2160); Madaus, ZIP 2016, 1141 (1150); Schöttler, NZI 2014, 852 (853); Smid, ZInsO 2016, 128 (134); Storz, EWiR 2016, 183 (184); Storz, NZI 2017, 264 (265). 858) Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1623); Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, S. 141; Keller, in: Kayser/Thole, § 64, Rn. 37. 859) LG Mainz, Beschluss v. 2.11.2015 – 8 T 182/15, ZIP 2016, 587 (590); Schöttler, NZI 2014, 852 (853).
168
VI. Insolvenzverwalter
Die Variante „Verfahrensabwicklung“ in § 217 Satz 1 Var. 5 InsO ändere nichts an der Unzulässigkeit, da der ESUG-Gesetzgeber nichts an unzulässigen Regelungsgegenständen ändern wollte.860)
d) Die Ansicht des BGH Der BGH folgt in einer ausführlich begründeten Entscheidung auf ganzer Linie der 387 Ansicht, die Vergütungsvereinbarungen für unzulässig hält. Die Insolvenzverwaltervergütung falle unter keinen der Fälle des als abschließend konzipierten § 217 InsO.861) Außerdem handele es sich um eine Masseverbindlichkeit, die keiner Insolvenzplanregelung zugänglich sei.862) Der Insolvenzverwalter sei kein Beteiligter des Insolvenzplans im Sinne der §§ 254, 254a InsO.863) Der BGH wendet sich ausdrücklich gegen jede Ausweitung der Regelungsbefugnis der Beteiligten. Die Gläubigerautonomie bestehe nur in dem Rahmen, den das Gesetz ihr zugestehe.864) Der BGH führt aus, dass der Gesetzgeber für die Vergütungsfestsetzung ein beson- 388 deres, abschließend geregeltes Verfahren vorgesehen habe, das in den §§ 64, 65 InsO, §§ 1 ff. InsVV dem Insolvenzgericht die Aufgabe zuweise, die Vergütung festzusetzen.865) § 278 Abs. 6 ZPO sei daher nicht über § 4 InsO anwendbar.866) Er betont die große Bedeutung der in § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO vorgeschriebenen Unabhängigkeit und Neutralität des Insolvenzverwalters.867) Die Bestimmungen über die Höhe und Festsetzung der Vergütung sollten die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters in wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht schützen. Das sei auch deshalb erforderlich, da dem Insolvenzverwalter hoheitliche Befugnisse verliehen seien.868) Ferner schütze die Festsetzungskompetenz des Insolvenzgerichts die Interessen der Beteiligten vor einer überhöhten Vergütung, die Interessen des Insolvenzverwalters vor einer zu niedrigen Vergütung und die öffentlichen Interessen.869) Die Annahme einer rein formellen Festsetzungsbefugnis des Gerichts könne diese Schutzzwecke nicht erfüllen und widerspräche den gesetzlichen Wertungen.870) ___________ 860) Laroche/Pruskowski/Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (Fn. 60); Lorenz, in: FK-InsO, Vor § 1 InsVV, Rn. 35; Schöttler, NZI 2014, 852 (853); Skauradszun/Schmitt, DZWIR 2017, 338 (339); Storz, EWiR 2016, 183 (184); Storz, NZI 2017, 264 (265). 861) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 24). 862) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 21 – 23). 863) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 21). 864) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 36). 865) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 28). 866) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 37). 867) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 30). 868) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 31). 869) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 32). 870) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 35).
169
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
389 Der BGH verweist auf seine ständige Rechtsprechung, in der er Vergütungsvereinbarungen des Konkursverwalters für nichtig gehalten habe, weil die Vergütung in § 85 KO 1898 ausschließlich geregelt war, um die Unabhängigkeit des Konkursverwalters zu sichern und sachfremde Einflüsse auszuschließen.871) Dieser Zweck bestehe unter der InsO fort. Im Gesetzgebungsverfahren sei bewusst davon abgesehen worden, Vergütungsvereinbarungen zu ermöglichen.872) Der BGH geht auch auf die Neuregelungen des ESUG ein, die auf den Fall noch nicht anwendbar waren. Daraus, dass § 217 Satz 1 InsO nunmehr die Verfahrensabwicklung als möglichen Gegenstand eines Insolvenzplans nennt, ergebe sich nichts für die Insolvenzverwaltervergütung. Die Norm solle nur die Zulässigkeit verfahrensbegleitender Insolvenzpläne klarstellen, aber keine Änderung im Hinblick auf planfeste Vorschriften herbeiführen.873) Die neuen Einflussmöglichkeiten der Gläubiger auf die Bestellung des Insolvenzverwalters in § 56a InsO sieht der BGH nicht als Indiz, dass die Unabhängigkeit des Verwalters geschwächt werden solle. Vielmehr müsse seine gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderliche Unabhängigkeit umso mehr gestärkt und deshalb der Einfluss der Gläubiger auf die Vergütung verhindert werden.874)
390 Zuletzt zeigt der BGH einen Weg auf, wie Planbeteiligte sich seiner Ansicht nach vor einer zu hohen Vergütungsfestsetzung schützen könnten. Er empfiehlt, der Insolvenzverwalter solle gegenüber allen Beteiligten eine Erklärung im Sinne des § 230 Abs. 3 InsO abgeben, wonach er sich verpflichte, keine einen bestimmten Betrag übersteigende Vergütung zu beantragen. Das belasse ihm trotzdem die Entscheidungsgewalt, die von ihm als angemessen erachtete Vergütung zu beantragen und schütze seine Unabhängigkeit und die Festsetzungsbefugnis des Insolvenzgerichts, da sie nur den Insolvenzverwalter binde. Das Gericht sei lediglich durch den ne ultra petita-Grundsatz in den § 8 InsVV, § 4 InsO, § 308 ZPO eingeschränkt.875)
e)
Stellungnahme
aa) Ausgestaltungsvarianten 391 Zunächst ist zu überlegen, wie eine Vergütungsvereinbarung im Insolvenzplan konkret ausgestaltet sein müsste. Dies wird in der Literatur meist nicht hinreichend thematisiert. Denkbar ist eine Klausel, die das gerichtliche Feststellungsverfahren völlig ersetzt und dem Verwalter ein Entnahmerecht in einer bestimmten Höhe zu___________ 871) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 26) mit Verweis auf RG, Urt. v. 15.4.1935 – VI 561/34, RGZ 147, 366 (367) und Hahn, Motive zur KO, S. 282. 872) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 33). 873) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 38). 874) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 39). 875) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 40 – 41). Zur Widersprüchlichkeit dieses Abschnitts siehe Rn. 179.
170
VI. Insolvenzverwalter
erkennt. Alternativ könnte eine Klausel das formelle Festsetzungsverfahren beibehalten, aber das Insolvenzgericht bei seiner Entscheidung binden. Ferner wäre es möglich, den Insolvenzverwalter zu verpflichten, seinen Vergütungsantrag nur in einer bestimmten Höhe zu stellen. In subjektiver Hinsicht muss unterschieden werden zwischen dem Schuldnerplan, 392 der gänzlich ohne die Mitwirkung des Verwalters zustande kommt, und dem Verwalterplan, den der Verwalter selbst vorlegt und auf den der Verwalter somit Einfluss hat. Außerdem ist denkbar, dass der Insolvenzverwalter eine Erklärung im Sinne des § 230 Abs. 3 InsO abgibt, in dem er die Planklausel akzeptiert. In dem Fall vor dem BGH lag ein Verwalterplan vor;876) eine Erklärung nach § 230 Abs. 3 InsO hat der Verwalter dort anscheinend nicht abgegeben.877)
bb) Ausgangspunkt: § 217 InsO Zunächst ist von § 217 InsO auszugehen und zu prüfen, ob Vergütungsvereinbarungen 393 unter eine der dort aufgeführten Regelungsmaterien fällt. Wie der BGH richtig feststellt,878) fällt die Vergütungsvereinbarung nicht bereits deshalb unter die Variante „Befriedigung“ (§ 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO), weil die Höhe der Vergütung Auswirkungen auf die Höhe der Planquote hat. Dies würde den Tatbestand völlig entgrenzen. Sie fällt auch nicht unter die Tatbestandsvariante „Verwertung“ (§ 217 Satz 1 Var. 3 InsO), da sie keinen Bezug zur Verwertung von Gegenständen der Insolvenzmasse hat. Auch die Variante „Verteilung“ (§ 217 Satz 1 Var. 4 InsO) ist nicht einschlägig, da sie sich nur auf die §§ 187 – 206 InsO bezieht. Daher kommt allein die Variante „Verfahrensabwicklung“ (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) 394 in Betracht. Eine Regelung, die das gesetzliche Festsetzungsverfahren abschafft oder modifiziert, würde durchaus die Verfahrensabwicklung betreffen. Das Argument des BGH, dass die Variante nur auf verfahrensbegleitende Pläne anwendbar sei,879) greift indes in Bezug auf diese Variante etwas kurz, weil dieses Argument isoliert gesehen die Möglichkeit offenlässt, dass bei verfahrensbegleitenden Plänen anders zu entscheiden wäre. Tatsächlich sprechen zwei Punkte gegen die Zulässigkeit: Erstens ist die Zulässigkeit zweifelhaft, da die Beteiligten ihr Beschwerderecht gemäß § 64 Abs. 3 InsO verlieren – auch wenn dieses nur Vermögensrechte schützt – und das Gericht seine Festsetzungsbefugnis einbüßt.880) Zweitens geht die konkrete Festsetzung der Höhe der Vergütung über eine reine Verfahrensregelung hinaus. Sie hat materiellrechtliche Wirkung. Denn der Vergütungsanspruch entsteht materiell___________ 876) 877) 878) 879) 880)
BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 2). LG Mainz, Beschluss v. 2.11.2015 – 8 T 182/15, ZIP 2016, 587. BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 24). BGH, Urt. v. 5.12.1991 – IX ZR 275/90, BGHZ 116, 233 (Rn. 38). Siehe Rn. 262.
171
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
rechtlich bereits mit der Ausübung der Verwaltertätigkeit.881) Die Festsetzungsentscheidung des Insolvenzgerichts nach § 64 Abs. 1 InsO stellt die Höhe des Anspruchs fest und schafft die Rechtsgrundlage für den Insolvenzverwalter, die festgesetzte Vergütung der Insolvenzmasse zu entnehmen.882) Will nun der Insolvenzplan die Höhe des Vergütungsanspruchs festlegen, so wird hierdurch der materiellrechtliche Anspruch modifiziert. Das ist von der Variante „Verfahrensabwicklung“ nicht umfasst.
cc) Subjektive Einbeziehung des Insolvenzverwalters 395 Doch es gibt noch weitere Gründe, aus denen Vergütungsregelungen im Insolvenzplan unzulässig sind. In subjektiver Hinsicht ist festzustellen, dass der Insolvenzverwalter nicht Beteiligter des Insolvenzplans im Sinne des § 254 Abs. 1 InsO ist. Sein Vergütungsanspruch stellt gemäß den §§ 53, 54 Nr. 2 InsO eine Masseverbindlichkeit dar, über die die Planbeteiligten nicht verfügen können.883) Daher scheitert die Vergütungsregelung auch an der subjektiven Reichweite des Insolvenzplans. Teilweise werden Vergütungsvereinbarungen zumindest in Verwalterplänen für zulässig gehalten.884) Dass das Ausmaß zulässiger Planregelungen von der Person des Planvorlegers abhängen soll, ist nirgendwo im Gesetz angelegt. Richtigerweise wird der Insolvenzverwalter auch dann nicht zum Planbeteiligten, wenn er den Plan vorgelegt hat. Hierfür spricht auch, dass er kein Stimmrecht hat. Vergütungsregelungen bedürften somit zwingend einer Erklärung des Insolvenzverwalters nach § 230 Abs. 3 InsO (siehe dazu sogleich).
dd) Gesetzliches Verbot von Vergütungsvereinbarungen 396 Im Übrigen sind Vergütungsvereinbarungen gesetzlich verboten. Bereits im überkommenen Recht war ausschließlich die gerichtliche Vergütungsfestsetzung nach § 85 KO 1898 erlaubt; Vergütungsvereinbarungen zwischen dem Verwalter und einzelnen Beteiligten waren unzulässig und gemäß § 134 BGB nichtig.885) Wie in den Motiven zur KO hervorgehoben wird, sollte damit der Gefahr begegnet werden, dass die unabhängige Stellung des Konkursverwalters als Organ zur Wahrung öffentlicher Belange beeinträchtigt wird.886) Später wurde dieser sowohl für das Kon___________ 881) BGH, Urt. v. 5.12.1991 – IX ZR 275/90, BGHZ 116, 233 (242); Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 29); Keller, in: Kayser/Thole, § 63, Rn. 8. 882) Keller, in: Kayser/Thole, § 64, Rn. 34; Schilken, in: Jaeger-InsO, § 63, Rn. 25; Weiß, in: Nerlich/ Römermann, § 64 (Stand: 6/2018), Rn. 1. 883) Zu Masseforderungen siehe Rn. 359. 884) Blankenburg, ZInsO 2015, 1293 (1300 – 1301). 885) BGH, Urt. v. 20.12.1976 – II ZR 215/75, WM 1977, 256; Urt. v. 14.10.1981 – IVa ZR 317/80, ZIP 1981, 1350 (1351); Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 26); RG, Urt. v. 15.4.1935 – VI 561/34, RGZ 147, 366 (367); Weber, in: Jaeger-KO, § 85, Rn. 2. 886) Hahn, Motive zur KO, S. 282.
172
VI. Insolvenzverwalter
kurs- als auch für das Vergleichsverfahren geltende Rechtsgrundsatz in § 43 Abs. 4 VglO 1935 ausdrücklich normiert. Auch der InsO-Gesetzgeber hat das Problem gesehen und sich bewusst gegen die Ermöglichung von Vergütungsvereinbarungen im Insolvenzplan und für die Beibehaltung der alten Rechtslage entschieden.887) Durch die abschließende Regelung in den § 64 InsO, § 8 InsVV ist für die Anwendung der § 4 InsO i. V. m. § 278 Abs. 6 ZPO kein Raum. Die ausschließlich gerichtliche Vergütungsfestsetzung dient dem Zweck, die Un- 397 abhängigkeit des Insolvenzverwalters zu schützen.888) § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO erfordert, dass der Insolvenzverwalter von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängig zu sein hat. Das ist kein Selbstzweck – durch die Unabhängigkeit versucht das Gesetz, zu erreichen, dass sich der Verwalter gegenüber allen Beteiligten neutral verhält.889) Das ausschlaggebende Leitbild ist also die Neutralität und Unvoreingenommenheit des Verwalters.890) Dass diese Neutralität gefährdet ist, wenn der Insolvenzverwalter von bestimmten Beteiligten abhängig ist, weil jene Einfluss auf seine Vergütung haben, liegt auf der Hand. Solche Beteiligten könnten ihren Einfluss auf den Verwalter ausnutzen und sich mit seiner Hilfe ungerechtfertigte Vorteile verschaffen. Entstünde der Eindruck, dass der Verwalter mit bestimmten Beteiligten zum Nachteil anderer kollusiv zusammenwirkt, hätte dies desaströse Auswirkungen auf das Vertrauen der anderen Beteiligten und der Öffentlichkeit in die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Das untermauert, wie wichtig die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters ist. Daran hat die Einführung des § 56a InsO nichts geändert. Der Insolvenzverwalter hat immer noch genauso neutral und unabhängig zu sein wie zuvor. Daher hat der BGH recht, wenn er die Notwendigkeit, die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters sicherzustellen, angesichts des § 56a InsO erst recht betont.891) Gegen die Gefahr der Einflussnahme auf den Insolvenzverwalter wird angeführt, 398 dass jedenfalls bei Einstimmigkeit keine Gefahr gegeben sei.892) Das ist unzutreffend. Erstens ist nicht einzusehen, warum bei Einstimmigkeit mehr bzw. andere Planregelungen zulässig sein sollen als bei Plänen, die mit den gemäß § 244 InsO erforderlichen Mehrheiten angenommen wurden.893) Diese Unterscheidung ist nir___________ 887) BT-Drs. 12/7302, 162. 888) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 31); Keller, ZIP 2014, 2014 (2017 – 2018); Madaus/Heßel, ZIP 2013, 2088 (2089); Stephan, in: MüKo-InsO, § 63, Rn. 48; Storz, NZI 2017, 264. 889) Vgl. BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 30), der dort allerdings die beiden Aspekte Unabhängigkeit und Neutralität vermischt; siehe auch Gerhardt, in: JaegerInsO, § 56, Rn. 42 – 50; Ries, in: K. Schmidt, § 56, Rn. 23 m. w. N. 890) Gerhardt, in: Jaeger-InsO, § 56, Rn. 42 – 43; Ries, in: K. Schmidt, § 56, Rn. 23 m. w. N. 891) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 39). 892) Graeber, ZIP 2013, 916 (917); Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1180); LG Heilbronn, Beschluss v. 25.3.2015 – Bm 1 T 130/15, ZInsO 2015, 910 (911); Stephan, in: MüKo-InsO, § 63, Rn. 52; Stephan/Riedel, in: Stephan/Riedel, Einleitung, Rn. 32. 893) Ebenso Haarmeyer, ZInsO 2016, 1622 (1625).
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
gends im Gesetz angelegt. Zweitens schließt Einstimmigkeit die Gefährdung der Unabhängigkeit nicht aus. Es gibt immer Gläubigergruppen, die ihre Interessen stärker zur Geltung bringen und auf den Insolvenzplan Einfluss nehmen können als andere. Sie könnten genauso auch den Insolvenzverwalter beeinflussen. Die anderen Beteiligten haben hiergegen keine Handhabe, sondern können nur über den Plan als Ganzes abstimmen. Wenn der Plan sie nur etwas besserstellt als das Regelverfahren, werden sie zustimmen. Außerdem nehmen praktisch nie alle Gläubiger an der Abstimmung teil; manche melden ihre Forderung nicht einmal an. Der Insolvenzplan erstreckt sich gemäß § 254b InsO auch auf sie. Folglich wird es in der Praxis nie zu einer einstimmigen Annahme durch wirklich alle Planbeteiligten kommen. Drittens ist dem BGH recht zu geben, dass das gerichtliche Festsetzungsverfahren auch die öffentlichen Interessen schützt.894) Dazu gehört auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität und Neutralität des jeweiligen Verwalters und des gesamten Insolvenzverfahrens. Es darf nicht der böse Schein von Kungeleien entstehen.895)
ee) Unzulässigkeit auch bei Verpflichtung des Verwalters nach § 230 Abs. 3 InsO 399 In seinem obiter dictum versucht der BGH, der Praxis eine Brücke zu bauen, indem er vorschlägt, der Insolvenzverwalter könne gegenüber allen Beteiligten eine Erklärung nach § 230 Abs. 3 InsO abgeben, in der er sich verpflichtet, keine einen bestimmten Betrag übersteigende Vergütung zu beantragen.896) Das ist inkonsequent. Wie oben dargestellt, scheitern Vergütungsvereinbarungen an drei Punkten, und zwar (i) an § 217 InsO, (ii) an der fehlenden Planunterworfenheit des Verwalters und (iii) an dem gesetzlichen Verbot. § 230 Abs. 3 InsO zeigt, dass die Beteiligten mit einem Dritten – also auch dem Verwalter – einen Vertrag schließen können, den dieser durch eine Willenserklärung annimmt. Damit ist aber nur eines der drei Probleme gelöst. Da die Insolvenzverwaltervergütung nicht unter § 217 InsO fällt, fehlt den Planbeteiligten die Kompetenz, die Vergütungsvereinbarung auch anzunehmen.
400 Außerdem besteht auch hier die Gefahr für die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters in gleicher Weise fort wie zuvor. Warum dies nun nicht mehr der Fall sein soll, wird vom BGH zwar behauptet, aber nicht begründet.897) Ferner ist es widersprüchlich, dass der BGH meint, es bleibe „die freie Entscheidungsgewalt des Insolvenzverwalters erhalten“898). Der Sinn der Erklärung nach § 230 Abs. 3 InsO ist es gerade, den Verwalter zu binden. Dass das Insolvenzgericht durch die Vereinba___________ 894) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 32). 895) Auch an anderer Stelle versucht das Gesetz, Kungeleien zu vermeiden: § 162 InsO erfordert, dass die Gläubigerversammlung einer Betriebsveräußerung an dem Schuldner nahestehende Personen oder Großgläubiger zustimmt. 896) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 40). 897) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 41). 898) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 40).
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VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
rung nicht gebunden wird, hilft aufgrund des ne ultra petita-Grundsatzes gemäß § 8 Abs. 1 InsVV, § 4 InsO i. V. m. § 308 InsO jedenfalls bei zu niedrig angesetzten Vergütungsanträgen nicht weiter.899) Daher sind Vergütungsvereinbarungen auch dann unzulässig, wenn der Insolvenzverwalter eine Erklärung nach § 230 Abs. 3 InsO abgibt.
3.
Ergebnis
Der Insolvenzverwalter ist nicht Beteiligter des Insolvenzplans und somit nicht gemäß 401 § 254 Abs. 1 InsO planunterworfen. Vergütungsvereinbarungen sind unzulässig. Dafür spricht unter anderem die Bedeutung der Unabhängigkeit und Neutralität des Insolvenzverwalters. Dieser Gesichtspunkt lässt sich zu der Regel verallgemeinern, dass alle Planregelungen und Vereinbarungen, die die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters beeinträchtigen könnten, unzulässig sind.
VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner Ist der Schuldner eine juristische Person, so können seit dem Inkrafttreten des ESUG 402 im Jahr 2012 im Insolvenzplan auch Eingriffe in die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte seiner Gesellschafter vorgenommen werden, § 225a Abs. 1 InsO. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens der InsO war das Insolvenzrecht noch vom Grundsatz gesellschaftsrechtlicher Neutralität geprägt.900) Dieser vom Verständnis des Insolvenzrechts als Zwangsvollstreckungsrecht ausgehend folgerichtige Grundsatz war für die Sanierung von Unternehmen problematisch. Eine Sanierung erfordert, wenn sie unter Beibehaltung desselben Rechtsträgers erfolgen soll, oft Kapitalmaßnahmen sowie weitere Satzungsänderungen und andere gesellschaftsrechtliche Maßnahmen.901) Das verschaffte den Anteilseignern des Schuldners, die für diese Maßnahmen ausschließlich zuständig waren, ein bedeutendes Blockadepotenzial. Die übertragende Sanierung stellt dabei nicht immer eine gleichwertige Alternative zur Sanierung unter Beibehaltung des Rechtsträgers dar. Denn der Fortführungswert eines Unternehmens speist sich nicht nur aus den von der Insolvenz erfassten Massegegenständen, sondern auch aus Rechtspositionen, die an den schuldnerischen Rechtsträger gebunden sind. Dazu gehören etwa Verlustvorträge, öffentlich-rechtliche Genehmigungen und Erlaubnisse, Verträge (z. B. „Listing“ als Zulieferer bei Großkonzernen), und bestimmte geistige Eigentumsrechte.902) Der Grundsatz der gesellschaftsrechtlichen Neutralität enthielt den Gläubigern diese Werte vor. Waren die Rechtspositionen für die Fortfüh___________ 899) A. A. BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 41). 900) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 30; Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 83; ausführlich bereits Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 318 – 322; Noack, in: FS Zöllner, S. 411 (419) sowie Madaus, Der Insolvenzplan, S. 590 – 591. 901) Anschaulich unter dem Eindruck der Finanzkrise Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210. 902) Ausführlich und mit zahlreichen Beispielen Bitter, ZGR 2010, 147 (158 – 161); Bitter/Laspeyres, ZIP 2010, 1157.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
rung erforderlich, so wurde ihnen dadurch auch der Fortführungswert vorenthalten.903) Dass die Erschwerung oder gar Verhinderung der Sanierung eigentlich sanierungsfähiger Unternehmen sich außerdem für die Arbeitnehmer und die Volkswirtschaft negativ auswirkt, verstärkte den rechtspolitischen Korrekturbedarf.
403 Im Gesetzgebungsverfahren zur InsO wurde das Problem erkannt. Entgegen der Empfehlung im Ersten Bericht der Kommission für Insolvenzrecht904) wurden zunächst keine Eingriffsmöglichkeiten in Gesellschafterrechte geschaffen. Stattdessen hoffte man, dass die Planbeteiligten durch Planbedingungen (§ 249 InsO) und die Drohung, andernfalls eine übertragende Sanierung vorzunehmen, die Kooperation der Gesellschafter erreichen könnten.905) Jedoch hat sich das aus Sicht des ESUGGesetzgebers nicht bewährt.906) Daher wurden durch das ESUG gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahmen im Insolvenzplan ermöglicht und zu diesem Zweck die § 217 Satz 2, § 222 Abs. 1 Nr. 4, §§ 225a, 235 Abs. 3 Sätze 3, 4, §§ 238a, 244 Abs. 3, § 245 Abs. 3, §§ 246a, 254 Abs. 4, § 254a Abs. 2 InsO eingeführt.
404 Die Neuerungen durch das ESUG fanden in Wissenschaft und Praxis ein überwältigendes Echo. Die hierzu erschienene Literatur ist nahezu unüberschaubar.907) Die kurz darauffolgende Suhrkamp-Insolvenz, die Rechtsprechung908) und Wissenschaft jahrelang beschäftigte, tat ihr Übriges. Eine Bearbeitung aller Aspekte des Themas würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Daher sollen nur ein Überblick über die Norm und eine Einführung in wenige Einzelaspekte geliefert werden, soweit hieraus Aufschlüsse über das Ausmaß der Plandispositivität im Gesellschaftsrecht gewonnen werden können.
___________ Vgl. Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 116 – 117. Bundesministerium der Justiz, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Leitsatz 2.2.20. Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 30; Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 83. Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 30. Bereits die Anzahl der Dissertationen ist eindrucksvoll: Bulgrin, Die strategische Insolvenz; Burkert, Der Debt-to-Equity Swap im Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Insolvenzrecht; Christophery, Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument; Deppisch, Das Insolvenzplanverfahren nach dem ESUG; Falot, Debt-Equity-Swap; Frauer, Grenzen des Eingriffs in Gesellschafterrechte im Insolvenzplanverfahren; Gontschar, Umwandlungsmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren; Gutowski, DES nach ESUG; Hagemann, DES im dt. und engl. Recht; Kern, Treuepflicht; Kleine, Der Umtausch von Forderungen; Lau, Debt-Equity-Swap als Übernahmeinstrument; Prusko, Gesellschafterstellung; Pühl, Der Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren; Scheifele, Die gesellschaftsrechtlichen Grenzen des Insolvenzplanverfahrens; Schmetzer, Schutz der Anteilsinhaber; Schwarz, Debt-Equity-Swap nach deutschem und englischem Recht; Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan; Spee, Gesellschafter im Reorganisationsverfahren. 908) Siehe etwa BGH, Beschluss v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, BGHZ 202, 133; v. 17.9.2014 – IX ZB 26/14, NZG 2014, 1351.
903) 904) 905) 906) 907)
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VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
1.
Grundstruktur der Neuregelungen
§ 217 Satz 2 InsO stellt fest, dass die Planbeteiligten die Anteils- und Mitgliedschafts- 405 rechte am Schuldner nunmehr in den Insolvenzplan einbeziehen können. Die Anteilseigner werden kraft ihres Residualanspruches (vgl. § 199 Satz 2 InsO) wie letztrangige Gläubiger behandelt909) und, wenn in ihre Rechte eingegriffen wird, am Planverfahren beteiligt. Sie bilden dann ihre eigene Gruppe, § 222 Abs. 1 Nr. 4 InsO. Da letztrangige Gläubiger im Insolvenzfall meist leer ausgehen, kann die Zustimmung der Gruppe der Anteilseigner im Regelfall durch das Obstruktionsverbot ersetzt werden, § 245 Abs. 1, 3 InsO. In materieller Hinsicht ist § 225a InsO die Schlüsselnorm der Neuregelungen. Gemäß 406 § 225a Abs. 1 InsO bleiben die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen vom Insolvenzplan unberührt, wenn der Plan nichts anderes bestimmt. Die Einbeziehung der Anteilseigner ist also nicht der gesetzliche Regelfall, sondern die Ausnahme.910) In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Situation der Anteilseigner von der der nachrangigen Gläubiger, deren Forderungen gemäß § 225 Abs. 1 InsO regelmäßig erlöschen – trotz der Tatsache, dass die nachrangigen Gläubiger vor den Anteilseignern zu befriedigen sind.911) § 225a Abs. 2 InsO erlaubt es, dass der Plan einen sogenannten Debt-Equity-Swap 407 vorsehen kann, also eine Kapitalerhöhung bei der Schuldnergesellschaft durch Einbringung von Gläubigerforderungen. § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO führt beispielhaft auf, dass in diesem Rahmen Kapitalmaßnahmen, die Leistung von Sacheinlagen, der Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende Gesellschafter vorgesehen werden können. Eingeschränkt wird die Regelungsbefugnis der Beteiligten durch § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO, wonach der Debt-EquitySwap nicht gegen den Willen der Forderungsinhaber durchgeführt werden kann.
2.
§ 225a Abs. 3 InsO als Generalnorm
Dass das Gesetz einen Spezialfall wie den Debt-Equity-Swap bereits in § 225a Abs. 2 408 InsO detailliert regelt, ist systematisch misslungen912) und basiert lediglich aufgrund der nach Ansicht des Gesetzgebers hohen Praxisrelevanz des Debt-Equity-Swaps.913) Die Generalnorm für Eingriffe in die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse des Schuld___________ 909) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 3; Prusko, Gesellschafterstellung, S. 196; Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 122; Spliedt, in: K. Schmidt, § 225a, Rn. 3. 910) Lau, Debt-Equity-Swap als Übernahmeinstrument, S. 43; Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 103. 911) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 25; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 21; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 4. 912) Ebenso Gutowski, DES nach ESUG, S. 277; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 19. 913) Ebenso Becker, ZInsO 2013, 1885 (1886); Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 64; Fischer, NZI 2013, 823; Gutowski, DES nach ESUG, S. 279; Klausmann, NZG 2015, 1300 (1301); Prusko, Gesellschafterstellung, S. 199.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
ners, die auch § 225a Abs. 2 InsO umfasst, ist vielmehr § 225a Abs. 3 InsO.914) Sie ermöglicht es den Planbeteiligten, im Insolvenzplan jede Regelung zu treffen, die „gesellschaftsrechtlich zulässig“ ist. Die Regierungsbegründung zum ESUG merkt hierzu an, dass die Norm es ermögliche, „die gesellschaftsrechtlichen Strukturen des Schuldners auch außerhalb eines Debt-Equity-Swaps grundlegend umzugestalten“915). Als Beispiele nennt § 225a Abs. 3 InsO zum einen die Fassung des Fortsetzungsbeschlusses bei Sanierungsplänen und zum anderen die Übertragung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten. Verallgemeinert man dies, illustrieren diese Beispiele zwei zu unterscheidende Arten von Regelungsmöglichkeiten: Erstens kann der Insolvenzplan Gesellschafterbeschlüsse ersetzen. Zweitens können Verfügungen über Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner getroffen werden, als wären sie Massebestandteil.916)
409 In Bezug auf die Verfügung über Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte verhält sich das Gesetz rätselhaft: Dass die Verfügung über Anteils- und Mitgliedschaftsrechte in § 225a Abs. 3 InsO als Unterfall einer „gesellschaftsrechtlichen Maßnahme“ bezeichnet wird, ist ungenau, denn eine Verfügung über einen Geschäftsanteil ist normalerweise ein rein zivilrechtlicher Vorgang, der die sonstigen rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft nicht berührt.917) Lediglich die Übertragbarkeit des Gesellschaftsanteils (z. B. Einschränkung durch Vinkulierung) wird durch das Gesellschaftsrecht bestimmt. Noch unverständlicher ist, dass es in der Regierungsbegründung heißt, man habe mit der Regelung Anteile an Drittgesellschaften im Blick gehabt.918) Denn Anteile an Drittgesellschaften sind Teil der Insolvenzmasse und Verfügungen hierüber waren schon vor dem ESUG möglich.919) Die Regelung fügt sich nur dann in das Konzept des ESUG ein, wenn man § 225a Abs. 3 InsO so versteht, wie es auch in den § 217 Satz 2, § 225a Abs. 1 InsO zum Ausdruck gekommen ist – dass in die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner eingegriffen werden kann.920)
3.
Meinungsstand zum Begriff „gesellschaftsrechtlich zulässig“
410 Außerhalb des Obenstehenden gibt das Gesetz relativ wenig Auslegungsmaterial vor, was als „gesellschaftsrechtlich zulässig“ anzusehen ist.921) Teilweise wird § 225a ___________ 914) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 39; Klausmann, NZG 2015, 1300 (1301); Nawroth/ Wohlleber, ZInsO 2013, 1022; Prusko, Gesellschafterstellung, S. 199; a. A. wohl Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 19. 915) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 32. 916) Sie sind aber kein Massebestandteil; vgl. Prusko, Gesellschafterstellung, S. 199 – 200. 917) Prusko, Gesellschafterstellung, S. 200. 918) Vgl. Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 32. 919) Ebenso kritisch Gutowski, DES nach ESUG, S. 278. 920) Im Ergebnis ebenso Gutowski, DES nach ESUG, S. 278. 921) Kern, Treuepflicht, S. 233 schließt hieraus und aus seinen weiteren Untersuchungen treffend, „dass eine substantielle Auseinandersetzung des Gesetzgebers mit dem Spannungsverhältnis zwischen Insolvenz- und Gesellschaftsrecht nicht stattgefunden hat.“
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VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
Abs. 3 InsO als eine Art Rechtsgrundverweisung auf das gesamte Gesellschaftsrecht verstanden.922) Dass der Gesetzgeber sämtliche gesellschaftsrechtlichen Schutzprinzipien abschaffen wollte, lasse sich weder dem Wortlaut des § 225a Abs. 3 InsO noch der Gesetzesbegründung entnehmen.923) Ein rein vermögensmäßiger Schutz, wie er von anderen Stimmen befürwortet wird, reiche nicht aus, da auch die Mitverwaltungsrechte von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt seien.924) Eine Gegenauffassung will in der Formulierung des § 225a Abs. 3 InsO allenfalls den Hinweis erblicken, dass der gesellschaftsrechtliche numerus clausus nicht ausgehebelt werden dürfe.925) Entsprechend dem Willen des Gesetzgebers, ein flexibles Umgestaltungsinstrument zu schaffen, würden alle Vorschriften des Gesellschaftsrechts durch die Maßstäbe des Insolvenzrechts verdrängt.926) Vermittelnde Ansichten halten die Maßstäbe des Gesellschaftsrechts zwar grundsätzlich für anwendbar, aber nur insoweit, als sie nicht durch speziellere Maßstäbe des Insolvenzrechts ersetzt werden.927) Diese letzte Ansicht ist unmittelbar einleuchtend. Schließlich entspricht es einem all- 411 gemeinen Auslegungsgrundsatz, dass das speziellere Gesetz das allgemeinere verdrängt. Jedoch wird das Problem hierdurch nur auf die nächste Stufe verschoben: Wann verdrängt das Insolvenzrecht das Gesellschaftsrecht? § 225a Abs. 3 InsO trifft dazu keine ausdrückliche Aussage. Entsprechend unterschiedlich werden die ___________ 922) Hirte, in: Uhlenbruck, § 225a, Rn. 41; Meyer, DB 2015, 538 (540); Müller, KTS 2012, 419 (441 – 442); Schäfer, ZIP 2013, 2237 (2242); Schäfer, ZIP 2014, 2417 (2418 – 2419); Scheifele, Die gesellschaftsrechtlichen Grenzen des Insolvenzplanverfahrens, S. 205 – 211; Simon/ Merkelbach, NZG 2012, 121 (125); Westermann, NZG 2015, 134 (141 – 142); wohl auch AG Charlottenburg, Beschluss v. 9.2.2015 – HRB 153203 B, ZInsO 2015, 413; Horstkotte, ZInsO 2015, 416 (415 – 417); Lüke, KTS 2019, 261 (287 – 288); Madaus, ZIP 2012, 2133 (2137 – 2138). 923) Schäfer, ZIP 2013, 2237 (2242). 924) Schäfer, ZIP 2015, 1208 (1210); Schäfer, ZIP 2016, 1911 (1913); vgl. Müller, KTS 2012, 419 (426). 925) Andrianesis, WM 2017, 362 (363 – 364); Decher/Voland, ZIP 2013, 103; Fischer, NZI 2013, 823 (826 – 827); Hölzle, ZIP 2014, 1819 (1821); Jaffé, in: FK-InsO, § 225a, Rn. 36; Klausmann, NZG 2015, 1300 (1303 – 1304); Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414 (419); Priester, in: FS Kübler, S. 557 (565); Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 47; Smid/ Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 9.9; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 63; Spliedt, GmbHR 2012, 462 (466); Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 49; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, Rn. 233; vgl. Lau, Debt-Equity-Swap als Übernahmeinstrument, S. 76 – 77; Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 200 – 215; wohl auch LG Berlin, Beschluss v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, ZIP 2014, 2197 (2203); Becker, ZInsO 2013, 1885 (1886). 926) Andrianesis, WM 2017, 362 (363 – 364); Klausmann, NZG 2015, 1300 (1303); Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414 (417); vgl. Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 200 – 215; beschränkt auf die Verfahrensvorschriften Madaus, ZIP 2016, 1141 (1144). 927) Brünkmans/Greif-Werner, ZInsO 2015, 1585 (1588); Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 67; Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 67 – 69; Kern, Treuepflicht, S. 158; Münch, in: JaegerInsO, § 225a, Rn. 34; Noack/Schneiders, DB 2016, 1619; wohl auch Häller, KapMarktR in der Ins, S. 240 – 241; restriktiv Spee, Gesellschafter im Reorganisationsverfahren, S. 134 – 135; dagegen den durch Insolvenzrecht überlagerten Bereich großzügig absteckend Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 77; Eidenmüller, NJW 2014, 17 (18); Haas, NZG 2012, 961 (965).
179
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
damit verbundenen Einzelfragen in der Literatur beurteilt. Im Folgenden soll anhand einiger beispielhafter Umstrukturierungsmaßnahmen die Abgrenzungslinie zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht untersucht werden.
4.
Debt-Equity-Swap
412 Zunächst ist hierfür der Debt-Equity-Swap aus wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht besonders geeignet. Aus wirtschaftlicher Sicht wird der Debt-Equity-Swap als wichtiges Sanierungsinstrument angesehen,928) da die Einlage der Gläubigerforderungen im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung durch die Umwandlung von Fremdkapital (engl. debt) in Eigenkapital (engl. equity) zu einer effektiven Buchsanierung und Beseitigung der Überschuldung führt.929) In rechtlicher Hinsicht eignet er sich, da er sowohl nach rein gesellschaftsrechtlichen Regeln (egal ob inner- oder außerhalb der Insolvenz) als auch im Insolvenzplanverfahren durchgeführt werden kann. Durch den Vergleich der Verfahrensabläufe in beiden Normenregimen kann untersucht werden, welche Auswirkungen die insolvenzrechtlichen Neuregelungen auf den Verfahrensablauf gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen haben. Um die Übersichtlichkeit zu wahren, orientiert sich die folgende Darstellung am relativ simplen Beispiel einer Aktiengesellschaft, die einen Kapitalschnitt mit anschließender Sachkapitalerhöhung gegen Einlage der Gläubigerforderungen in Selbstemission durchführt.930)
a) Ablauf außerhalb des Insolvenzplanverfahrens aa) Kapitalherabsetzung 413 Außerhalb des Insolvenzplanverfahrens läuft er oft folgendermaßen ab: Vor dem eigentlichen Debt-Equity-Swap werden die Gläubiger üblicherweise zunächst einen Kapitalschnitt fordern, damit das Grundkapital vor der Erhöhung die tatsächlichen Wertverhältnisse widerspiegelt.931) In Sanierungssituationen kann meist eine vereinfachte Kapitalherabsetzung nach § 229 AktG durchgeführt werden. Erforderlich ist hierfür gemäß § 229 Abs. 3, § 222 Abs. 1 Satz 1 AktG ein Hauptversammlungsbeschluss, der einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung anwesenden Grundkapitals bedarf. Außerdem bedarf er wie jeder Hauptversammlungs___________ 928) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 31: „entspricht den Bedürfnissen der Praxis“. Kritisch im Hinblick auf die Nützlichkeit des Debt-Equity-Swap Spliedt, in: K. Schmidt, § 225a, Rn. 2. 929) Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1 (9); Ekkenga, ZGR 2009, 581 (586 – 587); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 9 – 10. Jedoch wird zuweilen befürchtet, dass der Debt-Equity-Swap durch Insolvenzplan feindliche Übernahmen erleichtern könnte; vgl. Schmidt, ZIP 2012, 2085; Stürner, NZI 2018, Heft 21 S. V; deutlich positiver Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1 (19); neutral Brinkmann, WM 2011, 97 (103). 930) Dass in der Praxis möglicherweise parallel eine Barkapitalerhöhung zu erfolgen hat (vgl. Müller, KTS 2012, 419 (442)) und gerade bei einer solchen Barkapitalerhöhung oft eine Fremdemission erfolgt, soll hier ausgespart werden. 931) Geißler, ZInsO 2015, 787 (788); Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210 (1211); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 2.
180
VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
beschluss der notariellen Niederschrift, § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG. Zu ihrer Wirksamkeit bedürfen der Beschluss zur Kapitalherabsetzung und ihre Durchführung der Anmeldung und Eintragung ins Handelsregister, §§ 223, 224, 227 AktG. Wird das Kapital herabgesetzt und sogleich wieder erhöht, bietet es sich an, beide Maßnahmen gleichzeitig zum Handelsregister anzumelden. Wird das Grundkapital auf Null herabgesetzt und dann wieder erhöht, so ist § 228 414 Abs. 1 AktG zu beachten, der bestimmt, dass bei der anschließenden Kapitalerhöhung auf den Mindestbetrag des Grundkapitals keine Sacheinlagen festgesetzt werden dürfen. Da es sich bei den Forderungen um Sacheinlagen handelt,932) ist der Debt-EquitySwap erst zulässig, wenn zugleich eine Barkapitalerhöhung bis zum Erreichen des Mindestgrundkapitals933) erfolgt.
bb) Kapitalerhöhungsbeschluss Die Hauptversammlung fasst dann einen Kapitalerhöhungsbeschluss, der ebenfalls 415 einer Dreiviertelmehrheit (§ 182 Abs. 1 Satz 2 AktG) und notarieller Niederschrift (§ 130 Abs. 1 Satz 1 AktG) bedarf. Im Beschluss müssen bestimmte Regelungen über die Sacheinlage – hier also die Gläubigerforderungen – und die Personen der Übernehmer enthalten sein, § 183 Abs. 1 Satz 1 AktG, und zuvor in den Gesellschaftsblättern bekannt gemacht werden, § 183 Abs. 1 Satz 2, § 121 Abs. 4 AktG. Auf die in diesem Zusammenhang äußerst umstrittene Frage, ob die einzubringenden Forderungen mit dem wirtschaftlichen Wert934) oder mit dem Nennwert935) anzusetzen ___________ 932) BGH, Urt. v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 (374); Urt. v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47 (60); Ekkenga, ZGR 2009, 581 (589) m. w. N. 933) Oechsler, in: MüKo-AktG, § 228, Rn. 7. 934) Für eine Anrechnung mit dem wirtschaftlichen Wert: Andres, in: Andres/Leithaus, § 225a, Rn. 5; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927 (1935); Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 31 – 32; Brünkmans, ZInsO 2017, 1401 (1405 – 1406); Cavin, Kapitalaufbringung in GmbH und AG, S. 350; Christophery, Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument, S. 85; Ekkenga, DB 2012, 331; Falot, Debt-Equity-Swap, S. 94; Gehrlein, NZI 2012, 257 (260); Geißler, ZInsO 2015, 787 (790); Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 225a (Stand: 28.1.2019), Rn. 7; Groß, in: Hess, Sanierungshandbuch, Kapitel 32, Rn. 188; Haas, NZG 2012, 961 (966 – 967); Hagemann, DES im dt. und engl. Recht, S. 85 – 89; Hirte, in: Uhlenbruck, § 225a, Rn. 34; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992 – 993; Kleine, Der Umtausch von Forderungen, S. 92 – 93; Lau, Debt-EquitySwap als Übernahmeinstrument, S. 86; Müller, KTS 2012, 419 (445 – 448); Münch, in: JaegerInsO, § 225a, Rn. 75; Priester, DB 2010, 1445; Prusko, Gesellschafterstellung, S. 208 – 211; Pühl, Der Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren, Rn. 836; Schäfer/Wüstemann, ZIP 2014, 1757 (1767 – 1768); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 21; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 25; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693 (1699). 935) Für die Anrechnung mit dem Nennwert: Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309 – 1310; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 (246); Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 53; Hirte, in: Uhlenbruck, § 225a, Rn. 37; Hölzle/Beyß, ZIP 2016, 1461 (1467); Schall, ZGR 2009, 126 (153); Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 227 – 240; Spliedt, GmbHR 2012, 462 (463 – 464); Wansleben, WM 2012, 2083 (2086 – 2090); für Nennwertanrechnung de lege ferenda Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 225a (Stand: 28.1.2019), Rn. 7; Seibt/Westpfahl, in: SanRKomm, § 225a, Rn. 34.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
sind, soll in diesem Zusammenhang nicht vertieft eingegangen werden. Es handelt sich im Wesentlichen um eine gesellschaftsrechtliche Frage,936) für die das Insolvenzplanrecht – abseits des § 254 Abs. 4 InsO, der eine Anrechnung zum wirtschaftlichen Wert zugrunde zu legen scheint937) – keine Sonderregelungen enthält.
cc) Bezugsrechtsausschluss 416 Im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps wird häufig ein Bedürfnis bestehen, das sich aus § 186 Abs. 1 AktG ergebende Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen. Das Gesetz erfordert hierfür formell einen mit Dreiviertelmehrheit zu fassenden Hauptversammlungsbeschluss, § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG. Außerdem hat der Vorstand bestimmte Informations- und Bekanntmachungspflichten zu erfüllen, § 186 Abs. 4 AktG. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung materielle Anforderungen entwickelt, denen der Beschluss genügen muss: Erstens muss er dem Gesellschaftsinteresse dienen. Und zweitens muss der Eingriff in das Bezugsrecht der Gesellschafter verhältnismäßig sein.938) Beides kann zum Beispiel erfüllt sein, wenn ein wichtiger Investor seinen für das Überleben der Gesellschaft notwendigen Einstieg hiervon abhängig macht.939)
dd) Zeichnungsvertrag und Einbringung der Forderungen 417 Nach der Fassung des Beschlusses schließen die Gesellschaft und der teilnehmende Gläubiger einen Zeichnungsvertrag. Der Zeichnungsschein bedarf gemäß § 185 Abs. 1 Satz 1 AktG der Schriftform und muss den in § 185 Abs. 1 Satz 3 AktG festgelegten Inhalt haben. Die Annahmeerklärung der Gesellschaft ist hingegen nicht formbedürftig.940) Daraufhin bringen die Gläubiger ihre Forderungen in die Gesellschaft ein. Dies geschieht entweder durch einen Erlassvertrag im Sinne des § 397 BGB oder durch Abtretung der Forderung an die Gesellschaft, wodurch die Forderung durch Konfusion erlischt.941) Zeichnungsvertrag und Einbringungsvertrag können mangels anderweitiger Bestimmung im selben Dokument enthalten sein.
ee) Werthaltigkeitsprüfung und Handelsregisteranmeldung 418 Die Werthaltigkeit der Einlagen muss gemäß § 183 Abs. 3 Satz 1, §§ 33 – 35 AktG durch einen oder mehrere Prüfer geprüft werden. Zum Schluss werden der Kapitalerhöhungsbeschluss sowie die Durchführung der Kapitalerhöhung gemäß § 184 Abs. 1 ___________ 936) Ebenso Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1 (19); Prusko, Gesellschafterstellung, S. 207. 937) Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 26; Seibt/Westpfahl, in: SanRKomm, § 225a, Rn. 33. 938) BGH, Urt. v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40 (44 – 46); Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 230/91, BGHZ 120, 141 (145 – 146); Urt. v. 7.3.1994 – II ZR 52/93, BGHZ 125, 239 (241). 939) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 31, Rn. 294. 940) Schürnbrand, in: MüKo-AktG, § 185, Rn. 40. 941) Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238; Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, § 217 Rn. 65.
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VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
Satz 1, § 188 Abs. 1, 4 AktG zum Handelsregister angemeldet. Mit ihrer Eintragung in das Handelsregister ist die Kapitalerhöhung abgeschlossen, § 189 AktG.
b) Ablauf im Insolvenzplanverfahren aa) Kapitalherabsetzung Im Insolvenzplanverfahren ermächtigt § 225a Abs. 2 Satz 3 Var. 1 InsO die Betei- 419 ligten ausdrücklich, eine Kapitalherabsetzung im Insolvenzplan zu beschließen. § 254a Abs. 2 Satz 1 InsO ordnet an, dass die „in den Plan aufgenommenen Beschlüsse der Anteilsinhaber […] als in der vorgeschriebenen Form abgegeben“ gelten. Der Insolvenzplan ersetzt also den Hauptversammlungsbeschluss. Dabei sind nicht die formellen Anforderungen des Gesellschaftsrechts, sondern diejenigen des Insolvenzrechts maßgeblich. Das Abstimmungsverfahren und die erforderlichen Mehrheitserfordernisse ergeben sich daher nicht aus dem Aktiengesetz und der Satzung, sondern aus den §§ 217 ff. InsO,942) wobei die Anteilsinhaber nur eine von mehreren Beteiligtengruppen bilden, § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsO. Gemäß § 254a Abs. 2 Satz 2 InsO gelten auch gesellschaftsrechtlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Maßnahmen zur Vorbereitung von Beschlüssen der Anteilsinhaber als in der vorgeschriebenen Form bewirkt. Auch eine notarielle Niederschrift ist nicht erforderlich.943) Die gesellschaftsrechtlichen Formerfordernisse brauchen also allesamt nicht eingehalten zu werden. Inwieweit auch die materiellen Anforderungen des Aktienrechts suspendiert sind, 420 ergibt sich aus § 225a Abs. 2 InsO nicht. Genausowenig ist geregelt, unter welchen sonstigen Voraussetzungen der Kapitalschnitt und die nachfolgende Kapitalerhöhung stattfinden dürfen. § 225a Abs. 3 InsO fordert, dass Planregelungen „gesellschaftsrechtlich zulässig“ sein müssen. Weil § 225a Abs. 3 InsO als Generalnorm auch § 225a Abs. 2 InsO umfasst, ist daraus zu schließen, dass auch Maßnahmen nach § 225a Abs. 2 InsO im Ausgangspunkt gesellschaftsrechtlich zulässig sein müssen.944) Die Annahme, dass der Gesetzgeber die Beteiligten durch § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO von allen materiellen Erfordernissen des Gesellschaftsrechts befreien wollte, liegt im Lichte des Wortlauts gerade nicht nahe und ergibt sich trotz aller Bekenntnisse zur Gestaltungsfreiheit der Beteiligten auch nicht aus der Gesetzesbegründung zum ESUG. Daher fußt auch die Argumentation, dass der Gesetzeszweck des § 225a
___________ 942) Hirte, in: Uhlenbruck, § 225a, Rn. 17; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121 (125); vgl. Schäfer, ZIP 2015, 1208 (1210). 943) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 36. 944) Vgl. Brünkmans/Greif-Werner, ZInsO 2015, 1585 (1587 – 1588); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 13; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 19; a. A. Priester, in: FS Kübler, S. 557 (565).
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
Abs. 2 InsO die Suspendierung bestimmter gesellschaftsrechtlicher Einzelregelungen erfordere, auf bloßer Spekulation.945)
421 Folglich bestehen die materiellen Anforderungen des Aktienrechts grundsätzlich weiter. Das gilt beispielsweise für die Anforderungen des § 229 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AktG bei der Kapitalherabsetzung oder die Bedingungen, unter denen gemäß § 228 AktG eine Kapitalherabsetzung auf Null und anschließende Kapitalerhöhung möglich ist.
bb) Kapitalerhöhungsbeschluss 422 Für den Kapitalerhöhungsbeschluss gilt dasselbe wie für den Kapitalherabsetzungsbeschluss. § 225a Abs. 2 Satz 3 Var. 2, 3 InsO erlaubt es den Beteiligten, in den Insolvenzplan einen Kapitalerhöhungsbeschluss gegen die Leistung von Sacheinlagen aufzunehmen. Die formellen Anforderungen des Beschlusses werden durch § 254a Abs. 2 Satz 2 InsO suspendiert. Das gilt etwa für die Bekanntmachungspflicht in § 186 Abs. 1 Satz 2 AktG.946) Die materiellen Anforderungen des Aktienrechts gelten weiterhin.
cc) Bezugsrechtsausschluss 423 Es wird kontrovers diskutiert, ob den Altaktionären im Rahmen eines Debt-EquitySwaps im Insolvenzplanverfahren ebenfalls ein Bezugsrecht zusteht.947) Vom hiesigen Standpunkt aus, der zunächst von der Geltung des gesamten Gesellschaftsrechts ausgeht, soweit keine insolvenzrechtlichen Spezialregelungen vorhanden sind, muss dies bejaht werden. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ergibt sich das Bezugsrecht ohne Weiteres aus § 186 Abs. 1 AktG.948) Das gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch bei einem vorhergehenden Kapitalschnitt auf Null.949) Aus insolvenzrechtlicher Sicht ergibt sich aus § 225a Abs. 2 Satz 3 Var. 4 InsO, der ausdrücklich bestimmt, dass das Bezugsrecht im Insolvenzplan ausgeschlossen werden kann, ___________ 945) A. A. hingegen Eidenmüller, NJW 2014, 17 (18), der aus dem angeblichen Zweck des § 225a InsO zu weitgehende Folgen ableitet. 946) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 36. 947) Für ein Bezugsrecht: Christophery, Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument, S. 204 – 206; Hess, Insolvenzrecht, § 225a, Rn. 77; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 39; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 23; Spliedt, in: K. Schmidt, § 225a, Rn. 30; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 28. Gegen ein Bezugsrecht: Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1 (19); Madaus, ZIP 2016, 1141 (1144); Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 214 – 215. Bezugsrecht nur bei Weiterbeteiligung der Alt-Anteilseigner Falot, Debt-Equity-Swap, S. 180 – 182; Pühl, Der Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren, Rn. 515. 948) Ebenso Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 39; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 23; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 28. 949) BGH, Urt. v. 5.7.1999 – II 126/98, BGHZ 142, 167; vgl. Schäfer, ZIP 2016, 1911 (1914).
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VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
dass auch dort ein Bezugsrecht grundsätzlich besteht – denn was nicht besteht, kann denklogisch nicht ausgeschlossen werden.950) Erkennt man ein Bezugsrecht an, so ist auf der nächsten Stufe zu fragen, welche 424 Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss im Insolvenzplan zu stellen sind. Die formellen Anforderungen an den Ausschluss – zu nennen wäre neben den Mehrheitserfordernissen des § 186 Abs. 3 AktG insbesondere der Bericht nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG – werden durch § 254a Abs. 2 InsO ersetzt.951) Umstritten ist hingegen, ob die materiellen Anforderungen – also Handeln im Gesellschaftsinteresse und Verhältnismäßigkeit des Eingriffs – auch im Insolvenzplanverfahren Geltung beanspruchen.952) Die Literaturstimmen, die jegliche Rechtfertigungserfordernisse ablehnen, begründen dies meist pauschal damit, dass die Verfahrensregeln der Insolvenzordnung das Gesellschaftsrecht völlig verdrängten.953) Für den Minderheitenschutz, den die Rechtfertigungserfordernisse für den Bezugsrechtsausschluss bezweckten,954) stellten die Planvorschriften insbesondere durch die § 226 Abs. 1, § 245 Abs. 3, § 251 Abs. 1 Nr. 2, § 253 Abs. 1 InsO einen gleichwertigen institutionellen Rahmen bereit.955) Die Altaktionäre seien vermögensrechtlich nicht schutzwürdig, da sie die Insolvenz durch Nachschüsse jederzeit abwenden könnten.956) Wenn sie dies aber nicht täten, so verschiebe sich in der Insolvenz der Maßstab der Rechtfertigungs___________ 950) So treffend Bitter, KTS 2017, 256 (258); ebenso Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 31, Rn. 289; Spee, Gesellschafter im Reorganisationsverfahren, S. 193. 951) Brünkmans, ZIP 2014, 1857 (1861); Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 31, Rn. 222. 952) Für ein Erfordernis sachlicher Rechtfertigung: Brünkmans, ZIP 2014, 1857 (1862); Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 31, Rn. 288; Christophery, Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument, S. 204 – 206; Gutowski, DES nach ESUG, S. 330; Hess, Insolvenzrecht, § 225a, Rn. 77 – 79; Jaffé, in: FK-InsO, § 225a, Rn. 13; Kuntz, ZGR 2014, 649 (677); Müller, KTS 2012, 419 (441 – 442); Schmetzer, Schutz der Anteilsinhaber, S. 187; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121 (125); Spee, Gesellschafter im Reorganisationsverfahren, S. 195; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693 (1696 – 1697). Gegen ein Erfordernis sachlicher Rechtfertigung: Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 101 – 103; Decher/Voland, ZIP 2013, 103 (106); Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 50; Fischer, NZI 2013, 823 (827); Geißler, ZInsO 2015, 787 (791); Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 225a (Stand: 28.1.2019), Rn. 8; Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 35; Häller, KapMarktR in der Ins, S. 240 – 241; Lau, Debt-Equity-Swap als Übernahmeinstrument, S. 76 – 77; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 70; Noack/Schneiders, DB 2016, 1619 (1622); Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 262; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 40; Seibt/Westpfahl, in: SanRKomm, § 225a, Rn. 27; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 28. 953) Wohl zu pauschal Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 87 – 89; Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 207 – 208. 954) Siehe hierzu BGH, Urt. v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40 (45 – 46). 955) Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 101 – 102; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 50; Fischer, NZI 2013, 823 (826); Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 9; Häller, KapMarktR in der Ins, S. 241; Klausmann, NZG 2015, 1300 (1303); Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 70; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 24a. 956) Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1 (19); Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 102.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
prüfung – das Gesellschaftsinteresse – hin zum Ziel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung.957)
425 Diese Ansicht hat für sich, dass sie rechtspolitisch sinnvoll ist. Die Insolvenzplanvorschriften bieten ein Rechtsschutzsystem für die Altaktionäre, das ihre Vermögensrechte vollständig schützt und durch § 226 Abs. 1 InsO ihre Gleichbehandlung sicherstellt. Außerdem verhindert es Friktionen der beiden Rechtsschutzsysteme, wenn die Minderheitenschutzvorschriften des Gesellschaftsrechts vollständig durch jene des Insolvenzrechts ersetzt werden. Trotzdem sind diese rechtspolitischen Erwägungen nicht ausreichend, um eine vollständige Suspendierung gesellschaftsrechtlicher Rechtsnormen zu begründen. Es bedarf stets einer Verankerung im positiven Recht. Gesetzesauslegung darf nicht zu freier Rechtsfortbildung werden. Da § 225a Abs. 2 Satz 3 Var. 4 InsO keine Aussage dazu trifft, unter welchen Voraussetzungen das Bezugsrecht ausgeschlossen werden kann,958) ist anzunehmen, dass der Bezugsrechtsausschluss „gesellschaftsrechtlich zulässig“ im Sinne des § 225a Abs. 3 InsO sein muss.959)
426 Schlussendlich sprechen allein zwei Punkte entscheidend gegen ein Erfordernis sachlicher Rechtfertigung: Erstens ist das § 254a Abs. 2 Satz 1 InsO, demzufolge die in den Insolvenzplan aufgenommenen Beschlüsse der Gläubiger mit der Planbestätigung als abgegeben gelten. Wie sich aus der Regierungsbegründung zum ESUG ergibt, wird ein Hauptversammlungsbeschluss nicht durch den Plan fingiert, sondern „ersetzt“.960) Da die Mehrheitserfordernisse des Aktienrechts gar nicht erst anwendbar sind, steht jede Planklausel einem einstimmigen Hauptversammlungsbeschluss gleich.961) Das erfasst auch die Minderheitenschutzvorschriften des Gesellschaftsrechts, die deshalb im Grundsatz ebenfalls nicht mehr anwendbar sind.962) Dass § 254a Abs. 2 Satz 2 InsO die Beteiligten zusätzlich von allen für Beschlüsse der Anteilsinhaber erforderlichen Ladungen, Bekanntmachungen und anderen Formalitäten befreit, ist daher streng genommen überflüssig und stellt wohl ein Überbleibsel aus früheren Entwürfen wie jenem aus dem Ersten Bericht der Kommission für Insolvenzrecht dar, der gesellschaftsrechtliche Maßnahmen vorrangig den Gesellschaftern überlassen wollte und dem Insolvenzgericht nur im Einzelfall die Möglichkeit einräumte, die Zustimmung der Gesellschafter zu einem Gesellschafterbeschluss zu ersetzen.963) ___________ Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 101; Seibt/Westpfahl, in: SanRKomm, § 225a, Rn. 27. Vgl. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121 (125). Vgl. Schäfer, ZIP 2019, 1305 (1309 – 1310). Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 36; ebenso Fischer, NZI 2013, 823 (826); Thies, in: HambKomm-InsO, § 254a, Rn. 7. 961) Noack/Schneiders, DB 2016, 1619 (1620). 962) Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 89. 963) Bundesministerium der Justiz, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Leitsatz 2.2.20.
957) 958) 959) 960)
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VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
Zweitens kann auf das Erfordernis sachlicher Rechtfertigung für den Bezugsrechts- 427 ausschluss durch einen einstimmigen Hauptversammlungsbeschluss verzichtet werden.964) Das Kriterium der Verzichtbarkeit ist deshalb maßgeblich, weil auch außerhalb der Insolvenz nicht unbedingt auf alle aktienrechtlichen Vorschriften verzichtet werden kann, die als Primär- oder Sekundärziel den Schutz bestimmter Personen bezwecken.965) Die Begünstigten müssen in der Lage sein, auf die Anwendung der betreffenden Vorschrift zu verzichten. Folglich kann auch in der Insolvenz nicht pauschal von allen Vorschriften des Gesellschaftsrechts, die der Rechtsanwender vielleicht für überflüssig hält, abgewichen werden. Daher muss ausgehend vom Bild der Insolvenzplanklausel als „einstimmiger Hauptversammlungsbeschluss“ die Verzichtbarkeit einer Rechtsposition die Grenzlinie bilden zwischen den im Insolvenzplanverfahren entbehrlichen Schutzvorschriften für die Aktionärsminderheit und jenen, die nicht entbehrlich sind.966) Da die Verzichtbarkeit im Fall des Bezugsrechtsausschlusses gegeben ist, bedarf es für dessen Ausschluss im Insolvenzplan keiner sachlichen Rechtfertigung.
dd) Übernahmeerklärung nach § 230 Abs. 2 InsO Kein Insolvenzgläubiger kann gegen seinen Willen in eine Aktionärsstellung ge- 428 zwungen werden, § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO.967) Deshalb fordert § 230 Abs. 2 InsO eine schriftliche Übernahmeerklärung von jedem einzelnen Gläubiger, der Aktien übernehmen will. Die Übernahmeerklärungen werden dem Insolvenzplan als Anlage beigefügt.
ee) Zeichnungsvertrag Von der Übernahmeerklärung zu unterscheiden ist der Zeichnungsvertrag. Die Re- 429 gierungsbegründung zum ESUG führt dazu aus, dass die Zeichnung nicht im Insolvenzplan, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des Aktienrechts erfolgen sollte.968) In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Zeichnung im Insolvenzplan erfolgen kann oder ob ein separater Zeichnungsvertrag erforderlich ist. Brünkmans hält den Abschluss des Zeichnungsvertrags im Insolvenzplan für unzulässig, da die Gläubiger im Hinblick auf die Zeichnung von Aktien nicht planunterworfen seien.969) Daher müssten die Formvorschriften des § 185 Abs. 1 AktG ___________ 964) Noack/Schneiders, DB 2016, 1619 (1622); ebenso die h. M. in der Kommentarliteratur, vgl. nur Ekkenga, in: KK-AktG, § 186, Rn. 65; Hüffer/Koch, Aktiengesetz, § 186, Rn. 25. 965) Vgl. Noack/Schneiders, DB 2016, 1619 (1620 – 1622). In diesem Zusammenhang ist auch an das zwingende Recht der Unternehmensverfassung zu denken, siehe Rn. 441. 966) Noack/Schneiders, DB 2016, 1619 (1620); vgl. Klausmann, NZG 2015, 1300 (1303). 967) Vgl. zu dieser Vorschrift, die bereits mit Inkrafttreten der InsO eingeführt wurde Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 31 – 32; Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 203 – 204. 968) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 32. 969) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 31, Rn. 162, 234.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
beachtet werden. Die aus § 185 Abs. 1 Nr. 1 AktG folgende Pflicht, auf dem Zeichnungsschein das Datum des Kapitalerhöhungsbeschlusses zu nennen, habe zur Folge, dass der Zeichnungsvertrag erst nach Rechtskraft der Planbestätigung geschlossen werden könne.970)
430 Jedoch berücksichtigt Brünkmans nicht die Verfahrenserleichterungen, die § 254a Abs. 2 Satz 1 InsO mit sich bringt. Nach dieser Vorschrift gelten die in den Plan aufgenommenen Beschlüsse der Anteilsinhaber oder sonstige Willenserklärungen der Beteiligten als abgegeben. Da der Zeichnungsvertrag in der Praxis zu den wichtigsten Willenserklärungen im Rahmen einer Kapitalerhöhung gehört und bei jeder Kapitalerhöhung abgeschlossen werden muss, kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Begriff „sonstige Willenserklärungen“ auch den Zeichnungsvertrag umfasst.971) Daraus folgt, dass § 254a Abs. 2 Satz 1 InsO auch von den Formerfordernissen in § 185 AktG befreit.972)
431 Im Übrigen spricht auch die Regierungsbegründung zum ESUG an anderer Stelle für diese Auffassung, wenn dort wortreich ausgeführt wird, dass die Beteiligten viele normalerweise für die gesellschaftsrechtliche Maßnahme erforderlichen Rechtsgeschäfte durch den Plan ersetzen könnten („Erklärungen zur Übertragung von Anteilen oder zur Entgegennahme von Sacheinlagen“), wobei erst die Handelsregisteranmeldung als unentbehrlich beschrieben wird.973) Gegen eine Aufnahme in den Insolvenzplan spricht auch nicht das von Brünkmans betonte Recht der Gläubiger, nicht gegen ihren Willen im Plan zur Übernahme von Aktien gezwungen zu werden, denn hiervor werden sie bereits durch die § 225a Abs. 2 Satz 2, § 230 Abs. 2 InsO geschützt.
432 An dieser Stelle ist ein Exkurs zu solchen Kapitalerhöhungen angebracht, bei denen Dritte Aktien zeichnen. Für Willenserklärungen Dritter gilt nämlich keine Formerleichterung, sodass § 185 AktG Anwendung findet und das Zeichnungsangebot nicht als Plananlage gemäß § 230 Abs. 3 InsO dem Plan beigefügt werden kann. Das ergibt sich daraus, dass sich die Formerleichterungen in § 254a Abs. 1, 2 InsO jeweils nur auf Willenserklärungen der Beteiligten beziehen. Und § 254a Abs. 3 InsO bezieht sich entgegen seinem missverständlichen Wortlaut und einer weit verbreiteten Meinung974) nicht auf Verpflichtungserklärungen Dritter im Sinne des § 230 Abs. 3 InsO.975) Aus ___________ 970) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 31, Rn. 234 – 236. 971) Gutowski, DES nach ESUG, S. 326; Madaus, in: MüKo-InsO, § 254a, Rn. 15; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 25. 972) Madaus, in: MüKo-InsO, § 254b, Rn. 15. 973) Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 36. 974) Andres, in: Andres/Leithaus, § 254a, Rn. 3; Braun/Frank, in: Braun, vor § 254a, Rn. 6; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254a, Rn. 16; Madaus, in: MüKo-InsO, § 254a, Rn. 18; Martini, in: SanRKomm, § 254a, Rn. 5; Spliedt, in: K. Schmidt, § 254a, Rn. 2. 975) Brünkmans, ZIP 2015, 1052 (1057 – 1059); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 39.
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VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
den Gesetzgebungsmaterialien zur InsO ergibt sich, dass der heutige § 254a Abs. 3 InsO ursprünglich ein Halbsatz des heutigen § 254a Abs. 1 InsO sein sollte. Er bezog sich daher nur auf die (schuldrechtlichen) Verpflichtungsgeschäfte, die den dort genannten (dinglichen) Verfügungen über Massegegenstände und Gesellschaftsanteile zugrundeliegen.976) Da § 254a Abs. 1 InsO ausschließlich die dinglichen Erklärungen der Planbeteiligten umfasst, gilt auch die Formerleichterung für die schuldrechtliche Erklärung nur für Planbeteiligte. Das hat zur Folge, dass bei Verträgen mit Dritten nur die Planbeteiligten von den Formerleichterungen profitieren, aber die Willenserklärung des Dritten in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgegeben werden muss.977)
ff) Einbringung der Forderungen Die Einbringung der Forderungen erfolgt in derselben Weise wie außerhalb der In- 433 solvenz durch Abtretung oder Erlassvertrag. Sie kann ebenfalls im Insolvenzplan in Verbindung mit der Erklärung nach § 230 Abs. 2 InsO erklärt werden.
gg) Werthaltigkeitsprüfung Wie außerhalb der Insolvenz muss gemäß § 183 Abs. 3 Satz 1, §§ 33 – 35 AktG die 434 Werthaltigkeit der Einlagen geprüft werden.978) Diese erneute Prüfung mag wie eine unnütze Formalität wirken, denn die Werthaltigkeit der Forderungen wird bereits vom Insolvenzgericht geprüft979) und die Differenzhaftung der Zeichner ist zudem durch § 254 Abs. 4 InsO ausgeschlossen.980) Jedoch enthält die InsO keine Vorschriften, die eine Abweichung von § 183 Abs. 3 AktG erlauben würde. Anders als das Erfordernis sachlicher Rechtfertigung beim Bezugsrechtsausschluss ist § 183 Abs. 3 AktG auch nicht verzichtbar.981) Immerhin kann die Prüferbestellung im Insolvenzplan vorgenommen werden.982)
hh) Handelsregisteranmeldung und Eintragung Zum Schluss müssen der Kapitalerhöhungsbeschluss und die Durchführung der Ka- 435 pitalerhöhung zum Handelsregister angemeldet werden. Gemäß § 254a Abs. 2 Satz 3 ___________ 976) Begr. RegE EGInsO, BT-Drs. 12/3803, 135 – 136. 977) Brünkmans, ZIP 2015, 1052 (1057 – 1059); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 39; a. A. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 161; Spliedt, GmbHR 2012, 462 (470). 978) A. A. Spliedt, GmbHR 2012, 462 (470). 979) Brünkmans/Greif-Werner, ZInsO 2015, 1585 (1587). 980) So das Argument von Spliedt, GmbHR 2012, 462 (470), mit dem man aber genauso gut für eine besonders sorgfältige Prüfung plädieren könnte, um die Kapitalaufbringungsvorschriften nicht leerlaufen zu lassen. 981) Schürnbrand, in: MüKo-AktG, § 183, Rn. 65. 982) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 25.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
InsO ist im Insolvenzplanverfahren der Insolvenzverwalter berechtigt, die erforderlichen Anmeldungen beim jeweiligen Registergericht vorzunehmen. Diese Vorschrift, die der Verfahrenserleichterung dient, setzt zugleich stillschweigend voraus, dass die Anmeldung und Eintragung nicht durch den Insolvenzplan ersetzt werden können.983) Mit der Eintragung in das Handelsregister ist die Kapitalerhöhung abgeschlossen.
c)
Erkenntnisse für die Plandispositivität
436 Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich der Debt-Equity-Swap im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens in seinen Grundzügen weiterhin an den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften orientiert. Die Normen des Insolvenzrechts verdrängen jene des Gesellschaftsrechts, soweit sie spezieller sind. Eine pauschale Verdrängung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften hin zum Insolvenzplan als „gesellschaftsrechtliches Universalwerkzeug“984) findet jedoch nicht statt. Im Gegenteil muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Rechtsnorm des Gesellschaftsrechts durch eine Vorschrift der InsO verdrängt wird oder nicht.985)
437 Zu den wohl entscheidendsten Neuerungen des ESUG gehört, dass der Insolvenzplan nunmehr Beschlüsse der Anteilseigner (in der Aktiengesellschaft: Hauptversammlungsbeschlüsse) ersetzen kann. Er übernimmt die Funktion eines „einstimmigen Hauptversammlungsbeschlusses“. Hierdurch wird das Obstruktionspotenzial der Anteilseigner abgebaut. Sie sind nur noch eine Gruppe im Rahmen der Abstimmung über den Insolvenzplan. Dass der Insolvenzplan die Beschlüsse der Anteilseigner ersetzt, hat weiterhin zur Folge, dass das gesellschaftsrechtliche Rechtsschutzsystem samt Ladungsvorschriften, Mehrheitserfordernissen, verzichtbarer Minderheitenschutzinstrumente (z. B. Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses) und Formvorschriften keine Anwendung mehr findet. Es kann auch die Satzung der Gesellschaft geändert986) (z. B. bei Kapitalmaßnahmen) oder im Einzelfall durchbrochen werden. Auch außerhalb von Beschlüssen der Anteilseigner hat das ESUG Erleichterungen gebracht: Hierzu zählen maßgeblich die Formerleichterungen des § 254 InsO, die etwa beim Zeichnungsvertrag relevant werden.
438 Zu den Vorschriften, die nicht verdrängt werden, gehören im Falle des Debt-EquitySwaps etwa die § 228 Abs. 1, § 229 Abs. 2 AktG oder § 183 Abs. 3 AktG, die die Aufbringung und Erhaltung des Grundkapitals sicherstellen sollen. Auch die Anmel___________ 983) Vgl. Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 79; Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 7; Hirte/ Knof/Mock, DB 2011, 632 (639); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 31. 984) So die Bezeichnung durch Eidenmüller, NJW 2014, 17. 985) Insoweit ebenso Eidenmüller, NJW 2014, 17 (18), der jedoch den Bereich spezialgesetzlicher Regelung durch die InsO von vorneherein eher großzügig auszulegen scheint. 986) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 91; Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 50; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 40.
190
VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
dung und Eintragung der Kapitalmaßnahmen beim Handelsregister ist nicht entbehrlich.
d) Rechtliche Hindernisse für den Debt-Equity-Swap in anderen Gesetzen Weiterhin ist zu beachten, dass die Normen der InsO mangels spezialgesetzlicher 439 Anordnung nicht die Normen anderer Gesetze verdrängen. Das kann zum Beispiel in Übernahmekonstellationen relevant werden. So ist an die Meldepflicht an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu denken, wenn die Schwellenwerte des § 33 Abs. 1 Satz 1 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) erreicht werden.987) Bei börsennotierten Schuldnern kann gemäß § 35 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) ein Pflichtangebot abzugeben sein.988) Auch an möglicherweise erforderliche Genehmigungen im Rahmen der Fusionskontrolle unter nationalem deutschen Recht (§ 35 ff. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)) oder EURecht (Art. 4 Abs. 1 FKVO989)) ist zu denken.990)
5.
Übertragung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten
Gemäß § 225a Abs. 3 InsO kann der Insolvenzplan auch die Übertragung von An- 440 teils- und Mitgliedschaftsrechten am Schuldner vorsehen. Denkbar ist in diesem Zusammenhang ein „unechter Debt-Equity-Swap“, im Zuge dessen die Gläubiger die Anteile am Schuldner im Gegenzug für den Erlass der Insolvenzforderung erwerben.991) Handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, so bedürfen Kauf und Erwerb der Geschäftsanteile aufgrund der Formerleichterung gemäß § 254a Abs. 1, 3 InsO von Seiten der Planbeteiligten nicht der nach § 15 Abs. 3, 4 GmbHG normalerweise erforderlichen notariellen Beurkundung.
6.
Austausch von Organmitgliedern
In manchen Fällen besteht ein praktisches Bedürfnis, Organmitglieder des Schuld- 441 ners, also beispielsweise Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder, auszutauschen, weil die Gläubiger oder der das Unternehmen übernehmende Investor kein Vertrauen mehr in das bisherige Führungspersonal des Schuldners haben. ___________ 987) Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 97; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 35; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 61. 988) Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 91 – 93; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 61 – 62; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 35; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 59; a. A. Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 55; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 97. 989) Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (Fusionskontrollverordnung – FKVO). 990) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 63; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 35; Seibt/Westpfahl, in: SanRKomm, § 225a, Rn. 67. 991) Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 53.
191
F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
a) Beschlusskompetenz der Anteilseigner aa) Grundsätzliche Zulässigkeit im Zuständigkeitsbereich der Anteilseigner 442 Soweit die Abberufung und Neubestellung der Organmitglieder nach Maßgabe des Gesellschaftsrechts im Zuständigkeitsbereich der Anteilseigner liegt, kann der Insolvenzplan den hierfür erforderlichen Beschluss gemäß § 225a Abs. 3 InsO ersetzen.992) Das gilt etwa für den Gesellschafterbeschluss, mit dem gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG die Geschäftsführer einer GmbH abberufen und neubestellt werden können. Auch der Hauptversammlungsbeschluss, mit dem gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG die anteilseignerseitigen Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft berufen werden, kann im Plan enthalten sein.
bb) Kein Bezug zu Anteilsrechten erforderlich 443 Vereinzelt wird die Abberufung und Neubestellung von Organmitgliedern für unzulässig gehalten, da sie nichts mit den Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten der Alteigentümer zu tun hätte. Die Abberufung und Neubestellung des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft obliege daher der infolge der Planumsetzung neu besetzten Hauptversammlung.993) Diese Auffassung verkennt das Ausmaß des Paradigmenwechsels, zu dem der Gesetzgeber mit dem ESUG gekommen ist. Die Formulierung in den § 217 Satz 2, § 225a Abs. 1 InsO, die von Eingriffen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten spricht, soll lediglich darauf hinweisen, dass im Gegensatz zur früheren Rechtslage jetzt auch die Anteilseigner planunterworfen sind. Hierzu werden sie als letztrangige Kapitalgeber betrachtet.994) Eine Einschränkung der Regelungsbefugnisse im Insolvenzplan ist damit nicht beabsichtigt.995) Im Gegenteil zeigt § 225a Abs. 3 InsO, dass den Beteiligten ein weiter gesellschaftsrechtlicher Regelungsspielraum eingeräumt ist.996) Zudem wäre eine Eingrenzung auf Anteilsoder Mitgliedschaftsrechte sinnlos, da jede gesellschaftsrechtliche Maßnahme Auswirkungen auf die Anteils- oder Mitgliedsrechte hat.997) Folglich ist kein besonderer ___________ 992) Andres, in: Andres/Leithaus, § 225a, Rn. 8; Bähr, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Hdb InsVerw, Kapitel 14, Rn. 99; Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 105; Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 48; Müller, KTS 2012, 419 (422); Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 39; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 23; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 55; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 90; Spliedt, in: K. Schmidt, § 225a, Rn. 39; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 54. 993) Madaus, ZIP 2012, 2133 (2137); Madaus, ZIP 2016, 1141 (1144); Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 241. 994) Hierzu Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 48 – 49; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Rn. 3; Spliedt, in: K. Schmidt, § 225a, Rn. 3. 995) Ebenso Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, S. 37, der jegliche Einschränkung als „reine Begriffsjurisprudenz“ bewertet; sowie Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 72; a. A. Madaus, ZIP 2016, 1141 (1142 – 1143). 996) Vgl. Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, 32. 997) Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 23.
192
VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
Bezug einer Planregelung zu den Anteils- und Mitgliedschaftsrechten erforderlich.998)
cc) Kein Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Andere Stimmen in der Literatur wollen gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im In- 444 solvenzplan nur soweit zulassen, wie sie dem Zweck der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung dienten.999) Teils wird sogar vertreten, dass es aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung im Lichte der Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 1 GG einen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebe, demzufolge Eingriffe in Gesellschafterrechte nur zulässig seien, soweit sie zur Erreichung der Sanierung erforderlich und angemessen seien.1000) Einer verfassungskonformen Auslegung bedarf es dann, wenn eine Rechtsnorm meh- 445 rere Auslegungsvarianten zulässt, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt und die andere nicht.1001) Damit wirkt die oben angeführte Argumentation wie ein Anhängsel an die engagiert, aber mit wenig Erkenntnisgewinn ausgefochtene Diskussion, ob § 225a InsO insgesamt verfassungsgemäß ist1002) oder nicht1003). Für die Verfassungsgemäßheit spricht maßgeblich der Aspekt, dass in der Insolvenzsituation die Insolvenzmasse in der Regel nicht mehr für die Befriedigung aller Beteiligten ausreicht und hierdurch ein Nullsummenspiel zwischen Gläu___________ 998) Ebenso Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 105; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 225a, Fn. 129; Gutowski, DES nach ESUG, S. 284; Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 37; Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 23 – 24; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 23. 999) Brünkmans/Greif-Werner, ZInsO 2015, 1585 (1592). Dazu, dass die Insolvenzzweckwidrigkeit keine Schranke des Plans darstellt, siehe bereits Rn. 120. 1000) Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 75; Meyer, DB 2015, 538 (543); Müller, DB 2014, 41 (42); Schmetzer, Schutz der Anteilsinhaber, S. 162; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693 (1697); in diese Richtung auch Madaus, ZGR 2011, 749 (761 – 765). 1001) BVerfG, Urt. v. 24.4.1985 – 2 BvF 2, 3, 4/83; 2/84, BVerfGE 69, 1 (55); Beschluss v. 9.1.1991 – 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201 (214 – 215). 1002) Für Verfassungsmäßigkeit (hier beispielhaft anhand Art. 14 Abs. 1 GG): Bitter, ZGR 2010, 147 (193 – 194); Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 220 – 240; Decher/Voland, ZIP 2013, 103 (108 – 110); Gehrlein, NZI 2012, 257 (261); Geißler, ZInsO 2015, 787 (788); Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 15; Hagemann, DES im dt. und engl. Recht, S. 69; Jaffé, in: FK-InsO, § 225a, Rn. 30 – 31; Kern, Treuepflicht, S. 190 – 191; Lau, Debt-Equity-Swap als Übernahmeinstrument, S. 64 – 65; Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 80 – 88; Prusko, Gesellschafterstellung, S. 105 – 107; Pühl, Der Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren, Rn. 329; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 9 – 10; Schulz, Der Debt Equity Swap in der Insolvenz, S. 183; Segmiller, Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplan, S. 70 – 76; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 99 – 105; Spliedt, GmbHR 2012, 462 (465); Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a, Rn. 10 – 11; Verse, ZGR 2010, 299 (310); wohl auch, aber kritisch Madaus, ZIP 2014, 500 (505); Müller, KTS 2012, 419 (427 – 428). 1003) Gegen Verfassungsmäßigkeit: Brinkmann, WM 2011, 97 (100); Madaus, ZGR 2011, 749 (753 – 756); Stöber, ZInsO 2012, 1811 (1819); Verfassungsmäßigkeit nur bei Teilhabe an der Reorganisation: Hirte, in: Uhlenbruck, § 225a, Rn. 4; Rühle/Ober, in: Nerlich/Römermann, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 9 – 10; Spee, Gesellschafter im Reorganisationsverfahren, S. 178 – 181.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
bigern und Anteilseignern entsteht: Alle vermögenswerten Rechtspositionen, die der einen Seite verbleiben, kommen nicht der anderen zugute. Die Verfassung gibt keine Wertung vor, wie dieser Interessenkonflikt aufzulösen ist. Sowohl das Eigentum an den Anteilsrechten als auch die Insolvenzforderungen sind durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt; keine Rechtsposition ist an sich schutzwürdiger als die andere.1004) Vor diesem Hintergrund durfte der ESUG-Gesetzgeber Inhalts- und Schrankenbestimmungen erlassen, um den Konflikt aufzulösen. Im Falle der § 217 Satz 2, § 225a InsO fällt die Entscheidung eindeutig zugunsten der Gläubigerseite aus.1005) Den Gläubigern wird erlaubt, die werthaltigen an den schuldnerischen Rechtsträger gebundenen Rechtspositionen1006) zu verwerten, anstatt sie den Anteilseignern zu überlassen. Letztere haben verspielt.1007) Angewendet auf konkrete gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Plan bedeutet das, dass es für eine verfassungskonforme Auslegung keinen Anlass gibt, weil die betreffenden Rechtspositionen im Insolvenzplanverfahren von Anfang an den Gläubigern zugewiesen sind. Im Übrigen wäre eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall unpraktikabel, da sich eine Einzelmaßnahme aus einem Sanierungskonzept kaum jemals isolieren und einer Rechtsgüterabwägung zuführen lässt.1008) Diese Abwägung muss im Rahmen der Planvorschriften den Planbeteiligten zukommen und darf nicht der paternalistischen Entscheidung durch das Insolvenzgericht überantwortet werden.
b) Zuständigkeit anderer Organe 446 Die Abberufung und Neubestellung von Organmitgliedern im Insolvenzplan wirft rechtliche Probleme auf, wenn die Anteilseigner hierfür nicht zuständig sind. So wird in der mitbestimmten GmbH oder Aktiengesellschaft ein Teil der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 4 Abs. 1 Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG), § 7 Mitbestimmungsgesetz (MitbestG), § 4 Abs. 1 c) Montan-Mitbestimmungsgesetz (MontanMitbestG) durch die Arbeitnehmer bestimmt. In der Aktiengesellschaft wird der Vorstand grundsätzlich nicht durch die Aktionäre, sondern den Aufsichtsrat bestellt, § 84 Abs. 1 AktG. Und in der mitbestimmten Gesellschaft potenziert sich dieser Aspekt, da auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat über die Auswahl der Vorstandsmitglieder mitentscheiden können. ___________ 1004) Ebenso Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 21; im Ergebnis auch Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 104. Art. 9 Abs. 1 GG kommt demgegenüber keine maßgebliche Bedeutung zu, da er hinter dieselben Wertungen zurücktreten muss; vgl. Münch, in: Jaeger-InsO, § 225a, Rn. 87. 1005) Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 225a (Stand: 4/2017), Rn. 104 hält es sogar für geboten, dass die Interessen der Anteilsinhaber hinter die der Gläubiger zurücktreten. 1006) Hierzu siehe Rn. 405. 1007) So treffend (aber im Zusammenhang mit dem Bezugsrechtsausschluss im Insolvenzplan) Eidenmüller, NJW 2014, 17 (18). 1008) Haas, in: Kayser/Thole, § 225a, Rn. 21.
194
VII. Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner
Liberale Stimmen in der Literatur wollen die Bestellung und Abberufung von Or- 447 ganmitgliedern im Insolvenzplan unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsordnung zulassen.1009) Doch dafür gibt es im Lichte des Rechts der Unternehmensverfassung (heute oft engl. corporate governance genannt) keine Rechtfertigung. Das Gesellschaftsrecht regelt die Zuständigkeiten für Entscheidungen in jeder Gesellschaftsform und versucht dadurch, einen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Akteuren in der Gesellschaft zu schaffen und Missbrauch zu verhindern. Das Mitbestimmungsrecht regelt den Interessenkonflikt zwischen den Kapitalgebern und den Arbeitnehmern in einem Unternehmen. Der Insolvenzplan repräsentiert in diesem Sinne die Kapitalgeber, zu denen in der Überschuldung nicht nur die Eigenkapitalgeber (d. h. die Anteilseigner), sondern auch die Fremdkapitalgeber, also die Insolvenzgläubiger, zu zählen sind. Das Mitbestimmungsrecht weist keinen Anhaltspunkt dafür auf, dass es möglicherweise in der Krise zurückträte. Es wäre auch widersinnig, wenn die Arbeitnehmer ihre Mitbestimmungsrechte verlören, nur weil die maßgeblichen Kapitalgeber wechseln. Gerade in der Krise ist die Mitbestimmung besonders wichtig für die Arbeitnehmer – schließlich verlieren die Kapitalgeber meist „nur“ Geld, aber die Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt. Auch der Plan kann die Mitbestimmungsbefugnisse der Arbeitnehmer nicht ersetzen, da sie dort über Stimmrechte verfügen, soweit sie zugleich Insolvenzgläubiger sind. Folglich kann der Insolvenzplan nicht die Aufsichtsräte der Arbeitnehmerseite abberufen und neubestellen. Auch den Vorstand kann der Insolvenzplan nicht neu besetzen. Speziell im Aktien- 448 recht sind die Organe der Aktiengesellschaft gleichberechtigt und nicht von den Weisungen der Hauptversammlung abhängig.1010) Damit ist der Aufsichtsrat in der Bestellung des Vorstands rechtlich unabhängig. Dafür, dass der Aufsichtsrat seine Kompetenzen im Insolvenzplanverfahren zugunsten der Planbeteiligten verlieren soll, gibt es weder im Gesetz noch in den Gesetzgebungsmaterialien einen Anhaltspunkt. Besonders bedeutsam wird dies in der mitbestimmten Gesellschaft. Da die Arbeitnehmermitbestimmung nicht durch den Insolvenzplan eingeschränkt wird, darf sie auch nicht dadurch umgangen werden, dass die Befugnisse des mitbestimmten Aufsichtsrats durch den Insolvenzplan ersetzt werden. Daher ist die Bestellung und Abberufung von Organmitgliedern, die außerhalb der Insolvenz nicht in der Zuständigkeit der Anteilseigner läge, in der Insolvenz unzulässig.1011)
___________ 1009) Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 50; wohl auch Bulgrin, Die strategische Insolvenz, S. 105; Geiwitz/Danckelmann, in: BeckOK-InsO, § 225a (Stand: 28.1.2019), Rn. 14. 1010) Mertens/Cahn, in: KK-AktG, vor § 76, Rn. 1. 1011) Ebenso Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 31, Rn. 49 – 51; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254a, Rn. 23 – 24; Seibt/Westpfahl, in: SanRKomm, § 225a, Rn. 90.
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F. Die persönliche Reichweite des Insolvenzplans
7.
Ergebnis
449 Im Hinblick auf die Eingriffsbefugnis der Beteiligten in die gesellschaftsrechtlichen Strukturen des Schuldners zeigt sich ein differenziertes Bild. Die Planbeteiligten können über die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte des Schuldners verfügen, als handelte es sich um Massebestandteile. Außerdem kann der Plan Beschlüsse der Anteilseigner ersetzen.
450 Das Planverfahren verändert nicht den grundsätzlichen Ablauf gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen. Die Anforderungen jeder Maßnahme richten sich nach dem Gesellschaftsrecht. Bei jedem Einzelschritt einer Maßnahme muss geprüft werden, ob er durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss verzichtbar ist (z. B. bei der sachlichen Rechtfertigung des Bezugrechtsausschlusses oder bei § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 3 Umwandlungsgesetz (UmwG)) oder ob die InsO Erleichterungen vorsieht (z. B. in § 254a InsO). Bei der Bestellung und Abberufung von Organmitgliedern zeigt sich, dass etwa das Mitbestimmungsrecht und die Kompetenzverteilung der Organe nicht durch den Plan ausgehebelt werden.
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G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität Die Untersuchung hat anhand einer Vielzahl von Einzelaspekten gezeigt, dass die 451 Plandispositivität Grenzen hat. Nicht alle Rechtsnormen der InsO können durch den Insolvenzplan abbedungen werden. Nun gilt es, hieraus allgemeine Maßstäbe zu identifizieren, entlang derer diese Grenzen abgesteckt werden können. Während die Rechtsprechung das Problem nur partikular thematisiert hat, gab es in der Literatur bereits Bestrebungen, den Umfang der Plandispositivität abstrakt zu bestimmen.
I. Der Ansatz von Madaus Madaus hat ein Konzept vorgelegt, das sich an einem zweistufigen Prüfungsaufbau 452 orientiert. Auf der ersten Stufe geht er davon aus, dass § 217 InsO abschließend die Reichweite der möglichen Planregelungen festlege. Aus der Konzeption des § 217 InsO ergebe sich ein Ermächtigungserfordernis für jede Planregelung.1012) Aufgrund der eher generalklauselartigen Umschreibung der Tatbestandsvarianten befürchtet Madaus aber eine „überschießende Eingriffsbefugnis“1013). Deshalb sei auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob die Rechtsnorm, von der nach dem Plan abgewichen werden soll, ihrem Regelungszweck nach plandispositiv oder planfest sei.1014) Außerdem sei die zulässige Reichweite von Insolvenzplanregelungen subjektiv beschränkt. Erfasst seien nur die absonderungsberechtigten Gläubiger, die nicht nachrangigen und nachrangigen Gläubiger sowie der Schuldner und die an ihm beteiligten Personen.1015) Dieser Ansatz ist nach Ansicht Madaus‘ konsistent mit dem Willen des ESUG-Ge- 453 setzgebers. Dieser habe verfahrensbegleitende Pläne ermöglicht, aber zugleich darauf hingewiesen, dass von vorneherein planfeste Regelungsgegenstände nicht berührt werden sollten. Daraus lasse sich erkennen, dass der ESUG-Gesetzgeber ein zweistufiges Verfahren wollte.1016) Madaus illustriert seinen Ansatz anhand einer Reihe von Beispielen, etwa dem Phoenix-Fall, Ausschlussklauseln und Regelungen über die Befugnisse des Insolvenzverwalters, dessen Vergütung und die Schlussrechnungslegung.1017)
___________ 1012) 1013) 1014) 1015) 1016) 1017)
Madaus, ZIP 2016, 1141; Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, S. 150 – 151. Madaus, ZIP 2016, 1141; Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, S. 151. Madaus, ZIP 2016, 1141 – 1142. Madaus, ZIP 2016, 1141 (1142). Madaus, ZIP 2016, 1141 (1145). Madaus, ZIP 2016, 1141 (1145 – 1150).
197
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
454 Auch andere Stimmen in der Literatur gehen im Prinzip vom gleichen oder einem ganz ähnlichen Ansatz wie Madaus aus, auch wenn sie diesen nicht genauso prononciert formulieren. Hierzu gehören Brünkmans1018), Münch1019), Rühle1020), Thies1021) und wohl auch Spliedt.1022)
II. Der Ansatz von Spahlinger 455 Spahlinger wendet sich ausdrücklich gegen die Annahme, dass § 217 InsO abschließend sei. Das zeige sich daran, dass gemäß § 1 Satz 1 InsO auch Regelungen zum Erhalt des Unternehmens und gemäß § 210a InsO Regelungen zu Massegläubigern möglich seien, obwohl beides nicht in § 217 InsO genannt sei. Daher könnten auch solche Maßnahmen Planinhalt sein, die dazu beitragen, die Hauptziele der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung und den Erhalt des Unternehmens zu erreichen. Als Beispiele solcher Regelungen nennt Spahlinger Umwandlungsmaßnahmen und die Abtretung der Forderungen der Insolvenzgläubiger an einen Dritten, wenn dies dem Erhalt des Unternehmens diene oder die Befriedigung der Gläubiger vorbereite.1023)
456 Spahlinger geht noch weiter, indem er postuliert, dass Abweichungsmöglichkeiten von der InsO überhaupt nicht ausdrücklich zugelassen sein müssten. Dass eine Rechtsnorm plandispositiv sei, könne sich auch durch Auslegung jener Bestimmung – insbesondere aus ihrem Zweck – und den Verfahrenszielen des Insolvenzplans ergeben.1024) Unzulässig seien alleine Abweichungen von wichtigen Schutzvorschriften.1025) Welche Vorschriften dies sind, formuliert Spahlinger nicht abstrakt, sondern anhand zahlreicher Beispiele wie dem Verfahren zur Feststellung der Forderungen, den §§ 1 – 147 InsO, den Regeln zur Sicherung der Insolvenzmasse und Planregelungen zu Massegläubigern.1026) Im Prinzip will Spahlinger die Plandispositivität einer Norm ausschließlich durch Auslegung derselben ermitteln. Denselben Ansatz wie Spahlinger vertreten Haas1027) und Pape1028).
___________ 1018) 1019) 1020) 1021) 1022) 1023) 1024) 1025) 1026) 1027) 1028)
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Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 34 – 36. Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 40 – 43. Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 18 – 19. Thies, in: HambKomm-InsO, § 217, Rn. 2. Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 1 – 2. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 40. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 41. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 42. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 51 – 53. Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 2. Pape, in: FS Kübler, S. 487 (493): Alles, was nicht planfest sei, müsse als plandispositiv gelten.
III. Andere Ansätze
III. Andere Ansätze Andres1029), Frank1030), Häsemeyer1031), Linkert1032) und Weisemann/Holz1033) definie- 457 ren den Bereich der Regelungsmacht im Insolvenzplan ganz liberal, aber zugleich auch recht unkonkret: Möglich sei alles, was auch außerhalb der Insolvenz auf dem Gebiet des Privatrechts rechtsgeschäftlich vereinbart werden könne.
IV. Eigener Ansatz 1.
Unergiebige Untersuchungsansätze
Wenn im Folgenden ein eigener Ansatz entwickelt werden soll, um die Grenzen 458 der Plandispositivität abzustecken, soll dies nicht ohne Verweis auf jene Untersuchungsansätze geschehen, die beschritten wurden, sich aber als unergiebig erwiesen haben.
a) Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung Der Insolvenzplan hat Vorgänger in den Vergleichen, Akkorden und Konkordaten 459 der deutschen und europäischen Vorgängerrechtsordnungen zur InsO. Sie reichen vom römischen Recht über die oberitalienischen Stadtrechte, das französische Recht und die deutschen Partikularrechte hin zum Zwangsvergleich der deutschen Konkursordnung.1034) Aus der Analyse der Rechtsgeschichte lassen sich allerdings keine Schlussfolgerungen für die Plandispositivität ziehen, da der Insolvenzplan als Neukonzeption gedacht war und der Gesetzgeber sich ausdrücklich von früheren Rechten distanzierte.1035) Das konzeptionelle Vorbild des Insolvenzplans ist eher im US-amerikanischen, mit 460 dem Bankruptcy Code von 1978 eingeführte Chapter-11-Verfahren zu sehen.1036) Doch auch das bedeutet nicht, dass das US-amerikanische Recht blind rezipiert wurde. Neben manchen Unterschieden im Wortlaut ist das deutsche Verfahren deutlich mehr an den Gläubigerinteressen orientiert als das schuldnerzentrierte Chapter-11___________ Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 3. Frank, in: Runkel/Schmidt, AnwHdb-InsR, § 13, Rn. 8. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.17. Linkert, in: Vallender/Undritz, Praxis des Insolvenzrechts, Kapitel 8, Rn. 74. Weisemann/Holz, in: Weisemann/Smid, Handbuch Unternehmensinsolvenz, Kapitel 15, Rn. 4. Ausführlich zur geschichtlichen Entwicklung Bauer, Der Insolvenzplan, S. 25 – 282; konziser Münch, in: Jaeger-InsO, Vor §§ 217 – 269, Rn. 61 – 82. 1035) Distanzierung in Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 91. Dieselbe Schlussfolgerung ziehen Smid, DZWIR 2011, 446 (448); Thöne, KTS 2018, 151 (153 – 154); im Grundsatz ebenso, aber relativierend Münch, in: Jaeger-InsO, Vor §§ 217 – 269, Rn. 61 – 62. 1036) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 105 – 106; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 112; Stürner, in: MüKo-InsO, Einleitung, Rn. 40.
1029) 1030) 1031) 1032) 1033) 1034)
199
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
Verfahren, und auch die gerichtliche Kontrolle des Plans fällt Berichten zufolge in den Vereinigten Staaten verhältnismäßig weniger streng aus als in Deutschland.1037) Zu bedenken ist auch, dass die beiden Rechtsinstitute in völlig unterschiedliche Rechtssysteme und Rechtstraditionen eingebettet sind. Das hat zur Folge, dass die Rechtsgeschichte und das US-amerikanische Recht für manche Einzelfragen und die Ermittlung des Willens des Gesetzgebers hilfreich sein mögen,1038) aber für die Plandispositivität im Allgemeinen keine aussagekräftige Hilfestellung bieten.
b) Gläubigerautonomie 461 Die Stärkung der Gläubigerautonomie gehörte zu den wichtigsten Zielen der InsO und stellt heute einen wichtigen Grundsatz des Insolvenzrechts dar.1039) Unter diesem Begriff wird trotz mancher Unterschiede in der Definition1040) vornehmlich das Prinzip verstanden, dass die Gläubigermehrheit die wichtigsten Entscheidungen über die Masseverwertung treffen soll.1041) Manche bezeichnen dies als Befugnis zur Gläubigerselbstverwaltung.1042) Die Zielvorstellung des Gesetzgebers, der Gläubigerautonomie größere Bedeutung einzuräumen, kann wie die historische Entwicklung bei der Auslegung berücksichtigt werden. Doch letztendlich wird die Gläubigerautonomie stets nur gewährleistet, soweit das Gesetz sie vorsieht.1043) Und da das Gesetz im Insolvenzplanverfahren gerade nicht regelt, wie weit die Plandispositivität reicht, hilft auch hier der Verweis auf die Gläubigerautonomie nicht weiter, um das grundsätzliche Ausmaß der Plandispositivität zu ergründen. Hier würde die Gesetzesauslegung nur dasjenige zu Tage fördern, was zuvor hineingelegt wurde.
___________ 1037) Im Einzelnen Münch, in: Jaeger-InsO, Vor §§ 217 – 269, Rn. 157 – 161; Thöne, KTS 2018, 151 (154 – 155). 1038) Ebenso Münch, in: Jaeger-InsO, Vor §§ 217 – 269, Rn. 162. 1039) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 2; Heukamp, Verfahrensrechtliche Aspekte, S. 28; Pape, ZInsO 1999, 305; Prütting, in: Arbeitskreis für Insolvenzwesen Köln e. V., Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Allgemeine Verfahrensgrundsätze der Insolvenzordnung, Rn. 78. 1040) Zu den verschiedenen Definitionen Hänel, Gläubigerautonomie, S. 65; Thoma, Gläubigerautonomie, S. 26 m. w. N. 1041) Ganter/Lohmann, in: MüKo-InsO, § 1, Rn. 53; Uhlenbruck, WM 1999, 1197; kritisch Heukamp, Verfahrensrechtliche Aspekte, S. 215. 1042) Heukamp, Verfahrensrechtliche Aspekte, S. 214; Thoma, Gläubigerautonomie, S. 30 – 31. 1043) Heukamp, Verfahrensrechtliche Aspekte, S. 215; Kübler, in: Kübler, Neuordnung des Insolvenzrechts, S. 62.
200
IV. Eigener Ansatz
c)
Rechtsnatur des Insolvenzplans
Die Rechtsnatur des Insolvenzplans ist umstritten. Die wohl herrschende Lehre fasst 462 ihn als Vertrag auf.1044) Vereinzelt wird er auch als Rechtsnorm aufgefasst.1045) Eine im Vordringen befindliche Ansicht sieht im Insolvenzplan einen privatrechtsgestaltenden Hoheitsakt.1046) Der BGH1047) und andere Teile der Literatur1048) beschreiben den Insolvenzplan schlicht als spezifisch insolvenzrechtliches Instrument eigener Art. Dass der Insolvenzplan ein Urteil sei, wird soweit ersichtlich nicht mehr vertreten.1049) Für das Ausmaß der Plandispositivität sagen alle diese Ansätze nichts aus, da sie – ähnlich wie die Gläubigerautonomie – durch das Gesetz geprägt werden und nicht umgekehrt. Wenn der Insolvenzplan beispielsweise einen Vertrag darstellen soll, so kann daraus nicht automatisch geschlossen werden, dass unbegrenzte Vertragsfreiheit herrscht. Auch im bürgerlichen Recht bestehen zwingende Rechtsvorschriften, die das Ausmaß der Privatautonomie erst im Detail ausgestalten. Wenn man den Insolvenzplan als privatrechtsgestaltenden Hoheitsakt oder als Rechtsinstitut eigener Art ansieht, so gilt erst recht, dass dieser nur im gesetzlichen Rahmen zustandekommen kann. Folglich wäre es ein Zirkelschluss, versuchte man aus der Rechtsnatur des Insolvenzplans etwas über das Ausmaß der Plandispositivität herzuleiten.
___________ 1044) Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 17; Bauer, Der Insolvenzplan, S. 355; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 6 – 8; Flöther/Wehner, in: BK-InsO, § 217 (Stand: Juli 2015), Rn. 16; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rn. 1922a; Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 247 – 248; Groß, in: Hess, Sanierungshandbuch, Kapitel 32, Rn. 33; Häsemeyer, in: FS Gaul, S. 175; Hess, Insolvenzrecht, § 217 Rn. 12; Jaffé, in: FK-InsO, § 217, Rn. 45; Kröger, Rechtsgründe, S. 16; Laroche/Pruskowski/Schöttler/Siebert/Vallender, ZIP 2014, 2153 (2161); Madaus, Der Insolvenzplan, S. 173 – 296; Michels, Nachzügler, S. 99; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 375; OLG Jena, Urt. v. 6.2.2002 – 2 U 1033/01, ZIP 2002, 538 (539); Scheifele, Die gesellschaftsrechtlichen Grenzen des Insolvenzplanverfahrens, Rn. 23 – 24; Thies, in: HambKomm-InsO, Vorbem. zu §§ 217 ff. InsO, Rn. 3; ablehnend Braun, in: Nerlich/ Römermann, vor § 217 (Stand: März 2005), Rn. 77; Schmidt, in: FS Kübler, S. 621 (631); Spliedt, in: K. Schmidt, Einführung zu den §§ 217 ff. InsO, Rn. 6. 1045) Happe, Die Rechtsnatur des Insolvenzplans, Rn. 217 – 218; Rattunde, in: Leonhardt/Smid/ Zeuner, § 217, Rn. 6. 1046) Münch, in: Jaeger-InsO, Vor §§ 217 – 269, Rn. 266; Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 254, Rn. 37; im Prinzip ebenso, aber mit Betonung auf die verfahrensrechtliche Einbettung Leipold, KTS 2006, 109 (122 – 126); Thole, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 1, Rn. 10; Thöne, KTS 2018, 151 (172 – 173). 1047) BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 36/02, ZIP 2006, 39 (Rn. 15); Beschluss v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480 (Rn. 25); Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11, NJW 2014, 1386 (Rn. 25); Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 26). 1048) Haas, in: Kayser/Thole, Vorbemerkung zu §§ 217 – 269, Rn. 9; Hänel, Gläubigerautonomie, S. 110 – 111; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, § 217, Rn. 4; Schiessler, Der Insolvenzplan, S. 22; Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, Hdb InsR, Kapitel 12, Rn. 1. 1049) Bauer, Der Insolvenzplan, S. 321; Thöne, KTS 2018, 151 (159).
201
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
2.
Schwächen der deduktiven und induktiven Methode
463 Die Unergiebigkeit dieser Forschungsansätze zeigt, dass es unmöglich ist, das Ausmaß der Plandispositivität deduktiv zu bestimmen, da ein klares gesetzliches Leitbild fehlt. Anstatt ein auch in den Details stimmiges dogmatisches Leitbild des Insolvenzplans vorzugeben, hat man sich in den Gesetzgebungsverfahren zur InsO und zum ESUG jeweils in wirtschaftspolitische Leerformeln geflüchtet. Dabei wäre ein dogmatisches Leitbild für den Insolvenzplan als neues Rechtsinstitut dringend erforderlich gewesen. Dass der Insolvenzplan versucht, verschiedenste Verfahrenstypen (Sanierungsplan, Liquidationsplan, Plan mit anschließender Insolvenzaufhebung, verfahrensbegleitender Plan usw.) und Regelungstypen (Befriedigungsregelungen, Verwertungsregelungen, Verfahrensregelungen usw.) zu verbinden, musste zwangsläufig zu Friktionen führen. Zudem ist das Insolvenzrecht eine Querschnittsmaterie, die zahlreiche andere Rechtsgebiete berührt. Heute drängt sich der Eindruck auf, dass sich viele juristische Meinungsstreitigkeiten zum Insolvenzplan darauf zurückführen lassen, dass die Diskussionsteilnehmer die dogmatische Leere mit eigenen Vorstellungen füllen, die sich beispielsweise aus einer pauschalen Übernahme der Grundsätze des überkommenen Rechts oder einer extrem liberalen, vertraglichen Konstruktion des Insolvenzplans speisen. Pfadabhängige Argumente führen zu Meinungsstreitigkeiten in einer Vielzahl von Unterproblemen und dazu, dass die Diskussionsteilnehmer teils aneinander vorbeizureden scheinen.
464 In diesem Licht erscheint die hier angewandte induktive Methode vorzugswürdig. Allerdings führt auch diese Methode nicht unbedingt zu zwingenden Ergebnissen. Denn die für die Einzelprobleme gefundenen Lösungen waren ihrerseits nicht zwingend. Dadurch kann eine abweichende Beurteilung der hier diskutierten Einzelproblem zu völlig anderen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Plandispositivität insgesamt führen.
202
IV. Eigener Ansatz
3.
§ 217 InsO als abschließende Regelung
§ 217 InsO wird in Rechtsprechung1050) und Literatur1051) ganz überwiegend1052) als 465 abschließende Aufzählung der plandispositiven Regelungsgegenstände angesehen. Das trifft zu, denn laut der Gesetzesbegründung besteht die Funktion des § 217 InsO darin, die plandispositiven Regelungsgegenstände festzulegen.1053) Hierauf ist die Plandispositivität beschränkt, solange es nicht andere Öffnungsklauseln in der InsO gibt, die Abweichungen zulassen (z. B. § 66 Abs. 1 Satz 2, § 227 Abs. 2 InsO). Die InsO gehört – als Teil des Zwangsvollstreckungsrechts – zum Öffentlichen Recht. Hier stellt die Privatautonomie anders als im Privatrecht die Ausnahme dar, nicht die Regel. Da auch das Insolvenzplanverfahren systematisch als Teil des Zwangsvollstreckungsrechts geregelt ist, muss mangels anderer Anhaltspunkte von den im Hinblick auf die Privatautonomie restriktiven Grundsätzen des Zwangsvollstreckungsrechts ausgegangen werden. Zudem wird dies durch den Zwangscharakter des Insolvenzplans gerechtfertigt, der die Privatautonomie der überstimmten und nicht am Verfahren teilnehmenden Gläubiger einschränkt und an den Willen der Planmehrheit1054) bindet. Dieser Zwang ist erforderlich, damit die wirtschaftlich Beteiligten die bestmögliche Verwertungsmethode für das Schuldnervermögen und den bestmöglichen Interessenausgleich untereinander finden können. Zu diesem Zweck könnten sie genauso gut eine vertragliche Vereinbarung außerhalb des Insolvenzverfahrens schließen. Doch solche eine Vereinbarung kommt in der Insol___________ 1050) BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 18 – 20); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 23); LG Dresden, Beschluss v. 15.7.2005 – 5 T 830/02, ZIP 2005, 1607. 1051) Balthasar, in: Kübler, HRI, § 26, Rn. 77; Braun/Frank, in: Braun, § 217, Rn. 1; Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 3; Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 96; Frind, WM 2018, 1920 (1923); Gellert, Abwicklungsprobleme, S. 89; Gontschar, Umwandlungsmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren, S. 49; Heinrich, NZI 2008, 74 (76); Jacoby/ Madaus/Sack/Schmidt/Thole, ESUG-Evaluierung, S. 150 – 151; Jungmann, WuB 2009, 355 (356); Kayser, ZIP 2018, 2189 (2193); Kröger, Rechtsgründe, S. 77; Landry, EWiR 2009, 251 (252); Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 217, Rn. 26; Michels, Nachzügler, S. 217 – 218; Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 2; Rühle, in: Nerlich/Römermann, § 217 (Stand: 10/2018), Rn. 18; Scheifele, Die gesellschaftsrechtlichen Grenzen des Insolvenzplanverfahrens, S. 28; Skauradszun/ Schmitt, DZWIR 2017, 338 – 339; Spliedt, in: K. Schmidt, § 217, Rn. 20; Thies, in: HambKommInsO, § 217, Rn. 2; Wenzel, in: Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 217, Rn. 6; Wienberg/Dellit, in: Bork/Hölzle, Hdb InsR, Kapitel 12, Rn. 85 – 89. 1052) A. A. Andres, in: Andres/Leithaus, § 217, Rn. 3; Frank, in: Runkel/Schmidt, AnwHdb-InsR, § 13, Rn. 8; Haas, in: Kayser/Thole, § 217, Rn. 2; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 28.17; Linkert, in: Vallender/Undritz, Praxis des Insolvenzrechts, Kapitel 8, Rn. 74; Pape, in: FS Kübler, S. 487 (493); Paulus, DZWIR 1999, 53 (58); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 217 (Stand: 11/2018), Rn. 40. 1053) Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, 195; ebenso BGH, Beschluss v. 16.2.2017 – IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 (Rn. 19); Beschluss v. 26.4.2018 – IX ZB 49/17, ZIP 2018, 1141 (Rn. 23). 1054) Die „Planmehrheit“ muss je nach Gruppenbildung nicht notwendig eine Kopf- oder Summenmehrheit aller Gläubiger darstellen.
203
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
venzsituation regelmäßig nicht zustande. Informations- und Machtunterschiede sowie das Erfordernis der Zustimmung aller Beteiligten führen zum Auftreten von Akkordstörern und zu unüberwindbaren Transaktionskosten.1055) Mangels einer dem § 254b InsO entsprechenden Vorschrift würden nicht teilnehmende Gläubiger all ihre Rechte behalten. Das ist der Sanierung nicht dienlich. Deshalb stellt das Gesetz mit dem Insolvenzplan einen Mechanismus zur Verfügung, der die Beteiligten durch hoheitliche Gewalt in eine Vereinbarung zwingt. Doch dieser hoheitliche Eingriff in die Privatautonomie der überstimmten Beteiligten macht es zugleich erforderlich, gesetzliche Leitplanken aufzustellen, die einen fairen Interessenausgleich sicherstellen, die Rechte aller Beteiligten schützen, und verhindern, dass einzelne Beteiligte übervorteilt werden. Ein Insolvenzplan, dessen Regelungsbefugnis nicht beschränkt ist, käme einem Vertrag zu Lasten Dritter gleich. Dabei käme als belasteter Dritter jeder infrage, auf dessen Kosten sich die Planmehrheit bereichern wollte – ob überstimmter Gläubiger, nicht abstimmender Gläubiger oder an der Insolvenz materiell unbeteiligter Dritter. Die erste Leitplanke ist somit der beschränkte Anwendungsbereich auf die in § 217 InsO und seinen näheren Ausgestaltungen (z. B. in §§ 223 – 228 InsO) genannten Fälle. Die zweite Leitplanke sind die detaillierten Verfahrens- und Minderheitenschutzvorschriften der §§ 217 – 269 InsO (hierzu siehe bereits Rn. 13 ff.). Wäre der gesetzgeberische Rahmen plandispositiv, wäre ein fairer Interessenausgleich nicht mehr gewährleistet. Es wäre zu befürchten, dass Schuldner und mächtige Gläubiger das Verfahren zum Nachteil der schwächeren Beteiligten (v. a. Kleingläubiger und Arbeitnehmer) – und möglicherweise sogar Dritter – an sich rissen.1056)
466 Das bedeutet, dass für jede Planregelung im Ausgangspunkt geprüft werden muss, ob sie von einer Rechtsgrundlage gedeckt ist. Das wird oft eine Tatbestandsvariante des § 217 InsO oder eine seiner näheren Ausgestaltungen in den §§ 223 – 228 InsO sein, kann aber auch in einer spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage wie § 66 Abs. 1 Satz 2, § 255 Abs. 3 Satz 1, § 258 Abs. 1, §§ 260 – 269 InsO bestehen. Auch wenn das restriktiv klingt, wird dies in praktischer Hinsicht nur selten ein Sanierungshindernis darstellen. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Tatbestandsvarianten des § 217 InsO weit ausgelegt werden können und eine Vielzahl von Gestaltungen zulassen. Das gilt insbesondere für die Varianten „Befriedigung“ (§ 217 Satz 1 Var. 1, 2 InsO) und „Verwertung“ (§ 217 Satz 1 Var. 3 InsO). ___________ 1055) Vgl. Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, Rn. 76 – 77; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 21. 1056) Daran ändert auch die Tatbestandsvariante „Verfahrensabwicklung“ in § 217 Satz 1 Var. 5 InsO nichts. Auch die denkbare Idee, jegliche Planinhalte grundsätzlich zuzulassen und das Insolvenzgericht im Einzelfall prüfen zu lassen, ob ein fairer Interessenausgleich zustande gekommen ist oder ob möglicherweise Verfahrens- oder Vermögensrechte einzelner Beteiligter verletzt worden sind, ist mit dem Gesetz nicht vereinbar. Siehe zu diesen Punkten bereits Rn. 262.
204
IV. Eigener Ansatz
4.
Rechtswirkungen des Insolvenzplans
Die Untersuchung hat gezeigt, dass der Insolvenzplan verschiedene Arten rechtlicher 467 Wirkungen hervorrufen kann. Erstens kann der Plan einen schuldrechtlichen Anspruch der Gläubiger einer bestimmten Gruppe gegen den Schuldner auf eine bestimmte Leistung schaffen.1057) Der Plan kann den Schuldner auch schuldrechtlich verpflichten, bestimmte Verwertungsmaßnahmen vorzunehmen oder sonstige Nebenpflichten einzuhalten. Gibt ein Dritter eine Verpflichtungserklärung nach den § 230 Abs. 3, § 257 Abs. 2 InsO ab, so bewirkt der Plan die Annahme eines schuldrechtlichen Vertrags mit dem Dritten. Mit wem, hängt vom Willen der Planbeteiligten ab: Bei der Plangarantie beispielsweise erhält jeder Gläubiger einer Gruppe einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Dritten. Gibt der Dritte beispielsweise ein Kaufangebot für einen Massegegenstand ab, so kommt mit der Planbestätigung ein Kaufvertrag zwischen dem Dritten und, je nach Verfahrensstadium, dem Insolvenzverwalter oder dem Schuldner zustande.1058) Zweitens kann der Insolvenzplan dingliche Wirkungen entfalten, § 228 InsO.1059) Das 468 kann in Betracht kommen, wenn über Massegegenstände verfügt werden soll – der oben erwähnte Kaufvertrag könnte dann mit Planüberwachung gleich erfüllt werden. Außerdem können Verfügungen über Absonderungsrechte getroffen werden.1060) Seit dem ESUG kann außerdem über Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner verfügt werden, § 225a Abs. 3 InsO.1061) Drittens können Beschlüsse der Gläubigerversammlung und des Gläubigeraus- 469 schusses, die diese im Regelverfahren beispielsweise nach § 160 InsO fassen müssten, durch den Insolvenzplan ersetzt werden.1062) Viertens können in begrenztem Umfang Regelungen über die Verfahrensabwicklung 470 getroffen werden, indem beispielsweise von § 258 Abs. 1 InsO oder § 66 Abs. 1 Satz 1 InsO abgewichen wird. Im weiteren Sinne kann man dazu auch jene Spezialvorschriften zählen, die es erlauben, durch den Plan spezielle Rechtswirkungen hervorzurufen. Dazu zu zählen sind die Ermächtigung des Insolvenzverwalters zur Prozessführung nach § 259 Abs. 3 InsO und die Planüberwachung, die als Nachverfahren im Rahmen der §§ 260 – 269 InsO prozessuale Rechtswirkungen hat, aber den Schuldner auch im Rechtsverkehr einschränkt.1063) ___________ 1057) Siehe Rn. 46. 1058) Siehe Rn. 368. 1059) Siehe Rn. 100. 1060) Siehe Rn. 34. 1061) Siehe Rn. 408. 1062) Siehe Rn. 100. 1063) Detailliert siehe Rn. 296 und Rn. 309.
205
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
471 Fünftens können gesellschaftsrechtliche Beschlüsse der Anteilseigner des Schuldners durch den Insolvenzplan ersetzt werden, § 225a Abs. 3 InsO.1064)
5.
Die persönliche Reichweite der Plandispositivität
472 Die persönliche Reichweite der Plandispositivität ergibt sich aus der planunterworfenen Rechtsstellung. Wer eine planunterworfene Rechtsstellung innehat, auf den erstreckt sich insoweit der Plan. Die planunterworfene Rechtsstellung deckt sich in der Regel mit der von der Insolvenz erfassten Rechtsstellung, aber nicht immer: Gemäß § 217 Satz 2, § 225a Abs. 1 InsO können auch die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner in den Plan einbezogen werden, obwohl diese außerhalb des Planverfahrens nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst sind.1065) Auf Dritte erstreckt sich der Insolvenzplan nicht. Vielmehr ist die Verpflichtungserklärung eines Dritten als Willenserklärung für einen materiellrechtlichen Vertrag zu konstruieren.1066)
6.
Planfeste Rechtsnormen
473 Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die Rechtsnorm, von der abgewichen werden soll, ausnahmsweise planfest ist oder bestimmte Rechtsnormen die Planregelung verbieten. Das setzt selbstverständlich voraus, dass es eine solche Norm im Einzelfall gibt. Wird etwa im Plan nur eine Planquote festgesetzt, so gibt es hierfür eine Ermächtigungsgrundlage in § 217 Satz 1 Var. 2, § 224 InsO, aber es wird keine Rechtsnorm abbedungen. Allerdings kann es, wie die Untersuchung der Planregelungen zur Insolvenzverwaltervergütung gezeigt hat, auch andere Rechtsnormen geben, die einer Planregelung entgegenstehen, selbst wenn der Insolvenzplan sie nicht ausdrücklich abbedingen will.1067) Insofern ist manchmal ein „Perspektivwechsel“ weg von der avisierten Planregelung hin zur entgegenstehenden Rechtsnorm erforderlich. Dieser Perspektivwechsel ist eine Folge dessen, dass einst klar getrennte Verfahrensarten – Regelverfahren und (Zwangs-) Vergleich – nun in einem einzigen Instrument, dem Insolvenzplan, vereint wurden und zugleich die Regelungsmöglichkeiten im Insolvenzplan gegenüber der früheren Rechtslage deutlich erweitert wurden.
474 Die Untersuchung hat gezeigt, dass es viele Fälle gibt, in denen die Abweichung von einer Rechtsnorm zwar unter einen der Fälle des § 217 InsO subsumiert werden kann, aber diese aus anderen Gründen trotzdem planfest ist. Die Gründe der Planfestigkeit waren in den untersuchten Einzelfragen jeweils recht unterschiedlich. Eine pau___________ 1064) 1065) 1066) 1067)
206
Siehe Rn. 408. Siehe Rn. 408 f. Siehe Rn. 366. Siehe Rn. 379.
IV. Eigener Ansatz
schale Formel für die Planfestigkeit lässt sich – auch aufgrund der Vielgestaltigkeit der Fälle und jeweils berührten Rechtsgebiete – nicht ausmachen. Stattdessen ist auch weiterhin durch Auslegung im Einzelfall zu ermitteln, ob eine Rechtsnorm planfest ist oder nicht. Im Laufe der Untersuchung konnten aber bestimmte Leitlinien identifiziert werden.
a) Wortlautauslegung In manchen Fällen entzieht das Gesetz bestimmte Regelungsgegenstände ausdrück- 475 lich der Gläubigerautonomie. Beispiele sind § 202, § 223 Abs. 1 Satz 2, § 225 Abs. 3, § 255 Abs. 3 Satz 2, § 264 Abs. 1 Satz 2 InsO.
b) Systematische Auslegung Auch aufgrund systematischer Auslegung kann sich ergeben, dass eine Rechtsnorm 476 planfest ist. So zeigt die Systematik der §§ 217 – 269 InsO, dass dort Abweichungen nur möglich sind, soweit gesetzliche Öffnungsklauseln sie erlauben. Nach der Systematik der §§ 260 – 269 InsO sind bestimmte Einzelmaßnahmen (Verfügungsbeschränkung, Kreditrahmen) nur möglich, wenn Planüberwachung angeordnet ist und wenn der Insolvenzplan die Maßnahmen hinreichend ausgestaltet.1068)
c)
Zweck der Norm
In vielen Fällen ergibt sich die Planfestigkeit aus dem Zweck der Rechtsnorm, von 477 der abgewichen werden soll.
aa) Informationszweck Eine Reihe planfester Rechtsnormen bezweckt ein rechtmäßiges Verfahren und den 478 Schutz der Verfahrensrechte aller Beteiligten. Hier ist zunächst an die Vorschriften zu denken, die die vollumfängliche Information der Beteiligten sicherstellen sollen. Da die Information der Beteiligten erst die Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Masseverwertung schafft, hat sie eine fundamentale Bedeutung für das weitere Verfahren.1069)
bb) Stimmrechte und andere Verfahrensrechte Auch individuelle Stimm- und Verfahrensrechte im Insolvenzverfahren sind plan- 479 fest. Die Einschränkung der Stimm- und Verfahrensrechte der Beteiligten bei verfahrensbegleitenden Insolvenzplänen ist unzulässig. Sie verzerren die Machtverhältnisse der Beteiligten im Verfahren. Der im Gesetz angelegte Interessenausgleich ___________ 1068) Siehe Rn. 321. 1069) Siehe Rn. 84.
207
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
durch Verfahrensrechte gerät aus der Balance, ohne dass die §§ 217 ff. InsO hierfür hinreichenden Rechtsschutz bieten könnten. Welche Auswirkungen das auf die Vermögensrechte der einzelnen Beteiligten hat, ist im Zeitpunkt der Planbestätigung oft unvorhersehbar.1070)
cc) Aufsichtsbefugnisse des Insolvenzgerichts und Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters 480 Unzulässig sind Planregelungen, die die Aufsichtsbefugnisse des Insolvenzgerichts ausdrücklich oder in ihren praktischen Auswirkungen beschneiden.1071) Ähnliche Wertungen finden Anwendung, wenn die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters beeinträchtigt wird, die nach der Wertung des § 56 Abs. 1 InsO besonders wichtig ist. Daher sind beispielsweise Vereinbarungen über die Vergütung des Insolvenzverwalters unzulässig.1072)
dd) Hinreichender Minderheitenschutz als Indiz 481 Ein Indiz für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Planregelung ist, ob die Minderheitenschutzvorschriften in den §§ 217 ff. InsO – insbesondere die §§ 222, 226, 245, 247, 251 InsO – überstimmten Planbeteiligten hinreichenden Rechtsschutz bieten. Ist das der Fall, so spricht das für ihre Zulässigkeit – deshalb bedarf es beispielsweise nicht zwingend einer zahlenmäßig bestimmten oder vollstreckbaren Planquote.1073) Ist das aber wie beim Eingriff in Verfahrensrechte nicht der Fall, so spricht das gegen ihre Zulässigkeit.1074) Anfechtungsansprüche bilden einen Spezialfall: Sie sind plandispositiv, aber entsprechend § 226 Abs. 1 InsO nur, soweit der Anfechtungsgegner nicht besser gestellt wird als andere Insolvenzgläubiger.1075)
ee) Kein Eingriff in Rechte Dritter und keine Wettbewerbsverzerrung 482 Auch der Eingriff in Rechte unbeteiligter Dritter und der Allgemeinheit ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, das Gesetz ordnet dies wie im Fall der Übernahmegesellschaft (§ 260 Abs. 3 InsO) ausdrücklich an. Planfest sind somit alle Rechtsnormen, die die Rechte Dritter schützen.1076) Beispiele sind zum Beispiel Publizitätsvorschriften wie § 267 InsO oder gesellschaftsrechtliche Vorschriften der Unternehmensverfassung, die bestimmte Entscheidungen den Anteilseignern entziehen. ___________ 1070) 1071) 1072) 1073) 1074) 1075) 1076)
208
Siehe Rn. 188. Siehe Rn. 84. Siehe Rn. 395 ff. Siehe Rn. 47. Siehe Rn. 152. Siehe Rn. 126 ff. Siehe Rn. 327.
IV. Eigener Ansatz
Neben direkten Eingriffen in Rechte Dritter gilt dies auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen: Der Insolvenzplan darf den Wettbewerb nicht verzerren.1077) Als Kontrollüberlegung kann man fragen: Wäre die im Insolvenzplan avisierte Maßnahme zulässig, wenn alle Beteiligten sie außerhalb des Insolvenzverfahrens vertraglich beschließen würden? Der Insolvenzplan entfaltet grundsätzlich keine Außenwirkung auf Dritte, soweit die Planvorschriften nicht ein anderes bestimmen. Das kann man als Ausfluss des Prinzips deuten, dass der Insolvenzplan einen Vertrag zwischen den Beteiligten ersetzen soll, der aufgrund hoher Transaktionskosten nicht zustandekommen kann.
d) Rechtsnormen außerhalb der InsO Von Rechtsnormen außerhalb der InsO kann nur dann abgewichen werden, wenn 483 dies in der InsO (z. B. §§ 225a, 254a InsO) oder einem anderen Gesetz (z. B. § 925 Satz 3 BGB) angeordnet ist oder wenn sich aus der Auslegung der Rechtsnorm, von der abgewichen werden soll, ihre Abdingbarkeit ergibt. Zum Beispiel sind im Schuldrecht des BGB viele Vorschriften vertraglich abdingbar und somit auch plandispositiv. Im Öffentlichen Recht dagegen besteht Privatautonomie nur ausnahmsweise; in der Regel kann dort nur versucht werden, den Anwendungsbereich des Gesetzes zu verlassen, etwa im Bereich der Rechnungslegung1078) oder des WpÜG.1079) Auch im Gesellschaftsrecht kommt es abseits ausdrücklicher Anordnung (§§ 225a, 254a InsO) darauf an, ob bestimmte rechtliche Erfordernisse durch einstimmigen Beschluss der Anteilseigner verzichtbar sind.1080)
7.
Schlussfolgerung und Prüfungsaufbau
Somit stellt sich heraus, dass der Ansatz von Madaus im Wesentlichen richtig ist, 484 aber der Verfeinerung nach den oben herausgearbeiteten Grundsätzen bedarf. Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob es für eine bestimmte Planregelung eine Rechtsgrundlage im Gesetz gibt, wobei sich diese auch außerhalb des § 217 InsO finden kann. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die InsO und insbesondere die Planvorschriften die Plandispositivität ausdrücklich (z. B. § 223 Abs. 1 Satz 2 InsO) oder konkludent (z. B. Systematik der §§ 260 – 269 InsO) ausschließen. Im dritten Schritt ist zu prüfen, ob die derogierte Rechtsnorm ausnahmsweise planfest ist. Dies kann sich aus ihrem Normzweck, aber auch aus anderen Auslegungsmethoden ergeben. Die unter Rn. 473 ff. aufgestellten Grundsätze dienen als Leitlinien.
___________ 1077) 1078) 1079) 1080)
Siehe Rn. 328. Siehe Rn. 90. Siehe Rn. 439. Siehe Rn. 426 f.
209
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
V. Die Folgen unzulässiger Planklauseln 485 Trotz großer Sorgfalt der Insolvenzgerichte kann der Fall eintreten, dass das Insolvenzgericht einen Insolvenzplan, der eine rechtswidrige Planklausel enthält, rechtsfehlerhaft bestätigt und der Fehler erst nach Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses geltend gemacht wird – möglicherweise in einem Folgerechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten. Dann stellt sich die Frage, wie mit solchen rechtswidrigen Planklauseln umzugehen ist. Das Gesetz schweigt hierzu. In der Literatur wird meist nur der Spezialfall diskutiert, inwieweit das Registergericht eine Prüfungskompetenz hinsichtlich gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen hat.1081)
486 Zunächst wird man zwischen Fehlern im Planverfahren und Fehlern im Planinhalt unterscheiden müssen. Verfahrensfehler werden durch die Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses grundsätzlich geheilt und können nicht mehr geltend gemacht werden. Dazu gehören die ordnungsgemäße Durchführung des Planverfahrens, die Abstimmungsmehrheiten, etwaige Willensmängel der Beteiligten und die Prüfung, ob die Voraussetzungen des Obstruktionsverbots vorliegen oder ein Minderheitenschutzantrag Erfolg hat.1082) Fehler im Planinhalt treten dann auf, wenn der Plan solche Bestimmungen enthält, die der Plandispositivität völlig entzogen sind und folglich in keinem Insolvenzplan enthalten sein dürfen. Beispiele sind die oben erörterten unzulässigen Planregelungen bis hin zu der Situation, in der der Plan in die Rechte Dritter eingreift.
487 Im Wesentlichen erscheint eine der folgenden Rechtsfolgen denkbar: Entweder ist die Klausel wie ein rechtswidriger Vertrag nichtig.1083) Oder man könnte wie früher in Bezug auf den Zwangsvergleich1084) und heute in Bezug auf gerichtliche Beschlüsse annehmen, dass auch materielle Fehler geheilt werden und Planregelungen allenfalls dann nichtig sind, wenn offensichtliche und schwerwiegende Fehler
___________ 1081) Siehe die Nachweise bei Rn. 30. 1082) Vgl. Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 198; Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254, Rn. 9; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 407; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254 (Stand: 9/2017), Rn. 6a; Takjas/Kunkel, ZInsO 2017, 1196 (1197). 1083) So Haas, in: Kayser/Thole, § 254b, Rn. 2; LAG Niedersachsen, Urt. v. 1.6.2010 – 11 Sa 1658/U09, NZI 2011, 156 – 157; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 417; Michels, Nachzügler, S. 305 – 306; Takjas/Kunkel, ZInsO 2017, 1196 (1197). 1084) Weber, in: Jaeger-KO, § 189, Rn. 5.
210
V. Die Folgen unzulässiger Planklauseln
vorliegen.1085) Wer eher von einer vertraglichen Konstruktion des Insolvenzplans ausgeht, der wird möglicherweise eher zum ersten Ansatz neigen; wer davon ausgeht, dass der Bestätigungsbeschluss den Insolvenzplan maßgeblich in Kraft setzt, möglicherweise zum zweiten. Für den ersten Ansatz spricht zwar, dass das Insolvenzgericht bei der Planbestätigung keinen eigenen Gestaltungsanspruch hegt, sondern nur den Vereinbarungen der Planbeteiligten Geltung verschaffen will.1086) Dagegen spricht aber die hierdurch ausgelöste Rechtsunsicherheit, die Folgerechtsstreitigkeiten über einzelne Klauseln geradezu provoziert und Sanierungschancen gefährdet. Diese Rechtsunsicherheit soll durch die vollumfängliche gerichtliche Bestätigungsprüfung gerade verhindert werden. Hier gilt bei inhaltlichen Fehlern nichts anderes als bei Verfahrensfehlern.1087) Das Gesetz gibt hier der vorsorgenden Rechtspflege den Vorrang, weswegen dem zweiten Ansatz der Vorzug zu geben ist. Der zweite Ansatz wahrt auch den Charakter des Plans als Instrument zum Interessenausgleich der Beteiligten. Könnten Prozessgerichte ohne besondere rechtliche Anforderungen einzelne Planregelungen verwerfen, geriete der Interessenausgleich der Planbeteiligten aus dem Gleichgewicht, ohne dass diese hierauf nach Verfahrensaufhebung noch reagieren könnten.1088) Daher werden inhaltliche Fehler des Insolvenzplans durch den Planbestätigungsbeschluss grundsätzlich geheilt. Nur bei besonders schwerwiegenden Fehlern, wie insbesondere dann, wenn in die Rechte unbeteiligter Dritter eingegriffen wird,1089) überwiegen deren Interessen ausnahmsweise das Interesse an der Aufrechterhaltung des Plans und die Planklausel ist nichtig.1090) Ist eine Planklausel nichtig, so schlägt dies grundsätzlich nicht auf den Rest des 488 Insolvenzplans durch. § 139 BGB findet keine Anwendung.1091) Auszugehen ist vielmehr vom Rechtsgedanken des § 44 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz ___________ 1085) So Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, § 7, Rn. 129; Brünkmans/Greif-Werner, ZInsO 2015, 1585 (1593); Eidenmüller, in: MüKo-InsO, § 217, Rn. 198 – 199; Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151 (156); Lüer/Streit, in: Uhlenbruck, § 254, Rn. 9; Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 53; Münch, in: Jaeger-InsO, Vor §§ 217 – 269, Rn. 269; Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 295 – 298; Schmidt, ZVI 2018, 263 (265); Skauradszun/Spahlinger/Tresselt, DZWIR 2015, 539 (542); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254 (Stand: 9/2017), Rn. 6a; vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 27.4.2017 – 14d O 10/14, ZIP 2017, 1870 – 1873 (1872); Fritzsche, Insolvenzplan als Vertrag, S. 284 – 285; Pape, ZInsO 2007, 337 (351); Piekenbrock, in: Jaeger-InsO, § 264, Rn. 12. 1086) LAG Niedersachsen, Urt. v. 1.6.2010 – 11 Sa 1658/U09, NZI 2011, 156; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 417. 1087) Ebenso Münch, in: Jaeger-InsO, § 217, Rn. 53. 1088) Fritzsche, S. 284 – 285. 1089) Eidenmüller, in: MüKo-InsO, Rn. 199; Münch, in: Jaeger-InsO, Rn. 53. 1090) Brünkmans, in: Brünkmans/Thole, Hdb InsPlan, Rn. 129; Brünkmans/Greif-Werner, (Rn. 1594); Rendels/Zabel, Rn. 295 – 300; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, Rn. 6a – 6b. 1091) BGH, Beschluss v. 7.5.2015 – IX ZB 75/14, ZIP 2015, 1346 (Rn. 27); Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, § 254 (Stand: 9/2017), Rn. 6a.
211
G. Allgemeine Maßstäbe der Plandispositivität
(VwVfG).1092) Hiernach kommt eine Gesamtnichtigkeit dann in Betracht, wenn der Plan aufgrund der nichtigen Bestimmung insgesamt oder in einem wesentlichen Punkt undurchführbar ist oder die ganz wesentlichen mit dem Plan verfolgten Ziele wegen der nichtigen Bestimmung nicht erreicht werden können und es deshalb offensichtlich ist, dass der Plan insgesamt von der Wirksamkeit der nichtigen Bestimmung abhängig sein sollte und ohne diese Bestimmung auch nicht die erforderliche Zustimmung der Beteiligten gefunden hätte.1093) Es bleibt jedoch zu hoffen, dass solch ein schwerwiegender, für den Plan zentraler Fehler durch die mindestens zweimalige gerichtliche Prüfung in der Praxis ausgeschlossen sein wird.
___________ 1092) BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 (Rn. 16). 1093) Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, § 254 (Stand: 9/2017), Rn. 6a.
212
H. Zusammenfassung 1. Das Ziel der Untersuchung war, die Grenzen dessen auszuloten, was im Insol- 489 venzplan festgelegt werden kann. Nur ein Insolvenzplan, der sich im gesetzlich zulässigen Rahmen bewegt, kann durch das Insolvenzgericht bestätigt werden. Allgemeine Gestaltungsgrenzen im Insolvenzplanverfahren sind die §§ 226, 245, 251 InsO, wenn nicht alle durch den Plan benachteiligten Gläubiger zustimmen.1094) 2. § 223 InsO erlaubt den Eingriff in Absonderungsrechte, auch wenn diese keine 490 Insolvenzforderung sichern. Möglich sind schuldrechtliche und sachenrechtliche Regelungen. Die Plandispositivität wird in § 223 Abs. 1 Satz 2 InsO zugunsten der Inhaber von Finanzsicherheiten in einem nicht verallgemeinerbaren Ausnahmefall eingeschränkt.1095) 3. § 224 InsO erlaubt Regelungen über die Befriedigung der Insolvenzgläubiger. 491 Dabei ist der Begriff „Befriedigung“ weit auszulegen. Regelungen über die Befriedigung umfassen jegliche schuldrechtliche Änderung der Rechtsstellung der Insolvenzgläubiger.1096) 4. Insbesondere sind auch flexible und variable Planquoten zulässig. Aus der In- 492 sO lässt sich kein Grundsatz dergestalt herleiten, dass Quoten zahlenmäßig bestimmt sein müssten. Aus § 257 InsO ergibt sich auch kein Erfordernis dergestalt, dass alle Planregelungen vollstreckbar sein müssten.1097) 5. Geldstrafen und Zwangsgelder sind gemäß § 225 Abs. 3 InsO der Plandisposi- 493 tivität entzogen, da hier kein Vermögensinteresse des Staates, sondern dessen Strafanspruch im Mittelpunkt steht. Für den Erlass von Geldstrafen gibt es spezialgesetzliche Regelungen; die Insolvenz darf diesbezüglich für den Schuldner nicht zum „Glücksfall“ werden.1098) 6. Die Vorschriften über die Sicherung der Massegegenstände (§§ 148 – 150 InsO) 494 sind plandispositiv, da sie zu den Vorschriften über die Verwertung gehören.1099) 7. Die Übersichten gemäß §§ 151 – 154 InsO und der Berichtstermin sind plan- 495 fest, da sie die Information der Gläubiger sicherstellen und damit die Grundlage für das gesamte nachfolgende Verfahren schaffen.1100) ___________ 1094) 1095) 1096) 1097) 1098) 1099) 1100)
Siehe Rn. 13. Siehe Rn. 38. Siehe Rn. 46. Siehe Rn. 47. Siehe Rn. 68. Siehe Rn. 74. Siehe Rn. 81 und Rn. 94.
H. Zusammenfassung
496 8. Außerdem ist auch § 155 InsO planfest. Der Insolvenzplan kann nicht von den Rechnungslegungsvorschriften außerhalb der InsO abweichen. Das kann nur geschehen, soweit die Rechnungslegungsvorschriften selbst das erlauben. Eine Erleichterung allein wegen der Insolvenz ist nicht vorgesehen.1101)
497 9. Die Vorschriften über die Verwertung im engeren Sinne (§§ 165 – 173 InsO) sind gemäß § 217 Satz 1 Var. 3 InsO grundsätzlich dispositiv. Dogmatisch handelt es sich in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung um eine schuldrechtliche Handlungspflicht des Schuldners oder einen Zustimmungsbeschluss im Rahmen des Insolvenzverfahrens (vgl. § 160 InsO). In Verbindung mit § 228 InsO kann auch eine dingliche Regelung vorliegen.1102)
498 10. Auch die Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen kann der Insolvenzplan regeln. Eine Grenze der Insolvenzzweckwidrigkeit gibt es nicht. Jedoch muss § 226 InsO auf den Anfechtungsgegner entsprechend angewendet werden.1103)
499 11. Der Begriff „Verteilung“ im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 4 InsO ist vornehmlich prozessual – nämlich im Hinblick auf die §§ 187 ff. InsO – zu verstehen und ermöglichte bereits vor Inkrafttreten des ESUG verfahrensbegleitende Pläne.1104)
500 12. Die Variante „Verfahrensabwicklung“ (§ 217 Satz 1 Var. 5 InsO) wurde in Reaktion auf den Phoenix-Fall eingeführt, um klarzustellen, dass verfahrensbegleitende Insolvenzpläne zulässig sind. Über genauere Vorstellungen des Gesetzgebers zu der Variante ist nichts bekannt.1105) Richtigerweise ist der Bereich der Plandispositivität in Verfahrensfragen äußerst eng auszulegen. Verfahrensrechte einzelner Beteiligter dürfen nicht beeinträchtigt werden. Sonst entstünde für einzelne Beteiligte eine Schutzlücke zwischen den auf das Vermögensinteresse ausgerichteten Minderheitenschutzvorschriften des Planverfahrens und den auf Verfahrensgerechtigkeit angelegten Normen des Regelverfahrens. Planfest sind außerdem solche Vorschriften, die dem Insolvenzgericht seine Überwachungstätigkeit erleichtern.1106)
501 13. Die Variante „Haftung“ (§ 217 Satz 1 Var. 6 InsO) ist vornehmlich materiellrechtlich zu verstehen und beinhaltet Regelungen darüber, inwieweit die Gläubiger den Schuldner nach Durchführung des Insolvenzplans noch in Anspruch nehmen können. In Bezug auf das Restschuldbefreiungsverfahren können auch prozessuale Aspekte geregelt werden.1107) ___________ 1101) 1102) 1103) 1104) 1105) 1106) 1107)
214
Siehe Rn. 90. Siehe Rn. 98. Siehe Rn. 109. Siehe Rn. 138. Siehe Rn. 142. Siehe Rn. 263. Siehe Rn. 161.
H. Zusammenfassung
14. In die Vorschriften über die Forderungsfeststellung kann nicht eingegriffen 502 werden. Spätestens im Rahmen der Prüfung von Minderheitenschutzanträgen müsste das Insolvenzgericht inzident alle Forderungen prüfen. Außerdem wird unzulässig in die Stimmrechte der Gläubiger im nachfolgenden Insolvenzverfahren eingegriffen.1108) 15. Verfahrensrechtliche Ausschlussklauseln für Nachzügler sind zulässig. Materiell- 503 rechtliche Ausschlussklauseln sind nur dann zulässig, wenn man sie als Haftungsregelung und unter Beachtung der §§ 222, 226 InsO ausgestaltet. Dann verstoßen sie auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.1109) 16. Die Schlussrechnungslegung und Schlussrechnungsprüfung sind gemäß § 66 504 Abs. 1 Satz 2 InsO plandispositiv. Für die Plandispositivität von Verfahrensregelungen insgesamt hat diese Regelung wohl eher geringe Aussagekraft, da die Schlussrechnungslegung meist einen der letzten Verfahrensschritte darstellt und ihr vom Gesetzgeber dadurch keine maßgebliche Bedeutung beigemessen wurde.1110) 17. Die §§ 217 – 254b InsO sind denklogisch planfest, da sie das Insolvenzplanver- 505 fahren konstituieren.1111) In den §§ 255 – 269 InsO wird der Umfang der Plandispositivität jeweils individuell durch Öffnungsklauseln festgelegt; der Rest ist planfest.1112) 18. Nachtragsverteilungen sind bei Sanierungsplänen unzulässig. § 259 Abs. 1 Satz 2 506 InsO ist planfest, was sich aus dem Fehlen einer entsprechenden Öffnungsklausel, dessen Geschichte und Regelungszweck ergibt.1113) 19. § 259 Abs. 3 InsO erlaubt eine Planregelung, der zufolge anhängige Anfechtungs- 507 ansprüche nach Insolvenzaufhebung weiter bestehen und der Insolvenzverwalter diese als Partei kraft Amtes vor Gericht geltend machen kann. Verallgemeinerungsfähige Schlüsse für die Plandispositivität können hieraus aber nicht gezogen werden.1114) Jedoch ist es für andere Ansprüche als Anfechtungsansprüche möglich, dem Verwalter eine Prozessführungsermächtigung als gewillkürter Prozessstandschafter einzuräumen.1115)
___________ 1108) 1109) 1110) 1111) 1112) 1113) 1114) 1115)
Siehe Rn. 168. Siehe Rn. 197. Siehe Rn. 258. Siehe Rn. 265. Siehe Rn. 268. Siehe Rn. 270. Siehe Rn. 296. Siehe Rn. 306.
215
H. Zusammenfassung
508 20. Im Rahmen der Planüberwachung nach den §§ 260 – 269 InsO können Einzelmaßnahmen nur angeordnet werden, solange insgesamt Planüberwachung angeordnet ist und die Einzelmaßnahmen im Plan hinreichend bestimmt ausgestaltet werden. Planregelungen, die in die Rechte Dritter oder des Schuldners eingreifen, dürfen nicht über das in den §§ 260 – 269 InsO bestimmte Maß hinausgehen. Insoweit sind diese Vorschriften planfest. Einzig die bloße Überwachungstätigkeit kann beliebig ausgestaltet werden.1116)
509 21. Soll eine Planüberwachung durch einen nicht mit dem früheren Insolvenzverwalter identischen gewillkürten Planüberwacher durchgeführt werden, so ist das als Regelung über die Befriedigung der Insolvenzgläubiger im Sinne des § 217 Satz 1 Var. 2 InsO zulässig. Die Überwachung findet dann völlig außerhalb der §§ 260 – 269 InsO statt. Sie hat nur schuldrechtliche Wirkung und ist eher mit den aus Finanzierungsverträgen bekannten covenants vergleichbar.1117)
510 22. Die Wirkungen des Insolvenzplans erfasst die Beteiligten, § 254 Abs. 1 InsO. Der Begriff „Beteiligte“ ist materiell wie in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit und unhabhängig von der tatsächlichen Teilnahme am Insolvenzverfahren zu verstehen. Es kommt darauf an, in wessen Rechte der Insolvenzplan abstrakt gesehen eingreifen kann. Die Definition ist tautologisch. Unproblematisch sind jedenfalls Schuldner, Gläubiger und Absonderungsberechtigte als Beteiligte anzusehen.1118)
511 23. In die Rechte von Massegläubigern kann nur unter den Voraussetzungen des § 210a InsO eingegriffen werden.1119) Dritte sind nicht umfasst.1120)
512 24. Dritte können Verpflichtungserklärungen abgeben. Sie sind teilweise in den § 230 Abs. 3, § 257 Abs. 2 InsO geregelt; die möglichen Planregelungen gehen jedoch darüber hinaus. Dadurch werden sie nicht Beteiligte des Insolvenzplans, sondern geben eine materiellrechtliche Willenserklärung – ein Vertragsangebot – ab, das durch den Insolvenzplan angenommen wird. Mit wem der Vertrag zustande kommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.1121)
513 25. In einem nicht verallgemeinerungsfähigen Spezialfall erlaubt es § 260 Abs. 3 InsO, die Planüberwachung auf die Übernahmegesellschaft auszuweiten. Auf andere Personen kann die Planüberwachung nicht erstreckt werden. Die Übernahmegesellschaft muss zur Begründung ihrer Leistungspflicht eine Verpflich___________ 1116) 1117) 1118) 1119) 1120) 1121)
216
Siehe Rn. 309. Siehe Rn. 345. Siehe Rn. 357. Siehe Rn. 359. Siehe Rn. 363. Siehe Rn. 364.
H. Zusammenfassung
tungserklärung nach § 230 Abs. 3 InsO abgeben (z. B. eine Plangarantie), aber muss der Planüberwachung nicht separat zustimmen.1122) 26. Das Insolvenzgericht und der Insolvenzverwalter sind nicht planunterworfen. 514 Beide sind keine materiell Beteiligten. Das Insolvenzgericht darf nur in den gesetzlich geregelten Handlungsformen handeln.1123) 27. Vereinbarungen über die Vergütung des Insolvenzverwalters sind unzulässig, 515 da sie dessen gemäß § 56 Abs. 1 InsO erforderliche Unabhängigkeit beeinträchtigen können. Dies ist auch durch die Gesetzgebungsgeschichte und den Normzweck belegt.1124) 28. Seit Inkrafttreten des ESUG können optional die Anteils- und Mitgliedschafts- 516 rechte am Schuldner in den Insolvenzplan einbezogen werden, § 217 Satz 2, § 225a InsO. § 225a Abs. 3 InsO ist die Generalnorm. Sie erlaubt es, über die Anteilsrechte zu verfügen, als wären sie Massebestandteil. Außerdem erlaubt sie, jegliche Beschlüsse der Anteilseigner durch den Insolvenzplan zu ersetzen. Der Insolvenzplan gilt insoweit wie ein einstimmiger Beschluss der Anteilseigner. Materielle Erfordernisse des Gesellschaftsrechts werden verdrängt, soweit sie entweder nach Maßgabe des Gesellschaftsrechts durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss verzichtbar sind oder die InsO Erleichterungen vorsieht. Grundsätzlich kann nur soweit von den Normen des Gesellschaftsrechts abgewichen werden, wie die InsO vorrangige Spezialvorschriften enthält. Anhand der Frage, ob Organmitglieder durch den Insolvenzplan ausgetauscht werden können, wurde gezeigt, dass die Unternehmensverfassung im Allgemeinen und Rechtsnormen, die die Arbeitnehmerrechte schützen im Besonderen planfest sind.1125) 29. Um die Zulässigkeit einer Planregelung bzw. die Plandispositivität einer Rechts- 517 norm allgemein zu ermitteln, ist eine zweistufige Prüfung vorzunehmen. Im ersten Schritt muss eine Rechtsgrundlage für die Planregelung gefunden werden, etwa in § 217 InsO. Die Vorschriften der InsO sind insoweit abschließend. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die InsO selbst, insbesondere in den Planvorschriften, die Plandispositivität ausdrücklich, durch ihre Systematik oder auf andere Weise ausschließt. Im dritten Schritt ist zu prüfen, ob die derogierte Rechtsnorm ausnahmsweise planfest ist. Dies kann sich aus dem Wortlaut, ihrem Normzweck, aber auch aus anderen Auslegungsmethoden ergeben. Als Leitlinien lassen sich identifizieren: Das Verbot des Eingriffs in Stimmrechte, Informationsrechte und Verfahrensrechte sowie in die Unabhängigkeit und die Aufsichtsrechte von Insolvenzverwalter und Insolvenzgericht. Ansonsten ist das ___________ 1122) 1123) 1124) 1125)
Siehe Rn. 372. Siehe Rn. 377. Siehe Rn. 379. Siehe Rn. 402.
217
H. Zusammenfassung
Vorhandensein eines hinreichenden Minderheitenschutzes ein Indiz für die Zulässigkeit. In die Rechte Dritter darf niemals eingegriffen werden; daraus resultierende Wettbewerbsverzerrungen lehnte der Gesetzgeber ab. Deshalb kann als weiteres Indiz herangezogen werden, ob dieselbe Regelung auch außerhalb des Insolvenzverfahrens als Vertrag zwischen allen Beteiligten Bestand hätte. Von Rechtsnormen außerhalb der InsO kann nur abgewichen werden, soweit es diese Rechtsnormen erlauben.1126)
518 30. Wird ein Insolvenzplan bestätigt, obwohl er rechtswidrige Planklauseln enthält, so ist die entsprechende Planklausel entsprechend der Rechtslage bei Gerichtsbeschlüssen nur in besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Fällen nichtig, etwa wenn in die Rechte unbeteiligter Dritter eingegriffen wird.1127)
___________ 1126) Siehe Rn. 458. 1127) Siehe Rn. 485.
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Literaturverzeichnis Ahrens, Martin/Gehrlein, Markus/Ringstmeier, Andreas (Hrsg.) Insolvenzrecht, Kommentar, 3. Aufl., Köln 2017 (zit.: Bearbeiter in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier) Altmeppen, Holger Zur Rechtsstellung der Gläubiger im Konkurs gestern und heute, in: Bernd Erle/Wulf Goette/Detlef Kleindiek/Gerd Krieger/Hans-Joachim Priester/ Christian Schubel/Martin Schwab/Christoph Teichmann/Carl-Heinz Witt (Hrsg.), Festschrift für Peter Hommelhoff zum 70. Geburtstag, Köln 2012, 1 – 20 (zit.: Altmeppen in: FS Hommelhoff) Andres, Dirk/Leithaus, Rolf/Dahl, Michael (Hrsg.) Insolvenzordnung (InsO). Kommentar, 4. Aufl., München 2018 (zit.: Bearbeiter, in: Andres/Leithaus) Andrianesis, Anastasios M. Zur Dogmatik der Einbeziehung der Gesellschafterrechte in den Insolvenzplan, WM 2017, S. 362 – 370 Bähr, Biner Kapitel 14: Insolvenzplan, in: Harro Mohrbutter/Andreas Ringstmeier (Hrsg.), Handbuch Insolvenzverwaltung, 9. Aufl., Köln 2015 ders. Regelung der Insolvenzverwaltervergütung im Insolvenzplan, Anmerkung zu AG Hannover v. 6.11.2015 – 903 IK 1886/13 – 7, EWiR 2016, 85 – 86 Balthasar, Helmut § 26: Gestaltender Teil des Insolvenzplans, in: Bruno M. Kübler (Hrsg.), Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz. Eigenverwaltung und Insolvenzplan, 3. Aufl., Köln 2019 Balz, Manfred Aufgaben und Struktur des künftigen einheitlichen Insolvenzverfahrens, ZIP 1988, 273 – 294 ders. Logik und Grenzen des Insolvenzrechts. Zugleich eine Besprechung von Jackson, The Logic and Limits of Bankruptcy Law, ZIP 1988, 1438 – 1445 Bauer, Peter M. Der Insolvenzplan: Untersuchungen zur Rechtsnatur anhand der geschichtlichen Entwicklung, Berlin, Münster 2009 (Zugl.: Augsburg, Univ., Diss., 2008/2009)
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Stichwortverzeichnis
Absonderungsrecht 34 ff., 106 ff., 490 Abstimmung 12, 103, 133 Anfechtungsansprüche 109 ff., 297 ff., 498 Anteilseigner 402 ff. Artikel 14 GG s. Eigentum Asbestfälle 197, 243, 247 ff. Aufbau des Insolvenzplans 25 Aufsichtsrat s. Organmitglieder Ausgleichsfonds 24, 49, 60, 220, 257 Ausschlussklauseln – als Haftungsbeschränkungsklauseln 226 ff. – materielle 209 ff., 504 – verfahrensmäßige 207, 503 Ausschlussklauseln 197 ff., Befriedigung
38, 491 Berichtstermin 94 ff., 495 Bestätigung s. Planbestätigung Bestimmtheit s. Planquote Beteiligte s. Planbeteiligte Bezugsrechtsausschluss 416, 423 ff. Bilanzierung s. Rechnungslegung
Corporate Governance
447 f.
Darstellender Teil des Insolvenzplans 85 Debt-Equity-Swap 407, 412 ff. – Nennwerttheorie 415 – Werthaltigkeit von Forderungen 415, 434 Dingliche Rechtsgeschäfte im Insolvenzplan 468 Dispositivität s. Plandispositivität Dritte – als Planbeteiligte 327, 363 ff., 368 – Eingriff in Rechte Dritter 317 f., 326 ff., 351, 466, 482 Eigentum
23, 57 ff., 227 ff.,410 Einwendungsfrist 243
ESUG 1, 30, 58, 101, 115 f., 140, 149 ff., 171, 206, 211 f., 259, 261 ff., 281 f., 360, 383, 402 ff., 426, 429, 431
Finanzsicherheiten 41 Forderungsfeststellung 168 ff., 502 Forderungsverzeichnis s. Vermögensübersicht Geldstrafen 68 ff., 493 Gesamtabgeltungsklausel 48 ff., 226 Geschäftsführer s. Organmitglieder Gesellschafter s. Anteilseigner Gesellschafterbeschlüsse 408, 426, 437, 471 Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen 30 Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Insolvenzplan 402 ff., 408, 436 ff., 516 – Verhältnis zum Gesellschaftsrecht 420 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 444 ff. Gesellschaftsrechtliche Neutralität des Insolvenzrechts 402 Gläubigerautonomie 10, 45 f., 53, 99, 116, 155 f., 177, 191, 320 ff., 461 Gleichbehandlung der Planbeteiligten 12 ff., 126 ff., 194 f. Gliederung des Insolvenzplans s. Aufbau des Insolvenzplans Gruppen 12 Gruppenbildung 12 ff., 129 ff., Haftung 159 ff.,165 f., 219 f., 501 Haftungshöchstbetrag 162 f., 226 ff. Information der Gläubiger
63, 84, 96 f., 478, 495 Insolvenzanfechtung – Präventionswirkung 117 s. Anfechtungsansprüche Insolvenzgericht – als Planbeteiligter 377 – Aufsichtspflicht 81, 86, 480 – Bestätigungsprüfung 29 – Prüfungsdichte 63, 125, 155 f., 191, 248 – Vorprüfung 27 f.
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Stichwortverzeichnis Insolvenzplan – nichtige Planklauseln 487 f. – Rechtsnatur 462 – Rechtswirkungen 467 – Zustandekommen 10 ff. Insolvenzplan 10 ff. Insolvenzverschleppung 116 Insolvenzverwalter – als Planbeteiligter 378 ff., 514 – Prozessführungsbefugnis 296 ff. – Unabhängigkeit und Neutralität 342, 353, 388 ff., 397, 480 – Vergütungsvereinbarungen 379 ff., 515 Insolvenzzweck 118, 120 ff.,
– flexible 47, 492 – variable 61, 492 Planüberwachung 309 ff., 508 ff. – durch gewillkürten Sachwalter 324, 345 ff. Planverfahren 11 Planvorschriften – Dispositivität 265 ff. Präklusionsklauseln s. Ausschlussklauseln Prozessstandschaft 306 ff., 507 Prozessvertrag 152 ff., Prüfung des Insolvenzplans – durch Prozessgerichte 31, 485 ff., 518 s. Insolvenzgericht
Kapitalerhöhung 415, 422 Kapitalherabsetzung 413 f. Kaufvertrag im Insolvenzplan 467 Kreditrahmen 318, 320, 330 ff. Kreditsicherheit s. Absonderungsrecht
Rechnungslegung
Liquidationsplan
139, 141
Massegläubiger 359 ff., 511 Minderheitenschutz s. auch Vergleichsrechnung Minderheitenschutz 23, 60, 186 f., 257, 424 ff., 465, 481 ff., 500, 502 Mitbestimmung 446 ff. Nachrangige Insolvenzforderungen 65 ff., Nachtragsverteilung 270 ff., 506 Nachzügler s. Ausschlussklauseln
90, 496 Registergericht 30 Restschuldbefreiung 160 ff., 219 f.
Salvatorische Klausel 24 Schlechterstellungsverbot 16 Schlussrechnungslegung 258 ff., 287 ff., 504 Schlusstermin 261 Schuldrechtliche Regelungen 46 Sicherheitenpool 37 Sicherung der Insolvenzmasse 74 ff., 494 Stimm- und Verfahrensrechte – Garantie der Stimmrechte 188 f., 479 s. Abstimmung Strafzahlungen s. Geldstrafen Suhrkamp 404 Treuhänder
58, 163, 220, 282
Obstruktionsverbot 14 ff., 218 Öffentlich-rechtliche Normen 92, 483 Organmitglieder – Austausch durch Insolvenzplan 441
Übernahmeerklärung für Aktien
Pareto-Effizienz 16, 217 Pensionssicherungsverein 9 Phoenix Kapitaldienst GmbH 142 ff., 168 ff., 186 Planbestätigung 12, 29 Planbeteiligte 357 ff. Plandispositivität 3, 451 Planquote 44 ff., 491 – Bestimmtheit 51
Verfahren
250
429 Übernahmegesellschaft 372 ff., 513 Überwachung der Planerfüllung s. Planüberwachung Unlautere Planherbeiführung 132 ff. s. Planverfahren Verfahrensabwicklung 139 f., 142 ff., 176, 182, 262 ff., 470 Verfügung über Gesellschaftsanteile 409, 440 Verfügungsbefugnis des Schuldners 339 ff. Vergleichsrechnung 17 ff., 60, 63, 85, 173, 186, 257
Stichwortverzeichnis Vermögensübersicht 81 ff., 495 Verpflichtungserklärung 364 ff., 399 f., 512 Verteilung der Insolvenzmasse 135 ff., 175, 181, 499 Verwertung der Insolvenzmasse 73 ff., 98, 497 – generelle Zustimmung 102 ff. Verzeichnis der Massegegenstände s. Vermögensübersicht Vollstreckbarkeit von Planregelungen 55 Vorprüfung 27
Vorstand s. Organmitglieder
Wettbewerbsverzerrung 328, 482 Wirkungen 38, 46 Zeichnung von Aktien
417, 429 – durch Dritte 432 Zuständigkeit nach § 202 InsO 164 Zwangsgelder s. Geldstrafen
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