Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs in der Schweiz und in Deutschland: Eine rechtsvergleichende Untersuchung der gesellschafts- und zivilrechtlichen Beschränkungen der Heranziehung des Vermögens der Aktiengesellschaft zur Akquisitionsfinanzierung [1 ed.] 9783428552405, 9783428152407

In Umsetzung von Art. 25 der Kapitalrichtlinie ist es einer Gesellschaft im deutschen Recht gemäß § 71a Abs. 1 AktG unte

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German Pages 455 Year 2017

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Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs in der Schweiz und in Deutschland: Eine rechtsvergleichende Untersuchung der gesellschafts- und zivilrechtlichen Beschränkungen der Heranziehung des Vermögens der Aktiengesellschaft zur Akquisitionsfinanzierung [1 ed.]
 9783428552405, 9783428152407

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Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 70

Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs in der Schweiz und in Deutschland Eine rechtsvergleichende Untersuchung der gesellschafts- und zivilrechtlichen Beschränkungen der Heranziehung des Vermögens der Aktiengesellschaft zur Akquisitionsfinanzierung

Von

Jens Jendrsczok

Duncker & Humblot · Berlin

JENS JENDRSCZOK

Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs in der Schweiz und in Deutschland

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Begründet von Professor Dr. Wolfgang Blomeyer † und Professor Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band 70

Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs in der Schweiz und in Deutschland Eine rechtsvergleichende Untersuchung der gesellschafts- und zivilrechtlichen Beschränkungen der Heranziehung des Vermögens der Aktiengesellschaft zur Akquisitionsfinanzierung

Von

Jens Jendrsczok

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich hat diese Arbeit im Jahr 2016 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0947-2452 ISBN 978-3-428-15240-7 (Print) ISBN 978-3-428-55240-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-85240-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich am 5. Oktober 2016 als Dissertation angenommen. Hierfür danken möchte ich an erster Stelle meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Rolf Sethe. Er hat das Vorhaben von Beginn an mit offenem Ohr und stets geduldig unterstützt. Herrn Professor Dr. Hans Caspar von der Crone danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Frau Dr. Karina Otte hat mir dankenswerterweise während meiner Tätigkeit am Universitätsklinikum Freiburg die nötige zeitliche Flexibilität eingeräumt, um diese Dissertation verfassen zu können. Meine Mutter, Frau Helga Jendrsczok, hat die Durchsicht der Dissertation auf orthographische und grammatikalische Korrektheit übernommen. Hierfür und für die Unterstützung meines gesamten Ausbildungswegs gilt ihr mein besonderer Dank. Stuttgart, im März 2017

Jens Jendrsczok

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Erster Teil Grundlagen

29

§ 1 Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 § 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 § 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . 49 § 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . 58

Zweiter Teil Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs nach deutschem und schweizerischem Recht

90

§ 5 Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Kompetenzordnung und die Schranken des Organhandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 § 6 Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 § 7 Finanzielle Unterstützung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 § 8 Finanzielle Unterstützung bei börsenkotierten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 § 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

Dritter Teil Vergleichende Überlegungen und Würdigung

370

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 § 11 Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 19 24 25 27

Erster Teil Grundlagen

29

§ 1 Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Verwendung des Begriffs der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . B. Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Finanzielle Zuwendung durch die Gesellschaft an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . III. Finale Verknüpfung zwischen Zuwendung und Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassende Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 30 31 32 33 33

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Leveraged Buyouts (LBOs) und Management Buyouts (MBOs) . . . . . . . . . . . . . I. Terminologie und Einteilung in Unterformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Leverage-Effekt und Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . III. Rechtliche Gestaltungen von LBOs und MBOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzernierung der Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschmelzung von Ziel- und Erwerbsgesellschaft (merger buy-out) . . . . 3. Weitere Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Entwicklung und praktische Bedeutung von LBOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. UK und USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sonstige praktisch relevante Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Cash Pooling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fiduziarischer Aktienerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Break-fee-Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Hin- und Herzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35 35 35 36 39 40 42 43 44 44 45 45 46 47 47 48 48

10

Inhaltsverzeichnis

§ 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . A. Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland . . . . . . . . . . . . . . . . B. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 49 52 53 55 56

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . A. Die rechtspolitische Diskussion über LBOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ökonomische Auswirkungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung I. Erleichterung von Kontrollbildung und -wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Veränderung der Kapitalstruktur der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der Kapitalstruktur der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auf die Kapitalstruktur der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die optimale Kapitalstruktur unter dem Aspekt der Wertmaximierung . . a) Klassische Finanzierungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Irrelevanztheorem nach Modigliani/Miller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Static-Trade-Off-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Neoinstitutionalistische Finanzierungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pecking-Order-Finanzierungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Agency-Kosten des Eigenkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Agency-Kosten des Fremdkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Definition und Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Relevanz der Kapitalstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Begrenzung von Agency-Kosten des Fremdkapitals . . . . . . . . . . . . (1) Die These von der Selbstregulierung der Kapitalstruktur durch den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gesellschaftsrechtliche Regulierung der Kapitalstruktur . . . . . 5. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der empirische Befund zu LBOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtspolitische Einzelaspekte der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . I. Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Benachteiligung von Minderheitsaktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kursmanipulation und Übernahmerelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Systemische und ordnungspolitische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 58 61 61 64 64 65 66 66 67 68 71 71 72 73 73 74 75 76 80 81 83 84 85 85 86 86 87 87 88

Inhaltsverzeichnis

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Zweiter Teil Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs nach deutschem und schweizerischem Recht § 5 Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Kompetenzordnung und die Schranken des Organhandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kompetenz für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kompetenzattraktion durch die Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kompetenzdelegation und Konsultation der Generalversammlung . . . . . . II. Beschränkungen der Vertretung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umfang der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Endzweck und statutarischer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung für den Umfang der Vertretungsmacht des Verwaltungsrats aa) Umfassung durch Endzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umfassung durch statutarischen Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausdrückliche Beschränkungen der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . b) Stillschweigende Beschränkungen der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . c) Beschränkungen bei Insichgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen der Überschreitung von Vertretungsbeschränkungen . . . . . . a) Bei Überschreiten der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei Überschreiten der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gutgläubigkeit des Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bösgläubigkeit des Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grundsätzliche Verhaltenspflichten der handelnden Organe . . . . . . . . . . . . . 1. Organbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verletzung der Sorgfaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingehung eines Klumpenrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Materielle Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Überprüfbarkeit nach dem Maßstab der business judgement rule b) Verletzung der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verletzung der Gleichbehandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsschutz und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Unsittlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kompetenz für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kompetenzdelegation an Hauptversammlung und Aufsichtsrat . . . . . . . . .

90 90 90 90 90 91 94 95 96 96 97 97 98 100 100 101 102 104 104 105 105 110 110 111 111 112 112 117 120 121 124 126 130 132 132 132 134

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Inhaltsverzeichnis II. Beschränkungen der Vertretung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkung durch Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung b) Beschränkung bei zwingender Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat gemäß § 112 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkungen durch die Bestimmungen in der Satzung . . . . . . . . . . b) Beschränkung durch Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats . . . . . aa) Bei Geschäften von grundlegender Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bei Kreditgewährung an Vorstand und leitende Angestellte . . . . . . c) Beschränkung durch Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung gemäß „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolge bei Überschreiten der Vertretungsbeschränkungen . . . . . . . . . a) Überschreiten der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überschreiten der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Missbrauch der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grundsätzliche Pflichten der handelnden Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichten des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sorgfaltspflicht bei der Beachtung zwingender Vorschriften . . . . . . . . b) Sorgfaltspflichten des Vorstands im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Finanzierungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vermeidung von Klumpenrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Exkulpation nach der BJR bei unternehmerischen Entscheidungen c) Treuepflichten des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsschutz und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichten des Vorstands aus Insolvenzverursachungshaftung . . . . . . . . . . . 3. Pflichtverletzungen des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gleichbehandlungspflicht der Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sittenwidrigkeit von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 6 Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über das System des Kapitalschutzes und der geschützten Reserven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Tatbestand des Art. 680 Abs. 2 OR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darlehen an Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherungsgeschäfte im Interesse von Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . 2. Heilung der verbotenen Einlagenrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135 135 137 138 138 138 140 140 142 145 147 147 148 149 151 152 152 153 153 154 155 157 158 160 163 164 167 168 174 174 174 176 176 177 180 182 183 183

Inhaltsverzeichnis

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III. Verstoß gegen das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . 1. Verstoß gegen die Vorschriften zur offenen Gewinnausschüttung . . . . . . . 2. Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darlehen an Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherungsgeschäfte im Interesse des Aktionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . 3. Zustimmung zu verdeckten Gewinnausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verstoß gegen die Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . 1. Unmittelbarer Erwerb eigener Aktien gemäß Art. 659 Abs. 1 OR durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR auf einzelne Gestaltungen mit Bezug zu finanzieller Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sicherungsgeschäfte zur Finanzierung des Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . b) Fiduziarischer Aktienerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Pfandnahme eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . a) Die Doktrin von der Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Normzwecke der Art. 659 ff. OR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verletzung von Normzwecken der Art. 659 ff. OR . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Durch Sicherungsgeschäfte zu Erwerbszwecken . . . . . . . . . . . . . . bb) Durch fiduziarischen Aktienerwerb und Pfandnahme . . . . . . . . . . . cc) Generell durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . d) Anwendbarkeit der Vorschriften über Form und Durchführung des Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über das System des Kapitalschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Tatbestand der Einlagenrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darlehen an Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherheitenbestellung zugunsten von Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verstoß gegen das Verbot der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien (§ 71a Abs. 1 AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umgehungsschutz zu §§ 71 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

186 186 187 192 194 197 197 200 202 202 203 203 204 205 206 207 208 209 209 212 214 215 218 219 219 219 219 221 221 222 225 226 227 229 230 230

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Inhaltsverzeichnis b) Schutz der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schutz der Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . d) Kapitalmarktrechtliche Regelungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kapitalschutzzweck eigener Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erwerb von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzierungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darlehen, Sicherungsgeschäfte und Vorschüsse . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die These eines offenen Tatbestands mit Regelbeispielen . . . . . . . cc) Besondere Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Break-fee-Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Hin- und Herzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zustimmung zu einer befreienden Schuldübernahme . . . . . . . . (4) Anwachsende Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Funktionszusammenhang zwischen Erwerb von Aktien und finanzieller Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zeitlicher Zusammenhang zwischen Finanzierung und Erwerb . . . bb) Anforderungen an den Funktionszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . d) Verbotsausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 ff. AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit der §§ 71 ff. AktG vor Einführung des § 71a Abs. 1 AktG 2. Anwendbarkeit nach allgemeiner Umgehungsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . V. Verhältnis von § 71a Abs. 1 AktG zu § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG . . . C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

230 231 232 233 238 238 240 240 242 246 246 246 247 250

§ 7 Finanzielle Unterstützung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konzerndefinition und Konzerneingangsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besonderheiten bei Zweck und Organhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweckklauseln im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grenzen der Kompetenzattraktion durch die herrschende Gesellschaft . . . 3. Interessenkonflikte der handelnden Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Lösung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Diskussion in der Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besonderheiten des Kapitalschutzes im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verschärfung des Verbots der Einlagenrückgewähr? . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Lockerung des Reservenschutzes durch eine Finanzierungsklausel . . . . . . 3. Bestimmung der Drittbedingungen bei Finanzgeschäften im Konzern ohne Finanzierungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berücksichtigung konkreter indirekter Konzernvorteile . . . . . . . . . . . .

270 270 270 272 272 275 276 277 279 282 284 284 285

252 252 253 255 257 260 261 261 263 265

287 288

Inhaltsverzeichnis b) Konkrete indirekte Vorteile bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erforderlichkeit der Bildung einer Sonderreserve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsschutz im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzernpublizität und Sonderprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertretungsrechtliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung aus Auftragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung aus Konzernvertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftung aus faktischer Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konzerndefinition und Konzerneingangsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Finanzielle Unterstützung im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzernprivileg und Nachteilsausgleich gemäß §§ 311 ff. AktG . . . . . . . 2. Geltung der §§ 57, 62 AktG im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausnahmsweise Geltung bei Darlehen und Sicherheiten zugunsten der herrschenden Gesellschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen von § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auf die Auslegung der §§ 311 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Auswirkung auf die Konkretisierung der Anforderungen an die Solvenz des herrschenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auswirkung auf die Bemessung des Nachteilsausgleichs . . . . . . . . 3. Geltung von § 71a Abs. 1 AktG im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . III. Finanzielle Unterstützung im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsschutz im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzernpublizität und Sonderprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Subsidiäre Haftungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Haftung gemäß § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 8 Finanzielle Unterstützung bei börsenkotierten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Informations- und Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitteilungen über Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Management-Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Insiderrechtliche Verbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Angebotspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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289 290 294 294 296 297 297 298 299 300 302 302 304 304 306 307 308 308 309 310 311 313 313 314 314 314 315 316 317 319 322 323 323 324 324 326 326 328

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Inhaltsverzeichnis IV. Verhaltenspflichten der Organe bei öffentlichem Kaufangebot . . . . . . . . . . . 1. Gleichbehandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkungen von Abwehrmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verbot wesentlicher Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Offensichtliche Verletzung des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . c) Break-fee-Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verbot der Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Informations- und Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ad-hoc-Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Directors’ Dealings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stimmrechtsmitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Insiderrechtliche Verbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Angebotspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verhaltenspflichten des Vorstands bei einem Übernahmeangebot . . . . . . . . . V. Verbot der Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

331 332 332 332 334 335 335 336 337 337 338 339 340 341 341 343 344

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Im schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Finanzielle Unterstützung und Verschmelzung mit der Zielgesellschaft . . . . 1. Schutz der Minderheitsaktionäre nach dem FusG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durch Vorschriften des FusG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durch die Kapitalschutzvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fusionserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bei Fusionen zwischen kleineren und mittleren Unternehmen . . . . . . . b) Bei Verschmelzung auf die Erwerbsgesellschaft (upstream merger) . . II. Rechtsformwechsel und Vermögensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Finanzielle Unterstützung und Verschmelzung der Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft (downstream merger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutz der Minderheitsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durch die Vorschriften des UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durch § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Finanzielle Unterstützung und Verschmelzung auf die Erwerbsgesellschaft (upstream merger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbare Schutzmechanismen des UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit der §§ 57, 71a Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Finanzielle Unterstützung und Rechtsformwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

347 348 348 348 349 349 351 352 352 353 354 355 355 356 357 357 359 362 364 364 365 366 367

Inhaltsverzeichnis

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Dritter Teil Vergleichende Überlegungen und Würdigung § 10 Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Schutz der Gläubiger bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung . . . . . . . . I. Schutz vor Vermögensverschiebung an (künftige) Aktionäre . . . . . . . . . . . . . 1. In der unverbundenen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umfang der Vermögensbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kriterien für die Angemessenheitsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schutz vor Umgehung der Regelungen zum Erwerb eigener Aktien . . d) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besonderheiten der Konzerninnenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bei Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutz durch rechtliche Begrenzung der Vermögensverwendung . . . . . . . . . III. Schutz durch Information der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Information über beherrschenden Einfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Schutz der Minderheitsaktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begrenzung der Zulässigkeit der Konzerninnenfinanzierung . . . . . . . . . . . 2. Angemessenheit der Finanzierungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bei Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Schutz des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Systemische und ordnungspolitische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

370 371 371 372 372 372 374 377 380 382 384 384 390 395 399 405 405 407 407 407 408 411 417 418 419

§ 11 Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

Einleitung

„I joined Barclays Bank in 1929 the year in which section [45] of the Companies Act [1929] came into force. Ever since that time it has been a plague for those operating in the banking field.“ Lord Frederic Seebohm1

A. Einführung Seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts ist auch in kontinentaleuropäischen Ländern wie der Schweiz und Deutschland – wie schon zuvor im angloamerikanischen Raum2 – eine vermehrte Übernahmetätigkeit von Finanzinvestoren (insbesondere so genannter Private-Equity-Fonds) zu beobachten, die zur Finanzierung der Übernahme von Unternehmen auf die Finanzierungstechnik des leveraged buyouts (LBO) zurückgreifen. Bei dieser wird ein möglichst hoher Anteil der vom Erwerber für die Übernahme benötigten Mittel nicht durch Eigenkapital, sondern durch Fremdkapital finanziert, also insbesondere durch Kredite. Diese verstärkte Verwendung von Fremdkapital führt zu einer durchaus erwünschten risikoerhöhenden Hebelwirkung, die im Falle einer erfolgreichen Transaktion die Rendite auf das eingesetzte Kapital der Investoren erhöht. Umgekehrt vergrößert sie allerdings auch die Verluste im Falle eines Misserfolgs3. Anschaulich gemacht werden kann diese Finanzierungstechnik des LBO am Beispiel der in der Literatur4 gut dokumentierten Übernahme der Geberit-Gruppe, einem schweizerischen Hersteller von Sanitärtechnik, durch einen Finanzinvestor5 im Jahr 1997: Der Finanzinvestor gründete zunächst zwei Zweckgesellschaften in 1 Hansard, HL, vol. 418, col. 973, zit. nach Lowry/Reisberg, S. 325. Section 45 des Companies Act 1929 enthielt erstmals im englischen Recht die Vorschriften zum Verbot der financial assistance, also zum Verbot der finanziellen Unterstützung des Anteilserwerbs. 2 s. dazu die Darstellung bei Baskin/Miranti, S. 286 ff.; Kaplan/Strömberg, S. 125 f. 3 Zu financial leverage und seinen ökonomischen Implikationen siehe unten unter § 2 A. II. 4 Tschäni/Diem/Wolf, M&A-Transaktionen 2013, S. 213 f.; Bohrer, S. 224 ff.; Zimmerli, S. 180 ff. Weitere Fallbeispiele finden sich etwa bei Kußmaul/Pfirmann/Tcherveniachki, S. 2533 ff.; Seibt, S. 284 ff.; Fridrich, S. 20 ff.; Sauermann, S. 161 ff. 5 In diesem Fall der britischen Private-Equity-Firma Doughty Hanson plc.

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Form einer Doppelholding6, die vom Finanzinvestor mit insgesamt CHF 300 Mio. Eigenkapital ausgestattet wurden. Mit Hilfe eines langfristigen Bankkredits im Umfang von CHF 720 Mio. und einer kurzfristigen Mezzanine-Finanzierung im Umfang von CHF 275 Mio. sowie einem weiteren kurzfristigen Überbrückungsbankkredit in Höhe von CHF 593,2 Mio. wurde der Kaufpreis für die Holdinggesellschaft der Gruppe, der Geberit Holding AG, einschließlich der Transaktionskosten in Höhe von insgesamt CHF 1.833,2 Mrd. finanziert. Nach der vollständigen Übernahme wurde die Mezzanine-Finanzierung durch die Ausgabe hochverzinslicher Anleihen durch die Geberit Holding AG refinanziert; der Überbrückungskredit wurde durch den Verkauf von Aktiva der Geberit Holding AG abgelöst. Durch eine Abfolge von Fusionen wurden schließlich die Zweckgesellschaften mit der Geberit Holding AG – und damit auch die Vermögensmassen der beteiligten Gesellschaften – vereint. Bereits im Jahr 1999 konnte der Finanzinvestor die so umstrukturierte Geberit-Gruppe an die Börse führen; bei diesem Börsengang wurde die Gesellschaft mit CHF 2,16 Mrd. bewertet. Im Ergebnis setzte der Finanzinvestor folglich nur Eigenkapital in Höhe von 15,9 Prozent des Gesamtkaufpreises ein und finanzierte den Erwerb zu 84,1 Prozent mit Fremdkapital. Durch die Fusionen haftete letztlich die übernommene Gesellschaft für die eingegangenen Verbindlichkeiten, während sich die Haftung des Finanzinvestors auf das eingesetzte Eigenkapital beschränkte. Der Unternehmenswert konnte binnen zweier Jahre um bis zu CHF 869,9 Mio.7 und somit um etwa 67 Prozent8 gesteigert werden. Bezogen auf das eingesetzte Eigenkapital in Höhe von CHF 300 Mio. konnte jedoch eine Wertsteigerung von bis zu 288 Prozent erzielt werden, die erzielte Rendite des Finanzinvestors betrug aufgrund der hohen Fremdfinanzierung folglich ein Mehrfaches der tatsächlich erzielten Steigerung des Unternehmenswerts. Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass Finanzinvestoren bei einer solchen Übernahme durch LBO ein natürliches Interesse daran haben, das eigene Investitionsrisiko durch möglichst geringen Einsatz von Eigenkapital zu minimieren und zugleich die Renditechancen durch maximalen Einsatz von Fremdkapital zu steigern. Um dies zu erreichen, nutzen sie eine Reihe von Finanzierungstechniken, die darauf zielen, das Vermögen der übernommenen Gesellschaft (die auch als Zielgesellschaft bezeichnet wird) zur Übernahmefinanzierung heranzuziehen: So wird etwa angestrebt, einen möglichst hohen Anteil der zur Finanzierung benötigten 6 Die Geberit International SA, eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts, und als deren Tochtergesellschaft die Geberit Beteiligungs AG. 7 Dies ist der reine Differenzbetrag zwischen Kaufpreis und Weiterveräußerungserlös aus Börsengang und Abspaltung von Unternehmensteilen, von dem noch zur Ermittlung des tatsächlichen Gewinns die – im Detail nicht bekannten – Kosten und Zinsen abgezogen werden müssten. 8 Bezogen auf den Erwerbspreis von CHF 1.295 Mrd., ohne die unmittelbar nach Erwerb zur Ablösung des kurzfristigen Überbrückungskredits veräußerten Aktiva in Höhe von CHF 592,2 Mio.

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Kredite der Zielgesellschaft aufzubürden, die Bonität der Zielgesellschaft zur Senkung der Finanzierungskosten zu nutzen oder die Übernahmekredite mit den liquiden Mitteln der übernommen Gesellschaft unmittelbar nach der Übernahme zu tilgen. Um möglichst günstige Konditionen für die Übernahmefinanzierung zu erhalten, werden zudem regelmäßig Vermögenswerte der Zielgesellschaft zur Besicherung der Kredite eingesetzt. Sowohl die Überwälzung der Übernahmefinanzierung auf die übernommene Gesellschaft als auch die Nutzung der Vermögenswerte der zu übernehmenden Gesellschaft zur Besicherung wirft jedoch eine Vielzahl gesellschafts- und kapitalmarktrechtlicher Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit und Grenzen einer solchen Heranziehung des Gesellschaftsvermögens zur Übernahmefinanzierung auf, die für das schweizerische Recht bisher von Rechtsprechung und Lehre nur unzureichend geklärt scheinen9. Zugleich hat die vermehrte Übernahmetätigkeit in Deutschland seit den neunziger Jahren eine Vorschrift des deutschen Aktienrechts in den Blickpunkt gerückt, die zuvor ein Schattendasein fristete und wenig praktische Relevanz zu haben schien: Nach § 71a10 Abs. 1 des deutschen Aktiengesetzes (AktG) ist jede Form der finanziellen Unterstützung Dritter durch die Gesellschaft beim Erwerb ihrer Aktien kategorisch untersagt. Dieses Verbot der finanziellen Unterstützung beruht auf Art. 23 der Zweiten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie von 1976 (sog. „Kapitalrichtlinie“)11, eine auf Betreiben der britischen Delegation, in deren Rechtsordnung dieses Verbot der finanziellen Unterstützung schon lange etabliert war12, eingeführte Norm. Nach redaktionellen und inhaltlichen Anpassungen ist dieses Verbot in der aktuellen Fassung der Kapitalrichtlinie in Art. 25 normiert13. Nach seiner Umsetzung in nationales Recht im Jahre 1978 fand dieses Verbot zunächst in Deutschland in Wissenschaft und Praxis wenig Beachtung14. Erst im Zuge des erstmaligen Auftretens

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Vogel/Heiz/Müller/Ladner, Abs. 8 (What are the key unresolved issues in Switzerland?). Ähnlich bereits die Beurteilung von Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 184. 10 Bei mit Buchstaben versehenen Normen des deutschen Rechts wie § 71a AktG wird in dieser Untersuchung zwischen Ziffer und Buchstaben keine Leerstelle eingefügt. Bei schweizerischen Normen werden ebenfalls keine Leerstellen eingefügt. 11 Zweite Richtlinie des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (77/91/EWG), Abl EG 1977 vom 31. Januar 1977 L 26/1 ff. („Kapitalrichtlinie“). 12 Zur Regelungsgeschichte der Norm siehe unten unter § 3. 13 Richtlinie 2012/30/EU, Abl EU 2012 vom 25. 10. 2012 L 315/74 ff. 14 Siehe dazu die Darstellungen bei Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 494 f.; Schroeder, S. 7 ff. In der Gesetzesbegründung wurde die Norm nicht als materiell bedeutsame Änderung eingeordnet, s. RegBegr BT-Drucksache 8/1678, S. 10.

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von LBOs auch in Deutschland begann die wissenschaftliche Diskussion15 um diese Norm; die Praxis wiederum suchte vor allem Wege, diese den LBO der Aktiengesellschaft stark limitierende Norm zu umgehen und andere rechtliche Wege zur Heranziehung des Vermögens der Zielgesellschaft zur Erwerbsfinanzierung zu finden. Die Diskussion über die Zulässigkeit solcher Wege und damit verbunden über Zweck und Reichweite der Norm hält dabei in Wissenschaft und Rechtsprechung unvermindert an16. Beeinflusst und zum Teil überlagert wird die Diskussion in Deutschland über die rechtliche Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung von der anhaltenden (rechts-)politischen Diskussion über den grundsätzlichen Regulierungsbedarf von LBOs. Diskutiert wird dabei neben der Frage des grundsätzlichen volkswirtschaftlichen Nutzens oder Schadens von LBOs insbesondere auch die Gefahr einer „Ausplünderung“ der übernommenen Gesellschaft zugunsten des Finanzinvestors und zu Lasten der übrigen stakeholder der Gesellschaft wie Gläubigern und Arbeitnehmern17. Parallel zur deutschen Diskussion in Wissenschaft und öffentlicher Meinung wird auch auf europäischer Ebene eine grundsätzliche Diskussion über die Sinnhaftigkeit des Verbots der finanziellen Unterstützung in Art. 25 der Kapitalrichtlinie geführt18. Im Gegensatz zur Diskussion in Deutschland stehen dabei weniger Fragen von Auslegung und Reichweite des Verbots der finanziellen Unterstützung im Vordergrund als vielmehr eine grundsätzliche Kritik am Verbot der finanziellen Unterstützung aus ökonomischer und ordnungspolitischer Sicht19, welche in der Folge bereits zur Lockerung des Verbots durch Zulassung von finanzieller Unterstützung unter engen Auflagen in Art. 25 Abs. 1 Unterabsätze 2 bis 5 der Kapitalrichtlinie führte20, nach der Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unter engen Voraus15 Grundlegend Lutter/Wahlers, S. 1 ff.; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 494 ff. Monographisch erstmals Schroeder, S. 1 ff. 16 Nachdem mit dem Urteil des OLG Düsseldorf v. 18. 09. 2006 – I-5 U 6/06, NZG 2007, 273 in Sachen Babcock Borsig AG eine kontroverse Diskussion über den Zweck von § 71a Abs. 1 AktG und die Zulässigkeit von Umgehungskonstruktionen im Schrifttum ausgelöst wurde, s. hierzu ausführlich unten unter § 6 B. III. 2. b) cc) (3) und (4). Siehe zur Diskussion um § 71a Abs. 1 AktG zuletzt monographisch etwa Hartung, S. 19 ff.; Brosius, S. 13 ff.; Hassner, S. 111 ff. 17 Schneider, Eigenkapitalräuber, S. 577 ff.; Schneider, Private Equity, S. 888 ff. Direkte Erwiderung auf diese Kritik von Eilers, S. 792 f. Ausführlich zu dieser Diskussion siehe unten unter § 4. I. und II. 18 Im Zuge einer grundsätzlichen Reformdiskussion über das Gesellschaftsrecht auf europäischer Ebene, siehe zu diesen Reformbemühungen insgesamt Baums, Europäisches Gesellschaftsrecht, S. 57 ff.; The High Level Group of Company Law Experts, Report of the High Level Group, S. 3 ff. Speziell zu Art. 23 der Kapitalrichtlinie EG-Initiative „Simpler Legislation for the Internal Market“, DOK KOM (2000) 56 endg. v. 4. 2. 2000, insbesondere Vorschlag 5, S. 14 f. Siehe auch Wymeersch, S. 725 ff.; Ferran, S. 93 ff. 19 Wymeersch, S. 746; Ferran, S. 93 f. Dieser Kritik folgt aus schweizerischer Perspektive Fuchs Mtwebana, S. 231 ff. Ausführlich zur Diskussion siehe unten unter § 3 C. 20 Siehe zur Neuregelung etwa Freitag, S. 159 ff. Eingehend unten unter § 3 C.

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setzungen zulässig sind. In das deutsche Recht wurde diese Lockerung bisher nicht übernommen. Im schweizerischen Recht hingegen existiert ein solches Verbot der finanziellen Unterstützung für Aktiengesellschaften bisher nicht. Der Begriff und die damit verbundene Rechtsfigur der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs wird bisher in der Lehre nur vereinzelt behandelt, obschon die Heranziehung des Vermögens der Zielgesellschaft zur Übernahmefinanzierung auch in der Schweiz verbreitet ist21. In der wissenschaftlichen Diskussion wird die Erwerbsfinanzierung mit Mitteln der Zielgesellschaft daher wegen eines fehlenden allgemeinen Verbots der finanziellen Unterstützung überwiegend unter den jeweiligen spezifischen rechtlichen Gesichtspunkten wie etwa der Kapitalerhaltung, des Erwerbs eigener Aktien, der Zweckbegrenzung der Gesellschaft oder besonderer kapitalmarkt- und konzernrechtlicher Probleme thematisiert22. Dabei ergeben sich – wie auch im deutschen Recht – vielfältige Überschneidungen zum verwandten Themenkreis des cash poolings, zu dem durch den jüngsten „Swisscargo“-Entscheid23 des Bundesgerichts zuletzt neue und grundsätzliche Zweifelsfragen aufgeworfen wurden, die die Praxis verunsichert haben und in der Literatur überaus kontrovers diskutiert werden24. Diese Zurückhaltung verwundert umso mehr, als für das schweizerische Recht die Normen des europäischen Rechts und damit auch das Verbot der finanziellen Unterstützung in Art. 25 der Kapitalrichtlinie besondere Relevanz haben, da sich die Schweiz grundsätzlich für das Konzept des autonomen Nachvollzugs europäischen Rechts entschieden hat25. Nach diesem Konzept ist die Schweiz bestrebt, die Rechtsordnung und damit auch das Aktien- und Gesellschaftsrecht grundsätzlich europarechtskompatibel zu halten und schweizerische Sonderwege zu vermeiden26. Daher stellt sich auch unter dem Aspekt des autonomen Nachvollzugs die Frage, ob die Schweiz ein Verbot der finanziellen Unterstützung in Anlehnung an Art. 25 der Kapitalrichtlinie schon aus Gründen der Europarechtskompatibilität einführen sollte. In der folgenden Untersuchung soll daher untersucht werden, ob ein eigenes Verbot der finanziellen Unterstützung auch im schweizerischen Aktienrecht de lege ferenda sinnvoll sein könnte oder ob die bestehenden Regelungen im Gesellschafts21 Zur Nutzung finanzieller Unterstützung bei LBOs siehe Weibel, S. 1 ff.; Tschäni, M&ATransaktionen 2003, S. 185 f.; Zimmerli, S. 30 ff. Zur Entwicklung des LBO-Marktes in der Schweiz siehe unten unter § 2 A. IV. 3. 22 So etwa bei Weibel, S. 1 ff.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 188 ff.; Zimmerli, S. 267 ff. Ebenso wird die ebenfalls gesetzlich nicht geregelte Konzernfinanzierung, die sich tatbestandlich mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zum Teil überschneidet, unter denselben rechtlichen Einzelaspekten behandelt, siehe etwa Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 184 ff.; Rusch, S. 18 ff.; Jagmetti, S. 75 ff.; Grünenfelder, S. 27 ff. 23 BGE 140 III 533. 24 Glanzmann/Wolf, S. 131 ff.; Druey, S. 64 ff.; Brand, S. 135 ff.; Rauber, S. 94 ff.; Blum, Konzerndarlehen, S. 463 ff.; Marty, S. 278 ff.; Schäfer/Vater, S. 795 ff. 25 Baudenbacher, S. 310. Ausführlich hierzu unten unter § 3 E. 26 Siehe hierzu unten unter § 3 E.

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und Kapitalmarktrecht, gegebenenfalls erweiternd ausgelegt oder angepasst, ausreichend erscheinen, um die mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verbundenen Gefahren und Risiken effektiv zu begrenzen. Dabei soll die bestehende Rechtslage hinsichtlich Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in der Schweiz aus gesellschafts- und kapitalmarktrechtlicher Perspektive untersucht werden und einer rechtsvergleichenden Betrachtung der rechtlichen Grenzen der finanziellen Unterstützung im deutschen Aktienrecht unterzogen werden, da dieses bei grundsätzlicher struktureller Vergleichbarkeit im Gegensatz zum schweizerischen Aktienrecht ein explizites Verbot der finanziellen Unterstützung kennt. Die Argumente aus der juristischen Diskussion in Deutschland zum Verbot der finanziellen Unterstützung können daher weitgehend auch für die Diskussion im schweizerischen Recht herangezogen werden. Zudem weist das deutsche Recht im Gegensatz zum schweizerischen Recht ein normiertes Aktienkonzernrecht auf, welches für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ebenfalls von erheblicher Relevanz ist. Auch hier verspricht ein Vergleich mit dem schweizerischen Recht Erkenntnisgewinn. Schließlich können umgekehrt gegebenenfalls auch aus dem schweizerischen Recht Impulse für die deutsche Diskussion gewonnen werden, da das Verbot der finanziellen Unterstützung in der europäischen und zunehmend auch in der deutschen Diskussion kritisch gesehen wird27. Das schweizerische Recht, in dem seit Jahrzehnten LBOs von Aktiengesellschaften durchgeführt werden, ohne dass ein Verbot der finanziellen Unterstützung beachtet werden muss, kann hier Anschauungsmaterial und wertvolle Anregungen für mögliche alternative Regelungen bieten.

B. Problemstellung Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unterliegen aufgrund ihrer vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten Beschränkungen und Regelungen aus unterschiedlichen Bereichen des Zivil-, Gesellschafts- und Börsengesellschafts- bzw. Kapitalmarktrechts. Nachfolgend soll daher, ausgehend von einer allgemeinen Definition des Begriffs der Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, untersucht werden, inwieweit das schweizerische und das deutsche Gesellschafts- und Zivilrecht diese Maßnahmen der finanziellen Unterstützung begrenzen. Eingegangen wird dabei auch im Überblick auf die in den jeweiligen Rechtsordnungen bestehenden Regelungen des Börsengesellschafts- bzw. Kapitalmarktrechts sowie zu strukturellen Maßnahmen wie Fusionen bzw. Umwandlungen und Verschmelzungen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei dem ausdrücklichen Verbot der finanziellen Unterstützung in § 71a Abs. 1 AktG und seinem europäischen Regelungsvorbild in 27

Siehe hierzu unten unter § 3 C. und D.

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Art. 25 der Kapitalrichtlinie. Insbesondere der ökonomische Hintergrund und der Regelungszweck der Norm sollen dabei genauer untersucht werden. Die gewonnenen Erkenntnisse zu den Grenzen der finanziellen Unterstützung in den beiden Rechtsordnungen werden anschließend einer eingehenden rechtsvergleichenden Betrachtung unterzogen und dabei wird das jeweils bestehende Schutzniveau hinsichtlich der Gefahren der finanziellen Unterstützung bewertet. Dabei soll unter Berücksichtigung der ökonomischen Hintergründe und des Regelungszwecks des Verbots der finanziellen Unterstützung in § 71a Abs. 1 AktG die Sinnhaftigkeit eines solchen Verbots im deutschen Recht sowie de lege ferenda auch im schweizerischen Recht untersucht werden.

C. Eingrenzung Diese Untersuchung beschränkt sich auf die deutsche bzw. schweizerische Aktiengesellschaft als die Zielgesellschaft eines buyouts bzw. als die Gesellschaft, die die finanzielle Unterstützung gewährt. Während diese Rechtsform aufgrund ihrer großen Verbreitung in der Schweiz wohl die auch für Private-Equity-Transaktionen relevanteste Gesellschaftsform darstellt, ist in Deutschland die Gesellschaftsform der GmbH ungleich verbreiteter28 und daher weit häufiger die Zielgesellschaft bei einer Private-Equity-Transaktion. Die GmbH unterscheidet sich jedoch strukturell erheblich von der Aktiengesellschaft, so dass sich ein Rechtsvergleich der schweizerischen Aktiengesellschaft mit der deutschen GmbH nicht anbietet. So besteht für die GmbH im deutschen Recht auch kein Verbot der finanziellen Unterstützung und die Vorschriften zur Kapitalerhaltung sind gegenüber denen der Aktiengesellschaft wesentlich liberaler. Zudem nimmt die Zahl der GmbHs auch in der Schweiz in den letzten Jahren sprunghaft zu29, so dass sich Verbreitung und volkswirtschaftliche Funktion von deutscher und schweizerischer Aktiengesellschaft zunehmend angleichen. Die Untersuchung beschränkt sich auf die zivil- und gesellschaftsrechtlichen Begrenzungen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs in den untersuchten Rechtsordnungen. Die Begrenzungen durch das Börsengesellschaftsrecht bzw. durch das Kapitalmarktrecht sowie durch das Fusions- bzw. Umwandlungsrecht werden nur im Überblick und ergänzend behandelt. Die Untersuchung der Begrenzungen in diesen Rechtsgebieten dient lediglich der Überprüfung der Frage, ob mögliche Schutzzwecke einer zivil- bzw. gesellschaftsrechtlichen Normierung bereits durch

28 Trotz eines erheblichen Zuwachses an Aktiengesellschaften in den letzten Jahren, s. MünchKomm-AktG/Habersack Einl. Rn. 11; ältere Vergleichszahlen von Aktiengesellschaft und GmbH in GroßK-AktG/Assmann Einl. Rn. 295, mit einem damaligen Zahlenverhältnis von etwa eins zu zweihundert. 29 Zur aktuellen Verbreitung von GmbH und AG in der Schweiz s. Nobel, S. 123.

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Normen dieser Rechtsgebiete erfüllt werden sowie ob zivil- bzw. gesellschaftsrechtliche Normen durch Fusionen bzw. Umwandlungen umgangen werden können. Nicht behandelt werden die steuerrechtliche30 und strafrechtliche31 Beurteilung der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs. Weitestgehend ausgeklammert bleiben zudem insolvenzrechtliche Fragestellungen32: Zwar ist für die Beurteilung des bestehenden aktienrechtlichen Gläubigerschutzes die Frage des Bestehens eines effektiven nachgelagerten insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes durchaus relevant33, doch können insolvenzrechtliche Rechtsbehelfe einen aktienrechtlichen Gläubigerschutz nie ganz adäquat ersetzen, da sie erst greifen, wenn durch die Insolvenz bereits wesentliche Teile des Unternehmenswerts vernichtet sind34. Bestehende insolvenzrechtliche Rechtsbehelfe in beiden Rechtsordnungen werden daher nicht behandelt, sondern fließen lediglich allgemein und ergänzend in die abschließende Diskussion und Bewertung mit ein. Ebenfalls nicht thematisiert werden Fragen der grenzüberschreitenden Gewährung von finanzieller Unterstützung zwischen Gesellschaften verschiedener Rechtsordnungen und somit die Behandlung der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs im Internationalen Privatrecht. Schließlich beschränkt sich die nachfolgende Untersuchung auf die rechtlichen Beschränkungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auf der Ebene der Gesellschaft, die finanzielle Unterstützung gewähren soll. Die verschiedenen Ansatzpunkte, auf der Ebene der Finanzinvestoren zu fördern oder zu regulieren35 und die die Transaktionen finanzierenden Banken36 zu regulieren und damit mittelbar auch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung und ihre Gefahren zu beschränken, bleiben somit außer Betracht. Denn während das Zivil- und Gesellschaftsrecht 30

Zu Problemen im schweizerischen Steuerrecht etwa Simonek/Triebold, S. 357 ff.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 216 ff.; Neuhaus/Watter, S. 184 ff. Zum deutschen Steuerrecht etwa Scheunemann/Socher, S. 1144 ff. 31 Zur strafrechtlichen Behandlung im schweizerischen Recht m.w.N. etwa Weibel, S. 209 ff.; Lanz/Ryser, S. 33 ff. Zu einzelnen strafrechtlichen Aspekten im deutschen Recht etwa Lampe, S. 241 ff.; Wagner, S. 161 ff.; Fleischer, Konzeruntreue, S. 2867 ff. 32 Zu diesen im deutschen Recht etwa Eidenmüller, Private Equity, S. 669 ff. Zum schweizerischen Recht Weibel, S. 193 ff.; Zimmerli, S. 461 ff. 33 Eidenmüller, Private Equity, S. 647 f. 34 Seibt, S. 311. A.A. wohl Eidenmüller, Private Equity, S. 660 ff.; Eidenmüller, Leveraged Buyouts, S. 1729 ff. Dieser bewertet den aktienrechtlichen Kapitalschutz wiederum skeptisch und hält insolvenzrechtliche Rechtsbehelfe für das flexiblere und effizientere Instrument. 35 Etwa in Deutschland durch Umsetzung der AIFM-Richtlinie (Richtlinie 2011/61/EU vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010), siehe hierzu etwa Söhner, S. 279 ff.; Schmidt/Spindler, S. 297 ff. Daneben durch das Risikobegrenzungsgesetz (Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken v. 2. August 2008, BGBl. I S. 1666), s. zu diesem etwa Fleischer, Finanzinvestoren, S. 196 ff. In der Schweiz wurden Vorschriften der AIFM-Richtlinie im Kollektivanlagengesetz (KAG), das am 1. 3. 2013 in Kraft trat, normiert. 36 Insbesondere durch das Bankaufsichtsrecht und der Überwachung durch die jeweiligen Behörden in der Schweiz und Deutschland.

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hauptsächlich dem Interessenausgleich zwischen den unmittelbar beteiligten Akteuren wie den Aktionären und Gläubigern dienen soll, verfolgt die Regulierung auf der Ebene der Erwerber und der den Erwerb finanzierenden Finanzinstitutionen vorwiegend systemische und ordnungspolitische Zwecke. Auf diese wird im Rahmen dieser Untersuchung nur punktuell eingegangen, sofern konkrete Normen des Zivil- und Gesellschaftsrechts auch diesen dienen könnten. Ebenso werden börsengesellschaftsrechtliche bzw. kapitalmarktrechtliche Beschränkungen auf Ebene der Finanzinvestoren nicht näher untersucht37.

D. Gang der Untersuchung Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik mit Darstellung der terminologischen, regelungsgeschichtlichen und Grundlagen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs und ihrer praktischen Relevanz und rechtspolitischen Bewertung folgt ein in fünf weitere Kapitel gegliederter Abschnitt zu den geltenden rechtlichen Begrenzungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, in dem die jeweiligen rechtlichen Regelungen im schweizerischen und deutschen Recht nach jeweiligen Rechtsgebieten geordnet gegenübergestellt und auf ihre Unterschiede hin untersucht werden sollen. Dabei sollen in einem ersten Kapitel zunächst die allgemeinen rechtlichen Grenzen, die sich aus den Vorschriften zur Kompetenzordnung der Gesellschaft, den Organpflichten und der Begrenzung durch die guten Sitten ergeben, betrachtet und gegenübergestellt werden. Im nachfolgenden Kapitel soll dann auf die kapitalschützenden Vorschriften, die den Kern der Begrenzung der finanziellen Unterstützung betreffen, und hierbei insbesondere auf Vorschriften zur Kapitalerhaltung, den Erwerb eigener Aktien und das ausdrücklich normierte Verbot der finanziellen Unterstützung eingegangen werden. In einem gesonderten Kapitel werden anschließend die konzernrechtlichen Begrenzungen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs im deutschen und schweizerischen Recht gegenübergestellt, auch wenn ein normiertes Konzernrecht im schweizerischen Recht fehlt und nach Rechtsprechung und Lehre lediglich einzelne Besonderheiten zu allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Normen, etwa bezüglich des Kapitalschutzes, des Organhandelns oder der Haftung in verbundenen Unternehmen, gelten. Dennoch verspricht gerade ein Vergleich dieser einzelnen Besonderheiten mit dem normierten deutschen Konzernrecht aufschlussreiche Erkenntnisse, auch wenn die Auswahl der punktuellen Besonderheiten im schweizerischen Recht hierfür methodisch nicht leicht fällt und angesichts der Vielzahl der in

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Zu diesen im deutschen Recht siehe etwa Söhner, S. 205 ff.

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der Lehre vertretenen Auffassungen im Rahmen dieser Untersuchung notwendig beschränkt sein muss. Schließlich werden jeweils nur ergänzend und im Überblick in einem weiteren Kapitel die börsengesellschaftsrechtlichen bzw. kapitalmarktrechtlichen und in einem abschließenden Kapitel die fusions- und umwandlungsrechtlichen Regelungen mit Bezug zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in den beiden untersuchten Rechtsordnungen behandelt. Jeder der fünf Abschnitte schließt mit einer kurzen Zusammenfassung und Gegenüberstellung der gewonnenen Erkenntnisse, jedoch ohne eine vertiefte rechtsvergleichende Betrachtung. Diese umfassende rechtsvergleichende Betrachtung erfolgt dann anschließend in einem dritten Abschnitt unter Einbezug aller in den vorangegangenen Kapiteln gewonnen Erkenntnisse. In diesem dritten Teil werden alle Erkenntnisse unter funktionalen Aspekten im Hinblick auf Gefahren und Nutzen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung einer zusammenfassenden Gesamtbetrachtung unterzogen und abschließend diskutiert und gewürdigt.

Erster Teil

Grundlagen § 1 Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung A. Die Verwendung des Begriffs der finanziellen Unterstützung Der Begriff der „finanziellen Unterstützung“ ist dem englischen Recht entlehnt. Dort wird die in section 45 des United Kingdom Companies Act 1929 (CA 1929) erstmals definierte und geregelte Problematik1 und die nachfolgend aufgrund dieser Norm ergangenen Entscheidungen und Nachfolgeregelungen in der Literatur zusammenfassend als financial assistance law2 bezeichnet. In Deutschland wurde diese Sprachregelung in der wissenschaftlichen Literatur nach Einführung des § 71a Abs. 1 AktG soweit ersichtlich erstmals in einer Monographie3 aufgegriffen und wörtlich übersetzt als „finanzielle Unterstützung“ in die Diskussion zu § 71a Abs. 1 AktG und dem mit dieser Norm verwandten Themenkreis eingeführt. In der Folge hat sich der Begriff in Deutschland als weite Umschreibung des Problemkreises der Anteilserwerbsfinanzierung mit Mitteln der Zielgesellschaft insbesondere im Aktienrecht etabliert4. In der schweizerischen Literatur ist der Begriff der „finanziellen Unterstützung“ bisher nicht verbreitet. Soweit der englische Originalbegriff financial assistance verwendet wird, wird darunter teilweise jede Form der finanziellen Zuwendung einer (Aktien-)Gesellschaft an Dritte verstanden, die nicht im Interesse der leistenden Gesellschaft liegt5. Noch enger gefasst wird der Begriff financial assistance zumeist allgemein als ein Unterfall der Konzernfinanzierung an Mutter- und Schwestergesellschaften gebraucht, ohne dass ein Zusammenhang zu einem Erwerb von Anteilen

1

s. hierzu näher unten unter § 3 A. Schroeder, S. 27 ff.; Lowry/Reisberg, S. 324 ff.; French/Mayson/Ryan, S. 295 ff. 3 Schroeder, S. 150. 4 Siehe zum Beispiel bei Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 494 ff.; Singhof, S. 745 ff.; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 155 ff.; Freitag, S. 157 ff. Auch in Bezug auf die GmbH findet der Begriff Verwendung, s. Pühler, S. 177 ff. Daneben wird auch der englische Begriff financial assistance für das deutsche Recht als Oberbegriff für die Anteilserwerbsfinanzierung mit Mitteln der Gesellschaft verwendet, s. Hartung, S. 20 ff. 5 Gasser, S. 169. 2

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1. Teil: Grundlagen

bestehen muss6. Vereinzelt definiert der Begriff financial assistance allerdings auch wie im englischen Recht die Finanzierung des Anteilserwerbs durch die Gesellschaft7. Sofern nur Teilaspekte und besondere Formen behandelt werden, wird zumeist eine konkretere Terminologie bevorzugt8.

B. Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung Der Tatbestand der finanziellen Unterstützung wird in den verschiedenen europäischen Staaten, in denen eine Regelung besteht, unterschiedlich weit gefasst9, während in der Schweiz eine spezifische gesetzliche Regelung und damit eine Definition des Tatbestands gänzlich fehlt. Eine rechtsvergleichende Betrachtung erfordert methodisch, sich von den einzelnen nationalen Normen und Begrifflichkeiten zu lösen und eine umfassende, funktionale Definition des Untersuchungsgegenstands zu gewinnen10. Für diese Untersuchung soll daher versucht werden, eine möglichst umfassende und allgemeine Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung ausgehend von verschiedenen nationalen und europäischen Tatbeständen zu entwickeln, um mit dieser mangels eines gesetzlichen Tatbestands im schweizerischen Recht im Folgenden operieren zu können. Ausgegangen werden kann hierbei zunächst von der sehr allgemeinen Regelung des Verbots der finanziellen Unterstützung in Artikel 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie in der Fassung von 197611, auf der die meisten europäischen Normierungen des Verbots der finanziellen Unterstützung beruhen, welche lautete: 6 Lanz/Ryser, S. 33; Meyer, Gläubigerschutz, S. 137 f. Andere diskutieren unter diesem Begriff zwar die Finanzierung des Anteilserwerbs, verstehen den Begriff aber ausdrücklich weit als jede Form der finanziellen Leistung der Aktiengesellschaft an ihre Aktionäre, s. Fn. 1471 bei Fischer, Aktionärsbindungsverträge, S. 299 f. 7 Weibel, S. 43 f. s. auch Fn. 10 bei Hünerwadel/Tranchet, S. 372. 8 So etwa insbesondere für den Unterfall der Interzession im Interesse des Aktionärs – auch zur Anteilserwerbsfinanzierung und im Rahmen eines LBOs Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 183 f.; Rusch, S. 8. 9 So bestehen Unterschiede hinsichtlich der finanziellen Maßnahmen, die als Unterstützung gewertet werden, hinsichtlich der Anwendbarkeit auf den originären oder nur derivativen Anteilserwerb und hinsichtlich der Anwendbarkeit auf verschiedene Kapitalgesellschaftsformen. Siehe im Überblick Wymeersch, S. 725 ff. Zu den (inzwischen zum Teil überholten) Unterschieden zwischen deutschem und englischen Tatbestand ausführlich Schroeder, S. 122 ff. Zu den Neuerungen im englischen Tatbestand im Überblick Tal, S. 254 ff. Für die Niederlande, Belgien, Italien und Frankreich siehe Pühler, S. 1 ff. Für das französische Recht etwa Viandier, S. 463 ff. Für das italienische Recht Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 496; Magrini, S. 764 ff. 10 Zweigert, S. 33 f. 11 Die aktuelle gültige Fassung von Art. 25 der Kapitalrichtlinie wurde im Hinblick auf optionale Erleichterungen der finanziellen Unterstützung geändert, siehe zu diesen ausführlich

§ 1 Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung

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„Eine Gesellschaft darf im Hinblick auf den Erwerb ihrer Aktien durch einen Dritten weder Vorschüsse geben noch Darlehen gewähren noch Sicherheiten leisten.“

In § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG wurde dieses Verbot und damit die Definition der finanziellen Unterstützung nahezu wortgleich übernommen. Die Ursprungsnorm des Verbots der finanziellen Unterstützung, section 45 des CA 1929, war hingegen noch bedeutend weiter gefasst. Sie lautete12: „(1) Der Gesellschaft ist die Gewährung jedweder finanzieller Unterstützung zum Zweck oder in Verbindung mit einem bereits geschehenen oder noch zu geschehenden Erwerb von Aktien der Gesellschaft durch Dritte untersagt, ungeachtet, ob diese Unterstützung direkt oder indirekt, in der Form eines Darlehens, eine Bürgschaft, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise erfolgt. […]“

In der britischen Ursprungsnorm war also die Form der finanziellen Unterstützung ausdrücklich offengelassen und der Bezug zum Anteilserwerb sehr umfassend formuliert. Seit Inkrafttreten von section 45 des CA 1929 ist der Tatbestand der finanziellen Unterstützung sowohl im Vereinigten Königreich also auch auf europäischer Ebene und in den verschiedenen europäischen Rechtsordnungen schon mehrfach reformiert und neugefasst worden13. Nachfolgend soll dennoch anhand der wesentlichen Elemente des Tatbestands der finanziellen Unterstützung im britischen, deutschen und europäischen Recht der Versuch einer möglichst allgemeingültigen Definition unternommen werden. Der Begriff der finanziellen Unterstützung umfasst folglich eine finale Verknüpfung von mehreren Tatbestandselementen, die im Sinne einer möglichst umfassenden Definition jeweils weit zu fassen sind. Diese sind im Einzelnen: I. Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch Dritte Für das Vorliegen einer finanziellen Unterstützung ist zunächst der Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch Dritte erforderlich. Dabei ist bereits fraglich, ob nur der derivative oder auch der originäre Erwerb von Anteilen umfasst sein soll. Während im deutschen Recht nach ganz überwiegender Ansicht nur der derivative Erwerb vom Verbot umfasst sein soll14, sieht Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie in seiner jetzigen Fassung für das europäische Recht auch ausdrücklich eine Regelung für die finanzielle Unterstützung des originären Erwerbs

unten unter § 3 C. Diese Änderungen wurden aber nicht von allen Mitgliedstaaten, so auch nicht von Deutschland, in nationales Recht übernommen. 12 Übersetzung übernommen von Schroeder, S. 27. 13 Zu diesen Entwicklungen siehe § 3 A. bis D. 14 Siehe zu dieser streitigen Frage ausführlich unten unter § 6 B. III. 2. a).

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1. Teil: Grundlagen

vor15. Somit ist es für eine möglichst weite Definition sinnvoll, in diese auch den originären Erwerb von Anteilen einzubeziehen. Der Erwerb muss ferner durch einen Dritten, also durch eine juristische oder natürliche Person, die weder die Gesellschaft noch der Verkäufer der Anteile ist, erfolgen. Für die allgemeine Definition zunächst unerheblich ist, ob dieser Dritte bereits Aktionär der Gesellschaft ist oder ob er mit ihr einen Konzern bildet16. Ein direkter Erwerb durch die Gesellschaft selbst aus eigenen Mitteln unterfällt als klassischer Erwerb eigener Aktien nicht der Definition der finanziellen Unterstützung. II. Finanzielle Zuwendung durch die Gesellschaft an Dritte Ferner ist das Vorliegen einer finanziellen Zuwendung der Gesellschaft an Dritte erforderlich. In Artikel 23 Absatz 1 der Kapitalrichtlinie werden ebenso wie in § 71a Abs. 1 AktG als finanzielle Zuwendung Darlehen, Vorschüsse und das Leisten von Sicherheiten genannt. Hinsichtlich § 71a Abs. 1 AktG werden die genannten finanziellen Zuwendungen in der Literatur als nicht abschließende Aufzählung ausgelegt17. Auch section 45 des CA 1929 erfasste tatbestandlich jede Form der finanziellen Zuwendung18. Erst recht muss bei einer wie hier angestrebten möglichst allgemeinen Definition angesichts der Gestaltungsvielfalt von Finanzierungsinstrumenten, die einer beständigen Weiterentwicklung unterliegen, ein möglichst offener Begriff der finanziellen Zuwendung gewählt werden. Daher ist unter finanzieller Zuwendung jede Leistung der Gesellschaft an Dritte zu verstehen, die finanziell erfassbar ist. Auf die Form der finanziellen Zuwendung oder eine angemessene Gegenleistung seitens des Dritten kommt es dabei zunächst nicht an. Auch Zuwendungen ohne Rückgewähranspruch – also Schenkungen – fallen für die hier angestrebte weite Definition unter den Begriff der finanziellen Zuwendung19. Nicht unter den Begriff fallen somit lediglich Leistungen an Dritte, die nicht finanziell

15 Art. 23 Absatz 1 der Kapitalrichtlinie in der Fassung vom 25. 09. 2006 (in der aktuellen Fassung Art. 25 Abs. 1) sieht nach Änderung durch die Richtlinie 2006/68/EG vom 06. 09. 2006 vor, dass Dritte, die dank finanzieller Unterstützung durch die Gesellschaft originär Aktien von dieser erwerben, dies nur zu einem angemessenen Preis dürfen. 16 Die möglichen Auswirkungen und Modifikationen, die sich aus diesen speziellen Konstellationen im jeweiligen nationalen Recht ergeben können, sind Gegenstand der näheren Untersuchung in den jeweiligen Kapiteln zum schweizerischen und deutschen Recht. 17 Erstmals unter Bezug auf die britische Rechtslage vertreten von Schroeder, S. 171 ff. Ausführlich zum Streit über diese Auslegung siehe unten unter § 6 B. III. 2. b) bb). 18 Siehe oben unter § 3 A. 19 So für die Rechtslage in anderen europäischen Ländern auch Pühler, S. 58 f.

§ 1 Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung

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erfassbar sind, beispielsweise die Weitergabe von finanziell nicht bewertbaren Informationen20. III. Finale Verknüpfung zwischen Zuwendung und Erwerb Schließlich müssen finanzielle Zuwendung und Erwerb final miteinander verknüpft sein. Die finanzielle Zuwendung muss – wie es in Artikel 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie formuliert ist – „in Hinblick auf den Erwerb“ vorgenommen werden. Die finanzielle Zuwendung muss der Unterstützung des Erwerbs dienen. Die zeitliche Abfolge von Erwerb und Zuwendung ist dabei nicht maßgeblich21, allein maßgeblich ist die Intention, mit der die Zuwendung erfolgt. Die finanzielle Zuwendung muss dabei mittelbar oder unmittelbar dem Anteile erwerbenden Dritten zugute kommen; ob dies direkt oder über einen oder mehrere Zwischenschritte (etwa bei der Leistung von Sicherheiten an eine Bank, die wiederum aufgrund dessen an einen erwerbenden Dritten einen Kredit vergibt) geschieht, ist ebenfalls unerheblich. IV. Zusammenfassende Definition Für die folgende Untersuchung kann der Begriff der finanziellen Unterstützung also allgemein als die Leistung einer mittelbaren oder unmittelbaren finanziellen Zuwendung durch die Gesellschaft an einen Dritten zum Zwecke der Unterstützung des Erwerbs von Anteilen der Gesellschaft durch den Dritten, unabhängig von der zeitlichen Abfolge von Zuwendung und Erwerb, definiert werden. Im Folgenden werden zudem die jeweiligen Unterstützungsleistungen, also die der finanziellen Unterstützung dienenden Darlehen, Sicherheitenbestellungen und andere Leistungen zusammenfassend als Maßnahmen der finanziellen Unterstützung bezeichnet. Von dieser Definition zu unterscheiden sind die jeweiligen gesetzlichen Tatbestände der jeweiligen Rechtsordnungen, die in ihrer Reichweite von dieser allgemeinen Definition jeweils abweichen und insbesondere enger gefasst sein können und Ausnahmetatbestände von einem Verbot zulassen können. 20 Auch Vorgänge wie die Verrechnungsliberierung und andere Formen des Eigenkapitalersatzes, bei denen Forderungen der Gesellschafter in Eigenkapitalanteile umgewandelt werden, fallen nicht unter die Definition des Begriffs der finanziellen Unterstützung, denn in diesen Fällen fehlt es an der finanziellen Zuwendung der Gesellschaft. Eine aufgrund der üblicherweise in solchen Fällen hohen Verschuldung der Gesellschaft unwahrscheinliche, aber theoretisch mögliche finanzielle Unterstützung des Erwerbs der durch die Umwandlung von Forderungen des Gesellschafters geschaffenen Aktien würde hingegen dieser Definition unterfallen. Daraus, dass die Aktien erst durch Verrechnungsliberierung o. ä. zuvor geschaffen wurde, würden sich allerdings keine weiteren Besonderheiten ergeben. 21 Wiederum im Interesse einer möglichst weiten und umfassenden Definition, wobei auch die ganz herrschende Auslegung im deutschen Recht der zeitlichen Reihenfolge keine Bedeutung zumisst, siehe unten unter § 6 B. III. 2. c) aa).

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1. Teil: Grundlagen

Zudem unterscheidet sich diese Definition wesentlich von der sonst in der schweizerischen Literatur bisher üblichen Verwendung des englischen Parallelbegriffs der financial assistance22.

22 Siehe oben unter § 1 A. Dem europäischen Sprachgebrauch folgend sollte allerdings zur Vermeidung von Missverständnissen der Begriff der financial assistance auch im schweizerischen Recht nicht mehr wie bisher weit als jedes Finanzgeschäft der Gesellschaft mit Aktionären zu verstehen sein, sondern ausschließlich – wie auch der deutsche Begriff der finanziellen Unterstützung – die finanzielle Zuwendung zur Anteilserwerbsfinanzierung bezeichnen. Gl. M. Weibel, S. 44.

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung

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§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung A. Leveraged Buyouts (LBOs) und Management Buyouts (MBOs) I. Terminologie und Einteilung in Unterformen Das rechtliche Phänomen der finanziellen Unterstützung tritt insbesondere im Zusammenhang mit leveraged buyouts (LBOs) und management buyouts (MBO), besonderen Formen der Unternehmensübernahme, auf. LBOs und MBOs stellen die in der Praxis häufigsten, jedoch keineswegs einzigen Anwendungsfälle von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung dar23. Diese beiden Hauptformen des buyouts werden üblicherweise in Abhängigkeit von den jeweiligen Käufergruppen weiter klassifiziert24. Wesensmerkmal eines LBOs ist es, durch Einsatz von Fremdkapital zur Erwerbsfinanzierung den so genannten Leverage-Effekt25 zu erzielen. LBOs, bei denen externe Käufergruppen als Erwerber auftreten, werden als institutional LBOs26 bezeichnet. Typische externe Käufergruppen sind Private-Equity-Fonds, Venture-Capital-Fonds, Banken und andere Finanzinvestoren27, bisweilen zusammenfassend als financial buyers28 bezeichnet. Diese sind die in der Praxis wohl häufigsten Erwerber bei LBOs. Das Geschäftsmodell der Finanzinvestoren beruht darauf, unterbewertete Unternehmen mit geringem Verschuldungsgrad unter Ausnutzung der Finanzierungstechnik des LBO aufzukaufen, durch Änderung der Kapitalstruktur und durch operative Verbesserungen den Unternehmenswert zu steigern und nach einigen Jahren mit Gewinn weiter zu veräußern oder an die Börse zu führen29. 23 Eine Welle von LBOs war auch Auslöser für die erstmalige Normierung eines Verbots der finanziellen Unterstützung im Vereinigten Königreich 1929, s. unten unter § 3 A. Zu weiteren praktischen Anwendungsfällen siehe unten unter § 2 B. 24 Weiss, S. 235 f.; Otto, Management Buy-Out, S. 1081 ff.; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497; Diem, S. 1 f.; Sauermann, S. 34 ff. Aus schweizerischer Perspektive Tschäni/ Diem/Wolf, M&A-Transaktionen 2013, S. 212; Zimmerli, S. 11 ff.; Frick, S. 34 ff. 25 Der Begriff ist vom englischen to lever (= hebeln) abgeleitet und beschreibt bildhaft die Maximierung des gewünschten Effekts bei Einsatz geringer Mittel (wie bei der mechanischen Hebelwirkung), s. etwa Volkart, S. 594; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497; Zimmerli, S. 11 f. Ausführlich zum Leverage-Effekt siehe unten unter § 2 A. II. 26 Weiss, S. 235; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497. 27 Frick, S. 7 ff.; Diem, S. 2; Weiss, S. 235; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497. Eine andere Gruppe von Investoren bei LBOs sind strategische Investoren, d. h. Investoren, die vorrangig an der operativen Tätigkeit der Zielgesellschaft interessiert sind und nicht nur am finanziellen Gewinn, s. Frick, S. 6 f.; Fridrich, S. 59. 28 Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 186; Zimmerli, S. 12 Fn. 13. 29 Eingehend zu Methoden und Strukturen bei LBOs durch Finanzinvestoren Zimmerli, S. 35 ff.; Frick, S. 113 ff.; Eidenmüller, Private Equity, S. 649 ff.; Holzner, S. 40 ff.; Söhner, S. 27 ff.

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1. Teil: Grundlagen

Der management buyout (MBO) hingegen ist dadurch gekennzeichnet, dass das im Unternehmen tätige Management als Käufergruppe auftritt30. Als weitere Derivate des MBO unterscheidet die Literatur31 üblicherweise management buy-ins (MBI), bei dem außen stehende Manager sich in die Führung des Unternehmens einkaufen, Belegschafts-buyouts, bei dem sich nicht als Manager beschäftigte Mitarbeiter in das Unternehmen einkaufen, sowie family buyouts (ein Sonderfall des sogenannten owner buyouts32), bei denen ein Familienteil dem anderen Familienteil den Anteil am bisher gemeinsamen Unternehmen, etwa im Rahmen einer Erbauseinandersetzung, abkauft33. In allen diesen Formen treten unternehmensinterne oder unternehmensnahe Personengruppen als Käufer auf. Die Begrifflichkeiten – ebenso wie die Schreibweisen – sind jedoch weder einheitlich noch abschließend oder feststehend. Die Unterscheidung der verschiedenen buyout-Formen nach Käufergruppen ist für die nachfolgende rechtliche Untersuchung auch von untergeordneter Bedeutung, da die rechtliche Bewertung von finanzieller Unterstützung grundsätzlich nicht nach den Adressaten der Unterstützung unterscheidet34. Lediglich im Fall des MBOs ergeben sich aufgrund der Doppelstellung der beteiligten Personen als Teil des Managements der Zielgesellschaft und damit als Vertreter der Verkäuferseite einerseits und Teil der Käuferseite andererseits rechtliche Schwierigkeiten und Besonderheiten35. II. Der Leverage-Effekt und Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Anders als beim LBO ist beim MBO und seinen Derivaten die Erzielung des Leverage-Effekts nicht definitionsgemäß vorgesehen36. Jedoch wird der Einsatz von 30

Zimmerli, S. 13; Frick, S. 35. Zimmerli, S. 16 ff.; Otto, Management Buy-Out, S. 1082; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497. 32 Diem, S. 2. 33 Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497. 34 Die unterschiedlichen Käufergruppen könnten allenfalls für die rechtspolitische Bewertung der Erwerbsfinanzierung von Relevanz sein. Würde man etwa den Belegschaftsbuyout oder den family buyout gegenüber dem LBO durch Finanzinvestoren als volkswirtschaftlich förderungswürdiger und nützlicher bewerten, wäre zu erwägen, diese Käufergruppen theoretisch weniger strengen rechtlichen Begrenzungen bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu unterwerfen. Eine solche Differenzierung innerhalb des Gesellschaftsrechts wäre allerdings systemfremd; zudem wird hier grundsätzlich eine rechtspolitisch neutrale Bewertung von LBOs vertreten, s. unten unter § 4 B. IV. 35 Semler, S. 627; Holzapfel, S. 279 f.; Wagner, S. 161; Peltzer, S. 975 ff. Auf diese besonderen Schwierigkeiten wird jeweils nur punktuell in der nachfolgenden Untersuchung eingegangen werden. 36 Bisweilen wird daher vorgeschlagen, einen MBO unter Einsatz von leverage als LMBO zu bezeichnen, was sich aber nicht durchgesetzt hat, s. Otto, Management Buy-Out, S. 1082; Zimmerli, S. 15. 31

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung

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Fremdkapital zur Erwerbsfinanzierung in der Praxis regelmäßig erforderlich sein, da das Management nur selten über ausreichend Eigenkapital verfügt, um die Übernahme allein aus eigenen Mitteln finanzieren zu können. Der damit zwangsläufig eintretende Leverage-Effekt ist jedoch – anders als beim LBO – in der Regel nur ein Nebeneffekt der Finanzierungsform und nicht wesentliches Motiv des Investitionskonzepts37. Financial leverage bezeichnet ganz grundsätzlich die Nutzung von Fremdkapital zu Finanzierungszwecken38. Auf der Ebene einer Kapitalgesellschaft bedeutet financial leverage folglich die Nutzung von Fremdkapital zur Unternehmensfinanzierung, bilanziell ausgedrückt also eine Verwendung von Fremdkapital neben Eigenkapital auf der Passivseite. Bei einer vollständigen Eigenkapitalfinanzierung einer Kapitalgesellschaft wird folglich überhaupt kein financial leverage genutzt. Solange bei der Nutzung von financial leverage die Fremdkapitalkosten niedriger sind als der mit dem Einsatz des zusätzlichen (Fremd-)Kapitals erzielte Gewinn, steigt die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital an, auch wenn sich die Rendite auf das gesamte eingesetzte Kapital als Ganzes nicht verändert39. Umgekehrt jedoch fallen die Verluste auf das Eigenkapital überproportional hoch aus, wenn die mit dem Fremdkapital erzielte Rendite niedriger sein sollte als die korrespondierenden Fremdkapitalkosten oder sogar ein Verlust anfällt. Dieser Zusammenhang wird auch als Leverage-Effekt bezeichnet40. Vorrangiges Ziel des Einsatzes von Fremdkapital zur Nutzung des sogenannten Leverage-Effekts im Rahmen eines LBOs ist es folglich, die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital (return on equity) zu steigern41. Der Leverage-Effekt kann dabei beim LBO auf zwei Ebenen genutzt werden: Zum einen kann der Finanzinvestor auf der Ebene des Anteilserwerbs den Erwerbspreis selbst weitgehend fremdfinanzieren, also bei Dritten zur Finanzierung des Erwerbspreises Kredite aufnehmen. Daneben kann der Leverage-Effekt auch auf Ebene der Zielgesellschaft genutzt werden, indem diese nach der Übernahme veranlasst wird, etwa zusätzlich Fremdkapital aufzunehmen oder Eigenkapital an den Finanzinvestor auszuschütten. Durch solche Maßnahmen wird die Fremdkapitalquote42 der Zielgesellschaft erhöht und damit financial leverage auf Ebene der Zielgesellschaft betrieben.

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Zimmerli, S. 15; Otto, Management Buy-Out, S. 1082. Volkart, S. 594 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 445 f.; Betsch/Groh/Lohmann, S. 280 ff. 39 Volkart, S. 594 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 445 f.; Betsch/Groh/Lohmann, S. 280 ff.; Franke/Hax, S. 481 ff. 40 Volkart, S. 594; Franke/Hax, S. 483. Andere bezeichnen diesen als „Leverage-Prinzip“, s. Seibt, S. 283. Alternativ auch „Leverage-Chance“, s. Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497. 41 Volkart, S. 594 ff.; Franke/Hax, S. 483; Seibt, S. 282 f.; Zimmerli, S. 47. 42 Also der Anteil des Fremdkapitals gegenüber dem Eigenkapital an der Finanzierung der Gesellschaft. 38

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1. Teil: Grundlagen

Typischerweise wird beim LBO der Leverage-Effekt durch eine Kombination von financial leverage auf beiden Ebenen genutzt: Die Mittel der Finanzierung des Kontrollerwerbs über die Zielgesellschaft bestehen üblicherweise neben dem Eigenkapital der Investoren, eingebracht in eine nur für diese Transaktion gegründete Zweckgesellschaft, in der Regel auch aus einer Zwischenfinanzierung durch unbesicherte Bankkredite an diese Zweckgesellschaft43. Das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital (leverage ratio) unterlag dabei in der Vergangenheit erheblichen Schwankungen44. Nach Erwerb einer kontrollierenden Mehrheit wird – auf unterschiedlichen rechtlichen Wegen45 – die Zielgesellschaft ökonomisch gesehen dazu veranlasst, die Bankkredite zur Kaufpreisfinanzierung zu übernehmen, freie Mittel zur Rückführung der Zwischenfinanzierung zur Verfügung zu stellen oder Vermögenswerte zur Besicherung der Zwischenfinanzierung bereitzustellen46. Ziel ist dabei stets, einen großen Teil der Schuldenlast der Erwerbsfinanzierung auf die Zielgesellschaft abzuwälzen oder jedenfalls das Vermögen der Zielgesellschaft zur Besicherung der Erwerbsverbindlichkeiten heranzuziehen, um die Kreditkosten der Erwerbsfinanzierung zu senken47. Nach der Überwälzung der Erwerbsfinanzierung sinkt die Eigenkapitalquote der Zielgesellschaft folglich erheblich, im Gegenzug wird die Fremdkapitalquote auf der Anteilserwerbsebene bzw. der Ebene der Zweckgesellschaft deutlich reduziert. Diese Übertragung von Verbindlichkeiten ist daher nur möglich, wenn die Zielgesellschaft vor der Übernahme eine hohe Eigenkapitalquote (oder hohe stille Reserven) aufwies. Wie stark sich die Eigenkapitalquoten der Zielgesellschaften bei LBOs durch die Übernahme der Erwerbsfinanzierung typischerweise durchschnittlich verändern bzw. in der Vergangenheit verändert haben, ist empirisch schwierig zu ermitteln48. 43 Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 183 f.; Diem, S. 2 f.; Eidenmüller, Private Equity, S. 649 f. 44 In der Literatur werden Verschuldungsgrade von 60 – 90 Prozent der Zielgesellschaften nach Übertragung der Verbindlichkeiten genannt, wobei in den 1980er Jahren in den USA sehr hohe Verschuldungsgrade von bis zu 90 Prozent erreicht wurden, s. Kaplan/Strömberg, S. 124. Für die Gegenwart werden hingegen in der Literatur für Europa 60 Prozent für die Jahrtausendwende und 66 Prozent für 2006 genannt, s. Eidenmüller, Private Equity, S. 646. Im konkreten Fall des buyouts der Friedrich Grohe KG wird für das Jahr 2003 aber auch von einer Fremdkapitalquote von 94 Prozent berichtet, s. Kußmaul/Pfirmann/Tcherveniachki, S. 2538. Ohne konkrete Jahresangabe werden in der Literatur daneben 75 bis 80 Prozent genannt, s. Rudolph, S. 170. Für große Transaktionen in Großbritannien in den Jahren 2005 und 2006 ergab eine Umfrage einen durchschnittlichen Verschuldungsgrad der Zielgesellschaft von 80 Prozent, s. Eidenmüller, Leveraged Buyouts, S. 1729. 45 Zu diesen sogleich unten unter § 2 A. III. 46 Kessel, S. 5; Otto, Leveraged Buyouts, S. 1389. 47 Eidenmüller, Private Equity, S. 649 f.; Seibt, S. 289 f.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 183. 48 Da in der Literatur für den Verschuldungsgrad der Zielgesellschaft zumeist nur sogenannte EBITDA-Multiples als Bezugsgröße angegeben werden, s. Eidenmüller, Private Equity,

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung

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Die Wege, die zur Nutzung des Vermögens der Zielgesellschaft zur Ermöglichung des Leverage-Effekts beschritten werden, stellen dabei in der Regel Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach der hier verwendeten Definition dar. Denn entweder übernimmt die Zielgesellschaft wirtschaftlich gesehen die Verbindlichkeiten ganz oder sie wird veranlasst, eigene Darlehen zur Ablösung der Zwischenfinanzierung oder eigene Vermögenswerte zur Besicherung der Zwischenfinanzierung zur Verfügung zu stellen. Stets dienen diese Maßnahmen also dem Zweck, die Finanzierung des Anteilserwerbs zu ermöglichen oder zu unterstützen. Sie stellen daher nach der hier verwendeten Definition grundsätzlich Maßnahmen der finanziellen Unterstützung dar. LBOs und MBOs sind weit verbreitet49 und stellen daher sehr häufige und praktisch relevante Erscheinungsformen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung dar. III. Rechtliche Gestaltungen von LBOs und MBOs Für die Durchführung eines LBOs oder MBOs sind verschiedene rechtliche Gestaltungsformen möglich. Die Grundstrukturen der Gestaltungen in Deutschland und der Schweiz ähneln sich dabei, so dass nachfolgend die Gestaltungen in beiden Rechtsordnungen gemeinsam dargestellt werden können. Mit der Wahl der rechtlichen Gestaltungsform für den buyout wird vor allem eine Optimierung der finanziellen und steuerlichen Zielsetzungen unter Beachtung der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen bezweckt50. Der Erwerber möchte bei einer möglichst geringen Steuerbelastung eine maximale Nutzung des Vermögens der Zielgesellschaft für die Finanzierung des Kaufpreises erreichen, ohne dabei einem Regress- oder Haftungsrisiko ausgesetzt zu sein. Ziel ist es vor allem, nach Erwerb der Kontrollmehrheit zur Erleichterung der Erwerbsfinanzierung den strukturellen Nachrang der den Erwerb finanzierenden Gläubiger durch entsprechende Gestaltungen zu beseitigen51. Dabei haben die Beteiligten grundsätzlich die Wahl zwischen einem Einzelerwerb der Vermögensgüter der Zielgesellschaft (sogenannter asset deal) und einem Erwerb von Anteilen an der Zielgesellschaft (sogenannter share deal)52. Der asset deal bietet zwar den Vorteil, dass die erworbenen Vermögensgüter unmittelbar zur Besicherung von Verbindlichkeiten genutzt werden können und diese Erwerbsform S. 655; Holzner, S. 54 f.; Rudolph, S. 169. Diese beziehen sich aber auf das Verhältnis von Ertragskraft zur Schuldenlast und nicht auf die Bilanzstruktur. 49 Zur praktischen Bedeutung von LBOs und MBOs siehe unten unter § 2 A. IV. 50 Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 498; Diem, S. 2 f.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 185. 51 Diem, S. 17. Denn nur bei unmittelbarer Haftung des Vermögens der Zielgesellschaft für die Erwerbsverbindlichkeiten können ausreichend Kredite zu akzeptablen Konditionen erlangt werden. 52 Zimmerli, S. 39 ff.; Holzapfel, S. 247 ff.; Weiss, S. 236.

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1. Teil: Grundlagen

nur wenige gesellschaftsrechtliche Probleme bereitet53. Andererseits ist er aufgrund des größeren Aufwands bei der Einzelübertragung54 und des Entfalls möglicher steuerlicher Privilegierungen für den Veräußerer55 offenbar so nachteilig, dass er in der Praxis wenig Verwendung findet56. In der Praxis dominieren daher Varianten des share deals57. Für diesen wird zur Risikoabschirmung in der Regel vom Erwerber zunächst eine Zweckgesellschaft gegründet, die als Erwerberin der für die Kontrollmehrheit benötigten Anteile der Zielgesellschaft auftritt und die zum Kontrollerwerb erforderlichen Kredite aufnimmt. In Deutschland erfolgt die Gründung dieser auch als Erwerbsgesellschaft bezeichneten Zweckgesellschaft58 regelmäßig in der Rechtsform der GmbH59, in der Schweiz auch in der Rechtsform der Aktiengesellschaft60. Nach Erwerb einer Kontrollmehrheit an der Zielgesellschaft kann die Erwerbsgesellschaft zur Erwerbsfinanzierung auf das Vermögen der Zielgesellschaft auf unterschiedlichen Wegen zugreifen. 1. Konzernierung der Zielgesellschaft Die Erwerbsgesellschaft kann ihren beherrschenden Einfluss nach Erwerb der Kontrollmehrheit dazu nutzen, die Zielgesellschaft zu veranlassen, finanzielle Leistungen an sie zu erbringen. Diese Leistung kann durch einfache Dividendenausschüttung erfolgen, durch eine Darlehensgewährung oder das Stellen von Sicherheiten61 an die Erwerbsgesellschaft. Die Erwerbsgesellschaft kann also in diesem sogenannten einstufigen Modell62 nach Erwerb der Kontrollmehrheit die übli53

Weiss, S. 236; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 497; Holzapfel, S. 247. Der insbesondere bei den häufig großen und komplexen Unternehmen, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft verfasst sind, nachteilig sein wird. 55 Weiss, S. 236; Holzapfel, S. 248. 56 Zimmerli, S. 42; Söhner, S. 39. 57 Sowie Kombinationsmodelle, d. h. share deals mit nachfolgenden asset deals. 58 Für diese Zweckgesellschaft, die auch als Erwerbsgesellschaft oder Akquisitionsvehikel bezeichnet wird, ist in der Literatur auch die Bezeichnung NewCo (Abkürzung für new corporation), verbreitet, s. Diem, S. 2; Zimmerli, S. 35. Andere bezeichnen diese Zweckgesellschaft auch als special purpose vehicle/special purpose entity (SPV/SPE), s. Zimmerli, S. 35; Söhner, S. 39. 59 Otto, Leveraged Buyouts, S. 1391; Söhner, S. 39. Gebräuchlich scheint aber auch die Ltd. zu sein, s. Schäffler, S. 2. Bei Verschmelzungsmodellen scheint die GmbH & Co. KG üblich zu sein, s. Becker, S. 1433. 60 Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 182. 61 Hierfür sind auch die Begriffe upstream securities bzw. upstream guarantees üblich, s. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 201; Hünerwadel/Tranchet, S. 371 f. Für einen Überblick über die verschieden Möglichkeiten der finanziellen Leistung an die Erwerbsgesellschaft s. Weibel, S. 45 ff.; Schäffler, S. 1 f.; Otto, Leveraged Buyouts, S. 1394 f.; Semler, S. 627 ff.; Söhner, S. 40 f. 62 Schäffler, S. 2; Söhner, S. 40. 54

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung

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chen Möglichkeiten der Konzerninnenfinanzierung nutzen, um das Vermögen der Zielgesellschaft zur Erwerbsfinanzierung heranzuziehen. Wesentliches Merkmal dieser Gestaltungen ist, dass sowohl Ziel- als auch Erwerbsgesellschaft erhalten und somit die Vermögensmassen rechtlich getrennt bleiben63. Diese Möglichkeiten der Konzerninnenfinanzierung sind in Deutschland allerdings in dem Fall, in dem die Erwerbsgesellschaft mit der Zielgesellschaft lediglich einen faktischen Konzern im Sinne der §§ 311 ff. AktG bildet, begrenzt. Zwar kann die Erwerbsgesellschaft dann grundsätzlich auf das Vermögen der Zielgesellschaft zugreifen und dieser damit einen Nachteil gemäß § 311 Abs. 1 AktG zufügen, doch müsste der Ausgleichsanspruch für diesen Nachteil werthaltig sein, was regelmäßig aufgrund der geringen Eigenkapitalausstattung und hohen Verschuldung der Erwerbsgesellschaft zweifelhaft sein wird64. Zudem ist die Geltung des Verbots des § 71a Abs. 1 AktG im faktischen Konzern ungeklärt65, was eine Nutzung dieser Gestaltung für LBOs erschwert. Umfassendere Möglichkeiten des Zugriffs auf das Vermögen der Zielgesellschaft werden der Erwerbsgesellschaft durch Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gemäß §§ 291 ff. AktG und Bildung eines Vertragskonzerns oder durch eine Eingliederung66 gemäß §§ 319 ff. AktG eröffnet. In einem solchen Vertragskonzern hat die Erwerbsgesellschaft grundsätzlich aufgrund der bestehenden Verlustausgleichspflichten und der vergleichsweise umfassenden Schutzvorschriften für Minderheitsaktionäre und Gläubiger die Möglichkeit, weitgehend unbeschränkt auf das Vermögen der Zielgesellschaft zuzugreifen und dieses zur Finanzierung des Kaufpreises heranzuziehen67. Die zwingenden Kapitalerhaltungsregeln der Zielgesellschaft, insbesondere wenn diese eine Aktiengesellschaft ist, kann der Erwerber in Deutschland ferner durch einen Rechtsformwechsel der Zielgesellschaft nach den Vorschriften des UmwG umgehen bzw. lockern. Dabei wird typischerweise die Aktiengesellschaft in eine Personengesellschaft, etwa in eine GmbH & Co. KG (oder Aktiengesellschaft und Co. KG68) umgewandelt. Diese Personengesellschaften unterliegen einer we63

Sogenanntes non recourse financing, s. Hünerwadel/Tranchet, S. 370. Semler, S. 628; Otto, Leveraged Buyouts, S. 1395. Ausführlich hierzu unten unter § 7 B. II. 2. b) aa). 65 Ausführlich zu dieser Frage siehe unten unter unter § 7 B. II. 3. 66 Zu dieser Variante Otto, Leveraged Buyouts, S. 1394 f. 67 Nachdem gemäß § 71a Abs. 1 S. 2 AktG nunmehr gesetzlich klargestellt ist, dass § 71a Abs. 1 AktG im Vertragskonzern bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§§ 291 ff. AktG) nicht gilt. 68 So etwa im Fallbeispiel des LBOs der Friedrich Grohe AG, s. Kußmaul/Pfirmann/ Tcherveniachki, S. 2535 f. Typischerweise dient die Umwandlung in eine Personengesellschaft allerdings der Vorbereitung einer Verschmelzung von Erwerbs- und Zielgesellschaft im Wege des sogenannten step-up-Modells durch anwachsende Verschmelzung, s. Söhner, S. 43 f.; Schäffler, S. 2. So etwa im Fall des LBOs der HDW durch One Equity Partners, s. Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1027 f. 64

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1. Teil: Grundlagen

sentlich schwächeren Vermögensbindung als die Aktiengesellschaft mit der Folge, dass das Vermögen der Zielgesellschaft von der Erwerbsgesellschaft leichter zur Finanzierung des Kaufpreises genutzt werden kann69. In der Schweiz ist die Vermögensbindung der Aktiengesellschaft insbesondere aufgrund des Fehlens eines grundsätzlichen Verbots der finanziellen Unterstützung weniger strikt. Allerdings sind andererseits die Möglichkeiten der Konzerninnenfinanzierung aufgrund des Fehlens eines kodifizierten Konzernrechts grundsätzlich noch eingeschränkter als im deutschen Recht70. 2. Verschmelzung von Ziel- und Erwerbsgesellschaft (merger buy-out) Eine in der Praxis in der Schweiz wie in Deutschland weit verbreitete Gestaltungsform sind mehrstufige Modelle, bei denen Erwerbs- und Zielgesellschaft miteinander nach den Vorschriften des FusG bzw. des UmwG verschmolzen werden71. Für dieses Modell ist auch die englische Bezeichnung merger buyout verbreitet72. Kennzeichen dieser Gestaltung ist, dass die Erwerbs- und Zielgesellschaft miteinander verschmolzen werden und es somit zur vollständigen Konfusion der Vermögensmassen kommt. Wahlweise kann dabei die Ziel- auf die Erwerbsgesellschaft (upstream merger) oder umgekehrt die Erwerbs- auf die Zielgesellschaft (downstream merger) verschmolzen werden. Nach der Verschmelzung haftet das Vermögen der Zielgesellschaft uneingeschränkt auch für die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft und die erwünschte Nutzung des Vermögens der Zielgesellschaft zur Finanzierung des Kaufpreises wird umfassend erreicht. Allerdings müssen für die Verschmelzung in beiden Rechtsordnungen nach dem FusG bzw. UmwG verhältnismäßig aufwendige und strenge Anforderungen erfüllt werden, um insbesondere Gläubiger und Minderheitsaktionäre zu schützen. Eine weitere Variante des Verschmelzungsmodells ist das in Deutschland verbreitete sogenannte Anwachsungsmodell (auch step-up-Modell genannt)73. Dabei wird die Zielgesellschaft zunächst in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, 69 Ebenfalls denkbar wäre die Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft mit einer weniger strikten Vermögensbindung als bei der GmbH. Allerdings erfordert die Umwandlung einen erheblichen Aufwand und sieht besondere Instrumente des Gläubiger und Minderheitenschutzes vor – s. hierzu unten unter § 9 B. III. – so dass Aufwand und Nutzen sorgfältig abgewogen werden müssen. 70 Siehe speziell zur Konzerninnenfinanzierung in der Schweiz und deren Schranken unten unter § 7 A. 71 Zur schweizerischen Praxis Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 208 ff.; Zimmerli, S. 36; Simonek/Triebold, S. 358. Zur deutschen Praxis Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 498; Schäffler, S. 2; Otto, Leveraged Buyouts, S. 1393; Söhner, S. 44 f. 72 Jedenfalls in der Literatur zum deutschen Recht, s. Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 498; Schäffler, S. 2. 73 Söhner, S. 43 f.; Semler, S. 631; Otto, Leveraged Buyouts, S. 1396.

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung

43

wobei die Erwerbsgesellschaft alle Kommanditanteile hält und eine weitere Zweckgesellschaft als Komplementärin fungiert. Anschließend scheidet die Komplementärin gegen Abfindung aus der Gesellschaft aus. Da danach nur noch die Kommanditanteile der Erwerbsgesellschaft in der Gesellschaft verbleiben, wachsen der Erwerbsgesellschaft sämtliche Anteile zu mit der Folge, dass die KG erlischt und ihr Vermögen vollständig auf die Erwerbsgesellschaft übergeht. Durch dieses Anwachsungsmodell wird folglich eine Verschmelzung unter Umgehung der Vorschriften des UmwG erreicht. 3. Weitere Gestaltungen Die vorstehende Darstellung der möglichen Gestaltungsformen für den buyout ist keinesfalls abschließend. Weitere Gestaltungsformen sind möglich, insbesondere unter Einbeziehung anderer Gesellschaftsformen europäischer Rechtsordnungen wie etwa einer luxemburgischen Aktiengesellschaft74 oder Gesellschaften europäischen Rechts wie der SPE. Ebenso sind von diesen Grundformen weitere Kombinationsmöglichkeiten und Abwandlungen denkbar, insbesondere bei komplexen Finanzierungsformen und grenzüberschreitenden Sachverhalten75. So war etwa in Deutschland zeitweilig aus steuerlichen Gründen das Modell des Aktienerwerbs mit nachfolgender Vermögensübertragung (sogenanntes Kombinationsmodell)76 verbreitet. Bei diesem wurden share deal und asset deal kombiniert, indem nach Erwerb der Anteilsmehrheit der Zielgesellschaft durch die Erwerbsgesellschaft durch einen sogenannten internen asset deal die Vermögensgegenstände der Zielgesellschaft einzeln auf die Erwerbsgesellschaft übertragen wurden77. Je nach steuerlichen, rechtlichen oder regulatorischen Rahmenbedingungen werden immer wieder andere Gestaltungsformen in der Praxis bevorzugt werden. Alle Gestaltungsformen des buyouts dienen jedoch dazu, eine finanzielle Unterstützung im Sinne der hier verwendeten Definition zu ermöglichen. Nachfolgend sollen daher in dieser Untersuchung die Grenzen der finanziellen Unterstützung unter Berücksichtigung dieser typischen Erwerbsmodelle erörtert werden.

74 Wie beim eingangs dargestellten LBO der Geberit-Gruppe, s. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 180 f. 75 Diem, S. 2 f. Ein Beispiel einer hochkomplexen Transaktionsstruktur bietet die Übernahme von HDW durch One Equity Partners, s. Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1027 f. Zu weiteren Transaktionsstrukturen aus der schweizerischen Praxis s. etwa Weibel, S. 218 ff. 76 Siehe mit weiteren Nachweisen Söhner, S. 41 ff. 77 Semler, S. 629 f.; Otto, Leveraged Buyouts, S. 1392 f.

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1. Teil: Grundlagen

IV. Entwicklung und praktische Bedeutung von LBOs 1. UK und USA Überwiegend kreditfinanzierte Übernahmen traten in einer ersten Welle bereits in den frühen 1920er Jahren im Vereinigten Königreich im Zuge des von Spekulanten angetriebenen Takeover-Booms auf, der allerdings nur von kurzer Dauer war und zu einer ersten Normierung des Verbots der finanziellen Unterstützung führte78. LBOs im heutigen Sinne79 traten erstmals in den USA zum Ende der 1970er Jahre auf80. Auslöser dieser Entwicklung waren neben einer verstärkten Orientierung der Unternehmen auf eine Steigerung des Unternehmenswertes durch Konzentration auf rentable Betriebsteile und dem dadurch bedingten Bedürfnis von diversifizierten Konzernen, Unternehmenssparten abzustoßen81, günstige Finanzierungsbedingungen für Kredite82. Dank einer hohen Nachfrage nach sogenannten junk bonds83 konnten in dieser ersten Welle der buyouts in den 1980er Jahren große Summen zur Finanzierung solcher buyouts am Kapitalmarkt aufgenommen werden, ehe diese Finanzierungsquelle nach einigen spektakulären Fehlschlägen von buyouts Ende der 1980er Jahre versiegte84. Seit Mitte der 1990er Jahre bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 war in einer zweiten, überwiegend durch Bankkredite finanzierten Welle wieder ein massiver Anstieg von LBOs im angloamerikanischen Raum zu beobachten, der mit dem Ausbruch der Finanzkrise zunächst ein jähes Ende fand85.

78

Siehe hierzu unten unter § 3 A. Das heißt durch professionelle Marktteilnehmer unter Nutzung von externen Finanzierungsquellen. Vorformen des LBOs, etwa Stundungs- und Vorfinanzierungsmodelle (wie zum Beispiel der sogenannte bootstrap sale), bei denen nicht auf externe Quellen zur Finanzierung des Kaufpreises unter Zuhilfenahme des Vermögens der Zielgesellschaft zurückgegriffen wurde, waren in den USA bereits in den 1960er Jahren verbreitet, siehe Zimmerli, S. 22; Nussbaum, S. 5. Ähnliche Finanzierungsmodelle gab es in Deutschland vereinzelt schon vor dem 2. Weltkrieg, siehe etwa die in RGZ 133, 93 beschriebene Fallkonstellation. 80 Baskin/Miranti, S. 286 ff.; Otto, Management Buy-Out, S. 1082 f.; Diem, S. 2; Kessel, S. 12 ff. 81 Kurer, S. 223; Zimmerli, S. 22 f. 82 Otto, Management Buy-Out, S. 1083. 83 Unbesicherte Anleihen mit geringer Bonität und hoher Verzinsung, s. Zimmerli, S. 25. 84 Zimmerli, S. 26. 85 Siehe zur Entwicklung des amerikanischen Private-Equity-Markts in den letzten Jahren etwa F.A.Z. vom 28. 02. 2013 „Die Kreditmaschine läuft wieder heiß“. 79

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung

45

2. Deutschland In Deutschland dominierten seit den 1980er Jahren zunächst ganz überwiegend buyouts von internen Käufergruppen, namentlich MBOs und family buyouts im Zuge von Nachfolgeregelungen mittelständischer Unternehmen86. Als deutsche Besonderheit kam es zudem im Zuge der Wiedervereinigung zu einem starken Anstieg von Privatisierungs-buyouts ostdeutscher Unternehmen87. Seit Mitte der 1990er Jahre dominieren jedoch auch in Deutschland die buyouts externer Käufergruppen, namentlich von Private-Equity-Fonds88. Dabei kam es bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 zu einer dynamischen Entwicklung des BuyoutMarktes: Schwankte das gesamte Eigenkapitalvolumen der Buyout-Transaktionen in Deutschland in den 1990er Jahren um etwa E 200 Mio.89, so stieg das Volumen des investierten Eigenkapitals bei buyouts etwa ab der Jahrtausendwende bis zum Jahr 2008 sprunghaft an, von E 729 Mio. im Jahr 2000 über E 1,707 Mrd. im Jahr 200390 bis auf E 5,36 Mrd. im Jahr 200891, ehe das investierte Eigenkapital wieder auf E 1,17 Mrd. im Jahr 200992 absank. Zuletzt erreichte das investierte Eigenkapital nach E 4,60 Mrd. im Jahr 201193 mit E 5,59 Mrd. im Jahr 201494 wieder einen neuen Spitzenwert95. 3. Schweiz In der Schweiz entwickelte sich der Markt für buyouts nach ersten Anfängen in den 1980er Jahren ebenfalls erst ab der Jahrtausendwende dynamischer96. Nach 86

Otto, Management Buy-Out, S. 1085. Otto, Management Buy-Out, S. 1086. 88 Diem, S. 2. Ausführliche Darstellung der Entwicklung des Private-Equity-Markts etwa bei Hartung, S. 202 ff. 89 Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) e.V., BVK Statistik 2003, S. 2. Ganz überwiegend handelte es sich dabei um MBOs und MBIs, erst ab 1998 gewannen LBOs an Bedeutung. Allerdings sind diese älteren Zahlen aufgrund methodologischer Umstellungen nur bedingt mit den neueren Erhebungen zu vergleichen, s. Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) e.V., BVK Statistik 2003, S. 1. 90 Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) e.V., BVK Statistik 2003, S. 5. In anderen Presseveröffentlichungen und Studien werden zum Teil erheblich abweichende Beträge genannt, je nach Methodik der Erfassung und der zur Verfügung stehenden Datenbasis. Die hier verwendeten Zahlen können somit nur Trends und ungefähre Entwicklungen nachzeichnen. 91 Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) e.V., BVK Statistik 2009, S. 13. 92 Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) e.V., BVK Statistik 2009, S. 13. 93 Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) e.V., BVK Statistik 2011, S. 12. 94 Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK) e.V., BVK-Statistik 2014, S. 13. 95 Da diese Statistik nur das eingesetzte Eigenkapital ausweist kann der Rückgang – außer auf den schon erwähnten Ungenauigkeiten der Datenerhebung – auch auf einer Veränderung des Fremdkapitaleinsatzes beruhen. 96 Zimmerli, S. 30 f.; Söding, S. 19 ff. 87

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1. Teil: Grundlagen

offenbar moderaten Investitionsvolumina von nur etwa E 36,8 Mio. im Jahr 2002 und E 74,5 Mio. im Jahr 200397 stieg das Investitionsvolumen bis 2007 auf E 772 Mio.98, fiel danach jedoch bis auf E 259 Mio. im Jahr 200999 und erholte sich bis 2010 auf E 940 Mio.100. Grundsätzlich verlief die Entwicklung des Buyout-Marktes folglich bisher ähnlich wie in Deutschland. Die stärkere Schwankungsbreite der Investitionsvolumina beruht vermutlich auf der insgesamt geringeren Anzahl von Transaktionen und der dadurch erhöhten Schwankungsanfälligkeit101.

B. Sonstige praktisch relevante Erscheinungsformen Nach der hier zugrunde gelegten Definition wird die finanzielle Unterstützung grundsätzlich weit und umfassend definiert. Neben dem praktisch häufigsten Anwendungsfall des buyouts fallen daher auch andere typische Erscheinungsformen unter diese Definition und stellen somit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach der hier verwendeten Definition dar. Eine mögliche rechtliche Begrenzung der finanziellen Unterstützung durch Gesetz oder Rechtsprechung muss daher auch diese häufig vorkommenden und damit praktisch bedeutsamen Erscheinungsformen berücksichtigen; sie muss möglichst so gefasst werden, dass sich keine rechtspolitisch unerwünschten Auswirkungen auf diese Erscheinungsformen ergeben. Gekennzeichnet sind diese Erscheinungsformen dadurch, dass eine finanzielle Zuwendung durch eine Gesellschaft an einen Dritten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen durch diesen erfolgt und eine finale Verknüpfung zwischen beiden jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, so dass die hier zugrunde gelegte Definition erfüllt ist.

97 The European Private Equity and Venture Capital Association, EVCA Yearbook 2004, S. 247. Die dort genannten Zahlen wurden jedoch nach einer anderen Methodik aufgeschlüsselt als die späteren Vergleichszahlen ab 2007, so dass ein Vergleich nur bedingt möglich ist. 98 The European Private Equity and Venture Capital Association, EVCA Yearbook 2008, S. 265. Die genannten Summen umfassen offenbar das eingesetzte Eigenkapital der Finanzinvestoren, nicht die Gesamtsumme des Transaktionsvolumens. 99 The European Private Equity and Venture Capital Association, EVCA Yearbook 2010, S. 415. 100 The European Private Equity and Venture Capital Association, EVCA Yearbook 2011, S. 324. Ohne nähere Belege mit Zahlen von einem dauerhaften und deutlichen Rückgang der buyout-Aktivität in der Schweiz spricht Tschäni/Diem/Wolf, M&A-Transaktionen 2013, S. 220 f. 101 Zimmerli, S. 31. Zum Teil wird der Grund für den zwischenzeitlichen Rückgang an buyouts in der Schweiz zu Beginn des Jahrhunderts in geänderten steuerlichen Rahmenbedingungen gesehen, ohne dass dies näher ausgeführt wird, s. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 186.

§ 2 Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung

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Nicht aufgeführt werden nachfolgend weitere verschiedene atypische Gestaltungen, die – wie die Kasuistik zum Verbot der finanziellen Unterstützung in den verschiedenen europäischen Ländern102 zeigt – ebenfalls unter die hier gegebene Definition der finanziellen Unterstützung fallen können. I. Cash Pooling Unter cash pooling versteht man eine gemeinsame Liquiditätsbewirtschaftung verbundener Unternehmen103. Hierbei werden die liquiden Mittel der jeweiligen Gesellschaften eines Konzerns tagesaktuell gegen Verzinsung in ein gemeinsames Verrechnungskonto (den so genannten cash pool) eingestellt, auf das die übrigen beteiligten Unternehmen Zugriff haben, um sich mit der notwendigen Liquidität zu versorgen104. Zweck des cash poolings ist es, sich unabhängig von Banken wechselseitig mit Liquidität zu versorgen und dadurch Kosten zu sparen. Ein Fall der finanziellen Unterstützung kann unter Umständen vorliegen, wenn eines der am cash pooling beteiligten Unternehmen seinen mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Anteil an einem anderen erhöhen möchte. Denn dann könnte es sein, dass dieses andere Unternehmen dem Unternehmen, das seinen Anteil aufstocken möchte, über den cash pool Liquidität zur Verfügung gestellt und damit möglicherweise mittelbar die Finanzierung des Anteilserwerbs erleichtert hat. II. Fiduziarischer Aktienerwerb Bei der im früheren schweizerischen Recht vor Einführung der Vorratsaktie verbreiteten Rechtsfigur des fiduziarischen Aktienerwerbs erhält ein Treuhänder von der Gesellschaft die Mittel, um damit entweder neue Aktien der Gesellschaft zu zeichnen oder bestehende zu erwerben und für diese zu halten, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt auf Geheiß der Gesellschaft an Dritte weiterveräußert werden105. Diese Gestaltungen beinhalten somit regelmäßig Elemente der finanziellen Unterstützung.

102

Siehe dazu die in § 3 A. bis D. genannten Beispiele sowie weitere Nachweisen in der in diesem Abschnitt genannten Literatur. 103 Brauchli Rohrer/Hünerwadel, S. 151; Buchser, S. 274; Jagmetti, S. 58 f.; Hüffer, Cash Management, S. 416; Henze, Konzernfinanzierung, S. 717 f.; Habersack/Schürnbrand, S. 690. 104 Wobei diese Einstellung sowohl tatsächlich auf ein physisches Konto erfolgen kann oder auch nur fiktiv auf ein virtuelles Verrechnungskonto, s. Jagmetti, S. 59 ff.; Brauchli Rohrer/ Hünerwadel, S. 152; Buchser, S. 275 f.; Henze, Konzernfinanzierung, S. 717 f. 105 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 14; Zobl, Vorratsaktien, S. 2 ff. Ausführlich hierzu unten unter § 6 A. IV. 2. b).

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1. Teil: Grundlagen

III. Break-fee-Vereinbarungen Mit Break-fee-Vereinbarungen werden Vereinbarungen bezeichnet, die bei Unternehmenstransaktionen einen oder beide Vertragspartner zur Zahlung einer bestimmten Geldleistung verpflichten, falls die Transaktion nicht zustande kommen sollte106. Diese können sowohl als Kompensation für unnütz gewordene Aufwendungen (etwa von Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit der Transaktion) als auch als eine Vertragsstrafe für das Scheitern der Transaktion ausgestaltet sein107. In einer solchen Vereinbarung kann eine Form der finanziellen Unterstützung gesehen werden, da mit der Verpflichtung der Zielgesellschaft gegenüber dem Erwerber zur Zahlung im Falle des Scheiterns die Finanzierung des Kaufpreises für den Erwerber erleichtert werden kann108. IV. Hin- und Herzahlen Im deutschen Aktienrecht ist es gemäß § 27 Abs. 4 AktG zulässig, bei Gründung einer Aktiengesellschaft eine Leistung an einen Aktionär vor Erbringung seiner Einlage zu vereinbaren, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und keine verdeckte Sacheinlage darstellt, sofern der Gesellschaft dadurch ein vollwertiger und liquider Rückgewähranspruch entsteht. Danach könnte es zulässig sein, einem Aktionär seine zu leistende Einlage durch einen Kredit der Gesellschaft vorzufinanzieren, wenn der Anspruch auf Rückzahlung des Kredits vollwertig und liquide ist109. Diese Vorfinanzierung des Anteilserwerbs kann als Form der finanziellen Unterstützung nach obiger Definition eingestuft werden. Ob und inwiefern diese dem Verbot des § 71a Abs. 1 AktG unterfällt ist Gegenstand der Diskussion110.

106 Schnydrig/Vischer, S. 1193 f.; Isler, S. 83 f.; Fleischer, Break-Fee-Vereinbarungen, S. 345 ff.; Sieger/Hasselbach, S. 625 f.; Hilgard, S. 286 f. Ausführlich Tannò, S. 13 ff. 107 Fleischer, Break-Fee-Vereinbarungen, S. 347; Schnydrig/Vischer, S. 1194; Hilgard, S. 287 f. Mit weiteren Differenzierungen Tannò, S. 14 ff. 108 Siehe hierzu ausführlich unten unter § 6 B. III. 2. b) cc) (1). 109 Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 560. Hintergrund dieser Neuregelung ist die Erleichterung des cash poolings, s. KK-AktG/Arnold, § 27 Rn. 130 f. m.w.N. 110 KK-AktG/Arnold, § 27 Rn. 134; Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 562 f. Siehe hierzu ausführlich unten unter § 6 B. III. 2. b) cc) (2).

§ 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung

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§ 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung A. Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland Das Vereinigte Königreich normierte das Verbot der finanziellen Unterstützung erstmals in der Form, in der es über das europäische Recht später Eingang in die Rechtsordnungen Deutschlands und der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union fand111. Es kann somit als Ursprungsland dieser Regelungsmaterie gelten112. Die Kasuistik zum financial assistance law ist – anders als etwa zur deutschen Regelung113 – umfangreich114 und die Regelung selbst ist im Laufe der Jahrzehnte mehrfach angepasst worden115. Daher soll nachfolgend ein kurzer Überblick über die Entstehung der Verbotsnorm und die wesentlichen Entwicklungslinien im Recht der finanziellen Unterstützung des Vereinigten Königreichs gegeben werden116. Erstmals normiert wurde das Verbot der finanziellen Unterstützung des Anteilserwerbs in section 45 des CA 1929117. Grundlage dieser Normierung war eine Empfehlung der sogenannten Greene-Kommission, einer vom Board of Trade eingesetzten Expertenkommission zur Erarbeitung von Reformvorschlägen im Gesellschaftsrecht118. Diese sollte insbesondere Vorschläge erarbeiten, um eine Wiederholung der nach dem Ersten Weltkrieg im Vereinigten Königreich aufgetretenen spekulativen Exzesse auf dem Markt für Unternehmensübernahmen für die Zukunft zu verhindern119. 111 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 6; RegBegr BT-Drucks. 8/1678, S. 16 (Art. 23 gehe „auf eine offenbar in Großbritannien verbreitete Praxis zurück“); Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 495 f.; Schroeder, S. 16 ff. Nach britischem Vorbild wurden vergleichbare Regelungen auch in vielen Commonwealth-Staaten erlassen, zum Teil aber inzwischen wieder abgeschafft, s. hierzu den Überblick bei Fletcher, S. 8 ff. 112 Auch wenn in Belgien und Italien offenbar unabhängig von der britischen Rechtsentwicklung lange vor der Kapitalrichtlinie ähnliche Verbotsnormen bestanden, s. Pühler, S. 16 f. Diese waren aber wohl nicht Vorbild für Art. 23 der Kapitalrichtlinie von 1976. 113 s. zur bisher in Deutschland zu § 71a Abs. 1 AktG ergangenen Rechtsprechung unten unter § 6 B. III. 114 Siehe hierzu die Darstellungen bei French/Mayson/Ryan, S. 295 ff.; Lowry/Reisberg, S. 327 ff.; Dignam/Lowry, S. 126 ff.; Schroeder, S. 122 ff. 115 Schroeder, S. 20 ff.; Lowry/Reisberg, S. 324 ff.; Just, S. 6 ff.; Tal, S. 254 ff. 116 Auf die Diskussion um mögliche Regelungszwecke auch des britischen Verbots mit Ausstrahlungswirkung auch auf die Auslegung des deutschen Verbots wird weiter unten bei der Diskussion um § 71a Abs. 1 AktG vertieft eingegangen, s. § 6 B. III. 1. 117 Schroeder, S. 27. 118 Benannt nach ihrem Vorsitzenden Wilfrid Greene, eines späteren Master of the Rolls. Die Ergebnisse der Greene-Kommission finden sich im Company Law Amendment Committee 1925 – 1926, Report of the Company Law Amendment Committee, 119 The Economist v. 23. Apr. 1927, S. 840: „The Companies Bill“; Schroeder, S. 26 f.

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1. Teil: Grundlagen

Zu dieser Spekulationswelle war es gekommen, weil viele Unternehmen bei Kriegsende aufgrund kriegsbedingt hoher Gewinne (sogenannter „windfall profits“) über ungewöhnlich hohes Eigenkapital verfügten und wegen der kriegsbedingten Abkehr von der Bindung des britischen Pfunds an den Goldstandard in hohem Maße Liquidität vorhanden war, die zu Inflation und negativen Realzinsen führte120. Spekulanten nutzten diese Umstände aus und ließen sich den Kaufpreis einer Übernahme entweder direkt von den Unternehmen vorstrecken oder veranlassten die Gesellschaft nach erfolgter Übernahme, einen zur Finanzierung des Kaufs zuvor für wenige Tage bei einer Bank aufgenommenen Kredit umgehend zu tilgen121. Folge dieser Praktiken war eine stark gesunkene Eigenkapitalausstattung der übernommenen Unternehmen; als die kriegsbedingte Konjunktur wenig später abflaute und durch Straffung der Geldpolitik die Realzinsen stark anstiegen122, brachen die übernommenen Unternehmen unter der Last der aufgebürdeten Schulden zusammen und belasteten die britischen Banken mit uneinbringlichen Krediten123. Die aufgrund dieser Entwicklungen zur Reform des Gesellschaftsrechts eingesetzte Greene-Kommission empfahl daraufhin unter anderem, es Kapitalgesellschaften zu verbieten, direkt oder indirekt Dritten beim Erwerb ihrer Anteile finanzielle Unterstützung zu gewähren124. Davon ausgenommen sollten nur Gesellschaften sein, deren gewöhnliches Geschäft das Verleihen von Geld ist sowie die Vergabe von Darlehen an Beschäftigte zum Erwerb von Belegschaftsaktien125. Begründet wurde dieses Verbot unter anderem damit, dass in der finanziellen Unterstützung auch ein mittelbarer Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft zu sehen sei126, der nach damals geltendem britischem Recht grundsätzlich untersagt war127. Der englische Gesetzgeber übernahm die Empfehlungen der Greene-Kommission und fügte in section 45 des CA 1929 ein entsprechendes Verbot der financial assistance ein, das für alle limited companies galt, also für jede Kapitalgesellschaft. Dieses Verbot erwies sich jedoch als weitgehend wirkungslos, da als einzige 120

Durch die Lockerung der Geldpolitik kam es kurzzeitig zu negativen Realzinsen von bis zu minus 20 Prozent, s. Thomas/Hills/Dimsdale, S. 284. Zu diesem sogenannten „Post-War Boom“ siehe Grant, S. 136 ff.; Youngson, S. 24 ff. Ausführliche Darstellung auch bei Schroeder, S. 23 ff. 121 Schroeder, S. 25; Grant, S. 139 f. In der zeitgenössischen Presse wurden diese Spekulanten auch griffig als „the get-rich-quick brotherhood“ bezeichnet, s. Grant, S. 139. 122 Auf bis zu 15 Prozent, s. Thomas/Hills/Dimsdale, S. 284. 123 Lowry, S. 8; Thomas, S. 62; Youngson, S. 45; Schroeder, S. 25. 124 Company Law Amendment Committee 1925 – 1926, Report of the Company Law Amendment Committee, Nr. 31; Schroeder, S. 26 f. 125 Company Law Amendment Committee 1925 – 1926, Report of the Company Law Amendment Committee, Nr. 31; Schroeder, S. 27. 126 Jedenfalls legt die Formulierung in Company Law Amendment Committee 1925 – 1926, Report of the Company Law Amendment Committee, Nr. 30 dies nahe, s. Lowry, S. 7; Schroeder, S. 26. 127 Trevor v Whitworth, App. Cas. 1887, Bd. 12, S. 409 ff. Lowry, S. 6 f.; Schroeder, S. 26.

§ 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung

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Sanktion des Verstoßes lediglich eine geringe Geldstrafe vorgesehen war128. Das verbotene Finanzierungsgeschäft selbst blieb zunächst nach der Rechtsprechung weiterhin wirksam129. Erst später entschied der High Court, dass unter bestimmten Voraussetzungen die gewährte finanzielle Unterstützung nichtig sei130 bzw. sogar von der an der Transaktion beteiligten Bank zurückgewährt werden müsse131. Damit war der ausgesprochen weite Tatbestand der financial assistance auch erstmals mit weitreichenden Rechtsfolgen verbunden. In der Folge ergingen weitere Entscheidungen, die den Tatbestand der financial assistance weit auslegten und den Anwendungsbereich der Vorschriften stark ausdehnten. So wurde insbesondere entschieden, dass es bei Austauschgeschäften zwischen Gesellschaften, bei denen sich nachträglich herausstellte, dass ein vom tatsächlichen Wert abweichender Preis vereinbart wurde, es für die Anwendbarkeit des Verbots nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Parteien von der Angemessenheit des Preises ankomme132. Dies führte zu einer erheblichen Verunsicherung der Praxis, da diese rein objektive Bewertung der Transaktion ex post eine zuverlässige Strukturierung einer Transaktion ex ante erheblich erschwerte. Im Companies Act 1981 wurden daraufhin Ausnahmen vom Verbot für Unterstützungshandlungen vorgesehen, die in gutem Glauben (good faith) für einen anderen Hauptzweck (principal purpose) als den Erwerb selbst geleistet wurden133. Die Auslegung dieser zusätzlich eingeführten subjektiven Kriterien führte jedoch zu neuen Schwierigkeiten134. Zugleich wurden jedoch die Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen das Verbot erheblich verschärft und der Strafrahmen für Verstöße auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erweitert135. Ferner wurde eine Möglichkeit geschaffen durch eine Zusicherung der directors, dass die Maßnahme der finanziellen Unterstützung nicht das Vermögen der Gesellschaft beeinträchtige oder jedenfalls nicht den ausschüt128 Section 45 (3) CA 1929 sah lediglich eine Geldstrafe von bis zu £ 100 vor, s. Schroeder, S. 28. Ebenso die Nachfolgenorm in section 54 CA 1948, s. Lowry/Reisberg, S. 325. 129 Schroeder, S. 30 f.; Lowry/Reisberg, S. 338. 130 Heald v O’Connor [1971] I WLR 497; French/Mayson/Ryan, S. 299; Lowry/Reisberg, S. 338; Dignam/Lowry, S. 134 f. 131 Selangor Rubber Estates Ltd. v Craddock [1968] I WLR 1555; Schroeder, S. 33. Die finanzierende Bank wird danach als „constructive trustee“ in Haftung genommen, s. Lowry, S. 10; Dignam/Lowry, S. 134. 132 Belmont Finance Corporation v Williams Furniture Ltd. and Others (No 2) [1980], I All E. R. 393; French/Mayson/Ryan, S. 296 f.; Lowry/Reisberg, S. 325 f.; Lowry, S. 11 f. 133 Section 42 (2) und (3) CA 1981; nunmehr geregelt in section 678 (2) und (4) CA 2006. 134 So sollte sogar bei Auseinandersetzungen von Familienunternehmen, bei denen zur Auseinandersetzung neue Gesellschaften gegründet wurden und im Zuge der Umstrukturierung Schulden für den eigenen Erwerb von einer neuen Gesellschaft übernommen wurden, der subjektive Ausnahmetatbestand nicht greifen und der Tatbestand der financial assistance erfüllt sein, s. Brady v Brady [1989] II WLR 1308 (1326); French/Mayson/Ryan, S. 298; Lowry/ Reisberg, S. 332 f.; Dignam/Lowry, S. 130 ff.; Just, S. 7 f. 135 Section 42 (19) CA 1981 bzw. section 151 (3) CA 1985; inzwischen in section 680 (2) CA 2006 normiert.

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1. Teil: Grundlagen

tungsfähigen Gewinn übersteige und anschließende Überprüfung dieser Behauptung durch den Prüfer der Gesellschaft und Bestätigung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung, Maßnahmen der finanziellen Unterstützung trotz Verbots legal vorzunehmen (sogenannte whitewash procedure)136. Das Verbot der financial assistance blieb daher trotz aller Reformbemühungen eine komplexe Regelung mit großen Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken, die bei verschiedensten gesellschaftsrechtlichen Transaktionen umfangreiche Rechtsberatung erforderlich machten. Dies erhöhte vor allem für kleinere und mittlere Gesellschaften die Transaktionskosten signifikant137. Dieser Problematik sollte der Companies Act 2006 begegnen138. Wesentliche Neuerung in diesem ist die Abschaffung des Verbots der financial assistance für private companies limited by shares139. Für public companies bleibt es jedoch bei einem weitgehend unverändertem Verbot140, da eine Abschaffung des Verbots für diese aufgrund Artikel 23 der Kapitalrichtlinie aus europarechtlichen Gründen nicht möglich ist.

B. Italien Im italienischen Recht war ein Verbot der finanziellen Unterstützung in Art. 2358 Codice civile (c.c.) 1942 bereits Jahrzehnte vor Erlass der Kapitalrichtlinie und offenbar unabhängig von der britischen Rechtsentwicklung gesetzlich normiert141. Die Vorschrift lautete: „Die Gesellschaft kann für den Erwerb eigener Aktien weder Vorschüsse noch Darlehen an Dritte gewähren.“142

Somit unterschied sich das Verbot dem Wortlaut nach vom späteren Art. 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie von 1976143, da etwa die Leistung von Sicherheiten zur Fi136

Sections 155 – 158 CA 1985, siehe Tal, S. 256; Just, S. 8; Lowry/Reisberg, S. 336. Inzwischen ist diese whitewash procedure weiter gelockert worden und gemäß s. 682 (1) CA 2006 eine finanzielle Unterstützung aus dem ausschüttungsfähigen Gewinn einer Gesellschaft zulässig. 137 Dignam/Lowry, S. 128; Tal, S. 254. 138 Lowry/Reisberg, S. 326 f.; French/Mayson/Ryan, S. 295 f. 139 French/Mayson/Ryan, S. 295 f.; Tal, S. 257. 140 Section 678 f. CA 2006; Lowry/Reisberg, S. 327; Dignam/Lowry, S. 189. 141 Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 496; Pühler, S. 16 f. Eine Vorgängernorm zum Erwerb eigener Aktien, die auch Vorschüsse auf den Erwerb eigener Aktien untersagte und damit bereits Ähnlichkeiten zum Verbot der finanziellen Unterstützung aufwies bestand bereits mit Art. 144 c.c. 1882, s. Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 496; Pühler, S. 16 f. m.w.N. 142 „La società non può fare anticipazioni sulle proprie azioni, né prestitia terzi per acquistarle.“ Art. 2358 c.c. 1942, s. Fn. 58 bei Pühler, S. 17. Übersetzung nach Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 496. Geringfügig abweichende Übersetzung bei Pühler, S. 17. 143 Zu diesem sogleich unten unter § 3 C.

§ 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung

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nanzierung des Erwerbs nicht untersagt wurde. Jedoch wurde die Vorschrift von der Rechtsprechung in der Folge weit ausgelegt, so dass zum einen auch Gesellschafter vom Verbot umfasst wurden und zum anderen auch Bürgschaften und sonstige Leistungen144. In Umsetzung der Kapitalrichtlinie wurde Art. 2358 c.c. 1986 neu gefasst und entspricht nun den europarechtlichen Vorgaben145. Ebenso wie im britischen Recht ist ein Verstoß gegen Art. 2358 c.c. allerdings strafbewehrt146. Verbunden mit einer in der Lehre intensiv geführten Diskussion um die Anwendbarkeit des Verbots auch auf mögliche Umgehungskonstruktionen und den damit zusammenhängenden Abgrenzungsschwierigkeiten147 resultierte daraus ein Bedürfnis der Praxis nach Rechtssicherheit bei LBOs, dem der Gesetzgeber durch Schaffung der Möglichkeit einer Verschmelzung von Ziel- und Erwerbsgesellschaft unter strengen Auflagen Rechnung getragen hat148. Bei Beachtung dieser Auflagen bei der Verschmelzung liegt gemäß Art. 2501bis c.c. kein Verstoß gegen das Verbot der finanziellen Unterstützung vor149.

C. Europäische Union In das Recht der Europäischen Union fand das Verbot der finanziellen Unterstützung Eingang über Art. 23 der Kapitalrichtlinie von 1976150. Es gelangte auf Betreiben der britischen Delegation in die Kapitalrichtlinie151, deren Vorschriften gemäß Art. 1 Abs. 1 nur für Aktiengesellschaften bzw. für die in den jeweiligen Rechtsordnungen entsprechenden Gesellschaftsformen gelten und wurde in leicht variierenden Fassungen in die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen übernommen152.

144 Vgl. hierzu ausführlich mit detaillierten Nachweisen Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 496. 145 Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 496. 146 Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 496; Magrini, S. 769. Gemäß Art. 2629 c.c. sind bei Verstößen Haftstrafen bis zu drei Jahren möglich. 147 Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 502 f. m.w.N. Zur Frage der Gesetzesumgehung in Deutschland siehe unten unter § 6 B. IV. 2, in der Schweiz unten unter § 6 A. IV. 3. 148 Hierzu ausführlich Magrini, S. 764 ff. 149 Magrini, S. 768 f. 150 RL. 77/91/EWG (oben Fn. 11). Art. 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie lautete in seiner damaligen Fassung: „Eine Gesellschaft darf im Hinblick auf den Erwerb ihrer Aktien durch einen Dritten weder Vorschüsse geben noch Darlehen gewähren noch Sicherheiten leisten.“ 151 RegBegr BT-Drucks 8/1678, S. 16; Schroeder, S. 44 ff.; Wymeersch, S. 730 f. 152 Siehe zu einem Überblick über die Implementierung in verschiedenen europäischen Ländern Wymeersch, S. 725 ff.; Pühler, S. 19 ff. Zur Umsetzung in Frankreich Viandier, S. 463 ff.

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1. Teil: Grundlagen

Das strikte Verbot der finanziellen Unterstützung gemäß Art. 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie von 1976 stieß jedoch zunehmend auf Kritik153; zugleich wurde die Vorbildregelung des Verbots der financial assistance im britischen Recht mehrfach reformiert und dabei tendenziell gelockert154. Als die Regelungen der Kapitalrichtlinie im Auftrag der EU-Kommission zur Ausarbeitung von Reformvorschlägen einer Überprüfung durch verschiedene Expertenkommissionen unterzogen wurden, empfahlen diese daher jeweils eine Anpassung von Art. 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie von 1976. So kam zunächst die SLIM-Arbeitsgruppe155 zur Vereinfachung des Gesellschaftsrechts 1999 zu dem Ergebnis, dass das Verbot der finanziellen Unterstützung für den derivativen Erwerb auf das nicht ausschüttungsfähige Nettovermögen der Gesellschaft zu beschränken sei, für den originären Erwerb auf den Wert der gezeichneten neuen Aktien156. 2002 sprach sich die High Level Group of Company Law Experts in ihrem Bericht ebenfalls dafür aus, die finanzielle Unterstützung beschränkt auf die ausschüttungsfähigen Rücklagen zuzulassen, sofern das Leitungsorgan der Gesellschaft dazu per Beschluss der Hauptversammlung ermächtigt wurde157. Um dieser zunehmenden Kritik und den Empfehlungen der Expertenkommissionen Rechnung zu tragen, wurde die Kapitalrichtlinie auf Betreiben der EUKommission schließlich 2006 reformiert158 und dabei den Mitgliedstaaten die Option eingeräumt, das weiterhin geltende Verbot der finanziellen Unterstützung unter bestimmten Voraussetzungen zu lockern. Gemäß dem neu gefassten Art. 25 Abs. 1 bis 5 der Richtlinie können demnach die Mitgliedstaaten regeln, dass eine finanzielle Unterstützung bei kumulativem Vorliegen von fünf Voraussetzungen zulässig sein darf159 : (i) die finanzielle Unterstützung muss zu fairen Marktkonditionen gewährt werden, (ii) das Leitungsorgan der Gesellschaft muss einen detaillierten Bericht über die Risiken der Unterstützung verfassen und diesen veröffentlichen, (iii) die 153

So im Schrifttum etwa Wymeersch, S. 747. Insbesondere durch Einführung einer sogenannten whitewash procedure, siehe dazu oben unter § 3 A. 155 Initiative „Simpler Legislation for the Internal Market“, DOK KOM (2000) 56 endg. v. 4. 2. 2000. 156 DOK KOM (2000) 56 endg. v. 4. 2. 2000, S. 5; Drygala, SLIM-Arbeitsgruppe, S. 295 f.; Grundmann, S. 157. 157 The High Level Group of Company Law Experts, Report of the High Level Group, S. 85; Ferran, S. 96; Schmolke, Finanzielle Unterstützung, S. 1830. 158 Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 06. 09. 2006 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals (Kapitaländerungsrichtlinie), Abl EU L 264 v. 25. 09. 2006, S. 32 ff. 159 Art. 25 Abs. 2 – 5 der geänderten Kapitalrichtlinie, ausführlich dazu Freitag, S. 159 ff.; Schmolke, Finanzielle Unterstützung, S. 1832 ff.; Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 397; Oechsler, Kapitalrichtlinie, S. 83; Brosius, S. 253 ff.; Hartung, S. 36 ff.; Hassner, S. 206 ff. 154

§ 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung

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Hauptversammlung muss der finanziellen Unterstützung zustimmen, (iv) die finanzielle Unterstützung darf nur aus dem ausschüttungsfähigen Nettovermögen erfolgen, (v) wird die finanzielle Unterstützung von Dritten zum originären Erwerb von Aktien im Rahmen von Kapitalerhöhungen genutzt, muss der Erwerb von Aktien zu einem fairen Preis erfolgen. Diese Lockerung des Verbots der finanziellen Unterstützung stieß jedoch angesichts der komplizierten und wenig praktikablen Modalitäten auf Kritik160 und wurde bisher in wichtigen Staaten der Europäischen Union wie Deutschland und Großbritannien nicht in nationales Recht umgesetzt.

D. Deutschland In Deutschland wurde das Verbot der finanziellen Unterstützung im Jahre 1978 in Umsetzung von Abs. 1 der Kapitalrichtlinie von 1976 mit der Einfügung von § 71a Abs. 1 in das Aktiengesetz erstmalig eingeführt161. Bei der Einführung der Norm wurde diese nicht zu den materiell bedeutsamen Änderungen des Aktiengesetzes gezählt162 und eine Relevanz allenfalls für den Banken- und Finanzsektor angenommen163. Seit ihrer Einführung wurde die Norm bisher im Wesentlichen nur redaktionell angepasst164, nicht jedoch materiell verändert. Insbesondere die Möglichkeit der Verbotsausnahme unter den Voraussetzungen der Artikel 25 Abs. 2 bis 5 durch die Änderung der Kapitalrichtlinie165 blieb – wie bereits erwähnt – bisher unberücksichtigt und wurde nicht in deutsches Recht umgesetzt166.

160 Zum Teil wird Minderheitenschutz durch die Liberalisierung gefährdet gesehen, s. Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 404 f. Die Reform als „largely pointless“ bezeichnend Ferran, S. 99. Die Änderungen grundsätzlich positiv bewertend hingegen Schmolke, Finanzielle Unterstützung, S. 1836 f.; Freitag, S. 164 f. 161 Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 13. Dezember 1978, BGBl I 1978, S. 1956. 162 RegBegr BT-Drucksache 8/1678, S. 10. 163 RegBegr BT-Drucksache 8/1678, S. 16. 164 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 10; eine klarstellende Änderung zur Reichweite der Norm erfolgte lediglich durch Einfügung des § 71a Abs. 1 Satz 3 AktG, nach dem das Verbot aus § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG nicht im Vertragskonzern gelten soll. 165 Siehe hierzu oben unter § 3 C. 166 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 5; Böttcher, S. 484 f.

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1. Teil: Grundlagen

In der Praxis der Rechtsprechung spielt die Norm bisher keine bedeutsame Rolle167. Nur in wenigen Urteilen wurde die Norm erörtert168, welche jedoch durchaus Anlass zu lebhafter wissenschaftlicher Diskussion boten169. Die geringe Bedeutung in der Gerichtspraxis mag zum einen darin begründet liegen, dass das Verbot der finanziellen Unterstützung in Deutschland nur für die Aktiengesellschaft gilt, nicht jedoch für andere Kapitalgesellschaften wie etwa die wesentlich verbreitetere GmbH170. Zum anderen scheint die Praxis bestrebt zu sein, durch verschiedene Umgehungskonstruktionen, insbesondere durch Umwandlungen in eine nicht dem Verbot der finanziellen Unterstützung unterliegende Rechtsform und durch Verschmelzungen, die Eröffnung des Anwendungsbereichs des mit großen Rechtsunsicherheiten verbundenen Verbots der finanziellen Unterstützung zu vermeiden. Die Diskussion über die tatbestandliche Reichweite von § 71a Abs. 1 AktG und mögliche Vermeidungsstrategien nimmt daher in Praxishandbüchern zur Akquisitionsfinanzierung durchaus Raum ein171, so dass eine erhebliche Bedeutung der Norm jedenfalls für die Beratungspraxis angenommen werden kann. Das Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs und die mit ihm verbundenen Rechts- und Auslegungsfragen bleibt daher trotz breiter wissenschaftlicher Diskussion wegen fehlender Klärung offener Rechtsfragen durch die Rechtsprechung oder den Gesetzgeber nach einer vielzitierten Charakterisierung eine terra incognita172.

E. Schweiz In der Schweiz existiert bisher keine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Verbots der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs173. Zugleich hat sich die Schweiz im Jahre 1988 für einen autonomen Nachvollzug des europäischen Rechts ausgesprochen174. Nach diesem Konzept ist der Bundesrat gehalten, bei jedem Gesetzgebungsvorhaben die Europarechtsverträglichkeit in der Botschaft zu erläutern175, um zu vermeiden, dass unbegründete Abweichungen zu 167

GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 11. So etwa im Urteil des OLG Düsseldorf v. 18. 09. 2006 – I-5 U 6/06, NZG 2007, 273. 169 Zum zitierten Urteil des OLG Düsseldorf etwa Kerber, Anmerkung, S. 522 ff.; Kerber, Babcock Borsig/HDW, S. 254 ff.; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 171 ff. Ausführlich zu dieser Diskussion unten unter § 6 B. III. 2. b) cc) (3) und (4). 170 Im Gegensatz zur Regelung im Vereinigten Königreich, in dem das Verbot bis zu den Änderungen durch den CA 2006 für alle Kapitalgesellschaften galt, siehe oben unter § 3 A. 171 Diem, S. 292 ff.; Holzapfel, S. 251 f. 172 Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 494. 173 Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 68 N 68; Fankhauser, S. 194. 174 Baudenbacher, S. 310; Wyss, S. 718; Fankhauser, S. 1 ff. 175 Art. 141 Abs. 2 lit. a Parlamentsgesetz. 168

§ 3 Regelungsgeschichte des Verbots der finanziellen Unterstützung

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europäischen Regelungen beschlossen werden, die nicht im Interesse der Schweiz sind176. Ziel des autonomen Nachvollzugs ist es nicht, eine automatische Übernahme europarechtlicher Normen zu gewährleisten, sondern es dem Gesetzgeber zu ermöglichen, die Europakompatibilität des schweizerischen Rechts sicherzustellen177. Demzufolge hätte man jedenfalls in Botschaften zu Aktienrechtsrevisionen auf Art. 25 der Kapitalrichtlinie eingehen können und sich mit einer möglichen Übernahme eines Verbots der finanziellen Unterstützung auseinandersetzen sollen. Eine solche Auseinandersetzung des Gesetzgebers mit Art. 25 der Kapitalrichtlinie ist jedoch bisher ebenso unterblieben178 wie eine Übernahme der Regelung von Art. 25 der Kapitalrichtlinie in schweizerisches Recht oder der Erlass einer vergleichbaren Vorschrift, trotz dahingehender Forderungen aus der Wissenschaft179. Unabhängig von einer spezifischen gesetzlichen Regelung ist das Rechtsphänomen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs in der Praxis verbreitet180, schon allein wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Rechtsform der Aktiengesellschaft in der Schweiz181. Dabei besteht jedoch weiterhin große Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit dieser finanziellen Unterstützung unter dem Gesichtspunkt aktienrechtlicher Vorschriften zum Kapitalschutz, zum Verbot des Erwerbs eigener Aktien oder im Verhältnis zu konzernrechtlichen Problemen182. Dies stellt insbesondere die Rechtspraxis vor Probleme und erschwert die Gestaltung von Übernahmetransaktionen183. 176 Wyss, S. 718; Baudenbacher, S. 310 f. Bericht des Bundesrates vom 24. Aug. 1988 über die Stellung der Schweiz im europäischen Integrationsprozess, BBl 1988 III 249, S. 380. 177 Wyss, S. 718. Bericht des Bundesrates vom 24. Aug. 1988 über die Stellung der Schweiz im europäischen Integrationsprozess, BBl 1988 III 249, S. 380. 178 Zu der bisher eher knappen Auseinandersetzung in Botschaften mit dem europäischem Gesellschaftsrecht allgemein Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 68 N 55 ff. In der Botschaft und im Vernehmlassungsbericht zur Aktienrechtsrevision wird zwar auf die Kapitalrichtlinie eingegangen, nicht jedoch auf Art. 25 (bzw. dem früheren Art. 23), s. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1632 f.; Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 61 f. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der konkrete Umfang der Auseinandersetzung mit dem europäischem Recht nicht vorgeschrieben ist und kein Selbstzweck ist, sondern je nach Bedeutung für das Rechtsgebiet ausfallen kann, s. Wyss, S. 718 ff. 179 So wohl Baudenbacher, S. 315. Hingegen eine fehlende Regelung entsprechend Art. 23 der Kapitalrichtlinie von 1976 konstatierend, allerdings ohne die Frage des Angleichungsbedarfs zu diskutieren Huguenin/Fankhauser, S. 1067; Fankhauser, S. 194. 180 Insbesondere bei LBOs, s. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 185 f.; Zimmerli, S. 30 ff.; Rusch, S. 8. 181 Böckli, Aktienrecht, § 1 N 29. 182 Vogel/Heiz/Müller/Ladner, Abs. 8 (What are the key unresolved issues in Switzerland?; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 188 ff.; Zimmerli, S. 267 ff. Zum speziellen Problem der Interzession zugunsten des Aktionärs etwa Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 183 ff.; Rusch, S. 1 ff. 183 Vogel/Heiz/Müller/Ladner, Abs. 8 (What are the key unresolved issues in Switzerland?); „Aktienrechtlich kritische Vorgänge“, s. Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 184; „Schwierige Rechtsfragen“, s. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 194; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 201.

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1. Teil: Grundlagen

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung Die Rechtsfigur der finanziellen Unterstützung ist – wie oben gezeigt – historisch tatsächlich eng mit dem Phänomen von LBOs verknüpft. Nachfolgend soll daher die grundsätzliche rechtspolitische Diskussion speziell über LBOs sowie die ökonomischen Auswirkungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung allgemein dargestellt werden. Dabei soll untersucht werden, inwieweit aus den so gewonnenen Erkenntnissen Rückschlüsse gezogen werden können, die für die rechtspolitische Beurteilung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung und für die Frage der Notwendigkeit eines Verbots maßgeblich sein können184.

A. Die rechtspolitische Diskussion über LBOs Über grundsätzliche Gefahren und Nutzen von LBOs wird in der deutschen Rechtswissenschaft kontrovers diskutiert: Kritiker sehen in LBOs ein Geschäftsmodell, das auf Ausplünderung der Zielgesellschaft zu Lasten von Gläubigern, Arbeitnehmern und sonstiger stakeholder abzielt185. Finanzinvestoren würden sich als „Eigenkapitalräuber“ betätigen und nach Erfüllung ihrer Renditeziele überschuldete Unternehmen zurücklassen186. Befürworter von LBOs halten dem entge184

Diese Diskussion wird von einigen Autoren als rein politisch und die rechtliche Diskussion nicht berührend qualifiziert, s. Oechsler, Kapitalrichtlinie, S. 83; Fridrich, S. 25. Ohne eine rechtspolitische Bewertung anhand vorhandener empirischer und wirtschaftstheoretischer Erkenntnisse kann jedoch letztlich keine sinnvolle Aussage über das erforderliche rechtliche Schutzniveau getroffen werden. 185 Schneider, Eigenkapitalräuber, S. 577 ff.; Schneider, Private Equity, S. 888 ff.; Schmidt/ Spindler, S. 135 ff. In der schweizerischen rechtspolitischen Diskussion werden LBOs als Geschäftsmodell – soweit ersichtlich – nicht grundsätzlich in Frage gestellt, sondern allenfalls einzelne Aspekte als problematisch diskutiert, s. Rusch, S. 15 f.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 185 ff. Eine rundum positive Gesamtbewertung trifft Zimmerli, S. 492 f. Der Vernehmlassungsbericht zur Aktienrechtsrevision setzt sich ausdrücklich mit der rechtspolitischen Diskussion über LBOs auseinander, s. Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 27 ff. Er kommt dabei für die Schweiz zum Ergebnis, dass vermutete negative Folgen empirisch nicht festzustellen seien und sieht deshalb keinen besonderen Regulierungsbedarf, s. Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 29. 186 Schneider, Private Equity, S. 888; Schneider, Eigenkapitalräuber, S. 578. Diese Kritik hat auch in der allgemeinen politischen Diskussion in Deutschland ihren Niederschlag gefunden, am bekanntesten wohl im Vergleich von Finanzinvestoren mit „Heuschrecken“ durch den damaligen Arbeitsminister und SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, s. Interview in der „Bild am Sonntag“ v. 17. April 2005. Dabei kann die häufig als negative Konsequenz eines LBOs angeführte Reduzierung langfristiger Investitionen und Rückführung bzw. Ausschüttung des Eigenkapitals an die Aktionäre, häufig verbunden mit der Veräußerung von Betriebsteilen und dem Abbau von Arbeitsplätzen, wohlfahrtsökonomisch auch als positiv bewertet werden, da damit unter Umständen Kapital von weniger rentablen Vorhaben abgezogen und dafür mutmaßlich in rentablere Vorhaben investiert und somit die volkswirtschaftliche Kapitalallo-

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung

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gen, dass LBOs insgesamt überwiegend positive wirtschaftliche Effekte bewirken würden187 und eine Umverteilung zu Lasten einzelner stakeholder empirisch nicht zu belegen sei188, LBOs den Markt für Unternehmenskontrolle beleben würden189 und für eine optimalere Finanzierung der Unternehmen und damit für eine bessere Kapitalallokation sorgen würden190. Analysiert man die vorgebrachten Argumente, lassen sich zwei Ebenen in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung unterscheiden: Zum einen wird die Frage diskutiert, ob Finanzinvestoren sich durch LBOs Sondervorteile zu Lasten anderer stakeholder der Gesellschaft zuschanzen können und ob diese Möglichkeiten – so sie gegeben sind und von den Finanzinvestoren auch tatsächlich genutzt werden – rechtlich hinreichend beschränkt sind191. Diese Diskussion behandelt also die Frage der Eignung der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen für das Phänomen der LBOs unter dem Gesichtspunkt der Ausgewogenheit und des hinreichenden Schutzes vor Benachteiligung der beteiligten stakeholder, die nur konkret anhand der einzelnen Regelungen etwa zur Benachteiligung von Minderheitsaktionären oder dem Schutz der Gläubiger in den jeweiligen Rechtsordnungen und nicht allgemein beantwortet werden kann192.

kation optimiert wird. Die Einschätzung, wie das Kapital einer Gesellschaft optimal zu verwenden ist, ist dabei grundsätzlich den Aktionären als den Kapitalgebern zu überlassen, da diese auch Verluste und Gewinne der jeweiligen Strategie zu tragen haben. LBOs können so gewissermaßen als Katalysatoren der kreativen Zerstörung dienen, die für den einzelnen Betroffenen wie den jeweiligen Arbeitnehmer oder Investitionsstandort nachteilig sind und daher politisch bekämpft werden, langfristig aber wohlfahrtsökonomischen Nutzen bringen. 187 Eilers, S. 793; Weibel, S. 71. M. w. N. Otto, Private Equity, S. 363 ff. 188 Eidenmüller, Private Equity, S. 653 ff. 189 Seibt, S. 291; Otto, Private Equity, S. 365. 190 Eidenmüller, Private Equity, S. 658. 191 Auf diesen Punkt zielt vorwiegend die Kritik von Schneider, Eigenkapitalräuber, S. 577 ff.; Schneider, Private Equity, S. 888 ff. Andere Autoren beschreiben die Erhöhung des leverage hingegen als eine Taktik zur Verhinderung des Free-rider-Problems, also der Möglichkeit der Minderheitsaktionäre ohne eigenes Zutun von der verbesserten Unternehmenskontrolle und der damit verbundenen Wertsteigerung nach LBOs zu profitieren, s. Rudolph, S. 174 ff. Durch das Überwälzen von Erwerbsverbindlichkeiten auf die Zielgesellschaft könnte der Finanzinvestor nach dieser Interpretation einen Teil der den Minderheitsaktionären zugutekommenden Wertsteigerung wieder zunichtemachen. Da es nach der hier vertretenen Ansicht keine ökonomische Begründung für das Gewähren von Sondervorteilen an den Mehrheitsaktionär bei LBOs gibt – siehe hierzu unten unter § 4. D. – sollten auch alle Aktionäre in gleichem Maße am wirtschaftlichem Erfolg oder Misserfolg der Gesellschaft beteiligt sein; die Free-Rider-Problematik besteht also tatsächlich gar nicht, da der Nutzen der Kontrolle auch dem Mehrheitsaktionär zugutekommt und dieser keinen zusätzlichen Anspruch auf die Wertsteigerung der Minderheitsaktionäre hat. 192 Für eine detaillierte Aufgliederung der einzelnen Gefahren siehe sogleich unten unter § 4 C. II.

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1. Teil: Grundlagen

Zum anderen wird kontrovers erörtert, ob LBOs grundsätzlich wohlfahrtsökonomisch einen Nutzen bringen193. Ein wohlfahrtsökonomischer Nutzen wäre feststellbar, wenn durch LBOs der Unternehmenswert der jeweiligen Zielgesellschaft stärker gesteigert werden würde als wenn sie nicht Ziel eines LBOs gewesen wäre. Eine solche Unternehmenswertsteigerung könnte sich insbesondere aufgrund einer durch LBOs bedingten Optimierung der Kapitalstruktur ergeben. Dieser genuin wirtschaftswissenschaftliche Forschungsgegenstand ist für die rechtspolitische Einordnung insofern relevant, als von der Beantwortung dieser Frage auch abhängt, inwiefern Regulierungsbedarf besteht194 : Wären LBOs wohlfahrtsökonomisch grundsätzlich vorteilhaft zu bewerten, wäre auch ein LBOs begünstigender rechtlicher Rahmen ökonomisch sinnvoll195. Gegebenenfalls wäre es dann sogar rechtspolitisch sinnvoll, hinzunehmen, dass sich Finanzinvestoren auf Kosten der übrigen stakeholder Sondervorteile verschaffen können196. Umgekehrt wäre bei einer neutralen oder sogar negativen wohlfahrtsökonomischen Bewertung eine restriktivere Regelung zur Verhinderung der Erlangung von Sondervorteilen oder bei negativer Bewertung sogar eine LBOs grundsätzlich verhindernde Regulierung angezeigt. Über die allgemeine wohlfahrtsökonomische Bewertung des LBOs hinaus wird zusätzlich in den Wirtschaftswissenschaften konkret analysiert, welche Faktoren für eine Wertsteigerung durch LBOs verantwortlich sind; können diese Faktoren, wie beispielsweise die Kontrollbildung oder die Optimierung der Kapitalstruktur, konkret benannt werden und ihr jeweiliger Nutzen und etwaige Gefahren identifiziert werden, hat dies Auswirkungen auf eine rechtliche Begrenzung des LBOs und damit von Maßnahmen finanzieller Unterstützung: Eine etwaige Normierung, die die Benachteiligung von stakeholdern bei LBO verhindern soll, müsste dann möglichst so ausgestaltet sein, dass sie die Gefahren des LBOs bannt, ohne dabei die ökonomisch nützlichen Effekte des LBOs zu sehr zu beschränken. Die ökonomischen Auswirkungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die sich insbesondere exemplarisch bei LBOs zeigen, sollen daher nachfolgend näher untersucht werden, um Rückschlüsse für eine mögliche Normierung des LBOs und damit von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu ziehen.

193 In der rechtswissenschaftlichen Literatur etwa Eidenmüller, Private Equity, S. 653 ff.; Eidenmüller, Leveraged Buyouts, S. 1729; Seibt, S. 292 f.; Rudolph, S. 164 f.; Schmidt/ Spindler, S. 63 ff. 194 Fleischer, Finanzinvestoren, S. 187 ff. 195 Eidenmüller, Private Equity, S. 653; Seibt, S. 293 f. 196 Ökonomische Argumente für diese Sichtweise unter dem Aspekt der Wohlfahrtssteigerung etwa bei Easterbrook/Fischel, S. 112 ff. Ähnlich argumentierend Zimmerli, S. 298 ff.; Rudolph, S. 174 ff.

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung

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B. Ökonomische Auswirkungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Die nachfolgenden Überlegungen beziehen sich auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, deren Hauptanwendungsfall der LBO ist. Folglich wird zur Verdeutlichung und Konkretisierung der abstrakten Figur der finanziellen Unterstützung regelmäßig auf den LBO als Beispielsfall zurückgegriffen. Die Überlegungen gelten jedoch auch für andere Erscheinungsformen der finanziellen Unterstützung, bei denen die diskutierten ökonomischen Auswirkungen ebenfalls, wenn auch nicht notwendigerweise, festgestellt werden können. I. Erleichterung von Kontrollbildung und -wechsel Maßnahmen der finanziellen Unterstützung erleichtern es dem durch sie begünstigten Erwerber, den Erwerb von Anteilen – und damit auch den typischerweise angestrebten Kontrollerwerb – zu finanzieren. Umgekehrt bewirkt ein striktes Verbot jeglicher Maßnahmen der finanziellen Unterstützung eine erhebliche Erschwernis von Kontrollerwerb und Kontrollbildung, da das Vermögen der Zielgesellschaft dann kaum zur Erwerbsfinanzierung herangezogen werden kann, auch wenn die Zielgesellschaft über erhebliches Eigenkapital verfügt. In der ökonomischen Theorie werden Kontrollbildung und Kontrollwechsel grundsätzlich positiv bewertet197. Ausgangspunkt der theoretischen Überlegungen ist dabei stets das Principal-Agent-Problem198 : Da bei einer Aktiengesellschaft Eigentum und Kontrolle in unterschiedlichen Händen liegen, nämlich erstere in Händen der Aktionäre (der principals) und letztere in Händen des Verwaltungsrats bzw. Vorstands (der agents), divergieren auch Interessen und Zielsetzungen der beiden Gruppen199. So streben die principals etwa eine Maximierung des Gewinns und eine Wertoptimierung ihrer Beteiligung an, während die agents tendenziell eher bestrebt sein könnten, ihre Position dauerhaft zu sichern und ein möglichst hohes Einkommen von der Gesellschaft zu beziehen200. Um diesen Zielkonflikt zu minimieren, sollten die principals aus ökonomischer Sicht über eine möglichst effektive Überwachung und Kontrolle der agents verfügen201. 197

Richter/Furubotn, S. 429 ff.; Easterbrook/Fischel, S. 112 ff. Hierzu im Überblick Böckli, Aktienrecht, § 14 N 18 ff.; Fleischer, Grundfragen, S. 7 f.; von Salis-Lütolf, Private Equity, S. 7 ff.; Frick, S. 61 ff. Eingehend jeweils mit weiteren Hinweisen auf die umfangreiche wirtschaftswissenschaftliche Literatur Easterbrook/Fischel, S. 90 ff.; Richter/Furubotn, S. 173 ff.; Richter/Furubotn, S. 428 ff. 199 Richter/Furubotn, S. 173 f.; Easterbrook/Fischel, S. 91 ff. 200 Richter/Furubotn, S. 429 ff.; von Salis-Lütolf, Private Equity, S. 8. Dies ist nur ein Teilaspekt der im Gesellschafts- und Zivilrecht vielgestaltig auftretenden Principal-AgentProblematik. 201 Richter/Furubotn, S. 430 ff. Ökonomisch ausgedrückt wird angestrebt, die durch das Principal-Agent-Problem entstehenden Vertretungskosten zu minimieren. 198

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1. Teil: Grundlagen

Diese Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten sind insbesondere bei Gesellschaften, deren Anteile sich in breitem Streubesitz befinden, aufgrund der breiten Streuung der Aktionärsinteressen oft nur eingeschränkt gegeben. Erwirbt ein Investor die Kontrolle über eine Gesellschaft, indem er die für die Kontrolle notwendigen Anteile erwirbt und bündelt, können sich daher bereits dadurch positive ökonomische Effekte ergeben, dass das vorhandene Management überhaupt erstmals einer wirksamen Kontrolle durch die Anteilseigner unterworfen ist202. Ebenso kann ein Kontrollwechsel von einem seine Kontrollrechte nur unzureichend nutzenden herrschenden Anteilsinhaber zu einem seine Kontroll- und Einflussmöglichkeiten aktiv ausschöpfenden Investor eine positive ökonomische Wirkung haben203. So kann etwa der Kontrollwechsel von einer Inhaberfamilie zu einem Finanzinvestor zu einer verbesserten Kontrollausübung führen. Finanzinvestoren verfügen zunehmend über spezielle operative Expertise in einzelnen Branchen, die sie gewinnbringend in die operative Tätigkeit der übernommenen Gesellschaft durch Nutzung ihrer Kontroll- und Einflussmöglichkeiten einbringen können204. Zudem beteiligen sie das Management nach der Übernahme regelmäßig finanziell am Erfolg und Misserfolg der Gesellschaft205 und richten so die Interessen der agents stärker an denen der principals aus. Schließlich wird ganz grundsätzlich eine wirksame Übernahmedrohung durch einen funktionierenden Markt für Unternehmenskontrolle als effektive Disziplinierungsmöglichkeit für die agents gesehen206. Nach dieser Theorie schlägt sich eine schlechte Führung eines Unternehmens in einem niedrigen Unternehmenswert nieder; sofern die Transaktionskosten eines Kontrollerwerbs, also insbesondere die rechtlichen, informationellen und finanziellen Hürden für einen Kontrollerwerb, gering sind, ist dieses Unternehmen als Übernahmeziel attraktiv, da durch Austausch der Unternehmensführung relativ leicht eine Wertsteigerung erzielt werden kann. Bei entsprechend geringen Transaktionskosten müsste also bereits die beständige Gefahr einer mit dem Verlust ihrer Arbeitsplätze verbundenen Übernahme ausreichen, um die Mitglieder des Managements zu disziplinieren. Ein Teil der Literatur207 stuft die positiven wohlfahrtssteigernden Effekte von Kontrollbildung und Kontrollwechsel sogar als so bedeutsam ein, dass sie eine finanzielle Bevorzugung des Mehrheitsaktionärs gegenüber den Minderheitsaktionären bei der Verteilung des Wertzuwachses rechtfertigt, um effektive Anreize für Kontrollbildung und -wechsel zu schaffen. Gegen eine solche Privilegierung spricht jedoch neben dem grundsätzlichen Prinzip, dass jeder Aktionär entsprechend seinem 202

Kaplan/Strömberg, S. 133. Easterbrook/Fischel, S. 112 ff. 204 Sogenanntes „operational engineering“, s. Kaplan/Strömberg, S. 132. 205 Kaplan/Strömberg, S. 130 f. 206 Richter/Furubotn, S. 430 f.; Richter/Furubotn, S. 429 ff. Skeptisch hierzu GroßK-AktG/ Assmann Einl Rn. 399. 207 Easterbrook/Fischel, S. 112 ff.; Rudolph, S. 174 ff. 203

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Kapitalanteil an Erfolg und Misserfolg beteiligt werden sollte, dass damit eine Minderheitsbeteiligung an Aktiengesellschaften finanziell unattraktiver würde und damit der Markt für Eigenkapital beeinträchtigt zu werden droht208. Bei entsprechender Benachteiligung würden Investoren entweder bestrebt sein, durch statutarische Bestimmungen sicherzustellen, dass eine Kontrollbildung grundsätzlich unmöglich oder erschwert wird, oder von vornherein eine Beteiligung mit Fremdkapital einer Eigenkapitalbeteiligung vorziehen. Beides hätte ökonomisch unerwünschte Auswirkungen, die mutmaßlich die positiven Effekte aus einer verstärkten Anreizwirkung für Kontrollbildung aufwiegen209, zumal ein – wenn auch schwächerer – Anreiz zu Kontrollbildung und -wechsel auch bei strikter Gleichbehandlung der Aktionäre besteht. Nach diesen Überlegungen sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich unter dem Aspekt der verbesserten Unternehmenskontrolle ökonomisch vorteilhaft, da sie die ökonomisch positiv zu bewertende Kontrollbildung und den Kontrollwechsel erleichtern210. Umgekehrt würde ein striktes Verbot von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung die Transaktionskosten für Kontrollbildung und -wechsel erhöhen, was unter ökonomischen Gesichtspunkten nachteilig zu bewerten wäre. Eine Privilegierung von Mehrheitsaktionären bei der Verteilung eines möglichen Wertzuwachses oder der Gewährung finanzieller Unterstützung kann jedoch ökonomisch nicht gerechtfertigt werden. Problematisch ist es allerdings, wenn über die Gewährung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung das Management entscheiden kann. In dieser Konstellation ist zu befürchten, dass entweder jede finanzielle Unterstützung unterlassen wird oder gerade die Investoren finanziell unterstützt werden, deren Interessen die der agents möglichst nicht berühren, so dass dadurch die disziplinierende Wirkung durch Kontrollbildung und Kontrollwechsel gerade unterlaufen wird. Diesem Aspekt müsste eine Regulierung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Rechnung tragen, indem diese so auszugestalten wäre, dass sie den Einfluss des Managements auf die Entscheidung über finanzielle Unterstützung möglichst begrenzt und so eine Verzerrung des Marktes für Unternehmenskontrolle verhindert. Daneben kann die Unterstützung eines Kontrollwechsels oder -erwerbs volkswirtschaftlich insbesondere zur Erleichterung einer Nachfolgeregelung in inhabergeführten Unternehmen sinnvoll sein211. In diesen besteht das Principal-Agent208

Dass ein solcher Effekt in der Praxis vorkommt, zeigt die negative Kursentwicklung der SIKA AG nach einem Übernahmeangebot: Trotz erfolgtem Übernahmeangebot für eine Kontrollmehrheit der Familiengesellschafter war bei dieser der Bieter aufgrund statutarischer Bestimmungen nicht zu einem Angebot an die Minderheitsaktionäre verpflichtet, s. Daeniker, Sika, S. 427 f. 209 Empirische Untersuchungen, die die ökonomischen Anreizwirkungen quantifizieren könnten, liegen – soweit ersichtlich – bisher nicht vor. 210 Seibt, S. 291. 211 Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 185 f.; Zimmerli, S. 32.

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1. Teil: Grundlagen

Problem nicht, da Anteilseigner das Management selbst übernehmen212. Jedoch fehlt es geeigneten Unternehmensnachfolgern oft an Eigenkapital, welches durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung jedenfalls teilweise kompensiert werden kann. Ein striktes Verbot der finanziellen Unterstützung könnte daher Nachfolgeregelungen für inhabergeführte, eigenkapitalstarke Gesellschaften erschweren und ist unter diesem Aspekt volkswirtschaftlich nicht wünschenswert. II. Veränderung der Kapitalstruktur der Gesellschaft 1. Der Begriff der Kapitalstruktur der Gesellschaft Als Kapitalstruktur einer Gesellschaft wird das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital bezeichnet213. Die Abgrenzung von Eigenkapital zu Fremdkapital aus ökonomischer Sicht bereitet dabei erhebliche theoretische Schwierigkeiten214. Klassischerweise ist Eigenkapital unter ökonomischen Gesichtspunkten in seiner Idealform dadurch gekennzeichnet, dass seine Bereitstellung ausschließlich ergebnisabhängig entgolten wird und es für Verluste der Gesellschaft voll haftet. Daneben besteht im Auflösungsfall ein Residualanspruch des Eigenkapitalgebers für den verbleibenden Anteil am Gesellschaftsvermögen, jedoch kein fester Rückzahlungszeitpunkt für das eingesetzte Kapital215. In der Regel hat der Eigenkapitalgeber zudem ein Mitentscheidungs- und Informationsrecht über die Belange der Gesellschaft. Fremdkapitalgeber haben indes zumeist einen fixen Entgeltanspruch und einen fixen Rückzahlungszeitpunkt für das von ihnen bereitgestellte Kapital. Im Auflösungsfall wird ihr Rückzahlungsanspruch gegenüber dem der Eigenkapitalgeber vorrangig bedient; von der Kontrollmöglichkeit über die Gesellschaft sind sie grundsätzlich ausgeschlossen, ein Informationsrecht steht ihnen nur zu, wenn es ihnen vertraglich gesondert zugesichert wurde216. Diese klassischen Definitionen werden mitunter einprägsam als „Restbetragsanspruch“ hinsichtlich des Eigenkapitals und „Festbetragsanspruch“ hinsichtlich des Fremdkapitals auf den Punkt gebracht217. Zwischen diesen beiden Idealformen existiert allerdings eine Vielzahl von Misch- und Hybridformen der Kapitalverga-

212

Allerdings besteht auch bei familiengeführten Unternehmen ein Konflikt zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern, wie der Fall der SIKA AG gezeigt hat, s. Daeniker, Sika, S. 427 f. 213 Volkart, S. 585. Anders ausgedrückt bezeichnet sie den Verschuldungsgrad eines Unternehmens, s. Perridon/Steiner, S. 481. Ebenfalls in der Kapitalstruktur erfasst werden hybride Finanzierungsarten, s. Schmidt/Spindler, S. 77. 214 Drukarczyk, S. 302. Ausführlich Baums, Eigenkapital, S. 161 ff.; Fleischer, Finanzplankredite, S. 100 ff. 215 Volkart, S. 567; Drukarczyk, S. 303. 216 Volkart, S. 567; Drukarczyk, S. 304. 217 Mit weiteren Nachweisen Fleischer, Finanzplankredite, S. 102.

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be218. Sie jeweils als Eigenkapital oder Fremdkapital zu qualifizieren fällt mitunter schwer; für die Abgrenzung werden zudem je nach wissenschaftlichem Ansatz verschiedene Kriterien herangezogen219. Für diese Untersuchung können diese Abgrenzungsfragen dahingestellt bleiben; im Folgenden soll für die Begriffe Eigenkapital und Fremdkapital auf bilanzielle Definitionen abgestellt werden. Die Begriffe Eigenkapital und Fremdkapital sollen also den jeweiligen bilanziellen Posten auf der Passivseite der Bilanz entsprechen, wobei in Anlehnung an kapitalmarktorientierte Bilanzstandards wie etwa IFRS und im Interesse einer möglichst aussagekräftigen Definition etwaige stille Reserven oder Lasten zum Eigenkapital zählen sollen. 2. Auswirkung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auf die Kapitalstruktur der Gesellschaft Motiv für die Nutzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist in der Praxis zumeist die Ermöglichung von financial leverage, insbesondere im Rahmen von LBOs, bei denen diese Maßnahmen typischerweise zur Überwälzung der Fremdfinanzierung der Akquisition von der Ebene des Erwerbers auf die Ebene der Zielgesellschaft dienen220. Solche Maßnahmen führen daher regelmäßig, wenn auch nicht notwendigerweise221, zu einer Veränderung der Kapitalstruktur der Gesellschaft. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung senken die Eigenkapitalquote der Gesellschaft entweder unmittelbar (bei der Übernahme von Krediten und Auszahlungen von Vorschüssen), mittelbar (bei der Übernahme von Eventualverbindlichkeiten wie Bürgschaften und Sicherheitenbestellungen) oder sind im besten Falle eigenkapitalneutral (so etwa bei der Vergabe eines Kredits an einen Erwerber bzw. eine Zweckgesellschaft mit hoher Bonität). Solche Maßnahmen der finanziellen Unterstützung führen also in der Regel zur Verringerung der Eigenkapitalquote und Erhöhung der Fremdkapitalquote der Zielgesellschaft; bestenfalls sind sie in Bezug auf die Eigenkapitalquote der Zielgesellschaft neutral. Da Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig zur Erhöhung der Fremdkapitalquote der Gesellschaft führen, stellt sich die Frage, welche ökonomischen Folgen eine Erhöhung der Fremdkapitalquote für die Zielgesellschaft hat und 218

Sogenannte hybride Finanzierungsinstrumente wie zum Beispiel Mezzanine-Finanzierungen und Finanzplankredite, s. Volkart, S. 568; Otto, Management Buy-Out, S. 1093. 219 Drukarczyk, S. 302 f.; Baums, Eigenkapital, S. 161 ff. 220 Siehe dazu oben unter § 2 A. III. 221 So ist etwa die Gewährung eines Darlehens der Zielgesellschaft an einen Erwerber mit hinreichender Bonität ökonomisch gesehen nicht mit einer Senkung der Eigenkapitalquote verbunden, da ein bloßer Aktiventausch stattfindet. In der Praxis wird dies bei LBOs jedoch selten vorkommen, da die für den Erwerb gegründete Zweckgesellschaft kaum eine adäquate Bonität aufweisen wird.

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1. Teil: Grundlagen

ob es ein optimales Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital einer Gesellschaft gibt, von dem abzuweichen ökonomisch nachteilig wäre. Wenn dem so wäre, könnte ein Zweck des Verbots der finanziellen Unterstützung auch in der Verhinderung einer nachteiligen Erhöhung der Fremdkapitalquote der Zielgesellschaft gesehen werden; falls sich keine ökonomischen Nachteile durch eine Senkung der Eigenkapitalquote ergeben sollten, müsste die Sinnhaftigkeit eines ausdrücklichen Verbots jedenfalls hinsichtlich der Regulierung der Kapitalstruktur hinterfragt werden222. Zum besseren Verständnis des ökonomischen Hintergrunds möglicher rechtlicher Begrenzungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung soll daher nachfolgend das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital bei der Unternehmensfinanzierung ökonomisch näher betrachtet werden223. 3. Die optimale Kapitalstruktur unter dem Aspekt der Wertmaximierung Mit der Frage einer optimalen Kapitalstruktur von Unternehmen beschäftigt sich eine ganze Disziplin der Betriebswirtschaftslehre224. Dabei konkurrieren eine Reihe theoretischer Ansätze um die Deutungshoheit, auf die nachfolgend in einem kurzen Überblick eingegangen werden soll. Modifiziert werden diese theoretischen Ansätze durch empirische Erkenntnisse, auf die ebenfalls eingegangen werden soll. Die optimale Kapitalstruktur wird insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Unternehmenswertmaximierung diskutiert, also der Frage, bei welchem Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital der Unternehmenswert maximal ist. Bestünden solche bestimmbaren individuellen optimalen Verschuldungsgrade (sogenannte leverage targets), könnte der Zweck eines Verbots der finanziellen Unterstützung auch darin gesehen werden, eine nachteilige Veränderung des optimalen Verschuldungsgrads im Rahmen der Erwerbsfinanzierung zu verhindern. a) Klassische Finanzierungstheorien Klassische Finanzierungstheorien gehen von einer berechenbaren optimalen Kapitalstruktur aus. Wenn durch die Substitution von Eigenkapital mit „billigerem“, d. h. mit niedrigerer Verzinsung als die Eigenkapitalrendite ausgestattetem Fremd222 Der Zweck einer Regulierung der finanziellen Unterstützung könnte dann in anderen Aspekten begründet sein, etwa in der Vermeidung der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien oder im flankierenden Schutz der Kapitalerhaltung, siehe hierzu unten unter § 4 C. II. 223 Das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital kann natürlich auch durch eine Vielzahl anderer denkbarer Maßnahmen (z. B. der Ausschüttung von Dividenden oder der Kreditaufnahme zur Finanzierung laufender Investitionsvorhaben) verändert werden, die keine Maßnahmen der finanziellen Unterstützung darstellen. 224 Diese Disziplin wird zumeist als corporate finance oder Unternehmensfinanzierung bezeichnet. Siehe als Überblick und zur Einführung Volkart, S. 565 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 445 ff.; Perridon/Steiner, S. 479 ff.; Franke/Hax, S. 469 ff. Ausführlich mit empirischen Daten zur Schweiz Döhnert, S. 27 ff. Aus rechtlicher und ökonomischer Sicht umfassend Kägi, S. 69 ff.

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kapital die Gesamtkapitalkosten gesenkt und der Unternehmenswert maximiert werden kann, lässt sich nach dieser Theorie ein optimaler Verschuldungsgrad bestimmen225. Erst wenn aufgrund gestiegenen Fremdkapitalanteils das Ausfallrisiko und damit die Verzinsung des Fremdkapitals ansteigt und sich diese schließlich der Eigenkapitalrendite annähert, ist der optimale Verschuldungsgrad erreicht226. Nach diesen Finanzierungstheorien besteht folglich ein bestimmbarer optimaler Verschuldungsgrad einer Gesellschaft. Allerdings ist dieser nur bestimmbar, wenn sowohl die Höhe der Rendite auf das eingesetzte Kapital als auch die Höhe der Verzinsung des Fremdkapitals für einen bestimmten Zeitraum mit hinreichender Sicherheit zu ermitteln sind. b) Das Irrelevanztheorem nach Modigliani/Miller Einen vollkommen gegensätzlichen Ansatz verfolgt das sogenannte Irrelevanztheorem227, mit dem theoretisch nachgewiesen wurde, dass es unter Annahme bestimmter idealer Bedingungen für den Gesamtwert eines Unternehmens unerheblich ist, ob und zu welchen Anteilen es sich durch Fremd- oder durch Eigenkapital finanziert. Als ideale Bedingungen werden in diesem Modell unter anderem vollkommene Kapitalmärkte ohne Transaktionskosten, eine finanzierungsneutrale Besteuerung, fehlende Insolvenzrisiken, die Existenz risikofrei verzinster Kredite und die homogene Einstufung von Unternehmen in bestimmte Risikoklassen durch die Marktteilnehmer angenommen228. Unter diesen Voraussetzungen bleibt der Gesamtwert des Unternehmens unabhängig von der Form der Finanzierung des Unternehmens gleich229. Ein optimaler Verschuldungsgrad wäre somit nicht bestimmbar, da er überhaupt nicht existiert. Der Verschuldungsgrad wäre vielmehr irrelevant. Diese verblüffende Erkenntnis bestimmt seitdem die Diskussion um eine optimale Kapitalstruktur von Unternehmen. Wäre dieses Irrelevanztheorem uneingeschränkt in die Realität übertragbar, müsste der Zweck des Verbots der finanziellen Unterstützung im Hinblick auf die Regulierung der Kapitalstruktur in Zweifel gezogen werden. Denn wenn der Verschuldungsgrad eines Unternehmens keine Rolle für seinen Gesamtwert spielt, müssten aus ökonomischer Sicht auch keine Regelungen zur Begrenzung des Verschuldungsgrades ergehen. 225 Perridon/Steiner, S. 489 ff. Ähnlich Brealey/Myers/Allen, S. 445 f.; Copeland/Weston/ Shastri, S. 557 f. 226 Perridon/Steiner, S. 489 f. 227 Ursprünglich dargelegt in Modigliani/Miller, S. 261 ff. Weitere Darstellungen bei Volkart, S. 620 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 446 ff.; Perridon/Steiner, S. 493 ff.; Franke/Hax, S. 484 f. 228 Modigliani/Miller, S. 266; Perridon/Steiner, S. 493 f.; Betsch/Groh/Lohmann, S. 279; Copeland/Weston/Shastri, S. 559. 229 Perridon/Steiner, S. 494; Volkart, S. 620; Miller, S. 129.

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1. Teil: Grundlagen

Das Irrelevanztheorem ist aber eben nicht uneingeschränkt in die Realität übertragbar230. In der realen Welt existieren diese idealen Bedingungen nicht; Kapitalmärkte sind unvollkommen, mit dem Verschuldungsgrad steigt das Insolvenzrisiko, Fremd- und Eigenkapitalerträge werden steuerlich unterschiedlich behandelt und Zinshöhe wie Risikoeinschätzung für Unternehmen durch Marktteilnehmer unterliegen weiteren, schwer bestimmbaren Einflussfaktoren. Vielmehr dient das Theorem als Ausgangspunkt, um die nicht idealen Bedingungen der Realität zu quantifizieren und in eine Theorie der optimalen Kapitalstruktur einfließen zu lassen231. c) Static-Trade-Off-Theorie Ausgehend vom Irrelevanztheorem ist daraufhin der Versuch unternommen worden, die realen Bedingungen für eine auch in der Praxis verwertbare Theorie der Kapitalstruktur zu berücksichtigen. Als besonders ergebnisverfälschend und realitätsfern wurden dabei die Annahmen einer neutralen Besteuerung und eines fehlenden Insolvenzrisikos identifiziert232. Die übrigen Annahmen, wie etwa vollkommene Kapitalmärkte und eine homogene Risikoeinschätzung der Marktteilnehmer treten gegenüber diesen beiden Faktoren in den Hintergrund, da sie zum einen schwieriger bestimmbar sind und zum anderen einen mutmaßlich geringeren Einfluss auf eine optimale Struktur haben233. Eigenkapital- und Fremdkapitalkosten werden in vielen Ländern, so auch in Deutschland und der Schweiz, steuerlich unterschiedlich behandelt234. So sind Kreditzinsen in der Regel vom zu besteuernden Gewinn eines Unternehmens absetzbar und mindern somit die Steuerlast235 des Unternehmens. Dividendenzahlungen oder sonstige Gewinnausschüttungen an Eigenkapitalgeber werden hingegen nicht steuermindernd berücksichtigt. Diese Ungleichbehandlung wirkt damit verzerrend auf die Attraktivität der verschiedenen Finanzierungsformen. Durch den Einsatz von Fremdkapital kann die Steuerlast gesenkt und somit das Nettoergebnis des Unternehmens erhöht werden, wodurch der Gesamtwert des Unternehmens gesteigert wird. Unternehmen mit hohen Gewinnen müssten folglich daran interessiert sein, zur Verringerung ihrer Steuerlast für einen möglichst hohen Fremdkapitalanteil an ihrer Finanzierung zu sorgen236.

230

Copeland/Weston/Shastri, S. 559; Myers, S. 142. Miller, S. 130. 232 Brealey/Myers/Allen, S. 488 ff.; Volkart, S. 626 ff.; Myers, S. 142 ff. 233 Copeland/Weston/Shastri, S. 559. 234 Volkart, S. 623; Franke/Hax, S. 486 ff.; Barclay/Smith, S. 155. 235 Siehe etwa Broda/Krings, S. 880; Weibel, S. 13 f. Die Abzugsfähigkeit kann aber wie zum Beispiel in Deutschland durch eine Zinsschranke beschränkt ist, s. hierzu etwa Scheunemann/Socher, S. 1145 f. 236 Volkart, S. 624; Franke/Hax, S. 492 f.; Barclay/Smith, S. 155. 231

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Andererseits erhöht jedoch der verstärkte Einsatz von Fremdkapital das Risiko der Insolvenz des Unternehmens237. Die Fremdkapitalgeber haben einen festen Vergütungsanspruch in Form von Zinsen; etwaige Verluste der Gesellschaft mindern jedenfalls rechtlich nicht den Rückzahlungsanspruch der Fremdkapitalgeber. Sinkt die Gesamtkapitalrendite des Unternehmens daher unter den durchschnittlichen Fremdkapitalzins, fällt die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital überproportional stark in den negativen Bereich und das haftende Eigenkapital ist aufgrund der festen Verzinsungsansprüche der Fremdkapitalgeber schneller aufgezehrt als jenes eines weniger stark fremdkapitalfinanzierten Unternehmens. Mit steigendem Verschuldungsgrad steigt somit das Insolvenzrisiko des Unternehmens; je höher das Insolvenzrisiko, desto höhere Zinsen werden allerdings auch die Fremdkapitalgeber verlangen, was die Attraktivität des Fremdkapitaleinsatzes verringert238. Ein von Insolvenz bedrohtes Unternehmen neigt zudem dazu, notwendige Investitionen zu unterlassen239. Zudem sind die Geschäftsaussichten eines insolvenznahen Unternehmens dadurch geschmälert, dass sich Lieferanten und Kunden aufgrund des Insolvenzrisikos eher scheuen, größere Geschäftsvorhaben mit diesem Unternehmen zu realisieren, und Mitarbeiter eher bereit sind, das Unternehmen zu verlassen, wenn diesem die Insolvenz droht240; diese schwer quantifizierbaren indirekten Kosten und die steigende Zinslast durch die erhöhte Verschuldung werden als financial distress costs bezeichnet241. Wie hoch diese financial distress costs im Einzelfall sind, hängt auch von der Art des Unternehmens und seiner Vermögenswerte ab242. So können es sich etwa ein Immobilienunternehmen oder ein Hotelbetrieb, dessen Hauptvermögenswerte Immobilienbesitz sind, eine höhere Fremdkapitalquote erlauben als ein High-Tech- oder Pharmaunternehmen, dessen Vermögenswerte hauptsächlich aus Know-how, Humankapital oder einer erfolgreichen Produktmarke bestehen. Denn wenn das Immobilienunternehmen insolvent werden sollte, werden die Gläubiger einen Großteil ihrer Forderungen durch Verwertung der im Wert durch die Insolvenz kaum beeinträchtigten Immobilien wiedererlangen und daher auch bei hohen Verschuldungsquoten keine oder nur geringe Zinsaufschläge verlangen. Bei einem HighTech-Unternehmen steht jedoch zu befürchten, dass sich im Fall der Insolvenz der Wert des Unternehmens mit dem Know-how der Mitarbeiter und der durch die Insolvenz beschädigten Marke verflüchtigt. Eine hohe Fremdkapitalquote und eine damit verbundene erhöhte Insolvenzgefahr des Unternehmens würde in diesem Fall zu financial distress costs in der Form hoher Zinsen und verminderter Geschäfts-

237 238 239 240 241 242

Brealey/Myers/Allen, S. 487 f.; Volkart, S. 626 ff.; Myers, S. 143. Volkart, S. 626 ff. Barclay/Smith, S. 156. Franke/Hax, S. 475 ff. Volkart, S. 627 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 487 f.; Barclay/Smith, S. 156. Brealey/Myers/Allen, S. 487 f.; Myers, S. 143; Volkart, S. 629.

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1. Teil: Grundlagen

chancen durch zurückhaltende Kunden243, durch wechselfreudige Mitarbeiter und wegen hoher Verschuldung unterlassener notwendiger Investitionen führen; bei einem Immobilienunternehmen würde dies nicht in diesem Maße der Fall sein. Zusätzlich fielen im Fall einer tatsächlich eintretenden Insolvenz auch die direkten Kosten des Verfahrens (sowie Beratungs- und Restrukturierungskosten), sogenannte bankruptcy costs244, an. Der Grad der optimalen Verschuldung würde folglich auch von der Bilanzstruktur eines Unternehmens abhängen. Unternehmen mit einem hohen Anteil an Sachwerten (tangible assets) in ihrer Bilanz können sich einen höheren Verschuldungsgrad erlauben als Unternehmen mit einem geringeren Sachwerteanteil in der Bilanz. Die Static-Trade-off-Theorie245 versucht, die optimale Kapitalstruktur durch eine Abwägung dieser beiden Haupteinflussfaktoren auf das Irrelevanztheorem in der Praxis zu bestimmen. Nach dieser Theorie ist ein Unternehmen bemüht, einen so hohen Fremdkapitalanteil zu erreichen, dass die Vorteile bei der Besteuerung des Gewinns und ggf. günstigerer Fremdkapitalkosten die Kosten durch gestiegene Kapitalkosten und andere financial distress costs gerade noch überwiegen. Aus Bilanzstruktur, Gewinnhöhe und Gewinnschwankungsanfälligkeit müsste sich demnach ein typischer, optimaler Verschuldungsgrad eines Unternehmens (angesichts der weiteren Unsicherheitsfaktoren zumindest näherungsweise) bestimmen lassen. In der Wirtschaftswissenschaft wird die Static-Trade-off-Theorie als im Prinzip überzeugend bewertet246 ; allerdings wird bezweifelt, ob damit alle Kapitalstrukturen erklärt werden können, zumal empirische Untersuchungen nur eingeschränkt bestätigen, dass die Praxis dieser Theorie folgt247. Empirische Studien zur Static-Tradeoff-Theorie zeigen zwar zum einen, dass Manager eine bestimmte für ideal empfundene Kapitalstruktur anstreben248. Zum anderen zeichnen die Studien jedoch ein widersprüchliches Bild: Während die Fremdkapitalquote in Branchen mit geringen financial distress costs wegen entsprechender Vermögenswerte tatsächlich regelmäßig höher ist als in Branchen mit hohen financial distress costs249, scheint die Höhe der Gewinne und damit die Höhe der Besteuerung für die Höhe der Fremdkapitalquote keine Rolle zu spielen: Die profitabelsten Unternehmen einer Branche verfügen häufig über die höchste Eigenkapitalquote250. 243

So musste in den 1970er Jahren etwa der Autohersteller Chrysler wegen drohender Insolvenz einen massiven Rückgang der Verkaufszahlen hinnehmen, da Kunden befürchteten, dass ihre Neuwagengarantien nicht erfüllt werden könnten, s. Volkart, S. 628. 244 Volkart, S. 627; Copeland/Weston/Shastri, S. 593 f. 245 Myers, S. 142 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 488 ff.; Volkart, S. 626 ff. 246 Brealey/Myers/Allen, S. 489 f.; Myers, S. 143; Volkart, S. 638. 247 Myers, S. 143 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 489 f. 248 Brealey/Myers/Allen, S. 489. 249 Myers, S. 143; Brealey/Myers/Allen, S. 489. 250 Brealey/Myers/Allen, S. 489; Myers, S. 143. Zudem unterscheidet sich die heutige Kapitalstruktur von Unternehmen in den USA trotz heute dramatisch höherer Steuerbelastung

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung

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4. Neoinstitutionalistische Finanzierungstheorien Eine andere Schule von Finanzierungstheorien beschäftigt sich mit den Kapitalstrukturen von Unternehmen unter dem Gesichtspunkt der institutionalistischen Verteilung von Informationen und Interessen zwischen Kapitalgebern und -nehmern251. Kapitalstrukturen ergeben sich danach nicht vorrangig aus dem Versuch der Unternehmensinhaber, den Unternehmenswert zu maximieren, sondern aus den Informationsunterschieden und Eigeninteressen der Institutionen eines Unternehmens, also der Fremd- und Eigenkapitalgeber sowie des Managements. Diese Finanzierungstheorien ermöglichen kaum die Quantifizierung einer spezifischen Kapitalstruktur, die den Unternehmenswert maximiert, liefern aber Erkenntnisse, wie Anreizstrukturen im Interesse aller Beteiligten optimiert werden können. Eine rechtliche Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung könnte unter Berücksichtigung dieser Theorien dazu dienen, die nachteilige Veränderung effizienter Anreizstrukturen der Kapitalstruktur zu verhindern. a) Pecking-Order-Finanzierungstheorie Die Pecking-Order252-Theorie geht davon aus, dass die Entscheidung über die Form der Finanzierung nicht aus dem Bestreben nach einer optimalen Mischung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten fällt, sondern der Kapitalbedarf vom Management auf bestimmte bevorzugte Weise gedeckt wird und nur bei fehlender Verfügbarkeit dieser bevorzugten Finanzierungsquelle auf die nächst günstigere Quelle zurückgegriffen wird253. Nach dieser Theorie bevorzugen Manager einer Gesellschaft stets die interne Finanzierung über einbehaltene Gewinne und sind bestrebt, ein finanzielles Polster an Eigenkapital vorzuhalten. Muss dennoch auf externe Finanzierung zurückgegriffen werden, ziehen sie die Aufnahme von Fremdkapital der Aufnahme von Eigenkapital vor254. Begründet wird diese Rangfolge der Finanzierungsquellen mit dem Problem der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen der Unternehmensführung und den Kapitalgebern255. Ein Manager, der überzeugt ist, dass seine Firma unterbewertet ist, wird immer versuchen, sich über Fremdkapital zu finanzieren; umgekehrt wird ein Manager, der der Meinung ist, dass sein Unternehmen überbewertet ist, versukaum von der Kapitalstruktur der Unternehmen zu Beginn des 20. Jahrhundert, s. Brealey/ Myers/Allen, S. 490. Andere konstatieren jedoch einen gewissen Einfluss der Steuern auf die Kapitalstruktur, s. Barclay/Smith, S. 163 ff. In der Transaktionspraxis scheinen steuerliche Erwägungen jedenfalls eine Rolle zu spielen, s. Broda/Krings, S. 879 f. 251 Perridon/Steiner, S. 521 ff. 252 Frei übersetzbar mit „Hackordnung“. 253 Volkart, S. 578 ff.; Brealey/Myers/Allen, S. 490 ff.; Barclay/Smith, S. 158; Myers, S. 145 ff.; Döhnert, S. 44 f. 254 Volkart, S. 579; Myers, S. 145; Brealey/Myers/Allen, S. 493. 255 Brealey/Myers/Allen, S. 490; Myers, S. 145; Barclay/Smith, S. 158.

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1. Teil: Grundlagen

chen, sich neues Eigenkapital zu beschaffen. Da potentielle Kapitalgeber dies wissen und davon ausgehen, dass der Manager besser über den Wert des Unternehmens informiert sein wird als sie selbst, werden sie den Versuch der Beschaffung von Eigenkapital immer als Signal für die Überbewertung des Unternehmens deuten. Darum ist die für das Management einfachste, weil mit keinerlei Informationsgehalt für den Kapitalmarkt verbundene Finanzierungsform die interne Finanzierung über einbehaltene Gewinne. Um für den Fall günstiger Investitionsmöglichkeiten gerüstet und nicht auf den Kapitalmarkt angewiesen zu sein, wird das Management folglich ein finanzielles Polster an Liquidität vorhalten, auch wenn dies zu Lasten der Eigenkapitalrendite gehen sollte. Nach dieser Theorie müsste man folglich Maßnahmen der finanziellen Unterstützung tendenziell rechtlich erleichtern, da das Management regelmäßig einer zu hohen Eigenkapitalquote den Vorzug geben wird. Die Pecking-Order-Theorie vermag somit einen Erklärungsansatz für das Phänomen zu liefern, dass Aktienkurse bei der Bekanntgabe von Kapitalerhöhungen regelmäßig fallen256. Für die Pecking-Order-Theorie scheint auch zu sprechen, dass gerade die profitabelsten Unternehmen geringe Fremdkapitalquoten aufweisen257; dies spricht für eine Bevorzugung der internen Finanzierung durch einbehaltene Gewinne gegenüber externer Finanzierung durch Fremdkapital. Besonders gilt dies für große und reife Firmen mit Zugang zum Kapitalmarkt; für kleinere, jüngere Unternehmen scheint diese Theorie jedoch nicht zuzutreffen. Jedoch vermag die Theorie nicht alle Kapitalstrukturen zu erklären, da sonst alle Unternehmen stets (falls dies zu akzeptablen Konditionen möglich sein sollte) die Kreditaufnahme der Kapitalerhöhung vorziehen müssten, was offensichtlich nicht der Fall ist258. b) Agency-Kosten des Eigenkapitals Ein anderer Ansatz stellt weniger auf Informationsasymmetrien als vielmehr auf die unterschiedlichen Eigeninteressen der beteiligten Personengruppen ab. So geht dieser Ansatz davon aus, dass Manager einer Gesellschaft bei Entscheidung über Kapitalstrukturen vorrangig eigene Interessen verfolgen und weniger im Interesse der Aktionäre bzw. Eigenkapitalgeber handeln259. Nach dieser Theorie (auch als Free-Cash-Flow-Hypothese bezeichnet260) unterscheiden sich die Ziele von Management und Eigenkapitalgebern hinsichtlich der Kapitalstruktur fundamental: Danach sind die Eigenkapitalgeber daran interessiert, dass freier cash flow des Unternehmens entweder in Vorhaben investiert wird, deren 256

Myers, S. 146. Die nach der Static-Trade-Off-Theorie eigentlich eine besonders hohe Fremdkapitalquote haben müssten. 258 Brealey/Myers/Allen, S. 492. Andere sehen die Pecking-Order-Theorie durch die Zwänge des Marktes relativiert, s. Volkart, S. 582 f. 259 Perridon/Steiner, S. 526 f.; Myers, S. 146. 260 Copeland/Weston/Shastri, S. 766; Myers, S. 147. s. auch Fn. 15 bei Miller, S. 137. 257

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Rendite die Kapitalkosten übersteigt, oder, falls solche Investitionsmöglichkeiten nicht bestehen sollten, dass dieser cash flow an sie ausgekehrt wird, um damit durch financial leverage die Eigenkapitalrendite des Unternehmens zu erhöhen. Das Management hingegen wird nach dieser Hypothese die Ausschüttung freier Mittel zu vermeiden suchen; denn es bevorzugt zum einen das Vorhalten eines gewissen Finanzpolsters zur Verringerung des Insolvenzrisikos und damit zur Verringerung der Gefahr, seine Stellung zu verlieren, und zum anderen die Investition freier Mittel in Akquisitionen mit dem vorrangigen Ziel, Umsatz und Größe des Unternehmens und damit die Bedeutung der eigenen Tätigkeit zu steigern261. Dabei ist die Steigerung der Gesamtkapitalrendite durch diese Investitionen nur von untergeordneter Bedeutung, da selbst bei teilweise gewinnabhängiger Vergütung des Managements der Einfluss der Rendite auf die Vergütung eher gering ausfallen wird. Nach dieser Theorie müssten also Unternehmen, deren Management nicht aus Eigenkapitalgebern besteht, regelmäßig über zu hohe freie Mittel verfügen und regelmäßig Akquisitionen mit zu geringen Renditeaussichten tätigen. Diese nicht optimale Verwendung von Eigenkapital und die damit verbundene Renditeeinbuße werden als Agency-Kosten des Eigenkapitals262 bezeichnet. LBOs würden nach dieser Theorie durch die mit ihnen verbundene zwangsweise Erhöhung der Fremdkapitalquote des Unternehmens und mit dem damit verbundenen Zwang zur Erhöhung der Gesamtkapitalrendite zur Abwendung der erhöhten Insolvenzgefahr – häufig durch Abspalten unrentabler Betriebsteile und Sparmaßnahmen – einen heilsamen Druck zur Gesundung des Unternehmens im Interesse der Eigenkapitalgeber ausüben263. Ein Verbot oder eine starke Einschränkung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch das Zielunternehmen wäre nach diesem Ansatz kontraproduktiv, da die damit verbundene Behinderung des Marktes für Unternehmenskontrolle letztlich zu Lasten der Eigenkapitalrendite und damit zu Lasten der Eigenkapitalgeber gehen würde. c) Agency-Kosten des Fremdkapitals aa) Definition und Entstehung Ein weiterer Einflussfaktor auf die Kapitalstruktur können die unterschiedlichen Interessenlagen von Eigen- und Fremdkapitalgebern sein. In einer haftungsbeschränkten Gesellschaft werden Eigenkapitalgeber eher dazu bereit sein, hohe Risiken bei hohen Gewinnchancen einzugehen, wenn sie dafür Fremdkapital einsetzen können, als wenn sie ausschließlich eigenes Kapital einsetzen müssten, denn im Falle eines Misserfolges würden sie nur mit ihrem begrenzten Eigenkapital haften, den 261

Um damit auch das eigene Prestige als Unternehmenslenker und möglicherweise die eigene Vergütung zu steigern, ein Verhalten, das in der Literatur anschaulich als „empire building“ bezeichnet wird, s. Fn. 1 bei Volkart, S. 580. 262 Perridon/Steiner, S. 526 f.; Copeland/Weston/Shastri, S. 594 f. 263 Myers, S. 148; Miller, S. 137; Brealey/Myers/Allen, S. 494 f.

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1. Teil: Grundlagen

übrigen Verlust müssten die Fremdkapitalgeber tragen264. Im Falle des Erfolgs jedoch winkt den Eigenkapitalgebern ein überproportional hoher Gewinn, während die Fremdkapitalgeber sich mit den zugesagten Zinsen begnügen müssen. Die die Kontrolle über die Gesellschaft ausübenden Eigenkapitalgeber haben folglich ein Interesse daran, bei möglichst hoher Fremdkapitalquote möglichst hohe Risiken einzugehen, während die Fremdkapitalgeber ein Interesse daran haben, durch möglichst hohen Eigenkapitalanteil die Risiken zu minimieren. Investoren könnten bei LBOs die Haftungsbeschränkung von Gesellschaften gerade dazu nutzen, durch maximale Verschuldung der Gesellschaft und Ausschüttung von Mitteln die Renditechancen in die Höhe zu treiben; bricht die Gesellschaft unter der Schuldenlast schließlich – möglicherweise erst nach Jahren von Ausschüttungen – zusammen, entstehen für Gläubiger, Mitarbeiter und Geschäftspartner der Gesellschaft erhebliche Kosten durch Forderungsausfälle, während der Finanzinvestor möglicherweise sogar einen Gewinn einstreichen kann oder jedenfalls einen im Verhältnis zur möglichen theoretischen Höhe des Gewinns im Erfolgsfall nur minimalen Verlust tragen muss. bb) Relevanz der Kapitalstruktur In der Akquisitionspraxis scheint die Höhe des Eigenkapitals als relevante Kennzahl für die Schuldentragfähigkeit allerdings nur noch von untergeordneter Bedeutung zu sein. Entscheidend für die gewählte Verschuldung scheint hier vielmehr sowohl für Fremd- wie Eigenkapitalgeber die Prognose für den künftig erzielbaren cash flow der Gesellschaft zu sein265. Relevante Kennzahl für die Schuldentragfähigkeit einer Gesellschaft ist danach nicht die Höhe des Eigenkapitals, sondern die Höhe des derzeitigen und künftigen Gewinns vor Zinsen und Abschreibungen (EBITDA)266. Diese Betrachtungsweise ist insofern konsequent, als für die Schuldentragfähigkeit einer Gesellschaft letztlich allein relevant ist, ob sie künftig die Zins- und Tilgungslasten erwirtschaften kann. Es stellt sich daher die Frage, ob es nicht vielmehr zur Vermeidung von Agency-Kosten des Fremdkapitals sinnvoller wäre, sich nicht an statischen Kennzahlen wie der Kapitalstruktur, sondern an Fließgrößen wie dem cash flow zu orientieren und durch Begrenzung etwa der branchenüblichen EBITDA-Multiples die Entstehung von Agency-Kosten des Fremdkapitals zu verhindern. Dagegen sprechen jedoch die strukturellen Unterschiede zwischen der statischen Kapitalstruktur und Fließgrößen wie dem cash flow der Gesellschaft: Letztere basieren jedenfalls für die Zukunft auf Prognosen zur 264 Brealey/Myers/Allen, S. 485 ff.; Perridon/Steiner, S. 526 f.; Copeland/Weston/Shastri, S. 594. Aus rechtlicher Perspektive etwa Kägi, S. 88 – 90. 265 Hünerwadel/Tranchet, S. 373; Diem, S. 5 f.; Schmidt/Spindler, S. 91 f.; Zimmerli, S. 177. Die Fremdkapitalquote generell für den Gläubigerschutz von sehr untergeordneter Bedeutung hält Weibel, S. 329 f. 266 Hünerwadel/Tranchet, S. 375 ff.; Otto, Private Equity, S. 361. Dementsprechend werden Verschuldungsquoten in der Literatur auch häufig ausschließlich als EBITDA-Multiples angegeben, s. Eidenmüller, Private Equity, S. 655; Eidenmüller, Leveraged Buyouts, S. 1730.

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künftigen Geschäftsentwicklung. Eigenkapitalgeber werden bei geringem eigenen Einsatz von Eigenkapital geneigt sein, diese Prognosen so günstig wie möglich darzustellen und damit möglichst viel Fremdkapital ungeachtet der dadurch erhöhten Insolvenzrisiken zu erhalten, da sie vorrangig an einer Maximierung der Gewinne interessiert sein werden. Entsprechend ist die Begrenzung von EBITDA-Multiples kaum geeignet, Agency-Kosten des Fremdkapitals zu minimieren, da sie nicht geeignet sind, den Interessengegensatz von Gläubigern und Eigenkapitalgebern abzuschwächen. Sind die Eigenkapitalgeber jedoch mit einem substantiellen Eigenkapitalanteil an der Gesellschaft beteiligt, werden sie nicht nur auf die Maximierung der Gewinne abzielen, sondern auch auf den Erhalt ihres Kapitaleinsatzes achten und folglich hinsichtlich möglicher Prognosen zum künftigen Ertrag zu eher konservativen Annahmen neigen. Die Kapitalstruktur einer Gesellschaft ist folglich weiterhin relevant für die effektive Begrenzung von Agency-Kosten des Fremdkapitals. cc) Begrenzung von Agency-Kosten des Fremdkapitals Zur Begrenzung und Vermeidung von Agency-Kosten des Fremdkapitals werden in der ökonomischen Literatur Kreditsicherungsmaßnahmen wie die Besicherung von Krediten, besondere Kündigungsrechte und die Vereinbarung von Kapitalstrukturkennzahlen genannt267. Diese vertraglich vereinbarten, nicht gesetzlich normierten Instrumente des Gläubigerschutzes zielen dabei – anders als typischerweise die Normen des aktienrechtlichen Gläubigerschutzes268 – nicht auf die Verhinderung von direkten Vermögenstransfers zu Lasten der übrigen stakeholder der Gesellschaft ab, sondern auf die Sicherung der angemessenen Verteilung von Risiken und Gewinnchancen zwischen Fremd- und Eigenkapitalgebern269. Das Verbot der finanziellen Unterstützung könnte als ein gesetzliches Instrument des Gläubigerschutzes ökonomisch zu rechtfertigen sein, um eine Überwälzung von Agency-Kosten auf die Fremdkapitalgeber in der hierfür besonders anfälligen Situation des LBOs zu verhindern. Eines solchen Instruments bedürfte es jedoch nicht, wenn Fremdkapitalgeber durch vertragliche Absicherungen, restriktive Kreditvergabe und Eigenkapitalanforderungen selbst für eine angemessene Risiko- und Gewinnchancenverteilung durch entsprechende Kapitalstrukturen sorgen könnten.

267

Perridon/Steiner, S. 528. So etwa die Vorschriften zur Kapitalerhaltung, die die Anteilseigner an der Entnahme von Kapital aus der Gesellschaft zu Lasten der Gläubiger hindert. Mittelbar kommt dieser zwar auch eine Agency-Kosten des Fremdkapitals minimierende Funktion zu, da Eigenkapital der Anteilseigner als Haftungsmasse gebunden ist. Diese Funktion kann jedoch verwässert werden, wenn die Gesellschaft so viel Fremdkapital aufnehmen kann, dass das gebundene Eigenkapital im Verhältnis zum gesamten Kapital nicht mehr ins Gewicht fällt, sofern dies die Fremdkapitalgeber zulassen. 269 Perridon/Steiner, S. 526 f.; Copeland/Weston/Shastri, S. 594. 268

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(1) Die These von der Selbstregulierung der Kapitalstruktur durch den Markt In der juristischen Literatur wird vertreten, dass es einer gesonderten Regulierung der Kapitalstruktur im Interesse der Fremdkapitalgeber durch gesellschaftsrechtliche Normen deshalb nicht bedürfe, weil sich diese durch den Kapitalmarkt selbst reguliere270. Die für die Kapitalstruktur relevanten Fremdkapitalgeber271 hätten ausreichend Möglichkeiten, Risiken abzuschätzen und das knappe Gut Kapital nur in dem Maße und zu den Konditionen272 auszureichen, wie es ihnen in Anbetracht der Risiken und der Verfügbarkeit von Fremdkapital angemessen erscheint. Die Risiken einer erhöhten Fremdkapitalquote der Gesellschaft oder eine Verknappung des verfügbaren Kapitals bei insgesamt zu stark steigender Verschuldung aller Unternehmen würden sich in einem steigenden Zinssatz auswirken, bis zu dem Punkt, an dem weiteres financial leverage finanziell unattraktiv würde273. Umsichtige Fremdkapitalgeber würden zudem nur bei ausreichendem Eigenkapital der Gesellschaft Kredit gewähren und so dafür sorgen, dass die Agency-Kosten des Fremdkapitals minimiert würden. Somit würde eine zu hohe Fremdkapitalquote durch den Kapitalmarkt in der Regel verhindert, so dass es jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt keiner gesonderten Regulierung etwa durch ein Verbot der finanziellen Unterstützung bedürfe274. Diese Ansicht geht allerdings von Annahmen aus, die bei näherer Betrachtung des bestehenden Systems der Kreditschöpfung in Deutschland und der Schweiz nicht uneingeschränkt zutreffen. In beiden Ländern können Geschäftsbanken nicht nur das ihnen als Eigenkapital oder als Fremdkapital (etwa durch Spareinlagen ihrer Kunden) zur Verfügung stehende, grundsätzlich begrenzte Kapital als Kredit an Unternehmen ausreichen und dafür eine sich aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage an Kapital ergebende angemessene Verzinsung verlangen, sondern sie können die verfügbaren Kredite 270 Keinen Anlass für eine rechtliche Regulierung der Kapitalstruktur sehen daher etwa Seibt, S. 291 ff.; Eidenmüller, Private Equity, S. 659. Ähnlich Kersting, S. 315. Die Begrenzungsfunktion der Gläubigerbanken, also der Fremdkapitalgeber, für die Kapitalstruktur betont Zimmerli, S. 48 f. Andere sehen ein Regulierungsbedürfnis erst, wenn die Gesellschaft keine Kredite mehr zu marktüblichen Konditionen von Dritten erhält, setzen folglich einen funktionierenden Kreditmarkt als Maßstab der Beurteilung voraus, so etwa Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 119; Roth, S. 182. Grundsätzlich, allerdings mit Ausnahme von „Hochphasen“ der Kreditvergabe, von einer Regulierung durch Fremdkapitalgeber ausgehend Tasma, S. 144. Skeptisch gegenüber einer Regulierung durch den Markt hingegen Vollmer, S. 98. 271 Also insbesondere Banken und andere Finanzinstitutionen, die für die langfristige Finanzierung von Unternehmen sorgen, im Gegensatz zu den sonst in der Diskussion um den Gläubigerschutz problematischen deliktischen Gläubiger und Kleinlieferanten, die aber für die Kapitalstruktur in der Regel keine Relevanz haben. 272 Etwa durch Kreditsicherungsinstrumente wie Personal- und Immobiliarsicherheiten oder vertragliche Instrumente wie die Vereinbarung von covenants. 273 Zimmerli, S. 48 f. 274 Seibt, S. 293; Seibt, S. 300.

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auch eigenständig ausweiten und Giralgeld selbst schöpfen, indem sie etwa einem Kunden einen Kredit einräumen und seinem Konto Guthaben gutschreiben, ohne dass diesem Guthaben zwangsläufig eine Verbindlichkeit gegenüber Dritten oder Eigenkapital gegenüberstehen müsste275. Die so geschaffene Geldmenge und mittelbar auch die Verzinsung dieser Kredite wird lediglich durch indirekt wirkende Steuerungsinstrumente der Zentralbank beschränkt, wie etwa durch eine von den Geschäftsbanken bei der Zentralbank zu hinterlegende Mindestreserve für ausgereichte Kredite und durch die Konditionen der Refinanzierung für Offenmarktgeschäfte und Fazilitäten276. Durch diese Steuerungsinstrumente wird die Geldmenge und damit die Verfügbarkeit und Verzinsung von Kapital für die Fremdfinanzierung folglich zumindest langfristig wesentlich auch durch die jeweilige Zentralbank mitbestimmt277. Dabei verfolgen Zentralbanken bei der Bestimmung des Geldangebots heute in der Regel eine diskretionäre Politik278, d. h. sie sind durch ihre Statuten auf die Erreichung eines abstrakten Langfristziels verpflichtet279, welches sie durch Auswertung aller verfügbarer Informationen und das Ergreifen von nach ihrem Ermessen zur Erreichung dieser Ziele geeigneten geldpolitischen Maßnahmen zu erreichen versuchen. Demgegenüber findet die Steuerung der Geldpolitik durch fixe Regeln, etwa durch Verfolgung einer strikten Geldmengenbegrenzung wie zu Zeiten des Goldstandards280 oder durch eine feste Wechselkursbindung281 in großen Industrieländern wie Deutschland und der Schweiz wegen der damit verbundenen finanzpolitischen Inflexibilität überwiegend keine Anwendung mehr282. Kehrseite dieser diskretio275 Hierzu und mit weiteren Beispielen für Möglichkeiten der Geldschöpfung Issing, S. 56 ff.; Gischer/Herz/Menkhoff, S. 162 ff.; Moritz, S. 84 ff. 276 Issing, S. 58 ff.; Gischer/Herz/Menkhoff, S. 164; Moritz, S. 87 f. Ausführlich zu den vielfältigen Instrumentarien insbesondere der EZB Moritz, S. 313 ff.; Jarchow, Geldpolitik, S. 138 ff.; Gischer/Herz/Menkhoff, S. 177 ff. 277 Gischer/Herz/Menkhoff, S. 167. Unter dem Vorbehalt einer fehlenden Wechselkursbindung der Zentralbank grundsätzlich ebenso Issing, S. 70. Ausführlich zu den neueren Ansätzen zu Geldangebotstheorie, die die Steuerungsmöglichkeiten der Zentralbank relativieren Issing, S. 69 ff. 278 Moritz, S. 333 ff.; Jarchow, Geldtheorie, S. 244 ff.; Jarchow, Geldpolitik, S. 22. 279 Im Fall der EZB ist gemäß Art. 105 Abs. 1 EUVals vorrangiges Ziel die Gewährleistung der Preisniveaustabilität festgelegt und als nachraniges Ziel die Unterstützung der Wirtschaftspolitik. Die SNB ist gemäß Art. 5 Abs. 1 Bundesgesetz über die Schweizerischen Nationalbank (NBG) auf das Gesamtinteresse des Landes und die Preisstabilität verpflichtet und soll dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung tragen. Für die amerikanische Federal Reserve sind hingegen als gleichrangige Ziele die Preisniveaustabilität und Vollbeschäftigung vorgegeben, s. Mishkin, S. 438. 280 Jarchow, Geldpolitik, S. 29 ff.; Mishkin, S. 506 f. 281 Wie zu Zeiten des bis 1973 bestehenden Bretton-Woods-Währungssystems, an dem auch Deutschland und die Schweiz teilnahmen, s. Mishkin, S. 507 f.; Issing, S. 70. 282 Eine Ausnahme bestand insofern durch die vom 6. September 2011 bis zum 15. Januar 2015 geltende Fixierung einer Kursuntergrenze des Euro zum Schweizer Franken durch die SNB, womit in der Schweiz wieder zumindest temporär und partiell Geldpolitik nach einer

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1. Teil: Grundlagen

nären Geldpolitik ist die Gefahr von Fehleinschätzungen und darauf beruhenden Fehlsteuerungen durch die Zentralbanken, da die zu beachtenden Einflussfaktoren und deren Gewichtung überaus komplex und schwer zu bestimmen sind283. So ist für die Ermittlung der angestrebten Preisniveaustabilität die Inflation bei Verbraucherund Erzeugerpreisen maßgeblich, während Verschuldungsquoten, Vermögenspreise für Unternehmen, Immobilien und Wertanlagen nur von untergeordneter Bedeutung für die Geldpolitik sind284. Bleibt also die Inflation stabil, werden Zentralbanken überwiegend eine lockere Geldpolitik verfolgen, selbst wenn dadurch die Vermögenspreise285 oder auch die Verschuldungsquoten von Unternehmen haussieren. Zudem besteht die Gefahr von Zielkonflikten, wenn eine Zentralbank unter politischen Druck gerät, zur Ankurbelung der Konjunktur eine lockerere Geldpolitik zu verfolgen, als es zum Beispiel zur Sicherung der Preisstabilität erforderlich wäre286. Insgesamt kann also konstatiert werden, dass die Geldpolitik moderner Zentralbanken insbesondere wegen der fehlenden Berücksichtigung der Begrenzung der Verschuldungsquoten von Unternehmen oder der Verhinderung des Anstiegs von Unternehmens- und Vermögenspreisen bei der Verfolgung ihrer Ziele sowie der Komplexität der geldpolitischen Steuerung das Risiko erheblicher Fehlsteuerung des Kapitalangebots beinhaltet, welches sich in zu ökonomisch langfristig nicht sinnvollen Verschuldungsquoten und in Spekulationswellen auswirken kann287.

fixen Regel betrieben wurde. Allerdings ging dies nicht mit einer strikten Begrenzung der Geldmenge einher, sondern im Gegenteil mit einer unbegrenzten Ausweitung der Geldmenge zur Sicherung des Wechselkursziels, verbunden mit dem Risiko einer erheblichen Fehlsteuerung der Geldpolitik. 283 Moritz, S. 236 ff. 284 Jarchow, Geldpolitik, S. 135 f.; Mishkin, S. 450 ff. 285 Die EZB etwa beobachtet lediglich in ihrer sogenannten ersten Säule die Entwicklung der Vermögenspreise wie Aktienkurse und prüft deren Auswirkungen auf die Preisstabilität bei Verbraucherpreisen, s. Jarchow, Geldpolitik, S. 136. Praktische Schwierigkeiten ergeben sich für Zentralbanken insbesondere dabei, die Entstehung von Vermögenspreisblasen zu erkennen, s. Mishkin, S. 451. 286 Jarchow, Geldpolitik, S. 22. Weitere Zielkonflikte entstehen zum Beispiel bei kleineren Ländern wie der Schweiz, wenn eine übermäßige Aufwertung der Landeswährung gegenüber wichtigen Handelspartnern verhindert werden soll und deswegen eine eigentlich erforderliche Straffung der Geldpolitik unterlassen wird, und dadurch eine Geldmengenausweitung herbeigeführt wird. 287 Ein Indiz für die Richtigkeit dieser Annahme scheint auch die zeitliche Koinzidenz von Lockerungen des Geldregimes und Buyout-Wellen zu sein. So folgte der Takeover-Boom der 1920er Jahre im Vereinigten Königreich unmittelbar auf die Aufgabe des Goldstandards durch die Bank of England und eines dadurch ausgelösten kreditfinanzierten Booms, s. Youngson, S. 23 f. Zu den dadurch ausgelösten Verwerfungen auf den Kreditmärkten s. Thomas/Hills/ Dimsdale, S. 284. Die Buyout-Welle seit den frühen 1980er Jahre im angloamerikanischen Raum folgte – mit einigen Jahren Verzögerung – auf die Aufgabe des Bretton-Woods-Währungssystems im Jahr 1973, das ebenfalls Elemente der Goldbindung der beteiligten Währungen beinhaltete.

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Diesem Risiko könnte allerdings die Steuerung der Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken entgegenwirken, denn von diesen werden die Kredite vergeben und deren Risiken letztlich getragen. Selbst wenn also die Zentralbank durch ihre Geldpolitik das Kapitalangebot für Fremdkapital übermäßig ausweiten sollte, müssten die Banken schon aus Eigeninteresse, um sich vor möglichen Verlustrisiken zu schützen, bei zu lockerer Geldpolitik die Kreditvergabe restriktiv und antizyklisch handhaben und damit die Kapitalstruktur von Unternehmen vor einer übermäßigen Erhöhung des Fremdkapitals bewahren. Dem steht allerdings das Problem des moral hazard im Bankwesen entgegen: Um die Gesamtstabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, fungieren Zentralbanken regelmäßig als sogenannte lenders of last resort, die bei etwaigen Schieflagen von Finanzinstituten – jedenfalls sofern diese systemisch relevant sind – deren Solvenz und Liquidität sicherstellen288. Seit der Finanzkrise 2008 sind die Gesetzgeber in der Schweiz und Deutschland zwar bestrebt, durch Auflagen und Haftungsregeln dafür zu sorgen, dass diese implizit bestehenden Staatsgarantien für systemrelevante Institute möglichst niemals in Anspruch genommen werden müssen289. Dennoch kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass trotz verschärfter Regulierung von systemrelevanten Banken bei diesen die Anreize zur Risikovermeidung weiterhin strukturell vermindert sind. Bei nicht systemrelevanten Instituten kann wiederum das jeweilige System der Einlagensicherung je nach konkreter Ausgestaltung Anreize zu Risikoerhöhung und prozyklischer Kreditvergabe setzen290. Die notwendige Steuerung der Kreditrisiken bei Banken wird daher weniger durch die Gefahr der Insolvenz der Banken als durch das regulatorische System der Bankenaufsicht gewährleistet291. Auch dieses erwies sich allerdings in der Vergangenheit als lückenhaft: So haben Banken im Interesse der eigenen Gewinnmaximierung vor der Finanzkrise des Jahres 2007 über Zweckgesellschaften und komplexe Verbriefungen erfolgreich Lücken im System ausgenutzt und regulatorische Zielsetzungen unterlaufen und damit Verwerfungen an den Finanzmärkten mit verursacht292. Die Geschäftsbanken als Fremdkapitalgeber werden also durch die Begrenzung und Einpreisung von Kreditrisiken die Kapitalstruktur von Unternehmen nur so weit regulieren, wie es ihnen das jeweilige regulatorische Regime vorschreibt, im Übrigen aber tendenziell der eigenen Gewinnmaximierung Vorrang vor der Minimierung möglicher Risiken durch restriktive Kreditvergabe einräumen. Angesichts der Komplexität der Finanzaufsicht und des hohen Anreizes für Banken, die Regulierung zur eigenen Gewinnmaximierung zu unterlaufen, ist auch für das 288

Moritz, S. 344 ff.; Mishkin, S. 421 f. Siehe zu dieser Problematik und deren Regulierung Hofer, S. 99 ff. 290 Sethe, Einlagensicherung, S. 508 f.; Mishkin, S. 295 ff. Zusätzliche Gefahren für Fehlsteuerungen können sich aus der Syndizierung und Weiterreichung von Kredittranchen ergeben, s. Tasma, S. 140 ff. 291 Mishkin, S. 299 ff. 292 Moritz, S. 344 ff.; Mishkin, S. 234 ff. 289

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1. Teil: Grundlagen

System der Bankenaufsicht anzunehmen, dass Fehlsteuerungen bei der Regulierung und Überwachung der Kreditvergabe nicht ganz zu vermeiden sind293. Folglich kann der These, dass der Kapitalmarkt die Kapitalstruktur selbst effektiv und optimal reguliert und begrenzt, nicht gefolgt werden, da sowohl auf der Ebene der Geldpolitik als auch auf der Ebene der kreditvergebenden Banken und der sie beaufsichtigenden Behörden erhebliche Risiken für Fehlsteuerungen des Kreditangebots bestehen. Für die Annahme, dass es auf dem Fremdkapitalmarkt erhebliche Fehlsteuerungen gibt und die Ausnutzung dieser Fehlsteuerungen ein wesentliches Motiv für LBOs ist, spricht auch die auffallende Korrelation zwischen den Zyklen des Kreditmarkts und des LBO-Markts294. Dies lässt vermuten, dass Finanzinvestoren insbesondere auch die Unvollkommenheit der Märkte für Eigen- und Fremdkapital ausnutzen und so durch die Veränderung der Kapitalstruktur der Zielgesellschaft Arbitragegewinne erzielen295. (2) Gesellschaftsrechtliche Regulierung der Kapitalstruktur Die Annahme, dass die Kapitalstruktur durch den Markt selbst effizient reguliert werde, trifft wie oben dargelegt nicht uneingeschränkt zu. Es besteht also ein erhebliches Risiko von Fehlsteuerungen und damit von nicht optimalen Kapitalstrukturen der Gesellschaften. Es ist allerdings fraglich, ob das Gesellschaftsrecht den geeigneten Rahmen für eine Regulierung dieser Marktunvollkommenheiten bietet und nicht vielmehr mögliche Fehlsteuerungen allein durch Verbesserungen auf geldpolitischer oder bankaufsichtsrechtlicher Ebene korrigiert werden sollten. In diesem Fall wäre eine Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, jedenfalls unter dem Aspekt der Regulierung der Kapitalstruktur, schon grundsätzlich abzulehnen. Diese Auffassung wäre insbesondere dann überzeugend, wenn die gesellschaftsrechtliche Normierung aufgrund der schwierigen Bestimmbarkeit einer optimalen Kapitalstruktur im Einzelfall schwer fiele und zusätzlich die Gefahr bestünde, dass durch die Normierung die Finanzierungsfreiheit des Unternehmens und eine mögliche Optimierung der Kapitalstruktur zu sehr eingeschränkt werden würde, so dass der ökonomische Schaden letztlich den Nutzen überwiegen würde; bestehende Restrisiken von Fehlsteuerungen auf geldpolitischer und bankauf293 Erkennbar an der ständigen Anpassung nationaler und internationaler Finanzregulierung als Reaktion auf Fehlentwicklungen, s. die Darstellung bei Mishkin, S. 299 ff. Zu Fehlentwicklungen bei der Liberalisierung der Finanzregulierung Mishkin, S. 246 ff. 294 Rudolph, S. 178 ff.; Kaplan/Strömberg, S. 137 ff. Zu den Entwicklungszyklen des LBOMarkts siehe oben unter § 2 A. IV. 295 Kaplan/Strömberg, S. 137 ff.; Engel/Braun/Achleitner, S. 451 ff. Dieser Effekt kann natürlich nicht nur auf Ebene der Zielgesellschaft, sondern auch auf Ebene des Finanzinvestors erzielt werden, s. Kaplan/Strömberg, S. 141 ff. Wären die Kreditmärkte vollkommen und würden Gewinne beim LBO nur durch Optimierung der Kapitalstruktur und verbesserte Unternehmenskontrolle erzielt, müsste sich der LBO-Markt unabhängig vom Kreditmarkt und wesentlich stetiger entwickeln.

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sichtsrechtlicher Ebene, die zu Agency-Kosten des Fremdkapitals führen könnten, müssten in diesem Fall als das geringere Übel hingenommen werden. Es ist auf Grundlage der oben getroffenen Überlegungen jedoch zu vermuten, dass der diskretionären Geldpolitik und dem System der Bankenaufsicht das Risiko von Fehlsteuerungen immanent ist und diese auch künftig nicht vollständig zu vermeiden sein werden. Zugleich ist es zwar schwierig, die optimale Kapitalstruktur unter dem Gesichtspunkt von Agency-Kosten konkret zu bestimmen, doch lassen sich jedenfalls extreme Gestaltungen der Kapitalstruktur definieren, bei denen Agency-Kosten des Fremdkapitals mit hoher Wahrscheinlichkeit entstehen und die deshalb in der Regel nicht optimal sein werden. Eine mögliche gesellschaftsrechtliche Normierung der Kapitalstruktur kann dabei nicht auf empirischen Werten wie etwa langjährigen Eigenkapitalquoten erfolgreicher Unternehmen beruhen, da solche Werte beeinflusst durch mögliche Fehlsteuerungen der Kreditmärkte oder Konjunkturzyklen sein können. Umgekehrt könnten solche empirisch gewonnenen Werte auch zu hohe Eigenkapitalquoten, bedingt durch Agency-Kosten des Eigenkapitals, ergeben. Eine mögliche Begrenzung der Kapitalstruktur kann daher nicht auf Grundlage empirischer Werte erfolgen, sondern sollte von den Überlegungen zu den Agency-Kosten des Fremdkapitals ausgehen und zugleich die Erkenntnisse der übrigen anerkannten Finanzierungstheorien berücksichtigen. Eine aus Sicht der Theorie zu den AgencyKosten des Fremdkapitals optimale Eigenkapitalquote definiert den Anteil der Eigenkapitalgeber am Gesamtkapital, ab dem Eigenkapitalgeber nicht nur ein Interesse an der Maximierung ihres Gewinns, sondern typischerweise auch am Erhalt der Gesellschaft und damit an der Begrenzung der Risiken haben und somit die Entstehung von Agency-Kosten des Fremdkapitals verhindert wird. Zugleich sollte eine mögliche Begrenzung die Finanzierungsfreiheit der Gesellschaft nicht wesentlich nachteilig einschränken und insbesondere eine möglichst optimale Finanzierung unter dem Gesichtspunkt der Unternehmenswertmaximierung zulassen. Schließlich sollte eine etwaige Normierung möglichst nicht dazu führen, dass durch sie AgencyKosten des Eigenkapitals entstehen. Ob und inwiefern das deutsche und schweizerische Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht eine solche effektive Normierung jeweils sinnvoll leisten oder nicht wird anhand der konkreten rechtlichen Normen sowie insbesondere in den abschließenden rechtsvergleichenden Überlegungen296 zu diskutieren sein. 5. Schlussfolgerungen In der ökonomischen Theorie besteht folglich eine betriebswirtschaftlich optimale Kapitalstruktur eines Unternehmens297, bei dem der Unternehmenswert ma296 Zu Diskussion und Vorschlägen zu einer möglichen Grenzwertziehung siehe insbesondere unten unter § 10 A. II. 297 Gl. M. Meyer, Gläubigerschutz, S. 100; Holzner, S. 84. An der Bestimmbarkeit einer optimalen Kapitalstruktur hingegen grundsätzlich zweifelnd Fleischer, Grundfragen, S. 10 f.; Schmidt/Spindler, S. 90 f.

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1. Teil: Grundlagen

ximal ist: Die Static-Trade-Off-Theorie liefert grundsätzlich, abgeleitet vom theoretisch unwiderlegbaren, aber in die Praxis nur eingeschränkt übertragbaren Irrelevanztheorem einen Ansatz, mit dem eine optimale Kapitalstruktur bestimmt werden könnte, bei der der Unternehmenswert maximal ist. Voraussetzung hierfür wäre allerdings die Möglichkeit, sämtliche Einflussfaktoren – financial distress costs, künftiger Kapitalbedarf des Unternehmens, künftige Unternehmenserträge, künftige Verfügbarkeit und Verzinsung von Fremdkapital, künftige steuerliche Belastung des Unternehmens – exakt zu bestimmen, was in der Praxis allenfalls näherungsweise möglich ist. Folglich sind für all diese Einflussfaktoren Annahmen zugrunde zu legen, die erheblichen Unsicherheiten unterliegen. Entsprechend der Varianz der möglichen Annahmen kann folglich auch eine erhebliche Varianz von möglichen Eigenkapitalquoten nach dieser Theorie als ökonomisch vertretbar erscheinen. Ein vorsichtiges Management würde eher konservative Annahmen zugrunde legen und damit eine eher geringe Fremdkapitalquote wählen, ein aggressives Management hingegen eher eine Fremdkapitalquote am oberen Ende der vertretbaren Bandbreite festlegen. Von diesen Unsicherheiten abgesehen bestehen nach der Static-Trade-Off-Theorie außerhalb dieser möglichen Bandbreite jedenfalls bestimmbare, eindeutig zu hohe (und auch zu niedrige) Fremdkapitalquoten, bei denen das Unternehmen nicht optimal finanziert ist. Die neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorien zeichnen ein etwas differenzierteres Bild der Kapitalstruktur, kommen aber ebenfalls zum Ergebnis, dass es optimale und weniger optimale Kapitalstrukturen gibt. Dabei argumentieren die Pecking-Order-Theorie und die Theorie der Agency-Kosten des Eigenkapitals, dass Unternehmen regelmäßig im Interesse des Managements über eine zu hohe Eigenkapitalquote verfügen und damit Fehlanreize gesetzt werden. Auch wenn der empirische Beleg für die Pecking-Order-Theorie nicht ganz überzeugt, so ist jedenfalls der Begründungsansatz der Agency-Kosten des Eigenkapitals, dass Manager häufig andere Interessen als Eigenkapitalgeber verfolgen und dabei als Schutz vor Insolvenz und Renditedruck eine möglichst hohe Eigenkapitalquote bevorzugen (das klassische Principal-Agent-Problem), plausibel. Allerdings ist fraglich, ob das probate Mittel zur Behebung dieser Problematik eine starke Erhöhung der Fremdkapitalquote, gegebenenfalls begünstigt durch eine fehlende rechtliche Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, darstellt. Denn der Inhaber einer Kontrollmehrheit am Unternehmen könnte ebenso gut durch Renditevorgaben an das Management, deren Nichterreichung die Auswechslung des Managements zur Folge hätte, dasselbe Ziel erreichen, ohne Gefahr zu laufen, durch übermäßige Erhöhung der Fremdkapitalquote das Insolvenzrisiko zu erhöhen und das Unternehmen unter dem Aspekt der Static-Trade-Off-Theorie nicht optimal zu finanzieren. In jedem Fall rechtspolitisch sinnvoll ist es jedoch, zur Disziplinierung des Managements durch Kontrollbildung und -wechsel für einen möglichst effektiven Markt für Unternehmenskontrolle zu sorgen, was grundsätzlich gegen eine zu restriktive Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung spricht.

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Umgekehrt scheint die Theorie der Agency-Kosten des Fremdkapitals für eine Begrenzung der Möglichkeiten der Fremdkapitalaufnahme und damit eher für eine restriktive Normierung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu sprechen. Dass eine haftungsbeschränkte Gesellschaft eine ausreichende Mithaftung der Eigenkapitalgeber erfordert, um Fehlanreize zu vermeiden, ist evident. Allerdings besteht die Schwierigkeit einer möglichen rechtlichen Normierung darin, die notwendige Eigenkapitalquote zur Vermeidung von Fehlanreizen zu quantifizieren und die Normierung so auszugestalten, dass sie die Agency-Kosten des Fremdkapitals effektiv begrenzt, ohne zugleich die Finanzierungsfreiheit unnötig einzuschränken. III. Der empirische Befund zu LBOs Ob LBOs überwiegend erfolgreich sind und den Unternehmenswert der Zielgesellschaft durch Kontrollerwerb und Optimierung der Kapitalstruktur nachhaltig stärker zu steigern vermögen als eine repräsentative Vergleichsgruppe, ist nicht nur Gegenstand der theoretischen wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion, sondern auch zahlreicher Studien über den Erfolg von LBO-Transaktionen von Finanzinvestoren in verschiedenen Ländern in verschiedenen Zeiträumen. Diese kommen überwiegend zu dem Ergebnis, dass die untersuchten LBO-Transaktionen den Unternehmenswert im Vergleich mit anderen Unternehmen derselben Branche im selben Zeitraum steigern konnten oder jedenfalls nicht schlechter abschnitten als die Vergleichsgruppe298. Allerdings räumen die Autoren selbst ein, dass diese Studien aufgrund der teilweise nur beschränkt zur Verfügung stehenden Daten und der methodischen Schwierigkeiten, Wertsteigerung und Erfolg des LBOs anhand eines aussagekräftigen Vergleichsmaßstabs korrekt zu erfassen, grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen sind299. Zudem lässt sich methodisch nicht ganz ausschließen, dass die Wertsteigerung durch eine auf kurzfristige Gewinnsteigerung ausgerichtete Unternehmenspolitik zu Lasten der langfristigen Wertentwicklung erzielt wurde300, auch wenn vereinzelte Studien zu dieser Problematik diese Annahme nicht zu bestätigen scheinen301. 298 Eine aktuelle Übersicht und Zusammenfassung der Studienlage über die Wertsteigerung von Unternehmen nach erfolgtem LBO bieten Kaplan/Strömberg, S. 132 f.; Kaserer, S. 8 ff. Zu einem insgesamt positiven Ergebnis kommen etwa Wilson/Wright/Siegel/Scholes, S. 193 ff.; Tykvova/Borell, S. 138 ff.; Dänzer, S. 280 ff. Andere Studien stellen zwar eine Wertsteigerung fest, allerdings mit gegenüber früheren Studien deutlich geringeren Renditen, s. Guo/Hotchkiss/ Song, S. 479 ff.; Cao/Lerner, S. 139 ff. Wieder andere können keine signifikante Wertsteigerung von LBOs gegenüber vergleichbaren Unternehmen feststellen, s. Knauer/Sommer, S. 389 ff. 299 Kaserer, S. 8; Kaplan/Strömberg, S. 133; Cumming/Siegel/Wright, S. 445 ff. Ähnlich kritisch die Aussagekraft solcher Studien relativierend Schmidt/Spindler, S. 63 f.; Fleischer, Finanzinvestoren, S. 189. 300 Kaplan/Strömberg, S. 133. 301 Cao/Lerner, S. 139 ff.

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1. Teil: Grundlagen

Im Ergebnis kann als empirischer Befund jedoch festgehalten werden, dass LBOs überwiegend eine messbare Wertsteigerung erzielen und somit wohlfahrtsökonomisch eher positiv und jedenfalls nicht grundsätzlich negativ zu bewerten sind302, zugleich aber eine grundsätzlich höhere Wertsteigerung der Zielgesellschaft bei LBOs, bezogen auf vergleichbare Unternehmen im gleichen Betrachtungszeitraum, ebenfalls nicht zweifelsfrei belegt werden kann303. Unklarheit besteht in der ökonomischen Diskussion ebenfalls darüber, worauf die festzustellenden Wertsteigerungen zurückzuführen sind. Als wesentliche Begründungsansätze werden hierfür sowohl Effekte durch eine verbesserte Unternehmenskontrolle304 als auch Effekte durch eine veränderte Unternehmensfinanzierung305 wie etwa die Optimierung der Kapitalstruktur der Zielgesellschaft und die Nutzung von Marktunvollkommenheiten der Kapitalmärkte306 angeführt. Trotz erheblicher methodischer Unsicherheiten kann anhand der empirischen Lage somit konstatiert werden, dass LBOs wohlfahrtsökonomisch nicht grundsätzlich negativ oder wertvernichtend wirken. Umgekehrt kann auch nicht eindeutig festgestellt werden, dass LBOs per se wohlfahrtsökonomisch vorteilhaft wären; insbesondere neuere Studien scheinen mögliche wohlfahrtsökonomische Vorteile zu relativieren. IV. Ergebnis Unter ökonomischen Aspekten scheint eine rechtspolitisch grundsätzlich neutrale Haltung gegenüber LBOs angezeigt. Weder der empirische Befund noch die theoretische Betrachtung rechtfertigen allgemein eine besondere Privilegierung oder ein besonderes Verbot von LBOs. Die theoretische Betrachtung hat ergeben, dass eine gesellschaftsrechtliche Normierung jedenfalls Kontrollerwerb und -wechsel möglichst erleichtern sollte. Zugleich sollte nach Erwerb einer Kontrollmehrheit der herrschende Aktionär bzw. Finanzinvestor die Kapitalstruktur der Gesellschaft anpassen können, um den Unternehmenswert zu maximieren und Agency-Kosten des Eigenkapitals zu senken, wobei letzteres nach Kontrollerwerb auch auf anderem Wege als durch Veränderungen der Kapitalstruktur möglich ist. Diese Anpassung der Kapitalstruktur sollte jedoch wiederum sinnvollerweise zur Verhinderung der Entstehung von Agency-Kosten des Fremdkapitals gesellschaftsrechtlich begrenzt werden, da die Gläubiger bzw. der Markt für Fremdkapital aufgrund des bestehenden 302

Kaserer, S. 8 f.; Kaplan/Strömberg, S. 133; Wilson/Wright/Siegel/Scholes, S. 193 ff. Insbesondere Knauer/Sommer, S. 389 ff. Eine eher geringfügige Wertsteigerung feststellend Guo/Hotchkiss/Song, S. 479 ff.; Cao/Lerner, S. 139 ff. Hingegen eine signifikant höhere Wertsteigerung für europäische LBOs feststellend Dänzer, S. 283 f.; Baumann, S. 348. 304 Kaplan/Strömberg, S. 130 ff.; Baumann, S. 348. 305 Kaplan/Strömberg, S. 131 f. 306 Kaplan/Strömberg, S. 137 ff. Diesen Performancegrund finden auch Engel/Braun/ Achleitner, S. 451 ff. 303

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung

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Systems der Kreditschöpfung strukturell nicht in der Lage sind, selbst für eine unter diesen Gesichtspunkten optimale Kapitalstruktur von Aktiengesellschaften zu sorgen und die Entstehung solcher Kosten zuverlässig zu verhindern. Die rechtliche Normierung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung sollte somit darauf abzielen, die mit ihnen verbundenen besonderen Gefahren der Benachteiligung der übrigen stakeholder – die in vergleichbarer Form auch in Konstellationen ohne Maßnahmen der finanziellen Unterstützung oder LBOs bestehen können – zu verhindern. Eine besondere Privilegierung von LBOs durch Ermöglichung von Sondervorteilen für die Erwerber ist rechtspolitisch nicht geboten. Zugleich sollte eine Normierung den Kontrollerwerb und -wechsel nicht verhindern und eine Anpassung der Kapitalstruktur weitgehend ungehindert ermöglichen, zugleich aber sicherstellen, dass durch die Veränderung der Kapitalstruktur keine AgencyKosten des Fremdkapitals entstehen.

C. Rechtspolitische Einzelaspekte der finanziellen Unterstützung Ausgehend von den oben getroffenen Überlegungen können somit Nutzen und Gefahren von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – insbesondere auch für die mögliche Benachteiligung von stakeholdern – wie folgt im Einzelnen konkretisiert werden. I. Nutzen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden dazu genutzt, um das Vermögen der Zielgesellschaft zur Finanzierung des Anteilserwerbs heranzuziehen. Damit dienen sie zunächst dem Interesse des Erwerbers an einer günstigen Finanzierung, die in der Regel nur im Ausnahmefall auch dem Interesse der Gesellschaft entspricht307. Zugleich kann eine Ermöglichung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung jedoch auch einen effizienten Markt für Unternehmenskontrolle fördern und damit zur Überwindung des Principal-Agent-Problems308 beitragen. Die Ermöglichung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung erleichtert es einem Investor, die Kosten des Kontrollerwerbs zum Zwecke des Austauschs eines ineffektiv wirtschaftenden Managements über die Zielgesellschaft zu refinanzieren und damit diesen Austausch zu erleichtern. Dies kann somit die Effizienz des Marktes für Unternehmenskontrolle potentiell verbessern. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung führen darüber hinaus in der Regel zu einer Veränderung der Kapitalstruktur der Zielgesellschaft, da sie zumeist mit einer 307

Im Einzelfall kann dies aber auch dem Interesse der Gesellschaft dienen, etwa um zum Beispiel eine auch für die Gesellschaft vorteilhaften Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen derselben Branche zu ermöglichen. 308 Zu diesem ausführlich oben unter § 4 B. I.

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1. Teil: Grundlagen

Erhöhung der Fremdkapitalquote zulasten der Eigenkapitalquote verbunden sind. Diese Veränderung kann ökonomisch sinnvoll sein, wenn dadurch die Kapitalstruktur unter dem Aspekt der Unternehmenswertmaximierung und dem Aspekt der Minimierung von Agency-Kosten der Eigenkapitalgeber optimiert werden kann309. Zudem sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ein Element rechtspolitisch wünschenswerter Transaktionen außerhalb von LBOs: So können sie die Nachfolgeregelung in inhabergeführten Unternehmen erleichtern, da der in der Regel über wenig Eigenkapital verfügende Erwerber einen Teil des Kaufpreises durch Heranziehung des Betriebsvermögens finanzieren kann. Zudem beinhaltet die Konzerninnenfinanzierung etwa im Rahmen eines cash poolings regelmäßig Maßnahmen der finanziellen Unterstützung. Da die Konzerninnenfinanzierung der effizienten Allokation von Kapital dient, sind sie auch im Rahmen der Konzerninnenfinanzierung grundsätzlich von Nutzen. Schließlich können sie als Bestandteil praktisch relevanter Gestaltungen wie dem fiduziarischen Aktienerwerb oder Breakfee-Vereinbarungen von Nutzen sein. II. Gefahren Dem möglichen Nutzen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung stehen vielfältige Gefahren entgegen, insbesondere im Hinblick auf die Benachteiligung von stakeholdern wie Gläubigern und Minderheitsaktionären. 1. Gläubigerbenachteiligung Maßnahmen der finanziellen Unterstützung stellen zunächst aufgrund ihrer Besonderheiten eine Gefahr für den Gläubigerschutz in der Aktiengesellschaft dar. Da sie an derzeitige oder künftige Aktionäre geleistet werden, beinhalten sie wie alle Rechtsgeschäfte der Gesellschaft mit Aktionären die Gefahr von Vermögensverschiebungen zulasten der Gläubiger durch nicht marktkonforme Bedingungen, insbesondere durch nicht ausreichende Bonität des Empfängers der finanziellen Unterstützung. Der Erwerb von Anteilen durch den Erwerber mit Mitteln der Gesellschaft weist zudem Parallelen zum Erwerb eigener Aktien unmittelbar durch die Gesellschaft auf und beinhaltet vergleichbare Gefahren für den Gläubigerschutz durch die Möglichkeit des Eintritts eines Doppelschadens bei Verfall des Unternehmenswerts310. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung führen zudem regelmäßig zu einer Erhöhung der Fremdkapitalquote und beinhalten damit die Gefahr der Entstehung von Agency-Kosten des Fremdkapitals zu Lasten der Gläubiger. Zudem besteht die Gefahr, dass durch sie der Wert der Forderungen der bestehenden Gläubiger gemindert wird, da durch die gewährten 309 310

Siehe hierzu ausführlich oben unter § 4 B. II. 4. Zu Einzelheiten dieser Problematik siehe unten unter § 6 A. IV.

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung

87

Maßnahmen die Bonität der Gesellschaft und damit der Wert der Forderungen der bestehenden Gläubiger sinkt311. 2. Benachteiligung von Minderheitsaktionären Sofern Minderheitsaktionäre vorhanden sind, beinhalten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten eines Aktionärs oder einer Aktionärsgruppe die Gefahr der Vermögensverlagerung und der verdeckten Gewinnausschüttung zulasten der übrigen Aktionäre und damit der Ungleichbehandlung der Aktionäre, insbesondere wenn die Konditionen der finanziellen Unterstützung nicht marktgerecht sind oder der Empfänger der finanziellen Unterstützung nicht über eine hinreichende Bonität verfügt. Zudem entstehen durch den durch die finanzielle Unterstützung ermöglichten Kontrollerwerb weitere typische konzernrechtliche Gefahren für die Minderheitsaktionäre, namentlich die Unterordnung der Gesellschaft unter die finanziellen und geschäftspolitischen Ziele des Mehrheitsaktionärs und die Vernachlässigung der Interessen der Minderheitsaktionäre. 3. Kursmanipulation und Übernahmerelevanz Schließlich könnte die Zielgesellschaft Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nutzen, um – jedenfalls sofern sie börsenkotiert sein sollte – ihren Kurswert in die Höhe zu treiben. Hierzu könnte sie etwa einem Dritten finanzielle Unterstützung gewähren, der damit Anteile der Gesellschaft von weiteren Dritten aufkauft und damit den Kurs und Marktwert der Gesellschaft künstlich in die Höhe treibt. Auf diese Weise könnte somit der Kapitalmarkt manipuliert werden. Übernahmerechtlich konfligieren Maßnahmen der finanziellen Unterstützung daneben mit einer möglichen Neutralitätspflicht des Vorstands. Gewährt dieser einem Bieter für die Kontrollmehrheit finanzielle Unterstützung, beeinflusst er die Auswahl des Bieters und damit den Markt für Unternehmenskontrolle im Interesse des Managements, was die Effizienz des Marktes für Unternehmenskontrolle behindern würde.

311

Dieser Effekt wird in der Literatur auch als „uncompensated wealth transfer“ bezeichnetet, s. Miller, S. 137. Er betrifft allerdings nur diejenigen Gläubiger, die sich gegen einen solchen Bonitätsverlust nicht kautelarjuristisch, etwa durch sogenannte covenants, oder durch Sicherungsgeschäfte abgesichert haben. Zudem ist er nur dann problematisch, wenn er für die Gläubiger auf nicht vorhersehbare Weise, also etwa schlagartig, erfolgt, da Bonitätsverschlechterungen in erwartbarem Umfang grundsätzlich zum allgemeinen Gläubigerrisiko zählen. Diese Gefahr besteht insbesondere bei strukturellen Maßnahmen und der anwachsenden Verschmelzung.

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1. Teil: Grundlagen

4. Systemische und ordnungspolitische Aspekte Neben diesen Gefahren der Benachteiligung der stakeholder durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die vergleichbar auch in anderen typischen Konstellationen des Aktien- und Konzernrechts auftreten können wie etwa beim Erwerb eigener Aktien oder der Konzerninnenfinanzierung und oftmals als solche bereits einer entsprechenden rechtlichen Regelung unterliegen, lassen sich spezifische Gefahren der finanziellen Unterstützung ausmachen, die systemische und ordnungspolitische Elemente beinhalten und die durch keine spezifischen aktienrechtlichen Regelungen normiert werden312. Mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist in der Regel auch eine deutliche Erhöhung der Fremdkapitalquote der Zielgesellschaft verbunden313. Dieser Umstand beinhaltet zwei weitere Gefahren: Zum einen ist mit der Erhöhung der Fremdkapitalquote eine erhöhte Insolvenzgefahr für die Zielgesellschaft verbunden. Falls zeitgleich bei vielen Gesellschaften durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung die Fremdkapitalquote in die Höhe getrieben werden sollte, droht im Falle einer Rezession eine krisenhafte Zuspitzung mit Insolvenzwellen und Bankenzusammenbrüchen. Historisch scheint diese Erfahrung von Bankenzusammenbrüchen nach einer LBO-Welle ein wesentliches Motiv für das Verbot der finanziellen Unterstützung im Vereinigten Königreich gewesen zu sein314. Diese systemische Problematik resultiert zwar vorwiegend aus Fehlsteuerungen der Geldpolitik und der Bankenaufsicht und ist somit auch vorrangig durch Anpassungen in diesen Bereichen zu lösen, doch ist darüber hinaus eine zusätzliche gesellschaftsrechtliche Normierung der finanziellen Unterstützung aus diesem Grund zumindest erwägenswert315. Zum anderen birgt die erhöhte Fremdkapitalquote die Gefahr einer ökonomisch nicht optimalen Kapitalstruktur der Gesellschaft, wodurch durch erhöhte financial distress costs einerseits der Unternehmenswert nicht maximal ist316 und andererseits durch erhöhte Agency-Kosten der Fremdkapitalgeber317 Fehlanreize hinsichtlich der Unternehmensausrichtung auf kurzfristige Gewinnsteigerung unter Eingehung hoher Risiken und unter Vernachlässigung der Gläubigerinteressen318 gesetzt wer312 Diese spezifischen Gefahren werden im Schrifttum mitunter unscharf als „TakeoverBezug“ bezeichnet, s. MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 4, und dabei sehr unterschiedlich interpretiert, siehe zu den verschiedenen Auffassungen zum Schutzzweck von § 71a Abs. 1 AktG unten unter § 6 B. III. 1. 313 Siehe oben unter § 4 B. II. 2. 314 Siehe oben unter § 3 A. 315 Insbesondere auch in Anbetracht der Unvollkommenheit der Kreditmärkte, siehe hierzu oben unter § 4 B. II. 4. c) cc) (1). 316 Siehe oben unter § 4 B. II. 3. 317 Siehe oben unter § 4 B. II. 4. c). 318 Verbunden mit dem erhöhten Renditedruck durch hohe Fremdkapitalquoten ist auch ein verstärkter Zwang zur Rationalisierung durch Abbau von Arbeitsplätzen, was ebenfalls kritisiert wird s. Schneider, Eigenkapitalräuber, S. 578 f. Spezifische Arbeitnehmerrechte außerhalb der Gläubigerstellung gegenüber der Gesellschaft sind jedoch durch die Bestimmungen des

§ 4 Rechtspolitische Aspekte eines Verbots der finanziellen Unterstützung

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den. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung würden somit insbesondere unter Berücksichtigung der Unvollkommenheit der Kreditmärkte eine nachteilige Kapitalstruktur ermöglichen, die dazu führt, dass Kapital nicht optimal genutzt würde und unternehmerische Fehlanreize gesetzt werden. Eine mögliche Regelung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung könnte also über konkrete Gläubigerschutzaspekte hinaus auch unter ordnungspolitischen Gründen zu rechtfertigen sein, um eine nicht optimale Unternehmensfinanzierung und daraus resultierende Minderungen von Unternehmenswerten sowie unternehmerische Fehlanreize zu verhindern.

Arbeitsrechts und nicht durch gesellschaftsrechtliche Regelungen zu schützen; die Härten im Einzelfall für die betroffenen Arbeitnehmer abzufedern ist Aufgabe des Arbeitsrechts und arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, nicht des Gesellschaftsrechts. Zum Arbeitnehmerschutz bei LBOs ausführlich Schmidt/Spindler, S. 203 ff.

Zweiter Teil

Die Grenzen der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs nach deutschem und schweizerischem Recht § 5 Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Kompetenzordnung und die Schranken des Organhandelns Jede Form der finanziellen Unterstützung, sei es ein Darlehen, ein Sicherungsgeschäft oder eine sonstige Zuwendung an einen Dritten zum Zwecke des Erwerbs von Aktien der Gesellschaft, muss von einem Organ der Gesellschaft beschlossen und gegenüber Dritten veranlasst werden. Im folgenden Abschnitt soll daher zunächst allgemein unter einem weiten Blickwinkel untersucht werden, welches Organ oder welche Organe über Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu entscheiden haben, also für solche Maßnahmen zuständig sind. Ferner soll analysiert werden, inwieweit möglicherweise bereits die Beschränkungen der ihnen zugewiesenen Kompetenzen sowie die ihnen obliegenden allgemeinenen Verhaltenspflichten und die Schranken der Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten solche Maßnahmen der finanziellen Unterstützung begrenzen.

A. Im schweizerischen Recht I. Kompetenz für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung 1. Grundsätzliche Kompetenz Als für die Gewährung finanzieller Unterstützung kompetente Organe der Aktiengesellschaft kommen der Verwaltungsrat und die Generalversammlung in Betracht. Die Entscheidungen über Darlehen, Sicherungsgeschäfte und andere Finanztransaktionen der Gesellschaft fallen gemäß Art. 716 Abs. 1 OR grundsätzlich in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrats, da die genannten Geschäfte nicht durch Art. 698 OR, sonstige gesetzliche Vorschriften oder zulässige statutarische Ermächtigung der Kompetenz der Generalversammlung zugewiesen wurden1. 1 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 1 f.; Böckli, Aktienrecht, § 13 Rn. 282 ff.; von Büren/Lüthi, S. 70 f.; Grünenfelder, S. 23.

§ 5 Begrenzung durch Kompetenzordnung und Schranken des Organhandelns

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Ob solche Maßnahmen zu der gemäß Art. 716a Abs. 1 Nr. 1 OR ausschließlich der Kompetenz des Verwaltungsrats zugewiesenen Oberleitung zählen oder dem Auffangtatbestand des Art. 716 Abs. 1 OR unterfallen, spielt lediglich für die Delegierbarkeit der Maßnahme an Nichtmitglieder des Verwaltungsrats gemäß Art. 716 Abs. 2 OR eine Rolle. Unter den weiten Begriff der Oberleitung werden unter anderem die Maßnahmen gefasst, die die strategische Führung der Gesellschaft, das Bemühen um das finanzielle Gleichgewicht und die Überwachung und Begleitung der Führungstätigkeit betreffen2. Sofern die Maßnahmen von strategischer Bedeutung für das Unternehmen sind (was im Falle eines buyouts der Gesellschaft regelmäßig der Fall sein wird), wird es sich daher um Maßnahmen der Oberleitung handeln, die originär vom Verwaltungsrat beschlossen werden müssen3. Handelt es sich hingegen nur um Maßnahmen der finanziellen Unterstützung von geringem Umfang ohne strategische Bedeutung, wird man von einer Maßnahme nach Art. 716 Abs. 1 OR ausgehen können, über die kraft Delegation von Geschäftsführungsmaßnahmen gemäß Art. 716 Abs. 2 OR auch von Nichtmitgliedern des Verwaltungsrats entschieden werden kann4. Von der grundsätzlichen Kompetenzregelung abweichend bestehen zudem Sonderregelungen für bestimmte Ausnahmesituationen. So ist dem Verwaltungsrat etwa nach Art. 132 Abs. 2 FinfraG im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeverfahrens zwischen Veröffentlichung des Übernahmeangebots und Entscheidung über Erfolg oder Misserfolg desselben die Kompetenz zum Abschluss von Rechtsgeschäften entzogen, welche eine bedeutende Veränderung des Aktiv- oder Passivbestands bewirken würden5. 2. Kompetenzattraktion durch die Generalversammlung Umstritten ist, inwieweit die grundsätzlich bestehende Kompetenz des Verwaltungsrats für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch statutarische Kompetenzzuweisungen von der Generalversammlung an sich gezogen werden kann

2 von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 142 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 305 ff.; Krneta, N 1177 ff. BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716a N 4 ff. 3 Meier-Schatz, S. 271. Ggf. kann die Entscheidung gemäß Art. 716a Abs. 2 OR von einzelnen Mitgliedern oder Ausschüssen des Verwaltungsrats vorbereitet werden, s. BSK-ORII/ Watter/Roth Pellanda, Art. 716a N 37; Jagmetti, S. 119. 4 Allerdings stets nur im Rahmen einer vom Verwaltungsrat selbst vorgegebenen Rahmenfinanzplanung, s. Jagmetti, S. 121; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 148 f. ZK/Homburger, Art. 716a N 561; jeweils nur die Überwachung der Finanzplanung, nicht die Finanzplanung selbst als unübertragbare Verwaltungsratsaufgabe betrachtend hingegen BSKORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716a N 18; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 354; Krneta, N 1250. 5 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 7; BSK-ORII/Dubs/Truffer, Art. 698 N 8c. Siehe hierzu ausführlich unten unter § 8 A. IV. 2. a).

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

(sogenannte Kompetenzattraktion6). Eine solche Kompetenzattraktion durch die Generalversammlung mittels statutarischer Festlegungen ist jedenfalls unstreitig in den Fällen nicht möglich, in denen die Maßnahme der finanziellen Unterstützung die ausschließliche Kompetenz des Verwaltungsrats gemäß Art. 716a Abs. 1 OR berührt7. Ist die Maßnahme zur finanziellen Unterstützung so bedeutsam wie üblicherweise bei einem buyout der Gesellschaft, fällt diese in die ausschließliche Kompetenz des Verwaltungsrats zur Oberleitung gemäß Art. 716a Abs. 1 OR und eine Kompetenzattraktion durch statutarische Festlegungen ist folglich grundsätzlich unzulässig. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung geringeren Umfangs, die nicht dem Bereich der Oberleitung der Gesellschaft unterfallen, ist hingegen die Möglichkeit der Kompetenzattraktion durch die Generalversammlung durch statutarische Zuweisung streitig8. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob man die nicht gemäß Art. 716a Abs. 1 OR ausschließlich dem Verwaltungsrat zugeordneten Entscheidungen der freien Beschlusskompetenz der Generalversammlung unterwirft9 oder in Art. 716 Abs. 2 OR eine grundsätzliche Kompetenzzuweisung an den Verwaltungsrat sieht10. Die überwiegenden Argumente sprechen hier für letztere Ansicht. Zwar könnte man der Generalversammlung als Vertretung der Gesellschafter eine Auffangkompetenz bei allen Zweifelsfragen zusprechen, insbesondere unter Verweis auf den Wortlaut des Art. 716 Abs. 1 OR, der die statutarische Kompetenzzuweisung an die Generalversammlung ausdrücklich nennt. Doch geht die Kompetenzverteilung bei der Aktiengesellschaft (anders als bei der GmbH11) von einer klaren Trennung der Aufgabenbereiche von Generalversammlung und Verwaltungsrat aus. Während die Generalversammlung über die Statuten und den Zweck der Gesellschaft beschließt und damit den Rahmen für das Handeln des Verwaltungsrats vorgibt, hat der Verwaltungsrat die Entscheidungsfreiheit über die Umsetzung dieser Zielvorgaben und 6 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 4; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 171. Der Begriff wird gelegentlich auch im Zusammenhang mit der Konzerneingliederung einer Gesellschaft verwendet, s. Böckli, Aktienrecht, § 11 N 237 ff. 7 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 4; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 38; Bertschinger, S. 319. 8 Diskutiert wird diese Frage zumeist in Bezug auf statutarisch festgelegte Kompetenzzuweisungen bei Investitionsentscheiden ab einer bestimmten Größenordnung oder bei der Fremdkapitalaufnahme, bei denen aber fraglich ist, ob sie nicht ohnehin bereits der Oberleitung unterfallen. Für die Möglichkeit der statutarischen Kompetenzzuweisung: BSK-ORII/Watter/ Roth Pellanda, Art. 716 N 4. Sogar ein umfassendes Traktandierungsrecht der Generalversammlung für alle Maßnahmen außerhalb der Oberleitung auch ohne statutarische Zuweisung begründet sieht Bertschinger, S. 317. Gegen eine solche Möglichkeit: Böckli, Aktienrecht, § 13 N 294; § 12 N 34 ff.; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 30 N 68 f.; Krneta, N 1155. 9 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 4; noch weitgehender Bertschinger, S. 317. 10 von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 171; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 289; Krneta, N 1154. 11 Art. 809 Abs. 1 OR. Zum Vergleich mit der Struktur der GmbH siehe auch Böckli, Aktienrecht, § 13 N 289, N 295d.

§ 5 Begrenzung durch Kompetenzordnung und Schranken des Organhandelns

93

unterliegt dabei der Verantwortlichkeit12. Alle wesentlichen Entscheidungen sind dem Verwaltungsrat bereits ausschließlich gesetzlich durch Art. 716a Abs. 1 OR zugeordnet; im Umkehrschluss verbliebe nur eine mögliche Kompetenzzuweisung für unwesentliche Entscheidungen parallel zu den delegierbaren Aufgaben nach Art. 716 Abs. 2 OR an die Generalversammlung. In einer Aktiengesellschaft mit in der Regel zahlreichen Gesellschaftern mit häufig geringer Kenntnis der operativen Details ist die Übertragung von unwesentlichen Einzelentscheiden der Geschäftsführung auf die Generalversammlung aber offensichtlich nicht zweckmäßig. Eine statutarische Zuweisung der Kompetenz für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung an die Generalvesammlung ist folglich grundsätzlich unzulässig. Der Entwurf zur Revision des Aktienrechts vom 21. 12. 2007 (im folgenden E-OR 2007) sah die Möglichkeit eines statutarischen Genehmigungsvorbehalts der Generalversammlung vor13. Gemäß Art. 627 Ziff. 14 E-OR 2007 i.V.m. Art. 716b E-OR 2007 erhält die Generalversammlung die Möglichkeit, durch entsprechende statutarische Festlegungen Geschäfte, die eigentlich in die Kompetenz des Verwaltungsrats fallen, ihrem Genehmigungsvorbehalt zu unterstellen14. Ausgenommen sind lediglich Geschäfte, die gemäß Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 – 7 E-OR 2007 ausdrücklich der Kompetenz des Verwaltungsrats zugewiesen sind15. Unter diese fällt somit insbesondere nicht die Kompetenz in Fragen der Oberleitung der Gesellschaft in der Finanzplanung gemäß Art. 716a Abs. 1 Ziff. 1 E-OR 2007. Maßnahmen der Oberleitung könnten somit nach dem E-OR 2007 statutarisch unter den Genehmigungsvorbehalt der Generalversammlung gestellt werden. Ein solcher Beschluss soll gemäß Art. 716b Abs. 3 E-OR 2007 keine Auswirkung auf die Haftung des Verwaltungsrats nach Art. 754 OR haben16. Lediglich hinsichtlich der zustimmenden Aktionäre soll der Beschluss dieselbe Wirkung wie ein Entlastungsbeschluss haben17 mit der Folge, dass zustimmende Aktionäre keine Verantwortlichkeitsklage mehr erheben können18. Folglich wäre es nach dem E-OR 2007 künftig zulässig, jedwede Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch statutarische Festlegungen der Genehmigung durch die Generalversammlung zu unterstellen, da diese regelmäßig nicht zu den Maßnahmen nach Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 – 7 E-OR 2007 zählen werden19. Eine solche Kompetenzattraktion durch die Generalversammlung begegnet aber denselben Bedenken wie einer solchen Kompetenzattraktion aufgrund der geltenden

12 13 14 15 16 17 18 19

Im Gegensatz zur Generalversammlung, s. Böckli, Aktienrecht, § 12 N 37. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1686 f. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1686 f.; Grünenfelder, S. 23 f. Watter/Roth Pellanda, S. 134. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1686 f.; Grünenfelder, S. 23 f. Rüdlinger, S. 20; Watter/Roth Pellanda, S. 134. Siehe hierzu unten unter § 5 A. III. 3. von Büren/Lüthi, S. 71 f.; Grünenfelder, S. 24. Siehe auch oben unter § 5 A I. 1.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Rechtslage. Die Durchbrechung des Paritätsprinzips20 kann zu einer Lähmung der Handlungsfähigkeit des Verwaltungsrats führen21 und führt zu Problemen in der Informationspolitik und Geheimhaltung der Gesellschaft und Verantwortlichkeit der beschließenden Generalversammlung22. In der Vernehmlassung ist dieser missglückte23 Vorschlag folgerichtig auch ohne weitere Erwähnung entfallen. 3. Kompetenzdelegation und Konsultation der Generalversammlung Ob der Verwaltungsrat einzelne Entscheidungen24 über eine finanzielle Unterstützung der Generalversammlung zur Beschlussfassung vorlegen und dieser die Entscheidung für den Verwaltungsrat bindend überlassen (Kompetenzdelegation) oder jedenfalls die Zustimmung der Generalversammlung ergänzend einholen kann (Konsultation der Generalversammlung), ist ebenfalls streitig. Während ein Teil des Schrifttums die Zulässigkeit einer Kompetenzdelegation jedenfalls für alle nicht gemäß Art. 716a Abs. 1 OR ausschließlich dem Verwaltungsrat zugewiesenen Maßnahmen bejaht25, geht eine andere Meinung26 im Schrifttum von einer grundsätzlichen Unmöglichkeit der Kompetenzdelegation aus. Begründet wird die Unmöglichkeit der Kompetenzdelegation mit dem Ansatz, dass die gesamte Führung der Geschäfte der Gesellschaft gemäß Art. 716 Abs. 2 OR dem Verwaltungsrat zugeordnet sei27. Dieser Ansatz verdient als Strukturprinzip der Aktiengesellschaft grundsätzlich Zustimmung28. Eine Abwälzung einzelner Geschäftsführungskompetenzen durch Kompetenzdelegation auf die Generalversammlung ist folglich abzulehnen. Anders sind Konsultativabstimmungen der Generalversammlung ohne Bindungswirkung für den Verwaltungsrat zu beurteilen. Dem Verwaltungsrat sollte es unbenommen bleiben, bestimmte Maßnahmen der Generalversammlung freiwillig zur Abstimmung vorzulegen, wobei die Kompetenz und Verantwortlichkeit für die 20

Rüdlinger, S. 20. Insbesondere in Anbetracht der Anfechtungsfrist von zwei Monaten nach Beschluss der Generalversammlung gemäß Art. 706 OR, s. Böckli, Nachbesserungen, S. 359 f.; Watter/Roth Pellanda, S. 134 f. 22 Rüdlinger, S. 20. Ausführliche Darstellungen der Kritikpunkte an der Neuregelung finden sich bei Böckli, Nachbesserungen, S. 359 f.; Glanzmann, Aktienrechtsrevision, S. 248 ff. 23 Gl. M. Glanzmann, Aktienrechtsrevision, S. 251; Böckli, Nachbesserungen, S. 363; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 295k. 24 Davon zu unterscheiden ist die vollständige Delegation der Oberleitung gemäß Art. 716a OR an die herrschende Gesellschaft im Konzern, s. hierzu unten unter § 7 A. II. 2. 25 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 6; Bertschinger, S. 317; Kunz, Minderheitenschutz, § 12 N 128 ff. 26 Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 30 N 71; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 34; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 293 a; Krneta, N 1159. 27 Böckli, Aktienrecht, § 13 N 294. 28 Siehe oben unter § 5 A. I. 2. 21

§ 5 Begrenzung durch Kompetenzordnung und Schranken des Organhandelns

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Letztentscheidung unverändert beim Verwaltungsrat bleiben29. Bei rechtlich zweifelhaften Geschäften im Zuge eines buyouts mit Aktionären der Gesellschaft kann ein solcher Beschluss der Generalversammlung jedenfalls für mehr Transparenz und Legitimität sorgen30. Ein ablehnender Beschluss der Generalversammlung kann dabei den Verwaltungsrat rechtlich nicht binden31; der Verwaltungsrat ist weiterhin allein verantwortlich für eine ordentliche Geschäftsführung in seinem Kompetenzbereich. Lehnt die Generalversammlung die finanzielle Unterstützung ab, ist es dem Verwaltungsrat weiterhin unbenommen, die geplante Maßnahme der finanziellen Unterstützung unter Inkaufnahme der weiterhin bestehenden rechtlichen Unsicherheiten zu veranlassen. Ein zustimmender Beschluss kann jedoch den Verwaltungsrat vor rechtlichen Schritten der Generalversammlung oder einzelner Gesellschafter, etwa späteren Verantwortlichkeitsklagen32, schützen. II. Beschränkungen der Vertretung der Gesellschaft Als für die Entscheidung über Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kompetentes Organ muss der Verwaltungsrat bzw. gegebenenfalls der durch zulässige Delegation gemäß Art. 716 Abs. 2 OR vom Verwaltungsrat ermächtigte Handelnde auch zur Vertretung der Gesellschaft bei der Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gegenüber Dritten ermächtigt und befugt sein. Gemäß Art. 718 Abs. 1 OR ist grundsätzlich der Verwaltungsrat bzw. sind gemäß Art. 718 Abs. 2 OR vom Verwaltungsrat ermächtigte Personen zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Diese Vertretung der Gesellschaft unterliegt jedoch Beschränkungen, deren Reichweite sich im Innen- und Außenverhältnis unterscheiden. Für die zulässige Vertretung des Verwaltungsrats im Außenverhältnis hat sich der Begriff Vertretungsmacht eingebürgert, während der zulässige Umfang der Vertretung aufgrund der Beschränkungen im Innenverhältnis zur Gesellschaft als Vertretungsbefugnis bezeichnet wird33. 29 von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 176. Von diesen freiwilligen Konsultationen der Generalversammlung zu unterscheiden sind zwingende Zustimmungserfordernisse der Generalversammlung, etwa bei Insichgeschäften oder faktischen Zweckänderungen, siehe zu diesen unten unter § 5 A. II. 30 Krneta, N 1162. 31 von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 176; Krneta, N 1162; Forstmoser/Meier-Hayoz/ Nobel, § 30 N 72. 32 Jedenfalls vor Ansprüchen der zustimmenden Gesellschafter, s. BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 6 sowie unten unter § 5 A. III. 3. Praktisch dürfte es mangels Protokollierung des Abstimmungsverhaltens aber häufig schwierig sein, die Zustimmung der einzelnen Aktionäre im Nachhinein nachzuweisen. 33 BGE 4 A.357/2007 v. 8. 4. 2008, Erw. 4.2. und 4.3; Zobl, Vertretungsmacht, S. 294; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 498; Peyer, S. 384; Jagmetti, S. 97. Andere halten diese Dichotomie von Vertretungsmacht und Vertretungsbefugnis für entbehrlich und stellen allein auf den Umfang der Vertretungsbefugnis ab, punktuell ergänzt um Gutglaubensschutz zum Schutz des Rechtsverkehrs, s. BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 10; Stutz/von der Crone, S. 105. Dogmatisch

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Art. 718a Abs. 1 OR beschränkt den Umfang der Vertretungsmacht nach außen auf die Rechtshandlungen, die der Zweck der Gesellschaft mit sich bringen kann. Damit ist das „rechtliche Können“ der Organperson bzw. der ermächtigten Person im Außenverhältnis umschrieben und zugleich die äußere Grenze der Vertretungsmacht definiert34. Die Vertretungsbefugnis bezeichnet das Innenverhältnis des Verwaltungsrats gegenüber der Gesellschaft, das insbesondere vom Gesellschaftsinteresse gemäß Art. 717 OR, den aktienrechtlichen Vorschriften zum Kapitalschutz und den Weisungen und Beschränkungen durch die Gesellschaft im Einzelfall bestimmt ist und auch als „rechtliches Dürfen“ bezeichnet wird. Überschreitet der Verwaltungsrat seine Vertretungsbefugnis, so macht er sich zwar gegenüber der Gesellschaft unter Umständen schadensersatzpflichtig35, die Wirksamkeit seiner Rechtshandlung im Außenverhältnis gegenüber gutgläubigen Dritten wird gemäß Art. 718a Abs. 2 OR dadurch jedoch nicht berührt. Die Vertretungsmacht wird folglich grundsätzlich nur durch den Gesellschaftszweck beschränkt und begrenzt die Möglichkeit von Rechtshandlungen gegenüber Dritten; Beschränkungen der Vertretungsbefugnis wirken sich im Außenverhältnis hingegen nur dann aus, wenn der Dritte, mit dem das Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde, hinsichtlich dieser Beschränkungen der Vertretungsbefugnis bösgläubig ist36. 1. Umfang der Vertretungsmacht Gemäß Art. 718a Abs. 1 OR ist die zur Vertretung befugte Person zu allen Handlungen befugt, die der Zweck der Gesellschaft mit sich bringt. Der Zweck der Gesellschaft, der die äußere Grenze der Vertretungsmacht definiert, untergliedert sich hierbei in Endzweck und statutarischer Zweck37. a) Endzweck und statutarischer Zweck Unter Endzweck versteht man die Zielsetzung der Gesellschaft im weitesten Sinne38. In Betracht kommen hierfür lediglich die Verfolgung eines wirtschaftlichen wird damit die strikte Trennung von Vertretungsmacht und -befugnis aufgegeben und das Regel-Ausnahme-Schema umgedreht. Praktisch ist aber die Durchbrechung des Gutglaubensschutzes die große Ausnahme, so dass die h.M. eher überzeugt. Im Ergebnis unterscheidet sich diese Ansicht jedoch nicht von der h.M., so dass dem Streit für die folgende Diskussion keine Bedeutung zukommt. 34 BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 2; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 218; Zobl, Vertretungsmacht, S. 291; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 30 N 82. 35 Krneta, N 1978; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 30 N 84; Peyer, S. 385. 36 A.A. mit anderer Prüfungsreihenfolge BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 9; Stutz/von der Crone, S. 105. 37 Böckli, Aktienrecht, § 1 N 474; Rusch, S. 19 f.; Rubli, S. 227. 38 Böckli, Aktienrecht, § 1 N 474; Rubli, S. 228.

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Zwecks mit dem Regelfall der Gewinnstrebigkeit oder die Verfolgung eines idealen Zwecks39, wobei die Gewinnstrebigkeit der Aktiengesellschaft als Normalfall nicht ausdrücklich in den Statuten genannt werden muss. Eine Änderung des Endzwecks der Gesellschaft ist nur mit Zustimmung aller Aktionäre zulässig; ohne die Zustimmung aller Aktionäre ist ein Änderungsbeschluss gemäß Art. 706 Abs. 2 Ziff. 4 OR anfechtbar. Neben diesem Endzweck muss gemäß Art. 626 Ziff. 2 OR in den Statuten der Gesellschaft bei Gründung zudem zwingend ein Zweck festgelegt werden40. Dieser Zweck bezeichnet das vorgesehene Tätigkeitsfeld der Gesellschaft und wird auch als thematischer Zweck41 oder – wie nachfolgend zur besseren Unterscheidbarkeit zum Endzweck auch hier – als statutarischer Zweck42 bezeichnet. Er darf sich nicht in unbestimmten Angaben erschöpfen, sondern muss in allgemeiner Weise beschreiben, wie und auf welche Weise eine Gesellschaft beabsichtigt, die Erreichung des Endzwecks sicherzustellen und zu fördern43. Bei einem Industrieunternehmen kann beispielsweise die Herstellung und der Vertrieb einer bestimmten Produktgruppe als Zweck in den Statuten festgelegt werden. Der statutarische Zweck kann nach Maßgabe von Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR mit der Zustimmung von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen und der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte geändert werden. b) Bedeutung für den Umfang der Vertretungsmacht des Verwaltungsrats Der Zweck begrenzt gemäß Art. 718a Abs. 1 OR die Vertretungsmacht der handelnden Organe im Außenverhältnis. Eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung muss also, um vom Verwaltungsrat wirksam vorgenommen werden zu können, sowohl vom statutarischen Zweck als auch vom Endzweck umfasst sein. aa) Umfassung durch Endzweck Der Endzweck kann dabei nur als äußerster Rahmen dienen und kaum eine Begrenzungswirkung für das einzelne Rechtsgeschäft entfalten44, denn die Gewinnstrebigkeit ist nur der langfristige Rahmen der Zwecksetzung. Auch ein gewinnstrebiges Unternehmen wird nahezu zwangsläufig Geschenke an Kunden und Mitarbeiter machen, gemeinnützige Spenden tätigen oder zeitweilig wegen einer schwierigen Marktlage seine Produkte mit Verlusten verkaufen müssen – etwa um 39

Art. 620 Abs. 3 OR; BSK-ORII/Baudenbacher, Art. 620 N 2. BSK-ORII/Schenker, Art. 626 N. 9; Böckli, Aktienrecht, § 1 N 474. 41 Handschin, Konzern, S. 92; Böckli, Aktienrecht, § 1 N. 474; Rusch, S. 19. 42 Grünenfelder, S. 28 f.; Rubli, S. 234. 43 Art. 118 Abs. 1 HRegV; BSK-ORII/Schenker, Art. 626 N 9; Böckli, Aktienrecht, § 1 N 474. 44 BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 4; Neuhaus/Watter, S. 190 f.; Grünenfelder, S. 30 f.; Rubli, S. 229 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 236. 40

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seine Marktstellung zu behaupten oder seine Lager zu leeren – ohne dadurch das langfristige Ziel der Gewinnstrebigkeit aufgeben zu wollen. Auch wenn also das einzelne Rechtsgeschäft keinen konkreten Gewinn für die Gesellschaft bringt, ist es folglich dennoch in der Regel vom Endzweck umfasst. Nur bei Geschäften, die mit einer dauerhaften und offensichtlichen Aufgabe der Gewinnstrebigkeit verbunden sind (etwa von Schenkungen, die die wirtschaftliche Kraft der Gesellschaft dauerhaft übersteigen45) ist der Endzweck ausnahmsweise verletzt und diese Geschäfte unterfallen nicht der Vertretungsmacht46. Einzelne Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden daher durch den Endzweck in der Regel nicht beschränkt47. bb) Umfassung durch statutarischen Zweck Nach der Rechtsprechung des BGer sind nur solche Rechtsgeschäfte nicht vom statutarischen Zweck umfasst, die gänzlich außerhalb desselben liegen oder diesem sogar widersprechen48. Eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung wird somit in der Regel vom statutarischen Zweck umfasst sein, da sie üblicherweise jedenfalls nicht von diesem ausgeschlossen sein wird und diesen im weitesten Sinne auch zu fördern geeignet ist. In einem früheren Entscheid49 hatte das BGer noch eine enge Zweckbindung vertreten, nach der nur ausdrücklich und konkret vom statutarischen Zweck umfasste Rechtshandlungen im Rahmen der Vertretungsmacht liegen würden50. Im Ergebnis lief dieser Entscheid auf eine Ultra-vires-Doktrin hinaus, nach der Rechtsgeschäfte der Gesellschaft nur wirksam vorgenommen werden können, wenn sie ausdrücklich vom statutarischen Zweck der Gesellschaft umfasst sind. Da nach dieser Doktrin eine explizite Aufnahme jedes denkbaren Rechtsgeschäfts – also etwa auch die ausdrückliche Aufnahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – in den statutarischen Zweck erforderlich war, stieß dieser Entscheid des BGer zu Recht auf

45

Zobl, Vertretungsmacht, S. 293; Watter, S. 141. Zobl, Vertretungsmacht, S. 293; Aebi, S. 65. Teilweise wird allerdings der Maßstab der Gewinnstrebigkeit enger gefasst, so dass einzelne Rechtsgeschäfte im Konzern, die nicht Drittmannskonditionen entsprechen, nicht mehr vom Endzweck umfasst sein sollen, s. Aebi, S. 71. Da solche Rechtsgeschäfte dann aber unabhängig vom guten Glauben Dritter nichtig wären, ist diese Auffassung schon aus Gründen des Verkehrsschutzes abzulehnen, s. Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 236. 47 Bei atypischen und extremen Gestaltungen ist nach dem zuvor Gesagten auch ausnahmsweise eine Verletzung des Endzwecks denkbar. 48 BGE 111 II 284 (288 f.); BGE 116 II 320 (323); BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 2; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 218 f.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 497; Grünenfelder, S. 32; Rubli, S. 234. 49 BGE 95 II 442 (sogenannter „Prospera-Entscheid“). 50 BGE 95 II 442 (454). 46

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nahezu einhellige Kritik51 und wurde in der Folge vom BGer wieder aufgegeben52. Dennoch wird zum Teil weiterhin kautelarjuristisch empfohlen, eine entsprechende Zweckerweiterung in den Statuten vorzunehmen, um Finanzgeschäfte mit Aktionären und verbundenen Gesellschaften in den statutarischen Zweck aufzunehmen53. Nach der nunmehr herrschenden weiten Auslegung sind somit nur noch solche Rechtshandlungen vom statutarischen Zweck nicht mehr umfasst, die die Gesellschaft „dem Wesen und der Organisation nach“54 verändern, insbesondere die vollständige Veräußerungen der Betriebsanlagen der Gesellschaft55 und andere Maßnahmen, die die Existenz der Gesellschaft betreffen und den Gesellschaftszweck übersteigen56. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden (anders als möglicherweise die spätere tatsächliche Durchführung der unterstützten Transaktion mittels asset deal) üblicherweise nicht mit der Veräußerung der gesamten Betriebsanlagen verbunden sein. In der Regel werden daher Maßnahmen der finanziellen Unterstützung vom statutarischen Zweck umfasst sein; etwas anderes könnte für die Besicherung eines Kredits für den Erwerber mit den gesamten oder einem wesentlichen Teil der verfügbaren Aktiva der Gesellschaft gelten. Denn falls der besicherte Kredit uneinbringlich werden würde und die von der Gesellschaft gestellten Sicherheiten fällig und verwertet werden würden, wäre die Gesellschaft wesentlicher Betriebsmittel beraubt, was eine Fortführung der Gesellschaft entsprechend dem statutarischen Zweck unmöglich machen könnte. Im Einzelnen ist unklar, welche Rechtsgeschäfte so bedeutsam sind, dass sie vom statutarischen Zweck nicht mehr umfasst sind. So wird unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGer vertreten, dass bereits Ausgliederungen im Umfang von fünfzehn bis zwanzig Prozent der Aktiva bzw. der Umsatzgeschäfte einer Gesellschaft in eine Tochtergesellschaft ein so bedeutsames Rechtsgeschäft seien, dass diese eine Zustimmung mit dem Quorum von Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR erforderlich machten57. Dies wird wiederum von einer anderen Meinung ohne nähere Begründung abgelehnt58. In der Tat ist schwer zu erkennen, wie durch eine Auslagerung eines kleineren Teils der Geschäftstätigkeit bei Fortführung der übrigen Ge51

S. 33. 52

Jeweils m.w.N. Böckli, Aktienrecht, § 13 N 497; Zobl, Vertretungsmacht, S. 292; Rusch,

BGE 96 II 439 (445); BGE 111 II 284 (288 f.); BGE 116 II 320 (323). Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 237; Friz, S. 326; Tschäni, M&ATransaktionen 2003, S. 202. Siehe ausführlich zu Zweckklauseln im Konzern unten unter § 7 A. II. 1. 54 BGE 100 II 384 (391). 55 BGE 100 II 384 (390 f.); BGE 116 II 320 (323); Zobl, Vertretungsmacht, S. 293. 56 Handkommentar-OR/Glanzmann, Art. 718 N 2; BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 4. 57 Hofstetter, S. 308. 58 Böckli, Aktienrecht, § 13 N 302b. Für diese Ansicht spricht auch, dass eine Vermögensübertragung gemäß Art. 69 Abs. 1 FusG unabhängig von ihrem Umfang keiner Zustimmung der Generalversammlung bedarf, solange mit dieser keine Zweckänderung verbunden ist, s. unten unter § 9 A. II. 53

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schäftstätigkeit der statutarische Zweck nach der weiten Auslegung des BGer verletzt werden könnte. Starre Wertgrenzen sind daher grundsätzlich nicht geeignet, die Beeinträchtigung des statutarischen Zwecks zu definieren; vielmehr ist inhaltlich zu prüfen, ob die im statutarischen Zweck definierte Geschäftstätigkeit auch bei Eintritt des Verwertungsfalls unbeeinträchtigt fortgeführt werden kann. Ob die Besicherung adäquat entgolten wurde oder nicht, ist für die Möglichkeit des Eintritts des Verwertungsfalls nicht von Belang. Fraglich ist vielmehr, ob bereits die – bei guter Bonität des begünstigten Darlehensnehmers im Einzelfall auch fern liegende – Möglichkeit des Verlustes maßgeblicher Aktiva den statutarischen Zweck verletzt. Dagegen spricht zwar, dass mit der Besicherung selbst zunächst noch keine Änderung des Gesellschaftszwecks verbunden ist59. Dafür spricht jedoch, dass mit der Besicherung in einem entsprechenden Umfang bereits eine potentielle Zweckänderung beschlossen würde, auf deren Eintritt die Gesellschaft keinen Einfluss mehr hätte. Denn ob der besicherte Kredit später notleidend wird oder nicht, liegt in der Regel außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Gesellschaft; tritt der Verwertungsfall ein, wird die Fortführung der statutarisch festgelegten Geschäftstätigkeit unmöglich, ohne dass es eines weiteren Handelns von Organen der Gesellschaft bedürfte. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verletzen folglich im Sonderfall der Besicherung mit wesentlichen Aktiva, die zur Erfüllung der statutarisch festgelegten Geschäftstätigkeit erforderlich sind, unabhängig von deren Wertanteil am Vermögen der Gesellschaft bereits bei Bestellung der Sicherheit den statutarischen Zweck. 2. Umfang der Vertretungsbefugnis Als Vertretungsbefugnis wird das rechtliche Dürfen des Organvertreters im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft bezeichnet60. a) Ausdrückliche Beschränkungen der Vertretungsbefugnis Die Vertretungsbefugnis kann durch die Gesellschaft gegenüber dem jeweiligen Organ sehr weitgehend und grundsätzlich nach Belieben der Gesellschaft durch entsprechende ausdrückliche Maßgaben eingeschränkt werden61. Andere ausdrückliche Beschränkungen können sich aus den Statuten oder Reglementen erge59 Eine Ansicht sieht eine Interzession – offenbar unabhängig von ihrem Umfang – stets vom Gesellschaftszweck umfasst und verneint daher die Problematik der bei einer potentiellen Verletzung des statutarischen Zwecks nötigen faktischen Zweckänderung in diesem Zusammenhang gänzlich, s. Rusch, S. 27. 60 Zobl, Vertretungsmacht, S. 294; Jagmetti, S. 98. 61 BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 6; Zobl, Vertretungsmacht, S. 295; Forstmoser/MeierHayoz/Nobel, § 30 N 99 f. So dürfen z. B. in Arbeitsverträgen summenmäßige Begrenzungen für Rechtsgeschäfte festgelegt werden.

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ben62. Beschränkungen können sowohl positiv als auch negativ formuliert werden63. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die beispielsweise eine summenmäßige Begrenzung in Arbeitsverträgen oder den Statuten übersteigen, wären somit ohne eine ausdrückliche Genehmigung des (Gesamt-)Verwaltungsrats nicht von der Vertretungsbefugnis umfasst. b) Stillschweigende Beschränkungen der Vertretungsbefugnis Daneben bestehen stillschweigende Begrenzungen der Vertretungsbefugnis. So soll nach einer häufig zitierten Formel jedes interessen- und pflichtwidrige Handeln stets außerhalb der Vertretungsbefugnis des jeweiligen Organs liegen64. Welche Rechtshandlungen gegen diese stillschweigenden Begrenzungen verstoßen, soll im Einzelfall zu bestimmen sein65. Nach dieser weiten Formulierung würde grundsätzlich jede Form des interessenund pflichtwidrigen Handelns des Organs die Vertretungsbefugnis entfallen lassen, also zum Beispiel jedweder Verstoß gegen das Gesellschaftsinteresse, gegen die Vorschriften des Kapitalschutzes, gegen die Treue- und Gleichbehandlungspflicht gemäß Art. 717 OR und gegen das Gebot zur Vermeidung von Klumpenrisiken, sofern die verletzten Normen (auch) die Gesellschaft schützen sollen66. Ein derart weites Verständnis stillschweigender Begrenzungen würde jedoch zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, da bei Entfall der Vertretungsbefugnis oder Bösgläubigkeit des Dritten das abgeschlossene Rechtsgeschäft unwirksam wäre. Verstieße eine Organperson etwa mit einer Maßnahme der finanziellen Unterstützung gegen das Gebot zur Vermeidung von Klumpenrisiken und der Dritte (also etwa die Bank) wäre diesbezüglich bösgläubig, wäre das Rechtsgeschäft unwirksam, selbst wenn dieses zu Marktbedingungen erfolgt wäre und sich das Klumpenrisiko nie verwirklicht hätte. Vergleichbare Konstellationen sind etwa auch bei einer Missachtung der Gleichbehandlungspflicht gemäß Art. 717 Abs. 2 OR67 denkbar, die nicht unbedingt den Interessen der Gesellschaft zuwiderlaufen muss68.

62 Auch in den Statuten können etwa summenmäßige Begrenzungen für Rechtsgeschäfte festgelegt werden, s. Zobl, Vertretungsmacht, S. 295; Jagmetti, S. 99. Gemäß Art. 20 Ziff. 4 der Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) sind bei börsenkotierten Gesellschaften nur Darlehen und Kredite an Verwaltungsratsmitglieder erlaubt, die nach den Statuten zulässig sind, s. von der Crone, Aktienrecht, § 2 N 97 f. Daneben können sich interne Beschränkungen auch aus einem Aktionärsbindungsvertrag ergeben, s. BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 8. 63 Watter, S. 151; Zobl, Vertretungsmacht, S. 295. 64 BGE 126 III 361 (363); BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 5; Zobl, Vertretungsmacht, S. 296; Neuhaus/Watter, S. 191; Watter, S. 144; Rusch, S. 57. 65 Zobl, Vertretungsmacht, S. 297. 66 Jagmetti, S. 99; Rusch, S. 57 f. Ähnlich Spörri, § 13 N 17 ff. 67 Hierzu ausführlich unten unter § 5 A. III. 2. c).

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Sinnvoller ist es daher, die stillschweigende Beschränkung der Vertretung eng zu fassen und auf die Fälle zu begrenzen, in denen das abgeschlossene Rechtsgeschäft den Interessen der Gesellschaft unmittelbar zuwiderläuft und dieser schadet69. Nur solche Rechtsgeschäfte werden nach dem mutmaßlichen Willen der Gesellschaft70 von der Vertretungsbefugnis sicher nicht umfasst. Dazu zählen insbesondere Rechtsgeschäfte zu nicht marktgerechten Bedingungen, die in der Regel als Verletzung von Kapitalschutz- und Kompetenznormen interessewidrig sind71. Solche Verletzungen von Kapitalschutzvorschriften und der Kompetenzordnung der Gesellschaft können regelmäßig als stillschweigend von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen gelten. Hierzu zählen jedoch nicht Rechtsgeschäfte, die die Interessen der Gesellschaft nur potentiell schädigen, indem sie etwa das Gebot der Vermeidung von Klumpenrisiken oder die Gleichbehandlungspflicht missachten. Solche Pflichtverletzungen, die zudem dem außenstehenden Vertragspartner nicht notwendigerweise einen Vorteil verschaffen, sind vielmehr allein dem Binnenverhältnis von Gesellschaft und Verwaltungsrat zuzuordnen und sinnvollerweise allein über die Verantwortlichkeit des Organs zu sanktionieren72. Die stillschweigende Begrenzung der Vertretungsbefugnis gilt folglich nur für solche Rechtsgeschäfte, die die Gesellschaft schützende Normen und damit das Gesellschaftsinteresse unmittelbar und nicht nur potentiell verletzen. c) Beschränkungen bei Insichgeschäften Die Vertretungsbefugnis umfasst ferner grundsätzlich nicht Insichgeschäfte des handelnden Organs, wenn also das handelnde Organ mit sich selbst oder mit einer von ihm vertretenen juristischen Person kontrahiert73. Ein Insichgeschäft wird typischerweise in Fällen des MBOs vorliegen, in denen ein Verwaltungsrat für die 68 Vorausgesetzt eine finanzielle Leistung an einen einzelnen Aktionär unter Verletzung der Gleichbehandlungspflicht erfolgt zu Marktbedingungen. In diesem Fall kann die Gleichbehandlungspflicht verletzt sein, ohne dass die Interessen der Gesellschaft unmittelbar verletzt sind. Eklatante Verstöße gegen die Gleichbehandlungspflicht wie etwa kompensationslose Zuwendungen verstoßen auch zugleich gegen Kapitalschutzvorschriften, so dass sie schon unter diesem Gesichtspunkt außerhalb der Vertretungsbefugnis erfolgen. 69 Neuhaus/Watter, S. 190 f.; Watter, S. 144. 70 Watter, S. 144 Fn. 636; Watter, S. 48. 71 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 12; Neuhaus/Watter, S. 190 f. Daneben kann sich eine Interessenwidrigkeit bei Interessenkonflikten im Konzern ergeben, s. hierzu unten unter § 7 A. II. 3. 72 Gl. M. Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 241; Blum, Cash Pooling, S. 714; Friz, S. 327. 73 BGE 89 II 321 (324); BGE 126 III 361 E. 3. a; BGer 4 A_360/2012 vom 3. Dezember 2012, E 4; Zobl, Vertretungsmacht, S. 302; Stutz/von der Crone, S. 103; Böckli, Insichgeschäfte, S. 355 f.; Fischer, Organschaftliche Doppelvertretung, S. 282. Zur möglichen künftigen gesetzlichen Regelung dieser Problematik in Art. 717a E-OR s. Böckli, Insichgeschäfte, S. 365 ff.

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Gesellschaft sich selbst gegenüber finanzielle Unterstützung zum Erwerb von Anteilen gewährt. Ebenso kann beim LBO ein Insichgeschäft vorliegen, wenn die jeweils handelnden Organe von Ziel- und Zweckgesellschaft personenidentisch sind74. Nach den für das Zivilrecht entwickelten richterrechtlichen Grundsätzen ist ein solches Insichgeschäft nichtig75, es sei denn, der Vertretene hat den Vertreter zum Abschluss ausdrücklich oder stillschweigend ermächtigt oder den Vertragsschluss nachträglich genehmigt76. Das BGer hat diese Grundsätze auch auf die aktienrechtliche Organvertretung übertragen und lässt in diesen Fällen eine Ermächtigung oder nachträgliche Genehmigung von Insichgeschäften durch ein „über- oder nebengeordnetes Organ“77 ausdrücklich zu. Eine stillschweigende Ermächtigung ist insbesondere anzunehmen, wenn die Gefahr einer Benachteiligung des Vertretenen ausgeschlossen ist, etwa beim Abschluss eines Geschäfts zu festen Marktpreisen78. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wird eine Benachteiligung der Gesellschaft nur bei strenger Einhaltung von Drittbedingungen gänzlich ausgeschlossen sein79, so dass bei einem MBO oder LBO in der Regel eine Genehmigung erforderlich sein wird. Zur Erteilung der Ermächtigung oder Genehmigung ist als nebengeordnetes Organ insbesondere ein nicht befangenes, zeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrats oder der Gesamtverwaltungsrat befugt80. Allerdings kann diese 74

Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 238; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 602. Da die Vertretungsbefugnis überschritten wird und der Dritte stets bösgläubig sein wird, da er mit dem Vertreter personenidentisch ist, s. BGE 126 III 361 E. 3. a. Ausführlich zur Gutgläubigkeit und den Rechtsfolgen bei Überschreiten der Vertretungsbefugnis siehe unten unter § 5 A. II. 3. b). 76 BGE 127 III 332 E. 2. a.; BGE 126 III 361 E. 3. a; BGer 4 A_360/2012 vom 3. Dezember 2012, E 4; Stutz/von der Crone, S. 102; Böckli, Insichgeschäfte, S. 355 f.; Fischer, Organschaftliche Doppelvertretung, S. 282. Es unterliegt zudem gemäß Art. 718b OR oberhalb einer Bagatellgrenze dem Schriftformzwang. 77 BGE 127 III 332 E. 2. b.; BGE 126 III 361 E. 3. a; BGer 4 A_360/2012 vom 3. Dezember 2012, E 4; BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 12. 78 Zobl, Vertretungsmacht, S. 302 f.; Huguenin, Insichgeschäfte, S. 525. 79 Was allenfalls bei Vorliegen eines unabhängigen Gutachtens über die Angemessenheit der Bedingungen der finanziellen Unterstützung (sogenannte fairness opinion) denkbar ist, s. Böckli, Aktienrecht, § 13 N 603; Huguenin, Insichgeschäfte, S. 525; Böckli, Insichgeschäfte, S. 368. Das BGer hält ohne Vorliegen einer objektiven Bewertung durch Börsenpreise oder fairness opinion eine rein bilanzielle Gleichwertigkeit etwa bei Forderungsabtretungen nicht für ausreichend, s. BGer 4 A_360/2012 vom 3. Dezember 2012, E 4.1.2. s. hierzu Fischer, Organschaftliche Doppelvertretung, S. 282 f.; Straessle/von der Crone, S. 344 f. 80 BGE 127 III 332 E. 2. b.; Huguenin, Insichgeschäfte, S. 524; Straessle/von der Crone, S. 346 ff. Als zur Genehmigung befugtes „übergeordnetes“ Organ kommt die Generalversammlung nur im Ausnahmefall in Betracht, wenn kein genehmigungsbefugter Verwaltungsrat vorhanden ist, s. BGE 127 III 332 E. 2. b. aa. In der Lehre wird eine Genehmigungsmöglichkeit durch die Generalversammlung als Verletzung des Paritätsprinzips überwiegend kritisch gesehen, s. Stutz/von der Crone, S. 108 f.; Huguenin, Insichgeschäfte, S. 525; Zobl, Vertre75

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einfache Genehmigung durch ein neben- oder übergeordnetes Organ lediglich die Beschränkung durch das Insichgeschäft heilen, nicht jedoch die etwaig damit einhergehende Verletzung von Kapitalschutzvorschriften81. Deren Heilung – sofern sie durch Genehmigung überhaupt möglich ist – erfordert mehr als eine einfache Genehmigung durch Organe der Gesellschaft82. Das BGer hat die Grundsätze zur Genehmigung von Insichgeschäften auch auf die Behandlung von Interessenkonflikten im Konzern übertragen83. 3. Rechtsfolgen der Überschreitung von Vertretungsbeschränkungen a) Bei Überschreiten der Vertretungsmacht Rechtsgeschäfte, die der Verwaltungsrat außerhalb seiner Vertretungsmacht abgeschlossen hat, sind analog84 Art. 38 Abs. 1 OR schwebend unwirksam. Die Generalversammlung kann das Rechtsgeschäft – ggf. nach Fristsetzung des Dritten gemäß Art. 38 Abs. 2 OR analog – genehmigen oder endgültig ablehnen. Entscheidet die Generalversammlung nicht binnen einer etwaigen Fristsetzung, gilt das Rechtsgeschäft als nicht genehmigt und ist damit endgültig unwirksam, bei Zustimmung ist es endgültig verbindlich85. Wurde durch das Rechtsgeschäft der statutarische Zweck überschritten86, erfordert die Genehmigung zugleich eine faktische Zweckänderung des statutarischen Zwecks mit der Mehrheit von Art. 704 Abs. 1 Ziff. 2 OR87 und der Publikation des tungsmacht, S. 309 ff. Eine Reihe von Autoren möchte eine Genehmigung durch die Generalversammlung jedoch ausnahmsweise zulassen, s. Zobl, Vertretungsmacht, S. 311; Grünenfelder, S. 52; Rusch, S. 64. Zurückhaltend Böckli, Aktienrecht, § 13 N 647 ff. Einen solchen Beschluss lediglich als bloßen Konsultativentscheid extra lege für zulässig halten Straessle/von der Crone, S. 346 ff. 81 Eine Genehmigung verstieße wohl gegen Art. 706b OR, da die Kapitalschutzvorschriften nicht nur dem Schutz der Gesellschaft dienen, s. von Büren/Lüthi, S. 99; Grünenfelder, S. 44. A.A. Lemp, S. 323. Der in BGE 126 III 361 E. 5. a. getroffenen Aussage, das Verbot des Selbstkontrahierens schütze nicht die Gläubiger, ist zwar zuzustimmen, allerdings vermag eine Genehmigung des Selbstkontrahierens umgekehrt gläubigerschützende Kapitalschutzvorschriften auch nicht zu beschränken, wie es das BGer durch Verweis auf die paulianische Anfechtungsklage anzudeuten scheint. 82 Dazu eingehend unten unter § 6 A. III. 3. 83 Siehe hierzu ausführlich unten unter § 7 A. II. 3. a). 84 Da es sich nicht um eine gewillkürte, sondern gesetzliche Form der Vertretungsmacht handelt, s. BK-OR/Zäch, Vorb. zu OR 32 – 40 N 46, a.A. BSK-ORI/Watter, Art. 32 N 11, der Art. 32 ff. auf die organschaftliche Vertretungsmacht direkt anwendet. 85 Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 237; Jagmetti, S. 101 f. 86 Bei Maßnahmen der finanzellen Unterstützung kann dies insbesondere bei einer Besicherung der Erwerbsfinanzierung mit wesentlichen Aktiva der Gesellschaft der Fall sein, s. BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716 N 4. 87 BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 2. Erforderlich ist ein Quorum von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen und die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte. Für den eher

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geänderten statuarischen Zwecks im Handelsregister88. Im Fall einer Besicherung mit wesentlichen Aktiva müsste eine solche statutarische Zweckänderung entweder aufschiebend bedingt, durch wirksamen Beschluss der Generalversammlung mit den erforderlichen Quoren erfolgen, so dass die Eintragung des geänderten Zwecks jederzeit bei Eintritt des Verwertungsfalls durch den Verwaltungsrat vorgenommen werden kann und durch die Verwertung die Grenzen der Vertretungsmacht nicht überschritten werden, oder durch nachträgliche Änderung des statutarischen Zwecks nach Eintritt des Verwertungsfalls, was allerdings aus Sicht des Kreditgebers, dessen Darlehen besichert wurde, jedenfalls bei unklaren Merheitsverhältnissen in der Gesellschaft mit weiteren Rechtsunsicherheiten verbunden wäre und den wirtschaftlichen Wert der Besicherung mindern würde. Ausgeschlossen ist eine wirksame Genehmigung von Rechtshandlungen, die gegen gesetzliche Verbote verstoßen. Solche Beschlüsse sind gemäß Art. 706 Abs. 2 OR anfechtbar und unter Umständen bereits gemäß Art. 20 OR nichtig89. Wird die Genehmigung nicht oder nicht in der erforderlichen Form erteilt, ist das Rechtsgeschäft endgültig nichtig und muss nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts rückabgewickelt werden90. b) Bei Überschreiten der Vertretungsbefugnis aa) Gutgläubigkeit des Dritten Überschreitet das handelnde Organ bei der Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung lediglich die Grenzen seiner Vertretungsbefugnis, so ist das Rechtsgeschäft der Gesellschaft mit dem Dritten trotz Überschreitung wirksam, sofern der Dritte bei Abschluss des Rechtsgeschäfts gutgläubig war. Dies muss aus Gründen des Verkehrsschutzes auch für etwaige gemäß Art. 714 OR i.V.m. Art. 706b theoretischen Fall, dass mit der Maßnahme der finanziellen Unterstützung ausnahmsweise auch der Endzweck der Gewinnstrebigkeit aufgehoben werden sollte, ist zur Genehmigung die Zustimmung aller Aktionäre gemäß Art. 706 Abs. 2 Ziff. 4 OR erforderlich, s. BSK-ORII/ Dubs/Truffer, Art. 706 N 16. 88 BGE 100 II 384 (390 f.); Böckli, Aktienrecht, § 1 N 478 ff. Eine stillschweigende Zweckänderung, nach der ein zustimmender Beschluss ohne formelle Zweckänderung zur Genehmigung ausreichen soll, ist wegen der fehlenden Publizitätswirkung, mit der Dritte unter anderem über den Umfang der Vertretungsmacht informiert werden sollen, abzulehnen, s. Rusch, S. 26 f.; Handschin, Konzern, S. 122 f.; Kummer, S. 153. A.A. Watter, S. 82 f.; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 22 N 72 und 78; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 237. Teilweise wird eine stillschweigende Zweckänderung ausnahmsweise bei einer vollständig beherrschten Gesellschaft für zulässig gehalten, die ihre Eingliederung in den Konzern durch sogenannte „öffentliche Konzernierung“ nach außen kundgetan hat, s. Handschin, Konzern, S. 101 f.; von Büren, SPR-Konzern, S. 87 f. 89 Fn. 183 bei Jagmetti, S. 101. 90 Jagmetti, S. 102; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 237; Rubli, S. 257. Bei Vorliegen spezieller Rückerstattungsansprüche wie etwa Art. 680 Abs. 2 OR werden die Bereicherungsansprüche von diesen verdrängt bzw. ergänzt.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

OR bzw. gemäß Art. 706b OR nichtige Beschlüsse des Verwaltungsrats und der Generalversammlung gelten91. Der gute Glaube des Dritten wird dabei gemäß Art. 3 Abs. 1 ZGB vermutet92. Der Dritte ist daher gemäß Art. 3 Abs. 2 ZGB nur bösgläubig, wenn er die Begrenzungen der Vertretungsbefugnis kannte oder nicht mit der gebotenen Sorgfalt etwaige Beschränkungen prüft93. Hinsichtlich etwa gemäß Art. 718 Abs. 2 OR94 im Handelsregister eingetragener Beschränkungen der Vertretungsbefugnis kann sich der Dritte grundsätzlich nicht auf seinen guten Glauben berufen; diese gelten gemäß Art. 933 Abs. 1 OR aufgrund der positiven Publizitätswirkung stets als allgemein bekannt95. Grundsätzlich sind an den zu beachtenden Sorgfaltsmaßstab Dritter bei der Prüfung von Beschränkungen aus Gründen des Verkehrsschutzes nur geringe Anforderungen zu stellen96. Das BGer entwickelte in einem Entscheid97 eine dogmatische Differenzierung des anzulegenden Sorgfaltsmaßstabs. Danach hielt es bei Überschreitung der Vollmacht (simple dépassement) Bösgläubigkeit für die Verneinung des guten Glaubens für erforderlich, erachtete bei „wirklichem Missbrauch“ (véritable abus) der Vertretungsmacht jedoch bereits einfache Zweifel für ausreichend98. Während dabei der 91

Böckli, Aktienrecht, § 13 N 278. BGE 119 II 23; BGE 116 II 689 (692 f.); BGE 77 II 138 (143 f.); BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 11; Zobl, Vertretungsmacht, S. 299; Watter, S. 175 ff. A.A. Merz, S. 407; Bär, Rechtsprechung 1985, S. 253 f. Diese wollen Art. 933 II OR analog anwenden mit dem argumentum a fortiori: Wenn schon hinsichtlich eintragungsfähiger, aber nicht eingetragener Umstände nur Kenntnis der nicht eingetragenen Umstände zur Zerstörung des guten Glaubens führe, so müsse diese starke Vermutung erst recht für nicht eintragungsfähige Umstände gelten. Allerdings geht der Hinweis auf das argumentum a fortiori hier fehl: Während bei eintragungsfähigen Umständen die Nichteintragung einen Rückschluss auf die nicht eingetragenen Umstände zulässt, ist dieser bei nicht eintragungsfähigen Umständen nicht möglich. Ob diese bestehen oder nicht, lässt sich anhand eines Registereintrags überhaupt nicht sagen. Der anzuwendende Sorgfaltsmaßstab richtet sich daher mit der h.M. nach Art. 3 Abs. 1 ZGB. Praktische Relevanz entfaltet der Streit ohnehin kaum, da auch nach der von der h.M. vertretenen Auslegung von Art. 3 Abs. 1 ZGB nur bei Kenntnis (wie bei Art. 933 II OR) oder Bösgläubigkeit i.S. eines Kennenmüssens der Gutglaubensschutz zerstört ist, wobei Letzteres nur sehr restriktiv Anwendung findet. 93 BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 11; Zobl, Vertretungsmacht, S. 299 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 238. 94 Wie etwa dem Kollektivzeichnungsrecht, s. Art. BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 15 f. 95 BSK-ORII/Eckert, Art. 933 N 6; BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 15 f.; Zobl, Vertretungsmacht, S. 297; Watter, S. 173. Nicht eingetragene eintragungspflichtige Beschränkungen wiederum wirken gemäß Art. 933 Abs. 2 OR gegenüber Dritten nur bei nachgewiesener positiver Kenntnis des Dritten, s. BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 16. 96 BGE 119 II 23 (25 f.); BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 11; Zobl, Vertretungsmacht, S. 307 ff. Eher strenge Anforderungen an die Sorgfalts- und Erkundigungspflicht stellt noch BGE 38 II 465 (468 f.). 97 BGE 119 II 23. 98 BGE 119 II 23, E 3. c. 92

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„wirkliche Missbrauch“ der Vertretungsmacht vom BGer eng definiert wird99, wird die Überschreitung der Vollmacht im Gegenzug nur lapidar als Überschreitung der internen Beschränkungen bezeichnet. Diese Differenzierung ist zu Recht im Schrifttum auf Kritik gestoßen100. Denn es mutet seltsam an, für den Dritten einen unterschiedlichen Sorgfaltsmaßstab je nach zugrunde liegender interner, vom Dritten in der Regel gar nicht erkennbarer Missbrauchskonstellation aufzustellen101. Da bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung jedoch kaum je die vom BGer aufgestellten Merkmale eines Missbrauchs der Vertretungsmacht erfüllt sein werden102, können etwaige Konsequenzen dieser Rechtsprechung im Folgenden unberücksichtigt bleiben103. Eine Erkundigungspflicht des Dritten über Beschränkungen der Vertretungsbefugnis bei Rechtshandlungen des Vertreters besteht folglich grundsätzlich nicht, sofern keine weiteren Verdachtsmomente für ein Überschreiten der Vertretungsbefugnis hinzutreten104 oder sonst aufgrund der Umstände der Dritte die Beschränkungen hätte erkennen müssen105. Unklarheit besteht dabei über den Grad der notwendigen Verdachtsmomente und besonderen Umstände. Ein Teil des Schrifttums106 sieht nur bei Verdachtsmomenten, deren Nichtbeachtung eine grobe Fahrlässigkeit darstellen würde, eine Erkundigungspflicht gegeben. Begründet wird diese Ansicht mit den Erfordernissen des sicheren und zü99

Definiert durch die vier Merkmale (1) dans son propre intérêt (im Eigeninteresse) (2) au détriment du répresenté (zum Nachteil des Vertretenen) (3) de façon délictueuse (in deliktischer Weise) (4) (sans avoir) jamais eu l’intention d’agir pour le compte du répresenté (ohne je die Absicht gehabt zu haben, auf Rechnung des Vetretenen zu handeln); s. BGE 119 II 23 E 3. b. und c; Chappuis, S. 235. 100 Chappuis, S. 237 ff.; Bär, Rechtsprechung 1993, S. 430 ff. 101 Chappuis, S. 238; Bär, Rechtsprechung 1993, S. 432. Ähnlich schon Watter, S. 138. Zudem war eine Differenzierung zur Begründung des Urteils auch gar nicht erforderlich, denn nach den besonders ungewöhnlichen Umständen des Geschäfts war der Dritte auch ohne Rückgriff auf die vom BGer neu geschaffene Dogmatik ohne weiteres als erkundigungspflichtig und somit als bösgläubig zu qualifizieren, s. Bär, Rechtsprechung 1993, S. 433; Chappuis, S. 240. 102 Insbesondere das vierte Kriterium eines „wirklichen Missbrauchs“, die fehlende Absicht, überhaupt auf Rechnung des Vertretenen handeln zu wollen, wird bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kaum je erfüllt sein. 103 Relevant würde diese Doktrin auch für Maßnahmen der finanziellen Unterstüzung in der Auslegung von Messerli, S. 19. Dieser deutet das Urteil dahingehend, dass weniger die Unterscheidung in wirklichen Missbrauch der Vertretungsmacht und Überschreitung der Vollmacht relevant sei, sondern der Grundsatz, dass bei Vorliegen von Anhaltspunkten für schwerwiegende Pflichtverletzungen Erkundigungen anzustellen seien. Damit ignoriert er aber eben zugunsten einer eigenen Auslegung die unterschiedlichen Maßstäbe für die Sorgfaltspflicht, die das BGer in BGE 119 II 23 (26) ausdrücklich aufstellt. 104 BGE 77 II 138 (147 f.); BGE 83 II 126 (133); BSK-ZGB/Honsell, Art. 3 N 40. 105 Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 187; Grünenfelder, S. 22. 106 BSK-ZGB/Honsell, Art. 3 N 40; Watter, S. 176 ff.; Graf, S. 64; Zobl, Vertretungsmacht, S. 299 f.; Jagmetti, S. 100; Grünenfelder, S. 22.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

gigen Rechtsverkehrs. Andere Stimmen im Schrifttum orientieren sich stärker am Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 ZGB und lassen im Ergebnis einfache Zweifel für eine Erkundigungspflicht ausreichen107. Daneben soll sich der Grad der Erkundigungspflicht nach den jeweiligen Usancen des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts richten108 oder es wird eine typisierte Betrachtung von Rechtsgeschäften mit entsprechend typisiertem Sorgfaltsmaßstab vertreten109. Die Rechtsprechung ist insgesamt uneinheitlich, neigt im Ergebnis jedoch wohl zu eher geringen Anforderungen an den erforderlichen Grad der Verdachtsmomente. Unter welchen Voraussetzungen die Vermutung des guten Glaubens als widerlegt gelten kann, soll im Einzelfall zu prüfen sein110. Während sie bei gewillkürter Stellvertretung bei Privatgeschäften einen eher großzügigen Maßstab für die gebotene Sorgfalt des Dritten bei Vorliegen von Verdachtsmomenten anlegt111, fasst sie die Sorgfaltspflicht im Geschäftsverkehr, insbesondere bei bestimmten, typischerweise mit besonderen Risiken verbundenen Geschäftsformen wie dem Occasionenhandel oder dem Bankwesen, wesentlich strenger und lässt bei diesen bereits einfache Zweifel für eine gesteigerte Erkundigungspflicht ausreichen112. Insgesamt sprechen die überwiegenden Argumente für grundsätzlich hohe Anforderungen an das Vorliegen von Verdachtsmomenten, die eine Erkundigungspflicht des Dritten auslösen und gegebenenfalls zur Beseitigung des guten Glaubens führen können. Denn auch wenn Art. 933 OR aus systematischen Gründen keine Anwendung findet und Art. 3 Abs. 2 ZGB dem Wortlaut nach bereits einfache Fahrlässigkeit für die Beseitigung des guten Glaubens ausreichen lässt, muss sich aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs die Erkundigungspflicht des Dritten bezüglich Beschränkungen der Vertretungsbefugnis eines Organs der Aktiengesellschaft neben den im Handelsregister eingetragenen Tatsachen auf besondere Umstände beschränken. Solche besonderen Umstände können sich nur aufgrund der besonderen Usancen des zugrunde liegenden Geschäfts oder aufgrund augenfälliger Verdachtsmomente ergeben, die das Misstrauen jedes vergleichbaren Dritten in 107

BK-ZGB/Jäggi, Art. 3 N 128 f.; wohl auch Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 30 N 97. BSK-ZGB/Honsell, Art. 3 N 39; BK-ZGB/Jäggi, Art. 3 N 129; Spörri, § 9 N 77 f. 109 Insbesondere für Banken Messerli, S. 19 ff. Andere vertreten eine mehrstufige Betrachtungsweise der erforderlichen Sorgfalt bei der Berücksichtigung von Verdachtsmomenten, s. Aebi, S. 81 ff. 110 BGer 4 A_228/2008 v. 27. März 2009, E 4.1.2. 111 BGE 77 II 138 (143 f.). 112 Für den Occasionenhandel: BGE 107 II 41 (42 ff.); BGE 113 II 397. Für das Bankwesen: BGE 38 II 465 (469); BGE 116 II 689 (693). Kein Verdachtsmoment wurde allerdings beim Verkauf einer angeblich aus einem Vermächtnis stammenden größeren Anzahl Goldmünzen an eine Bank gesehen, s. BGE 100 II 8 (15). Soweit einschlägig wird zur Bestimmung geschäftsüblicher Sorgfalt auch die Konvention über die Sorgfaltspflicht der Banken (Revidierte Vereinbarung der unterzeichnenden Banken und der Schweizerischen Nationalbank über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern und über die Handhabung des Bankgeheimnisses vom 1. Juli 2003) herangezogen, s. BGE 131 III 511 (521 f.); BGE 109 Ib 146 E 3. a. 108

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derselben Situation erwecken würden, wie etwa Fälle des Selbstkontrahierens113 oder offensichtliche Interessenkonflikte114. Als Dritte, mit denen das handelnde Organ im Zusammenhang mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kontrahiert, kommen sowohl die Empfänger der finanziellen Unterstützung (also typischerweise der beherrschende Aktionär oder eine von ihm beherrschte Zweckgesellschaft) als auch eine finanzierende Bank (insbesondere bei der Bestellung von Sicherheiten zugunsten des Empfängers der finanziellen Unterstützung) in Betracht. Während der Empfänger der finanziellen Unterstützung als direkt oder mittelbar die Gesellschaft beherrschender Aktionär in Bezug auf mögliche Überschreitungen der Vertretungsbefugnis durch interessewidrige Geschäfte regelmäßig bösgläubig sein wird, da er die jeweiligen Maßnahmen letztlich selbst veranlasst hat und umfassenden Einblick in die Verhältnisse der Gesellschaft hat115, ist dies hinsichtlich der finanzierenden Bank weniger eindeutig. Für Bankgeschäfte im Zusammenhang mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist folglich nach der Rechtsprechung zunächst eine Beachtung aller banküblichen Standards und Usancen zu verlangen116. Darüber hinaus trifft die Bank nach der Rechtsprechung bei Interessenkonflikten, die ihr aufgrund ihrer Einsichtsmöglichkeiten und Fachkenntnisse auffallen müsste, eine besondere Erkundigungspflicht117. Aufgrund der umfassenden Einsichtsmöglichkeit einer finanzierenden Bank in die Verhältnisse einer Gesellschaft, der daraus resultierenden Kenntnis von Interessenkonflikten im Konzern und der professionellen Kenntnis der üblichen Finanzierungskonditionen wird man daher eine umfassende Erkundigungspflicht der Bank bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung hinsichtlich einer etwaigen Verletzung des Gesellschaftsinteresses durch inadäquate Bedingungen regelmäßig annehmen müssen. Der gute Glaube der finanzierenden Bank wird folglich in der Regel nicht gegeben sein118. 113 BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 11 ff.; Zobl, Vertretungsmacht, S. 307 f. Zu Insichgeschäften siehe unter § 5 A. II. 2. c). 114 Zu Interessenkonflikten im Konzern siehe unten unter § 7 A. II. 3. 115 von Büren/Lüthi, S. 94. Im Rahmen eines MBOs, bei dem das Management Empfänger der finanziellen Unterstützung ist, wird regelmäßig auch die Bösgläubigkeit des Managements gegeben sein. Sofern auch ein herrschender Aktionär in einer Drittkonstellation beim MBO an der finanziellen Unterstützung beteiligt ist, also wenn dieser etwa ein Darlehen der Gesellschaft an das Management besichert, werden regelmäßig sowohl das Management als auch der herrschende Aktionär bösgläubig sein, da beide in die wesentlichen Beschränkungen der Vertretungsbefugnis Einblick haben. 116 Zu diesen eingehend Grünenfelder, S. 45 f. 117 BGE 126 III 361 (365). 118 So auch die ganz überwiegende Auffassung im Schrifttum, s. Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 187 Fn. 22; Neuhaus/Watter, S. 198; Rusch, S. 45 f.; Aebi, S. 102 ff.; Jagmetti, S. 104; Banz, S. 197; Tschäni, Risiken, S. 214; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 240. Für den guten Glauben bezüglich Interessenkollisionen auch Grünenfelder, S. 45 ff. A.A. für den guten Glauben hingegen bezüglich adäquater Vergütung Grünenfelder, S. 119 f. Grundsätzlich ab-

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

bb) Bösgläubigkeit des Dritten War der Dritte bei Vornahme der Rechtshandlung bösgläubig, wird die Überschreitung der Vertretungsbefugnis wie eine Überschreitung der Vertretungsmacht behandelt119. Das Rechtsgeschäft ist bis zur Genehmigung durch ein dazu befugtes Organ schwebend unwirksam. Genehmigen kann die Rechtshandlung, je nach Art der überschrittenen Beschränkung der Vertretungsbefugnis, ein nebengeordneter Verwaltungsrat120 oder die Generalversammlung121. Eine solche Genehmigung kann jedoch die fehlende Vertretungsbefugnis nur insoweit heilen, als durch die Überschreitung nicht nicht sonstige zwingende Kapitalschutzbestimmungen zum Schutze Dritter verletzt werden122. Sofern diese durch die Maßnahme der finanziellen Unterstützung verletzt wurden, erfordern diese entweder eine entsprechend qualifizierte Genehmigung123 oder sind überhaupt nicht genehmigungsfähig124. III. Grundsätzliche Verhaltenspflichten der handelnden Organe Die bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung handelnden Personen unterliegen besonderen Verhaltenspflichten, die sich direkt oder mittelbar aus den Verhaltenspflichten der kompetenten Organe ergeben. Während die spezielleren Kapitalschutznormen ausführlich weiter unten125 behandelt werden, soll nachfolgend untersucht werden, inwieweit allgemeine Verhaltenspflichten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung begrenzen.

weichend von Büren/Lüthi, S. 95 ff. Diese unterscheiden strikt zwischen Deckungsverhältnis und Sicherheitenbestellung und sehen daher letztere isoliert als weder interessen- noch pflichtwidrig, auch wenn es das Deckungsverhältnis nicht sein sollte. Eine solche Trennung scheint jedoch angesichts des umfassenden Kenntnisstands der Bank, die zudem auch das Deckungsgeschäft abschließt, gekünstelt. Eine Gutgläubigkeit der Bank ist allerdings in ganz atypischen Konstellationen durchaus denkbar, etwa wenn die finanzielle Unterstützung nicht an einen Mehrheitsaktionär und nicht zu gänzlich marktfernen Konditionen, aber dennoch nicht zu Marktbedingungen erbracht wird. Zu den Auswirkungen dieses Streits auf den Rechtsschutz insbesondere im Konzern siehe unten unter § 7 A. IV. 2. 119 Siehe hierzu oben unter § 5 A. II. 3. a). 120 In Fällen des Insichgeschäfts, siehe oben unter § 5 A. II. 2. c), und ggf. bei Interessenkonflikten im Konzern, siehe unten unter § 7 A. II. 3. 121 Etwa bei statutarischen Beschränkungen der Vertretungsbefugnis oder nach der Rechtsprechung bei Interessenkonflikten im Konzern, siehe unten unter § 7 A. II. 3. a). 122 Da solche Beschlüsse stets gemäß Art. 706b Nr. 3 OR nichtig sind. 123 Etwa eine verdeckte Gewinnausschüttung nur durch formell wirksamen Gewinnausschüttungsbeschluss, s. unten unter § 6 A. III. 3. 124 Etwa im Fall der verdeckte Einlagenrückgewähr s. unten unter § 6 A. II. 2. 125 Siehe unten unter § 6 A.

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1. Organbegriff Den nachfolgend aufgeführten Pflichten und der ggf. aus einer Verletzung dieser Pflichten resultierenden Haftung unterliegen gemäß Art. 754 Abs. 1 OR zunächst die Mitglieder des Verwaltungsrats als formelles Organ sowie diejenigen Personen, an die die eigenverantwortliche Geschäftsführung ganz oder teilweise gemäß Art. 716 Abs. 2 OR delegiert wurde126. Daneben treffen diese Pflichten auch faktische Organe, also natürliche oder juristische Personen, die ohne gesetzlich vorgesehene Befugnis die Aufgaben eines Organs wahrnehmen127. Bedeutung kommt der Rechtsfigur des faktischen Organs insbesondere im Konzernrecht zu128. 2. Pflichtverletzung Die Beachtung der Sorgfaltspflicht nach Art. 717 Abs. 1 OR ist die Kernnorm der Verantwortlichkeit der Organmitglieder129. Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann durch Verletzung spezieller durch Gesetz oder Statuten bestehender Organpflichten zum Schutz von Aktionären oder Gläubigern erfolgen130. Zu diesen zählen insbesondere die Kapitalschutzvorschriften und die Vorschriften zur Kompetenzordnung der Gesellschaft131. Somit besteht für Organmitglieder als Unteraspekt der Beachtung der Sorgfaltspflicht zunächst eine Legalitätspflicht132. Über die Beachtung konkreter gesetzlicher und statutarischer Vorgaben hinaus muss das Organmitglied weitere abstrakt formulierte Pflichten beachten. Eine Verletzung der allgemeinen Pflicht zur sorgfältigen Führung der Gesellschaft kann sich insbesondere aus der Missachtung der in Art. 716a OR aufgezählten zentralen Pflichten des Organs ergeben133. Weitere Pflichtverletzungen können sich bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung darüber hinaus aus einer Verletzung von Treue- und Gleichbehandlungspflicht nach Art. 717 OR ergeben. Nachfolgend 126

Sogenannte „materielle Organe“, s. BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 5; alle Mitglieder der Geschäftsleitung als Organe qualifizierend Böckli, Aktienrecht, § 18 N 108. 127 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 5; Böckli, Aktienrecht, § 18 N 109 ff. Die in der Lehre diskutierte faktische Organschaft von Kreditgebern, s. BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 10 m.w.N., dürfte für typische LBOs und MBOs kaum je relevant sein, da bestimmende Kraft in diesen die Finanzinvestoren und nicht die Banken sind. 128 Siehe dazu ausführlich unten unter § 7 A. IV. 3. c). 129 Böckli, Aktienrecht, § 13 N 380. 130 BGE 110 II 394; BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 25; Krneta, N 2078. 131 Für eine Übersicht zu diesen und weiteren gesetzlichen Pflichten BSK-ORII/Widmer/ Gericke/Waller, Art. 754 N 26 ff. 132 Das ergibt sich schon aus Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 OR, nach der der Verwaltungsrat die Einhaltung von Gesetzen und Statuten zu überwachen hat. Bezüglich der etwaigen Verletzung von speziellen gesetzlichen Vorschriften durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung siehe die jeweiligen Kapitel, für den Kapitalschutz etwa § 6 A. 133 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 26 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 303 ff.

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sollen diese abstrakt formulierten allgemeinen Sorgfaltspflichten genauer untersucht werden. a) Verletzung der Sorgfaltspflicht Neben den sonstigen gesetzlichen Vorschriften zum Schutz von Aktionären und Gläubigern umfasst die Sorgfaltspflicht insbesondere die Wahrnehmung der in Art. 716a OR definierten unübertragbaren Aufgaben des Organs. Zu diesen zählt gemäß Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR namentlich die Finanzplanung und -kontrolle (auch als Finanzverantwortung bezeichnet)134. Diese beinhaltet neben der Pflicht zur Überwachung der Liquidität und einer angemessenen Kapitalstruktur135 auch eine Beachtung der Sorgfalt bei Anlage und Erhalt des Gesellschaftsvermögens136. Durch die Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können diese Pflichten verletzt werden, insbesondere die Sorgfalt bei der Anlage des Gesellschaftsvermögens durch Eingehung eines Klumpenrisikos und die Pflicht zur angemessenen Finanzplanung durch Herbeiführen einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft. Dabei wird die zu beachtende Sorgfaltspflicht nach einem objektiven Maßstab bestimmt137, maßgeblich ist also, wie ein vernünftiger Dritter die Finanzverantwortung wahrgenommen hätte. aa) Eingehung eines Klumpenrisikos Unter einem Klumpenrisiko versteht man im Bankaufsichts- und Investmentrecht eine übermäßig konzentrierte Allokation von Vermögensanlagen auf eine Investition bzw. einen Schuldner138. Kommt es zu einem Verlust oder Totalausfall bei dieser Investition oder diesem Schuldner, ist der Schaden für das Gesamtvermögen des jeweiligen Finanzintermediärs hoch, verbunden mit dem Risiko, dass dadurch dessen eigene Insolvenz herbeigeführt wird. Vorschriften im Bank- und Investmentrecht sehen vor, dass solche Klumpenrisiken bei der Kreditvergabe bzw. Vermögensanlage zu vermeiden sind, und definieren ein Klumpenrisiko als einen bestimmten Anteil am anzulegenden Vermögen des Investmentfonds bzw. am Eigenkapital der Bank139.

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BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716a N 15 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 18 N 384. BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716a N 18; m. w. H. zu Einschränkungen bezüglich dieser Pflichten in der Gesetzesbegründung Böckli, Aktienrecht, § 13 N 354. 136 Böckli, Aktienrecht, § 13 N 568 ff. 137 BGE 113 II 52 (56); BGE 99 II 176 (179); BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 5; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 575. A.A. ZK-Homburger, Art. 717 N 821, der unter Verweis auf BGE 113 II 52 (56 f.) auf diligentia quam in suis abstellen möchte. 138 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 166 f. Ausführlich zum finanztheoretischen Hintergrund Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiken, S. 653 ff. 139 Zu solchen Regelungen im schweizerischen Recht im Überblick Jagmetti, S. 135; Rusch, S. 178 f. Zu entsprechenden Regelungen im deutschen Recht im Überblick Fleischer/ Schmolke, Klumpenrisiken, S. 659 ff. 135

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Die Rechtsprechung hat diese finanztheoretischen Überlegungen auch für das Aktienrecht nutzbar gemacht. In einem frühen Entscheid140 erachtete das BGer den Erwerb von spekulativen Aktien einer Silberminengesellschaft durch eine Gesellschaft mit vier Fünfteln ihres Grundkapitals (bei Fehlen weiteren Vermögens) unter Berücksichtigung des Gebots der Risikoverteilung bei Vermögensanlagen für sorgfaltspflichtwidrig141, ohne dieses Gebot im Einzelnen zu konkretisieren. In einem späteren Entscheid142 konkretisierte das BGer das Gebot der Risikoverteilung und der Vermeidung von Klumpenrisiken dahingehend, dass eine Kreditgewährung unabhängig von der Solvenz des Darlehensnehmers sorgfaltspflichtwidrig sei, wenn die Höhe des Kredits im Verhältnis zu sämtlichen Aktiva der Gesellschaft als zu gefährliche Konzentration des Vermögens erscheint. Die nachfolgende Entscheidung des Instanzgerichts in dieser Angelegenheit erachtete einen Anteil von unter zehn Prozent der Gesellschaftsaktiva nicht für eine zu gefährliche Konzentration, auch wenn bei Ausfall der Rückzahlung die Illiquidität der Gesellschaft drohte143. Ab welchem Schwellenwert die Rechtsprechung von einem Klumpenrisiko ausgeht, lässt sich somit nicht eindeutig bestimmen144. Bei dinglich besicherten Darlehen oder bei Darlehensnehmern besonderer Bonität soll zudem nach einem Teil der Rechtsprechung und der Literatur auch ein höherer Anteil an den Aktiva ausgeliehen werden können, ohne dass dies gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen würde145. In einem neueren Entscheid misst das BGer hingegen der Bonität des Schuldners und damit wohl auch einer Besicherung keine besondere Bedeutung für die Bestimmung des Schwellenwerts zu146. Anhand der Kriterien des BGer wird man jedenfalls bei Ausleihungen im Umfang von unter zehn Prozent der gesamten Aktiva der Gesellschaft nicht von einer Verletzung der Sorgfaltspflicht ausgehen können; deutlich darüber liegende Anteile können jedenfalls sorgfaltspflichtwidrig sein, wenn es sich um ungesicherte Kredite handelt. Bei der Gewährung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen von LBOs und MBOs besteht nach diesen Kriterien der Rechtsprechung somit regelmäßig die Gefahr eines Klumpenrisikos, da diese Maßnahmen zur Finanzierung des Kontrollerwerbs üblicherweise einen hohen Anteil der Aktiva der Zielgesellschaft umfassen.

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BGE 99 II 176. BGE 99 II 176 (179 f.). Im Entscheid vom 25. 5. 1981, SJ 104 (1982), 221 (226 f.), erachtete das BGer die Vergabe eines Darlehens in Höhe von drei Fünfteln der Gesellschaftsaktiva für sorgfaltspflichtwidrig. 142 BGE 113 II 52 (57 f.). 143 OGer Zürich, ZR 88 (1989), Nr. 65, S. 205 (207). 144 OGer Zürich, ZR 88 (1989), Nr. 65, S. 205 (207); Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiko Schweiz, S. 339; Blum, Cash Pooling, S. 715; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 199; Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiko Schweiz, S. 339. 145 BGer, Entscheid vom 25. 5. 1981, SJ 104 (1982), 221 (226 f.); Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 169; Böckli, Sondervermögen, S. 544. 146 BGE 113 II 52 (58); Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiko Schweiz, S. 341; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 166. 141

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Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht ohne Kritik im Schrifttum geblieben. So wird bemängelt, dass das BGer nicht hinreichend zwischen Finanzanlagen und betrieblichen Anlagen differenziert147 und dies für die Beurteilung eines Klumpenrisikos der Gesellschaftszweck nicht berücksichtigt werde148. Denn es gebe keine aktienrechtliche Pflicht zur Risikodiversifikation; je nach Gesellschaftszweck sei die Eingehung von Klumpenrisiken sogar ausdrücklich geboten, so etwa bei Liegenschafts- oder Projektgesellschaften149. Daher könne ein Klumpenrisiko grundsätzlich nur bei Finanzanlagen und frei zur Verfügung stehenden Teilvermögen der Gesellschaft150 sorgfaltspflichtwidrig sein, nicht aber bei betrieblichen Investitionen. Diesen Einwänden ist zuzugeben, dass die Idee der Diversifikation aus dem Bereich der Vermögensanlage und der Gestaltung von Kredit- und Investmentportfolios stammt und sich daher nicht ohne weiteres auf eine werbend tätige Aktiengesellschaft mit einem spezifischen Gesellschaftszweck übertragen lässt. Die Festlegung auf einen konkreten Gesellschaftszweck erfordert regelmäßig das Eingehen von Klumpenrisiken151. Aktionäre können diese Risiken unproblematisch reduzieren, indem sie Aktien verschiedener Gesellschaften halten, Gläubiger, indem sie ihr Kreditportfolio nach Branchen diversifizieren; im Konzern können unterschiedliche Tätigkeitsbereiche von getrennten Tochtergesellschaften wahrgenommen werden. Ein Bedürfnis zur Regelung von Klumpenrisiken besteht daher nur bei den Finanzanlagen oder Investitionen, für die der statutarische Gesellschaftszweck nicht durch konkrete Bezeichnung der werbenden Tätigkeit ein zulässiges Klumpenrisiko definiert152. Bei diesen Finanzanlagen ist die Zielsetzung – wie bei jedem anderen Anleger auch – einen möglichst hohen Ertrag bei möglichst geringem Risiko zu erzielen, was eine entsprechende Risikodiversifikation bei den Investitionen erfordert. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen eines buyouts durch Finanzinvestoren werden in der Regel aus Sicht der Gesellschaft bloße Finanzanlagen darstellen, denn in diesen Fällen dient der Kontrollwechsel keinen betrieblichen Zwecken. Bei betrieblich motivierten buyouts, etwa durch ein Konkurrenz147

Böckli, Aktienrecht, § 18 N 395; Böckli, Sondervermögen, S. 544. BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 31b; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 169. Ähnlich Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 28 N 22. 149 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 31b. 150 Böckli, Sondervermögen, S. 544. 151 Wie etwa die Konzentration auf einen wichtigen Auftraggeber oder die Entwicklung eines neuen Arzneimittels mit dem Großteil der betrieblichen Mittel. 152 Wenn also beispielsweise als statutarischer Gesellschaftszweck die Herstellung und der Vertrieb von Schuhen sowie der Erwerb und das Halten von Beteiligungen und Immobilien jeglicher Art festgelegt ist, kann der Verwaltungsrat alle Aktiva der Gesellschaft in eine Schuhfabrik investieren, denn dieses Klumpenrisiko ist nach dem Willen der Aktionäre festgelegt und gegenüber Dritten im Handelsregister publiziert worden. Bei Beteiligungen und Immobilien, die nicht der Herstellung und dem Vertrieb von Schuhen dienen, muss er hingegen das Eingehen von Klumpenrisiken vermeiden, da für diese kein konkret zulässiges Klumpenrisiko definiert ist. 148

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unternehmen, kann jedoch ein Klumpenrisiko zulässig sein, da dann dessen Finanzierung mittelbar der Förderung der im statutarischen Gesellschaftszweck genannten konkreten werbenden Tätigkeit dient. Ebenso ist das Eingehen eines Klumpenrisikos durch eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung zugunsten eines herrschenden Unternehmens bei Vorliegen einer Unterwerfungsklausel in den Statuten keine Pflichtverletzung, da mit dieser Klausel die Aktionäre einer teilweisen Verknüpfung des finanziellen Schicksals der Gesellschaft mit der herrschenden Gesellschaft zugestimmt haben und die Maßnahme somit ebenfalls innerhalb des Gesellschaftszwecks erfolgt153. Richtschnur der Beurteilung sollte also die im statutarischen Gesellschaftszweck konkret definierte werbende Tätigkeit sein; weist die Maßnahme der finanziellen Unterstützung einen Bezug zu dieser auf, ist ein Klumpenrisiko in jedem Umfang zulässig. Die vom BGer in einem Entscheid gewählte Bezugsgröße der sämtlichen Aktiva der Gesellschaft unter Nichtberücksichtigung der Bonität154 für die Bemessung des Klumpenrisikos wird in der Literatur ebenfalls in Frage gestellt. In Anlehnung an bankenrechtliche Vorschriften wird zur Verbesserung des Gläubigerschutzes zusätzlich eine Bemessung des Klumpenrisikos am Eigenkapital bzw. am Risikokapital der Gesellschaft155 sowie eine Berücksichtigung der Bonität der Finanzinvestition verlangt156. Die bankrechtlichen Vorschriften lassen sich jedoch nicht auf gewöhnliche Aktiengesellschaften übertragen157. Finanzinstitute tätigen per Definition hauptsächlich Finanzgeschäfte aller Art und können daher durch ihren statutarischen Gesellschaftszweck kein zulässiges Klumpenrisiko im Sinne einer spezifischen werbenden Tätigkeit definieren. Zudem unterliegen Finanzinstitute aufgrund ihrer systemischen Bedeutung einer sehr viel strengeren Aufsicht als sonstige Aktiengesellschaften, was eine entsprechend engmaschige Regulierung nach Eigenkapital, Bonität und Diversifikation rechtfertigt. Sinnvoller scheint eher der Vergleich mit einem Investmentfonds: Soweit die Aktionäre nicht dem Verwaltungsrat durch Festlegung einer werbenden Tätigkeit im statutarischen Gesellschaftszweck konkrete Vorgaben zur Anlage ihres Kapitals gemacht haben, ist der Verwaltungsrat für das übrige Vermögen wie ein Treuhänder allgemein zur sorgfältigen und effizienten Vermögensverwaltung verpflichtet. Daher sollte sich das Verbot von Klumpenrisiken allein auf die nicht zu betrieblichen Zwecken gebundenen Aktiva als Bezugsgröße

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Gl. M. Friz, S. 327; Böckli, Sondervermögen, S. 544. BGE 113 II 52 (58). Im Entscheid vom 25. 5. 1981, SJ 104 (1982), 221 (226) hatte das BGer allerdings noch das Verhältnis zu Eigenkapital und Reserven berücksichtigt. 155 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 168; Bochud, S. 220. Ähnlich wohl Rusch, S. 180. Ohne eigene Stellungnahme Jagmetti, S. 135. Auf das „freistehende Teilvermögen“ abstellend Böckli, Sondervermögen, S. 544. Eine umfassende Abwägung im Sinne eines Solvenztests verlangend Weibel, S. 192 f. 156 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 169; Jagmetti, S. 135. 157 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 31b; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 169; Jagmetti, S. 135. 154

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beziehen und für dieses frei verfügbare Vermögen158 eine hinreichende Risikodiversifikation wie bei einem Investmentfonds159 verlangt werden, ohne Berücksichtigung von Eigenkapital der Gesellschaft und Bonität des Schuldners. Denn auf eine hinreichende Bonität muss der Verwaltungsrat bei der Darlehensgewährung ohnehin bereits aufgrund der Kapitalschutznormen achten; eine weitere Differenzierung nach Bonitätsstufen und eine Bestimmung des maximal zulässigen Investitionsanteils in Abhängigkeit davon wäre für eine gewöhnliche Aktiengesellschaft zu komplex160. Die angemessene Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft wiederum ist allgemein nach der – insbesondere betrieblichen – Mittelverwendung der Gesellschaft insgesamt zu bestimmen161 und sollte nicht direkt mit dem davon unabhängigen Gebot der Risikodiversifikation bei Finanzanlagen verknüpft werden. Um eine angemessene Risikodiversifikation für dieses freie Teilvermögen zu erzielen, sollte der Schwellenwert für ein Klumpenrisiko nicht zu hoch gewählt werden, zugleich sollte er aber den Handlungsspielraum des Verwaltungsrats nicht zu sehr einengen. Aus Gründen der Rechtssicherheit für das handelnde Organ sollte dieser zudem hinreichend konkret sein162. Sinnvoll erschiene etwa ein Schwellenwert von zwanzig Prozent der nicht betrieblich gebundenen Aktiva, ab dem ein unzulässiges Klumpenrisiko regelmäßig zu vermuten ist163. Maßnahmen der finanziellen 158 Ähnlich Böckli, Sondervermögen, S. 544. Jene Ansichten, die das frei ausschüttbare Kapital und sämtliche Aktiva der Gesellschaft als Bezugsgröße wählen, empfehlen bei der Bestellung von Interzessionen zur Vermeidung eines Klumpenrisikos mitunter das Volumen der Interzession auf die frei ausschüttbaren Mittel zu begrenzen, s. Rusch, S. 180. Nach anderer Ansicht soll das Eingehen von Klumpenrisiken durch aufsteigende Sicherheiten und Darlehen bei Zustimmung aller Aktionäre, Begrenzung auf frei ausschüttbare Mittel und Unterwerfungsklausel zulässig sein, s. Blum, Cash Pooling, S. 714. Nach der hier vertretenen Ansicht ist allein die Unterwerfungsklausel maßgeblich, da diese das von allen Aktionären erlaubte und gegenüber Dritten im Zweck kundgegebene Klumpenrisiko gegenüber der herrschenden Gesellschaft definiert. Eine andere Ansicht lehnt dies mit Verweis auf eine weite Definition des Gesellschaftsinteresses jenseits der Aktionärs- und Gläubigerinteressen ab, s. Jagmetti, S. 136 f. 159 Zu den Regelungen im deutschen Investmentrecht s. Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiken, S. 667 ff. 160 Auszunehmen hiervon sind natürlich Finanzanlagen höchster Bonität, bei denen keine weitere Risikodiversifikation zu beachten ist, wie etwa Kontoguthaben bei inländischen Banken (ausreichende Einlagensicherung vorausgesetzt) oder inländische Staatsanleihen. Für alle übrigen Anlagen gilt jedoch das Gebot der Risikodiversifikation unabhängig von der Bonität. 161 Hierzu ausführlich sogleich unter § 5 A. III. 2. a) bb). 162 Die Formel des OGer Zürich, dass die Höhe des Darlehens im Vergleich zu sämtlichen Aktiva der Gesellschaft die Interessen von Gesellschaft und Gläubigern nicht beeinträchtigen dürfe, s. OGer Zürich, ZR 88 (1989), Nr. 65, S. 205 (207), ermöglicht aus der Sicht ex ante dem Verwaltungsrat kaum eine zuverlässige Bestimmung eines zulässigen Schwellenwerts. 163 Dem Verwaltungsrat sollte es möglich sein, bei Überschreiten der Schwellenwerte im Einzelfall eine Abweichung im Gesellschaftsinteresse zu rechtfertigen, um Sondersituationen Rechnung tragen zu können. Über den konkreten Schwellenwert ließe sich dabei streiten: In den bank- und investmentrechtlichen Regelungen sind unterschiedliche Schwellenwerte in Abhängigkeit von verschiedenen Bezugsgrößen üblich, die meist zwischen zehn und 25 Prozent schwanken, s. Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 169; Jagmetti, S. 135; Rusch, S. 178 f.; Flei-

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Unterstützung, die einen Umfang von mehr als zwanzig Prozent der nicht betrieblich gebundenen Aktiva übersteigen, stellen somit als Klumpenrisiko in der Regel eine Sorgfaltspflichtverletzung dar, sofern diese Maßnahmen nicht ausnahmsweise – etwa bei einem buyout durch einen industriellen Investor oder bei vorhandener Unterwerfungsklausel – durch den Zweck der Gesellschaft gedeckt sind164. bb) Materielle Unterkapitalisierung Nach einer Ansicht in der Literatur165 zählt es auch zu den Pflichten des Verwaltungsrats, für eine angemessene Kapitalstruktur der Gesellschaft Sorge zu tragen166. Abgeleitet wird diese Pflicht des Verwaltungsrats aus der Pflicht zur Vermeidung einer Überschuldung gemäß Art. 725 Abs. 2 OR und allgemein der Finanzierungsverantwortung nach Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR167. Pflichtwidrig unangemessen soll die Kapitalstruktur sein, wenn die realistischerweise aus dem Geschäftsbetrieb zu erwartenden Risiken nicht durch hinreichend Eigenkapital abgedeckt sind168. Bei der Bestimmung des angemessenen Eigenkapitals ist dem Verwaltungsrat ein erhebliches Ermessen zuzugestehen169. Regelmäßig soll eine scher/Schmolke, Klumpenrisiken, S. 659 ff. Der Schwellenwert in Höhe von zehn Prozent gemäß Art. 659 Abs. 1 OR für den Erwerb eigener Aktien scheint eher zu restriktiv, da diese Vorschrift nicht primär auf die Risikodiversifikation abzielt, sondern auf die Begrenzung negativer Auswirkungen auf die Kapitalstruktur der Gesellschaft durch Eintritt eines Doppelschadens. 164 A.A. Zimmerli, S. 369 f. Dieser will eine Gesamtabwägung der mit dem Klumpenrisiko verbundenen Zwecke treffen und indirekte Vorteile miteinbeziehen, insbesondere im Konzern und bei den von ihm grundsätzlich positiv bewerteten LBOs. 165 Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 52 ff.; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 116 ff. Zustimmend Böckli, Eigenkapitalschutz, S. 20. 166 Im Gegensatz zur Sicherstellung einer angemessenen Liquiditätsausstattung der Gesellschaft, für die vor allem die Fristigkeit von Verbindlichkeiten und Forderungen relevant ist, siehe Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 116; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 52. Siehe ausführlich zur Problematik der Kapitalstruktur oben unter § 4 B. II. 167 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 116; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 52. Entgegen dem deutschen Wortlaut soll sich aus der Entstehungsgeschichte und dem französischen Wortlaut von Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR ergeben, dass nicht nur die Ausgestaltung des Finanzplans, sondern der Finanzplan selbst und damit die Festlegung der Kapitalstruktur zu den unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats zählt, siehe Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 34. Gl. M. BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 716a N 18; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 354; Handschin, Eigenkapitalvorschriften, S. 517 ff. 168 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 119 ff.; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 53. Ähnlich Handschin, Eigenkapitalvorschriften, S. 517 f. 169 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 119 ff.; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 53. Insbesondere sollen weder die bankrechtlichen Eigenkapitalanforderungen gemäß Art. 16 ff. BankV noch die steuerrechtlichen Bemessungsgrenzen für verdecktes Eigenkapital gemäß Kreisschreiben Nr. 6 der EStV vom 6. Juni 1997 „Verdecktes Eigenkapital (Art. 65 und 75 DBG) bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften“ maßgeblich sein; letztere sollen jedoch zumindest als Anhaltspunkt und Obergrenzen dienen können, s. Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 120.

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Gesellschaft als angemessen kapitalisiert gelten, wenn sie von einem unabhängigen Dritten noch Kredite zu marktüblichen Konditionen erhält170. Bei Eintritt der Insolvenz soll zur Beweiserleichterung für Aktionäre und Gläubiger eine unangemessene Kapitalausstattung vermutet werden; diese soll jedoch vom Verwaltungsrat durch Nachweis einer angemessenen Finanzplanung, an die aufgrund der bestehenden Unsicherheiten und Ermessensspielräume keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden soll, widerlegt werden können171. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung dürfte der Verwaltungsrat nach dieser Ansicht also nur dann vornehmen, wenn sie die Kapitalstruktur nicht so verändern172, dass das vorhandene Eigenkapital die zu erwartenden Geschäftsrisiken nicht mehr abdeckt. Die überwiegende Ansicht in der Literatur sieht jedoch keine Pflicht des Verwaltungsrats zur angemessenen Kapitalausstattung der Gesellschaft173. Begründet wird dies damit, dass Art. 621 OR lediglich ein fixes Mindestkapital vorschreibe; daraus sei umgekehrt abzuleiten, dass es darüber hinaus grundsätzlich keine weitergehende Pflicht der Gesellschaft gebe, sich angemessen zu finanzieren174. Lediglich bei völlig unzureichender Kapitalisierung der Gesellschaft könne es unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Durchgriff auf die Gesellschafter kommen175. Das vorgeschriebene Mindestkapital gemäß Art. 621 OR bezieht sich jedoch nur auf die grundsätzliche Ausstattung mit Grundkapital durch die Aktionäre. Daraus kann zwar abgeleitet werden, dass die Aktionäre grundsätzlich nicht zur Bereitstellung von mehr als dem vorgeschriebenen Mindestkapital verpflichtet sind, umgekehrt kann damit jedoch keine Befreiung des Verwaltungsrats von jeder Finanzierungsverantwortung in Bezug auf die Kapitalstruktur der Gesellschaft begründet werden. Denn zum einen besteht zumindest bei länger exisitierenden Gesellschaften das Eigenkapital regelmäßig nur noch zu einem geringen Teil aus dem Grundkapital176, zum anderen liegt es in der Kompetenz des Verwaltungsrats, Fremdkapital 170 Unter Verweis auf Literaturansichten im deutschen Recht Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 119; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 53. In der zitierten deutschen Literatur insbesondere Roth, S. 182. 171 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 135 f.; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 55. 172 Etwa durch Aufnahme von Fremdkapital und Weiterreichung als Darlehen an den Erwerber oder durch Ausschüttung von Eigenkapital an den Erwerber. 173 BSK-ORII/Baudenbacher, Art. 621 N 1; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 40 N 344. Differenzierend Böckli, Aktienrecht, § 13 N 732. 174 BSK-ORII/Baudenbacher, Art. 621 N 1; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 1 N 50 f. Nur für extreme Fallgestaltungen eine Unterkapitalisierung annehmend Kägi, S. 376. 175 BGE 120 II 331 (334 f.); Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 62 N 66; Handschin, Konzern, S. 315 f. Zum Durchgriff und seinen Voraussetzungen im Einzelnen siehe unten unter § 7 A. IV. 3. d). Eine Ansicht hält die Figur des Durchgriffs für gänzlich entbehrlich, da bei Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen wegen materieller Unterkapitalisierung die herrschende Gesellschaft ohnehin aufgrund faktischer Organschaft hafte, s. Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 151; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 58. 176 Das Verhältnis von Aktienkapital nebst Reserven zum Eigenkapital beträgt selten mehr als 30 Prozent und häufig weniger als 5 Prozent; teilweise verfügten selbst sehr große Akti-

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aufzunehmen177. Der Verwaltungsrat kann also sowohl darüber entscheiden, ob er zusätzliches Fremdkapital aufnimmt, als auch wie er das Eigenkapital investiert. Diese Entscheidung über Kapitalverwendung und -beschaffung muss aber mit der gebotenen Sorgfalt erfolgen und kann nicht in völlig freiem Ermessen des Verwaltungsrats stehen. Denn für die Bestimmung einer angemessenen Kapitalstruktur bestehen durchaus überprüfbare ökonomische Kriterien178 und Art. 716 Abs. 1 Ziff. 3 OR verlangt vom Verwaltungsrat eine Finanzplanung für die Gesellschaft, die nach nachvollziehbaren Kriterien und mit der gebotenen Sorgfalt erfolgen muss, will sie nicht bloßer Formalismus sein179. Grundsätzlich trifft folglich den Verwaltungsrat eine Pflicht zur angemessenen materiellen Kapitalausstattung der Gesellschaft. Das bloße Vorhandensein eines Finanzplans kann dabei für eine Entkräftung dieser Vermutung allerdings ebenso wenig ausreichend sein wie der Umstand, dass die Gesellschaft noch Kredite zu marktüblichen Konditionen180 erhalten hat. Denn in Anbetracht der Marktunvollkommenheiten an den Kapitalmärkten181 kann ein Unternehmen durchaus auch bei einer unter dem Aspekt der Wertmaximierung des Unternehmens oder der Begrenzung von Agency-Kosten zu hohen Fremdkapitalquote noch an Kredite zu marktüblichen Konditionen gelangen182. Umgekehrt kann auch eine Fremdkapitalaufnahme zu marktunüblichen Konditionen ausnahmsweise noch pflichtgemäß sein, wenn etwa die Gesellschaft bestehende Kredite wegen einer Finanzkrise nur zu marktunüblichen Konditionen refinanzieren kann und der Eigenkapitalmarkt gänzlich versperrt ist. Hier hätte der Verwaltungsrat nur die Wahl zwischen sicherer Insolvenz und Aufnahme von hoch verzinstem Fremdkapital. Letzteres dürfte in dieser Konstellation nicht pflichtwidrig sein, sofern berechtigte Hoffnung besteht, dass sich die Gesellschaft bald wieder zu regulären Zinsen refinanzieren kann. Vielmehr muss die Finanzplanung für jeden Geschäftsbereich detailliert Verlustrisiken quantifizieren und die zugehörige Fremd- bzw. Eigenkapitalfinanzierung unter ökonomischen Gesichtspunkten rechtfertigen183. Dabei sind Verzinsung, Laufzeit und Refinanzierungsrisiko der Fremdfinanzierung der erwarteten Rendite und den möglichen Verlustrisiken des jeweiligen Geschäftsbereichs gegenüberzuengesellschaften wie beispielsweise die F. Hoffmann-La Roche AG jahrzehntelang nur über eine Aktienkapital von CHF 50.000. s. hierzu und zu einer statistischen Übersicht Böckli, Eigenkapitalschutz, S. 18 f. 177 Siehe oben unter § 5 A. I. 1. 178 Siehe dazu oben unter § 4 B. II. 5. 179 In diesem Sinne wohl auch Böckli, Aktienrecht, § 13 N 732. Dieser nimmt jedenfalls eine „Best-Efforts“-Pflicht des Verwaltungsrats zur angemessenen Kapitalausstattung an. 180 Zumal das Kriterium der Marktüblichkeit nur schwer zu definieren sein wird, da auch hochverzinste nachrangige Tranchen von syndizierten Krediten bei LBOs typisch sind und folglich durchaus als marktüblich betrachtet werden können. 181 Eingehend hierzu oben unter § 4 B. II. 4. c) cc) (1). 182 Zur optimalen Finanzierung siehe oben unter § 4 B. II. 183 Zu diesen siehe ausführlich oben unter § 4 B. II.

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stellen und gegebenenfalls ist die fehlende Verfügbarkeit von Eigen- bzw. Fremdkapital zu begründen. Jede Fremdkapitalaufnahme, wie sie bei LBOs und MBOs typischerweise in großem Umfang erfolgt, müsste in dieser Finanzplanung also ökonomisch gerechtfertigt werden. Bestünde nach dieser Finanzplanung Eigenkapitalbedarf, der nicht gedeckt werden kann, müsste der Verwaltungsrat in der Regel das entsprechende Vorhaben unterlassen oder ggf. Geschäftsbereiche aufgeben184. Ist eine solche nachvollziehbare Finanzplanung vorhanden, handelte der Verwaltungsrat auch bei einem möglichen Konkurs der Gesellschaft nicht pflichtwidrig. Aufgrund des weiten Ermessensspielraums bei der Bestimmung einer angemessenen Kapitalstruktur wird eine Sorgfaltspflichtverletzung wegen materieller Unterkapitalisierung nur selten anzunehmen sein, sofern ein nachvollziehbarer Finanzplan erstellt wurde. Dennoch können zumindest extreme Fälle der nachteiligen Veränderung der Kapitalstruktur durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ohne eine nachvollziehbare Finanzplanung eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen. cc) Überprüfbarkeit nach dem Maßstab der business judgement rule Risikobehaftete Geschäftsentscheide des Verwaltungsrats, die nicht durch zwingende gesetzliche Vorschriften vorgegeben sind, unterliegen in Anlehnung an die angelsächsische business judgement rule (BJR) auch im schweizerischen Recht nur einer eingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Gerichtsbarkeit185. Geschäftsentscheide sind nur solche Entscheide, bei denen die Gesetze und die Statuten der Gesellschaft dem Verwaltungsrat einen Entscheidungsspielraum eröffnen186. Somit unterliegt die Veranlassung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die etwa gegen Kapitalschutznormen verstoßen oder zweckwidrig vergeben werden, diesbezüglich keinem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab. Ein solcher kann allerdings anzuwenden sein, wenn die gesetzes- und statutenkonforme Entscheidung unter dem Aspekt der Finanzverantwortung hinsichtlich der Kapitalstruktur der Gesellschaft und hinsichtlich des Eingehens von Klumpenrisiken187 nachträglich zu überprüfen ist. Voraussetzung für einen solchen eingeschränkten Überprüfungsmaßstab ist, dass dieser Geschäftsentscheid in einem ordnungsgemäßen Verfahren zustande gekommen ist, dass keine Interessenkonflikte der abstimmenden Verwaltungsratsmitglieder 184

Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 137; Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 54. BGer 4 A_74/2012 vom 18. Juni 2012, E. 5.1; BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.1.1; Sethe, Geschäftsentscheide, S. 173 ff.; Brugger/von der Crone, S. 182 ff.; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 278; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 584 ff. 186 Sethe, Geschäftsentscheide, S. 173 f. Ebenfalls zuerst als Vorfrage prüfend, ob überhaupt ein Geschäftsentscheid vorliegt Brugger/von der Crone, S. 184 Fn. 58. Das BGer prüft jedoch offenbar umgekehrt, ob sich ein Geschäftsentscheid im Rahmen des geltenden Rechts bewegt, s. BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.1.1. Ebenso ein Teil der Lehre, s. Böckli, Aktienrecht, § 13 N 584 ff. 187 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 31b. 185

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vorliegen und dass die Entscheidung aus der Sicht ex ante grundsätzlich nachvollziehbar und sachlich vertretbar ist188. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung müssen somit auf Grundlage einer detaillierten Finanzplanung erfolgen, die eine angemessene Kapitalstruktur der Gesellschaft festlegt und alternative Verwendungs- und Beschaffungsmöglichkeiten des verwendeten Kapitals erörtert. Stützt diese dokumentierte Vorgehensweise, dass die geplante Maßnahme der finanziellen Unterstützung im Hinblick auf die Kapitalstruktur und die Liquiditätslage der Gesellschaft sowie unter dem Aspekt der Vermeidung von Klumpenrisiken vertretbar ist, ist das Erfordernis an ein ordnungsgemäßes Verfahren grundsätzlich erfüllt. Etwaige Interessenkonflikte sind durch geeignete Maßnahmen aufzulösen189. Das Kriterium der sachlichen Vertretbarkeit aus der Sicht ex ante ist dann nicht mehr gegeben, wenn sie aus damaliger Sicht für eine vernünftige, gewissenhafte und fachkundige Person nicht mehr plausibel ist190. Eine solche Plausibilität der Entscheidung wird allerdings bei einer zuvor erfolgten ordnungsgemäßen Finanzplanung in der Regel gegeben sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, handelt der Verwaltungsrat unter dem Gesichtspunkt der Finanzierungsverantwortung nicht sorgfaltspflichtwidrig, auch wenn die Maßnahme sich im Nachhinein als wirtschaftliche Fehlentscheidung erweisen sollte. b) Verletzung der Treuepflicht Die Treuepflicht gemäß Art. 717 Abs. 1 OR verpflichtet den Verwaltungsrat auf das Gesellschaftsinteresse. Wie dieses Gesellschaftsinteresse über die Verfolgung des Gesellschaftszwecks hinaus konkret positiv zu definieren ist, ist sehr streitig191. 188

BGer 4 A_74/2012 vom 18. Juni 2012, E. 5.1; BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.1.1; Sethe, Geschäftsentscheide, S. 175 ff. Im Prüfungsaufbau leicht abweichend Brugger/von der Crone, S. 177 ff. Einen ähnlichen Prüfungsaufbau vorschlagend, allerdings unter Einbeziehung der Prüfung von Verletzung von Gesetz und Statuten Böckli, Aktienrecht, § 13 N 584 ff. 189 Siehe hierzu oben unter § 5 A. II. 2. c. sowie unten unter § 7 A. II. 3. Ist eine Behebung des Interessenkonflikts auf diesen Wegen nicht möglich, kann ggf. eine inhaltliche Beurteilung durch fachkundige unabhängige Dritte (fairness opinion) den Interessenkonflikt auflösen, s. hierzu Brugger/von der Crone, S. 177 ff.; Sethe, Geschäftsentscheide, S. 178 f. 190 BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.1.1; Brugger/von der Crone, S. 187 m.w.N.; Sethe, Geschäftsentscheide, S. 181. Nach anderer Auffassung ist nicht vom Gericht zu überprüfen, ob die Entscheidung aus der Sicht ex ante nachvollziehbar und sachlich vertretbar war, solange die prozeduralen Anforderungen eingehalten wurden, s. BSK-ORII/ Gericke/Waller, Art. 754 N 31a m.w.N. In der Praxis dürfte sich dieser Theorienstreit jedenfalls bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kaum auswirken: Die erforderlichen Schritte der Informationsbeschaffung und -dokumentation müssen auch nach dieser Meinung ordnungsgemäß und inhaltlich korrekt erfolgen. Sind sie dies, werden sie kaum die Möglichkeit einer sachlich unvertretbaren Entscheidung eröffnen. 191 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 16; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 240 ff.; Krneta, N 1076 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 598; Hofstetter, S. 303. Ausführlich m.w.N. Jagmetti, S. 129 ff.

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Es haben sich jedoch einzelne anerkannte Fallgruppen herausgebildet192, von denen für die vorliegende Untersuchung insbesondere die Pflicht zur Einräumung eines Vorrangs für das Gesellschaftsinteresse im Fall eines Interessenkonflikts193 sowie die Pflicht des Verwaltungsrats, Gesellschafts- und Aktionärsinteressen gegeneinander abzuwägen194, von Relevanz sind. Interessenkonflikte können insbesondere beim Selbstkontrahieren des Verwaltungsrats oder bei Entscheidungen im Interesse Dritter entstehen. Solche Interessenkonflikte bestehen bei der Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig, insbesondere bei MBOs (in dem eigene Interessen des Verwaltungsrats mit denen der Gesellschaft konfligieren) und bei LBOs nach erfolgtem Kontrollerwerb (bei denen die Interessen der dann beherrschenden Gesellschaft mit denen der Gesellschaft in Konflikt stehen können). Für solche typischen Interessenkonflikte haben sich vielfach spezielle Lösungswege herausgebildet oder werden diskutiert195. Das Verwaltungsratsmitglied im Interessenkonflikt ist aufgrund der Treuepflicht allgemein gehalten, grundsätzlich dem Gesellschaftsinteresse den Vorrang zu geben oder geeignete Maßnahmen ergreifen, um den Interessenkonflikt etwa durch Einschaltung Dritter aufzulösen196. Diese abstrakte Pflicht kann insbesondere beim MBO möglicherweise trotz spezieller Lösungswege zum Tragen kommen, da die Regeln über die Behandlung von Insichgeschäften nicht immer sicherstellen, dass der Treuepflicht umfassend genügt wird. So können etwa Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beim MBO, die strengen Drittkonditionen genügen und deshalb keiner gesonderten Genehmigung bedürfen, dennoch treuepflichtwidrig sein. Das wäre etwa dann der Fall, wenn die verwendeten Mittel der Gesellschaft rentabler für andere Zwecke eingesetzt werden können197. Da der MBO selbst in der Regel mangels möglicher Synergien nicht im Interesse der Gesellschaft sein wird, müsste in diesem Fall das Management das Gewinninteresse der Gesellschaft gegenüber dem eigenen Interesse an der Finanzierung des Kontrollerwerbs höher gewichten. Würde die Gesellschaft dennoch zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung veranlasst, wäre dies treuepflichtwidrig198. Eine Wahrung der Treupflicht wird nur in Ausnahmefällen 192

von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 240 ff. von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 241; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 600. 194 von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 242 f. 195 s. hierzu und insbesondere zur Ausstandspflicht des Verwaltungsratsmitglieds oben unter § 5 A. II. 2. c) sowie zu Interessenkonflikten im Konzern unten unter § 7 A. II. 3. 196 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 15 f.; Krneta, N 1852 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 599 ff. 197 Eine mögliche fairness opinion zur Auflösung des Interessenkonflikts könnte auch auf diesen Punkt eingehen und darstellen, dass die Gesellschaft die Mittel nicht für andere Zwecke rentabler einsetzen kann. In diesem Fall bestünde kein Interessenkonflikt. In der Praxis dürfte dieser Nachweis aber kaum gelingen, da eine solche Konstellation kaum vorkommen wird. 198 Da sich das entscheidende Organ in diesem Fall in einem Interessenkonflikt befände, unterläge diese Abwägung auch nicht dem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab der BJR. 193

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begründbar sein, in denen die Gesellschaft über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, die sie nicht rentabler für eigene Geschäftszwecke einsetzen kann. Die beim LBO typischerweise einschlägige Pflicht des Verwaltungsrats, das Gesellschaftsinteresse der Gesellschaft gegenüber der herrschenden Gesellschaft zu wahren, wird hingegen in der Praxis selten zum Tragen kommen: Anders als beim MBO besteht häufig auch ein Nutzen der Gesellschaft durch die Konzernierung, etwa durch Teilnahme am cash pooling, die in der Regel in beidseitigem Interesse ist. Da mit solchen Maßnahmen somit auch dem Interesse der beherrschten Gesellschaft gedient ist, ist darin in der Regel keine Verletzung der Treuepflicht zu sehen199. Zwar gilt dies nicht, wenn die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – wie es bei der Finanzierung eines LBOs typisch ist – gänzlich einseitig ausgestaltet sind und die beherrschte Gesellschaft keinen Nutzen aus der Teilnahme am cash pooling oder sonstigen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ziehen kann. In diesem Fall könnte die finanzielle Unterstützung dann auch bei Erfüllung von Drittkonditionen wiederum treuepflichtwidrig sein, wenn die Gesellschaft die eingesetzten finanziellen Mittel für eigene Zwecke rentabler verwenden könnte. In der Praxis kann eine solche Problematik aber durch entsprechende Anpassung der Zweckklauseln der beherrschten Gesellschaft gelöst werden200. Aktionärsinteressen und das Gesellschaftsinteresse (welches über die Aktionärsinteressen hinaus auch die Interessen weiterer stakeholder wie Gläubiger und Arbeitnehmer umfasst201) kommen beim LBO und MBO regelmäßig in Konflikt. Die typischen Interessen der die kontrollierende Mehrheit erwerbenden Käufer bezüglich Effizienzsteigerung und Refinanzierung des Kaufpreises laufen regelmäßig den Interessen der übrigen stakeholder zuwider. Der Verwaltungsrat ist jedoch frei, die Interessen von Aktionären und stakeholder nach eigenem Ermessen abzuwägen und Somit bestünde ein erhebliches Haftungsrisiko für das entscheidende Organ. Für den Fall, dass ein nicht befangenes Organ existiert, wäre ein möglicher Lösungsweg, diese Maßnahmen der finanziellen Unterstützung trotz Erfüllung von Drittkonditonen als Insichgeschäft genehmigen zu lassen. In diesem Fall geht die Pflicht zur Berücksichtigung des Gesellschaftsinteresses bei diesen Entscheidung auf das genehmigende Organ über. Da damit aber der Interessenkonflikt aufgelöst wäre, unterläge die Entscheidung dieses genehmigenden Organs dann nur dem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab der BJR. Sofern kein solches nicht befangenes Organ existiert, müsste der MBO über eine Zwischenfinanzierung durch Dritte erfolgen und die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Gesellschaft erst nach erfolgtem Kontrollerwerb im Rahmen des Zulässigen durchgeführt werden. 199 Das BGer scheint hinsichtlich eines Rückgriffs auf die Treuepflicht im Konzern sehr zurückhaltend zu sein und hohe Anforderungen an die Darlegung einer möglichen Verletzung zu stellen, s. BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 8.2.2. In einem obiter dictum hat es sich andererseits grundsätzlich skeptisch zur Zulässigkeit des cash poolings geäußert, s. BGer 140 III 533 (544). Somit ist der beidseitige Nutzen beim cash pooling nach der Rechtsprechung wohl nicht ohne weiteres anzunehmen und müsste im Einzelfall dargelegt werden. In einem späteren Entscheid ist das BGer von dieser Skepsis wieder abgerückt, s. BGer 4 A_603/ 2014 vom 11. November 2015, E 7.2.1.3. 200 Siehe unten unter § 7 A. II. I. 201 von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 242.

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zu gewichten; ihm ist es lediglich untersagt, seine Interessen vor die der Aktionäre und stakeholder zu stellen202. Somit kann diese Pflicht zur Interessenabwägung Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht konkret begrenzen; sie kann allenfalls als Auffangtatbestand für etwaige extreme Ausnahmefälle dienen, in denen spezifischere Normen wie die Normen des Kapitalschutzes oder des Arbeitsrechts die Interessen der stakeholder nicht adäquat schützen können. Nach einer weiteren Definition ist die Treupflicht so auszulegen, dass der Verwaltungsrat alles zu unterlassen hat, was der Gesellschaft schaden könnte203. Tut es dies nicht, verletzt es auch seine gemäß Art. 717 Abs. 1 OR bestehende Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft. Auch diese Definition kann allenfalls als Auffangtatbestand für außergewöhnliche Fallgestaltungen dienen. Soweit die sonstigen rechtlichen Vorgaben, insbesondere zu den sonstigen Verhaltenspflichten und zum Kapitalschutz eingehalten werden204, werden Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auch nach dieser Definition in der Regel nicht dem Gesellschaftsinteresse zuwiderlaufen und die Treuepflicht verletzen. c) Verletzung der Gleichbehandlungspflicht Art. 717 Abs. 2 OR verpflichtet den Verwaltungsrat grundsätzlich zur Gleichbehandlung aller Aktionäre205. Ihn trifft folglich die Pflicht, alle Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln, sei es durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, schuldrechtliche Verträge oder durch sonstige rechtsgeschäftliche Handlungen, sofern diese im Zusammenhang mit der Aktionärsstellung stehen206. Von dieser Pflicht mit umfasst sind ebenfalls einzelnen Aktionären nahe stehende Personen und Gesellschaften207, also insbesondere auch von Zweckgesellschaften eines Finanzinvestors, sofern dieser bereits Aktionär ist. Maßnahmen der finanzi202

von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 242. Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 28 N 25; Krneta, N 1851. 204 Zu diesen Voraussetzungen im Einzelnen s. unten unter § 6 A. und § 7 A. Unabhängig von der Frage der Erfüllung einzelner Voraussetzungen des Kapitalschutzes hat das BGer darüber hinaus die Zulässigkeit des cash poolings und damit einer Erscheinungsform der finanziellen Unterstützung unabhängig von der Erfüllung von Drittkonditionen insgesamt in Frage gestellt, s. BGer 140 III 533 (544) ohne dies näher auszuführen. In einem späteren Entscheid hat es jedoch ausdrücklich unter Bezug auf den ursprünglichen Entscheid festgestellt, dass Darlehen im Konzern auch ohne Besicherung Drittkonditionen erfüllen könnten, s. BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.2.1.3. Damit dürften die ursprünglich geäußerten Zweifel an der grundsätzlichen Zulässigkeit des cash poolings ausgeräumt sein. 205 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 22; Krneta, N 1922 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 679. Art. 706 Abs. 2 Ziff. 3 OR verpflichtet indirekt auch die Generalversammlung zur Gleichbehandlung. 206 BGE 88 II 88 (105); BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 27; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 257; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 39 N 48 f.; Krneta, N 1935. 207 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 175; Huguenin Jacobs, Gleichbehandlungsprinzip, S. 188; Jagmetti, S. 167. 203

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ellen Unterstützung stellen stets eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 717 Abs. 2 OR dar, da sie sich in der Regel nur an einen Aktionär oder eine Gruppe von Aktionären richten und zudem aufgrund der Zweckbestimmung der Anteilsfinanzierung auch stets im Zusammenhang mit der Aktionärsstellung erfolgen. Eine Ungleichbehandlung würde nur bei Maßnahmen gegenüber einem Alleinaktionär entfallen sowie im nicht praxisrelevanten Fall, dass die Maßnahmen gegenüber einem Nichtaktionär erfolgen, um diesem den erstmaligen Anteilserwerb zu finanzieren. Art. 717 Abs. 2 OR normiert allerdings keine absolute, sondern eine relative Gleichbehandlung208, und lässt Abweichungen vom Gleichbehandlungsgebot zu, sofern ein sachlicher Grund hierfür besteht und die Abweichung nicht unverhältnismäßig ist209. Die Verhältnismäßigkeit wird dabei im Einzelnen anhand der Elemente Gebotenheit, Erforderlichkeit und dem Übermaßverbot geprüft210. Ungleichbehandlungen sind insbesondere zwischen Großaktionären und Kleinaktionären zulässig, wenn diese aufgrund dieses Unterschieds sachlich begründbar sind211. Ob eine Ungleichbehandlung durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu rechtfertigen ist, ist also Frage des Einzelfalls: Grundsätzlich nicht zu rechtfertigen und damit unzulässig sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die nicht zu Marktkonditionen erfolgen212. Zu Marktbedingungen gewährte Maßnahmen der finanziellen Unterstützung an einen Aktionär, die im Interesse der Gesellschaft sind, also etwa den gewünschten Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen derselben Branche erleichtern, können hingegen im Einzelfall geboten sein213. Eine 208 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 23; Huguenin Jacobs, Gleichbehandlungsprinzip, S. 188 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 680; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 39 N 58 ff. 209 BGE 117 II 290 (312); BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 23; Krneta, N 1922. 210 BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 23; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 680; Krneta, N 1929. 211 BGE 117 II 290 (312); BSK-ORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 23; Krneta, N 1929. So soll es beispielsweise nach einer Meinung zur Verhinderung einer feindlichen Übernahme zulässig sein, dass der Verwaltungsrat einzelne Aktienpakete über Wert erwirbt, s. ZK-Homburger, Art. 717 N 1112; Krneta, N 1930. Eine solche Abweichung von adäquaten Marktkonditionen dürfte aber unter Berücksichtigung der geltenden Kapitalschutzvorschriften und der parallelen Wertungen des Kapitalmarktrechts in Art. 132 ff. FinfraG kaum vertretbar sein. 212 Dies folgt schon aus den zwingenden Kapitalschutzvorschriften wie Art. 678 Abs. 2 OR und ggf. Art. 680 Abs. 2 OR, s. Huguenin Jacobs, Gleichbehandlungsprinzip, S. 186. Zum Streit darüber, wie die Marktkonditionen im Hinblick auf den Kapitalschutz konkret zu bemessen sind, s. u. unter § 6 A. II. und III. sowie § 7 A. III. Eine Ausnahme von diesem Gebot der Gleichbehandlung zu Marktkonditionen besteht nur für Maßnahmen einer beherrschten Gesellschaft mit Unterwerfungs- und Finanzierungszweck zugunsten der Muttergesellschaft, s. hierzu unten unter § 7 A. II. 1. Eine solche Gesellschaft dürfte aber in der Regel ohnehin vollständig beherrscht sein, so dass schon keine Ungleichbehandlung gegeben sein dürfte. 213 Wenn dadurch etwa Synergien und eine effizientere Verfolgung des Gesellschaftszwecks ermöglicht werden.

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finanzielle Unterstützung eines solchen Anteilserwerbs wäre aber wohl nur dann erforderlich, wenn der Erwerber die Finanzierung nicht anderweitig erhalten kann. Kann der Erwerber sich hingegen zu Marktbedingungen bei Dritten refinanzieren, besteht kein Erfordernis der Ungleichbehandlung und diese wäre folglich unzulässig. Kann der Erwerber hingegen keine Finanzierung von Dritten erlangen und eine Erforderlichkeit wäre folglich grundsätzlich gegeben, wird die Maßnahme der finanziellen Unterstützung dann auch regelmäßig nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen214. Eine Ungleichbehandlung durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten eines Finanzinvestors wird hingegen kaum je zu rechtfertigen sein. Zwar könnte die Ermöglichung einer Kontrollbildung durch den Finanzinvestor zur Begrenzung von Agency-Kosten des Eigenkapitals grundsätzlich als sachlicher Grund im Gesellschaftsinteresse betrachtet werden, doch fehlt es an der Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung, da der Finanzinvestor sich regelmäßig bei Dritten refinanzieren kann oder selbst über die finanziellen Mittel verfügt, um den Anteilserwerb zu finanzieren215. Insgesamt verstoßen folglich Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen von buyouts, sofern Minderheitsaktionäre vorhanden sind, in der Regel gegen die Gleichbehandlungspflicht des Art. 717 Abs. 2 OR. Im Ausnahmefall kann eine Ungleichbehandlung jedoch gerechtfertigt sein, wenn die Maßnahme zu Marktkonditionen erfolgt und durch ein besonderes Gesellschaftsinteresse, etwa der Ermöglichung des Zusammenschlusses mit einem industriellen Erwerber, zu rechtfertigen ist. 3. Rechtsschutz und Rechtsfolgen Beschlüsse des Verwaltungsrats, die Pflichtverletzungen beinhalten, sind nicht anfechtbar216. Eine Nichtigkeit von Beschlüssen oder Rechtsgeschäften gemäß Art. 714 i.V.m. Art. 706b Ziff. 3 OR ist nur ausnahmsweise bei gleichzeitiger Verletzung bestimmter Kapitalschutzbestimmungen anzunehmen217. Sofern daneben nicht spezielle Rechtsbehelfe aufgrund einer Verletzung von Kapitalschutzbestimmungen bestehen, etwa die Rückerstattungsklage nach Art. 678 Abs. 2 OR, verbleibt 214

Da nach dem Prinzip der schonenden Rechtsausübung mit einer anderen, weniger einschneidenden Maßnahme der Zweck der Übernahme mutmaßlich nicht erreicht würde. Zu diesem Prinzip BGE 117 II 290 (302); von der Crone, Aktienrecht, § 8 N 52 ff.; Krneta, N 1924; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 39 N 95 ff. 215 Für den theoretischen Fall, dass diese Mittel nicht vorhanden sein sollten, untersagt es das Gebot der schonenden Rechtsausübung, eine Ungleichbehandlung gerade diesem mittellosen Finanzinvestors zu gewähren, wenn es mutmaßlich andere Finanzinvestoren gibt, die über diese Mittel selbst verfügen. 216 Art. 714 e contrario. s. Huguenin Jacobs, Gleichbehandlungsprinzip, S. 185. 217 BSK-ORII/Truffer/Dubs, Art. 706b N 16a; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 266 ff.; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 189.

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als einzige Rechtsschutzmöglichkeit für Aktionäre und Gläubiger die Verantwortlichkeitsklage nach Art. 754 ff. OR218. Anspruchsgegner für Ansprüche aus der Verantwortlichkeit wegen Pflichtverletzungen sind die Mitglieder des Verwaltungsrats als formelle Organe sowie faktische und materielle (d. h. durch bewusste Delegation befugte) Organe219, sofern sie ihre Aufgaben nicht rechtmäßig gemäß Art. 754 Abs. 2 OR an Dritte delegiert haben. Aktivlegitimiert gemäß Art. 754 Abs. 1 OR sind die Gesellschaft sowie grundsätzlich alle in ihrer derzeitigen oder ehemaligen Stellung als Aktionäre oder Gläubiger geschädigten juristischen und natürlichen Personen220. Liegt ein wirksamer Zustimmungsbeschluss der Generalversammlung vor, entfällt gemäß Art. 758 Abs. 1 OR das Klagerecht der Gesellschaft. Die grundsätzlich gegebene Aktivlegitimation von Aktionären und Gläubigern wird für mittelbare bzw. indirekte Schäden, die Aktionären und Gläubigern allein durch die Minderung des Gesellschaftsvermögens entstehen, gemäß Art. 756 f. OR modifizert und im Ergebnis eingeschränkt. Nach Art. 756 f. OR kann der Schaden von Aktionären und Gläubigern nur stellvertretend für die Gesellschaft geltend gemacht werden, d. h. nur Klage auf Leistung an die Gesellschaft erhoben werden221. Gläubiger dürfen diesen mittelbaren Schaden zudem erst im Konkurs geltend machen (Art. 757 Abs. 1 e contrario). Diejenigen Aktionäre, die einem Entlastungsbeschluss der Generalversammlung zugestimmt haben, sind gemäß Art. 758 Abs. 1 OR nicht mehr klageberechtigt; das Klagerecht der nicht zustimmenden Aktionäre erlischt gemäß Art. 758 Abs. 2 OR nach sechs Monaten. Unmittelbare bzw. indirekte Schäden können hingegen auch ohne weitere Voraussetzungen gemäß Art. 754 Abs. 1 OR durch entsprechende Klage auf Leistung an den einzelnen Geschädigten geltend gemacht werden. Unmittelbare Schäden liegen vor, wenn durch die Pflichtverletzung das Vermögen des Klägers unmittelbar geschmälert wurde, ohne dass sich das Vermögen der Gesellschaft verringert hätte222. Typischer Fall eines unmittelbaren Schadens ist etwa eine vorenthaltene Dividende223. Unmittelbare Schäden können durch die Geschädigten nur dann direkt mittels Verantwortlichkeitsklage geltend gemacht werden, wenn sie auf der Verletzung

218 Bestehen Ansprüche nach Art. 678 Abs. 2 OR neben solchen nach Art. 754 ff. OR stehen diese in Anspruchskonkurrenz zueinander, s. BGE 140 III 533 (540) m.w.N. zum zuvor bestehenden Streit. Zustimmend von der Crone/Mauchle, S. 204. 219 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 4 ff.; Jagmetti, S. 272 ff. Zum Organbegriff allgemein siehe oben unter § 5 A. III. 1. 220 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 3. Tabellarische Übersicht zu den Klagemöglichkeiten bei Böckli, Aktienrecht, § 18 N 219. 221 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 15. 222 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 16. 223 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 16.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

ausschließlich aktionärs- oder gläubigerschützender Vorschriften beruhen224. Eine etwaige Zustimmung von Aktionären oder Gläubigern zu solchen Schädigungen wirkt nur für und gegen die jeweils Zustimmenden und berührt das Klagerecht Dritter nicht225. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die aufgrund einer Pflichtverletzung der Organe veranlasst wurden, werden typischerweise lediglich einen mittelbaren Schaden darstellen, insbesondere wenn sie nicht zu Marktkonditionen erfolgten und dadurch das Gesellschaftsvermögen geschmälert wird. Verstöße gegen die Gleichbehandlungspflicht können zwar grundsätzlich einen direkten Schaden nach sich ziehen226, nicht jedoch in der Regel bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung. Denn es besteht kein Anspruch der übergangenen Aktionäre auf finanzielle Unterstützung im gleichen Umfang, sondern nur eine Rückgewährpflicht des zu Unrecht Begünstigten227. Wegen des nur mittelbaren Schadens werden folglich etwaige Gläubigerschäden gemäß Art. 757 Abs. 1 OR erst im Konkurs geltend gemacht werden können und Aktionäre lediglich gemäß Art. 756 Abs. 1 OR auf Leistung an die Gesellschaft klagen können. Voraussetzung für einen Anspruch ist neben dem Vorliegen eines Schadens eine Pflichtverletzung sowie ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden228. Das ebenfalls erforderliche Verschulden ist nach einem objektivierten Maßstab zu bestimmen und daher bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen in der Regel stets gegeben229. Ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, wenn die Pflichtverletzung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zum Schaden geführt hat230. Daraus lässt sich jedoch keine Vermutung eines Kausalzusammenhangs etwa im Sinne eines Anscheinsbeweises ableiten231. Wäre der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten, entfällt der Kausalzu-

224 BGE 132 III 564 (568 ff.); BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 24. Nur sehr wenige Vorschriften schützen ausschließlich Aktionäre oder Gläubiger und nicht zugleich auch die Gesellschaft, so dass in der Regel eine Konkurrenz von Ansprüchen aus direktem und indirektem Schaden vorliegen wird. In diesen Fällen entfällt die unmittelbare Klageberechtigung der Geschädigten und die Klage auf Leistung an die Gesellschaft hat Vorrang, s. zu dieser Problematik und der wechselvollen Rechtsprechung ausführlich BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 17 ff.; Jagmetti, S. 279 f. 225 Jagmetti, S. 292; Rusch, S. 72. Denn Art. 758 OR gilt nur für Schäden gegenüber der Gesellschaft und eine Zustimmung kann somit nur nach dem allgemeinen Grundsatz volenti non fit inuria Wirkung entfalten, s. Jagmetti, S. 290. 226 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 16. 227 Huguenin Jacobs, Gleichbehandlungsprinzip, S. 186. 228 von der Crone, Aktienrecht, § 12 N 60; Böckli, Aktienrecht, § 18 N 359; Jagmetti, S. 280. 229 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 35; Böckli, Aktienrecht, § 18 N 429 f. 230 BGE 113 II 52 (57); BGE 112 II 439 (442); BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 42; Böckli, Aktienrecht, § 18 N 416. 231 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 42.

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sammenhang232. Die Beweislast für alle Tatbestandsvoraussetzungen sowie für die Schadenshöhe trägt dabei der Kläger233. Bei Verletzungen der Sorgfaltspflicht im Rahmen der Finanzierungsverantwortung durch Klumpenrisiken oder materielle Unterkapitalisierung dürfte es den Klägern jedoch regelmäßig schwerfallen, außerhalb des Konkurses die durch allgemeine Sorgfaltspflichtverletzungen verursachten Schäden und deren kausale Verursachung zu beweisen234. Im Konkurs sind jedenfalls die eingetretenen Schäden durch Forderungsausfälle der Gläubiger leichter zu beweisen. Allerdings wird im Konkurs der Nachweis der adäquaten Kausalität für den Konkurseintritt, beispielsweise durch eine materielle Unterkapitalisierung, schwerfallen, da zumeist eine Vielzahl von Umständen zum Eintritt des Konkurses geführt haben werden. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung darstellen, können gemäß Art. 678 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 OR durch die Gesellschaft vom Begünstigten zurückverlangt werden235. Eine etwaig daneben bestehende Haftung des handelnden Organs nach Art. 754 Abs. 1 OR kann in Anspruchskonkurrenz hierzu geltend gemacht werden, sofern die weiteren Voraussetzungen vorliegen236. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ist das jeweils haftende Organ zum Ersatz des entstandenen Schadens nach den allgemeinen Haftungsregeln verpflichtet237. Einen mittelbaren Schaden muss es der Gesellschaft238, einen unmittelbaren Schaden dem jeweiligen Anspruchsteller ersetzen. Die Kosten einer be-

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Böckli, Aktienrecht, § 18 N 419; Jagmetti, S. 288. BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 21; Böckli, Aktienrecht, § 18 N 432; Jagmetti, S. 280. 234 Wenn also etwa aufgrund einer wirtschaftlich nachteiligen Kapitalstruktur der Unternehmenswert und die Gewinnsituation der Gesellschaft nicht optimal sind, dürfte es einem Aktionär schwer fallen, Kausalität und Schadenshöhe zu beweisen. Bei der Verwirklichung von Klumpenrisiken könnte ein Aktionär auch vor Konkurs einen Schaden beziffern, wenn die konkrete Grenze eines Klumpenrisikos klar definiert ist, da dann der Ausfall des übersteigenden Betrags als Schaden bezifferbar wäre. 235 Nach einer Auffassung sollen begünstigende Verträge ganz oder teilweise ungültig sein und dies soll von den benachteiligten Aktionären geltend gemacht werden können, da die Gleichbehandlungswidrigkeit zugleich die Rechtwidrigkeit beinhalte, s. Huguenin Jacobs, Gleichbehandlungsprinzip, S. 186. Dies würde die Rechtssicherheit jedoch erheblich beeinträchtigen; zudem steht mit der Rückerstattungsklage nach Art. 678 Abs. 2 und 3 OR bereits ein spezieller Rechtsbehelf zur Verfügung, so dass es keiner Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit bedarf, s. Böckli, Aktienrecht, § 13 N 503 f.; Jagmetti, S. 169. 236 s. oben Fn. 218. 237 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 50. Gemäß Art. 759 OR haftet jedes Verwaltungsratsmitglied einzeln, kann jedoch im Außenverhältnis mit mithaftenden Verwaltungsratsmitgliedern in solidarische Haftung genommen werden. 238 Art. 756 Abs. 2 OR bzw. Art. 757 Abs. 1 OR. 233

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

rechtigten Klage eines Aktionärs können auch bei Unterliegen der Gesellschaft auferlegt werden239. IV. Unsittlichkeit Als äußerste Begrenzung rechtlichen Handelns käme ferner ein Verstoß gegen Vorschriften zum Schutz vor Unsittlichkeit durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in Betracht. Art. 27 Abs. 2 ZGB und Art. 19 Abs. 2 OR bzw. 20 OR schützen unter anderem vor einer übermäßigen Bindung und sanktionieren den Abschluss von Rechtsgeschäften mit missbilligenswertem Charakter, wobei sich die Anwendungsbereiche der beiden Normen in weitere einzelne Fallgruppen untergliedern240. Beide Normen finden grundsätzlich auch auf juristische Personen Anwendung241. In Betracht käme in Bezug auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung etwa eine Sittenwidrigkeit von umfassenden Interzessionen durch die Gesellschaft gemäß Art. 27 Abs. 2 ZGB unter dem Gesichtspunkt der übermäßigen Bindung und der damit verbundenen Beschränkung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit242. Beurteilt wird das Übermaß der Bindung nach Intensität und Dauer der Bindung und Angemessenheit der Gegenleistung243. Allerdings ist ein solches nur mit Zurückhaltung anzunehmen; Art. 27 Abs. 2 ZGB verbietet niemandem, sich über seine finanziellen Kräfte hinaus zu binden244. Rechtsfolge einer übermäßigen Bindung ist nach der Rechtsprechung nicht die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gemäß Art. 20 OR, sondern das Recht der übermäßig gebundenen (juristischen) Person, die Erfüllung des Rechtsgeschäfts zu verweigern245. 239

Böckli, Aktienrecht, § 18 N 232 ff. Seit 1. Januar 2011 ist diese Möglichkeit der Prozesskostenverteilung in Art. 107 der Zivilprozessordnung (ZPO) normiert. s. hierzu Sethe, Verantwortlichkeitsrecht, S. 319 ff.; von der Crone/Mauchle, S. 205 f. 240 Übersichten zu den Fallgruppen und der Kasuistik etwa bei BSK-ORI/Huguenin, Art. 19/20 OR N 15 ff.; BSK-ZGBI/Huguenin, Art. 27 N 5 ff. 241 Die Begründung der Anwendbarkeit von Art. 27 Abs. 2 ZGB auf juristische Personen ist dabei im Einzelnen streitig. Während die Rechtsprechung eine Berufung von juristischen Personen auf Art. 27 Abs. 2 ZGB nur dann für zulässig erachtet, wenn es um den Schutz ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfähigkeit geht, s. BGE 123 III 337 (345 f.); BGE 114 II 162 (164), sieht die Literatur für eine solche Einschränkung entweder keine Veranlassung, s. BSK-ZGBI/ Huguenin, Art. 27 N 3, oder will jedenfalls Art. 27 Abs. 2 ZGB grundsätzlich anwenden und nur im Einzelfall beschränken, s. BK-Bucher, Art. 27 N 510 ff. Da Maßnahmen der finanziellen Unterstützung stets die wirtschaftliche Dispositionsfähigkeit berühren, kann der Streit hier dahingestellt bleiben. 242 BGE 123 III 337 (345 f.); Jagmetti, S. 107; Weibel, S. 77. 243 BSK-ORI/Huguenin, Art. 19/20 OR N 45 ff.; BSK-ZGBI/Huguenin, Art. 27 N 10; Jagmetti, S. 107. 244 BGE 95 II 55 (58); BSK-ZGBI/Huguenin, Art. 27 N 14. 245 BGE 129 III 209 (213 f.), sofern die Verletzung von Art. 27 Abs. 2 ZGB nicht den – hier nicht einschlägigen – höchstpersönlichen Kernbereich einer Person betreffen. Ebenso Jagmetti,

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In der Lehre wird eine übermäßige Bindung und Einschränkung der Dispositionsfreiheit durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die zu einer Aushöhlung der Zielgesellschaft führen können, diskutiert246. Ein solcher Fall wäre denkbar, wenn die Zielgesellschaft so umfangreiche Mittel als Darlehen ausreichen oder zur Interzession bereitstellen würde, dass Gewinne verlagert würden, ihre verfügbaren Aktiva vollständig zur Besicherung fremder Verbindlichkeiten verwendet würden und das Insolvenzrisiko dadurch massiv erhöht wäre247. Einige Autoren sehen nur bei einem krassen Missverhältnis des Umfangs der Sicherheitenbestellung zu den vorhandenden Aktiva, fehlender Vergütung und hoher Insolvenzwahrscheinlichkeit für die interzedierende Gesellschaft die Möglichkeit einer übermäßigen Bindung248. Teilweise wird vertreten, dass eine umfassende Interzession grundsätzlich nicht sittenwidrig sei, da eine solche bankenüblich sei249. Eine gängige Praxis allein kann jedoch kein hinreichendes Indiz für eine Einhaltung der guten Sitten sein250. Allerdings wird diesen Gefahren bereits durch unterschiedlichste rechtliche Schutzmechanismen wie etwa durch die Zweckgrenze der Gesellschaft, durch das Verbot der Einlagenrückgewähr und durch das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung begegnet, die jeweils bereits verhindern sollen, dass die Gesellschaft zu Lasten Dritter ausgehöhlt wird. In ihren Rechtsfolgen251 sind diese Schutzmechanismen oftmals weitreichender als die Möglichkeit, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Erfüllung zu verweigern. Es besteht daher weder in Praxis noch Theorie252 eine Veranlassung, bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auf das Verbot der übermäßigen Bindung zurückzugreifen. Sollte tatsächlich ausnahmsweise die extreme Konstellation einer Aushöhlung oder übermäßigen Bindung vorliegen, steht eine Reihe von effektiveren Rechtsbehelfen zur Verfügung. Als weitere Fallgruppe der übermäßigen Bindung gemäß Art. 27 Abs. 2 ZGB haben Lehre und Rechtsprechung Rechtsgeschäfte mit fehlender Begrenzung oder

S. 107. Zur Kritik daran und einem abweichenden Konzept der flexiblen Teilnichtigkeit siehe BSK-ZGBI/Huguenin, Art. 27 N 18 ff. m.w.N. 246 Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 193; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 201; Rusch, S. 79 ff.; Banz, S. 195 f.; Zimmerli, S. 293 ff.; Weibel, S. 77 ff. Für eine Diskussion weiterer, eher fernliegender Fallgruppen möglicher Unsittlichkeit bei Interzessionen, s. Rusch, S. 79 ff.; Weibel, S. 74 ff. 247 Nach diesen Aspekten eine übermäßige Bindung quantifizierend Banz, S. 195. 248 Banz, S. 195 f.; Zimmerli, S. 300. Letzterer will zudem indirekte Vorteile durch einen LBO bei der Bestimmung des Übermaßes berücksichtigen. 249 Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 201. 250 Rusch, S. 83; Banz, S. 195 Fn. 8. 251 Sie reichen von Nichtigkeit bei Überschreiten der Zweckgrenze bis hin zu speziellen Rückgewähr- und Haftungsansprüchen. 252 Die zitierten Autoren diskutieren eine übermäßige Bindung nur als theoretische Möglichkeit in extremen Ausnahmefällen, eine praktische Relevanz im Rahmen eines LBOs nimmt keiner der Autoren an, siehe Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 193; Rusch, S. 84; Banz, S. 195; Zimmerli, S. 300; Weibel, S. 80.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Begrenzbarkeit entwickelt253, insbesondere bei Pfand- und Sicherheitenbestellungen unbestimmten Umfangs, etwa Globalzessionen zu Sicherungs- und Finanzierungszwecken. Die Rechtsprechung bejaht beispielsweise einen Verstoß gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB bzw. Art. 20 OR, wenn eine Gesellschaft alle bestehenden und künftigen Forderungen zugunsten einer anderen Gesellschaft abtritt254, sofern dadurch die Interessen von Aktionären oder Dritter gefährdet sein können255. Eine Interzession zur Finanzierung des Erwerbs von Anteilen müsste also jedenfalls ihrem Umfang nach bestimmbar oder eine Höchstgrenze bei Globalzessionen definiert sein, um nicht gegen Art. 27 Abs. 2 OR zu verstoßen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz könnte nur gelten, wenn weder die Interessen von Minderheitsaktionären noch Dritten (also Gläubigern) gefährdet wären. Die umfassende Wahrung von Minderheitsinteressen kann dabei wohl nur durch Einfügung einer Unterwerfungs- und Finanzierungsklausel in den Gesellschaftszweck sichergestellt werden256. Gläubigerinteressen wären dann nicht gefährdet, wenn daneben der unbestimmte Umfang der Interzession zugunsten einer Gesellschaft mit ausreichender Bonität erfolgt, so dass das Insolvenzrisiko der interzedierenden Gesellschaft nicht wesentlich erhöht ist. Unter diesen kautelarjuristischen Voraussetzungen wären auch unbestimmte Globalzessionen zugunsten eines Erwerbers im Rahmen eines LBOs wohl zulässig.

B. Im deutschen Recht I. Kompetenz für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung 1. Grundsätzliche Zuständigkeit Aus § 77 AktG ergibt sich, dass Geschäftsführungsmaßnahmen der Gesellschaft grundsätzlich dem Vorstand der Aktiengesellschaft obliegen257. Die Geschäftsführung ist dabei weit als jedwede tatsächliche oder rechtsgeschäftliche Tätigkeit für die Aktiengesellschaft definiert258, wobei § 77 Abs. 1 AktG die interne Kompetenzverteilung in der Gesellschaft regelt und von der Regelung der Vertretung nach außen 253

BGE 106 II 257 (263); BGE 108 II 47 (49); BSK-ZGBI/Huguenin, Art. 27 N 16 m.w.N. BGE 114 II 159 (163); BGE 106 II 369 (377 f.), als Fall der übermäßigen Bindung diskutiert von Rusch, S. 81 f. 255 BGE 106 II 369 (379). 256 Siehe zu solchen Zweckklauseln im Konzern unten unter § 7 A. II. 1. Enge und wechselseitige finanzielle Beziehungen zwischen den beteiligten Gesellschaften für eine unbestimmte Globalzession aufgrund dieser Rechtsprechung bereits für ausreichend haltend Rusch, S. 81 f. 257 Spindler/Stilz/Fleischer, § 77 Rn. 4; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 77 Rn. 7. 258 Hüffer-AktG, § 77 Rn. 3; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 77 Rn. 2; MünchKomm-AktG/ Spindler, § 77 Rn. 6. 254

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gemäß § 78 AktG zu unterscheiden ist259. Die grundsätzlich dem Vorstand obliegende Gesamtgeschäftsführung kann durch Satzung oder Geschäftsordnung gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 AktG abbedungen260 und einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen auf eine niedrigere Führungsebene delegiert werden, soweit diese Maßnahmen nicht durch Gesetz ausschließlich dem (Gesamt-)Vorstand vorbehalten sind261. § 76 Abs. 1 AktG konkretisiert die Leitung der Gesellschaft als herausgehobenen Bereich der Geschäftsführungsaufgaben, der ausschließlich dem Vorstand obliegt und grundsätzlich nicht delegationsfähig ist262. Alle denkbaren Maßnahmen der finanziellen Unterstützung lassen sich unter den Begriff der Geschäftsführung subsumieren, so dass grundsätzlich der Vorstand der Aktiengesellschaft vorbehaltlich weiterer Beschränkungen oder Zustimmungserfordernisse für die Vornahme von Maßnahmen finanzieller Unterstützung zuständig ist. Die Leitungsmacht des Vorstands gemäß § 76 Abs. 1 AktG umfasst neben der Planungs- und Steuerungsverantwortung, der Organisationsverantwortung und der Informationsverantwortung auch die Finanzierungsverantwortung263. Daraus folgt, dass der Vorstand die Vornahme von Maßnahmen finanzieller Unterstützung nur insoweit delegieren darf, als durch die Maßnahmen die Finanzstruktur der Gesellschaft nicht wesentlich berührt wird264. Im Rahmen von LBOs und MBOs wird der Umfang der Maßnahmen finanzieller Unterstützung regelmäßig so erheblich sein, dass diese die Finanzstruktur der Gesellschaft berühren und folglich dem Bereich der Leitung der Gesellschaft zuzurechnen sind. Im praktisch häufigsten Anwendungsfall des buyouts werden Maßnahmen der finanziellen Unterstützung also als nicht übertragbare Leitungsaufgabe gemäß § 76 Abs. 1 AktG in die ausschließliche Zuständigkeit des Vorstands fallen. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung geringeren Umfangs können hingegen auf dem Vorstand nachgeordnete Leitungsebenen delegiert werden.

259

GroßK-AktG/Habersack, § 77 Rn. 3. Und etwa Einzelgeschäftsführung festgelegt werden, s. Hüffer-AktG, § 77 Rn. 10. 261 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 76 Rn. 4; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 77 Rn. 23; MünchKomm-AktG/Spindler, § 77 Rn. 63 f. 262 GroßK-AktG/Kort, § 76 Rn. 49; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 76 Rn. 45; KK-AktG/ Mertens/Cahn, § 77 Rn. 23. 263 Spindler/Stilz/Fleischer, § 76 Rn. 18. Nach anderer Auffassung wird stärker auf betriebswirtschaftliche Kategorien der Unternehmensplanung abgestellt, die sich aber im Ergebnis kaum von der dargestellten Einteilung unterscheiden und stets auch Entscheidungen über die Finanzstruktur des Unternehmens mit umfassen, s. KK-AktG/Mertens/Cahn, § 76 Rn. 5; MünchKomm-AktG/Spindler, § 76 Rn. 16. 264 Unter diese Kategorie könnten etwa Finanzgeschäfte kleineren Umfangs mit Aktionären fallen. 260

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2. Kompetenzdelegation an Hauptversammlung und Aufsichtsrat Der Vorstand ist befugt, aber grundsätzlich nicht verpflichtet, Geschäftsführungsmaßnahmen, die gemäß § 76 Abs. 1 AktG in seine Zuständigkeit fallen, der Hauptversammlung gemäß § 119 Abs. 2 AktG zur Entscheidung vorzulegen265. In der Frage, ob er einen Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 119 Abs. 2 AktG herbeiführen möchte, hat der Vorstand grundsätzlich freies Ermessen266. Dabei gilt keine Bagatellgrenze, so dass auch geringfügige Maßnahmen (etwa Kredite kleineren Umfangs) vom Vorstand der Hauptversammlung vorgelegt werden können267. Der Beschluss der Hauptversammlung führt zu einem Ausschluss der Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft hinsichtlich dieser Maßnahme gemäß § 93 Abs. 4 S. 1 AktG268. Lehnt die Hauptversammlung die Geschäftsführungsmaßnahme per Beschluss ab, ist der Vorstand grundsätzlich verpflichtet, diese Maßnahme zu unterlassen, ebenso wie er umgekehrt bei Zustimmung gemäß § 83 Abs. 2 AktG269 verpflichtet ist, diese Maßnahmen auszuführen270. Da der Vorstand selbst frei über die Vorlage zum Beschluss entschieden hat, dürfte eine Ausführungspflicht in der Regel nicht mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften oder der Verantwortlichkeit konfligieren. Sollte dies aufgrund wesentlicher Änderung der Umstände bis zur Ausführung271 oder im Falle einer Pflichtwidrigkeit durch Unterlassen wegen fehlender Zustimmung272 dennoch der Fall sein, soll der Vorstand berechtigt sein, in ersterem Fall vorläufig von der Ausführung abzusehen und erneut zum Beschluss vorzulegen273 und in letzterem Fall die Ausführung zu unterlassen und ggf. den ablehnenden Beschluss nach § 245 Nr. 4 bzw. 5 AktG anzufechten274.

265

Hüffer-AktG, § 119 Rn. 13; Schmidt/Lutter-AktG/Spindler, § 119 Rn. 17. BGHZ 83, 122 (131); MünchKomm-AktG/Kubis, § 119 Rn. 22; Schmidt/Lutter-AktG/ Spindler, § 119 Rn. 17. Dieses Ermessen reduziert sich allerdings in Fällen der „Holzmüller/ Gelatine“-Doktrin auf Null, siehe unten unter § 5 II. B. 2. c). Zudem bestehen ggf. kapitalmarktrechtliche Zustimmungserfordernisse in der Übernahmesituation, siehe unten unter § 8 B. III. 267 GroßK-AktG/Mülbert, § 119 Rn. 47; MünchKomm-AktG/Kubis, § 119 Rn. 22. 268 Nicht jedoch hinsichtlich Ansprüchen der Gläubiger der Gesellschaft, s. § 93 Abs. 5 S. 3 AktG. 269 Spindler/Stilz/Fleischer, § 83 Rn. 7; MünchKomm-AktG/Spindler, § 83 Rn. 21; GroßK-AktG/Habersack, § 83 Rn. 11. 270 GroßK-AktG/Mülbert, § 119 Rn. 54; Schmidt/Lutter-AktG/Spindler, § 119 Rn. 25. 271 Z. B. bei zwischenzeitlicher Verschlechterung der Bonität des Empfängers. 272 Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kaum vorstellbar, allenfalls dann, wenn die finanzielle Unterstützung (z. B. Besicherung mit Aktiva der Gesellschaft) einer strategische Fusion dienen soll, die das Überleben der Gesellschaft sichern soll. 273 Spindler/Stilz/Fleischer, § 83 Rn. 17; Schmidt/Lutter-AktG/Seibt, § 83 Rn. 12. 274 GroßK-AktG/Habersack, § 83 Rn. 13; Spindler/Stilz/Fleischer, § 83 Rn. 9 f. mit ausführlichen Nachweisen zu abw. Meinungen. 266

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Fasst die Hauptversammlung einen Beschluss über eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung, ohne dass der Vorstand diese Entscheidung zum Beschluss vorgelegt hat, ist der Beschluss der Hauptversammlung für den Vorstand hingegen nicht bindend275. Eine originäre Kompetenzattraktion durch die Hauptversammlung ist folglich nicht möglich. Der Aufsichtsrat ist gemäß § 111 Abs. 4 S. 1 AktG ausdrücklich nicht zur Geschäftsführung befugt. Daraus folgt auch, dass weder der Vorstand Geschäftsführungsmaßnahmen dem Aufsichtsrat zur Entscheidung vorlegen darf noch der Aufsichtsrat ohne Vorlage über solche entscheiden darf276, es sei denn, in der Satzung ist ein entsprechender Zustimmungsvorbehalt gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 – 5 AktG enthalten277 oder es bestehen besondere gesetzliche Zustimmungserfordernisse oder Kompetenzregeln. Kompetent ist der Aufsichtsrat etwa ausnahmsweise bei Geschäften der Gesellschaft mit dem Vorstand, bei denen der Aufsichtsrat die Gesellschaft gemäß § 112 S. 1 AktG gegenüber dem Vorstand vertritt278. II. Beschränkungen der Vertretung der Gesellschaft Die soeben diskutierte Zuständigkeit der Organe der Aktiengesellschaft für die Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung bezieht sich nur auf die interne Kompetenzverteilung. Von dieser zu unterscheiden ist die Vertretungsbefugnis (auch als Geschäftsführungsbefugnis279 bezeichnet) des Vorstands als zuständigem Organ. Diese regelt im Innenverhältnis zur Gesellschaft, in welchem Umfang das zuständige Organ die Gesellschaft vertreten darf und inwieweit diese Befugnis durch andere Organe beschränkbar ist280. Von dieser wiederum zu unterscheiden ist die Vertretungsmacht281 des Vorstands, mit der der zulässige Umfang des rechtsgeschäftlichen Handelns im Außenverhältnis bezeichnet wird. 1. Umfang der Vertretungsmacht des Vorstands Gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 AktG vertritt der Vorstand die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Diese Vertretungsmacht ist gemäß § 82 Abs. 1 AktG im Außenverhältnis grundsätzlich nicht beschränkt und nicht beschränkbar. Weder Ge275 MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 41; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 27. A.A. offenbar Schmidt/Lutter-AktG/Spindler, § 119 Rn. 25, der dem nicht auf Verlangen des Vorstands ergangenen Beschluss die gleiche Bindungswirkung zuspricht. 276 MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 40. 277 Zu diesem Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats siehe ausführlich unten unter § 5 II. B. 2. c). 278 Hüffer-AktG, § 112 Rn. 3 f.; Spindler/Stilz/Spindler, § 112 Rn. 18 ff. 279 So die Bezeichnung im Gesetzestext in § 82 Abs. 2 AktG. 280 GroßK-AktG/Habersack, § 78 Rn. 6. 281 Die im Gesetz in § 82 Abs. 1 AktG als Vertretungsbefugnis bezeichnet wird, während in der Literatur der Begriff Vertretungsmacht üblich ist, s. Hüffer-AktG, § 82 Rn. 2.

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sellschaftszweck und Unternehmensgegenstand noch Zustimmungserfordernisse oder gewillkürte Beschränkungen der Vertretungsbefugnis können die Vertretungsmacht des Vorstands beschränken282. Nur bei aufgrund von Verstößen gegen bestimmte gesetzliche Verbote und die guten Sitten nichtigen Rechtsgeschäften handelt der Vorstand auch gegenüber Dritten außerhalb seiner Vertretungsmacht283. Zweck der Norm ist der Schutz des Rechtsverkehrs284. Personell bezieht sich die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht daher nur auf schutzwürdige Dritte285. Organpersonen der Gesellschaft sind grundsätzlich nicht als Dritte geschützt, Beschränkungen der Vertretungsbefugnis können ihnen also uneingeschränkt entgegengehalten werden286. Während Aktionäre ohne beherrschenden Einfluss grundsätzlich als schutzwürdige Dritte eingestuft werden287, ist dies für Rechtsgeschäfte im Konzern im Einzelnen streitig. Ein Teil der Lehre will verbundene Unternehmen grundsätzlich vom Schutzbereich des § 82 Abs. 1 AktG ausnehmen288, während andere dies nur ausnahmsweise für nahezu vollständig herrschende Muttergesellschaften289 annehmen wollen oder ganz ablehnen290. Jedenfalls für den bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung relevanten Fall eines beherrschenden Gesellschafters bzw. einer Muttergesellschaft kann § 82 Abs. 1 AktG keine Anwendung finden. Denn diese haben vermittelt durch ihren beherrschenden Einfluss umfassende Einsichtsmöglichkeiten in die Verhältnisse der Gesellschaft und werden insbesondere bei von ihnen veranlassten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung von allen Beschränkungen Kenntnis haben. Gesetzliche Beschränkungen der Vertretungsmacht gegenüber außenstehenden Dritten bestehen nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen die Zustimmung der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrats erforderlich sind. 282 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 5 ff.; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 2. Nimmt man auch für Verstöße gegen § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG die Rechtsfolge der Nichtigkeit an – zu diesem Streit siehe unten unter § 6 B. II. 2. – entfiele folglich auch bei Rechtsgeschäften, die gegen § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG verstoßen, grundsätzlich die Vertretungsmacht des Vorstands. 283 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 8; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 13. Die Unbeschränktheit der Vertretungsmacht gegenüber Außenstehenden wird nur ausnahmsweise in Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht durchbrochen, s. dazu unten unter § 5 B. II. 3. c). 284 GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 1; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 1. 285 Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 534 f. MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 49 f. 286 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 14; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 17; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 51. 287 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 17; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 17; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 52. 288 GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 18; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 52 (differenzierend zwischen Mutter- und Schwestergesellschaften); ebenso Schmidt/LutterAktG/Seibt, § 82 Rn. 9. 289 Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 536. 290 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 18.

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a) Beschränkung durch Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung Ein solches Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kann sich bei strukturändernden Maßnahmen nach dem UmwG291 sowie gemäß § 179a Abs. 1 AktG bei Übertragung des wesentlichen Aktivvermögens der Gesellschaft durch Einzelrechtsnachfolge ergeben. Nach § 179a Abs. 1 AktG erfordern Verträge, in denen sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens verpflichtet, die Zustimmung der Hauptversammlung. Die Norm beschränkt dabei sowohl die Geschäftsführungskompetenz des Vorstands als auch die Vertretungsmacht nach außen292. Für das Zustimmungserfordernis ist nicht erforderlich, dass das gesamte Vermögen restlos durch diesen Vertrag übertragen wird; vielmehr ist § 179a Abs. 1 AktG auch einschlägig, wenn ein unwesentliches Restvermögen verbleibt293. Die Beurteilung der Wesentlichkeit des übertragenen Vermögens soll vorrangig von qualitativen Maßstäben, ergänzt um quantitative Maßstäbe, abhängig gemacht werden294. Für die Bestimmung der Wesentlichkeit des Restvermögens ist maßgeblich, ob die Gesellschaft nach Übertragung mit dem verbliebenen Vermögen zumindest noch eines ihrer satzungsmäßig geregelten Unternehmensziele weiterverfolgen kann295 oder alternativ der Umfang des übertragenen Vermögens quantitativ wesentlich ist296. Folglich sind auch Vermögensübertragungen von quantitativ untergeordnetem Umfang zustimmungsbedürftig, sofern das übertragene Vermögen zur Erreichung der satzungsmäßigen Unternehmensziele benötigt wird297. Das Zustimmungserfordernis nach § 179a Abs. 1 AktG besteht dabei unabhängig von der in der Regel bei Überschreitung des Unternehmensgegenstands ebenfalls erforderlichen Satzungsänderung gemäß § 179 Abs. 1 AktG298. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können mit einer Übertragung des ganzen Vermögens der Aktiengesellschaft im Sinne von § 179a Abs. 1 AktG verbunden sein, insbesondere bei der Besicherung von Krediten zum Zwecke des Erwerbs mit den wesentlichen Aktiva der Gesellschaft. Sofern die der Besicherung 291 Zu diesen Maßnahmen im Überblick MünchKomm-AktG/Stein, § 179a Rn. 22; Spindler/Stilz/Holzborn, § 179a Rn. 6, sowie unten unter § 9 B. 292 BGHZ 82, 188 (195); MünchKomm-AktG/Stein, § 179a Rn. 40; Spindler/Stilz/Holzborn, § 179a Rn. 6; Hüffer-AktG, § 179a Rn. 1, 3. 293 BGHZ 83, 122 (128); MünchKomm-AktG/Stein, § 179a Rn. 17; Hüffer-AktG, § 179a Rn. 4. 294 BGHZ 83, 122 (128); Hüffer-AktG, § 179a Rn. 5; Spindler/Stilz/Holzborn, § 179a Rn. 19. 295 Hüffer-AktG, § 179a Rn. 5; BGHZ 83, 122 (128). 296 Schmidt/Lutter-AktG/Seibt, § 179a Rn. 8. 297 A.A. MünchKomm-AktG/Stein, § 179a Rn. 18, der aus Gründen des Verkehrsschutzes vorwiegend auf quantitative Maßstäbe abstellen will und bei Änderung des Unternehmensgegenstands eine Satzungsänderung nach § 179 Abs. 2 AktG für angemessen hält. 298 Hüffer-AktG, § 179a Rn. 8; Spindler/Stilz/Holzborn, § 179a Rn. 7. Siehe zur Beschränkung durch die Satzung unten unter § 5 B. II. 2. a).

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dienenden Aktiva zur Verfolgung des Unternehmensgegenstands unentbehrlich wären oder alternativ einen quantitativ wesentlichen Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft darstellen würden, wäre die Zustimmung der Hauptversammlung gemäß § 179a Abs. 1 AktG mit dem Quorum einer Satzungsänderung gemäß § 179 AktG299 erforderlich. Zustimmungsbedürftig ist das obligatorische Verpflichtungsgeschäft, nicht nachfolgende dingliche Erfüllungsgeschäfte300. Im Fall einer Besicherung von Verbindlichkeiten Dritter durch die Gesellschaft wäre folglich bereits die Sicherheitenbestellung zustimmungspflichtig. b) Beschränkung bei zwingender Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat gemäß § 112 AktG Gemäß § 112 S. 1 AktG kann der Vorstand nicht Rechtsgeschäfte für die Gesellschaft mit sich oder anderen einzelnen Mitgliedern des Vorstands wirksam abschließen. Im Zusammenhang mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist eine solche Vertretung durch den Aufsichtsrat insbesondere in Fällen der Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder gemäß § 89 Abs. 1 AktG erforderlich301, wie sie bei MBOs typisch sind. Ein in solchen Fällen des § 112 S. 1 AktG an Stelle des Aufsichtsrats handelnder Vorstand handelt ohne Vertretungsmacht302. 2. Umfang der Vertretungsbefugnis Im Innenverhältnis zur Gesellschaft ist die Vertretungsbefugnis gemäß § 82 Abs. 2 AktG durch zwingende Vorschriften wie etwa die Kapitalschutznormen beschränkt und durch Bestimmungen in der Satzung beschränkbar. a) Beschränkungen durch die Bestimmungen in der Satzung In der Satzung der Gesellschaft muss unter anderem der Gesellschaftszweck und gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG der Unternehmensgegenstand festgelegt werden. Der Gesellschaftszweck bestimmt, ob eine Gesellschaft der Gewinnerzielung dienen soll, was als Regelfall nicht ausdrücklich in der Satzung genannt werden muss, oder gemeinnützige Zwecke verfolgen soll, was in der Satzung geregelt werden muss303.

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§ 179a Abs. 1 S. 1 AktG. Siehe hierzu Hüffer-AktG, § 179a Rn. 8. Schmidt/Lutter-AktG/Seibt, § 179a Rn. 13; MünchKomm-AktG/Stein, § 179a Rn. 39. 301 Ausführlich zu § 89 AktG siehe unten unter § 5 B. II. 2. bb). 302 Hüffer-AktG, § 112 Rn. 4; Schmidt/Lutter-AktG/Drygala, § 112 Rn. 3; MünchKommAktG/Habersack, § 112 Rn. 31 f. Zu den Rechtsfolgen siehe unten unter § 5 II. B. 3. a). 303 Hüffer-AktG, § 23 Rn. 2; GroßK-AktG/Röhricht, § 23 Rn. 90 ff.; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 27. 300

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Dieser Gesellschaftszweck begrenzt zwar die Vertretungsbefugnis des Vorstands304, doch wird sich daraus keine konkrete Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Vorstands im Hinblick auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ableiten lassen. Denn in der Wahl der Mittel zur Verfolgung des Gesellschaftszwecks hat der Vorstand grundsätzlich ein weites Ermessen305. Nur zweifelsfrei verlustträchtige Rechtsgeschäfte könnten danach dem Gesellschaftszweck Gewinnerzielung entgegenstehen. Für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wird sich stets zumindest ein möglicher mittelbarer Nutzen für die Gewinnerzielung oder die Steigerung des Unternehmenswerts finden lassen, selbst wenn die Konditionen der Maßnahme zunächst für das Unternehmen nachteilig sein mögen. Daher kann der Gesellschaftszweck die Vertretungsbefugnis des Vorstands bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht effektiv begrenzen. Der zwingend in der Satzung gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG festzulegende Unternehmensgegenstand begrenzt ebenfalls die Vertretungsbefugnis des Vorstands306. Der Vorstand darf vom mit dem Unternehmensgegenstand festgelegten Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit307 nicht wesentlich abweichen, darf aber Hilfsgeschäfte vornehmen und Beteiligungen erwerben308. Der Unternehmensgegenstand darf vom Vorstand weder überschritten werden309, indem er etwa Tätigkeiten aufnimmt, die nach der Verkehrsanschauung als Gegenstand eigener Art anzusehen ist, noch unterschritten werden310, indem er im Unternehmensgegenstand genannte wesentliche Betätigungsfelder dauerhaft aufgibt. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden in der Regel als bloße Finanzgeschäfte keinen Einfluss auf die im Unternehmensgegenstand festgelegte werbende Tätigkeit haben und als Hilfsgeschäfte somit grundsätzlich vom Unternehmensgegenstand umfasst sein311. Nur bei finanzieller Unterstützung durch Besicherung eines Darlehens mit für die Betriebsfortführung wesentlichen Aktiva ist der Unternehmensgegenstand im Verwertungsfall gefährdet. Ein solcher Verlust wesentlicher Betriebsteile im Verwertungsfall führt zu 304

Großk-AktG/Habersack, § 82 Rn. 22; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 9. Großk-AktG/Habersack, § 82 Rn. 22; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 20. 306 GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 23 ff.; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 28 ff. 307 Großk-AktG/Habersack, § 82 Rn. 23 ff.; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 22 ff.; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 9. 308 Großk-AktG/Habersack, § 82 Rn. 24; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 33; Spindler/ Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 30; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 35; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 9. 309 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 33; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 29; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 34. 310 OLG Köln ZIP 2009, 1469; OLG Stuttgart AG 2005, 693; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 31; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 34; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 34; Hüffer-AktG, § 179 Rn. 9a; Kiesewetter/Spengler, S. 457 f. 311 Im Ausnahmefall kann die Abgrenzung von Maßnahmen finanzieller Unterstützung zu nicht notwendigerweise vom Unternehmensgegenstand umfassten Spekulationsgeschäften schwierig sein, s. MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 35; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 30 m.w.N. 305

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einer dauerhaften Unterschreitung des Unternehmensgegenstands. Eine solche Sicherheitenbestellung mit wesentlichen Aktiva der Gesellschaft erfolgt daher außerhalb der Vertretungsbefugnis312. Im Übrigen sind die Möglichkeiten der Gesellschaft begrenzt, durch sonstige Bestimmungen in der Satzung Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu beschränken oder unter den Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung zu stellen. Denn einerseits darf der Unternehmensgegenstand im Hinblick auf die Leitungsfreiheit des Vorstands gemäß § 76 Abs. 1 AktG nicht zu eng gefasst werden313, andererseits muss die Satzung der Satzungsstrenge gemäß § 23 Abs. 5 AktG genügen, darf also nur in eng begrenzten Fällen über die notwendigen Festlegungen hinaus zusätzliche Bestimmungen enthalten. Mögliche Satzungsbestimmungen, die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung effektiv begrenzen könnten, wie etwa Zustimmungsvorbehalte der Hauptversammlung bei der Fremdkapitalaufnahme oder Zielgrößen für die Kapitalstruktur, sind daher wohl als Eingriff in die Leitungsmacht des Vorstands nicht zulässig314. Die Festlegungen in der Satzung vermögen somit die Vertretungsbefugnis des Vorstands für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – vom Sonderfall der Besicherung mit betriebsnotwendigen Aktiva abgesehen – nicht effektiv zu begrenzen. b) Beschränkung durch Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats aa) Bei Geschäften von grundlegender Bedeutung § 111 Abs. 4 S. 2 AktG normiert die Pflicht, dass in der Satzung oder durch Beschluss des Aufsichtsrats festgelegt werden muss, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Welche Geschäfte unter dem zwingenden Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats stehen sollen, ist in Anbetracht der Vielgestaltigkeit des Wirtschaftslebens nicht allgemeingültig definierbar315. Eine verbreitete Auffassung lehnt sich zur näheren Eingrenzung an Ziff. 3.3 S. 2 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) an, nach dem Geschäfte der Zustimmung bedürfen, die die Vermögens-, Finanz- oder 312 Zur Möglichkeit einer Heilung durch Satzungsänderung gemäß § 179 Abs. 1 AktG siehe unten unter § 5 B. II. 3. b). 313 Großk-AktG/Habersack, § 82 Rn. 26; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 23 ff.; HüfferAktG, § 82 Rn. 10; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 33. 314 Ähnlich MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 35 hinsichtlich der Begrenzung von Spekulations- und Hilfsgeschäften in der Satzung. A.A. Vollmer, S. 99 f. Dieser hält die Festlegung eines starren Verhältnisses von Eigen- zu Fremdkapital in der Satzung ebenso für zulässig wie die Verankerung einer Vorlagepflicht zum Beschluss durch die Hauptversammlung bei wichtigen Kapitalstrukturveränderungen. Beides lässt sich aber mit der klaren Kompetenzverteilung zwischen Vorstand und Hauptversammlung und erforderlichen Leitungsfreiheit des Vorstands nicht vereinbaren. 315 Spindler/Stilz/Spindler, § 111 Rn. 64; Hüffer-AktG, § 111 Rn. 17.

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Ertragslage der Gesellschaft grundlegend verändern und sich von gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen deutlich abheben316. Sofern nicht bereits die Satzung einen Katalog solcher zustimmungsbedürftiger Maßnahmen festlegt, hat der Aufsichtsrat einen entsprechenden Katalog zu beschließen317. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Zusammenhang mit LBOs und MBOs dürften nach jeder vertretenen Ansicht unter den Zustimmungsvorbehalt des § 111 Abs. 4 S. 2 AktG fallen, da diese entweder zustimmungspflichtige Kreditgeschäfte von erheblichem Umfang318 darstellen oder – bei Verwendung von wesentlichen Unternehmensteilen zur Besicherung von Krediten – mittelbar einer bedingten Veräußerung von Betriebsteilen gleichkommen dürften. Folglich bedürfen solche Maßnahmen der Zustimmung des Aufsichtsrats, sonstige Maßnahmen finanzieller Unterstützung geringeren Umfangs unterliegen einem solchen Zustimmungserfordernis hingegen nicht. Die Erteilung der erforderlichen Zustimmung des Aufsichtsrats kann einem Ausschuss des Aufsichtsrats übertragen werden319 und ist grundsätzlich vom Vorstand im Voraus einzuholen320. Bei Verweigerung der Zustimmung durch den Aufsichtsrat hat der Vorstand gemäß § 111 Abs. 4 S. 3 AktG das Recht, stattdessen die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen, die dann die fehlende Zustimmung des Aufsichtsrats ersetzen kann. Erforderlich ist in diesen Fällen des Beschlusses der Hauptversammlung eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen (§ 111 Abs. 4 S. 4 AktG). Die erteilte Zustimmung des Aufsichtsrats oder ersatzweise der Hauptversammlung verpflichtet den Vorstand nicht zur Vornahme der beschlossenen Geschäftsführungsmaßnahme; umgekehrt ist er bei fehlender Zustimmung auch nicht verpflichtet, die Maßnahme zu unterlassen321. Unabhängig von der erteilten oder 316 Großk-AktG/Hopt/Roth, § 111 Rn. 605 ff., 613; MünchKomm-AktG/Habersack, § 111 Rn. 109; Spindler/Stilz/Spindler, § 111 Rn. 64; Schmidt/Lutter-AktG/Drygala, § 111 Rn. 53; wohl auch Hüffer-AktG, § 111 Rn. 17. Differenzierend KK-AktG/Mertens/Cahn, § 111 Rn. 23 ff. 317 MünchKomm-AktG/Habersack, § 111 Rn. 103; Spindler/Stilz/Spindler, § 111 Rn. 69; Hüffer-AktG, § 111 Rn. 17. Von dieser Pflicht abgesehen besteht nach h.M. auch das Recht des Aufsichtsrats, bestehende Festlegungen in der Satzung zu ergänzen, s. Großk-AktG/Hopt/Roth, § 111 Rn. 590 m.w.N. 318 In der Literatur wird hierfür auch als Kriterium ein „größeres Engagement mit einem von Anbeginn nicht völlig auszuschließenden Rückzahlungs- oder Ausfallrisiko“ genannt, s. Hommelhoff, S. 327. Für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Zusammenhang mit LBOs und MBOs dürfte dies stets erfüllt sein. 319 MünchKomm-AktG/Habersack, § 111 Rn. 125; Großk-AktG/Hopt/Roth, § 111 Rn. 660; Hüffer-AktG, § 111 Rn. 19. 320 MünchKomm-AktG/Habersack, § 111 Rn. 123; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 111 Rn. 106; Großk-AktG/Hopt/Roth, § 111 Rn. 680 ff.; Hüffer-AktG, § 111 Rn. 19. 321 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 111 Rn. 111; Spindler/Stilz/Spindler, § 111 Rn. 75; MünchKomm-AktG/Habersack, § 111 Rn. 128; Großk-AktG/Hopt/Roth, § 111 Rn. 715. Dies bei der ersatzweisen Zustimmung der Hauptversammlung im Unterschied zu einem Beschluss

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

verweigerten Zustimmung des Aufsichtsrats unterliegt er gemäß § 93 Abs. 4 S. 2 AktG weiterhin der Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit322. Eine fehlende Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 111 Abs. 2 S. 4 AktG bzw. ersatzweise der Hauptversammlung lässt die Vertretungsmacht des Vorstands unberührt, es sei denn, es läge ausnahmsweise ein Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht vor323. bb) Bei Kreditgewährung an Vorstand und leitende Angestellte § 89 AktG normiert, dass Kredite an Vorstandsmitglieder, Prokuristen und andere leitende Angestellte der Gesellschaft und diesen nahe stehende natürliche und juristische Personen durch Beschluss des Aufsichtsrats genehmigt werden müssen. Dabei ist der Begriff von Krediten i.S. des § 89 Abs. 1 AktG weit als jede zeitweilige Überlassung von Geld- oder Sachmitteln324 auszulegen, so dass unter diesen Begriff neben Darlehen auch Stundungen, das Stellen von Sicherheiten und die Gewährung von Entnahmen fallen325. Zweck der Norm ist es, Missbrauch vorzubeugen und zugleich für Transparenz zu sorgen326. Das Genehmigungserfordernis des § 89 AktG wird flankiert durch § 112 AktG, nach dem die Vertretungsmacht für solche Geschäfte der Gesellschaft mit dem Vorstand beim Aufsichtsrat liegt. Der insoweit entsprechend dem Regelungszweck weit als jede finanzielle Zuwendung auszulegende und grundsätzlich offene Tatbestand kann daher wohl inhaltlich weitgehend mit den Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gemäß § 71a Abs. 1 AktG327 gleichgesetzt werden. Genehmigungspflichtig sind Kredite an Vorstände (§ 89 Abs. 1 S. 1 AktG), leitende Angestellte (§ 89 Abs. 2 S. 1 AktG), an persönlich dem Vorstand oder leitenden Angestellten nahe stehende natürliche Personen (§ 89 Abs. 3 S. 1 AktG), an Personen, die auf Rechnung von Vorständen oder leitenden Angestellten handeln („Strohmänner“) (§ 89 Abs. 3 S. 2 AktG), sowie an juristische Personen, deren

der Hauptversammlung über eine Geschäftsführungsmaßnahme nach Vorlage durch den Vorstand gemäß § 119 Abs. 2 AktG, siehe oben unter § 5 B. I. 2. 322 MünchKomm-AktG/Habersack, § 111 Rn. 130. Gemäß § 93 Abs. 4 S. 1 AktG führt jedoch die ersatzweise Zustimmung der Hauptversammlung zur Enthaftung gegenüber der Gesellschaft. 323 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 111 Rn. 86; Spindler/Stilz/Spindler, § 111 Rn. 75; MünchKomm-AktG/Habersack, § 111 Rn. 129; Hüffer-AktG, § 89 Rn. 19; Großk-AktG/Hopt/ Roth, § 111 Rn. 702. 324 Fleischer, Kreditgewährung, S. 1064. 325 MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 10 ff.; Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 19 ff.; KKAktG/Mertens/Cahn, § 89 Rn. 13; Hüffer-AktG, § 89 Rn. 2; Fleischer, Kreditgewährung, S. 1064. 326 MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 1; Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 3; KK-AktG/ Mertens/Cahn, § 89 Rn. 13; Hüffer-AktG, § 89 Rn. 1. 327 Siehe zu diesen unten unter § 6 B.III. 2. b).

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Organ oder gesetzlicher Vertreter der Vorstand oder ein leitender Angestellter ist (§ 89 Abs. 4 S. 1 AktG)328. Somit könnten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung insbesondere im Rahmen eines MBOs, bei dem Vertreter des Managements mittelbar oder unmittelbar auf Käuferseite auftreten, gemäß § 89 AktG zustimmungspflichtig sein. Sind an der Transaktion beteiligte Vorstände oder leitende Angestellte mittelbar oder unmittelbar persönliche Empfänger der finanziellen Unterstützung, erfordert dies gemäß § 89 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AktG die Zustimmung des Aufsichtsrats. Dasselbe gilt, wenn Empfänger der finanziellen Unterstützung eine Gesellschaft ist, deren Organ zugleich in leitender Position bei der Gesellschaft beschäftigt ist, die die finanzielle Unterstützung gewährt (§ 89 Abs. 4 AktG). Fraglich ist jedoch, ob eine Kreditgewährung bzw. Maßnahme der finanziellen Unterstützung gemäß § 89 AktG zustimmungspflichtig ist, wenn – wie typischerweise bei einem MBO – der Empfänger der finanziellen Unterstüzung nicht der leitende Angestellte oder Vorstand der kreditierenden Gesellschaft selbst, sondern eine allein für die Akquisition gegründete Erwerbgesellschaft ist, deren Gesellschafter der leitende Angestellte oder Vorstand ist. Nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Lehre329 ist in diesem Fall § 89 Abs. 4 AktG nicht einschlägig, solange der Vorstand oder leitende Angestellte nicht auch zugleich Organmitglied der Erwerbsgesellschaft ist. Jedenfalls den Zweck des Schutzes vor Missbrauch verfehlt die Norm, indem sie juristische Personen, deren Gesellschafter Vorstandsmitglied oder leitende Angestellte der kreditierenden Gesellschaft sind, nicht in ihren Schutzbereich aufnimmt330. Eine Anwendung des § 89 Abs. 3 S. 2 AktG auf diese Konstellationen scheitert am Wortlaut, denn selbst wenn man unter den dort genannten „Dritten“ auch Gesellschaften subsumieren würde, so handelte diese Gesellschaft jedenfalls nicht auf Rechnung für den leitenden Angestellten und Gesellschafter, sondern auf eigene Rechnung, nur eben zugleich zum Nutzen jener Gesellschafter, die zugleich leitende Angestellte auf Seiten der kreditierenden Gesellschaft sind. Ein Teil der Literatur möchte § 89 Abs. 4 S. 1 AktG zu Recht jedenfalls dann analog anwenden, wenn der Vorstand oder der leitende Angestellte durch seine Gesellschafterstellung einen beherrschenden Einfluss auf die kreditnehmende Ge328 Ausnahmen bestehen für Kredite, die ein Monatsgehalt des Kreditnehmers nicht übersteigen (§ 89 Abs. 1 S. 5 AktG), verbundene Gesellschaften (§ 89 Abs. 4 S. 2 1. Hs. AktG), Kredite an juristische Personen für Warenlieferungen (§ 89 Abs. 4 S. 2 2. Hs. AktG) sowie wenn die Gesellschaft ein Kreditinstitut ist (§ 89 Abs. 6 AktG). In diesen Fällen ist eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat nicht erforderlich. 329 MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 31; Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 116; KK-AktG/ Mertens/Cahn, § 89 Rn. 10; Fleischer, Kreditgewährung, S. 1065. 330 Auf die in dieser Konstellation besonders hohe Missbrauchsgefahr hinweisend KKAktG/Mertens/Cahn, § 89 Rn. 10. Möglich wäre in diesen Fällen sogar eine direkte Vertretung auf Seiten der kreditierenden Gesellschaft durch den jeweiligen Vorstand oder den leitenden Angestellten, da § 112 AktG mangels Organstellung der leitenden Angestellten auf der Gegenseite nicht einschlägig sein wird.

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sellschaft ausüben331. Bei einem MBO werden beteiligte Manager die Erwerbsgesellschaft jedoch nicht zwangsläufig beherrschen332. Zudem besteht die Missbrauchsgefahr unabhängig von der Beherrschung der Gesellschaft, da mit einer günstigen Kreditvergabe durch die Gesellschaft den Vermögensinteressen auch eines Vorstands oder leitenden Angestellten, der nur Minderheitsgesellschafter der Erwerbsgesellschaft ist, gedient wird. Um dieser Missbrauchsgefahr zu begegnen, wäre daher eine Erweiterung des Zustimmungserfordernisses des § 89 Abs. 4 AktG auf Kreditgewährungen an Gesellschaften, an denen leitende Angestellte mit mehr als einem geringfügigen Anteil333 beteiligt sind, daher de lege ferenda wünschenswert334. Die Zustimmung des Aufsichtsrats zu solchen Geschäften muss der Kreditgewährung vorausgehen335 und die Modalitäten des Kredits müssen gemäß § 285 S. 1 Nr. 9 lit. c HGB im Anhang aufgeführt werden336. Ohne vorherige Einwilligung handelt der Vertreter der kreditgewährenden Gesellschaft ohne Vertretungsbefugnis337 und der Gesellschaft steht der besondere Rückgewähranspruch nach § 89 Abs. 5 AktG zu338. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können also insbesondere bei MBOs unter das Zustimmungserfordernis des § 89 AktG fallen. Im Falle eines typischen MBOs mit Nutzung einer Zweckgesellschaft als Akquisitionsvehikel besteht das 331 Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 116, 118. Die Rechtsprechung scheint jedenfalls bei vollständig vom Vorstand oder leitenden Angestellten beherrschten Gesellschaften eine Umgehung des § 89 Abs. 1 AktG anzunehmen, s. BGH ZIP 2006, 1529 (1532). Offenbar wird die analoge Anwendung dabei unter dem Gesichtspunkt der faktischen Organschaft eines herrschenden Gesellschafters und damit derselben Problemlage wie der tatsächlichen Organschaft angenommen. 332 Etwa wenn eine Gruppe von mehreren Managern gemeinsam den MBO durchführen und gemeinsam eine Erwerbsgesellschaft gründen; auch beim LBO kann ein Manager als Minderheitsgesellschafter neben einem Private-Equity-Fonds an der Erwerbsgesellschaft beteiligt sein. 333 Denkbar wäre zum Beispiel eine Geringfügigkeitsschwelle von einem Prozent des Nenn- bzw. Stammkapitals einer Gesellschaft, um etwa Genehmigungserfordernisse bei zu Anlagezwecken gehaltenen Anteilen börsennotierter Gesellschaften zu vermeiden. 334 Eine analoge Anwendung von § 89 Abs. 4 S. 1 AktG unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsschutzes scheidet aufgrund des eindeutigen enumerativen Wortlauts aus. 335 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 89 Rn. 17; MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 40; Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 38; Fleischer, Kreditgewährung, S. 1066. 336 Nur für Kredite an den Vorstand, s. KK-AktG/Mertens/Cahn, § 89 Rn. 21; MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 49; Fleischer, Kreditgewährung, S. 1063. 337 Die Vertretungsmacht entfällt nach allg. Meinung bei Verstoß gegen § 89 AktG nicht, s. MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 51; Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 133; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 89 Rn. 22; Fleischer, Kreditgewährung, S. 1066. Allerdings wird regelmäßig auch ein Verstoß gegen § 112 AktG gegeben sein, der zum Entfall der Vertretungsmacht führt, s. MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 50; Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 133; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 89 Rn. 22. 338 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 89 Rn. 23; MünchKomm-AktG/Spindler, § 89 Rn. 52; Großk-AktG/Kort, § 89 Rn. 135 ff.; Fleischer, Kreditgewährung, S. 1066.

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Zustimmungserfordernis nach der geltenden Rechtslage jedoch nur, falls die Erwerbsgesellschaft von dem den Kredit gewährenden Vorstand oder leitenden Angestellten beherrscht wird. c) Beschränkung durch Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung gemäß „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin Nach bestimmten, von der Rechtsprechung in der sogenannten „Holzmüller/ Gelatine“-Doktrin339 entwickelten Kriterien muss eine Geschäftsführungsmaßnahme der Hauptversammlung zum Beschluss vorgelegt werden. In den Fällen, in denen die Maßnahme einen schwerwiegenden Eingriff in die „Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse“ darstellt, ohne dass dadurch die Weiterverfolgung des Unternehmensgegenstands beeinträchtigt würde oder eine Vorlagepflicht nach § 179a Abs. 1 AktG ausgelöst würde340, soll der Vorstand zur Vorlage an die Hauptversammlung verpflichtet sein. Im Gegensatz zum Zustimmungserfordernis nach § 179a Abs. 1 AktG entfaltet die Vorlagepflicht nach der „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin nur interne Wirkung und beschränkt nicht die Vertretungsmacht des Vorstands im Außenverhältnis341. In der „Holzmüller“-Entscheidung hatte der BGH entschieden, dass eine Übertragung wesentlicher Anteile am Vermögen der Gesellschaft (im konkreten Fall etwa 80 Prozent) auf eine vollständig beherrschte Tochtergesellschaft der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf, auch wenn dadurch der Unternehmensgegenstand nicht berührt wird342. Diese Vorlagepflicht gegenüber der Hauptversammlung wurde ursprünglich mit einer Reduzierung des Ermessens auf Null hinsichtlich der Vorlage nach § 119 Abs. 2 AktG begründet343. In der „Gelatine“- Entscheidung wurde die (im Schrifttum zuvor stark umstrittene) Schwelle für das Eingreifen der Vorlagepflicht weiter eingegrenzt, ohne diese verbindlich festzulegen344, und die Vorlagepflicht 339 BGHZ 83, 122 („Holzmüller“); BGHZ 159, 30 („Gelatine“). Auf die sehr umfangreiche Diskussion zu dieser Doktrin kann hier nur sehr punktuell eingegangen werden. 340 BGHZ 83, 122 (131); Spindler/Stilz/Hoffmann, § 119 Rn. 22; Fleischer, Hauptversammlungszuständigkeiten, S. 2337 ff. 341 BGHZ 83, 122 (132); BGHZ 159, 30 (42); MünchKomm-AktG/Kubis, § 119 Rn. 102 m.w.N. 342 Und folglich eine Vorlagepflicht nach § 179a Abs. 1 AktG nicht einschlägig ist. 343 BGHZ 83, 122 (131). 344 Die Schwellenwerte von 10 Prozent und 50 Prozent wurden vom BGH abgelehnt, ohne dass ein konkreter Wert genannt wurde, s. BGHZ 159, 30 (40). Das Schrifttum schließt jedoch aus der Gesamtschau der „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin, dass jedenfalls unterhalb der Schwelle von 70 Prozent der Bilanzsumme keine Zustimmungspflicht bestehe, s. MünchKomm-AktG/Kubis, § 119 Rn. 51 (Untergrenze 80 % der Bilanzsumme); Schmidt/LutterAktG/Spindler, § 119 Rn. 31 (Untergrenze 75 %); Hüffer-AktG, § 119 Rn. 18b (75 % von Umsatz oder Vermögen); Spindler/Stilz/Hoffmann, § 119 Rn. 30, 32 (nach BGH mindestens 70 %, besser mindestens 50 %) Kiesewetter/Spengler, S. 455. Für niedrigere Schwellenwerte plädierend Fleischer, Hauptversammlungszuständigkeiten, S. 2337 ff.

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nicht mehr ausschließlich auf § 119 Abs. 2 AktG gestützt, sondern als „Ergebnis einer offenen Rechtsfortbildung“345 qualifiziert. Zweck der Vorlagepflicht in diesen Fällen soll es sein, eine faktische Verkürzung der mitgliedschaftlichen Herrschaftsrechte der Aktionäre („Mediatisierungseffekt“) und eine Gefährdung ihrer vermögensrechtlichen Stellung („Wertverwässerungseffekt“) zu verhindern346. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung könnten also jedenfalls dann unter die Vorlagepflicht der „Holzmüller/Gelatine“ Doktrin fallen, wenn sie die Übertragung von mehr als 70 Prozent des Gesellschaftsvermögens betreffen. Nicht unter die „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin fallen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, mit denen die Gesellschaft einem Erwerber unmittelbar finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, etwa durch Darlehen, Vorschüsse oder nicht adäquat entgoltene Rechtsgeschäfte. Denn durch diese tritt der Mediatisierungseffekt, also die Verkürzung der Mitgliedschaftsrechte, wie er für die Übertragung von Gesellschaftsvermögen auf eine Tochtergesellschaft typisch ist, ebenso wenig ein wie der Verwässerungseffekt347. Ein solcher Mediatisierungseffekt ist aber bei einer Besicherung eines Erwerbskredits mit wesentlichen Aktiva der Gesellschaft im Verwertungsfall denkbar. Diese Konstellation entspricht in ihren Auswirkungen auf die Mitgliedschaftsrechte der in der Literatur diskutierten Fallgruppe einer Veräußerung von Gesellschaftsvermögen bzw. Betriebsteilen348. Ein Teil der Literatur349 sieht beim Überschreiten der maßgeblichen Schwellenwerte auch für die Veräußerung von Betriebsteilen eine Vorlagepflicht begründet, da damit in ähnlicher Weise in die Aktionärsrechte eingegriffen werde wie bei der Auslagerung in Tochtergesellschaften. Die Gegenauffassung350 sieht durch die Veräußerung wesentlicher Betriebsteile keinen Mediatisierungseffekt, da die Aktionäre über das Gesellschaftsvermögen in gleicher Weise 345

BGHZ 159, 30 (42 f.). BGHZ 159, 30 (40 f.). 347 In der Literatur wird die Vorlagepflicht auch für den Erwerb von Beteiligungen (eine Fallgruppe, die bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht unmittelbar einschlägig ist, da durch die Maßnahmen die Gesellschaft gerade nicht Anteile an sich selbst erwirbt und damit die Beteiligungsverhältnisse sich nicht wesentlich verändern) unter anderem mit der damit einhergehenden gravierenden Veränderung der Kapitalstruktur durch Erhöhung der Verschuldung begründet, s. Spindler/Stilz/Hoffmann, § 119 Rn. 30. Eine solche Veränderung der Kapitalstruktur ist zwar auch eine typische Begleiterscheinung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, berührt aber die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre nicht unmittelbar. Eine daraus resultierende Vorlagepflicht kann daher m. E. aus der „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin nicht herausgelesen werden. 348 Siehe als Überblick etwa MünchKomm-AktG/Kubis, § 119 Rn. 66 ff.; Kiesewetter/ Spengler, S. 453 f. 349 MünchKomm-AktG/Kubis, § 119 Rn. 69; Spindler/Stilz/Hoffmann, § 119 Rn. 31; Hüffer-AktG, § 119 Rn. 18a, jeweils m.w.N. Prinzipiell für eine Hauptversammlungskompetenz auch Fleischer, Hauptversammlungszuständigkeiten, S. 2336 f. 350 BGH NZG 2007, 234; Schmidt/Lutter-AktG/Spindler, § 119 Rn. 34 für den Parallelfall der Beteiligungsveräußerung; Kiesewetter/Spengler, S. 453. 346

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ihre Rechte ausüben können, auch wenn sich die Zusammensetzung durch Veräußerung geändert hat. Zudem spreche der Umkehrschluss aus § 179a Abs. 1 AktG gegen eine solche Entschlusskompetenz der Hauptversammlung351. Dieser Auffassung ist beizupflichten: Zwar sprechen rechtspolitsche Erwägungen durchaus für eine Erweiterung der Zustimmungspflicht bei Veräußerungen von Betriebsteilen352, doch ist diese Fallgruppe nach geltendem Recht von § 179a Abs. 1 AktG abschließend geregelt und der für die „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin erforderliche Mediatisierungseffekt tritt im Verwertungsfall wesentlicher Aktiva gerade nicht ein. Angesichts der im Einzelnen unscharfen und überaus umstrittenen Kriterien der Vorlagepflicht ist kautelarjuristisch dennoch anzuraten, bei einer finanziellen Unterstützung durch Besicherung mit den wesentlichen Aktiva der Gesellschaft gegebenenfalls einen zustimmenden Beschluss der Hauptversammlung einzuholen353. 3. Rechtsfolge bei Überschreiten der Vertretungsbeschränkungen a) Überschreiten der Vertretungsmacht Hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Überschreiten der Vertretungsmacht wird in der Lehre unterschieden: Bei Überschreiten der Vertretungsmacht lediglich wegen fehlender gesetzlich vorgeschriebener Zustimmung wie etwa durch § 179a Abs. 1 AktG soll §§ 177 ff. BGB anzuwenden sein, mit der Folge, dass so abgeschlossene Rechtsgeschäfte lediglich schwebend unwirksam sind, nachträglich aber noch von den zustimmungsberechtigten Organen genehmigt werden können354. Fehlt jedoch die Vertretungsmacht wegen fehlender Zuständigkeit etwa gemäß § 112 AktG gänzlich, ist umstritten, ob §§ 177 ff. BGB ebenfalls Anwendung finden sollen355 oder ob das Rechtsgeschäft gemäß § 134 BGB nichtig und damit nicht mehr genehmigungsfähig ist356. Begründet wird die Rechtsfolge der Nichtigkeit mit der zwingenden Kompetenzordnung der Gesellschaft und der Gefahr einer Herabstufung des Aufsichtsrats zu einem bloßen Genehmigungsorgan357. Die Gegenauffassung verweist auf den hinreichenden Schutz durch die Möglichkeit der Versagung der 351

Schmidt/Lutter-AktG/Spindler, § 119 Rn. 34; Kiesewetter/Spengler, S. 453. Überzeugende Begründung bei Fleischer, Hauptversammlungszuständigkeiten, S. 2336 f. 353 Kiesewetter/Spengler, S. 454. 354 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 78 Rn. 20; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 25; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 5; Schmidt/Lutter-AktG/Seibt, § 78 Rn. 3; GroßK-AktG/Habersack, § 78 Rn. 12. 355 OLG Karlsruhe AG 1996, 224 (225 f.); GroßK-AktG/Habersack, § 78 Rn. 12; MünchKomm-AktG/Habersack, § 112 Rn. 32; differenzierend KK-AktG/Mertens/Cahn, § 78 Rn. 20. 356 OLG Stuttgart AG 1993, 85 (86); MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 26; HüfferAktG, § 82 Rn. 5; differenzierend aber ders., § 112 Rn. 7; Schmidt/Lutter-AktG/Drygala, § 112 Rn. 18. 357 MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 26. 352

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Genehmigung mit der Folge des Entfalls der Vertretungsmacht und der Notwendigkeit, dass der Aufsichtsrat auch möglicherweise vorteilhafte Rechtsgeschäfte genehmigen können sollte358. Letztere Auffassung vermag jedenfalls für die hier diskutierten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu überzeugen, da diese auch durchaus für die Gesellschaft vorteilhaft sein können. Daher sind die §§ 177 ff. BGB auch in Fällen des unzulässigen Vorstandshandelns gemäß § 112 AktG anwendbar. b) Überschreiten der Vertretungsbefugnis Ein Überschreiten der Vertretungsbefugnis durch den Vorstand berührt die Vertretungsmacht des Vorstands gegenüber außenstehenden Dritten grundsätzlich nicht; vom Vorstand geschlossene Rechtsgeschäfte sind im Außenverhältnis auch bei fehlender Vertretungsbefugnis wirksam359. Gegenüber nicht Außenstehenden findet § 82 Abs. 1 AktG jedoch keine Anwendung und Beschränkungen der Vertretungsbefugnis sind uneingeschränkt wirksam, so dass diesen gegenüber die Vertretungsmacht entfällt und das Rechtsgeschäft gemäß §§ 177 ff. BGB schwebend unwirksam ist. Die Überschreitung kann nachträglich genehmigt werden, sofern eine Genehmigung allein von der Hauptversammlung erteilt werden kann und nicht wegen Verletzung von Rechten Dritter eine Genehmigung unzulässig ist oder sie besondere Erfordernisse erfüllen muss. Wird etwa die Vertretungsbefugnis bei Besicherung mit wesentlichen Aktiva der Gesellschaft wegen Unterschreitung des Unternehmensgegenstands überschritten, erfordert die Zustimmung als faktische Satzungsänderung360 gemäß § 179 Abs. 2 AktG ein Quorum von mindestens drei Vierteln des vertretenen Kapitals und Eintragung der Änderung in das Handelsregister. Zusätzlich wird in der Regel in einer solchen Konstellation ebenfalls eine Zustimmung nach § 179a Abs. 1 AktG erforderlich sein. Ob eine solche Satzungsänderung ausschließlich im Zeitpunkt der Besicherung zu erfolgen hat oder auch eine nachträgliche Satzungsänderung nach Veräußerung des Betriebsteils bzw. nach Eintritt des Verwertungsfalls zulässig sein soll, ist umstritten361. Eine Satzungsänderung zum Zeitpunkt der Besicherung ist jedenfalls mit dem Problem verbunden, dass diese bedingt erfolgen müsste, da der Verwertungsfall ungewiss ist. Da mit der Annahme einer Unzulässigkeit einer nachträglichen Satzungsänderung zudem kein verbesserter Rechtsschutz für die Gesellschaft bzw. die Aktionäre verbunden ist, insbesondere nicht die Vertretungsmacht und damit die Wirksamkeit der Verwertung berührt wird362, sollte den Aktionären daher die Möglichkeit der nachträglichen 358

MünchKomm-AktG/Habersack, § 112 Rn. 32 m.w.N. § 82 Abs. 1 AktG. Hierzu statt vieler KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 5. 360 Hüffer-AktG, § 179 Rn. 9 f.; Kiesewetter/Spengler, S. 458 f. 361 Ausführliche Darstellung der verschiedenen Auffassungen in der Rechtsprechung bei Kiesewetter/Spengler, S. 458 f. 362 Sofern nicht ausnahmsweise wegen Übertragung des wesentlichen Vermögens § 179a Abs. 1 AktG einschlägig ist, siehe oben unter § 5 B. II. 1. a). Da allerdings auch eine Zu359

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Satzungsänderung nicht verwehrt werden, da dann die Problematik der bedingten Satzungsänderung vermieden werden kann. Um eine nachträgliche Haftung des Vorstands wegen Überschreitung der Vertretungsbefugnis zu vermeiden, könnte im Gegenzug vorsorglich zum Zeitpunkt der Besicherung ein zustimmender Beschluss der Hauptversammlung ohne formelle Satzungsänderung eingeholt werden. Im Innenverhältnis macht sich der Vorstand bei Überschreiten der Vertretungsbefugnis gemäß § 93 Abs. 2 AktG gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig, sofern die weiteren Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind363. Ferner kann durch den Verstoß ein wichtiger Grund für Widerruf und Kündigung gemäß § 84 Abs. 3 AktG gegeben sein364. c) Missbrauch der Vertretungsmacht Ausnahmsweise wird die grundsätzlich unbeschränkt geltende Vertretungsmacht gegenüber außenstehenden Dritten in Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht durchbrochen. Liegt ein solcher vor, können Beschränkungen der Vertretungsbefugnis auch außenstehenden Dritten uneingeschränkt entgegengehalten werden. Relevant ist die Figur des Missbrauchs der Vertretungsmacht bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung insbesondere im Zusammenhang mit Dreieckskonstellationen, etwa bei der Bestellung von Sicherheiten durch die Gesellschaft für ein Darlehen zur Finanzierung des Anteilserwerbs gegenüber einer finanzierenden Bank. Denn die unmittelbaren Empfänger der finanziellen Unterstützung – Vorstand und leitende Angestellte beim MBO bzw. ein nach Kontrollerwerb zumindest mittelbar herrschender Gesellschafter beim LBO – wären nach der hier vertretenen Ansicht365 nicht als außenstehende Dritte einzustufen, so dass gegenüber diesen Beschränkungen der Vertretungsbefugnis ohnehin uneingeschränkt gelten. Einschlägig wäre die Figur des Missbrauchs der Vertretungsmacht unmittelbar gegenüber dem Empfänger der finanziellen Unterstützung allenfalls im wenig praxisrelevanten Fall einer finanziellen Unterstützung vor erfolgtem Kontrollerwerb, bei der der Empfänger grundsätzlich als außenstehender Dritter einzustufen wäre. Unstreitig ist ein Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht zunächst bei Kollusion gegeben, wenn also beispielsweise der Vorstand und ein Geschäftspartner

stimmung gemäß § 179a Abs. 1 AktG durch nachträgliche Genehmigung erfolgen kann, s. BGHZ 82, 188 (193 f.); Hüffer-AktG, § 179a Rn. 7; Spindler/Stilz/Holzborn, § 179a Rn. 15, spricht nichts dagegen, diese auch für die lediglich die Vertretungsbefugnis berührende Satzungsdurchbrechung zuzulassen. 363 Zu diesen ausführlich unten unter § 5 II. C. 1. d). 364 Hüffer-AktG, § 82 Rn. 6; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 30. 365 Siehe oben unter § 5 B. II. 1.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

arglistig zum Nachteil der Gesellschaft zusammenwirken366. Eine solche Fallgestaltung ist auch im Rahmen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung denkbar, wenn etwa ein Vorstand einem außenstehenden Dritten aus Mitteln der Gesellschaft einen unbesicherten und zinslosen Kredit zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft gewähren würde und im Gegenzug persönlich an den Dividendenerträgen beteiligt würde. Ein solches Rechtsgeschäft wäre gemäß § 138 BGB nichtig und nicht genehmigungsfähig367. Fraglich wäre in diesen Konstellationen lediglich, ob den Beteiligten eine Arglist nachgewiesen werden könnte. Außerhalb des Sonderfalls der Kollusion sind die Voraussetzungen des Missbrauchs der Vertretungsmacht im Einzelnen umstritten. So ist streitig, ob das vom Vorstand außerhalb seiner Vertretungsbefugnis abgeschlossene Rechtsgeschäft inhaltlich für die Gesellschaft nachteilig sein muss oder ob es auf den inhaltlichen Voroder Nachteil des Geschäfts für die Gesellschaft gar nicht ankommt. Während die frühere Rechtsprechung ein nachteiliges Geschäft voraussetzte368, ist sie von dieser Voraussetzung in jüngeren Entscheidungen zu Recht wieder abgerückt369. Ebenso kann es nach richtiger Auffassung nicht darauf ankommen, ob sich der Vorstand der Überschreitung seiner Befugnisse bewusst ist370 ; vielmehr ist allein die objektive Überschreitung der Vertretungsbefugnis maßgeblich371. In der entscheidenden Frage des anzulegenden subjektiven Sorgfaltsmaßstabs des Dritten für die Erkennbarkeit der Überschreitung der Vertretungsbefugnis wird überwiegend objektive Evidenz des pflichtwidrigen Verhaltens verlangt372. Diese liegt vor, wenn der Missbrauch wegen massiver Verdachtsmomente für jeden klar und sofort, also ohne Nachforschungen, erkennbar ist373.

366 BGHZ 50, 112 (114); KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 45; MünchKomm-AktG/ Spindler, § 82 Rn. 59; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 13; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 11; Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 530. 367 MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 59; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 13. 368 BGHZ 50, 112 (114); BGH WM 1983, 83 (85). 369 BGH WM 1988, 704 (706); BGH ZIP 2006, 1391. Ebenso die überwiegende Meinung im Schrifttum, s. MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 62; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 14; Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 535. 370 So aber BGHZ 50, 112 (114); BGH NJW 1990, 384 (385); KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 47; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 7. 371 BGH ZIP 2006, 1391; BGH NJW 1996, 589 (590). Denn die subjektive Sicht des Vertreters (also des Vorstands) ist für den Rechtsverkehr kaum erkennbar, s. MünchKommAktG/Spindler, § 82 Rn. 63; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 14; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 12; Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 535. 372 BGHZ 127, 239 (241); MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 64; Spindler/Stilz/ Fleischer, § 82 Rn. 15; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 13; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 82 Rn. 46; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 7; Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 535. Frühere Rechtsprechung ließ bereits einfache Fahrlässigkeit ausreichen, s. BGHZ 50, 112 (114). 373 BGHZ 127, 239 (241); Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 15; GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 13; Hüffer-AktG, § 82 Rn. 7; Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 535.

§ 5 Begrenzung durch Kompetenzordnung und Schranken des Organhandelns

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Bei der Sicherheitenbestellung gegenüber der Bank zugunsten des Erwerbers kann es regelmäßig zu objektiven Überschreitungen der Vertretungsbefugnis, etwa durch Verletzung von Kapitalerhaltungsvorschriften oder wegen fehlender Zustimmung anderer Organe kommen. Eine Durchbrechung des Grundsatzes der unbeschränkten Vertretungsmacht im Außenverhältnis setzt voraus, dass sich der finanzierenden Bank die Überschreitung der Vertretungsbefugnis ohne weitere Nachforschungen geradezu aufdrängt. Eine für die finanzierende Bank evidente Überschreitung der Vertretungsbefugnis ist daher nur in ganz ungewöhnlichen Ausnahmefällen anzunehmen, etwa wenn eine Sicherheitenbestellung mit allen wesentlichen Aktiva der Gesellschaft zugunsten einer vermögenslosen Zweckgesellschaft ohne jede Vergütung erfolgen würde und die Überschreitung der Vertretungsbefugnis ohne weitere Erkundigungen, rechtliche Bewertungen oder Einzelvergleich der Bedingungen evident wäre374. Regelmäßig wird ein Missbrauch für die Bank nicht evident sein, insbesondere kann von ihr nicht verlangt werden, alle satzungsmäßigen Beschränkungen oder die Angemessenheit einer Avalprovision zu prüfen. Bei Vorliegen eines Missbrauchs der Vertretungsmacht will eine Ansicht §§ 177 ff. BGB anwenden375, während die Rechtsprechung und eine andere Ansicht auf § 242 BGB abstellen376. Die Anwendung von § 242 BGB scheint methodisch überzeugender, da der Vorstand in diesen Fällen weder die gemäß § 82 Abs. 1 AktG gesetzlich unbeschränkte Vertretungsmacht überschreitet noch gänzlich ohne Vertretungsmacht handelt, sondern seine Vertretungsmacht missbraucht. Im Ergebnis kann die Gesellschaft danach wählen, ob sie in Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht die Einwendung des § 242 BGB (exceptio doli) dem Dritten – also etwa einer finanzierenden Bank – entgegenhält und damit die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts herbeiführt oder nicht. III. Grundsätzliche Pflichten der handelnden Organe Die handelnden Organe unterliegen bei der Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung allgemeinen Sorgfaltspflichten, bei deren Verletzung sie persönlich haften können.

374 Ähnlich GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 221; S. 11. Nach a.A. werden §§ 57, 62 AktG als lex specialis aufgefasst, der die allgemeinen Gründsätze des Vertretungsrechts verdrängt, s. Mülbert, S. 605 f.; Diem, S. 314. 375 GroßK-AktG/Habersack, § 82 Rn. 14; Schmidt/Lutter-AktG/Seibt, § 82 Rn. 7; OLG Zweibrücken NZG 2001, 763. 376 BGHZ 113, 315 (320); BGH NJW 1995, 250 (251); Hüffer-AktG, § 82 Rn. 7; KK-AktG/ Mertens/Cahn, § 82 Rn. 49; MünchKomm-AktG/Spindler, § 82 Rn. 65; Spindler/Stilz/Fleischer, § 82 Rn. 15; Fleischer, Organvertretungsmacht, S. 535.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

1. Pflichten des Vorstands Der Vorstand der Gesellschaft ist gemäß § 93 Abs. 2 AktG gegenüber der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die in § 93 Abs. 1 S. 1 AktG normierte Sorgfaltspflicht schuldhaft verletzt hat und sich nicht auf einen Ausschluss der Pflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG berufen kann. Neben den ordnungsgemäß bestellten Vorstandsmitgliedern unterliegen auch fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder und tatsächlich das Vorstandsamt ausübende Personenen als faktische Organe den Organpflichten377. Juristische Personen können jedoch keine faktischen Organe sein378, so dass § 93 AktG keine besondere konzernrechtliche Relevanz entfaltet. Voraussetzung für eine Haftung gemäß § 93 Abs. 2 AktG ist, dass ein Vorstandsmitglied die in § 93 Abs. 1 AktG definierte Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verletzt. Nach dieser hat ein Vorstand wie ein fremden Vermögensinteressen verpflichteter Treuhänder zu handeln379. Diese Sorgfaltspflicht untergliedert sich wiederum in eine Pflicht zur Beachtung zwingender Vorschriften, die sich aus Gesetz, Satzung und Anstellungsvertrag ergeben (auch als Legalitätspflicht bezeichnet)380 und eine Sorgfaltspflicht im engeren Sinne381, die beim Geschäftsleiterermessen für unternehmerische Entscheidungen zu beachten ist, für die ein gelockerter Pflichtenstandard gilt und bei der besondere Exkulpationsmöglichkeiten durch die sogenannte business judgement rule (BJR) gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG bestehen, sowie eine Treupflicht der Organe gegenüber der Gesellschaft382, die die Verfolgung von Eigeninteressen der Organe gegenüber der Gesellschaft begrenzen sollen. a) Sorgfaltspflicht bei der Beachtung zwingender Vorschriften Der Vorstand muss bei seinen rechtsgeschäftlichen Handlungen alle Vorgaben aus Gesetz, Satzung und Anstellungsvertrag beachten (Legalitätspflicht). Zu diesen zählen insbesondere die Kapitalschutzvorschriften und die Vorschriften über die 377 GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 49 ff.; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 43; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 17 ff.; Fleischer, Faktische Organe, S. 518. A.A. Hüffer-AktG, § 93 Rn. 12, der eine Haftung ohne Bestellungsakt ablehnt. 378 BGHZ 150, 61 (68); MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 19; Fleischer, Faktische Organe, S. 527 f. 379 BGHZ 129, 30 (34); Hüffer-AktG, § 93 Rn. 4; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 10; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 24. 380 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 14 ff.; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 63; GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 98; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 67. 381 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 41 ff.; i. E. ähnlich, aber mit teilweiser abweichender Terminologie MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 35 ff.; GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 80 ff.; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 83 ff. 382 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 113 ff.; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 92 ff.; GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 144 ff.; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 95 ff.

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Kompetenzordnung der Gesellschaft383. Der Vorstand muss diese zwingenden Vorgaben strikt einhalten, ihm steht bei deren Befolgung kein Ermessensspielraum zu384. Verstößt der Vorstand also bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, begeht er zugleich eine Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. b) Sorgfaltspflichten des Vorstands im engeren Sinne Worin der generalklauselartig gefasste Verhaltensstandard nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG außerhalb der durch Gesetz, Satzung und Anstellungsvertrag vorgegebenen Regeln besteht, ist der Ausformung durch Rechtsprechung und Kommentierung vorbehalten385 und fächert sich in verschiedene Einzelpflichten auf, auf die nachfolgend eingegangen wird, soweit sie für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung relevant sind. Der Vorstand unterliegt bei der Beachtung dieser Sorgfaltspflichten für unternehmerische Entscheidungen nur der eingeschränkten Haftung nach der BJR386. aa) Finanzierungsverantwortung Die Problematik der materiellen Unterkapitalisierung wird im Schrifttum zumeist überwiegend unter dem Gesichtspunkt der Gesellschafterhaftung in Form des Durchgriffs thematisiert387. Denn die Entscheidung über die anfängliche Kapitalisierung der Gesellschaft ebenso wie über die weitere Aufstockung des Eigenkapitals obliegt ausschließlich den Gesellschaftern. Eine mögliche Unterkapitalisierung wegen unzureichender Eigenkapitalausstattung kann also einem Vorstand grundsätzlich dann nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn hierfür die fehlende Bereitschaft der Gesellschafter zur Bereitstellung von Eigenkapital verantwortlich ist. Eine unzureichende Eigenkapitalausstattung kann jedoch auch durch die Erhöhung der Fremdkapitalaufnahme oder durch die Erschließung neuer, kapitalintensiver Geschäftsfelder herbeigeführt werden. Die Entscheidung über diese Maßnahmen fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit des Vorstands388. Zu den Pflichten eines Vorstands zählt folglich auch die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Finanzierung der Gesellschaft389. Diese umfasst die Solvenzsicherung der Gesell383

AktG.

Eine nicht abschließende Aufzählung solcher Schutznormen findet sich in § 93 Abs. 3

384 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 24, 37; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 63 f.; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 69. 385 GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 78 ff.; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 83 ff.; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 24 ff.; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 41 ff. 386 Zu dieser siehe sogleich unten unter § 5 B. III. 1. b) cc). 387 Siehe zum Durchgriff unten unter § 7 B. IV. 2. c) aa). 388 Siehe oben unter § 5 B. I. 1. 389 GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 96 f.; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 83; Spindler/ Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 57.

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schaft, insbesondere die Sicherstellung ausreichender Liquidität390. Ob darüber hinaus auch die Sicherstellung einer angemessenen Kapitalstruktur und die Vermeidung einer materiellen Unterkapitalisierung zu den Vorstandspflichten zählen, ist unklar. Während ein Teil der Literatur391 auch explizit das Kapitalstrukturmanagement zur Finanzierungsverantwortung des Vorstands zählt, wird eine solche Pflicht in der übrigen Literatur392 überwiegend nicht ausdrücklich genannt. Da der Vorstand jedoch die ausschließliche Kompetenz zur Aufnahme von Fremdkapital hat, trifft ihn folglich auch die Finanzierungsverantwortung und er unterliegt bei diesen Entscheidungen grundsätzlich der Sorgfaltspflicht im engeren Sinne gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung dürfen daher grundsätzlich die Kapitalstruktur der Gesellschaft nicht sorgfaltspflichtwidrig nachteilig verändern. Maßstab der Sorgfaltspflicht ist dabei der anerkannte Stand der betriebswirtschaftlichen Erkenntnise hinsichtlich der ordnungsgemäßen Finanzierung der Gesellschaft393. bb) Vermeidung von Klumpenrisiken Auch die Eingehung von sogenannten Klumpenrisiken394 durch den Vorstand bei Finanzgeschäften mit Aktionären soll unter Umständen eine Sorgfaltspflichtsverletzung beinhalten. Stimmen in der Literatur395 plädieren dafür, dass jedenfalls bei Darlehen an Aktionäre, die letztendlich nichts anderes als Vermögensanlagen darstellen, das Gebot der Diversifikation gelten soll. Die Vergabe von Darlehen an Aktionäre soll auch dann sorgfaltspflichtwidrig sein, wenn die Bonität des Schuldners zwar zweifelsfrei gegeben ist, jedoch die Darlehenssumme an den einzelnen Aktionär unter Berücksichtigung einer wertenden Gesamtschau und des gesamten Vermögens der Gesellschaft unverhältnismäßig hoch ist. Auch von der Rechtsprechung wurden derartige Erwägungen, die Häufung und Höhe von Darlehen in die Sorgfaltspflichtprüfung einzubeziehen, vereinzelt getroffen396. Handhabbare

390

GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 97; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 57; Seibt, S. 309 f. Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 57; ähnlich Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 II Nr. 5. 392 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 83 verweisen allgemein auf die Sorgfaltspflicht bei der Umsetzung der dem Vorstand obliegenden Finanzpolitik; GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 96 verlangt lediglich, dass für die unternehmerischen Risiken eine ausreichende Kapitaldecke vorhanden sein muss; andere sehen die Geschäftsführerpflichten (bei der GmbH) erfüllt, wenn der Geschäfsführer bei drohender Unterkapitalisierung die Gesellschafter einberuft und ihnen die Entscheidung über die Zuführung von Eigenkapital überlässt, s. Roth, S. 200 ff. 393 Siehe zu diesen oben unter § 4 B. 394 Zu Begriff und Bedeutung siehe Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiko Schweiz, S. 337; Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiken, S. 651 ff. 395 Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiken, S. 686 f. Mit ähnlichen Überlegungen Kropff, S. 815. 396 OLG Jena NZG 2008, 275 (277 f.). 391

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Kriterien hierzu fehlen jedoch bisher397. Zudem können Klumpenrisiken allenfalls bei Finanzgeschäften außerhalb des konkreten Unternehmensgegenstands398 und außerhalb der Sondervorschriften zur Konzernfinanzierung399 entstehen. Somit können diese nicht bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung zugunsten eines Investors nach Erwerb der Kontrollmehrheit und Konzernierung der Gesellschaft gegeben sein und nicht bei Maßnahmen zugunsten eines industriellen Investors, dessen Übernahme zugleich geeignet ist, den Unternehmensgegenstand – etwa durch Synergieeffekte – zu fördern. Der schmale Anwendungsbereich der Vermeidung von Klumpenrisiken bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung zugunsten von Finanzinvestoren vor Erwerb der Kontrollmehrheit dürfte daher praktisch kaum relevant werden. cc) Exkulpation nach der BJR bei unternehmerischen Entscheidungen Führen Ermessensentscheidungen aus der Sicht ex post zu einem vermeidbaren Schaden, kann sich der Vorstand jedoch gegebenenfalls gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG exkulpieren, in dem er nachweist, bei der fraglichen Entscheidung ex ante im Rahmen der BJR gehandelt zu haben. Mit dieser Regelung ist beabsichtigt, dem handelnden Organ einen unternehmerischen Ermessensspielraum zu eröffnen, im Rahmen dessen er für Fehlschläge unternehmerischer Entscheidungen nicht haftet400. Der Vorstand haftet gemäß der BJR nicht, wenn er nachweisen kann, dass er in gutem Glauben bei einer unternehmerischen Entscheidung, die dem Wohle der Gesellschaft diente, auf angemessener Informationsbasis frei von Sonderinteressen und Einflüssen Dritter entschieden hat und dabei kein übergroßes Risiko401 eingeht402.

397

Die Literatur versucht solche in Anlehnung an Vorschriften aus dem Bank- und Investmentrecht zu entwickeln, wobei sie allerdings für den Bereich der Konzerninnenfinanzierung eine Bereichsausnahme von diesen Kriterien für sinnvoll hält und für Darlehen an Aktionäre eine „wertende Gesamtschau“ fordert, s. Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiken, S. 679 ff. 398 Siehe hierzu die parallelen Ausführungen zur Rechtslage in der Schweiz oben unter § 5 A. III. 2. a) aa). 399 Da diese speziellen Vorschriften etwa in §§ 311 ff. AktG die allgemeine Prinzipien der Risikodiversifikation überlagern dürften, s. Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiko Schweiz, S. 341 f. 400 Sogenannter „safe harbour“, s. KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 13; MünchKommAktG/Spindler, § 93 Rn. 35; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 60. 401 Sogenannte „Hazard“-Entscheidungen, s. Lutter, Business Judgment Rule, S. 845. A.A. Hüffer-AktG, § 93 Rn. 4 g. 402 Hüffer-AktG, § 93 Rn. 4e; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 66; Lutter, Business Judgment Rule, S. 843 ff.

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Eine unternehmerische Entscheidung setzt voraus, dass der Vorstand frei ist, sich für die eine oder andere Alternative zu entscheiden, ohne dadurch zwingende Normen zu verletzen403. Sofern Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gegen gesetzliche Vorgaben oder die Satzung verstoßen, ist eine Exkulpation folglich von vornherein ausgeschlossen. Ist es dem Vorstand hingegen grundsätzlich gesetzlich erlaubt, finanzielle Unterstützung zu gewähren404, liegt eine unternehmerische Entscheidung vor. Hinreichende vorherige Information über den Adressat der finanziellen Unterstützung vorausgesetzt, wird die Maßnahme der finanziellen Unterstützung auch grundsätzlich nicht gegen das Gesellschaftswohl im Sinne einer Verpflichtung zur Förderung von Bestand und dauerhafter Rentabilität der Gesellschaft405 verstoßen, sofern die zwingenden gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Ein solcher Verstoß gegen das Gesellschaftswohl könnte durch das Eingehen von Klumpenrisiken nur in Ausnahmefällen angenommen werden, da die Ermöglichung des Kontrollerwerbs durch einen Finanzinvestor nur sehr kurzzeitig zu einem Klumpenrisiko führen kann, das unmittelbar nach erfolgtem Kontrollerwerb durch konzernrechtliche Überlagerung wieder umgehend verschwinden wird. Hingegen wird das Gesellschaftswohl durch die Herbeiführung einer materiellen Unterkapitalisierung durch Fremdkapitalaufnahme regelmäßig gefährdet: Werden die betriebswirtschaftlichen Regeln der Unternehmensfinanzierung grundlegend missachtet, ist sowohl die Rentabilität der Gesellschaft gemindert als auch die Insolvenzwahrscheinlichkeit erhöht und damit der Bestand der Gesellschaft gefährdet406. Die Darlegungslast dafür, dass durch die Veränderung der Kapitalstruktur das Gesellschaftswohl nicht gefährdet wird, trifft wie für alle Voraussetzungen der BJR das Vorstandsmitglied407. Das Erfordernis, frei von Sonderinteressen und Einflüssen Dritter gehandelt zu haben, ist insbesondere in Fällen des MBO problematisch. Hier befinden sich durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung begünstigte Vorstandsmitglieder eindeutig in einem Interessenkonflikt. Während ein Teil der Literatur in solchen Fällen die Beschlussfassung durch nicht begünstigte Vorstandsmitglieder richtigerweise für ausreichend hält, um eine Privilegierung durch die BJR zu erhalten408, betrachten andere Stimmen schon bei Betroffenheit nur eines Vorstandsmitglieds den übrigen Vorstand als vom Interessenkonflikt „infiziert“ und lassen den eingeschränkten 403

Lutter, Business Judgment Rule, S. 843. Wegen des sehr weitreichenden Verbots gemäß § 71a Abs. 1 AktG wird die BJR bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch eine Aktiengesellschaft nur selten zum Tragen kommen. 405 Hüffer-AktG, § 93 Rn. 4 g; RegBegr BR-Drucks 3/05 S. 20. 406 Siehe hierzu ausführlich oben unter § 4 B. II. 407 Begr. RegE, BR-Drucks. 3/05, S. 21; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 141; HüfferAktG, § 93 Rn. 16a; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 77; Lutter, Business Judgment Rule, S. 846. 408 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 72; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 29; wohl auch Hüffer-AktG, § 93 Rn. 4 g. 404

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Prüfungsmaßstab der BJR insgesamt entfallen, sofern der Betroffene nicht gänzlich von Beratung und Beschlussfassung des Vorstands ausgeschlossen wird409. Das Verbot der Eingehung übergroßer Risiken, die unverhältnismäßig oder für das Unternehmen unangemessen sind410 und bei deren auch möglicherweise unwahrscheinlicher Realisierung einschneidende Folgen für das Ergebnis der Gesellschaft oder gar deren Existenz eintreten können411, kann bei buyouts ebenfalls tangiert sein. Bei Einhaltung der sonstigen gesetzlichen Vorschriften (insbesondere hinsichtlich der Bonität des Adressaten) und Einhaltung einer vertretbaren Kapitalstruktur sollte eine solche Ausnahme von der BJR jedoch in der Regel nicht einschlägig sein. Letztlich beinhaltet jede Finanzierungsentscheidung Risiken, bei deren Realisierung das Ergebnis der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt sein wird. Ein vollständiger Entfall solcher Maßnahmen aus der BJR wäre folglich überzogen412, insbesondere da die Abgrenzung solcher unzulässiger Maßnahmen zu zulässigen Maßnahmen ex ante nicht leicht fallen wird. c) Treuepflichten des Vorstands Die den Vorstand ebenfalls gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG bindende Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft ist immer dann tangiert, wenn der Vorstand sein Handeln nicht ausschließlich am Gesellschaftsinteresse ausrichtet, sondern eigene oder die Interessen Dritter in seinem Handeln mitberücksichtigt413. Eine solche Mitberücksichtigung von gesellschaftsfremden Interessen durch das Vorstandsmitglied ist regelmäßig bei buyouts zu befürchten: Sei es, dass im Falle von MBOs die eigenen Interessen des Vorstands bei der Gewährung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in die Entscheidung mit einfließen, sei es, dass die Interessen Dritter als Erwerber, aus welchen Gründen auch immer, vom Vorstand mitberücksichtigt werden. Allerdings sind mögliche Interessenkonflikte durch verschiedene Einzel-

409 MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 55. Eine weitergehende Ansicht sieht die BJR auch bereits bei Interessenkonflikten im Konzern entfallen, namentlich bei Doppelorganschaft in Mutter- und Tochtergesellschaft, s. Lutter, Business Judgment Rule, S. 844. Diese Ansicht geht aber zu weit, da damit die Entscheidungsfindung im Konzern erheblich erschwert werden dürfte; zudem müsste konsequenterweise die BJR für den Vorstand jeder abhängigen Gesellschaft entfallen, da dieser sich stets in einer auch persönlichen Abhängigkeit von der Muttergesellschaft und somit in einem Interessenkonflikt befindet. 410 BGHZ 135, 244 (253); KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 86; Lutter, Business Judgment Rule, S. 845. 411 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 87. 412 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 81; Hüffer-AktG, § 93 Rn. 4 g; ähnlich GroßK-AktG/ Hopt, § 93 Rn. 82. 413 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 114; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 95; zusätzlich ist die Treuepflicht in Ziff. 4.3.1 ff. DCGK, mit Geltung etwa für börsennotierte Gesellschaften, normiert. Hüffer-AktG, § 93 Rn. 5 leitet die nicht explizit normierte organschaftliche Treubindung rechtsgeschäftlich von der Bestellung des Vorstands ab.

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normen414 sehr weitgehend geregelt, so dass im Rahmen von buyouts kaum ein Anwendungsbereich der organschaftlichen Treuepflicht verbleiben wird. d) Rechtsschutz und Rechtsfolgen Zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen befugt ist gemäß § 93 Abs. 2 S. 1 AktG grundsätzlich allein die Gesellschaft, die gegenüber dem Vorstand gemäß § 112 AktG vom Aufsichtsrat vertreten wird. Aktionäre sind grundsätzlich nicht befugt, Schadensersatzansprüche gemäß § 93 AktG geltend zu machen. Unterlässt die Gesellschaft trotz Aufforderung durch Aktionäre allerdings die Geltendmachung, können Aktionäre, die über das erforderliche Quorum von einem Prozent bzw. 100.000 Euro des Grundkapitals verfügen, unter weiteren, engen Voraussetzungen gemäß § 148 Abs. 1 AktG vor Gericht die Erzwingung der Geltendmachung durch die Gesellschaft beantragen. Eine Geltendmachung durch die Gläubiger ist gemäß § 93 Abs. 5 S. 1 AktG nur ganz ausnahmsweise möglich, sofern sie von der Gesellschaft nicht anderweitig Befriedigung erlangen konnten und gemäß § 93 Abs. 5 S. 2 AktG zudem nur dann, wenn der Anspruch auf grober Fahrlässigkeit des Organs oder auf Verletzung der in § 93 Abs. 3 AktG aufgezählten Vorschriften beruht. Im Insolvenzfall geht die Befugnis zur Geltendmachung gemäß § 93 Abs. 5 S. 4 AktG auf den Insolvenzverwalter über. Eintritt und Höhe eines möglichen Schadens muss grundsätzlich vom Anspruchsteller bewiesen werden, ebenso die Handlung des beklagten Vorstandsmitglieds und die adäquate Kausalität dieser Handlung für den behaupteten Schaden415. § 93 Abs. 3 AktG listet eine Reihe von typisierten Verstößen auf, bei denen der Schadenseintritt in Höhe der rechtswidrigen Leistung vermutet wird416. Hierzu zählen gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 3 sowie Nr. 8 auch der Erwerb und die Inpfandnahme eigener Aktien sowie die Gewährung von Krediten. Ob unter § 93 Abs. 3 Nr. 3 AktG auch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zum Erwerb eigener Aktien fallen, ist unklar417, aber aus teleologischen Überlegungen wohl anzunehmen. Gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 8 AktG unterfallen jedenfalls Kreditgewährungen unter Verstoß gegen §§ 89, 115 AktG dieser Vermutung; ebenso gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 5 Verstöße gegen § 57 AktG418. 414 Etwa durch §§ 89, 112 AktG hinsichtlich der Kreditvergabe oder der Kapitalerhaltungsvorschriften und des Gleichbehandlungsgebots, die eine Berücksichtigung von Interessen Dritter weitgehend verhindern sollen. 415 Hüffer-AktG, § 93 Rn. 16; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 221; KK-AktG/Mertens/ Cahn, § 93 Rn. 140. 416 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 145; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 193. 417 Der Wortlaut der Norm ist diesbezüglich uneindeutig. Dafür: Hüffer-AktG, § 93 Rn. 23; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 197; GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 245; dagegen: KKAktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 128, jeweils ohne weitere Begründung. 418 GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 247; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 130; HüfferAktG, § 93 Rn. 23.

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Können Handlung, Schaden und adäquate Kausalität bewiesen werden, obliegt es dem Vorstandsmitglied gemäß § 93 Abs. 2 S. 2 AktG zu beweisen, dass die Handlung nicht pflichtwidrig oder nicht schuldhaft war. Die Pflichtwidrigkeit entfällt dabei insbesondere bei möglicher Exkulpation aufgrund der BJR gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. Hat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft schuldhaft einen Schaden zugefügt, ohne sich exkulpieren zu können, haftet es gemäß § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG dennoch nicht, wenn seine schädigende Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht. Da Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich in die Kompetenz des Vorstands fallen, ist ein Beschluss der Hauptversammlung über solche Maßnahmen nur dann gesetzmäßig, wenn er vom Vorstand gemäß § 119 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung vorgelegt wurde und ihn damit in seinen Handlungen gemäß § 83 Abs. 2 AktG bindet419. Haftungsausschließend wirkt daher ein Beschluss der Hauptversammlung nach Vorlage durch den Vorstand, selbst wenn dieser hätte erkennen können, dass sich der Mehrheitsaktionär bei der Abstimmung nicht vom Interesse der Gesellschaft leiten lassen würde420, da der Vorstand bei seiner Vorlage an die Hauptversammlung nicht die mögliche Motivlage der Aktionäre mitberücksichtigen muss. Ein nichtiger oder anfechtbarer Beschluss der Hauptversammlung, etwa wegen fehlender Kompetenz oder wegen der Verletzung von Vorschriften der Kapitalerhaltung, schließt die Haftung hingegen nicht aus421. Nicht haftungsausschließend wirkt auch ein Beschluss der Hauptversammlung, der die Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG ersetzt422, da dieser den Vorstand nicht bindet. Aus demselben Grund kann auch eine unmittelbar vom Aufsichtsrat erteilte Genehmigung gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht haftungsausschließend wirken. Gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft wirkt ein gesetzmäßiger Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 93 Abs. 5 Satz 3 AktG nicht haftungsausschließend423, da die Hauptversammlung den Vorstand nicht zu Lasten Dritter (nämlich der Gläubiger) aus seiner Haftung entlassen kann424. Liegen die Voraussetzungen für eine Haftung gemäß § 93 AktG vor, ist das haftende Organ zum Ersatz des Schadens gegenüber der Gesellschaft nach den allgemeinen Vorschriften der § 249 ff. BGB verpflichtet. Der Schadensbegriff des § 249 ff. BGB wird allerdings in Fällen des § 93 Abs. 3 AktG insofern modifiziert, als 419

MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 207; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 265 f. KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 154; GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 326. 421 Hüffer-AktG, § 93 Rn. 25; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 268 ff. m.w.N. 422 GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 309. 423 Theoretisch wirkt ein gesetzmäßiger, nicht pflichtwidrig herbeigeführter Beschluss der Hauptversammlung, zu dessen Ausführung der Vorstand gemäß § 83 Abs. 2 AktG verpflichtet ist, auch gegenüber den Gläubigern haftungsausschließend, s. KK-AktG/Mertens/Cahn, § 93 Rn. 159; MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 247. Ein solcher gesetzmäßiger Beschluss, der zugleich Gläubigerinteressen verletzt, ist aber kaum denkbar. 424 MünchKomm-AktG/Spindler, § 93 Rn. 247; GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 334. 420

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

grundsätzlich mögliche Ansprüche auf Rückzahlung nicht berücksichtigt werden, ein möglicher Mittelabfluss also bereits einen Schaden darstellt425. Gemäß § 93 Abs. 6 AktG verjährt der Anspruch nach fünf, bei börsennotierten Gesellschaften nach zehn Jahren. Eine Haftung der Vorstandsmitglieder begründet daneben § 117 Abs. 2 AktG; liegen die Voraussetzungen einer Haftung einer vorsätzlichen Schädigung durch Einlussnahme Dritter auf Organe der Gesellschaft gemäß § 117 Abs. 1 kumulativ mit § 93 Abs. 2 AktG vor, so haften die Vorstandsmitglieder gemäß § 117 Abs. 2 AktG neben den Einflussnehmern426, und zwar anders als nach § 93 Abs. 2 AktG nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber den Aktionären unmittelbar. Gemäß §§ 309 Abs. 2, 317 Abs. 3 AktG haften die Mitglieder des Vorstands der beherrschenden Gesellschaft zudem unter bestimmten Voraussetzungen für einen nicht erfolgten Nachteilsausgleich im Vertragskonzern bzw. faktischen Konzern427. 2. Pflichten des Vorstands aus Insolvenzverursachungshaftung Als notwendige Ergänzung zur Lockerung des bilanziellen Vermögensschutzes428 durch das MoMiG429 hat der Gesetzgeber als zusätzlichen Liquiditätsschutz gemäß § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG ein Verbot eingeführt, das Zahlungen der Gesellschaft an Aktionäre untersagt, die zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen. Der bilanzbezogene Kapitalschutz wird dadurch erstmals um Elemente eines solvenzbezogenen Kapitalschutzes erweitert430. Leistet der Vorstand Zahlungen an Aktionäre, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen, und war dies bei Beachtung der Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG auch für den Vorstand zu erkennen, so ist der Vorstand nunmehr zum Ersatz der geleisteten Zahlungen sowie zum Ersatz aller durch die herbeigeführte Insolvenz verursachten Folgeschäden431 für die Gesellschaft verpflichtet. Unter Zahlung ist dabei jeder Abfluss von Liquidität432 zu verstehen, unabhängig davon, ob ihr eine gleichwertige Ge-

425 Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 258; Hüffer-AktG, § 93 Rn. 22; KK-AktG/Mertens/ Cahn, § 93 Rn. 134. 426 Hüffer-AktG, § 117 Rn. 10. 427 Siehe hierzu unten unter § 7 B. IV. 2. a). 428 Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 38; MünchKomm-AktG/Spindler, § 92 Rn. 70; Begr RegE MoMiG BT-Drucks. 16/6140 S. 52. 429 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23. 10. 2008, BGBl I S. 2626 („MoMiG“). 430 MünchKomm-AktG/Spindler, § 92 Rn. 70; Spindler/Stilz/Fleischer, § 93 Rn. 38; KKAktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 59. 431 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 57; a.A. MünchKomm-AktG/Spindler, § 92 Rn. 70. 432 Begr RegE MoMiG BT-Drucks 16/6140 S. 46 zur Parallelnorm § 64 S. 3 GmbHG; Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 42; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 39; Holzner, S. 160 ff.

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genleistung entgegensteht433, es sei denn, diese Gegenleistung wäre unmittelbar liquiditätswirksam434. Da die Norm allein auf den Liquiditätsabfluss abstellt, fallen beispielsweise auch rechtmäßige Dividendenausschüttungen435, zulässige Nachteilszufügungen im Konzern436 und gegebenenfalls auch die Bestellung von Sicherheiten437 unter den Begriff der Zahlung. Diese Zahlung muss an einen Aktionär oder ihm nahe stehende Personen oder Unternehmen erfolgen, also etwa mit ihm verbundene Unternehmen, auf Rechnung des Aktionärs Handelnde oder nahe Angehörige438. Nicht erforderlich ist dabei, dass die Aktionärseigenschaft dem Vorstand positiv bekannt war oder gar der Aktionär über einen Mindestanteil von zehn Prozent der Anteile439 verfügt. Diese Problematik der Erkennbarkeit für den Vorstand wird bereits über das Korrektiv der Beachtung der gebotenen Sorgfalt bei Vornahme der Zahlung gemäß § 92 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 AktG geregelt. Streit herrscht jedoch insbesondere über die Frage der geforderten Kausalität zwischen Zahlung und Eintritt der Zahlungsunfähigkeit440. Die Regierungsbegründung spricht davon, dass sich im Moment der Zahlung abzeichnen müsse, „dass die Gesellschaft unter normalem Verlauf der Dinge ihre Verbindlichkeiten nicht mehr wird erfüllen müssen“441. Daraus leitet ein Teil der Lehre ab, dass die Zahlungsfähigkeit als Folge der Zahlung aufgrund einer Solvenzprognose überwiegend wahrscheinlich sein müsse442. Andere Stimmen verlangen eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit443. Angesichts der weitreichenden Folgen der Norm ist diese restriktiv auszulegen444. Stellt man dabei auf das Kriterium einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nach Solvenzprognose ab, ergeben sich unweigerlich erhebliche Auslegungsprobleme und Unsicherheiten: Bereits die Durchführung einer Solvenzprognose, der zu berücksichtigende zeitliche Horizont und die Berücksichtigung von Unwägbarkeiten bei künftigen liquiditäts433

KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 46; Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 42. Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 42. 435 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 44; Holzner, S. 325 ff. 436 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 61. 437 Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 42, jedenfalls für Sicherheiten ohne vollwertigen Rückgriffsanspruch, deren Inanspruchnahme wahrscheinlich ist. KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 41 f. qualifiziert jede Sicherheitenbestellung als Zahlung und berücksichtigt die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme auf Ebene der Solvenzprognose. Grundsätzlich als Zahlung qualifizierend Tasma, S. 319. 438 Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 43; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 50, 62 ff. 439 So aber KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 46 f. 440 Sehr ausführliche Darstellung bei Holzner, S. 162 ff. 441 Begr RegE MoMiG BT-Drucks 16/6140 S. 47 zur Parallelnorm § 64 S. 3 GmbHG. 442 Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 44 m.w.N., aber ohne eigene Stellungnahme. In diese Richtung wohl auch Hüffer-AktG, § 92 Rn. 14 c („innerer Zusammenhang“). 443 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 52. 444 So auch Begr RegE MoMiG BT-Drucks 16/6140 S. 47 zur Parallelnorm § 64 Satz 3 GmbHG: Die Erweiterung der Geschäftsleiterhaftung sei nur mit „Vorsicht und Zurückhaltung“ vorzunehmen. 434

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wirksamen Ereignissen sind ungeklärt und Gegenstand anhaltender Diskussion445. Stellte man zusätzlich noch auf eine nur überwiegende Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit nach einer solchen Solvenzprognose ab, ergeben sich erhebliche Unsicherheiten, die einen vorsichtigen Vorstand einer Gesellschaft mit angespannter Liquiditätslage angesichts der hohen Haftungsrisiken zu einer restriktiven Handhabung liquiditätswirksamer Maßnahmen veranlassen wird. Da diese liquiditätswirksamen Maßnahmen auch wirksame Dividendenbeschlüsse und Finanzierungsmaßnahmen im Konzern umfassen, unterläge der Vorstand einer solchen Gesellschaft einer ständigen Pflichtenkollision und wäre in seiner Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt. Vorzugswürdig ist es daher, für die erforderliche Kausalität eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit zu verlangen. Damit wären nur solche Zahlungen betroffen, die bei normalem Verlauf der Dinge absehbar zur Zahlungsunfähigkeit führen werden446. Die Sorgfaltspflichtverletzung des Vorstands wird hinsichtlich der Erkennbarkeit der Kausalität für die eingetretene Zahlungsunfähigkeit ebenso wie hinsichtlich der Erkennbarkeit der Aktionärseigenschaft des Empfängers vermutet447. Der Vorstand kann sich jedoch gemäß § 92 Abs. 2 S. 2 AktG entlasten, indem er nachweist, dass er diese auch bei Einhaltung der gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG gebotenen Sorgfalt nicht hätte erkennen können. Für liquiditätswirksame Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kann also der Vorstand bei nachfolgend eintretender Zahlungsunfähigkeit gemäß § 92 Abs. 2 S. 3 AktG haften, wenn er zum Zeitpunkt der Zahlung hätte erkennen können, dass dadurch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten würde. Da diese Haftung auch bei liquiditätswirksamen, im Übrigen aber zulässigen Zahlungen eintritt, dürfte die Vorschrift insbesondere für Rekapitalisierungen, also Ausschüttungen hoher Sonderdividenden nach Erwerb der Kontrollmehrheit einschlägig werden448. Daneben dürften auch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Zuge von buyouts wie etwa Darlehehensgewährungen und regelmäßig mit einem erhöhten Ausfallrisiko behaftete Sicherheitenbestellungen, Zahlungen i.S. der Norm darstellen. Der Vorstand einer Zielgesellschaft muss also zur Vermeidung einer Insolvenzverursachungshaftung durch eine sorgfältige Liquiditätsplanung dokumentieren, dass 445

Eingehend hierzu m.w.N. Holzner, S. 168 ff.; Tasma, S. 320 ff. Ein fixer Zeithorizont muss dabei nicht definiert werden, da der Vorstand alle ihm bekannten Zahlungsverpflichtungen unabhängig von der Fälligkeit in seiner Liquiditätsplanung berücksichtigen muss. Bei dieser kann er natürlich vertretbare Annahmen etwa über die Verfügbarkeit einer Anschlussfinanzierung treffen. 447 Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 45; KK-AktG/Mertens/Cahn, § 92 Rn. 55 f. Eine solche Entlastung kann insbesondere durch Nachweise entsprechender Zahlungspläne erfolgen. 448 Denn in diesen Fällen entfällt die sonst gegebene haftungsausschließende Wirkung eines ordnungsgemäßen Dividendenbeschlusses, s. Spindler/Stilz/Fleischer, § 92 Rn. 39; KK-AktG/ Mertens/Cahn, § 92 Rn. 61; Holzner, S. 325 ff. 446

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jedwede Maßnahme der finanziellen Unterstützung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, unabhängig von ihrer rechtlichen Zulässigkeit, absehbar zur Insolvenz führt449. 3. Pflichtverletzungen des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat haftet gemäß § 116 S. 1 AktG unter sinngemäßer Anwendung des § 93 AktG mit Ausnahme des § 93 Abs. 2 S. 3 AktG. Folglich kann diesbezüglich auf die Ausführungen zur Haftung des Vorstands verwiesen werden, jedoch mit dem Unterschied, dass als Sorgfaltsmaßstab die Pflichten eines Aufsichtsrats und nicht die eines Vorstands angelegt werden müssen450. Eine Exkulpation gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ist somit nur in den Bereichen möglich, in denen der Aufsichtsrat unternehmerisch tätig wird451. Zu diesen zählt die zukunftsbezogene Teilhabe an der Leitungsmacht, also etwa die Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG452, nicht jedoch die dem Aufsichtsrat obliegende vergangenheitsbezogene Kontrolle des Vorstands453. Stimmt der Aufsichtsrat also einer Maßnahme der finanziellen Unterstützung zu, die sich nachträglich als wirtschaftlicher Fehlschlag erweist, so kann er sich gegebenenfalls unter Verweis auf die BJR exkulpieren. Dies gilt jedoch wie beim Vorstand nicht für Verletzungen von zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Eine Haftung von Mitgliedern des Aufsichtsrats für pflichtwidrige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist somit etwa bei pflichtwidrigen Zustimmungen gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG454 möglich sowie bei Untätigkeit bei pflichtwidrigem Vorstandshandeln455. Insbesondere bei MBOs trifft den Aufsichtsrat eine besondere Pflicht zur Überwachung der Einhaltung der Treuepflichten des Vorstands456. Unvermeidbare Interessenkollisionen von Aufsichtsratsmitgliedern durch Doppel449 Tasma, S. 335. Diese Pflicht zur Liquiditätsplanung trifft den Vorstand grundsätzlich ohnehin schon im Rahmen seiner Finanzierungsverantwortung nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG, siehe oben unter § 5 B. III. 1. b) aa). Im Unterschied zu dieser muss der Vorstand aber bei dieser Liquiditätsplanung unabhängig und losgelöst von im Übrigen zulässigen rechtlichen Eingriffsmöglichkeiten wie Dividendenbeschlüssen und Nachteilszufügungen im Konzern planen und entscheiden. 450 Hüffer-AktG, § 116 Rn. 2; Spindler/Stilz/Spindler, § 116 Rn. 34. 451 Spindler/Stilz/Spindler, § 116 Rn. 37; GroßK-AktG/Hopt/Roth, § 116 Rn. 69 ff.; KKAktG/Mertens/Cahn, § 116 Rn. 68 ff. 452 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 116 Rn. 68 mit weiteren Beispielen. 453 Also etwa Prüfung von Ersatzansprüchen gegen den Vorstand, s. Hüffer-AktG, § 116 Rn. 8. Diese Pflicht beschränkt allerdings Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht, sondern sichert allenfalls Regressansprüche bei Fehlschlägen. 454 Wie zum Beispiel die Zustimmung zur unterpreisigen Veräußerung eines Betriebsgrundstücks, s. LG Stuttgart AG 2000, 237 (238 f.), oder zur Vergabe eines ungesicherten Kredits an ein herrschendes Unternehmen, s. LG Dortmund AG 2002, 97 (98 f.). 455 BGHZ 69, 207 (214). 456 Spindler/Stilz/Spindler, § 116 Rn. 53.

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mandate im faktischen Konzern sind wegen der konzernrechtlichen Ausgleichsregelungen in §§ 311 ff. AktG und der damit anerkannten zulässigen Ausübung des Konzerninteresses grundsätzlich nicht pflichtwidrig457. Der Vertreter eines Erwerbers im Aufsichtsrat der Zielgesellschaft kann also trotz Interessenkollision eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung genehmigen. Für die Geltendmachung eines etwaigen Anspruchs der Gesellschaft gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern ist grundsätzlich der Vorstand zuständig458 ; im Übrigen bestehen durch Verweis auf § 93 AktG die dort eröffneten Rechtschutzmöglichkeiten für Aktionäre und Gläubiger459. 4. Gleichbehandlungspflicht der Organe § 53a AktG normiert ein umfassendes Gleichbehandlungsgebot für die Gesellschaft und ihre Organe gegenüber allen Aktionären460. Eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung durch die Gesellschaft begünstigt typischerweise nur einen oder mehrere Aktionäre oder Dritte gegenüber den übrigen Aktionären und verletzt daher potentiell das Gleichbehandlungsgebot. Verkehrsgeschäfte, die die Gesellschaft mit einem Aktionär abschließt, fallen aus dem Schutzbereich des § 53a AktG, wenn sie nicht gerade aufgrund der Aktionärsstellung des Geschäftspartners zustande gekommen sind461. Wesensmerkmal solcher Verkehrsgeschäfte ist, dass sie grundsätzlich keinen Bezug zur Aktionärsstellung aufweisen und sich dem Umfang nach im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft bewegen. Beides ist bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig nicht gegeben: Zum einen dient die Maßnahme der finanziellen Unterstützung definitionsgemäß dem Erwerb von Anteilen der Gesellschaft und hat damit unmittelbaren Bezug zur Zusammensetzung des Aktionärskreises, zum anderen übersteigt der Umfang der Maßnahme, die typischerweise bei MBOs und LBOs die Finanzierung einer Kontrollmehrheit ermöglichen soll, regelmäßig dem Volumen nach das Maß der üblichen Geschäftstätigkeit der Ge-

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LG Hannover ZIP 2009, 761 (762 f.); KK-AktG/Mertens/Cahn, § 116 Rn. 32; ähnlich Hüffer-AktG, § 116 Rn. 5; a.A. Spindler/Stilz/Spindler, § 116 Rn. 78, der in solchen Fällen bei Interessenkollisionen eine Mandatsniederlegung empfiehlt. 458 KK-AktG/Mertens/Cahn, § 116 Rn. 72; MünchKomm-AktG/Habersack, § 116 Rn. 72. 459 Hüffer-AktG, § 116 Rn. 8; MünchKomm-AktG/Habersack, § 116 Rn. 67 ff. Siehe hierzu oben unter § 5 B. III. 1. d). Zu möglicher direkter Außenhaftung gegenüber Dritten nach allgemeinen Normen siehe im Überblick Spindler/Stilz/Spindler, § 116 Rn. 182 ff. 460 Hüffer-AktG, § 53a Rn. 4; MünchKomm-AktG/Bungeroth, § 53a Rn. 3 f.; Spindler/ Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 53a Rn. 4. 461 BGH AG 1997, 414; GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 42; KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 22 f.; MünchKomm-AktG/Bungeroth, § 53a Rn. 6.

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sellschaft. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden somit nur in Ausnahmefällen462 als Verkehrsgeschäfte zu qualifizieren sein463. Gegenüber Nichtaktionären, also etwa Dritten, die die Maßnahme der finanziellen Unterstützung erst noch zum Erwerb von Anteilen nutzen wollen, findet das Gleichbehandlungsgebot keine Anwendung464. Dies gilt jedoch nur, wenn diese Dritte nicht als gesellschaftergleiche Personen einem Aktionär gleichzustellen sind, also wenn diese Dritte nicht als mittelbare Stellvertreter, Treugeber oder nahe Angehörige eines Aktionärs handeln oder von einem Aktionär beherrschte Gesellschaften sind465. Somit würden etwa Maßnahmen zugunsten einer Zweckgesellschaft, die von einem oder mehreren Aktionären der Zielgesellschaft beherrscht wird, unter das Gleichbehandlungsgebot fallen. Das Gleichbehandlungsgebot wird daher auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zumeist Anwendung finden, da in den typischen Fällen von MBOs und LBOs zumindest eine mittelbare Aktionärsbeteiligung des Erwerbers gegeben sein dürfte. Auch im Konzern gilt gegenüber dem herrschenden Aktionär grundsätzlich das Gleichbehandlungsgebot, es wird jedoch von den speziellen Vorschriften zur Konzerninnenfinanzierung im Vertragskonzern bzw. im faktischen Konzern, die für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in der Regel einschlägig sein werden, modifiziert bzw. verdrängt466. § 53a AktG findet folglich auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nur dann Anwendung, wenn der Begünstigte bereits mittelbar oder unmittelbar Aktionär ist, zugleich aber noch über keinen beherrschenden Einfluss verfügt467. Findet § 53a AktG auf Maßnahmen finanzieller Unterstützung Anwendung, ist eine Differenzierung zwischen verschiedenen Aktionären nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn die durch die Maßnahme begründete formale Ungleichbehandlung468 im Interesse der Gesellschaft liegt und die ergriffene Maßnahme zum Schutz des Gesellschaftsinteresses geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne ist469. 462

Denkbar ist dies bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung geringen Umfangs, die dem Erwerb zu Anlagezwecken dienen (Mitarbeiteraktien) oder bei der Finanzierung des Erwerbs eigener Anteile durch Banken in geringem Umfang. 463 Gl. M. Schroeder, S. 117. 464 GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 39; KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 7 f. 465 GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 40 m.w.N.; KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 20 ff. 466 GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 158 ff.; KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 48 ff.; MünchKomm-AktG/Bungeroth, § 53a Rn. 23 f.; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 53a Rn. 29 ff. A.A. hinsichtlich der Geltung im faktischen Konzern Cahn, Kapitalerhaltung, S. 64 ff. 467 Eine in der Praxis mutmaßlich eher rare Konstellation. 468 Hüffer-AktG, § 53a Rn. 9; GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 63; KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 12 ff. 469 GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 70 ff.; Hüffer-AktG, § 53a Rn. 10; KK-AktG/ Drygala, § 53a Rn. 17. Maßstab hierfür sind die von der Rechtsprechung rezipierten Grundsätze der materiellen Beschlusskontrolle, s. BGHZ 71, 40 (43 ff.); BGHZ 83, 319 (322).

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Nicht im Interesse der Gesellschaft sind Sonderinteressen einzelner Aktionäre, Drittinteressen oder das Gemeinwohl470. Somit müsste der Adressat einer Maßnahme der finanziellen Unterstützung einen Zweck verfolgen, der neben oder außerhalb seines eigenen Gewinninteresses zugleich im Interesse der gesamten Gesellschaft läge. Ein möglicher abstrakter wohlfahrtssteigernder Effekt471 von LBOs und MBOs würde allenfalls dem Gemeinwohl dienen, nicht jedoch dem Interesse der Gesellschaft. Ebenso kämen mögliche, durch MBOs und LBOs ausgelöste Wertsteigerungen der Aktien lediglich anderen Aktionären der Gesellschaft zugute, nicht jedoch der Gesellschaft selbst. Eine Erleichterung der Kontrollbildung durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wäre hingegen wegen der damit verbundenen Begrenzung von Agency-Kosten des Eigenkapitals prinzipiell ein im Interesse der gesamten Gesellschaft472 liegender Zweck; ebenso sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten eines industriellen buyouts vorstellbar, die durch die damit verbundenen Synergieeffekte im Interesse der Gesellschaft sein könnten. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die der Erleichterung der Kontrollbildung durch einen Finanzinvestor dienen, wären hierfür zwar geeignet und unter Umständen – falls der Investor nicht über hinreichend eigene Mittel verfügt – im Ausnahmefall auch erforderlich, allerdings kaum verhältnismäßig im engeren Sinne, da der Vorstand damit unangemessen und einseitig einen Aktionär bei der Kontrollbildung bevorzugt und damit seine Neutralitätspflicht verletzt473, ohne dass der Nutzen für die Gesellschaft durch die Kontrollbildung dies aufwiegen würde. Bei der Unterstützung industrieller buyouts hingegen kann eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Aktionären wegen der besonderen industriellen Kapazitäten und der möglicherweise zugleich beschränkten Finanzmittel des industriellen Investors eher zu rechtfertigen und damit erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Somit ist mit Ausnahme einer Übernahme durch einen industriellen Investor kaum eine Konstellation vorstellbar, in der eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung aufgrund der mit ihr verbundenen Erleichterung des Anteilserwerbs dem Gesellschaftsinteresse dienen könnte474. Der Vorstand ist zur Rückforderung der gewährten Maßnahme der finanziellen Unterstützung bei Verstoß gegen § 53a AktG verpflichtet, bei damit verbundendem 470 KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 17; MünchKomm-AktG/Bungeroth, § 53a Rn. 13; GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 71. 471 Der diskutiert wird, siehe oben unter § 4 A., empirisch allerdings nicht nachweisbar ist, siehe oben unter § 4 B. III. 472 Ohne dass an dieser Stelle auf den umfangreichen Streit zur Konkretisierung des Gesellschaftsinteresses eingegangen werden muss, siehe zu diesem im Überblick Hüffer-AktG, § 76 Rn. 12 ff. 473 BGH NZG 2008, 149 (Bestätigung der ausführlich begründeten Vorinstanz OLG Celle NZG 2006, 791). 474 Offen gelassen von Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 404 f.; Oechsler, Kapitalrichtlinie, S. 85 ff. Diese diskutieren lediglich den Ausgleich einer möglichen Ungleichbehandlung durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch Einräumung eines Bezugsrechts für die übrigen Aktionäre.

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gleichzeitigem Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG zusätzlich gemäß § 62 Abs. 1 S. 1 AktG475. Erfolgt die Maßnahme zu § 57 Abs. 1 S. 3 AktG entsprechenden Bedingungen gegenüber einzelnen Aktionären oder Aktionärsgruppen, ohne dass diese Maßnahme als Ungleichbehandlung zu rechtfertigen ist, besteht jedoch lediglich die Pflicht des Vorstands zur Rückforderung gemäß § 53a AktG. Eine persönliche Haftung der Organe wegen Verletzung ihrer Organpflichten besteht nicht476. Die Rechte der ungleich behandelten Aktionäre sind umstritten: Da benachteiligte Aktionäre die Rückforderung gemäß § 62 AktG durch den Vorstand nicht erzwingen können477, wird im Schrifttum als Ausgleich für diese schwache Rechtsposition eine aktive Gleichbehandlung der übergangenen Aktionäre gefordert478. Nach dieser Auffassung soll ein Ausgleich im Rahmen eines Gewinnverwendungsbeschlusses vorgenommen werden, bei dem die Gesellschaft gegenüber den begünstigten Aktionären mit dem bereits an die Begünstigten Geleisteten aufrechnet und somit eine nachträgliche Gleichbehandlung aller erzielt479. Die Gegenauffassung480 lehnt dies zu Recht als Gleichstellung im Unrecht481 ab, zumal die erforderlichen frei ausschüttbaren Mittel zur Kompensation einer solchen Ungleichbehandlung bei buyouts in der Regel fehlen werden. Auch ein Anspruch der übergangenen Aktionäre gemäß § 823 Abs. 1 BGB gegen die Gesellschaft scheidet mangels geschützten Rechtsguts ebenso aus482 wie ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB, da § 53a AktG kein subjektives Recht vermittelt und somit kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB ist483. IV. Sittenwidrigkeit von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Mit der Generalklausel des Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB bzw. § 826 BGB werden rechtliche Handlungen sanktioniert, die mißbilligenswert sind, deren Verbot jedoch nicht anderweitig abschließend normiert wurde. Der Verstoß gegen die guten Sitten dient folglich als Auffangtatbestand. Dementsprechend beschränkt sich sein Anwendungsbereich regelmäßig auf besondere Um475 GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 117; Hüffer-AktG, § 53a Rn. 12; MünchKommAktG/Bungeroth, § 53a Rn. 30. 476 Mit weiteren Hinweisen Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 172. 477 Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 446 f. Ausführlich zum Rechtsschutz durch § 62 AktG siehe unten unter § 6 B. II. 2. 478 Unter Verweis auf vergleichbare Vorgehensweisen im GmbH-Recht Lutter, Anfechtungsrechte, S. 368 ff. 479 Lutter, Anfechtungsrechte, S. 369. 480 BGH NZG 2008, 149; GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 137 ff.; KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 44 ff.; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 53a Rn. 35. 481 KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 44. 482 GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 152; Hüffer-AktG, § 53a Rn. 12. 483 GroßK-AktG/Henze/Notz, § 53a Rn. 152; Hüffer-AktG, § 53a Rn. 12; KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 46; a.A. MünchKomm-AktG/Bungeroth, § 53a Rn. 38.

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stände484. Für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können unter der Vielzahl der Fallgruppen der Sittenwidrigkeit etwa die Fallgruppen der unangemessenen Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit (Knebelung) sowie der Gläubigertäuschung bzw. Gläubigergefährdung relevant sein485. Eine unangemessene Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit gemäß § 138 BGB kann vorliegen, wenn durch umfassende Sicherungsgeschäfte die Entscheidungsmöglichkeiten der Zielgesellschaft so massiv eingeschränkt werden, dass sie ihre wirtschaftliche Bewegungsfreiheit verliert486. An eine solche Knebelung sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen, die in der Praxis kaum vorkommen werden487. Ebenso wird ein Fall der Gläubigertäuschung488 durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung bei einer Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft kaum je gegeben sein. Hierzu müsste mindestens bedingter Vorsatz des begünstigten Gläubigers auf Täuschung oder Schädigung der übrigen Gläubiger gegeben sein489. Eine Täuschung kann etwa in der Täuschung der übrigen Gläubiger über die Bonität des Kreditnehmers bestehen490 oder in einer Täuschung darüber, dass der Schuldner über kein freies Vermögen mehr verfügt, um dadurch andere Gläubiger zur Kreditvergabe zu verleiten491. Da entsprechende Maßnahmen in der Rechnungslegung der Aktiengesellschaft aufgeführt und geprüft werden müssen, wird ein Gläubiger kaum je andere Gläubiger hierüber täuschen können492. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden daher kaum je als sittenwidrig zu qualifizieren sein.

C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse In der Schweiz ist der Verwaltungsrat für alle Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, von wenigen speziellen Sondersituationen wie etwa dem Übernahme484

BGH ZIP 1998, 793 (795); Diem, S. 314. Sonnenhol/Groß, S. 410 ff. Die Abgrenzung und Bezeichnung der jeweiligen Fallgruppen variieren dabei je nach Autor. Zur aus § 826 BGB entwickelten Fallgruppe des existenzvernichtenden Eingriffs siehe unten unter § 7 B. IV. 2. c) bb). 486 Sonnenhol/Groß, S. 412 f. 487 Sonnenhol/Groß, S. 413. 488 Eine eher bei der GmbH denkbare Fallgruppe, s. hierzu Diem, S. 314 f. m.w.N. 489 BGH ZIP 1998, 793 (796); BGH ZIP 1984, 37 (38). 490 Diem, S. 314. 491 BGH ZIP 1998, 793 (796). 492 Anders als bei der GmbH, deren lockerere Kapitalerhaltungs- und Rechnungslegungsvorschriften eher missbräuchliche Gestaltungen ermöglichen. In der Literatur wird etwa für die GmbH auch die Ansicht vertreten, eine Entgegennahme einer Sicherheitenbestellung einer Gesellschaft zugunsten ihres beherrschenden Gesellschafters, die in das geschützte Kapital eingreife, könne bereits eine sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung darstellen, s. Schön, S. 366; Messer, S. 377. A.A. BGH ZIP 1998, 793 (795); Sonnenhol/Groß, S. 411 f. Diese möglichen Gefahren bestehen bei der Aktiengesellschaft aufgrund der dort gegebenen engmaschigeren Schutzvorschriften nicht in gleicher Weise. 485

§ 5 Begrenzung durch Kompetenzordnung und Schranken des Organhandelns

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verfahren bei börsenkotierten Gesellschaften abgesehen, grundsätzlich allein kompetent. Eine Delegation an Nichtmitglieder des Verwaltungsrats ist nur bei Maßnahmen geringen Umfangs zulässig. Die Generalversammlung kann die Kompetenz weder an sich ziehen noch kann der Verwaltungsrat diese auf die Generalversammlung delegieren. Der Vorstand kann allerdings die Generalversammlung unverbindlich konsultieren und dadurch die Rechtssicherheit bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung erhöhen. Die Vertretungsmacht des Verwaltungsrats gegenüber Dritten wird bei der Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch den Endzweck der Gesellschaft nicht effektiv begrenzt, durch den statutarischen Zweck nur insoweit, als wesentliche Aktiva der Gesellschaft zur Besicherung eines Erwerbskredits verwendet werden. In diesem Fall ist aufgrund der Unmöglichkeit der Fortführung des statutarischen Zwecks im Verwertungsfall bereits mit der Sicherheitenbestellung eine faktische Zweckänderung verbunden, die ohne eine formelle Zweckänderung durch die Generalversammlung mit dem erforderlichen Quorum eine Überschreitung der Vertretungsmacht darstellt. Eine solche Zweckänderung kann auch bedingt erfolgen oder nachträglich vorgenommen werden. Ein Zustimmungserfordernis der Generalversammlung zu Maßnahmen, die den statutarischen Zweck nicht gefährden, besteht hingegen auch dann nicht, wenn diese einen quantitativ hohen Anteil der Aktiva der Gesellschaft betreffen. Die Vertretungsbefugnis des Verwaltungsrats im Innenverhältnis zur Gesellschaft wird durch statutarische und mit der Gesellschaft vereinbarte sowie gesetzliche Schranken, namentlich die Kapitalschutzvorschriften und das Gesellschaftsinteresse, beschränkt. Daneben besteht keine Vertretungsbefugnis bei Insichgeschäften des Organs mit sich selbst oder einer von ihm vertretenen Gesellschaft, sofern dieses nicht von einem neben- oder übergeordneten Organ genehmigt wurde. Überschreitungen der Vertretungsbefugnis bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung sind im Außenverhältnis nur gegenüber Gutgläubigen wirksam. Beherrschende Gesellschafter und Mitglieder des Verwaltungsrats sind stets als bösgläubig zu qualifizieren. Der gute Glaube Dritter wird zwar vermutet, bei Vorliegen von augenfälligen Verdachtsmomenten oder branchenunüblichen Usancen besteht jedoch eine Erkundigungspflicht des Dritten. Die finanzierende Bank trifft daher in der Regel bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung im Rahmen von LBOs und MBOs eine umfassende Erkundigungspflicht bezüglich möglicher Verletzungen des Gesellschaftsinteresses oder von kapitalschützenden Normen. Verletzt sie diese oder handelt sie in Kenntnis der Überschreitungen der Vertretungsbefugnis, ist sie bösgläubig mit der Folge, dass die Vertretungsmacht ihr gegenüber entfällt und das Rechtsgeschäft bis zur Genehmigung durch die Generalversammlung schwebend unwirksam ist. Ist das Rechtsgeschäft wegen Verstoßes gegen zwingende gesetzliche Vorschriften nicht genehmigungsfähig oder wird die Genehmigung nicht erteilt, ist das Rechtsgeschäft nichtig.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Das handelnde Organ hat bei der Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zudem die Sorgfalts-, Treue- und Gleichbehandlungspflicht gemäß Art. 717 OR zu beachten. Die Sorgfaltspflicht umfasst neben der Einhaltung gesetzlicher und statutarischer Bestimmungen auch die Beachtung der gebotenen Sorgfalt bei unternehmerischen Entscheidungen, wie es auch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung sind. Insbesondere im Rahmen seiner Finanzverantwortung hat das handelnde Organ die Vermeidung von Klumpenrisiken und die Vermeidung einer materiellen Unterkapitalisierung durch eine adäquate Finanzplanung sicherzustellen. Ein Klumpenrisiko entsteht nach der hier vertretenen Auffassung in der Regel, wenn mehr als zwanzig Prozent der nicht zu betrieblichen Zwecken verwendeten Aktiva in eine Anlage investiert werden; nach der Rechtsprechung kann ein Klumpenrisiko hingegen bereits bei Investitionen von mehr als zehn Prozent der sämtlichen Aktiva der Gesellschaft in eine Anlage vorliegen. Materiell unterkapitalisiert ist die Gesellschaft dann, wenn ihre Eigenkapitalausstattung unter ökonomischen Gesichtspunkten unzureichend ist. Maßnahmen, die eine solche materielle Unterkapitalisierung herbeiführen, sind sorgfaltspflichtwidrig. Unternehmerische Entscheidungen im Rahmen der Finanzverantwortung unterliegen der Privilegierung durch die BJR, so dass bei Nachweis einer sorgfältigen Entscheidungfindung und sachlichen Vertretbarkeit der Entscheidung aus der Sicht ex ante eine Pflichtwidrigkeit auch bei einem wirtschaftlichen Fehlschlag nicht gegeben ist. Aufgrund seiner Treuepflicht ist das handelnde Organ verpflichtet, im Fall von ihn betreffenden Interessenkonflikten dem Gesellschaftsinteresse den Vorrang gegenüber eigenen Interessen oder den Interessen Dritter einzuräumen, die Aktionärsinteressen mit den Interessen der stakeholder angemessen abzuwägen und alles zu unterlassen, was der Gesellschaft schaden könnte. Eine praktische Relevanz der Treuepflicht kann sich insbesondere beim MBO ergeben, da Maßnahmen der finanziellen Unterstützung bei diesem auch bei Erfüllung von Drittkonditionen gegen die Treuepflicht verstoßen können, wenn die Gesellschaft für die verwendeten Mittel rentablere Verwendungen hat. Beim LBO wird nach Kontrollerwerb aufgrund der möglichen Änderungen des Gesellschaftszwecks die Treuepflicht regelmäßig keine begrenzende Wirkung haben. Die Gleichbehandlungspflicht verpflichtet das handelnde Organ, Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gegenüber Aktionären oder diesen nahestehenden Personen, also etwa dem Erwerber, nur dann vorzunehmen, wenn für die Bevorzugung ein sachlicher Grund im Gesellschaftsinteresse besteht und diese Ungleichbehandlung verhältnismäßig ist. Eine solche Rechtfertigung ist allenfalls bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu Marktkonditionen gegenüber industriellen Investoren denkbar. Gegenüber Finanzinvestoren verstößt eine finanzielle Unterstützung regelmäßig gegen die Gleichbehandlungspflicht. Durch Pflichtverletzungen bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verursachte Schäden stellen in der Regel mittelbare Schäden dar, die die Gesellschaft selbst oder gemäß Art. 756 OR jeder Aktionär für die Gesellschaft einklagen kann. Gläubiger können solche mittelbaren Schäden gemäß Art. 757 OR erst im Konkurs

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geltend machen. Voraussetzung für eine Haftung der handelnden Organe gemäß Art. 754 ff. OR ist der Nachweis von Pflichtverletzung, Schaden und einer adäquaten Kausalität zwischen beiden durch den Kläger. Das Verschulden wird nach einem objektivierten Maßstab bestimmt und daher in der Regel bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen gegeben sein. Die allgemeinen Vorschriften zur Unsittlichkeit begrenzen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in der Regel nicht. In Deutschland ist für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 AktG der Vorstand kompetent. In den Fällen, in denen die finanzielle Unterstützung dem Vorstand selbst gewährt wird, ist ausnahmsweise gemäß § 112 S. 1 AktG der Aufsichtsrat kompetent. Legt der Vorstand Maßnahmen der finanziellen Unterstützung der Hauptversammlung zur Entscheidung vor, ist die Entscheidung der Hauptversammlug für ihn bindend, ohne Vorlage durch den Vorstand sind Beschlüsse der Hauptversammlung unverbindlich. Die Vertretungsmacht des Vorstands im Außenverhältnis gegenüber Dritten gemäß § 82 Abs. 1 AktG ist grundsätzlich unbeschränkt und unbeschränkbar. Nicht zu den außenstehenden Dritten zählen herrschende Gesellschafter und Mitglieder des Vorstands. Für die Übertragung des wesentlichen Aktivvermögens der Gesellschaft besteht keine Vertretungsmacht des Vorstands, für eine solche gemäß § 179a Abs. 1 AktG – ebenso wie für strukturändernde Maßnahmen nach dem UmwG – die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich ist, die auch nachträglich erfolgen kann. Eine solche Übertragung des wesentlichen Vermögens der Gesellschaft, wie sie bei einer Besicherung mit den wesentlichen Aktiva der Gesellschaft vorkommen kann, gegeben sein. Die Vertretungsbefugnis des Vorstands im Innenverhältnis wird unter anderem durch den Unternehmensgegenstand und zwingende gesetzlichen Vorschriften wie etwa die Kapitalschutznormen eingeschränkt. Sofern der Unternehmensgegenstand von der Maßnahme der finanziellen Unterstützung potentiell berührt wird, etwa bei Besicherung eines Darlehens mit betriebswesentlichen Aktiva, handelt der Vorstand ohne Vertretungsbefugnis, sofern er nicht die ggf. auch nachträgliche Zustimmung der Hauptversammlung mit dem erforderlichen Quorum für eine Änderung des Unternehmensgegenstands einholt. Eine Zustimmung des Aufsichtsrats ist gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG für Geschäfte von grundlegender Bedeutung und damit in der Regel bei jeder Maßnahme finanzieller Unterstützung größeren Umfangs im Rahmen von LBOs und MBOs erforderlich, stets jedoch gemäß § 89 AktG bei einer Maßnahme finanzieller Unterstützung gegenüber Vorstand, leitenden Angestellten und ihnen nahestehenden natürliche Personen. Rechtsgeschäfte gegenüber dem Vorstand nahestehenden juristischen Personenen unterliegen nur dann dem Genehmigungserfordernis, wenn diese vom jeweiligen Vorstandsmitglied beherrscht werden, nicht jedoch wenn dieser lediglich Minderheitsgesellschafter ist. Ein Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung bei Besicherung mit quantitativ wesentlichen Aktiva der Gesellschaft

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

nach den Grundsätzen der „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin besteht nach der hier vertretenen Ansicht nicht, kann jedoch kautelarjuristisch geboten sein. Rechtsfolge eines Überschreitens der Vertretungsmacht ist bis zur Genehmigung die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts gemäß §§ 177 ff. BGB. Wird die Genehmigung endgültig verweigert, ist das Rechtsgeschäft nichtig. Wird lediglich die Vertretungsbefugnis überschritten, ist das Rechtsgeschäft gegenüber Außenstehenden grundsätzlich wirksam. Nicht als außenstehend gelten herrschende Gesellschafter und Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats, gegenüber denen die Beschränkungen der Vertretungsbefugnis gelten. Gegenüber Außenstehenden entfalten die Beschränkungen der Vertretungsbefugnis nur im Ausnahmefall des Missbrauchs der Vertretungsmacht Wirkung. Ein solcher Missbrauch ist nur bei Kollusion oder objektiver Evidenz der Überschreitung der Vertretungsbefugnis gegeben. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden Überschreitungen der Vertretungsbefugnis für Dritte, insbesondere für finanzierende Banken, regelmäßig nicht objektiv evident sein. Rechtsfolge eines Missbrauchs der Vertretungsmacht ist das Recht des Vertretenen, dem Dritten die Einwendung nach § 242 BGB entgegenzuhalten und damit die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts herbeizuführen. Die vom Vorstand bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu beachtende Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG umfasst neben der Legalitätspflicht, also der Pflicht zur Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und der Satzung, auch eine Sorgfaltspflicht im engeren Sinne, die bei jeder Handlung des Vorstands zu beachten ist. Diese Sorgfaltspflicht umfasst inbesondere eine Finanzierungsverantwortung, die unter anderem die Pflicht des Vorstands normiert, für eine angemessene Kapitalstruktur der Gesellschaft zu sorgen. Die Pflicht des Vorstands zur Vermeidung von Klumpenrisiken ist bisher in Lehre und Rechtsprechung wenig konturiert und wird zudem bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig vom Konzernrecht überlagert werden. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die nicht gegen gesetzliche Verbote verstoßen, unterfallen als unternehmerische Entscheidung regelmäßig der BJR. Der Vorstand kann sich nach dieser aber regelmäßig nur dann exkulpieren, wenn die Maßnahme nicht geeignet war, das Gesellschaftsinteresse im Sinne einer Sicherung von Bestand und Rentabilität zu verletzen. Dies ist bei Verletzung der Finanzierungsverantwortung regelmäßig zweifelhaft. Der Vorstand muss dann – etwa durch Vorlage einer ordnungsgemäßen Finanzplanung – darlegen, dass das Gesellschaftsinteresse aus der Sicht ex ante nicht gefährdet war. Gelingt die Exkulpation, entfällt eine Pflichtverletzung des Vorstands. Daneben ist der Vorstand aufgrund seiner Treuepflicht verpflichtet, bei Interessenkollisionen – etwa im Rahmen von MBOs – dem Interesse der Gesellschaft Vorrang einzuräumen. Gemäß § 93 Abs. 2 S. 1 AktG ist zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen primär die Gesellschaft, vertreten durch ihren Aufsichtsrat, berechtigt. Aktionäre und Gläubiger können nur unter engen Voraussetzungen die Gesellschaft zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen veranlassen. Pflichtverletzung, Schadenseintritt und adäquate Kausalität zwischen beiden müssen vom Antragsteller bewiesen werden, wobei jedoch gemäß § 93 Abs. 3 AktG bei einer Reihe von ty-

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pisierten Verstößen, insbesondere gegen Kapitalschutznormen, Schadenshöhe und Kausalität vermutet werden. Kann sich der Vorstand nicht durch Nachweis fehlenden Verschuldens oder etwa eines wirksamen haftungsausschließenden Hauptversammlungsbeschlusses gemäß § 119 Abs. 2 AktG entlasten, ist er der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Für liquiditätswirksame Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gegenüber Aktionären, die zur Insolvenz der Gesellschaft führen, haftet der Vorstand gemäß § 92 Abs. 2 S. 3 AktG, sofern diese aus der Sicht ex ante mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Insolvenz führen mussten. Unbeachtlich ist dabei die Frage, ob die liquiditätswirksame Maßnahme im Übrigen gegen gesetzliche Verbote verstößt oder nicht, so dass auch Dividendenzahlungen eine Haftung auslösen können. Zur Vermeidung der Haftung ist der Vorstand daher gehalten, eine sorgfältige Liquiditätsplanung vorzunehmen. Der Aufsichtsrat haftet gemäß § 116 S. 1 AktG grundsätzlich nach denselben Maßstäben wie der Vorstand. Interessenkollisionen des Aufsichtsrats durch Doppelmandate im Konzern führen nicht zur Pflichtwidrigkeit von Genehmigungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch den Aufsichtsrat. Die Gesellschaft und damit ihre Organe sind bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gemäß § 53a AktG zur Gleichbehandlung verpflichtet. Diese Pflicht zur Gleichbehandlung besteht nur gegenüber Aktionären, wegen der konzernrechtlichen Überlagerung jedoch nicht gegenüber Mehrheitsaktionären. Etwaige Ungleichbehandlungen können zwar gerechtfertigt und damit zulässig sein; dies ist bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung aber allenfalls bei industriellen buyouts im Einzelfall denkbar. Verstößt die Ungleichbehandlung gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG, besteht neben der Pflicht des Vorstands zur Rückforderung nach § 62 AktG auch eine Pflicht zur Rückforderung nach § 53a AktG, erfolgte die Maßnahme der finanziellen Unterstützung zu Marktkonditionen, besteht nur eine Pflicht nach § 53a AktG. Da keine Haftung der Organe für Pflichtverletzungen besteht und kein Mittel der Aktionäre zur Erzwingung der Rückforderung von Ungleichbehandlungen besteht, hindert § 53a AktG Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu Marktkonditionen faktisch nicht. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung sind nach deutschem Recht regelmäßig nicht sittenwidrig.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

§ 6 Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes Nachdem in § 5 zunächst die allgemeinen und eher unspezifischen Begrenzungen der finanziellen Unterstützung untersucht wurden, soll nachfolgend auf die spezifischeren Vorschriften zum Kapitalschutz bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im unverbundenen Unternehmen eingegangen werden. Diese Vorschriften begrenzen jedenfalls die für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung erforderliche finanzielle Zuwendung an einen Dritten. Zusätzliche Begrenzungen können sich darüber hinaus bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung aus dem Erwerb von Aktien durch den Dritten ergeben, da dieser den ebenfalls zum Kapitalschutz zählenden Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien unterliegen kann. All diese Normen sind zugleich spezifische Verhaltenspflichten der Organe, so dass sich Rechtsfolgen und Rechtsschutz bei Verletzungen dieser Normen – sofern sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind – auch nach den in § 5 dargestellten Grundsätzen richten.

A. Im schweizerischen Recht I. Überblick über das System des Kapitalschutzes und der geschützten Reserven Das schweizerische Aktienrecht unterteilt die Passivseite der Bilanz einer Aktiengesellschaft in ein gestaffeltes System von bilanziellen Segmenten493. Diese umfassen vier wesentliche Segmente494: Das geschützte Kapital, bestehend aus dem Aktien- bzw. Partizipationskapital, die gebundenen Reserven, d. h. Reserven, die aufgrund einer Zweckbindung nicht augeschüttet werden dürfen495, die freien Re493

Zu anschaulichen Grafiken und Beispielen zu diesem Prinzip s. Grünenfelder, S. 96 ff.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 241 f. 494 Siehe für einen Überblick über die einzelnen Bilanzsegmente von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 7 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 8 N 294 ff.; Grünenfelder, S. 55 ff.; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 78 ff.; Zimmerli, S. 325 ff.; Fuchs Mtwebana, S. 140 ff. Begrifflichkeiten und Einteilung variieren je nach Autor geringfügig. Im Zuge der Aktienrechtsrevision soll das Sytem der Reserven und des geschützten Kapitals in Art. 671 ff. E-OR neu geordnet werden, s. Meyer, Kapitalschutz, S. 230 f.; Grünenfelder, S. 67 ff. 495 Zu diesen zählen die allgemeinen Reserve bis zur Höhe von fünfzig Prozent des Aktienkapitals (Art. 671 Abs. 3 OR), die Reserve für eigene Aktien (Art. 671a OR), eine etwaige Aufwertungsreserve (Art. 671b OR) und etwaige durch die Generalversammlung beschlossene (Art. 674 Abs. 2 OR) oder statutarische Reserven (Art. 672 f. OR) mit Zweckbindung. Die Zweckbindung der Reserven kann jedoch unter Beachtung der statutarisch festgesetzten Bedingungen jederzeit durch die Generalversammlung wieder aufgehoben werden, s. Grünenfelder, S. 61.

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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serven, d. h. gesetzliche, statutarische oder beschlossene Reserven ohne Zweckbindung496 sowie schließlich als letztes Segment der Bilanzgewinn. Grundsätzlich nicht in der Bilanz erscheinen die stillen Reserven497, die somit auch nicht ausschüttungsfähig sind. Die Zulässigkeit von Ausschüttungen an Aktionäre und die Anwendbarkeit der jeweiligen Kapitalschutzvorschriften auf diese Ausschüttungen bemisst sich danach, welches Segment durch diese betroffen ist. Zur Bestimmung, welches Segment durch die jeweilige Ausschüttung betroffen ist, muss zunächst die Höhe einer Ausschüttung ermittelt werden. Während dies bei einer offenen Ausschüttung (etwa durch Zahlung eines Geldbetrags oder Schenkung eines Gegenstands) leicht fällt, kann dies bei einer verdeckten Ausschüttung (also insbesondere wenn bei Austauschgeschäften Leistung und Gegenleistung nicht zu Marktbedingungen erfolgen) erhebliche Schwierigkeiten bereiten498. Mehrere Ausschüttungen, unter Umständen auch an unterschiedliche Aktionäre, sind dabei zusammenzuzählen499. Steht der Ausschüttungsbetrag und damit der Betrag fest, um den die Aktiva der Gesellschaft verkürzt werden, ist zu überprüfen, welches bilanzielle Segment auf der Passivseite von der Verkürzung betroffen ist, wobei vom am wenigsten geschützten zum am strengsten geschützten Segment voranzuschreiten ist500. Die anzuwendenden Schutzvorschriften richten sich danach, welche Segmente der Passivseite jeweils von der Ausschüttung betroffen sind. Der Kapitalschutz ist also als ein System bilanzieller Sperrziffern mit abgestuftem Schutzniveau ausgestaltet501: Eine offene Gewinnausschüttung an Aktionäre ist nur aus den freien Reserven und nur bei Einhaltung der formellen Voraussetzungen zulässig. Eine verdeckte Gewinnausschüttung, etwa durch nicht marktgerecht bewertete Austauschgeschäfte, ist gemäß Art. 678 Abs. 2 OR grundsätzlich unzulässig, eine entsprechende Leistung kann gemäß Art. 678 Abs. 2 OR als Sonderfall der ungerechtfertigten Bereicherung durch die Gesellschaft zurückgefordert werden. 496 Zu diesen zählen die allgemeine Reserve, soweit sie fünfzig Prozent des Aktienkapitals übersteigt, sowie etwaige statutarische und beschlussmäßige Reserven, die nicht zweckgebunden sind. 497 Es sei denn, sie werden gemäß Art. 670 Abs. 1 OR zur Deckung eines Verlusts, der die gesetzlichen Reserven sowie das Aktienkapital zur Hälfte aufgezehrt hat, auch ohne tatsächliche Realisierung unter strengen Voraussetzungen zum Marktwert aktiviert und in die Aufwertungsreserve eingestellt, BSK-ORII/Neuhaus/Balkanyi, Art. 671b OR N 4 ff. 498 Zu den Problemen der Bemessung siehe sogleich unten unter § 6 A. II. 1. a) bis c) sowie III. 2. a) bis c). 499 Böckli, Sondervermögen, S. 538 Fn. 74; Jagmetti, S. 178. 500 Siehe als Beispiel einer solchen Zuordnung zu bilanziellen Segementen etwa die Ausführungen in BGE 140 III 533 (542). 501 Die verschiedenen Schutzvorschriften sind allerdings jeweils in Rechtsfolgen und Rechtsschutz so umstritten, dass letztlich eine trennscharfe Abstufung zwischen den verschiedenen Tatbeständen mangels klarer gesetzlicher Regelung oder höchstrichterlicher Entscheidungen schwerfällt. So wird in der Literatur auch durchaus eine Abkehr von dieser Differenzierung nach Bilanzsegmenten und insbesondere des besonderen Regelungsbereichs von Art. 680 Abs. 2 OR vorgeschlagen, s. Kägi, S. 186 ff. Zu dieser Problematik siehe auch unten unter § 6 A. II. 3. sowie III. 4.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Gänzlich unzulässig und zudem nichtig ist gemäß Art. 680 Abs. 2 OR eine Rückgewähr der geleisteten Einlagen an Aktionäre. Werden allerdings Mittel aus dem geschützten Kapital – etwa durch Darlehen oder Sicherungsgeschäfte – ohne adäquates Entgelt überlassen, unterfallen die entgangenen Einnahmen wiederum Art. 678 Abs. 2 OR, da diese die Reserven schmälern und nicht das geschützte Kapital. Ergänzt wird das System des Kapitalschutzes um eine Regelung zur Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien gemäß Art. 659 ff. OR, die den Erwerb eigener Aktien nur aus freien Reserven gestattet. II. Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr 1. Der Tatbestand des Art. 680 Abs. 2 OR Art. 680 Abs. 2 OR verbietet eine Rückforderung der Einlage durch den Aktionär. Nach ständiger Rechtsprechung502 beinhaltet dies zugleich im Gegenzug ein Verbot der Rückgewähr der Einlage an den Aktionär durch die Gesellschaft503. Durch dieses Verbot geschützt ist das gesamte Nennkapital, d. h. das nominale Aktienkapital einschließlich des Partizipationskapitals504. Das Agio zählt nach erfolgter Einbuchung in die gesetzlichen Reserven gemäß Art. 671 Abs. 2 Ziff. 1 OR nicht zum geschützten Kapital505. Ebenso zählen die gebundenen Reserven nicht zum geschützten Kapital i.S.v. Art. 680 Abs. 2 OR, da dieses Kapital erwirtschaftet und nicht einbezahlt wurde506. Jede Leistung an Aktionäre aus diesem geschützten Kapital, sei sie offen oder verdeckt über Vermögensverschiebungen, ist gemäß Art. 680 Abs. 2 OR unzulässig, es sei denn, sie erfolgt über eine ordentliche Kapitalherabsetzung507. Mit umfasst vom Schutzbereich der Norm sind ebenfalls Leistungen an dem Aktionär wirt502

BGE 35 II 303 (308); BGE 65 I 147. BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 17; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 50 N 107; Binder, S. 31 f. 504 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 18; Jagmetti, S. 174; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 72 f.; Grünenfelder, S. 92 f. 505 Nunmehr entschieden durch BGE 140 III 533 (548). Ebenso dieser Auffassung BSKORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 19; Banz, S. 198; Jagmetti, S. 174; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 245; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 73 ff.; Grünenfelder, S. 93; Rubli, S. 260; von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 30. Nach anderer Auffassung sollte unter Verweis auf den Wortlaut der Norm das Agio stets zum geschützten Kapital i.S. von Art. 680 Abs. 1 OR zählen, s. Böckli, Aktienrecht, § 12 N 526 f.; Bochud, S. 152; Probst, S. 71; Rusch, S. 145; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 192; Buchser, S. 282 f.; Friz, S. 327; Zimmerli, S. 330. Der nach dem Entscheid des BGer veröffentlichte Vernehmlassungsbericht lässt diese Frage weiter offen, s. Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 98. 506 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 20; Banz, S. 198; Rusch, S. 145; Grünenfelder, S. 94; Friz, S. 327. A. M. ZK-Bürgi, Art. 680 N 34; Böckli, Sondervermögen, S. 538; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 191. 507 Gemäß Art. 732 ff. OR, s. Böckli, Aktienrecht, § 1 N 322; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 192; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 243. 503

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schaftlich nahestehende Personen, also etwa auch an mit dem Aktionär verbundene Unternehmen508. Somit ist es auch beispielsweise unerheblich, ob die Leistung an einen Finanzinvestor oder an eine von ihm beherrschte Zweckgesellschaft erfolgt. Ebenso dürften unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsschutzes509 Leistungen an künftige Aktionäre, die die Mittel zum Erwerb der Aktionärsstellung nutzen, unter Art. 680 Abs. 2 OR fallen. a) Darlehen an Aktionäre Darlehen an Aktionäre, die das nach Art. 680 Abs. 2 OR geschützte Kapital auf der Passivseite betreffen, verletzen das Verbot der Einlagenrückgewähr, soweit sie eine Ausschüttung darstellen. Folglich stellen Darlehen, deren Rückzahlung von vornherein fraglich ist (wegen mangelnder Bonität des Schuldners) oder nie beabsichtigt war (bei sogenannten fiktiven Darlehen), insgesamt eine unzulässige Einlagenrückgewähr dar510. Ein Teil der Lehre511 differenziert nicht vorrangig nach der Bonität des Schuldners, sondern möchte Darlehen an Aktionäre aus dem geschützten Kapital dann zulassen, wenn es sich um ein Umsatzgeschäft handelt, wenn es also im Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit erfolgte. Ob das Darlehen ein Umsatzgeschäft war oder nicht, ist jedoch kein taugliches Kriterium für die Frage der Rückzahlbarkeit und damit die Gefährdung des geschützten Kapitals512. Zudem dürfte die Abgrenzung eines Umsatzgeschäfts von einem Geschäft, das nicht im Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit erfolgt, in der Praxis regelmäßig schwerfallen513.

508 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 8; Jagmetti, S. 174; Binder, S. 33; Spörri, § 4 N 51 ff. Der Begriff der nahestehenden Person findet dabei gleichermaßen auf die Einlagenrückgewähr wie auf die verdeckte Gewinnausschüttung Anwendung. Eine nicht zu Drittbedingungen gewährte Leistung soll bereits indizieren, dass die empfangende Person einem Aktionär nahesteht, s. BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 7 m.w.N. 509 Eingehend zur Doktrin von der Gesetzesumgehung unten unter § 6 A. IV. 3. a). 510 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 22; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 242; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 196 f.; Grünenfelder, S. 103; Friz, S. 328; Jagmetti, S. 179 f. 511 Binder, S. 36 f.; Bochud, S. 147; Buchser, S. 282 f.; Kägi, S. 255 f. Wohl auch Fn. 573 bei Rusch, S. 135; Rusch, S. 140 f. Dieser versteht unter Umsatzgeschäft allerdings jedes Geschäft zu Marktbedingungen, unter Verweis auf Fn. 24 bei Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 188. 512 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 98. Wird allerdings unter einem Umsatzgeschäft jedes Geschäft zu Marktbedingungen verstanden, erübrigt sich der Streit ohnehin. 513 Binder, S. 37. Durch Einfügung einer Finanzierungsklausel in den Gesellschaftszweck könnten zudem Finanzgeschäfte mit dem herrschenden Aktionär zur ordentlichen Geschäftstätigkeit deklariert werden oder jedenfalls in die Nähe zur ordentlichen Geschäftstätigkeit gerückt werden. In diesen Fällen müsste man aber wiederum, um den Schutzzweck der Norm nicht zu unterlaufen, auf die Bonität des Schuldners abstellen.

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Nach zutreffender Ansicht ist folglich für die Frage der Ausschüttung allein auf die Bonität des Darlehensnehmers abzustellen514. Aufgrund des besonderen Schutzes, den das geschützte Kapital gemäß Art. 680 Abs. 2 OR gegenüber dem übrigen Kapital der Gesellschaft515 genießt sowie dem eindeutig gläubigerschützenden Zweck516 der Norm, ist sicherzustellen, dass die Gefahr eines Rückflusses des geschützten Kapitals an die Aktionäre effektiv und präventiv begrenzt ist517. Daher ist an die Bonität des Empfängers von Leistungen aus dem geschützten Kapital ein besonders hoher Maßstab anzulegen518. War zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe vernünftigerweise und mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Rückzahlung zu rechnen519, liegt keine Ausschüttung im Sinne einer Einlagenrückgewähr vor. Verschlechtert sich die Bonität des Darlehensnehmers später so, dass eine Darlehensvergabe zu diesem Zeitpunkt dann nicht mehr zulässig wäre, ist die Gesellschaft verpflichtet, das Darlehen – soweit möglich – zu kündigen oder jedenfalls nicht mehr zu verlängern520. Sofern lediglich die Bedingungen, also insbesondere die Verzin514 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 22; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 243; Grünenfelder, S. 103 f.; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 99; Friz, S. 328; Jagmetti, S. 179 f.; Binder, S. 84 f. Ohne eigene Stellungnahme Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 196; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 40 N 348. Nur in besonderen Mißbrauchsfällen eine Verletzung von Art. 680 Abs. 2 OR durch Darlehen und Sicherheiten an Aktionäre, unabhängig von der Bonität, sieht Zimmerli, S. 339 f. 515 So zieht die verbotene Einlagenrückgewähr besonders scharfe Rechtsfolgen nach sich, s. unten unter § 6 A. II. 3. Zum Schutz des übrigen Kapitals nach Art. 678 Abs. 2 OR siehe sogleich unter § 6 A. III. 2. a). 516 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 2. Hinsichtlich des gläubigerschützenden Zwecks des Art. 678 OR besteht hingegen Unsicherheit, s. unten unter § 6 A. III. 3. 517 Dieser Gedanke eines präventiven Schutzes des geschützten Kapitals bei der Darlehensvergabe an Aktionäre liegt wohl auch dem Entscheid des BGer in BGE 140 III 533 zugrunde. Das BGer will den besonderen Schutz des geschützten Kapitals durch Sperrung des ausschüttungsfähigen Kapitals in Höhe des Darlehens an den Aktionär sicherstellen, wenn dieses nicht unzweifelhaft zu Marktbedingungen (etwa durch Besicherung des Darlehens) gewährt wird, s. BGE 140 III 533 (542 f.). In einem weiteren Entscheid hat das BGer klargestellt, dass Darlehen im Konzern nicht stets besichert sein müssten, um eine hinreichende Bonität aufzuweisen, s. BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.2.1.3. Wie die hinreichende Bonität letztlich zu bestimmen sein soll, lässt es aber offen. s. zu diesen Überlegungen ausführlich unten unter § 7 A. III. 4. 518 Das BGer differenziert in seinem Entscheid hingegen nicht hinsichtlich der Bonitätsbeurteilung nach betroffenen Segmenten, s. BGE 140 III 533 (542 ff.). Den besonderen Schutz des geschützten Kapitals will es durch eine Reservenbildung bei zweifelhafter Bonität erreichen. 519 Unbesicherte Darlehen an Konzerngesellschaften mit hohem wirtschaftlichem Risiko und Zweckgesellschaften dürften daher beispielsweise regelmäßig nicht die nötige Bonität aufweisen. 520 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 101; Jagmetti, S. 180. Nach anderer Ansicht sollen jedoch bei nachträglicher Verschlechterung nicht die Kapitalschutzvorschriften einschlägig sein, sondern mit Abschreibungen und Art. 725 OR gearbeitet werden, s. BSK-ORII/Kurer/ Kurer, Art. 680 N 22; Friz, S. 328; Grünenfelder, S. 104 f. Allerdings besteht die Pflicht zur Abschreibung gemäß Art. 669 Abs. 1 OR und zur Anzeige gemäß Art. 725 OR unabhängig vom Verbot der Einlagenrückgewähr und verdrängt diese nicht; während für Art. 680 Abs. 2 OR auf

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sung von Darlehen an Schuldner mit ausreichender Bonität, nicht marktgerecht sind, stellt dies keine unzulässige Einlagenrückgewähr dar521. Art. 680 Abs. 2 OR schützt nur den nominalen Bestand des geschützten Kapitals, nicht die Erträge522. Gewährt also eine Gesellschaft einem Aktionär mit einwandfreier Bonität ein zinsloses Darlehen aus dem geschützten Kapital, ist damit der Bestand des geschützten Kapitals nicht gefährdet. Wie und nach welchen Kriterien die hinreichende Bonität des Darlehensnehmers im Einzelnen konkret zu bestimmen ist, wird in der juristischen Literatur – soweit ersichtlich – nicht weiter erörtert. Erforderlich ist jedenfalls, dass die Bonität des Darlehensnehmers überhaupt einer Prüfung unterzogen wird523. Bisweilen wird eine hinreichende Bonität so definiert, dass auch ein unabhängiger Dritter dem Schuldner ein solches Darlehen gewährt hätte524. Typischer unabhängiger Dritter bei einer Darlehensgewährung ist eine Bank, so dass grundsätzlich auf bankenübliche Kriterien zurückzugreifen ist. Einschränkend ist jedoch für Darlehen aus dem geschützten Kapital zusätzlich ein besonders hoher Maßstab für die Bonität anzulegen. Wäre eine Bank bereit, dem Darlehensnehmer ein Darlehen zu im Rahmen des Marktüblichen eher niedrigen Zinssätzen525, die für Schuldner hoher Bonität marktüblich sind, zu gewähren, ist die Bonität hinreichend. Kriterium für eine hinreichende Bonität kann ebenfalls eine (werthaltige) Besicherung eines Darlehens sein. In Zweifelsfällen muss der Verwaltungsrat der Gesellschaft gegebenenfalls auf externen Rat zurückgreifen526. Nur wenn gewährleistet ist, dass die Rückzahlung des Darlehens aus dem geschützten Kapital mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgt, ist es vertretbar, dass ein Darlehen aus dem geschützten Kapital an einen Aktionär gewährt wird527. die ex-ante-Sicht bei (ggf. erneuter) Gewährung abzustellen ist, greift Art. 725 OR, falls aus der ex-post-Sicht das Darlehen uneinbringlich scheint. 521 Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 243; Jagmetti, S. 179 f.; von Büren/ Lüthi, S. 86; Grünenfelder, S. 104. A. M. wohl Rusch, S. 138. Falls die Verzinsung eines Darlehens an Aktionäre nicht adäquat ist, verkürzen die fehlenden Zinseinnahmen nicht das geschützte Kapital, sondern verringern die Reserven bzw. den Bilanzgewinn, die bei adäquater Verzinsung höher ausfallen würden. Daher ist in diesen Fällen Art. 678 Abs 2 OR einschlägig. 522 von Büren/Lüthi, S. 86. 523 BGE 140 III 533 (543 f.). 524 Rusch, S. 138. Ebenso für die Beurteilung der Bonität bei Sicherungsgeschäften von Büren/Lüthi, S. 87; Aebi, S. 98. Nach einem anderen Ansatz soll die Bonität im Rahmen eines Solvenztests berücksichtigt werden, der nach mehr oder minder konkreten Kriterien zu prüfen hat, ob das Darlehen in einem definierten Zeitraum ausfallen wird bzw. die Sicherung verwertet wird und damit die Solvenz der Gesellschaft gefährdet, s. Weibel, S. 138 ff. 525 Unüblich hohe Zinsen wären daher ein Indiz für eine den hier vertretenen strengen Maßstäben von Art. 680 Abs. 2 OR nicht genügenden Bonität des Schuldners. 526 Etwa durch eine fairness opinion der Revisionsstelle, in der die materielle Angemessenheit der Bedingungen und damit auch der Bonität bestätigt wird, s. zu dieser Rusch, S. 74 ff.; Grünenfelder, S. 46 f.; Stutz/von der Crone, S. 106. 527 Die Darlehensgewährung aus dem geschützten Kapital ist somit eine begründungsbedürftige Ausnahme, da das geschützte Kapital grundsätzlich den Gläubigern der Gesellschaft

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Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen von MBOs und LBO ist regelmäßig eine nur mit geringem Eigenkapital ausgestattete Zweckgesellschaft die Darlehensnehmerin. In Anbetracht des bei LBOs und MBOs erforderlichen Finanzvolumens wird das geringe Eigenkapital der Zweckgesellschaft in der Regel auch bei Berücksichtigung des Wertes von Anteilen der Zielgesellschaft ohne zusätzliche Sicherheiten nicht ausreichend sein, eine hinreichende Bonität zu begründen528. Somit wäre ein Darlehen zur Unterstützung des Erwerbs von Aktien durch eine Zweckgesellschaft aus dem geschützten Kapital wegen fehlender Bonität regelmäßig nicht zulässig. b) Sicherungsgeschäfte im Interesse von Aktionären Auch für Sicherungsgeschäfte ist allein die Frage der Bonität des Sicherungsnehmers maßgeblich529. Wie bei Darlehen ist das geschützte Kapital auch dann nicht berührt, wenn lediglich die Bedingungen der Sicherheitenbestellung nicht drittmannskonform sind, also etwa die Sicherheitenbestellung nicht angemessen vergütet wird, da durch Art. 680 Abs. 2 OR nur der nominale Bestand des geschützten Kapitals gesichert wird530. Die Kriterien für die Bestimmung der hinreichenden Bonität des Begünstigten in der Praxis entsprechen dabei denen für die Bestimmung der Bonität beim Darlehen. Wie bei diesem muss bei Leistungen aus dem geschützten Kapital also ein besonders hoher Maßstab an die erforderliche Bonität anzulegen, so dass etwa Sicherheitenbestellungen aus dem geschützten Kapital zugunsten von Zweckgesellschaften regelmäßig unzulässig sein dürften. Maßgeblich für die Beurteilung der Bonität des Begünstigten ist dabei der Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung531, nicht der Zeitpunkt der Verwertung der Sicherheit. Weist der Aktionär, zu dessen Gunsten eine Sicherheit bestellt wird, zu diesem Zeitpunkt eine solche Bonität auf, dass ein neutraler Dritter (etwa eine Bank) diese Sicherheit auch bestellt hätte, ist das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht verletzt. Eine nachträgliche Bonitätsverschlechterung des Begünstigten bis hin zur

und nicht den Aktionären zur Verfügung steht. Ein besonderes rechtspolitisches Bedürfnis für eine großzügigere Beurteilung der Bonität für Darlehen aus dem geschützten Kapital zur Erleichterung der Kapitalallokation besteht nicht, da dieser strenge Maßstab für Darlehen aus dem nicht geschützten Kapital nicht gilt (s. sogleich unten unter § 6 A. III. 2. a)). Zudem schließt eine strenge Bonitätsbeurteilung von Darlehen aus dem geschützten Kapital die Darlehensgewährung nicht gänzlich aus, sofern diese Darlehen etwa besichert werden. 528 So wohl auch Zimmerli, S. 330. Dieser hält aber ohnehin nicht die Bonität für maßgeblich, sondern eine Gesamtbetrachtung von Vorteilen und Kosten für die Zielgesellschaft, die regelmäßig positiv ausfalle. 529 Rusch, S. 140 ff.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 243; Grünenfelder, S. 89. 530 von Büren/Lüthi, S. 86. 531 Rusch, S. 121; Aebi, S. 114; Kägi, S. 263. Ausführlich Grünenfelder, S. 139 ff.

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Beanspruchung der Sicherheit führt nicht nachträglich zu einer verbotenen Einlagenrückgewähr532. Nach einer Ansicht533 soll eine hinreichende Bonität zum Zeitpunkt der Bestellung als Kriterium allein nicht ausreichend sein. Um einen effektiven Schutz des geschützten Kapitals zu gewährleisten, müsste auch der Rückgriffsanspruch im Verwertungsfall volle Bonität aufweisen, was kaum je der Fall wäre534. Daher sei eine Sicherheitenbestellung zulasten des geschützten Kapitals stets unzulässig, unabhängig von der Bonität des Sicherungsnehmers. Dies wird von einer wohl vorherrschenden Ansicht als zu restriktiv abgelehnt535. Würde man jeden denkbaren Verlust an geschütztem Kapital verhindern wollen, müsste man konsequenterweise auch jede Darlehensgewährung aus dem geschützten Kapital untersagen und somit das geschützte Kapital gänzlich von Rechtsgeschäften mit Aktionären ausnehmen, da auch hier die Möglichkeit eines uneinbringlichen Verlustes trotz ursprünglich guter Bonität immer besteht536. Vielmehr besteht somit analog zur Darlehensgewährung aus geschütztem Kapital bei Bestellung eine Pflicht des Verwaltungsrats der Gesellschaft zu sorgfältiger Prüfung der Bonität und später zur laufenden Überwachung der Bonität537. Verschlechtert sich diese, ist der Verwaltungsrat zur Kündigung verpflichet bzw. darf er diese Sicherheit nicht erneut bestellen. In der Bankenpraxis soll es daneben üblich sein, den Umfang des verwertbaren Betrags der Sicherheitenbestellung im Zeitpunkt der Verwertung durch vertragliche 532

Rusch, S. 121. Maßgeblicher Zeitraum für die Bestimmung der Bonität ist stets die Laufzeit des Sicherungsgeschäfts, nach Ablauf der Laufzeit oder bei einer Kündigungsmöglichkeit muss die Bonität erneut überprüft und Bedingungen gegebenenfalls angepasst werden. Nicht erforderlich ist dabei eine Anpassungsklausel, die jederzeitige Anpassung der Bedingungen je nach Bonität ermöglichen, sofern dies nicht verkehrsüblich ist, so aber Aebi, S. 114. Offenbar grundsätzlich eine Auszahlung nach Art. 680 Abs. 2 OR mit der Begründung ablehnend, dass eine Verwertung nicht dem Aktionär, sondern der jeweiligen Bank zugute komme Weibel, S. 164 f. Allerdings offenbar doch von einer Auszahlung bei Bestellung ausgehend Weibel, S. 176. 533 Grünenfelder, S. 89 f. 534 Grünenfelder, S. 89. Gl. M. offenbar Bohrer, S. 230 f. 535 Rusch, S. 141; von Büren/Lüthi, S. 86 f. 536 Zumal die Abgrenzung von Leistungen aus dem geschützten Kapital zu Leistungen aus Reserven im laufenden Geschäftsbetrieb – jedenfalls außerhalb von MBO und LBOs – schwer fallen kann und damit der Rechtsverkehr mit Unsicherheit belastet werden kann. Eine vollständige Ausnahme des geschützten Kapitals von Geschäften mit Aktionären ist allenfalls im Konzern überlegenswert, s. unten unter § 7 A. III. 1. Diese in der Literatur vertretene strenge Auffassung zur Darlehensgewährung aus geschütztem Kapital zwar unabhängig von einer Konzernierung darstellend, aber selbst keine Stellung beziehend Grünenfelder, S. 103 f. Ebenfalls nur im Konzern relevant ist der vom BGer verfolgte Lösungsweg der Bildung einer Reserve analog Art. 659a Abs. 2 OR, s. hierzu unten unter § 7 A. III. 4. 537 Nach weitergehender Auffassung kann eine fehlende Bonität auch bei Sicherungsgeschäften aus dem geschützten Kapital durch die bei LBOs und MBOs regelmäßig gegebenen indirekten Vorteile für die Gesellschaft aufgewogen werden und damit das Sicherungsgeschäft in der Regel zulässig sein, s. Zimmerli, S. 339 f. Dies würde aber praktisch jede Begrenzung von Sicherungsgeschäften verhinden und das Kapitalschutzsystem weitgehend aushebeln.

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Abreden kautelarjuristisch zu begrenzen538 und dabei insbesondere den verwertbaren Betrag im Zeitpunkt der Realisierung der Sicherheitenbestellung auf die frei verfügbaren Reserven zu beschränken. Sinn einer solchen Abrede soll zum einen sein, den guten Glauben der Bank hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Sicherungsvertrags, insbesondere vertretungsrechtlich, zu wahren und zum anderen, möglichen rechtlichen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Frage der Bonität zum Zeitpunkt der Bestellung bzw. der Verwertung zu begegnen. Eine solche Abrede ist rechtlich selbstverständlich zulässig und kann im Einzelfall der Klarstellung und der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten dienen. Allerdings ist damit für die Bank kein erkennbarer rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil verbunden: Ist die Abrede sehr restriktiv fornuliert, so dass das geschützte Kapital faktisch von der Sicherheitenbestellung ausgenommen ist, werden im Zweifel zum Zeitpunkt der Verwertung keine freien Reserven mehr vorhanden und die Sicherungsabrede wirtschaftlich weitgehend wertlos sein539. Ist sie hingegen sehr weit gefasst („nach Umfang des gesetzlich Zulässigen“540) kommt sie einer Leerformel gleich, da zwingende gesetzliche Vorschriften ohnehin gelten. In jedem Fall kann mit einer solchen Erklärung kein guter Glaube der Bank hinsichtlich etwaiger materieller Verletzungen von Ausschüttungsvorschriften begründet werden541. c) Sonstige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Sonstige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, wie beispielsweise Breakfee-Vereinbarungen542, können ebenfalls unter den Tatbestand von Art. 680 Abs. 2 OR fallen. In Übertragung der zu Darlehen und Sicherheiten entwickelten Kriteren verstößt eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung dann gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, wenn mit ihr zumindest bedingt eine Ausschüttung aus dem geschützten Kapital oder Überlassung von Mitteln aus dem geschützten Kapital verbunden ist, deren Rückgewähr aufgrund fehlender Bonität des Empfängers fraglich ist. Im Fall von Break-fee-Vereinbarungen kann eine Ausschüttung aus dem 538

Sogenannte „Swiss limitation language“, s. ausführlich mit Beispiel aus der Praxis Grünenfelder, S. 183 ff. Die „Swiss limitation language“ variiert dabei je nach beteiligter Bank und umfasst häufig auch Vereinbarungen zur Einfügung einer Finanzierungsklausel sowie auch das Erfordernis eines zusätzlichen Berichts der Revisionsstelle oder Zusicherungen zur Einhaltung von Drittbedingungen, s. Grünenfelder, S. 174 ff.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 204 f.; Banz, S. 203 f. Sie soll dabei auch dem Schutz des Verwaltungsrats vor möglichen Ansprüchen aus Verantwortlichkeit gem. Art. 754 Abs. 1 OR dienen, s. Weibel, S. 167 ff. 539 Grünenfelder, S. 184. 540 So der Vorschlag von Grünenfelder, S. 184 f. 541 Da sonst durch Abrede zwischen Bank und Gesellschaft Schutznormen zugunsten Dritter wie Aktionäre und Gläubiger dauerhaft ausgehebelt werden könnten. So könnten sonst nur ausnahmsweise aus Verkehrsschutzgründen gültige, aber nicht von der Vertretungsbefugnis umfasste Rechtsgeschäfte durch Abrede zwischen den Parteien zum Regelfall erklärt werden. A.A. Grünenfelder, S. 185. 542 Zum Begriff siehe oben unter § 2 B. III.

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geschützten Kapital folglich nur dann verneint werden, wenn mit dem break fee eine adäquate Gegenleistung verbunden ist543. Der Anwendungsbereich von Art. 680 Abs. 2 OR ist selbst dann eröffnet, wenn es nach Scheitern der Verhandlungen nie zu einem Erwerb von Aktien durch den Empfänger des break fees kommt, da zum Zeitpunkt der Vereinbarung eines break fees dieser im Hinblick auf die mögliche künftige Aktionärsstellung des Erwerbers erfolgt. Eine solche adäquate Gegenleistung ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn der break fee eine Transaktion absichern oder erleichtern soll, die für die den break fee gewährende Gesellschaft und nicht nur für deren Aktionäre vorteilhaft und wertsteigernd ist544. Dies wird allenfalls bei der Ermöglichung von Synergien durch den Zusammenschluss mit einem industriellen Investor der Fall sein545, nicht jedoch bei einem buyout durch einen Finanzinvestor. In letzterem Fall ist daher von einer Ausschüttung im Sinne des Art. 680 Abs. 2 OR auszugehen. 2. Heilung der verbotenen Einlagenrückgewähr Eine nachträgliche Heilung einer möglichen Einlagenrückgewähr, so dass das Wiederaufleben der Liberierungspflicht entfällt, ist außer durch strukturelle Maßnahmen546 nur im Wege einer Kapitalherabsetzung gemäß Art. 732 ff. OR möglich547. Eine einfache Genehmigung durch die Generalversammlung kan die Einlagenrückgewähr jedenfalls nicht heilen548. Eine solche wäre als Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Kapitalschutzes stets gemäß Art. 706b Ziff. 3 OR nichtig. 3. Rechtsfolgen und Rechtsschutz Rechtsfolge einer unzulässigen Einlagenrückgewähr ist die (Teil-)Nichtigkeit gemäß Art. 20 OR des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts mit dem Aktionär bzw. der ihm nahe stehenden Person und das Wiederaufleben der Liberierungspflicht der begünstigten Aktionäre549. Dabei ist das gegen Art. 680 Abs. 2 OR verstoßende 543

Tannò, S. 300; Schnydrig/Vischer, S. 1200. Wobei in der Praxis die Zahlung eines break fees nur selten das geschützte Kapital tangieren wird, sondern in Anbetracht der üblichen Höhe eines break fees üblicherweise aus den (freien) Reserven erfolgen wird. 544 Schnydrig/Vischer, S. 1200. A.A. mit weiteren Differenzierungen Tannò, S. 300 f. 545 Gl. M. Schnydrig/Vischer, S. 1200. 546 Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 243. Etwa durch Verschmelzung mit der begünstigten Gesellschaft, siehe dazu unten unter § 9 A. I. 547 Böckli, Aktienrecht, § 1 N 322; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 243. 548 Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 196. 549 BGE 109 II 128 (129); BGE 117 II 290 (299 f.); BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 25 f.; von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 31; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 50 N 108 f.; Rusch, S. 146 f.; Grünenfelder, S. 99 ff.; Jagmetti, S. 180; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 202; Banz, S. 199. Die Liberierungspflicht besteht dabei nur für den Aktionär, nicht für eine etwaig begünstigte nahestehende Person (also etwa einer Tochtergesellschaft des Aktionärs), da nur den Aktionär die Einlagepflicht trifft. Gegenüber der begünstigten nahestehenden Person

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Rechtsgeschäft im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auf das zulässige Maß zurückzuführen550. Ausschüttungsbeschlüsse von Generalversammlung und Verwaltungsrat sind ebenfalls (teil-)nichtig gemäß Art. 706b Ziff. 3 OR bzw. Art. 714 OR i.V.m. Art. 706b Ziff. 3 OR551. Sind Begünstigte des gegen Art. 680 Abs. 2 OR verstoßenden Rechtsgeschäfts außenstehende Dritte (also etwa im Falle einer Sicherheitenbestellung unter bestimmten Umständen die finanzierende Bank oder sonstige Nichtaktionäre, die den Aktionären nicht nahestehen), so trifft diese als Nichtaktionäre keine Liberierungspflicht. Ein gegen Art. 680 Abs. 2 OR verstoßendes Rechtsgeschäft ist allerdings (teil-) nichtig, so dass etwa Sicherungsgeschäfte auch von Dritten nur in gültigem Umfang durchsetzbar sind. Umstritten ist, ob aufgrund bestehender Nichtigkeit auch eine unbeschränkte Rückerstattungspflicht des außenstehenden – ggf. auch gutgläubigen – Dritten gemäß Art. 62 ff. OR von bereits Geleistetem besteht552 oder ob eine solche nur insofern besteht, als der außenstehende Dritte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäfts hinsichtlich der Verletzung von Art. 680 Abs. 2 OR bösgläubig war und somit die Grundsätze von Vertretungsmacht und -befugnis auch auf gemäß Art. 680 Abs. 2 OR nichtige Rechtsgeschäfte Anwendung finden553. Teleologisch und rechtspolitisch sprechen die besseren Gründe für eine Beschränkung der Nichtigkeit und Anwendung der Grundsätze von Vertretungsmacht und -befugnis auf gemäß Art. 680 Abs. 2 OR nichtige Rechtsgeschäfte: Neben den begünstigten Aktionären würden auch bösgläubige Dritte – namentlich also die regelmäßig bösgläubigen Banken – zur Liberierung bzw. Rückerstattung verpflichtet sein und somit der Gläubigerschutz hinreichend gewährleistet sein. Zugleich würde aber vermieden, dass gutgläubige außenstehende Dritte von für sie unvorhersehbaren Rückerstat-

bestehen nur zur Liberierungspflicht des Aktionärs konkurrierende bereicherungsrechtliche Ansprüche. Eine Liberierungspflicht der nahestehenden Person ist nur dann ausnahmsweise anzunehmen, wenn der Aktionär objektiv nur zum Zweck der Umgehung der Einlagenrückgewähr gedient hat, wenn also etwa der Aktionär eine vermögenslose Zweckgesellschaft ist. Nach a. M. soll hingegen stets auch die begünstigte nahestehende Person die Liberierungspflicht treffen, s. Jagmetti, S. 181; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 106. Es wäre jedoch zu weitgehend, die aufgrund der mitgliedschaftlichen Bindung bestehende strenge Haftung durch die auflebende Liberierungspflicht auf jeden Begünstigten auszuweiten. Grundsätzlich gegen ein Aufleben der Liberierungspflicht und für ausschließliche Anwendbarkeit von Art. 678 OR hingegen Kägi, S. 404 ff. 550 BGE II 120 35 (40 f.); Grünenfelder, S. 99; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 102 f.; Rusch, S. 148 f. A. M. BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 25, der von einer absoluten (Gesamt-)Nichtigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts ausgeht. 551 Krneta, N 887; von Büren/Lüthi, S. 91; Jagmetti, S. 180; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 202; Banz, S. 199. 552 Aebi, S. 164 ff. 553 Grünenfelder, S. 99; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 244; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 193. Siehe auch Fn. 130 bei von Büren/Lüthi, S. 91. In der Regel wird der gute Glaube der Bank jedoch zu verneinen sein, s. Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 244; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 193.

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tungspflichten betroffen wären554. Eine vergleichbare Diskussion besteht über die Frage, ob eine Verletzung der Transparenzvorschriften bei der Sachübernahme gemäß Art. 628 OR stets Nichtigkeit nach sich ziehen müsse555. Auch dort wird argumentiert, dass die Nichtigkeitsfolge nicht eintreten solle, sofern der Schutzzweck der Norm anderweitig erreicht werden kann556. Um die Reichweite der gravierenden Rechtsfolge der Nichtigkeit einzuschränken, hat der Gesetzgeber bereits 2005 die Übernahme von Vermögenswerten von Dritten aus dem Tatbestand genommen557. Trotz einer nicht ganz einfachen dogmatischen Herleitung558 ist es daher aus rechtspolitischen Gründen vorzugswürdig, die Grundsätze von Vertretungsmacht und -befugnis auch auf gemäß Art. 680 Abs. 2 OR nichtige Rechtsgeschäfte anzuwenden. Aktivlegitimiert für die Geltendmachung der Liberierungspflicht ist die Gesellschaft selbst559. Die etwaige Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts soll nach verbreiteter Ansicht560 von jedermann geltend gemacht werden können, also insbesondere auch von Gläubigern und Minderheitsaktionären. Da nach der hier vertretenen Ansicht die Rechtsfolge der Nichtigkeit modifiziert werden muss und diese nur inter partes zwischen Gesellschaft und begünstigten Aktionären gilt561, ist eine solche Aktivle-

554 Aufgrund der großen Verbreitung der Rechtsform der Aktiengesellschaft ist etwa denkbar, dass Privatleute gutgläubig Sicherungsgeschäfte z. B. mit einer vermögensverwaltenden Aktiengesellschaft zugunsten eines Aktionärs dieser Gesellschaft abschließen. Wäre diese Besicherung bei Verletzung von Art. 680 Abs. 2 OR stets ex tunc nichtig, könnte dies gegenüber Gutgläubigen im Einzelfall zu unbilligen Rechtsfolgen führen. 555 Für eine Nichtigkeit ex tunc in diesen Fällen: BGE 83 II 284 (290) unter Berufung auf BGE 79 II 174 (179); BSK-ORII/Schenker, Art. 628 N 13; Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1641. Differenzierend hingegen Böckli, Aktienrecht, § 1 N 445. Nach dem Entwurf der Vernehmlassung soll die Sachübernahme grundlegend neu geregelt werden, s. Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 22 ff. 556 Böckli, Aktienrecht, § 1 N 445. 557 Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 23. 558 Grundsätzlich ist nach Art. 20 Abs. 1 OR ein Rechtsgeschäft ex tunc, für und gegen jedermann und somit unabhängig vom guten Glauben des Dritten dauerhaft unheilbar nichtig, s. BGE 97 II 108 (115 f.); BGE 111 II 134 (138); BSK-ORI/Huguenin, Art. 19/20 N 53 m.w.N. Nach Sinn und Zweck kann zwar eine Modifikation der Rechtsfolgen der Norm geboten sein, s. BSK-ORI/Huguenin, Art. 19/20 N 54 ff. m.w.N., so dass hier etwa aufgrund der mitgliedschaftlichen Begründung der Norm eine Beschränkung der Nichtigkeitswirkung auf Gesellschaft und Aktionäre zu begründen ist, s. BGE 114 II 329 (334), BSK-ORI/Huguenin, Art. 19/ 20 N 56. Allerdings muss dies analog den Überlegungen in BGE 114 II 329 (334) dann konsequenterweise auch zur Folge haben, dass die Nichtigkeit nur noch inter partes und nicht mehr erga omnes wirkt. Folglich wirkt die Nichtigkeit nur zwischen Gesellschaft und begünstigtem Aktionär und nicht gegenüber Dritten, es sei denn, der Dritte ist bösgläubig. 559 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 26. 560 BSK-ORI/Huguenin, Art. 19/20 N 53; von Büren/Lüthi, S. 88; Binder, S. 46 f.; Binder, S. 50. 561 Siehe hierzu oben unter Fn. 558.

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gitimation auch von Gläubigern und Minderheitsaktionären abzulehnen562. Der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlagepflicht verjährt nach zehn Jahren563. Art. 678 OR ist nach der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre neben einem Wiederaufleben der Liberierungspflicht nach Art. 680 Abs. 2 OR ausdrücklich nicht anwendbar564. Nach anderer Meinung soll hingegen Art. 678 Abs. 2 OR statt einem Wiederaufleben der Liberierungspflicht anwendbar sein565, da sie trotz Unterschieden in den Rechtsfolgen letztlich denselben Sachverhalt regelten und die Differenzierung nach dem betroffenen Kapital praktisch schwierig sei566. Zudem sei das Wiederaufleben der Liberierungspflicht in Art. 680 Abs. 2 OR nicht gesetzlich angeordnet und die Rückerstattungspflicht nach Art. 678 Abs. 2 OR auch in Bezug auf nahe stehende Personen flexibler anwendbar567. Gegen diese Auffassung spricht jedoch die klare Differenzierung des Gesetzeswortlauts zwischen verdeckter Gewinnausschüttung und Einlagenrückgewähr568, die eine Übertragung der Rechtsfolgen nicht zulässt. Bei Verstoß gegen Art. 680 Abs. 2 OR können zudem sowohl der Verwaltungsrat gemäß Art. 754 OR als auch die Revisionsstelle gemäß Art. 755 OR aus Verantwortlichkeit haften. III. Verstoß gegen das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung 1. Verstoß gegen die Vorschriften zur offenen Gewinnausschüttung Nach der hier zugrunde gelegten Definition können Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auch durch einseitige Leistung der Gesellschaft an Aktionäre erfolgen, etwa durch Zahlung eines Geldbetrags. Eine solche offene Gewinnausschüttung muss gemäß Art. 678 Abs. 1 OR zurückerstattet werden, sofern sie ungerechtfertigt ist, d. h. sofern sie gegen die materiellen und formellen Voraussetzungen einer 562 Abgesehen von dogmatischen Gründen bestünde bei einer Aktivlegitimation außenstehender Gruppen die Gefahr der Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs durch entsprechende Klagen. Die Gläubigerinteressen werden zumindest teilweise durch die bestehende Aktivlegitimation der Konkursverwaltung im Konkurs verbunden mit der langen Verjährungsfrist gesichert, Minderheitsaktionären stehen Kontrollrechte wie die Sonderprüfung, Verantwortlichkeits- und ggf. Anfechtungsklage zur Verfügung. 563 BGE 102 II 353 (361); von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 33; Böckli, Aktienrecht, § 1 N 327; Jagmetti, S. 181; Grünenfelder, S. 97. A. M. BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 26, die von Unverjährbarkeit des Anspruchs ausgehen. 564 BGE 109 II 128 (129); Grünenfelder, S. 98 f.; Jagmetti, S. 181; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 77; Meyer, Gläubigerschutz, S. 75. Offen gelassen in Fn. 22 bei Banz, S. 199. 565 Spörri, § 18 N 31 ff.; Kägi, S. 404 ff. Noch zum alten Recht die Anwendung der ungerechtfertigten Bereicherung vertretend Binder, S. 41. 566 Spörri, § 18 N 32. 567 Spörri, § 18 N 34. 568 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 680 N 28.

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ordnungsgemäßen Gewinnausschüttung verstößt. Materiell erfordert eine rechtmäßige Gewinnausschüttung, dass auf der Passivseite der Bilanz ausreichend freie Mittel, bestehend aus den freien Reserven und dem Bilanzgewinn, vorhanden sind. Formell erfordert eine rechtmäßige Ausschüttung eine ordnungsgemäß erstellte Jahresbilanz mit Pflichtzuweisung zur gesetzlichen Reserve nebst Gewinnverwendungsvorschlag des Verwaltungsrats (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 6 OR), eine Prüfung der Jahresbilanz und des Gewinnverwendungsvorschlags durch die Revisionsstelle und rechtzeitige Vorlage eines Revisionsberichts an die Generalversammung (Art. 728a f. OR) und einen Ausschüttungsbeschluss der Generalversammlung auf Grundlage dieses Revisionsberichts (Art. 731 Abs. 1 OR)569. Für die vorliegende Fragestellung sind offen unzulässige Gewinnausschüttungen als Maßnahmen der finanziellen Unterstützung jedoch nur von untergeordneter Relevanz, da Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in der Regel – wie typischerweise bei Darlehen und Sicherungsgeschäften – mit einer Gegenleistungs- oder Rückgewährpflicht verbunden sind und kaum je als einfache Ausschüttung der Gesellschaft erfolgen werden570. 2. Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt gemäß Art. 678 Abs. 2 OR vor, wenn bei einem Austauschgeschäft mit einem Aktionär – auch einem künftigen Aktionär571 –, einem Mitglied des Verwaltungsrats572 oder einer nahe stehenden Person ein offensichtliches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auch im Verhältnis zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft besteht. Als rückerstattungspflichtige 569

Zu den materiellen und formellen Voraussetzungen mit jeweils geringfügigen Unterschieden in den einzelnen Punkten BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 19 f.; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 518 ff.; Spörri, § 7 N 1 ff.; Böckli, Eigenkapitalschutz, S. 5; Dürr, S. 11 ff.; Jagmetti, S. 188; Buchser, S. 280. 570 Bei offener Gewinnausschüttung greift jedoch ohne Weiteres die Rückerstattungspflicht gemäß Art. 678 Abs. 1 OR ein, sofern die Ausschüttung nicht formell und materiell rechtmäßig erfolgte, ohne dass sich besondere Probleme ergeben würden. Relevant sind die Vorschriften zur offenen Gewinnausschüttung wiederum für die Frage der evtl. möglichen nachträglichen Zustimmung der Generalversammlung zu verdeckten Gewinnausschüttungen, siehe unten unter § 6 A. III. 3. 571 Sofern ein Zusammenhang zwischen Leistung und künftiger Aktionärseigenschaft besteht, s. Spörri, § 4 N 78. Dies ist bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung defnitionsgemäß der Fall. Nach einer weiteren Ansicht soll Art. 678 Abs. 2 OR nur auf Aktionäre mit beherrschendem Einfluss anwendbar sein, s. Dürr, S. 116. Diese Einschränkung ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen. 572 Mit der Aktienrechtsrevision sollen auch mit der Geschäftsführung betraute und Mitglieder des Beirats als rückerstattungspflichtige Personenen genannt werden und somit insbesondere faktische Organe rückerstattungspflichtig werden, s. Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 102. Für die geltende Rechtslage ist eine unmittelbare Einbeziehung von faktischen Organen in den Tatbestand abzulehnen, s. BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 6; von der Crone/Mauchle, S. 200.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Empfänger einer verdeckten Gewinnausschüttung kommen neben den im Gesetz genannten Personen insbesondere auch alle mit der ausschüttenden Gesellschaft konzernmäßig verflochtenen Gesellschaften in Betracht, also Tochter-, Mutter- und Schwestergesellschaften573. Auch finanziell mit der Gesellschaft eng verflochtene Gläubiger sollen ausnahmsweise als nahe stehende Personen i.S. von Art. 678 OR gelten können, wenn sie als Hauptgläubiger dominierenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben, um für sich besonders günstige Konditionen zu erlangen574. Dies setzt jedoch einen dominierenden Einfluss auf die Gesellschaft voraus, wie er etwa bei einer die Gesellschaft umfassend finanzierenden Hausbank denkbar ist. Nach anderer Auffassung sollen Gläubiger nie Adressaten einer verdeckten Gewinnausschüttung sein können575, da etwaige Vorteile nur den Darlehensnehmern, nicht aber der den Kredit vergebenden Bank zugute kämen576. Ein solcher Vorteil kann aber im Einzelfall dann den Gläubigern zugute kommen, wenn etwa ein unbesicherter, hochverzinslicher Kredit auf Druck der Gläubiger nachträglich besichert wird und die Verzinsung nicht adäquat angepasst wird. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist eine solche Konstellation jedoch in den typischen Fällen von MBO und LBO wenig wahrscheinlich: Der finanzierenden Bank bzw. den finanzierenden Banken577 steht bzw. stehen in der Regel ein Erwerber oder eine Erwerbergruppe gegenüber, die kontrollierenden Einfluss ausüben und den Einfluss der Gläubiger so begrenzen, dass ein Gläubiger kaum den erforderlichen kontrollierenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann. Ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bei einem Austauschgeschäft liegt vor, wenn der Leistung gar keine oder keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht578. Die Beurteilung der Adäquanz ist ein richterlicher Ermessensentscheid, der nur unter Würdigung sämtlicher Vertragsumstände zu klären ist579. Die Angemessenheit der Gegenleistung ist dabei soweit möglich durch einen objektiven Drittvergleich (dealing at arm’s length bzw. Drittmannstest) zu bestimmen580. Die Gegenleistung ist also vorrangig mit den herrschenden Marktkonditionen für ent-

573

S. 76. 574

BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 8; Rusch, S. 122; Spörri, § 4 N 51 ff.; Grünenfelder,

BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 8. Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 190; Rusch, S. 122; Grünenfelder, S. 76. 576 Rusch, S. 122; Grünenfelder, S. 76. 577 Wegen der bei Akquisitionsfinanzierungen üblichen Konsortialfinanzierung werden ohnehin häufig mehrere finanzierende Banken beteiligt sein. 578 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 14; von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 44; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 553; Spörri, § 11 N 5 ff.; Grünenfelder, S. 72 f. 579 Spörri, § 11 N 12 ff.; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 110; Grünenfelder, S. 115; Rusch, S. 114. 580 Spörri, § 11 N 37 ff.; Jagmetti, S. 190; Rusch, S. 105. Grundsätzlich kritisch zum Drittvergleich bei Darlehen Böckli, Aktienrecht, § 12 N 546. 575

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sprechende Leistungen zu vergleichen581. Ergibt sich in diesem Vergleich eine Differenz, liegt ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vor. Existiert kein Markt für die in Frage stehende Leistung, so sind andere objektive Hilfskriterien für die Beurteilung der Adäquanz der Gegenleistung heranzuziehen582. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist stets der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, bzw. in Ermangelung eines solchen der Zeitpunkt des Beschlusses der Gesellschaft583. Bei Dauerschuldverhältnissen wie beispielsweise Darlehen ist darüber hinaus zum Zeitpunkt einer möglichen Beendigung oder Anpassung (also etwa erstmaligen Kündigungsmöglichkeit oder Möglichkeit der Anpassung bei den Konditionen) eine erneute Prüfung der Angemessenheit vorzunehmen584. Gemäß Art. 678 Abs. 2 OR unterfällt nur ein offensichtliches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung dem Tatbestand. Was unter dem Kriterium der Offensichtlichkeit zu verstehen ist, ist nicht eindeutig. So soll damit kleinliches Nachrechnen verhindert und den Gesellschaften die Ausübung geschäftsmäßigen Ermessens überlassen werden585. Nicht jedes Geschäft, das einem strengen Drittvergleich nicht standhält, soll zugleich eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Vielmehr soll diese erst dann der Fall sein, wenn für das fragliche Geschäft keine vernünftige wirtschaftliche Begründung gegeben ist586 oder die Ungleichwertigkeit des Austauschverhältnisses jedermann ins Auge fallen muss587. Andere Autoren wollen die zu Art. 21 OR entwickelten Kriterien zur Beurteilung der Offensichtlichkeit heranziehen588. Der Zweck des Kriteriums der Offensichtlichkeit ist wohl in der Erleichterung des Geschäftsverkehrs zwischen Aktionären und der Gesellschaft zu sehen. Der Austausch von Leistungen soll keiner überkritischen Prüfung unterzogen werden, die insbesondere in wirtschaftlich als Einheit agierenden verbundenen Unternehmen in der Praxis hinderlich wäre. Offensichtlichkeit wird folglich umso eher gegeben sein, je transparenter und eindeutiger die Marktkonditionen des fraglichen Rechtsgeschäfts sind, da bei diesen die Konditionen für jedermann verhältnismäßig leicht nachvollziehbar, überprüfbar und damit offensichtlich sind und der Aufwand zur genauen Einhaltung der Konditionen den Austausch von Leistungen nicht wesentlich erschwert. Je schwieriger die adäquate Gegenleistung (etwa aufgrund fehlender Vergleichskonditionen) zu ermitteln ist und je größer die mög581

BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 14; Spörri, § 11 N 57 ff.; Dürr, S. 109; Jagmetti, S. 190. 582 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 14. Diese können etwa anerkannte betriebswirtschaftliche Bewertungsgrundsätze sein, s. Spörri, § 11 N 61 ff. 583 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 14; Spörri, § 11 N 74 ff. 584 Spörri, § 11 N 77 ff. 585 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 17; Spörri, § 11 N 80 ff.; Jagmetti, S. 191. 586 BGE 140 III 602 (605 f.); BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 17; Forstmoser/MeierHayoz/Nobel, § 50 N 120. 587 Spörri, § 11 N 83; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 177; Jagmetti, S. 190. 588 von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 46; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 177.

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liche Schwankungsbreite daher ausfällt, desto höhere Ansprüche müssen an die Offensichtlichkeit des Missverhältnisses gestellt werden589. Einer teleologischen Einschränkung muss dieser grundsätzlich großzügige Prüfungsmaßstab bei schwierig zu ermittelnden Marktkonditionen jedoch dann unterliegen, wenn durch das Volumen des fraglichen Rechtsgeschäfts ein als absolute Summe betrachtet hoher Schaden entstehen kann. Bei einem lang laufenden Kedit über den Großteil der liquiden Mittel einer Gesellschaft oder einem Sicherungsgeschäft mit wesentlichen Aktiva der Gesellschaft, wie sie für LBOs und MBOs üblich sind, kann sich beispielsweise auch eine geringfügige Zinsdifferenz oder eine geringfügig zu niedrige Avalprovision zu einer erheblichen Gewinnverschiebung aufsummieren. Daher ist mit zunehmendem Volumen des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts zwischen der Gesellschaft und einem Aktionär der Maßstab zur Prüfung der Offensichtlichkeit strenger zu fassen; der erhöhte Prüfungsaufwand (etwa durch Gutachten Dritter) und die mögliche zeitliche Verzögerung beim Abschluss des Rechtsgeschäfts ist in diesen Fällen angesichts des Volumens der möglichen Gewinnverschiebung zu rechtfertigen. Im Vorentwurf zur geplanten Aktienrechtsrevision sollte zunächst auf das Kriterium der Offensichtlichkeit gänzlich verzichtet werden, nach letztem Stand soll es nun jedoch wohl unverändert beibehalten werden590. Das Kriterium der Offensichtlichkeit scheint jedoch entbehrlich591, da eine übertriebene Genauigkeit bei der Überprüfung von Geschäften bereits durch das grundsätzlich anzuwendende richterliche Ermessen592 verhindert wird. Umgekehrt würde mit einem Verzicht auf dieses Kriterium der Spielraum für unangemessene Entgelte weiter eingeschränkt593 und somit der Minderheitenschutz verbessert. Das Gesetz verlangt ferner in Art. 678 Abs. 2 OR ein Missverhältnis zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft. Nach wohl ganz überwiegender Meinung des Schrifttums594 ist dieses Kriterium dem Wortlaut nach widersinnig, da nicht be589 Somit besteht beispielsweise bei einer abgeschriebenen Maschine, die die Gesellschaft an ihren Aktionär veräußert, wegen der Schwierigkeit der Ermittlung eines exakten Marktpreises ein wesentlich größerer Spielraum als bei Waren und Finanzanlagen, deren Wert täglich an der Börse ermittelt wird. 590 Grünenfelder, S. 75; Meyer, Kapitalschutz, S. 232; Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1664; Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 103 f. 591 A.A. Grünenfelder, S. 75 f. 592 Spörri, § 11 N 12 ff.; Grünenfelder, S. 115. 593 So wird argumentiert, dass trotz erkennbarer Marktunüblichkeit etwa von Darlehenskonditionen wegen des Kriteriums der Offensichtlichkeit nur bei besonders signifikanten Abweichungen ein Verstoß gegen Art. 678 Abs. 2 OR gegeben sei, s. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 198. Eine solche pauschale Erleichterung der Gewinnverschiebung zugunsten einzelner Aktionäre kann jedoch nicht Zweck der Regelung von Art. 678 OR sein, solange dies nicht aus Gründen der Erleichterung des Rechtsverkehrs geboten ist, was bei erkennbarer Marktunüblichkeit nicht mehr der Fall sein wird. 594 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 16; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 556; Spörri, § 12 N 9 ff.; Jagmetti, S. 191; Grünenfelder, S. 74; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 177; Rusch,

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gründbar ist, inwiefern eine verdeckte Ausschüttung bei einer Gesellschaft in wirtschaftlich guter Lage zulässig sein sollte. Entsprechend wird teilweise der gänzliche Verzicht auf dieses Kriterium im Wege einer teleologischen Reduktion gefordert595. Andere Autoren suchen die bestehende Regelung dahingehend auszulegen, dass sie als Hilfskriterium bei der Beurteilung des Missverhältnisses herangezogen werden müsse596 oder dass damit spezielle Konstellationen ausgeschlossen werden sollen, in denen der Schutzzweck der Norm nicht berührt sein soll597. Das BGer möchte dieses Kriterium lediglich hilfsweise zur Auslegung des Ermessensspielraums der Gesellschaft bei der Gestaltung von Konditionen heranziehen598. Im Zuge der Aktienrechtsrevision wird diskutiert, auf das Kriterium des Missverhältnisses gänzlich zu verzichten oder dieses zu modifizieren599. Ein solcher gänzlicher Verzicht mit der Aktienrechtsrevision scheint sinnvoll; eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage würde nur dann Sinn machen, wenn Art. 678 OR allein dem Gläubigerschutz dienen würde und es daher nur auf den Fortbestand und die Solvenz der Gesellschaft und nicht auf die Verteilung der Gewinne ankäme. Art. 678 OR dient aber vorrangig dem Schutz der (Minderheits-)Aktionäre und dient allenfalls indirekt600 zusätzlich dem Gläubigerschutz601. Daher ist eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage widersinnig und sollte abgeschafft werden.

S. 115 f.; Dürr, S. 102. Zustimmend zum Erfordernis dieses Kriteriums nach geltendem Recht aufgrund des eindeutigen Wortlauts hingegen von der Crone/Mauchle, S. 202; von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 49. 595 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 177. 596 In dem Sinne, dass bei wirtschaftlich prekärer Lage das Kriterium der Offensichtlichkeit des Missverhältnisses strenger zu handhaben sei, Böckli, Aktienrecht, § 12 N 557; Grünenfelder, S. 74. Offen gelassen bei Jagmetti, S. 191. 597 So etwa wenn keine Minderheitsaktionäre vorhanden sind, s. BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 16; Rusch, S. 116. In einem solchen Fall besteht aber ohnehin kein Rechtsschutz nach Art. 678 OR, da nach Art. 678 Abs. 3 OR allein (Minderheits-)Aktionäre klageberechtigt sind, die in diesem Fall nicht vorhanden wären, so dass die Auslegung des Tatbestands irrelevant ist. 598 BGE 140 III 602 (608). Warum eine finanzstarke Gesellschaft sich bei der Bemessung von Konditionen gegenüber einzelnen Aktionären großzügiger zeigen dürfen soll als eine finanzschwächere Gesellschaft leuchtet allerdings nicht recht ein. Dies wäre nur dann sinnvoll, wenn das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung allein gläubigerschützenden Zwecken dienen würde; unstreitig dient das Verbot aber jedenfalls auch der Sicherstellung der Gleichbehandlung der Aktionäre durch die Gesellschaft und dem Schutz der (Minderheits-)aktionäre. 599 Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 104. s. auch m.w.N. Grünenfelder, S. 74. Nach früheren Überlegungen sollte im Zuge der AR-Revision nicht mehr auf die „wirtschaftliche Lage“ sondern auf die „Ertragslage“ der Gesellschaft abgestellt werden, s. Meyer, Kapitalschutz, S. 232. 600 Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1663. 601 Zur Diskussion über den möglichen Schutzzweck Gläubigerschutz siehe ausführlich unten unter § 6 A. III. 3.

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a) Darlehen an Aktionäre Zu den für die Angemessenheit eines Darlehens relevanten Konditionen zählen insbesondere die Rückzahlbarkeit des Darlehens (insbesondere die Bonität des Schuldners) und die Bedingungen der Darlehensüberlassung (also insbesondere die Verzinsung)602. Zur Frage der Rückzahlbarkeit zählen insbesondere die Laufzeit des Darlehens, seine Kündbarkeit, die Bonität des Schuldners und die etwaige Besicherung des Darlehens603. Sind sich die Gesellschaft und der Aktionär von vornherein einig, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden soll, so liegt ein fiktives Darlehen vor, das in voller Darlehenshöhe eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt604. Ebenso liegt ein fiktives Darlehen vor, wenn die Bedingungen der Rückzahlbarkeit so stark und offensichtlich von Drittbedingungen abweichen, dass die Rückzahlbarkeit gefährdet ist. Dies ist insbesondere gegeben, wenn das Darlehen trotz fehlender Bonität des Schuldners nicht hinreichend besichert wird605. In diesen Konstellationen ist ebenfalls ein fiktives Darlehen anzunehmen und die gesamte Darlehenssumme als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rückzahlbarkeit ist der Zeitpunkt der Darlehensvergabe bzw. der Zeitpunkt einer erneuten Verlängerung oder Kündigungsmöglichkeit. Im Gegensatz zur Bonitätsbeurteilung bei Leistungen aus dem geschützten Kapital606 sind bei Leistungen aus dem nicht geschützen Kapital – also aus gebundenen und freien Reserven sowie dem Bilanzgewinn – keine besonders hohen Ansprüche an die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung zu stellen; Maßstab für eine hinreichende Bonität ist das im Geschäftsverkehr, insbesondere im Bankengeschäft, Übliche. Eine nachträgliche Veränderung der Bedingungen während der Laufzeit des Darlehens, namentlich eine Verschlechterung der Bonität des Darlehensnehmers, ist daher grundsätzlich unerheblich607. Allerdings folgt aus dem besonders hohen Anforderungen an Darlehen aus dem geschützten Kapital, dass Darlehen aus dem nicht geschützten Kapital, die diese hohen Anforderungen nicht erfüllen, mit angemessen kurzen Laufzeiten oder besonderen Kündigungsrechten ausgestattet sein müssen. Denn anderenfalls bestünde die Gefahr, dass bei Aufzehrung des nicht geschützten Kapitals im weiteren Zeitverlauf dem ausgereichten Darlehen bilanziell schließlich 602 Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232. Mit ausführlichen Hinweisen zu den in der Praxis üblichen Kriterien Blum, Konzerndarlehen, S. 467. 603 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 177 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232; Probst, S. 24 f. 604 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 4 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 198. Die Ausschüttung besteht dabei aus der fiktiven Darlehensvaluta einschließlich des marktüblichen Zinses, s. Grünenfelder, S. 115. 605 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 4 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232. Gleiches soll gelten, wenn die Bonität des Darlehensnehmers nicht näher geprüft wurde und das Darlehen nicht besichert wurde, s. BGE 140 III 533 (544). 606 Siehe hierzu oben unter § 6 A. II. 1. a). 607 Friz, S. 329.

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nur noch geschütztes Kapital gegenüberstünde und somit das Erfordernis der besonders hohen Bonität unterlaufen werden könnte. Zu den Bedingungen der Darlehensüberlassung zählt insbesondere der Darlehenszins. Hier besteht grundsätzlich ein transparenter Markt, so dass anhand von vergleichbaren Darlehenszinsen von Banken für Schuldner mit vergleichbarer Bonität und vergleichbarer Laufzeit ein Drittvergleich regelmäßig durchgeführt werden kann608. Bei einem Zinsvergleich sind grundsätzlich mittelbare und indirekte Vorteile mitzuberücksichtigen609. Bis zu einem gewissen Grad dürfte sich durch eine erhöhte Verzinsung des Darlehens auch eine weniger einwandfreie Bonität des Darlehensnehmers ausgleichen lassen, wie es bankenüblich ist; erst wenn die Bonität so gering ist, dass ein vernünftiger Dritter kein Darlehen ohne zusätzliche Sicherheiten gewährt hätte, kann auch die Höhe der Verzinsung eine fehlende Bonität nicht mehr kompensieren. Fehlt es an verfügbaren Informationen über Marktkonditionen (etwa weil die Bewertung der Bonität des Schuldners im Verhältnis zur ausgereichten Darlehenssumme zu aufwendig ist), möchte ein Teil der Lehre hilfsweise auch die für die steuerrechtliche Beurteilung der verdeckten Gewinnausschüttung publizierten Zinssätze für Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen610 heranziehen611. Der Nachteil der Pauschalierung der Zinssätze soll erforderlichenfalls im Rahmen der richterlichen Ermessensentscheidung berücksichtigt werden, die hier größere Abweichungen tolerieren kann als beim Vergleich mit tatsächlichen Marktkonditionen612. Die publizierten Zinssätze stellen jedoch nur Mindestzinssätze ohne Berücksichtigung von Laufzeit oder Bonität des Darlehensnehmers dar, bei deren Unterschreitung steuerlich eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen wird613. Zweck dieser Zinsgrenzen ist es folglich lediglich, eine zu starke Verlagerung von Gewinnen von einem Steuersubjekt zum anderen zu verhindern, nicht aber einen präzisen Drittvergleich zu ermöglichen. Somit ist zwar bei Unterschreiten 608

Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232. Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232; Jagmetti, S. 190. Zur Frage von mittelbaren Vorteilen im Konzern siehe unten unter § 7 A. III. 3. 610 Diese werden von der Eidgenössischen Steuerverwaltung jährlich per Rundschreiben bekannt gemacht, für 2012 etwa durch Rundschreiben 2 – 093-DV-2012-d vom 21. 02. 2012 „Steuerlich anerkannte Zinssätze 2012 für Vorschüsse oder Darlehen in Schweizer Franken“ sowie durch Rundschreiben 2 – 094-DV-2012-d vom 22. 02. 2012 „Steuerlich anerkannte Zinssätze 2012 für Vorschüsse oder Darlehen in Fremdwährungen“. Für das Jahr 2012 beträgt danach beispielsweise der Mindestzinssatz für Darlehen in Schweizer Franken aus Eigenkapital 1,5 Prozent. 611 Grünenfelder, S. 115. Ähnlich für den Spezialfall des cash pooling Jagmetti, S. 198. Dieser verneint bei Einhaltung der steuerlichen Rahmenbedingungen eine Offensichtlichkeit des Verstoßes. Ablehnend für die Übertragbarkeit jedenfalls bei der Konzerninnenfinanzierung Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232. 612 Grünenfelder, S. 115. 613 Rundschreiben 2 – 093-DV-2012-d vom 21. 02. 2012 „Steuerlich anerkannte Zinssätze 2012 für Vorschüsse oder Darlehen in Schweizer Franken“, S. 1. 609

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dieser Zinssätze wohl von einem offensichtlichen Missverhältnis auszugehen; umgekehrt kann bei Überschreiten dieser Zinshöhe jedoch nicht zwingend angenommen werden, dass gesellschaftsrechtlich keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Denn je nach Bonität des Darlehensnehmers oder der Laufzeit des Darlehens können sehr viel höhere Zinssätze als die pauschalen Mindestzinssätze angemessenen Drittbedingungen entsprechen. Die publizierten Zinssätze können daher allenfalls bei Darlehen mit kurzer bis mittlerer Laufzeit an Darlehensnehmer guter Bonität als grobe Orientierung dienen. In allen übrigen Fällen bleibt es bei einer Ermessensentscheidung im Einzelfall, bei der im Zweifel umfassende Auskünfte über Marktkonditionen erhoben werden müssen. Im Rahmen von LBOs und MBOs werden Darlehen für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung aufgrund der Besonderheiten der Transaktion – Verwendung eines Akquisitionsvehikels, hohe Darlehenssumme im Verhältnis zum Vermögen der Gesellschaft, häufig fehlende Besicherung eines Darlehens – regelmäßig so atypisch sein, dass weder ein Vergleich mit steuerrechtlichen Zinssätzen noch mit der üblichen Verzinsung von Bankkrediten an Unternehmen guter Bonität adäquat sein wird. Regelmäßig wird daher bei LBOs und MBOs die Frage der Angemessenheit der Bedingungen einer Darlehensvergabe wohl durch ein Gutachten unabhängiger Dritter geklärt werden müssen614. Weichen die Bedingungen der Darlehensüberlassung zugunsten des Darlehensnehmers von den so ermittelten Drittbedingungen ab, so ist in der Höhe der Abweichung eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben. Da nach der hier vertretenen Auffassung bei umfangreichen Finanzierungsvolumina das Kriterium der Offensichtlichkeit teleologisch zu reduzieren ist, können sich die Darlehensnehmer im Rahmen von LBOs und MBOs bei der Bestimmung von Marktbedingungen regelmäßig nicht auf fehlende Offensichtlichkeit berufen615. Lediglich bei weniger umfangreichen, kurzlaufenden Darlehen etwa im Rahmen eines cash poolings, die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung darstellen, können zur Erleichterung des cash poolings vereinfachend bankübliche Durchschnittskonditionen auch pauschalierend verwendet werden, ohne dass Leistung und Gegenleistung als offensichtlich in einem Missverhältnis stehend zu qualifizieren wären. b) Sicherungsgeschäfte im Interesse des Aktionärs Für die Bestellung von Sicherheiten und Garantieübernahmen gelten grundsätzlich dieselben Maßstäbe wie für die Vergabe von Darlehen. Sie müssen ebenso wie diese grundsätzlich Drittmannskonditionen entsprechen, d. h. die Bedingungen der Bestellung der Sicherheit müssen zum Zeitpunkt der Bestellung so gestaltet sein,

614 Sofern die Darlehensvergabe nicht ggf. durch konzernrechtliche Regelungen erleichtert wird, siehe zu diesen unten unter § 7 A. III. 2. und 3. 615 A.A. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 198.

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dass ein beliebiger Dritter diese Sicherheiten auch bestellt hätte616. Folglich muss insbesondere entsprechend den Vorgaben beim Darlehen zum Zeitpunkt der Bestellung617 der Sicherheit der Begünstigte – also der Darlehensnehmer, dessen Darlehen besichert wird – eine hinreichende Bonität aufweisen618 und das Sicherungsgeschäft angemessen vergütet werden. Problematisch ist jedoch, dass – anders als bei Darlehen – ein Markt für das Bestellen von Sicherheiten außerhalb des Bankensektors nicht existiert619. Eine Bewertung der Angemessenheit der Bedingungen und der Vergütung der Sicherheitenbestellung müsste daher mangels objektiver Marktpreise jeweils im Einzelfall vorgenommen werden. Dabei müssten die Opportunitätskosten der Gesellschaft für die Blockierung der Liquidität und eine angemessene Entschädigung für das Ausfallrisiko berücksichtigt620 sowie ein angemessener Gewinn für die Gesellschaft eingepreist werden621. Eine solche komplexe Bewertung im Einzelfall könnte jedoch wohl nur durch ein Gutachten erfolgen, dessen Erstellung mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist622. Vereinfachend kann daher für eine Bewertung der Bedingungen der Sicherheitenbestellung ein Vergleich mit banküblichen Bedingungen dienen, soweit dieser möglich ist623. Abgestellt werden kann dabei auf die Verbilligung der Kreditzinsen,

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Neuhaus/Watter, S. 181; Rusch, S. 105. Unter der Voraussetzung, dass der ausgeschüttete Wert der Sicherheit zum Zeitpunkt der Bestellung adäquat bestimmt werden kann, s. Fn. 54 bei Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 205; Aebi, S. 141 ff.; Rusch, S. 129 f. Sofern die Bestimmung einer angemessen Gegenleistung zum Zeitpunkt der Bestellung nicht möglich sein sollte, möchte die Praxis durch einen zweiten Ausschüttungsbeschluss zum Zeitpunkt der Verwertung die Sicherheitenbestellung nachträglich legitimieren, was aber von der Literatur zu Recht ganz überwiegend als unpraktikabel und rechtlich zweifelhaft abgelehnt wird, s. Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 204; Neuhaus/Watter, S. 195 f.; Rusch, S. 127 f. Nach ebenfalls abzulehnender Meinung soll eine Verwertung der Sicherheit stets in voller Höhe eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, s. Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 190. Nach hier vertretener Ansicht ist aber zu trennen zwischen zulässiger und adäquat entgoltener Risikoübernahme bei Sicherheitenbestellung und Eintreten des Verwertungsfalls. Letzter ist ein geschäftliches Risiko, das bereits bei Sicherheitenbestellung eingepreist und damit abgegolten wurde. 618 Siehe zur Bestimmung der Bonität des Begünstigten oben unter § 6 A. II. 1. a). 619 Rusch, S. 105 f.; Tschäni, Risiken, S. 214; von Büren/Lüthi, S. 72; Grünenfelder, S. 118; Weibel, S. 100 ff. 620 Spörri, § 11 N 61 ff.; Neuhaus/Watter, S. 181. 621 von Büren/Lüthi, S. 72 f. 622 Ein solcher Aufwand wäre jedoch bei einer Besicherung einer Akquisitionsfinanzierung beim LBO und MBO – anders als bei gewöhnlichen Finanzierungsgeschäften geringen Umfangs – durchaus zu rechtfertigen. 623 von Büren/Lüthi, S. 72; Rusch, S. 46; Aebi, S. 114. Für grenzüberschreitende Konzerne hat die OECD Richtlinien zur (steuerrechtlichen) Wertermittlung von finanziellen Leistungen erstellt, die aber letztlich auch nur einen Drittvergleich fordern, s. Neuhaus/Watter, S. 185. 617

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

die sich durch die Besicherung für den Begünstigten ergeben624. Für Immobiliarsicherheiten dürfte sich diese Verbilligung relativ leicht und objektiv ermitteln lassen, während Personalsicherheiten der Gesellschaft eine komplexere Bewertung der Bonität der Gesellschaft erfordern. Die Vergütung für bzw. Kreditverbilligung durch eine entsprechende Bankbürgschaft kann für einen Vergleich nur bedingt herangezogen werden, da bei dieser – anders als bei einer Bürgschaft oder Garantie der jeweiligen Gesellschaft – die Werthaltigkeit der Sicherheit unzweifelhaft ist. Entsprechend kann für eine Personalsicherheit der Gesellschaft auch eine geringere Avalprovision als die bankübliche angemessen sein. Entsprechen die Bedingungen einer Sicherheitenbestellung den banküblichen Bedingungen – wird sie also insbesondere mit einer banküblichen Avalprovision entgolten – liegt jedenfalls kein objektives Missverhältnis vor625. Das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit des Missverhältnisses eröffnet bei diesen schwierigen Bewertungsfragen einen zusätzlichen Bewertungsspielraum626. In der Praxis wird die Sicherheitenbestellung aber regelmäßig nicht Drittmannsbedingungen entsprechen, da Sicherheiten zwischen Gesellschaften oder an Aktionäre typischerweise allein deshalb vergeben werden, weil die Gesellschaften konzernrechtlich verbunden sind oder die Vergabe aufgrund der Aktionärsstellung des Empfängers erfolgt627. Die dabei vereinbarten unmittelbaren Gegenleistungen entsprechen in der Regel nicht banküblichen Bedingungen628 ; vielmehr soll die Sicherheitenbestellung durch mittelbare Gegenleistungen kompensiert werden, namentlich durch die Ermöglichung sonstiger mittelbarer Vorteile, insbesondere im Rahmen einer konzernmäßigen Verflechtung629. Dennoch scheinen solche Sicher624 Aebi, S. 114. Zusätzlich müsste auch entsprechend banküblichen Gepflogenheiten das Risiko der Inanspruchnahme eingepreist werden. 625 Der Fall, dass die Opportunitätskosten der Gesellschaft die bankübliche Vergütung übersteigen, bleibt bei dieser vereinfachenden Vorgehensweise außer Betracht, da vorrangig auf den objektiven Wert für Dritte abzustellen ist. Zudem wird eine solche Konstellation, in der die Gesellschaft die Sicherungsmittel dringender benötigt als Dritte und daher für diese einen höheren Wert haben, durch sonstige Normen des Aktienrechts wie etwa die Verantwortlichkeit, die Zweckbindung oder die Gleichbehandlungspflicht normiert. 626 Der allerdings bei umfangreichen LBO-Finanzierungen nach der hier vertretenen Ansicht teleologisch zu reduzieren ist, s. oben unter § 6 A. III. 2. 627 Sogenannte Vergabe societatis causa, s. Rusch, S. 106; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 201 ff. Kritisch zu dieser Kategorisierung Spörri, § 13 N 11 f. s. auch Grünenfelder, S. 118; von Büren/Lüthi, S. 72; Neuhaus/Watter, S. 182. 628 Neuhaus/Watter, S. 176; von Büren/Lüthi, S. 72. 629 Siehe dazu unten unter § 7 A. III. 3. Daneben werden zum Teil auch spezifische indirekte Vorteile aus einem LBO als Gegenleistung für Sicherungsgeschäfte diskutiert, s. Zimmerli, S. 363; Weibel, S. 108 ff. Da sich solche Vorteile kaum konkret bewerten lassen, sind sie als adäquate Gegenleistung jedoch nicht geeignet, s. Weibel, S. 110. Als Alternative wird daher vorgeschlagen, sich bei der Frage der Zulässigkeit von Sicherungsgeschäften ganz von Art. 678 Abs. 2 OR zu lösen und die Zulässigkeit nach einem Solvenztest zu bemessen, also nach der Frage, ob die Sicherheitenbestellung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vertretbar und die Inanspruchnahme unwahrscheinlich ist, s. ausführlich Weibel, S. 135 ff. Ein solcher Sol-

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heitenbestellungen zugunsten von herrschenden Gesellschaften – wohl wegen der praktischen Bewertungsschwierigkeiten – in der Schweiz derzeit noch die Ausnahme zu sein630. c) Sonstige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung In Übertragung der zu Darlehen und Sicherheiten entwickelten Kriteren verstößt eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung folglich allgemein dann gegen das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung, wenn mit ihr zumindest bedingt eine zeitweise Überlassung von Mitteln verbunden ist, die (offensichtlich) nicht angemessen zu Drittmannskonditionen vergütet wird und deren Rückgewähr aufgrund fehlender Bonität des Empfängers fraglich ist. Für Break-fee-Vereinbarungen beispielsweise kann eine verdeckte Ausschüttung folglich nur dann verneint werden, wenn mit dem break fee eine adäquate Gegenleistung verbunden ist631. Eine solche adäquate Gegenleistung wird allenfalls bei der Ermöglichung von Synergien durch den Zusammenschluss mit einem industriellen Investor anzunehmen sein632, nicht jedoch bei einem buyout durch einen Finanzinvestor. 3. Zustimmung zu verdeckten Gewinnausschüttungen Wurde eine Leistung gemäß Art. 678 Abs. 2 OR ungerechtfertigt bewirkt oder soll sie ungerechtfertigt bewirkt werden, so stellt sich die Frage, ob eine solche ungerechtfertigte Leistung außer durch stets mögliche strukturelle Maßnahmen auch durch vorherige oder nachträgliche Zustimmung durch den Verwaltungsrat oder die Generalversammlung legitimiert werden kann. Die Genehmigung einer verdeckten Gewinnausschüttung durch den Verwaltungsrat entfaltet keine rechtliche Wirkung, da die Gewinnausschüttung gemäß Art. 698 Abs. 2 Nr. 4 OR in der ausschließlichen Kompetenz der Generalversammlung liegt633. venztest kann aber die Interessen etwaiger Minderheitsaktionäre nicht wahren und ist daher allenfalls in der vollständig beherrschten Gesellschaft sinnvoll. In dieser bestehen aber bereits durch Einfügen einer Unterwerfungs- und Finanzierungsklausel umfassende Möglichkeiten zur Lösung des Vergütungsproblems, s. unten unter § 7 A. III. 2. Ob durch Einführung eines Solvenztests die Wahrscheinlichkeit umfassender Sicherungsgeschäfte zugunsten des herrschenden Aktionärs, die zu einer Insolvenz der leistenden Gesellschaft führen können, gegenüber der bestehenden Rechtslage gemindert werden kann, ist in Anbetracht der Interessen des herrschenden Aktionärs und der Dehnbarkeit der Kriterien eines Solvenztests überdies eher fraglich. 630 von Büren/Lüthi, S. 69. 631 Tannò, S. 304; Schnydrig/Vischer, S. 1200. 632 Gl. M. Schnydrig/Vischer, S. 1200. Großzügiger bei der Berücksichtigung von Gegenleistungen Tannò, S. 304 f. 633 Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 246.

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Zulässig ist hingegen ein materiell und formell korrekter Gewinnverwendungsbeschluss der Generalversammlung vor Vornahme des fraglichen Rechtsgeschäfts. Stimmt diese folglich einem Darlehen oder einem Sicherungsgeschäft zugunsten eines Aktionärs zu und wird dabei der konkrete Betrag, der sich aus der Differenz zu den Marktbedingungen ergibt, benannt und formell und materiell korrekt als Gewinn ausgeschüttet, ist dies grundsätzlich zulässig und kann die fehlende Angemessenheit der Gegenleistung kompensieren. Ein solcher Gewinnausschüttungsbeschluss zugunsten eines Aktionärs verletzt allerdings das Gleichbehandlungsgebot und kann von den ungleich behandelten Minderheitsaktionären angefochten werden634, so dass diese Option faktisch nur in der vollständig beherrschten Gesellschaft gegeben sein wird. In der Praxis lässt sich ein formell und materiell korrekter Ausschüttungsbeschluss bei der Bestellung von Sicherheiten nur schwer erzielen. Da die objektiven Drittkonditionen, insbesondere eine angemessene Avalprovision, nur schwer feststellbar sind oder in der Praxis – wegen zweifelhafter Bonität des Sicherungsnehmers – ohnehin nicht eingehalten können werden, ist eine Ausschüttung des abweichenden Betrags von den Marktbedingungen regelmäßig nicht möglich. Ein einfacher Zustimmungsbeschluss der Generalversammlung vor oder nach Vornahme des Rechtsgeschäfts allein kann jedenfalls nicht ausreichend sein635. Zwar soll dies ein in der Praxis üblicher Weg sein636, doch kann ein solcher dann wohl als (ggf. bedingter) offener Gewinnausschüttungsbeschluss des gesamten Volumens der Sicherheit zu qualifizierender Beschluss637 nur dann rechtsgültig sein, wenn er die zwingend vorgeschriebenen gesetzlichen Vorgaben beachtet. Das Gesetz lässt eine Ausschüttung jedoch nur auf Grundlage einer Feststellung des ausschüttungsfähigen Kapitals durch einen aktuellen Revisionsbericht zu638. Da die tatsächliche Ausschüttung erst bei Verwertung der Sicherheit zu einem ungewissen späteren Zeit634 Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 196. Siehe zur Verletzung der Gleichbehandlungspflicht allgemein oben unter § 5 A. III. 2. c). 635 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 26; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 204 f.; Rusch, S. 126 f.; Grünenfelder, S. 117; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 189; Handschin, Cashpooling, S. 276; Banz, S. 204. A.A. wohl Blum, Cash Pooling, S. 710. Von einer nachträglichen Heilung und deswegen fehlender Rückforderbarkeit ausgehend Kägi, S. 166. Unklar Jagmetti, S. 193. Zu unterscheiden ist der hier diskutierte Genehmigungsbeschluss von der nach der Rechtsprechung gegebenenfalls aus konzernrechtlichen Gründen erforderlichen Genehmigung der Generalversammlung in Fällen des Interessenkonflikts, siehe hierzu unten unter § 7 A. II. 3. a). 636 Grünenfelder, S. 174 f.; Grünenfelder, S. 181; Blum, Cash Pooling, S. 710; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 204 f. 637 Banz, S. 204; Jagmetti, S. 193. 638 Art. 731 Abs. 1 OR; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 246; Grünenfelder, S. 180 f.; Banz, S. 204; Rusch, S. 164 f.; Neuhaus/Watter, S. 193 f.; Handschin, Cashpooling, S. 276. Liegt dieser zum Zeitpunkt des Beschlusses nicht vor, ist der Beschluss gemäß Art. 731 Abs. 3 OR nichtig. Kleine Gesellschaften mit weniger als zehn Vollzeitstellen können allerdings gemäß Art. 727a Abs. 2 OR auf eine Revision gänzlich verzichten. Diese können gemäß Art. 731 Abs. 1 OR auch ohne Revisionsbericht einen Gewinnausschüttungsbeschluss fassen.

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punkt stattfindet, würde ein solcher Ausschüttungsbeschluss vor dem relevanten Revisionsbericht erfolgen. Ein deswegen bei Sicherheitenbestellung unwirksamer (bedingter) Ausschüttungsbeschluss wird auch kaum durch einen erneuten Ausschüttungsbeschluss im Verwertungsfall zu heilen sein, da zum Zeitpunkt der Verwertung nur im Ausnahmefall noch ausreichend ausschüttungsfähiges Kapital für eine rechtmäßige Gewinnausschüttung vorhanden sein wird639. In der Lehre wird zu dieser Problematik vertreten, dass die gesetzlich vorgeschriebene Chronologie nicht relevant sei, da diese allein dem Schutz der (Minderheits-)Aktionäre diene, nicht aber dem Gläubigerschutz640. Bei Zustimmung aller Aktionäre spräche somit nichts gegen einen Ausschüttungsbeschluss vor Erstellen des relevanten Revisionsberichts. Ob die Reserveschutzvorschriften – und damit auch Art. 678 OR – allein dem Aktionärsschutz dienen, ist allerdings zweifelhaft: So liegt nach geltendem Recht eine verdeckte Gewinnausschüttung nur bei einem Missverhältnis zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft vor, eine Einschränkung, die nur bei einem auch gläubigerschützenden Zweck der Norm Sinn machen würde641. In jedem Fall dient die korrekte Darstellung der Reserven in der Rechnungslegung dem informationellen Gläubigerschutz642. Den Reserveschutzvorschriften insgesamt wird in der Literatur daher auch gläubigerschützende Funktion zugebilligt643. Die Botschaft zur Aktienrechtsrevision sah in Art. 678 Abs. 4 E-OR ausdrücklich ein künftiges Klagerecht der Gläubiger vor, womit zugleich die gläubigerschützende Funktion der Regeln zur Verwendung des ausschüttungsfähigen Kapitals gesetzlich klargestellt worden wäre644. Im Entwurf der Vernehmlassung ist diese Aktivlegitimation der Gläubiger allerdings ohne weitere Begründung wieder entfallen645. Eine teleologische Reduktion der zwingend vorgeschrieben formellen Voraussetzungen eines Gewinnausschüttungsbeschlusses scheidet daher aus, da diese auch dem Gläubigerschutz dienen. Aus diesem Grund ist auch die in der Literatur vorgeschlagene Praxislösung eines bedingten Ausschüttungsbeschlusses unter Einstellung des Sicherheitenvolumens in 639 Tschäni, M&A-Transaktionen 2003,; Rusch, S. 128; Brauchli Rohrer/Hünerwadel, S. 155. 640 Blum, Cash Pooling, S. 710. 641 Ob der Gesetzgeber dies allerdings damit bezweckte, ist zugegebenermaßen unklar, s. oben unter § 6 A. III. 2. 642 Handschin, Cashpooling, S. 277. Dieser wird allein durch die verpflichtende Angabe von Garantien und Sicherheiten im Anhang gemäß Art. 959c Abs. 2 Nr. 8 OR nicht hinreichend gewahrt, da diese Angabe die Bilanzkennzahlen nicht tangiert. Ebenfalls von einer gläubigerschützenden Funktion ausgehend Kägi, S. 167. 643 BGE 117 IV 259 (266 f.); Böckli, Aktienrecht, § 12 N 529; Glanzmann, KonzernKreditfinanzierungen, S. 246; Buchser, S. 280; Handschin, Cashpooling, S. 277. Für eine gläubigerschützende Funktion jedenfalls des Art. 678 Abs. 2 OR von der Crone/Mauchle, S. 200. 644 Unter ausdrücklichem Verweis auf die gläubigerschützende Funktion, s. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR-Revision 2008, S. 317. 645 Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 103 f.

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eine zu bildende statutarische Reserve646 oder durch Umbuchung des Sicherheitenvolumens als Fremdkapital647 abzulehnen: Denn eine statutarische Reserve kann jederzeit wieder von den Aktionären aufgelöst werden648 und kann somit nicht dem Gläubigerschutz dienen649 ; ebenso könnte eine freiwillige Verbuchung als Fremdkapital, sofern sie nach bilanziellen Regeln überhaupt zulässig ist, auf Betreiben von Verwaltungsrat oder beherrschenden Aktionären jederzeit wieder rückgängig gemacht werden650. 4. Rechtsfolgen und Rechtsschutz Erfolgt eine verdeckte Gewinnausschüttung ungerechtfertigt, d. h. unter Verstoß gegen die materiellen und formellen Voraussetzung einer Gewinnausschüttung, und ist der Empfänger bösgläubig, so ist die empfangene Leistung vom Empfänger gemäß Art. 678 Art. 2 OR i.V.m. Art. 678 Art. 1 OR zurückzugewähren. Art. 678 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 OR erfordert für eine Rückerstattungspflicht ausdrücklich Bösgläubigkeit auf Seiten des Empfängers651. Die Diskussion, ob dabei die Bösgläubigkeit652 oder umgekehrt der gute Glaube gemäß Art. 3 Abs. 2 ZGB653 zu vermuten ist, kann dahingestellt bleiben. Denn der Empfänger wird die Gewinnausschüttung regelmäßig veranlasst haben; zudem muss das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ohnehin offensichtlich sein, so dass die Bösgläubigkeit unabhängig von der Vermutung einer Gutgläubigkeit unproblematisch regelmäßig zu bejahen sein wird654. Mit der Aktienrechtsrevision soll das Tatbestandsmerkmal insofern stark eingeschränkt werden, als der Empfänger nur noch bei Nachweis

646 Neuhaus/Watter, S. 195 ff. Zustimmend Zimmerli, S. 360; Kägi, S. 264 f. Ablehnend mit der Begründung, dass dann LBOs regelmäßig unmöglich würden, da eine Reservenbildung aus dem ausschüttbaren Kapital nicht ausreichend sei, um einen solchen zu finanzieren Weibel, S. 131; Weibel, S. 173. 647 Grünenfelder, S. 182 f. 648 Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 50 N 50; Meyer, Gläubigerschutz, S. 74. Um diese Problematik zu lösen, will die Literatur teilweise eine analoge gesetzliche Sperrwirkung sui generis annehmen, s. Kägi, S. 265. Solche weitreichenden Änderungen der Rechtslage könnten aber allenfalls de lege ferenda gefordert werden und nicht aus Analogie gefolgert werden. 649 Ähnlich mit eingehender Diskussion Grünenfelder, S. 191 ff. 650 Als mögliche zwingende Regelung könnte eine solche Verbuchung einer Eventualverbindlichkeit als tatsächliche Verbindlichkeit, die bei Ablauf des Sicherungsgeschäfts wieder erlischt, eine überlegenswerte Lösung sein. 651 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 27; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 554; Forstmoser/ Meier-Hayoz/Nobel, § 50 N 122. Nach a.A. soll es auf den guten Glauben des Begünstigten überhaupt nicht ankommen, s. Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 190. 652 Mit dem Argument, dass die Offensichtlichkeit des Missverhältnisses eine Vermutung der Bösgläubigkeit begründe, s. Böckli, Aktienrecht, § 12 N 554; Rusch, S. 115. 653 von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 50. BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 28. 654 BSK-ORII/Kurer/Kurer, Art. 678 N 27; Jagmetti, S. 195.

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seines guten Glaubens und bei eingetretener Entreicherung nicht mehr zur Rückerstattung verpflichtet sein soll655. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist also der Empfänger der ungerechtfertigten Leistung bösgläubig und zählt er zu den nahe stehenden Personen, ist dieser nicht nur zur Rückerstattung verpflichtet, sondern das der verdeckten Ausschüttung zugrunde liegende Rechtsgeschäft ist (teil-)nichtig gemäß Art. 671 ff. i.V.m. 678 Abs. 2 und 20 OR656. Entsprechende Beschlüsse des Verwaltungsrats sind ebenfalls gemäß Art. 714 OR i.V.m. 706b Ziff. 3 2. Hs. OR nichtig657. Ob darüber hinaus auch außenstehende Dritte, die an einem der verdeckten Gewinnausschüttung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft beteiligt sind, ebenfalls von den Rechtsfolgen des Art. 678 Abs. 2 i.V.m. Art. 678 Abs. 1 OR betroffen sind, ist umstritten658. Derartige Konstellationen sind insbesondere hinsichtlich einer kreditgebenden Bank bei Sicherheitenbestellungen im Interesse eines Aktionärs denkbar. Wie bereits zuvor ausgeführt659, wirkt die (Teil-)Nichtigkeit gemäß Art. 20 OR grundsätzlich nur zwischen den unmittelbar Beteiligten; gegenüber außenstehenden Dritten schlägt die Nichtigkeit nur ausnahmsweise nach vertretungsrechtlichen Grundsätzen durch, wenn der Dritte bezüglich der dadurch gegebenen Beschränkung der Vertretungsbefugnis bösgläubig gewesen sein sollte660. Falls eine Rückerstattungspflicht des Empfängers der verdeckten Gewinnausschüttung besteht, kann dieser von der Gesellschaft sowie von jedem Aktionär gemäß Art. 678 Abs. 3 OR eingeklagt werden, wobei Aktionäre nur auf Leistung an die Gesellschaft klagen können661. Die Rückerstattungspflicht verjährt gemäß Art. 678 655

Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 104. Spörri, § 15 N 68 ff.; Grünenfelder, S. 78; Jagmetti, S. 194; Aebi, S. 162 f.; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 190; Buchser, S. 285 f. 657 Böckli, Aktienrecht, § 16 N 172; Jagmetti, S. 194; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 189; Probst, S. 88 f. A.A. BSK-ORII/Truffer/Dubs, Art. 706b N 16a; von Büren/Lüthi, S. 92; Krneta, N 885. 658 Für eine Anwendbarkeit der Rechtsfolge insbesondere der Nichtigkeit auch bezüglich außenstehender Dritter Aebi, S. 164 ff. Ablehnend mit teils ausführlicher Diskussion etwa Grünenfelder, S. 79 ff.; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 189 ff.; Spörri, § 14 N 10 ff.; Rusch, S. 132; Neuhaus/Watter, S. 197 f.; Buchser, S. 287 f. Weiter differenzierend zwischen Deckungsverhältnis und Sicherheitenbestellungsvertrag, im Ergebnis aber ebenfalls ablehnend von Büren/Lüthi, S. 96. 659 Oben unter § 6 A. II. 3. 660 Was bei einer finanzierenden Bank regelmäßig der Fall sein dürfte und damit das Rechtsgeschäft ohnehin (teil-)nichtig sein dürfte, s. Grünenfelder, S. 81; Buchser, S. 288; Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 190 f. Siehe auch oben unter § 5 A. II. 3. b). 661 Nach der Aktienrechtsrevision sollen künftig gemäß Art. 697j E-OR 2014 Aktionäre, die ein bestimmte Quorum erreichen (drei Prozent bei börsenkotierten, zehn Prozent bei sonstigen Gesellschaften) in der Generalversammlung beantragen können, dass die Gesellschaft Klage auf Rückerstattung erheben muss, wodurch auch das Kostenrisiko bei der Gesellschaft liegen würde, s. Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 115. Lehnt die Generalversammlung dies ab, kann eine Rückerstattungsklage durch die Gesellschaft ggf. gemäß 656

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Abs. 4 OR fünf Jahre nach Empfang der Leistung. Gegenüber außenstehenden Dritten, die nicht guten Glaubens sind, hat die Gesellschaft eine Rückerstattungsanspruch gemäß Art. 62 ff. OR662 hinsichtlich der Leistungen, die trotz (Teil-) Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bewirkt wurden. Daneben können sowohl der Verwaltungsrat gemäß Art. 754 OR als auch die Revisionsstelle gemäß Art. 755 OR aus Verantwortlichkeit für Verstöße gegen Art. 678 Abs. 2 OR haften663. IV. Verstoß gegen die Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien 1. Unmittelbarer Erwerb eigener Aktien gemäß Art. 659 Abs. 1 OR durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Gemäß Art. 659 Abs. 1 OR darf eine Gesellschaft eigene Aktien nur aus frei verwendbarem Eigenkapital erwerben und nur im Umfang von bis zu zehn Prozent des Aktienkapitals. Art. 659 Abs. 1 OR ist jedoch auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach dem Wortlaut der Norm nicht unmittelbar anwendbar664. Denn zu einem unmittelbaren Erwerb von eigenen Aktien durch die Gesellschaft – wie es nach dem Wortlaut von Art. 659 Abs. 1 OR erforderlich wäre – kommt es bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht, sofern der Empfänger der finanziellen Unterstützung und Erwerber der Aktien von der Gesellschaft unabhängig ist (also nicht etwa eine Tochtergesellschaft der die finanzielle Unterstützung gewährenden Gesellschaft im Sinne von Art. 659b Abs. 1 OR oder ein echter Fiduziar der Gesellschaft ohne eigenes Finanzierungsrisiko665), was jedenfalls in den typischen Gestaltungen von LBOs und MBOs der Fall ist. Erwirbt ein von der Gesellschaft unabhängiger Rechtsträger Aktien der Gesellschaft, so erwirbt die Gesellschaft selbst also keine eigenen Aktien, auch wenn sie möglicherweise die Mittel zum Erwerb durch ein Darlehen oder andere Maßnahmen der finanziellen Unterstützung bereitgestellt hat. Eine unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 659 Abs. 1 OR auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung scheidet daher mangels direkten Erwerbsgeschäfts durch die Gesellschaft aus, sofern der Erwerber von der Gesellschaft unabhängig ist.

Art. 697k E-OR von den Aktionären vor Gericht erzwungen werden, s. Schweizerischer Bundesrat, Vernehmlassungsbericht, S. 116 f. 662 Grünenfelder, S. 81. 663 Insofern besteht Anspruchskonkurrenz zwischen der Rückerstattungspflicht und der Haftung aus Verantwortlichkeit, s. BGE 140 III 533 (540); von der Crone/Mauchle, S. 204. Die Frage der konkreten Verantwortlichkeit der Revisionsstelle bei konzerninternen Darlehen hat das BGer bisher offen gelassen, s. BGer 4 A_248 vom 7. Januar 2013, E. 3.2. 664 Für die Unterfälle der Sicherungsgeschäfte bzw. Darlehen Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 206 f.; Rusch, S. 93; Zimmerli, S. 391; Banz, S. 201. Die dort getroffen Aussagen lassen sich für alle Maßnahmen verallgemeinern. 665 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 14.

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2. Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR auf einzelne Gestaltungen mit Bezug zu finanzieller Unterstützung Die generelle Anwendbarkeit der Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung ist unklar und wurde bisher abstrakt kaum diskutiert666. In Rechtsprechung und Lehre werden allerdings verschiedene konkrete rechtliche Gestaltungen unter dem Gesichtspunkt der Umgehung oder analogen Anwendung des Erwerbs eigener Aktien diskutiert, die entweder – wie im Fall von Sicherungsgeschäften zur Erwerbsfinanzierung und im Fall des fiduziarischen Aktienerwerbs – eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung nach der hier zugrunde gelegten Definition darstellen oder – wie im Fall der Inpfandnahme eigener Aktien – Maßnahmen der finanziellen Unterstützung flankieren können. Bevor nachfolgend auf die mögliche generelle Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung eingegangen wird, soll daher zunächst der Stand der Diskussion zu diesen einzelnen Gestaltungen wiedergegeben werden. a) Sicherungsgeschäfte zur Finanzierung des Erwerbs Stimmen im Schrifttum vertreten die Auffassung, dass Sicherungsgeschäfte zur Finanzierung des Erwerbs ein Umgehungsgeschäft zu Art. 659 Abs. 1 OR darstellten und diese daher grundsätzlich den Beschränkungen des Art. 659 OR ff. unterfallen sollten667. Begründet wird dies jeweils mit Sinn und Zweck der Vorschrift der Art. 659 ff. OR, die auch durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung (etwa der Besicherung des Kaufpreises durch die Gesellschaft) verletzt würden668. Die Gegenauffassung669 lehnt eine Erstreckung des Erwerbsverbots auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung (namentlich auf die Interzession im Besonderen) ab, da sie entweder die Anwendbarkeit wegen des Wortlauts verneint oder Sinn und Zweck der Norm gerade nicht verletzt sieht. 666

Die Anwendbarkeit für die konkreten Hauptanwendungsfälle Darlehen und Sicherheitenbestellung diskutierend, aber ablehnend Zimmerli, S. 386 ff. Ebenso für diese Unterfälle der financial assistance eine Anwendbarkeit ablehnend Weibel, S. 188 f. 667 Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 194 f.; Furrer, S. 107 ff. Letzterer geht allerdings trotz Verweises auf das damals bereits bestehende Verbot der financial assistance im englischen Companies Act 1929 (S. 102 aaO) vorwiegend der Frage der Ausdehnung des Erwerbsverbots auf Tochtergesellschaften und echte Fiduziare der Gesellschaft nach, die heute durch Art. 659b OR und die Rechtsprechung eindeutig geklärt ist. An anderer Stelle (S. 124 ff. aaO) diskutiert er einen Fall der finanziellen Unterstützung im deutschen Recht (RG JW 1930, S. 3730 ff.) lediglich unter dem Gesichtspunkt der verbotenen Einlagenrückgewähr. 668 Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 194 f.; Furrer, S. 107 ff. 669 Rusch, S. 99; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 207. Auch für Darlehen zu Erwerbszwecken ablehnend Zimmerli, S. 391 f.; Weibel, S. 188 f. Ablehnend ohne nähere Begründung Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 68 N 68.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

b) Fiduziarischer Aktienerwerb Vor Einführung der Möglichkeit einer bedingten Kapitalerhöhung gemäß Art. 653 ff. OR im Zuge der letzten Aktienrevision wurde zur Schaffung von Vorratsaktien in der Praxis eine Form des fiduziarischen Aktienerwerbs verwendet, die in Teilen Elemente einer Maßnahme der finanziellen Unterstützung aufweist. Bei dieser Form des fiduziarischen Aktienerwerbs wurde von einer Gesellschaft typischerweise670 unter Ausschluss des Bezugsrechts das Kapital erhöht und die so geschaffenen Vorratsaktien wurden von einer Bank zum Nominalwert übernommen. Die Gesellschaft stellte der Bank hierzu eine unverzinste Einlage in Höhe des Liberierungsbetrags zur Verfügung; im Gegenzug verzichtete die Bank obligatorisch auf Dividendenzahlungen und auf die Ausübung des Stimmrechts. Für die Dauer des Treuhandverhältnisses war die unverzinste Einlage der freien Verfügung der Gesellschaft entzogen; bei Übertragung der Vorratsaktien an Dritte (etwa Gläubigern einer Wandelanleihe) reduzierte die Bank die unverzinste Einlage in Höhe des Erlöses und kehrte etwaige Überschüsse an die Gesellschaft aus; war eine Platzierung an Dritte bis zum Ende des Treuhandverhältnisses nicht möglich, garantierte die Gesellschaft die Abnahme der Aktien zum Nominalwert. Umstritten ist, ob diese Konstruktion den Regelungen des Art. 659 ff. OR unterfällt oder nicht. Unstreitig stellt ein echtes Treuhandverhältnis, bei dem der Fiduziar kein eigenes Aktionärsrisiko trägt und sämtliche Verluste aus Kursverlusten und Konkurs der Gesellschaft durch die unverzinste Einlage gedeckt werden, einen Fall des Erwerbs eigener Aktien dar671. Daher wurde für die Schaffung von Vorratsaktien eine rechtliche Konstruktion gewählt, bei der der Bank als Fiduziar im Konkurs der Gesellschaft kein Rückgriffsanspruch auf die unverzinste Einlage zustand; diese musste vielmehr an die Gesellschaft zurückgewährt werden, während der Wert der Vorratsaktien kompensationslos verfiel672. Somit trug der Fiduziar jedenfalls für den Konkursfall ein echtes Aktionärsrisiko. Diese Konstruktion wurde mit diesem Argument von der Rechtsprechung als zulässig und nicht unter Art. 659 ff. OR fallend qualifiziert673. Ein Teil der Lehre674 folgt dieser Auffassung und sieht daher Vorschüsse und Darlehen an Dritte zum Erwerb von (Vorrats-)Aktien unproblematisch nicht als Fall des Erwerbs eigener Aktien an, solange das Aktionärsrisiko im Konkursfall beim Fiduziar liegt675. 670 Zu den nachfolgend dargestellten typischen Gestaltungen s. BGE 117 II 290 ff. (Canes c. Nestlé); Zobl, Vorratsaktien, S. 3; Oertli, S. 264. 671 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 14; von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 75; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 412; Oertli, S. 264. Wohl auch Hünerwadel, S. 42. 672 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 14; Zobl, Vorratsaktien, S. 3; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 412. 673 BGE 117 II 290 (300). 674 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 14; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 412; Zobl, Vorratsaktien, S. 3. 675 So ausdrücklich BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 14.

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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Da die Konstruktion dieses fiduziarischen Aktienerwerbs mit der Einführung der Möglichkeit der Schaffung von bedingtem und genehmigtem Kapital nicht grundsätzlich obsolet wurde676, könnte man in dieser Konstruktion eine nach der Rechtsprechung ausdrücklich zulässige Maßnahme der finanziellen Unterstützung sehen, die bei der Frage der generellen Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung entsprechend berücksichtigt werden müsste677. Die Entscheidung des BGer zur Nichtanwendbarkeit von Art. 659 ff. OR traf jedoch bereits vor Einführung der Art. 653 ff. OR auf Kritik678. Denn in der dem Urteil zugrunde liegenden rechtlichen Konstruktion trägt der Fiduziar nur ein sehr eingeschränktes Aktionärsrisiko: Dem Fiduziar wird obligatorisch zugesichert, dass ihm nach Ablauf des fiduziarischen Verhältnisses die Vorratsaktien zum Nominalwert von der Gesellschaft abgenommen werden bzw. Dritte gefunden werden, die dies tun679. Somit verbleibt dem Fiduziar als einziges Risiko das Konkursrisiko der Gesellschaft, welches aber im entschiedenen Fall als hypothetisch eingestuft werden konnte680. Im entschiedenen Fall bestanden aufgrund des im Verhältnis zum gesamten Aktienkapital geringen Volumens der neu geschaffenenen und beim Fiduziar platzierten Vorratsaktien681 und der einwandfreien Bonität von Fiduziar und Gesellschaft ohnehin keine typischen Gefahren des Erwerbs eigener Aktien. Eine Bejahung der Anwendbarkeit von Art. 659 ff. altOR auf den Sachverhalt hätte zudem an der Zulässigkeit der Vorgehensweise in diesem Einzelfall nichts geändert682. c) Pfandnahme eigener Aktien Eine Pfandnahme eigener Aktien durch die Gesellschaft stellt nicht notwendigerweise eine Maßnahme finanzieller Unterstützung dar, da es bei dieser nicht 676 Böckli, Aktienrecht, § 4 N 412; Hünerwadel, S. 38; Oertli, S. 267. Einzelheiten (Bezugsrechtsausschluss etc.) müssen allerdings heute unter Umständen entsprechend der Art. 653 ff. OR modifiziert werden, s. dazu im Einzelnen die vorstehenden Autoren. Die grundsätzliche Frage der Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR wird dadurch jedoch nicht berührt. 677 In diesem Sinne deutet die Lehre die Rechtsprechung als eine Entscheidung für eine grundsätzliche Zulässigkeit des fiduziarischen Erwerbs mit Mitteln der Gesellschaft unter ausdrücklichem Verweis auf den anders lautenden § 71a Abs. 1 AktG, s. Fn. 42 bei Oertli, S. 267. Ebenso Fn. 9 bei Zobl, Vorratsaktien, S. 3. 678 Hirsch, S. 293; Petitpierre-Sauvain, S. 221; Oertli, S. 267. 679 BGE 117 II 290 (295). 680 Dass wie im entschiedenen Fall ein Unternehmen mit der Bonität der Nestlé S.A. während der Laufzeit des fiduziarischen Verhältnisses in Konkurs fallen könnte wurde zu Recht als „hypothèse bien théorique“ bezeichnet, s. Hirsch, S. 293. Bei einem Akquisitionsvehikel wäre die Konkursgefahr jedoch ungleich größer und keinesfalls nur theoretisch. 681 Es wurden insgesamt Vorratsaktien im Umfang von etwa fünf Prozent des Aktienkapitals geschaffen, s. BGE 117 II 290 (292). 682 Da die Vorgehensweise mangels Risiken für die Gesellschaft keinerlei verantwortlichkeitsrechtliche Folgen nach sich gezogen hätte, s. Hirsch, S. 293 f. Zudem wurden die nach Art. 659 ff. OR relevanten Schwellenwerte wohl nicht überschritten.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

notwendigerweise eine finale Verknüpfung zwischen einem Darlehen der Gesellschaft und dem Erwerb der als Pfand gegebenen Aktien geben muss. Es sind jedoch Gestaltungen denkbar, in denen ein Darlehensnehmer das Darlehen dazu nutzt, Aktien der Gesellschaft zu erwerben und diese zugleich der Gesellschaft als Pfand zur Verfügung zu stellen. Somit kann eine Pfandnahme jedenfalls als flankierende Maßnahme und Begleiterscheinung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung relevant sein. In jedem Fall ist die Pfandnahme eigener Aktien ein klassischer Streitfall zur Umgehung des Erwerbs eigener Aktien, dessen Argumente auch für die Diskussion um Umgehung durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nutzbar gemacht werden kann. Nach Art. 659 Abs. 1 altOR683 war die Pfandnahme eigener Aktien dem Erwerb gleichgestellt. Im geltenden Recht fehlt eine entsprechende Gleichstellung. Nach der Gesetzesbegründung ist de lege lata ausdrücklich davon auszugehen, dass die Pfandnahme eigener Aktien nunmehr unbeschränkt zulässig ist und nicht den Art. 659 ff. OR unterfällt684. Gegen die geltende Rechtslage wendet sich eine Ansicht in der Literatur685. Danach bestehe bei der Pfandnahme eigener Aktien die Gefahr, dass das Darlehen zu günstigeren Konditionen gewährt werde als üblich und die Gesellschaft sich scheue, das Darlehen zu kündigen, aus Sorge, das Pfand verwerten zu müssen. Daher müsse eine Darlehensgewährung bei Pfandnahme aus frei verfügbaren Mitteln der Gesellschaft bewirkt werden und es müsse eine entsprechende Spezialreserve wie beim Erwerb eigener Aktien gebildet werden686. Nach anderer Ansicht ist die geschilderte Problematik als Unterfall der Darlehensgewährung an Aktionäre zu behandeln687. Würden die dort gebotenen Kriterien beachtet, bestünde auch keine gesonderte Gefährdung durch die Pfandnahme, eine Anwendung der Art. 659 ff. OR sei daher nicht erforderlich688. 3. Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung Zur eingehenden Diskussion dieses Streits bedarf zunächst die Frage der Behandlung der Umgehung einer Gesetzesnorm im schweizerischen Recht näherer Betrachtung. 683

BK-Zobl, Art. 899 ZGB N 105 m.w.N. BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 13; BK-Zobl, Art. 899 ZGB N 105; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 348. 685 Oertli, S. 264. 686 Oertli, S. 264. 687 Böckli, Aktienrecht, § 4 N 345 ff. Allerdings nur, sofern es sich um ein Darlehen an Aktionäre handelt, was aber bei der Inpfandnahme fast immer der Fall sein wird. 688 Böckli, Aktienrecht, § 4 N 347. 684

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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a) Die Doktrin von der Gesetzesumgehung Im schweizerischen Recht besteht keine einheitliche Dogmatik zur Gesetzesumgehung689. Nach heute ganz überwiegender Ansicht690 wird möglichen Umgehungsgeschäften durch objektive Auslegung der (vermeintlich) umgangenen Norm begegnet; ergibt die objektive Auslegung der Norm, dass nach ihrem Sinn und Zweck auch das Umgehungsgeschäft erfasst werden soll, welches nach dem Wortlaut nicht der direkten Anwendbarkeit der Norm unterliegt, so ist die Norm auf dieses Umgehungsgeschäft ebenfalls anzuwenden. Bei der Gesetzesauslegung sind also auch verborgene Lücken zu suchen und durch extensive Auslegung der Verbotsnorm oder teleologische Reduktion der Erlaubnisnorm zu schließen691. Eine subjektive Umgehungsabsicht ist nach dieser Auffassung nicht erforderlich. Weiter wird differenziert zwischen einem Weg- und einem Zielverbot der Norm692, welche durch Auslegung zu ermitteln sind. Regelt eine Norm einen bestimmten Weg, ohne die Zielsetzung des Weges als solche zu missbilligen, soll die Wahl eines anderen Weges zur Erreichung des erlaubten Ziels weiterhin zulässig sein. Der Erwerb eigener Aktien umfasst sowohl ein Zielverbot als auch ein Weggebot: Der Erwerb im Umfang von mehr als zehn Prozent des Aktienkapitals oder aus gebundenem Kapital und die damit verbundenen negativen Folgen693 sind als Ziel untersagt, unabhängig von der Form des Erwerbs694. Ist der Erwerb aus freien Mitteln grundsätzlich zulässig, so ist wiederum der Weg des Erwerbs695 genau vorgeschrieben. Nach anderer Auffassung696 wird eine subjektive Umgehungsabsicht verlangt. Eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung müsste nach dieser Auffassung subjektiv nach Absicht der Beteiligten also genau dazu gewährt werden, um das Verbot des Erwerbs eigener Aktien zu umgehen und den Erwerb verbotswidrig zu ermöglichen. Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen, da dadurch objektive Verletzungen von Sinn und Zweck einer Norm zulässig würden, solange sie subjektiv nicht beabsichtigt waren. Normzwecke jedenfalls im Gesellschaftsrecht dienen jedoch – wie auch bei der Regelung des Erwerbs eigener Aktien – objektiven Zielen wie etwa dem Schutz der Gläubiger, deren Sicherstellung unabhängig von den 689

Umfassender Überblick hierzu bei Heeder, S. 76 f. BSK-ORI/Huguenin, Art. 19/20 N 22; SPRII-Deschenaux, S. 157 f.; BK-Merz, Art. 2 N 90 ff.; ZK-Baumann, Art. 2 N 53 f.; ZK-Jäggi/Gauch, Art. 18 N 171. 691 SPRII-Deschenaux, S. 157. 692 BK-Merz, Art. 2 N 90; SPRII-Deschenaux S. 157; ZK-Jäggi/Gauch, Art. 18 N 171, jeweils unter Verweis auf BGE 79 II 79 (83). 693 Zu den Normzwecken von Art. 659 ff. OR s. sogleich unten unter § 6 A. IV. 3. b). 694 Ersichtlich auch aus den expliziten Vorschriften zu einer typischen Umgehungsgestaltung in Art. 659b OR. 695 So hier etwa die Beachtung der Gleichbehandlung der Aktionäre, des Rückkaufs zum Marktpreis und des anschließenden Ruhens der Stimmrechte und der Reservebildung gem. Art. 659a OR. 696 Riemer, S. 367. Übersicht über den Meinungsstand mit detaillierten Nachweisen bei Heeder, S. 199 f. 690

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

subjektiven Absichten der Handelnden gewährleistet werden muss, zumal der Nachweis der subjektiven Absicht der Beteiligten regelmäßig schwerfallen dürfte. Das Erfordernis einer subjektiven Umgehungsabsicht für eine Gesetzesumgehung ist daher abzulehnen. Die Rechtsprechung behandelt die Frage der Umgehung insgesamt uneinheitlich: Während vor allem in älteren Entscheidungen697 eine Umgehungsabsicht verlangt wird, wird in neueren Entscheidungen mitunter auf die objektive Betrachtung abgestellt698, ohne dass ausdrücklich von der subjektiven Betrachtungsweise abgerückt worden wäre. b) Normzwecke der Art. 659 ff. OR Falls die Art. 659 ff. OR auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung als Umgehungsgeschäft des Erwerbs eigener Aktien Anwendung finden sollen, müssten also Maßnahmen der finanziellen Unterstützung den Normzweck von Art. 659 ff. OR objektiv verletzen. Zweck von Art. 659 ff. OR ist es, die Gefahren des Erwerbs eigener Aktien zu begrenzen. Zu diesen zählen insbesondere die Gefährdung des geschützten Kapitals durch den Abfluss liquider Mittel und durch die Verringerung des Eigenkapitals, die Einflussnahme des Verwaltungsrats auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises, die Ungleichbehandlung der Aktionäre und die Beeinflussung des Aktienkurses durch den Verwaltungsrat699. Werden eigene Aktien von der Gesellschaft erworben, besteht die Gefahr eines sogenannten Doppelschadens durch den entstandenen Leverage-Effekt, da sich fallende Aktienkurse der Gesellschaft auch in einer Verringerung des Kurswerts der gehaltenen eigenen Aktien niederschlagen, was zu einem Wertverlust der Aktiva der Gesellschaft führt und weitere Kursabschläge und in der Folge eine Abwärtsspirale auslösen kann700. Zusätzlich verringert sich durch den Kauf eigener Aktien die Liquidität der Gesellschaft, ohne dass dadurch neue Geschäfts- und Gewinnchancen entstehen würden, was potentiell die Bonität des Unternehmens gefährdet. Um diesen Gefahren zu begegnen, ist ein Erwerb eigener Aktien gemäß Art. 659 Abs. 1 OR aus Gründen des Kapitalschutzes nur aus freien Reserven zulässig und nur bis zur Grenze von zehn Prozent des gesamten Aktienkapitals701. 697 698

(262).

BGE 85 II 474 (485); BGE 97 II 201 (208); BGE 104 II 204 (207 f.). BGE 105 Ib 321 (323); BGE 115 II 83 (86); BGE 117 II 290 (296); BGE 125 III 257

699 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Vorbem. zu Art. 659 – 659b N 1 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 196 ff.; Groner, Erwerb eigener Aktien, S. 42 ff. 700 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Vorbem. zu Art. 659 – 659b N 2; Groner, Erwerb eigener Aktien, S. 43 f.; Honsell, S. 562. 701 Abgesehen von Ausnahmefällen wie Art. 659 Abs. 2 OR, der eine kurzzeitige Überschreitung dieser Grenze für den Sonderfall des Abkaufs von Namensaktien durch die Ge-

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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Ein Erwerb eigener Aktien von einzelnen Aktionären verletzt grundsätzlich die Gleichbehandlungspflicht des Verwaltungsrats702. Dementsprechend müssen Aktienrückkäufe grundsätzlich allen Aktionären in gleicher Form angeboten werden und zu Marktpreisen erfolgen; Ausnahmen wie der Abkauf einzelner Aktienpakete von bestimmten Aktionären sind nur ausnahmsweise zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind703. Mit dem Erwerb von eigenen Aktien gelangen auch Stimmrechte unter die Kontrolle des Verwaltungsrats. Damit verschieben sich potentiell die Kontroll- und Einflussmöglichkeiten im rechtlichen Gefüge der Aktiengesellschaft704. Bei Erwerb einer Aktienmehrheit könnte sich der Verwaltungsrat sogar selbst kontrollieren, was die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft nachhaltig stören würde. Deswegen ruhen gemäß Art. 659a Abs. 1 OR sämtliche Rechte aus eigenen Aktien. Schließlich kann durch den Erwerb eigener Aktien der Aktienkurs beeinflusst und manipuliert werden705. Auch diesen Gefahren sollen die Begrenzungen des Art. 659 OR begegnen. c) Verletzung von Normzwecken der Art. 659 ff. OR aa) Durch Sicherungsgeschäfte zu Erwerbszwecken Anders als beim klassischen Erwerb eigener Aktien entweder unmittelbar oder durch eine abhängige Gesellschaft oder einen echten Fiduziar ist bei Sicherungsgeschäften zu Erwerbszwecken keine direkte Gefahr eines Doppelschadens gegeben: Die Aktien werden von einem von der Gesellschaft unabhängigen Dritten erworben, für den die Gesellschaft durch ein Sicherungsgeschäft haftet. Verringert sich der Wert der erworbenen Aktien, berührt dies das Haftungsrisiko für die Gesellschaft grundsätzlich zunächst nicht, da für das Haftungsrisiko die Bonität des Erwerbers ingesamt und nicht der Wert der Aktien allein maßgeblich ist. Eine Auffassung706 sieht daher den Kapitalschutzzweck der Art. 659 ff. OR durch solche Sicherungsgeschäfte nicht verletzt. Solche Sicherungsgeschäfte werden durch das Verbot der Einlagenrückgewähr und der verdeckten Gewinnausschüttung erfasst

sellschaft gemäß Art. 685b Abs. 1 OR bei Übertragungsbeschränkungen zulässt, s. BSK-ORII/ Lenz/von Planta, Art. 659 N 2. 702 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Vorbem. zu Art. 659 – 659b N 4; Groner, Erwerb eigener Aktien, S. 47; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 248. 703 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 7a; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 249; Hofstetter, S. 153. Weitergehende Vorschriften diesbezüglich bestehen für börsenkotierte Gesellschaften, siehe Böckli, Aktienrecht, § 4 N 253; Planta/Iffland, S. 297 ff. 704 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Vorbem. zu Art. 659 N 3; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 202. 705 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Vorbem. zu Art. 659 N 5; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 201. 706 Rusch, S. 95 ff.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 207; Zimmerli, S. 392; Banz, S. 201; Weibel, S. 187 ff. Wohl auch Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 68 N 68.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

und hinreichend begrenzt, insbesondere wenn – wie es in der Praxis üblich sein soll707 – die Höhe des maximal vollstreckbaren Betrags im Verwertungszeitpunkt einer Sicherheit auf die frei ausschüttbaren Mittel begrenzt werden708 ; einer gesonderten Anwendung der Art. 659 ff. OR bedürfe es daher nicht, zumal die prozentualen Begrenzungen des Art. 659 ff. OR nur Ordnungsvorschriften darstellten, die keine Nichtigkeitsfolge nach sich zögen709. Die Gleichstellung von Sicherungsgeschäften zu Erwerbszwecken mit sonstigen Sicherungsgeschäften mit einem Aktionär der Gesellschaft710 ist jedoch wohl nicht gänzlich gerechtfertigt. Diese ist nur solange gerechtfertigt, als der Wert der erworbenen Aktien für die Bonität des Erwerbers nur von untergeordneter Bedeutung ist711. Handelt es sich jedoch beim Erwerber – wie es bei LBOs und MBOs häufig der Fall ist – um ein abgesehen von den erworbenen Aktien weitgehend vermögensloses Akquisitionsvehikel, birgt das Sicherungsgeschäft faktisch dennoch die Gefahr eines Doppelschadens. Denn sinkt der Kurswert der erworbenen Aktien erheblich, verringert sich auch das Vermögen der Akquisitionsgesellschaft, wodurch sich deren Bonität nachhaltig verschlechtert, was wiederum die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Verwertungsfalls erhöht. Tritt der Verwertungsfall ein, sinkt wiederum das Bilanzvermögen der Gesellschaft, was wiederum zu weiterem Kursverfall führt, was einen potentiellen Rückgriffsanspruch der Gesellschaft beeinträchtigt und so zu einer Abwärtsspirale führen kann. Dieser Gefahr eines Doppelschadens kann allein durch das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht hinreichend begegnet werden, da nach Art. 680 Abs. 2 OR Sicherungsgeschäfte gegenüber einem Aktionär auch aus geschütztem Kapital grundsätzlich zulässig sind, sofern seine Bonität, auch unter Berücksichtigung der von ihm gehaltenen eigenen Aktien, bei Bestellung der Sicherheit ausreichend ist712. Die kautelarjuristische Begrenzung durch limitation language auf die frei ausschüttbaren Mittel im Verwertungsfall könnte die Gefahr des Doppelschadens zwar begrenzen, beruht aber auf freiwilliger Vereinbarung zwischen den Vertragparteien und kann daher mit der Schutzwirkung durch zwingende Vorschriften wie die Art. 659 ff. OR nicht gleichgesetzt werden; zudem führte eine Anwendung der Art. 659 ff. OR lediglich dazu, dass die ohnehin typischerweise vereinbarte Beschränkung auf die frei ausschüttbaren Mittel gesetzlich normiert wäre. Denn der Erwerb eigener Aktien aus geschütztem Kapital ist insgesamt untersagt und der zulässige Erwerb aus freien Mitteln zusätzlich auf zehn Prozent des Aktienkapitals 707 Fn. 54 bei Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 205; Grünenfelder, S. 174 f. Zur Problematik solcher limitation language allgemein siehe oben unter § 6 A. II. 1. b). 708 Rusch, S. 99; Rusch, S. 180. 709 Rusch, S. 95 ff.; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 207. 710 Rusch, S. 97 f.; Zimmerli, S. 392; Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 207. 711 Wenn etwa eine Erwerbergesellschaft über umfangreiche Vermögenswerte verfügt und die erworbenen Aktien der Gesellschaft hiervon nur einen kleinen Teil ausmachen. 712 Siehe hierzu oben unter § 6 A. II. 1. b).

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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begrenzt713. Rechtsfolge eines Erwerbs aus geschütztem Kapital ist die Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts im Umfang des Erwerbs aus geschütztem Kapital714, während die prozentuale Begrenzung eine reine Ordnungsvorschrift darstellt715. Somit würde gesetzlich lediglich zwingend geregelt, was durch limitation language regelmäßig ohnehin vereinbart wird716. Zur Sicherstellung des Kapitalschutzzwecks der Art. 659 ff. OR müssen diese folglich auch auf Sicherungsgeschäfte zu Erwerbszwecken als Fälle der Umgehung der Art. 659 ff. OR grundsätzlich Anwendung finden. Unklar und für die Praxis möglicherweise schwierig zu handhaben ist die Frage, aufgrund welcher Kriterien ein Sicherungsgeschäft zugunsten eines Erwerbers bzw. einer Akquisitionsgesellschaft die Gefahr eines Doppelschadens beinhalten könnte. Die Gefahr ist gegeben, wenn die erworbenen Aktien einen wesentlichen Teil der Aktiva des Erwerbers darstellen und ein Wertverfall dieser Aktien die Solvenz des Erwerbers bedrohen würde. Die Bestimmung dieser Risikoschwelle ist von der finanziellen Situation des Erwerbers ingesamt abhängig und lässt sich nur schwer pauschal quantifizeren. Regelmäßig dürfte die Gefahr eines Doppelschadens jedoch bestehen, wenn die Aktien der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit mehr als die Hälfte der Aktiva des Erwerbers ausmachen. Ab dieser Schwelle sollten daher die Art. 659 ff. OR auf das Sicherungsgeschäft stets Anwendung finden717. Die Gleichbehandlungspflicht des Verwaltungsrats beim Erwerb eigener Aktien besteht bereits gemäß Art. 717 Abs. 2 OR in vergleichbarer Form auch bei jeder sonstigen Maßnahme der finanziellen Unterstützung718, so dass durch die Anwendung der Art. 659 ff. OR kein zusätzlich Schutz erzielt würde. Die Gefahr der Störung der internen Kompetenzverteilung durch Einfluss des Verwaltungsrats auf die Zusammensetzung der Generalversammlung und die Ausübung der Stimmrechte durch finanziell unterstützte Erwerber besteht ebenfalls kaum: Durch das Gleich713 Die allerdings ihre kapitalschützende Funktion weitgehend eingebüßt hat, da nunmehr der Aktienerwerb ausschließlich aus freien Reserven und nicht mehr aus dem geschützten Kapital zulässig ist, s. Rusch, S. 97. Immerhin wird damit ein möglicher Eintritt des Doppelschadens hinsichtlich der freien Reserven begrenzt, sofern diese höher als der Kurswert von zehn Prozent der ausstehenden Aktien sind. 714 Im Unterschied zur allgemeinen Begrenzung von Sicherungsgeschäften nach Art. 680 Abs. 2 OR sind diese folglich zur Sicherung des Erwerbs eigener Aktien aus dem geschützten Kapital unabhängig von der Bonitätseinschätzung stets unzulässig. 715 Siehe zu den Rechtsfolgen unten unter § 6 A. IV. 4. 716 Mit Ausnahme der Schwelle von zehn Prozent des Aktienkapitals, die aber als reine Ordnungsvorschrift kaum sanktioniert ist und daher wenig praktische Relevanz hat. 717 Damit sind jedenfalls Akquisitionsgesellschaften im Zuge von LBOs und MBOS regelmäßig erfasst. Konsequenterweise gelten dann die Art. 659 ff. OR auch bei upstreamDarlehen und Interzessionen im Konzern, sofern die Bonität der Muttergesellschaft wesentlich auf dem Wert der Aktien der Gesellschaft beruht. Zu Reformvorschlägen zu diesem in der Praxis unbefriedigenden Ergebnis siehe in der rechtsvergleichenden Diskussion unten unter § 10 A. I. 1. e). 718 Siehe oben unter § 5 A. III. 2. c).

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

behandlungsgebot kann der Verwaltungsrat nur unter engen Voraussetzungen gezielt einzelne Aktionäre finanziell unterstützen; auf die Ausübung der Stimmrechte hat der Verwaltungsrat bei nicht abhängigen Erwerbern ohnehin keinen Einfluss719. Die Gefahr der Kursbeeinflussung und Kursmanipulation720 besteht bei Sicherungsgeschäften zu Erwerbszwecken nicht. Zwar könnte sich die Gesellschaft durch diese Dritten Mittel verschaffen, um Aktien zu erwerben und den Verkehrswert in die Höhe zu treiben. Jedoch ist der Erwerber nicht von der Gesellschaft abhängig, sondern verfolgt eigene Interessen, verhält sich also insofern wie jeder andere Marktteilnehmer. Damit ist eine Kursmanipulation unwahrscheinlich721 und eine Verletzung dieses Normzwecks durch Sicherungsgeschäfte zu Erwerbszwecken nicht ersichtlich. bb) Durch fiduziarischen Aktienerwerb und Pfandnahme Das BGer verneinte eine Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR auf den dem entschiedenen Fall zugrunde liegenden fiduziarischen Aktienerwerb und damit eine Verletzung des Schutzzwecks von Art. 659 ff. OR unter Verweis auf das formale Aktionärsrisiko des Fiduziars im Konkursfall. Das Risiko des Wertverfalls der Aktien lag also beim Fiduziar, wodurch der Kapitalschutzzweck der Art. 659 ff. OR nicht gefährdet war722. Dies setzt allerdings voraus, dass der Fiduziar selbst ausreichend solvent ist, um das Konkursrisiko zu tragen, und dennoch zusätzlich der Gesellschaft die zur Finanzierung des Erwerbs gewährten Mittel zurückgewähren zu können. Denn wenn der Fiduziar keine Bank mit einwandfreier Bonität, sondern ein weitgehend vermögensloses Akquisitionsvehikel wäre, trüge dieses als Fiduziar das Konkursrisiko der Gesellschaft nur juristisch, faktisch läge das Konkursrisiko bei der Gesellschaft. Denn im Konkursfall und wegen des mit diesem einhergehenden Wertverlusts der Aktien und damit der wesentlichen Aktiva des Erwerbers müsste sie die gewährten Mittel ganz oder weitgehend abschreiben und sie bzw. im Konkurs ihre Gläubiger müssten den Verlust wirtschaftlich tragen. Somit besteht auch hier die unmittelbare Gefahr des Eintritts eines Doppelschadens, falls der Fiduziar nicht hinreichend solvent ist, um das Konkursrisiko wirtschaftlich selbst zu tragen. 719

Bei abhängigen Erwerbern ruhen die Stimmrechte gemäß Art. 659b Abs. 1 OR i.V.m. Art. 659a Abs. 1 OR. 720 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Vorbem. zu Art. 659 N 5; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 201. Zum Konzept der Kursmanipulation insgesamt kritisch Groner/Meier, S. 283 ff. Kursbeeinflussung und -pflege im Rahmen des gemäß Art. 659 ff. OR Zulässigen ist bei nicht börsenkotieren Gesellschaften ohnehin erlaubt, s. Oertli, S. 270; Honsell, S. 565. 721 Obgleich ein kollusives Zusammenwirken mit der Gesellschaft zum Zwecke der Kursmanipulation und Schädigung Dritter weiterhin möglich ist. Dies wäre dann aber keine spezifische Gefahrenlage des Erwerbs eigener Aktien mehr und ist durch die allgemeinen Normen des Zivilrechts sowie bei börsenkotierten Gesellschaften zusätzlich durch Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG sanktioniert. 722 Wobei dies nur für den Fall des Konkurses der Gesellschaft galt, da eine obligatorische Rückkaufsvereinbarung das allgemeine Kursrisiko vom Erwerber auf die Gesellschaft verlagerte.

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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Zur Sicherstellung des Kapitalschutzzwecks sollten daher die Art. 659 ff. OR auch auf den so gestalteten fiduziarischen Aktienerwerb als Fall der Umgehung angewendet werden723, sofern der Fiduziar juristisch ein eigenes Aktionärsrisiko trägt, faktisch dieses aber bei der Gesellschaft liegt724. Als Kriterium für die Umgehung kann wiederum das Verhältnis des Werts der gehaltenen Aktien zu den Aktiva des Fiduziars dienen; liegt der Anteil an den Aktiva bei mehr als fünfzig Prozent, ist davon auszugehen, dass der Fiduziar das Risiko wirtschaftlich nicht (vollständig) selbst trägt und daher die Art. 659 ff. OR anwendbar sind. Auch bei der Pfandnahme eigener Aktien, die eine Maßnahme finanzieller Unterstützung wie etwa ein Darlehen zum Erwerb von Aktien flankieren kann, besteht die besondere Gefahr eines für den Erwerb eigener Aktien typischen Doppelschadens, wenn der Darlehensnehmer zahlungsunfähig wird und das Pfand verwertet werden muss. Denn falls die zu Pfand gegebenen Aktien das wesentliche Vermögen des Schuldners darstellten (wie bei einem Akquisitionsvehikel typischerweise), lässt die Uneinbringlichkeit der Forderung auch den Wert der Aktien der Gesellschaft verfallen, so dass die Forderung bei Verwertung der zu Pfand genommen Aktien unter Umständen nur zum Teil realisiert werden kann725. Die Anforderungen an die Darlehensgewährung an Aktionäre bieten hiergegen nur begrenzten Schutz, da sie im Gegensatz zu den Art. 659 ff. OR bei Einhaltung von Drittbedingungen keine quantitative Begrenzung vorsehen726 und eine zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe bestehende Bonität des Darlehensnehmers einem raschen Verfall unterliegen kann, insbesondere wenn sie im Wesentlichen auf dem Wert der Aktien beruht727. Eine unter dem Gesichtspunkt der Umgehung somit an sich gebotene Ausweitung der Art. 659 ff. OR auf die Inpfandnahme scheitert jedoch am eindeutigen Willen des 723 Auf den echten fiduziarischen Erwerb, bei dem alle Risiken bei der Gesellschaft liegen, sind die Art. 659 ff. OR ohnehin nach allgemeiner Meinung anwendbar. 724 Nach a.A. sollen fiduziarisch so gehaltene Aktien stets als eigene Aktien gelten, unabhängig davon, wer das Ausfallrisiko trägt, s. Oertli, S. 267. Weist der Fiduziar jedoch eine gute Bonität auf (wie regelmäßig eine Bank), trägt der Fiduziar tatsächlich auch wirtschaftlich betrachtet das Ausfallrisiko und der Fiduziar ist m. E. als Eigentümer der Aktien auch der tatsächliche Aktionär, der von der Gesellschaft lediglich gegen Kursschwankungen abgesichert ist. 725 Diese Problematik sieht auch Böckli, der aber die allgemeinen Vorschriften für die Darlehensgewährung an Aktionäre für ausreichend hält, s. Böckli, Aktienrecht, § 4 N 346. Umgekehrt besteht auch die erhöhte Gefahr der Uneinbringlichkeit, wenn der Aktienkurs wegen schlechter Geschäftsentwicklung der Gesellschaft verfällt, Dividendenzahlungen ausbleiben und die Aktien das Hauptvermögen des Darlehensnehmers darstellen, wie es beim LBO typisch ist. 726 Mit Ausnahme ggf. des Gebots der Vermeidung von Klumpenrisiken, siehe oben unter § 5 A. III. 2. a) aa), dessen konkrete Reichweite jedoch umstritten ist und lediglich verantwortlichkeitsrechtlich sanktioniert werden kann. 727 Wie es bei Akquisitionsvehikeln typischerweise der Fall ist. Hier kann bereits eine Darlehensgewährung im Umfang von z. B. der Hälfte des Kurswerts der verpfändeten Aktien aufgrund des Doppelschadens zur Uneinbringlichkeit führen, wenn etwa der Kurswert ein Vielfaches des Buchwerts beträgt.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Gesetzgebers728. De lege ferenda ist daher die erneute gesetzliche Erstreckung der Art. 659 ff. OR auch auf die Pfandnahme eigener Aktien wünschenswert. Die Begrenzungen der Darlehensgewährung an Aktionäre trägt den besonderen Gefahren der Pfandnahme nicht in vollem Umfang Rechnung; im Gegenzug belassen die Art. 659 ff. OR im Falle ihrer Anwendbarkeit auch der möglichen Pfandnahme von Aktien einen erheblichen Spielraum, der für die meisten Konstellationen in der Praxis vollkommen ausreichend sein dürfte. cc) Generell durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Die zur Anwendbarkeit der Art. 659 ff. OR auf Sicherungsgeschäfte zu Erwerbszwecken unter dem Gesichtspunkt der Umgehung entwickelte Argumentation lässt sich grundsätzlich auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung übertragen: Immer dann, wenn Maßnahmen der finanziellen Unterstützung an einen Erwerber gewährt werden, dessen Bonität im Wesentlichen vom Wert der von ihm gehaltenen Aktien der Gesellschaft abhängt, ist der Kapitalschutzzweck von Art. 659 Abs. 1 OR gefährdet und sind die Art. 659 ff. OR grundsätzlich anwendbar. Somit dürfen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung an solche Adressaten nur aus dem frei verwendbaren Eigenkapital und nur im Umfang von bis zu zehn Prozent des Aktienkapitals erfolgen. Nicht anwendbar sind die Art. 659 ff. OR folglich lediglich auf die wenig praxisrelevanten Fälle der finanziellen Unterstützung nach der hier verwendeten Definition durch einseitige Leistungen wie etwa Dividendenzahlungen oder Schenkungen, da bei diesen die Bonität des Erwerbers für den Kapitalschutz der Gesellschaft unerheblich ist. Die Art. 659 ff. OR finden zudem nur dann Anwendung, wenn die Gesellschaft bei der Maßnahme finanzieller Unterstützung von der Bedeutung der Aktien für die Bonität des Erwerbers Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, was aber bei LBOs und MBOs regelmäßig der Fall sein wird. Dem steht auch weder der Entscheid des BGer zum fiduziarischen Aktienerwerb noch die gesetzgeberische Entscheidung zur Erlaubnis der Pfandnahme entgegen. Beides sind Einzelfallregelungen, deren zugrundeliegende Erwägungen nicht auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung übertragbar sind. Das BGer hat den fiduziarischen Erwerb ausdrücklich und spezifisch nur für das von der Praxis seinerzeit benötigte Instrument der Vorratsaktien mit den damit verbundenen geringen, eher hypothetischen Gefahren für den Kapitalschutz dogmatisch nicht als Fall des Erwerbs eigener Aktien eingordnet729 ; die Pfandnahme wiederum ist keine Maßnahme der finanziellen Unterstützung, sondern flankiert diese allenfalls, so dass die gesetzgeberische Entscheidung hierzu nicht auf diese übertragbar ist.

728 Der die Anwendbarkeit auf die Pfandnahme eigener Aktien ausdrücklich abgeschafft hat, s. oben unter § 6 A. IV. 2. c). 729 BGE 117 II 290 (300).

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d) Anwendbarkeit der Vorschriften über Form und Durchführung des Erwerbs Ist eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung im Rahmen der Art. 659 ff. OR zulässig, da sie aus freien Mitteln und aus nicht mehr als zehn Prozent des Aktienkapitals erfolgt, stellt sich die Frage, ob und inwiefern diese zulässige Maßnahme den Regeln zur Durchführung des Erwerbs eigener Aktien unterworfen ist. Als bloße Weggebote für eine grundsätzlich erlaubte Zielsetzung (den zulässigen Erwerb eigener Aktien) ist eine Umgehung nach allgemeiner Doktrin grundsätzlich zulässig, solange dadurch nicht das Zielverbot gefährdet wird730. Die Kompetenz für den Erwerb eigener Aktien liegt ebenso wie für die zugrunde liegenden Finanzierungsgeschäfte beim Verwaltungsrat, ein Beschluss der Generalversammlung ist somit nicht erforderlich731. Der Erwerb eigener Aktien muss dem Gleichbehandlungsgrundsatz genügen und zu Marktpreisen erfolgen732. Nach Erwerb müssen gemäß Art. 659a Abs. 1 OR die Stimmrechte ruhen und nach Abs. 659a Abs. 2 OR muss eine Reserve in Höhe des Anschaffungswerts gebildet werden. Unzweifelhaft ist bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ohnehin der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten733 ; auf die Ausübung der Stimmrechte hat der Verwaltungsrat bei nicht abhängigen Erwerbern keinen Einfluss. Auf den Preis der erworbenen Aktien hat die Gesellschaft bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich ebenfalls ohnehin keinen Einfluss734, so dass sich für diese Vorschriften zur Durchführung des Erwerbs eine Anwendbarkeit erübrigt. Ob hingegen in Höhe des Erwerbspreises für die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung eine Reserve entsprechend Art. 659a Abs. 2 OR gebildet werden muss, ist Gegenstand der Diskussion. Sinn dieser Vorschrift ist es, nach Erwerb eigener Aktien durch die Bildung einer Reserve auf der Passivseite der Bilanz in Höhe des Anschaffungspreises der erworbenen Aktien das frei verwendbare Eigenkapital der Gesellschaft zu reduzieren und damit eine Ausschüttung der für eigene Aktien verwendeten Mittel oder einen erneuten Erwerb mit den bereits für den Erwerb von Aktien genutzten Mitteln zu verhindern735. Die Reservenbildung zielt somit präventiv auf die Begrenzung der 730

Siehe hierzu oben unter § 6 A. IV. 3. a). Böckli, Aktienrecht, § 4 N 201; Honsell, S. 563. Siehe zur Kompetenz für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich oben unter § 5 A. I. 1. 732 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 7a m.w.N. Für den Erwerb eigener Aktien durch Publikumsgesellschaften gelten weitere besondere Vorgaben, s. von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 78 ff. 733 Siehe oben unter § 5 A. III. 2. c). 734 Sofern die Erwerbsgesellschaft nicht ausnahmsweise von der Gesellschaft abhängig sein sollte, in welchem Fall gemäß Art. 659b OR die Art. 659 ff. OR direkt anwendbar sind. 735 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659a N 4; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, § 50 N 159; Groner, Erwerb eigener Aktien, S. 382; Groner, Erwerb eigener Aktien, S. 139; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 236; Zindel, S. 576. Nach anderer Ansicht wird eine Reservenbildung 731

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Gefahren des Eintritts eines Doppelschadens ab736. Ohne die Bildung dieser Reserve würde das frei verfügbare Eigenkapital trotz des Erwerbs eigener Aktien bilanziell unverändert bleiben, da der Erwerb eigener Aktien als bloßer Aktiventausch die bilanziellen Kennzahlen zunächst nicht berührt. Ansichten in der Literatur737 lehnen eine Anwendung auf Sicherungsgeschäfte und Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs mit der Begründung ab, dass solche Eventualverbindlichkeiten bereits gemäß Art. 959c Abs. 2 Nr. 8 bzw. 10738 im Anhang zur Bilanz aufgeführt werden müssten und daher eine zusätzliche Reservenbildung unnötig sei. Die Offenlegung im Anhang, die gemäß Art. 959c Abs. 2 Nr. 4 bzw. 5739 für Bestand und Veränderung des Bestands eigener Aktien gilt, erfüllt jedoch nicht denselben Zweck wie die Reservenbildung: Ohne eine entsprechende Reservenbildung bleibt das frei verwendbare Eigenkapital der Gesellschaft unverändert und könnte mehrfach für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verwendet werden740. Eine Reservenbildung auch für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist entsprechend Art. 659a Abs. 2 OR daher grundsätzlich geboten, sofern die Art. 659 ff. OR nach den hier vertretenen Kriterien auf die Maßnahme der finanziellen Unterstützung prinzipiell Anwendung finden. Die Vorschrift ist dabei auch mehr als ein bloßes Weggebot im Sinne der Umgehungsdoktrin, das zulässigerweise umgangen werden kann. Denn die Reservenbildung verändert den Bestand des frei verwendbaren Eigenkapitals und definiert damit die Zulässigkeit des Erwerbs nach Art. 659 Abs. 1 OR. Eine Nichtbeachtung dieser Vorschrift würde somit das eigentliche Zielverbot und den Kapitalschutzzweck gefährden.

grundsätzlich als „übertriebener Schutz“ abgelehnt und ein hinreichender Schutz durch regelmäßige Wertberichtigungen auf die aktivierten eigenen Aktien gesehen, s. Honsell, S. 569. Dies würde aber eben die bilanziellen Kennziffern erst mit Verzögerung nach Eintritt des Kursverlustes verändern. Ohne Kursverluste blieben die Aktien zum Anschaffungspreis aktiviert und würden das freie Kapital nicht senken; würden Verluste eintreten, begänne sich die Abwärtsspirale aufgrund des Rückkopplungseffekts auf den Unternehmenswert bereits zu drehen. Dieser Effekt des Eintritts eines Doppelschadens soll aber gerade vermieden und der Wert der erworbenen Aktien durch Reservenbildung der Disposition der Gesellschaft entzogen werden. 736 s. zu diesem oben unter § 6 A. IV. 3. b). 737 Zimmerli, S. 392. Nach einer weiteren Ansicht soll eine Reservenbildung nicht erforderlich sein, da auch keine eigenen Aktien durch die Gesellschaft erworben worden wären, s. Rusch, S. 98. 738 Vormals in Art. 663b Nr. 1 altOR geregelt. 739 Vormals in Art. 663b Nr. 10 altOR geregelt. 740 Da sich das frei ausschüttbare Eigenkapital durch die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung als bloßer Aktiventausch ohne Reservenbildung allein nicht verändert und bilanziell somit weiterhin zur Verfügung steht. Aus diesem Grund hält das BGer auch eine Sperrung des nicht geschützten Kapitals bei Finanzierungsgeschäften im Konzern allgemein für erforderlich, sofern diese nicht zu Marktkonditonen erfolgen, s. BGE 140 III 533 (545) und erwägt hierfür die Bildung einer Reserve analog Art. 659a Abs. 2 OR, s. BGE 140 III 533 (542 f.). Hierzu s. im Einzelnen unten unter § 7 A. III. 4.

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Im Zuge der Rechnungslegungsrevision sind die Reservevorschriften für eigene Aktien entsprechend der angelsächsischen Praxis dahingehend geändert werden, dass der Anschaffungswert der erworbenen Aktien vom Eigenkapital abgezogen wird und im Gegenzug nicht mehr wie bisher aktiviert wird741. Wesentlicher Vorteil dieser Regelung ist unter anderem, dass Kursschwankungen bei eigenen Aktien nicht mehr in der Bilanz nachvollzogen werden müssen742. Für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung würde dies bedeuten, dass in Höhe der vom Erwerber mit Mitteln der Gesellschaft erworbenen Aktien das Eigenkapital reduziert werden müsste und im Gegenzug die Forderungen gegen den Erwerber in derselben Höhe nicht aktiviert werden dürften. Dies würde jedoch dazu führen, dass Höhe und Bedingungen der Forderungen nicht mehr in der Bilanz erscheinen würden und Wertveränderungen und Abschreibungen auf diese Forderungen nicht mehr vorgenommen werden könnten und somit die Transparenz der Bilanz gemindert wäre. Anders als beim direkten Erwerb eigener Aktien ist dieses bestehende Reservebildungssystem auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung daher nicht sinnvoll anwendbar; es müsste daher für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung bei einem System der Bildung einer Reserve für eigene Aktien und Aktivierung der Forderungen gegen den Erwerber bleiben743. Abweichend von der bisherigen Regelung744 wäre allerdings eine Reduktion der Reserve bei Verkauf von Aktien durch den Erwerber nicht zulässig, es sei denn, dadurch würde der Anteil der Aktien der Gesellschaft an den Aktiva auf unter fünfzig Prozent sinken. Ebenso wären im Einklang mit der neuen Regelung Abschreibungen bei Kursveränderungen der erworbenen Aktien nicht erforderlich. Denn anders als beim direkten Erwerb eigener Aktien verringert sich der Wert der Aktiva der die Unterstützung gewährenden Gesellschaft bei einem möglichen Kursverlust zunächst nicht, solange davon die Bonität des Erwerbers und damit der Wert der Forderungen nicht unmittelbar betroffen ist. Etwaige Wertberichtigungen und Abschreibungen auf Forderungen gegen den Erwerber müssten sich daher nach allgemeinen bilanziellen Grundsätzen richten745.

741 Art. 959a Abs. 2 Nr. 3 e) OR. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1660; Böckli, Aktienrecht, § 8 N 335. Ausführlich Handschin, Eigene Aktien, S. 485 ff. 742 Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR 2007, S. 1660. 743 Für eine ähnliche Abweichung von der neuen Regelung für von einer Tochtergesellschaft gehaltene eigene Aktien der Muttergesellschaft aus teleologischen Überlegungen Handschin, Eigene Aktien, S. 487 ff. 744 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659a N 5 m.w.N.; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 246. 745 Böckli, Aktienrecht, § 8 N 329. Ob bei Abschreibungen wegen Wertverlusten auf der Aktivseite auch die Reserve in gleichem Umfang zu reduzieren ist, war beim regulären Erwerb bisher streitig, s. BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659a N 5 m.w.N. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kommt dieser Streit erst bei Abschreibungen auf die Forderung zum Tragen, da bei bloßen Wertverlusten der Anteile sich der Wert der Forderungen gegen den Erwerber auf der Aktivseite zunächst nicht verändert. Bei etwaigen Abschreibungen auf die Forderungen auf der Aktivseite ist im selben Umfang jedoch auch die Reserve zu reduzieren.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

4. Rechtsfolgen und Rechtsschutz Der reguläre Erwerb eigener Aktien, der aus ungebundenen Mitteln finanziert wird, ist unabhängig von einem Verstoß gegen die prozentuale Begrenzung stets rechtsgültig746. Erwerbsgeschäfte aus gebundenen Mitteln sind hingegen nichtig, wenn Erwerber und Verkäufer wissen oder hätten wissen müssen, dass der Erwerb aus gebundenen Mitteln erfolgt und damit gegen Art. 659 Abs. 1 OR verstößt747. Dabei ist eine Kenntnis auf Seiten des Verkäufers bereits vorauszusetzen, wenn dieser wusste, dass er Aktien von der Gesellschaft erwirbt; denn dann hätte der Verkäufer sich hinsichtlich der Finanzierung aus gebundenen Mitteln aus dem Jahresabschluss der Gesellschaft informieren können und müssen748. Bei börslichem Erwerb hingegen wird der Verkäufer kaum die Möglichkeit haben, sich über die Identität der Gegenseite kundig zu machen, so dass hier keine Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts gegeben ist749. Sofern die Art. 659 ff. OR auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Anwendung finden, führt dies folglich zur Nichtigkeit der Maßnahme, wenn sie aus gebundenem Kapital erfolgte und der Adressat hiervon Kenntnis hatte, was bei LBOs und MBOs regelmäßig der Fall sein wird. Ein Überschreiten der prozentualen Grenze beim Umfang einer Maßnahme der finanziellen Unterstützung, die aus frei verwendbarem Eigenkapital finanziert wird, berührt die Gültigkeit hingegen auch bei Kenntnis des Vertragspartners nicht, da sich diese Schwelle als bloße Ordnungsvorschrift allein an den Verwaltungsrat richtet750. Bei Verstößen gegen die Art. 659 ff. OR können Berechtigte in jedem Fall ihre Ansprüche im Wege der Verantwortlichkeitsklage gemäß Art. 754 OR geltend machen, sofern die übrigen Voraussetzungen der Ansprüche aus der Verantwortlichkeit gegeben sind751.

746 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 11 f.; Planta/Iffland, S. 304; von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 72; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 412. 747 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 12; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 288; Binder, S. 92 ff. Mit Einschränkungen auch Kägi, S. 399 f. Nach anderer Ansicht ist bei außerbörslichen Geschäften stets von Nichtigkeit unabhängig von Kenntnis der Parteien auszugehen, bei börslichem Erwerb jedoch aus Gründen des Verkehrsschutzes eine Nichtigkeitsfolge abzulehnen, s. Groner, Erwerb eigener Aktien, S. 146 ff. 748 Böckli, Aktienrecht, § 4 N 288. 749 Im Ergebnis ebenso Groner, Erwerb eigener Aktien, S. 148. 750 BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659 N 11; BGE 110 II 293 (300); BGE 96 II 18 (22); von der Crone, Aktienrecht, § 9 N 72. Die rechtliche Bindungswirkung entspricht somit dem Gebot der Vermeidung von Klumpenrisiken, das ebenfalls allein den Verwaltungsrat im Innenverhältnis bindet. Verstöße gegen dieses haben nach hier vertretener Ansicht keine Wirkung im Außenverhältnis, siehe oben unter § 5 A. II. 2. a). 751 Hofstetter, S. 139.

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B. Im deutschen Recht I. Überblick über das System des Kapitalschutzes Im deutschen Recht ist der Kapitalschutz einstufig ausgestaltet. Gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs 3 AktG ist das gesamte Vermögen der Aktiengesellschaft einheitlich geschützt, eine verdeckte Ausschüttung von Mitteln ist unabhängig vom jeweils betroffenen bilanziellen Segment grundsätzlich unzulässig. Eine offene Ausschüttung ist nur unter Einhaltung der formellen und materiellen Voraussetzungen gemäß §§ 172 ff. i.V.m. § 58 AktG zulässig. Flankiert wird das Verbot der Einlagenrückgewähr von einem grundsätzlichen und umfassenden Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs gemäß § 71a Abs. 1 AktG und einer Regelung zum Erwerb eigener Aktien gemäß §§ 71 ff. AktG, die den Erwerb nur aus ausschüttungsfähigen Mitteln zulässt. Im verbundenen Unternehmen werden die Normen des Kapitalschutzes allerdings durch konzernrechtliche Eingriffsnormen im faktischen Konzern (§ 311 ff. AktG) bzw. Vertragskonzern (§ 291 ff. AktG) umfassend modifiziert752. II. Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG) 1. Der Tatbestand der Einlagenrückgewähr § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG verbietet jede Leistung der Aktiengesellschaft, die an einen oder mehrere Aktionäre erbracht wird, wenn sie nicht aus dem Bilanzgewinn erfolgt (§ 57 Abs. 3 AktG) oder ausnahmsweise gesetzlich zugelassen ist753. Anders als die Bezeichnung Einlagenrückgewähr und der Wortlaut von § 57 Abs. 1 S. 1 AktG vermuten lassen, ist dabei das Vermögen der Aktiengesellschaft insgesamt und einheitlich geschützt, nicht nur das Grundkapital754. Dem Wortlaut nach findet § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG zwar nur auf Leistungen an Aktionäre Anwendung. Dass eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG auf Leistungen an Aktionäre nicht ausreichend ist, liegt auf der Hand: Es wäre sonst ein Leichtes, durch das Zwischenschalten eines Dritten oder zeitliche Verlagerungen der Leistung § 57 Abs. 1 752

Hierzu unten unter § 7 B. Allg. M., s. Hüffer-AktG, § 57 Rn. 2; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 16; MünchKommAktG/Bayer, § 57 Rn. 7; Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 9; Holzner, S. 229. 754 Hüffer-AktG, § 57 Rn. 2; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 10 f. Kritisch wegen Wortlauts und Systematik hinsichtlich der einheitlichen Vermögensbindung Fridrich, S. 92 ff. Offenbar ebenfalls ein unterschiedliches Schutzniveau von freien und geschütztem Kapital annehmend Eidenmüller, Private Equity, S. 664. Nach a.A. ist das Grundkapital und die Rücklagen übersteigendes Vermögen nicht zum Gläubigerschutz gebunden, s. Henze, Konzernfinanzierung, S. 721; Henze, Vermögensbindungsprinzip, S. 120 f. 753

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

S. 1 und Abs. 3 AktG zu umgehen755. Leistungen an Dritte, die etwa einem Aktionär nahe stehen oder mit diesem verbunden sind, sind daher nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise ebenso dem Aktionär zuzurechnen und unterfallen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG wie Leistungen an Dritte, mit denen eine Verbindlichkeit des Aktionärs erfüllt wird oder mit denen dieser mittelbar begünstigt wird756. Ebenso herrscht Einigkeit darüber, dass auch frühere oder künftige Aktionäre dem Schutzbereich des § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG unterfallen757, sofern ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Leistung und der Aktionärsstellung besteht758, wobei dieser Zusammenhang vermutet wird759. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wird dieser enge zeitliche und sachliche Zusammenhang wegen des notwendigen finalen Zusammenhangs zwischen der Maßnahme der finanziellen Unterstützung und dem Erwerb von Anteilen jedoch ohnehin regelmäßig gegeben sein, so dass der Streit über die Reichweite dieser Vermutungsregel760 hier dahingestellt bleiben kann. Der Begriff der Leistung ist sehr weit auszulegen und umfasst jede von Aktionären veranlasste Verschiebung positiven und Verlagerung negativen Vermögens761. Neben der offenen Verschiebung von Gesellschaftsvermögen (etwa durch Ausschüttung von liquiden Mitteln ohne Dividendenbeschluss) ist insbesondere die verdeckte Verschiebung von Gesellschaftsvermögen (auch als verdeckte Gewinnausschüttung bezeichnet) einschlägig762. Diese setzt bei Geschäften mit Aktionären ein objektives Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung voraus763. Ein subjektives Tatbestandsmerkmal, dass die Vermögensverschiebung gerade wegen der Aktionärseigenschaft (causa societatis) erfolgte, ist nach überwiegender Meinung richtiger-

755 KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 118; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 56; Fridrich, S. 117 ff. 756 OLG Hamburg AG 1980, 275 (278); Hüffer-AktG, § 57 Rn. 14; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 123 ff.; Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 31; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 54 ff. Wesentliches Kriterium ist dabei die Veranlassung der Leistung durch den Aktionär an den Dritten. 757 Hüffer-AktG, § 57 Rn. 14; Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 33; OLG Hamburg AG 1980, 275 (278). 758 Hüffer-AktG, § 57 Rn. 14; Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 33; KK-AktG/ Drygala, § 57 Rn. 119. Ein enger zeitlicher Zusammenhang soll etwa nach Überschreiten von drei Jahren nicht mehr gegeben sein, s. BGHZ 132, 141 (146). 759 BGH ZIP 2008, 118; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 119; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 57. 760 Zu diesem KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 119; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 57. 761 OLG Koblenz AG 2007, 408 (409); Hüffer-AktG, § 57 Rn. 2; MünchKomm-AktG/ Bayer, § 57 Rn. 7; Fridrich, S. 139. 762 Hüffer-AktG, § 57 Rn. 7; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 30; Schmidt/LutterAktG/Fleischer, § 57 Rn. 11. 763 Hüffer-AktG, § 57 Rn. 8; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 37; Schmidt/LutterAktG/Fleischer, § 57 Rn. 12.

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weise nicht erforderlich764. Die konkrete Bestimmung des objektiven Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung bei Geschäften mit Aktionären, insbesondere bei Darlehen und Sicherheitenbestellungen, war in Rechtsprechung und Lehre überaus umstritten. Mit Einfügung des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG durch das MoMiG hat der Gesetzgeber zwar bestehende Streitfragen abschließend geklärt, zugleich aber neue Streitfragen aufgeworfen. a) Darlehen an Aktionäre aa) Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG Vor Inkrafttreten des MoMiG war für die Frage des Missverhältnisses nach überwiegender Ansicht die Leistung einem umfassenden Drittvergleich zu unterziehen. Ein Darlehen war also nur zulässig, wenn ein vergleichbares Darlehen von der Gesellschaft auch einem Dritten zu gleichen Bedingungen gewährt worden wäre. Es musste also marktgerecht verzinst sein und der Darlehensnehmer musste eine ausreichende Bonität aufweisen, was in der Regel nur bei einer banküblichen Besicherung anzunehmen war765. In einer als „November-Urteil“ bekanntgewordenen Entscheidung des BGH vom 24. 11. 2003766 zum Recht der Kapitalerhaltung in der GmbH, dessen Grundsätze auch auf den Kapitalschutz in der Aktiengesellschaft übertragbar waren767, wurden die Kriterien für eine Darlehensvergabe einer GmbH an ihre Gesellschafter erheblich verschärft768. Die im Hinblick auf die Aktiengesellschaft geltende herrschende strenge Ansicht, die in der Regel nur besicherte Darlehen an Aktionäre zulassen wollte, wurde mit diesem Urteil von der Rechtsprechung indirekt bestätigt und es wurde zusätzlich verlangt, dass die Darlehensvergabe „im Interesse der Gesellschaft“ erfolgen müsse.

764 BGHZ 121, 31 (41 f.); OLG Koblenz AG 2007, 408 (409 f.); MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 45; Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 20 (mit Ausnahmen); Hüffer-AktG, § 57 Rn. 10 f.; A.A. noch RGZ 146, 84 (92). Vermittelnd KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 89 ff.; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 27 f. im Sinne einer widerlegbaren Vermutung. 765 GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 49; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 43; MünchKommAktG/Bayer, § 57 Rn. 100 ff.; Habersack/Schürnbrand, S. 690. Nach anderer Ansicht sollte eine Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs auch ohne Besicherung genügen, s. Cahn, Kapitalerhaltung, S. 246 ff.; Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 891. 766 BGHZ 157, 72 („November-Urteil“). 767 MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 100; Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 12; Habersack/Schürnbrand, S. 690. 768 Eine Darlehensvergabe sollte danach nur noch zulässig sein, wenn sie im Interesse der Gesellschaft liegt, die Darlehensbedingungen einem Drittvergleich standhalten und die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft selbst bei Auslegung strengster Maßstäbe außerhalb jeden Zweifels steht und die Rückzahlung durch werthaltige Sicherheiten voll gewährleistet ist, s. BGHZ 157, 72 (75 ff.).

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

bb) Rechtslage nach Inkrafttreten des MoMiG Da mit dem „November-Urteil“ das – wirtschaftlich erwünschte – cash pooling unter Einbeziehung einer GmbH faktisch nahezu unmöglich wurde, sah sich der Gesetzgeber gezwungen, die entsprechenden Vorschriften im GmbH-Recht durch das MoMiG zu ändern und damit die Rechtsprechung zu korrigieren769. Um einen Gleichlauf von GmbH-Recht und Aktienrecht in dieser Frage zu erreichen770 wurden die Lockerungen des Kapitalschutzes bei der GmbH auf das Aktienrecht übertragen. Der durch das MoMiG neu eingefügte § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG legt daher nunmehr fest, dass Leistungen an Aktionäre keine Einlagenrückgewähr darstellen, sofern sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt sind. Damit wird die Zulässigkeit der Darlehensvergabe in Abkehr von der bisher im Aktienrecht herrschenden Ansicht im Wesentlichen nach bilanziellen Maßstäben beurteilt771. Bei Eingehung des Verpflichtungsgeschäfts muss der Vorstand der leistenden Gesellschaft aus der Sicht ex ante bewerten, ob die Einbringlichkeit des Rückgewähranspruchs unter Berücksichtigung der Bonität und des individuellen Kreditrisikos des Aktionärs nach bilanziellen Maßstäben zweifelhaft ist oder nicht772. Eine Besicherung der Darlehensforderung ist somit prinzipiell nicht erforderlich, solange die Rückzahlung aus der Sicht ex ante nicht gefährdet erscheint773. Ist die Realisierbarkeit bereits bei Eingehung des Verpflichtungsgeschäfts fraglich, so fehlt es an der Vollwertigkeit und die Darlehensgewährung ist als Einlagenrückgewähr unzulässig. Nach Eingehung des Verpflichtungsgeschäfts ist der Vorstand zudem im Rahmen seiner Pflichten gemäß §§ 76, 93 AktG verpflichtet, die Bonität des Schuldners zu überwachen und bei Verschlechterungen der Bonität durch Anpassung der Bedingungen, Kündigung oder Verlangen von Sicherheiten die Realisierbarkeit der Rückgewährforderung zu gewährleisten774. Wie die Vollwertigkeit der Rückgewährforderung in der Praxis zu bestimmen ist, lässt der Gesetzgeber offen. Zwar kann man anhand der Gesetzesmaterialien und der Äußerungen des BGH davon ausgehen, dass danach eine Vollwertigkeit entfällt, wenn nach § 253 HGB eine Einzelwertberichtigung für die Forderung erforderlich

769 Zum MoMiG und seinen Hintergründen s. etwa MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 108 ff. m.w.N.; Fridrich, S. 147 ff. 770 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 125. 771 Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 138; Hüffer-AktG, § 57 Rn. 19; Drygala/ Kremer, S. 1292 f.; Cahn, Kredite, S. 68; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 151; Rothley/ Weinberger, S. 1003. 772 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 46 f.; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 68; Rothley/Weinberger, S. 1003; Drygala/Kremer, S. 1293; Kiefner/Theusinger, S. 804. Besonders streng („Kreditwürdigkeit…außerhalb jeden Zweifels“) Hüffer-AktG, § 57 Rn. 20. 773 Rothley/Weinberger, S. 1003; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 152; Drygala/Kremer, S. 1293; Altmeppen, Cash Pooling, S. 403. 774 BGH NZG 2009, 107 (109) m.w.N.; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 74.

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wäre775. Dem Vorstand steht im Übrigen ein Beurteilungsspielraum zu776 und der Verweis auf die bilanzielle Betrachtung ermöglicht es ihm somit, bei Fehlen eindeutiger Warnsignale von einer hinreichenden Solvenz des Schuldners und Vollwertigkeit auszugehen777. Allerdings gilt dies ausweislich der Gesetzesbegründung778 ausdrücklich nicht für gering kapitalisierte Zweckgesellschaften als Schuldner, so dass entsprechende Darlehen und Sicherheiten an diese im Rahmen eines LBO ohne zusätzliche Sicherheiten und Garantien in der Regel nicht als vollwertig einzustufen sein dürften. Ob sich zur Vereinfachung der in der Praxis schwierigen Vollwertigkeitsbeurteilung künftig bankrechtliche Bonitätseinstufungen, Ratings oder andere objektivierbare Maßstäbe779 durchsetzen werden, bleibt dabei abzuwarten. Da § 57 Abs. 1 S. 3 AktG nunmehr für Darlehen nur die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs nach bilanziellen Kriterien verlangt, muss nach wohl überwiegender Meinung die Verzinsung des Darlehens auch nicht mehr grundsätzlich einem Drittvergleich genügen, da diese grundsätzlich keinen Einfluss auf die Vollwertigkeit habe780. Dabei wird zur Konkretisierung verbreitet § 253 HGB herangezogen, nach dem ein Darlehen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr überhaupt nicht verzinst werden muss781. Darlehen von über einem Jahr Laufzeit müssen angemessen verzinst sein oder müssen andernfalls nach dem Niederstwertprinzip gemäß § 253 HGB über die Dauer der Laufzeit abgezinst werden, womit die Voll775 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 41; BGH NZG 2009, 107 (108); KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 68; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 141; Cahn, Kredite, S. 72. Solche Anlässe für eine Einzelwertberichtigung sind konkrete Anzeichen für ein Ausfallrisiko wie etwa verzögerte Erfüllung von Verpflichtungen, Kontopfändungen oder eine weitgehende Aufzehrung des Eigenkapitals, s. Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 142. 776 BGH NZG 2009, 107 (108 f.); KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 68; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 153; Drygala/Kremer, S. 1293. 777 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 47; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 151 f.; Rothley/Weinberger, S. 1003. Strengere Anforderungen stellen Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 141; Hüffer-AktG, § 57 Rn. 20 unter Verweis auf Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 41 („nicht geringe Schutzschwelle“); Cahn, Kredite, S. 73; Altmeppen, Cash Pooling, S. 403. 778 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 41. 779 Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 143; Cahn, Kredite, S. 74 ff. A.A. Altmeppen, Cash Pooling, S. 403. 780 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 52; Hüffer-AktG, § 57 Rn. 20; KK-AktG/ Drygala, § 57 Rn. 71; Drygala/Kremer, S. 1293; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 152; Rothley/Weinberger, S. 1005. Nach a.A. ist § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG so zu interpretieren, dass Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch vollwertig sein müssen, im Falle eines Darlehens also sowohl Rückgewähranspruch als auch Verzinsung (als Gegenleistung für die Überlassung der Mittel), s. Mülbert/Leuschner, S. 282. Diese Ansicht findet jedoch weder im Wortlaut noch in der Gesetzesbegründung eine Stütze und würde der gesetzgeberisch gewollten Vereinfachung zuwiderlaufen. Differenzierend Altmeppen, Cash Pooling, S. 404. 781 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 52; Hüffer-AktG, § 57 Rn. 20; KK-AktG/ Drygala, § 57 Rn. 71; Altmeppen, Cash Pooling, S. 404; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 152; Rothley/Weinberger, S. 1005.

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wertigkeit des Rückgewähranspruchs entfiele782. In Anwendung bilanzieller Grundsätze kann folglich ein unterjähriges Darlehen unverzinst bleiben, während überjährige Darlehen verzinst werden müssten, wenn auch zur Vermeidung der Abzinsung nur pauschalierend mit dem landesüblichen Zinsfuß für festverzinsliche Wertpapiere783, der die konkrete Bonität des Darlehensnehmers und die Kreditbedingungen unberücksichtigt lässt. Gegen diese Sichtweise wird insbesondere das ebenfalls neben der Vollwertigkeit in § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG laut Gesetzesbegründung784 eingeführte Deckungsgebot ins Feld geführt: Nach diesem Deckungsgebot ist bei Austauschgeschäften nicht der bilanzielle Abschreibungswert, sondern der Marktwert anzusetzen785. Ein Geschäftswagen etwa darf folglich nicht zum Abschreibungswert, mit dem er in der Bilanz steht, sondern nur zum jeweiligen tatsächlichen Marktwert an Aktionäre verkauft werden. Damit wollte der Gesetzgeber offensichtliche Unzulänglichkeiten der bilanziellen Betrachtungsweise korrigieren. Dieses Deckungsgebot soll nach einer Ansicht786 auch auf Darlehen an Aktionäre übertragbar sein. Vereinfachungen der bilanziellen Betrachtungsweise sollen wieder wertend anhand eines Drittvergleichs korrigiert werden, um zu verhindern, dass aufgrund der bilanziellen Betrachtung Vermögen der Gesellschaft sanktionslos an Aktionäre verschoben werden kann. Folglich wären auch unterjährige Darlehen zu verzinsen und die Verzinsung überjähriger Darlehen entsprechend den Marktkonditionen und der Bonität des Schuldners zu gestalten. Dieser Meinung wird zu Recht entgegengehalten, dass der Gesetzgeber mit dem MoMiG eben eine Privilegierung und Vereinfachung der Darlehensvergabe an Aktionäre bzw. verbundene Gesellschaften erreichen wollte, um das als wirtschaftlich vorteilhaft bewertete cash pooling zu erleichtern und deswegen nur in Bezug auf den Gegenleistungsanspruch bei Austauschgeschäften eine Deckung verlangen wollte787. Die Rückkehr zu einem uneingeschränkten Drittvergleich würde das cash pooling gegenüber einer rein bilanziellen Betrachtungsweise wesentlich erschweren. Andere Autoren sehen im MoMiG den Einstieg in die Trennung von Kapitalerhaltung und Mittelverwendung788. Folglich solle § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG 782 Beck Bil-Komm/Kozikowski/Roscher, § 253 Rn. 592; Rothley/Weinberger, S. 1006; Cahn, Kredite, S. 70 m.w.N. 783 Beck Bil-Komm/Kozikowski/Roscher, § 253 Rn. 592. 784 BT-Drucks. 16/6140, S. 41. 785 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 43; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 54; Wand/ Tillmann/Heckenthaler, S. 152. 786 Mülbert/Leuschner, S. 283; Cahn, Kredite, S. 71. 787 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 54; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 72; Rothley/ Weinberger, S. 1005; Fridrich, S. 157 f. 788 Rothley/Weinberger, S. 1005 f. Dabei beziehen sich die Autoren auf die in BGH NZG 2009, 107 (109) vorgenommene Trennung von Einlagenrückgewähr und konzernrechtlichem Nachteilsausgleich nach §§ 311 ff. AktG und interpretieren dies allgemein als eine Verlagerung der Frage angemessener Verzinsung in den Bereich der Sorgfaltspflichten. Ähnlich für das

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nur den Werterhalt der Darlehenssumme sichern und damit dem Gläubigerschutz dienen, während die Frage der Verzinsung in den Bereich der unternehmerischen Entscheidung anzusiedeln sei und daher ausschließlich am Maßstab der §§ 76, 93 AktG zu messen sei. Entsprechend komme dem Vorstand bei der Frage der angemessenen Verzinsung ein erheblicher Ermessensspielraum zu, auch bei pflichtgemäßer Ausübung könne der Vorstand durch zu niedrige Verzinsung Mittel „verwirtschaften“, ohne dass die Gläubiger hiervor geschützt seien789. Bei der Frage angemessener Verzinsung besteht aber wegen der grundsätzlichen Möglichkeit des Drittvergleichs nur ein enger Ermessensspielraum. Entsprechend könnte nach diesen Maßstäben schon die unterjährige Vergabe unverzinster Darlehen (insbesondere in einer Hochzinsphase) eine Pflichtverletzung darstellen, die zu Ersatzansprüchen gegenüber dem Vorstand führen könnten. Damit würde aber gerade die gesetzgeberische Intention der Vereinfachung der Darlehensgewährung unterlaufen und zudem der Gleichlauf zwischen Rückgewähransprüchen gegenüber den Begünstigten und Schadensersatzansprüchen gegenüber den Handelnden unnötigerweise gestört. Mögliche Abweichungen von tatsächlichen Drittkonditionen aufgrund der bilanziellen Betrachtungsweise sind angesichts des eindeutigen gesetzgeberischen Willens in der unverbundenen Aktiengesellschaft aus Gründen der Vereinfachung und Rechtssicherheit in Kauf zu nehmen. b) Sicherheitenbestellung zugunsten von Aktionären Vor Inkrafttreten des MoMiG galt für die Sicherheitenbestellung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären ein vergleichbar strenger Maßstab wie bei Darlehen: Diese waren nur zulässig, wenn die Risiken aus einer Sicherheitenbestellung wegen des geringen Ausfallrisikos oder eines werthaltigen Rückgriffsanspruchs gering waren und die Sicherheitenbestellung mit einer angemessenen Avalprovision vergütet wurde790. Umfassende Sicherheitenbestellungen wie bei LBOs waren regelmäßig unzulässig, da kein vergleichbarer Dritter für einen außenstehenden Dritten auch bei angemessener Avalprovision solche Risiken eingehen würde. Nach Inkrafttreten des MoMiG wird § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auch auf die Sicherheitenbestellung angewandt. Diese ist somit nunmehr grundsätzlich zulässig, sofern der Rückgewähranspruch nach bilanziellen Maßstäben vollwertig ist. Die Bewertung der Vollwertigkeit ist dabei zum Zeitpunkt der Bestellung in Form einer Erfordernis einer Avalprovision gemäß § 93 AktG bei der Sicherheitenbestellung Theusinger/ Kapteina, S. 885 f. 789 Rothley/Weinberger, S. 1005. 790 KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 78; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 104 f.; GroßKAktG/Henze, § 57 Rn. 51; Habersack/Schürnbrand, S. 696. Das „November-Urteil“ brachte somit hinsichtlich der Sicherheitenbestellung durch eine Aktiengesellschaft keine wesentliche Verschärfung, s. Fridrich, S. 166.

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ex-ante-Prognose vorzunehmen791. Nur wenn der Eintritt des Verwertungsfalls nach bilanziellen Maßstäben nicht wahrscheinlich ist oder ein werthaltiger Rückgriffsoder Freistellungsanspruch etwa gegen Dritte besteht, ist die Bestellung keine verdeckte Einlagenrückgewähr und damit zulässig. Die Zahlung einer Avalprovision ist zur Begründung der Vollwertigkeit nach bilanziellen Maßstäben nicht erforderlich, so dass eine Sicherheitenbestellung ohne Vereinbarung einer Avalprovison keine verdeckte Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG begründet792. Eine Akquisitionsgesellschaft bei LBOs und MBOs wird regelmäßig keine hinreichende Bonität aufweisen, die einen werthaltigen Rückgriffsanspruch begründen oder die Inanspruchnahme unwahrscheinlich erscheinen lassen könnte793. Begünstigter und damit Empfänger der Leistung bei Bestellung einer Sicherheit für einen Kreditgeber ist der kreditnehmende Aktionär, dessen Kreditaufnahme durch die Besicherung ermöglicht oder jedenfalls verbilligt wurde. Entsprechend müsste dieser eine entsprechende Freistellung der Gesellschaft von ihren Verpflichtungen gegenüber dem Dritten bewirken794. c) Sonstige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Verallgemeinernd sind folglich Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nur dann gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 und Abs. 3 AktG zulässig, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt sind, diese also nach bilanziellen Maßstäben werthaltig sind. Break-fee-Vereinbarungen795 unterfallen somit beispielsweise grundsätzlich dem Anwendungsbereich von § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs 3 AktG, auch wenn es nach Abbruch der Verhandlungen nie zu einem Erwerb von Aktien durch Erwerber kommt, da bei Vereinbarung des break fees dieser gerade im Hinblick auf eine künftige Aktionärsstellung des Erwerbers zugesagt wird796. Einen vollwertigen Gegenleistungsanspruch wird man allerdings nur aus791 KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 79; Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 38; Drygala/Kremer, S. 1295; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 152; Theusinger/Kapteina, S. 883; Fridrich, S. 169. Auf den Verwertungszeitpunkt abstellend und deswegen die Bestellung mit limitation language stets für zulässig haltend Holzner, S. 237 f. Differenzierend Schmidt/ Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 61. 792 So wohl auch Fridrich, S. 168. Im Übrigen äußern sich Kommentierungen – soweit ersichtlich – nicht explizit zu dieser Frage. Das Erfordernis einer Avalprovision wird zum Teil aus §§ 76, 93 AktG abgeleitet, s. Theusinger/Kapteina, S. 885 f.; Kiefner/Theusinger, S. 806. Eine solche allgemeine Pflicht zur Vergütung von Sicherheiten würde aber den Gleichlauf von Kapitalschutz und Vorstandspflichten durchbrechen und die mit dem MoMiG bezweckte Vereinfachung und Erleichterung unterlaufen. 793 Fridrich, S. 170. Dies folgt – wie beim Darlehen – schon aus der Erwähnung in der Gesetzesbegründung, s. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 41. 794 GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 222; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 173. 795 Zum Begriff siehe oben unter § 2 B. III. 796 Fleischer, Break-Fee-Vereinbarungen, S. 351; Sieger/Hasselbach, S. 629. A.A. Fridrich, S. 180 ff.

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nahmsweise dann annehmen können, wenn die mit dem break fee geförderte Transaktion im Interesse der gesamten Gesellschaft ist – also beispielsweise industrielle Synergien bietet797 – und die Höhe des break fees im Verhältnis zur geförderten Transaktion angemessen ist. 2. Rechtsfolgen und Rechtsschutz Nach traditioneller und weiterhin vertretener Auffassung sind Verpflichtungsund Verfügungsgeschäfte, die gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG verstoßen, gemäß § 134 BGB nichtig798. Die Grundsätze dieser Rechtsfolgenlehre wurden vor Einführung des Rückgewähranspruchs gemäß § 62 AktG in seiner heutigen Fassung entwickelt799. Vertreter dieser Ansicht begründen die Fortgeltung der Rechtsfolge der Nichtigkeit neben dem gesetzlichen Rückgewähranspruch nach § 62 AktG insbesondere mit der Insolvenzfestigkeit der Rückgewähransprüche800. § 62 AktG habe nur die neben den dinglichen Rückgewähransprüchen bestehenden schuldrechtlichen Rückgewähransprüche ersetzen wollen801, ein fehlender Gleichlauf zum Kapitalschutz der GmbH ergebe sich aus der durchaus gewollten unterschiedlichen Strenge der Vermögensbindung bei den beiden Gesellschaftsformen802. Demgegenüber vertritt eine wohl heute überwiegende Auffassung, dass Verstöße gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG keine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB zur Folge hätten, sondern sich der Rückgewähranspruch der Gesellschaft ausschließlich nach § 62 AktG richte803. Begründet wird dies insbesondere mit dem Argument, dass ein gegenständlicher Schutz des Kapitals nicht mehr zeitgemäß sei, das Kapital vielmehr nur noch wertmäßig geschützt werden solle804. Dies zeige auch die Entwicklung im Recht der GmbH, in der Verstöße gegen § 30 GmbHG nach der Rechtsprechung805 nunmehr allein nach § 31 GmbHG geahndet werden. Ein Unterschied im Kapitalschutz zwischen AG und GmbH sei allenfalls hinsichtlich des 797 Dabei sind nur konkret bezifferbare Vorteile für die Gesellschaft zu berücksichtigen, s. Fleischer, Break-Fee-Vereinbarungen, S. 351 f. Noch restriktiver Fridrich, S. 181 Fn. 475. Liberaler („einem …wirtschaftlich sinnvoll angesehenen Zweck dient“) hingegen Sieger/ Hasselbach, S. 629. 798 RGZ 121, 99 (106); RGZ 149, 385 (400); GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 200 ff.; HüfferAktG, § 57 Rn. 23; Sonnenhol/Groß, S. 409. 799 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 74; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 162. 800 GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 203; Hüffer-AktG, § 57 Rn. 23. 801 GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 204. 802 GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 205. 803 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 75; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 162 ff.; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 135; Joost, S. 435; Fridrich, S. 259 ff.; Winter, S. 1373 f. Differenzierend Spindler/Stilz/Cahn/v. Spannenberg, § 57 Rn. 97. 804 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 74; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 134; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 164 f.; Winter, S. 1372 f. 805 BGHZ 136, 125 (130).

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Umfangs des geschützten Kapitals, nicht aber hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Verstößen gegen Vorschriften des Kapitalschutzes begründbar806. Inzwischen folgt auch die Rechtsprechung dieser Auffassung807. Diese ist auch vorzugswürdig, da ein besonderer dinglicher Schutz verbotener Einlagenrückgewähr weder erforderlich noch überzeugend begründbar ist. Insbesondere kann eine Bevorzugung der Gesellschaft gegenüber den übrigen Gläubigern des Empfängers der verbotenen Leistung nicht begründet werden808 ; zudem verkompliziert das Nebeneinander von § 62 AktG und der Rechtsfolge der Nichtigkeit das Recht der Einlagenrückgewähr unnötig809. Schließlich führt die Annahme der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB zur Problematik, dass die Nichtigkeit bei einer wegen Verstoßes gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG unzulässigen Sicherheitenbestellung auch gegenüber dem außenstehenden Dritten – also in der Regel der finanzierenden Bank – grundsätzlich durchschlagen würde810. Die Begründung einer aus Verkehrsschutzgründen dann erforderlichen Ausnahme von der Nichtigkeitsfolge und die dafür anzulegenden Maßstäbe hinsichtlich des guten Glaubens des Dritten bereiten dabei erhebliche dogmatische und praktische Schwierigkeiten811. Folgt man hingegen der Ansicht, die allein § 62 AktG für anwendbar hält, stellen sich diese Probleme nicht. Die finanzierende Bank als Sicherungsnehmerin ist grundsätzlich nicht gemäß § 62 Abs. 1 AktG zur Rückgewähr verpflichtet, da diese Pflicht nur den Adressaten von § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG trifft812. Auswirkungen auf das Rechtsgeschäft gegenüber außenstehenden Dritten hätte der Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG nur ausnahmsweise im Fall eines Missbrauchs der Vertretungsmacht813. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG sind verbotene Leistungen, also insbesondere solche, die unter Verstoß gegen § 57 Abs. 1 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG geleistet wurden, an die Gesellschaft zurückzugewähren. Dabei ist der Gesellschaft Wertersatz zu leisten814, es besteht wegen fehlender Nichtigkeit der Leistung kein Anspruch 806

MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 164; Winter, S. 1372. BGH NZG 2013, 496 (497). 808 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 74. 809 Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 57 Rn. 74; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 163. 810 Winter, S. 1374. Deswegen teilweise mit sogleich modifizierenden Einschränkungen der Nichtigkeitsfolge Lutter/Wahlers, S. 11 f.; Sonnenhol/Groß, S. 409; Mülbert, S. 603 f. 811 Zu den verschiedenen Vorschlägen siehe GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 216 m.w.N.; Lutter/Wahlers, S. 11 f.; Kühbacher, S. 70 ff.; Messer, S. 384 f.; Sonnenhol/Groß, S. 406 ff. 812 BGH AG 1981, 227; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 158; Lutter/Wahlers, S. 11. 813 GroßK-AktG/Henze, § 57 Rn. 221; Lutter/Wahlers, S. 11 f. Nach a.A. sind §§ 57, 62 AktG als lex specialis zu sehen, die die allgemeinen Grundsätze des Vertretungsrechts verdrängen, s. Diem, S. 314; Mülbert, S. 605 f. Siehe zum Missbrauch der Vertretungsmacht allgemein oben unter § 5 B. II. 3. c). 814 KK-AktG/Drygala, § 62 Rn. 61; Schmidt/Lutter-AktG/Fleischer, § 62 Rn. 18; MünchKomm-AktG/Bayer, § 62 Rn. 47 ff.; differenzierend Spindler/Stilz/Cahn, § 62 Rn. 22. 807

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auf dingliche Rückgewähr. Für Leistungen an Dritte, die dem Aktionär gemäß den oben dargestellten Grundsätzen zuzurechnen sind, haftet der Aktionär selbst. Wurde das zugrunde liegende Rechtsgeschäft noch nicht erfüllt, hat die Gesellschaft die Pflicht, die Erfüllung zu verweigern, bis die Bedingungen des Geschäfts so angepasst wurden, dass sie § 57 Abs. 1 S. 3 AktG genügen815. Klagebefugt ist zunächst der Vorstand der Gesellschaft, da der Anspruch der Gesellschaft zusteht816, sowie im Falle der Insolvenz der Gesellschaft gemäß § 62 Abs. 2 S. 2 AktG der Insolvenzverwalter. Gläubiger können Ansprüche gegen Rückgewährschuldner gemäß § 62 Abs. 2 S. 1 AktG für die Gesellschaft nur ausnahmsweise geltend machen, sofern sie keine Befriedigung ihrer Forderung von der Aktiengesellschaft selbst erlangen können817. Aktionäre können keine Ansprüche gemäß § 62 AktG geltend machen818. Ansprüche gemäß § 62 AktG verjähren gemäß § 62 Abs. 3 AktG nach zehn Jahren. III. Verstoß gegen das Verbot der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien (§ 71a Abs. 1 AktG) Der mit dem Begriff „Umgehungsgeschäfte“ betitelte § 71a AktG unterteilt sich in zwei völlig unterschiedliche Tatbestände819: § 71a Abs. 1 AktG wurde in Umsetzung von Art. 23 der Kapitalrichtlinie von 1976 eingefügt und regelt spezifisch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung820. Hingegen regelt § 71a Abs. 2 AktG nicht Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, sondern den Erwerb von Aktien auf Rechnung der Gesellschaft und verweist hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen – anders als Abs. 1 – auf § 71 Abs. 1 und Abs. 2 AktG. Der Erwerb auf Rechnung der Gesellschaft stellt keine Maßnahmen der finanziellen Unterstützung dar, da Risiko und Finanzierung des Erwerbs direkt bei der Gesellschaft liegen und der Erwerber keine eigenen Risiken trägt. Dieser vormalige § 71 Abs. 5 AktG a. F.821 beruht nicht auf Art. 23 der Kapitalrichtlinie von 1976 und bleibt daher auch für die weitere Untersuchung außer Betracht. A.A. die Vertreter eines gegenständlichen Kapitalschutzes, die dingliche Rückgewähr verlangen, s. GroßK-AktG/Henze, § 62 Rn. 43 f.; Hüffer-AktG, § 62 Rn. 9. 815 MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 165; KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 136. 816 KK-AktG/Drygala, § 62 Rn. 94; Hüffer-AktG, § 62 Rn. 13. 817 Wenn also beispielsweise die Vollstreckung gegen die Gesellschaft fehlschlug oder das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt wurde, s. Hüffer-AktG, § 62 Rn. 14. 818 Eine actio pro socio eines einzelnen Aktionärs ist ausdrücklich nicht zulässig, s. KKAktG/Drygala, § 62 Rn. 97. § 62 AktG zählt zudem nicht zu den in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG genannten Ansprüchen, deren Geltendmachung die Aktionäre bei Erfüllung des qualifizierten Quorums gemäß § 148 AktG erzwingen könnten. 819 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 23; Hüffer-AktG, § 71a Rn. 1. 820 Zur Regelungsgeschichte des § 71a Abs. 1 AktG siehe oben unter § 3 D. 821 Ausführlich zur Regelungsgeschichte des § 71a Abs. 2 AktG s. GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 9 m.w.N.

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1. Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG Die Bestimmung des Regelungszwecks von § 71a Abs. 1 AktG bereitet einige Schwierigkeiten: Die Gesetzesbegründung, die systematische Stellung im Gesetzestext und die Normüberschrift sprechen für einen bloßen Schutz vor Umgehung des Erwerbs eigener Aktien als Regelungszweck, während der im Vergleich zu den §§ 57, 71 AktG weite Tatbestand und die scharfe Rechtsfolge der Norm sowie historische und rechtsvergleichende Aspekte einen darüber hinausgehenden Regelungszweck vermuten lassen, dessen Reichtweite sich wiederum nur schwer konkretisieren lässt. a) Umgehungsschutz zu §§ 71 ff. AktG Nach ganz überwiegender Auffassung822 dient § 71a Abs. 1 AktG jedenfalls dem Schutz vor Umgehungen des Verbots des Erwerbs eigener Aktien. Hierfür spricht bereits die Bezeichnung der Norm als Umgehungsgeschäfte und die systematische Stellung unmittelbar nach der Regelung des Erwerbs eigener Aktien im Gesetz. Allerdings wird dieser Regelungszweck unter anderem wegen des im Vergleich zur Regelung des Erwerbs eigener Aktien restriktiveren Tatbestands des § 71a Abs. 1 AktG, der jede finanzielle Unterstützung, auch die eines nach § 71 Abs. 1 AktG zulässigen Erwerbs von Aktien, untersagt und des vermeintlich begrenzten Nutzens zur Verhinderung eines möglichen Doppelschadens angezweifelt823. b) Schutz der Kapitalaufbringung Ein Teil der Literatur erstreckt das Unterstützungsverbot des § 71a Abs. 1 AktG nicht nur auf den derivativen, sondern auch auf den originären Erwerb und sieht folgerichtig auch den Schutz der Kapitalaufbringung als Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG824. Die Erstreckung von § 71a Abs. 1 AktG auch auf den originären Erwerb wird dabei vor allem mit teleologischen Erwägungen begründet: Bei der finanziellen Unterstützung des originären Erwerbs bestünde dieselbe Gefahrenlage wie bei der finanziellen Unterstützung des derivativen Erwerbs; Art. 25 Abs. 5 der Kapitalrichtlinie in ihrer jetzigen Fassung lasse auch eine Erstreckung auch auf den 822 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 6 ff.; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 4; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 2; Hüffer-AktG, § 71a Rn. 1; Schroeder, S. 113 f.; Nuyken, S. 1894; Ludwig, S. 134; Oechsler, Kapitalrichtlinie, S. 81; Freitag, S. 162 f. 823 Skeptisch zum Schutzzweck der Umgehung Schmidt/Lutter-AktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 6; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 8; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 158 ff.; Freitag, S. 162 f. Den Umgehungsschutz als Zweck ablehnend Fridrich, S. 198 ff.; Tasma, S. 300. 824 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 16; Spindler/Stilz/Cahn/von Spannenberg, § 56 Rn. 12 f.; Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 563; Brosius, S. 78 ff.; Hassner, S. 327 f. Unter Annahme restriktiver Anwendung auf den originären Erwerb auch Spindler/Stilz/Heidinger/ Herrler, § 27 Rn. 266 ff.

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originären Erwerb zu825, wie auch das englische Recht zeige, in dem die beiden Erwerbsformen gleichermaßen vom Verbot der financial assistance umfasst seien826. Auch das systematische Argument, dass die §§ 71 ff. AktG sich nur auf den derivativen Erwerb bezögen, während der originäre Erwerb an anderer Stelle im Gesetz geregelt würde827, sei nicht zwingend, da etwa § 71b AktG nach allgemeiner Meinung auch auf den originären Erwerb von Aktien Anwendung finde828. Dieser Ansicht ist zuzugestehen, dass die systematischen und europarechtlichen829 Argumente gegen eine Erstreckung auf den originären Erwerb nicht zwingend sind und die Gefahrenlage beim originären Erwerb mit dem derivativen durchaus vergleichbar ist830. Allerdings besteht diesbezüglich nach derzeitigem Stand keine Regelungslücke, da die finanzielle Unterstützung des originären Erwerbs bereits nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AktG als Fall des Hin- und Herzahlens untersagt ist831. Es besteht daher keine Veranlassung, § 71a Abs. 1 AktG über seinen Wortlaut hinaus teleologisch zu erweitern und auch auf den originären Erwerb zu erstrecken832. § 71a Abs. 1 AktG kann folglich auch nicht dem Schutz der Kapitalaufbringung dienen. c) Schutz der Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft Als weiterer Schutzzweck der Norm wird der Schutz der Kompetenzordnung der Gesellschaft angeführt833: Durch § 71a Abs. 1 AktG werden Anteilserwerbsfinanzierungen zwar nicht gänzlich verhindert, doch wird der Vorstand auf den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bzw. auf eine Verschmelzung 825 Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 562; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 739 f. Unklar diesbezüglich noch die Kapitalrichtlinie in ihrer Fassung vor 2006, s. Schroeder, S. 153. 826 Spindler/Stilz/Cahn/von Spannenberg, § 56 Rn. 13; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 739. 827 Schroeder, S. 153. 828 Spindler/Stilz/Cahn/von Spannenberg, § 56 Rn. 13 m.w.N. 829 Mit der ausdrücklichen Regelung der finanziellen Unterstützung des originären Erwerbs in Art. 23 Abs. 1 Unterabsatz 5 der Richtlinie 2006/68/EG (Abl. EG Nr. L 264/32 v. 25. 9. 2006) – in der heutigen Fassung Art. 25 Abs. 5 -, welche allerdings nicht in deutsches Recht umgesetzt wurde. Siehe zu dieser Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 405 f. Ausführlich Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 562 f. 830 Was sich etwa in der Erweiterung des Tatbestands auch auf den originären Erwerb in s. 54 CA 1946 im englischen Recht zeigt, s. Schroeder, S. 152. Zugleich wird jedoch der originäre Erwerb zum Teil als wenig typisch für die § 71a Abs. 1 AktG zugrunde liegende Problematik beschrieben, s. Schmolke, Finanzielle Unterstützung, S. 1829; Schroeder, S. 153. 831 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 21. 832 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 21; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 15; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 43; Schroeder, S. 153; Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 405 f. 833 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 16 f.; Nuyken, S. 1894.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

als einzig rechtlich zulässige Wege verwiesen. Diese bedürfen jedoch der Zustimmung der Hauptversammlung, wodurch der Erwerb der Kontrollmehrheit mit Mitteln der Gesellschaft nur mit Zustimmung der Hauptversammlung erfolgen kann. § 71a Abs. 1 AktG diene somit auch dem Schutz der Kompetenzordnung der Gesellschaft. Dagegen spricht jedoch, dass dieser Regelungszweck nur sehr unscharf erfüllt würde, da § 71a Abs. 1 AktG Finanzierungsgeschäfte unabhängig davon untersagt, ob diese dem Erwerb einer Kontrollmehrheit dienen oder dem Umfang nach von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Unter diesem Aspekt scheint der Schutz der Kompetenzordnung eher ein zufälliger Nebeneffekt des Tatbestands als intendierter Zweck zu sein834. d) Kapitalmarktrechtliche Regelungszwecke Mit Verweis auf das englische Regelungsvorbild wird zudem ein Zweck darin gesehen, dass die Gesellschaft nicht mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung den eigenen Aktienkurs beeinflussen soll, die Norm mithin einen kapitalmarktrechtlichen Schutzzweck erfüllt835. Allerdings bestehen hierfür spezielle kapitalmarktrechtliche Regelungen, die einen solchen Schutzzweck jedenfalls im heutigen Rechtsgefüge nicht erforderlich scheinen lassen836. Nach einer weiteren Auffassung verfolgt § 71a Abs. 1 AktG zugleich einen kapitalmarktrechtlichen Zweck, indem er missbräuchliche Gestaltungen mit „Takeover-Bezug“ verhindere837. Da § 71a Abs. 1 AktG Finanzierungen durch die Gesellschaft nach Erwerb der Unternehmenskontrolle nicht effektiv verhindern könne838, sondern lediglich Finanzierungen vor Erwerb, müsse der Zweck der Norm auch darin gesehen werden, etwaige Investoren zur Finanzierung der Kontrollmehrheit auf Dritte und damit auf den Markt zu verweisen. Der Markt entscheide dann, ob das Vorhaben seriös und nachhaltig sei; § 71a Abs. 1 AktG diene also dazu, potentielle Investoren ohne eigene Finanzmittel den Zugriff auf die Finanzmittel der 834

Ähnlich Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 10 („erscheint eher als Reflex des Kapitalschutzes“); Brosius, S. 21 f. Ablehnend auch Tasma, S. 300. 835 Schroeder, S. 114. Ebenfalls kapitalmarktrechtliche Zwecke vermutend GroßK-AktG/ Merkt, § 71a Rn. 4 („Bezüge zum Übernahme- und Umwandlungsrecht“). 836 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 10; Brosius, S. 22. Davon unabhängig kann das englische Regelungsvorbild in den 1920er Jahren durchaus mit einem kapitalmarktrechtlichen Schutzzweck geschaffen worden sein, der dann aber heute wegen inzwischen existierender kapitalmarktrechtlicher Normierung obsolet sein dürfte. Zur allgemeinen Diskussion um die Heranziehung des englischen Regelungsvorbilds zur Auslegung des Schutzzwecks siehe unten unter § 6 B. III. 1. e). 837 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 4; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1664 f. Kritisch hierzu Brosius, S. 22. 838 Da dann der Erwerber durch Verschmelzung oder Abschluss eines Beherrschungsvertrags auf das Vermögen der Gesellschaft zugreifen kann, s. MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 4.

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Gesellschaft so lange zu verweigern, bis der Markt eine Finanzierung bereitstelle, und bewahre Investoren so vor möglichen Handlungen aus ökonomischem Unverstand839. Ein solcher Schutzzweck kann jedoch durch den Kapitalmarkt nicht geleistet werden. Denn die Gläubiger der Finanzinvestoren werden bei Vergabe von Darlehen zum Erwerb einer Kontrollmehrheit vorrangig prüfen, ob der Erwerber entweder selbst solvent ist, oder, was in der Praxis beim typischen Erwerb durch Akquisitionsvehikel häufiger der Fall sein wird, ob die zu erwerbende Gesellschaft über ausreichend verwertbare Vermögenswerte verfügt, um die bereitgestellte Finanzierung nach Erwerb der Kontrollmehrheit wieder ablösen oder jedenfalls sicherstellen zu können. Seriösität oder Nachhaltigkeit im Sinne einer inhaltlichen Überprüfung des Übernahmekonzepts oder der Angemessenheit von Preisen oder Verschuldungsquoten spielen aus Sicht der Gläubiger von Finanzinvestoren eine untergeordnete Rolle; erhöhte Risiken würden vermutlich eher durch erhöhte Verzinsung eingepreist oder duch Syndizierung gestreut werden als dass sie gemieden würden. e) Kapitalschutzzweck eigener Art Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG weist seinem Wortlaut nach über einen bloßen Umgehungsschutz zum Erwerb eigener Aktien oder einen Sonderfall des § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG hinaus: Denn zum einen untersagt er jede Form der finanziellen Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien, erlaubt also auch nicht die finanzielle Unterstützung des nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 – 8 AktG zulässigen Erwerbs eigener Aktien. Zum anderen verbietet die Norm jede Maßnahme der finanziellen Unterstützung, also auch, wenn diese gemäß § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG zulässig wäre840. Schließlich bestehen Unterschiede im Adressatenkreis und § 71a Abs. 1 S. 1 AktG sieht als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot stets Nichtigkeit vor, während Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG ein Rückgewähranspruch gemäß § 62 AktG ist841. Aufgrund dieser mit dem Regelungszweck des bloßen Umgehungsschutzes nicht zufriedenstellend begründbaren Besonderheiten des Wortlauts der Norm wird in der Literatur verbreitet ein Kapitalschutzzweck eigener Art als Regelungszweck vermutet842. 839 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 4; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1664 f. Ihm folgend Schmidt/Lutter-AktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 10. 840 Allg. Meinung, s. KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 20; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 11. 841 Wenn auch ein Teil der Literatur Nichtigkeit gemäß § 134 BGB als Rechtsfolge von Verstößen gegen § 57 AktG annimmt, siehe hierzu oben unter § 6 B. II. 2. 842 Jeweils mit erheblichen Unterschieden in der konkreten Reichweite und Begründung KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 9 ff.; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 4; GroßKAktG/Merkt, § 71a Rn. 4; Hüffer-AktG, § 71a Rn. 1; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 9; Schmidt/Lutter-AktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 8; Schroeder, S. 113 f.; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 506; Eidenmüller, Private Equity, S. 662; Riegger, S. 240; Nodoushani, Haftung, S. 292; Freitag, S. 163 f.; Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 398 f.; Oechsler,

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Die Gesetzesbegründung des § 71a Abs. 1 AktG843 vermag diese Ansichten zum eigenen Regelungszweck allerdings ebenso wenig zu begründen wie die Entstehungsgeschichte von Art. 25 der Kapitalrichtlinie844. Motive der Einführung von Art. 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie von 1976 auf Betreiben der britischen Delegation scheinen danach die Verhinderung der Umgehung der Regelungen zum Erwerb eigener Aktien und die Verhinderung von Kursmanipulationen gewesen zu sein845. In Ermangelung konkreter systematischer und historischer Auslegungsmöglichkeiten zur deutschen Regelung und zur europäischen Richtliniennorm zieht ein Teil der Literatur846 daher das englische Regelungsvorbild zur Auslegung der Richtliniennorm – und in der Folge auch auf die auf der Richtlinie beruhende nationale Regelung – heran. Allerdings kann eine solche historisch-teleologische Auslegung nur sehr restriktiv und subsidiär zu anderen Auslegungsmethoden erfolgen; geben Wortlaut, Systematik oder objektive Teleologie eine andere Auslegung vor, haben historischteleologische Aspekte hinter dieser zurückzutreten847. Schließlich kann ein solcher Rückgriff auf nationale Vorbildregelungen für Richtliniennormen nur erfolgen, wenn sich eine klare und in der dortigen Rechtsordnung einhellig vertretene ratio legis herausarbeiten lässt, die sich widerspruchsfrei in die europäische Regelung bzw. deren nationale Umsetzung einfügen lässt848. Eine solche eindeutige ratio legis des englischen Verbots der financial assistance außerhalb des Umgehungsschutzes lässt sich jedoch nur schwer ermitteln. Die Empfehlung der Greene-Kommission 1926 in section 30 ihres Abschlussberichts über die Reform des company law zum Verbot der financial assistance849, aufgrund derer das englische Regelungsvorbild in s. 45 CA 1929 eingeführt wurde, führt als Finanzierungsverbot, S. 1662 f.; Nuyken, S. 1894; Singhof, S. 750; Fridrich, S. 207; Brosius, S. 57 f.; Hartung, S. 88; Tasma, S. 303. Vereinzelt wird ein eigener Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG auch gänzlich verneint; § 71a Abs. 1 AktG müsse als sogenanntes echtes Umgehungsdelikt vom „tatbestandlichen Ballast der umgangenen Norm“ befreit werden, s. Klass, S. 28 ff. 843 Begr. RegE, BT-Drucks. 8/1678, S. 16. Diese verweist darauf, dass Art. 23 Abs. 1 auf eine „offenbar in Großbritannien verbreitete Praxis“ zurückgeht und in Deutschland die Bedeutung hauptsächlich „im Bereich der Kreditgeschäfte der Banken liegen“ dürfte, trifft sonst aber keine Aussagen zum Zweck der Norm. 844 Schroeder, S. 15 ff.; Fridrich, S. 191 ff.; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 735. 845 Schroeder, S. 17. 846 Schroeder, S. 68 ff. Ihm methodisch folgend KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 9 ff.; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 4; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 4; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 168 f.; Oechsler, Finanzierungsverbot,; Freitag, S. 164; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 495 f.; Holzner, S. 254 ff. Grundsätzlich methodisch ablehnend Fridrich, S. 194 ff. 847 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 6; Schroeder, S. 71 f. 848 Schroeder, S. 72 f. Zum Einfügen solcher legal transplants aus einer Rechtsordnung in eine andere siehe auch Fleischer, Legal Transplants, S. 1137. 849 Company Law Amendment Committee 1925 – 1926, Report of the Company Law Amendment Committee, section 30.

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Begründung die aufgrund der besonderen Bedingungen nach dem Ersten Weltkrieg verbreiteten missbräuchlichen Gestaltungen an850, die nach Ansicht der Kommission ähnliche Gefahren mit sich brachten wie der direkte Erwerb eigener Aktien, ohne dass diese Gefahren im Einzelnen näher benannt oder gar analysiert worden wären. Betrachtet man allein die Begründung der Greene-Kommission zur Einführung des Verbots der financial assistance, lässt sich aus dieser nicht nur eine grundsätzliche Missbilligung von LBOs („highly improper“) ableiten, sondern es lassen sich auch andere Regelungszwecke, die im Zusammenhang mit den damals auftretenden missbräuchlichen Gestaltungen eine Rolle spielten, in die Regelung der financial assistance hineinlesen. Die im Zuge des post-war takeover booms aufgetretenen Gestaltungen851 wiesen vielfältige Missbrauchsaspekte auf, die in damals noch vielfach unzulänglichen Regelungen des Aktien-, Bankenaufsichts- und Kapitalmarktrechts begründet waren: So führte die Insolvenzwelle nach Abebben des Booms nicht nur zur Benachteiligung von Minderheitsaktionären und zur Schädigung von Gläubigern852, sondern auch zum Zusammenbruch von Banken853, was offenbar als gesamtwirtschaftlich besonders schädlich bewertet wurde und möglicherweise das tatbestandlich sehr weit gefasste und im englischen Recht sogar strafbewehrte Verbot854 erklärt. Ebenso spielten offenbar unzulängliche Buchführungsvorschriften855 und fehlende kapitalmarktrechtliche Regelungen856 eine Rolle bei den missbräuchlichen Gestaltungen. Zur Ermittlung einer ratio legis müssten daneben auch die wechselvolle Rechtsprechung zum Verbot der financial assistance und gesetzgeberische Reformen bis zum Zeitpunkt der Verhandlungen über die

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In Company Law Amendment Committee 1925 – 1926, Report of the Company Law Amendment Committee, section 30, führt die Kommission zum Verbot der financial assistance folgende Erläuterungen aus: „A practice has made its appearance in recent years which we consider highly improper. A syndicate agrees to purchase from the existing shareholders sufficient shares to control a company, the purchase money is provided by a temporary loan from a bank for a day or two, the syndicate’s nominees are appointed directors in place of the old board and immediately proceed to lend to the syndicate out of the company’s funds (often without security) the money required to pay off the bank. Thus in effect the company provides money for the purchase of its own shares. This is a typical example, although there are, of course, many variations.“ 851 Zu diesen siehe auch oben unter § 3 A. 852 Diese Aspekte wurden offenbar später von der Jenkins-Kommission zur Reform der financial assistance und in der Gesetzesbegründung zum CA 2006 betont, s. die Nachweise bei Freitag, S. 164; Schroeder, S. 98 f. 853 Was sich aus dem Kontext des post-war takeover booms ergibt, siehe hierzu oben unter § 3 A. 854 Mit Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, siehe s. 680 (2) CA 2006. Zum in der Vergangenheit wechselhaften Strafrahmen s. Schroeder, S. 247 f. 855 Fletcher, S. 7. 856 Darauf weist die spätere Betonung der Gefahr der Kursmanipulation durch financial assistance seitens der britischen Delegation bei den Verhandlungen über die Kapitalrichtlinie hin, s. mit weiteren Nachweisen Schroeder, S. 17.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Kapitalrichtlinie berücksichtigt werden857. Diese weisen darauf hin, dass neben dem Umgehungsschutz jedenfalls der Kapitalschutz, also der Schutz von Gläubigern und Minderheitsaktionären, wesentliche ratio legis des Verbots war858. Nicht zur gefestigten ratio legis des britischen Verbots der financial assistance zählt somit offenbar der Schutz vor einer zu starken Erhöhung der Fremdkapitalquote der Gesellschaft, obgleich diese den ökonomischen Kern des Problems des post-war takeover booms und der daraus resultierenden Insolvenzwelle darstellt859. Die britische ratio legis des Kapitalschutzes wäre allerdings wie oben ausgeführt nur dann relevant, wenn die objektiv teleologische Auslegung der Norm nicht weiterführen würde. Eine solche objektiv teleologische Auslegung des Wortlauts von § 71a Abs. 1 AktG, bei der von der Regelung nach dem Wortlaut auf den Zweck geschlossen wird, legt es allerdings in Anbetracht des strikten Verbots der enumerativ aufgeführten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, bei denen die besondere Gefahr einer verdeckten Einlagenrückgewähr besteht, nahe, den Tatbestand als abstrakten Gefährdungstatbestand aufzufassen. Die besondere Gefährdungssituation für Gläubiger und Minderheitsaktionäre ist dabei in umfangreichen Finanzierungen des Erwerbs eigener Anteile mit Mitteln der Gesellschaft begründet. Somit kommt eine teleologische Auslegung des Wortlauts grundsätzlich zu einem vergleichbaren Ergebnis wie die historisch-teleologische Auslegung, der Rückgriff auf letztere ist folglich entbehrlich. Denn wie weit der Schutzzweck der Norm im Übrigen konkret zu fassen und wie weit der Tatbestand auszulegen ist, lässt sich aus dem britischen Regelungsvorbild in Anbetracht der Unterschiedlichkeit der Rechtsordnungen und der deutlichen Unterschiede im Wortlaut der Tatbestände nicht ableiten860. Folglich beinhaltet § 71a Abs. 1 AktG auch einen Kapitalschutzzweck eigener Art861. Wie weit dieser Kapitalschutz eigener Art allerdings gehen soll, ist umstritten. Die Ansichten reichen von einer auf die genannten Finanzierungsformen beschränkten besonderen Form des Kapitalschutzes862 bis hin zu einem grundsätzlichen und umfassenden Verbot von LBOs863, welches grundsätzlich den Zugriff auf das

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Einen solchen Versuch unternimmt Schroeder, S. 92 ff. Also der Schutz von Minderheitsaktionären und Gläubigern, s. Schroeder, S. 103 f.; Holzner, S. 255. Britische Lehrbücher diskutieren die Norm breit als Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen, ohne eine klare ratio legis herauszuarbeiten, s. Lowry/Reisberg, S. 324 ff. Skeptisch zum Zweck der Kapitalerhaltung Dignam/Lowry, S. 126 ff. 859 Siehe oben unter § 3 A. 860 Zu weit gehend daher Schroeder, S. 110 ff. 861 So auch die ganz überwiegende Meinung in der Literatur, s. oben Fn. 842. 862 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 1 („kapitalschützender Charakter“); „§ 57 AktG und § 71a AktG sind Holz vom gleichen Stamm“, s. Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 506; Riegger, S. 240. 863 Besonders weitgehend Ludwig, S. 134 f. Ähnlich MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 2; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1663 f.; Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1029; Kerber, Schuldübernahme, S. 53. 858

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Vermögen der Zielgesellschaft zur Anteilsfinanzierung unterbinden soll864. § 71a Abs. 1 AktG soll nach dieser strengen Ansicht auch eine Ausstrahlungswirkung auf ausdrücklich nicht im Tatbestand genannte Gestaltungen haben und somit auch etwa Verschmelzungen im Rahmen von LBOs verbieten865. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Schutzzwecks der Norm ist zunächst der Wortlaut der Norm: Nach diesem beschränkt sich das Verbot auf einige enumerativ aufgeführte Finanzierungformen. Eine Extension des Schutzzwecks auf ein allgemeines LBO-Verbot jedweder rechtlicher Gestaltung lässt sich mit der weiten Begründung des britischen Regelungsvorbilds allein nicht rechtfertigen, da die deutsche Gesetzesbegründung einen solchen Gesetzeszweck nicht aufgreift. Eine solche Extension des Normzwecks wäre nur durch einen überzeugenden telologischen Grund zu rechtfertigen. Ein solch überzeugender teleologischer Grund bestünde allenfalls dann, wenn bei LBOs und MBOs stets von einer hohen Gefährdung der Interessen der Gläubiger- und Minderheitsaktionäre auszugehen ist oder LBOs und MBOs auch bei fehlender Benachteiligung von Gläubigern und Minderheitsaktionären unter Nutzung zulässiger rechtlicher Gestaltungen als grundsätzlich gesamtwirtschaftlich schädlich bewertet werden würden und daher aus volkswirtschaftlichen Gründen erschwert oder untersagt werden sollen. Wie weiter oben ausgeführt866, sind LBOs und MBOs jedoch weder grundsätzlich volkswirtschaftlich nachteilig noch prinzipiell mit der Benachteiligung von Gläubigern oder Minderheitsaktionären verbunden. Eine Auslegung des eigenen Regelungszwecks des § 71a Abs. 1 AktG als umfassendes LBO-Verbot mit Ausstrahlungswirkung auf andere rechtliche Gestaltungen ist mangels einer überzeugenden teleologischen Begründung daher abzulehnen867. Der Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG ist folglich insgesamt restriktiv auszulegen. Über den Umgehungsschutz hinaus dient § 71a Abs. 1 AktG dem Wortlaut nach auch dem Kapitalschutz, da er bestimmte, besonders missbrauchsgefährdete Konstellationen von Finanzgeschäften der Gesellschaft mit Aktionären oder künftigen Aktionären gänzlich untersagt, unabhängig davon, ob sie gemäß § 71 ff. AktG im Wege des direkten Erwerbs eigener Aktien zulässig wären868. Im Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs von Anteilen besteht aufgrund des regelmäßig bestehenden Näheverhältnisses der Gesellschaft zum Empfänger der finanziellen Unterstützung eine besondere Gefährdungslage, dass diese finanzielle Unterstützung nicht zu den nach § 57 Abs. 1 S. 3 AktG vorgeschriebenen Bedingungen gewährt wird. Das Verbot des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG ist daher so zu ver864

Ludwig, S. 135. Ludwig, S. 136 ff.; Kerber, Schuldübernahme, S. 53. 866 Siehe hierzu oben unter § 4 B. IV. 867 Gl. M. Seibt, S. 300; Freitag, S. 163 f.; Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 400; Holzner, S. 258; Riegger, S. 248 f.; Westermann, Kapitalschutz, S. 162. 868 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 10; Schroeder, S. 115 f.; Lutter/Wahlers, S. 9; Nuyken, S. 1894. 865

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

stehen, dass diese besonderen Gefährdungslagen für den Kapitalschutz der Gesellschaft durch die Norm unterbunden werden und der Erwerber auf die Finanzierung durch Dritte oder andere, den Kapitalschutz weniger gefährdende rechtliche Gestaltungen (etwa Maßnahmen nach dem UmwG) verwiesen wird. Eine vorwiegend terminologische Frage ist, ob man in § 71a Abs. 1 AktG lediglich eine die Kapitalerhaltung nach § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG flankierende Norm869 oder eine Kapitalerhaltungsnorm eigener Art870 sieht. Nach derzeitiger Rechtslage untersagt § 71a Abs 1 S. 1 AktG auch Rechtsgeschäfte, die nach § 57 Abs. 1 S. 3 AktG zulässig wären, ohne dass die Möglichkeit eines Nachweises der Unbedenklichkeit dieser Rechtsgeschäfte unter Kapitalschutzaspekten besteht, so dass durchaus von einer Kapitalerhaltungsnorm eigener Art gesprochen werden kann. Allerdings birgt diese Terminologie die Gefahr einer weiteren extensiven Auslegung der Norm, die bei einer Qualifizierung als eine § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG bloß flankierende Norm weniger besteht. Zwar sprechen Reformbemühungen auf europäischer Ebene871 dafür, dass der Regelungszweck von § 71a Abs. 1 AktG im Falle einer Umsetzung dieser Reformen in die deutsche Gesetzgebung eher in einem flankierenden Schutz zu § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG zu sehen ist. Da diese Änderungen der Kapitalrichtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt wurden, ist auf Grundlage des geltenden Rechts die Einstufung als Kapitalerhaltungsnorm eigener Art vorerst weiter angebracht. 2. Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG lässt sich in drei Elemente untergliedern: Er setzt einen Erwerb von Aktien durch Dritte voraus, ein Finanzierungsgeschäft der Gesellschaft und einen finalen Zusammenhang zwischen Erwerb und Finanzierungsgeschäft. a) Erwerb von Aktien Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG setzt zunächst einen Erwerb von Aktien der Gesellschaft durch eine anderen – also eine andere juristische oder natürliche Person als die Gesellschaft – auf eigene Rechnung voraus872. Maßgeblich ist dabei der

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So die Formulierung von Lutter/Wahlers, S. 9. Ähnlich („§ 57 AktG und § 71a AktG sind Holz vom gleichen Stamm“) Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 506. 870 Fridrich, S. 207. 871 Nach Art. 25 Abs. 2 – 5 der geänderten Kapitalrichtlinie sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung jeweils unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, wenn der Kapitalschutz sicher gewährleistet ist, s. oben unter § 3 C. 872 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 25; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 42; Schroeder, S. 155. Würde der Dritte auf Rechnung der Gesellschaft handeln, so wären §§ 71, 71a Abs. 2 und § 71d AktG einschlägig, und nicht § 71a Abs. 1 AktG.

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Erwerbsbegriff des § 71 Abs. 1 AktG, der sowohl das obligatorische Verpflichtungswie das dingliche Erfüllungsgeschäft873 umfasst. Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG bezieht sich ausschließlich auf den derivativen Erwerb874, die Erstreckung auch auf den originären Erwerb875 ist nach der hier vertretenen Auffassung abzulehnen876. Dieser Unterscheidung folgend soll auch der Erwerb von unmittelbaren Bezugsrechten der Gesellschaft entsprechend dem originären Erwerb nicht dem Anwendungsbereich des § 71a Abs. 1 AktG unterfallen, der Erwerb mittelbarer Bezugsrechte entsprechend dem derivativen Erwerb von Aktien hingegen schon877. Eine neuere Auffassung stellt hingegen den mittelbaren Erwerb von Bezugsrechten dem unmittelbaren Erwerb gleich und möchte beide Varianten aus dem Anwendungsbereich des § 71a Abs. 1 AktG herausnehmen878. Begründet wird dies mit der von der Rechtsprechung zu Bezugsrechtsemissionen entwickelten Unterscheidung nach den Adressaten der Bezugsrechtsemission879. Nach dieser werden mittelbare Bezugsrechtsemissionen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unterzogen und, falls die Emissionsbank nur rein technische Funktionen der Abwicklung als Treuhänderin erfüllt, diese in der rechtlichen Wertung weitgehend ausgeblendet880. Dementsprechend sollte die Bank auch im Zuge der Umsetzung dieser Adressatendoktrin nur dann als ursprünglicher Erwerber der durch das Bezugsrecht vermittelten Anteile gelten, wenn sie nicht nur rein technische, abwickelnde Funktionen erfüllt. Somit würde jedenfalls der typische Erwerb des mittelbaren Bezugrechts dem unmittelbaren gleichgestellt werden und nicht mehr dem Anwendungsbereich des § 71a Abs. 1 AktG unterfallen. Diese Auffassung ist im Sinne der hier vertretenen möglichst restriktiven Auslegung der Norm überzeugend, da sie vermeidet, dass die komplizierten Regeln des Kapitalaufbrin-

873 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 14; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 26; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 44. Allein auf die Übertragung der Mitgliedschaftsrechte abstellend, da nur die Finanzierung dieser Rechteübertragung nach seiner Auffassung von § 71a Abs. 1 AktG untersagt werden soll, Schroeder, S. 151. Die besondere Gefährdung ergibt sich aber bereits aus der Finanzierung des Kaufpreisanspruchs und der damit verbundenen finanziellen Belastung der Gesellschaft, so dass der Erwerbsbegriff im Gleichlauf mit dem des § 71 Abs. 1 AktG auszulegen ist. 874 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 15; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 21; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 44; Schroeder, S. 153. 875 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 16; Spindler/Stilz/Cahn/von Spannenberg, § 56 Rn. 12 f.; Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 563. 876 Siehe oben unter § 6 B. III. 1. b). 877 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 15; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 43; Schroeder, S. 154. 878 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 22. 879 BGHZ 122, 180 (186); ausführlich hierzu Assmann/Sethe, S. 651 ff. 880 Verlässt die Bank die Rolle der Treuhänderin und nimmt eigene Rechte wahr, soll sie wieder selbst zur Adressatin der Schutznormen werden. Ob diese Unterscheidung sachgerecht ist, ist allerdings zweifelhaft, s. Assmann/Sethe, S. 666 f.

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gungsrechts mit § 71a Abs. 1 AktG um eine weitere Regelung erweitert werden, ohne dass damit erkennbare Nachteile für die Beteiligten verbunden wären. b) Finanzierungsgeschäft Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG setzt zudem ein Finanzierungsgeschäft der Gesellschaft voraus. Bei der Einbeziehung dritter Personen in das Finanzierungsgeschäft neben Erwerber und Gesellschaft ist hierbei zu unterscheiden: Handelt der Dritte für Rechnung der Zielgesellschaft, so wird sein Handeln gemäß §§ 71 d S. 1 und S. 4 i.V.m. § 71a Abs. 1 S. 1 AktG als Finanzierungsgeschäft der Zielgesellschaft zugerechnet. Handelt der zwischengeschaltete Dritte jedoch für Rechnung des Erwerbers und nicht der Zielgesellschaft, wird das Handeln des Dritten dem Erwerber gemäß § 57 Abs. 1 AktG zugerechnet881. aa) Darlehen, Sicherungsgeschäfte und Vorschüsse Im Tatbestand ausdrücklich genannt werden Rechtsgeschäfte, die die Gewährung eines Vorschusses, eine Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft beinhalten. Diese Begriffe, die so auch schon in Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie aufgeführt werden, sind nicht als rechtliche Definitionen im Sinne des deutschen Rechts zu verstehen, sondern europarechtlich zu verstehen und somit funktional auszulegen882. Unter Darlehen ist jedenfalls jedes Rechtsgeschäft i.S. der §§ 488 ff. BGB883 zu verstehen, aber auch Sachdarlehen nach §§ 607 ff. BGB884, darüber hinausgehend wohl auch im Sinne eines weiten Darlehensbegriffs die Einräumung eines Zahlungsziels885 und damit auch die Finanzierung von Aktienoptionsprogrammen886. Wesen eines Darlehens ist jedenfalls die Überlassung von Geld- oder Sachmitteln auf Zeit, verbunden mit einem Rückgewähranspruch des Darlehensgebers. Keine Darlehen i.S. der Norm sind daher fiktive Darlehen, bei denen die Rückzahlung tatsächlich nie beabsichtigt war887, sowie verlorene Zuschüsse888, bei denen eine 881 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 34; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 55; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 500. 882 Schroeder, S. 53 ff. 883 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 28; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 31; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 17; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 24. 884 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 31; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 24; Schroeder, S. 157. Die Wertpapierleihe, also die zeitweise Überlassung von eigenen Aktien an Aktionäre, stellt zwar ein Finanzierungsgeschäft im Sinne von § 71a Abs. 1 AktG dar, allerdings fehlt es an einem Erwerb von Aktien, so dass das Verbot regelmäßig keine Anwendung auf die Wertpapierleihe findet, s. Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 38; Brosius, S. 180; Buckel, S. 199. 885 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 17; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 31. 886 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 31; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 17. 887 Schroeder, S. 159.

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Leistung erbracht wird, zu deren Rückzahlung der Empfänger von vorneherein explizit nicht verpflichtet ist. Denn diese Fälle stellen klassische Fälle der verbotenen Einlagenrückgewähr dar, die unabhängig von ihrem Finanzierungszweck unzulässig sind und gemäß §§ 57 Abs. 1, 62 AktG zurückgefordert werden können889. Eine Umgehungsgefahr besteht in diesen Fällen eben gerade nicht, da die fehlende aktienrechtliche Zulässigkeit offensichtlich ist, so dass eine Erstreckung des Darlehensbegriffs auf solche Gestaltungen unnötig erscheint890. Die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft beinhaltet unter Zugrundelegung eines ebenfalls weiten Verständnisses des Tatbestandsmerkmals jede rechtsgeschäftliche Handlung, durch die sich die Gesellschaft gegenüber einem Dritten verpflichtet, für die Verbindlichkeiten eines anderen einzustehen, also namentlich das Stellen von Realsicherheiten wie Grundschuld und Hypothek, Pfandrechte an Forderungen und Sachen, Bürgschaften und Garantien, Sicherheitsübereignung oder Patronatserklärung891. Entsprechend fällt eine Kursgarantie als Form der Sicherheitsleistung unter den Tatbestand des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG892. Die Gegenansicht, die eine Anwendbarkeit jedenfalls dann verneint, wenn bei der Kursgarantie das Spekulationsgeschäft im Vordergrund steht893, vermag nicht zu überzeugen. Denn mit der Garantie sichert die Gesellschaft das Kursrisiko des Erwerbers ab. Die Schwierigkeit bei der Bezifferung des Wertes einer solchen Absicherung ebenso wie die Bezifferung des Verlustrisikos stellt genau die abstrakte Gefahrenlage dar, vor der § 71a Abs. 1 AktG typisiert schützen soll894. Zur Akquisitionsfinanzierung emittiert die Erwerbsgesellschaft oftmals Schuldverschreibungen, deren einzige Sicherheit die mit den eingenommenen Mitteln erworbenen Anteile der Zielgesellschaft sind (sogenannte junk bonds)895. Diese Ver888 A.A. auf Grundlage der Annahme eines offenen Tatbestands GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 32; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 21; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 30; Schmidt/Lutter-AktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 12; Schroeder, S. 175 ff. 889 Lutter/Wahlers, S. 9. 890 A.A. GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 32; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 38. 891 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 33; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 37; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 18; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 25; Schroeder, S. 159. 892 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 38; Schmidt/Lutter-AktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 13. Die Rechtsprechung hat eine Kursgarantie zwar als Vorschuss qualifiziert, aber ebenfalls ein Finanzierungsgeschäft im Sinne des § 71a Abs. 1 AktG qualifiziert, s. LG Göttingen WM 1992, 1337. Unter den Begriff der Kursgarantie fallen verschiedene Derivatkonstruktionen mit sehr unterschiedlich ausgestalteten Bedingungen, s. Hartung, S. 349 – 250 ff.; Buckel, S. 135 f. 893 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 25; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 40; KKAktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 37; Hartung, S. 351 f.; Buckel, S. 134. 894 Siehe oben unter § 6 B. III. 1 e). Im Einzelfall kann es je nach Ausgestaltung der Kursgarantie allerdings am erforderlichen Funktionszusammenhang zwischen Kursgarantie und dem Erwerb von Aktien fehlen, s. ausführlich Buckel, S. 135 ff. 895 Zum Begriff MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 31; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 36.

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wendung der Anteile stellt kein Finanzierungsgeschäft i.S. von § 71a Abs. 1 S. 1 AktG dar, da die Gläubiger das volle Kursrisiko tragen und keinen Zugriff auf Mittel der Gesellschaft erhalten896. Ein Finanzierungsgeschäft gemäß § 71a Abs. 1 S. 1 AktG läge aber dann vor, wenn die Erwerbsgesellschaft nach Erwerb der Anteilsmehrheit unter Zugriff auf das Vermögen der Zielgesellschaft die Schuldverschreibungen tilgen würde897. Unter dem ebenfalls im Tatbestand genannten Vorschuss kann in Bezug auf den vorliegenden Tatbestand eine Leistung verstanden werden, die teilweise oder vollständig vor dem Fälligkeitszeitpunkt gewährt wird, obgleich der Empfänger der Leistung diese erst später verlangen kann898. bb) Die These eines offenen Tatbestands mit Regelbeispielen Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG führt lediglich die genannten drei Finanzierungsformen auf. Auch wenn diese einzelnen Finanzierungsformen unter Berücksichtigung des europarechtlichen Hintergrunds der Norm899 jeweils funktional und weit auszulegen sind, verbleiben daher mögliche Finanzierungsformen des Erwerbs, die tatbestandlich dem Wortlaut nach auch bei weiter Auslegung der einzelnen Finanzierungsformen nicht erfasst wären, zumal durch Finanzinnovationen ständig weitere mögliche Finanzierungsformen hinzukommen900. Nach heute wohl überwiegender Auffassung901 sollen daher aus teleologischen Überlegungen die genannten drei Finanzierungsformen nur als Regelbeispiele eines im Übrigen offenen Tatbestands aufzufassen sein, um zu verhindern, dass die Verbotsnorm durch Nutzung einer nicht genannten Finanzierungsform umgangen 896

MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 31; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 49; KKAktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 36. 897 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 31; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 36; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 49. 898 LG Göttingen WM 1993, 1373 (1374); GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 30; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 11; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 28; Spindler/Stilz/ Cahn, § 71a Rn. 24; Schroeder, S. 161. 899 Siehe oben unter § 6 B. III. 2. b) aa). 900 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 41. 901 Schroeder, S. 174 ff. Ihm folgend GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 41; Hüffer-AktG, § 71a Rn. 2; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 19; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 27; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 27; Schmidt/Lutter-AktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 12 ff.; Singhof, S. 746; Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 397; Schmolke, Finanzielle Unterstützung, S. 1831 f.; Hartung, S. 90 f. Differenzierend Hassner, S. 356 f. In der Rechtsprechung ähnlich LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (519) sowie OLG Frankfurt WM 1992, 572 (576), die Kurspflegevereinbarungen als Finanzierungsform i.S. des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG subsumieren; die Revisionsinstanz ist auf diese Frage nicht mehr eingegangen, s. BGH AG 1994, 32 (34). A.A. und keinen offenen Tatbestand annehmend Lutter/Wahlers, S. 9; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 170; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 732; Fridrich, S. 220 ff.; Brosius, S. 107 f. Wohl auch Westermann, Kurspflegekosten, S. 625 f.

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werden kann. Da ein dieser Auslegung entgegenstehender gesetzgeberischer Wille weder des deutschen Gesetzgebers noch des Richtliniengesetzgebers festzustellen sein soll902 und auch das englische Regelungsvorbild keine Beschränkung auf einzelne Finanzierungsformen kenne903, sprächen auch keine zwingenden Einwände gegen eine teleologische Extension der Norm. Vielmehr sollten die in Art. 25 Abs. 1 genannten Finanzierungsgeschäfte – wie sich aus den Materialien zur Beratung über die Kapitalrichtlinie ergebe – nur als Beispiele für verbotene Finanzierungsgeschäfte zur Vereinfachung der Regelung dienen904. Zudem bestünde auch im deutschen Aktienrecht eine Regelungslücke, da § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG einen engeren Adressatenkreis aufwiesen als § 71a Abs. 1 S. 1 AktG und die Erstreckung von § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG auf bestimmte Adressaten einer finanziellen Unterstützung, insbesondere auf außen stehende Kreditgeber und Empfänger finanzieller Unterstützung vor Erwerb und nach Aufgabe der Aktionärsstellung, in Rechtsprechung und Literatur umstritten sei905. Zudem unterschieden sich § 57 Abs. 1 AktG und § 71a Abs. 1 S. 1 AktG hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen in Bezug auf Leistungen an Dritte906. Entsprechend unterfallen nach dieser Auffassung eine Reihe weiterer Finanzierungsgeschäfte dem Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG. So soll beispielsweise die Einlage in eine stille Gesellschaft nach Auffassung der Vertreter der extensiven teleologischen Auslegung ohne weiteres ein Finanzierungsgeschäft i.S. des § 71a Abs. 1 AktG sein907. Sofern Austauschverträge mit dem Erwerber zu marktüblichen Bedingungen erfolgen, bleibt zwar auch nach Ansicht der extensiven Auslegung für die Anwendung des § 71a Abs. 1 AktG kein Raum908 ; bei Austauschverträgen zu marktunüblichen Bedingungen wird von diesen jedoch ein Finanzierungseffekt gesehen und eine Anwendbarkeit des § 71a Abs. 1 AktG bejaht909. Die von den Vertretern der extensiven Auslegung beispielhaft genannten weiteren Finanzie902

Eingehend hierzu Schroeder, S. 178 f. Schroeder, S. 187. 904 Schroeder, S. 179. 905 Schroeder, S. 180 ff. 906 Schroeder, S. 183 ff. 907 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 35; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 23. Bei Ablehnung einer extensiven Auslegung fallen hingegen nur partiarische Darlehen unter den funktionalen Darlehensbegriff des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG, nicht aber die stille Gesellschaft. 908 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 30; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 20; Schroeder, S. 187 ff. Anders das britische Regelungsvorbild, bei dem in der Leitentscheidung Belmont Finance Corporation v Williams Furniture Ltd. and Others (No 2) [1980], I All E. R. 393 eine verbotenen Finanzierung bereits darin gesehen wurde, dass die Zielgesellschaft eine Tochtergesellschaft des Erwerbers erwerben musste und damit Liquidität verschaffte, auch wenn nach der subjektiven Vorstellung der Beteiligten der Kaufpreis für die Tochtergesellschaft des Erwerbers angemessen war, s. eingehend zu diesem Fall Schroeder, S. 38 f. Diesem Gedanken auch für das deutsche Recht folgend KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 29. 909 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 32; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 20; Schroeder, S. 174 f. 903

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rungsformen stellen nur einen Ausschnitt denkbarer Finanzierungsgeschäfte dar. Aus der Kasuistik des britischen Regelungsvorbilds sind verschiedentlich andere, teils ungewöhnliche Gestaltungen bekannt, die bei extensiver Auslegung auch unter den Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG fallen könnten: So wurden etwa Finanzierungsleistungen im Rahmen einer Betriebsaufteilung und Umstrukurierung eines Familienbetriebs910 tatbestandlich ebenso als financial assistance gewertet wie der Verkauf von Anteilen an Dritte unter der aufschiebenden Bedingung der Erfüllung einer offenen Forderung des Verkäufers gegenüber der Gesellschaft911. Aufgrund der britischen Erfahrungen mit der extensiven Auslegung kann vermutet werden, dass diese zu einer starken Ausweitung des Anwendungsbereichs der Norm führen und weitere Abgrenzungsfragen und rechtspolitisch zweifelhafte Anwendungsfälle nach sich ziehen würde. Stimmen im Schrifttum lehnen hingegen eine extensive Ausweitung des Tatbestands auf sonstige Finanzierungsformen mit der Begründung ab, dass diese bereits der Regelung der §§ 57, 62 AktG unterfielen und es daher an einer Lücke fehle, die eine Ausweitung des Tatbestands erforderlich machen würde912. Lücken im personellen Anwendungsbereich von § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG bestehen nach heutigem Stand von Rechtsprechung und Literatur jedoch wohl nicht mehr913. Die Rechtsfolgen hinsichtlich gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG verstoßender Leistungen an Dritte unterscheiden sich hingegen weiterhin914. Aus diesen Unterschieden lässt sich jedoch keine Regelungslücke ableiten; sofern die Rechtsfolge von § 71a Abs. 1 AktG im Einzelnen schärfer gefasst ist als die von § 57 AktG, ist dies gerade wegen des enger gefassten Tatbestands des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG für besonders missbrauchsgefährdete Finanzierungsgeschäfte begründbar und lässt nicht auf eine Regelungslücke schließen. Schwerer wiegt jedoch, dass nach dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie die dort genannten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ausdrücklich auf die drei genannten Finanzierungsformen beschränkt sind und – anders als im englischen Regelungsvorbild – kein offener Tatbestand gewählt wurde. Zudem ist der Entstehungsgeschichte der Norm zu entnehmen, dass die ursprüngliche Formulierung im Richtlinienentwurf915 auf britischen Vorschlag hin in Art. 18a Abs. 3 des Entwurfs finanzielle Unterstützung ausdrücklich als finanzielle Unter910

Brady v Brady [1989] II WLR 1308. Siehe hierzu Lowry/Reisberg, S. 332 f.; Tal, S. 256. Armour Hick Northern Ltd. v Whitehouse [1980] I WLR 1520. Siehe hierzu Tal, S. 256 f. 912 S. 9. Ähnlich Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 170; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 746. 913 Siehe oben unter § 6 B. II. 1. 914 Siehe zu den Rechtsfolgen von § 57 AktG oben unter § 6 B. II. 3. und zu den Rechtfolgen von § 71a Abs. 1 AktG unten unter § 6 B. III. 4. Durch die Aufgabe der Nichtigkeit als Rechtsfolge des § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG auch durch die Rechtsprechung haben sich die Unterschiede in den Rechtsfolgen sogar zuletzt verschärft. 915 Dok.R. 2174/74 (ES 196) v. 13. 12. 1974, Anlage S. 1 f., abgedruckt bei Schroeder, S. 18 f. 911

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stützung in jeglicher Form definierte916, diese offene Fassung des Tatbestands nach eingehender Diskussion aber ausdrücklich aufgegeben wurde917. Die Annahme, dass der endgültige Wortlaut trotz Streichung des ursprünglich offenen Tatbestands tatsächlich nur konkretisierende Beispiele von Finanzierungsgeschäften beinhaltet, findet in den Materialien keine Stütze918. In anderen europäischen Staaten außerhalb des Vereinigten Königreichs werden die Finanzierungsformen, die in den auf Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie beruhenden Normen genannt werden, wohl – soweit aus der Sekundärliteratur ersichtlich919 – ebenfalls überwiegend nicht teleologisch weit als offener Tatbestand ausgelegt, sondern lediglich die einzelnen genannten Finanzierungsmaßnahmen funktional und weit ausgelegt. Zudem hat der Richtliniengesetzgeber die in der Zwischenzeit erfolgten Reformen der Kapitalrichtlinie920 nicht zum Anlass genommen, den Tatbestand von Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie entsprechend dem britischen Regelungsvorbild ausdrücklich weit zu fassen. Methodisch ist es daher in besonderem Maße begründungsbedürftig, wenn eine im Zuge der Beratungen über eine Richtlinie zwar erwogene, aber schließlich vom Richtliniengesetzgeber ausdrücklich verworfene Fassung des Tatbestands entgegen dem Wortlaut der Norm durch teleologische Auslegung wieder Anwendung finden soll. Der in der Literatur921 genannte Gesichtspunkt der Umgehungsgefahr durch andere Finanzierungsgeschäfte als die ausdrücklich genannten würde allenfalls dann tragen, wenn der Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG weit zu verstehen wäre als grundsätzliche Missbilligung jeder Form der finanziellen Unterstützung oder gar als grundsätzliches LBO-Verbot. Fasst man jedoch wie hier vertreten den Regelungszweck lediglich als Kapitalschutzzweck eigener Art und abstraktes Gefährdungdelikt auf, fügt sich die restriktive Auslegung des Tatbestands in das System des Kapitalschutzes ein: Die genannten und funktional auszulegenden Finanzierungsformen Vorschuss, Darlehen und Sicherheiten stellen typisierte Finanzierungsformen dar, die ein besonders hohes Missbrauchspotential im Zusammenhang mit der Finanzierung des Aktienerwerbs beinhalten und deshalb wegen der durch sie begründeten abstrakten Gefahrenlage 916 Wobei Darlehen, Sicherheiten und Bürgschaften in diesem Entwurf nur als Beispiele für finanzielle Unterstützung aufgezählt werden. 917 Dok.R. 1310/76 (ES 45) Anhang 4 S. 24 (mit Vorbehalt der irischen Delegation in Fn. 1, dass diese (im Vergleich zum britischen Vorschlag bereits gelockerte Fassung) zu restriktiv sei; Schroeder, S. 19. 918 Ebenso mit ausführlicher Begründung Fridrich, S. 220 ff. 919 Für Belgien, Italien, Frankreich und die Niederlande Pühler, S. 34 ff., insbesondere S. 58 f., wobei Pühler selbst ebenfalls für eine Auslegung als offener Tatbestand unter Verweis auf die britische Herkunft und den Schutzzweck der Norm plädiert (S. 58 f.). Für einen Überblick über die Implementierung in anderen europäischen Ländern Wymeersch, S. 725 ff. Hinsichtlich der Auslegung des Tatbestands soll dabei in den meisten Mitgliedstaaten eine restriktive Auslegung verfolgt werden, s. S. 735 aaO. 920 Siehe zu dieser oben unter § 3 C. 921 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 41; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 19; KKAktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 27; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 27.

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grundsätzlich untersagt sind. Für alle übrigen Finanzierungsformen gelten weiter nur die allgemeinen Begrenzungen des § 57 Abs. 1 AktG, die eine Finanzierung bei Einhaltung bestimmter Bedingungen zulassen. cc) Besondere Gestaltungen (1) Break-fee-Vereinbarungen Vertreter einer extensiven Auslegung des § 71a Abs. 1 AktG bejahen zum Teil die Anwendbarkeit des § 71a Abs. 1 AktG auf solche Break-fee-Vereinbarungen unter Verweis auf die Finanzierungswirkung, die solchen Vereinbarungen jedenfalls dann zukommen, wenn die Finanzkraft des Bieters ohne diese Vereinbarungen nicht ausgereicht hätte, die Übernahme zu betreiben922. Andere Stimmen923 lehnen auch bei extensiver Auslegung von § 71a Abs. 1 AktG eine Anwendbarkeit grundsätzlich ab, da es an einer Finanzierungswirkung der Break-fee-Vereinbarung in jedem Fall fehle, da niemals die Finanzierung des Erwerbspreises erleichtert werde. Nach der hier vertretenen restriktiven Auslegung des Tatbestands des § 71a Abs. 1 AktG lässt sich eine Break-fee-Vereinbarung nicht unter die in § 71a Abs. 1 AktG bezeichneten Finanzierungsgeschäfte subsumieren. Eine solche Vereinbarung stellt keine Sicherheitsleistung dar, da mit dieser kein Solvenz- oder Wertrisiko abgesichert werden soll924. Vielmehr handelt es sich um die Einräumung eines genau bezifferbaren Anspruchs im Falle eines schuldhaften Verhaltens der Zielgesellschaft. Somit besteht auch keine abstrakte Gefährdungslage, da der konkrete Anspruch exakt bezifferbar ist. (2) Hin- und Herzahlen In § 27 Abs. 4 AktG ist mit dem ARUG925 neu geregelt worden, dass ein Aktionär von seiner Einlagepflicht vollständig befreit werden kann, wenn eine Leistung der Gesellschaft an den Aktionär vor der Einlageerbringung vereinbart worden ist, sofern diese durch einen jederzeit fälligen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist. Im Ergebnis kann durch diese Norm eine Einlagepflicht durch Übernahme einer Verbindlichkeit durch den Aktionär gegenüber der Gesellschaft erbracht werden. Zweck dieser Regelung ist es, im Gleichlauf mit § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG die Teilnahme auch einer neu gegründeten Gesellschaft an einem cash pooling zu er922

GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 39; Sieger/Hasselbach, S. 629. Offenbar grundsätzlich die Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG bejahend Hilgard, S. 293; Hartung, S. 345 f. Ähnlich schon für den einfachen Aktienerwerb ohne Verschmelzung Drygala, Deal Protection, S. 1461. 923 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 43; Schmidt/Lutter-AktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 13; Fleischer, Break-Fee-Vereinbarungen, S. 353 f.; Brosius, S. 176 f. Differenzierend MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 29. 924 Ähnlich Fridrich, S. 232 f. Ebenso als ein Vertreter der extensiven Auslegung mit ausführlicher Begründung Fleischer, Break-Fee-Vereinbarungen, S. 353. 925 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) vom 30. 07. 2009, BGBl. I 2009, S. 2479.

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möglichen, ohne dass die Vorschriften über die Kapitalaufbringung dadurch berührt würden926. Problematisch ist diese Zulässigkeit des Hin- und Herzahlens jedoch im Hinblick auf das Verhältnis zum Verbot der finanziellen Unterstützung: Geht man von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des Verbots der finanziellen Unterstützung auch auf den originären Erwerb von Aktien aus, stellt das nach § 27 Abs. 4 AktG an sich erlaubte Hin- und Herzahlen eine stets nach § 71a Abs. 1 AktG verbotene finanzielle Unterstützung dar927 mit der Folge, dass für § 27 Abs. 4 AktG kein Anwendungsbereich verbliebe. Einige Stimmen in der Literatur wollen diesem Dilemma dadurch begegnen, indem sie § 71a Abs. 1 AktG auf den originären Erwerb zwar grundsätzlich anwenden wollen, jedoch nur restriktiv und unter bestimmten Voraussetzungen928. Nach der hier vertretenen Auffassung besteht für eine Erstreckung des § 71a Abs. 1 AktG auch auf den originären Erwerb kein Anlass929. Daher besteht kein Konflikt in der Anwendung von § 27 Abs. 4 AktG und § 71a Abs. 1 AktG, da ersterer sich nur auf den originären, letzterer nur auf den derivativen Erwerb bezieht. § 71a Abs. 1 AktG untersagt folglich nicht das nach § 27 Abs. 4 AktG zulässige Hin- und Herzahlen. (3) Zustimmung zu einer befreienden Schuldübernahme Ob auch eine befreiende Schuldübernahme gemäß § 415 Abs. 1 BGB von § 71a Abs. 1 AktG tatbestandlich umfasst wird, war Gegenstand einer viel beachteten gerichtlichen Auseinandersetzung930, die Anlass zu einer lebhaften wissenschaftlichen Diskussion bot931. Gegenstand des Streits war die Rechtmäßigkeit einer komplexen Buyout-Transaktion, deren Einzelheiten darzustellen den Rahmen dieser Untersuchung sprengen würden932. Von Interesse ist für die vorliegende Untersuchung allein ein grundsätzlicher Aspekt der Finanzierungstechnik der Transaktion, der (vereinfacht dargestellt) darin bestand, dass der Erwerber (ein vermögensloses 926

Eingehend zum gesetzgeberischen Hintergrund Spindler/Stilz/Heidinger/Herrler, § 27 Rn. 215 ff. m.w.N. 927 Spindler/Stilz/Heidinger/Herrler, § 27 Rn. 265; Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 563. 928 Spindler/Stilz/Heidinger/Herrler, § 27 Rn. 268 möchte § 71a Abs. 1 AktG nur bei Änderung der Herrschaftsverhältnisse der Gesellschaft anwenden, was bei Kapitalerhöhung und Gründung nicht der Fall sei; KK-AktG/Arnold, § 27 Rn. 136 argumentiert mit dem Zweck des Verbots der finanziellen Unterstützung, welches den LBO verhindern soll, der jedoch regelmäßig keinen originären Erwerb beinhalte. 929 Siehe oben unter § 6 B. III. 1. b). 930 OLG Düsseldorf NZG 2007, 273 ff. („Babcock Borsig/HDW“); zuvor in derselben Sache LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 ff. 931 Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1027 ff.; Kerber, Anmerkung, S. 522 ff.; Kerber, Schuldübernahme, S. 50 ff.; Kerber, Babcock Borsig/HDW, S. 254 ff.; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 171 ff.; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1665 f. 932 Eine ausführliche Darstellung findet sich etwa in LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (516 f.) sowie bei Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1027 f.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Akquisitionsvehikel einer Private-Equity-Firma) den Kaufpreis für die Zielgesellschaft (eine Werft) in der Form beglich, dass er von der Muttergesellschaft der Zielgesellschaft (ein zu diesem Zeitpunkt bereits verdeckt insolventer Mischkonzern) eine Cash-Pooling-Forderung der Zielgesellschaft gegen die Muttergesellschaft im Wege einer befreienden Schuldübernahme gemäß § 415 Abs. 1 BGB übernahm. In Frage stand im nachfolgenden Gerichtsverfahren zwischen dem Insolvenzverwalter der Muttergesellschaft und dem Rechtsnachfolger des Erwerbers unter anderem, ob diese Form der Kaufpreisbegleichung als Maßnahme der finanziellen Unterstützung gemäß § 71a Abs. 1 AktG nichtig sei und der Kaufpreis deshalb noch nicht erfüllt und somit weiterhin fällig sei. Die beiden Instanzgerichte äußerten sich zu dieser Frage unterschiedlich: In erster Instanz wurde eine Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG verneint mit der Begründung, dass es an dem für die enumeriert aufgeführten Unterstützungsmaßnahmen Darlehen, Sicherheiten und Vorschuss typischen Abfluss liquider Vermögenswerte fehle und die befreiende Schuldübernahme daher trotz des grundsätzlich offenen Tatbestands des § 71a Abs. 1 AktG diesem nicht unterfalle933. Es fehle zudem an einer konkreten Vermögensgefährdung der Zielgesellschaft, da sich die Bonität des Schuldners nicht verschlechtert habe934. Schließlich entspräche es nicht dem Schutzzweck von § 71a Abs. 1 AktG, wenn als Konsequenz seiner Anwendbarkeit dem Verkäufer und nicht etwa der Zielgesellschaft weitere Ansprüche zukämen935. Die Berufungsinstanz hingegen hat die Frage der Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG bewusst offen gelassen936. In der Literatur stieß die Argumentation des ersten Instanzurteils auf ein geteiltes Echo. Während ein Teil der Literatur der Rechtsprechung hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG folgt, sei es unter Verweis auf die fehlende konkrete Vermögensgefährdung bei gleicher Bonität der Schuldner937, sei es unter Verweis auf die fehlende Weggabe liquider Mittel selbst bei schlechterer Bonität des neuen Schuldners938, bejaht die Gegenansicht eine (grundsätzliche) Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG939.

933

LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (519). LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (520). 935 LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (521). 936 OLG Düsseldorf NZG 2007, 273 (274). 937 Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 172 f. Nach a.A. ist der Schutz durch den anwendbaren § 57 Abs. 1 S. 1 AktG ausreichend, s. Brosius, S. 168. 938 Nuyken, S. 1897. 939 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 28; Schmidt/Lutter-Aktg/Bezzenberger, § 71a Rn. 12; Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1028; Kerber, Schuldübernahme, S. 52 f.; Kerber, Anmerkung, S. 522 ff.; Kerber, Babcock Borsig/HDW, S. 255 f.; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1665; Hartung, S. 318 f.; Hassner, S. 386 f. Bei Verschlechterung der Bonität eine Anwendbarkeit bejahend Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 48. 934

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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In den jeweiligen Argumenten spiegelt sich die grundsätzliche Diskussion über Zweck und Reichweite von § 71a Abs. 1 AktG wider940. Die Vertreter einer Nichtanwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG sind erkennbar vom Gleichlauf von § 71a Abs. 1 AktG mit dem vom BGH im „Novemberurteil“ entwickelten, inzwischen aber durch gesetzliche Regelung überholten Grundsätzen941 zur Kapitalerhaltung geprägt942. Die Befürworter einer Anwendbarkeit gehen hingegen von einem grundsätzlich offenen Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG aus, der jedes Finanzierungsgeschäft umfasst, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung oder Angemessenheit des Finanzierungsgeschäfts. Nach der hier vertretenen, restriktiven Auslegung von § 71a Abs. 1 AktG943 fände die Norm auf die befreiende Schuldübernahme Anwendung, wenn diese den im Tatbestand genannten Finanzierungsformen bei europarechtlich weiter Auslegung entsprechen würde und eine abstrakte Gefährdung nicht auzuschließen ist. Dies ist bei einer befreienden Schuldübernahme wohl anzunehmen: Dieser geht notwendig eine Darlehensgewährung voraus, deren Konditionen für die Zielgesellschaft nachteilig gestaltet sein könnten. Zwar greifen hier die bilanziellen Grundsätze von § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG hinsichtlich der Ausgestaltung von Darlehensbedingungen, doch bieten diese einen gewissen, die Darlehensgewährung privilegierenden Ermessensspielraum, der durch § 71a Abs. 1 AktG bei der Erwerbsfinanzierung gerade nicht eröffnet werden soll. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das ursprünglich gewährte Darlehen, welches im Wege der befreienden Schuldübernahme von der Zielgesellschaft übernommen wird, bereits im Hinblick auf die Erwerbsfinanzierung eingeräumt wurde, kann eine befreiende Schuldübernahme im Sinne von § 415 Abs. 1 BGB grundsätzlich eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung i.S. von § 71a Abs. 1 AktG darstellen944. Dass die daraus resultierende Nichtigkeitsfolge des § 71a Abs. 1 AktG in komplexen Transaktionen zu überraschenden Ergebnissen führen kann945, rechtfertigt 940

Siehe zu dieser oben unter § 6 B. III. 1. Wie die Vertreter dieser Meinung inzwischen selbst ausdrücklich einräumen Habersack, Hin- und Herzahlen, S. 562 Fn. 40. 942 Auf dieses Urteil bezieht sich LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (519) ausdrücklich, erkennbar auch an den Formulierugen „Abfluss von liqiden Mitteln“ und „konkrete Vermögensgefährdung“. Ebenso Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 172. Zusätzlich wird teilweise auch von einem Gleichlauf von §§ 71 und 71a Abs. 1 AktG ausgegangen, s. Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 176 f. 943 Siehe oben unter § 6 B. III. 2. b) bb). 944 Allerdings dürfte je nach zeitlichem Abstand zwischen Bestellung und Übernahme im Einzelfall der finale Zusammenhang zwischen Finanzierungsgeschäft und Anteilserwerb fraglich sein, siehe hierzu unten unter § 6 B. III. 2. c). 945 Im entschiedenen Fall hätte eine konsequente Anwendung die überraschende Folge gehabt, dass die Zielgesellschaft als Rechtsnachfolgerin der Erwerbsgesellschaft nach erfolgter Verschmelzung den gesamten Kaufpreis hätte erneut begleichen müssen und ihr gegenüber der inzwischen insolventen früheren Muttergesellschaft nur eine Masseforderung für ihr früheres Darlehen zustehen würde, s. LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (521). 941

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

jedenfalls keine teleologische Reduktion auf der Rechtsfolgenseite946, da die strenge Nichtigkeitsfolge gerade für eine strikte Beachtung des Verbots der finanziellen Unterstützung sorgen soll947. (4) Anwachsende Verschmelzung Ebenfalls im Zuge des oben geschilderten Verfahrens wurde die Frage aufgeworfen, ob die dort gewählte Vorgehensweise der anwachsenden Verschmelzung mit dem Verbot der finanziellen Unterstützung vereinbar ist948. Bei einer solchen Gestaltung wird – wiederum vereinfacht dargestellt – nach Erwerb durch eine Erwerbsgesellschaft die Zielgesellschaft zunächst gemäß §§ 190 ff. UmwG in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Als einziger Kommanditist fungiert die Erwerbsgesellschaft, als Komplementärin eine weitgehend vermögenslose GmbH. Anschließend überträgt die Komplementärin ihren Anteil an der GmbH & Co. KG auf die Erwerbsgesellschaft als Kommanditistin, die damit durch Anwachsung alle Anteile an der GmbH & Co. KG hält und die damit – da die GmbH & Co. KG eine Personengesellschaft ist – diese zum Erlöschen bringt und deren Vermögen auf sich vereint. Die erwünschte Folge ist dabei die Konfusion der Vermögensmassen von Erwerbsgesellschaft und Zielgesellschaft, wodurch die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft sich mit dem Vermögen der Zielgesellschaft in einer Gesellschaft vereinigen. Die dabei entstehende bilanzielle Lücke auf der Aktivseite durch Übernahme der Passiva der (hoch verschuldeten) Zielgesellschaft müssen durch einen Ansatz von goodwill in entsprechender Höhe auf der Aktivseite ausgeglichen werden, der sukzessive abgeschrieben werden muss. Eine direkte Anwendbarkeit des § 71a Abs. 1 AktG auf diese Gestaltung scheidet aus, da § 71a Abs. 1 AktG auf die GmbH & Co. KG keine Anwendung findet. In dieser Vorgehensweise sieht jedoch ein Teil der Literatur949 eine Umgehung des Verbots der finanziellen Unterstützung, da der (vermeintliche) Schutzzweck der Norm des strengen Kapitalschutzes und allgemeinen LBO-Verbots verletzt werde950, mit der Konsequenz, dass § 71a Abs. 1 AktG auf solche Vorgänge nach dieser Auffassung weiterhin Anwendung finden soll, obgleich die Zielgesellschaft zum Zeitpunkt der anwachsenden Verschmelzung schon keine Aktiengesellschaft mehr

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So aber LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (521). Siehe zu den Rechtfolgen unten unter § 6 B. III. 3. 948 Einzelheiten zum Ablauf einer anwachsenden Verschmelzung bei Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1027 f.; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 171 f. 949 Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1029; Kerber, Schuldübernahme, S. 52 f. Dieser sieht zugleich auch in der anwachsenden Verschmelzung einen Institutionenmissbrauch und eine Ausstrahlungswirkung des UmwG, die eine Anwendbarkeit der sonst bei Verschmelzungen nach dem UmwG geltenden Schutzvorschriften jedenfalls nahe legt, ohne dass diese Thesen konkretisiert würden. 950 Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1029. 947

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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ist. Die Gegenauffassung951 verweist darauf, dass der Gesetzgeber eine Umstrukturierung und Umwandlung nicht generell verbiete, die Möglichkeit der anwachsenden Verschmelzung zwingendes Gesellschaftsrecht sei und die Gläubiger bereits beim vorangegangenen Rechtsformwechsel gemäß §§ 204, 22 UmwG geschützt seien, während Minderheitsaktionäre im konkreten Fall überhaupt nicht vorhanden waren. Anders als bei einer Verschmelzung nach dem UmwG bestehen bei einer anwachsenden Verschmelzung in der Tat keine gesonderten Schutzvorschriften für Gläubiger oder etwaige Minderheitsaktionäre. Diese sind allein durch die Schutzvorschriften des vorangegangenen Rechtsformwechsels (in diesem Fall von einer AG in eine GmbH & Co. KG) geschützt: Nach §§ 204, 22 UmwG können die Gläubiger Sicherheitsleistung verlangen952 und gemäß § 194 Nr. 6 UmwG muss im Umwandlungsbeschluss ein angemessenes Barabfindungsgebot für die nicht zustimmenden Minderheitsaktionäre festgelegt werden – sofern solche überhaupt vorhanden sind – gegen dessen Höhe sich die Minderheitsaktionäre ggf. gemäß § 196 UmwG wehren und Entscheidung im Spruchverfahren verlangen können. Die Gläubiger hätten folglich im vorliegenden Fall ihre Forderungen gegenüber der Zielgesellschaft bei der Umwandlung von einer AG in eine GmbH & Co. KG durch Sicherheitsleistung sichern können; problematisch ist allerdings, dass sie möglicherweise zum Zeitpunkt der Umwandlung noch nicht abschätzen konnten, dass die GmbH & Co. KG wenig später auf eine Erwerbsgesellschaft mit erheblichem Schuldenüberhang verschmolzen werden würde und sich dadurch die Bonität der Schuldnerin ihrer Forderungen schlagartig verschlechtern würde, ohne dass ihnen dagegen Rechtsbehelfe oder Sicherungsmöglichkeiten zustehen würden. Allerdings unterliegt die GmbH & Co. KG nicht einer der AG vergleichbaren strengen Vermögensbindung; die Gläubiger hätten also schon bei Umwandlung davon ausgehen können, dass sich die Bonität der Zielgesellschaft auf unvorhersehbare Weise – sei es durch Kapitalentnahmen der Gesellschafter, sei es durch anwachsende Verschmelzung und Übernahme eines Schuldenüberhangs – künftig kurzfristig verschlechtern könnte und hätten entsprechende Sicherheitsleistung verlangen müssen953. Der nach der hier vertretenen Auffassung mit § 71a Abs. 1 AktG beabsichtigte Kapitalschutzzweck eigener Art und Umgehungsschutz zum Verbot des Erwerbs 951

MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 27; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 46; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 174 ff.; Brosius, S. 164 ff.; Zeyher, S. 309. 952 Der Umstand des Wechsels von einer Kapital- in eine Personengesellschaft reicht dabei bereits für die nach § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwG erforderliche Glaubhaftmachung der Erfüllungsgefährdung aus, s. Lutter-UmwG/Decher/Hoger, § 204 Rn. 13 m.w.N. 953 Darüber hinaus ist auch zu überlegen, ob die Möglichkeit der anwachsenden Verschmelzung bei der GmbH & Co. KG grundsätzlich in ihrer jetzigen Form rechtspolitisch sinnvoll ist oder ob es nicht zusätzlicher Schutzvorschriften für die beteiligten stakeholder bedarf. Dies ist jedoch keine Frage des Kapitalschutzes in der Aktiengesellschaft und kann daher hier dahingestellt bleiben.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

eigener Aktien wird bereits durch die Schutzvorschriften bei Rechtsformwechsel umfassend gesichert. Unter dem Gesichtspunkt der Umgehung954 ist es somit nicht erforderlich, § 71a Abs. 1 AktG über den Rechtsformwechsel hinaus fortgelten zu lassen955. c) Funktionszusammenhang zwischen Erwerb von Aktien und finanzieller Unterstützung Der Erwerb der Aktien durch Dritte und das Finanzierungsgeschäft müssen schließlich final miteinander verknüpft sein. Dies kommt in der Formulierung „zum Zwecke des Erwerbs“ in § 71a Abs. 1 S. 1 AktG zum Ausdruck und unterscheidet Maßnahmen der finanziellen Unterstützung von sonstigen Finanzgeschäften der Aktiengesellschaft mit ihren Aktionären956. aa) Zeitlicher Zusammenhang zwischen Finanzierung und Erwerb Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung957 wird aus der Formulierung „zum Zwecke des Erwerbs“ abgeleitet, dass nur Finanzierungsgeschäfte vor einem Erwerb von Anteilen vom Verbot des § 71a Abs. 1 AktG umfasst sind. Die Gegenauffassung958 verweist zu Recht auf eine gebotene richtlinienkonforme Auslegung und die in Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie verwendete Formulierung „im Hinblick auf den Erwerb“, die im Gegensatz zur deutschen Formulierung keine zeitliche Einschränkung erkennen lässt, sowie auf entstehende Schutzlücken, wenn das Finanzierungsverbot durch Änderung der zeitlichen Reihenfolge von Erwerb und Finanzierungsgeschäft ohne weiteres umgangen werden könnte. 954

Allgemein zur Umgehungslehre im deutschen Recht siehe auch unten unter § 6 B. IV. 2. Etwas anderes könnte allenfalls angenommen werden, wenn man der Ansicht folgen würde, dass § 71a Abs. 1 AktG ein allgemeines LBO-Verbot normieren soll; selbst dann dürfte es allerdings schwer fallen, eine Fortgeltung von § 71a Abs. 1 AktG auch nach wirksamen Rechtsformwechsel zu begründen, da § 71a Abs. 1 AktG in der GmbH & Co. KG eindeutig nicht gilt und den jeweiligen Unterschieden in den beiden Rechtsformen bereits durch die Vorschriften des UmwG Rechnung getragen wird. Eine Fortgeltung könnte daher allenfalls de lege ferenda gefordert werden, da eine Schutzlücke in den Regeln zum Rechtsformwechsel angesichts der umfassenden Schutzvorschriften des UmwG und der Kenntnis des Gesetzgebers von den Unterschieden in den Rechtsformen und ihres jeweiligen Kapitalschutzes nicht zu erkennen ist. 956 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 39; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 34; Schroeder, S. 193. 957 Otto, Leveraged Buyouts, S. 1393 ff.; Semler, S. 628. Zuletzt mit ausführlicher Begründung Fridrich, S. 210 ff.; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 740 f. 958 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 3; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 40; MünchKommAktG/Oechsler, § 71a Rn. 36; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 46; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 36; Schmidt/Lutter-Aktg/Bezzenberger, § 71a Rn. 14; Schroeder, S. 194 ff.; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 501; Lutter/Wahlers, S. 9; Riegger, S. 237; Ludwig, S. 137 f.; Nuyken, S. 1895; Holzner, S. 242 f.; Brosius, S. 89; Hartung, S. 94. 955

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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Zugleich kann eine zeitlich unbeschränkte Anwendbarkeit des Finanzierungsverbots jedoch zu erheblichen Schwierigkeiten in der Praxis führen, da in einem solchen Fall auch nach zulässig finanzierter Übernahme Finanzgeschäfte zwischen der Erwerbergesellschaft und der Zielgesellschaft dauerhaft erschwert würden, da jedes spätere Finanzgeschäft als nachträgliche Erwerbsfinanzierung bewertet werden könnte959. Um diesem Problem zu begegnen, wird vorgeschlagen, dass die Vermutung einer verbotenen Erwerbsfinanzierung mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Erwerb der Anteile abgeschwächt werden sollte, ohne dass es hierfür jedoch starre zeitliche Grenzen geben dürfe960. Andere Autoren schlagen konkretere zeitliche Grenzen vor, nach denen die Vermutung eines Zusammenhangs des Finanzierungsgeschäfts mit dem Erwerb entfallen soll961. Im Interesse der Rechtssicherheit scheint es überzeugender, einen festen Zeitraum zu definieren, in dem vermutet werden soll, dass Finanzierungsgeschäfte zugunsten des Erwerbers zum Zwecke des Erwerbs erfolgen. Eine solche „Cooling-off“-Phase zwischen Erwerb und Finanzierungsgeschäft könnte sinnvollerweise ein Jahr betragen, wobei unerheblich ist, ob Erwerb auf Finanzierungsgeschäft folgt oder umgekehrt. Ein Erwerber, dem es gelingt, die Finanzierung des Erwerbs für ein Jahr ohne Rückgriff auf die Mittel der Zielgesellschaft zu stemmen und der für diese Phase bereit ist, das wirtschaftliche Risiko der Gesellschaft und die Lasten der Finanzierung zu tragen, wird mutmaßlich keine wesentlich höhere Gefährdung für die Interessen der Gläubiger und Minderheitsaktionäre der Gesellschaft darstellen als jeder andere Mehrheitsaktionär auch. Nach Ablauf dieses Zeitraums wären Finanzierungsgeschäfte zwischen Gesellschaft und Erwerber aufgrund der Umkehrung in der Vermutung wieder weitgehend ungehindert von den Beschränkungen des § 71a Abs. 1 AktG möglich. bb) Anforderungen an den Funktionszusammenhang Das Finanzierungsgeschäft muss die Unterstützung des Aktienerwerbs zum Zweck haben. Dies setzt voraus, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass die Finanzierung eben diesem Zweck dienen soll962. Dabei ist das Einvernehmen über den Finanzierungszweck zu vermuten, wenn das Finanzierungsgeschäft in engem zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Aktienerwerb abgeschlossen

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Zur Frage des Verhältnisses von § 71a Abs. 1 AktG zu den konzernrechtlichen Vorschriften, die nach Erwerb häufig ebenfalls einschlägig sein werden, siehe unten unter § 7 B. II. 3. und III. Unabhängig davon sind auch Gestaltungen möglich, in denen nach Erwerb von Anteilen keine Konzernierung stattfindet. 960 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 37; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 47. 961 Nach Ablauf eines Jahres nach Erwerb etwa Schroeder, S. 198. Nach Ablauf von sechs Monaten KK-AktG/Lutter (2. Auflage) § 71a Rn. 6 unter Verweis auf § 66 Rn. 34. 962 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 45; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 39; Spindler/ Stilz/Cahn, § 71a Rn. 35; Brosius, S. 87 f.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

wird963. Hierfür reicht es aus, wenn die Unterstützung des Aktienerwerbs der Hauptzweck des Finanzierungsgeschäfts ist, es ist nicht erforderlich, dass die Unterstützung des Aktienerwerbs den alleinigen Zweck darstellt. Die erforderliche subjektive Einigkeit der Parteien über den Zweck des Finanzierungsgeschäfts wird folglich anhand der objektiven Umstände widerleglich vermutet, ohne dass es zu einer tatsächlichen rechtsgeschäftlichen Einigung über den Erwerbszweck kommen muss964. Allerdings kann eine solche objektive Vermutung des Finanzierungszwecks nicht daraus abgeleitet werden, dass Finanzierungsgeschäfte nicht zu Drittbedingungen erfolgen965. § 71a Abs. 1 AktG stellt ausdrücklich nicht auf Drittbedingungen hinsichtlich der Gewährung von Finanzierungsgeschäften ab, sondern untersagt jede Form von Finanzierungsgeschäften zum Zwecke des Erwerbs966. Die Ausgestaltung der Bedingungen kann daher nicht als Indiz für eine Erwerbsfinanzierung dienen. Im Übrigen ist für die subjektive Einigkeit ausreichend, dass die Vorstellung einer Partei vom Finanzierungszweck der Erwerbsunterstützung der anderen Partei erkennbar geworden ist und von dieser nicht beanstandet wurde967. Im Einzelnen bereitet es jedoch Schwierigkeiten, eine tatsächlich vorliegende finale Verknüpfung von zufälligem tatbestandlichem Zusammentreffen nach sachlichen Gesichtspunkten abzugrenzen968. Während es etwa einleuchtend sein mag, bei einem Überbrückungskredit der Gesellschaft an einen wichtigen Lieferanten, von dem sie weiß, dass er auch Aktien der Gesellschaft erworben hat, nicht vom Vorliegen eines Finanzierungszwecks auszugehen969, fällt dieser Rückschluss bei einer Einbindung der Zielgesellschaft in das cash pooling des Erwerbers ungleich schwerer970 : In letzterem Fall könnte der Erwerber den erwünschten Finanzierungszweck leicht erzielen, indem er die mit hohen Verbindlichkeiten belastete Erwerbsgesellschaft mit der mit ausreichend Vermögen ausgestatteten Zielgesellschaft über ein cash pooling verbindet. Würde man bei einer solchen Einbindung in das cash pooling des Erwerbers einen Finanzierungszweck wegen des grundsätzli-

963 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 39; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 35; Schroeder, S. 202 f. 964 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 45; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 35; Schroeder, S. 202. 965 So aber wohl Schroeder, S. 207. 966 Siehe oben unter § 6 B. III. 2. b) aa). 967 So überzeugend in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur Geschäftsgrundlage Schroeder, S. 202. 968 Ausführlich mit einzelnen Beispielen Schroeder, S. 199 ff. 969 Schroeder, S. 199 ff. 970 Nach anderer Auffassung soll eine Abgenzung von zulässigem cash pooling und nicht erlaubter Erwerbsfinanzierung „bei sachgerechter Handhabung“ leicht möglich sein, s. Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 501. Eine solche wäre aber allenfalls nach quantitativen Gesichtspunkten möglich, da jedes Finanzierungsgeschäft zugunsten der Erwerbsgesellschaft jedenfalls mittelbar bei der Finanzierung des Erwerbs hilft.

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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chen Nutzens für die Konzerninnenfinanzierung regelmäßig verneinen971, liefe das Verbot des § 71a Abs. 1 AktG weitgehend leer und könnte leicht umgangen werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte daher primär auf die zeitliche Nähe von Finanzierung und Erwerb abgestellt werden, die eine Vermutung einer verbotenen Erwerbsfinanzierung indiziert. Diese zu entkräften ist Aufgabe der betroffenen Parteien. In Fällen, in denen ein anderweitiger Finanzierungszweck plausibel gemacht werden kann oder die Unkenntnis einer Partei nachgewiesen werden kann, entfiele die finale Verknüpfung. An diese Entkräftung sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen: Nicht ausreichend dürfte daher der Nachweis sein, dass die Erwerbsfinanzierung nicht Hauptzweck des Finanzierungsgeschäfts war972. Vielmehr müsste nachgewiesen werden, dass die Erwerbsfinanzierung überhaupt nicht bezweckt und allenfalls ein unbeabsichtigter Nebeneffekt war. d) Verbotsausnahmen Ordnungsgemäße Dividendenzahlungen stellen keine Finanzierungsform i.S. des § 71a Abs. 1 AktG dar, auch wenn sie zur Anteilsfinanzierung dienen, einen Vorschuss zur Erwerbsfinanzierung beinhalten oder eine Teilliquidation der Gesellschaft darstellen973. Durch die strengen Vorschriften zur Dividendenausschüttung sind Missbräuche nahezu ausgeschlossen, so dass § 71a Abs. 1 AktG nicht eingreift, zumal dieser sonst die Finanzverfassung der Aktiengesellschaft stören könnte974. Im Schrifttum wird darüber hinaus unter Verweis auf die Umgehungsschutzfunktion des § 71a Abs. 1 AktG vertreten, dass sämtliche Ausnahmetatbestände des § 71 Abs. 1 und Abs. 2 AktG Anwendung finden müssten und das strikte Verbot insofern teleologisch reduziert werden müsse975. Da der Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG jedoch keineswegs auf einen bloßen Umgehungsschutz zu § 71 AktG beschränkt ist976, finden nur die in § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG ausdrücklich genannten Ausnahmetatbestände Anwendung. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, hätte er wie in § 71a Abs. 2 AktG einen Gesamtverweis auf § 71 Abs. 1 AktG einfügen können. In § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG sind verschiedene Ausnahmetatbestände zum Verbot des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG normiert: Ausgenommen vom Verbot der finanziellen Unterstützung sind gemäß § 71a Abs. 1 S. 1. Hs. 1. Alt. AktG Rechtsgeschäfte, die 971

So aber die Auffassung von Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 36. So aber Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 36. 973 Allg. M., s. GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 36; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 24; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 32; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 30; Schroeder, S. 190 ff. 974 Ausführlich Schroeder, S. 192. 975 Werner, S. 14; Westermann, Kurspflegekosten, S. 625 f.; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 167 ff. 976 Siehe hierzu oben unter § 6 B. III. 1. 972

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

von einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut im Rahmen seiner laufenden Geschäfte vorgenommen werden unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass die in § 71a Abs. 1 S. 2 2. Hs. AktG normierte Kapitalgrenze nicht unterschritten wird. Zweck dieser Ausnahmevorschrift ist es, im Wertpapierhandel tätige Gesellschaften vor Wettbewerbsnachteilen zu schützen977. Der Begriff des Kreditinstituts entspricht dem der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 KWG, der des Finanzdienstleistungsinstituts dem der §§ 1 Abs. 1 a, 2 Abs. 6 KWG978. Um jedoch den Schutzzweck des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG auch bei solchen Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten zu sichern979, ist der Ausnahmetatbestand auf den Rahmen der laufenden Geschäfte begrenzt. Dieser umfasst das reguläre, gewöhnliche Wertpapiergeschäft der Gesellschaft980. Er ist insbesondere überschritten, wenn das Geschäft mit einer ungewöhnlich hohen Kapitalbelastung der Gesellschaft verbunden ist, ein ungewöhnlich hohes Volumen umfasst oder außergewöhnliche Bedingungen etwa hinsichtlich Laufzeit und Verzinsung beinhaltet981. Die Finanzierung der eigenen Übernahme oder die Finanzierung von Abwehrmaßnahmen in der Übernahmesituation stellen in jedem Fall außergewöhnliche Geschäfte dar982. Als zweite Ausnahme sieht § 71a Abs. 1 Satz 2 AktG aus sozialpolitischen Gründen die Zulässigkeit der Finanzierung von Belegschaftsaktien von Mitarbeitern und Mitarbeitern von verbundenen Unternehmen vor983. Zur Sicherung des Schutzzwecks von § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG gilt diese Ausnahme nur für Mitarbeiter, die für eine gewisse Dauer angestellt sind984, um Umgehungen zu vermeiden. Ebenso gilt diese Ausnahme nicht für die Finanzierung von Aktienerwerben durch Organmitglieder, um nicht unbeabsichtigt MBOs zu erleichtern985. Beide Ausnahmetatbestände werden wiederum durch die besondere Kapitalgrenze des § 71a Abs. 1 Satz 2 2. Hs. AktG begrenzt und sind nur in dem Umfang 977 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 5; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 44; Spindler/Stilz/ Cahn, § 71a Rn. 56; Schroeder, S. 216; Singhof, S. 747. 978 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 59; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 45; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 56; Schroeder, S. 216 f. 979 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 60; Schroeder, S. 217. 980 BGH ZIP 2006, 2119 (2120); Hüffer-AktG, § 71a Rn. 5; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 46; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 57. 981 BGH ZIP 2006, 2119 (2120); GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 60; MünchKomm-AktG/ Oechsler, § 71a Rn. 46; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 57; Schroeder, S. 217 f.; Singhof, S. 747. 982 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 46; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 57; Schroeder, S. 218. A.A. Singhof, S. 747. 983 Entsprechend der Ausnahme beim direkten Erwerb eigener Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG, auf dessen Auslegung auch für diesen Tatbestand zurückgegriffen werden kann, s. GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 61; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 47; Spindler/ Stilz/Cahn, § 71a Rn. 58; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 62. 984 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 61; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 47; Schroeder, S. 221. 985 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 47; Schroeder, S. 221.

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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zulässig, in dem sie diese Grenze nicht verletzen. Die Kapitalgrenze richtet sich nach dem freien Vermögen der Gesellschaft986. Eine Finanzierung des Erwerbs ist nur in dem Maße möglich, in dem auf freies Vermögen zum Zeitpunkt der Finanzierung zurückgegriffen werden kann. Erforderlich ist dabei eine doppelt hypothetische Betrachtungsweise987: Es ist zum einen zu unterstellen, dass nicht der Erwerber, sondern die Gesellschaft direkt Aktien erwirbt und zum anderen, dass die Gesellschaft hierfür fiktiv eine Rücklage bilden kann und dadurch das gebundene Kapital nicht berührt wird. Umstritten ist, ob für die Rücklage der volle Erwerbspreis der Aktien entsprechend § 71 Abs. 2 AktG in Ansatz gebracht werden muss988 oder lediglich die tatsächlich erbrachte Finanzierungsleistung989. Trotz des insofern missverständlichen Wortlauts der Norm990 kann jedoch nur der Ansatz der tatsächlich erbrachten Finanzierungsleistung sinnvoll sein. Andernfalls würde die Gesellschaft, falls der Finanzierungsumfang niedriger als die Erwerbskosten ausfallen sollte, für Risiken fiktive Rücklagen bilden, die sich auf keinen Fall realisieren können991. Bei der Bemessung der fiktiven Rücklage müssen in jedem Fall auch frühere, noch bestehende Finanzierungsleistungen berücksichtigt und in Ansatz gebracht werden992. Ergibt eine Bildung der fiktiven Rücklage nach den dargelegten Grundsätzen, dass für die Rücklagenbildung auf gebundenes Kapital zurückgegriffen werden müsste, ist die Finanzierung des Erwerbs in diesem Umfang gemäß § 71a Abs. 1 Satz 2 2. Hs. AktG unzulässig. 3. Rechtsfolgen und Rechtsschutz Nach überwiegender Ansicht ist Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 71a Abs. 1 S. 1 AktG die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts, nicht jedoch des Erfüllungsgeschäfts993. Begründet wird diese Auffassung mit der systematischen Stellung von § 71a Abs. 1 S. 1 AktG im Zusammenhang mit der Regelung des Erwerbs ei-

986

Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 59; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 48. Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 59; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 48. 988 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 6; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 63; MünchKomm-AktG/ Oechsler, § 71a Rn. 48; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 64. 989 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 60; Singhof, S. 748 ff.; Schroeder, S. 225. 990 Die wohl einen Übertragungsfehler vermuten lässt, s. Schroeder, S. 225. 991 Singhof, S. 750. 992 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 64; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 49; KKAktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 65; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 60; Singhof, S. 751; Schroeder, S. 225 f. 993 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 4; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 48; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 50; Lutter/Wahlers, S. 10; Schroeder, S. 254; Seibt, S. 305; Fridrich, S. 263; Brosius, S. 92 f. Differenzierend MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 40; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1666. Siehe auch Fn. 7 bei Freitag, S. 158. 987

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

gener Aktien994, die als Rechtsfolge in § 71 Abs. 4 S. 1 AktG die Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts vorsieht. Zudem soll die Formulierung des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG, die von einem Rechtsgeschäft spricht, darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber lediglich die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts beabsichtigte995. Wie der Gesetzesbegründung jedoch zu entnehmen ist, war Grund für die Formulierung vorwiegend das Bestreben des Gesetzgebers, die Vorgaben des Art. 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie von 1976 in die bestehende Systematik des deutschen Aktienrechts einzupassen996. Aus diesem Grund wurde der vom Gesetzgeber als vergleichbar eingeordnete frühere § 71 Nr. 5 AktG a. F. mit der Umsetzungsnorm von Art. 23 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie von 1976 zu einem neuen § 71a AktG zusammengefasst und dabei die Formulierung des § 71 Nr. 5 AktG a. F. in den neuen § 71a Abs. 2 AktG eingearbeitet997. Dieser § 71 Abs. 2 AktG (§ 71 Nr. 5 AktG a. F.) regelt den Erwerb auf Rechnung der Gesellschaft, eine Regelung zur Umgehung der §§ 71 ff. AktG, die kaum Berührungspunkte mit dem Verbot der finanziellen Unterstützung aufweist. Zudem besteht bei dieser Norm die Besonderheit, dass der geregelte Tatbestand stets in ein Innenverhältnis (Gesellschaft gegenüber Erwerber auf Rechnung) und ein Außenverhältnis (Erwerber auf Rechnung und Verkäufer) unterfällt und sich demzufolge die Rechtsfolge der Nichtigkeit ausdrücklich nur auf das obligatorische Rechtsgeschäft im Innenverhältnis beziehen soll, während das Außenverhältnis hiervon unberührt bleiben soll998. Die in § 71a Abs. 1 AktG geregelten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unterfallen jedoch nicht in ein klares Innen- und Außenverhältnis, sondern können vielfältige Gestaltungen annehmen, bei denen die Gesellschaft, Aktionäre oder außenstehende Dritte verschiedene Verpflichtungsgeschäfte abschließen und Erfüllungsgeschäfte vollziehen. Aus der redaktionellen Einpassung des Gesetzgebers in die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien und der Zusammenfassung mit dem § 71 Abs. 5 AktG a. F. unter sprachlicher Anpassung des Tatbestands an diese Norm ist also nicht zwingend abzuleiten, dass Rechtsfolge eines Verstoßes allein die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts ist. Vielmehr ist darin nur das Bemühen des Gesetzgebers zu erkennen, eine fremde Norm in das bestehende Aktienrecht einzufügen, ohne dass er dabei ausweislich der Gesetzesbegründung die einzufügende Norm in ihrer Tragweite und in ihrem Regelungsgehalt ganz erfasst zu haben scheint999. Daher vertritt eine stärker an der Effektivität der Durchsetzung des Verbots der finanziellen Unterstützung orientierte Auffassung inzwischen, dass sowohl Erfüllungs- als auch Verpflichtungsgeschäft gemäß § 71a Abs. 1 AktG nichtig sein 994

Schroeder, S. 254. Schroeder, S. 254. 996 BT-Drucks. 8/1678, S. 12. 997 Zur Entstehungsgeschichte eingehend Schroeder, S. 12 ff. 998 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 9; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 78; MünchKomm-AktG/ Oechsler, § 71a Rn. 64 ff. 999 Gl. M. Schroeder, S. 14. 995

§ 6 Begrenzung durch die Vorschriften des Kapitalschutzes

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müssten1000. Begründet wird dies damit, dass der Wortlaut der Norm eine solche Beschränkung nicht zwingend vorgebe, da sich die Gewährung einer Leistung sowohl auf Verpflichtungs- wie Erfüllungsgeschäft beziehen könne1001. Die Unterscheidung zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft sei eine deutsche Besonderheit, die bei der Formulierung einer europäischen Richtlinie keine Berücksichtigung finde; die Regelung zu den Rechtsfolgen des Erwerbs eigener Aktien sei sinnvollerweise nicht auf das Verbot der finanziellen Unterstützung zu übertragen1002. Insbesondere bei der problematischen Konstellation der Bestellung von Sicherheiten zugunsten eines Dritten durch die Gesellschaft ohne obligatorisches Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und dem Dritten zeigt sich der Vorzug dieser weitergehenden Auffassung: Während bei der Bestellung von Sicherheiten durch direktes Verpflichtungsgeschäft mit einem außenstehenden Dritten zur Finanzierung des Erwerbs (z. B. durch Bürgschaft der Gesellschaft) die Nichtigkeitsfolge auch auf dieses Rechtsgeschäft gegenüber einem Dritten1003 eintritt und damit das Vermögen der Gesellschaft effektiv geschützt ist, greift dieser Schutz nicht mehr, wenn der Erwerber lediglich eine dingliche Sicherheit (z. B. eine Grundschuld) der Gesellschaft an einen Dritten weiterreicht und damit eine Finanzierung besichert. Denn dann fehlt es an einem Verpflichtungsgeschäft mit der Gesellschaft; zugleich kann der Dritte als wirksam Berechtigter der Sicherheit im Verwertungsfall auf das Vermögen der Gesellschaft zugreifen. Um diese offensichtlich nicht gewünschte Lücke im Kapitalschutz zu schließen, müssen Vertreter der Auffassung von der auf das Verpflichtungsgeschäft beschränkten Nichtigkeit entweder auf eine ausnahmsweise Erstreckung der Nichtigkeit auch auf das dingliche Geschäft1004 zurückgreifen, der Gesellschaft gegenüber dem außenstehenden Dritten einen Einwand aus § 242 BGB zugestehen1005 oder in solchen Fällen die Gesellschaft auf Ansprüche aus der Durchgriffskondiktion verweisen1006. Während der erste Ansatz eine dogmatisch schwer zu begründende Durchbrechung der eigentlich vertretenen Auffassung zur Rechtsfolge des § 71a Abs. 1 AktG darstellt und der Rückgriff auf § 242 BGB die Durchbrechung der eigentlich vertretenen Auffassung nur notdürftig zu bemänteln vermag, greift die Durchgriffskondiktion in den Konstellationen nicht, in denen die Gesellschaft eine Sicherheit gegenüber Dritten bestellt, ohne sich gegenüber dem Erwerber hierzu zu verpflichten1007. Überzeugender erscheint es daher, die Rechts1000 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 50; Schmidt/Lutter-Aktg/Bezzenberger, § 71a Rn. 17; Joost, S. 430; Holzner, S. 247; Schmidt/Spindler, S. 164 f. 1001 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 50; Holzner, S. 243. 1002 Schmidt/Lutter-Aktg/Bezzenberger, § 71a Rn. 17. 1003 Da in diesem Fall der Dritte unmittelbarer Verbotsadressat des § 71a Abs. 1 AktG ist, s. GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 50. 1004 Schroeder, S. 251 ff. 1005 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 55. 1006 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 32. Wohl auch Hartung, S. 117. 1007 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 54; Holzner, S. 247.

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folge der Nichtigkeit grundsätzlich sowohl auf das Verpflichtungs- als auch auf das Erfüllungsgeschäft zu erstrecken. Ferner ergeben sich bei der bloßen Weiterleitung von Darlehensvaluta oder anderer Finanzierungsmittel durch Dritte an den Erwerber weitere Streitfragen: Streitig ist hierbei, ob sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit auf das Finanzierungsgeschäft des Dritten1008 mit dem Erwerber bezieht oder auf das im Innenverhältnis bestehende Rechtsgeschäft zwischen Zielgesellschaft und Drittem1009. Vertreter letzterer Auffassung argumentieren damit, dass die Gefahr für das Vermögen der Zielgesellschaft allein vom im Innenverhältnis bestehenden Rechtsverhältnis ausgehe und kein Grund bestehe, in Rechtsgeschäfte zwischen Erwerber und Drittem einzugreifen1010. Dem steht jedoch entgegen, dass § 71 d Abs. 4 eine sinngemäße Anwendung von § 71a Abs. 1 AktG verlangt und sich deshalb die Nichtigkeitsfolge auch auf das Finanzierungsgeschäft erstrecken muss1011. Nur so kann zudem ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden, indem die weitergeleiteten Mittel direkt vom Erwerber zurückgefordert werden können1012. Der Verstoß gegen § 71a Abs. 1 AktG zählt zu den Vorschriften des Gesetzes i.S. von § 62 AktG1013, so dass dieser gegenüber begünstigten Aktionären Anwendung findet1014. Zusätzlich stehen der Gesellschaft gegenüber Aktionären wie Nichtaktionären wegen der Nichtigkeit von Verpflichtungs- wie Erfüllungsgeschäft Ansprüche gemäß §§ 812 ff. BGB zu. Die Nichtigkeit der Maßnahme der finanziellen Unterstützung kann somit vom Vorstand bzw. in der Insolvenz der Gesellschaft vom Insolvenzverwalter geltend gemacht und die Leistung zurückgefordert werden. Gläubiger können nur ausnahmsweise die Geltendmachung des Anspruchs gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 AktG verlangen, soweit sie keine Befriedigung erlangen konnten; für Minderheitsaktionäre besteht unter engen Voraussetzungen die Möglichkeit der Klageerzwingung gemäß §§ 147 ff. AktG. IV. Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 ff. AktG) Sofern § 71a Abs. 1 AktG einschlägig ist, ist für die mögliche Anwendbarkeit der sonstigen Regelungen über den Erwerb eigener Aktien gemäß § 71 ff. AktG auch 1008

Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 55; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 34; differenzierend GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 57. 1009 KK-AktG/Drygala, § 71 d Rn. 123; Schroeder, S. 266 f. 1010 KK-AktG/Drygala, § 71 d Rn. 123; Schroeder, S. 267. 1011 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 55; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 34; Schmidt/Lutter-Aktg/Bezzenberger, § 71d Rn. 21. 1012 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 34. 1013 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 4; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 48; MünchKomm-AktG/ Oechsler, § 71a Rn. 41. 1014 Unabhängig davon, ob der Empfänger bereits zum Zeitpunkt des Empfangs Aktionär ist oder erst später, s. MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 41; Schroeder, S. 256 ff. A.A. GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 48; Hüffer-AktG, § 71a Rn. 4.

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unter Umgehungsgesichtspunkten kein Raum, da § 71a Abs. 1 AktG die Nichtigkeit jeder Maßnahme der finanziellen Unterstützung und damit auch jeder möglichen Umgehung des Erwerbs eigener Aktien normiert1015. Für die rechtsvergleichende Einordnung und die rechtspolitische Bewertung von § 71a Abs. 1 AktG lohnt dennoch ein kurzer Blick auf die Frage, ob und wie die allgemeinen Regeln des Erwerbs eigener Aktien Anwendung auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung vor Einführung des § 71a Abs. 1 AktG fanden und wie sie nach allgemeiner Umgehungsdogmatik heute ohne § 71a Abs. 1 AktG Anwendung finden würden. 1. Anwendbarkeit der §§ 71 ff. AktG vor Einführung des § 71a Abs. 1 AktG Vor Einführung des § 71a Abs. 1 AktG im Jahre 19781016 wurden Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – soweit ersichtlich – von der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der verbotenen Einlagenrückgewähr behandelt1017. Der Grund hierfür scheint aber nicht die sachliche Unanwendbarkeit der Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien gewesen zu sein, sondern entweder Besonderheiten des Sachverhalts1018 oder der Umstand, dass der Erwerb eigener Aktien zum Entscheidungszeitpunkt im Gegensatz zum Verbot der Einlagenrückgewähr als weitgehend sanktionslose Sollvorschrift ausgestaltet war1019. Im älteren Schrifttum vor Einführung des § 71a Abs. 1 AktG wurde eine Gleichstellung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung mit dem Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft zum Teil – jedenfalls für einzelne vergleichbare Konstellationen wie die Sicherheitenbestellung zugunsten eines Erwerbers – bejaht1020. 2. Anwendbarkeit nach allgemeiner Umgehungsdogmatik Nach dem Wortlaut von § 71 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 8 AktG darf die Gesellschaft eigene Aktien nur zu bestimmten Zwecken erwerben. Durch Maßnahmen der fi1015 Siehe oben unter § 6 B. III. 1. a). Zum systematischen Verhältnis von § 71a Abs. 1 AktG zu § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG siehe unten unter § 6 B. V. 1016 Zur Regelungsgeschichte der Norm siehe oben unter § 3 D. 1017 RG JW 1930, 3730 (3732); RGZ 146, 84 (94). 1018 So wird in RGZ 146, 84 (94) auf die Frage der Abgrenzung zum § 226 HGB a. F. (eine Vorläufernorm des § 71 AktG) ausdrücklich nicht eingegangen, weil es im streitgegenständlichen Fall letztendlich nicht zum Erwerb kam. 1019 In RG JW 1930, 3730 (3731) berief sich der Revisionskläger auch auf § 226 HGB, ohne dass das RG in seinem Urteil darauf weiter einging. In der Anmerkung zum Urteil auf S. 3731 unten wird die Anwendbarkeit von § 226 HGB auf den Sachverhalt vorausgesetzt, jedoch wird die Norm in der Wirkung vom Verbot der Einlagenrückgewähr überlagert und bleibt daher für die Entscheidungsfindung irrelevant. 1020 GroßK-AktG/Fischer (2. Auflage 1961) § 52 Anm. 13 m.w.N.

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nanziellen Unterstützung erwirbt die Gesellschaft jedoch selbst keine eigenen Aktien, weswegen eine direkte Anwendbarkeit von § 71 AktG auf solche Maßnahmen nach dem Wortlaut der Norm ausscheidet. Nach heute ganz überwiegender Ansicht in der deutschen Rechtslehre wird Fällen der Gesetzesumgehung mit den Mitteln der Auslegung und analogen Anwendung begegnet1021. Danach ist zu prüfen, ob der Umgehungssachverhalt gegen Sinn und Zweck des nicht nach dem Wortlaut anwendbaren Gesetzes verstößt1022. Die Rechtsprechung stellt ebenfalls überwiegend auf den Schutzzweck der Norm bei der Beurteilung eines Umgehungstatbestands ab1023, ohne jedoch stets einer einheitlichen Dogmatik zu folgen1024. Entscheidend ist also nach Lehre wie Rechtsprechung, ob ein Umgehungstatbestand den Sinn und Zweck einer Norm verletzt. Die Regelung des Erwerbs eigener Aktien verfolgt im deutschen Recht verschiedene Zwecke: Neben dem Kapitalschutz durch Verhinderung des Abflusses von Liquidität dient sie dem Zweck, vor Eintritt eines Doppelschadens zu schützen sowie die Einflussnahme des Vorstands auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises zu verhindern und die Kompetenzverteilung in der Gesellschaft zu sichern1025. Wie schon zum schweizerischen Recht ausgeführt1026, bestünde bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ohne den § 71a Abs. 1 AktG ebenfalls die konkrete Gefahr des Eintritts eines Doppelschadens, wenn die finanzielle Unterstützung einer vermögenslosen Akquisitionsgesellschaft oder einem Schuldner von geringer Bonität gewährt würde, die jeweils neben den erworbenen Aktien nicht über das nötige Vermögen verfügen, um etwaige Kursverluste zu kompensieren. § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG vermag diese Gefahr nicht gänzlich zu bannen, da mit der Einführung der bilanziellen Betrachtungsweise in § 57 Abs. 1 S. 3 AktG zwar nur eine solche Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zulässig ist, deren Rückforderungsanspruch als vollwertig einzustufen ist, bei der Bestimmung der Vollwertigkeit des Anspruchs und damit der Bonität des Schuldners jedoch grundsätzlich auch der Wert eigener Aktien der Gesellschaft zu berücksichtigen ist. Da dieser Wert jedoch sinken kann und dann gegebenenfalls einen Rückkopplungseffekt für die Bonität des Schuldners und in der Folge für den Wert der Gesellschaft haben kann, ist die Gefahr eines Doppelschadens potentiell ebenso gegeben wie beim direkten Erwerb eigener 1021 MünchKomm-BGB/Armbrüster, § 134 Rn. 16 f. m.w.N.; Teichmann, S. 765 ff.; Sauerwein, S. 22. 1022 Teichmann, S. 765. Falls nicht gegen den Zweck verstoßen wird, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob eine im Wege der Analogie ausfüllungsbedürftige Regelungslücke besteht. 1023 BGHZ 61, 317 (320); BGHZ 132, 133. 1024 Sauerwein, S. 22 f. So wurde mitunter weiter von einem eigenen Institut der Gesetzesumgehung ausgegangen und vereinzelt noch eine Umgehungsabsicht verlangt, so in BGH WM 1977, 1044 (1046). 1025 GroßK-AktG/Merkt, § 71 Rn. 1 ff.; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71 Rn. 18 ff. Ausführlich zu den Schutzzwecken des Erwerbs eigener Aktien allgemein s. die Ausführungen zum schweizerischen Recht oben unter § 6 A. IV. 3. b). 1026 Siehe oben unter § 6 A. IV. 3. c).

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Aktien. Die Gefahr bestünde allerdings nur, wenn das Vermögen des Empfängers der Maßnahme wesentlich vom Wert der Aktien bestimmt wäre, wenn diese also beispielsweise mehr als die Hälfte der Aktiva des Empfängers ausmachen würden. Die übrigen Schutzzwecke der Norm werden hingegen durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht gefährdet, da solche Maßnahmen nicht in die Kompetenzverteilung der Gesellschaft eingreifen und vor der Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises bereits das Gleichbehandlungsgebot gemäß § 53a AktG schützt1027. Würden die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Anwendung finden, wäre eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung im Umfang des nach § 71 Abs. 1 Nr. 1 – 8 AktG zulässigen Volumens erlaubt, jede umfangreichere Maßnahme hingegen verboten. Zudem müsste bei jeder Maßnahme der finanziellen Unterstützung, die nach § 71 Abs. 1 Nr. 6 – 8 AktG erlaubt wäre, die Zustimmung der Hauptversammlung eingeholt werden, wobei insbesondere § 71 Nr. 8 AktG als typischer Anwendungsfall für eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung ohne besondere Zwecksetzung einschlägig wäre. Bei einer Anwendbarkeit von § 71 AktG müsste ferner wohl für die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG analog eine Rücklage in Höhe der vom finanziell unterstützten Erwerber gehaltenen Aktien gebildet werden1028. Ohne die speziellere Regelung des § 71a Abs. 1 AktG fände folglich § 71 Abs. 1 AktG auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung als Umgehung des Verbots des Erwerbs eigener Aktien nach der herrschenden Umgehungsdogmatik Anwendung, wie es bereits vor Einführung des § 71a Abs. 1 AktG im älteren Schrifttum für die damaligen Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien gefordert wurde. V. Verhältnis von § 71a Abs. 1 AktG zu § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG und § 71a Abs. 1 AktG dienen beide einem einheitlichen Zweck, nämlich dem Kapitalschutz und damit dem Erhalt des Gesellschaftsvermögens1029. Allerdings unterscheiden sie sich in wesentlichen Punkten in Tatbestand und Rechtsfolge: Während § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG nur tatsächliche Vermögensverschiebungen ohne vollwertigem Rückgewähranspruch sanktioniert, untersagt § 71a Abs. 1 AktG jede Maßnahme der finanziellen Unterstützung unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung, sofern diese in funktio1027

Siehe oben unter § 5 B. III. 4. Siehe zur parallelen Diskussion im schweizerischen Recht, in dem diese Problematik tatsächlich einschlägig ist, oben unter § 6 A. IV. 3. 1029 § 71a Abs. 1 AktG dient neben dem Kapitalschutz im engeren Sinne auch dem Umgehungsschutz der Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien und damit auch der Vermeidung des Doppelschadens, s. oben § 6 B. III. 1. 1028

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nalem Zusammenhang zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft steht. Daneben bestehen Unterschiede im Adressatenkreis: Während sich § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG ausschließlich an (ggf. künftige) Aktionäre richtet, richtet sich das Verbot des § 71a Abs. 1 AktG an jeden beliebigen Dritten1030. Zudem zieht § 71a Abs. 1 AktG stets (auch) die Nichtigkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts nach sich, während die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG nach hier vertretener Auffassung lediglich ein Rückgewähranspruch nach § 62 AktG ist. § 71a Abs. 1 AktG steht daher aufgrund der sich nur teilweise deckenden Tatbestandsvoraussetzungen und Normzwecke nicht im Verhältnis der Spezialität1031 zu § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG, sondern im Konkurrenzverhältnis zu § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG. Frühere Überlegungen auf Grundlage der Ausführungen des BGH im sogenannten „November-Urteil“1032, nach denen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung stets gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG in der Auslegung des BGH verstoßen würden und damit § 71a Abs. 1 AktG weitgehend funktionslos geworden wäre1033, sind durch die Neuerungen des MoMiG ebenfalls obsolet geworden1034. § 71a Abs. 1 AktG hat damit unstreitig wieder einen wesentlichen eigenen Regelungsgehalt gewonnen, der teilweise sogar als notwendige Ergänzung zu § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG interpretiert wird, um die vermeintlichen Schwächen des § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG bei Darlehen und Sicherheiten an Aktionäre aufgrund der bilanziellen Betrachtungsweise zu korrigieren1035. Dass der Gesetzgeber allerdings Unklarheiten und Inkohärenzen bei der bilanziellen Be1030 Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 11, 34; MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 10; Schmidt/Lutter-Aktg/Bezzenberger, § 71a Rn. 8; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 18; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1662 f.; Nodoushani, Haftung, S. 292. Ähnlich Westermann, Kapitalschutz, S. 161. 1031 So aber Hüffer-AktG, § 71a Rn. 3a m.w.N.; Schroeder, S. 116; Hartung, S. 128. 1032 BGHZ 157, 72. Siehe zu diesem ausführlich oben unter § 6 B. II. 1. a) aa). 1033 Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 165 f. Ihm folgend Freitag, S. 162 ff.; Brosius, S. 205. Eine Anwendbarkeit wäre nach dieser Meinung nur noch für den seltenen Anwendungsfall gegeben gewesen, dass eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung den strengen höchstrichterlichen Vorgaben entsprochen hätte. Diese Auffassung bereits vor Einführung des MoMiG ablehnend Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1662 f.; Kerber, Schuldübernahme, S. 51. 1034 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 20; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 727; Brosius, S. 205. 1035 KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 82; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 18 ff. Diese Auffassung ist offenbar von der Liberalisierung auf europäischer Ebene beeinflusst, nach der Unterstützungshandlungen unter strengen Voraussetzungen des Drittvergleichs zulässig wären, s. Drygala, Finanzielle Unterstützung, S. 399. Nach einer weiteren Auffassung soll § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG für den Zeitraum nach Erwerb der Aktionärsstellung einschlägig sein, § 71a Abs. 1 AktG hingegen den Zeitraum vor Erwerb der Aktionärsstellung regeln, die beiden Tatbestände also im Verhältnis der Alternativität stehen, s. Fridrich, S. 252 ff. Diese Auslegung wird jedoch weder vom Wortlaut noch vom Zweck und der Regelungsgeschichte der beiden Normen getragen.

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trachtungsweise im Vertrauen darauf in Kauf genommen hat, dass bei wirklich problematischen Fällen ohnehin bereits § 71a Abs. 1 AktG einschlägig sein wird, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Vielmehr spricht in Anbetracht der Regelungsgeschichte des § 71a Abs. 1 AktG als grundsätzlich systemfremdes legal transplant vieles dafür, diesen als abstrakten Gefährdungstatbestand zu interpretieren, der unabhängig von der Regelung des § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG eingreift, sofern seine Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, und der in seinem Anwendungsbereich aufgrund seiner weiter reichenden Rechtsfolge den § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG ebenso verdrängt wie die §§ 71 ff. AktG.

C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse In der Schweiz weisen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die aus dem Vermögen der Gesellschaft erbracht werden, dabei aber nicht den Bestand des geschützten Kapitals berühren, ein für eine verdeckte Gewinnausschüttung gemäß Art. 678 Abs. 2 OR erforderliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auf, wenn sie nicht zu Drittmannskonditionen gewährt werden. Diese erfordern grundsätzlich eine hinreichende Bonität des Begünstigten und eine angemessene Vergütung wie etwa eine Avalprovision bei Sicherungsgeschäften und Zinsen bei Darlehen. Vergleichsmaßstab sind grundsätzlich die üblichen Marktkonditionen, bei der Bestimmung der Bonität und der angemessenen Vergütung für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung also typischerweise bankübliche Maßstäbe. Die für die steuerrechtliche verdeckte Gewinnausschüttung publizierten Zinssätze können wegen fehlender Vergleichbarkeit nur ausnahmsweise auch für die Ermittlung handelsrechtlich angemessener Zinssätze herangezogen werden. Soweit keine vergleichbaren Marktkonditionen ermittelbar sind, ist nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen eine angemessene Gegenleistung zu berechnen. Insbesondere angemessene Avalprovisionen, für die ein transparenter Markt jedenfalls bei Personalsicherheiten mangels Vergleichbarkeit mit Bankbürgschaften nur eingeschränkt existiert, können so hilfsweise durch Heranziehen der durch die Besicherung erzielten Zinsersparnis beim Begünstigten ermittelt werden. Offensichtlich muss ein so ermitteltes Missverhältnis im Sinne des Art. 678 Abs. 2 OR nur bei üblichen Geschäftsvolumina sein; bei für LBOs und MBOs typischen, sehr umfangreichen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist das Kriterium der Offensichtlichkeit teleologisch zu reduzieren, so dass für Geschäfte dieses Umfangs ein strenger Drittvergleich, erforderlichenfalls durch ein Gutachten Dritter, vorzunehmen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung ist stets der Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw. bei Sicherungsgeschäften der Zeitpunkt der Bestellung. Ergibt der Vergleich mit Drittkonditionen, dass ein (offensichtliches) Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung i.S. des Art. 678 Abs. 2 OR oder gar eine einseitige Leistung i.S. einer

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offenen Gewinnausschüttung gemäß Art. 678 Abs. 1 OR vorliegt, kann diese grundsätzlich durch formell und materiell korrekten Gewinnausschüttungsbeschluss der Generalversammlung, nicht jedoch durch einfachen Zustimmungsbeschluss, geheilt werden. Bei Sicherungsgeschäften, deren angemessene Konditionen zum Zeitpunkt der Bestellung nur schwer zu ermitteln sind oder deren Begünstigter nicht die hinreichende Bonität aufweist, ist ein wirksamer Ausschüttungsbeschluss in der Praxis regelmäßig schwierig. Ein bedingter Gewinnausschüttungsbeschluss über das gesamte Sicherungsvolumen bei Bestellung kann jedoch wegen der damit verbundenen Durchbrechung der gesetzlich vorgeschriebenen Chronologie der Voraussetzungen für einen gültigen Beschluss eine spätere Verwertung und somit Ausschüttung der Sicherheit nicht wirksam heilen. Eine ungerechtfertigte, das heißt nicht durch korrekten Gewinnausschüttungsbeschluss legitimierte Ausschüttung kann vom Empfänger, also dem Aktionär oder ihm nahestehenden Personen oder Gesellschaften, gemäß Art. 678 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 678 Abs. 2 OR zurückgefordert werden. Beschlüsse und Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit dieser Ausschüttung sind (teil-)nichtig. Aktivlegitimiert sind die Gesellschaft und ihre Aktionäre, der Rückerstattungsanspruch verjährt nach fünf Jahren. Gegenüber außenstehenden Dritten, etwa einer finanzierenden Bank, wirkt sich die Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen Art. 678 OR nur dann aus, wenn diese nach vertretungsrechtlichen Grundsätzen bösgläubig war. Erfolgte die Maßnahme der finanziellen Unterstützung aus dem geschützten Kapital der Gesellschaft, gilt hinsichtlich der erforderlichen Bonität des Empfängers der strengere Maßstab des Art. 680 Abs. 2 OR. Nach diesem sind Rechtsgeschäfte mit Aktionären und nahestehenden Personen nur zulässig, wenn die Rückzahlung des Geleisteten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Indiz für eine hinreichende Bonität bei Darlehen kann eine werthaltige Besicherung sein oder wenn eine Bank einen vergleichbaren Kredit zu im Marktvergleich niedrigen Zinsen gewähren würde. Bei Sicherungsgeschäften muss ebenfalls eine besonders hohe Bonität des Empfängers vorliegen, die einen Eintritt des Sicherungsfalls als sehr unwahrscheinlich erscheinen lässt. Da bei Sicherungsgeschäften ein Ausfall regelmäßig nicht ganz unwahrscheinlich ist – da sonst der Begünstigte keiner Besicherung bedürfte – und damit die geforderte Bonität regelmäßig nicht gegeben ist, wird in Sicherungsabreden einer Gesellschaft zugunsten Dritter mit einer Bank regelmäßig der verwertbare Betrag im Verwertungsfalls auf die freien Reserven beschränkt und damit das geschützte Kapital aus der Sicherungsabrede ausgenommen. Die Höhe der Verzinsung oder der Vergütung durch eine Avalprovision ist für das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht erheblich, da Art. 680 Abs. 2 OR nur den Bestand, nicht die Erträge aus dem geschützten Kapital schützt. Der Schutz der Erträge richtet sich wiederum nach Art. 678 Abs. 2 OR. Wurde etwas aus dem geschützten Kapital an einen Empfänger mit nicht hinreichender Bonität oder ganz ohne Gegenleistungspflicht geleistet, ist das zugrunde

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liegende Rechtsgeschäft ebenso wie zugehörige Beschlüsse des Verwaltungsrats nichtig und die Liberierungspflicht des Aktionärs lebt in entsprechendem Maße wieder auf. Die Nichtigkeit wirkt dabei nur zwischen den Beteiligten, nicht gegenüber außenstehenden Dritten wie etwa einer finanzierenden Bank bei Sicherungsgeschäften; auf Rechtsgeschäfte mit diesen Dritten schlägt die Nichtigkeit nur bei vertretungsrechtlicher Bösgläubigkeit durch, die aber bei einer finanzierenden Bank regelmäßig gegeben sein wird. Geltend gemacht werden kann der Anspruch aus Art. 680 Abs. 2 OR und eine etwaig (Teil-)Nichtigkeit von der Gesellschaft und ihren Organen, nicht aber von Gläubigern und Aktionären. Die Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre, so dass auch eine etwaige Konkursverwaltung im Interesse der Gläubiger noch aus dem geschützten Kapital Geleistetes zurückfordern kann. Die Vorschriften über die Beschränkung des Erwerbs eigener Aktien gemäß Art. 659 ff. OR finden auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach dem Wortlaut der Norm keine direkte Anwendung. Unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung sind Art. 659 ff. OR auf diese jedoch dann anwendbar, wenn durch diese Maßnahmen der Kapitalschutzzweck von Art. 659 Abs. 1 OR in vergleichbarer Weise wie beim direkten Erwerb eigener Aktien verletzt wird. Dies ist bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wie etwa Darlehen und Sicherungsgeschäften, die eine Überlassung von Mitteln beinhalten, für die die Bonität des Empfängers maßgeblich ist, regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Bonität des Empfängers maßgeblich vom Wert der Aktien der Gesellschaft bestimmt wird. Dies ist wiederum regelmäßig dann der Fall, wenn diese mehr als die Hälfte des Werts der Aktiva des Empfängers ausmachen. Auch auf den fiduziarischen Aktienerwerb sind Art. 659 ff. OR bei Überschreiten dieser Schwelle anwendbar. Die Pfandnahme eigener Aktien, die eine Maßnahme finanzieller Unterstützung flankieren kann, ist hingegen de lege ferenda grundsätzlich zur Sicherstellung des Kapitalschutzzwecks von Art. 659 ff. OR wieder diesen zu unterstellen. Unterliegen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach diesen Kriterien den Art. 659 ff. OR, so ist auch die Reservebildungsvorschrift des Art. 659 Abs. 2 OR zu beachten, da ohne diese der Schutzzweck der Norm nicht gewährleistet werden kann. Der neu geregelte Abzug des Werts der eigenen Anteile vom Eigenkapital ohne Aktivierung des Werts ist für die bilanzielle Erfassung von Maßnahmen finanzieller Unterstützung nur unzureichend geeignet; zur Wahrung einer hohen Transparenz wäre die bisherige Reservenbildung in modifizierter Form geeigneter. Finden die Vorschriften der Art. 659 ff. OR Anwendung, ist eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung aus dem geschützten Kapital gemäß Art. 659 Abs. 1 OR unzulässig und entsprechende Maßnahmen sind in der Regel nichtig, da Kenntnis der beteiligten Personen bei MBOs und LBOs in der Regel gegeben ist. Eine Überschreitung der Zehn-Prozent-Grenze, einer bloßen Ordnungsvorschrift, hat keine weiteren Auswirkungen. In Deutschland unterfallen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Verbots der Einlagenrückgewähr gemäß § 57

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Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG, sofern sie sich – wie es typischerweise bei LBOs und MBOs der Fall ist – mittelbar oder unmittelbar an Aktionäre oder künftige Aktionäre richten. Nach dem Grundsatz der umfassenden Vermögensbindung ist es dabei unerheblich, welches bilanzielle Segment durch die Maßnahme betroffen ist. Für Darlehen, Sicherheiten und andere Maßnahmen, die mit einem Rückgewähranspruch verbunden sind, wird nunmehr gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG lediglich verlangt, dass der Rückgewähranspruch nach bilanziellen Maßstäben vollwertig ist. Dieses Kriterium der Vollwertigkeit setzt ein nach bilanziellen Maßstäben zu bemessendes Mindestmaß hinsichtlich der Bonität des Empfängers voraus sowie eine Abzinsung nach bilanziellen Maßstäben. Folglich können unterjährige Darlehen unverzinst bleiben und überjährige Darlehen können unabhängig von der konkreten Bonität mit pauschalen Zinssätzen abgezinst werden. Eine Avalprovision muss bei Sicherheitenbestellungen nicht gezahlt werden um dem Kriterium der Vollwertigkeit genügen. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG ist ein Rückgewähranspruch nach § 62 AktG gegen den begünstigten Aktionär, der von der Gesellschaft und in engen Ausnahmefällen auch von Gläubigern geltend gemacht werden kann. Damit verbunden ist zugleich ein Recht der Gesellschaft, die unzulässige Leistung gegenüber dem Begünstigten zu verweigern. Gegenüber außenstehenden Dritten wie etwa Banken greift dieses Verweigerungsrecht allerdings nur ausnahmsweise in Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht. Weitergehend unterfallen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, sofern es sich bei diesen um Darlehen, Sicherungsgeschäfte oder Vorschüsse handelt, dem Verbot des § 71a Abs. 1 AktG. Diese Norm dient dem Kapitalschutz, insbesondere dem Schutz vor der Umgehung der Beschränkungen des Erwerbs eigener Aktien. Sonstige Zwecke wie etwa ein allgemeines LBO-Verbot können der Norm nicht zugeschrieben werden. Dabei sind die Begriffe Darlehen, Sicherungsgeschäfte und Vorschüsse aus europarechtlichen Gründen weit und funktional auszulegen; es handelt sich dabei jedoch nicht um einen offenen Tatbestand mit Regelbeispielen, sondern um eine enumerative Aufzählung von konkret untersagten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung. Demgemäß fallen weder Break-fee-Vereinbarungen noch das Hin- und Herzahlen unter die verbotenen Finanzierungsgeschäfte, wohl aber wegen der funktionalen Nähe zum Darlehen eine befreiende Schuldübernahme zugunsten des Erwerbers. In der besonderen Gestaltung der anwachsenden Verschmelzung ist das Verbot des § 71a Abs. 1 AktG nicht einschlägig, da es keine unmittelbare Anwendung findet und eine analoge Anwendung wegen Fehlens einer Regelungs- oder Schutzlücke ausscheidet. Diese Maßnahmen der finanziellen Unterstützung müssen gegenüber beliebigen Dritten erbracht werden und der Unterstützung des derivativen Aktienerwerbs dienen; Voraussetzung für eine Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG ist ferner ein sachlicher und zeitlicher Funktionszusammenhang zwischen Finanzierungsgeschäft und Erwerb der Anteile. Diese finale Verknüpfung ist zu vermuten, wenn zwischen Erwerb und Finanzierungsgeschäft ein Zeitraum von weniger als einem Jahr liegt; dem Begünstigten des Finanzierungsgeschäfts steht es jedoch offen, diese Vermutung zu entkräften. Nicht

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unter den Tatbestand des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG fallen neben Dividendenzahlungen gemäß § 71a Abs. 1 S. 2 AktG auch Unterstützungsleistungen für den Erwerb von Belegschaftsaktien sowie von Kreditinstituten im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 71a Abs. 1 AktG ist die Nichtigkeit sowohl des Verpflichtungs- wie auch des Erfüllungsgeschäfts, die auch gegenüber einem Dritten, dem eine Leistung durch den Empfänger weitergeleitet wurde, und sonstigen außenstehenden Dritten gilt. Gegenüber (künftigen) Aktionären ist daneben § 62 AktG anwendbar. Zur Geltendmachung der Ansprüche gemäß §§ 812 ff. AktG bzw. § 62 AktG ist grundsätzlich die Gesellschaft befugt. Die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien gemäß §§ 71 ff. AktG werden tatbestandlich von § 71a Abs. 1 AktG vollständig überlagert und von diesem verdrängt; nach allgemeiner Umgehungsdogmatik wären die Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien grundsätzlich auch auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung anwendbar, wie es auch vor Einführung des § 71a Abs. 1 AktG vertreten wurde. § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG und § 71a Abs. 1 AktG stehen zueinander im Konkurrenzverhältnis. Soweit § 71a Abs. 1 AktG tatbestandlich für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung einschlägig ist, verdrängt er aufgrund seiner weitergehenden Rechtsfolge der Nichtigkeit neben der Anwendbarkeit von § 62 AktG den § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG.

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§ 7 Finanzielle Unterstützung im Konzern Sowohl in Fällen des LBOs wie des MBOs wird von den Investoren typischerweise der Erwerb einer Beteiligung angestrebt, die einen beherrschenden Einfluss über die Gesellschaft vermittelt1036. Denn regelmäßig ermöglicht nur ein beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft die angestrebten Umstrukturierungen des operativen Geschäfts und die beabsichtigten Änderungen der Kapitalstruktur. Häufig wird daher eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung an den Erwerber erst zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem dieser bereits eine kontrollierende Mehrheit an der Zielgesellschaft erworben hat und somit mit dieser einen Konzern bildet oder jedenfalls bilden kann. Konzernrechtliche Besonderheiten können daher Zulässigkeit und Umfang von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beinflussen und sie dabei sowohl erleichtern als auch begrenzen.

A. Im schweizerischen Recht Das schweizerische Aktienrecht verfügt über kein kodifiziertes, wohl aber ein durch Rechtsprechung und Lehre geformtes Konzernrecht. Soweit der Konzerntatbestand erfüllt ist, gelten auch im schweizerischen Recht Besonderheiten, die den Erfordernissen und Gefahren eines Konzerns Rechnung tragen sollen. I. Konzerndefinition und Konzerneingangsschutz Der Begriff des Konzerns ist im schweizerischen Recht nur für die Frage der Rechnungslegung in Art. 963 OR definiert. Nach dieser Definition in Art. 963 Abs. 1 OR liegt ein Konzern vor, wenn eine juristische Person ein oder mehrere Unternehmen kontrolliert, was gemäß Art. 963 Abs. 2 Nr. 1 OR unter anderem dann der Fall ist, wenn die juristische Person direkt oder indirekt über die Stimmenmehrheit im obersten Organ der Gesellschaft, bei der Aktiengesellschaft also in der Generalversammlung, verfügt1037. Der Konzernbegriff im schweizerischen Recht folgt somit dem Kontrollprinzip1038, stellt also nunmehr allein auf die Möglichkeit der Ausübung beherrschenden Einflusses und nicht auf die tatsächliche Ausübung ab1039. 1036

Zu den typischen Abläufen beim LBO und MBO siehe oben unter § 2 A. III. Kontrolle liegt gemäß Art. 963 Abs. 2 Nr. 2 und 3 OR daneben auch vor, wenn die Gesellschaft direkt oder indirekt das Recht hat, Mitglieder des Verwaltungsrats zu bestellen oder abzuberufen, oder aufgrund der Statuten oder durch Vertrag beherrschenden Einfluss ausüben kann. 1038 Kunz, Konzernbegriffe, S. 357. Mit ausführlicher Begründung von der Crone, Aktienrecht, § 12 N 4 ff. 1039 Beim nach h.M. gemäß Art. 663e altOR geltenden Faktizitäts- oder Leitungsprinzip wurde hingegen auf die tatsächliche Ausübung der Beherrschung abgestellt, s. von Büren, Groupes de sociétés, S. 332; von Büren, SPR-Konzern, S. 78 f.; Böckli, Konsolidierungspflicht, 1037

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Für das Vorliegen einer direkten oder indirekten Stimmenmehrheit im obersten Organ dürfte auf Grundlage der bisher in der Lehre vertretenen Auffassung zum Kontrollprinzip unabhängig von der durchschnittlichen Präsenz auf der Generalversammlung erforderlich sein, dass mehr als die Hälfte der Stimmrechte direkt oder indirekt gehalten werden1040. Die Legaldefinition des Konzerns im Rechnungslegungsrecht wird verbreitet auch als allgemeine Konzerndefinition herangezogen1041. Die Gesellschaft kann eine Konzernierung erschweren, indem sie statutarische Bestimmungen aufstellt, die die Ausübung eines beherrschenden Einflusses verhindern oder erschweren. So kann etwa für vinkulierte Namensaktien festgelegt werden, dass die Übertragung von Namensaktien nur mit Zustimmung der Gesellschaft (Art. 685a Abs. 1 OR) erfolgen darf und ein Ablehnungsgrund, auch für börsenkotierte Gesellschaften (Art. 685d Abs. 1 OR), kann beispielsweise in der Überschreitung statutarisch festgelegter Prozentlimite liegen1042. Zusätzlich kann die Ausübung von Stimmrechten gemäß Art. 692 Abs. 2 OR statutarisch beschränkt werden, es können also Höchststimmrechte festgesetzt1043 oder die Beschlussquoren für bestimmte Beschlüsse gemäß Art. 627 Ziff. 11 OR statutarisch erhöht werden1044. Insgesamt ermöglicht das schweizerische Aktienrecht somit durch entsprechende Regelungen die Bildung eines beherrschenden Einflusses von vornherein gänzlich zu verhindern1045.

S. 377 f.; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 15. A.A. und Vertretung des Kontrollprinzips schon zum alten Recht BSK-ORII/Neuhaus/Blättler, Art. 663e N 8; Kunz, Minderheitenschutz, § 14 N 16; Handschin, Konzern, S. 43 f. 1040 Da die h.M. das schon in Art. 659b Abs. 1 OR geltende Kontrollprinzip so auslegte und der Botschaft keine abweichende Auffassung zu entnehmen ist, s. BSK-ORII/Lenz/von Planta, Art. 659b N 3; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 327. Ausführlich mit umfassenen Nachweisen zur Diskussion Böckli, Konsolidierungspflicht, S. 373 ff. 1041 So zum alten Recht schon Handschin, Konzern, S. 27; Böckli, Aktienrecht, § 11 N 12. A.A. zum alten Recht BSK-ORII/Neuhaus/Blättler, Art. 663e N 8, die außerhalb des Rechnungslegungsrechts auf das nunmehr auch im Rechnungslegungsrecht geltende Kontrollprinzip abstellen wollten. 1042 von der Crone, Aktienrecht, § 8 N 277 ff.; Krneta, N 1615; von Büren, SPR-Konzern, S. 120; Böckli, Aktienrecht, § 6 N 55 ff. Zusätzlich kann durch die Einführung von Stimmrechtsaktien gemäß Art. 693 OR die Konzernierung erschwert werden. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften können noch weitgehendere statutarische Ablehnungsgründe festgelegt werden, s. Börsenrecht/Weber, S. 593. 1043 Böckli, Aktienrecht, § 6 N 467 ff.; Krneta, N 1616; von Büren, SPR-Konzern, S. 120. Prozentvinkulierung und Höchststimmrechte werden dabei in der Praxis kombiniert; so sehen etwa die Statuten der Nestlé S. A. für beide eine Begrenzung auf drei Prozent des Aktienkapitals vor, s. Krneta, N 1615 f. 1044 Wobei hierzu ggf. das erhöhte Beschlussquorum gemäß Art. 704 Abs. 2 OR erforderlich ist, s. Böckli, Aktienrecht, § 12 N 396. Kritisch zu überhohen Quoren von der Crone, Aktienrecht, § 5 N 182. 1045 Und damit allerdings auch die Kontrolle über das Management und durchgreifende Veränderungen zu erschwerden, weswegen solche Klauseln auch als „lock up“- oder Petrifizierungsklauseln bezeichnet werden, s. Böckli, Aktienrecht, § 12 N 397 f.

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II. Besonderheiten bei Zweck und Organhandeln 1. Zweckklauseln im Konzern Regelmäßig werden Konzerngesellschaften sich in der Praxis einander finanzielle Leistungen gewähren, sei es wie typischerweise im Rahmen eines konzernweiten cash poolings1046 oder aber im Rahmen einer Maßnahme der finanziellen Unterstützung. Häufig sollen diese finanziellen Leistungen im Einzelfall auch nicht für die beherrschte Gesellschaft vorteilhaft sein, sondern vorwiegend dem Interesse der herrschenden Gesellschaft dienen, etwa weil die Verzinsung im Rahmen des cash poolings vergleichsweise niedrig bemessen ist oder das Darlehen im Rahmen einer Akquisitionsfinanzierung gänzlich unverzinst bzw. die Sicherheitenbestellung unvergütet bleibt. In diesen Konstellationen drohen die finanziellen Leistungen im Interesse der herrschenden Gesellschaft folglich potentiell dem Gesellschaftsinteresse der beherrschten Gesellschaft1047 zuwiderzulaufen und möglicherweise sogar außerhalb des Zwecks der Gesellschaft zu erfolgen1048. Konzerninterne finanzielle Leistungen wie Darlehen und Sicherheitenbestellungen zugunsten der Muttergesellschaft werden kaum je gegen den statutarischen Zweck verstoßen, da hierzu finanzielle Leistungen nach dem weiten Verständnis des statutarischen Zwecks von Rechtsprechung und herrschender Lehre durch diesen gerade ausgeschlossen sein müssten1049. Dennoch wird kautelarjuristisch empfohlen, die diesbezüglich bestehende Restunsicherheit durch eine entsprechende Erweiterung des statutarischen Zwecks der beherrschten Gesellschaft zu beseitigen und in den statutarischen Zweck der Gesellschaft Finanzierungsleistungen zugunsten verbundener Gesellschaften aufzunehmen1050. Eine solche Anpassung des statutarischen Zwecks wird mitunter als Konzern- bzw. Unterwerfungsklausel bezeichnet1051. So1046 Allgemein zu Erscheinungsformen des cash poolings Jagmetti, S. 53 ff.; Handschin, Cashpooling, S. 273 ff.; Blum, Cash Pooling, S. 705; Brauchli Rohrer/Hünerwadel, S. 151 ff. 1047 Und damit pflichtwidrig gemäß Art. 717 Abs. 1 OR zu sein mit der Folge möglicher Verantwortlichkeitsansprüche, siehe oben unter § 5 A. III. 2. b). 1048 Mit der Folge des möglichen Entfalls von Vertretungsmacht bzw. -befugnis bei Vornahme des Rechtsgeschäfts, siehe oben unter § 5 A. II. 1. 1049 Siehe hierzu oben unter § 5 A. II. 1. b) bb). 1050 Eine solche kann etwa lauten: „Die Gesellschaft kann an Konzernfinanzierungen teilnehmen, insbesondere indem sie ihren direkten oder indirekten Gesellschaftern oder anderen Konzerngesellschaften Kredite gewährt oder für deren Verbindlichkeiten gegenüber Dritten Sicherheiten aller Art gewährt, auch wenn diese Kredite oder Sicherheiten im ausschließlichen Interesse ihrer direkten oder indirekten Gesellschafter oder anderer Konzerngesellschaften liegen und unentgeltlich gewährt werden.“, zitiert nach Glanzmann, KonzernKreditfinanzierungen, S. 237. Ähnliche Formulierungsvorschläge etwa bei Jagmetti, S. 319; Brauchli Rohrer/Hünerwadel, S. 155 Fn. 22; Rusch, S. 20 Fn. 81. 1051 Die Bezeichnungen variieren allerdings je nach Autor und überschneiden sich mit anderen Begrifflichkeiten wie etwa der Konzernzweckklausel bzw. Konzernzweck oder der Finanzierungsklausel bzw. Finanzierungszweck, siehe etwa Handschin, Konzern, S. 94 ff.; Friz, S. 26; Rusch, S. 20 ff.; Oertli, S. 34; Jagmetti, S. 319 ff.; Brauchli Rohrer/Hünerwadel,

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fern damit einer Rückkehr der Rechtsprechung zur engen Zweckbindung vorgebeugt werden soll, kann eine solche Zweckerweiterung wohl als entbehrlich eingestuft werden1052, allerdings wird sie auch kaum schaden. Eine solche Unterwerfungsklausel dient zudem der Vermeidung von Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht gemäß Art. 717 Abs. 1 OR durch Leistungen zugunsten der herrschenden Gesellschaft, indem das Gesellschaftsinteresse auch auf die Interessen der herrschenden Gesellschaft ausgerichtet wird1053. Zur Änderung des statutarischen Zwecks und zur Einführung einer Unterwerfungsklausel ist ein Quorum von zwei Dritteln der auf der Generalversammlung vertretenen Stimmen und die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte erforderlich1054. Weitergehend wird darüber hinaus kautelarjuristisch empfohlen, auch in die Statuten aufzunehmen, dass der Zweck der Gesellschaft ganz oder teilweise unentgeltliche Finanzierungen und Sicherheitsbestellungen zugunsten der herrschenden Gesellschaft beinhaltet1055. Eine solche Klausel, die unentgeltliche oder nicht adäquat vergütete Leistungen zugunsten der herrschenden Gesellschaft ermöglichen soll (auch Finanzierungsklausel genannt1056), soll mehrere Funktionen erfüllen: Zum einen soll sie der hier nicht vertretenen Auffassung vorbeugen, dass jede einzelne Leistung konkret dem Endzweck dienen müsse1057, bei deren Anwendung durch die Rechtsprechung die Gefahr bestünde, dass eine finanzielle Leistung als nicht zweckkonform beurteilt würde und folglich das entsprechende Rechtsgeschäft außerhalb der Vertretungsmacht abgeschlossen worden und damit nichtig wäre. Zum anderen soll durch eine solche Klausel erreicht werden, dass Verzinsung und Vergütung konzerninterner Finanzierungen nicht mehr dem strengen Maßstab von Drittmannskonditionen genügen müssen, da durch die Klausel der Endzweck modifiziert wird und die Gewinnstrebigkeit der Gesellschaft aufgegeben wird1058. Mit S. 155; Neuhaus/Watter, S. 191 f. Hier wird im Folgenden der Begriff Unterwerfungsklausel verwendet. 1052 Siehe dazu oben unter § 5 A. II. 1. b) bb). 1053 Siehe zum Gesellschaftsinteresse oben unter § 5 A. III. 2. b). Allerdings dürfte die Orientierung auf das Interesse der herrschenden Gesellschaft nicht grenzenlos sein, s. BSKORII/Watter/Roth Pellanda, Art. 717 N 16a. Insbesondere darf durch die Unterwerfungsklausel nicht die Gewinnstrebigkeit der Tochtergesellschaft gefährdet werden, da sonst der Beschluss über die Unterwerfungsklausel unter Umständen anfechtbar sein könnte, s. Handschin, Konzern, S. 96. 1054 Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR. 1055 Rusch, S. 20 ff.; Grünenfelder, S. 34; Neuhaus/Watter, S. 191 f.; von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 65. 1056 Andere Autoren verwenden den Begriff „Finanzierungszweck“, s. Grünenfelder, S. 35; Rusch, S. 20. 1057 Aebi, S. 65 f. Siehe hierzu oben unter § 5 A. II. 1 a). 1058 Zu den Einzelheiten der Lockerung des Kapitalschutzes siehe unten unter § 7 A. III. 1. Eine solche Aufgabe der Gewinnstrebigkeit bei LBO-Transaktionen für „undenkbar“ hält Weibel, S. 82. Die Zielgesellschaft müsse stets Gewinne erwirtschaften, um die Finanzierungslasten tragen zu können, s. Weibel, S. 83. Eine solche Klausel verfolgt jedoch nicht den

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der Aufgabe der Gewinnstrebigkeit entfällt die Gefahr einer verdeckten Gewinnausschüttung durch inadäquat vergütete Leistungen gemäß Art. 678 Abs. 2 OR, konzerninterne Finanzierungen können somit wesentlich erleichtert werden1059. Für eine vollständige Aufhebung der Gewinnstrebigkeit durch eine solche Finanzierungsklausel ist allerdings gemäß Art. 706 Abs. 2 Ziff. 4 OR die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich. Ein Teil der Literatur1060 vertritt daneben die Auffassung, dass auch eine nur partielle Aufgabe der Gewinnstrebigkeit1061 durch eine Finanzierungsklausel möglich sein müsse. Eine solche partielle Aufhebung wäre etwa nur in Bezug auf Finanzierungsgeschäfte mit einer (herrschenden) Gesellschaft denkbar. Teilweise wird hierzu vertreten, dass für eine solche partielle Modifikation des Endzwecks das Quorum von Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR1062 ausreiche1063 mit der Begründung, dass dann die Gewinnstrebigkeit ja nur in Bezug auf einzelne (statutarisch festgelegte) Bereiche aufgehoben sei1064. Eine Unterteilung der gesamten Gewinnstrebigkeit der beherrschten Gesellschaft nach Teilbereichen ist aber unmöglich, solange diese nicht quantifiziert und erforderlichenfalls ausdrücklich begrenzt werden können. Denn wenn eine Gesellschaft zwar aus der ordentlichen Geschäftstätigkeit Gewinne erzielt, diese aber durch umfangreiche unentgeltliche finanzielle Leistungen an die herrschende Gesellschaft sogleich weiterreicht, kommt dies aus Sicht des Minderheitsaktionärs einer vollständigen Aufgabe der Gewinnstrebigkeit gleich. Daher ist auch bei Annahme einer nur partiellen Aufgabe der Gewinnstrebigkeit schon aus Gründen des Minderheitenschutzes die Zustimmung aller Gesellschafter gemäß Art. 706 Abs. 2 Ziff. 4 OR erforderlich1065. Eine solche Zustimmung aller Gesellschafter zur vollständigen oder teilweisen Aufgabe der Gewinnstrebigkeit zugunsten der herrschenden Gesellschaft wird nur in Zweck, die Zielgesellschaft zur Generierung von Verlusten zu veranlassen, sondern soll den Maßstab der Adäquanz von Leistungen im Konzern lockern und ist daher bei LBO-Transaktionen durchaus sinnvoll. 1059 Welche Erleichterungen konkret mit einer solchen Klausel verbunden sind, ist umstritten, s. unten unter § 7 A. III. 2. 1060 Rusch, S. 24 f.; Rubli, S. 255; Spörri, § 11 N 102 ff.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 237. Siehe auch Fn. 55 bei Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 205. 1061 Also z. B. Aufhebung der Gewinnstrebigkeit hinsichtlich der Finanzierungsleistungen gegenüber der herrschenden Gesellschaft, nicht aber hinsichtlich der sonstigen Geschäftstätigkeit gegenüber Dritten. Eine solche partielle Aufhebung der Gewinnstrebigkeit kann aus Sicht der herrschenden Gesellschaft Sinn machen, um die Freiheiten des Verwaltungsrats der beherrschten Gesellschaft in Bezug auf Dritte zu begrenzen. 1062 Zwei Drittel der vertretenen Stimmen und die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte. 1063 von Büren, SPR-Konzern, S. 86 f.; Rusch, S. 25 f. Siehe auch Kunz, Minderheitenschutz, S. 1002 Fn. 286. 1064 von Büren, SPR-Konzern, S. 86. 1065 Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 237; Friz, S. 326; Aebi, S. 73 f.; Grünenfelder, S. 37; Neuhaus/Watter, S. 192; von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 73.

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vollständig beherrschten Gesellschaften zu erzielen sein. Sofern Minderheitsaktionäre vorhanden sind, wird also auch der teilweise Verzicht auf die Gewinnstrebigkeit unmöglich sein mit der Folge, dass finanzielle Leistungen an die herrschende Gesellschaft weiterhin grundsätzlich angemessen vergütet sein müssen, um nicht unter Art. 678 Abs. 2 OR zu fallen und wegen regelmäßiger Kenntnis der herrschenden Gesellschaft von der Unangemessenheit der Vergütung wegen Überschreitens der Vertretungsbefugnis unwirksam zu sein. 2. Grenzen der Kompetenzattraktion durch die herrschende Gesellschaft Gemäß Art. 716a Abs. 1 OR ist für bestimmte, besonders wichtige Aufgaben, zu denen regelmäßig auch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zählen, allein der Verwaltungsrat einer Gesellschaft kompetent1066. Eine Delegation dieser Aufgaben an Dritte gemäß Art. 716 Abs. 2 OR ist unzulässig. Sofern eine herrschende Gesellschaft die beherrschte Gesellschaft nicht nur kontrolliert, sondern diese auch durch Ausübung einheitlicher Leitung in ihren Konzern einbindet, stellt sich die Frage, inwieweit eine solche Ausübung zentraler Leitung seitens der herrschenden Gesellschaft durch Art. 716a Abs. 1 OR begrenzt wird. Ein Teil der Lehre1067 möchte die unentziehbaren Kompetenzen gemäß Art. 716a Abs. 1 OR bei beherrschten Gesellschaften teleologisch auf wesentliche Residualaufgaben reduzieren mit der Folge, dass der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft zwar weiterhin die fraglichen Beschlüsse auf Weisung der herrschenden Gesellschaft formell selbst fassen und umsetzen muss, im Übrigen aber lediglich verpflichtet ist, auf die Einhaltung geltenden Rechts und ausreichender Ausstattung der Tochtergesellschaft mit Eigenkapital und Liquidität zu achten. Eine andere Meinung hält hingegen Art. 716a Abs. 1 OR in einer beherrschten Gesellschaft für ein unauflösbares Paradoxon, das nur durch den Gesetzgeber zu beheben sei1068. Tatsächlich dürfte der Widerspruch so unauflösbar in der Praxis überwiegend nicht sein1069 : Der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft kann und muss weiterhin die in Art. 716a Abs. 1 OR festgelegten Kompetenzen ausüben, formell Beschlüsse fassen und für deren Umsetzung sorgen. Dass sich diese Beschlüsse in der Regel an den Weisungen der herrschenden Gesellschaft ausrichten werden, da ansonsten der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft mutmaßlich alsbald ausgetauscht würde, ist so lange unproblematisch, als diese Weisungen vom Verwaltungsrat nicht eine Verletzung von Gesetzen oder 1066

Siehe hierzu oben unter § 5 A. I. 1. Böckli, Aktienrecht, § 11 N 291 ff.; Jagmetti, S. 124 f. Offenbar für die Möglichkeit einer gänzlichen Kompetenzattraktion aller Aufgaben nach Art. 716a Abs. 1 OR an die herrschende Gesellschaft hingegen Handschin, Konzern, S. 113 f. 1068 Meier-Hayoz/Forstmoser, § 24 N 45 ff. Wobei dieses Paradoxon in einer vollständig beherrschten Gesellschaft wegen fehlender Minderheitsaktionäre und mangelnder Klagerechte der Gläubiger nicht zum Tragen kommt, s. Meier-Hayoz/Forstmoser, § 24 N 52. 1069 Ausführliche Darstellung einer praxiskonformen Lösung unter weitgehender Beachtung des Art. 716a Abs. 1 OR bei von Büren, SPR-Konzern, S. 58 ff. Ähnlich Hofstetter, S. 317. 1067

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Sorgfaltspflichten verlangen1070. Würde die Befolgung solcher Weisungen zu einer Verletzung von Pflichten oder Rechtsvorschriften führen, ist der Verwaltungsrat berechtigt und verpflichtet, solche Weisungen zu verweigern1071. Insbesondere in vollständig beherrschten Gesellschaften können jedoch durch Einfügung einer Unterwerfungs- und Finanzierungsklausel in den Gesellschaftszweck die rechtlichen Grenzen des Handelns des Verwaltungsrats so erweitert werden, dass konfligierende Pflichten des Verwaltungsrats der beherrschten Gesellschaft bei Weisungen hinsichtlich Maßnahmen finanzieller Unterstützung weitgehend vermieden werden können. Nicht vollständig auflösbar bleibt allerdings der Umstand, dass in beherrschten Gesellschaften die eigentlich originär dem Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft gemäß Art. 716a Abs. 1 Nr. 1 OR zugewiesene Oberleitung, die alle wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen beinhaltet, faktisch weitgehend vom Verwaltungsrat der herrschenden Gesellschaft durch Weisungen ausgeübt werden kann. Solange der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft allerdings seine rechtlichen Pflichten zum Schutz der Gläubiger und etwaiger Minderheitsaktionäre bei Ausführung der Weisungen der herrschenden Gesellschaft beachtet, spricht im Übrigen nichts gegen eine teleologische Reduktion von Art. 716a Abs. 1 Nr. 1 OR und Verlagerung dieser Kompetenz auf die herrschende Gesellschaft: Denn auch der Verwaltungsrat der herrschenden Gesellschaft verfügt – anders als etwa die Generalversammlung, für die eine Kompetenzattraktion für unternehmerische Entscheidungen außerhalb der Aufgaben nach Art. 716a Abs. 1 Nr. 1 OR ebenfalls diskutiert wird1072 – im Zweifel ebenso über den nötigen wirtschaftlichen Sachverstand wie der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft und unterliegt der Verantwortlichkeit1073. Es ist daher nicht ersichtlich, welchem Zweck ein Verbleib der originären Kompetenz für unternehmerische Entscheidungen im Sinne einer Oberleitung beim Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft dienen könnte; da umgekehrt im Konzern die Kompetenz für wesentliche Entscheidungen faktisch auf die herrschende Gesellschaft übergeht, spricht nichts dagegen, Art. 716a Abs. 1 Nr. 1 OR teleologisch zu reduzieren und diesen regelmäßig eintretenden faktischen Übergang auch rechtlich zuzulassen. 3. Interessenkonflikte der handelnden Organe Typischerweise befinden sich die handelnden Organe der (Tochter-)Gesellschaft bei der Vornahme von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Konzern in 1070 Dieses Erfordernis der Beachtung von unterschiedlichen Sorgfaltspflichten bei doppelter Organstellung wird auch als Theorie vom doppelten Pflichtennexus bezeichnet, s. von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 252. 1071 Böckli, Aktienrecht, § 11 N 291 ff.; von Büren, SPR-Konzern, S. 58 ff. 1072 Siehe hierzu oben unter § 5 A. I. 2. 1073 Und zwar als faktisches Organ dann auch gegenüber der beherrschten Gesellschaft, siehe unten unter § 7 A. IV. 3. c).

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einem Interessenkonflikt. Entweder werden beide an der finanziellen Unterstützung beteiligten Gesellschaften von personenidentischen Organen vertreten und es liegt somit ein Fall der Doppelorganschaft vor1074 oder die Organe der Tochtergesellschaft handeln bei Vornahme des Rechtsgeschäfts auf Weisung der Muttergesellschaft. In letzterem Fall entsteht der Interessenkonflikt dadurch, dass die handelnden Organe sowohl die Interessen der leistenden Gesellschaft als auch die Interessen bzw. Weisungen der herrschenden Gesellschaft beachten müssen1075, da faktisch die Muttergesellschaft aufgrund ihres beherrschenden Einflusses über den weiteren Verbleib oder den Aufstieg des Organs der Tochtergesellschaft im Konzern entscheidet und für das handelnde Organ der Tochtergesellschaft somit auch die Interessen der Muttergesellschaft maßgeblich sind1076. a) Die Lösung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung behandelt solche Interessenkonflikte als Insichgeschäfte, die wie Fälle der Doppelvertretung und des Selbstkontrahierens im Rahmen der bürgerlichen Stellvertretung behandelt werden1077 und die folglich wegen fehlender Vertretungsbefugnis der handelnden Organen zum Abschluss solcher Geschäfte grundsätzlich unzulässig sind1078. Zulässig sind diese Insichgeschäfte nur, wenn eine Benachteiligung der Gesellschaft nach der Natur des Geschäfts ausgeschlossen ist oder die Gesellschaft den Vertreter zum Abschluss des Geschäfts ausdrücklich oder stillschweigend ermächtigt hat1079. Eine Benachteiligung nach der Natur des Geschäfts ist etwa ausgeschlossen, wenn das Geschäft zu Marktpreisen bzw. Drittbedingungen abgeschlossen wird1080. Falls für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Marktpreise nicht ohne weiteres 1074 Zu dieser Konstellation des Insichgeschäfts und seiner rechtlichen Behandlung siehe oben unter § 5 A. II. 2. c). 1075 Huguenin, Insichgeschäfte, S. 522 f.; von Büren/Lüthi, S. 62 Fn. 10; Rusch, S. 38 ff.; Grünenfelder, S. 42 f.; Jagmetti, S. 100. 1076 Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 238 f.; Rusch, S. 66. 1077 BGE 126 III 361 E 3. a.; BGE 127 III 332 E. 2. a.; BGer 4 A_360/2012, Urt. v. 3. Dezember 2012, E 4.; siehe auch oben unter § 5 A. II. 2. c). 1078 BGE 95 II 442; BGE 126 III 361 E. 3. a.; BGE 127 III 332 E. 2. a.; BGer 4 A_134/2007, Urt. v. 31. Juli 2007, E 2.2.; Grünenfelder, S. 43; Huguenin, Insichgeschäfte, S. 523 f.; Stoffel/ Heinzmann, S. 201; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 239. 1079 BGE 127 III 332 E. 2. a.; BGE 4 A_134/2007, Urt. v. 31. 07. 2007, E 3.1; BGE 126 III 361 E. 3. a; BGer 4 A_360/2012, Urt. v. 3. Dezember 2012, E 4.; Zobl, Vertretungsmacht, S. 302 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 239; Stutz/von der Crone, S. 104. 1080 BGE 98 II 219; BGE 106 Ib 148; BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 12; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 239; Grünenfelder, S. 41. Die Rechtsprechung behandelt eine fehlende Benachteiligung zum Teil unter dem Gesichtpunkt der stillschweigenden Ermächtigung, so z. B. in BGE 93 II 461 E. 6. a. Wegen bereits fehlender Benachteiligung besteht jedoch bei Geschäften zu objektiven Drittbedingungen keine Benachteiligung, zu der ermächtigt werden müsste, so auch BGE 89 II 321 (325).

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ermittelt werden können, was regelmäßig der Fall sein dürfte, muss ggf. eine unabhängige Meinung Dritter eingeholt werden (sogenannte fairness opinion)1081. Nicht ausreichend für einen Ausschluss der Benachteiligung nach der Natur des Geschäfts ist eine bloß bilanzielle Gleichwertigkeit1082. Ist eine Benachteiligung nach der Natur des Geschäfts nicht ausgeschlossen, kann die Gesellschaft den Vertreter zum Abschluss ausdrücklich oder stillschweigend ermächtigen bzw. diesen nachträglich genehmigen. Eine stillschweigende Ermächtigung ist bei einer konzernmäßigen Verflechtung der beteiligten Gesellschaften nach der Rechtsprechung regelmäßig zu vermuten1083. Ob diese stillschweigende Ermächtigung nach der Rechtsprechung nur bei vollständig beherrschten oder auch bei nur mehrheitlich beherrschten Gesellschaften anzunehmen ist, ist hingegen unklar. Während in einem früheren Entscheid1084 auch bei sogenannter „grossmehrheitlicher“ Beherrschung von der Rechtsprechung eine stillschweigende Ermächtigung angenommen wurde, verlangte sie in einem anderen Entscheid1085 bei Vorhandensein von Minderheitsaktionären eine zusätzliche ausdrückliche Ermächtigung bzw. nachträgliche Genehmigung. In einem neueren Entscheid1086 ist die Rechtsprechung wiederum von diesem Erfordernis bei nicht vollständig beherrschten Gesellschaften abgerückt und lässt entsprechende Geschäfte mit der herrschenden Gesellschaft wieder ohne das Erfordernis einer ausdrücklichen Ermächtigung bzw. Genehmigung zu1087. Eine ausdrückliche Ermächtigung bzw. Genehmigung kann nur von einem anderen Mitglied des Verwaltungsrats erteilt werden, wenn dieses sich selbst nicht in

1081 BGE 98 II 211 (219); BSK-ORI/Watter, Art. 33 N 19; BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 12; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 603; Stutz/von der Crone, S. 106. 1082 BGer 4 A_360/2012, Urt. v. 3. Dezember 2012, E 4.1.2; Fischer, Organschaftliche Doppelvertretung, S. 282 f.; Straessle/von der Crone, S. 345. 1083 ZR 77 (1978) Nr. 44, 126 (128) unter Berufung auf Lemp, S. 313. Ebenso BGE 127 III 332, E 2. c.; BGE 126 III 361 E 5. a. 1084 ZR 77 (1978) Nr. 44, S. 126 (128). 1085 BGE 126 III 361 E 5. a. In der Literatur wurde diese Entscheidung zum Teil als Paradigmenwechsel interpretiert, nach dem eine stillschweigende Ermächtigung in nicht vollständig beherrschten Gesellschaften nunmehr ausgeschlossen ist, s. Forstmoser/Meier-Hayoz/ Nobel, § 30 N 127; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 239. 1086 BGE 127 III 332 E 2. c., unter Berufung auf ZR 77 (1978) Nr. 44, 126 (128), ohne auf die in BGE 126 III 361 E 5. a. aufgestellten Grundsätze näher einzugehen. 1087 In der Literatur wird diese Rechtsprechung teilweise so interpretiert, dass diese Genehmigungserfordernis nur für eingliedrige, d. h. nicht in einen Konzern eingebundene Gesellschaften und nur von einem Mehrheitsaktionär unmittelbar beherrschte Gesellschaften und nicht auch für mehrgliedrige Gesellschaften gelte, s. Grünenfelder, S. 51. Diese Interpretation lässt sich aber den Urteilen nicht unmittelbar entnehmen; zudem ist die Gefährdung von Minderheitsaktionären bei mehrgliedrigen Gesellschaften keinesfalls geringer, da die Zwischenschaltung von haftungsbeschränkten Gesellschaften durch den Mehrheitsaktionär eine etwaige Rechtsverfolgung der Minderheitsaktionäre eher erschwert.

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einem Interessenkonflikt befindet1088. Dies ist in einer von einem Mehrheitsaktionär beherrschten Gesellschaft allenfalls denkbar bei einem Mitglied des Verwaltungsrats, der ausschließlich durch Minderheitsaktionäre bestimmt wurde1089. In allen übrigen Konstellationen unterliegen nebengeordnete Verwaltungsräte denselben Einflüssen wie der das Rechtsgeschäft abschließende Verwaltungsrat, so dass diese nicht wirksam ermächtigen oder genehmigen können1090. Fehlt ein genehmigungsberechtigter Verwaltungsrat, möchte die Rechtsprechung eine ausdrückliche Ermächtigung bzw. nachträgliche Genehmigung durch anfechtbaren Beschluss der Generalversammlung als „übergeordnetem Organ“ ausreichen lassen1091. Wurde das fragliche Rechtsgeschäft im Interesse eines Mehrheitsaktionärs abgeschlossen, wird ein solcher Beschluss erwartbarerweise auch in dessen Sinn ausfallen und nicht in dem der eigentlich schutzbedürftigen Minderheitsaktionäre. Zumindest wird mit einem solchen Beschluss jedoch eine Information der Generalversammlung und eine Anfechtbarkeit des Genehmigungsbeschlusses (und damit des Rechtsgeschäfts) gemäß Art. 706 OR ermöglicht1092. In jedem Fall unbeachtlich bleiben nach der Rechtsprechung die Interessen der Gläubiger bei der Behandlung von Interessenkonflikten im Konzern. Diese sollen allein durch Verantwortlichkeitsklage und Anfechtungspauliana durchzusetzen sein1093. b) Die Diskussion in der Lehre Die Lehre teilt ganz überwiegend die Auffassung, dass bei Vorliegen von objektiv festgestellten Drittbedingungen des Geschäfts ein Insichgeschäft ohne weiteres

1088 BGer 4 A_360/2012, Urt. v. 3. Dezember 2012, E 4.2.2. Die Rechtsprechung lässt jedoch offenbar die Genehmigung durch jeden zeichnungsberechtigten Verwaltungsrat zu, s. BGE 127 III 332 E 2. b. aa. 1089 Stutz/von der Crone, S. 106; Rusch, S. 67; Grünenfelder, S. 49; Glanzmann, KonzernKreditfinanzierungen, S. 239. Zu den grundsätzlichen Möglichkeiten, einen Verwaltungsrat durch Minderheitsaktionäre zu bestimmen, s. BSK-ORII/Wernli, Art. 709 N 20 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 13 N 75 ff. In der Praxis sind diese fiduziarischen Verwaltungsräte jedoch die Ausnahme, entsprechende Regelungen werden vielmehr in Aktionärsbindungsverträgen getroffen, s. BSK-ORII/Wernli, Art. 709 N 28; von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 35. 1090 Zum Streit, ob ein einzelner Verwaltungsrat eine solche Genehmigung im Rahmen seiner Kompetenz unter den Aspekten der Delegation von einzelnen Aufgaben und der Kompetenz für unübertragbare Aufgaben des Gesamtverwaltungsrats überhaupt genehmigen kann, s. Stutz/von der Crone, S. 106 ff. 1091 BGE 126 III 361 E 3. a., E 5. a.; BGer 4 A_360/2012, Urt. v. 3. Dezember 2012, E 4. Unklarheit besteht zu den Einzelheiten eines solchen anfechtbaren Beschlusses, insbesondere zu erforderlichem Quorum und Rechtswirkungen hinsichtlich etwaiger Verantwortlichkeitsansprüche, s. eingehend Rusch, S. 71 ff.; Stutz/von der Crone, S. 108 ff. 1092 Böckli, Insichgeschäfte, S. 356. 1093 BGE 126 III 361 E 5. a.

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zulässig sein müsse1094. Die Frage, ob in einer nicht vollständig beherrschten Gesellschaft von einer stillschweigenden Ermächtigung zu Insichgeschäften mit der herrschenden Gesellschaft ausgegangen werden könne, wird ebenfalls verbreitet bejaht1095 Darüber hinaus wird allerdings von einem Teil der Lehre bereits grundsätzlich angezweifelt, dass die für die bürgerliche Stellvertretung entwickelten Grundsätze auf Interessenkonflikte im Konzernrecht sinnvoll übertragbar seien1096. Vielmehr erfordere das besondere Konzernverhältnis – abweichend vom bürgerlichen Recht – regelmäßig von der Zulässigkeit und Gültigkeit von Rechtsgeschäften zwischen den Gesellschaften auszugehen und nur im Einzelfall eine Überprüfung mit der etwaigen Folge der Unzulässigkeit bzw. Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zuzulassen1097. Eine solche Überprüfungsmöglichkeit biete den Aktionären bereits Art. 678 OR1098. Andere Stimmen in der Lehre, die die Übertragbarkeit der Regeln der bürgerlichen Stellvertretung auf Interessenkonflikte im Konzern grundsätzlich bejahen, stimmen jedenfalls der Möglichkeit der Genehmigung durch nicht in einem Interessenkonflikt befangene Verwaltungsräte als nebengeordnete Organe überwiegend zu1099. Kritisiert wird allerdings die Genehmigungsmöglichkeit der Generalversammlung bei Fehlen von nicht befangenen Verwaltungsräten, da eine solche das Paritätsprinzip verletze1100. Dieses sei schon aus Gründen des Gläubigerschutzes zu 1094 Ohne weitere Problematisierung etwa Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 240; Stutz/von der Crone, S. 106; Huguenin, Insichgeschäfte, S. 525; Grünenfelder, S. 41; Zobl, Vertretungsmacht, S. 302 f.; Böckli, Insichgeschäfte, S. 357. Ggf. müssten diese Drittbedingungen durch eine fairness opinion unabhängiger Dritter nachgewiesen werden, s. Böckli, Insichgeschäfte, S. 368; Straessle/von der Crone, S. 344. 1095 Für eine stets gegebene stillschweigende Ermächtigung auch in nicht vollständig beherrschten Gesellschaften s. Fn. 196 bei von Büren/Lüthi, S. 99; Grünenfelder, S. 52 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 239; Fischer, Organschaftliche Doppelvertretung, S. 285; Weibel, S. 86 f. Im Hinblick auf den bezweckten Minderheitenschutz hingegen ablehnend Straessle/von der Crone, S. 344. 1096 Huguenin, Insichgeschäfte, S. 526 f. A.A. ausdrücklich Stutz/von der Crone, S. 105. 1097 Huguenin, Insichgeschäfte, S. 526 ff. 1098 Huguenin, Insichgeschäfte, S. 527 ff. 1099 Grünenfelder, S. 54; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 239; Rusch, S. 67; Straessle/von der Crone, S. 346 ff. Ausführlich zur Konfliktfreiheit eines Verwaltungsrats Böckli, Insichgeschäfte, S. 360 ff. A.A. Stutz/von der Crone, S. 106 ff., die nur in Einzelfällen bei delegierten Aufgaben eine Genehmigungszuständigkeit des (fiduzuiarischen) Einzelverwaltungsrats sehen, im Übrigen aber den Gesamtverwaltungsrat unter Ausstand der befangenen Verwaltungsräte als Genehmigungsinstanz zuständig halten. Im Ergebnis führt diese Auffassung jedoch auch zur alleinigen Genehmigungskompetenz der nicht befangenen Verwaltungsräte. 1100 Stutz/von der Crone, S. 108 f.; Huguenin, Insichgeschäfte, S. 525; Zobl, Vertretungsmacht, S. 309 ff. Ebenfalls kritisch Steininger, S. 200 f. Eine Reihe von Autoren möchte eine Genehmigung durch die Generalversammlung trotz Bedenken jedoch ausnahmsweise zulassen, s. Böckli, Aktienrecht, § 13 N 647 ff.; Zobl, Vertretungsmacht, S. 311; Grünenfelder, S. 52; Rusch, S. 64.

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beachten1101. Eine wirkliche Genehmigungs- bzw. Ermächtigungsfunktion der Generalversammlung könne zudem nur erfüllt werden, wenn alle befangenen Aktionäre (also etwa der Mehrheitsaktionär) bei der Abstimmung in den Ausstand treten würden, also nur die Minderheitsaktionäre über die Ermächtigung bzw. Genehmigung entscheiden würden1102. Eine bei bestehender Beherrschung der Gesellschaft rein formale Genehmigung durch die Generalversammlung würde den Rechtsschutz der Minderheitsaktionäre nicht verbessern, sondern vielmehr unzulässig verkürzen, da sie innerhalb der verkürzten Anfechtungsfrist von zwei Monaten den Beschluss gemäß Art. 706 OR anfechten müssten1103. Es sei daher sinnvoller, der Generalversammlung keine Genehmigungsmöglichkeit einzuräumen und so den am Rechtsgeschäft beteiligten Dritten durch das Risiko der Unwirksamkeit interessewidriger Rechtsgeschäfte zu disziplinieren1104. Damit würde dem durch die Genehmigungsmöglichkeit geschaffenen „Interessendurchgriff“ des Mehrheitsaktionärs präventiv begegnet und das bestehende Eigeninteresse der Gesellschaft gewahrt1105. Kritisiert wird außerdem in der Lehre grundsätzlich die fehlende Berücksichtigung von Gläubigerinteressen bei der Behandlung von Interessenkonflikten: Durch Insichgeschäfte im Konzern könnten diese ebenfalls verletzt werden, eine Geltendmachung etwaiger Ansprüche erst im Konkurs der Gesellschaft, welche zudem mit erheblichen Beweislasten und kurzen Verjährungsfristen verbunden sei, stelle keinen adäquaten Rechtsschutz dar, da dann bereits der Schaden durch den Konkurs vertieft sei und Werte vernichtet worden seien1106. Die Gegenauffassung1107 folgt der Rechtsprechung und verweist auf den insbesondere im Handelsrecht erforderlichen Verkehrsschutz und die praktischen Erfordernisse. Gerade bei schwierig zu ermittelnden Drittbedingungen wie bei der Bestellung von Sicherheiten sei dem Dritten das Risiko der Unwirksamkeit nicht zuzumuten1108. Erfolgt die Leistung nicht zu Drittbedingungen und ist eine stillschweigende oder ausdrückliche Ermächtigung nicht erfolgt, fehlt es an der Vertretungsbefugnis des handelnden Organs und die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hängt vom guten Glauben der beteiligten Dritten1109 – etwa einer beteiligten 1101

Stutz/von der Crone, S. 109; Straessle/von der Crone, S. 349. Stutz/von der Crone, S. 110; Straessle/von der Crone, S. 349. Ablehnend mit ausführlicher Begründung Rusch, S. 73 f. 1103 Stoffel/Heinzmann, S. 208. 1104 Stoffel/Heinzmann, S. 209. 1105 Stoffel/Heinzmann, S. 210. 1106 Stutz/von der Crone, S. 109; Stoffel/Heinzmann, S. 208 f. 1107 Zobl, Vertretungsmacht, S. 302 ff.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 240; Grünenfelder, S. 54 f.; Jagmetti, S. 104; Rusch, S. 77 f. 1108 Allgemein zum Problem des Verkehrsschutzes bei Interessenkollisionen s. Zobl, Vertretungsmacht, S. 305 f. 1109 Siehe oben unter § 5 A. II. 3. 1102

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und regelmäßig bösgläubigen Bank1110 – ab. Durch die Annahme einer stillschweigenden Ermächtigung bzw. einer ausdrücklichen Ermächtigung oder Genehmigung durch die Generalversammlung entfiele das Risiko für den Rechtsverkehr, dass ein Rechtsgeschäft allein aufgrund eines Interessenkonflikts im Konzern und Unsicherheiten bei der Bewertung unzulässig bzw. nichtig sei1111. c) Eigene Stellungnahme Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die zu objektiven Drittbedingungen, etwa Marktpreisen oder Börsenkursen, erfolgen, sind Insichgeschäfte ohne weiteres zulässig. Diese Ausnahme ist allerdings auf zweifelsfreie Fälle zu beschränken; eine rein bilanzielle Betrachtung ist zur Begründung objektiver Drittbedingungen nicht ausreichend. In Zweifelsfällen ist eine neutrale Bewertung Dritter einzuholen. Die von der Rechtsprechung und einem überwiegenden Teil der Lehre angenommene Übertragbarkeit der Grundsätze der bürgerlichen Stellvertretung auf Interessenkonflikte im Konzern scheint hingegen zweifelhaft: Im Konzern besteht ein solches Näheverhältnis zwischen den Gesellschaften, dass sowohl Rechtsgeschäfte zwischen den Gesellschaften als auch Interessenkonflikte der handelnden Organe der Regelfall sind. Die Vermutung der Unzulässigkeit des Selbstkontrahierens analog zur bürgerlichen Stellvertretung, bei der das Selbstkontrahieren die Ausnahme ist, scheint daher schon ganz grundsätzlich nicht sachgerecht. Folgt man hingegen der Annahme der Übertragbarkeit der Grundsätze der bürgerlichen Stellvertretung, ist von einer stillschweigenden Ermächtigung bei Interessenkonflikten im Konzern nur bei vollständig beherrschten Gesellschaften auszugehen; anderenfalls liefe das auch dem Minderheitenschutz im Konzern dienende Genehmigungserfordernis gänzlich ins Leere, da es dann im Konzern regelmäßig schon fingiert würde und keine weiteren Konsequenzen hätte. Ausdrückliche Ermächtigungs- oder Genehmigungserfordernisse durch nebenoder übergeordnete Organe, wie von der Rechtsprechung verlangt, können allenfalls dann eine Kontroll- und Begrenzungsfunktion entfalten, wenn das genehmigende Organ ein von den Minderheitsaktionären bestimmter fiduziarischer Verwaltungsrat ist. Solche Vertreter der Minderheitsaktionäre sind allerdings nur selten im Verwaltungsrat vertreten, so dass auf diesem Weg nur in wenigen Fällen ein effektiver Schutz vor Benachteiligung der Minderheitsaktionäre erreicht werden kann. In allen übrigen Fällen stellt die Ermächtigung bzw. Genehmigung durch die Generalversammlung, wie von der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre angenommen, einen unzulässigen Verstoß gegen das Paritätsprinzip dar. Die Generalversammlung ist wegen fehlender Verantwortlichkeit, in der Regel unzureichender Sachkenntnis 1110 1111

Grünenfelder, S. 52; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 240. Rusch, S. 77; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 240.

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und Schwerfälligkeit der Beschlussfassung nicht das geeignete Organ, über die Zulässigkeit von Finanzgeschäften im Konzern zu entscheiden. Räumt man gemäß der Lösung der Rechtsprechung der Generalversammlung eine Entscheidungskompetenz ein und geht nicht ohnehin stets von einer stillschweigenden Ermächtigung aus, stellt die dann erforderliche Zustimmung in beherrschten Gesellschaften wegen der Stimmenmehrheit der herrschenden Gesellschaft eine bloße Formalität dar. Würde man zur Gewährleistung einer effektiven Kontrolle hingegen verlangen, dass die befangenen Aktionäre – also die Vertreter der herrschenden Gesellschaft – bei der Abstimmung der Generalversammlung in den Ausstand treten müssen, würde man umgekehrt den Minderheitsaktionären ein erhebliches Missbrauchspotential eröffnen, da diese etwa bei Rechtsgeschäften mit schwieriger Bewertung von Drittbedingungen ihre Zustimmung verweigern könnten um sachfremde Vorteile zu erzielen, ohne selbst der Verantwortlichkeit zu unterliegen. Die Formalität der Zustimmung der Generalversammlung ist daher allenfalls unter dem Gesichtspunkt der verbesserten Publizität zu begründen1112. Eine solche Verbesserung der Publizität ließe sich allerdings einfacher beispielsweise durch eine verbesserte Konzernpublizität1113 erreichen: Auf diesem Wege würde das Paritätsprinzip nicht verletzt und die Frist für einen möglichen Rechtsschutz nicht auf die kurze Anfechtungsfrist des Art. 706 OR verkürzt. Zudem bedürfte es nicht für jedes – häufig vorkommende – Rechtsgeschäft zwischen konzernmäßig verflochtenen Gesellschaften eines Beschlusses der Generalversammlung1114. Schließlich führt der Lösungsweg der Rechtsprechung dazu, dass der Gläubigerschutz bei der Behandlung von Interessenkonflikten keine Rolle spielt. Mit den von der Rechtsprechung vorgesehenen Genehmigungsmöglichkeiten wird der Gläubigerschutz gegenüber der Annahme einer grundsätzlichen Unzulässigkeit von Insichgeschäften bei Interessenkonflikten zwar gelockert1115, jedoch müssen die Kapitalschutzvorschriften hiervon unberührt bleiben1116 : Auch bei Annahme einer grundsätzlichen Zulässigkeit eines von der Generalversammlung genehmigten Rechtsgeschäfts im Konzern muss dieses beispielsweise weiterhin nichtig sein, wenn es gegen Art. 680 Abs. 2 OR verstößt. Andernfalls könnte ein Mehrheitsaktionär 1112 Eine Ansicht sieht die verbesserte Information der Aktionäre skeptisch, da der Verwaltungsrat hierzu überhaupt das Rechtsgeschäft zum Beschluss vorlegen muss, was dieser möglicherweise auch unterlassen könnte, s. Stoffel/Heinzmann, S. 207 f. Ohne Vorlage zur Genehmigung bleibt das Rechtsgeschäft jedoch unzulässig und damit nichtig, ein erhebliches Risiko, welches der Verwaltungsrat wohl eher vermeiden wird. 1113 Beispielsweise durch einen gesonderten Abhängigkeitsbericht im Anhang zur Konzernrechnung, in dem die Revisionsstelle das Ergebnis ihrer Prüfung wesentlicher konzerninterner Transaktionen mitteilt. Siehe zur Diskussion über mögliche Alternativen unten unter § 10 B. I. 2. 1114 Sofern man nicht ohnehin schon von einer stillschweigenden Ermächtigung im Konzern ausgeht. 1115 Stoffel/Heinzmann, S. 209. 1116 Dies folgt schon aus Art. 706b Abs. 3 OR, s. Grünenfelder, S. 44; von Büren/Lüthi, S. 99. A.A. offenbar BGE 126 III 361 E 5. a.; Zobl, Vertretungsmacht, S. 312 f.; Lemp, S. 314.

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durch die formale Genehmigung eines Rechtsgeschäfts im Konzern die Kapitalschutzvorschriften aushebeln, die seine Befugnisse zum Schutz der Gläubiger gerade einschränken sollen. Insgesamt erscheint folglich die von der Rechtsprechung und einem Teil der Lehre vertretene Übertragung der Regeln über die bürgerliche Stellvertretung auf Interessenkonflikte im Konzern jedenfalls für größere Aktiengesellschaften grundsätzlich ungeeignet. Denn bei der Beurteilung häufiger und komplexer konzerninterner Transaktionen, insbesondere in großen Aktiengesellschaften und Konzernverbünden, werden einzelne Verwaltungsräte regelmäßig fachlich und zeitlich überfordert sein1117. In kleineren Aktiengesellschaften mit überschaubaren konzerninternen Transaktionen oder punktuellen Geschäften mit einem Mehrheitsaktionär kann zwar ein von den Minderheitsaktionären bestimmter fiduziarischer Verwaltungsrat eine geeignete Genehmigungsinstanz sein, um auf flexible Weise ein Mindestmaß an Minderheitenschutz zu gewährleisten. Dies setzt aber voraus, dass ein solcher fiduziarischer Verwaltungsrat, der nicht gesetzlich vorgeschrieben wird, überhaupt bestimmt wird. Fehlt ein solcher fiduziarischer Verwaltungsrat, kann das Erfordernis einer Genehmigung durch ein neben- oder untergeordnetes Organ lediglich die Publizität verbessern, aber keinen effektiven Minderheitenschutz gewährleisten. Der Gläubigerschutz wird lediglich durch die Publizitätswirkung eines Genehmigungserfordernisses (geringfügig) verbessert. Kautelarjuristisch ist jedoch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung und eines Teils der Lehre natürlich dennoch zu empfehlen, eine Genehmigung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch Beschluss der Generalversammlung bei nicht vollständig beherrschten Gesellschaften einzuholen, sofern keine Genehmigung durch einen unabhängigen Verwaltungsrat möglich ist.

III. Besonderheiten des Kapitalschutzes im Konzern 1. Verschärfung des Verbots der Einlagenrückgewähr? Nach einer Auffassung soll jede sogenannte qualifizierte Darlehensgewährung aus dem geschützten Kapital unabhängig von der Ausgestaltung der Bedingungen oder der Bonität unzulässig sein1118. Eine qualifizierte Darlehensgewährung soll vorliegen, wenn der Darlehensnehmer sowohl mehr als zehn Prozent der Aktien hält als auch das Darlehensvolumen im Verhältnis zum rechnerischen Anteil des Dar1117

Zu möglichen alternativen Regelungen siehe unten unter § 10 B. I. 1. Böckli, Sondervermögen, S. 527 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 546. Das BGer hat in einem neueren Entscheid Zweifel geäußert, ob cash pooling auch bei der Erfüllung von Drittkonditionen überhaupt je zulässig sein könnten, s. BGE 140 III 533 (544), ohne dies näher auszuführen. In einem späteren Entscheid hat es jedoch ausdrücklich festgestellt, dass Darlehen im Konzern auch ohne Besicherung Drittkonditionen erfüllen könnten, s. BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.2.1.3. Damit dürften die ursprünglich geäußerten Zweifel an der grundsätzlichen Zulässigkeit ausgeräumt sein. 1118

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lehensnehmers am Eigenkapital der Gesellschaft ins Gewicht fällt, dieses also übersteigt1119. Diese strenge Auffassung wäre also im Konzern regelmäßig einschlägig und würde dazu führen, dass Darlehen an die herrschende Gesellschaft aus dem geschützten Kapital regelmäßig unzulässig wären. Begründet wird dies damit, dass mit der Darlehensvergabe eine Form der Entliberierung vorliege und damit eine unzulässige Verknüpfung der Bonität des Aktionärs mit der Bonität der Gesellschaft vollzogen werde; damit bestünde die Gefahr der Aufhebung des Sondervermögens der beherrschten Gesellschaft1120. Diese Auffassung wäre jedenfalls dann zutreffend, wenn beispielsweise sämtliche verfügbare Mittel der Gesellschaft an einen einzigen Aktionär als Darlehen ausgereicht würden. Unerheblich wäre in diesem theoretischen Fall, in welcher Höhe der begünstigte Aktionär an der Gesellschaft beteiligt wäre. In der Praxis wäre eine solche umfassende Darlehensgewährung jedoch nur an einen herrschenden Aktionär denkbar, der mit der Grenze von zehn Prozent nur unscharf erfasst werden könnte. Sinnvoller wäre es daher, eine entsprechende Schwelle für ein qualifiziertes Darlehen bei einer Beherrschungsmöglichkeit gemäß Art. 963 OR anzulegen1121. Selbst dann würde man allerdings mit einer generellen Ausnahme des geschützten Kapitals von einer Darlehensgewährung an Konzerngesellschaften ein cash pooling erheblich erschweren. Die generelle Unzulässigkeit qualifizierter Darlehen – auch bei Annahme eines höheren Schwellenwerts – ist daher als zu restriktiv abzulehnen1122. Wie schon zuvor ausgeführt1123 sollte es für einen effektiven Kapitalschutz genügen, für die Darlehensgewährung an Aktionäre aus geschütztem Kapital besonders hohe Bonitätsanforderungen zu stellen, die etwa durch Besicherung des Darlehens gewährleistet wären. Dadurch würde ein hinreichender Kapitalschutz gewährleistet werden, ohne die Möglichkeiten der Konzerninnenfinanzierung zu stark zu beschränken. 2. Lockerung des Reservenschutzes durch eine Finanzierungsklausel Hat die beherrschte Gesellschaft eine Finanzierungsklausel unter Aufgabe der Gewinnstrebigkeit beschlossen, ist umstritten, ob dadurch offene und verdeckte 1119

Böckli, Sondervermögen, S. 527 f. Böckli, Aktienrecht, § 12 N 546. 1121 Vor Einführung des Kontrollprinzips in Art. 963 OR stellte das Schrifttum mit ähnlichen Argumenten verbreitet auf eine Schwelle von 20 Prozent gemäß Art. 665a Abs. 3 OR ab, s. Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 96 f.Siehe auch Fn. 937 bei Rubli, S. 200. Ebenso Fn. 506 bei Grünenfelder, S. 103. 1122 Gl. M. Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 98; Jagmetti, S. 179; Grünenfelder, S. 103. Nach anderer Auffassung wird die herrschende „Bonitätstheorie“ mit der Lehre vom qualifizierten Aktionärsdarlehen dahingehend kombiniert, dass erst bei qualifizierter Aktionärsstellung Art. 680 Abs. 2 OR einschlägig sein soll und nur dann die weiteren Vorgaben zur Bonität zu beachten seien, s. Rubli, S. 200. 1123 Siehe oben unter § 6 A. II. 1. a). 1120

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Gewinnausschüttungen auch ohne Beachtung der formellen Voraussetzungen einer Gewinnausschüttung – insbesondere Feststellung des ausschüttbaren Gewinns durch die Revisionsstelle und Ausschüttungsbeschluss der Generalversammlung – zulässig sind. Ein Teil der Lehre1124 lehnt dies ab und verlangt auch bei Vorliegen einer Finanzierungsklausel die Beachtung der formellen Voraussetzungen eines Gewinnausschüttungsbeschlusses. Begründet wird diese Auffassung damit, dass andernfalls die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft unterlaufen werde: Zuständig für Gewinnausschüttungen ist gemäß Art. 698 Abs. 2 Ziff. 4 OR die Generalversammlung, die ausschließlich über den von der Revisionsstelle gemäß Art. 728 Abs. 1 OR festgestellten Gewinn verfügen darf. Nimmt der Verwaltungsrat – etwa durch unverzinste Darlehen – (verdeckte) Gewinnausschüttungen an die herrschende Gesellschaft vor, werde die Kompetenzordnung unterlaufen. Ferner wird argumentiert, dass mit einer Finanzierungsklausel nicht notwendigerweise eine vollständige Aufgabe der Gewinnstrebigkeit verbunden sei1125 und zudem dadurch die Gefahr eines Haftungsdurchgriffs wegen Vermögensvermischung geschaffen werde1126. Die Gegenauffassung1127 sieht bei Vorliegen einer Finanzierungsklausel kein Erfordernis mehr für einen formellen Gewinnausschüttungsbeschluss mit vorheriger Feststellung des ausschüttungsfähigen Gewinns durch die Revisionsstelle. Begründet wird dies damit, dass die Gesellschaft durch unentgeltliche Leistungen keine Gewinne ausschütte, sondern entsprechend ihrem Zweck auf Gewinne verzichte1128. Richtigerweise ist hinsichtlich des Erfordernis eines Gewinnausschüttungsbeschlusses zu differenzieren: Die Finanzierungsklausel beendet die Gewinnstrebigkeit der Gesellschaft und berechtigt sie zu Verzicht auf adäquates Entgelt, etwa durch fehlende Verzinsung oder Avalprovisionen, und zu jeder sonstigen verdeckten Gewinnausschüttung, die sich nicht in einem bilanziellen Verlust der Gesellschaft niederschlägt. Einer gesonderten Feststellung des durch Verzicht auf marktgerechte Konditionen verdeckt ausgeschütteten Gewinns durch die Revisionsstelle bedarf es in diesen Fällen nicht, da lediglich auf Gewinnchancen verzichtet wird, wodurch sich die bilanzielle Lage nicht verändert. Die veröffentlichte Bilanz entspricht somit 1124

Neuhaus/Watter, S. 191 ff.; Friz, S. 329; Rusch, S. 116 ff. Rusch, S. 117. Eine nur teilweise Aufgabe der Gewinnstrebigkeit wird nach der hier vertretenen Auffassung jedoch abgelehnt, siehe oben unter § 7 A. II. 1. 1126 Rusch, S. 118 f.; Weibel, S. 84 f. Zum Teil wird unter Verweis auf den deutschen § 57 AktG auch vertreten, dass nicht gewinnstrebige Gesellschaften ebenfalls Art. 678 Abs. 2 OR unterlägen, s. Rusch, S. 118. § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG beinhaltet jedoch auch das im schweizerischen Recht gesondert geregelte Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß Art. 680 Abs. 2 OR, welches im schweizerischen Recht zweifelsohne auch bei Aufgabe der Gewinnstrebigkeit fortgilt. Eine Aussage über Geltung und Reichweite von Art. 678 Abs. 2 OR lässt sich daher aus § 57 AktG nicht ableiten. 1127 Jagmetti, S. 192 f.; Blum, Cash Pooling, S. 711; Rubli, S. 255; Spörri, 191; Handschin, Cashpooling, S. 287; Buchser, S. 281. Ähnlich Fn. 55 bei Tschäni, M&A-Transaktionen 2003, S. 205. 1128 Jagmetti, S. 192; Buchser, S. 281; Rubli, S. 255. 1125

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unverändert der tatsächlichen Lage der Gesellschaft1129. Die Feststellung der Gewinne, auf die die Gesellschaft verzichtet hat, ist für die Gläubiger kaum von Nutzen. Die sich mutmaßlich mittelfristig verschlechternde Bonität der Gesellschaft durch Aufgabe der Gewinnstrebigkeit wird im Handelsregister publiziert und damit den Gläubigern bekannt gemacht, die diese Information bei ihren Entscheidungen berücksichtigen können; das (unstreitig gläubigerschützende) Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß Art. 680 Abs. 2 OR wird durch die Finanzierungsklausel ohnehin nicht berührt und gilt unverändert fort. Da die Aufgabe der Gewinnstrebigkeit Einstimmigkeit erfordert, dürften Minderheitsaktionäre in der beherrschten Gesellschaft nicht mehr vorhanden sein1130, so dass deren Interessen nicht berücksichtigt werden müssen. Der Vorschlag der Vertreter der Fortgeltung der formellen Gewinnausschüttungsvorschriften, einen Vorratsbeschluss der Generalversammlung zur Gewinnausschüttung fassen zu lassen1131, ist in einer vollständig beherrschten Gesellschaft hinsichtlich der Gewinne, auf die verzichtet wurde, bloßer Formalismus. Die Finanzierungsklausel hebt jedoch nicht das Sondervermögen der Gesellschaft auf und ermächtigt nicht zur Vermischung der Vermögen von Gesellschaft und Gesellschafter. Somit darf bilanziell erfasstes Vermögen der Gesellschaft nicht ohne wirksamen Ausschüttungsbeschluss an die herrschende Gesellschaft verschoben werden. Folglich dürfen etwa Vermögensgegenstände der Gesellschaft nicht unter ihrem bilanziellen Wert an die herrschenden Gesellschafter verkauft werden und es dürfen keine einseitigen Zahlungen geleistet werden dürfen. Für solche Maßnahmen, die sich bilanziell unmittelbar auswirken, bedarf es weiter eines Gewinnausschüttungsbeschluss. Dieser stellt sicher, dass nur ausschüttungsfähiges Kapital an die herrschenden Gesellschafter ausgeschüttet wird und das Sondervermögen der Gesellschaft gewahrt bleibt. 3. Bestimmung der Drittbedingungen bei Finanzgeschäften im Konzern ohne Finanzierungsklausel Unproblematisch können Gesellschaften im Konzern auch ohne Finanzierungsklausel in den Statuten der beherrschten Gesellschaft untereinander Finanzgeschäfte abschließen, ohne dabei gegen Kapitalschutznormen zu verstoßen, sofern diese 1129

Wurde etwa das unverzinst ausgereichte Darlehen seinerseits von der Gesellschaft verzinslich aufgenommen, schmälert der dadurch auflaufende Verlust regelmäßig die freien Reserven, was sich im Jahresabschluss und der Bilanz widerspiegeln wird. Dass bei Aufgabe der Gewinnstrebigkeit das Vermögen der Gesellschaft durch Inflation langfristig vermutlich aufgezehrt wird, können die Gläubiger bereits aus dem Umstand der publizierten Aufgabe der Gewinnstrebigkeit schließen. 1130 Sofern Aktionäre erst nach Aufgabe der Gewinnstrebigkeit Anteile erworben haben sollten, werden sie dies nur zu einem Preis getan haben, der die fehlenden Gewinnaussichten und die Unterwerfung berücksichtigt und sind daher nicht mehr schutzbedürftig. 1131 Neuhaus/Watter, S. 194.

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Finanzgeschäfte zu Drittmannskonditionen erfolgen1132. Unklar ist allerdings, ob und wie indirekte Vorteile aus der Konzernzugehörigkeit bei der Bestimmung von Drittbedingungen für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung berücksichtigt werden können und daher bei Finanzgeschäften im Konzern (nominell) günstigere Konditionen als die jeweils gültigen Marktkonditionen vereinbart werden dürfen, ohne dass dadurch der Kapitalschutz berührt wird. a) Berücksichtigung konkreter indirekter Konzernvorteile Nach Auffassungen im Schrifttum1133 und von Instanzgerichten1134 soll bei der Bestimmung von Drittbedingungen von Finanzgeschäften im Konzern – etwa Sicherheitenbestellungen zugunsten der herrschenden Gesellschaft – eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, in der über die direkte Gegenleistung hinaus auch indirekte Vorteile aus der Konzernzugehörigkeit mit einfließen sollen. Dabei muss ein konkreter, wenn auch indirekter Nutzen für die leistende Gesellschaft bei Abweichung von strengen Marktbedingungen erkennbar sein1135. Die Tatsache der Konzernverbundenheit allein rechtfertigt noch keine Abweichung von Drittbedingungen1136. Als mögliche konkrete indirekte Vorteile werden die Steigerung der

1132

BGE 98 II 219; BGE 106 Ib 148; BSK-ORII/Watter, Art. 718a N 12; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 239; Grünenfelder, S. 41. Nach hier vertretener Ansicht sind bei Leistungen aus dem geschützten Kapital besonders hohe Bonitätsanforderungen zu erfüllen, s. o. unter § 6 A. II. 1. 1133 Mit jeweils großen Unterschieden in der Methodik der Bewertung und in der dogmatischen Konzeption s. von Büren/Lüthi, S. 72 ff.; Rusch, S. 47 ff.; Handschin, Cashpooling, S. 279 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 231; Neuhaus/Watter, S. 182; Grünenfelder, S. 114; Zimmerli, S. 281 ff.; Rubli, S. 242 ff.; Blum, Konzerndarlehen, S. 467 f. Restriktiv Aebi, S. 115 ff. Wegen begrenzter Messbarkeit kaum für praxisrelevant haltend Grünenfelder, S. 73. 1134 ZR 98 (1999), Nr. 52, Urteil B. 1, S. 239 (249), E 4.3.1. Das BGer hat hingegen in einem Entscheid geäußert, dass fraglich sei, ob nicht bereits die Teilnahme an einem cash pooling als solche überhaupt einem Drittmannstest standhält, s. BGE 140 III 533 (544). Da weitere Ausführungen oder Begründungen zu dieser Aussage dem Entscheid nicht zu entnehmen sind, muss offenbleiben, ob das BGer von einer Berücksichtigung von Konzernnachteilen bei der Bestimmung der Drittbedingungen ausgehen möchte oder nicht. 1135 Rusch, S. 112 f.; von Büren/Lüthi, S. 72 f. 1136 Rusch, S. 112. Eine Meinung in der Literatur führt bereits die Tatsache der Konzernzugehörigkeit als solche als Bewertungsfaktor an und damit scheinbar einen allgemeinen Konzernvorteil, bezieht sich jedoch im Folgenden insbesondere auf das cash pooling, das mit konkreten Konzernvorteilen verbunden ist, s. Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 231. Offenbar grundsätzlich von einer Ausgewogenheit von Leistungen im Konzern ausgehend Zimmerli, S. 290. Explizit auch für die grundsätzliche Ausgewogenheit bei der LBOFinanzierung Zimmerli, S. 362 f. Offenbar auch allgemein auf die Konzernzugehörigkeit als zu berücksichtigendes Kriterium abstellend Blum, Konzerndarlehen, S. 468.

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Kreditwürdigkeit der abhängigen Gesellschaft1137 oder etwa die Sicherung und Gewinnung von neuen Vertragspartnern und Kunden genannt1138. Praxisrelevant ist die Frage der Berücksichtigung mittelbarer Vorteile beispielsweise im konzernweiten cash pooling. Hier wird zur Frage der angemessenen Verzinsung vertreten, dass die konkreten Vorteile, die der leistenden Gesellschaft aus der Teilnahme am cash pooling erwachsen, bei der Beurteilung der angemessenen Zinshöhe und der Bedingungen zu berücksichtigen seien und deswegen nicht ohne weiteres bankübliche Konditionen als Vergleichsmaßstab anzulegen seien1139. Solche konkreten Vorteile erwachsen bei wechselseitiger Konzernfinanzierungen im Rahmen des cash poolings etwa dadurch, dass die teilnehmende Gesellschaft Zugang zum Kapital anderer Konzerngesellschaften zu in der Regel günstigeren Konditionen erhält als von einer Geschäftsbank, da die Gewinnspanne der Geschäftsbank nicht mitfinanziert werden muss. In diesen Fällen ist es sicherlich sachgerecht, auch die mittelbaren finanziellen Vorteile für die Gesellschaft aus dem cash pooling bei der Bewertung des Einzelkredits zu berücksichtigen, also etwa einer Muttergesellschaft ein (etwas) zinsgünstigeres Darlehen zu gewähren als es eine Geschäftsbank getan hätte, da im Gegenzug die Tochtergesellschaft künftig auch auf diese Weise an günstigere Kredite kommen kann. b) Konkrete indirekte Vorteile bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Indirekte Konzernvorteile können grundsätzlich nur dann in die Bemessung von Drittbedingungen einfließen, wenn sie im konkreten Einzelfall tatsächlich bestehen und in konkreten wirtschaftlichen Vorteilen für die Gesellschaft – wie beim regulären cash pooling – gemessen werden können. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung fehlen jedenfalls beim Hauptanwendungsfall des LBOs durch Finanzinvestoren eben diese bewertbaren mittelbaren Vorteile, da die Finanzinvestoren als Gegenleistung für die (einseitige) finanzielle Unterstützung durch die Zielgesellschaft in der Regel keinen Zugang zu günstigen Finanzierungsmöglichkeiten gewähren. Falls ausnahmsweise doch mit der Akquisitionsgesellschaft formal ein cash pooling begründet werden sollte, wird jedenfalls das Verhältnis des Volumens von finanziellen Leistungen der Zielgesellschaft zu dem der Akquisitionsgesellschaft gänzlich unausgewogen sein und es wird nicht zu erwarten sein, dass die Zielgesellschaft jemals vergleichbare finanzielle Leistungen von der Akquisitionsgesellschaft erhalten wird. Aus der möglichen Konzernierung durch eine Akquisitions1137 Rusch, S. 47. Insbesondere im Sonderfall des Sanierungsdarlehens oder der Besicherung zu Sanierungszwecken ist diese Fallgruppe einschlägig, da damit die beherrschte Gesellschaft auch oftmals ihre Existenz sichern kann, s. Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 10; Rubli, S. 246 f.; Grünenfelder, S. 115 f. 1138 Rusch, S. 47 ff. 1139 Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 20 f.; Jagmetti, S. 161; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 232.

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gesellschaft erwachsen der Zielgesellschaft somit keine konkreten Vorteile, die bei der Bemessung von Drittbedingungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung berücksichtigt werden könnten1140. Die Tatsache der effektiven Kontrollausübung durch Finanzinvestoren und die damit möglicherweise verbundene Senkung von Agency-Kosten des Eigenkapitals ist ebenfalls kein konkret bewertbarer Vorteil für die Zielgesellschaft. Folglich müssen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in der Regel zu strengen Marktkonditionen gewährt werden, um Drittbedingungen zu entsprechen1141. 4. Erforderlichkeit der Bildung einer Sonderreserve In der Literatur wird darüber hinaus vertreten, dass in Fällen von Darlehen und Sicherungsgeschäften gegenüber Aktionären, die nicht zu marktgerechten Konditionen erfolgen, die Gesellschaft eine Sonderreserve analog Art. 659a Abs. 2 OR im Umfang des fraglichen Geschäfts bilden müsse1142, die das ausschüttungsfähige Kapital im entsprechenden Umfang sperren würde. Nach weitergehender Ansicht solle eine solche Reservenbildung auch bei Darlehen und Sicherungsgeschäften, die zu marktgerechten Konditionen gewährt werden, erfolgen1143. In einem kürzlich ergangenen Urteil hat das BGer für diese Ansicht, jedenfalls hinsichtlich der Gewährung von Darlehen, die nicht zu Marktbedingungen gewährt werden, Sympathien geäußert1144. Im konkreten Entscheid befand es jedoch lediglich, dass ein nicht zu Marktbedingungen an einen Aktionär ausgerichtetes Darlehen sich jedenfalls mindernd auf das ausschüttungsfähige Kapital auswirke bzw. dieses sperre1145. Ob diese Sperrung durch die Bildung einer entsprechenden Reserve zu erfolgen hat oder sich bereits daraus ergibt, dass das ausschüttungsfähige Kapital durch die erfolgte verdeckte Gewinnausschüttung mit dem Zeitpunkt der Vornahme des Geschäfts bereits ex tunc gemindert ist, lässt sich dem Entscheid des BGer nicht eindeutig entneh1140 Ausnahmen sind bei Akquisitionen durch Nicht-Finanzinvestoren denkbar, etwa wenn der Empfänger der finanziellen Unterstützung ein Unternehmen derselben Branche ist und durch die dadurch erleichterte Übernahme auch der Zielgesellschaft mittelfristig konkrete Vorteile etwa durch Skaleneffekte, Zugang zu know-how und zu neuen Geschäftsfeldern etc. zukommen. Abzulehnen ist bei LBOs durch Finanzinvestoren die Auffassung, dass die Übernahme regelmäßig auch im Interesse der Zielgesellschaft erfolge, so aber Tschäni, M&ATransaktionen 2003, S. 193 f. Ebenso erwachsen durch die Konzernierung der Zielgesellschaft bei LBOs dieser nicht regelmäßig bewertbare Vorteile, so aber Zimmerli, S. 362 f. 1141 In der Praxis wird folglich zur Gewährleistung von Rechtssicherheit bei Akquisitionsfinanzierungen regelmäßig eine Unterwerfungs- und Finanzierungsklausel in den Zweck der Zielgesellschaft aufgenommen werden müssen. 1142 Neuhaus/Watter, S. 195; Maurer/Handle, S. 295. Für eine Umbuchung des Betrags eines Sicherungsgeschäfts als Fremdkapital Grünenfelder, S. 182 f. 1143 Maurer/Handle, S. 297. 1144 BGE 140 III 533 (542 f.). 1145 BGE 140 III 533 (545). Wobei im konkreten Fall das Darlehen ohne Besicherung und ohne Bonitätsprüfung gewährt wurde. Das BGer differenzierte nicht weiter, ob diese Sperrung nur bei fehlender Bonität oder auch bei unzureichender Verzinsung erfolgen müsse.

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men1146. Zudem verfügte die das Darlehen gewährende und vollständig beherrschte Gesellschaft im fraglichen Entscheid ungewöhnlicherweise über keine Finanzierungsklausel1147. Inwieweit dieser Entscheid auch auch auf Gesellschaften mit Finanzierungsklausel übertragbar ist, bleibt daher offen. Der Vorschlag einer solchen verpflichtenden Reservenbildung in Analogie zu Art. 659a Abs. 2 OR stieß in der Literatur auf verbreitete Kritik: Eine solche Reservenbildung sei aus bilanzieller Sicht systemwidrig1148, es fehle hierfür an einer gesetzlichen Grundlage1149 und gehe insgesamt zu weit1150. Eine solche Reservenbildung sei darüber hinaus unnötig, da ein Darlehen an einen Schuldner ohne hinreichende Bonität aus der Sicht ex ante ein (unzulässiges) fiktives Darlehen darstelle1151. Stelle sich die fehlende Rückzahlungsfähigkeit erst später heraus, müsse die Abschreibung entsprechend zu diesem späteren Zeitpunkt vorgenommen werden, wodurch sich zu diesem Zeitpunkt das ausschüttungsfähige Kapital verringern würde1152. Es scheint allerdings zweifelhaft, ob de lege lata die rechtlich verpflichtende Bildung einer Reserve in Analogie zu Art. 659a Abs. 2 OR möglich ist. Eine unmittelbare Anwendung des Art. 659a Abs. 2 OR auf den streitgegenständlichen Sachverhalt ist offensichtlich nicht gegeben; für eine analoge Anwendung ist erforderlich, dass eine echte Gesetzeslücke1153 besteht und eine vergleichbare Interessenlage gegeben ist1154. Es ist schon kaum ersichtlich, inwiefern bezüglich der Darlehensgewährung im Konzern eine entsprechende echte Gesetzeslücke im System des Kapitalschutzes bestehen sollte1155. In jedem Fall fehlt es an der Ver1146 So auch die Interpretation des Urteils von Glanzmann/Wolf, S. 135. Nach anderer Ansicht ist dem Entscheid jedoch die Forderung nach Bildung einer solchen Sonderreserve zu entnehmen, s. Rauber, S. 97; Brand, S. 139; Blum, Konzerndarlehen, S. 470; Marty, S. 279. 1147 Brand, S. 150. Der Entscheid selbst erwähnt diesen Umstand nicht. 1148 Rauber, S. 96. 1149 Glanzmann/Wolf, S. 135. 1150 Druey, S. 70. 1151 Glanzmann/Wolf, S. 134. Ähnlich Blum, Konzerndarlehen, S. 470; Brand, S. 150. 1152 Glanzmann/Wolf, S. 134; Brand, S. 150. 1153 BGE 128 I 34 (42). Eine solche echte Gesetzeslücke liegt vor, wenn der Gesetzgeber es unterlassen hat, etwas zu regeln, was er hätte regeln müssen, und dem Gesetz weder nach Wortlaut noch durch Auslegung eine Vorschrift entnommen werden kann. 1154 Das BGer spricht vom Erfordernis hinreichend gleich gelagerter Verhältnisse, s. BGE 129 V 345 (346); BGE 129 V 27 (30). 1155 Die Normen des Kapitalschutzes regeln die Darlehensgewährung – auch im Konzern – grundsätzlich abschließend. Zu den Besonderheiten des Kapitalschutzes im Konzern insgesamt hat der Gesetzgeber keine besondere Regelungen getroffen, obgleich diese seit Jahrzehnten ein bekanntes Phänomen sind und vielfach in der Literatur und auch in der Rechtsprechung behandelt wurden. Es dürfte sich somit um eine unechte Regelungslücke handeln, da die Regelungen des Kapitalschutzes im Konzern möglicherweise rechtspolitisch nicht zufriedenstellend sind, s. BGE 128 I 34 (42). Eine solche Lücke zu schließen ist aber grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der Rechtsprechung, s. BGE 128 I 34 (42). Daneben kann diese

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

gleichbarkeit der Interessenlage: Art. 659a Abs. 2 OR zielt auf die Begrenzung der Gefahr des Eintritts eines Doppelschadens ab1156. Diese besondere Gefahr des Eintritts eines Doppelschadens besteht bei der Konzerninnenfinanzierung allgemein, anders als bei Darlehen und Sicherungsgeschäften gegenüber Gesellschaften, deren Vermögen überwiegend aus Aktien der leistenden Gesellschaft bestehen1157, nicht in vergleichbarer Form. In einer Konstellation, in der Aktien der leistenden Gesellschaft das wesentliche Vermögen des Empfängers darstellen, ist eine Bonitätsbeurteilung aufgrund der besonderen Unwägbarkeiten grundsätzlich nur eingeschränkt möglich. Die Bonität des Empfängers ist mit der der leistenden Gesellschaft reflexiv verknüpft: Die Geschäftsentwicklung der leistenden Gesellschaft wirkt auf den Wert der Aktien, welcher wiederum die Bonität des Empfängers und damit den Wert der Forderungen gegenüber diesem beeinflussen. Sinn der Reservenbildung ist es daher, einer solchen – auch für unabhängige Dritte unwägbaren – Gefahr des Eintritts eines Doppelschadens vorzubeugen. Hingegen unterliegt die Bonitätsbeurteilung von Konzerngesellschaften an sich keinen besonderen Unwägbarkeiten: Diese unterliegt lediglich allgemeinen Bonitätsrisiken, welches sich grundsätzlich nach objektiven Kriterien bemessen ließe1158. Dass diese Beurteilung aufgrund des im Konzern aufgehobenen Interessengegensatzes zwischen leistender Gesellschaft und Empfänger besonderen Schwierigkeiten unterliegt, ist mit der Gefahr des Eintritts eines Doppelschadens nicht vergleichbar1159. Eine analoge Anwendung von Art. 659a Abs. 2 OR de lege lata scheidet schon daher wegen einer fehlenden echten Gesetzeslücke und einer nicht vergleichbaren Interessenlage aus. Wie schon zuvor ausgeführt1160, kann die Bildung einer Reserve in Analogie zu Art. 659a Abs. 2 OR für aufsteigende Darlehen und Sicherungsgeschäfte nach derzeitiger Rechtslage somit nur als statutarische Reserve gemäß Art. 672 OR erfolgen1161. Eine etwaige aus kautelarjuristischen Gründen gebildete statutarische Reserve kann jedoch durch Beschluss der Generalversammlung jederzeit wieder aufgehoben werden; sie kann somit den mit der analogen Anwendung von Art. 659a Abs. 2 OR eigentlich bezweckten Gläubigerschutz nicht effektiv sicherstellen. rechtspolitisch nicht zufriedenstellende Situation auch ohne Analogieschluss durch entsprechend restriktive Auslegung der Bonitätskritieren bei Leistungen aus dem geschützten Kapital – wie hier vertreten – weitgehend korrigiert werden, ohne dass auf eine Analogie zurückgegriffen werden muss. 1156 s. zu diesem oben unter § 6 A. IV. 3. b). 1157 s. hierzu oben unter § 6 A. IV. 3. d). 1158 Um den besonderen Schutz des geschützten Kapitals zu gewährleisten, ist vielmehr – wie hier vertreten – Art. 680 Abs. 2 OR so auszulegen, dass besonders strenge Bonitätskriterien erfüllt sein müssen. 1159 Zumal für diese besondere Problematik – jedenfalls in der nicht vollständig beherrschten Gesellschaft – die Rechtsprechung spezifische Lösungswege erarbeitet hat, s. oben unter § 7 A. II. 3. 1160 s. oben unter § 6 A. IV. 3. 1161 Neuhaus/Watter, S. 195.

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De lege ferenda hätte eine solche verpflichtende Reservenbildung den Vorteil, dass das eigentliche Problem des aufgehobenen Interessengegensatzes zwischen der Gesellschaft und dem Darlehensnehmer, das sich in erheblichen Unsicherheiten und Missbrauchsmöglichkeiten bei der erforderlichen Bonitätsbeurteilung aus der Sicht ex ante niederschlägt, durch eine solche Pflicht zur Reservenbildung entschärft würde. Denn durch eine Reservenbildung würde der Darlehensbetrag – oder der Betrag des Sicherungsgeschäfts – insgesamt der Möglichkeit einer Ausschüttung entzogen. Verwirklicht sich das Bonitätsrisiko, muss lediglich die Rückforderung abgeschrieben und die Reserve aufgelöst werden, ohne dass das geschützte Kapital hiervon berührt wird. Es stellt sich dann allerdings die Frage, bei welcher Bonität des Empfängers dieser Leistungen eine solche Reserve zu bilden wäre. Das BGer hat im entschiedenen Fall eine Reservenbildung erwogen, weil das Darlehen wegen fehlender Besicherung und fehlender Prüfung der Bonität des Empfängers nicht zu Marktbedingungen gewährt wurde1162. In einem weiteren Entscheid hat das BGer als obiter dictum unter Bezugnahme auf den ursprünglichen Entscheid festgestellt, dass Darlehen im Konzern nicht stets besichert sein müssten, um Marktbedingungen zu genügen1163. Ist eine Besicherung aber grundsätzlich nicht erforderlich, wäre eine Reservenbildung nach der Auffassung des BGer folglich nur dann ausnahmsweise nötig, wenn der Darlehensnehmer nicht einmal mehr die marktübliche, d. h. bankenübliche Bonität aufweisen würde. Das besondere Problem der Beurteilung der Bonität bei aufgehobenem Interessengegensatz wäre damit nicht gelöst, da eine Reservenbildung dann erst erforderlich wäre, wenn der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft trotz des Einflusses des Darlehensnehmers feststellen würde, dass die hinreichende Bonität nicht gegeben ist; in diesem Fall wäre aber bereits die Darlehensgewährung als solche wegen fehlender Bonität unzulässig. Eine zusätzliche Reservenbildung in diesem ohnehin unzulässigen Fall böte keinen zusätzlichen Schutz, das eigentliche Problem des aufgehobenen Interessengegensatzes wäre nicht gelöst. Konsequenterweise müsste diese Reservenbildung daher – wie in der Literatur gefordert1164 – für jedes Darlehen oder Sicherungsgeschäft unabhängig von der Ausgestaltung der Konditionen und der Beurteilung der Bonität erfolgen, um die Risiken aus dem aufgehobenen Interessengegensatz vollständig zu kompensieren. Führt man den der Reservebildung zugrunde liegenden präventiven Gedanken zu Ende, müsste jede Forderung gegen eine Konzerngesellschaft zu einer Reservenbildung führen: Für den Gläubigerschutz ist es unerheblich, ob eine Forderung in Form eines Rückzahlungsanspruchs für ein Darlehen oder in sonstiger Form, etwa in Form eines Kaufpreisanspruchs für die Lieferung von Waren oder Entgelt für Dienstleistungen besteht, zumal Darlehen im Rahmen eines cash poolings häufig – wie Forderungen für sonstige Leistungen – nur eine sehr kurze Laufzeit aufweisen. In 1162 1163 1164

BGE 140 III 533 (542 f.). BGer 4 A_603/2014 vom 11. November 2015, E 7.2.1.3. Maurer/Handle, S. 297.

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beiden Fällen besteht ein Bonitätsrisiko in Höhe der Forderung. Auch um Umgehungen einer solchen Pflicht zur Reservenbildung zu vermeiden, müsste sich diese folglich auf alle Forderungen gegen Konzerngesellschaften erstrecken. Der gewünschte präventive Gläubigerschutz würde somit nur dann erreicht, wenn eine Reservenbildung unabhängig von der Frage der Erfüllung von Marktbedingungen für jede Leistung im Konzern gebildet werden müsste. Auf die Bonitätsbeurteilung, die durch den aufgehobenen Interessengegensatz im Konzern besonderen Schwierigkeiten unterliegt, käme es dann nicht mehr an. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs hätte jedoch wiederum zur Folge, dass das geschützte Kapital vollständig der Nutzung für Geschäfte aller Art mit verbundenen Gesellschaften entzogen würde, da eine Reservenbildung nur bis zur Höhe des ausschüttungsfähigen Kapitals möglich wäre. Damit würde potentiell die effiziente Allokation von Kapital erschwert werden, da je nach Höhe des geschützten Kapitals verfügbare liquide Mittel einer Gesellschaft nicht den Konzerngesellschaften zur rentablen Verwendung gestellt werden dürften, sondern anderweitig und potentiell weniger rentabel eingesetzt werden müssten. Will man diese Erschwernis der Kapitalallokation vermeiden und zugleich den Kapitalschutz sicherstellen, könnte wiederum eine Differenzierung nach der Bonität des Empfängers in die Reservenbildung einfließen. Danach könnte eine Reservenbildung entfallen, wenn Leistungen an Empfänger mit objektiv definierbarer höchster Bonität – etwa durch Besicherung – erfolgen. Sofern der Empfänger diesen eindeutigen Anforderungen, die auch bei aufgehobenem Interessengegensatz klar überprüfbar wären, nicht genügt, müsste eine Reserve gebildet werden. Damit könnte auch das geschützte Kapital weiterhin im Konzern für Leistungen gegenüber Empfängern höchster Bonität genutzt werden. Nach der hier vertretenen Meinung müssen Leistungen aus dem geschützten Kapital gegenüber Aktionären ohnehin solche höchste Bonitätskriterien erfüllen; mit einer Reservenbildung für Leistungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, könnte im Konzern der präventive Schutz im Interesse der Gläubiger zusätzlich verbessert werden1165. IV. Rechtsschutz im Konzern 1. Konzernpublizität und Sonderprüfung Gemäß Art. 963 Abs. 1 OR ist bei Vorliegen eines Konzerns grundsätzlich eine Konzernrechnung zu erstellen, bei der die einzelnen Konzerngesellschaften in einer konsolidierten Jahresrechnung zusammengefasst werden. Zweck dieser Jahresrechnung ist es, ein zuverlässiges Bild über die Ertrags- und Vermögenslage des Konzerns zu vermitteln1166, nicht jedoch primär, mögliche unzulässige Vermö1165 Zur vergleichenden Diskussion dieser und möglicher weiterer Regelungen de lege ferenda s. unten unter § 10 A. I. 2. 1166 BSK-ORII/Neuhaus/Blättler, Art. 663e N 2.

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gensverschiebungen aufzudecken1167. Gemäß Art. 959c Abs. 2 Ziff. 3 OR müssen im Anhang zur Jahresrechnung im Konzern alle Beteiligungen unter Angabe des Stimmund Kapitalanteils aufgeführt werden, womit die Konzernzugehörigkeit von beherrschten Gesellschaften auch für Außenstehende ersichtlich wird1168. (Minderheits-)Aktionäre haben gemäß Art. 697 Abs. 1 OR, soweit es zur Ausübung ihrer Aktionärsrechte erforderlich ist1169, ein allgemeines Recht auf Auskunft über die Geschäftsangelegenheiten und Einsicht in Geschäftsunterlagen und in den Revisionsbericht, was jedoch unter Verweis auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder anderer schutzwürdiger Interessen der Gesellschaft gemäß Art. 697 Abs. 2 OR von der Gesellschaft bzw. Revisionsstelle verweigert werden kann1170. Weitergehend steht den Minderheitsaktionären das besondere Recht des Antrags auf Sonderprüfung gemäß Art. 697a-g OR zu1171. Ein solches steht Aktionären zu, wenn sie bereits erfolglos versucht haben, ihr Recht auf Auskunft gemäß Art. 697 Abs. 1 OR auszuüben und die Generalversammlung der Sonderprüfung gemäß Art. 697a Abs. 2 OR zustimmt; lehnt die Generalversammlung (wie es im Regelfall einer beherrschten Gesellschaft der Fall sein wird) den Antrag ab, kann ein qualifiziertes Quorum (mindestens zehn Prozent oder zwei Millionen Franken Nennwert des Aktienkapitals) gemäß Art. 697b Abs. 1 OR verlangen, dass ein Richter über die Einleitung einer Sonderprüfung entscheiden solle. Der Richter prüft daraufhin gemäß Art. 697c Abs. 1 OR, ob die formellen Voraussetzungen vorliegen und das berechtigte Interesse an einer Sonderprüfung glaubhaft gemacht werden konnte. Ist dies der Fall, beauftragt er gemäß Art. 697c Abs. 2 OR einen Sonderprüfer und legt den Prüfungsgegenstand fest. Der Sonderprüfer erstattet dem Gericht einen Bericht; nach Bereinigungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen mit Billigung des Gerichts ist der bereinigte Bericht gemäß Art. 697f OR der Generalversammlung und einzelnen Aktionären auszuhändigen. Gegenstand der Sonderprüfung kann nur eine zweckgerichtete Tatsachenuntersuchung1172 sein; die Antragsteller müssen also konkret benennen, welchen Sachverhalt (etwa die Angemessenheit von konzerninternen Verrechnungspreisen1173) sie untersucht wissen wollen. Insgesamt ist Sonderprüfung somit ein Instrument des Minderheitenschutzes, das nur bei kon1167 Obgleich die Revisionsstelle natürlich auf etwaige offensichtliche Verletzungen von Kapitalschutznormen in ihrem Revisionsbericht hinweisen muss. In Anbetracht der weiten und teilweise unsicheren Ermessensspielräume bei der Bestimmung von Drittbedingungen wird dies jedoch nur in besonderen Fällen einschlägig sein. 1168 von Büren, Groupes de sociétés, S. 333. 1169 Was insbesondere beim Wunsch des Aktionärs auf Einsichtnahme in Abschlüsse von verbundenen Unternehmen eine besondere Begründung des Auskunftsersuchens erforderlich macht, s. BGE 132 III 71 (76); Böckli, Aktienrecht, § 12 N 159 f. 1170 Zum Ganzen BSK-ORII/Weber, Art. 697 N 2 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 12 N 149 ff.; Börsenrecht/Weber, S. 590 f. 1171 Hierzu im Überblick Börsenrecht/Weber, S. 591 f.; von der Crone, Aktienrecht, § 8 N 116 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 16 N 2 ff. 1172 von der Crone, Aktienrecht, § 8 N 117; Böckli, Aktienrecht, § 16 N 53. 1173 BGE 123 III 261.

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kreten Verdachtsmomenten greifen kann, erhebliche Hürden hinsichtlich des erforderlichen Quorums und der Glaubhaftmachung aufstellt und eher prophylaktisch wirkt1174. 2. Vertretungsrechtliche Rechtsfolgen Wird von einer beherrschten Gesellschaft gegenüber einer Bank eine Sicherheit bestellt, um damit einen Kredit der Bank an die Muttergesellschaft zu besichern, ist die Bank hinsichtlich möglicher Interessenkollisionen und nicht adäquater Vergütung der Sicherheitenbestellung regelmäßig bösgläubig1175. Eine solche Sicherheitenbestellung ist folglich in Anbetracht der Bösgläubigkeit der Bank hinsichtlich etwaiger Verletzungen von Kapitalschutzbestimmungen der Gesellschaft nichtig bzw. schwebend unwirksam. Ein Teil der Literatur1176 hält diese Rechtsfolge aus Verkehrsschutzgründen – jedenfalls hinsichtlich möglicher Ansprüche aus Art. 678 Abs. 2 OR – für unangemessen1177. Um diese rechtspolitisch unerwünschte Rechtsfolge zu vermeiden, wird vorgeschlagen, bei der Sicherheitenbestellung das Deckungsverhältnis vom Leistungsverhältnis getrennt zu behandeln mit der Folge, dass eine Unwirksamkeit des Leistungsverhältnisses (also der nicht adäquaten Vergütung der Sicherheitenbestellung zwischen beherrschter Gesellschaft und herrschender Gesellschaft) nicht auf das Deckungsverhältnis (also der zwischen beherrschter Gesellschaft und Bank erfolgten Sicherheitenbestellung, die nach dieser Auffassung dann isoliert betrachtet zu Drittbedingungen erfolgt) durchschlagen würde. Andere schlagen vor, dass sich die Bank absichern können muss, indem sie sich die Abgeltung der Sicherheitenbestellung zu Drittbedingungen von den beteiligten Gesellschaften vertraglich zusichern lässt und dadurch gutgläubig wird1178. Beide Vorschläge überzeugen nicht, denn aus Sicht der Bank ist Sicherheitenbestellung und Darlehensgewährung ein wirtschaftlich einheitlicher Vorgang. Dabei wird sie sich umfassend über die finanziellen und rechtlichen Verhältnisse der beteiligten Gesellschaften informieren und über alle wesentlichen Vergütungsregeln zwischen den Gesellschaften informiert sein. Es wirkt gekünstelt, diesen einheitlichen Vorgang in rechtliche Einzelgeschäfte mit jeweils unterschiedlichem Kenntnisstand der Bank aufzuteilen. Ebenso mutet es seltsam an, dass die Bank dadurch, dass sie sich von der herrschenden Gesellschaft und der von ihr beherrschten Gesellschaft adäquate Vergütung zusi1174

BSK-ORII/Weber, Art. 697a N 13 f.; Böckli, Aktienrecht, § 16 N 94 ff. Zobl, Sicherungsgeschäfte, S. 190 f.; Glanzmann, Konzern-Kreditfinanzierungen, S. 244; Buchser, S. 288. 1176 Grünenfelder, S. 119; von Büren/Lüthi, S. 94 ff. 1177 Da finanzierende Bank nicht Hüterin adäquat abgewickelter konzerninterner Interessen sei, s. Grünenfelder, S. 119; von Büren/Lüthi, S. 96. Hinsichtlich einer möglichen Rückgewähr aus geschütztem Kapital wird die Rechtsfolge der Nichtigkeit für angemessen gehalten, s. Grünenfelder, S. 106. 1178 Grünenfelder, S. 119. Ähnlich Rusch, S. 52 f. 1175

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chern lässt, hinsichtlich ihr möglicherweise bekannter möglicher Benachteiligungen von Minderheitsaktionären gutgläubig werden soll. Zwar wird durch diese Lösung die finanzierende Bank im Interesse Dritter (nämlich der Minderheitsaktionäre und Gläubiger der Gesellschaft) mit einer gewissen Rechtsunsicherheit belastet, doch kann sie diese leicht beheben, indem sie sich eine adäquate Vergütung der Sicherheitenbestellung nachweisen lässt1179. 3. Haftung im Konzern Regelmäßig wird eine Maßnahme der finanziellen Unterstützung innerhalb eines Konzerns zugunsten eines herrschenden Unternehmens erfolgen. Kommt es zur Insolvenz der Zielgesellschaft, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die herrschende Gesellschaft von Gläubigern und etwaigen Minderheitsaktionären der Zielgesellschaft in Regress genommen werden kann. Zunächst haftet die Erwerbsgesellschaft als herrschende Gesellschaft unmittelbar für die Rückgewähr des von der Zielgesellschaft an sie Geleisteten, soweit sie dadurch vertraglich oder aufgrund handels- oder gesellschaftsrechtlicher Normen wie etwa Art. 680 Abs. 2 OR verpflichtet ist. Regelmäßig werden solche Ansprüche in der Insolvenz der Zielgesellschaft jedoch jedenfalls teilweise leer laufen, da die unmittelbar herrschende Gesellschaft häufig selbst eine nur gering kapitalisierte Zweckgesellschaft sein wird. Interessant ist daher die Frage, ob es neben Ansprüchen gegenüber dem unmittelbaren Erwerber auch weitergehende konzernrechtliche Haftungsnormen gibt, mit deren Hilfe auf die hinter der Erwerbsgesellschaft stehenden Finanzinvestoren zurückgegriffen werden kann. Eine solche Haftung ist insbesondere aufgrund solcher Normen denkbar, die an den auf die Zielgesellschaft ausgeübten Einfluss anknüpfen. Die beteiligten Finanzinvestoren wiederum werden bestrebt sein, solche Haftungsrisiken gänzlich zu vermeiden. a) Haftung aus Auftragsverhältnis Ein Teil der Lehre1180 sieht einen Haftungsanspruch gegen die die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – insbesondere die Bestellung von Sicherheiten – veranlassende Konzerngesellschaft aus Auftragsverhältnis gemäß Art. 402 Abs. 1 OR1181 bzw. Art. 402 Abs. 2 OR1182, wenn die veranlasste finanzielle Unterstützung nicht auf zulässige Weise ausgestaltet war, also insbesondere nicht an Gesellschaften mit hinreichender Bonität und zu angemessenen Konditionen erfolgte. Unter dieser Voraussetzung würden die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht im Interesse der die Maßnahmen leistenden Gesellschaft erfolgen, sondern im Interesse 1179 Zur rechtspolitischen Diskussion wie diese Belastung des Rechtsverkehrs de lege ferenda vermieden werden könnte, s. unten unter § 10 B. I. 1. 1180 Blum, Cash Pooling, S. 709; Buchser, S. 287. 1181 Blum, Cash Pooling, S. 709. 1182 Buchser, S. 287.

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der veranlassenden Gesellschaft. Somit liegt nach dieser Auffassung ein Auftragsverhältnis vor, in dem der Gesellschaft gegenüber der Auftraggeberin ein Befreiungsbzw. Schadensersatzanspruch zusteht. Folgte man dieser Ansicht, so würde auch eine Haftung der Muttergesellschaft der Erwerbsgesellschaft (also des Finanzinvestors selbst) begründet1183, da letztendlich der Auftrag von dieser herrührt und nur durch die Erwerbsgesellschaft vermittelt wird. Das Auftragsrecht regelt jedoch originär die Geschäftsführung im fremden Interesse1184, also namentlich Dienstleistungs- und Treuhandverhältnisse, und kann für gesellschaftsrechtlich vermittelten Einfluss als allgemeines Rechtsprinzip allenfalls subsidiär zur Anwendung kommen1185. Im Aktienrecht bestehen aber mit der Verantwortlichkeit gemäß Art. 754 OR und den Kapitalerhaltungsnormen bereits Normierungen, auf deren Grundlage – gegebenenfalls unter erweiternder Auslegung – mögliche Lücken in der Konzernhaftung geschlossen werden können, ohne dass es eines Rückgriffs auf das Auftragsrecht bedarf. Die Anwendbarkeit des Auftragsrechts auf die Konzernhaftung ist daher abzulehnen. b) Haftung aus Konzernvertrauen Eine Haftung aus Konzernvertrauen setzt voraus, dass ein herrschendes Unternehmen über die Tatsache der Konzernbeziehung hinaus außerhalb vertraglicher Zusagen wie Patronats- und Bürgschaftserklärungen durch sein Verhalten bestimmte Erwartungen bei den Vertragspartnern des beherrschten Unternehmens weckt und diese anschließend treuwidrig enttäuscht1186. Allerdings kann eine Haftung nur ganz ausnahmsweise1187 und unter besonderen Bedingungen bejaht werden. Bei professionellen Marktteilnehmern wie Banken ist ein schützenswertes Vertrauen auf ein Einstehen des herrschenden Unternehmens praktisch nicht vorstellbar1188. Es ist daher auch kaum vorstellbar, dass ein Finanzinvestor im Zuge eines buyouts gegenüber Gläubigern wie Banken oder Kunden der Zielgesellschaft ein besonders schützenswertes Vertrauen erweckt, da er durch Gründung einer Erwerbsgesellschaft ja gerade deutlich macht, dass er nur im Rahmen seiner gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen für die Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft haften möchte.

1183 Für eine entsprechende Haftung der die Konzernleitungspflicht innehabenden Muttergesellschaft beim konzernweiten cash pooling Blum, Cash Pooling, S. 709. 1184 BSK-ORI/Weber, Vor Art. 394 – 406 N 2 f. 1185 BSK-ORI/Weber, Vor Art. 394 – 406 N 4. 1186 BGE 120 II 331 (335 ff.); BGE 124 III 297 (303 ff.); von Büren, SPR-Konzern, S. 187 ff.; Kunz, Konzernhaftung, S. 47. 1187 BGer 4 A_306/2009 vom 8. Februar 2008, E. 5.1. 1188 BGer 4 A_306/2009 vom 8. Februar 2008, E. 5.1; Kunz, Konzernhaftung, S. 47; von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 134.

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c) Haftung aus faktischer Organschaft Nach nahezu einhelliger Auffassung1189 kann eine herrschende Gesellschaft als faktisches Organ der beherrschten Gesellschaft gelten und bei einer Pflichtverletzung gemäß Art. 754 OR haften, wenn sie sich organtypisch1190 und materiell bestimmend in die Geschäftsführung einmischt1191. Dabei spielt keine Rolle, ob die herrschende Gesellschaft eine natürliche oder juristische Person ist und ob sie ihren Einfluss direkt oder indirekt ausübt1192. Eine Haftung eines Finanzinvestors für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kann also gegeben sein, wenn der Finanzinvestor, vermittelt durch die herrschende Akquisitionsgesellschaft, den Organen der beherrschten Gesellschaft Weisungen hinsichtlich einzelner Maßnahmen erteilt und sich damit materiell bestimmend in die Geschäftsführung einmischt. Voraussetzung für eine Stellung als faktisches Organ ist dabei, dass der Finanzinvestor Organpflichten dauerhaft usurpiert und nicht nur einmalig in die Geschäftsführung eingreift1193. Bei LBOs wird dies regelmäßig jedenfalls hinsichtlich der Finanzierungsverantwortung des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft der Fall sein, da der Finanzinvestor den Organen der beherrschten Gesellschaft typischerweise dauerhaft konkrete Vorgaben zu Finanzierung und Kapitalstruktur machen wird. Abzugrenzen sind diese Vorgaben von einer bloßen Ausübung von Gesellschafterrechten, etwa der Information und Beratung der Organe und ggf. deren Ablösung; eine solche Ausübung von Gesellschafterrechten kann keine faktische Organschaft begründen1194. Typischerweise gehen die Vorgaben eines Finanzinvestors aber über eine bloße Ausübung von Gesellschafterrechten hinaus. Dabei ist auch unbeachtlich, dass letztlich der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft die Vorgaben umsetzt und dieser im Rahmen seiner unentziehbaren Kompetenzen gemäß Art. 716a OR selbst verantwortlich bleibt1195 ; die Usurpation der Geschäftsführung entlässt den Verwaltungsrat nicht aus seiner Verantwortlichkeit, sondern begründet nur eine zusätzliche Verantwortlichkeit des faktischen Organs. 1189

BGer 4 A_306/2009 vom 8. Febuar 2008, E. 7.1.1. m.w.N.; BGE 117 II 570 (573 f.); BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 5; von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 104; Böckli, Aktienrecht, § 11 N 464 ff. m.w.N.; Kunz, Konzernhaftung, S. 48; Gutzwiller/Vetter, S. 223 ff.; Sauerwein, S. 15 ff. Wegen Art. 707 Abs. 3 OR die Möglichkeit der Behandlung von juristischen Personen als Organe grundsätzlich ablehnend, im Ergebnis aber über die Anwendung der Geschäftsherrenhaftung nach Art. 55 OR bzw. der Doppelorganhaftung gemäß Art. 722 OR zu ähnlichem Ergebnis kommend von Büren, SPR-Konzern, S. 208 f. 1190 BGE 128 III 92 (93 ff.); BGer 4 A_306/2009 vom 8. Februar 2010, E. 7.1.1; von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 107. 1191 BGE 117 II 570 (574); BGer 4 A_306/2009 vom 8. Februar 2010, E. 7.1.1. 1192 Gutzwiller/Vetter, S. 225. 1193 BGer 4 A_306/2009 vom 8. Febuar 2008, E. 7.1.1. m.w.N.; BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 7; Jagmetti, S. 273. A.A. Gutzwiller/Vetter, S. 225. 1194 BGE 128 III 29 (30 f.); Gutzwiller/Vetter, S. 226. 1195 So die hier vertretene Ansicht, siehe oben unter § 7 A. II. 2.

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Liegt somit eine faktische Organstellung des Finanzinvestors oder einer anderen juristischen oder natürlichen Person vor, haften diese, sofern die übrigen Voraussetzungen des Art. 754 Abs. 1 OR vorliegen1196. Die hierfür erforderliche Pflichtverletzung im Bereich der usurpierten Organpflichten kann in der Verletzung von Kapitalschutzvorschriften bestehen oder in einer Verletzung von Sorgfaltspflichten, namentlich der Verletzung der Gleichbehandlungspflicht, der Pflicht zur Vermeidung von Klumpenrisiken und der materiellen Unterkapitalisierung1197. Eine Pflichtverletzung kann dabei auch in einem Unterlassen bestehen1198, etwa in der unzureichenden Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital. Schaden und Kausalität werden insbesondere bei der Verletzung von Kapitalschutznormen von den Geschädigten regelmäßig zu beweisen sein; somit steht Gläubigern und Minderheitsaktionären insbesondere im Konkurs der Gesellschaft ein rechtliches Instrument zur Verfügung, trotz Zwischenschaltung einer Akquisitionsgesellschaft den Finanzinvestor haftbar zu machen. Hingegen wird die Kausalität von Pflichtverletzungen, etwa wegen materieller Unterkapitalisierung, für den Schadenseintritt häufig schwieriger zu beweisen sein; dennoch kann die potentielle Haftung auch des Finanzinvestors für Pflichtverletzungen eine gewisse verhaltenslenkende Wirkung entfalten. Neben der Haftung der herrschenden Gesellschaft als faktisches Organ wird in der Lehre auch eine Haftung wegen Doppelorganschaft gemäß Art. 722 OR zur Haftung der herrschenden Gesellschaft diskutiert. Nach Art. 722 OR haftet die Gesellschaft für die (unerlaubten) Handlungen ihrer Organe gegenüber Dritten; sind Organe der herrschenden Gesellschaft zugleich Organe der beherrschten Gesellschaft und handeln diese als Organe der beherrschten Gesellschaft pflichtwidrig i.S. von Art. 754 Abs. 1 OR, so haftet hierfür ebenfalls die herrschende Gesellschaft1199. Bestellt also die Erwerbsgesellschaft bei einem LBO eines ihrer Organe zum Organ der Zielgesellschaft, muss sie direkt für Ansprüche gegen dieses Organ wegen Art. 754 Abs. 1 OR haften. d) Durchgriffshaftung In besonderen Fällen kann es schließlich zur Durchgriffshaftung kommen, also zur Durchbrechung des Grundsatzes der Haftungsbeschränkung der Aktiengesellschaft und zum Einstehen der herrschenden Gesellschaft für die Verbindlichkeiten der beherrschten Gesellschaft. Voraussetzung für eine Durchgriffshaftung ist neben dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit der beteiligten Rechtssubjekte, also der grundsätzlich haftenden juristischen Person und der hinter ihr stehenden juristischen 1196

Siehe oben unter § 5 A. III. 2. Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 58; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 133 ff. Mit Einschränkungen auch Kägi, S. 380 f. 1198 BSK-ORII/Gericke/Waller, Art. 754 N 7; Gutzwiller/Vetter, S. 225 f. 1199 BGE 124 III 297 (299 ff.); BSK-ORII/Watter, Art. 722 N 10; Böckli, Aktienrecht, § 11 N 470a f. 1197

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und natürlichen Person, eine zweckwidrige Verwendung der haftenden juristischen Person1200. Eine wirtschaftliche Einheit ist dabei zwischen herrschender und beherrschter Gesellschaft im Konzern regelmäßig gegeben1201. Nach Einführung des Kontrollprinzips in Art. 963 OR dürfte für die Annahme einer solchen wirtschaftlichen Einheit auch die Möglichkeit der Kontrollausübung ausreichen1202. Hinsichtlich der zweckwidrigen Verwendung werden in der Lehre1203 drei Fallgruppen diskutiert, die zu einer Durchgriffshaftung führen können: Neben der Vermögensvermischung, also der fehlenden Trennung der Vermögensmassen von herrschender Gesellschaft und beherrschter Gesellschaft mit der Folge, dass diese nicht mehr trennscharf voneinander abzugrenzen sind, werden die formelle und die materielle Unterkapitalisierung als Fallgruppen der Durchgriffshaftung diskutiert. Während eine formelle Unterkapitalisierung dann gegeben ist, wenn die Gesellschafter die Gesellschaft statt mit ausreichend haftendem Eigenkapital lediglich mit Fremdkapital, also Gesellschafterdarlehen, ausstatten1204, verfügt die beherrschte Gesellschaft im Fall der materiellen Unterkapitalisierung im Verhältnis zu ihren Verbindlichkeiten gegenüber Dritten oder unter Berücksichtigung ihres Geschäftsgegenstands grundsätzlich nicht über ausreichend Eigenkapital. Während die formelle Unterkapitalisierung ausschließlich durch die Gesellschafter herbeigeführt wird, kann die materielle Unterkapitalisierung durch die Geschäftsführung einer Gesellschaft durch Aufnahme von Fremdkapital oder Änderung der geschäftlichen Risiken herbeigeführt werden1205. Im Rahmen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wird es in der Regel nicht zu Vermögensvermischungen kommen, da es keinen Anlass dazu gibt zu vermuten, dass die finanziellen Transaktionen zwischen den Gesellschaften nicht ordnungsgemäß erfasst und verbucht werden1206. Dies wird schon von den beteiligten

1200 BGer 5 A_739/2012 vom 17. Mai 2013, E 7.2.1; BGE 132 III 489 (493); BGE 121 III 319 (321); BGE 102 III 165 (169 f.); Monsch/von der Crone, S. 448; von Büren, SPR-Konzern, S. 181; Sauerwein, S. 365. 1201 BGE 138 III 755 (774 ff.); von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 147; von Büren, SPRKonzern, S. 182 Fn. 603; Monsch/von der Crone, S. 453; Herren, S. 60 f. Dies gilt auch bei nicht vollständiger Beherrschung, s. BGE 71 II 272 (276). 1202 Gl. M. Monsch/von der Crone, S. 453. 1203 Böckli, Aktienrecht, § 11 N 459 ff.; von Büren, SPR-Konzern, S. 182 f.; Sauerwein, S. 365. Wobei diese Fallgruppen nur beispielhaft und nicht abschliessend sind, s. von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 156 ff. 1204 von der Crone, Aktienrecht, § 15 N 157. 1205 In der Literatur wird vorwiegend die formelle Unterkapitalisierung als Fallgruppe des Durchgriffs diskutiert und die materielle Unterkapitalisierung häufig nicht ausdrücklich genannt oder nicht von der formellen Unterkapitalisierung abgegrenzt. Soweit die Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung ausdrücklich diskutiert wird, wird sie bei Einhaltung der Vorschriften zum Mindestkapital zum Teil grundsätzlich abgelehnt, s. Herren, S. 60 f. 1206 A.A. offenbar Rusch, S. 172 f. Dieser geht bei Konzerninnenfinanzierung durch Interzessionen regelmäßig wegen fehlender Transparenz von einer Vermögensvermischung aus.

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Dritten, also Banken und anderen Kreditgebern, regelmäßig verlangt werden. Auch eine formelle Unterkapitalisierung wird bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig nicht gegeben sein, da die Gesellschafter ja finanzielle Unterstützung von der Gesellschaft erhalten und nicht etwa dieser gewähren. Die bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig drohende materielle Unterkapitalisierung1207 ist hingegen wegen der Subsidiarität der Durchgriffshaftung allein unter der Haftung aus Verantwortlichkeit zu behandeln1208. Handelte die herrschende Gesellschaft bzw. der Finanzinvestor als faktisches Organ der beherrschten Gesellschaft, ist eine Haftung der herrschenden Gesellschaft aus Verantwortlichkeit wegen materieller Unterkapitalisierung zu bejahen und der Durchgriff daher entbehrlich1209. Handelte die herrschende Gesellschaft bzw. der Finanzinvestor nicht als faktisches Organ, unterliegt lediglich der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft der Verantwortlichkeit und eine zweckwidrige Verwendung der beherrschten Gesellschaft durch den Finanzinvestor ist nicht begründbar, da er lediglich als (mittelbarer) Gesellschafter fungiert. Der Finanzinvestor haftet also grundsätzlich nicht für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Wege des Durchgriffs.

B. Im deutschen Recht I. Konzerndefinition und Konzerneingangsschutz Im deutschen Recht bestehen – anders als im schweizerischen Recht – eigene Regelungen für das Konzernrecht. Dabei kennt das AktG zum einen die Figur des Vertragskonzerns (§§ 291 ff. AktG), bei dem durch einen Unternehmensvertrag unterschiedlicher Ausprägung zwischen Mutter- und Tochterunternehmen, insbesondere Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge, ein Konzern begründet wird, und zum anderen die Figur des faktischen Konzerns (§§ 311 ff. AktG), für dessen Begründung die bloße Beherrschung der Anteilsmehrheit ausreicht. Während die Begründung eines Vertragskonzerns größere Eingriffsmöglichkeiten in die konzernierte Gesellschaft verschafft, wofür im Gegenzug strenge Schutzvorschriften für Minderheitsaktionäre (§§ 304 ff. AktG) und eine Verlustausgleichspflicht (§ 302 AktG) bestehen, verschafft die Begründung eines faktischen Konzerns dem Mehrheitsaktionär lediglich das Privileg des verzögerten Nachteilsausgleichs gemäß § 311 Abs. 1 AktG, sieht umgekehrt allerdings auch keine spezifischen Ausgleichsund Sonderrechte für Minderheitsaktionäre vor, sondern lediglich besondere BeÄhnlich hinsichtlich der fehlenden Nachvollziehbarkeit von konzerninternen Transaktionen von Büren, SPR-Konzern, S. 183. 1207 Zu Voraussetzungen und Inhalt siehe oben unter § 5 A. III. 2. a) bb). 1208 Glanzmann, Kapitalausstattung, S. 58; Glanzmann, Darlehensvertrag, S. 151. 1209 Gl. M. Kägi, S. 381. Siehe zur Haftung aus faktischer Organschaft oben unter § 7 A. IV. 3. c).

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richtspflichten. Beide Formen der Konzernierung führen aber dazu, dass das Gleichbehandlungsprinzip gemäß § 53a AktG hinsichtlich der herrschenden Gesellschaft aufgehoben wird, ohne dass es einer Änderung des Gesellschaftszwecks oder des Unternehmensgegenstands bedarf. Für die Begründung eines Vertragskonzerns ist gemäß § 293 Abs. 1 AktG erforderlich, dass die Hauptversammlungen der beteiligten Gesellschaften dem einen Vertragskonzern begründenden Unternehmensvertrag mit einer Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Kapitals (§ 293 Abs. 1 S. 2 AktG) zustimmen. Gemäß § 293 Abs. 1 S. 3 AktG kann durch Bestimmung in der Satzung ein höheres Quorum festgelegt und so ein verbesserter Konzerneingangsschutz gewährleistet werden. Ein faktischer Konzern wird hingegen allein dadurch begründet, dass ein Unternehmen1210 einen tatsächlichen beherrschenden Einfluss gemäß § 17 Abs. 1 AktG auf ein anderes Unternehmen ausübt. Ein solcher beherrschender Einfluss wird gemäß § 17 Abs. 2 AktG bei jeder Mehrheitsbeteiligung vermutet, sowie für jede sonstige Beteiligung angenommen, die aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse (etwa aufgrund der durchschnittlichen Präsenz auf der Hauptversammlung) eine beherrschende Mehrheit vermittelt. Das deutsche Recht folgt also dem Kontrollprinzip. Bei Publikumsgesellschaften mit hohem Streubesitz und geringer durchschnittlicher Hauptversammlungspräsenz sind daher schon Stimmrechtsanteile von unter dreißig Prozent zur Begründung eines beherrschenden Einflusses ausreichend1211. Wegen der gemäß § 23 Abs. 5 AktG geltenden Satzungsstrenge kann nicht statutarisch geregelt werden, dass eine Konzernierung der Gesellschaft unzulässig sein soll1212. Gemäß § 134 Abs. 1 Satz 2 AktG kann jedoch in der Satzung von nicht börsennotierten Gesellschaften die Ausübung des Stimmrechts beschränkt werden und so ein Konzerneingangsschutz gewährleistet werden1213. Gemäß § 134 Abs. 1 S. 3 und S. 4 AktG können in der Satzung zusätzlich Regelungen getroffen werden, um eine Umgehung solcher Höchststimmrechte durch Handeln Dritter auf Rechnung oder durch verbundene Unternehmen zu verhindern. Zusätzlich können Beschlussquoren für bestimmte Beschlüsse gemäß § 133 Abs. 1 AktG durch Festlegung in der Satzung verschärft und somit die Möglichkeit der Ausübung beherrschenden Einflusses weiter erschwert werden1214. 1210

Die konzernrechtlichen Regeln sind nur für Unternehmen i.S. des § 15 AktG einschlägig, zu denen beispielsweise nicht neben ihrer Funktion als Mehrheitsaktionär unternehmerisch tätige Privataktionäre zählen, s. MünchKomm-AktG/Bayer, § 15 Rn. 14 m.w.N. Diese Konstellation ist aber für typische LBOs und MBOs nicht weiter relevant. 1211 Hüffer-AktG, § 17 Rn. 9 mit Beispielen aus der Rechtsprechung. 1212 Emmerich/Habersack/Habersack, Vor § 311 Rn. 2 m.w.N. 1213 Praktische Beispiele für solche Höchststimmrechte etwa bei Schneider, Stimmrechtsbeschränkungen, S. 57. Für börsennotierte Gesellschaften sind solche Stimmrechtsbeschränkungen grundsätzlich unzulässig, s. Hüffer-AktG, § 134 Rn. 4. 1214 Hüffer-AktG, § 133 Rn. 15.

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II. Finanzielle Unterstützung im faktischen Konzern 1. Konzernprivileg und Nachteilsausgleich gemäß §§ 311 ff. AktG Die Regelungen der §§ 311 ff. AktG privilegieren das herrschende Unternehmen hinsichtlich nachteiliger Maßnahmen, zu denen es das beherrschte Unternehmen mittels seines beherrschenden Einflusses veranlasst. Eine solche Veranlassung zu nachteiligen Rechtsgeschäften oder Maßnahmen ist gemäß § 311 Abs. 1 AktG zulässig, sofern diese Nachteile ausgeglichen werden und die Nachteilszufügung im Konzerninteresse erfolgt1215. Nachteilig sind Maßnahmen oder Rechtsgeschäfte, die negative Auswirkungen auf die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft haben, welche durch die Abhängigkeit vom beherrschenden Unternehmen verursacht werden1216. Voraussetzung für den privilegierten Nachteilsausgleich ist, dass der auszugleichende Nachteil bewertbar ist. Dies ist beispielsweise bei Betriebsausgliederungen oder Weisungen zur Einstellung von bestimmten unternehmerischen Projekten der Tochtergesellschaft schwierig1217. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung sind als Finanzierungsgeschäfte jedoch grundsätzlich stets bewertbar1218. Eine Pflicht zum Nachteilsausgleich setzt zudem voraus, dass das Rechtsgeschäft oder die Maßnahme vom beherrschenden Unternehmen veranlasst wurden1219. Das Veranlassen wird bei Vorliegen einer nachteiligen Maßnahme vermutet1220 und in der Praxis wird die Maßnahme auch regelmäßig vom herrschenden Unternehmen als Erwerber veranlasst sein. Eine Veranlassung des beherrschten Unternehmens etwa zu einer Zahlung an das herrschende Unternehmen oder zur Gewährung eines Kredits zu nicht marktgerechten Bedingungen ist folglich grundsätzlich zulässig, sofern der dem beherrschten Unternehmen so entstandene Nachteil wieder ausgeglichen wird. Das System des Nachteilsausgleichs stößt an seine Grenzen, wenn das herrschende Unternehmen nicht hinreichend solvent und folglich der Anspruch auf Nachteilsausgleich nicht werthaltig ist. In einem solchen Fall ist die Gewährung eines Vorteils aus Sicht der beherrschten Gesellschaft nicht zulässig und der Vorstand 1215

Hüffer-AktG, § 311 Rn. 43; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 59; MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 306 f. Das Konzerninteresse setzt voraus, dass ein Konzern besteht, also nicht bloß eine natürliche Person Mehrheitsaktionärin ist und die Nachteilszufügung verbundenen Unternehmen im Konzern nützt. Diese Voraussetzungen werden bei LBOs und MBOs regelmäßig erfüllt sein, da die Akquisitionsgesellschaft regelmäßig mit der Zielgesellschaft einen Konzern bildet und Maßnahmen der finanziellen Unterstützung jedenfalls der Akquisitionsgesellschaft nutzen werden. 1216 Hüffer-AktG, § 311 Rn. 25; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 39. 1217 Hüffer-AktG, § 311 Rn. 34. 1218 Zweifelhaft ist eine Bewertbarkeit allenfalls bei der Bestellung von Personalsicherheiten und deren Vergütung. Da aber nach der hier vertretenen Auffassung eine Avalprovision gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auch im faktischen Konzern nicht geschuldet ist – siehe unten unter § 7 B. II. 2. b) bb) – entfällt diese Bewertungsproblematik. 1219 Hüffer-AktG, § 311 Rn. 16; MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 81 f. 1220 Hüffer-AktG, § 311 Rn. 20; MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 87 ff.; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 32 f.

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handelt pflichtwidrig, wenn er die Nachteilszufügung dennoch zulässt1221; bereits gewährte Vorteile sind – soweit rechtlich möglich – durch Kündigung zurückzuführen oder durch werthaltige Besicherung zu sichern1222. Entscheidend für die Beurteilung der Pflichtwidrigkeit ist allein die Solvenzprognose für den vereinbarten Zeitraum zum Zeitpunkt der Bestellung aus der Sicht ex ante1223. Gemäß § 311 Abs. 2 AktG muss der Nachteilsausgleich spätestens zum Ende des Geschäftsjahrs durch tatsächlichen Ausgleich oder Einräumung eines Anspruchs erfolgen, der geeignet ist, den erlittenen Nachteil im Jahresabschluss zu neutralisieren1224. Ein solcher Nachteilsausgleich kann durch Geld- oder Sachleistung oder auch durch Dienstleistung erfolgen1225, wobei auch der durch verzögerten Ausgleich entstehende Nachteil ausgeglichen werden muss1226. Es muss sich um einen konkreten und bewertbaren1227 Vorteil handeln, allgemeine Konzernvorteile sind nicht ausgleichsfähig1228. Statt eines tatsächlichen Ausgleichs kann alternativ auch gemäß § 311 Abs. 2 AktG einvernehmlich mit der beherrschten Gesellschaft vertraglich vereinbart werden, dass der Ausgleich durch Einräumung eines Rechtsanspruchs erfolgt1229. Erfolgt dieser Nachteilsausgleich nicht, haften das herrschende Unternehmen und seine gesetzlichen Vertreter dem beherrschten Unternehmen gegenüber gemäß § 317 Abs. 1 AktG für den entstandenen Schaden. Umstritten ist, wer die Höhe und den Zeitpunkt des Ausgleichs bestimmen darf. Während eine Meinung 1221

Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 78. Habersack/Schürnbrand, S. 694. 1223 Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 78; Riegger, S. 242. 1224 Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 63; Hüffer-AktG, § 311 Rn. 39; KKAktG/Koppensteiner, § 311 Rn. 109 ff. 1225 KK-AktG/Koppensteiner, § 311 Rn. 108. Nicht ausgleichsfähig wegen fehlender Bewertbarkeit sind allerdings Managementleistungen seitens der herrschenden Gesellschaft als Ausgleich für nicht marktgerecht vergütete Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, s. MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 340. 1226 MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 320; Hüffer-AktG, § 311 Rn. 40; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 68. 1227 Nach überwiegender Ansicht muss der Vorteil nicht bilanzierungsfähig sein, s. HüfferAktG, § 311 Rn. 39; KK-AktG/Koppensteiner, § 311 Rn. 111 ff.; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 63; MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 347. Für bilanzierungsfähige Nachteile wie typischerweise Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verlangt die h.M. allerdings zu Recht auch einen bilanzierungsfähigen Ausgleich, s. Emmerich/Habersack/ Habersack, § 311 Rn. 63; KK-AktG/Koppensteiner, § 311 Rn. 114. A.A. MünchKomm-AktG/ Altmeppen, § 311 Rn. 344 ff. Nach der Rechtsprechung muss der Ausgleichsanspruch jedenfalls konkret beziffert werden und darf nicht in einem – bei Unternehmensveräußerungen üblichen – unbezifferten, noch zu konkretisierenden Ausgleichsanspruch bestehen, s. BGH NZG 2012, 1030 (1032). 1228 MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 339; KK-AktG/Koppensteiner, § 311 Rn. 316. 1229 Die Einvernehmlichkeit dürfte allerdings bei einer beherrschten Gesellschaft reine Fiktion sein, weswegen zu Recht die Abschaffung der Möglichkeit der Einräumung eines Rechtsanspruchs gefordert wird, s. Hüffer-AktG, § 311 Rn. 46 m.w.N. 1222

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eine Vereinbarung zwischen beherrschtem und herrschendem Unternehmen für erforderlich hält1230, leitet die wohl herrschende Meinung aus der Privilegierung des § 311 Abs. 1 AktG das Recht zur einseitigen Bestimmbarkeit der Ausgleichsleistung durch das herrschende Unternehmen ab1231. In der Praxis wird dieser Streit jedoch kaum zum Tragen kommen: Denn sollte sich der Vorstand einer abhängigen Gesellschaft der einseitigen Bestimmung des Nachteilsausgleichs durch das herrschende Unternehmen widersetzen und eine einvernehmliche Regelung fordern, dürften sein weiterer Verbleib in der Gesellschaft und seine weitere Karriere im Konzern fraglich sein1232. Für das beherrschte Unternehmen besteht kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Nachteilsausgleich1233 bis zum Ablauf des Geschäftsjahres. Erst wenn nach Ablauf des Geschäftsjahres kein oder kein adäquater Ausgleich geleistet wurde, kann die beherrschte Gesellschaft Schadensersatz nach § 317 Abs. 1 AktG verlangen und einklagen. 2. Geltung der §§ 57, 62 AktG im faktischen Konzern Mit der Veranlassung zu nachteiligen Handlungen ist regelmäßig auch ein Verstoß gegen §§ 57, 62 AktG verbunden, da der Nachteil in der Regel dem herrschenden Unternehmen als Vorteil zukommt und somit tatbestandlich eine – grundsätzlich unzulässige – Einlagenrückgewähr darstellt, die nach § 62 Abs. 1 AktG unmittelbar ausgeglichen werden müsste. Da eine uneingeschränkte Geltung der §§ 57, 62 AktG im faktischen Konzern eine privilegierte Nachteilszufügung gemäß § 311 Abs. 1 AktG folglich unmöglich machen würde, wird daher eine Spezialität der §§ 311 ff. AktG gegenüber den allgemeinen Vorschriften der Kapitalerhaltung angenommen1234. Während des Geschäftsjahres, in dem der Nachteil zugefügt wurde und der Ausgleich zu erfolgen hat, werden also grundsätzlich die §§ 57, 62 AktG von der Privilegierung des § 311 Abs. 1 AktG verdrängt1235. Erfolgt jedoch kein adäquater Nachteilsausgleich gemäß § 311 Abs. 1 AktG, lebt der Anspruch nach §§ 57, 62 AktG – neben dem insofern konkurrierenden Anspruch nach § 317 AktG1236 – nach Ablauf des Geschäftsjahres wieder auf1237. 1230

MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 356 m.w.N. Hüffer-AktG, § 311 Rn. 41; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 71 m.w.N. 1232 MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 361. 1233 Hüffer-AktG 311 Rn. 38; MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 374 m.w.N. 1234 BGHZ 179, 71 (76 f.); OLG Stuttgart AG 1994, 411 (412); LG Düsseldorf AG 1979, 290 (291 f.); Hüffer-AktG, § 311 Rn. 49; KK-AktG/Koppensteiner, § 311 Rn. 161 ff.; Emmerich/ Habersack/Habersack, § 311 Rn. 82 m.w.N.; Habersack/Schürnbrand, S. 691 f.; Schäffler, S. 3; Holzner, S. 282; Brosius, S. 220. A.A. Cahn, Kapitalerhaltung, S. 64 ff. 1235 BGH NZG 2009, 107 (109), Rn. 10 ff. 1236 Hüffer-AktG, § 317 Rn. 17; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 84. 1237 Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 84. 1231

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a) Ausnahmsweise Geltung bei Darlehen und Sicherheiten zugunsten der herrschenden Gesellschaft? Nach Meinungen in der Literatur1238 soll es bei der Bestellung von Sicherheiten und der Kreditvergabe durch die Tochtergesellschaft hingegen ausnahmsweise bei der strikten Anwendbarkeit von § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG bleiben. Begründet wird dies damit, dass in Fällen der umfassenden Kreditvergabe und Sicherheitengewährung an die Mutter der Nachteilsausgleich durch die Mutter keine wirksame Kompensation des Ausfallsrisikos beinhalte, da insofern das Insolvenzrisiko der Empfängerin der Leistung identisch mit dem Insolvenzrisiko der Schuldnerin des Nachteilsausgleichs sei1239. Diese Ansicht verkennt aber, dass letztlich jede Nachteilszufügung (etwa durch niedrigere Verrechnungspreise o. ä.) ein Darlehenselement enthält, welches dasselbe Ausfallrisiko wie den korrespondierenden Nachteilsausgleichsanspruch beinhaltet1240. Eine konsequente Anwendung dieser Meinung würde folglich das gesamte System des Nachteilsausgleichs gemäß §§ 311 ff. AktG aushebeln und die gesetzgeberische Entscheidung unterlaufen1241. Sofern diese unterschiedliche Behandlung von Krediten und Sicherheiten gegenüber Einzeleingriffen damit begründet wird, dass Einzeleingriffe im Gegensatz zu umfangreichen Krediten und Sicherheitenbestellungen ihrer Natur nach überschaubar und ohne Probleme wieder auszugleichen seien1242, wird hier wohl unzulässig generalisiert. Denn auch Einzeleingriffe können so umfangreich sein, dass deren Ausgleich Schwierigkeiten bereitet, während finanzielle Zuwendungen auch im Rahmen eines cash poolings unter Umständen einen überschaubaren Umfang nicht überschreiten. Überlegenswert wäre allenfalls, den Umfang von Sicherheitenbestellung und Kreditvergabe gegenüber der herrschenden Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen Klumpenrisikos zu begrenzen1243, da durch umfangreiche Darlehen und Sicherheiten an die herrschende Gesellschaft die Bonität der beherrschten Gesellschaft mit der Bonität der herrschenden Gesellschaft verknüpft wird. Mit der Neuregelung des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG durch das MoMiG hat der Gesetzgeber jedoch bei Vorliegen eines vollwertigen Gegenanspruchs die Vergabe von Krediten und Sicherheiten im Rahmen eines konzernweiten cash poolings privilegiert und etwaige Klumpenrisiken als vernachlässigbar eingestuft1244. Man könnte daher folgern, dass erst recht nach § 311 ff. AktG das Stellen von Sicherheiten und Darlehen bei gegebener Vollwertigkeit unbeschränkt zulässig sein müsse und die § 311 ff.

1238

S. 422. 1239 1240 1241 1242 1243 1244

MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 149; Schön, S. 372; Hüffer, Cash Management, Schön, S. 372. Habersack/Schürnbrand, S. 693. Habersack/Schürnbrand, S. 693 f. Hüffer, Cash Management, S. 418. In ähnlichem Zusammenhang problematisiert von Kropff, S. 815. Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiken, S. 685.

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AktG das Gebot der Risikodiversifikation grundsätzlich überlagern1245. Etwaige Gläubiger werden so über ein möglicherweise bestehendes Klumpenrisiko mittels Konzernpublizität informiert, so dass sie in ihre Bewertungen der Bonität der beherrschten Gesellschaft auch eine gegebenenfalls bestehende, konzernrechtlich vermittelte Koppelung an die Bonität der Muttergesellschaft einfließen lassen können. Mit der herrschenden Meinung1246 ist daher auch hinsichtlich der Vergabe von Krediten und Sicherheiten im faktischen Konzern eine uneingeschränkte Privilegierung nach §§ 311 ff. AktG anzunehmen. b) Auswirkungen von § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auf die Auslegung der §§ 311 ff. AktG aa) Auswirkung auf die Konkretisierung der Anforderungen an die Solvenz des herrschenden Unternehmens Mit dem MoMiG hat sich der Gesetzgeber durch Einfügung des § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG hinsichtlich der Kapitalerhaltung für die Rückkehr zum Grundsatz der bilanziellen Betrachtungsweise entschieden und dabei die Kriterien der Vollwertigkeit und Deckung eingefügt1247. Die Rechtsprechung hat hierzu festgestellt, dass für die Bestimmung des Nachteils gemäß §§ 311 ff. AktG jedenfalls keine strengeren Maßstäbe anzulegen seien als für eine gemäß § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG zulässige, durch einen vollwertigen Rückzahlungsanspruch gedeckte Leistung an den Aktionär1248. Erfülle etwa ein Darlehen an eine herrschende Gesellschaft die Kriterien der Vollwertigkeit und Deckung, verbleibe für die Anwendung der §§ 311 ff. AktG kein Raum. Diese Übertragung der bilanziellen Grundsätze auf die §§ 311 ff. AktG wirkt sich auch darauf aus, inwieweit eine Rückzahlungsforderung etwa aus Darlehen werthaltig und somit überhaupt ein Nachteilsausgleich zulässig ist. Der bereits bisher allgemein anerkannte Grundsatz, dass eine Nachteilszufügung nur bei finanziell werthaltigem Ausgleichsanspruch zulässig ist, findet nun im Kriterium der Vollwertigkeit seine Konkretisierung1249. Danach dürfte eine Nachteilszufügung nur noch unzulässig sein, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine mangelnde Solvenz des Ausgleichsschuldners nach bilanziellen Kriterien bestehen. 1245

Fleischer/Schmolke, Klumpenrisiko Schweiz, S. 341 f. BGHZ 179, 71 (76 f.); Hüffer-AktG 311 Rn. 49; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 47; Habersack/Schürnbrand, S. 691 f. 1247 Ausführlich hierzu oben unter § 6 B. II. 1. a) bb). 1248 BGH NZG 2009, 107 (108), Rn. 12. 1249 Zustimmend Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 47; Hüffer-AktG 311 Rn. 49a; Kiefner/Theusinger, S. 806; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 157; Cahn, Kredite, S. 68; Mülbert/Leuschner, S. 284 f. Mit Vorbehalten zustimmend Kropff, S. 815. Differenzierend MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 311 Rn. 239 ff.; Altmeppen, Cash Pooling, S. 402 f. 1246

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Dazu zählt ausweislich der Gesetzesbegründung auch eine im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten unzureichende Ausstattung mit Eigenkapital, wie sie für Akquisitionsgesellschaften typisch ist1250. Eine solche Akquisitionsgesellschaft müsste daher konsequenterweise als nicht hinreichend solvent eingestuft werden mit der Folge, dass die Privilegierung der §§ 311 ff. AktG von vornherein entfiele und die §§ 57, 62 AktG wieder Geltung erlangten. bb) Auswirkung auf die Bemessung des Nachteilsausgleichs Nach Auffassung des BGH soll allerdings die Angemessenheit der Verzinsung abweichend von § 57 Abs. 1 S. 3 AktG wiederum einem vollständigen Drittvergleich unterliegen und ggf. nach § 311 Abs. 1 AktG ausgeglichen werden1251. Damit wird der zuvor hinsichtlich der Frage der Werthaltigkeit des Nachteilsausgleichs festgestellte Gleichlauf von Nachteilsbestimmung und Vorliegen einer Einlagenrückgewähr wieder durchbrochen, da ein nach nach bilanziellen Grundsätzen angemessen verzinstes Darlehen nach der Auffassung des BGH dennoch nachteilig im Sinne der §§ 311 ff. AktG ist, sofern die Höhe der Verzinsung einem umfassenden Drittvergleich nicht standhält. Diese Neubestimmung des Verhältnisses von § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG zu §§ 311 ff. AktG hinsichtlich der Höhe der Verzinsung von Darlehen ist zum Teil mit dem Verweis auf die durch die Orientierung der MoMiG an rechtlichen Problemen der GmbH bedingten Unterschiede zum Aktienkonzernrecht auf grundsätzliche Zustimmung gestoßen1252, zum Teil wird weiterer Klärungsbedarf zu offenen Einzelfragen gesehen1253 oder stößt die Entscheidung auf Kritik1254. Zu Recht wird kritisiert, dass ohne eine vollständige entsprechende Anwendung von § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG auf die §§ 311 ff. AktG der Zweck des MoMiG unterlaufen würde, der gerade auf die Erleichterung des typischerweise nur im Konzern vorkommenden cash poolings abzielt. Zudem würde übersehen, dass nur eine solche Leistung als Nachteil gemäß § 317 Abs. 2 AktG gelte, auf die ein Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft nicht eingegangen wäre1255. Damit entstünde einem Vorstand einer abhängigen Gesellschaft derselbe Ermessensspielraum, den auch § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG eröffnet. Zwar hat der Gesetzgeber keine § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG entsprechende Änderung in die §§ 311 ff. AktG eingefügt, so dass grundsätzlich mit einem entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers argumentiert werden könnte. Doch wäre dann die vorbehaltlose Übertragung der Grundsätze der Voll1250

Siehe hierzu oben unter § 6 B. II. 1. a) bb). BGH NZG 2009, 107 (109), Rn. 17. 1252 Mülbert/Leuschner, S. 284. Ebenfalls zustimmend Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 47a; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 157; Habersack, Finanzielle Unterstützung und MoMiG, S. 729. Implizit auch Theusinger/Kapteina, S. 885 f. 1253 Cahn, Kredite, S. 78. Differenzierend Altmeppen, Cash Pooling, S. 404. 1254 KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 111 ff. 1255 KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 111. 1251

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wertigkeit für die Beurteilung des Nachteils durch die Rechtsprechung ebenfalls abzulehnen. Konsequent wäre es daher, die bilanzielle Betrachtungsweise des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auf alle bilanziell erfassbaren Nachteile uneingeschränkt zu übertragen und damit die Konzerninnenfinanzierung zu erleichtern und zu vereinfachen. Dementsprechend ist es auch entsprechend der hier vertretenen Auffassung zu § 57 Abs. 1 S. 3 AktG zulässig, Sicherheiten zugunsten der herrschenden Gesellschaft ohne Vereinbarung einer Avalprovision zu bestellen1256. 3. Geltung von § 71a Abs. 1 AktG im faktischen Konzern Ob § 71a Abs. 1 AktG im faktischen Konzern von den §§ 311 ff. AktG verdrängt werde, war schon vor Inkrafttreten des MoMiG umstritten: Während eine Ansicht mit dem Verweis auf die Wesensähnlichkeit mit § 57 AktG davon ausging, dass § 71a Abs. 1 AktG als Vorschrift zur Kapitalerhaltung ebenfalls von §§ 311, 317 AktG verdrängt werde1257, begründete die Gegenauffassung1258 ihre Ansicht mit § 71 d S. 2 i.V.m. Satz 4 AktG: Dieser regelt die Anwendung von § 71a Abs. 1 AktG im Unternehmensverbund für einen besonderen Fall, nämlich für den Erwerb von Aktien der herrschenden Gesellschaft durch ein abhängiges Unternehmen. Daraus leitete diese Auffassung ab, dass auf alle anderen Konstellationen der finanziellen Unterstützung im faktischen Konzern § 71a Abs. 1 AktG ebenfalls Anwendung finde. Darüber hinaus spricht auch der Schutzzweck des Verbots der finanziellen Unterstützung in Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie für eine Geltung auch im faktischen Konzern: Nähme man hier eine Privilegierung des nachteiligen Finanzierungsgeschäfts des beherrschten Unternehmens gemäß § 311 ff. AktG an, wäre die Regelung weitgehend funktionslos, da dann die Erwerbsgesellschaft unmittelbar nach Erwerb der kontrollierenden Mehrheit den Erwerbspreis durch Nachteilszufügung finanzieren könnte1259. Bestätigt wird diese teleologische Auslegung nun dadurch, dass der Gesetzgeber bei der Ergänzung des § 71a Abs. 1 AktG durch das MoMiG zwar in § 71a Abs. 1 1256 Konsequenterweise a.A. die Vertreter der Gegenauffassung, s. Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 157; Theusinger/Kapteina, S. 886. 1257 GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 22; Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 82; Schroeder, S. 281 f.; Riegger, S. 240; Seibt, S. 306; Holzner, S. 283; Wand/Tillmann/Heckenthaler, S. 160 f.; Fridrich, S. 381 ff.; Brosius, S. 230. Im Grundsatz auch Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 507. 1258 Lutter/Wahlers, S. 9; Kühbacher, S. 133 f. Wohl auch MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 13, allerdings mit widersprüchlicher Begründung. Ebenfalls für eine Geltung von § 71a Abs. 1 AktG im faktischen Konzern Hüffer-AktG, § 71a Rn. 6a; Schmidt/Lutter-AktG/ Bezzenberger, § 71a Rn. 18; KK-AktG/Koppensteiner, § 311 Rn. 163; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 48; Spindler/Stilz/Cahn, § 71a Rn. 22; Nodoushani, Financial Assistance, S. 388 ff.; Klass, S. 136 ff. 1259 Was die typische Vorgehensweise bei einem LBO ist, da vor Kontrollerwerb die Zielgesellschaft kaum zu finanzieller Unterstützung veranlasst werden kann, s. Schmidt/LutterAktG/Bezzenberger, § 71a Rn. 18.

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S. 3 AktG ausdrücklich die Geltung von § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags ausgeschlossen hat. Aus dem Umstand, dass die Geltung von § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG im faktischen Konzern nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde, ist in Anbetracht der dem MoMiG vorangegangenen Diskussion im Schrifttum zu diesem Punkt zu schließen, dass der Gesetzgeber von einer Geltung des § 71a Abs. 1 AktG im faktischen Konzern ausgeht1260. § 71a Abs. 1 AktG ist folglich im faktischen Konzern grundsätzlich anwendbar. Nach der hier vertretenen Auffassung wird der für § 71a Abs. 1 AktG erforderliche finale Zusammenhang zwischen Erwerb und Finanzierung nur binnen eines Jahres nach erfolgtem Erwerb vermutet, so dass nach Ablauf dieses Jahres die allgemeinen Regeln des faktischen Konzerns wieder greifen und eine Nachteilszufügung gemäß §§ 311 ff. AktG und damit Konzerninnenfinanzierung durch cash pooling wieder zulässig wäre. III. Finanzielle Unterstützung im Vertragskonzern Die Begründung eines Vertragskonzerns durch Abschluss etwa eines Beherrschungsvertrags1261 des Erwerbers (etwa einer Akquisitionsgesellschaft) mit der Zielgesellschaft ermöglicht es der herrschenden Gesellschaft, gegenüber der beherrschten Gesellschaft gemäß § 308 Abs. 1 AktG Leitungsmacht auszuüben und dieser Weisungen zu erteilen. Solche Weisungen können auch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beinhalten, und zwar gemäß § 308 Abs. 1 S. 2 AktG auch dann, wenn sie für die beherrschte Gesellschaft nachteilig im Sinne des § 311 Abs. 1 AktG sind, also beispielsweise keinen vollwertigen Rückgewähranspruch beinhalten oder unangemessen vergütet werden. Voraussetzung ist allein, dass die für die beherrschte Gesellschaft nachteilige Weisung für die herrschende Gesellschaft oder eine mit ihr verbundene Gesellschaft vorteilhaft ist1262, was spiegelbildlich bei für die beherrschte Gesellschaft nachteiligen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig der Fall sein wird. Korrelat dieser weitgehenden Eingriffsmöglichkeiten ist im Interesse der Gläubiger eine Verlustausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens gemäß § 302 Abs. 1 AktG, nach der das herrschende Unternehmen zum Ende des Geschäftsjahres einen etwaigen Jahresfehlbetrag der beherrschten Gesellschaft ausgleichen muss. Die Interessen etwaiger Minderheitsaktionäre werden bereits durch umfassende Ausgleichs- und Abfindungsrechte gemäß § 304 AktG bei Abschluss des Unternehmensvertrags geschützt. 1260 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 48; Hartung, S. 133 ff.; Zeyher, S. 303; Hassner, S. 465 f. A.A. hingegen Tasma, S. 303. 1261 Auf Möglichkeiten und Grenzen durch andere Konzernverträge wie etwa dem Gewinnabführungsvertrag oder durch Eingliederung (§§ 319 ff. AktG) auf die Zielgesellschaft einzuwirken oder auf das Vermögen zuzugreifen und deren jeweilige Beschränkungen wird nachfolgend nicht im Einzelnen eingegangen. 1262 Emmerich/Habersack/Emmerich, § 308 Rn. 45.

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Mit der Einfügung von § 71a Abs. 1 Satz 3 AktG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG im Vertragskonzern nicht gilt. Ebenso gelten die Beschränkungen des § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG gemäß § 291 Abs. 3 AktG im Vertragskonzern grundsätzlich nicht. Des Kapitalschutzes im Interesse der Gläubiger und Minderheitsaktionäre bedarf es im Vertragskonzern mit seinen umfassenden Schutz- und Verlustausgleichspflichten folglich nicht. Vom Konzernprivileg gedeckt sind allerdings nur rechtmäßige Weisungen gemäß § 308 Abs. 1 AktG1263. Nicht rechtmäßig sind Weisungen insbesondere dann, wenn sie zu einer Existenzgefährdung der beherrschten Gesellschaft führen. Entsprechend sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Vertragskonzern dann unzulässig, wenn die Rückgewähr der geleisteten finanziellen Unterstützung durch Verlustausgleich von vornherein unwahrscheinlich erscheint1264. Entscheidend ist dabei eine Solvenzprognose für die herrschende Gesellschaft: Ist zum Zeitpunkt der nachteiligen Weisung bereits absehbar, dass die herrschende Gesellschaft einen Verlustausgleich zum Jahresende nicht mehr wird leisten können, ist eine nachteilige Weisung gemäß § 302 Abs. 1 AktG nicht rechtmäßig. An diesbezügliche Weisungen der herrschenden Gesellschaft ist der Vorstand der beherrschten Gesellschaft dann nicht gebunden und er wäre im Gegenteil für einen durch die pflichtwidrige Erfüllung der Weisung entstehenden Schaden gemäß § 310 Abs. 1 AktG ebenso haftbar wie der anweisende Vorstand der herrschenden Gesellschaft gemäß § 309 Abs. 2 AktG1265. Ihm steht deshalb gegenüber der herrschenden Gesellschaft laufend ein Auskunftsrecht über die Solvenz zu1266. Kann die Muttergesellschaft den Ausgleich absehbarerweise bereits bei Veranlassung wegen mangelnder Solvenz aus der Sicht ex ante voraussichtlich nicht leisten, entfällt die Privilegierung des § 302 AktG und dem Vorstand der beherrschten Gesellschaft steht ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Vor Inkrafttreten des MoMiG sollten nach verbreiteter Auffassung bei einer existenzgefährdenden Weisung auch die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57, 71a Abs. 1 AktG wieder aufleben und eine Nichtigkeit der Maßnahme der finanziellen Unterstützung nach sich ziehen1267. Der mit dem MoMiG neu eingefügte § 71a Abs. 1 S. 3 AktG setzt jedoch ebenso wie der neu gefasste § 291 Abs. 3 AktG hinsichtlich der Suspendierung der §§ 71a Abs. 1, 57 AktG lediglich das Bestehen eines Vertrags i.S. von § 291 AktG voraus und ist insofern weiter gefasst als § 291

1263 Emmerich/Habersack/Emmerich, § 308 Rn. 59; Emmerich/Habersack/Emmerich, § 291 Rn. 77; Hüffer-AktG, § 308 Rn. 19. 1264 MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 302 Rn. 36 ff. 1265 Emmerich/Habersack/Emmerich, § 310 Rn. 7 f. 1266 MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 302 Rn. 38; Holzner, S. 275. 1267 Zur alten Rechtslage KK-AktG/Drygala, § 57 Rn. 100; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 142; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 507; Schroeder, S. 291. Gegen ein Wiederaufleben von § 71a Abs. 1 AktG wohl MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 13.

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Abs. 3 AktG a. F.1268. Eine Ansicht leitet daraus ab, dass es auf die Rechtmäßigkeit der Weisung insofern nicht mehr ankomme und die Anwendung von §§ 71a Abs. 1, 57 AktG im Vertragskonzern grundsätzlich ausgeschlossen sei1269. Eine einschränkende Auslegung von § 71a Abs. 1 Satz 3 AktG solle aber dennoch erfolgen, wenn der herrschende Vertragsteil selbst als Erwerber auftrete1270. Andere argumentieren, dass es trotz der Neufassung von § 71a Abs. 1 Satz 3 AktG beim Wiederaufleben von § 71a Abs. 1 AktG bleiben müsse, da die Privilegierung des § 302 AktG auch weiterhin nur bei Funktionsfähigkeit des Verlustausgleichs zu rechtfertigen sei1271. Bei nachteiligen Weisungen im Vertragskonzern spielt die Angemessenheit der Vergütung des Finanzierungsgeschäfts oder die Gefahr eines Doppelschadens durch Wertverfall der Anteile keine Rolle, da die Interessen der Minderheitsaktionäre bereits gemäß § 304 AktG bei Abschluss des Beherrschungsvertrags geschützt werden und im Interesse der Gläubiger eine Verlustausgleichspflicht gemäß § 302 AktG besteht. Entscheidend ist allein, ob aus der objektiven Sicht ex ante die Rückgewähr des Geleisteten zu erwarten ist bzw. die herrschende Gesellschaft einen Verlustausgleich wird leisten können. Diese Frage der Solvenz bzw. Bonität der herrschenden Gesellschaft ist jedoch losgelöst von der Frage der angemessenen Vergütung der Leistung i.S. von § 57 Abs. 1 S. 3 AktG oder einer möglichen finalen Verknüpfung von finanzieller Unterstützung und Erwerb von Anteilen der herrschenden Gesellschaft zu beantworten. In Anbetracht der Unwägbarkeiten der Solvenzprognose würde man unnötig weitere Rechtsunsicherheit durch Wiederaufleben der §§ 57, 71a Abs. 1 AktG schaffen, die im Vertragskonzern gerade vermieden werden soll, ohne dass dadurch der Rechtsschutz für Gläubiger und Minderheitsaktionäre wesentlich verbessert werden würde. § 291 Abs. 3 AktG und § 71a Abs. 1 S. 3 AktG sind somit in ihren jetzigen Fassungen so auszulegen, dass die §§ 57, 71a Abs. 1 AktG im Vertragskonzern unabhängig von der Solvenz des herrschenden Unternehmens stets suspendiert bleiben und lediglich bei fehlender Solvenz der herrschenden Gesellschaft oder existenzgefährdender Weisung ein Verweigerungsrecht des Vorstands der beherrschten Gesellschaft besteht. IV. Rechtsschutz im Konzern 1. Konzernpublizität und Sonderprüfung Unternehmen sind unbeschadet weitergehender kapitalmarktrechtlicher Pflichten jedenfalls gemäß §§ 20, 21 AktG dazu verpflichtet, eine Beteiligung von mehr als 1268 Die vor dem MoMiG geltende Fassung des § 291 Abs. 3 AktG privilegierte nur Leistungen „auf Grund eines bestehenden Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages“, die aktuell gültige Fassung setzt ebenfalls nur das Bestehen eines solchen Vertrages voraus, näher dazu MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 291 Rn. 226 ff.; Hüffer-AktG, § 71a Rn. 6a. 1269 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 6a. 1270 Hüffer-AktG, § 71a Rn. 6a. 1271 KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a AktG Rn. 47.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

einem Viertel der Aktien gemäß § 20 Abs. 6 AktG unverzüglich öffentlich und gemäß § 21 Abs. 1 AktG gegenüber der Gesellschaft bekanntzumachen, deren Aktien sie erworben hat. Gemäß § 312 Abs. 1 S. 1 AktG ist im faktischen Konzern binnen drei Monaten nach Konzernierung vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft ein Abhängigkeitsbericht zu erstellen, der alle Rechtsgeschäfte und ergriffenen Maßnahmen und zugehörigen Ausgleichsmaßnahmen aufführen muss (§ 312 Abs. 1 S. 2 bis 4 AktG). Dieser Abhängigkeitsbericht wird allerdings nicht veröffentlicht, sondern ist lediglich von einem Abschlussprüfer (§ 313 AktG) und dem Aufsichtsrat (§ 314 AktG) zu prüfen, die bei Verletzung ihrer Prüfungspflicht im Schadensfall ggf. auch (mit-)haften. Minderheitsaktionäre und Gläubiger haben folglich keinen Anspruch auf Einsicht in den Abhängigkeitsbericht, können diesen aber – wie auch sonstige etwaige Unregelmäßigkeiten im Konzernverbund – unter den engen Voraussetzungen1272 einer Sonderprüfung gemäß § 315 AktG überprüfen lassen. Im Vertragskonzern besteht gemäß § 316 AktG keine gesonderte Berichtspflicht und kein Recht zur Sonderprüfung gemäß § 315 AktG, da die Publizität bereits durch das Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung zum Unternehmensvertrag gemäß § 293 AktG und dem Prüfungsbericht des Vertragsprüfers gemäß § 293 e AktG gewährleistet wird. Ein weitergehendes Schutzbedürfnis ist wegen der umfassenden Verlustausgleichspflicht der herrschenden Gesellschaft nicht gegeben. 2. Haftung im Konzern a) Haftung im faktischen Konzern Bei nicht erfolgtem Nachteilsausgleich haften neben dem herrschenden Unternehmen gemäß § 317 Abs. 1 AktG auch seine Vertreter gemäß § 317 Abs. 3 AktG gegenüber dem beherrschten Unternehmen und ggf. dessen Aktionären auf Schadensersatz, sofern sie sich nicht gemäß § 317 Abs. 2 AktG exkulpieren können. Ebenso haften die Vertreter des beherrschten Unternehmens gemäß § 318 AktG bei pflichtwidriger Unterlassung der Angabe der Nachteilszufügung im Abhängigkeitsbericht. Unterbleibt der Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG, leben zudem die Kapitalschutznormen bei ausbleibendem Nachteilsausgleich wieder auf, doch werden diese regelmäßig leer laufen, da dann das herrschende Unternehmen als Rückgewährpflichtiger regelmäßig insolvent sein wird. b) Haftung im Vertragskonzern Im Vertragskonzern ist das herrschende Unternehmen gemäß § 302 AktG zum (unbeschränkten) Verlustausgleich verpflichtet. Daneben haften die Vertreter des 1272 Etwa wenn Aufsichtsrat oder Abschlussprüfer Einwände gegen den Abhängigkeitsbericht erhoben haben (§ 315 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AktG) oder gemäß § 315 Abs. 1 S. 2 AktG eine qualifizierte Minderheit i.S. des § 142 Abs. 2 AktG (1 % des Grundkapitals oder E 100.000 Anteilswert) bei Verdacht auf pflichtwidrige Nachteilszufügung eine solche beantragt.

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herrschenden Unternehmens ggf. gemäß § 309 AktG ebenso aus Verantwortlichkeit wie die Vertreter des beherrschten gemäß § 310 AktG, sofern sie ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben, was insbesondere bei unzulässigen Nachteilszufügungen wegen fehlender Solvenz des herrschenden Unternehmens der Fall sein kann. c) Subsidiäre Haftungsnormen Außerhalb der konzernrechtlichen Regelungen bestehen eine Reihe von allgemeinen Haftungsnormen und Rechtsprinzipien, die grundsätzlich ebenfalls geeignet wären, eine Haftung des herrschenden Aktionärs im faktischen Konzern zu begründen: Neben § 117 Abs. 1 AktG, der eine aktienrechtliche deliktische Haftung von jeder Person begründet, die Führungspersonen der Gesellschaft rechtswidrig und vorsätzlich zu einer die Gesellschaft oder ihre Aktionäre schädigenden Handlung bestimmt, und der insoweit weitgehend parallel laufenden allgemeinen Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, die insbesondere in der Fallgruppe des existenzvernichtenden Eingriffs für das Konzernrecht relevant ist, kommt etwa auch eine Haftung aus Durchgriff in Betracht. Vereinzelt werden in der Literatur auch die faktische Organschaft1273 oder Verstöße gegen die Treuepflicht1274 als Ansätze zur Begründung einer Haftung diskutiert. Die konzernrechtlichen Regelungen zum faktischen Konzern – ggf. ergänzt durch wiederauflebende Normen des Kapitalschutzes – sind jedenfalls hinsichtlich konkretisierbarer und dem Einzelausgleich zugänglicher Nachteilszufügungen – was bei den mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verbundenen Nachteilen regelmäßig der Fall ist1275 – jedoch grundsätzlich abschließend1276. Im Vertragskonzern sind Haftungslücken angesichts der umfassenden Verlustausgleichspflicht und der Vorschriften zum Schutz der Minderheitsaktionäre bei Abschluss des Unternehmensvertrags ohnehin nicht gegeben. Ein Rückgriff auf subsidiäre Haftungsnormen und allgemeine Rechtsprinzipien kommt daher bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Konzern nur in Betracht, wenn der herrschende Aktionär entweder kein Unternehmen i.S. der §§ 15 ff. AktG ist und die konzernrechtlichen Regelungen deshalb nicht einschlägig

1273

Ablehnend diskutiert von Fleischer, Faktische Organe, S. 527 f. Zur Treuepflicht im Konzern s. Verse, Treuepflicht, S. 594 ff.; Wiedemann, Treuebindungen, S. 5 ff. Diese ist allerdings durch die konzernrechtlichen Regelungen nahezu vollständig verdrängt und jedenfalls für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht einschlägig, s. KK-AktG/Drygala, § 53a Rn. 93; Emmerich/Habersack/Habersack, Vor § 311 Rn. 5; Verse, Treuepflicht, S. 615 f. 1275 Jedenfalls wenn man der hier vertretenen Ansicht folgt, dass eine Avalprovision wegen § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auch im Rahmen des Nachteilsausgleichs gemäß §§ 311 ff. AktG nicht geschuldet ist und die diesbezüglichen Bewertungsprobleme deshalb entfallen. 1276 Emmerich/Habersack/Habersack, § 311 Rn. 88 ff. 1274

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sind1277 oder ausnahmsweise für konzernrechtliche Probleme, die durch die konzernrechtlichen Regelungen in den §§ 311 ff. AktG nicht erfasst werden und die vom Gesetzgeber bei der Konzeption der konzernrechtlichen Regelungen nicht berücksichtigt wurden, für die also eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke besteht. Im Zusammenhang mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung könnte eine solche Lücke in der fehlenden Normierung der Haftung des herrschenden Aktionärs im faktischen Konzern für materielle Unterkapitalisierung liegen. Die für LBOs und MBOs typische Veränderung der Kapitalstruktur wird durch die konzernrechtlichen Regelungen gemäß §§ 311 ff. AktG nicht erfasst. Gelingt es also einem Finanzinvestor als (ggf. mittelbar) herrschendem Aktionär, unter Einhaltung der Regeln zum Nachteilsausgleich durch Weisung an den Vorstand der beherrschten Gesellschaft die Fremdkapitalquote der Zielgesellschaft massiv in die Höhe zu treiben, so dass das Eigenkapital für den Geschäftsbetrieb nicht mehr ausreicht und dadurch die AgencyKosten der Fremdkapitalgeber bis hin zur konkreten Insolvenzgefahr zu erhöhen, bieten die konzernrechtlichen Regelungen keine einschlägige Haftungsnorm, die eine etwaige Haftung des Finanzinvestors begründen könnte. aa) Durchgriffshaftung Als für den buyout relevante Fallgruppe des Durchgriffs wird insbesondere die materielle Unterkapitalisierung einer Gesellschaft diskutiert1278. Von Teilen der Literatur1279 und vom Bundessozialgericht1280 wird eine Durchgriffshaftung bei völlig unzureichender Kapitalausstattung einer Kapitalgesellschaft prinzipiell bejaht. Begründet wird die Aufhebung des Haftungsprivilegs unter anderem mit der missbräuchlichen Nutzung der Gesellschaft durch die Gesellschafter, wenn diese durch eine völlig unzureichende Eigenkapitalausstattung Dritte, insbesondere Gläubiger, schädigen könnten1281. Die Gegenauffassung1282 und sowohl das BAG1283 1277

Eine bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen von buyouts atypische Konstellation, auf die deswegen nachfolgend nicht weiter eingegangen werden soll. 1278 Die übrigen diskutierten Fallgruppen des Durchgriffs – etwa Sphären- und Vermögensvermischung und Institutsmissbrauch, siehe hierzu Ehricke, S. 289 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S. § 4 III 1. – werden im Rahmen von LBOs und MBOs kaum je einschlägig sein. Ein allenfalls diskutierbarer Institutsmissbrauchs wegen Nutzung einer GmbH (oder einer anderen Gesellschaftsform) als Zweckgesellschaft beim LBO allein zur Abschirmung von Haftungsrisiken ist ebenfalls abzulehnen, solange alle gesetzlichen Vorgaben bei Gründung und Führung der GmbH eingehalten werden, da die Begrenzung von Haftungsrisiken Wesensmerkmal einer GmbH ist. 1279 GroßK-AktG/Brändel, § 1 Rn. 107 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 10 IV 3 b). 1280 BSG ZIP 1984, 1217 (1219 ff.); BSG ZIP 1996, 1134 (1135 f.). 1281 BSG ZIP 1984, 1217 (1219 ff.); BSG ZIP 1996, 1134 (1135 f.); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 10 IV 3 b). 1282 GroßK-AktG/Assmann Einleitung Rn. 489 ff.; KK-AktG/Dauner-Lieb, § 1 Rn. 54; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 IV 4; Ehricke, S. 289. 1283 BAG ZIP 1999, 878 (879 f.).

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als auch der BGH1284 lehnen eine Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung hingegen grundsätzlich ab. Zum einen wird argumentiert, dass eine Bestimmung einer angemessenen Kapitalisierung betriebswirtschaftlich schwierig und praktisch kaum durchführbar sei1285, zum anderen wird darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber (von besonderen Vorschriften für Finanzinstitute abgesehen1286) keine rechtlichen Vorgaben für die angemessene Eigenkapitalausstattung gemacht habe und solche Vorgaben auch in den Materialien zu Gesetzesreformen zum Teil ausdrücklich abgelehnt habe1287. Speziell im Aktienkonzernrecht fehle es zudem an einer Regelungslücke, die §§ 311 ff. AktG seien insofern abschließend1288. Es besteht somit zwar überwiegend Konsens, dass ein Missbrauch einer juristischen Person durch materielle Unterkapitalisierung grundsätzlich denkbar ist und dann auch zur Haftung des Gesellschafters führen müsste, doch wird die Durchgriffshaftung überwiegend zu Recht als zur Lösung dieses Problems ungeeignet abgelehnt. Denn für den Rechtsverkehr ist ex ante kaum zuverlässig bestimmbar, ab wann eine haftungsauslösende Unterkapitalisierung vorliegt1289. Eine zuverlässige Grenzziehung für eine ausreichende Kapitalisierung im Sinne eines safe harbour scheint wiederum wegen der Vielzahl der Einflussfaktoren auf eine angemessene Kapitalausstattung ohne eine konkrete Vorgabe durch den Gesetzgeber unmöglich. Zudem hat der Gesetzgeber die schon damals bekannte Problematik im Aktienkonzernrecht ausdrücklich nicht geregelt, so dass nicht von einer planwidrigen Regelungslücke im Konzernrecht ausgegangen werden kann. bb) Haftung gemäß § 826 BGB Zur Schließung von Schutzlücken im System des Gläubigerschutzes im GmbHRecht hat die Rechtsprechung, gestützt auf § 826 BGB, die Rechtsfigur des „existenzvernichtenden Eingriffs“ entwickelt1290. Auf das Aktienrecht ist diese Rechtsfigur grundsätzlich übertragbar1291, wobei der Anwendungsbereich der Rechtsfigur 1284

BGH ZIP 2008, 1232 (1234 f.). So insbesondere GroßK-AktG/Assmann Einleitung Rn. 490; BAG ZIP 1999, 878 (880); Schmidt, Eigenkapitalausstattung, S. 777 f.; Ehricke, S. 281 ff. 1286 GroßK-AktG/Assmann Einleitung Rn. 490. 1287 KK-AktG/Dauner-Lieb, § 1 Rn. 54; BGH ZIP 2008, 1232 (1234); ausführlich Ehricke, S. 283 ff. 1288 Ehricke, S. 259 f. 1289 MünchKomm-AktG/Heider, § 1 Rn. 76. 1290 BGH NJW 2007, 2689. Zur Entwicklung und Diskussion um diese Rechtsfigur siehe jeweils mit weiterführenden Hinweise Hüffer-AktG, § 1 Rn. 22 ff.; MünchKomm-AktG/Heider, § 1 Rn. 77 ff.; KK-AktG/Dauner-Lieb, § 1 Rn. 56; Emmerich/Habersack/Habersack, Anh. § 317 Rn. 2 ff.; Habersack, Trihotel, S. 538 ff.; Holzner, S. 185 ff.; Tasma, S. 379 ff. 1291 Hüffer-AktG, § 1 Rn. 22; MünchKomm-AktG/Heider, § 1 Rn. 85; OLG Köln ZIP 2007, 28 (30). A.A. Emmerich/Habersack/Habersack, § 317 Anh. Rn. 5 ff., der weiterhin parallel auf die vom BGH aufgegebene Figur der qualifizierten Nachteilszufügung abstellen möchte. 1285

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im Aktienrecht wegen der bestehenden Schutzvorschriften der § 311 ff. AktG ungleich geringer ist1292. Ob diese Rechtsfigur im Aktienrecht auf § 826 BGB oder auf den insofern vergleichbaren, aber spezifisch aktienrechtlichen § 117 AktG zu stützen ist, kann dahingestellt bleiben1293. Nach dieser Rechtsfigur wird eine Haftung der Gesellschafter auf Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft begründet, wenn diese durch gezielten, kompensationslosen Eingriff der Gesellschaft zur Begleichung von Gesellschaftsschulden benötigte Vermögenswerte entziehen und dadurch die Insolvenz der Gesellschaft herbeiführen1294. Eine massive Veränderung der Kapitalstruktur durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unter Herbeiführung einer materiellen Unterkapitalisierung, die zur Insolvenz führte, könnte grundsätzlich unter diese weit gefasste Definition fallen. Der BGH hat jedoch eine Anwendbarkeit der Existenzvernichtungshaftung auf die Fallgruppe der materiellen Unterkapitalisierung der GmbH ausdrücklich abgelehnt1295. Begründet wurde diese Ablehnung wiederum mit der fehlenden Bestimmbarkeit angemessener Kapitalausstattung und dem insofern abschließenden System der Kapitalerhaltung im Recht der GmbH1296. Die Rechtsfigur der existenzvernichtenden Haftung kann also keinen Anspruch gegen die Gesellschafter wegen materieller Unterkapitalisierung begründen. Zugleich hat der BGH jedoch ausdrücklich offen gelassen, ob eine solche Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung, wenn auch nicht als Unterfall der existenzvernichtenden Haftung, so aber doch als eigene Fallgruppe des § 826 BGB möglich sein könne1297. Auch Stimmen im Schrifttum möchten eine Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung statt auf den Durchgriff grundsätzlich auf § 826 BGB stützen1298. Da allerdings der Tatbestand der Unterkapitalisierung von möglichen Anspruchstellern bewiesen werden müsste, ist angesichts der von der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass die angemessene Kapitalausstattung kaum bestimmbar und das System der Kapitalerhaltung in der GmbH grundsätzlich abschließend sei – was erst recht für das insofern strengere System des Aktien(konzern-)rechts gelten muss –, ein Anspruch gemäß § 826 BGB wohl nur für Fälle der Täuschung über die Kapitalausstattung einschlägig1299 und im Übrigen praktisch kaum relevant. Folglich ist § 826 BGB auch nicht geeignet, eine Haftung wegen 1292

Habersack, Trihotel, S. 550 f. So etwa Hüffer-AktG, § 1 Rn. 26a; Habersack, Trihotel, S. 550 f. 1294 BGH NJW 2007, 2689 ff.; BGH NZG 2008, 547; Habersack, Trihotel, S. 544 ff.; Schanze, S. 683 f. Wegen der hohen Anforderungen an die Tatbestandsmerkmale diese deswegen für den LBO kaum für relevant haltend Tasma, S. 398. 1295 BGH NZG 2008, 547 (548 ff.); Veil, S. 3265 f. 1296 BGH NZG 2008, 547 (549 ff.) mit Verweis auf die Argumente gegen eine Durchgriffshaftung. 1297 BGH NZG 2008, 547 (550). 1298 Spindler/Stilz/Fock, § 1 Rn. 61; Hüffer-AktG, § 1 Rn. 18; OLG Köln NZG 2004, 1009 (1011); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 9 IV 4 c); Ehricke, S. 287 f. 1299 Zu diesem Aspekt Ehricke, S. 288 f. 1293

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materieller Unterkapitalisierung in Folge von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu begründen.

C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Das schweizerische Konzernrecht folgt dem Kontrollprinzip, wonach die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses, definiert durch den Besitz der absoluten Stimmenmehrheit in Bezug auf sämtliche Stimmrechte, für die Begründung eines Konzerns ausreicht. Durch statutarisch festgelegte Höchststimmrechte und Beschlussquoren sowie Vinkulierung kann ein umfassender Konzerneingangsschutz gewährleistet werden und eine Konzernierung und damit Maßnahmen finanzieller Unterstützung auf Veranlassung einer herrschenden Gesellschaft können dauerhaft verhindert werden. Wegen des mit der Konzernierung typischerweise verbundenen faktischen Übergangs der Oberleitung der beherrschten Gesellschaft auf die herrschende Gesellschaft ist Art. 716a Abs. 1 OR teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass der Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft für alle übrigen Aufgaben nach Art. 716a Abs. 1 OR trotz Weisungsabhängigkeit kompetent und (mit-)verantwortlich bleibt, Kompetenz und Verantwortlichkeit für die Oberleitung jedoch auf die herrschende Gesellschaft übergehen. Durch Aufnahme einer Unterwerfungsklausel in den Gesellschaftszweck kann eine Ausrichtung des Gesellschaftsinteresses auf die herrschende Gesellschaft erreicht werden, wodurch rechtliche Unklarheiten beseitigt werden können; durch Aufnahme einer Finanzierungsklausel unter Aufhebung der Gewinnstrebigkeit, welche allerdings einstimmig erfolgen muss, kann erreicht werden, dass Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten der herrschenden Gesellschaft nicht mehr adäquat vergütet werden müssen, ohne dabei gegen Kapitalschutznormen zu verstoßen. Auch bei Vorliegen eines Finanzierungszwecks dürfen Leistungen aus dem geschützten Kapital nur bei hinreichender Bonität des Begünstigten erfolgen. Eine Finanzierungsklausel berechtigt lediglich zm Verzicht auf Gewinne, nicht zu Leistungen, die sich bilanziell auswirken. Für solche Leistungen ist – anders als für Gewinne, auf die verzichtet wurde – weiterhin ein Gewinnausschüttungsbeschluss erforderlich. Sofern keine Finanzierungsklausel gegeben ist und daher weiterhin eine adäquate Vergütung von Leistungen erforderlich bleibt, sind nur konkrete indirekte Vorteile aus der Konzernzugehörigkeit berücksichtigungsfähig, etwa Zugang zu im Marktvergleich günstigeren Darlehen im Rahmen eines cash poolings. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, insbesondere im Rahmen eines LBOs, werden solche konkreten indirekten Vorteile für die beherrschte Gesellschaft regelmäßig nicht gegeben sein. Die nach der Rechtsprechung erforderliche Genehmigung von konzerninternen Rechtsgeschäften, die nicht bereits zu objektiven Drittbedingungen erfolgen, durch ein neben- oder übergeordnetes Organ der beherrschten Gesellschaft ist nach der hier vertretenen Ansicht grundsätzlich abzulehnen, obgleich sie kautelarjuristisch wei-

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terhin anzuraten ist. Ein solches Genehmigungserfordernis bietet nur in den praktisch seltenen Fällen echten Minderheitenschutz, in dem sie durch einen von den Minderheitsaktionären bestimmten fiduziarischen Verwaltungsrat erfolgt und die konzerninternen Rechtsgeschäfte einen so überschaubaren Umfang haben, dass sie ein Verwaltungsrat angemessen überprüfen kann. Sofern man dieser Ansicht folgt, ist wiederum eine stillschweigende Ermächtigung zu solchen Geschäften allenfalls in vollständig beherrschten Gesellschaften denkbar. Das von der Rechtsprechung erwogene Erfordernis einer Reservenbildung analog Art. 659a Abs. 2 OR bei Darlehen im Konzern ist de lege lata abzulehnen. Minderheitsaktionäre haben zum Schutz ihrer Interessen ein Recht auf Auskunft und – unter weiteren Voraussetzungen – ein Recht auf Durchführung einer Sonderprüfung. Weiteren Schutz für Gläubiger und Minderheitsaktionäre bietet das Vertretungsrecht, nach dem gegen Kapitalschutznormen verstoßende Rechtsgeschäfte der Gesellschaft zugunsten der herrschenden Gesellschaft unter Beteiligung eines Dritten, etwa einer finanzierenden Bank, wegen regelmäßig gegebener Bösgläubigkeit der finanzierenden Bank hinsichtlich inadäquater Bedingungen auch gegenüber der Bank nichtig bzw. schwebend unwirksam sind, so dass die Bank gezwungen ist, erforderlichenfalls auf adäquate Vergütung zu achten. Ferner können Minderheitsaktionäre und Gläubiger die herrschende Gesellschaft für Verletzungen von Kapitalschutznormen und Pflichtverletzungen aus faktischer Organschaft in Anspruch nehmen, deren Voraussetzungen der Finanzinvestor bei LBOs jedenfalls hinsichtlich der Organpflichten zur Finanzierungsverantwortung regelmäßig erfüllt. Das deutsche Recht folgt hinsichtlich des faktischen Konzerns ebenfalls dem Kontrollprinzip, definiert die Beherrschungsmöglichkeit allerdings über den Besitz der Mehrheit der durchschnittlich auf der Hauptversammlung vertretenen Stimmen. Ein Konzerneingangsschutz ist durch die erforderliche Satzungsstrenge begrenzt und beschränkt sich auf die mögliche Erhöhung von Beschlussquoren und Einführung von Höchststimmrechten, wobei Letzteres bei börsennotierten Gesellschaften unzulässig ist. Sobald ein Aktionär über mehr als ein Viertel der Aktien einer Gesellschaft verfügt, muss er dies öffentlich und gegenüber der Gesellschaft bekanntmachen. Im faktischen Konzern besteht gemäß § 311 Abs. 1 AktG das Recht der herrschenden Gesellschaft, der beherrschten Gesellschaft Nachteile zuzufügen, sofern diese bis zum Abschluss des Geschäftsjahres durch tatsächlichen Ausgleich oder Einräumung eines Ausgleichsanspruchs wieder ausgeglichen werden, wobei der Ausgleich grundsätzlich durch beliebige bewertbare Ausgleichsleistungen erfolgen kann, nicht jedoch durch allgemeine (passive) Konzernvorteile; bei bilanzierungsfähigen Nachteilen, wie sie mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verbunden sind, muss der Ausgleich jedoch auch in bilanzierungsfähiger Form erfolgen. Begrenzt wird die Möglichkeit der Nachteilszufügung ferner dadurch, dass diese nur bei werthaltigem Ausgleichsanspruch, also bei hinreichender Solvenz der herrschenden Gesellschaft, zulässig ist, wobei die Werthaltigkeit nach denselben Kriterien wie die Vollwertigkeit gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG zu bestimmen ist.

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Ebenso ist auch hinsichtlich der Definition eines Nachteils der § 57 Abs. 1 S. 3 AktG einschlägig, so dass eine Verzinsung von Darlehen nur nach bilanziellen Grundsätzen und eine Avalprovision für Sicherheitenbestellungen grundsätzlich überhaupt nicht erforderlich ist, ohne dass dies einen Nachteil i.S. des § 311 Abs. 1 AktG darstellen würde. Im Übrigen wird § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG bei werthaltigem Ausgleichsanspruch von den §§ 311 ff. AktG verdrängt, nicht aber § 71a Abs. 1 AktG, so dass Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auch im faktischen Konzern nach der hier vertretenen Auffassung bei zeitlichem Zusammenhang zum Erwerb auch im faktischen Konzern gemäß dem Verbot des § 71a Abs. 1 AktG unzulässig sind. Im faktischen Konzern muss ein Abhängigkeitsbericht über die geschäftlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaften erstellt werden, der aber den Aktionären und Gläubigern grundsätzlich nicht zugänglich ist; sie können diesen aber unter engen Voraussetzungen im Rahmen einer Sonderprüfung gemäß § 315 AktG überprüfen lassen. Bei pflichtwidrig nicht erfolgtem Nachteilsausgleich haften die Vertreter der herrschenden Gesellschaft gemäß § 317 AktG, bei fehlerhaften Angaben im Abhängigkeitsbericht auch die Vertreter der beherrschten Gesellschaft gemäß § 318 AktG der Gesellschaft für den entstandenen Schaden. Darüber hinaus besteht keine Haftung der herrschenden Gesellschaft und ihrer Vertreter, insbesondere nicht für eine materielle Unterkapitalisierung der beherrschten Gesellschaft. Daneben kann ein Vertragskonzern durch Abschluss eines Unternehmensvertrags begründet werden, der der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf. Im Vertragskonzern sind die §§ 57, 71a Abs. 1 AktG suspendiert und es besteht gemäß § 308 Abs. 1 AktG ein umfassendes Recht der herrschenden Gesellschaft, der beherrschten Gesellschaft nachteilige Weisungen zu erteilen, so dass Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich ohne weitere Einschränkungen zulässig sind. Korrelat dieser umfassenden Eingriffsmöglichkeit sind umfangreiche Vorschriften zum Schutz der Minderheitsaktionäre beim Konzerneingang und eine umfassende Verlustausgleichspflicht der herrschenden Gesellschaft zum Schutz der Gläubiger. Begrenzt wird das Recht zu nachteiligen Weisungen lediglich hinsichtlich existenzgefährdender Weisungen, also solchen Nachteilszufügungen, die aus der Sicht ex ante des Vorstands der beherrschten Gesellschaft wegen fehlender Solvenz nicht durch einen Verlustausgleichsanspruch gedeckt sind. Solchen Weisungen darf der Vorstand nicht Folge leisten. Leistet der Vorstand den existenzgefährdenden Weisungen dennoch pflichtwidrig Folge, macht er sich gemäß § 310 AktG ebenso schadensersatzpflichtig wie der Vorstand der herrschenden Gesellschaft gemäß § 309 AktG.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

§ 8 Finanzielle Unterstützung bei börsenkotierten Gesellschaften An der Börse kotierte Gesellschaften unterliegen neben den allgemeinen aktienrechtlichen Normen zusätzlich besonderen Vorschriften des Börsengesellschaftsrechts. Diese dienen entweder den spezifischen kapitalmarktrechtlichen Zwecken – beispielsweise dem Schutz vor Kursmanipulation oder der Sicherstellung der Information des Kapitalmarkts – oder sie verbessern den Schutz von Minderheitsaktionären und dienen somit dem Schutz der Kapitalanleger. Diese Vorschriften können somit – zumindest indirekt – Einfluss auf Zulässigkeit und Umfang von Maßnahmen finanzieller Unterstützung durch börsenkotierte Gesellschaften nehmen. Die Vorschriften des Börsengesellschaftsrechts und die entsprechenden kapitalmarktrechtlichen Normen in Deutschland sind erst in den letzten Jahrzehnten erlassen worden und somit lange nach der erstmaligen Normierung des Verbots der finanical assistance, auf dem Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie und § 71a Abs. 1 AktG beruhen. Für die Diskussion über ein aktien- bzw. handelsrechtliches Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs ist daher auch der Frage nachzugehen, inwieweit die mit dem aktien- bzw. handelsrechtlichen Verbot der finanziellen Unterstützung intendierten Schutzzwecke inzwischen auch von diesen spezifischen kapitalmarktrechtlichen Normen teilweise gesichert werden, so dass ein aktien- bzw. handelsrechtliches Verbot der finanziellen Unterstützung möglicherweise nicht oder nicht mehr in der bisherigen Form erforderlich ist. Zu diesem Zweck sollen daher nachfolgend im Überblick die wichtigsten börsengesellschaftsrechtlichen bzw. kapitalmarktrechtlichen Regelungen in der Schweiz und in Deutschland, die für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung relevant sein können und diese begrenzen können, dargestellt werden. Eine umfassende und vertiefte Untersuchung und Diskussion dieser Normen kann dabei im Rahmen dieser Untersuchung nicht geleistet werden und ist für den Gegenstand der Untersuchung auch nicht erforderlich. Für die vorliegende Untersuchung ist es ausreichend, die wesentlichen Regelungen des Börsengesellschaftsrechts bzw. Kapitalmarktrechts im Überblick insoweit darzustellen, als sie einen Bezug zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung aufweisen. Die so gewonnenen Ergebnisse dienen allein dazu, die im Schlussteil dieser Untersuchung folgende rechtsvergleichende Diskussion über die Sinnhaftigkeit eines aktien- bzw. handelsrechtlichen Verbots der finanziellen Unterstützung inhaltlich abzurunden und zu vervollständigen.

§ 8 Finanzielle Unterstützung bei börsenkotierten Gesellschaften

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A. Im schweizerischen Recht Im schweizerischen Recht ist das Börsengesellschaftsrecht namentlich im Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG)1300 und im Börsengesetz (BEHG) nebst ihren jeweiligen Ausführungsbestimmungen sowie im Kotierungsreglement (KR) normiert. Daneben finden sich auch im OR spezifische Vorschriften, denen ausschließlich börsenkotierte Gesellschaften unterliegen sowie für kotierte Gesellschaften geltende Vorschriften des soft law wie der Richtlinie Corporate Governance (RLCG)1301 der SIX Swiss Exchange und dem Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance1302 (Swiss Code), in dem weitere Verhaltenspflichten wie die Pflicht zur Übereinstimmung von Strategie und Finanzen (Ziff. 9 Abs. 2), Regeln zum Umgang mit Interessenkonflikten im Verwaltungsrat (Ziff. 16) und zu Organkrediten (Ziff. 5) aufgeführt werden, die den Charakter von (unverbindlichen) Empfehlungen zur best practice haben. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung könnten insbesondere beim LBO durch das Postulat der Übereinstimmung von Strategie und Finanzen begrenzt werden, woraus sich eine Pflicht zu einer angemessenen Kapitalstruktur der Gesellschaft ableiten lassen könnte. Da eine solche Pflicht auch bereits gemäß Art. 717 Abs. 1 OR für nicht börsenkotierte Gesellschaften besteht und mit der Formulierung im Swiss Code keine weitere Konkretisierung dieser Pflicht verbunden ist, vermag diese Empfehlung Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht weiter zu beschränken. Ebenso machen die für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen von MBOs relevanten Vorschriften zu Organkrediten1303 und Interessenkonflikten1304 lediglich Vorgaben zu Transparenz und prozeduralen Abläufen, die die ohnehin bestehenden gesetzlichen Beschränkungen zu praktisch umsetzbaren Handlungsanweisungen konkretisieren. I. Informations- und Offenlegungspflichten Börsenkotierte Unternehmen sind grundsätzlich zur Befolgung der RLCG, beruhend auf dem Swiss Code verpflichtet. In der RLCG sind umfassende Offenlegungspflichten zu gesellschaftsinternen Strukturen und bestehenden Schutzvorschriften normiert. Als soft law sind diese Regelungen nicht zwingend. Vielmehr

1300 Mit Inkrafttreten des FinfraG zum 01. 01. 2016 wurden zahlreiche Normen unverändert aus dem BEHG in das FinfraG überführt. Dementsprechend wird nachfolgend oftmals noch die Literatur zu den jeweils korrespondierenden Normen im BEHG zitiert. 1301 Richtlinie betreffend Informationen zur Corporate Governance vom 29. Oktober 2008. s. zu dieser von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 75. 1302 Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance (2007) vom 25.6. 2007. 1303 Etwa die Vorgabe des Ausstands des betroffenen Verwaltungsratsmitglieds bei Entscheidungen und eine Vergütung at arm’s length, s. Böckli, Aktienrecht, § 14 N 281. 1304 Böckli, Aktienrecht, § 14 N 277 ff.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

kann jede Gesellschaft von diesen Regeln abweichen, muss diese Abweichung jedoch offenlegen und begründen1305. 1. Ad-hoc-Publizität Gemäß Art. 53 ff. KR ist jede börsenkotierte Gesellschaft verpflichtet, den Markt über kursrelevante Tatsachen zu informieren, sobald er von diesen in wesentlichen Punkten Kenntnis hat (Ad-hoc-Publizität)1306. Zu diesen kursrelevanten Tatsachen zählen etwa wesentliche Unternehmensübernahmen, Gewinnwarnungen, überraschende Personalveränderungen in der Unternehmensleitung, aber auch (öffentliche) Aktienrückkaufsangebote1307. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können im Einzelfall gemäß dieser Regelung publizitätspflichtig sein, insbesondere wenn sie einen so substanziellen Umfang haben, dass sie die Ertrags- und Vermögenslage der Gesellschaft wesentlich beeinflussen können und damit kursrelevant sind1308. Dies wird insbesondere bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zur Finanzierung des Kontrollerwerbs regelmäßig der Fall sein. Form und Zeitpunkt der Bekanntgabe der kursrelevanten Tatsachen ist in der Richtlinie Ad-hoc-Publizität (RLAhP) umfassend geregelt. Sie werden von der SIX Swiss Exchange Regulation überwacht und sanktioniert1309. 2. Mitteilungen über Beteiligungen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Zusammenhang mit buyouts können in der Regel nur durchgeführt werden, wenn der Adressat der finanziellen Unterstützung über eine Kontrollmehrheit an der Zielgesellschaft verfügt. Sofern ein Finanzinvestor nicht direkt die kontrollierende Mehrheit von Dritten als Paket erwirbt oder ohnehin ein öffentliches Übernahmeangebot unterbreitet bzw. unterbreiten muss1310, könnte er eine kontrollierende Mehrheit auch schrittweise über die Börse erwerben (sogenanntes „Anschleichen“1311) und nach Kontrollerwerb – für die übrigen Aktionäre und Gläubiger möglicherweise überraschend – die Zielgesell1305 Prinzip des „comply or explain“ in Art. 7 RLCG normiert, s. auch von der Crone, Aktienrecht, § 4 N 75; Böckli, Aktienrecht, § 14 N 13 ff. 1306 Art. 53 Abs. 2 KR. Zur Ad-hoc-Publizität insgesamt s. von der Crone, Aktienrecht, § 16 N 53 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 86 ff. 1307 von der Crone, Aktienrecht, § 16 N 55; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 89 ff.; Krneta, N 1537. 1308 Ein Bekanntgabeaufschub gemäß Art. 54 KR wird bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung regelmäßig nicht zulässig sein: Zwar beruht die finanzielle Unterstützung auf einem Entschluss der Gesellschaft, doch werden durch einen Aufschub der Bekanntgabe nicht Interessen der Gesellschaft, sondern allenfalls Interessen des Empfängers der finanziellen Unterstützung (z. B. an einem günstigen Erwerbskurs von Aktien) berührt. 1309 Siehe zu den Einzelheiten etwa von der Crone, Aktienrecht, § 16 N 61 ff. 1310 Zur Angebotspflicht siehe unten unter § 8 A. III. 1311 Börsenrecht/Weber, Art. 20 N 2; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 51b.

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schaft zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung veranlassen. Werden die wesentliche Zusammensetzung und Veränderungen des Aktionärskreises jedoch veröffentlicht, können die übrigen Aktionäre und Gläubiger der Gesellschaft darauf reagieren, etwa durch Verkauf ihrer Anteile oder Veränderung der Kreditbedingungen, und sich gegen mögliche Benachteiligungen durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wappnen. Jede börsenkotierte Gesellschaft ist zur Offenlegung bedeutender Aktionäre1312 gemäß Art. 663c Abs. 1 OR im Anhang zur Bilanz verpflichtet. Beteiligungen von Mitgliedern des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung und des Beirats müssen gemäß Art. 663c Abs. 3 OR unabhängig von der Beteiligungshöhe im Anhang mitgeteilt werden. Gemäß Art. 958e Abs. 1 Nr. 2 OR hat daneben bei börsenkotierten Gesellschaften jedermann das Recht auf Einsicht in deren Konzernrechnungslegung und damit auch über die dort aufzuführenden wesentlichen Beteiligungen einer Gesellschaft, so dass auch von Seiten des Erwerbers – sofern börsenkotiert – Informationen über Beteiligungen erlangt werden können. Die Aktionäre oder Aktionärsgruppen, die durch Aktienerwerb von börsenkotierten Gesellschaften bestimmte Grenzwerte der Beteiligungshöhe überschreiten, sind darüber hinaus gemäß Art. 120 Abs. 1 FinfraG verpflichtet, die Gesellschaft und die Börsen, an denen die Gesellschaft kotiert ist, darüber zu informieren1313. Danach ist grundsätzlich jeder Aktionär meldepflichtig, der durch den Erwerb von Aktien mit seinen gesamten Anteilen die Schwelle von 3, 5, 10, 15, 20, 25, 33 1/3, 50 und 66 2/ 3 Prozent der Stimmrechte der Gesellschaft überschreitet. Gesellschaft und Börse müssen die Schwellenüberschreitung publizieren. Maßgeblich für die Berechnung des Stimmrechtsanteils sind sämtliche ausstehende Aktien abzüglich der von der Gesellschaft selbst gehaltenen eigenen Aktien1314. Die Gesellschaft selbst ist ebenfalls meldepflichtig hinsichtlich der Überschreitung von Schwellenwerten durch den Erwerb von eigenen Aktien1315. Eine Meldepflicht hinsichtlich der durch Dritte mithilfe von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch die Gesellschaft erworbenen Anteile besteht allerdings nicht für die Gesellschaft, sondern nur für den Erwerber, da dieser seine Stimmrechte unabhängig von der Gesellschaft ausüben kann und deshalb die so erworbenen Anteile börsenrechtlich nicht als eigene Aktien der Gesellschaft gewertet werden können. Zusätzlich verschärfte Meldepflichten bestehen gemäß Art. 134 Abs. 1 FinfraG im Falle eines öffentlichen Kaufangebots i.S. von Art. 125 FinfraG. Liegt ein öffentliches Kaufangebot vor, müssen alle Aktionäre der Gesellschaft, die über einen

1312

Grundsätzlich definiert als Aktionäre oder Aktionärsgruppe mit mehr als fünf Prozent Stimmrechtsanteil, s. Art. 663c Abs. 2 S. 1 OR. 1313 Zum Sanktionsverfahren s. Börsenrecht/Weber, Art. 20 N 86 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 58 ff. 1314 Böckli, Aktienrecht, § 7 N 64. 1315 Börsenrecht/Weber, Art. 20 N 49; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 78 ff.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Anteil von mehr als drei Prozent der Aktien der Zielgesellschaft verfügen, jede Transaktion melden, die sich auf den Bestand ihres Aktienanteils auswirkt. Unabhängig von den Vorschriften des Börsengesellschaftsrechts ist darüber hinaus jeder Aktionär einer (auch nicht kotierten Gesellschaft) zusätzlich gemäß Art. 697i OR aus Gründen der Geldwäschereibekämpfung verpflichtet, bei Erwerb von mehr als 25 Prozent der Anteile gegenüber der Gesellschaft diesen Erwerb anzuzeigen und seine Identität nachzuweisen. 3. Management-Transaktionen Gemäß Art. 56 KR sind Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung einer börsenkotierten Gesellschaft verpflichtet, Transaktionen mit Beteiligungsrechten und damit verbundenen Finanzinstrumenten binnen zwei Börsentagen nach Vollzug der Transaktion (Art. 56 Abs. 2 KR) gegenüber der Gesellschaft offenzulegen1316. Diese hat diese Information wiederum binnen drei Börsentagen der Börse mitzuteilen, die wiederum diese Information unter Nennung der Funktion, aber ohne Angabe des Namens publiziert (Art. 56 Abs. 5 KR). Ziel dieser Vorschrift ist die Verbesserung der Information der Anleger und die Verhinderung von Marktmissbräuchen (Art. 56 Abs. 1 KR). Mit der Information über Transaktionen kann der Markt aber auch über einen Beteiligungsaufbau des Managements informiert werden und damit über einen möglicherweise bevorstehenden MBO, der typischerweise mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach Kontrollerwerb verbunden ist. Marktteilnehmer können dies somit gegebenenfalls bei ihren Dispositionen bezüglich dieser Gesellschaft frühzeitig berücksichtigen. II. Insiderrechtliche Verbote Im Börsengesellschaftsrecht sind zwei insiderrechtliche Verbotstatbestände normiert: Das aufsichtsrechtliche Verbot des Art. 142 FinfraG sowie ein enger gefasstes strafrechtliches Verbot in Art. 154 FinfraG1317. Nach dem insofern weiteren aufsichtsrechtlichen Verbot des Art. 142 FinfraG ist es jedem Marktteilnehmer untersagt, eine Information, von der er weiß oder wissen musste, dass es eine Insiderinformation ist, oder eine Empfehlung aufgrund einer solchen Insiderinformation zum Erwerb oder zur Veräußerung von Effekten auszunützen oder diese Information Dritten mitzuteilen oder aufgrund der Kenntnis der Insiderinformation Dritten Empfehlungen zum Erwerb oder zur Veräußerung von Effekten zu erteilen. Das strafrechtliche Verbot des Art. 154 FinfraG untersagt dieselbe Handlung, richtet sich allerdings ausschließlich an Organe, Mitglieder von Leitungs- und Aufsichtsorganen der Gesellschaft oder einer die Gesellschaft beherrschenden Gesellschaft 1316 von der Crone, Aktienrecht, § 16 N 64. Einzelheiten der Offenlegungspflicht sind in der Richtlinie betr. Offenlegung von Management-Transaktionen (RLMT) geregelt. 1317 Fahrländer, S. 34 ff.; Lorez/Dobrauz-Saldapenna, S. 43 ff.

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oder sonstige Personen, die privilegierten Zugang zu Informationen haben. Es setzt zudem die Verschaffung eines Vermögensvorteils für sich oder andere voraus. Das strafrechtliche Verbot wird gemäß Art. 154 Abs. 2 bis 4 FinfraG mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet, während das aufsichtsrechtliche Verbot keine Freiheitsstrafe vorsieht sondern lediglich aufsichtsrechtliche Sanktionen durch die FINMA. Insiderinformationen sind gemäß Art. 2 lit. j FinfraG vertrauliche Informationen, deren Bekanntwerden geeignet ist, den Kurs von Effekten, die an einem Handelsplatz in der Schweiz zum Handel zugelassen sind, erheblich zu beeinflussen. Vertraulich sind Informationen dann, wenn sie nicht allgemein zugänglich sind1318. Insiderinformationen können sowohl Sachverhalte als auch Pläne und nicht realisierte Absichten sein1319. Die tatsächliche oder geplante Durchführung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kann also eine solche Insiderinformation darstellen, sofern sie dem Umfang nach geeignet ist, den Kurs zu beeinflussen und sofern sie nicht öffentlich zugänglich ist. Eine solche Konstellation ist insbesondere bei MBOs denkbar, bei denen das Management die Gesellschaft zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung für einen Kontrollerwerb durch das Management veranlassen will. Aufgrund Art. 142 Abs. 2 FinfraG hat der Bundesrat in Art. 119 ff. Finanzmarktinfrastrukturverordnung (FinfraV) festgelegt, wann Insiderinformationen zulässigerweise verwendet werden dürfen. Gemäß Art. 124 Abs. 1 lit. a FinfraV sind Effektengeschäfte, die der Umsetzung des eigenen Entschlusses dienen, ein Effektengeschäft vorzunehmen, auch dann zulässig, wenn diese unter Art. 142 Abs. 1 lit. a FinfraG fallen, allerdings nur dann, wenn der Entschluss zum Erwerb nicht auf einer Insiderinformation beruht. Somit ist etwa der Erwerb von Anteilen zur Durchführung eines MBOs selbst keine unzulässige Ausnützung einer Insiderinformation, allerdings nur dann, wenn der Entschluss zum MBO selbst nicht aufgrund einer Insiderinformation gefasst wurde. Eine solche Insiderinformation kann beispielsweise die konkret geplante oder bereits erfolgte Veranlassung der Gesellschaft zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung durch das Management sein, die den MBO ermöglichen oder erleichtern und die somit regelmäßig auch kursrelevant sind. Ein Erwerb aufgrund einer solchen beschlossenen oder bereits erfolgten finanziellen Unterstützung dieses Erwerbs wäre somit als verbotene Ausnutzung einer Insiderinformation gemäß Art. 142 FinfraG unzulässig und bei Vorliegen der Voraussetzungen gegebenenfalls sogar gemäß Art. 154 FinfraG strafbar. Ein Erwerb müsste folglich unterbleiben, es sei denn, der Umstand der finanziellen Unterstützung würde zuvor – etwa im Rahmen der Ad-hoc-Publizität – bekannt gemacht werden und wäre somit nicht mehr vertraulich.

1318 1319

Lorez/Dobrauz-Saldapenna, S. 43. Fahrländer, S. 208 f.; Lorez/Dobrauz-Saldapenna, S. 43.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass das Management bereits bei Erwerb von der Gesellschaft finanziell unterstützt wird oder seine besondere Stellung ausnützt, um die Gesellschaft zu (ggf. künftigen) Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu veranlassen. Denn die Kursrelevanz eines Plans oder einer Absichts setzt voraus, dass Pläne und Absichten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten1320. Diese ist bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die das Management beschlossen hat oder ohne weitere Zwischenschritte in die Tat umsetzen kann, gegeben. Erwirbt das Management hingegen beispielsweise mit den Mitteln einer Zwischenfinanzierung durch eine Bank Anteile der Gesellschaft in der Absicht, nach erfolgtem Kontrollerwerb die Gesellschaft durch die dann bestehende Kontrollmehrheit zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu veranlassen, um die Zwischenfinanzierung abzulösen, stellt diese bestehende Absicht keine Insiderinformation dar. Denn dieser Plan hängt von äußeren Umständen (namentlich des Erwerbs der Kontrollmehrheit) ab, die zum Zeitpunkt des Erwerbs von Anteilen noch unsicher sind. Somit ist die unmittelbare Kursrelevanz nicht gegeben und eine Insiderinformation liegt nicht vor. Zudem ist die Möglichkeit der Einbeziehung in eine Konzernfinanzierung nach Kontrollerwerb ein allgemeines Problem des Konzerneingangsschutzes, vor dem bereits die Angebotspflicht bei Erwerb der Kontrollmehrheit schützt. Eines zusätzlichen Schutzes durch insiderrechtliche Verbote bedarf es daher nicht. III. Angebotspflicht Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG normiert eine Angebotspflicht für jeden Erwerber, dessen Anteil an allen Stimmrechten der Gesellschaft den Schwellenwert von 33 1/ 3 Prozent übersteigt. Durch diese Angebotspflicht sollen die Minderheitsaktionäre vor einem für sie nachteiligen Kontrollwechsel geschützt werden1321. Anders als bei nicht börsenkotierten Gesellschaften besteht somit grundsätzlich eine effektive Form des zwingenden Konzerneingangsschutzes1322. Ökonomischer Hintergrund der Angebotspflicht sind die ambivalenten Folgen des Erwerbs bzw. der Bildung einer Kontrollmehrheit für die Minderheitsaktionäre der Gesellschaft: Der Inhaber der kontrollierenden Mehrheit kann seine beherrschende Stellung dazu nutzen, die Gesellschaft seinen Interessen unterzuordnen, indem er etwa mit ihr für ihn im Rahmen des rechtlich Zulässigen günstige Verträge abschließt oder die Geschäftspolitik der Gesellschaft nach seinen Interessen ausgestaltet1323. Andererseits kann mit Kontrollbildung oder -wechsel ein Mehrheits1320 Fahrländer, S. 288 f. Zur Diskussion über den Grad der Eintrittswahrscheinlichkeit s. Fahrländer, S. 277 f. 1321 BGE 130 II 530 (543); Börsenrecht/Weber, Art. 32 N 3. 1322 BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N 4. 1323 Diese Möglichkeit bildet zusammen mit dem privilegierten Zugang des Mehrheitsaktionärs zu Informationen die sogenannten private benefits of control, die in der Extremform die Gefahr der Ausplünderung beinhalten, des sogenannten corporate looting, s. Daeniker,

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aktionär das Principal-Agent-Problem überwinden oder jedenfalls begrenzen, indem er – auch im Interesse der Minderheitsaktionäre – die Geschäftsführung überwacht und diszipliniert. Ziel einer Regelung der Angebotspflicht ist es also, zwar den Minderheitsaktionären eine Ausstiegsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis zu gewähren und sie damit vor der Vorteilsnahme des Mehrheitsaktionärs zu schützen, zugleich aber dadurch den Markt für Unternehmenskontrolle nicht zu behindern und Kontrollbildung nicht zu erschweren1324. Im schweizerischen Recht ist dem Ziel der Erleichterung von Kontrollwechseln dadurch Rechnung getragen worden, dass die Angebotspflicht vor Kotierung an der Börse sowohl gänzlich von der Gesellschaft statutarisch abbedungen (sogenanntes opting-out, Art. 125 Abs. 3 FinfraG) als auch modifiziert werden kann (sogenanntes opting-up, Erhöhung des Schwellenwerts bis auf 49 Prozent gemäß Art. 135 Abs. 1 Satz 2 FinfraG). Zudem gelten unabhängig von diesen Optionen gemäß Art. 136 FinfraG eine Reihe von grundsätzlichen Ausnahmen von der Angebotspflicht, etwa bei nur vorübergehendem Erwerb, bei Schenkung oder Erbschaft1325. Voraussetzung für die Auslösung einer Angebotspflicht ist ein Überschreiten des Schwellenwerts von 33 1/3 Prozent gemäß Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG bzw. des gemäß Art. 135 Abs. 1 S. 2 FinfraG statutarisch erhöhten Schwellenwerts der vorhandenen stimmberechtigten Anteile durch direkten oder indirekten Erwerb von Anteilen durch einen Erwerber allein oder in Absprache mit anderen1326. Von der Gesellschaft gehaltene eigene Aktien1327 können dem Anteil des Erwerbers hinzugerechnet werden. Ebenso können Erwerbergruppen für die Bemessung des Schwellenwerts zusammengefasst werden1328. Wird die Schwelle überschritten, ist der Erwerber verpflichtet, ein Angebot über den Erwerb der ausstehenden Anteile zu unterbreiten. Das Pflichtangebot unterliegt dabei den Vorschriften über ein öffentliches Kaufangebot gemäß Art. 125 ff. FinfraG, soweit keine spezielleren Regeln für das Pflichtangebot bestehen1329. Öffentliche Rückkaufangebote der Gesellschaft für eigene Aktien können, sofern durch sie Angebotspflicht, S. 100 f. Bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung besteht beispielsweise die Gefahr, dass diese zu für die Gesellschaft nachteiligen Bedingungen ausgestaltet werden. 1324 von der Crone, S. 46; Daeniker, Angebotspflicht, S. 105 ff. Siehe zum Markt für Unternehmenskontrolle auch oben unter § 4 B. I. 1325 Börsenrecht/Weber, Art. 32 N 10 ff. 1326 BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N 9 ff. 1327 Empfehlung 0215/01 i.S. Kühne & Nagel International AG vom 13. 10. 2004, E 1.2.2.2; A.A. BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N 14; Hofstetter, S. 156 ff. Vom Erwerber mit Hilfe von Maßnahmen finanzieller Unterstützung erworbene Anteile zählen ohnehin zu dessen Anteilen. 1328 Wobei Abgrenzungen naturgemäß im Einzelfall diffizil sind, BSK-BEHG/Hofstetter/ Schliter-Heuberger, Art. 32 N 33 ff. 1329 BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N 103. Siehe zu den Verhaltenspflichten bei öffentlichen Kaufangeboten unten unter § 8 A. III.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

in seltenen Fällen die Gesellschaft selbst den Schwellenwert überschreitet, grundsätzlich auch eine Angebotspflicht auslösen, doch greift in der Regel eine Ausnahme von der Angebotspflicht1330. Der Angebotspreis muss gemäß Art. 135 Abs. 2 FinfraG mindestens dem jeweils höheren Betrag entsprechen, der sich bei einem Vergleich des durchschnittlichen Börsenkurses mit dem höchsten Preis, den der Erwerber in den letzten zwölf Monaten für Anteile der Zielgesellschaft bezahlt hat, ergibt. Zusätzlich darf der Angebotspreis gemäß Art. 10 Abs. 6 Übernahmeverordnung (UEV) nicht niedriger liegen als der binnen sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist höchste für Anteile der Gesellschaft durch den Erwerber bezahlte Preis (sogenannte „best price rule“1331). Überwacht und sanktioniert wird die Einhaltung der Angebotspflicht durch die Übernahmekommission (UEK) und die FINMA1332, die bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Art. 135 Abs. 5 FinfraG das Stimmrecht des Angebotspflichtigen suspendieren oder den weiteren Erwerb von Aktien untersagen kann1333. Grundsätzlich ist das Bestehen einer Angebotspflicht geeignet, Minderheitsaktionäre vor den möglichen Gefahren von Maßnahmen finanzieller Unterstützung zu schützen, da diese typischerweise erst nach Kontrollerwerb durch den Erwerber möglich sind. Befürchten Minderheitsaktionäre Benachteiligungen durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, können sie ihre Anteile rechtzeitig zu einem fairen Preis abstoßen. Die Angebotspflicht gemäß Art. 135 FinfraG kann aber hier nur lückenhaften Schutz bieten. Die weitgehenden Dispensmöglichkeiten, insbesondere die Möglichkeit zum opting-out, werden in der Literatur zwar als sinnvolle Konsequenz der vermeintlich erheblich belastenden und weitreichenden Folgen der Angebotspflicht bewertet1334 oder gar als überlegener Ausdruck schweizerischer Flexibilität qualifiziert1335. An dieser Einschätzung sind jedoch Zweifel angebracht. Eine Angebotspflicht wirkt sich nicht notwendigerweise auf den Erwerber finanziell nachteilig aus und muss diesen nicht zwingend übermäßig belasten1336. Die Minderheitsaktionäre werden in dem Fall, dass der Erwerber ein vertrauenswürdiger langfristiger 1330 BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N 9a; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 273 ff. 1331 BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N 123; Börsenrecht/Weber, Art. 32 N 40. 1332 BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N 143 ff. 1333 Zusätzlich besteht die Möglichkeit den Anspruch auf Erfüllung durch Zivilklage durchzusetzen, s. von der Crone, S. 46 f. 1334 Böckli, Aktienrecht, § 7 N 250. Zur Diskussion im Gesetzgebungsprozess s. von der Crone, S. 44 Fn. 1. 1335 BSK-BEHG/Hofstetter/Schilter-Heuberger, Art. 32 N N 149; ähnlich Daeniker, Angebotspflicht, S. 137 f. 1336 So aber Böckli, Aktienrecht, § 7 N 250. Ähnlich wie hier argumentierend, allerdings im Hinblick auf die nachträgliche Einführung eines opting-outs bei Kontrollerwerb von der Crone, Aktienrecht, § 16 N 135.

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Investor sein sollte, auf das Pflichtangebot in Anbetracht der Vorteile durch die Ausübung effektiver Kontrolle mutmaßlich überwiegend nicht eingehen. Falls doch, wird ein seriöser Investor die so erworbenen Anteile erforderlichenfalls ohne wesentliche Preisabschläge an Dritte weiterverkaufen können, da der Angebotspreis dem tatsächlichen Marktwert regelmäßig sehr nahe kommen wird. Nur wenn das Geschäftsmodell des Erwerbers erkennbar auf eine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre abzielt, werden die Minderheitsaktionäre das Angebot überwiegend annehmen und werden die so erworbenen Aktien nur mit Abschlägen an Dritte zu verkaufen sein. Im Ergebnis behindert eine umfassende Angebotspflicht daher den erwünschten Kontrollerwerb nicht, schafft jedoch einen marktbasierten präventiven Schutz vor solchem Kontrollerwerb, der auf einseitige Vorteilsnahme zu Lasten der Minderheitsaktionäre zielt1337. Ein Recht zum opting-out unterläuft diese sinnvolle Zielsetzung und sollte daher abgeschafft werden1338. Ebenso sollte ein opting-up nur in den Fällen und nur bis zu der Höhe zulässig sein, in denen aufgrund statutarischer Bestimmungen auch die Quoren zur Beschlussfassung erhöht wurden, so dass bei diesen Gesellschaften der Erwerb einer Kontrollmehrheit einen entsprechend höheren Stimmrechtsanteil als 33 1/3 Prozent erfordert. IV. Verhaltenspflichten der Organe bei öffentlichem Kaufangebot Wird ein öffentliches Kaufangebot1339 für an der Börse kotierte Aktien oder Beteiligungspapiere abgegeben, löst dieses Angebot eine Reihe von besonderen Regeln und Pflichten für die Zielgesellschaft aus, die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach Veröffentlichung eines solchen Angebots begrenzen. Grundsätzlich unterliegen auch öffentliche Rückkaufangebote der Gesellschaft den Regeln des Börsengesetzes über ein öffentliches Kaufangebot1340. Auf Gesuch der Gesellschaft hin kann diese von den Regularien des Börsengesetzes befreit werden, wenn die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Information und Fairness gesichert sind1341. 1337

Börsenrecht/Weber, Art. 32 N 3 f. Zumal diese Option ohnehin in der Praxis wenig genutzt wird und ihre Verbreitung rückläufig scheint. So hat keine der im SMI gelistete Gesellschaft vom opting-out Gebrauch gemacht und nur ein Viertel aller an der SIX gelisteten Gesellschaften nutzen entweder das opting-out oder das opting-up, s. Daeniker, Angebotspflicht, S. 114. 1339 Gemäß Art. 2 lit. i FinfraG ist dies ein Angebot zum Kauf oder Tausch von Aktien oder Beteiligungspapieren, welches sich öffentlich an die Inhaber dieser Papiere richtet. Somit zählen auch Pflichtangebote gemäß Art. 135 FinfraG zu den öffentlichen Kaufangeboten, die entsprechende Pflichten auslösen. 1340 Böckli, Aktienrecht, § 7 N 160. 1341 Böckli, Aktienrecht, § 4 N 274 ff. Da Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht zur Kontrolle der Stimmrechte der mit diesen Maßnahmen erworbenen Aktien durch die Gesellschaft führen, können diese ohnehin keine Angebotspflicht ausüben. 1338

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Nach Vorlage eines öffentlichen Kaufangebots muss sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft gemäß Art. 132 Abs. 1 FinfraG in einem Bericht spätestens am 15. Börsentag nach der Veröffentlichung des Kaufangebots1342 dazu äußern, ob er das Angebot befürwortet, dieses ablehnt oder neutral zu diesem steht1343. Neben verschärften Meldepflichten1344 bestehen während der Dauer des Angebotsverfahrens besondere Verhaltenspflichten für den Verwaltungsrat. 1. Gleichbehandlungspflicht Gemäß Art. 49 Abs. 1 UEV i.V.m. Art. 133 FinfraG besteht während des Angebotsverfahrens gegenüber allen Bietern eine informationelle Gleichbehandlungspflicht1345. Wird etwa einem Bieter eine due diligence gewährt, muss daher diese auch allen anderen Bietern gewährt werden1346. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beinhalten jedoch keine Informationen, so dass sie nicht durch das kapitalmarktrechtliche Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 49 Abs. 1 UEV i.V.m. Art. 133 FinfraG beschränkt werden. 2. Beschränkungen von Abwehrmaßnahmen Zusätzlich normiert Art. 132 Abs. 1 Satz 2 FinfraG ein Verbot bestimmter Abwehrmaßnahmen durch den Verwaltungsrat während des Angebotsverfahrens, deren konkrete Ausgestaltung gemäß Art. 132 Abs. 3 lit. b FinfraG durch die UEK in Art. 35 ff. UEV geregelt werden. Das Verbot gilt ab Veröffentlichung des Angebots bis zum Ende des Angebotsverfahrens gemäß Art. 47 UEV1347. a) Verbot wesentlicher Veränderungen Danach darf der Verwaltungsrat gemäß Art. 132 Abs. 2 Satz 1 FinfraG i.V.m. Art. 36 UEV keine wesentlichen Veränderungen des Aktiv- oder Passivbestands der Gesellschaft vornehmen, worunter gemäß Art. 36 Abs. 2 UEV auf der Aktivseite der Erwerb oder die Veräußerung von Vermögenswerten im Umfang von mehr als zehn

1342

Art. 33 Abs. 2 UEV. Den näheren Inhalt regeln Art. 30 ff. UEV. 1344 Art. 134 FinfraG. 1345 Börsenrecht/Weber, Art. 30 N 4; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 188c. 1346 BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 30 N 16; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 177. Eine Ungleichbehandlung ist gemäß Art. 49 UEV mit Zustimmung der Übernahmekommission im Einzelfall möglich. 1347 Empfehlung 0249/05 i.S. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 23. 08. 2005, E 1.2.1; BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 17. Gemäß dem britischen Regelungsvorbild hingegen auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme von einem geplanten Angebot abstellend Böckli, Aktienrecht, § 7 N 189. 1343

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Prozent der Bilanzsumme1348 fallen oder von Vermögenswerten, die mehr als zehn Prozent zur Ertragskraft der Gesellschaft beitragen1349, oder solcher Vermögenswerte, die zum Hauptgegenstand des Angebots1350 zählen. Erfasst werden bei der Betrachtung der Veränderung auch Außerbilanzpositionen, etwa wesentliche Risiken aus Verträgen oder Eventualverbindlichkeiten wie Sicherungsgeschäfte1351. Auf der Passivseite sind wesentliche Veränderungen ebenfalls untersagt, worunter in Anlehnung an die expliziten Regelungen der Veränderungen der Aktivseite Veränderungen von mehr als zehn Prozent der Bilanzsumme verstanden werden1352. Ebenfalls fallen darunter Veränderungen des Eigenkapitals im Umfang von mehr als zehn Prozent, namentlich die Aktienausgabe unter Ausnützung des genehmigten Kapitals im Falle des Bezugsrechtsausschlusses und eine Fusion mit anderen Gesellschaften, die dem Umfang nach die Zehn-Prozent-Schwelle überschreiten1353. Folglich dürften Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die entweder auf der Aktivseite (etwa bei einer Darlehensgewährung an einen Bieter) oder auf der Passivseite (bei Aufnahme und Weiterleitung von Fremdkapital) im Umfang von mehr als zehn Prozent erfolgen, eine unzulässige Abwehrmaßnahme darstellen. Als außerbilanzielle Verpflichtung gemäß Art. 36 Abs. 1 UEV fallen auch Sicherheitenbestellungen in wesentlichem Umfang zugunsten eines Bieters unter das Verbot von Abwehrmaßnahmen. Der Erwerb eigener Aktien ist dem Verwaltungsrat der Zielgesellschaft gemäß Art. 132 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 36 Abs. 2 lit. e UEV während des Angebotsverfahrens grundsätzlich ebenfalls untersagt. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung sind allerdings wegen fehlenden Stimmrechtserwerbs durch die Gesellschaft nicht als Erwerb eigener Aktien zu qualifizieren. Insgesamt beschränkt das Verbot bestimmter Abwehrmaßnahmen im Angebotsverfahren die Möglichkeiten des Verwaltungsrats, bereits im Vorfeld des Erwerbs der Kontrollmehrheit dem zukünftigen Mehrheitsaktionär Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu gewähren, erheblich. Die Beschränkungen verhindern effektiv, dass der Verwaltungsrat Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nutzt um den Bieterwettbewerb zu beeinflussen. Mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit gemäß Art. 20 OR hinsichtlich gegen Art. 132 Abs. 2 Satz 1 FinfraG verstoßender Beschlüsse1354 ist das Verbot auch hinreichend scharf sanktioniert.

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Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV. Art. 36 Abs. 2 lit. a UEV. 1350 Art. 36 Abs. 2 lit. b UEV. 1351 Art. 36 Abs. 1 UEV; BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 20. 1352 BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 21; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 197 f. 1353 Bezogen auf das Eigenkapital, nicht auf die gesamten Passiva, s. Böckli, Aktienrecht, § 7 N 198. 1354 BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 35; Börsenrecht/Weber, Art. 29 N 16; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 218. 1349

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Gemäß Art. 132 Abs. 2 Satz 2 FinfraG kann die Generalversammlung dessen ungeachtet die dem Verwaltungsrat nach Art. 132 Abs. 2 Satz 1 FinfraG untersagten Maßnahmen wirksam beschließen. Die Verbote des Art. 132 Abs. 2 Satz 1 FinfraG schränken die Generalversammlung also nicht ein1355. Auf Grundlage der Botschaft sieht die überwiegende Meinung im Schrifttum1356 hierin eine gesetzliche Kompetenzverlagerung vom Verwaltungsrat auf die Generalversammlung während des Angebotsverfahrens mit der Folge, dass der Beschluss der Generalversammlung unmittelbar als Geschäftsführungsakt wirken kann. Dogmatisch überzeugender scheint jedoch die Annahme einer börsenrechtlichen Beschränkung der Kompetenz des Verwaltungsrats während des Angebotsverfahrens, welche durch Genehmigung der Generalversammlung aufgehoben werden kann1357. Ungeachtet dieses dogmatischen Streits kann die Generalversammlung Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beschließen, die verbotene Abwehrmaßnahmen i.S. von Art. 132 Abs. 2 FinfraG darstellen. Das Verbot bestimmter Abwehrmaßnahmen zielt also auf den Schutz des Bieterwettbewerbs ab, nicht auf den Schutz von Minderheitsaktionären. b) Offensichtliche Verletzung des Gesellschaftsrechts Sowohl Verwaltungsrat als auch Generalversammlung sind gemäß Art. 132 Abs. 3 lit. b FinfraG i.V.m. Art. 37 UEV daran gehindert, Maßnahmen zu treffen, die offensichtlich das Gesellschaftsrecht verletzen. Diese Beschränkungen gelten auch bereits für die zeitliche Phase vor Veröffentlichung des Angebots1358 und erfordern keine subjektive Abwehrabsicht1359. Offensichtlich ist das Gesellschaftsrecht verletzt, wenn die Verletzung bereits aufgrund summarischer Prüfung erkennbar ist1360. Offensichtliche Verletzungen sind unter anderem solche Abwehrmaßnahmen, die offensichtlich Normen des Kapitalschutzes oder die Grundstrukturen der Aktiengesellschaft verletzen1361. Dabei ist hinsichtlich der Verletzung der Gleichbehandlungspflicht und des Gesellschaftsinteresses wegen der bei diesen Pflichten erforderlichen diffizilen Abwägungen ein besonders gravierender Verstoß zur Begründung der Offensichtlichkeit erforderlich1362.

1355

BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 16; Meier-Schatz, S. 273 f. BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 15; Bertschinger, S. 322; Meier-Schatz, S. 274; Krneta, N 1600. 1357 Böckli, Aktienrecht, § 7 N 191 f. 1358 BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 28; Empfehlung 0249/05 i.S. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 23. 08. 2005, E 1.3.3. 1359 BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 28. 1360 Empfehlung 0249/05 i.S. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 23. 08. 2005, E 1.3.2. 1361 Böckli, Aktienrecht, § 7 N 230. 1362 Böckli, Aktienrecht, § 7 N 230 f. Ähnlich zurückhaltend Börsenrecht/Weber, Art. 29 N 13. 1356

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Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können offensichtlich das Gesellschaftsrecht verletzen, indem sie etwa Kapitalschutznormen verletzen. Vor diesen Fallgestaltungen bietet Art. 132 Abs. 3 lit. b FinfraG i.V.m. Art. 37 UEV in der besonderen Situation des Übernahmewettbewerbs zusätzlichen Schutz, da die Einhaltung von der FINMA bzw. UEK überwacht wird und ein Verstoß in jedem Fall die Rechtsfolge der Nichtigkeit der Maßnahme nach Art. 20 OR nach sich zieht1363. c) Break-fee-Vereinbarungen Übernahmerechtlich wird durch die Übernahme einer Break-fee-Verpflichtung durch die Zielgesellschaft zugunsten eines Bieters die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre durch die drohende Break-fee-Forderung im Falle des Scheiterns des Angebots eingeschränkt und zugleich werden mögliche andere Bieter durch die erhöhten Folgekosten von einem Angebot abgehalten werden. Umgekehrt wird geltend gemacht, dass ohne eine Break-fee-Vereinbarung oftmals Bieter überhaupt nicht zu einem Angebot bereit wären1364. Die UEK lässt Break-fee-Vereinbarungen zu und sieht in ihnen per se keine verbotenen Abwehrmaßnahmen, sofern sie nicht so hoch ausfallen, dass sie die Wahlfreiheit der Aktionäre beschränken1365. V. Verbot der Marktmanipulation Der neu geschaffene aufsichtsrechtliche Tatbestand der Marktmanipulation durch Transaktionen gemäß Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG1366 untersagt das Tätigen von Geschäften oder Kauf- oder Verkaufsaufträgen, von denen der Manipulator weiß oder wissen muss, dass sie falsche oder irreführende Signale für Angebot, Nachfrage oder Kurs von Effekten geben1367. Im Gegensatz zum strafrechtlichen Tatbestand der Kursmanipulation gemäß Art. 155 Abs. 1 lit. b FinfraG umfasst der aufsichtsrechtliche Tatbestand der Marktmanipulation auch echte Transaktionen und nicht nur Scheintransaktionen1368, welche bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich nicht einschlägig sind. Zur sicheren Abgrenzung von zulässigen und potentiell gemäß Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG unzulässigen Transaktionen sind in 1363

BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 35; Böckli, Aktienrecht, § 7 N 218. BSK-BEHG/Tschäni/Iffland/Diem, Art. 29 N 31. 1365 Empfehlung 0249/05 i.S. Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 23. 08. 2005, E. 7; Börsenrecht/Weber, Art. 29 N 12 hält solche Maßnahmen für zulässig, sofern sie die Grenze von zehn Prozent nicht überschreiten. Für grundsätzliche Zulässigkeit Tannò, S. 316. 1366 Die Tatbestandsalternative von Art. 143 Abs 1 lit. a FinfraG (Manipulation durch Verbreiten von irreführenden oder falschen Informationen) ist für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht einschlägig. 1367 Pflaum/Wohlers, S. 531 f. 1368 Lorez/Dobrauz-Saldapenna, S. 42. Zum Tatbestand des Art. 155 Abs. 1 lit. b FinfraG s. Pflaum/Wohlers, S. 525. Zur (im wesentlichen identischen) Vorgängernorm Art. 161bis StGB s. Groner/Meier, S. 282 f.; Böckli, Aktienrecht, § 4 N 385a f. 1364

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

den Art. 119 ff. FinfraV erlaubte Transaktionen aufgeführt; zusätzlich hat die FINMA eine Liste mit zulässigen Transaktionen i.S. eines safe harbours veröffentlicht1369 ; außerhalb dieser safe harbours können Transaktionen manipulativ sein, sofern sie falsche oder irreführende Signale an den Markt abgeben. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beinhalten zwar keine unmittelbaren Kauf- und Verkaufsaufträge, können aber unter den weiten Tatbestand der Geschäfte i.S. von Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG fallen, sofern sie zu irreführenden Signalen für den Markt führen. Nach der Definition der FINMA liegt ein Signal vor, wenn es geeignet ist, das Marktverhalten eines verständigen Marktteilnehmers zu beeinflussen1370. Die Definition eines irreführenden Signals wirft allerdings erhebliche Abgrenzungsfragen auf, da echte Transaktionen wie jede andere Transaktion auch den Marktkurs beeinflussen und die Bestimmung eines „richtigen“ Marktkurses, der durch diese Transaktion vermeintlich manipuliert wird, erhebliche Schwierigkeiten bereitet1371. Von der FINMA wird jedenfalls vermutet, dass kein Verstoß gegen Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG vorliegt, wenn die Effektengeschäfte einen nachweislichen wirtschaftlichen Hintergrund aufweisen1372. Im Regelfall werden daher unabhängig von der konkreten Definition eines irreführenden Signals Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen von LBOs und MBOs keine Marktmanipulationen im Sinne von Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG bedingen, da sie einen wirtschaftlichen Hintergrund aufweisen; es kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Empfänger die finanzielle Unterstützung dazu nutzt, um zu irreführenden Signalen führende Transaktionen im Sinne der Auslegung der FINMA mit den Aktien der Gesellschaft vorzunehmen. In diesem Fall dürfte aber allein der Empfänger der finanziellen Unterstützung als eigenverantwortlich Handelnder Adressat des Verbots sein1373, da die Maßnahme der finanziellen Unterstützung allein noch zu keinem irreführenden Signal führen kann.

B. Im deutschen Recht Auch im deutschen Recht besteht mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) eine Vorschrift des soft law zur corporate governance in der Aktiengesellschaft. Gemäß § 161 Abs. 1 AktG müssen börsennotierte Gesellschaften jährlich mitteilen, inwieweit diesen Vorschriften in der Gesellschaft entsprochen wird. Für die Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung haben 1369 FINMA-RS 13/8 – Marktverhaltensregeln vom 13. August 2013, Rz. 31 ff. s. auch die Auflistung bei Lorez/Dobrauz-Saldapenna, S. 45 f. 1370 FINMA-RS 13/8 – Marktverhaltensregeln vom 13. August 2013, Rz. 17. 1371 Pflaum/Wohlers, S. 534. Aus ökonomischer Sicht den Begriff einer Marktmanipulation durch Transaktionen mit ausführlicher Begründung ablehnend Groner/Meier, S. 283 ff. 1372 FINMA-RS 13/8 – Marktverhaltensregeln vom 13. August 2013, Rz. 38. 1373 Sofern er nicht ausnahmsweise von der die Unterstützung leistenden Gesellschaft abhängig ist oder als Strohmann fungiert.

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diese Empfehlungen des DCGK nur begrenzte Relevanz; allenfalls bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Zuge von MBOs können die Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat (Empfehlung 4.3.4) und die Pflicht zur Offenlegung einer Beteiligung an der Gesellschaft von mehr als einem Prozent durch Aufsichtsrat oder Vorstand (Empfehlung 6.6) eine begrenzende Wirkung durch Schaffung von Transparenz entfalten. I. Informations- und Offenlegungspflichten 1. Ad-hoc-Publizität Gemäß § 15 Abs. 1 WpHG unterliegen Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten, zu denen auch Gesellschaften zählen, deren Aktien an inländischen Börsen notiert werden, der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität. Sie müssen Insiderinformationen, die die Gesellschaft unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen (§ 15 Abs. 1 S. 1 WpHG). Eine Insiderinformation ist gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst bezieht und die geeignet ist, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsenoder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Zu solchen kursrelevanten Insiderinformationen können nach dem Emittentenleitfaden der BaFin beispielsweise Informationen über den Erwerb und Veräußerung von wesentlichen Beteiligungen, Strukturmaßnahmen, die Änderung bedeutender Verträge oder der Rückerwerb eigener Aktien zählen1374. Somit können Maßnahmen der finanziellen Unterstützung eine Veröffentlichungspflicht auslösen, sofern sie kursrelevant sind. Die Frage der Kursrelevanz wird im Wesentlichen vom Volumen der Maßnahme der finanziellen Unterstützung abhängen; dient die Maßnahme der finanziellen Unterstützung etwa der Finanzierung des Kontrollerwerbs ist eine Kursrelevanz in der Regel gegeben, da dann die finanziellen Kennzahlen der Gesellschaft durch diese Maßnahmen erheblich verändert werden. Auch eine Kenntnis der Gesellschaft von Plänen Dritter, etwa eines herrschenden Gesellschafters, die Gesellschaft zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu veranlassen, kann bereits eine Mitteilungspflicht auslösen. Gemäß § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG sind solche Kenntnisse Insiderinformationen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von deren Eintritt ausgegangen werden kann. Die Definition dieser Wahrscheinlichkeit ist jedoch überaus umstritten: Streitig ist nicht nur der Grad der Eintrittswahrscheinlichkeit, sondern auch die Frage ob, diese in Abhängigkeit von den möglichen Auswirkungen des Ereignisses auf den Kurs bemessen werden müsse1375. Für die vorliegende Konstellation kann dieser Streit jedoch da1374

Fuchs/Pfüller, § 15 Rn. 76; Assmann/Schneider/Assmann, § 13 Rn. 68. Daneben ist auch die Frage der Einzelbetrachtung oder Gesamtbetrachtung gestreckter Entscheide streitig. s. zum ganzen Assmann/Schütze/Sethe, Kapitalanlagerecht, § 11, Rn. 40 ff. m.w.N.; Krause/Brellochs, S. 312 f. 1375

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

hingestellt bleiben, da die in Frage kommenden Sachverhalte bei LBOs und MBOs in der Regel eindeutig sind. Übernimmt ein Investor die Kontrollmehrheit und unterbreitet er der Gesellschaft konkrete Pläne oder Beschlussvorschläge für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zum Zwecke der Refinanzierung des Erwerbspreise und somit in erheblichem Umfang dürfte eine Mitteilungspflicht auch schon vor einem Beschluss oder einer Durchführung der Maßnahme bestehen. Denn in solchen Fällen ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Maßnahmen der finanziellen Unterstützung letztendlich erfolgen werden. Unterbleibt eine rechtzeitige Veröffentlichung der kursrelevanten Information in der vorgeschriebenen Form, kann die BaFin dies gemäß § 39 Abs. 2 und Abs. 4 WpHG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden; daneben sind Schadensersatzansprüche Geschädigter möglich1376. 2. Directors’ Dealings Darüber hinaus besteht gemäß § 15a Abs. 1 WpHG eine Mitteilungspflicht von Personen, die bei einer börsennotierten Gesellschaft Führungsaufgaben ausüben, sowie von ihnen nahestehenden Personen hinsichtlich Transaktionen, die Aktien der Gesellschaft betreffen (Directors’ Dealings). Diese müssen binnen fünf Werktagen dem Emittenten des Wertpapiers, also der börsennotierten Gesellschaft, sowie der BaFin mitgeteilt werden. Die Gesellschaft ist gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 WpHG verpflichtet, diese Information zu verbreiten. Ziel der Regelung ist es, die Transaktionen von Personen, die in der Regel über einen Wissensvorsprung verfügen, offenzulegen und damit die Transparenz des Marktes zu verbessern1377. Somit steht die Regelung in keinem erkennbaren Zusammenhang zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung und ihren Gefahren. Sie kann aber den Markt möglicherweise über den Beteiligungsaufbau durch das Management informieren und somit unter Umständen den Markt auf einen anstehenden Kontrollerwerb im Rahmen eines MBOs hinweisen. Aufgrund der Marktmissbrauchsverordnung werden die Regeln für solche Mitteilungspflichten künftig verschärft und der Anwendungsbereich der Vorschriften ausgedehnt1378. Damit wird zwar künftig eine größere Anzahl von Führungspersonen unter diese Mitteilungspflicht fallen, doch wird damit weiterhin kein substantieller Schutz vor den Gefahren von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung verbunden sein. 1376 Diese sind allerdings gemäß § 15 Abs. 6 Satz WpHG eingeschränkt. Zum Ganzen s. Assmann/Schneider/Assmann, § 15 Rn. 307 ff. 1377 Assmann/Schneider/Sethe, § 15a Rn. 11 ff.; Fuchs/Pfüller, § 15a Rn. 21 ff.; Rubner/ Pospiech, S. 719. 1378 Zum Ganzen Rubner/Pospiech, S. 719 f. So wird es künftig beispielsweise Handelsverbote für Führungspersonen in bestimmten Zeiträumen vor und nach Veröffentlichung von Finanzberichten geben.

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3. Stimmrechtsmitteilung Aktionäre von börsennotierten Gesellschaften unterliegen umfassenden Mitteilungspflichten hinsichtlich ihrer Beteiligungshöhe. So müssen sie gemäß § 21 Abs. 1 WpHG das Überschreiten bestimmter Schwellenwerte ihrer Anteilshöhe (3, 5, 10, 15, 25, 30, 50 oder 75 Prozent) der Gesellschaft und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mitteilen. Entsprechende Vorschriften gelten für das Halten von Finanzinstrumenten, die das Recht zum entsprechenden Anteilserwerb vermitteln (§§ 25, 25a WpHG), und zur Zurechnung der von verbundenen Unternehmen gehaltenen Anteile (§ 22 WpHG). Besondere Informationspflichten sind mit dem erst jüngst eingefügten § 27a WpHG verbunden, der ausdrücklich auf aktivistische Aktionäre und Finanzinvestoren abzielt1379: Nach diesem müssen Aktionäre, die eine Beteiligungsschwelle von zehn Prozent erreichen oder überschreiten, innerhalb von zwanzig Handelstagen die Gesellschaft über die mit dem Beteiligungserwerb verfolgten Ziele informieren, namentlich ob die Investition strategischen Zielen oder der Erzielung von Handelsgewinnen dient (§ 27a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 WpHG), der Erwerb weiterer Stimmrechte in den folgenden zwölf Monaten beabsichtigt ist (§ 27a Abs. 1 S. 3 Nr. 2 WpHG), eine Einflussnahme auf die Besetzung der Organe der Gesellschaft geplant ist (§ 27a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 WpHG) und ob eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur der Gesellschaft angestrebt wird (§ 27a Abs. 1 S. 3 Nr. 4 WpHG). Gemäß § 27a Abs. 2 S. 4 WpHG ist ferner anzugeben, ob es sich bei den zum Erwerb genutzten Mitteln um Eigen- oder Fremdkapital handelt. Somit bestehen besondere Mitteilungspflichten, die insbesondere auf die typischen Gefahren des buyouts hinsichtlich Fremdfinanzierung und Kapitalstrukturänderung abzielen. Bei Änderung der mitgeteilten Ziele besteht gemäß § 27a Abs. 1 S. 2 WpHG eine erneute Mitteilungspflicht. Gemäß § 27a Abs. 3 S. 1 WpHG kann eine Gesellschaft in ihrer Satzung auf die Geltung von § 27a Abs. 1 WpHG verzichten. Zudem zieht ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nach § 27a Abs. 1 WpHG keine unmittelbare Sanktion nach sich1380. Der Nutzen dieser Mitteilungspflicht bleibt daher zweifelhaft, zumal aufgrund des subjektiven Charakters der zu treffenden Mitteilungen ein weiter Formulierungsspielraum besteht, der zu unkonkreten Mitteilungen einlädt1381. Immerhin besteht mit dieser Mitteilungspflicht eine Pflicht von Investoren, sich schon vor Erreichen der Kontrollschwelle gegenüber dem Kapitalmarkt hinsichtlich der beabsichtigten Ziele zu äußern; damit wird – unabhängig von der Konkretisierung 1379 Zur Gesetzgebungsgeschichte und den Motiven siehe KK-WpHG/Heinrich, § 27a Rn. 5 ff. 1380 Zu möglichen indirekten Sanktionen über die Anwendung von Generalnormen wie § 826 BGB auf die Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 27a Abs. 1 WpHG siehe KKWpHG/Heinrich, § 27a Rn. 51 ff.; Fleischer, Mitteilungspflichten, S. 881 ff. 1381 Fleischer, Mitteilungspflichten, S. 877 f. Zudem kann der Erwerber seine Absichten jederzeit wieder ändern und muss nur nachgelagert über seine Änderungsabsicht Auskunft geben, s. KK-WpHG/Heinrich, § 27a Rn. 45 f.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

der geäußerten Ziele – zumindest eine erweiterte Warnfunktion für die übrigen Aktionäre erfüllt. Wer eine Kontrollmehrheit von mehr als 30 Prozent der Stimmrechte der Gesellschaft (§ 29 Abs. 1 WpÜG) erwirbt, ist gemäß § 35 Abs. 1 WpÜG verpflichtet, dies innerhalb von sieben Tagen nach Überschreiten dieser Schwelle unter Angabe seines Stimmrechtsanteils in den dafür vorgesehen Publikationsmedien zu veröffentlichen.

II. Insiderrechtliche Verbote Gemäß § 14 Abs. 1 WpHG ist es Insidern verboten, unter Verwendung einer Insiderinformation Insiderpapiere zu erwerben oder zu veräußern, diese Insiderinformationen Dritten zugänglich zu machen oder Dritten eine Empfehlung zu Erwerb oder Veräußerung aufgrund dieser Insiderinformation zu erteilen. Unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 38, 39 WpHG sind diese Handlungen strafbar1382. Insiderpapiere sind gemäß § 12 WpHG sämtliche im Inland gehandelte Finanzinstrumente und somit auch die Aktien einer börsennotierten Gesellschaft. Unter die Definition von kursrelevanten Insiderinformationen gemäß § 13 WpHG können auch Informationen über Maßnahmen der finanziellen Unterstützung fallen, insbesondere wenn sie einen gewissen Umfang aufweisen1383. Insider sind alle Personen, die Kenntnis über eine nicht öffentlich bekannte Insiderinformation haben1384. Problematisch können diese Verbote insbesondere im Zusammenhang mit MBO-Transaktionen werden. Zwar ist die Umsetzung des Plans des Managements, einen MBO durchzuführen und eine entsprechende Beteiligung zur Erlangung der Kontrollmehrheit zu erwerben, allein kein Insidergeschäft1385 und unterliegt insofern auch nicht den Verboten des § 14 Abs. 1 WpHG. Allerdings kann die Kenntnis darüber, dass die Gesellschaft dem Management finanzielle Unterstützung zum Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung gewährt oder gewähren wird, eine Insiderinformation darstellen, die den Verboten des § 14 Abs. 1 WpHG unterliegt. Folglich dürfte das erwerbende Management den Kauf einer Beteiligung erst dann durchführen, wenn der Plan oder Beschluss der Gesellschaft zur finanziellen Unterstützung als Insiderinformation gemäß § 15 Abs. 1 WpHG veröffentlicht wurde. In der Praxis erfolgen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung typischerweise jedoch erst nach erfolgtem Kontrollerwerb. Ein Beschluss der Gesellschafter, die Gesellschaft zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu veranlassen, wird somit erst nach Erwerb der kontrollierenden Mehrheit gefasst. Dieser dem eigent1382

Assmann/Schütze/Sethe, Kapitalanlagerecht, § 8 Rn. 53 f. Siehe oben unter § 8 B. II. 1384 Assmann/Schneider/Assmann, § 14 Rn. 2; Fuchs/Mennicke, § 14 Rn. 2. Die frühere Unterscheidung zwischen Prmär- und Sekundärinsider ist nur noch für die Sanktionierung relevant. 1385 Assmann/Schneider/Assmann, § 14 Rn. 170; Fuchs/Mennicke, § 14 Rn. 315. 1383

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lichen Erwerb nachgelagerte Beschluss ist zum Zeitpunkt des Erwerbs keine Insiderinformation, die den Erwerb verbieten würde, da die Fassung dieses Beschlusses vom Kontrollerwerb abhängt und somit unsicher ist. III. Angebotspflicht Mit Überschreiten der Schwelle von 30 Prozent der Stimmrechte der Gesellschaft wird neben einer Meldepflicht auch gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG eine Angebotspflicht für den Erwerber der Kontrollmehrheit ausgelöst, sofern nicht der Erwerber auf Antrag ausnahmsweise von der BaFin von dieser Pflicht befreit wurde, etwa bei erboder familienrechtlichem Erwerb. Die Möglichkeit eines opting-out oder opting-up besteht nicht; ausnahmsweise kann die BaFin gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von der Angebotspflicht befreien, wenn die tatsächliche Kontrolle trotz Überschreiten der Schwelle von 30 Prozent im konkreten Fall nicht ausgeübt werden kann. Gemäß § 35 Abs. 2 S. 2 WpÜG zählen zudem der Erwerb durch die Gesellschaft selbst und durch von ihr abhängige Unternehmen nicht zu den eine Angebotspflicht auslösenden Vorgängen. Bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung nach der hier verwendeten Definition greifen diese Ausnahmetatbestände jedoch nicht. Eine Angebotspflicht wird auch durch bloßen Kontrollwechsel und nicht nur bei der erstmaligen Kontrollbildung ausgelöst1386. Rechtsfolge einer Angebotspflicht ist die Verpflichtung, den übrigen Aktionären ein Angebot entsprechend §§ 29 ff. WpÜG zu unterbreiten. Die Höhe der angemessenen Gegenleistung richtet sich nach § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. §§ 3 bis 7 WpÜG-AngVO und bestimmt sich nach dem Börsenkurs bzw. nach dem vom Erwerber oder von mit ihm verbundenen Unternehmen gezahlten Erwerbspreis1387. Verletzt der Bieter seine Angebotspflicht, kann dies die BaFin mit verschiedenen Mitteln aufsichtsrechtlich sanktionieren1388. Somit besteht bei börsennotierten Gesellschaften also ein präventiver Schutz der Minderheitsaktionäre vor Kontrollerwerb und Kontrollbildung und damit mittelbar auch vor nachteiligen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung etwa im Zuge von buyouts. IV. Verhaltenspflichten des Vorstands bei einem Übernahmeangebot Wird ein freiwilliges Übernahmeangebot gemäß §§ 29 Abs. 1 WpÜG für eine Gesellschaft abgegeben, ist es dem Vorstand gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 WpÜG untersagt, nach Veröffentlichung des Angebots und zur Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots Handlungen vorzunehmen, durch die der Erfolg des Angebots verhindert werden könnte, es sei denn solche Handlungen hätte auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer nicht von einem Angebot betroffenen 1386 1387 1388

Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch, § 35 Rn. 72. Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch, § 35 Rn. 231. Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch, § 35 Rn. 247 ff. m.w.N.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Gesellschaft vorgenommen oder der Handlung wurde gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 WpÜG vom Aufsichtsrat zugestimmt oder der Vorstand wurde zu dieser Handlung gemäß § 33 Abs. 2 WpÜG vor Vorliegen eines Angebots zu dieser Handlung ermächtigt. Gemäß § 39 WpÜG gelten die Vorschriften auch für Pflichtangebote1389. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten Dritter, also nicht des Bieters, sind grundsätzlich objektiv geeignet, den Erfolg eines Angebots zu verhindern, jedenfalls dann, wenn sie einen gewissen Umfang überschreiten. Zwar ist die Suche nach einem konkurrierenden Angebot (white knight) keine Behinderung eines Angebots und gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 2. Alt. WpÜG zulässig1390, doch geht die finanzielle Unterstützung eines konkurrierenden Angebots durch die Gesellschaft weit über die bloße Suche hinaus und ist daher unzulässig1391. Ebenso sind Break-feeVereinbarungen zugunsten eines konkurrierenden Angebots grundsätzlich unzulässig1392. Zudem kann bereits die mit einer Maßnahme finanzieller Unterstützung regelmäßig verbundene Veränderung der Kapitalstruktur eine unzulässige Abwehrmaßnahme darstellen1393. Zulässig sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen ordentlicher Geschäftsführungsmaßnahmen, was jedoch voraussetzt, dass diese auch außerhalb der Übernahmesituation erfolgt wären. Dies ist in Bezug auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung allenfalls bei Maßnahmen geringen Umfangs denkbar, da Maßnahmen größeren Umfangs außerhalb der Übernahmesituation regelmäßig nicht erfolgen. Aus den Pflichten des Vorstands gemäß §§ 76, 93 AktG lässt sich darüber hinaus keine Ermächtigung ableiten, Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten eines anderen Bieters zu ergreifen, um die Ausplünderung der Gesellschaft durch den ursprünglichen Bieter zu verhindern1394. Eine Ausplünderung zulasten der Minderheitsaktionäre ist in Anbetracht der strengen Vorschriften zum Angebotsinhalt und insbesondere zum Angebotspreis bei börsennotierten Gesellschaften kaum vorstellbar, da die Aktionäre sich durch einfache Annahme des Angebots vor Ausplünderung schützen könnten; die Gläubiger wiederum werden insbesondere durch die Kapitalschutznormen geschützt. Eine vermeintliche Ausplünderung kann also nicht als Begründung für eine eigenmächtige Durchbrechung des Verhinderungsverbots durch den Vorstand dienen. Zur Gefahrenabwehr kann allenfalls eine Pflicht des Vorstands bestehen, geeignete Abwehrmaßnahmen der Hauptversammlung zur Genehmigung vorzulegen1395. 1389

Geibel/Süßmann/Geibel, § 39 Rn. 21. Geibel/Süßmann/Schwennicke, § 33 Rn. 48. 1391 Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch/Stephan, § 33 Rn. 171 m.w.N. 1392 Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause, § 22 Rn. 85. 1393 Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch/Stephan, § 33 Rn. 108. 1394 So aber GroßK-AktG/Hopt, § 93 Rn. 125 unter ausdrücklicher Nennung der Inanspruchnahme des Gesellschaftsvermögens zur Finanzierung (Fn. 436); KK-AktG/Mertens/ Cahn, § 76 Rn. 27. 1395 Geibel/Süßmann/Schwennicke, § 33 Rn. 17. 1390

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Grundsätzlich unzulässige Abwehrmaßnahmen können mit Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 Alt. 3 WpÜG ausnahmsweise zulässig sein, sofern die Maßnahmen in die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands gemäß § 77 AktG fallen und dem Unternehmensinteresse dienen1396. Für die Geschäftsführungsbefugnis übersteigende Maßnahmen sieht das Gesetz eine Ermächtigung durch Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 33 Abs. 2 WpÜG vor, die zu allen Abwehrmaßnahmen ermächtigen kann1397. Zudem besteht zur Ermächtigung die Möglichkeit der (gesetzlich nicht geregelten) Ad-hoc-Zustimmung der Hauptversammlung1398. Das übernahmerechtliche Behinderungsverbot gilt also nur für den Vorstand im Verhältnis zur Gesellschaft, nicht grundsätzlich für die Gesellschaft. Grundsätzlich wegen des Behinderungsverbots unzulässige Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können folglich nach Zustimmung von Aufsichtsrat oder Hauptversammlung übernahmerechtlich zulässig sein. Verstöße gegen das Verhinderungsverbot des § 33 WpÜG begründen eine Pflichtverletzung des Vorstands und folglich ggf. Ansprüche gemäß § 93 Abs. 1 AktG. Daneben können Verstöße gegen das Verhinderungsverbot von der BaFin als Ordnungswidrigkeit gemäß § 61 Abs. 3 WpÜG mit einer Geldbuße geahndet werden. Gemäß § 33a Abs. 1 WpÜG kann durch Satzung bestimmt werden, dass statt der in § 33 WpÜG normierten Verhaltenspflicht die noch strengere Verhaltenspflicht des § 33a Abs. 2 WpÜG (sog. Europäisches Verhinderungsverbot) gilt. Nach dieser ist unter anderem eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat überhaupt nicht und eine Genehmigung durch die Hauptversammlung erst nach Veröffentlichung eines Angebots, nicht jedoch durch Ermächtigung auf Vorrat zulässig1399. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung könnten dann folglich nur nach Ad-hoc-Ermächtigung durch die Hauptversammlung zulässig werden. V. Verbot der Marktmanipulation Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können auch dem Verbot der Marktmanipulation unterfallen, wobei sie je nach konkreter Ausgestaltung entweder als Vornahme eines Geschäfts i.S. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG oder als sonstige Täuschungshandlung gemäß § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG qualfiziert werden könnten. Zusätzlich müssten diese Maßnahmen objektiv geeignet sein, im Fall der Vornahme eines Geschäfts falsche oder irreführende Signale für den Börsenpreis zu 1396 Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch/Stephan, § 33 Rn. 172 ff.; Geibel/Süßmann/Schwennicke, § 33 Rn. 49 ff. 1397 Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch/Stephan, § 33 Rn. 204 ff.; Geibel/Süßmann/Schwennicke, § 33 Rn. 74 ff. 1398 Assmann/Pötzsch/Schneider/Krause/Pötzsch/Stephan, § 33 Rn. 188 ff.; Geibel/Süßmann/Schwennicke, § 33 Rn. 57 ff. 1399 Geibel/Süßmann/Schwennicke, § 33a Rn. 10.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen1400 und im Fall der Vornahme einer Täuschungshandlung auf den Börsenpreis einzuwirken1401. Die Eignung der Einflussnahme auf den Börsenpreis oder für die Herbeiführung eines künstlichen Preisniveaus oder irreführender Signale für den Börsenpreis ist jedoch hinsichtlich Maßnahmen der finanziellen Unterstützung isoliert betrachtet nicht gegeben. Erst die Verwendung durch den Empfänger der finanziellen Unterstützung zum Erwerb kann eine solche Eignung aufweisen und den Tatbestand der Marktmanipulation erfüllen. Nutzt der – definitionsgemäß von der Gesellschaft unabhängige – Empfänger die erhaltenen Mittel, um mit diesen eine nach § 20a WpHG untersagte Handlung vorzunehmen, treffen die Rechtsfolgen folglich ausschließlich diesen. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 20a WpHG sind sowohl zivil- wie strafrechtliche Sanktionen1402. Ob trotz der Unabhängigkeit des Empfängers der Leistung ausnahmsweise eine Teilnehmerhaftung der Gesellschaft1403 in Betracht kommt, hängt von der Konstellation im jeweiligen Einzelfall ab und lässt sich jedenfalls nicht allgemein für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beantworten.

C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Im schweizerischen Recht unterliegen börsenkotierte Gesellschaften erweiterten Offenlegungs- und Informationspflichten sowie im Swiss Code konkretisierten Verhaltenspflichten, die jedoch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht wesentlich begrenzen. Wesentliche Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die die Gesellschaft plant oder denen sie zustimmt, unterliegen, insbesondere wenn diese dem Kontrollerwerb dienen, der Ad-hoc-Publizität und müssen unverzüglich in der vorgeschriebenen Form veröffentlich werden. Mit der börsenrechtlichen Meldepflicht bei Überschreiten von wesentlichen Stimmrechtsanteilen durch einzelne Aktionäre und der Meldepflicht von Management-Transaktionen bestehen für die Aktionäre weitere Informationsmöglichkeiten über möglicherweise bevorstehende LBOs oder MBOs zu Verfügung, die sie bei ihren Dispositionen berücksichtigen können. Bei Überschreiten einer Schwelle von 33 1/3 Prozent der Stimmrechte gemäß Art. 135 Abs. 1 FinfraG wird darüber hinaus grundsätzlich eine Angebotspflicht für die ausstehenden Anteile zum Börsenkurs bzw. zum zuletzt bezahlten Preis ausgelöst. Durch diese besteht grundsätzlich ein effektiver Schutz von Minderheitsaktionären vor den Gefahren von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, der je1400

Fuchs/Fleischer, § 20a Rn. 46 ff. mit konkreten, teilweise in der „Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (MaKonV)“ auch aufsichtsrechtlich vorgegebenen Beispielen. 1401 Fuchs/Fleischer, § 20a Rn. 70 f. 1402 Zu diesen siehe Fuchs/Fleischer, § 20a Rn. 147 ff.; KK-WpHG/Mock, § 20a Rn. 463 ff. 1403 KK-WpHG/Mock, § 20a Rn. 496.

§ 8 Finanzielle Unterstützung bei börsenkotierten Gesellschaften

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doch durch die Möglichkeiten des opting out und opting up hinsichtlich der Angebotspflicht von der Gesellschaft abgeschwächt werden kann. Sobald ein öffentliches Kaufangebot vorliegt, können wesentliche Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Umfang von mehr als zehn Prozent der Aktiva bzw. Passiva sowie solche Maßnahmen, die offensichtlich das Gesellschaftsrecht verletzen, grundsätzlich nicht mehr vom Verwaltungsrat vorgenommen werden. Allerdings kann die Generalversammlung in dieser Situation Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wirksam beschließen, sofern diese nicht offensichtlich das Gesellschaftsrecht verletzen. Die Kenntnis von geplanten oder beschlossenen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung mit Kursrelevanz stellt, sofern diese vertraulich ist, eine Insiderinformation dar. Die Ausnutzung dieser Kenntnis etwa im Rahmen eines MBOs ist jedenfalls dann unzulässig, wenn der Beschluss zu einer finanziellen Unterstützung bereits vor Erwerb von Anteilen erfolgt ist. Erfolgt der Beschluss bzw. die Veranlassung der Gesellschaft zur finanziellen Unterstützung erst nach erfolgtem Kontrollerwerb stellt dies keine Ausnutzung einer Insiderinformation dar. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung erfüllen in der Regel nicht den aufsichtsrechtlichen Tatbestand der Marktmanipulation, da sie im Regelfall der LBOs und MBOs einen wirtschaftlichen Hintergrund aufweisen. Nutzt der Empfänger die finanzielle Unterstützung dennoch für marktmanipulative Transaktionen, ist er allein Adressat des Verbots von Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG und möglicher daraus resultierender Aufsichtsmaßnahmen. Im deutschen Recht unterliegen Gesellschaften ebenfalls einer Pflicht zu Ad-hocPublizität. Kursrelevante Insiderinformationen über Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die beschlossen oder beabsichtigt sind, müssen demzufolge unverzüglich in geeigneter Form veröffentlicht werden. Daneben besteht für Personen mit Führungsaufgaben in börsennotierten Gesellschaften für von diesen getätigte Transaktionen eine umfassende Meldepflicht. Für Aktionäre bestehen Meldepflichten bei Überschreiten einer Reihe bestimmter Schwellenwerte des Stimmrechtsanteils. Überschreitet der Stimmrechtsanteil zehn Prozent, muss der Erwerber dieses Stimmrechtsanteils der Gesellschaft gemäß § 27a WpHG zusätzlich detailliert mitteilen, welche Absichten er hinsichtlich des Stimmrechtsanteils verfolgt, insbesondere unter anderem ob er einen weiteren Erwerb plant, ob er Änderungen hinsichtlich der Kapitalstruktur der Gesellschaft plant und ob die Mittel zum Erwerb der Anteile aus Eigen- oder Fremdkapital bestehen. Spätere Änderungen dieser Absichten sind ebenfalls mitzuteilen, allerdings unterliegen Verletzungen dieser Mitteilungspflicht keinen unmittelbaren Sanktionen. Personen, die vertrauliche Kenntnis von Insiderinformationen haben, dürfen dies nicht zum Zwecke des Erwerbs oder Veräußerung verwenden oder Dritten zugänglich machen oder diesen auf Grundlage der Informationen Empfehlungen erteilen. Die vertrauliche Kenntnis von kursrelevanten geplanten oder beschlossenen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung dürfen daher insbesondere im Rahmen

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

eines MBOs nicht zum Zwecke des (Kontroll-)Erwerbs ausgenutzt werden. Ist die Maßnahme der finanziellen Unterstützung erst nach erfolgtem Kontrollerwerb geplant, stellt der Kontrollerwerb keine Ausnützung dieser Information dar, da die Umsetzung dieser Absicht von weiteren unsicheren Bedingungen abhängt. Übersteigt der Stimmrechtsanteil einen Schwellenwert von 30 Prozent, ist der jeweilige Erwerber zur Unterbreitung eines Pflichtangebots verpflichtet, wobei sich der Angebotspreis nach dem Börsenkurs oder – falls dieser höher ausfallen sollte – nach dem Erwerbskurs des Erwerbers richten muss. Von einer Angebotspflicht kann durch die BaFin nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen auf Antrag befreit werden. Bei Vorliegen eines Angebots ist es dem Vorstand der Aktiengesellschaft untersagt, Maßnahmen zu ergreifen, die das Übernahmeangebot behindern können. Zu solchen Maßnahmen zählen auch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten eines konkurrierenden Bieters, es sei denn, sie stellen ausnahmsweise Maßnahmen im Rahmen der ordentlichen Geschäftsführung dar, was nur bei Maßnahmen von geringem quantitativem Umfang denkbar ist. Übernahmerechtlich unzulässige Maßnahmen können aber durch den Aufsichtsrat wirksam genehmigt werden, falls sie in die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands fallen, und von der Hauptversammlung, falls sie die Geschäftsführungsbefugnis übersteigen. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung erfüllen wegen der fehlenden Eignung zur unmittelbaren Beeinflussung des Börsenkurses oder zur Bewirkung irreführender Signale isoliert betrachtet nicht den Tatbestand der Marktmanipulation; allerdings kann der Empfänger der finanziellen Unterstützung ggf. die Mittel dazu nutzen, eine verbotene Marktmanipulation vorzunehmen. In diesem Fall hat allerdings der Empfänger der finanziellen Unterstützung grundsätzlich allein die zivilund strafrechtlichen Rechtsfolgen zu tragen.

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

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§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen Eine Gestaltungsmöglichkeit der Akquisitionspraxis besteht darin, zweistufig vorzugehen: Zunächst erwirbt eine eigens gegründete Erwerbsgesellschaft sämtliche Anteile der Zielgesellschaft oder jedenfalls die für einen Fusionsbeschluss erforderliche Mehrheit der Anteile mit Hilfe einer kurzfristigen Zwischenfinanzierung durch Banken. Nach Erwerb dieser Anteile fusionieren Erwerbs- und Zielgesellschaft mit der Folge, dass sich die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft und das Vermögen der Zielgesellschaft in der fusionierten Gesellschaft vereinen. Nach vollzogener Fusion kann die Zwischenfinanzierung mit Hilfe der Vermögenswerte der Zielgesellschaft zurückgeführt oder langfristig refinanziert werden. Wirtschaftlich wird damit das Vermögen der Zielgesellschaft zur Erwerbsfinanzierung herangezogen und damit derselbe Zweck erfüllt wie bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zwischen nicht verschmolzenen Gesellschaften. Eine Verschmelzung im Rahmen von buyouts kann entweder durch aufnehmende Übertragung der Erwerbsgesellschaft durch die Zielgesellschaft (auch downstream merger oder reverse merger genannt) oder umgekehrt durch aufnehmende Übertragung der Zielgesellschaft durch die Erwerbsgesellschaft (auch upstream merger genannt) erfolgen. Die Gründe für die Wahl der jeweiligen Verschmelzungsvariante können vielfältig sein. Während erstere Variante unter anderem mit sich bringt, dass die Rechtsform der Zielgesellschaft erhalten bleibt und sich etwa im deutschen Recht Vorteile im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer ergeben können1404, bietet letztere Variante die Möglichkeit des Rechtsformwechsels und wirft zudem bedeutend weniger kapitalschutzrechtliche Zweifelsfragen auf. Beide Varianten können folglich in der Akquisitionspraxis vorkommen. Nachfolgend soll daher der Gläubiger- und Minderheitenschutz bei Nutzung einer Fusion nach dem Fusionsgesetz bzw. einer Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz zur Akquisitionsstrukturierung untersucht werden. Dabei ist auch zu untersuchen, ob und inwieweit die Kapitalschutznormen auch bei Umstrukturierungen weiterhin fortgelten und falls nicht, ob in dieser Gestaltungsmöglichkeit des buyouts gegebenenfalls eine unzulässige Umgehung der Kapitalschutznormen, insbesondere im deutschen Recht eine unzulässige Umgehung des Verbots der finanziellen Unterstützung gemäß § 71a Abs. 1 AktG, zu sehen ist. Da Thema dieser Untersuchung die gesellschaftsrechtliche Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ist, werden die Schutzmechanismen bei Umstrukturierungen nachfolgend nur im Überblick und vor allem hinsichtlich ihres Verhältnisses zu den Kapitalschutznormen untersucht, ohne auf Einzelprobleme der jeweiligen Umstrukturierungsmaßnahmen vertieft einzugehen.

1404

Klein/Stephanblome, S. 352; Mertens, S. 785.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

A. Im schweizerischen Recht I. Finanzielle Unterstützung und Verschmelzung mit der Zielgesellschaft Für die Akquisitionspraxis relevant ist insbesondere die Absorptionsfusion nach Art. 3 Abs. 1 lit. a FusG1405. An dieser kann sowohl eine Aktiengesellschaft als übernehmende Gesellschaft (mit jeder anderen Gesellschaftsform als übertragender Gesellschaft außer einer Stiftung) als auch als übertragende Gesellschaft (mit jeder Kapitalgesellschaft und Genossenschaft, nicht aber mit einer Personengesellschaft als aufnehmende Gesellschaft) beteiligt sein. Im Falle eines buyouts einer Aktiengesellschaft, für den als Erwerbsgesellschaft stets eine Kapitalgesellschaft dient, ist eine Absorptionsfusion zwischen den beteiligten Gesellschaften somit in beide Richtungen möglich. 1. Schutz der Minderheitsaktionäre nach dem FusG Gemäß Art. 12 f. FusG ist für die Durchführung der Absorptionsfusion der Abschluss eines Fusionsvertrags zwischen den beteiligten Gesellschaften erforderlich, aus dem gemäß Art. 13 FusG unter anderem die beteiligten Gesellschaften, das vereinbarte Umtauschverhältnis sowie etwaig vereinbarte Barabfindungszahlungen hervorgehen müssen. Des Weiteren ist ein Fusionsbericht gemäß Art. 14 FusG vorzulegen, der unter anderem den Fusionsvertrag und die Auswirkungen der Fusion auf Gläubiger und Arbeitnehmer erläutern und das Umtauschverhältnis begründen muss. Gemäß Art. 15 FusG müssen Fusionsvertrag, Fusionsbericht und insbesondere das Umtauschverhältnis und die dem Umtauschverhältnis zugrunde gelegten Bilanzen einer Fusionsprüfung durch einen unabhängigen Prüfer unterzogen werden. Die Fusionsunterlagen müssen anschließend für 30 Tage am Sitz der Gesellschaft zur Einsicht für die Gesellschafter ausgelegt werden. Der Fusionsbeschluss der Generalversammlung muss nachfolgend mit einer qualifizierten Zweidrittelmehrheit gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. a FusG gefasst werden1406. Sofern die von einer Gesellschaft gehaltenen Aktien der anderen Gesellschaft nicht ausreichen, um ein angemessenes Umtauschverhältnis zu ermöglich, kann zusätzlich das Kapital erhöht werden. Alternativ kann der Fusionsvertrag auch eine Barabfindung der Gesellschafter vorsehen, entweder als wahlweise Option neben der Möglichkeit der Anteilsübernahme (Art. 8 Abs. 1 FusG) oder ausschließlich als zwangsweise Abfindung (Art. 8 Abs. 2 FusG). Die zwangsweise Abfindung (squeeze-out merger) bedarf dabei als Eingriff in das Prinzip der mitgliedschaftlichen 1405 Böckli, Aktienrecht, § 3 N 26; Weibel, S. 251. Die ebenfalls mögliche Kombinationsfusion nach Art. 3 Abs. 1 lit. b FusG scheint praktisch keine Relevanz zu haben, s. Glanzmann, Umstrukturierungen, § 5 N 43; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 26. 1406 Bei einer erleichterten Fusion gemäß Art. 23 FusG ist ein solcher Beschluss entbehrlich, siehe hierzu unten unter § 9 A. I. 3.

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

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Kontinuität1407 gemäß Art 18 Abs. 5 FusG eines besonders hohen Quorums von 90 Prozent der stimmberechtigten Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft. Der Schutz der Minderheitsaktionäre wird somit einerseits über die erforderlichen hohen Quoren für den Fusionsbeschluss, andererseits über die Pflicht zur Erstellung eines Fusionsberichts und einer Fusionsprüfung sichergestellt. Durch letztere wird die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bzw. des Barabfindungsangebots von unabhängigen Dritten überprüft und damit gewährleistet. Auf Antrag jedes Gesellschafters können eine etwaige Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der Fusion gemäß Art. 105 FusG geltend gemacht werden sowie gemäß Art. 106 FusG Anfechtungsklage gegen die Fusionsbeschlüsse erhoben werden. Daneben stehen den Minderheitsaktionären allgemeine aktienrechtliche Behelfe zur Verfügung1408. 2. Schutz der Gläubiger a) Durch Vorschriften des FusG Der Gläubigerschutz wird zumindest indirekt auch durch Fusionsbericht und -prüfung gesichert, da durch diese eine etwaige verdeckte Überschuldung einer beteiligten Gesellschaft aufgedeckt werden kann1409. Auf Fusionsbericht und -prüfung kann somit – außerhalb einer erleichterten Fusion für KMU1410 – grundsätzlich nicht von den Gesellschaftern der beteiligten Gesellschaften verzichtet werden, da sie auch dem Gläubigerschutz dienen1411. Eine Fusion ist daneben gemäß Art. 6 FusG als Sanierungsfusion auch dann zulässig, wenn eine der beiden beteiligten Gesellschaften zum Zeitpunkt der Fusion überschuldet ist oder deren Aktienkapital und gesetzliche Reserven zu weniger als zur Hälfte gedeckt sind. Voraussetzung für eine solche Fusion ist, dass die Eröffnungsbilanz der fusionierten Gesellschaft keine Überschuldung ausweist, die nicht überschuldete Gesellschaft also über ausreichend frei verwendbares Eigenkapital verfügt, um die Defizite auf Seiten der überschuldeten Gesellschaft auszugleichen und dies gemäß Art. 6 Abs. 2 FusG durch einen besonders befähigten Revisor bestätigt wird. Auf diese besondere Bestätigung gemäß Art. 6 Abs. 2 FusG kann auch 1407

BSK-FusG/Tschäni/Papa, Art. 8 N 1; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 198a. So etwa die Verantwortlichkeitsklage nach Art. 754 OR bei der Sanierungsfusion, s. BSK-FusG/Meinhardt, Art. 6 N 31. 1409 Somit dienen Fusionsbericht und – prüfung jedenfalls indirekt (auch) dem Gläubigerschutz, auch wenn die Gesellschafter in besonderen Fällen auf diese verzichten können, s. Glanzmann, Umstrukturierungen, § 25 N 441. Bei LBO-Transaktionen wird es häufig wegen der bilanziellen Bewertung der Aktiva der Zielgesellschaft zu Buchwerten zu einer solchen Sanierungsfusion kommen, s. zu den bilanziellen Einzelheiten Weibel, S. 288 ff. 1410 Zu diesen Erleichterungen siehe unten unter § 9 A. I. 3. a). 1411 Böckli, Aktienrecht, § 3 N 123 c; Glanzmann, Umstrukturierungen, § 25 N 442 ff. A.A. BSK-FusG/Kühni, Art. 14 N 21; von Salis, Fusionsgesetz, S. 104 f. 1408

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

bei privilegierten Fusionen von KMU nicht verzichtet werden. Im Rahmen einer Akquisitionsfinanzierung ist es also grundsätzlich unschädlich, wenn die Erwerbsgesellschaft etwa durch zwischenzeitlichen Rückgang des Werts der erworbenen Anteile der Zielgesellschaft oder aus anderen Gründen überschuldet sein sollte. Eine Fusion ist auch dann zulässig, solange das frei verwendbare Eigenkapital der Zielgesellschaft zur Deckung der Verluste ausreicht. Darüber hinaus wird der Gläubigerschutz aber insbesondere durch Art. 25 FusG gewährleistet: Dieser schreibt gemäß Art. 25 Abs. 2 FusG einen dreimaligen Gläubigeraufruf der beteiligten Gesellschaften im SHAB (sogenannter Schuldenruf1412) vor, der gemäß Art. 25 Abs. 2 S. 2 FusG nur dann unterlassen werden darf, wenn ein besonders befähigter Revisor bestätigt, dass keine Forderungen vorhanden sind oder das freie Vermögen der beteiligten Gesellschaften zur Befriedigung aller Forderungen ausreicht1413. Kann diese Bestätigung nicht erfolgen, haben gemäß Art. 25 Abs. 1 FusG grundsätzlich alle Gläubiger von nicht fälligen Forderungen binnen drei Monaten nach Wirksamkeit der Fusion das Recht, die Sicherstellung ihrer Forderungen zu verlangen, sofern die Gesellschaft nicht gemäß Art. 25 Abs. 3 nachweisen kann, dass die jeweilige Forderung nicht gefährdet ist. Gelingt dieser Nachweis nicht – und im Falle einer Fusion zum Zwecke der Akquisitionsfinanzierung dürfte dies regelmäßig der Fall sein –, hat der Gläubiger das Recht auf geeignete Sicherstellung der gesamten Forderung1414; nach Wahl der Gesellschaft kann diese statt dessen auch die Forderung erfüllen1415. Da die Mittel der übernehmenden Gesellschaft jedoch insbesondere bei LBOs begrenzt sind, werden diese regelmäßig nicht ausreichen, um alle Gläubiger sicherzustellen. Um eine möglichst große Zahl von Gläubigern zu sichern, wird daher vorgeschlagen, dass nur Sicherheit für die anteilige Bonitätsverschlechterung des jeweiligen Gläubigers geleistet werden müsse und keine vollständige Sicherstellung1416. Da dies im Gesetz keine Stütze findet und eine Berechnung der anteiligen Quote kaum zu bewerkstelligen ist, wird dies jedoch zu Recht überwiegend abgelehnt1417. Somit steht jedem Gläubiger das Recht auf vollständige Sicherstellung seiner Forderung zu, sofern die Gesellschaft nicht die Nichtgefährdung seiner jeweiligen Forderung nachweisen kann. Kann die Gesellschaft nicht allen Ansprüchen der Gläubiger auf Sicherstellung bzw. Erfüllung genügen, muss sie nach Ablauf der Anmeldefrist aus Gründen der Gleichbehandlung die

1412

Glanzmann, Umstrukturierungen, § 36 N 576 ff. Glanzmann, Umstrukturierungen, § 36 N 576 ff. 1414 Wie eine Sicherstellung zu erfolgen hat lässt das Gesetz offen. In Betracht kommen etwa hypothekarische Besicherung, Bankbürgschaften oder Barhinterlage, s. ZK-FusG/Albrecht, Art. 25 N 8. 1415 Vorausgesetzt, dass dadurch andere Gläubiger nicht geschädigt werden, s. Art. 25 Abs. 4 FusG. 1416 Böckli, Aktienrecht, § 3 N 167. 1417 BSK-FusG/Truffer, Art. 25 N 24; von Salis, Fusionsgesetz, S. 182. 1413

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

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Sicherstellung für alle Gläubiger verweigern und sie auf den Vollstreckungsweg verweisen, was regelmäßig in den Konkurs der Gesellschaft münden wird1418. b) Durch die Kapitalschutzvorschriften Die aktienrechtlichen Kapitalschutzvorschriften bleiben durch die Vorschriften des FusG grundsätzlich unberührt1419. Folglich ist es zwar – unter weiteren Voraussetzungen – grundsätzlich zulässig, eine Barabfindung von Minderheitsaktionären vorzunehmen oder eine Sanierungsfusion mit einer überschuldeten Gesellschaft gemäß Art. 6 Abs. 1 FusG durchzuführen, allerdings nur, solange dadurch die Vorschriften zur Einlagenrückgewähr nicht verletzt werden, also nur dann, wenn auf Seiten der Zielgesellschaft ausreichend ausschüttungsfähiges Kapital etwa zur Deckung des übertragenen Schuldenüberhangs bei der Sanierungsfusion vorhanden ist1420. Falls nicht, führt dies als Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß Art. 680 Abs. 2 OR zur Nichtigkeit der Maßnahme und die erforderliche Bestätigung des Revisors nach Art. 6 Abs. 2 FusG wird nicht erteilt werden. Entsprechend ist auch die Barabfindung von Gesellschaftern gemäß Art. 8 FusG (ggf. i.V.m. Art. 23 Abs. 2 FusG) als Erwerb eigener Aktien gemäß Art. 659 OR nur dann zulässig, wenn die Schwellenwerte des Art. 659 Abs. 1 OR nicht überschritten werden und insbesondere die fusionierte Gesellschaft über ausreichend freies Kapital verfügt1421, um die Barabfindung aus diesem zu leisten.

1418

ZK-FusG/Albrecht, Art. 25 N 9. So müssen insbesondere bei Barabfindung und Sanierungsfusion stets auch die Kapitalschutzvorschriften beachtet werden, s. Glanzmann, Umstrukturierungen, § 11 N 235 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 207. A.A. mit der Begründung, Art. 680 Abs. 2 OR sei entbehrlich, da Art. 6 FusG die Gläubiger bereits ausreichend schütze, Weibel, S. 293. Allerdings ist Art. 6 FusG wohl nur einschlägig, wenn einer der beiden Gesellschaften bereits vor Fusion überschuldet ist, s. m.w.N. Kägi, S. 268 f. Entstehen der Kapitalverlust und damit die Überschuldung erst durch die Verschmelzung wie etwa häufig beim downstream merger, verbleibt folglich nur Art. 680 Abs. 2 OR als Schutzmechanismus. Ebenfalls grundsätzlich a.A. mit der Begründung, es fehle bei der Fusion an einer Ausschüttung und die Schutzmechanismen des FusG seien grundsätzlich ausreichend Kägi, S. 268 ff. Dies ist aber gerade in Hinblick auf auftretenden erheblichen Verluste beim downstream merger eines Akquisitionsvehikels auf die Zielgesellschaft fraglich, so dass die besseren Gründe für eine Fortgeltung von Art. 680 Abs. 2 OR sprechen. 1420 Glanzmann, Umstrukturierungen, § 5 N 74o. Ausführlich zu dieser Problematik im deutschen Recht siehe unten unter § 9 B. I. 2. b). 1421 Maßgeblich ist das freie Kapital der übernehmenden Gesellschaft nach Vollzug der Fusion, s. BSK-FusG/Tschäni/Papa, Art. 8 N 20. Als bloße Ordnungsvorschrift löst eine Verletzung von Art. 659 OR allerdings allenfalls verantwortlichkeitsrechtliche Folgen aus. 1419

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

3. Fusionserleichterungen a) Bei Fusionen zwischen kleineren und mittleren Unternehmen Die gemäß FusG vorgesehenen Schutzmechanismen werden bei Fusionen unter Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)1422 gelockert, um eine als übermäßig empfundene Belastung der Fusionsbeteiligten zu vermeiden1423. Die praktische Relevanz dieser Erleichterungen ist erheblich, da ein Großteil der Schweizer Unternehmen und damit möglicher Zielgesellschaften von LBOs unter die Definition der KMU fällt1424. Die Erleichterungen für KMU greifen nur, wenn beide beteiligten Gesellschaften der Definition der KMU gemäß Art. 2 lit. e FusG unterfallen und alle Gesellschafter beider Gesellschaften einstimmig zur Erleichterung auf die betreffenden Maßnahmen verzichten1425. Unter diesen Voraussetzungen kann bei Fusionen zwischen KMU unter anderem gemäß Art. 15 Abs. 2 FusG auf die Fusionsprüfung, gemäß Art. 14 Abs. 2 FusG auf den Fusionsbericht und gemäß Art. 16 Abs. 2 FusG auf das Einsichtsrecht der Gesellschafter in die Fusionsunterlagen vollständig verzichtet werden. Vertritt man die Auffassung, Fusionsprüfung und -bericht dienten allein den Interessen der Gesellschafter1426 – so wie unzweifelhaft das Einsichtsrecht der Gesellschafter – ist die Möglichkeit des Verzichts durch einstimmigen Beschluss aller Gesellschafter unproblematisch. Da die Fusionsprüfung aber auch dazu dient, die Gläubiger der beteiligten Gesellschaften vor versteckten Risiken und verdeckter Überschuldung der jeweils anderen Gesellschaft zu schützen1427, können die Gesellschafter durch einstimmigen Verzicht auf die Fusionsprüfung die Rechte der Gläubiger verkürzen. Da aber gerade die Fusionsprüfung teuer und aufwendig sein soll1428, ist es als bewusste gesetzgeberische Entscheidung hinzunehmen, dass zugunsten der Erleichterung von Fusionen bei KMU der Gläubigerschutz verkürzt wird, zumal sonstige Gläubigerschutzvorschriften, insbesondere Art. 25 FusG, hiervon unberührt bleiben.

1422

Gemäß Art. 2 lit. e FusG sind dies Gesellschaften, die zwei der drei folgenden Kriterien nicht überschreiten: Eine Bilanzsumme von 20 Mio. Franken, einen Umsatzerlös von 40 Mio. Franken und 200 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. 1423 ZK-FusG/Weibel, Art. 2 N 14; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 219. 1424 BSK-FusG/Kuehni, Art. 15 Rn. 42; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 221. 1425 BSK-FusG/Kuehni, Art. 14 N 25; BSK-FusG/Kuehni, Art. 15 N 40; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 231. 1426 BSK-FusG/Kuehni, Art. 15 N 40; von Salis, Fusionsgesetz, S. 104 f.; Glanzmann, Umstrukturierungen, § 21 N 377. A.A. ZK-FusG/Gelzer, Art. 14 N 2; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 111. 1427 Böckli, Aktienrecht, § 3 N 111 b. 1428 BSK-FusG/Kuehni, Art. 15 N 42. Dieses Argument scheint allerdings etwas zweifelhaft, da Aufwand und Kosten einer Fusionsprüfung annähernd proportional zu Größe und Komplexität der beteiligten Gesellschaften sein dürften, bei kleinen Gesellschaften also die Kosten auch entsprechend geringer ausfallen dürften.

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b) Bei Verschmelzung auf die Erwerbsgesellschaft (upstream merger) Das FusG sieht ferner gemäß Art. 23 f. FusG Privilegierungen für Konzernverschmelzungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften vor. Unter der Voraussetzung, dass entweder eine Tochtergesellschaft, deren Stimmrechte vollständig bei der Muttergesellschaft liegen, auf die Muttergesellschaft verschmolzen wird (Art. 23 Abs. 1 lit. a FusG), oder eine Tochtergesellschaft, deren Stimmrechte zu mehr als neunzig Prozent bei der Muttergesellschaft liegen und deren Minderheitsgesellschaftern neben Anteilen an der Muttergesellschaft eine angemessene Barabfindung angeboten wird und denen zugleich aus der Fusion keine persönliche Nachschusspflicht oder Haftung erwächst (Art. 23 Abs. 2 FusG), sieht das FusG erleichterte Voraussetzungen für die Fusion gemäß Art. 24 FusG vor1429. Dem klaren Wortlaut nach bestehen diese Erleichterungen nur für upstream mergers1430, für den downstream merger bleibt es bei den allgemeinen Fusionsvorschriften. Für die Konstellation der Fusion einer Muttergesellschaft mit ihrer hundertprozentigen Tochtergesellschaft (Art. 23 Abs. 1 FusG) erlaubt Art. 24 Abs. 1 FusG den Verzicht auf Fusionsbericht, Fusionsprüfung und auf das Einsichtrecht der Gesellschafter. Zudem ist nur ein verkürzter Fusionsvertrag erforderlich und den Zustimmungsbeschluss fasst der Verwaltungsrat, nicht die Generalversammlung. Für die Konstellation einer Beteiligung von mehr als neunzig Prozent der Mutter- an der Tochtergesellschaft und einem optionalen Barabfindungsgebot gemäß Art. 8 FusG an die Minderheitsaktionäre (Art. 23 Abs. 2 FusG)1431 sieht das Gesetz in Art. 24 Abs. 2 FusG die Möglichkeit des Verzichts auf den Fusionsbericht vor und die Möglichkeit der Beschlussfassung durch den Verwaltungsrat sowie der Verkürzung des Fusionsvertrags. Auch bei der vereinfachten Konzernverschmelzung wird vor allem auf Schutzmaßnahmen verzichtet, die dem Schutz der im Falle der ersten Konstellation ohnehin nicht vorhandenen Minderheitsaktionäre dienen. Der Schutz der in der zweiten Konstellation weiterhin vorhandenen Minderheitsaktionäre wird durch den mögli-

1429 Erleichterungen gelten gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. b FusG auch für sogenannte Schwesternfusionen zwischen Konzerngesellschaften, die aber im Rahmen von buyouts kaum relevant sein werden. 1430 BSK-FusG/Wolf, Art. 23 N 3. A.A. wegen eines vermeintlichen Versehens des Gesetzgebers Böckli, Aktienrecht, § 3 N 192. Die Sachlage beim downstream merger ist jedoch nicht die gleiche, da hier unter anderem schützenwerte Gesellschafter der Muttergesellschaft vorhanden sein können, s. ZK-FusG/Burckhardt, Art. 23 N 7. 1431 Dabei muss den Minderheitsaktionären gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. a FusG die Wahl zwischen Barabfindung und Anteilsübernahme gelassen werden, eine ausschließliche Barabfindung gemäß Art. 8 Abs. 2 FusG ist nicht zulässig, s. BSK-FusG/Tschäni/Papa, Art. 8 N 13, N 19. A.A. von Salis, Fusionsgesetz, S. 145.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

chen Verzicht auf Fusionsbericht und Beschluss der Generalversammlung allerdings in erheblichem Maße eingeschränkt1432. Als Schutz vor der regelmäßig im Zuge eines buyouts auch beim upstream merger eintretenden Bonitätsverschlechterung steht den Gläubigern das Recht auf Sicherstellung gemäß Art. 25 FusG zur Verfügung; bei vollständig beherrschten Gesellschaften besteht allerdings wegen Entfalls der Pflicht zur Fusionsprüfung kein indirekter Schutz der Gläubiger. II. Rechtsformwechsel und Vermögensübertragung Gemäß Art 53 ff. FusG kann eine Aktiengesellschaft in eine andere Gesellschaftsform umgewandelt werden, in der Maßnahmen der finanziellen Unterstützung aufgrund weniger restriktiver Kapitalschutzvorschriften möglicherweise geringeren Beschränkungen unterliegen als im Recht der Aktiengesellschaft. Da es aber im schweizerischen Aktienrecht kein eigenes Verbot der finanziellen Unterstützung entsprechend § 71a Abs. 1 AktG gibt, besteht in der Praxis kein vergleichbares Bedürfnis wie im deutschen Recht, dem Verbot der finanziellen Unterstützung durch Rechtsformwechsel zu entgehen. Als weitere Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung besteht die Option einer Vermögensübertragung nach Art. 69 FusG. Durch diese können Aktiva und Passiva nach Maßgabe eines detaillierten Inventars insgesamt auf einen anderen Rechtsträger übertragen werden. Im Ergebnis könnte so etwa die Zielgesellschaft auf Veranlassung der Erwerbsgesellschaft sämtliche (oder jedenfalls alle wesentlichen) Vermögenswerte auf die Erwerbsgesellschaft übertragen. Erforderlich hierfür ist lediglich ein Beschluss des Verwaltungsrats, einer Zustimmung der Generalversammlung bedarf es nach den den Vorschriften des FusG grundsätzlich nicht. Allerdings ist gemäß Art. 71 Abs. 2 FusG nur die Übertragung eines Aktivenüberschusses zulässig; die Übertragung eines Schuldenüberhangs einer Zweckgesellschaft ist somit nicht möglich. Zu beachten sind darüber hinaus weiterhin die geltenden allgemeinen Kapitalschutz- und Zweckbestimmungen, die eine adäquate Gegenleistung der Erwerbsgesellschaft erforderlich machen1433. Ebenso bedingen diese allgemeinen Vorschriften, insbesondere wenn die Übertragung mit einer Änderung des Gesellschaftszwecks oder einer faktischen Liquidation verbunden ist, gegebenenfalls ein Zustimmungserfordernis der Generalversammlung1434. Als mögliche Variante der 1432 Zu Recht kritisch zu diesen Erleichterungen ZK-FusG/Burckhardt, Art. 24 N 12; Böckli, Aktienrecht, § 3 N 194a. Allerdings bleibt es weiterhin bei einer Pflicht zur Fusionsprüfung, so dass gravierende Benachteiligungen kaum möglich sein werden. 1433 Böckli, Aktienrecht, § 3 N 378 f. s. zu diesen auch § 6 A. 1434 Jung, S. 130 f. s. zu diesen allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grenzen s. auch § 5 A. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll im Übrigen grundsätzlich eine nachträgliche Information der Gesellschafter gemäß Art. 74 FusG unabhängig vom quantitativen Umfang der Übertragung ausreichend sein, s. Schweizerischer Bundesrat, Botschaft AR-Revision 2008, S. 4465 f.

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

355

Akquisitionsstrukturierung scheint dieser Weg daher keine besonderen Vorteile im Rahmen eines LBOs oder MBOs zu bieten.

B. Im deutschen Recht Im deutschen Recht unterscheiden sich die Normierungen von downstream merger und upstream merger und die mit ihnen verbundenen rechtlichen Probleme erheblich. Nachfolgend werden daher die beiden Varianten – abweichend von der Gliederung im schweizerischen Recht – getrennt behandelt. I. Finanzielle Unterstützung und Verschmelzung der Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft (downstream merger) Beim downstream merger wird die Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft nach den Vorschriften der §§ 2 Nr. 1, 4 ff. UmwG verschmolzen. Dadurch wird erreicht, dass die von der Erwerbsgesellschaft zur Finanzierung des Anteilserwerbs aufgenommenen Kredite auf die aufnehmende Gesellschaft, also die Zielgesellschaft, im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG übergehen und die Erwerbsgesellschaft gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt1435. Bewertungstechnisch können die Aktiva und Passiva der übertragenden Erwerbsgesellschaft gemäß § 24 UmwG wahlweise zu Anschaffungskosten oder unter Fortführung der Buchwerte (Buchwertverknüpfung) bilanziert werden1436. Da der hohen Schuldenlast der übertragenden Erwerbsgesellschaft aber in der Regel nur Anteile der Zielgesellschaft als Aktiva gegenüberstehen, die gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UmwG an die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft kompensationslos ohne Durchgangserwerb der Zielgesellschaft ausgekehrt werden können1437, entsteht unabhängig von der gewählten Bewertungsmethode und dem Wert der Anteile der Zielgesellschaft im Verhältnis zur Schuldenlast in der Regel ein Verschmelzungsverlust1438. Ist die Erwerbsgesellschaft bereits vor oder zum Zeitpunkt der Verschmelzung überschuldet (also wenn etwa durch Wertverluste der Anteile an der Zielgesellschaft die Schuldenlast der Erwerbsgesellschaft deren Vermögen übersteigt), wird ein unzulässiger Rechtsmissbrauch durch die Verschmelzung unter dem Gesichtspunkt

1435

Klein/Stephanblome, S. 364 ff.; Holzner, S. 294. Lutter-UmwG/Priester, § 24 Rn. 61; Diem, S. 343. 1437 Sofern der Verschmelzungsvertrag dies vorsieht, s. m.w.N. Klein/Stephanblome, S. 353 f. 1438 Diem, S. 343; Mertens, S. 786; Bock, S. 1023 f. 1436

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

der Umgehung insolvenzrechtlicher Vorschriften diskutiert1439. Durch die Verschmelzung der überschuldeten Erwerbsgesellschaft auf eine solvente Zielgesellschaft werden die Gläubiger der Erwerbsgesellschaft allerdings im Vergleich zur insolvenzrechtlichen Regelung nicht schlechter gestellt; eine Umgehung liegt daher nicht vor1440. Ein genereller Rechtsmissbrauch des Instituts der Verschmelzung liegt beim buyout ebenfalls nicht vor, da die Vorschriften des UmwG gerade dazu dienen, Konzernstrukturen, wie sie bei einer Erwerbs- und Zielgesellschaft bestehen, neu zu ordnen und Vermögen und Verbindlichkeiten neu zuzuordnen1441. 1. Schutz der Minderheitsaktionäre Sofern Minderheitsaktionäre auf Seiten der Zielgesellschaft vorhanden sind, werden deren Rechte dadurch gewahrt, dass der Verschmelzungsbeschluss von der Hauptversammlung gemäß §§ 13 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG mit Dreiviertelmehrheit der vertretenen Stimmen gefasst werden muss1442, ein Verschmelzungsbericht gemäß § 8 UmwG erstellt werden muss, der Inhalt und Erläuterung des Verschmelzungsvertrags enthält und eine bei der Aktiengesellschaft obligatorische Verschmelzungsprüfung nach §§ 9 ff., 60 Abs. 1 UmwG durchgeführt werden muss, die die Angemessenheit des beschlossenen Umtauschverhältnisses bzw. einer Barabfindung umfassend prüft (§ 12 UmwG). Sofern sich die Minderheitsaktionäre der aufnehmenden Gesellschaft aufgrund der dadurch gewonnenen Informationen durch den Verschmelzungsbeschluss benachteiligt fühlen, haben sie gemäß allgemeinen aktienrechtlichen Vorschriften die Möglichkeit, den Verschmelzungsbeschluss anzufechten1443. Ein Recht auf Barabfindung gemäß §§ 29, 32 UmwG stünde nur den Anteilsinhabern der übertragenden Erwerbsgesellschaft zu, nicht den Minderheitsaktionären der Zielgesellschaft1444. Dieses umfassende System des Minderheitenschutzes gewährleistet, dass, sofern Minderheitsaktionäre auf Seiten der Zielgesellschaft vorhanden sind, letztlich stets ein angemessenes Umtauschverhältnis im Verschmelzungsvertrag gewählt werden muss und die kompensationslose Übertragung der Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft bei gleichzeitigem Verbleib sämtlicher Anteile der Zielgesellschaft bei der Erwerbsgesellschaft wegen der obligatorischen Verschmelzungsprüfung regel1439

Siehe zu dieser Diskussion jeweils mit weiteren Nachweisen Klein/Stephanblome, S. 375 f.; Fridrich, S. 303 f. 1440 Klein/Stephanblome, S. 367; Fridrich, S. 304. 1441 Lutter-UmwG/Lutter/Bayer Einl. I Rn. 1 ff.; Klein/Stephanblome, S. 376; Fridrich, S. 306. 1442 Sofern nicht in der Satzung ein höheres Quorum geregelt ist, Lutter-UmwG/Drygala, § 13 Rn. 27. 1443 OLG Stuttgart AG 2003, 456 (457); Lutter-UmwG/Decher, § 14 Rn. 5 f.; Klein/Stephanblome, S. 375; Mertens, S. 789. 1444 Welches jedoch beim typischen Fall der Auskehr der Anteile der Zielgesellschaft an die Aktionäre der Erwerbsgesellschaft nicht einschlägig sein wird.

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

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mäßig nicht möglich sein wird1445. Die Übertragung eines Schuldenüberhangs der Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft würde am Widerstand der Minderheitsaktionäre scheitern. Auf welchem Wege dabei ein angemessenes Umtauschverhältnis hergestellt werden kann, ob durch (teilweisen) Verbleib der Anteile bei der aufnehmenden Zielgesellschaft als eigene Anteile und Auskehr der übrigen Anteile an die Erwerbsgesellschaft nur in der Höhe des wirklichen Wertes ihrer Anteile1446, durch eine vorherige Schaffung eigener Anteile der Zielgesellschaft durch eine (Bar-)Kapitalerhöhung1447 oder dadurch, dass die Erwerbsgesellschaft den Minderheitsaktionären ein Abfindungsangebot nach § 29 UmwG analog unterbreitet1448, wobei letzteres aufgrund des Grundsatzes der Mitgliederidentität nur optional neben einem Aufstockungsangebot mit Anteilen treten darf1449, ist dabei den Beteiligten überlassen, solange dadurch eine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre vermieden werden kann. 2. Schutz der Gläubiger a) Durch die Vorschriften des UmwG Sofern Minderheitsaktionäre auf Seiten der aufnehmenden Gesellschaft vorhanden sind, wirken die Schutzvorschriften des UmwG zu deren Gunsten reflexiv auch gläubigerschützend, da die Übertragung negativen Vermögens auf die aufnehmende Gesellschaft effektiv von den Minderheitsaktionären verhindert werden kann und regelmäßig auch verhindert werden wird. Auf wichtige Schutzvorschriften, die auch zugunsten der Gläubiger wirken, wie etwa Verschmelzungsbericht und -prüfung können die Gesellschafter jedoch einstimmig verzichten1450. Schadensersatzansprüche gegen Verwaltungsträger der übertragenden Gesellschaft wegen etwaiger Pflichtverletzungen bei der Verschmelzung stehen zudem gemäß §§ 25, 26 UmwG nur den Gläubigern der übertragenden Gesellschaft zu1451, nicht den Gläubigern der aufnehmenden Gesellschaft. Sind keine Minderheitsaktionäre auf Seiten der Zielgesellschaft vorhanden, werden die Interessen der Gläubiger der Zielgesellschaft durch das Recht auf Sicherheits1445

Mit weiteren Nachweisen Klein/Stephanblome, S. 375. Klein/Stephanblome, S. 371. Bei einer Aktiengesellschaft als Zielgesellschaft ist der Erwerb eigener Aktien im Rahmen der Verschmelzung gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 5 AktG privilegiert. 1447 Mertens, S. 790. 1448 Klein/Stephanblome, S. 375; Mertens, S. 790. 1449 Klein/Stephanblome, S. 375. 1450 Auf Verschmelzungsbericht, Prüfung und Prüfungbericht kann von den beteiligten Gesellschaftern gemäß § 8 Abs. 3 UmwG, § 9 Abs. 3 UmwG i.V.m. § 8 Abs. 3 UmwG, § 12 Abs. 3 UmwG i.V.m. § 12 Abs. 3 UmwG einstimmig verzichtet werden. 1451 Lutter-UmwG/Grunewald, § 25 Rn. 16; KK-UmwG/Simon, § 25 Rn. 17 ff. 1446

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

leistung gemäß § 22 Abs. 1 UmwG geschützt. Danach haben Gläubiger der an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften das Recht, binnen sechs Monaten nach Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister schriftlich gegenüber der aufnehmenden Gesellschaft zu verlangen, dass für noch nicht fällige Forderungen Sicherheitsleistung gestellt wird, sofern sie glaubhaft machen können, dass die Forderungen durch die Verschmelzung gefährdet sind. Die konkrete Gefährdung von Forderungen ist in einer Gesamtbetrachtung nach der Seriösität des neuen Schuldners zu bestimmen. Indizien für eine Gefährdung können eine Änderung der Rechtsform des Schuldners oder eine nachteilige Änderung von dessen Grund- bzw. Stammkapital1452, die Entstehung einer Unterbilanz oder die Übertragung negativen Vermögens auf den Schuldner durch die Verschmelzung sein1453, allerdings nur, wenn dies aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist1454. Als Informationsmöglichkeit steht den Gläubigern hierfür – sofern auf Verschmelzungsbericht und -prüfung von den Gesellschaftern verzichtet wurde – nur die beim Handelsregister einzureichende Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft gemäß § 17 Abs. 2 UmwG zur Verfügung sowie der gemäß § 17 Abs. 1 UmwG einzureichende Verschmelzungsvertrag und die Verschmelzungsbeschlüsse. Sieht der Verschmelzungsvertrag vor, dass tatsächlich die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers kompensationslos unter Auskehrung der Anteile an die Gesellschaft des übertragenden Rechtsträgers übertragen werden sollen, können die Gläubiger eine Gefährdung der Forderungen feststellen, sofern die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft – wie es bei buyouts regelmäßig der Fall ist – die nach Auskehrung der Anteile verbleibenden Aktiva wesentlich übersteigen. Die Feststellung der Gefährdung dürfte allerdings schwerfallen, wenn die übertragende Gesellschaft eine komplexere Bilanz aufweist als ein bloßes Akquisitionsvehikel und das Umtauschverhältnis nicht völlig einseitig ausgestaltet ist. Für die Glaubhaftmachung reicht aus, dass die die Gefährdung begründenden Tatsachen überwiegend wahrscheinlich sind1455. Dies wird bei der Übertragung negativen Vermögens bei einem LBO, verbunden mit einer deutlichen Liquiditäts- und Eigenkapitalverschlechterung, regelmäßig der Fall sein1456. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hat der Gläubiger einen Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß §§ 232 ff. BGB1457. Sicherheit kann danach etwa durch Hinterlegung oder Realsicherheiten geleistet werden1458. Allerdings können die 1452 Lutter-UmwG/Grunewald, § 22 Rn. 14 i.V.m. Rn. 12; KK-UmwG/Simon, § 22 Rn. 25 ff. 1453 Lutter-UmwG/Grunewald, § 22 Rn. 14; Kallmeyer/Marsch-Barner, § 22 Rn. 7. 1454 Lutter-UmwG/Grunewald, § 22 Rn. 14. 1455 Lutter-UmwG/Grunewald, § 22 Rn. 16; KK-UmwG/Simon, § 22 Rn. 48. 1456 Kallmeyer/Marsch-Barner, § 22 Rn. 7; Holzner, S. 310. 1457 Lutter-UmwG/Grunewald, § 22 Rn. 24; KK-UmwG/Simon, § 22 Rn. 53. 1458 Kallmeyer/Marsch-Barner, § 22 Rn. 12.

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Gläubiger die Verschmelzung als solche nicht beeinflussen oder verhindern; ihnen steht nur die Möglichkeit der Leistungsklage gegen die Gesellschaft offen1459. Der durch § 22 UmwG vermittelte Gläubigerschutz wird vielfach als unzureichend bewertet1460. Die Frist von sechs Monaten wird als zu kurz bewertet, um die erforderliche Gefährdung sicher festzustellen und glaubhaft zu machen, da erst nach einem Jahr erstmals eine Bilanz der durch Verschmelzung entstandenen Gesellschaft vorliegt, aus der sich eine Forderungsgefährdung sicher ablesen ließe1461. Zudem wird generell eingewendet, dass kaum jemand sich als Gläubiger die Mühe mache, das Handelsregister zu überwachen und die Schlussbilanzen eingehend zu prüfen1462. Schließlich bietet § 22 UmwG nur nachgelagerten Schutz: Führt die Übertragung negativen Vermögens auf die aufnehmende Gesellschaft durch die Verschmelzung dazu, dass die aufnehmende Gesellschaft über keine Mittel zur Stellung einer Sicherheitsleistung mehr verfügt, läuft der Schutz durch § 22 UmwG gänzlich leer. Auch wenn in Zeiten elektronischer Handelsregister die Überwachung der Eintragungen und Anmeldungen von Schuldnern nicht mehr schwerfällt, scheint doch offensichtlich, dass § 22 UmwG in Anbetracht der erheblichen Nachweishürden und Konkretisierungsanforderungen sowie der kurzen Frist von sechs Monaten nur einen schwachen Schutz der Gläubiger bieten kann, der nur in besonders missbräuchlichen Fällen schlagartiger Bonitätsverschlechterungen einen eingeschränkten Gläubigerschutz bieten kann1463. Dies ist aber zunächst als gesetzgeberische Entscheidung so hinzunehmen, da Verschmelzungen nicht unnötig erschwert werden sollen1464 und auch außerhalb von Verschmelzungen kein gesetzlicher Schutz der Gläubiger vor Bonitätsverschlechterungen besteht. Ein besonderer Gläubigerschutz wäre nur dann erforderlich, wenn der Gläubigerschutz bei Verschmelzungen gegenüber dem in der unverbundenen Gesellschaft geltenden Schutzniveau deutlich gesenkt oder lückenhaft wäre. Eine solche Lückenhaftigkeit wäre jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn die Kapitalschutznormen auch bei Verschmelzung weiterhin Geltung hätten. b) Durch § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG Wie oben ausgeführt besteht beim downstream merger die Möglichkeit, einen Schuldenüberhang der Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft abzuwälzen. Nach verbreiteter Auffassung sind daher beim downstream merger zur Vermeidung einer Schutzlücke die Kapitalerhaltungsregeln bei der aufnehmenden Gesellschaft 1459

KK-UmwG/Simon, § 22 Rn. 57. Schneider, Private Equity, S. 892; Schmolke, Diskussionsbericht, S. 230 f.; Holzner, S. 309 ff. 1461 Holzner, S. 310. 1462 Schneider, Private Equity, S. 892. 1463 Mit ähnlicher Bewertung KK-UmwG/Simon, § 22 Rn. 8; Lutter-UmwG/Grunewald, § 22 Rn. 3. 1464 KK-UmwG/Simon, § 22 Rn. 8. 1460

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

anwendbar1465. Handelt es sich bei dieser um eine Aktiengesellschaft, greift somit § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG ein, mit der Folge, dass eine Verschmelzung einer Gesellschaft mit negativem Vermögen auf eine Aktiengesellschaft grundsätzlich unzulässig wäre. Da aufgrund der Auskehrung der Anteile der Zielgesellschaft an die Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft bei einem LBO das übertragene Vermögen in der Regel negativ ist, wäre eine Verschmelzung ohne vorhergehende Kapitalmaßnahmen als Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG grundsätzlich unzulässig1466. Gegen die Anwendbarkeit von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG beim downstream merger wenden sich Stimmen in der Literatur1467. Diese verweisen zum einen darauf, dass der Gesetzgeber mit dem UmwG eine abschließende Regelung schaffen wollte, die Umwandlungen erleichtern und vereinfachen sollte1468. Mit der Regelung des § 22 UmwG sollten Gläubigerinteressen abschließend berücksichtigt werden; eine planwidrige Regelungslücke bestünde nicht. Zum anderen verweisen sie darauf, dass es im Falle eines downstream mergers schon an einer Auszahlung i.S. von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG fehle1469. Es würden allenfalls Verbindlichkeiten auf die Zielgesellschaft übertragen, die Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft erhielten jedoch keine Auszahlung, sondern lediglich Anteile an der Zielgesellschaft, deren Wert durch die Verbindlichkeiten entsprechend gemindert wäre. Diese Argumente überzeugen jedoch nicht. Eine Auszahlung im Sinne von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG setzt nicht voraus, dass effektiv Liquidität aus der Gesellschaft abfließt; es reicht aus, wenn die Aktionäre etwas ohne adäquate Gegenleistung erhalten. In der Konstellation eines downstream mergers ohne Minderheitsaktionäre können die Gesellschafter einer Erwerbsgesellschaft ihre Anteile an der Erwerbsgesellschaft gegen Anteile der Zielgesellschaft eintauschen, die dann durch die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft belastet wird. Das Grundkapital der aufnehmenden Zielgesellschaft muss dabei nicht erhöht werden, durch die Verschmelzung erlischt die Erwerbsgesellschaft und mit ihr auch die Pflicht zur Kapitalerhaltung hinsichtlich ihres Stamm- bzw. Grundkapitals. War zum Zeitpunkt der Verschmelzung das Stamm- bzw. Grundkapital der Erwerbsgesellschaft nicht durch ausreichend Vermögen auf der Aktivseite gedeckt oder die Erwerbsgesellschaft sogar überschuldet, wenn also etwa durch Wertverfall der Anteile die Verbindlichkeiten das Vermögen der Erwerbsgesellschaft übersteigen, erhalten die Anteilsinhaber der Erwerbsgesellschaft einen Vorteil, da sie in der ersten Konstellation der Unterbilanz von ihrer Pflicht zur Kapitalerhaltung (teilweise) befreit 1465

MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 95; Lutter-UmwG/Priester, § 24 Rn. 62; Kallmeyer/Müller, § 24 Rn. 39; Mertens, S. 786 f.; Klein/Stephanblome, S. 376 f.; Holzner, S. 297; Zeyher, S. 158; Hassner, S. 558. 1466 Mertens, S. 786; Holzner, S. 297. Zweifelnd Kallmeyer/Müller, § 24 Rn. 39. 1467 Bock, S. 1026 ff.; Riegger, S. 247; Enneking/Heckschen, S. 1100; Fridrich, S. 317. 1468 Riegger, S. 247; Fridrich, S. 313 ff. 1469 Enneking/Heckschen, S. 1100; Bock, S. 1030; Riegger, S. 247.

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werden und auf das durch die Verschmelzung erlöschende Grund- bzw. Stammkapital der Erwerbsgesellschaft ungehindert zugreifen können und im zweiten Fall, indem sie negatives Vermögen auf die Zielgesellschaft übertragen und dabei unmittelbar Anteilsinhaber der Zielgesellschaft werden. Eine Auszahlung im Sinn von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG ist in diesen Fällen gegeben. Eine solche Auszahlung könnte jedoch im Rahmen von Verschmelzungen unter Gläubigerschutzaspekten hinzunehmen sein, wenn die Regelungen des UmwG als abschließend zu betrachten wären. Die Gesetzesbegründung schweigt zu dieser Frage. Allein aus dem Zweck des UmwG, Verschmelzungen zu erleichtern und zu vereinheitlichen, lässt sich eine beabsichtigte abschließende Regelung nicht entnehmen1470. Der Einwand, § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG würde jeden downstream merger einer Erwerbsgesellschaft unmöglich machen und sei deswegen zu streng, trägt ebenfalls nicht. Abgesehen davon, dass dann immer noch ein upstream merger mit wirtschaftlich ähnlichem Ergebnis durchgeführt werden kann, ließe sich auch durch eine Dividendenausschüttung der Zielgesellschaft vor der Verschmelzung oder einem teilweisen Verbleib der Anteile der Zielgesellschaft bei dieser als eigene Aktien ein downstream merger einer Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft auch bei strenger Geltung des § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG durchführen, vorausgesetzt, der übertragene Schuldenüberhang ließe sich durch Ausschüttungen oder Einbehalt der eigenen Aktien entsprechend kompensieren. Umstritten ist daher, ob durch § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG jede Form der Auszahlung im Rahmen eines downstream mergers unzulässig ist1471 oder ob eine Auszahlung des ausschüttungsfähigen Kapitals im Rahmen der Verschmelzung auch ohne zusätzlichen formalen Ausschütttungsbeschluss zulässig sein soll1472. Die besseren Gründe sprechen hier für letztere Ansicht: Durch die für den Verschmelzungsbeschluss erforderliche Dreiviertelmehrheit und durch die Erstellung und notwendige Vorlage der Schlussbilanz beim Handelsregister werden weitgehend gleichwertige Form- und Publizitätserfordernisse erfüllt wie durch einen Ausschüttungsbeschluss. Das UmwG dient der Erleichterung und Beschleunigung von Verschmelzungen, sollte also keine höheren Anforderungen an den Kapitalschutz stellen als in der unverbundenen Gesellschaft. Die strikte Ausschüttungssperre des § 57 Abs. 1 S. 1, Abs 3 AktG ist daher im Rahmen der Verschmelzung teleologisch auf die Sicherung des Erhalts des nicht ausschüttungsfähigen Kapitals zu reduzieren; das Erfordernis eines vorherigen Ausschüttungsbeschlusses wäre bloßer Formalismus. Die Übertragung eines Schuldenüberhangs durch einen downstream merger ist also bis zur Höhe des ausschüttungsfähigen Gewinns der Zielgesellschaft auch ohne vorherigen Ausschüttungsbeschluss zulässig. Die Verschmelzung einer Erwerbs1470

Lutter-UmwG/Lutter/Bayer Einl. I Rn. 58. MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rn. 95; Mertens, S. 786; Holzner, S. 297; Klein/Stephanblome, S. 377. 1472 Lutter-UmwG/Priester, § 24 Rn. 62; Semler/Stengel/Moszka, § 24 Rn. 48 u. Rn. 51 (zulässig, solange nicht gezeichnetes Kapital der Tochtergesellschaft berührt ist). Offengelassen von Kallmeyer/Müller, § 24 Rn. 39. 1471

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gesellschaft in der Unterbilanz auf eine Zielgesellschaft unter gleichzeitigem Erlöschen des Grund- bzw. Stammkapitals der Erwerbsgesellschaft kann unter Gläubigerschutzaspekten insofern kompensationslos hingenommen werden, als die verschmolzene Gesellschaft wiederum der Kapitalerhaltung unterliegt und zusätzlich ein nachgelagerter Schutz gemäß § 22 UmwG besteht, so dass es des zusätzlichen Kapitalschutzes auf der Ebene der Erwerbsgesellschaft nicht zwingend bedarf. Übersteigt der zu übertragene Schuldenüberhang den ausschüttungsfähigen Gewinn und greift dieser das geschützte, nicht ausschüttungsfähige Kapital der Zielgesellschaft an, ist eine Verschmelzung als Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG somit unzulässig. Maßgeblich für die Bewertung sind die geltenden bilanziellen Maßstäbe; eine Aufwertung stiller Reserven im Zuge einer Verschmelzung zur Deckung eines etwaigen Schuldenüberhangs1473 ist nicht zulässig1474, da damit der Gläubigerschutz im Rahmen der Verschmelzung ohne erkennbare Gründe und ohne dass anderweitige Schutzmechanismen bestünden aufgeweicht würde1475. c) Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG § 71a Abs. 1 AktG findet keine direkte Anwendung auf die Verschmelzung der Erwerbs- auf die Zielgesellschaft1476. Die Tatbestandsmerkmale des § 71a Abs. 1 AktG sind bei der Verschmelzung nicht erfüllt: Zum einen erlischt mit der Verschmelzung die Erwerbsgesellschaft, so dass es bereits an der Voraussetzung einer finanziellen Unterstützung an ein anderes Rechtssubjekt fehlt, zum anderen beinhaltet der Verschmelzungsvorgang kein Darlehen, keine Sicherheitenbestellung und keine einem Vorschuss vergleichbare finanzielle Leistung der Zielgesellschaft an die Erwerbsgesellschaft. Vertreter des Auffassung, § 71a Abs. 1 AktG stelle ein allgemeines Verbot der LBO-Finanzierung dar1477, sehen in einer Verschmelzung konsequenterweise eine unzulässige Umgehung dieses Verbots und verlangen deshalb die (analoge) An-

1473

Bock, S. 1029 f.; Enneking/Heckschen, S. 1100. Gl. M. Lutter-UmwG/Priester, § 24 Rn. 62; Mertens, S. 786; Klein/Stephanblome, S. 384 ff. 1475 Jedenfalls dann, wenn auf Verschmelzungsbericht und -prüfung verzichtet wurde. Werden diese durchgeführt, wäre eine Möglichkeit der Aufdeckung stiller Reserven, deren korrekte Höhe durch die Verschmelzungsprüfung von Seiten Dritter bestätigt wurde, de lege ferenda zumindest überlegenswert, s. auch Mertens, S. 786. 1476 MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 26; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 24; Nuyken, S. 1898; Fridrich, S. 291 f. A.A. und somit für eine Tatbestandsmäßigkeit Zeyher, S. 243. Ähnlich Hassner, S. 581 f. Für eine direkte Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG auf den Verschmelzungsbeschluss Klass, S. 174. 1477 Zu diesem Streit siehe oben unter § 6 B. III. 1 e). 1474

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wendung auch auf Verschmelzungen nach dem UmwG1478. Eine Anwendbarkeit des § 71a Abs. 1 AktG wird zudem unabhängig von der Frage eines allgemeinen LBOVerbots durch § 71a Abs. 1 AktG im Hinblick darauf erwogen, dass das Schutzniveau für Gläubiger und Minderheitsaktionäre durch die Vorschriften der Verschmelzung gegenüber dem durch § 71a Abs. 1 AktG vermittelten Schutz unzureichend sein könnten1479. Zwar ist das Verhältnis der allgemeinen Kapitalerhaltungsregeln zu den Regelungen des UmwG nicht abschließend geklärt, wie schon die Diskussion um die Anwendbarkeit von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG bei der Verschmelzung zeigt. Die Annahme einer spezialgesetzlichen Verdrängung des § 71a Abs. 1 AktG durch die Regelungen des UmwG ist daher nicht zwingend. Nach der hier vertretenen Auffassung stellt § 71a Abs. 1 AktG kein allgemeines LBO-Verbot dar und ist vielmehr eng auszulegen1480. Somit kann auch keine Umgehung der Norm über den Umweg der Verschmelzung vorliegen, da LBOs nicht grundsätzlich von § 71a Abs. 1 AktG untersagt werden. Die nach der hier vertretenen Auffassung gegebenen Schutzzwecke des § 71a Abs. 1 AktG, der Umgehungsschutz zum Erwerb eigener Aktien und der Kapitalschutz eigener Art, der § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG flankiert und verstärkt, werden durch die bei der Verschmelzung anwendbaren Schutzvorschriften gewahrt. Soweit der Kapitalschutz nicht bereits durch eine bei vorhandenen Minderheitsaktionären obligatorische Verschmelzungsprüfung und einen Verschmelzungsbericht sowie generell durch § 22 UmwG gewährleistet wird, greift beim downstream merger § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG1481. Ein zusätzlicher Schutz ist nicht erforderlich, da sich die bei der finanziellen Unterstützung sonst kritischen Fragen der angemessenen Verzinsung eines Darlehens, der Bonität des Schuldners und der Gleichbehandlung nicht stellen. Der Erwerb eigener Aktien ist gemäß § 71 Nr. 5 AktG im Rahmen von Verschmelzungen ausdrücklich gestattet; die sich aus dem Erwerb ergebenden Gefahren werden über die Anwendbarkeit von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG und die Begrenzung der baren Zuzahlung auf zehn Prozent des Nennbetrags gemäß § 68 Abs. 3 UmwG begrenzt. Ein Barabfindungsangebot nach § 29 Abs. 1 UmwG stellt gemäß § 71 Abs. 3 AktG einen entgeltlichen Erwerb dar, dessen Umfang gemäß § 71 Abs. 2 AktG begrenzt ist1482. Somit werden die Schutzzwecke von § 71a Abs. 1 AktG bereits hinreichend durch die Vorschriften des UmwG gesichert, eine analoge An1478

Ludwig, S. 136 ff. Ähnlich Schneider, Private Equity, S. 892. Nicht ausdrücklich für Verschmelzungen nach dem UmwG, aber jedenfalls für die anwachsende Verschmelzung Kerber, Finanzielle Unterstützung, S. 1029; Kerber, Schuldübernahme, S. 53. 1479 Schneider, Private Equity, S. 892. Unter Verweis auf die Diskussion im italienischen und französischen Recht auch für das deutsche Recht problematisierend, im Ergebnis jedoch ablehnend Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 505. 1480 Siehe oben unter § 6 B. III. 1. e). 1481 Siehe oben unter § 9 B. I. 2. b). 1482 Ein Verstoß gegen die Begrenzungen des § 71 Abs. 2 AktG beschränkt jedoch nicht den Anspruch auf Barabfindung, s. Lutter-UmwG/Grunewald, § 29 Rn. 27.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

wendung des § 71a Abs. 1 AktG auch auf Verschmelzungen ist somit nicht erforderlich1483. II. Finanzielle Unterstützung und Verschmelzung auf die Erwerbsgesellschaft (upstream merger) Da die übertragende Zielgesellschaft beim upstream merger im Rahmen des LBOs keine Anteile der aufnehmenden Erwerbsgesellschaft hält, werden sämtliche Aktiva und Passiva der Zielgesellschaft auf die Erwerbsgesellschaft übertragen, nicht nur – wie es beim downstream merger häufig der Fall ist – die Verbindlichkeiten unter kompensationsloser Auskehrung der Anteile der Zielgesellschaft an die Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft. Zudem ist die übertragende Zielgesellschaft in der Regel vor der Verschmelzung nicht überschuldet, so dass sich in keiner Konstellation die Problematik der kompensationslosen Übertragung eines Schuldenüberhangs stellt. Der Gesetzgeber hat für den upstream merger daher einerseits Erleichterungen geschaffen1484, andererseits bestehen gemäß § 25 Abs. 2 UmwG zusätzliche Rechtsschutzmöglichkeiten für die beteiligten Aktionäre. 1. Anwendbare Schutzmechanismen des UmwG Der Minderheitenschutz für die Aktionäre der übertragenden Zielgesellschaft läuft grundsätzlich parallel zum Minderheitenschutz der aufnehmenden Zielgesellschaft beim downstream merger: Gemäß § 13 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG ist eine Dreiviertelmehrheit des vertretenen Grundkapitals zur Fassung des Verschmelzungsbeschlusses erforderlich, gemäß § 8 Abs. 1 UmwG muss ein Verschmelzungsbericht erstellt und gemäß §§ 9 ff., 60 Abs. 1 UmwG eine Verschmelzungsprüfung durchgeführt werden. Anders als beim downstream merger steht den Minderheitsaktionären der übertragenden Zielgesellschaft jedoch gemäß § 14 Abs. 2 UmwG kein Anfechtungsrecht gegen ein etwaig unangemessenes Umtauschverhältnis zu, vielmehr sind sie lediglich gemäß § 15 UmwG berechtigt, eine angemessene Barabfindung im Spruchverfahren zu verlangen. Eine ähnliche Regelung gilt für den Fall der Mischverschmelzungen zwischen Gesellschaften verschiedener Rechtformen (wie es beim LBO mit einer AG als Zielgesellschaft und einer GmbH als Erwerbsgesellschaft häufig der Fall ist) gemäß §§ 29, 32 UmwG, ebenfalls nur für 1483

LG Düsseldorf ZIP 2006, 516 (520); MünchKomm-AktG/Oechsler, § 71a Rn. 26; GroßK-AktG/Merkt, § 71a Rn. 24; KK-AktG/Lutter/Drygala, § 71a Rn. 5; Fleischer, Finanzielle Unterstützung, S. 505; Nuyken, S. 1897 ff.; Oechsler, Finanzierungsverbot, S. 1661; Habersack, Finanzielle Unterstützung, S. 174; Seibt, S. 304; Eidenmüller, Private Equity, S. 662; Fridrich, S. 294 ff.; Riegger, S. 248 f.; Holzner, S. 303 f.; Brosius, S. 161 f. 1484 So ist etwa nach § 62 Abs. 1 UmwG ein Verschmelzungsbeschluss der übernehmenden Aktiengesellschaft nicht erforderlich, wenn sich mindestens neun Zehntel des Kapitals der übertragenden Kapitalgesellschaft in der Hand der übernehmenden Aktiengesellschaft befindet.

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

365

die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft1485. Durch den Verweis auf das Recht der Barabfindung soll verhindert werden, dass die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft die Verschmelzung durch Anfechtung verzögern können1486. Der Gläubigerschutz, soweit er sich nicht reflexiv aus den minderheitsschützenden Vorschriften ergibt, richtet sich wie beim downstream merger nach § 22 UmwG. Zusätzlich steht den Gläubigern der übertragenden Zielgesellschaft der Rechtsbehelf der Klage gegen die Organe der übertragenden Gesellschaft gemäß §§ 25, 26 UmwG zur Verfügung, deren Fortbestehen gemäß § 25 Abs. 2 UmwG hierfür fingiert wird. Danach können die Gläubiger von den Organen der übertragenden Gesellschaft Schadensersatz für den ihnen durch Sorgfaltspflichtverletzungen bei der Verschmelzung entstandenen Schaden verlangen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn aufgrund unsorgfältiger Prüfung der Vermögenslage der übernehmenden Gesellschaft durch die Organe der Zielgesellschaft eine Verschmelzung zustande kommt, die bei sorgfältiger Prüfung nicht hätte vollzogen werden dürfen1487. Einschlägig kann dieser Anspruch werden, wenn die Erwerbsgesellschaft bei Verschmelzung bereits überschuldet war, eine Verschmelzungsprüfung und ein Verschmelzungsbericht mangels Minderheitsaktionären nicht erforderlich waren, die Organe der Zielgesellschaft die Vermögenslage der Erwerbsgesellschaft nicht hinreichend sorgfältig – etwa durch Durchführung einer Due-Diligence-Prüfung1488 – geprüft haben und die verschmolzene Gesellschaft deshalb nicht mehr in der Lage ist, Sicherheit gemäß § 22 UmwG zu leisten, und später insolvent wird. In diesem Fall hätten auch die Gläubiger gegen die Organe der übertragenden Gesellschaft, also der Zielgesellschaft, grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz bei Nachweis unsorgfältigen Verhaltens. 2. Anwendbarkeit der §§ 57, 71a Abs. 1 AktG Anders als beim downstream merger kommt es beim upstream merger zu keiner Auszahlung im Sinne von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG an die Aktionäre der Zielgesellschaft. Die übertragende Zielgesellschaft wird auf die übernehmende Erwerbsgesellschaft verschmolzen und erlischt gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Die Anteilsinhaber der Erwerbsgesellschaft behalten unverändert ihre Anteile an der 1485

Eine Meinung in der Literatur möchte auch beim downstream merger den Minderheitsaktionären der aufnehmenden Gesellschaft gemäß § 29 UmwG analog ein Recht auf Barabfindung einräumen, s. Mertens, S. 790; Fridrich, S. 316. Anders als von diesen Autoren angenommen besteht jedoch keine Schutzlücke für die Minderheitsaktionäre der aufnehmenden Gesellschaft, da diese, gestützt auf die Verschmelzungsprüfung, den Verschmelzungsbeschluss anfechten können. Zudem soll durch diese Regelung der Grundsatz der Mitgliederidentität für die aufnehmende Gesellschaft gewahrt werden, s. Klein/Stephanblome, S. 375. Eine analoge Anwendung wäre daher systemwidrig. 1486 Lutter-UmwG/Grunewald, § 32 Rn. 1. 1487 Lutter-UmwG/Grunewald, § 25 Rn. 16; Kallmeyer/Marsch-Barner, § 25 Rn. 6. 1488 Lutter-UmwG/Grunewald, § 25 Rn. 9; Kallmeyer/Marsch-Barner, § 25 Rn. 6.

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

Erwerbsgesellschaft; die Barabfindung etwaiger Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft gemäß § 29 UmwG unterfällt nicht § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG, sondern ist spezialgesetzlich durch das UmwG geregelt1489. Es besteht daher keine direkte Anwendbarkeit des § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG. Auch eine analoge Anwendung von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG ist – anders als beim downstream merger – nicht erforderlich. Denn die Anwendung beim downstream merger ist auch darin begründet, dass die Schutzvorschriften des UmwG nicht ausreichen, eine etwaige Aushöhlung der Zielgesellschaft sicher zu verhindern1490. Anders als beim downstream merger werden die Anteile der Zielgesellschaft beim upstream merger gemäß §§ 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, 54 Abs. 1 Nr. 1, 68 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nicht kompensationslos ausgekehrt, sondern die gehaltenen Anteile werden im Zuge der Verschmelzung ausgebucht1491. Wie die von der Erwerbsgesellschaft gehalten Anteile und das von der Zielgesellschaft eingebrachte Vermögen zu bewerten sind und ob der etwaig dadurch entstehende Verschmelzungsverlust oder -gewinn in die Gewinnrücklage eingestellt werden muss oder als Ertrag ausgewiesen werden kann, ist zwar überaus streitig1492. Es kommt jedoch anders als beim downstream merger nicht regelmäßig zum Eintritt eines Verschmelzungsverlusts durch Auskehrung der eigenen Anteile. Beim upstream merger besteht zudem als zusätzliche Schutzvorschrift auch zugunsten der Gläubiger die Haftung der Verwaltungsträger des übertragenden Rechtsträgers gemäß §§ 25, 26 UmwG. Ist die Erwerbsgesellschaft so überschuldet, dass eine Verschmelzung die Forderungen der Gläubiger der Zielgesellschaft in absehbarer Zeit gefährden würde, würden daher die Organe der Zielgesellschaft einer Verschmelzung schon zur Vermeidung einer eigenen Haftung nicht zustimmen. Die analoge Anwendbarkeit des § 71a Abs. 1 AktG ist aus denselben Gründen wie beim downstream merger abzulehnen. Weder rechtfertigt ein nach der hier vertretenen Auffassung nicht bestehender Normzweck eines allgemeinen LBO-Verbots eine analoge Anwendung noch ist der durch das UmwG gewährleistete Kapitalschutz als unzureichend zu bewerten, zumal der Gläubigerschutz mit dem zusätzlichen Anspruch aus §§ 25, 26 UmwG sogar noch umfassender ist als beim downstream merger. III. Finanzielle Unterstützung und Rechtsformwechsel Ein Verbot der finanziellen Unterstützung ist mit § 71a Abs. 1 AktG ausschließlich im Aktienrecht normiert. Eine Möglichkeit, die Begrenzungen durch dieses Finanzierungsverbot bei der Akquisitionsfinanzierung zu umgehen, könnte folglich darin bestehen, die Zielgesellschaft in eine andere Rechtsform umzuwan1489 1490 1491 1492

Lutter-UmwG/Grunewald, § 29 Rn. 28; KK-UmwG/Simon, § 29 Rn. 48. Siehe oben unter § 9 B. I. 2. b). Diem, S. 339. Semler/Stengel/Moszka, § 24 Rn. 44 ff.; Lutter-UmwG/Priester, § 24 Rn. 55 ff.

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

367

deln, um nach vollzogener Umwandlung Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu ermöglichen. Durch Umwandlung einer Aktiengesellschaft etwa in eine GmbH oder in eine GmbH & Co. KG gemäß § 226 ff. UmwG kann das Finanzierungsverbot des § 71a Abs. 1 AktG vermieden werden und die insoweit weniger restriktiven Kapitalerhaltungsregeln dieser Gesellschaftsformen können genutzt werden. Besonders praxisrelevant scheint dabei die Umwandlung der Zielgesellschaft in eine GmbH & Co. KG mit anschließender anwachsender Verschmelzung der Erwerbergesellschaft auf die umgewandelte Zielgesellschaft zu sein1493. Vertreter der Auffassung, die im Regelungszweck des § 71a Abs. 1 AktG ein grundsätzliches LBO-Verbot sehen, sehen in einem Rechtsformwechsel eine unzulässige Umgehung dieses Verbots und wollen das Finanzierungsverbot auch nach Rechtsformwechsel fortgelten lassen1494. Diese Auffassung wird aber hier abgelehnt; eine anwachsende Verschmelzung ist keine unzulässige Umgehung von § 71a Abs. 1 AktG1495, dementsprechend erst recht auch nicht der eine anwachsende Verschmelzung vorbereitende Rechtsformwechsel. Der Gesetzgeber hat das Verbot der finanziellen Unterstützung ausdrücklich nur im Aktienrecht normiert. Soweit der Gesetzgeber den Wechsel in eine andere Rechtsform im UmwG ausdrücklich ermöglicht, erlaubt er damit auch, ein anderes, unter Umständen weniger striktes System der Kapitalbindung zu nutzen. Ein Wechsel der Rechtsform stellt somit keine unzulässige Umgehung dar. Ob der Gläubiger- und Minderheitenschutz bei einem Wechsel der Rechtsform nach den Vorschriften des UmwG als ausreichend zu bewerten ist, ist kein spezifisches Problem von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung und bedarf daher hier keiner weiteren Erörterung.

C. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Bei Akquisitionsstrukturierungen nach schweizerischem Recht, die die Möglichkeiten des FusG nutzen, besteht grundsätzlich ein hohes Schutzniveau im Hinblick auf die Gefahren der finanziellen Unterstützung. Der Minderheitenschutz ist umfassend durch hohe Zustimmungserfordernisse sowie durch das Erfordernis von Fusionsbericht, Fusionsprüfung und Einsichtsrecht der Gesellschafter gesichert, so dass eine Benachteiligung von Minderheitsaktionären nicht möglich ist. Allein in der besonderen Konstellation des upstream mergers mit einem Anteil von weniger als zehn Prozent Minderheitsaktionären auf Seiten der übertragenden Gesellschaft besteht durch die Möglichkeit des Verzichts auf den Fusionsbericht eine Möglichkeit der Lockerung des Minderheitenschutzes. Der Gläubigerschutz wird indirekt durch die dem Minderheitenschutz dienenden Instrumente von Fusionsbericht und Fusionsprüfung gesichert, die in Verbindung mit 1493 1494 1495

Siehe dazu oben unter § 6 B. III. 2. b) cc) (4). Siehe oben unter § 6 B. III. 2. b) cc) (4). Siehe oben unter § 6 B. III. 2. b) cc) (4).

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2. Teil: Rechtliche Grenzen der finanziellen Unterstützung

den weiterhin geltenden aktienrechtlichen Kapitalschutzvorschriften einen effektiven Gläubigerschutz gewährleisten. Daneben gewährt das Recht auf Sicherheitsleistung gemäß Art. 25 FusG einen zusätzlichen nachgelagerten Schutz vor Bonitätsverschlechterungen, der allerdings nur schwach ausgestaltet ist. Für KMU besteht die Möglichkeit, mit einstimmigem Beschluss aller beteiligten Gesellschafter zur Erleichterung der Fusion auf wesentliche Schutzvorschriften wie Fusionsbericht und Fusionsprüfung zu verzichten. Ebenso bestehen beim upstream merger von vollständig beherrschten Gesellschaften weitgehende Möglichkeiten des Verzichts auf Fusionsbericht und Fusionsprüfung. Damit wird allerdings auch auf den indirekten Schutz der Gläubiger verzichtet, die dann nur noch durch die fortgeltenden, wegen fehlender Fusionsprüfung aber schwerer durchzusetzenden Kapitalschutzvorschriften und durch das Recht auf Sicherheitsleistung geschützt sind. Bei der Nutzung des Instruments der Vermögensübertragung sichert – neben den weiterhin geltenden Kapitalschutzbestimmungen – die Pflicht zur Übertragung eines Aktivenüberschusses den Gläubigerschutz. Besondere Vorschriften des Minderheitenschutzes bestehen bei dieser Gestaltung über die allgemeinen Kapitalschutzbestimmungen hinaus nicht. Im deutschen Recht ist § 71a Abs. 1 AktG ist auf Maßnahmen nach dem UmwG nicht anwendbar. Der Minderheitenschutz wird bei Verschmelzungen nach dem UmwG durch die erforderliche Verschmelzungsprüfung und den Verschmelzungsbericht sowie die erforderlichen Beschlussquoren grundsätzlich hinreichend gesichert. Der Gläubigerschutz beruht hingegen im Wesentlichen auf einem reflexiven Schutz durch die Schutzvorschriften zugunsten der Minderheitsaktionäre; daneben besteht stets das Recht auf nachträgliche Sicherheitsleistung gemäß § 22 UmwG, welches aber wegen hoher Beweislasten nur einen schwachen Schutz vor Bonitätsverschlechterungen bietet. Beim downstream merger ohne vorhandene Minderheitsaktionäre besteht daher die Gefahr der Gläubigerbenachteiligung, da auf die Zielgesellschaft unter Auskehrung der eigenen Anteile kompensationslos ein Schuldenüberhang übertragen werden kann und Verschmelzungsprüfung und Verschmelzungsbericht wegen fehlender Minderheitsaktionäre entfallen können. Um diese mögliche Schutzlücke zu schließen, ist daher § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG anwendbar, so dass eine solche kompensationslose Übertragung eines Schuldenüberhangs grundsätzlich eine unzulässige Auszahlung i.S. von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG darstellt. Ein solcher Schuldenübertrag ist folglich zulässig, solange er das ausschüttungsfähige Kapital der Zielgesellschaft nicht übersteigt. Denn die einem Gewinnausschüttungsbeschluss vergleichbaren Formvorschriften bei der Verschmelzung gebieten eine teleologische Reduktion der strikten Ausschüttungssperre des § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG. Beim upstream merger besteht keine vergleichbare Gefährdung der Gläubigerinteressen, da ein Verschmelzungsverlust in der Regel wegen Erlöschens der Anteile nicht entsteht und die Gläubiger zusätzlich über die Klagemöglichkeit der §§ 25, 26 UmwG gegen die Organe der Erwerbs-

§ 9 Finanzielle Unterstützung und Umstrukturierungen

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gesellschaft wegen Pflichtverletzung verfügen, deren Fortbestand hierfür fingiert wird. Ein Rechtformwechsel stellt keine Umgehung von § 71a Abs. 1 AktG dar und ist daher unter Beachtung der hierfür geltenden Vorschriften des UmwG uneingeschränkt zulässig.

Dritter Teil

Vergleichende Überlegungen und Würdigung

„All crises have involved debt that, in one fashion or another, has become dangerously out of scale in relation to the underlying means of payment.“ John Kenneth Galbraith1

Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten die rechtlichen Begrenzungen der finanziellen Unterstützung in den jeweiligen Rechtsgebieten der untersuchten Rechtsordnungen dargestellt wurden, sollen diese Begrenzungen nun nachfolgend umfassend verglichen werden. Zunächst soll in einem ersten Abschnitt, gegliedert nach den potentiellen Gefahren von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung und folglich möglichen Schutzzwecken einer spezifischen Regulierung, untersucht und verglichen werden, wie die untersuchten Rechtsordnungen die Problematik von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regeln. Dabei sollen die jeweiligen Gefährdungsaspekte und ihre Normierung auch dahingehend untersucht werden, ob mit der jeweiligen rechtlichen Begrenzung auch dem potentiellen Nutzen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – der Erleichterung von Kontrollbildung und -wechsel sowie damit verbundener Optimierungen der Kapitalstruktur der Gesellschaft – hinreichend Rechnung getragen wird oder sie nicht vielmehr diesbezüglich über das Ziel hinauszuschießen drohen und auf die Erreichung der erwünschten Ziele prohibitiv wirken könnten. In einem abschließenden zweiten Abschnitt soll schließlich auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse zusammenfassend gewürdigt werden, ob eine spezifische gesellschaftsrechtliche Normierung eines Verbots oder einer Begrenzung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nach dem Vorbild von Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie bzw. § 71a Abs. 1 AktG grundsätzlich und im Besonderen im schweizerischen Recht rechtspolitisch sinnvoll ist oder ob sich für diese Problematik nicht vielmehr alternative Regelungen anbieten.

1

Galbraith, S. 20.

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen A. Schutz der Gläubiger bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Für einen strukturierten Vergleich der geltenden Begrenzungen zum Schutz der Gläubiger in den untersuchten Rechtsordnungen soll der weite Bereich des Gläubigerschutzes bei der Aktiengesellschaft nachfolgend in einzelne Unteraspekte untergliedert und gesondert verglichen werden. Der Gläubigerschutz bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kann in drei wesentliche Regelungsbereiche untergliedert werden: Zum einen kann der Schutz der Gläubiger durch Vorschriften erreicht werden, die verhindern sollen, dass Aktionäre außerhalb der regulären Gewinnverwendung Vermögen aus der Gesellschaft ziehen – etwa durch inadäquate Vergütung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, insbesondere zugunsten von zwischengeschalteten Zweckgesellschaften ohne hinreichende Bonität – und dadurch das Haftungssubstrat der Gesellschaft schmälern, das Prinzip des Sondervermögens der Gesellschaft verletzen und unter Umständen auch die Vorschriften zum geschützten Kapital der Gesellschaft unterlaufen. Des Weiteren wird der Gläubigerschutz durch Vorschriften sichergestellt, die die Art der Anlage der Verwendung des Gesellschaftsvermögens regeln, etwa durch Vorgaben an die Zweckbindung und die Sorgfaltspflichten der Geschäftsführung. Dadurch wird unter anderem gewährleistet, dass das Vermögen nicht willkürlich verwendet wird. Bestimmte hochriskante, spekulative Verwendungen des Gesellschaftsvermögens etwa im Rahmen von buyouts werden begrenzt und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Vermögen – auch im Interesse der Gläubiger – nicht durch pflichtwidrige Anlage und Verwendung geschmälert wird. Eng verknüpft mit diesen beiden Aspekten ist der dritte Aspekt des Gläubigerschutzes, die ausreichende Information der Gläubiger: Sie soll sicherstellen, dass die Gläubiger über Bestand und Anlage des Gesellschaftsvermögens zuverlässig informiert werden. Anhand des Zwecks und bestehender rechtlicher Begrenzungen sollen die Gläubiger eine hinreichend zuverlässige Einschätzung von Bonität und Risikoprofil der Gesellschaft treffen und darauf aufbauend entsprechend finanziell disponieren können, also etwa über Laufzeiten, Verzinsung oder Besicherung von Darlehen angemessen entscheiden können2. Besondere Bedeutung kommt dabei der Rechnungslegung und der Revision zu, die im Rahmen dieser Untersuchung jedoch nicht im Detail behandelt werden können. Zwischen den ersten beiden Aspekten und dem Aspekt der Information besteht dabei eine Wechselwirkung: So können 2 Die Frage der angemessenen Information ist natürlich nur für freiwillige Gläubiger der Gesellschaft relevant. Unfreiwillige Gläubiger wie deliktische Gläubiger werden durch diese nicht geschützt. Letztere spielen jedoch in Zusammenhang mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung keine Rolle.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Schutzvorschriften hinsichtlich der ersten beiden Aspekte in bestimmten Grenzen durchaus lockerer gestaltet werden oder sogar ganz entfallen, sofern im Gegenzug entsprechend strengere Informations- und Transparenzvorschriften sicherstellen, dass die Gläubiger über diese Lockerungen ausreichend informiert sind und diese bei ihren Entscheidungen berücksichtigen können. Innerhalb der verschiedenen Aspekte ist nachfolgend weiterhin zwischen der Rechtslage in der unverbundenen Gesellschaft, im Konzern sowie bei Umstrukturierungen zu unterscheiden; etwaige Sondervorschriften für börsenkotierte Gesellschaften werden bei diesen jeweiligen Unteraspekten mitbehandelt. I. Schutz vor Vermögensverschiebung an (künftige) Aktionäre 1. In der unverbundenen Gesellschaft Maßnahmen der finanziellen Unterstützung können sowohl an Aktionäre wie an Nichtaktionäre geleistet werden; da definitionsgemäß Nichtaktionäre die finanzielle Unterstützung zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft nutzen, handelt es sich bei ihnen jedenfalls um künftige Aktionäre. Als solche sind auf sie die Kapitalschutznormen sowohl im deutschen wie im schweizerischen Recht anwendbar, so dass bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auch hinsichtlich künftiger Aktionäre grundsätzlich keine Lücken im Kapitalschutz bestehen. a) Umfang der Vermögensbindung Das deutsche Aktienrecht folgt dem Prinzip der einheitlichen Vermögensbindung: Gemäß § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG sind Ausschüttungen an Aktionäre außerhalb der Gewinnverwendung grundsätzlich unzulässig, unabhängig vom jeweils von der offenen oder verdeckten Ausschüttung betroffenen bilanziellen Segment. Entsprechend sind auch Rechtsschutz und Rechtsfolgen einheitlich gestaltet. Besonderheiten ergeben sich erst durch das kodifizierte Konzernrecht in der verbundenen Gesellschaft. Demgegenüber zeigt sich das schweizerische Aktienrecht flexibler und unterscheidet prinzipiell zwischen Ausschüttungen zulasten des geschützten Kapitals, deren Zulässigkeit und Rechtsfolgen sich nach Art. 680 Abs. 2 OR richten, und Ausschüttungen aus dem sonstigen Vermögen der Gesellschaft oder durch Verzicht auf Gewinne, deren Zulässigkeit und Rechtsfolgen sich einheitlich nach Art. 678 Abs. 2 OR richten. Gemäß der gesetzlichen Grundstruktur berühren folglich Ausschüttungen aus dem geschützten Kapital den Gläubigerschutz, Ausschüttungen aus dem sonstigen Vermögen der Gesellschaft und entgangene Gewinne betreffen hingegen primär das Verhältnis unter den Aktionären; ob Art. 678 Abs. 2 OR darüber hinaus auch dem Schutz der Gläubiger dienen soll ist nicht eindeutig. Aus dieser klaren dogmatischen Unterscheidung folgen nach der hier vertretenen Auffassung

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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auch unterschiedlich strenge Anforderungen hinsichtlich der erforderlichen Bonität des Empfängers. Zunächst scheint die schweizerische Lösung den Vorzug zu haben, dass sie weniger starr ist und somit insbesondere im Konzern eine flexiblere Finanzverfassung der Gesellschaft zulässt3. Erkauft wird diese Flexibilität in der unverbundenen Gesellschaft jedoch mit einer Schwächung des Gläubigerschutzes: Denn die Trennung zwischen im Interesse der Gläubiger geschütztem Kapital gemäß Art. 680 Abs. 2 OR und sonstigem Vermögen, dessen Schutz primär den Interessen der Aktionären dient und deshalb schwächer ausgestaltet ist, trägt den wirtschaftlichen Realitäten nicht Rechnung. In der Praxis ist stets das gesamte Vermögen der Gesellschaft für die Bonität und die Gläubigerinteressen relevant; häufig beträgt das geschützte Kapital nur einen Bruchteil des gesamten Vermögens der Gesellschaft. Die Reserven wie auch das frei ausschüttbare Vermögen und die stillen Reserven der Gesellschaft dienen auch dem Schutz der Gläubiger und als Haftungsfonds, solange Vermögen nicht durch formell und materiell korrekten Gewinnausschüttungsbeschluss ausgeschüttet wird. Erst durch einen solchen Beschluss ist das frei ausschüttbare Vermögen dem Zugriff der Gläubiger dauerhaft entzogen und wird die Bilanz verkürzt; auf die Darlehensgewährung und auf die Sicherheitenbestellung ist die prinzipiell freie Verfügbarkeit der freien Mittel für die Aktionäre durch Ausschüttung bei Einhaltung formeller Kriterien jedoch gerade nicht übertragbar, da es dort an einer solchen stichtagbezogenen, endgültigen Ausschüttung unter strengen formellen Voraussetzungen, die sich unmittelbar bilanziell auswirkt, fehlt. Durch gelockerte Anforderungen an die Bonität der Empfänger finanzieller Leistungen aus den frei ausschüttbaren Mitteln ist die für den Gläubigerschutz wichtige Transparenz über Bestand und Zusammensetzung des Gesellschaftsvermögens nur noch beschränkt gegeben und das Prinzip des Sondervermögens wird aufgeweicht4. Dafür, dass es sinnvoll ist, dass auch die Reserven und das frei ausschüttbare Kapital bis zur endgültigen Gewinnverwendung dem Gläubigerschutz dienen sollten, spricht schon der im Zuge der Aktienrechtsrevision erwogene Art. 678 Abs. 4 E-OR 2007, der auch den Gläubigern eine Aktivlegitimation bei verdeckten Ausschüttungen geben sollte. Da sich im Übrigen die Unterschiede zwischen Art. 680 Abs. 2 OR und Art. 678 Abs. 2 OR neben unterschiedlich strengen Bonitätsanforderungen auf – nach hier vertretener Auslegung begrenzte – Unterschiede beim Rechtsschutz und bei den 3

Hierzu siehe sogleich näher unten unter § 10 A. I. 2. sowie § 10 B. I. So können sich Gesellschafter beispielsweise aus freien Mitteln Darlehen und Sicherheiten gewähren lassen, die unter Umständen nicht adäquat vergütet werden oder für die sie über keine ausreichende Bonität verfügen. Fällt ein Empfänger solcher Leistungen in Konkurs, kommt es zu plötzlichen Veränderungen des Gesellschaftsvermögens, die für die Gläubiger anhand des Gesellschaftszwecks und der bilanziellen Lage zuvor nicht absehbar waren. Bei nicht adäquater Vergütung kommt es zu schleichendem Vermögensverlust durch niedrige Gewinne, was ebenfalls für die Bonitätsbeurteilung relevant ist. Insbesondere bei vollständiger Beherrschung einer Gesellschaft, bei der sämtliche potentiellen Kläger fehlen, kann so über die freien Mittel umfassend und fremdnützig verfügt werden, ohne dass dies die Gläubiger verhindern können oder dass dies ihnen auch nur aus der Bilanz ersichtlich wird. 4

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Rechtsfolgen beschränken, spricht vieles dafür, sich zur Verbesserung des Gläubigerschutzes hinsichtlich Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung von der Orientierung an den für die Gewinnausschüttung relevanten Bilanzsegmenten zu lösen und – wie im deutschen Recht – in der unverbundenen Aktiengesellschaft zu einer einheitlichen Vermögensbindung ohne Differenzierung nach bilanziellen Segmenten überzugehen. Konsequenterweise sind dann auch Rechtsfolgen und Rechtsschutz einheitlich zu gestalten; ebenso müssten in der unverbundenen Gesellschaft keine unterschiedlichen Bonitätsanforderungen mehr an Leistungen gegenüber Aktionären gestellt werden. Damit entfiele auch das bisweilen im Zusammenhang mit Austauschgeschäften und Finanzgeschäften mit Aktionären in der unverbundenen Gesellschaft im schweizerischen Recht diskutierte Problem, dass Alltagsgeschäfte der Gesellschaft mit Kleinaktionären unbeabsichtigt dem strengen Schutz der Einlagenrückgewähr unterfallen könnten. Wegen des in diesem Fall bestehenden Interessengegensatzes von Aktionär und Gesellschaft werden die Bedingungen des Geschäfts weitgehend dem Marktüblichen entsprechen; verbleibende Restunsicherheiten hinsichtlich der Erfüllung strenger Drittkonditionen aus der ex-post-Perspektive gehen zu Lasten der Gesellschaft, da sie zur Begründung eines möglichen Anspruchs ein entsprechendes Missverhältnis beweisen muss. Es bedarf daher in der unverbundenen Gesellschaft keiner besonderen Privilegierung oder Vereinfachung von Geschäften mit Aktionären, wie sie Art. 678 Abs. 2 OR unter anderem durch die Kriterien der Offensichtlichkeit vorsieht; umgekehrt bedarf es auch keiner besonderen Verschärfung des Kapitalschutzes, wie ihn Art. 680 Abs. 2 OR normiert. Ein einheitliches Verbot der offenen wie verdeckten Gewinnausschüttung außerhalb der ordentlichen Gewinnverwendung mit einheitlichem Rückgewähranspruch wäre folglich zur Sicherung eines effektiven Gläubigerschutzes sinnvoll und würde Rechtsunsicherheiten beseitigen5. In der unverbundenen Gesellschaft bedarf es keiner besonderen Privilegierung von Geschäften mit Aktionären; ein solches Bedürfnis besteht rechtspolitisch nur im Konzern, in dem für entsprechende Vereinfachungen zugleich korrespondierende Schutzmechanismen geschaffen werden müssen. b) Kriterien für die Angemessenheitsbewertung Neben der Frage der Einheitlichkeit der Vermögensbindung stellt sich in beiden Rechtsordnungen das Problem, nach welchen Bewertungskriterien die adäquate Bemessung von Bonität und Vergütung bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung beurteilt werden sollen. Nach diesen Kriterien bemisst sich, ob überhaupt 5 Rechtspolitisch würde diese Stärkung des Gläubigerschutzes zu Lasten der Flexibilität der Aktiengesellschaft als Rechtsform gehen; es ist zu vermuten, dass dadurch insgesamt die Rechtsform für sehr kleine Gesellschaften unattraktiver würde. Allerdings steht für diese Zielgruppe u. a. die Rechtsform der GmbH als Alternative zur Verfügung.

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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eine verdeckte Gewinnausschüttung oder eine Einlagenrückgewähr aus dem jeweils geschützten Vermögen vorliegen. Dabei wird in beiden Rechtsordnungen nach der hier vertretenen, jedoch nicht unbestrittenen Ansicht bei der Beurteilung der Angemessenheit zunächst grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahme der finanziellen Unterstützung abgestellt. Es ist also allein maßgeblich, wie Bonität des Empfängers und Angemessenheit der Vergütung zum Zeitpunkt der Bestellung bzw. der Gewährung zu beurteilen sind; spätere Änderungen, die während der Laufzeit der Maßnahme der finanziellen Unterstützung eintreten, bleiben für die Frage der Verletzung von Kapitalschutznormen durch nicht adäquate Vergütung oder nicht ausreichende Bonität unbeachtlich. Hinsichtlich der zentralen Frage der für den Kapitalschutz zu erfüllenden Bedingungen von Finanzgeschäften wird im deutschen Recht gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG seit der Reform durch das MoMiG allein auf bilanzielle Kriterien abgestellt. Danach muss folglich bei Finanzgeschäften ein vollwertiger Rückgewähr- und Gegenleistungsanspruch gegeben sein, also nach bilanziellen Kriterien eine ausreichende Bonität des Empfängers. Bei Darlehensgewährungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr ist eine Abzinsung des Darlehens nach bilanziellen Kriterien vorzunehmen, bei unterjährigen Darlehen ist eine Verzinsung jedoch ebenso wenig erforderlich wie eine Avalprovision bei der Sicherheitenbestellung. Im schweizerischen Recht wird hingegen für den Regelfall der gewinnstrebigen Gesellschaft auf strenge Drittkonditionen abgestellt. Dabei entsprechen die Anforderungen an die Bonität des Empfängers bei Leistungen aus dem nicht geschützten Kapital den geschäfts- bzw. banküblichen Kriterien, die den im deutschen Recht für die Bonität geforderten bilanziellen Kriterien weitgehend entsprechen dürften. Für Leistungen aus dem geschützten Kapital ist jedoch wegen der klaren gesetzlichen Unterscheidung zwischen nach Art. 680 Abs. 2 OR und nach Art. 678 Abs. 2 OR geschütztem Kapital ein schärferer Maßstab hinsichtlich der Bonität anzulegen, so dass hier nur Leistungen bei einwandfreier Bonität des Empfängers, die einen Ausfall gänzlich unwahrscheinlich erscheinen lassen – etwa bei werthaltiger Besicherung eines Darlehens –, zulässig sind. Darlehen müssen marktgerecht, das heißt banküblich, verzinst werden und Sicherheitenbestellungen müssen mit einer angemessenen Avalprovision vergütet werden. Bei Letzterer fällt jedoch der erforderliche Drittvergleich wegen eines fehlenden Marktes für vergleichbare Sicherheiten, insbesondere bei Personalsicherheiten, schwer. Wegen der bestehenden Unsicherheiten bei der Bestimmung der angemessenen Vergütung wird daher zur Absicherung, jedenfalls bei größeren Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, entweder eine fairness opinion eines unabhängigen Dritten erforderlich sein, der eine angemessene Vergütung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen kalkuliert oder – eine in der Regel nur bei vollständiger Beherrschung der Gesellschaft mögliche – Aufhebung der Gewinnstrebigkeit der Gesellschaft6. Ein für eine rechtlich unbedenkliche Si6

2. a).

Zu dieser vor allem im Konzernrecht relevanten Option sogleich unten unter § 10 A. I.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

cherheitenbestellung bisweilen empfohlene bedingte Gewinnausschüttung des gesamten Sicherheitsvolumens ist abzulehnen, da keine rechtliche Möglichkeit besteht, die bedingt ausgeschüttete Summe durch Reservenbildung dem Zugriff der Aktionäre dauerhaft zu entziehen und daher der Gläubigerschutz bei einem solchen Beschluss nicht gewährleistet werden kann. In der unverbundenen Gesellschaft stellt die angemessene Vergütung von Sicherheitenbestellungen im schweizerischen Recht folglich eine erhebliche Schwierigkeit dar, die ebenso wie das Erfordernis marktüblicher Verzinsung für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung potentiell prohibitiv wirkt, da für Empfänger von Leistungen damit kein wesentlicher finanzieller Vorteil verbunden ist, aber Restunsicherheiten hinsichtlich der adäquaten Vergütung, insbesondere bei Fehlen einer fairness opinion, verbleiben. Zudem wirkt das bereits diskutierte Problem unterschiedlicher Bonitätserfordernisse je nach betroffenem bilanziellem Segment hemmend. Im deutschen Recht erleichtert hingegen § 57 Abs. 1 S. 3 AktG die Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung auch in der unverbundenen Gesellschaft erheblich, da dieser geringe (und einheitliche) Anforderungen an die Bonität des Empfängers aufstellt, eine günstigere als die marktübliche Verzinsung zulässt und auf das Erfordernis einer Avalprovision gänzlich verzichtet. Hintergrund dieser Regelung war die Erleichterung der Konzerninnenfinanzierung, insbesondere des cash poolings; allerdings gelten die Erleichterungen nicht nur im Konzern, sondern gegenüber jedem Aktionär, also auch in der unverbundenen Gesellschaft. Die Auffassung, dass auch außerhalb des Konzerns der Vorstand im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht verpflichtet sein soll, entgegen § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auf eine Vergütung zu strengen Drittkonditionen zu achten, sind aus Gründen eines einheitlichen Pflichtenstandards abzulehnen. Es wäre widersprüchlich, einen Vorstand für eine Leistung gegenüber einem Aktionär – also etwa eine fehlende Verzinsung bei unterjährigem Darlehen – haftbar zu machen, dessen Rückgewähr der begünstigte Aktionär gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG ausdrücklich nicht schuldet7. Damit verbunden ist aber das widersinnige Ergebnis, dass Darlehen und Sicherheitenbestellungen auch außerhalb des Konzerns privilegiert sind, ohne dass die für die Gesellschaft mit einer Konzernierung und insbesondere einer Einbindung in ein cash pooling verbundenen Vorteile für die Gesellschaft bestünden. Ein Vorstand könnte also beispielsweise einem mit ihm befreundeten Kleinaktionär mit hinreichender Bonität unverzinste unterjährige Darlehen aus Mitteln der Gesellschaft gewähren, ohne dass dies gegen Vorschriften des Kapitalschutzes verstoßen würde. Solche letztlich missbräuchlichen Gestaltungen werden zwar wegen des in der unverbundenen Gesellschaft bestehenden Interessengegensatzes zwischen Vorstand und Aktionär selten vorkommen; zudem sind besonders missbrauchsgefährdete Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ohnehin gemäß § 71a Abs. 1 AktG 7 Verstößt die Darlehensgewährung als solches gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 53a AktG, ist der Aktionär unter Umständen zur (vorzeitigen) Rückgewähr des gesamten Darlehensbetrages verpflichtet. Wegen § 57 Abs. 1 S. 3 AktG ist er aber jedenfalls wohl nicht zur Zahlung eines Zinses für ein unverzinstes unterjähriges Darlehen verpflichtet.

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grundsätzlich verboten. Dennoch ist aufgrund dieser Erwägungen in der unverbundenen Gesellschaft das Festhalten an strengen Drittkonditionen für das deutsche Recht vorzugswürdig; etwaige Privilegierungen von Finanzgeschäften sind ausschließlich im Konzern rechtspolitisch begründbar. Außerhalb des Konzerns besteht kein Anlass, das Prinzip des Sondervermögens der Aktiengesellschaft aufzuweichen. Zudem wäre das umfassende Verbot des § 71a Abs. 1 AktG in der unverbundenen Gesellschaft bei Festhalten an strengen Drittkonditionen wohl unnötig, da die Missbrauchsgefahr bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung außerhalb des Konzerns ohnehin kaum gegeben ist – typischerweise erfolgt die Veranlassung zu Maßnahmen finanzieller Unterstützung beim LBO erst nach Kontrollerwerb – und sich bei Geltung strenger Drittkonditionen der Vorstand der Gesellschaft schon aus Sorge vor eigener Haftung aus Verantwortlichkeit nicht auf die Wünsche eines möglichen Empfängers finanzieller Unterstützung ohne beherrschenden Einfluss einlassen wird. Im schweizerischen Recht, in dem grundsätzlich bereits strenge Drittkonditionen verlangt werden, wäre wiederum bei einer einheitlichen Vermögensbindung in der unverbundenen Gesellschaft die weitere Differenzierung nach bilanziellem Segment hinsichtlich der Bonitätsanforderungen für Leistungen gegenüber Aktionären verzichtbar. c) Schutz vor Umgehung der Regelungen zum Erwerb eigener Aktien Flankiert wird der Kapitalschutz in der unverbundenen Gesellschaft im deutschen Recht durch das Verbot von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gemäß § 71a Abs. 1 AktG, der zugleich eine mögliche Umgehung der Regelung des Erwerbs eigener Aktien verhindert. § 71a Abs. 1 AktG untersagt nach der hier vertretenen Meinung die enumerativ aufgeführten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Darlehen, Sicherungsgeschäfte und Vorschüsse sowie diesen bei funktionaler Auslegung gleichzusetzende Maßnahmen der finanziellen Unterstützung. Damit sind die Hauptanwendungsfälle von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung von vornherein unabhängig von der Angemessenheit ihrer Konditionen oder der Bonität des Empfängers unzulässig. Als Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gelten solche Rechtsgeschäfte nur dann, wenn sie einen Funktionszusammenhang zwischen Finanzierungsgeschäft und Erwerb der Aktien aufweisen; dieser wird nach der hier vertretenen Ansicht vermutet, wenn zwischen Finanzierung und Erwerb weniger als ein Jahr liegt. Im schweizerischen Recht hingegen existiert keine gesonderte Regelung des Verbots der finanziellen Unterstützung; hier werden die allgemeinen Kapitalschutznormen lediglich durch die Regelung zum Erwerb eigener Aktien gemäß Art. 659 ff. OR flankiert, die auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unter dem Gesichtspunkt der Umgehung des Kapitalschutzzwecks der Art. 659 ff. OR nach der hier vertretenen Ansicht Anwendung finden, sofern das Vermögen des Empfängers zu mehr als der Hälfte aus Aktien der Gesellschaft besteht. In diesem Fall sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unabhängig von Bonität und Vergütung zusätzlich gemäß Art. 659 Abs. 1 OR auf die freien Reserven der Ge-

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

sellschaft und auf maximal zehn Prozent des Nennwerts des Aktienkapitals der Gesellschaft beschränkt. Unabhängig von der Frage der sonstigen rechtspolitischen Beurteilung von § 71a Abs. 1 AktG leistet diese Norm jedenfalls einen effektiven Schutz vor den Gefahren der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien, während die entsprechende Anwendung der Art. 659 ff. OR auf Maßnahmen der finanziellen Unterstützung umständlich und fehleranfällig ist, da sich für deren Beachtung der Verwaltungsrat über die Vermögenszusammensetzung des unterstützten Erwerbers laufend informieren muss, die Übertragbarkeit der Vorschriften über den Erwerb und für die Reservenbildung gemäß Art. 659 ff. OR bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung unklar ist und diese – insbesondere nach der Neufassung der Vorschriften zur Reservenbildung für eigene Aktien – praktisch schwer umzusetzen sind. Dennoch ist bei finanzieller Unterstützung etwa einer Zweckgesellschaft, die ohne wesentliches eigenes Vermögen mit Mitteln der Gesellschaft ausschließlich Aktien der Gesellschaft erwirbt, der Kapitalschutzzweck der Art. 659 ff. OR in ähnlicher Weise gefährdet ist wie bei einem unmittelbaren Erwerb durch die Gesellschaft. Allerdings unterscheidet sich die Gefährdung gegenüber derjenigen beim direkten Erwerb insofern, als der Grad der Gefährdung nur bei ausschließlich aus Aktien der Gesellschaft bestehendem Vermögen des Empfängers vergleichbar hoch ist; verfügt der Empfänger zugleich über weiteres Vermögen, schwindet die Gefährdung des Rückgewähranspruchs durch Eintritt eines Doppelschadens je nach Größe des sonstigen Vermögens des begünstigten Empfängers unabhängig vom Umfang des Erwerbs von Aktien. Um den Kapitalschutzzweck der Regelung des Erwerbs eigener Aktien bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung auf einfachere Weise zu sichern als durch die direkte Anwendung der Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien, könnte der Erwerb eigener Aktien stattdessen bereits bei der Bonitätsbeurteilung im Rahmen der Kapitalschutznormen der Art. 678 Abs. 2, Art. 680 Abs. 2 OR berücksichtigt werden: Danach dürften vom Empfänger der finanziellen Unterstützung gehaltene oder mit den überlassenen Mitteln noch zu erwerbende eigene Aktien der Gesellschaft bei der erforderlichen Bonitätsbeurteilung durch den Verwaltungsrat nur in einem durch Art. 659 Abs. 1 OR bestimmten Umfang berücksichtigt werden. Maßgeblich sind dabei weiterhin die Verhältnisse auf Seiten der Gesellschaft, die finanzielle Unterstützung leistet, da der Kapitalschutzzweck des Art. 659 Abs. 1 OR sicherstellen soll, dass bei der Gesellschaft ein ausreichender Verlustpuffer für den Eintritt eines möglichen Doppelschadens vorhanden ist. Die in Art. 659 Abs. 1 Alt. 1 OR genannte Grenze der ausschüttungsfähigen Mittel der Gesellschaft ist allerdings als Maßstab nur bedingt geeignet, da es bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung – anders als beim direkten Erwerb – in der Regel nicht zur direkten Rückgewähr von Mitteln kommt, sondern lediglich der Rückgewähranspruch in mehr oder minder großem Umfang von der Wertentwicklung von Anteilen abhängt. Die erforderliche Reservenbildung für den Erwerb eigener Aktien müsste daher allenfalls prozentual nach Anteil der Aktien am

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Gesamtvermögen des Empfängers erfolgen, um nicht übermäßig restriktiv zu wirken8, was die ohnehin komplexe Anwendung der Vorschriften über die Reservenbildung beim Erwerb eigener Aktien weiter erschweren würde. Wird hingegen auf die ausschüttungsfähigen Mittel bei Gewährung der Maßnahme abgestellt und werden keine Reserven für den Erwerb eigener Aktien gebildet, könnte der spätere Eintritt eines Doppelschadens auch die geschützten Reserven angreifen, da die Höhe der ausschüttungsfähigen Mittel während der Laufzeit der Maßnahme der finanziellen Unterstützung erheblich schwanken kann. Der alternative Ansatz, entsprechend Art. 659 Abs. 1 Alt. 2 OR nur bis zu einer Grenze von zehn Prozent des Nennwerts des Aktienkapitals der Gesellschaft vom Empfänger gehaltene Aktien der Gesellschaft bei der Bonitätsbeurteilung des Empfängers zu berücksichtigen, ist demgegenüber zwar unspezifisch und pauschal, aber praktisch einfach zu handhaben und bietet einen hinreichenden Schutz vor Eintritt eines Doppelschadens. Ein möglicher Kursverlust würde in jedem Fall nur Rückgewähransprüche der Gesellschaft bis zu dieser Höhe gefährden; für diesen Wert übersteigende Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wäre – jedenfalls zum Zeitpunkt der Bestellung bzw. Gewährung der finanziellen Unterstützung – ausreichend sonstiges Vermögen vorhanden. Die Gesellschaft dürfte also bei ihrer Bonitätsbeurteilung bei Erbringung der Maßnahme der finanziellen Unterstützung nur Anteile im Umfang von bis zu zehn Prozent des gesamten Kapitals auf Seiten des Empfängers berücksichtigen; diese Grenze übersteigende Anteile dürften nicht berücksichtigt werden. Würde der Empfänger unter Berücksichtigung seiner sonstigen Vermögens- und Ertragslage nicht über die nötige Bonität verfügen, wäre eine Darlehensgewährung oder Sicherheitenbestellung somit gemäß Art. 678 Abs. 2 OR bzw. Art. 680 Abs. 2 OR unzulässig bzw. nur zu einem Teil des Finanzierungsvolumens zulässig. Die Notwendigkeit einer Reservenbildung entfiele; somit wäre für die unverbundene Gesellschaft ein einfacher und praktikabler Umgehungsschutz für den Erwerb eigener Aktien durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung ermöglicht, der die Gefahr eines Doppelschadens jedenfalls stark minimiert. Mit dieser Regelung würden buyout-Finanzierungen mit einer Zweckgesellschaft, deren Vermögen ausschließlich aus Anteilen der Gesellschaft besteht, ebenso effektiv verhindert wie durch ein Verbot der finanziellen Unterstützung nach Vorbild des Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie; die Konzerninnenfinanzierung im Rahmen eines cash poolings wiederum würde nicht wesentlich erschwert werden, da – sofern überhaupt der gehaltene Bestand an Aktien der leistenden Gesellschaft für die Bonitätsfrage relevant sein sollten – jedenfalls mindestens im Umfang von zehn Prozent des Gesellschaftswerts cash pooling problemlos möglich wäre, was in den meisten Konstellationen für die bezweckte Anlage überschüssiger Liquidität ausreichend sein dürfte. 8 Besteht beispielsweise das Vermögen des Empfängers zur Hälfte aus Aktien der Gesellschaft, müsste also eine Reserve in Höhe der Hälfte des Werts der Maßnahme der finanziellen Unterstützung gebildet werden, um das Verlustrisiko adäquat widerzuspiegeln.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Auch im deutschen Recht könnte so der Umgehungsschutz für den Erwerb eigener Aktien gewährleistet werden, falls § 71a Abs. 1 AktG einmal abgeschafft oder reformiert werden sollte, da auch hier gemäß § 71 Abs. 2 S. 1 AktG eine Grenze von zehn Prozent des Grundkapitals für die meisten Fälle des direkten Erwerbs eigener Aktien besteht. Gegenüber der bestehenden Regelung des § 71a Abs. 1 AktG hätte diese Regelung zudem den Vorzug, Rechtsgeschäfte mit Aktionären und damit auch die Kontrollbildung und den Kontrollwechsel nicht wesentlich zu erschweren. d) Rechtsfolgen Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung gemäß Art. 678 Abs. 2 OR ist eine Rückerstattungspflicht des Begünstigten, im Falle einer verbotenen Einlagenrückgewähr gemäß Art. 680 Abs. 2 OR die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zwischen den Beteiligten und eine Rückerstattungspflicht nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen. Eine Umgehung der Art. 659 ff. OR bei Leistungen aus den freien Mitteln zieht als bloße Ordnungsvorschrift keine Rechtsfolgen nach sich, bei Leistungen aus dem geschützten Kapital und regelmäßig gegebener Kenntnis der Beteiligten hiervon ist hingegen Rechtsfolge die Nichtigkeit. Im deutschen Recht ist Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG ein Rückgewähranspruch nach § 62 AktG, während Verstöße gegen § 71a Abs. 1 AktG die Nichtigkeit mit Wirkung gegen jedermann nach sich ziehen. Gegenüber Dritten wirken sich Verstöße gegen Kapitalschutznormen im schweizerischen Recht als Überschreitung der Vertretungsmacht nur dann aus, wenn diese Dritten hinsichtlich dieser Verstöße nicht gutgläubig waren; diese Einschränkung gilt nach der hier vertretenen Ansicht auch bezüglich der Nichtigkeit nach Art. 680 Abs. 2 OR, die aus Gründen des Verkehrsschutzes grundsätzlich nur zwischen den Beteiligten wirken sollte. Zwar wird der gute Glaube Dritter vermutet, doch werden finanzierende Banken als typische Dritte bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung aufgrund ihrer umfassenden Kenntnisse sowohl der Gesellschaftsverhältnisse als auch der Marktbedingungen regelmäßig diesbezüglich bösgläubig sein. Im deutschen Recht wirken sich Überschreitungen der Vertretungsmacht nur ausnahmsweise bei evidentem Missbrauch aus, so dass die Unwirksamkeit gemäß § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG in der Regel nicht gegenüber Dritten, insbesondere somit auch nicht gegenüber finanzierenden Banken wirkt. Die Nichtigkeit gemäß § 71a Abs. 1 AktG wirkt jedoch wiederum gegen jedermann, also auch gegenüber Dritten. Auch hier zeigt sich die im schweizerischen Recht typische Trennung zwischen Leistungen aus dem geschützten Kapital und Leistungen aus dem übrigen Vermögen der Gesellschaft; allerdings ist der praktische Unterschied nach der hier vertretenen Auslegung begrenzt. Denn die Nichtigkeit nach Art. 680 Abs. 2 OR wirkt grundsätzlich nur zwischen den Beteiligten, nur ausnahmsweise nach vertretungsrechtlichen Grundsätzen auch gegenüber bösgläubigen Dritten; gegenüber Dritten wirken sich auch Verstöße gegen Art. 678 Abs. 2 OR nur aus, wenn diese bösgläubig waren,

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was bei den typischen Beteiligten an einer Maßnahme der finanziellen Unterstützung wie finanzierende Banken nach der weiten Definition der Bösgläubigkeit im schweizerischen Recht regelmäßig der Fall sein wird. Die Unterscheidung nach betroffenem Bilanzsegment findet sich auch in den Rechtsfolgen von Art. 659 ff. OR; dort wirkt sich diese insofern aus, als der Erwerb eigener Aktien aus freien Mitteln und damit auch dessen Umgehung als bloße Ordnungsvorschrift keine Nichtigkeit gegenüber Dritten, auch nicht gegenüber bösgläubigen, nach sich ziehen kann. Im deutschen Recht unterscheiden sich die Rechtsfolgen von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG und § 71a Abs. 1 AktG zwar erheblich, da ersterer zu Rückgewähransprüchen nach § 62 AktG führt und letzterer zur Nichtigkeit der Maßnahme gegenüber jedermann. Die strenge Rechtsfolge des § 71a Abs. 1 AktG ist vor dem Hintergrund der großzügigen bilanziellen Kriterien des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG und der hohen Missbrauchsgefahr bei den normierten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zwar rechtspolitisch begründbar, obgleich die Lockerungen durch den § 57 Abs. 1 S. 3 AktG erst nach § 71a Abs. 1 AktG eingeführt wurden und daher kein systematischer Zusammenhang besteht. Allerdings wäre umgekehrt bei einer Geltung strenger Drittkonditionen ein besonderes Verbot bestimmter Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in der unverbundenen Gesellschaft – wie oben ausgeführt – wegen der Geltung der Kapitalschutznormen auch für künftige Aktionäre und der aufgrund des bestehenden Interessengegensatzes zwischen Gesellschaft und Empfänger beschränkten Missbrauchsgefahr ohnehin nicht erforderlich und dementsprechend auch nicht die besonders strenge Rechtsfolge der Nichtigkeit für diese verbotenen Maßnahmen. Die mit der strengen Nichtigkeitsfolge verbundenen Unsicherheiten und Belastungen für den Rechtsverkehr könnten daher vermieden werden. Durch die zusätzliche vertretungsrechtliche Sanktionierung, nach der die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit im schweizerischen Recht auch gegenüber den regelmäßig bösgläubig finanzierenden Banken wirkt, wird im Zusammenspiel mit dem Erfordernis der Einhaltung strenger Drittkonditionen der Kapitalschutz in der unverbundenen Gesellschaft effektiv gesichert; denn finanzierende Banken werden unter diesen Umständen auf die strenge Einhaltung von Drittbedingungen achten und fungieren so als unfreiwillige Hüter der Interessen aller Gläubiger und indirekt auch etwaiger Minderheitsaktionäre. Im Gegensatz dazu besteht in Anbetracht der sehr hohen Anforderungen an die Bösgläubigkeit im deutschen Recht für finanzierende Banken kein Anlass, auf die Einhaltung der Kapitalschutznormen besonders zu achten, zumal die einzuhaltenden Kriterien gemäß § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG ohnehin großzügiger gefasst sind. Lediglich bei spezifischen Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gemäß § 71a Abs. 1 AktG sind die Rechtsfolgen streng und die Nichtigkeit wirkt gegen jedermann und somit auch gegen die finanzierenden Banken. Mit der weiten Auslegung der Bösgläubigkeit im schweizerischen Recht wird der Rechtsverkehr mit erheblichen Unsicherheiten und damit verbundenen Kosten belastet; Dritte wie finanzierende Banken werden gezwungen, sorgfältig alle verfügbaren Informationen rechtlich zu prüfen, wollen sie sich nicht dem Risiko aussetzen,

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

dass mögliche Rechtsverstöße auf die Wirksamkeit ihrer Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft durchschlagen könnten. Im deutschen Recht hingegen werden der Schutz und die Erleichterung des Rechtsverkehrs rechtspolitisch so hoch gewichtet, dass sogar positive Kenntnis Dritter bis zur Grenze des evidenten Missbrauchs grundsätzlich unschädlich ist. Im schweizerischen Recht ist die Belastung des Rechtsverkehrs im Interesse des Schutzes von Gläubiger- und Minderheitsinteressen bei der unverbundenen Gesellschaft, in der Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wie auch sonstige Finanzgeschäfte mit Aktionären nur punktuelle Ausnahmen sind, wegen des geringen Aufwands zwar zu rechtfertigen; im Konzern jedoch sind etwa beim cash pooling häufige Finanzgeschäfte zwischen den Gesellschaften die Regel, was zu einer erheblichen Belastung des Rechtsverkehrs führt, da die involvierten Banken einen beträchtlichen Überprüfungsaufwand zur eigenen Absicherung leisten müssen. Andererseits ist die Gefahr von missbräuchlichen Rechtsgeschäften in der unverbundenen Gesellschaft ohnehin stukturell gering, da zwischen Geschäftsführung und Aktionär – anders als im Konzern – ein Interessengegensatz besteht und die Geschäftsführung in der Regel keinen Anlass hat, den Interessen des Aktionärs hinsichtlich der Konditionen bei einer finanziellen Unterstützung entgegenzukommen. Dementsprechend scheint ein besonderer Schutz durch eine weite Auslegung der Bösgläubigkeit in der unverbundenen Gesellschaft nicht erforderlich; für die wenigen Ausnahmefälle der Verletzung von Kapitalschutznormen ist ein nachgelagerter Rechtsschutz wohl ausreichend. Entsprechend der deutschen Auslegung sollte folglich auch im schweizerischen Recht eine Bösgläubigkeit von Dritten nur bei evidentem Missbrauch angenommen werden. Für den Konzern, bei dem ein Rechtsschutzbedürfnis wegen der erhöhten Gefahren für den Kapitalschutz besteht, sollten besondere Schutzmechanismen geschaffen werden, die nicht von der Zufälligkeit der Beteiligung Dritter an konzerninternen Transaktionen abhängen sollten9. e) Rechtsschutz Geltend gemacht werden kann der Rückerstattungsanspruch nach Art. 678 Abs. 2 OR ebenso wie bereicherungsrechtliche Ansprüche wegen Nichtigkeit gemäß Art. 680 Abs. 2 OR und damit verbundener Liberierungsansprüche von der Gesellschaft bzw. im Konkurs von ihrem Konkursverwalter. Nach der hier vertretenen Ansicht wirkt die Nichtigkeit nach Art. 680 Abs. 2 OR grundsätzlich nur inter partes, mit der Folge, dass Dritte wie etwa Gläubiger bezüglich der Geltendmachung der Nichtigkeit solcher Rechtsgeschäfte der Gesellschaft nicht aktivlegitimiert sind. Gemäß Art. 678 Abs. 3 OR ist für die Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs an die Gesellschaft auch jeder Aktionär aktivlegitimiert, während nach Art. 680 Abs. 2 OR eine solche Aktivlegitimation nach der hier vertretenen Ansicht nicht besteht. Während die Rückerstattungspflicht gemäß Art. 678 Abs. 4 OR nach fünf Jahren verjährt, verjährt die Liberierungspflicht erst nach zehn Jahren. Im 9

Siehe hierzu sogleich unten unter § 10 A. I. 2. a) und § 10 A. III. 2.

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deutschen Recht sind für den Rückerstattungsanspruch nach § 62 AktG bei Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG sowie gegen § 71a Abs. 1 AktG allein die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter aktivlegitimiert; Aktionäre können diese Ansprüche weder geltend machen noch deren Geltendmachung erzwingen. Die Ansprüche verjähren gemäß § 62 Abs. 3 AktG binnen zehn Jahren. Auch bezüglich des Rechtsschutzes scheint die Trennung von Art. 678 OR und Art. 680 Abs. 2 OR in der unverbundenen Gesellschaft überholt. Die Ansprüche sollten einheitlich geltend gemacht werden können mit einheitlicher Verjährungsfrist, beispielsweise von zehn Jahren, gegebenenfalls ergänzt um eine kürzere relative Verjährungsfrist ab Kenntnis. Aktionäre sollten allerdings nur nach vorherigem Klagezulassungsverfahren aktivlegitimiert sein; zum einen würde dadurch das Kostenrisiko für die Aktionäre minimiert, da sie maximal die überschaubaren Kosten für ein (erfolgloses) Zulassungsverfahren tragen müssten, nach Zulassung der Klage die Kosten des Hauptverfahrens hingegen unabhängig von dessen Ausgang von der Gesellschaft zu tragen wären; zum anderen könnte so die Gefahr querulatorischer Klagen weitgehend gebannt werden. Ein Mindestquorum sollte dann konsequenterweise nicht erforderlich sein, da dies nur unnötige Hürden für ein Klagezulassungsverfahren aufstellen würde. Überlegenswert wäre bei Schaffung eines solchen Klagezulassungsverfahrens auch, dieses für Gläubiger zu öffnen. Sofern man, wie hier vertreten, die Sicherung des Bestands des Vermögens der Gesellschaft insgesamt außerhalb der regulären Gewinnverwendung als gläubigerschützend qualifiziert und nicht nur den Erhalt des nominalen Nenn- bzw. Grundkapitals, ist es auch konsequent, die Gläubiger mit einer Aktivlegitimation auszustatten. Die Gefahr querulatorischer Klagen auch durch Gläubiger wäre durch das Erfordernis eines Klagezulassungsverfahrens weitgehend gebannt; umgekehrt würde der präventive Schutz des Kapitals verbessert, wenn auch Gläubiger bei Bestehen etwaiger Verdachtsmomente ein Klagezulassungsverfahren anstrengen könnten. Ein solcher Anspruch würde die Interessen der Gläubiger – im Unterschied zur Geltendmachung möglicher Ansprüche erst durch den Konkursverwalter, nachdem der Konkursschaden bereits eingetreten ist – präventiv schützen. Allerdings wäre ein solches Recht nur für einen kleinen Teil der Gläubiger interessant: Banken werden sich regelmäßig kautelarjuristisch ohnehin umfassende Informations- und Sicherungsrechte einräumen lassen; für Kleingläubiger wird der Aufwand einer solchen präventiven Geltendmachung in keinen Verhältnis zum persönlichen Nutzen stehen. Dennoch kann ein solcher Anspruch für bestimmte Gläubiger, etwa wichtige Geschäftspartner einer Gesellschaft, die unter kontrollierenden Einfluss eines zweifelhaften Investors gerät, hilfreich sein. Zudem ist mit der Einräumung dieses Rechts aufgrund des vorgeschalteten Klagezulassungsverfahrens kein Nachteil für andere Beteiligte und keine Missbrauchsgefahr verbunden, so dass gegen die Einräumung eines solchen Rechts letztlich nichts spricht. Parallele Überlegungen gelten auch für das deutsche Recht: Auch hier sollten Ansprüche gemäß § 62 AktG in die Liste der Ansprüche gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG aufgenommen werden, deren Geltendmachung durch die Gesellschaft von den

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Aktionären gemäß § 148 AktG erzwungen werden kann. Das Mindestquorum für ein Klagezulassungsverfahren sollte auch hier aus den genannten Gründen abgeschafft werden und eine Öffnung dieses Klagezulassungsverfahrens auch für Gläubiger zur Geltendmachung von Anprüchen gemäß § 62 AktG wäre überlegenswert, da die Gefahr einer Lähmung der Gesellschaft wegen des vorgeschalteten Klagezulassungsverfahrens nicht besteht. 2. Im Konzern Im deutschen wie schweizerischen Recht wird ein Konzern nach dem Kontrollprinzip definiert, wobei Kontrolle im deutschen Recht und nach der hier vertretenen Ansicht auch im schweizerischen Recht gegeben ist, wenn ein Aktionär oder eine Aktionärsgruppe unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Vertretung auf der Hauptversammlung bzw. Generalversammlung und möglicher statutarischer Beschlussquoren über eine relative Mehrheit der Stimmen verfügt. Im schweizerischen Recht besteht kein kodifiziertes Konzernrecht, es bestehen grundsätzlich außer der Konsolidierungspflicht für die herrschende Gesellschaft keine weiteren gesetzlichen Sonderpflichten oder -rechte. Folglich gelten grundsätzlich auch die Kapitalschutznormen und sonstige dem Gläubigerschutz dienende Normen weiter. a) Besonderheiten der Konzerninnenfinanzierung Allerdings bestehen im schweizerischen Recht Möglichkeiten, die Konzerninnenfinanzierung durch Lockerung des grundsätzlich erforderlichen strengen Drittvergleichs zu erleichtern: So können bei der Bemessung der adäquaten Vergütung konkrete indirekte Vorteile aus der Konzernzugehörigkeit für die beherrschte Gesellschaft berücksichtigt werden, sofern diese Vorteile zumindest näherungsweise bezifferbar sind. Zudem kann namentlich im Rahmen eines cash poolings bei der Verzinsung auf die bankenübliche Marge zu verzichtet werden, da die beherrschte Gesellschaft im Gegenzug künftig Zugang zu günstigen Finanzierungsmöglichkeiten durch die herrschende Gesellschaft erlangt. Allerdings sind damit nur geringfügige Erleichterungen möglich, die den Bestand des Gesellschaftsvermögens der beherrschten Gesellschaft und damit auch den Schutz der Gläubiger kaum gefährden werden. In der nicht vollständig beherrschten Gesellschaft kann durch Einfügen einer Unterwerfungsklausel in den Gesellschaftszweck, für die nur eine Mehrheit von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen bzw. die absolute Mehrheit aller Stimmen erforderlich ist, jedenfalls das Gleichbehandlungsgebot modifiziert werden und Finanzierungsmaßnahmen zugunsten der herrschenden Gesellschaft können somit grundsätzlich ermöglicht werden, sofern die sonstigen Einschränkungen etwa durch den Kapitalschutz beachtet werden.

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Weitergehend besteht bei vollständiger Beherrschung für die herrschende Gesellschaft die Möglichkeit, den Zweck der Gesellschaft zu ändern und die Gewinnstrebigkeit aufzuheben. Mit der Aufgabe der Gewinnstrebigkeit ist eine erhebliche Gefährdung für den Gläubigerschutz verbunden, da damit nur noch der nominale Wert des Gesellschaftsvermögens geschützt wird und somit die langfristige Aufzehrung des realen Gesellschaftsvermögens und damit des Haftungsfonds droht. Erforderlich für die Aufhebung der Gewinnstrebigkeit sind die Zustimmung aller Aktionäre und die Publikation der Aufhebung im Handelsregister, womit eine Information der Gläubiger sichergestellt wird. Ist die Gewinnstrebigkeit aufgehoben, sind verdeckte Gewinnausschüttungen gemäß Art. 678 Abs. 2 OR durch Verzicht auf adäquate Vergütung unbegrenzt zulässig, nicht jedoch bilanziell wirksame einseitige Leistungen wie die Ausschüttung von freien Mitteln ohne entsprechenden formell und materiell rechtmäßigen Gewinnausschüttungsbeschluss oder etwa inadäquat vergütete Austauschgeschäfte, die zu einer bilanziellen Abschreibung auf Seiten der Gesellschaft führen. Der nominale Bestand des Gesellschaftsvermögens bleibt somit unverändert geschützt. Die Gesellschaft ist lediglich berechtigt, auf Gewinnchancen zu verzichten. Folglich muss der Empfänger der Maßnahme der finanziellen Unterstützung weiterhin über eine ausreichende Bonität verfügen, auch wenn die Leistung nicht oder nicht adäquat vergütet wird. Allerdings besteht auch ohne formale Aufhebung der Gewinnstrebigkeit durch Änderung des Gesellschaftszwecks in der vollständig beherrschten Gesellschaft eine größere Flexibilität hinsichtlich der Bemessung der Vergütung, da Gläubiger für Ansprüche aus Art. 678 Abs. 2 OR nicht aktivlegitimiert sind und eine mögliche inadäquate Vergütung auch ohne Aufhebung der Gewinnstrebigkeit daher grundsätzlich von niemandem zurückgefordert werden kann10. Die formale Aufhebung der Gewinnstrebigkeit und damit die Information der Gläubiger ist folglich in der vollständig beherrschten Gesellschaft zur Erleichterung der Konzerninnenfinanzierung nicht zwingend erforderlich, sondern schafft lediglich ein höheres Maß an Rechtssicherheit. Zugleich sichert sie keinen effektiven Gläubigerschutz, da inadäquate Vergütungen auch faktisch ohne eine entsprechende Zweckänderung und damit ohne Information der Gläubiger möglich sind. Die Trennung des Kapitalschutzsystems im schweizerischen Recht nach bilanziellen Segmenten bietet auch bei der Konzerninnenfinanzierung keine wesentlichen Erleichterungen: Denn mit der Aufhebung der Gewinnstrebigkeit wird lediglich definiert, dass eine Vergütung für Finanzgeschäfte zugunsten der herrschenden Gesellschaft nicht mehr erforderlich ist – vergleichbar mit den Erleichterungen durch 10 Ein grundsätzlich denkbarer Anspruch der Gläubiger aus Verantwortlichkeit gemäß Art. 754 OR wegen der mit der Verletzung von Art. 678 Abs. 2 OR verbundenen Pflichtverletzung des Vorstands kann von diesen als mittelbarer Schaden jedenfalls nur im Konkurs geltend gemacht werden. Dabei muss jedoch von den Gläubigern die Kausalität der verdeckten Gewinnauschüttung für Konkurseintritt und den ihnen entstandenen Schaden bewiesen werden, woran die Geltendmachung eines solchen Anspruchs in Anbetracht der Vielzahl von auslösenden Faktoren eines Konkurses regelmäßig scheitern wird.

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§ 57 Abs. 1 S. 3 AktG im deutschen Recht –, unabhängig davon, aus welchem bilanziellem Segment die finanziellen Leistungen erbracht werden und ohne dass dadurch der Schutz für den nominalen Bestand des Gesellschaftsvermögens in einem bilanziellen Segment gelockert würde. Zudem gelten unverändert die unterschiedlichen Bonitätsanforderungen je nach betroffenem bilanziellem Segment weiter. Auch bei einer einheitlichen Vermögensbindung und einheitlicher Aktivlegitimation von Aktionären und Gläubigern könnte die Vergütung von Leistungen im Konzern wie im deutschen Recht durch eine entsprechende Gesetzesänderung flexibilisiert werden, ohne dass, wie nach derzeit geltendem Recht, diese Flexibilisierung auch ohne formale Zweckänderung und damit ohne Kenntnis der Gläubiger wegen deren fehlender Aktivlegitimation vorgenommen werden könnte. Zusätzlichen Rechtsschutz im Konzern bietet das geltende Vertretungsrecht, nach dem Kapitalschutzverletzungen bei regelmäßig gegebener Bösgläubigkeit Dritter, etwa finanzierender Banken, auf Rechtsgeschäfte durchschlagen, an denen diese Dritten beteiligt sind. Banken fungieren somit faktisch als Hüter der Rechtmäßigkeit konzerninterner Finanzgeschäfte, soweit sie in diese jeweils involviert sind. Im Konzern, in dem strukturell eine hohe Gefährdung für den Kapitalschutz besteht, ist es zwar grundsätzlich wünschenswert, dass dieser von unabhängigen Dritten überwacht wird. Rechtspolitisch unbefriedigend ist es jedoch, die Kontrolle von der Zufälligkeit der Involvierung von Banken abhängig zu machen und zudem dem Rechtsverkehr die Kosten der Überwachung konzerninterner Transaktionen aufzubürden. Demgegenüber ist die Konzerninnenfinanzierung im deutschen Recht umfassend normiert und weitgehend erleichtert. Zunächst ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, welche Rechtsfolgen die Kontrollbildung nach sich zieht: Im dann vorliegenden sogenannten faktischen Konzern ist das herrschende Unternehmen berechtigt, gemäß § 311 Abs. 1 AktG der beherrschten Gesellschaft einen Nachteil zuzufügen, worin bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung insbesondere eine inadäquate Vergütung zu verstehen ist, sofern dieser Nachteil zum Jahresende durch tatsächlichen Ausgleich oder durch Einräumung eines bezifferten Rechtsanspruchs ausgeglichen wird. Eine solche Nachteilszufügung ist nur zulässig, wenn die herrschende Gesellschaft für den erforderlichen Nachteilsausgleich zum Zeitpunkt der Nachteilszufügung hinreichend solvent ist. Obgleich § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG durch § 311 ff. AktG bei erfolgtem Nachteilsausgleich im faktischen Konzern verdrängt wird, definiert § 57 Abs. 1 S. 3 AktG den auszugleichenden Nachteil: Denn was gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auch außerhalb des privilegierten faktischen Konzerns zulässig ist, kann innerhalb des Konzerns keinen ausgleichspflichtigen Nachteil darstellen. Folglich stellen nach bilanziellen Kriterien verzinste Darlehen und nicht vereinbarte Avalprovisionen keinen Nachteil i.S. der § 311 ff. AktG dar. Ebenso ist die für eine Nachteilszufügung nach den §§ 311 ff. AktG erforderliche Solvenz jedenfalls dann gegeben, wenn der Ausgleichsanspruch nach bilanziellen Kriterien als werthaltig einzustufen ist. Erfolgt der Nachteilsausgleich nicht oder nicht vollständig, leben etwaige Ansprüche wegen nicht ausreichender Vergütung gemäß § 57

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Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG wieder auf und die herrschende Gesellschaft und ihre Organe haften zusätzlich gemäß § 317 Abs. 1 und Abs. 2 AktG auf Ersatz des Schadens. Daneben ist die herrschende Gesellschaft verpflichtet, in einem Abhängigkeitsbericht, der allerdings nur einem eingeschränkten Kreis von Organen der Gesellschaft und den Abschlussprüfern zugänglich ist, alle Nachteilszufügungen und Ausgleichsmaßnahmen zu dokumentieren. Im Gegensatz zu § 57 AktG wird § 71a Abs. 1 AktG durch die §§ 311 ff. AktG nicht verdrängt; die dort untersagten Maßnahmen der finanziellen Unterstützung sind also auch im faktischen Konzern unzulässig. Für eine Zulässigkeit von Finanzgeschäften im Konzern, etwa im Rahmen des cash poolings, ist daher nach der hier vertretenen Ansicht eine Wartefrist von mindestens einem Jahr zwischen Erwerb von Anteilen und der Vornahme von Finanzgeschäften einzuhalten, um den für § 71a Abs. 1 AktG erforderlichen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu vermeiden. Neben der Bildung eines faktischen Konzerns besteht im deutschen Recht auch die Möglichkeit der Bildung eines Vertragskonzerns, in dem zwar § 71a Abs. 1 AktG wie auch alle sonstigen Kapitalschutznormen vollständig aufgehoben sind, der Gläubigerschutz aber dennoch durch eine umfassende Verlustausgleichspflicht der herrschenden Gesellschaft gemäß § 302 AktG unter Aufhebung der Haftungsbeschränkung gewährleistet ist. Eine weitere Erörterung erübrigt sich daher. Mit dem kodifizierten Recht des faktischen Konzerns ist nur durch die nach hier vertretener Ansicht auch außerhalb des Konzerns geltende Lockerung des Kapitalschutzes gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG eine Vereinfachung der Konzerninnenfinanzierung verbunden; der Gläubigerschutz wird darüber hinaus durch das Recht des faktischen Konzerns kaum gelockert. Der gestreckte Nachteilsausgleich ermöglicht lediglich einen gewissen Aufschub bei der Bezifferung des Nachteils bis zum Ende eines Geschäftsjahres; bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, bei denen die Ermittlung von Marktkonditionen in der Regel nicht zeitaufwendig ist, ist damit kein wesentlicher Vorteil verbunden11. Die Anforderungen an die Bonität des Empfängers werden durch die §§ 311 ff. AktG nicht gelockert, die Privilegierungen durch § 57 Abs. 1 S. 3 AktG hinsichtlich der Höhe der angemessenen Vergütung gelten nicht konzernspezifisch, obgleich nur im Konzern eine solche Privilegierung zu rechtfertigen ist. Nach der hier vertretenen Ansicht ist zudem bei bilanziell erfassbaren Nachteilen wie Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auch nur ein bilanziell erfassbarer Nachteilsausgleich möglich, so dass auch hier keine Erleichterung im Vergleich zum schweizerischen Recht gegeben ist. Der Abhängigkeitsbericht wiederum ist den Gläubigern grundsätzlich nicht zugänglich, so dass er allenfalls in der Insolvenz zur besseren Verfolgung von Ansprüchen der beherrschten Gesellschaft dienen kann. Allerdings wird der Gläubigerschutz durch das Erfordernis der Abschlussprüfung des Abhängigkeitsberichts insofern verbessert, als damit die Kon11 Ob das System des Nachteilsausgleichs bei anderen konzernrechtlichen Problemen, etwa bei bilanziell nicht erfassbaren Nachteilszufügungen, Vorteile bietet, kann im Rahmen dieser Untersuchung dahingestellt bleiben.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

zerninnenfinanzierung von unabhängigen Dritten auf Verstöße gegen Kapitalschutznormen überprüft wird; zudem besteht mit der ausdrücklichen Haftung auch der Organe der herrschenden Gesellschaft gemäß § 317 Abs. 1 AktG ein weiterer präventiver Schutz gegen Verletzungen des Kapitalschutzes, da die Gläubiger einer Gesellschaft bei Verletzungen des Kapitalschutzes nicht auf eine möglicherweise vermögenslose Zweckgesellschaft als Anspruchsgegner beschränkt sind, sondern zusätzlich die Organe der herrschenden Gesellschaft persönlich in Haftung nehmen können. Mit der Geltung von § 71a Abs. 1 AktG auch im faktischen Konzern wird zwar der Gläubigerschutz gesichert, da besonders missbrauchsgefährdete Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auch im faktischen Konzern untersagt bleiben, allerdings um den Preis einer erheblichen Erschwerung der Konzerninnenfinanzierung und der Schaffung von Rechtsunsicherheit. Denn nach dem Gesetzeswortlaut ist nicht vollständig klar, ob und nach welchen konkreten Kriterien eine Finanzierung nach Erwerb möglicherweise doch zulässig sein kann. Hier wäre bei Festhalten des Gesetzgebers an diesem abstrakten Gefährdungstatbestand jedenfalls wünschenswert, dass beispielsweise im Gesetz eine konkrete Zeitspanne nach Erwerb definiert wird, in der die Zulässigkeit der Finanzgeschäfte zugunsten des Erwerbers vermutet werden sollte. Unabhängig davon stellt § 71a Abs. 1 AktG eine erhebliche Erschwernis von Kontrollerwerb und -wechsel dar, der rechtspolitisch nicht wünschenswert ist. Zudem bestehen mit Abhängigkeitsbericht und persönlicher Haftung der Organe der herrschenden Gesellschaft ausreichende Schutzmechanismen, um gravierende Verstöße gegen die Kapitalschutznormen im Interesse des Gläubigerschutzes zu verhindern. Im schweizerischen Recht besteht zwar bei vollständiger Beherrschung mit der Aufhebung der Gewinnstrebigkeit bzw. Ausnutzung der fehlenden Aktivlegitimation der Gläubiger für Ansprüche nach Art. 678 Abs. 2 OR eine effektive Möglichkeit, die Konzernfinanzierung zu erleichtern. Anders als im deutschen Recht bestehen bei nicht vollständiger Beherrschung jedoch nur sehr begrenzte Möglichkeiten im Konzern, den strikten Kapitalschutz etwa durch Berücksichtigung indirekter Konzernvorteile zu lockern und damit das Problem der Bestimmung strenger Drittkonditionen bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu vereinfachen, obgleich hierfür im Rahmen des cash poolings ein praktisches Bedürfnis besteht. Der Versuch, konzernrechtliche Probleme durch Zweckänderungen zu lösen, ist letzlich nicht zufriedenstellend: Zwar können mit einer Unterwerfungsklausel das Gleichbehandlungsgebot und Begrenzungen durch den Gesellschaftszweck aufgehoben werden, allerdings liegt das Quorum für eine solche Zweckänderung in der Regel höher als das für eine Beherrschung erforderliche Quorum, für das die durchschnittliche Präsenz auf der Generalversammlung maßgeblich ist. Eine wirkliche Erleichterung der Konzerninnenfinanzierung ist somit erst bei vollständiger Beherrschung und Aufhebung der Gewinnstrebigkeit möglich, was jedenfalls aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht notwendig wäre. Hier zeigt sich der Vorteil des kodifizierten deutschen Konzernrechts, das gesetzlich klarstellt, dass mit Über-

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schreiten der Kontrollschwelle die Konzerninnenfinanzierung ohne weitere Zweckänderung zulässig ist und die Beschränkungen des Gleichbehandlungsgebots und möglicher Zweckbegrenzungen einheitlich aufgehoben sind. Zudem ist im deutschen Recht ab Überschreiten der Kontrollschwelle – und nach geltendem Recht unnötigerweise auch schon vor Überschreiten der Kontrollschwelle – der Kapitalschutz durch § 57 Abs. 1 S. 3 AktG so gelockert, dass die Konzerinnenfinanzierung erschwerende, den Gläubigerschutz aber kaum berührende Fragen der adäquaten Vergütung durch Pauschalierung gelöst sind. Anknüpfungspunkt für besondere konzernrechtliche Privilegierungen und Schutzmechanismen sollte daher auch im schweizerischen Recht allein das Überschreiten der Kontrollschwelle sein; ab dieser ist der Interessengegensatz zwischen herrschender und beherrschter Gesellschaft aufgehoben und daher sowohl der Gläubigerschutz in besonderem Maße gefährdet als auch das rechtspolitische Bedürfnis nach Erleichterung der Konzerninnenfinanzierung gegeben. Mit den §§ 311 Abs. 2, 317 Abs. 1, 318 AktG bestehen zwar im deutschen Recht als Ausgleich für diese Privilegierung im Konzern auch besondere Haftungsnormen. Bei Lichte betrachtet gewähren diese jedoch keinen effektiveren Rechtsschutz als bestehenden Haftungsnormen im schweizerischen Recht: Unterbleibt der Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG, leben lediglich die Kapitalschutznormen wieder auf, die im schweizerischen Recht ohnehin gelten würden. Die Haftung der Organe der herrschenden Gesellschaft gemäß § 317 Abs. 1 AktG wird im schweizerischen Recht über die Haftung aus faktischer Organschaft sichergestellt; die Haftung der Organe der beherrschten Gesellschaft gemäß § 318 AktG besteht im schweizerischen Recht schon gemäß Art. 754 OR in Verbindung mit den jeweiligen Kapitalschutznormen bzw. ggf. der Verletzung der Sorgfaltspflichten nach Art. 717 Abs. 1 OR. Die Einführung weitergehender Haftungsnormen bedürfte es im schweizerischen Recht folglich auch bei Einführung allgemeiner Konzernprivilegien grundsätzlich nicht. Zur Verbesserung des Rechtsschutzes im Konzern im Interesse der Gläubiger, insbesondere bei vollständiger Beherrschung, wäre es zudem sinnvoll, nach deutschem Vorbild auch im schweizerischen Recht sämtliche bilanziell erfassbaren konzerninternen Transaktionen in einem Abhängigkeitsbericht gebündelt zu dokumentieren und diesen von einem Revisor auf Einhaltung der Kapitalschutznormen prüfen zu lassen. Anders als im deutschen Recht könnte sich dieser Abhängigkeitsbericht auf bilanziell erfassbare Vorgänge beschränken; zur Vereinfachung der Revision wäre es aus Gläubigerschutzgründen zudem ausreichend, neben der hinreichenden Bonität des Empfängers die Angemessenheit von Vergütungen nach steuerrechtlichen Kriterien zu überprüfen, die ohnehin aus steuerrechtlichen Gründen beachtet werden müssen und zugleich mittelbar dafür sorgen, dass nicht durch fehlende Vergütung das Vermögen der Gesellschaft langfristig aufgezehrt werden könnte. Auf die Unterscheidung nach unterschiedlichen Bonitätskriterien je nach betroffenem Bilanzsegment könnte bei einer Prüfung durch unabhängige Dritte verzichtet werden, da dies die Konzerninnenfinanzierung und damit die effiziente Kapitalallokation erschweren würde und der Gläubigerschutz dadurch im Gegenzug

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nicht substantiell verbessert würde. Die Bonität des jeweiligen Empfängers würde von unabhängigen Dritten nach geschäftsüblichen Standards überprüft und somit ein wenn auch nicht vollkommener, so doch hinreichender Gläubigerschutz insbesondere beim cash pooling im Konzern gewährleistet. Die Pflicht zur Bildung einer besonderen Reserve für Darlehen und Sicherungsgeschäfte im Konzern, wie sie das BGer zuletzt erwogen hat12, könnte bei einem solchen Erfordernis eines geprüften Abhängigkeitsberichts entfallen. Zugleich stünde – anders als bei der Pflicht zur Bildung einer Reserve – auch weiterhin das geschützte Kapital einer Gesellschaft für wirtschaftliche Zwecke ohne Einschränkung durch besondere Bonitätskriterien im Konzern zur Verfügung, so dass die optimale Kapitalallokation nicht unnötig erschwert wäre. Im Gegenzug könnte – wie schon zuvor ausgeführt – für die Bösgläubigkeit von Dritten auf evidenten Missbrauch abgestellt werden. Auf diese Weise können finanzierende Banken von ihren derzeit bestehenden Überwachungskosten entlastet und die Rechtssicherheit für Geschäfte der Gesellschaft mit Dritten könnte erhöht werden. Zugleich würden so sämtliche Transaktionen im Interesse des Gläubigerschutzes unabhängig überprüft und nicht nur diejenigen, an denen zufällig Banken oder sonstige Dritte beteiligt sind. b) Sicherungsgeschäfte Besondere Probleme werfen im schweizerischen Recht zudem Sicherungsgeschäfte im Konzern auf. Da diese als Eventualverbindlichkeit nur im Anhang zur Bilanz aufgeführt werden müssen und sie im Übrigen vor Eintritt des Verwertungsfalls weder den Bestand der Aktiva noch der Passiva verändern, werden sie vom System des bilanziellen Kapitalschutzes nicht adäquat erfasst. Begrenzt werden sie nur insoweit, als Sicherheitenbestellungen mit wesentlichen Betriebsaktiva nach derzeitiger Rechtslage ohne entsprechende formale, zumindest bedingte Änderung des statutarischen Zwecks nicht vom Gesellschaftszweck gedeckt und daher unwirksam sind. Zusätzlich erfordern wirksame Sicherheitenbestellungen regelmäßig die Einfügung einer Unterwerfungsklausel, um Rechtsunsicherheit im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot zu vermeiden. Die in der gewinnstrebigen Gesellschaft grundsätzlich erforderliche Avalprovision spielt für den Gläubigerschutz nur eine untergeordnete Rolle. Im Übrigen gelten für Sicherheitenbestellungen dieselben Anforderungen hinsichtlich der Bonität des Begünstigten wie bei der Vergabe von Darlehen; wegen der besonders hohen Bonitätsanforderungen hinsichtlich des geschützten Kapitals werden im Verwertungsfall häufig nur Sicherheitenbestellungen, die das geschützte Kapital nicht tangieren, uneingeschränkt wirksam und verwertbar sein, da Begünstigte, bei denen der Verwertungsfall eintritt, nur im Ausnahmefall bei Bestellung der Sicherheit über die erforderliche hohe Bonität verfügt haben werden.

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BGer 140 III 533 (542 f.). Siehe hierzu auch oben unter § 7 A. III. 4.

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Problematisch ist zunächst, dass durch Sicherungsgeschäfte zugunsten der herrschenden Gesellschaft die Bonität der beherrschten Gesellschaft faktisch mit der Bonität der herrschenden Gesellschaft verknüpft wird. Bei umfassender Sicherheitenbestellung zugunsten der herrschenden Gesellschaft wird der Verwertungsfall trotz regelmäßig gegebener Unwirksamkeit gemäß Art. 680 Abs. 2 OR der Sicherheitenbestellungen, die das geschützte Kapital berühren, oftmals zu erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen bei der beherrschten Gesellschaft führen oder sogar deren Konkurs nach sich ziehen, da der Gesellschaft schlagartig sämtliche, in der Regel auch zu betrieblichen Zwecken benötigte ausschüttungsfähige Mittel entzogen werden. Die Gläubiger werden lediglich über die Angaben im Anhang der Bilanz über dieses Risiko informiert; über das grundsätzliche Risiko einer Konzernierung werden sie zusätzlich durch die bei Sicherheitenbestellung zugunsten von Aktionären regelmäßig erforderliche Unterwerfungsklausel im Gesellschaftszweck informiert, die die Gläubiger im Handelsregister einsehen können. Die zur Besicherung mit betriebswesentlichen Aktiva erforderliche Änderung des statutarischen Zwecks wird hingegen regelmäßig nur bedingt oder nachträglich erfolgen und daher mangels rechtzeitiger Publikation im Handelsregister nicht der Information oder dem Schutz der Gläubiger dienen können. Im deutschen Recht sind Sicherheitenbestellungen zugunsten der herrschenden Gesellschaft bei ausreichender Bonität des Empfängers, die sich nach bilanziellen Maßstäben bemisst, hingegen ohne weiteres und unbeschränkt, auch zulasten des Grundkapitals und gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG auch ohne Avalprovision, zulässig und müssen als Eventualverbindlichkeit ebenfalls nur im Anhang zur Bilanz sowie im nicht veröffentlichten Abhängigkeitsbericht aufgeführt werden. Das Überschreiten der Kontrollschwelle führt allerdings zu besonderen Melde- und Publizitätspflichten, aufgrund derer sich Gläubiger über den Umstand der Konzernierung und der damit regelmäßig verbundenen Verknüpfung der Bonität mit der herrschenden Gesellschaft informieren können. In beiden Rechtsordnungen sind also Sicherungsgeschäfte im Konzern grundsätzlich zulässig, wobei die Gläubiger über das Risiko solcher Sicherungsgeschäfte mittelbar durch Publizität über den Umstand der Konzernierung informiert werden und der konkrete Umfang der Sicherungsgeschäfte und Risiken aus diesen nur begrenzt der Bilanz und deren Anhang zu entnehmen sind. Im schweizerischen Recht gelten zudem zusätzlich für Sicherungsgeschäfte aus dem geschützten Kapital erhöhte Anforderungen an die Bonität, die bei Sicherungsgeschäften im Konzern regelmäßig nicht erfüllt werden. Eine umfassende Publizität über die Konzernierung zur Information der Gläubiger über die Gefahr der Verknüpfung der Bonität der beherrschten Gesellschaft mit der Bonität der herrschenden Gesellschaft kann die besonderen Gefahren der Sicherheitenbestellung für den Gläubigerschutz jedoch allein nicht gänzlich bannen. Denn durch Sicherheitenbestellungen droht regelmäßig auch eine Aushöhlung des Kapitalschutzsystems: Sicherheitenbestellungen sind nur dann wirtschaftlich in-

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teressant, wenn damit hohe Risiken abgesichert werden, dadurch eine schlechte Bonität des Empfängers durch Besicherung zu einer guten Bonität aufgewertet wird und dadurch eine nennenswerte Zinsersparnis erzielt werden kann. Die Besicherung eines erstklassigen Schuldners bringt folglich kaum wirtschaftliche Vorteile. Bei einer Besicherung ist also schon zu vermuten, dass die Bonität des Begünstigten bereits in der Regel die besonders hohen Anforderungen des schweizerischen Rechts an die Bonität für Leistungen aus dem geschützten Kapital nicht erfüllen wird13. Im Unterschied zu Darlehen werden Sicherheitenbestellungen zudem nicht selbst besichert, da dies wirtschaftlich ebenfalls nicht sinnvoll wäre; im Verwertungsfall wird der Rückgriffsanspruch der beherrschten Gesellschaft folglich in der Regel gänzlich leer laufen. Für den Gläubigerschutz zwar von untergeordneter Bedeutung, aber dennoch relevant ist, dass die angemessene Vergütung von Sicherheitenbestellungen insbesondere bei Personalsicherheiten zudem kaum bestimmbar ist, eine risikoadäquate Vergütung, die ein Ausfallrisiko angemessen einpreisen könnte, anders als bei Darlehen also kaum möglich ist14. Insgesamt entspricht folglich eine Sicherheiten13 In der Literatur wird die Durchführung eines Solvenztests zur Beurteilung der Zulässigkeit von Sicherheitenbestellungen bei LBOs unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes vorgeschlagen, s. Weibel, S. 138 ff.; Weibel, S. 178 ff. Ein solcher Solvenztest kann aber keine Lösung des Problems bieten: Mit einem solchen kann zwar die Problematik der Bonitätsbeurteilung und die Vergütungsproblematik im Sinne einer praktikablen Vereinfachung gelöst werden, nicht aber der Gläubigerschutz gesichert werden. Unter dem Einfluss eines herrschenden Finanzinvestors wird der Verwaltungsrat der Gesellschaft stets günstige Annahmen für den Solvenztest annehmen, so dass auch bei riskanten Sicherheitenbestellungen eine ausreichende Schuldentragfähigkeit ermittelt wird. Dass eine solche aber regelmäßig zweifelhaft ist, zeigt schon der Hinweis, dass ohne eine Sicherheitenbestellung, die nicht allein auf ausschüttungsfähige Mittel beschränkt ist, die Finanzierung von Seiten der Kreditgeber für LBO-Transaktionen regelmäßig nicht zustande kommen wird, s. Weibel, S. 127 ff.; Weibel, S. 172 f. Wenn aber der für eine Zulässigkeit der Sicherheitenbestellung durchzuführende Solvenztest mit belastbaren Annahmen eine nur sehr geringe Ausfallwahrscheinlichkeit der Finanzierung ergeben soll, fragt sich, warum finanzierende Banken dann nicht – ggf. gegen einen entsprechenden geringfügigen Zinsaufschlag – auch ohne Sicherheitenbestellung seitens der Zielgesellschaft eine LBO-Finanzierung zur Verfügung stellen. Hier dürfte also regelmäßig die Beurteilung durch den Verwaltungsrat der beherrschten Gesellschaft im Rahmen des Solventests und die Beurteilung der finanzierenden Banken auseinanderfallen, was in Anbetracht der unterschiedlichen Interessen und Risiken der Beteiligten auch nicht verwundert. Aus diesem Grund ist aber ein Solvenztest – jedenfalls in der vorgeschlagenen Form – als Instrument des Gläubigerschutzes bei Sicherheitenbestellungen im Konzern untauglich, da er letztlich vorrangig die Sicht der Eigenkapitalgeber widerspiegeln wird. 14 Einen Grenzfall stellen Immobiliarsicherheiten dar: Bei ihnen ist zumindest grundsätzlich möglich, eine marktgerechte Avalprovision und damit eine Einpreisung des Ausfallrisikos zu ermitteln, und es ist denkbar, dass mit ihnen durch Besicherung eines Schuldners durchschnittlicher Bonität ein wirtschaftlicher Vorteil erzielt werden kann, ohne dass ein besonders hohes Risiko des Eintritts des Verwertungsfalls besteht. Für sie wäre wegen der größeren Vergleichbarkeit mit Darlehen daher eine Zulässigkeit prinzipiell begründbar; die Gefahren für den Kapitalschutz aufgrund der Unwägbarkeiten der Bewertungen und der Interessenkonflikte der Beteiligten wiegen jedoch letztlich auch bei ihnen die mit ihnen verbundenen geringen rechtspolitischen Vorteile der Erleichterung der Konzerninnenfinanzierung mehr als auf.

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bestellung im Unterschied zur Darlehensvergabe wegen des regelmäßig bestehenden erheblichen Ausfallrisikos, des regelmäßig fehlenden werthaltigen Rückgriffsanspruchs und der kaum bestimmbaren adäquaten Vergütung eher einer bedingten Ausschüttung von Kapital als einer, wenn auch mit Risiken verbundenen, sinnvollen Bewirtschaftung des Gesellschaftsvermögens wie eine Darlehensvergabe an die herrschende Gesellschaft oder die Verfolgung der werbenden Tätigkeit gemäß dem Zweck der Gesellschaft. Die Sicherheitenbestellung droht somit zu einer einseitigen Neuzuordnung von Haftungssubstrat im Konzern zu führen, die mit dem System des Kapitalschutzes in der Aktiengesellschaft und dem Prinzip des Sondervermögens nur eingeschränkt vereinbar ist, da mit der Sicherheitenbestellung regelmäßig das Kapital der Gesellschaft faktisch der vorrangigen Befriedigung der Gläubigern der herrschenden Gesellschaft und nicht der Gläubiger der Gesellschaft zu dienen droht. Im Unterschied zur Darlehensgewährung besteht zudem kein besonderes rechtspolitisches Bedürfnis, die Sicherheitenbestellung zugunsten einer verbundenen Gesellschaft zu privilegieren: Während Darlehen aus überschüssiger Liquidität oder ungenutztem Eigenkapital der Gesellschaft15 vergeben werden, wird das zur Besicherung verwendete Kapital von der Gesellschaft in der Regel bereits für andere wirtschaftlich sinnvolle Zwecke eingesetzt. Selbst wenn das Kapital über die wirtschaftliche Nutzung hinaus nicht als Sicherungsgut verwendet werden sollte – wenn also etwa die betrieblich genutzte Immobilie nicht zur dinglichen Besicherung von Krediten der Gesellschaft eingesetzt wird – ist damit keine ineffiziente Nutzung von Kapital verbunden, da dann das Kapital zur Sicherung der Ansprüche der Gesellschaft insgesamt und namentlich ihrer nicht gesondert geschützten Gläubiger dient und dadurch die Bonität der Gesellschaft sichert, wodurch die Kapitalkosten der Gesellschaft zumindest mittelbar gesenkt werden können. Mit einer Privilegierung der fremdnützigen Sicherheitenbestellung würde also die Kapitalallokation nicht verbessert werden16. Im Gegenteil würde mit einer Sicherheitenbestellung aus geschütztem Kapital dieses der Haftung für Verbindlichkeiten der herrschenden Gesellschaft zugeordnet und damit die eigentliche Funktion des geschützten Kapitals, als Haftungssubstrat der Gesellschaft bis zur Liquidation der Gesellschaft und der Befriedigung aller Gläubiger dem Zugriff der Gesellschafter (oder deren Gläubiger) entzogen zu sein, unterlaufen und damit die verhaltenslenkende Funktion des Kapitalschutzsystems geschwächt. 15

So bei einer Fremdkapitalaufnahme durch die beherrschte Gesellschaft und Weiterreichung der aufgenommenen Mittel an die herrschende Gesellschaft, was jedenfalls zur Optimierung ihrer Kapitalstruktur führen kann. 16 Zumal etwa zur Besicherung geeignete Aktiva der beherrschten Gesellschaft auch dadurch zur Konzerninnenfinanzierung genutzt werden können, dass die beherrschte Gesellschaft ein mit diesen Aktiva besichertes Darlehen aufnimmt und dieses an die herrschende Gesellschaft weiterreicht. Damit würde wirtschaftlich ein ähnlicher Effekt erzielt werden, zugleich jedoch die Bilanz der beherrschten Gesellschaft belastet werden und die Darlehensvergabe könnte risikoadäquat vergütet werden. Die Zuordnung des geschützten Kapitals als Haftungssubstrat für die Gesellschaftsgläubiger bliebe erhalten und das System des bilanziellen Kapitalschutzes bliebe gesichert.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Daher sollte jedenfalls eine Sicherheitenbestellung aus geschütztem Kapital, unabhängig von der Bonität des Begünstigten, grundsätzlich unzulässig sein, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, die sonst zugunsten der herrschenden Gesellschaft ausgenutzt werden könnten. Andererseits besteht aus Gründen des Gläubigerschutzes kein Anlass, die Nutzung ausschüttungsfähiger Mittel der Gesellschaft für Sicherheitenbestellungen gänzlich zu untersagen; denn die ausschüttungsfähigen Mittel stehen grundsätzlich den Gesellschaftern zu und können daher von diesen auch genutzt werden, sofern dadurch die Vorschriften zur ordnungsgemäßen Gewinnausschüttung nicht unterlaufen werden und die Transparenz für die Gläubiger gewahrt bleibt. Zur Sicherstellung dieser Zwecke sollten solche Sicherungsgeschäfte daher auf die ausschüttbaren Mittel im Verwertungszeitpunkt begrenzt sein und jede darüber hinausgehende Sicherheitenbestellung müsste unwirksam sein, da sonst die anderenfalls entstehenden Bewertungs- und Einschätzungsfragen unweigerlich im Interesse der herrschenden Gesellschaft und zulasten der Gläubiger entschieden würden und damit das geschützte Kapital17 sowie die Transparenz im Interesse der Gläubiger wieder gefährdet sein könnte. Folglich sollte die direkte dingliche Besicherung mit Aktiva der Gesellschaft ebenso unzulässig sein wie Garantien und Bürgschaften über fixe Beträge; allein zulässig sollten Personalsicherheiten sein, die auf den zum Verwertungszeitpunkt ausschüttungsfähigen Betrag beschränkt sein müssten. Die herrschende Gesellschaft könnte natürlich auch selbst ihre künftigen Ansprüche auf Gewinnausschüttung direkt an Kreditgeber abtreten, deren Umfang und Wert sich dann allein nach dem zum Verwertungszeitpunkt Zulässigen richten müsste. Der aus der eingeschränkten Bestimmbarkeit der künftig ausschüttungsfähigen Mittel resultierende begrenzte wirtschaftliche Nutzen für die Konzerninnenfinanzierung ist rechtspolitisch aus den genannten Gründen unproblematisch. Diese Argumente sind auch auf das deutsche Recht übertragbar, wo Besicherungen nach derzeitiger Rechtslage – vollwertigen Rückgewähranspruch zum Zeitpunkt der Bestellung vorausgesetzt – aus dem gesamten Kapital der Gesellschaft vorgenommen werden dürfen, sofern sie nicht ausnahmsweise mit dem Erwerb von eigenen Aktien verknüpft und deshalb gemäß § 71a Abs. 1 AktG unzulässig sind. Zwar bestünde theoretisch die Pflicht der beherrschten Gesellschaft, bei Bonitätsverschlechterung die Sicherheitenbestellung sofern möglich zu kündigen, doch 17 So ist etwa nach derzeitiger Rechtslage eine Immobiliarsicherheit zugunsten einer bonitätsstarken herrschenden Gesellschaft zu einem Zeitpunkt, zu dem die beherrschte Gesellschaft über ausreichend freie Mittel im Umfang des Werts der Sicherheitenbestellung verfügt, wohl zulässig. Wird hierfür ein Grundpfandrecht zugunsten der herrschenden Gesellschaft eingetragen und kommt es später zum Konkurs beider Gesellschaften, nachdem die freien Mittel der beherrschten Gesellschaft bereits aufgebraucht waren, stellen sich schwierige Probleme der Verwertbarkeit der Immobiliarsicherheit, der Ungültigkeit der Eintragung und etwaiger Rückforderungsansprüche zwischen den Beteiligten, die je nach konkreter Rechtslage und Rang in der Vollstreckung sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Wert haben können. Diese Probleme ließen sich durch ein grundsätzliches Verbot von dinglichen Sicherungsgeschäften zugunsten der herrschenden Gesellschaft gänzlich vermeiden.

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dürfte dies wegen der Unschärfe des bilanziellen Bonitätsbegriffs und der bestehenden Abhängigkeit im Krisenfall kaum geschehen. Somit könnte im Verwertungsfall auch das in Höhe des Grundkapitals geschützte Vermögen den Gläubigern der beherrschten Gesellschaft entzogen werden und der vorrangigen Befriedigung der Gläubiger der herrschenden Gesellschaft dienen. Aus den soeben zum schweizerischen Recht ausgeführten Gründen ist dies rechtspolitisch unbefriedigend: § 57 Abs. 1 S. 3 AktG sollte daher entsprechend dahingehend modifiziert werden, dass Sicherheitenbestellungen ungeachtet der Bonität des Empfängers grundsätzlich nur im Unfang der zum Verwertungszeitpunkt ausschüttungsfähigen Mittel zulässig sein sollten. Die mit dem MoMiG eingeführten Lockerungen sind hinsichtlich der Sicherheitenbestellung im Konzern zu weitgehend ausgefallen und können mit dem rechtspolitischen Ziel der Verbesserung der Kapitalallokation im Konzern – wie oben ausgeführt – nicht gerechtfertigt werden. § 71a Abs. 1 AktG wiederum gilt nur für bestimmte Konstellationen von Sicherungsgeschäften im Zusammenhang mit Erwerb von Anteilen und bietet daher keinen hinreichenden Schutz gegen diese Gefährdung des Kapitalschutzes durch Sicherungsgeschäfte im Konzern. Auch § 311 Abs. 1 AktG kann eine Sicherheitenbestellung als Nachteilszufügung nicht rechtfertigen, da eine risikoadäquate Bewertung für den Nachteilsausgleich etwa durch eine angemessene Avalprovision kaum möglich ist. Zudem wird die erforderliche Beurteilung der Solvenz der herrschenden Gesellschaft unter deren Einfluss stets großzügig ausfallen, weswegen dieser Beurteilungsspielraum erst gar nicht eingeräumt werden sollte und Sicherheitenbestellungen sich ausschließlich auf das zum Verwertungszeitpunkt ausschüttungsfähige Kapital beschränken sollten. Auch das Recht des faktischen Konzerns räumt nicht die Möglichkeit ein, das geschützte Kapital einer beherrschten Gesellschaft der Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu entziehen und der Haftung für Verbindlichkeiten der herrschenden Gesellschaft zuzuordnen. Für diesen Zweck stehen die Möglichkeiten der Bildung eines Vertragskonzerns und die Maßnahmen nach dem UmwG zur Verfügung; im faktischen Konzern hingegen gilt weiterhin das Prinzip des Sondervermögens der beherrschten Aktiengesellschaft, das durch effektiven Kapitalschutz zu wahren ist. 3. Bei Umstrukturierungen Bei Umstrukturierungen wie etwa Verschmelzungen werden Gläubiger unter zwei Aspekten gefährdet: Einerseits besteht die Gefahr, dass eine überschuldete Gesellschaft auf die Zielgesellschaft verschmolzen wird, wobei insbesondere beim downstream merger nach deutschem Recht wegen Auskehrung der Anteile an die Gesellschafter ein Verschmelzungsverlust entstehen kann, der zu einem Absinken des Gesellschaftsvermögens der fusionierten Gesellschaft unter das Grundkapital bzw. das geschützte Kapital führen kann. Von diesem speziellen Problem der Übertragung eines Schuldenüberhangs auf die Zielgesellschaft, die zu einem Absinken des Vermögens unter das geschützte Kapital führen kann, ist andererseits die

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allgemeine Problematik der Möglichkeit einer schlagartigen Bonitätsverschlechterung der Gesellschaft durch eine Verschmelzung mit einer weniger bonitätsstarken Gesellschaft zu unterscheiden. Bei der Übertragung eines Schuldenüberhangs unter Auskehrung der Anteile muss jedenfalls sichergestellt werden, dass dadurch das geschützte Kapital nicht berührt wird, um nicht das System des Gläubigerschutzes durch Kapitalschutz insgesamt zu gefährden. Sowohl im schweizerischen Recht als auch im deutschen Recht gelten beim downstream merger die Kapitalschutznormen bei Verschmelzungen grundsätzlich fort; nach der hier vertretenen Auffassung verstoßen Verschmelzungen folglich gegen Art. 680 Abs. 2 OR bzw. § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG, wenn nach der Verschmelzung das Vermögen der Gesellschaft nicht zur Deckung des geschützten Kapitals ausreicht. Nicht umfasst von diesem Verbot ist nach der hier vertretenen Auffassung das jeweils ausschüttungsfähige Vermögen, da die Vorschriften zur Verschmelzung jeweils mindestens vergleichbare formale Anforderungen stellen wie ein zulässiger Ausschüttungsbeschluss. Im schweizerischen Recht ist diese Konstellation als Sanierungsfusion in Art. 6 FusG ausdrücklich normiert und zulässig, sofern die Deckung des Schuldenüberhangs durch freies Vermögen der anderen Gesellschaft gesichert ist und dies durch einen unabhängigen Revisor bestätigt wird. Gegen die Aktionäre der Gesellschaft mit Schuldenüberhang entsteht in diesen Fällen ein Wiederaufleben der Liberierungspflicht bzw. ein Anspruch wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr in Höhe des nach der Verschmelzung nicht gedeckten Betrags, der durch die Geschäftsführung der verschmolzenen Gesellschaft oder einen etwaigen späteren Insolvenz- bzw. Konkursverwalter der Gesellschaft geltend gemacht werden kann. Sofern Minderheitsaktionäre vorhanden sind, sind in beiden Rechtsordnungen jeweils Verschmelzungsprüfung bzw. Fusionsprüfung und – in der Regel – auch Verschmelzungsbericht bzw. Fusionsbericht vorgeschrieben. Dadurch wird die Zulässigkeit der Übertragung eines Schuldenüberhangs von unabhängigen Dritten geprüft und dokumentiert, so dass im Interesse der Gläubiger auf Grund dieser Prüfungen etwaige Verletzungen der Kapitalschutznormen präventiv verhindert werden können. Problematisch ist allerdings, dass im schweizerischen Recht bei upstream mergers und bei Fusionen zwischen KMU allgemein von den Gesellschaftern einstimmig auf Fusionsprüfung und -bericht verzichtet werden kann und im deutschen Recht sogar grundsätzlich von den Gesellschaftern auf eine Verschmelzungsprüfung einstimmig verzichtet werden kann. Damit wird zugleich jedenfalls im deutschen Recht der Gläubigerschutz erheblich verkürzt, da die Prüfung der Übertragung eines Schuldenüberhangs und der möglichen Verletzung von Kapitalschutznormen durch unabhängige Dritte und damit deren Präventivwirkung entfallen kann. Zwar können die Gläubiger zur Prüfung möglicher Ansprüche auf die Schlussbilanz und die weitere Rechnungslegung der Gesellschaft zurückgreifen; zeigt sich hier ein Absinken des Gesellschaftsvermögens unter das geschützte Kapital im zeitlichen Zu-

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sammenhang mit der Verschmelzung, können auf dieser Grundlage spätere Ansprüche auf Rückgewähr, insbesondere in der Insolvenz, gegen die Gesellschafter der Gesellschaft mit Schuldenüberhang zum Zeitpunkt der Verschmelzung geltend gemacht werden, zumal für die Kapitalschutznormen lange Verjährungsfristen gelten. Dennoch ist durch diese unzureichende und nachgelagerte Information der Gläubigerschutz im deutschen Recht unnötig geschwächt. Im schweizerischen Recht wird der Gläubigerschutz durch diese Verzichtmöglichkeiten nicht wesentlich verkürzt, da für die besonders problematischen Sanierungsfusionen mit überschuldeten Gesellschaften eine besondere Eröffnungsbilanz nach Art. 6 Abs. 2 FusG vorgeschrieben ist, die die Deckung des geschützten Kapitals mit Gesellschaftsvermögen bestätigen muss. Auf diese kann zur Sicherung des Gläubigerschutzes auch bei Fusionen zwischen KMU und beim upstream merger nicht verzichtet werden. Eine entsprechende eindeutige gesetzliche Regelung der Sanierungsverschmelzung mit einer obligatorischen Verschmelzungsprüfung und einer Haftung der Organe bei Unterlassen dieser Prüfung wäre zur Vermeidung von Lücken im Rechtsschutz für Gläubiger auch im deutschen Recht sinnvoll. Im Gegensatz zur Sicherstellung eines funktionierenden Kapitalschutzes bei Umstrukturierungen ist das Erfordernis eines Schutzmechanismus gegen eintretende Bonitätsverschlechterungen bei Verschmelzungen hingegen fraglich, da auch außerhalb einer Verschmelzung die Gläubiger grundsätzlich nicht gesetzlich gegen Bonitätsverschlechterungen der Gesellschaft geschützt werden. Im Unterschied zu Bonitätsverschlechterungen durch Verluste aus der durch den Gesellschaftszweck definierten Geschäftstätigkeit oder aufgrund von Dividendenausschüttungen können Gläubiger allerdings die möglicherweise schlagartig eintretenden Bonitätsverschlechterungen durch Verschmelzungen überhaupt nicht abschätzen und dementsprechend nicht bei ihren Dispositionen berücksichtigen. Welche Bonität die Gesellschaft aufweist, mit der eine Verschmelzung bzw. Fusion vorgenommen wird, ist für die Gläubiger nicht kalkulierbar. Ein zusätzlicher Schutz vor unvorhersehbaren Bonitätsverschlechterungen ist also erforderlich, soll und darf aber keine vollständige Sicherheit für die Gläubiger bieten, da eine solche für sie außerhalb der Verschmelzung ebenfalls nicht besteht. Im schweizerischen Recht besteht ein Anspruch der Gläubiger auf nachträgliche Sicherheitsleistung gemäß Art. 25 FusG gegenüber der fusionierten Gesellschaft, es sei denn, diese kann nachweisen, dass die Forderung nicht gefährdet ist; der Anspruch muss binnen drei Monaten nach der Fusion geltend gemacht werden. Im deutschen Recht liegt die Beweislast für die Forderungsgefährdung bei den Gläubigern; eine Geltendmachung des Rechts auf Sicherheitsleistung gemäß § 22 UmwG ist binnen sechs Monaten nach Verschmelzung möglich. Die kurze Frist von drei Monaten und die Beweislastverteilung im schweizerischen Recht führen zu einer gewissen Willkür der Gewährung von Sicherheitsleistung: Diejenigen Gläubiger, die rechtzeitig binnen drei Monaten ihren Anspruch angemeldet haben, werden regelmäßig vollständig gesichert, da jedenfalls im Zuge von buyouts die Nichtgefährdung der Forderung von der Gesellschaft kaum bewiesen werden kann, während unauf-

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merksame Gläubiger, denen der Schuldenruf entgangen ist, leer ausgehen. Melden sich zu viele Gläubiger, für die von der Gesellschaft nicht umfassend Sicherheit geleistet werden kann, kann dies zum Konkurs der Gesellschaft führen, obgleich dieser möglicherweise nicht eintreten würde, wenn keine Sicherheitsleistung erbracht werden müsste. Im deutschen Recht hingegen ist die Frist mit sechs Monaten zwar länger, wegen der geltenden Beweislastverteilung wird es Gläubigern jedoch nur in offensichtlichen Fällen gelingen, eine Gefährdung nachzuweisen. Eine bloße Verschlechterung von Bilanzkennzahlen wird für den Nachweis in der Regel nicht ausreichen. Eine umfassende Regelung der Problematik müsste eine das übliche Bonitätsrisiko übersteigende Verschlechterung durch die Verschmelzung von unabhängigen Dritten feststellen lassen und zu einer automatischen Anpassung der Bedingungen für alle Gläubiger führen, also etwa zu einem der Bonitätsverschlechterung entsprechenden Zinsaufschlag oder zu zusätzlicher Besicherung oder zu einem Recht auf vorzeitige Befriedigung. Eine solche Regelung wäre jedoch überaus schwerfällig und teuer und würde Umstrukturierungen erheblich erschweren und verzögern. Es erscheint daher zweckmäßiger, den effizienten Schutz vor Bonitätsverschlechterung den jeweiligen individualvertraglichen Vereinbarungen der Gläubiger mit der Gesellschaft zu überlassen und im Übrigen nur für extreme Fälle nachgelagerten Schutz für nicht durch vertragliche Abreden geschützte Gläubiger zu gewähren, um grobe Unbilligkeiten zu korrigieren und Fehlanreize zur Gläubigerbenachteiligung durch Verschmelzungen zu verringern. Daher wäre es auch im schweizerischen Recht sinnvoll, die Beweislast für eine Forderungsgefährdung den Gläubigern aufzubürden und eine solche Forderungsgefährdung nur bei außergewöhnlichen Bonitätsverschlechterungen anzunehmen, etwa bei Rechtsformwechsel oder bei einer materiellen Unterkapitalisierung der verschmolzenen Gesellschaft18. Im Gegenzug könnte die Frist zur Geltendmachung des Anspruchs auf ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Fusion verlängert werden, da nicht die mehr oder minder zufällige Wahrnehmung innerhalb einer sehr kurzen Frist durch den betroffenen Gläubiger über den Anspruch entscheiden sollte und aufgrund der Beweislastverteilung ohnehin nur ausnahmsweise ein Anspruch der Gläubiger bestehen wird, so dass Gläubigeransprüche die Fusion in der Regel nicht gefährden oder belasten werden. Eine solche Fristverlängerung wäre auch im deutschen Recht sinnvoll. Mit einer solchen Regelung könnte eine unbillige Benachteiligung von Gläubigern, die sich nicht kautelarjuristisch absichern konnten, vermieden werden, ohne Fusionen unnötig zu erschweren oder den Bestand der fusionierten Gesellschaft durch umfassend bestehende Ansprüche auf Sicherheitsleistung zu gefährden.

18 Die nach hier vertretener Ansicht im deutschen wie im schweizerischen Recht bei Unterschreiten einer bilanziellen Eigenkapitalquote von zwanzig Prozent zu vermuten ist, siehe unten unter § 10 A. II.

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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II. Schutz durch rechtliche Begrenzung der Vermögensverwendung Die Interessen der Gläubiger werden auch dadurch geschützt, dass der Umgang der Gesellschaft und insbesondere ihrer handelnden Organe mit dem Gesellschaftsvermögen und damit dem Haftungsfonds für die Befriedigung der Gläubigeransprüche durch rechtliche Vorgaben und Pflichten normiert und begrenzt wird. Für die Gläubiger besteht durch diese ein gewisser Schutz davor, dass das Vermögen leichtfertig und unsorgfältig angelegt werden könnte. Dadurch können die Risiken möglicher Vermögensverluste von den Gläubigern mit einer höheren Zuverlässigkeit eingeschätzt werden. Adressat dieser Pflicht zur sorgfältigen Vermögensanlage ist der Vorstand bzw. der Verwaltungsrat der Gesellschaft. Im deutschen Recht können die Festlegungen in der Satzung das Handeln des Vorstands hinsichtlich Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, abgesehen vom Sonderfall der Besicherung mit betriebsnotwendigen Aktiva, nicht begrenzen. Als Hilfsgeschäfte zum eigentlichen Unternehmensgegenstand sind Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich zulässig, Gläubiger können also anhand der Bestimmungen in der Satzung keinen Aufschluss über die Risiken aus Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gewinnen. Die Sorgfaltspflichten des Vorstands im engeren Sinne bei der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens können wiederum nur sehr bedingt Maßnahmen der finanziellen Unterstützung begrenzen: Zwar besteht eine Pflicht zur Vermeidung von Klumpenrisiken, allerdings nach hier vertretener Ansicht nur soweit solche Klumpenrisiken nicht durch die Festlegungen im Unternehmensgegenstand als zulässig definiert werden oder sie – wie bei Maßnahmen der finanziellen Unterstützung regelmäßig der Fall – im Rahmen der grundsätzlich gemäß § 311 Abs. 1 AktG stets zulässigen Konzerninnenfinanzierung zugunsten der herrschenden Gesellschaft entstehen. Darüber hinaus besteht zwar prinzipiell eine Pflicht des Vorstands zur Sicherstellung einer angemessenen Kapitalstruktur im Rahmen der Finanzierungsverantwortung, allerdings fehlen konkrete Kriterien, wie eine angemessene Kapitalstruktur zu bestimmen ist. Von der Rechtsprechung wird die Bestimmbarkeit der angemessenen Kapitalstruktur zur Begründung einer materiellen Unterkapitalisierung sogar regelmäßig verneint, so dass der Nachweis einer Pflichtverletzung wegen Herbeiführung einer nicht angemessenen Kapitalstruktur regelmäßig scheitern wird. § 71a Abs. 1 AktG untersagt zwar bestimmte Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, die im Zusammenhang mit buyouts regelmäßig zu nicht angemessenen Kapitalstrukturen der Gesellschaft führen können, doch wird damit lediglich eine spezielle Finanzierungstechnik von buyouts normiert, deren Begrenzungswirkung für die Kapitalstruktur jedoch etwa durch (anwachsende) Verschmelzung umgangen werden kann. Ebenso kann die im Zuge des MoMiG neu eingeführte Insolvenzverursachungshaftung gemäß § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG keine wirksame Konkretisierung der Pflichten des Vorstands bei der Vermögensanlage leisten; zwar normiert diese erstmals eine Haftung des Vorstands bei Herbeiführen der Insolvenz durch

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

liquiditätswirksame Zahlungen und Ausschüttungen und somit eine Pflicht zur Beachtung einer angemessenen Solvenz, allerdings fehlen konkrete Kriterien, auf welchen Zeithorizont bei der Solvenzplanung und auf welche Wahrscheinlichkeit des Insolvenzeintritts abzustellen ist. Im schweizerischen Recht kann der Unternehmenszweck ebenfalls nur die Sicherheitenbestellung mit betriebsnotwendigen Aktiva bei Fehlen einer Unterwerfungsklausel begrenzen, darüber hinaus begrenzt er Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht. Die Pflicht zur Vermeidung von Klumpenrisiken besteht nach der hier vertretenen Ansicht nur hinsichtlich der Vermögensanlage außerhalb des statutarischen Zwecks, der aber bei Vorliegen einer Unterwerfungsklausel auch unbeschränkte Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten der herrschenden Gesellschaft umfasst. Zwar besteht daneben auch eine Finanzierungsverantwortung des Verwaltungsrats, die eine Pflicht zur Wahrung einer angemessenen Kapitalausstattung und die Sicherung der Solvenz der Gesellschaft beinhaltet. Doch sind jenseits des Erfordernisses einer nachvollziehbaren Finanzplanung die Kriterien und Grenzen der Pflicht zur angemessenen Finanzierung der Gesellschaft unbestimmt, so dass nur in extremen Ausnahmefällen der materiellen Unterkapitalisierung oder mangelhaften Solvenzsicherung der Nachweis einer Pflichtverletzung des Verwaltungsrats gelingen wird. Maßnahmen der finanziellen Unterstützung werden folglich durch einen solchen weiten Maßstab kaum begrenzt werden können. Dennoch besteht, wie eingangs ausgeführt19, ein Bedürfnis nach einer Regulierung der Kapitalstruktur im Interesse des Gläubigerschutzes. Ohne eine solche Regulierung besteht nicht nur, aber insbesondere durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im Rahmen von buyouts die Gefahr, dass eine materielle Unterkapitalisierung der Gesellschaft herbeigeführt und damit die Risikoverteilung von Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern zum Nachteil von Letzteren unangemessen verschoben wird. Die so entstehenden Agency-Kosten des Fremdkapitals treffen dann insbesondere diejenigen Gläubiger, die sich nicht individualvertraglich durch Besicherung oder durch die Vereinbarung von covenants haben absichern können. Die dem Grundsatz nach bereits bestehende Finanzierungsverantwortung des Verwaltungsrats bedarf daher einer Konkretisierung, um eine effektive Begrenzung nachteiliger Veränderungen der Kapitalstruktur und Solvenz zu gewährleisten. Mögliche Ansprüche aus Verantwortlichkeit oder Organhaftung erfordern stets den Nachweis einer Pflichtverletzung und einer Kausalität für den Schaden. Die unangemessene Kapitalstruktur für die jeweilige Gesellschaft ist ein rechtlich wie ökonomisch unscharfer Begriff, deren konkrete Kausalität für den Konkurs im Einzelfall kaum zu beweisen sein wird. Zur Konturierung der Pflichten aus der Finanzierungsverantwortung bedarf es daher einer Beweiserleichterung im Sinne eines Grenzwerts: Ab Unterschreitung eines solchen prozentualen Grenzwerts, bezogen auf das bilanzielle Vermögen der Gesellschaft, sollte eine Unterkapitalisierung und eine Kausalität für den Eintritt des Konkurses vermutet werden; bei Überschreitung 19

Siehe oben unter § 4 B. IV.

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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wiederum sollte eine angemessene Kapitalausstattung angenommen werden. Der jeweilige Gegenbeweis steht den jeweiligen Parteien selbstverständlich offen, dürfte aber regelmäßig schwerfallen. Die Methodik einer Grenzwertziehung, die notwendigerweise eine Pauschalierung und Ungenauigkeit beinhaltet, wird in unterschiedlichen rechtlichen Bereichen genutzt: So wird etwa im Bankaufsichtsrecht auf – teilweise risikoadjustierte – fixe Eigenkapitalquoten abgestellt. Im Umweltrecht werden Grenzwerte für Schadstoffe aufgestellt, ab deren Überschreitung eine Schädlichkeit angenommen wird, obgleich diese im Einzelfall schon bei geringeren Dosen gegeben sein mag, in der Regel aber jedenfalls bei höheren Dosen. Das Zivilrecht knüpft den Eintritt der Geschäftsfähigkeit an eine fixe Altersgrenze, obgleich die erforderliche geistige Reife beim jeweiligen Individuum nicht unbedingt zu diesem Zeitpunkt schon gegeben sein muss, möglicherweise aber auch schon viel früher vorhanden ist. Ein sinnvoller Grenzwert zeichnet sich also dadurch aus, dass bei seiner Überschreitung jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Eintritt der Gefahr oder des Schadens besteht – in diesem Fall der materiellen Unterkapitalisierung und der mit ihr verbundenen Risiken –, bei seiner Unterschreitung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Gefahr nicht besteht, also in diesem Fall eine Gesellschaft mutmaßlich ausreichend kapitalisiert ist. Da sich die aus ökonomischer Sicht zur Unternehmenswertmaximierung erforderliche Kapitalausstattung je nach Art der unternehmerischen Tätigkeit unterscheidet, muss ein Grenzwert gewählt werden, der auch bei unternehmerischen Tätigkeiten, die eine hohe Verschuldung zulassen, eine materielle Unterkapitalisierung wahrscheinlich machen. Wegen dieser Variabilität einer sinnvollen Kapitalstruktur ist es auch geboten, eine bloße Vermutungsregel aufzustellen, die im Einzelfall entkräftet werden kann, so dass insbesondere bei Gesellschaften, deren Geschäftsmodell eine höhere Ausstattung mit Eigenkapital erfordert, der Grenzwert nicht zur Rechtfertigung einer unangemessenen Kapitalstruktur dienen kann. Die Einhaltung eines Grenzwerts müsste zudem leicht zu überwachen sein, was bei einer bilanziellen Eigenkapitalquote, die sich durch einen Blick auf die Passivseite der Bilanz leicht ermitteln lässt, der Fall ist. Schließlich müsste der Grenzwert unabhängig von der optimalen Kapitalstruktur unter dem Gesichtspunkt der Unternehmenswertmaximierung so gewählt werden, dass die Entstehung von Agency-Kosten des Fremdkapitals dadurch verhindert werden kann, dass die Eigenkapitalgeber durch Vorgabe eines „Selbstbehalts“ ein hohes Interesse am Erhalt der Gesellschaft und damit ihres Kapitaleinsatzes haben. Somit beinhaltet eine mögliche Grenzwertsetzung auch ein normatives Element, das nicht aus empirisch aus für die Wertmaximierung optimalen Eigenkapitalquoten abgeleitet werden kann20.

20 Ähnlich wie etwa die Festlegung des Mindestaktienkapitals mit CHF 100,000 gemäß Art. 621 OR und die Mindesteinlage von 20 Prozent des Nennwertes gemäß Art. 632 Abs. 1 OR normative Vorgaben sind, die nicht empirisch zwingend begründet werden können.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Ausgehend von den bereits gewonnenen ökonomischen Erkenntnissen könnte ein solcher Grenzwert somit bei einer bilanziellen Eigenkapitalquote von zwanzig Prozent, bezogen auf ein beispielsweise nach IFRS-Standard ermitteltes Bilanzvermögen, welches auch stille Reserven und Lasten umfasst, angesetzt werden21. Unter Eigenkapitalquote ist dabei stets der prozentuale Anteil des bilanziellen Eigenkapitals an den gesamten Passiva einer Gesellschaft zu verstehen. Bei einer Bilanzierung nach dem Niederstwertprinzip wie etwa nach dem OR bzw. HGB könnte unter Umständen auch wegen möglicher stiller Reserven, die bei diesen Bilanzierungsmethoden nicht berücksichtigt werden, ein geringerer Wert wie etwa fünfzehn Prozent Eigenkapitalquote unter pauschaler Berücksichtigung dieser stillen Reserven vertretbar sein, wobei allerdings auch die Möglichkeit stiller Lasten zu berücksichtigen ist22. Würde also ein Verwaltungsrat oder Vorstand durch Veränderungen in der Unternehmensfinanzierung, die die Passivseite der Bilanz berühren, etwa durch Kreditaufnahme, die Eigenkapitalquote unter diesen Wert senken, wäre eine materielle Unterkapitalisierung zu vermuten und ebenso deren Kausalität für einen möglichen Konkurs und den dadurch bedingten Schaden. Verluste der Gesellschaft aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, durch die die Eigenkapitalquote unter die kritische Grenze sinkt, können keine solche Vermutung begründen, da für sie die handelnden Organe keine Finanzierungsverantwortung tragen. Ebenso könnte eine zulässige Ausschüttung durch Dividenden, die zu einem Absinken der Eigenkapitalquote unter den Grenzwert führen, keine Vermutung einer Pflichtverletzung begründen, da die Entscheidung über die Gewinnverwendung in die Kompetenz der Generalver-

21

Im California Corporations Code waren bis 2011 Ausschüttungen an Aktionäre nur zulässig, wenn die bilanzielle Eigenkapitalquote mindestens 20 Prozent betrug, ein nach allgemeinen Erfahrungswerten gewählter Wert, s. m.w.N. Kägi, S. 113; Meyer, Gläubigerschutz, S. 160 ff.; Fuchs Mtwebana, S. 77 f. Ohne weitere Begründung wird in der Literatur aber auch eine Grenze von 30 Prozent vorgeschlagen, s. Kersting, S. 316. Nach anderer, abzulehnender Auffassung, soll eine Ausschüttung zulässig sein, wenn die bilanzielle Eigenkapitalquote in Anlehnung an bankaufsichtsrechtliche Vorschriften mindestens drei Prozent beträgt, s. Kägi, S. 477 f. Abgesehen davon, dass bankaufsichtsrechtliche Kriterien wegen des dort bestehenden engmaschigen Aufsichtssystems nicht uneingeschränkt auf werbende Gesellschaften übertragen werden können und diese Eigenkapitalquote schon für Banken eher zu niedrig erscheint, kann eine solche Quote kaum Anreize für die Eigenkapitalgeber von anderen Gesellschaften bieten, für eine angemessene Risikoverteilung zwischen Eigen- und Fremdkapitalgeber zu sorgen. 22 Auf Grundlage der ökonomischen Überlegungen wäre auch ein Grenzwert von 25 Prozent nach IFRS und zwanzig Prozent nach OR bzw. HGB vertretbar und mutmaßlich noch wirksamer zur Begrenzung von Agency-Kosten des Fremdkapitals. Im Interesse einer größtmöglichen Wahrung der Finanzierungsfreiheit scheint die Wahl eine niedrigeren, aber dennoch wirksamen Grenzwerts jedoch vorzugswürdig. Dass ein solcher für LBOs bereits eine Begrenzungsfunktion entfalten kann, zeigt das Beispiel des buyouts der Friedrich Grohe AG, bei dem die Eigenkapitalquote bis auf sechs Prozent nach US-GAAP zurückgeführt wurde und nach HGB sogar negativ war, s. Kußmaul/Pfirmann/Tcherveniachki, S. 2538.

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sammlung fällt23. Die Gewinnausschüttung würde lediglich insofern indirekt begrenzt, als eine Kreditaufnahme zur Schaffung von Liquidität zur Gewinnausschüttung, etwa im Rahmen einer sogenannten Rekapitalisierung bzw. leveraged recapitalization, durch den vorgeschlagenen Grenzwert indirekt begrenzt würde. Der Verwaltungsrat hätte im Übrigen stets die Möglichkeit, den Gegenbeweis dafür anzutreten, dass etwa wegen eines besonders risikoarmen Geschäftsmodells eine höhere Verschuldung aus der Sicht ex ante zu rechtfertigen war. Umgekehrt verbliebe es bei Eigenkapitalquoten über zwanzig Prozent bei der jetzigen Rechtslage, nach der etwaige Kläger eine nicht angemessene Kapitalstruktur nachweisen müssten, was wohl nur in besonders missbräuchlichen Ausnahmefällen gelingen wird. Diese Anforderungen an eine angemessene Kapitalstruktur können in gleicher Weise zur Konkretisierung der Finanzierungsverantwortung des Verwaltungsrats nach schweizerischem Recht wie der Finanzierungsverantwortung gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG nach dem deutschen Recht dienen. Die liqiditätsbezogene Pflicht zur Solvenzsicherung im Rahmen der Finanzierungsverantwortung könnte ebenfalls mit Vorgaben zu Grenzwerten oder einem bestimmten Planungshorizont konkretisiert werden, um dieser Pflicht Konturen zu verleihen. Der Verwaltungsrat ist gehalten, ebenso wie für die Kapitalstruktur eine nachvollziehbare Finanzplanung vorzunehmen und zu dokumentieren, in der er nachvollziehbare und vernünftige Annahmen zu Liquidität, Solvenz und Zugang zu (Fremd-)Kapital treffen muss. Sinnvoll wäre es grundsätzlich, für diese Planung jedenfalls einen (Mindest-)Zeithorizont zu definieren24. Die Einführung einer besonderen Insolvenzverursachungshaftung nach deutschem Vorbild außerhalb der Verantwortlichkeit empfiehlt sich wegen der dadurch aufgeworfenen möglichen Pflichtenkollisionen mit möglichen Beschlüssen der Generalversammlung und des eingeschränkten Nutzens für die Begrenzung der Gefahren des buyouts hingegen nicht. Die Pflicht zur liqiditätsbezogenen Solvenzsicherung wird regelmäßig nur im Konzern problematisch sein, da in der nicht beherrschten Gesellschaft der Verwaltungsrat keinen Anlass zu solvenzgefährdenden und damit seine berufliche Position gefährdenden Maßnahmen hat. Im Konzern sichert wiederum indirekt auch das Erfordernis einer angemessenen Eigenkapitalausstattung die Solvenz der Gesell23 Deren Möglichkeit, Gewinne auszuschütten, wird wiederum durch das festgelegte Aktienkapital begrenzt. Inwieweit die hier vertretene konkretisierte Pflicht zu einer angemessenen Kapitalstruktur mit dem System der Kapitalaufbringung und -erhaltung im deutschen wie schweizerischen Recht harmonisiert werden könnte, so dass der Grenzwert zur Kapitalstruktur auch grundsätzlich die Zulässigkeit von Gewinnausschüttungen begrenzen könnte und dadurch das System des Kapitalschutzes insgesamt verändert und grundlegend neu gestaltet würde, bedarf einer weiteren vertieften Untersuchung und Diskussion, die hier nicht geleistet werden kann. Zu Vorschlägen des Verhältnisses von Beschlüssen der Generalversammlung zu Pflichten des Verwaltungsrats nach geltendem schweizerischem Recht s. Kägi, S. 377 ff. Siehe zur Diskussion um die Reform des Kapitalschutzes im schweizerischen Aktienrecht insgesamt zuletzt ausführlich Meyer, Gläubigerschutz, S. 178 ff.; Fuchs Mtwebana, S. 247 ff.; Kägi, S. 443 ff. 24 Vorschläge hierzu etwa bei Weibel, S. 141 ff.

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schaft ab: Dadurch, dass die herrschende Gesellschaft mit dem erforderlichen Eigenkapitalanteil haftet, ist auch ihr Anreiz, die Geschäftsführung zu solvenzgefährdenden Maßnahmen zu veranlassen, begrenzt, da durch diese eine mögliche Insolvenz der Gesellschaft verursacht werden könnte, die zum Verlust des dann nicht unerheblichen Eigenkapitalanteils der herrschenden Gesellschaft führen würde. Bei Einführung eines konkreten Grenzwerts für eine angemessene Kapitalstruktur wäre folglich die Pflicht zur liquiditätsbezogen Solvenzsicherung ohnehin wohl von untergeordneter praktischer Relevanz. Ob darüber hinaus das bestehende System des Kapitalschutzes nach angelsächsischem Vorbild unter Abschaffung des festen Aktienkapitals bzw. Grundkapitals grundsätzlich oder jedenfalls punktuell im Hinblick auf die Zulässigkeit von einzelnen buyout-Transaktionen reformiert und durch einen zukunftsbezogenen Solvenztest ersetzt werden sollte25, kann im Rahmen dieser Untersuchung in allen Details nicht beurteilt werden; aus den gewonnenen Erkenntnissen kann jedenfalls gefolgert werden, dass ein Bilanztest, der regelmäßig Teil eines Solventests ist, zumindest vorsehen sollte, dass die Aktiven auch nach der beabsichtigten Maßnahme noch die Verbindlichkeiten um einen so wesentlichen Anteil, d. h. um mindestens ein Viertel übersteigen, so dass eine angemessene Risikoverteilung von Eigen- und Fremdkapitalgebern gesichert wird. Die Frage der Zulässigkeit sollte jedenfalls nicht allein auf prognostische Einschätzungen und Annahmen gestützt werden, da diese regelmäßig die Sicht der Eigenkapitalgeber widerspiegeln werden. Dadurch würden jedenfalls die Interessen derjenigen Gläubiger tendenziell gefährdet, die sich nicht kautelarjuristisch haben absichern können. Im schweizerischen Recht sichert die Rechtsfigur der faktischen Organschaft die Einhaltung der Pflichten des Verwaltungsrats auf allen Konzernebenen ab, da auch eine veranlassende herrschende Gesellschaft für entsprechende pflichtwidrige Weisungen in Haftung genommen werden kann, sofern sie die jeweiligen Organpflichten, etwa im Hinblick auf die Finanzierungsverantwortung, dauerhaft usurpiert hat, was bei buyouts regelmäßig der Fall ist. Liegt eine Usurpation der Finanzierungsverantwortung vor, würde das faktische Organ also auch für die Herbeiführung einer unangemessenen Kapitalstruktur, etwa durch Kreditaufnahme, haften, und folglich bestrebt sein, eine angemessene Kapitalstruktur der Gesellschaft zu erhalten. Das deutsche Aktienkonzernrecht sieht hingegen lediglich eine Haftung der veranlassenden Gesellschaft und ihrer Organe für Verstöße gegen die Nachteilsausgleichspflicht, auch bei mehrstufig vermitteltem Einfluss, gemäß § 317 Abs. 2 AktG vor, die sich aber nur auf konkret bezifferbare zugefügte Nachteile bezieht und nicht auf die Verletzung von Sorgfaltspflichten zur Erhaltung einer angemessenen 25 So in der Tendenz mit sehr unterschiedlichen Auffassungen im Detail etwa grundsätzlich zum Kapitalschutzsystem Fuchs Mtwebana, S. 297 ff.; Kägi, S. 454 ff. Skeptisch Meyer, Gläubigerschutz, S. 178 ff. Jedenfalls ergänzend einen Solvenztest im Kontext von LBOTransaktionen vorschlagend Weibel, S. 141 ff. Für das deutsche Recht etwa Tasma, S. 426 ff.

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Kapitalstruktur. Zwar konturiert die vorgeschlagene Grenzwertziehung im deutschen Recht die Mindeststandards der Finanzierungsverantwortung und ermöglicht es dem Vorstand der beherrschten Gesellschaft, die Umsetzung entsprechender Weisungen mit Verweis auf das konkrete persönliche Haftungsrisiko zu verweigern. Dennoch führt dies zur konfliktreichen Situation, dass von einer solchen Weisung die herrschende Gesellschaft profitieren, aber nur der abhängige Vorstand der beherrschten Gesellschaft haften könnte. Zur Vermeidung dieser Konstellation wäre eine (zu den sonstigen Konzernrechtsbehelfen subsidiäre) Haftung aus faktischer Organschaft auch im deutschen Recht sinnvoll, so dass sich eine herrschende Gesellschaft durch eine Weisung zu pflichtwidrigem Handeln ebenfalls dem Haftungsrisiko aussetzt. Der gegen die Rechtsfigur der faktischen Organschaft erhobene Einwand der mangelnden Konturiertheit und Unschärfe ist zwar grundsätzlich berechtigt, da die dauerhafte Usurpation von Organpflichten nicht einfach zu definieren und zu beweisen ist. Allerdings geht diese Unschärfe allein zu Lasten der Anspruchsteller; sofern ein Dritter also in nicht nachweisbarer Weise Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt, haftet er auch nicht. Die Gefahr unwägbarer und die Konzernbildung hemmender Haftungsrisiken besteht folglich nicht.

III. Schutz durch Information der Gläubiger 1. Information über beherrschenden Einfluss Für den informationellen Gläubigerschutz sind einerseits die Informationsmöglichkeiten über eine (drohende) Konzernierung und damit verbundener etwaiger Lockerungen des Kapitalschutzes sowie andererseits die Publizität durch die Rechnungslegung relevant. In der unverbundenen Gesellschaft bietet von den Angaben im Handelsregister nach schweizerischem Recht allenfalls der Gesellschaftszweck Anhaltspunkte, aus denen sich bei Fehlen von Konzernklauseln prinzipiell ableiten lassen könnte, dass die Gesellschaft die Anforderungen an strenge Drittkonditionen und die Begrenzung der Sicherheitenbestellung zugunsten von Aktionären beachten muss. Bei Vorliegen einer im Handelsregister zu publizierenden Unterwerfungsklausel können Gläubiger bei ihrer Bonitätsbeurteilung berücksichtigen, dass durch Ausrichtung der Gesellschaft auf die herrschende Gesellschaft einschließlich möglicher Sicherheitenbestellung die Bonität der beherrschten Gesellschaft weitgehend mit der der herrschenden Gesellschaft verknüpft ist, bei Vorliegen einer Finanzierungsklausel, dass die beherrschte Gesellschaft auch nicht mehr gewinnstrebig wirtschaftet. Allerdings lässt sich ein Rückschluss aus fehlenden Konzernklauseln nur bei nicht vollständig beherrschten Gesellschaften zuverlässig ziehen, da nur dann mit den Minderheitsaktionären mögliche Aktivlegitimierte für Ansprüche nach Art. 678 Abs. 2 OR existieren, die die Einhaltung des Kapitalschutzes überwachen könnten. Ob die Gesellschaft vollständig beherrscht ist oder jedenfalls über einen Aktionär mit kontrollierendem Einfluss verfügt, lässt sich dem Handelsregister wiederum nicht

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entnehmen, so dass der Rückschluss auf die Strenge des Kapitalschutzes bei Fehlen von Konzernklauseln nicht zuverlässig möglich ist. Allgemeine Meldepflichten über Beteiligungen an einer Gesellschaft bestehen nicht; mögliche Überschreitungen der Kontrollschwelle lassen sich bei nicht börsenkotierten Gesellschaften nur sehr eingeschränkt und indirekt über die Mitteilungen über wesentliche Beteiligungen gemäß Art. 959c Abs. 2 Ziff. 3 OR im Anhang der Bilanz der herrschenden Gesellschaft ermitteln. Bei börsenkotierten Gesellschaften bestehen hingegen umfassende Meldepflichten über das Überschreiten einzelner Beteiligungsschwellen, so dass Gläubiger umfassend über eine mögliche (drohende) Konzernierung informiert werden. Im deutschen Recht lässt sich eine Konzernierung dem Handelsregister nicht entnehmen. Der Umstand einer (drohenden) Konzernierung einer nicht börsennotierten Gesellschaft kann allerdings von den Gläubigern den vorgeschriebenen Meldungen nach §§ 20, 21 AktG bei Überschreiten eines Anteils von einem Viertel der stimmberechtigten Anteile den Gesellschaftsblättern entnommen werden. Für börsennotierte Gesellschaften bestehen wiederum ohnehin umfassende Meldepflichten hinsichtlich des Überschreitens verschiedener Schwellenwerte. Zur Information der Gläubiger wäre es daher im schweizerischen Recht auch für nicht börsenkotierte Gesellschaften wünschenswert, dass sich Gläubiger über die wesentlichen Beteiligungsverhältnisse der Gesellschaft, die einen beherrschenden Einfluss begründen können, ohne Mühen und ohne den Umweg über die Konsolidierung in der Bilanz der herrschenden Gesellschaft informieren können. Diese Publizität sollte nicht wie bisher an die Zufälligkeit geknüpft werden, dass zur Sicherheitenbestellung betriebswesentliche Aktiva genutzt werden oder dass bei vollständiger Beherrschung die Aufhebung der Gewinnstrebigkeit nach außen hin dokumentiert werden soll und deshalb der Zweck angepasst wird. Wie im deutschen Recht sollten daher Erwerber wesentlicher Beteiligungen (beispielsweise bei Überschreiten einer Schwelle von 25 Prozent der stimmberechtigten Anteile) dies der Gesellschaft mitteilen müssen, die dies wiederum in geeigneter Form, etwa im SHAB, so publizieren müsste, so dass Gläubiger – wie auch andere stakeholder mit berechtigten Interessen wie etwa (Minderheits-)Aktionäre der Gesellschaft – sich problemlos darüber informieren und dies bei ihren Dispositionen berücksichtigen könnten. Zusätzliche Meldeschwellen sollten – jedenfalls sofern diese im Hinblick auf den eingeschränkten Rechtsschutz anders als hier vorgeschlagen relevant bleiben sollten – bei vollständiger Beherrschung sowie bei Überschreitung etwaiger statutarisch erhöhter Beschlussquoren bestehen, da in letzterem Fall die Grenze von einem Viertel der Stimmen nicht relevant ist. Im Gegenzug könnte auf die unsichere und nur bedingt aussagefähige Information durch Änderungen des Gesellschaftszwecks gänzlich verzichtet werden. Im deutschen Recht werden die Gläubiger ausreichend über eine Konzernierung informiert; die Frage der vollständigen Beherrschung berührt den Gläubigerschutz nicht, so dass diesbezüglich auch keine Mitteilung erforderlich ist. Allerdings wäre

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überlegenswert, eine zusätzliche Meldepflicht bei Überschreitung eines durch Satzung erhöhten Beschlussquorums vorzuschreiben. 2. Rechnungslegung Die Rechnungslegung sieht im schweizerischen Recht nur punktuelle Informationen über Maßnahmen der finanziellen Unterstützung vor, etwa je nach Rechnungslegungsstandard einen gesonderten Ausweis von Darlehen an wichtige Aktionäre; Sicherheiten zugunsten von Aktionären werden nur im Anhang zur Bilanz dargestellt. Die bei Erreichen der kontrollierenden Mehrheit gemäß Art. 963 Abs. 1 OR vorgeschriebene Konsolidierung der beherrschten Gesellschaft in der Bilanz bietet den Gläubigern keine aussagekräftigen Informationen über konzerninterne Finanzierungen. Im deutschen Recht werden bestehende Eventualverbindlichkeiten ebenfalls nur im Anhang zur Bilanz dargestellt. Daneben besteht zwar im faktischen Konzern gemäß §§ 312 ff. AktG eine Pflicht zur Erstellung und Prüfung eines Abhängigkeitsberichts, in dem die konzerninternen Finanzierungen dargestellt werden und der auch der Abschlussprüfung unterliegt, doch ist dieser den Gläubigern nicht zugänglich. Dennoch wäre ein solcher Bericht über die finanziellen Transaktionen im Konzern bei Vorliegen einer kontrollierenden Mehrheit im Interesse der Gläubiger auch im schweizerischen Recht – wie bereits ausgeführt – durchaus sinnvoll. Ein solcher Bericht sollte der Revision unterliegen, die die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben überprüfen müsste; allerdings sollte sich die Überprüfung auf die Beachtung der hinreichenden Bonität des Empfängers und die Einhaltung der steuerrechtlichen Vorgaben zu Verzinsung und Vergütung beschränken, da ein strenger Drittvergleich der Konditionen im Rahmen der Revision kaum geleistet werden kann und dies aus Gläubigerschutzgründen auch nicht erforderlich ist. Zur Wahrung des Geheimhaltungsinteresses der beteiligten Gesellschaften sollte dieser Bericht grundsätzlich den Gläubigern nicht zugänglich sein; er könnte ihnen aber insbesondere die spätere Begründung von Ansprüchen im Konkurs erleichtern.

B. Schutz der Minderheitsaktionäre I. Im Konzern Maßnahmen der finanziellen Unterstützung bergen stets auch die Gefahr der Benachteiligung der Minderheitsaktionäre in sich. Bereits durch den bloßen Zugang zu finanzieller Unterstützung können die begünstigten Aktionäre in den Genuss eines Vorteils gegenüber den anderen Aktionären kommen; zusätzlich können sie im Konzern ihren Einfluss auf die Geschäftsführung der beherrschten Gesellschaft dazu nutzen, günstigere Konditionen bei Zinsen und Avalprovisionen zu erhalten als Dritte. Auch bei grundsätzlicher Geltung strenger Drittkonditionen aus Gründen des

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Kapitalschutzes wird die Aufhebung des Interessengegensatzes von herrschender und beherrschter Gesellschaft zu privilegierten Konditionen führen, da die wegen der schwierigen Bestimmbarkeit objektiver Bedingungen stets gegebenen Bewertungsspielräume regelmäßig zugunsten der herrschenden Gesellschaft ausgelegt werden. Damit besteht in der beherrschten Gesellschaft stets die Gefahr, dass Gewinne der Gesellschaft in mehr oder minder großem Umfang zulasten der übrigen Aktionäre auf den begünstigten Aktionär verlagert werden. Andererseits sind die Konzernierung und die mit ihr verbundene Kontrollbildung und Konzerninnenfinanzierung rechtspolitisch erwünscht und bieten durch die mit ihnen verbundenen Wertsteigerungspotentiale und möglichen Synergien auch Vorteile für die Minderheitsaktionäre, die die mögliche Benachteiligung durch besonders günstige Konditionen wieder aufwiegen können. Inwieweit diesen gegensätzlichen Zielsetzungen in den untersuchten Rechtsordnungen Rechnung getragen wurde, soll nachfolgend in zwei Schritten untersucht werden, wobei zunächst die grundsätzliche Zulässigkeit von Maßnahmen finanzieller Unterstützung im Rahmen der Konzerninnenfinanzierung (also ob eine Konzerninnenfinanzierung ganz oder teilweise zulässig ist) und anschließend die Begrenzung der Ausgestaltung der Bedingungen (also wie eine zulässige Konzerninnenfinanzierung zu erfolgen hat) verglichen werden. 1. Begrenzung der Zulässigkeit der Konzerninnenfinanzierung Im schweizerischen Recht begrenzen bei Gesellschaften ohne Unterwerfungsklausel im Gesellschaftszweck grundsätzlich die Gleichbehandlungspflicht, das Gebot der Vermeidung von Klumpenrisiken und die Zweckgrenze bei Besicherung mit betriebsnotwendigen Aktiva die Zulässigkeit von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, allerdings fällt der Nachweis einer Verletzung der Gleichbehandlungspflicht oder des Gebots der Vermeidung von Klumpenrisiken wegen der Unbestimmtheit dieser Rechtsbegriffe und der gegebenen Rechtfertigungsmöglichkeiten nicht leicht. Nach Einfügung einer Unterwerfungsklausel mit qualifizierter Mehrheit von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen, über die ein beherrschender Aktionär in der Regel verfügen wird, bestehen hingegen keine grundsätzlichen gesetzlichen Begrenzungen der Zulässigkeit der Konzerninnenfinanzierung mehr gegenüber der herrschenden Gesellschaft. Es besteht jedoch nach der von der Rechtsprechung entwickelten Übertragung der Doktrin von Insichgeschäften auf Interessenkonflikte im Konzern die Pflicht, Rechtsgeschäfte der Gesellschaft mit dem Mehrheitsaktionär von der Generalversammlung genehmigen zu lassen, was aber bei beherrschendem Einfluss eine bloße Formalität ohne Begrenzungswirkung darstellt und allenfalls die Information der Minderheitsaktionäre verbessern kann. Zur Sicherung eines Konzerneingangsschutzes können von der Gesellschaft – in eingeschränktem Maße auch bei börsenkotierten Gesellschaften – durch statutarische Bestimmungen Mindestquoren und Höchststimmrechte festgelegt werden, die die

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Bildung eines beherrschenden Einflusses unmöglich machen oder zumindest erheblich erschweren. Im deutschen Recht entfallen gesetzliche Begrenzungen etwa durch die Gleichbehandlungspflicht im faktischen Konzern bereits ohne weiteres bei Vorliegen einer kontrollierenden Mehrheit. Lediglich die Besicherung mit (nahezu) sämtlichen Aktiva erfordert die Zustimmung der Hauptversammlung gemäß § 179a Abs. 1 AktG mit satzungsändernder Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Kapitals. Da bei Besicherungen in diesem Umfang regelmäßig auch der Unternehmensgegenstand tangiert sein wird, wird regelmäßig in solchen Fällen auch eine (ggf. bedingte) Änderung des Unternehmensgegenstands gemäß § 179 AktG mit gleichem Quorum erforderlich sein. Eine Zustimmungspflicht auch bei einem niedrigeren Schwellenwert des Besicherungsumfangs entsprechend der „Holzmüller/Gelatine“-Rechtsprechung besteht nach geltendem Recht nicht. Darüber hinaus untersagt § 71a Abs. 1 AktG im deutschen Recht grundsätzlich bestimmte Maßnahmen der finanziellen Unterstützung im faktischen Konzern, solange sie in einem zeitlichem Zusammenhang zum Erwerb von Anteilen stehen, was nach hier vertretener Ansicht für einen Zeitraum von einem Jahr nach Konzernierung anzunehmen ist. Erschwerungen der Kontrollbildung durch erhöhte Beschlussquoren und andere Bestimmungen in der Satzung sind möglich, jedoch nur sehr eingeschränkt bei börsennotierten Gesellschaften, bei denen solche die Kontrollbildung erschwerenden Bestimmungen weitgehend unzulässig sind. Im schweizerischen Recht ist eine Einbindung in einen Konzern unterhalb des für eine Unterwerfungsklausel erforderlichen Quorums folglich nur mit fortbestehenden Begrenzungen zulässig und daraus resultierend mit einer gewissen Rechtsunsicherheit verbunden; so gelten die Gleichbehandlungspflicht und das Gebot zur Vermeidung von Klumpenrisiken eigentlich fort, diese können aber in Anbetracht des praktisch begrenzten Rechtsschutzes und der bestehenden Nachweisschwierigkeiten keine effektive Begrenzung leisten. Mit der von der Rechtsprechung verlangten formalen Genehmigung durch den Mehrheitsaktionär in der Generalversammlung wird allenfalls die Information der Minderheitsaktionäre verbessert, eine effektive Begrenzung wird damit nicht erzielt. Im deutschen Recht hingegen wird mit § 71a Abs. 1 AktG zwar sichergestellt, dass in dieser zeitlichen Phase nach Konzerneingang der Minderheitenschutz bei beabsichtigter Konzerninnenfinanzierung durch Verweis auf die insofern umfassenden Vorschriften des Vertragskonzernrechts bzw. des Umwandlungsrechts gewährleistet wird. Allerdings wird dieser punktuell verbesserte Minderheitenschutz mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit und einer Erschwernis der rechtspolitisch grundsätzlich erwünschten Kontrollbildung und Konzerninnenfinanzierung erkauft, da Tatbestand und Reichweite dieses Verbots unscharf und umstritten sind. Die in beiden Rechtsordnungen vorgesehenen Zustimmungserfordernisse bei Besicherung mit wesentlichen Aktiva der Gesellschaft sind nach der hier vertretenen Auffassung ohnehin nicht erforderlich, da nach hier vertretener Ansicht dingliche Sicherungsgeschäfte zugunsten der herrschenden

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Gesellschaft aus Gründen des Gläubigerschutzes ohnehin gänzlich unzulässig sein sollten26. Somit scheint es insgesamt vorzugswürdig, keine gesetzlichen Begrenzungen der Zulässigkeit der Konzernierung und der Konzerninnenfinanzierung aufzustellen und die Beschränkungen durch die Gleichbehandlungspflicht und die Vermeidung von Klumpenrisiken in beiden Rechtsordnungen einheitlich nach Kontrollerwerb aufzuheben. Kontrollbildung und -erwerb sind rechtpolitisch grundsätzlich wünschenswert und sollten als solche nicht erschwert werden; die sich an den Kontrollerwerb anschließenden Missbrauchsgefahren sollten spezifisch normiert werden und nicht durch mehr oder minder pauschale grundsätzliche Begrenzungen der Konzerninnenfinanzierung. Aus diesem Grund sollten auch statutarische Erschwerungen der Kontrollbildung weitgehend eingeschränkt werden. Im schweizerischen Recht sollten jedenfalls bei börsenkotierten Gesellschaften wegen der dort bereits bestehenden umfassenderen Schutzmechanismen für Minderheitsaktionäre statutarische Erschwerungen der Kontrollbildung wie auch im deutschen Recht weitgehend unzulässig sein27. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften sollte ein starrer Konzerneingangsschutz durch statutarische Beschränkungen jedenfalls dann nicht mehr zulässig sein, wenn auch bei nicht börsenkotierten Gesellschaften vergleichbar effektive Instrumente des Minderheitenschutzes bestünden28. Vor den besonderen Gefahren für den Minderheitenschutz beim buyout unter Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft schützt bereits nach hier vertretener Ansicht die Begrenzung der zulässigen Berücksichtigung von eigenen Anteilen der Gesellschaft bei der Bonitätsbewertung auf zehn Prozent der Anteile der Gesellschaft29. Damit wird in diesen für den Kapitalschutz problematischen Gestaltungen die Konzerninnenfinanzierung bereits hinreichend quantitativ begrenzt, ohne sie gänzlich zu verhindern.

26

Bei Annahme der Zulässigkeit von Sicherungsgeschäften sollte es allerdings bei diesen Zustimmungserfordernissen bleiben. 27 Die möglichen Gefahren solcher statutarischer Beschränkungen zeigten sich eindrucksvoll am Beispiel der Novartis AG, die umfassend über Höchststimmrechte vor einer Konzernierung geschützt ist: Zum planmäßigen Ausscheiden aus dem Unternehmen ließ sich ihr damaliger Verwaltungsratspräsident Vasella zum Abschied vom Verwaltungsrat – dessen Mitglieder weitgehend während seiner Amtszeit in diese Position gelangt waren – eine zusätzliche Prämie in Höhe von mehr als CHF 70 Mio. für seine Verdienste zusprechen, s. etwa NZZ vom 15. Februar 2013, „Vasella mit 72 Millionen entschädigt“. Nur durch medialen Druck verzichtete er schließlich auf diese „Verdienstprämie“. Es liegt nahe, zu vermuten, dass eine solche Prämie bei Beherrschung durch einen Mehrheitsaktionär nicht in Betracht gezogen worden wäre; zugleich ist zu vermuten, dass in einer vergleichbaren Konstellation mit einer weniger im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Gesellschaft die Prämie ohne mediale Aufmerksamkeit und damit Kontrolle beschlossen und gezahlt worden wäre. 28 Zu möglichen Vorschlägen siehe sogleich unten unter § 10 A. I. 2. 29 Siehe zu diesen Vorschlägen oben unter § 10 A. I. 1. c).

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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2. Angemessenheit der Finanzierungsbedingungen Neben der Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von Finanzgeschäften mit der herrschenden Gesellschaft ist zentrales Problem des Minderheitenschutzes die angemessene Vergütung dieser Finanzgeschäfte im Konzern, die wegen des im Konzern aufgehobenen Interessengegensatzes nicht mehr der freien Aushandlung zwischen den Beteiligten überlassen werden kann. Eine rechtliche Normierung der adäquaten Vergütung von Finanzgeschäften im Konzern muss dabei gegensätzlichen Zielsetzungen Rechnung tragen: Einerseits soll sie eine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre vermeiden, andererseits soll sie die rechtspolitisch erwünschte Konzerninnenfinanzierung nicht unnötig erschweren. Dabei besteht das grundsätzliche Problem, dass für die objektive Bestimmung der angemessenen Vergütung ein erheblicher Ermessensspielraum besteht, da hinsichtlich vergleichbarer Marktzinsen eine gewisse Variationsbreite besteht und angemessene Avalprovisionen wegen fehlender Vergleichbarkeit, insbesondere bei Bürgschaften und Garantien, ohnehin kaum bestimmbar sind. Der herrschende Aktionär wird seinen Einfluss auf die Geschäftsführung dazu nutzen, diese dazu zu veranlassen, im Rahmen eines rechtlich eröffneten Bewertungsspielraums stets die für den herrschenden Aktionär günstigsten Konditionen zu wählen. Fasst man nun die rechtlichen Vorgaben an die zulässigen Konditionen zu streng, wirkt dies prohibitiv auf die grundsätzlich erwünschte Konzerninnenfinanzierung; fasst man sie zu liberal, ermöglicht man die einseitige Verlagerung von Gewinnen auf den herrschenden Aktionär. Verkomplizierend kommt daneben hinzu, dass mit der Konzernierung für die beherrschte Gesellschaft auch häufig schwer quantifizierbare Vorteile durch Synergien sowie Zugang zu finanziellen Ressourcen im Rahmen eines cash poolings verbunden sind. Das schweizerische Recht scheint hier auf den ersten Blick einen strengen Minderheitenschutz zu verwirklichen: Sofern nicht ausnahmsweise die Gewinnstrebigkeit aufgehoben ist30, gelten die allgemeinen Kapitalschutznormen und damit das Erfordernis strenger Drittbedingungen bei der Vergütung von Finanzgeschäften. Hingegen dispensiert das deutsche Recht die Gesellschaft gemäß § 57 Abs. 1 S. 3 AktG von vornherein vom Erfordernis der Einhaltung strenger Drittbedingungen bei Finanzgeschäften mit Aktionären und untersagt im Gegenzug gemäß § 71a Abs. 1 AktG bestimmte Maßnahmen der finanziellen Unterstützung grundsätzlich und unabhängig von der Angemessenheit der Konditionen. Auch im schweizerischen Recht ermöglicht faktisch die Ausnutzung der objektiv bestehenden Bewertungsspielräume durch die herrschende Gesellschaft, günstigere Konditionen zu erwirken als bei Fortbestehen eines Interessengegensatz zwischen den beteiligten Gesellschaften; zugleich schafft die prinzipielle Geltung strenger Drittbedingungen jedoch auch Anlass für Streitigkeiten zwischen herrschender 30 Was nur in vollständig beherrschten Gesellschaften möglich ist, in denen der Minderheitenschutz ohnehin entfällt.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Gesellschaft und Minderheitsaktionären und damit Rechtsunsicherheit. Die Bemessung der adäquaten Vergütung dadurch zu erleichtern und zu vereinfachen, dass allgemeine oder nicht konkret bezifferbare Konzernvorteile, wie insbesondere bei der Finanzierung des buyouts der abstrakte Nutzen von Kontrollbildung und -ausübung für die Gesellschaft, berücksichtigt werden, ist wegen der mehr oder minder willkürlichen Bewertung der genannten Faktoren zur Lösung der Problematik keine geeignete Lösung. Als einziger Rechtsbehelf der Minderheitsaktionäre gegen eine mögliche Benachteiligung besteht lediglich die praktisch kaum einschlägige Auflösungsklage nach Art 736 Abs. 4 OR31. Dagegen ist die Vereinfachung und Pauschalierung der Konzerninnenfinanzierung durch § 57 Abs. 1 S. 3 AktG im deutschen Recht zur Vermeidung von Bewertungsschwierigkeiten und Erleichterung der prinzipiell erwünschten Konzerninnenfinanzierung ein grundsätzlich sinnvoller Ansatz. Allerdings kann die deutsche Regelung einseitige Gewinnverlagerungen zulasten der Minderheitsaktionäre nicht verhindern und erleichtert diese durch die Pauschalierung der Konditionen bzw. den Entfall einer erforderlichen Avalprovision sogar bis zu einem gewissen Grad; die pauschale Bemessung der Verzinsung nach bilanziellen Grundsätzen kann lediglich als grober Maßstab dienen, um die Gefahr von Gewinnverlagerungen zu begrenzen. Der mit den pauschalierten Sätzen implizit unterstellte mittelbare Nutzen für die Gesellschaft und damit auch für die Minderheitsaktionäre kann, muss aber nicht eintreten. Auch § 71a Abs. 1 AktG bietet hiergegen nur temporären Schutz und verbietet zudem auch unspezifisch Finanzgeschäfte, die möglicherweise auch zum Nutzen der beherrschten Gesellschaft und der Minderheitsaktionäre sein könnten. Bei Bildung eines hier nicht weiter zu erörternden Vertragskonzerns besteht darüber hinaus eine Pflicht zu angemessenem Ausgleich und Abfindung der Minderheitsaktionäre gemäß § 304 f. AktG, nicht aber bei Bildung des weit verbreiteteren faktischen Konzerns. In beiden Rechtsordnungen ist folglich das Problem der adäquaten Bemessung der Vergütung im Konzern bei nicht börsenkotierten Gesellschaften nicht gänzlich zufriedenstellend gelöst. Für börsenkotierte Gesellschaften bestehen hingegen in beiden Rechtsordnungen zusätzliche Instrumente des Minderheitenschutzes: Im schweizerischen Recht besteht gemäß Art. 135 Abs. 1 FinfraG eine Angebotspflicht für Aktionäre, deren Anteil die Schwelle von 33 1/3 Prozent der Stimmrechte (oder eines höheren, zuvor von der Gesellschaft durch opting-up beschlossenen Anteils) überschreitet und die damit über einen Stimmenanteil verfügen, der potentiell beherrschenden Einfluss vermittelt. Sie sind verpflichtet – sofern die Gesellschaft nicht vor Kotierung durch opting-out gänzlich auf die Angebotspflicht verzichtet hat –, den übrigen Aktionären ein Kaufangebot für ihre Anteile zum aktuellen Kurswert oder 31

Das Aktienrecht sieht gemäß Art. 736 Abs. 4 OR die Möglichkeit der Klage auf Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grund auf Antrag von mindestens zehn Prozent der Aktionäre vor, die aber wegen der hohen Anforderung an den wichtigen Grund nur in extremen Ausnahmefällen einschlägig sein wird, s. hierzu von Büren, SPR-Konzern, S. 116 ff.; Böckli, Aktienrecht, § 16 N 189 ff.

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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zum zuletzt vom herrschenden Aktionär bezahlten Kurs zu unterbreiten. Auch im deutschen Recht besteht für börsennotierte Gesellschaften gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG eine entsprechende Angebotspflicht, die allerdings bereits ab einer Grenze von dreißig Prozent der Stimmrechte greift und nicht abbedungen werden kann. Mit der Angebotspflicht besteht für börsenkotierte Gesellschaften eine effektive Lösung der Minderheitenproblematik bei der Konzerninnenfinanzierung. Denn ob ein herrschender Aktionär seine Stellung missbraucht lässt sich nicht nach gesetzlichen Kriterien allgemein festlegen, da der unterstellte mögliche Nutzen aus der Konzernierung für die Gesellschaft ebenso wenig wie die potentielle Missbrauchsgefahr rechtlich quantifizierbar ist. Die Beurteilung einer potentiellen Missbrauchsgefahr bzw. eines möglichen Nutzens aus der Konzernierung ist eine wirtschaftliche Prognoseentscheidung, die letztlich allein von den betroffenen Minderheitsaktionären getroffen werden kann. Schätzen sie die Gefährdung durch Benachteiligung als erheblich ein, können sie das Angebot annehmen, den Wert ihrer Anteile realisieren und sich dem nachteiligen Einfluss durch den herrschenden Aktionär entziehen; sehen sie einen überwiegenden Nutzen in der Konzernierung durch effektive Ausübung der Kontrolle oder mögliche Synergien, können sie auf das Angebot verzichten, müssen dann aber mit dem latenten Risiko möglicher künftiger Gewinnverschiebungen zugunsten des herrschenden Aktionärs rechnen, die aber auch bei einer pauschalen und privilegierenden Regelung wie durch § 57 Abs. 1 S. 3 AktG im deutschen Recht weiterhin grundsätzlich begrenzt sind und nur über einen längeren Zeitraum und bei größerem Umfang der Konzerninnenfinanzierung gravierend sein werden. Als Korrelat des Zugriffs der herrschenden Gesellschaft auf die Finanzmittel der Gesellschaft bei Konzerneingang sollte den Minderheitsaktionären folglich auch bei nicht börsenkotierten Gesellschaften grundsätzlich ein Austrittsrecht zustehen32. Analog zu den börsengesellschaftsrechtlichen Regeln könnte mit der – nach hier vertretener Ansicht bereits aus Gläubigerschutzgründen zu meldenden und zu veröffentlichenden33 – Überschreitung der Schwelle von beispielsweise einem Viertel der Stimmrechte oder einer höheren, im konkreten Fall zur Kontrollausübung etwa wegen statutarischer Begrenzungen erforderlichen Schwelle ein Recht der Minderheitsaktionäre zur Andienung ihrer Anteile binnen einer gewissen Frist nach öffentlicher Bekanntmachung der Überschreitung dieser Schwelle, beispielsweise sechs Monaten, ausgelöst werden; der zu zahlende Preis sollte dem letzten vom Mehrheitsaktionär für Anteile der Gesellschaft bezahlten Kurs entsprechen. Um möglichen Manipulationen des Angebotspreises vorzubeugen, sollte auf Antrag eines bestimmten Quorums der Aktionäre, beispielsweise einem Prozent der Aktionäre der Gesellschaft, alternativ der faire Wert der Anteile von einem von der 32 Gl. M. Kunz, Minderheitenschutz, § 14 N 119; von Büren, Groupes de sociétés, S. 327. Wohl auch Steininger, S. 330 f. A.A. Kalss, Aktienkonzernrecht, S. 166 f. Ebenfalls a.A. und für differenzierte Schutzinstrumente plädierend, allerdings für die Konstellation eines Erwerbs eines Minderheitsbeteiligung, Söding, S. 400 f. 33 Siehe zu diesen Vorschlägen bereits oben unter § 10 A. III. 1.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Gesellschaft zu beauftragenden neutralen Gutachter ermittelt werden und dann der jeweils höhere Wert als Abfindungspreis zugrunde gelegt werden. Im Gegenzug könnte nach Kontrollerwerb und Fristablauf für das Andienungsrecht die Konzerninnenfinanzierung nach deutschem Vorbild stark vereinfacht werden: Da dann nur noch der Schutz der Gläubiger berücksichtigt werden müsste, wäre es ausreichend, wenn der Empfänger von finanziellen Leistungen über eine hinreichende Bonität verfügen würde und die zu beachtende Vergütung nur sehr vereinfacht eine pauschale Abgeltung beinhaltet, um größere Verschiebungen von Gewinnen und Vermögen zu verhindern. Somit könnten ohne weiteres die steuerrechtlichen Vorgaben zur Verzinsung, die ohnehin beachtet werden müssen, maßgeblich sein. Dieser Maßstab würde auch den Anforderungen des Gläubigerschutzes genügen, so dass ein einheitlicher Maßstab für die Bemessung adäquater Vergütung bei der Konzerninnenfinanzierung angelegt werden könnte. Nach hier vertretener Ansicht wird von einer weitgehenden Unzulässigkeit von Sicherungsgeschäften zugunsten der herrschenden Gesellschaft ausgegangen, so dass die Problematik der Bemessung von Avalprovisionen gänzlich entfiele bzw. für den allein zulässigen Fall der Personalsicherheit im Umfang der ausschüttungsfähigen Mittel im Verwertungsfall keine wirtschaftliche Relevanz hätte und für diesen Fall eine Avalprovision entfallen könnte. Auch die Zulässigkeit statutarischer Beschränkungen der Kontrollbildung könnte bei Bestehen eines Austritts auch in der nicht börsenkotierten Gesellschaft weitgehend eingeschränkt werden, da sie wegen eines hinreichenden Minderheitenschutzes nicht mehr erforderlich wären. Unter ökonomischen Aspekten wird gegen ein solches generelles Austrittsrecht argumentiert, dass man als Anreiz für den Kontrollerwerb eine gewisse Vorteilsnahme des Mehrheitsaktionärs zulasten der Minderheitsaktionäre zulassen müsse, da die wohlfahrtsökonomischen Vorteile der Kontrollbildung insgesamt die Benachteiligung der Minderheitsaktionäre mehr als aufwögen34. Selbst wenn man das ökonomische Argument der Anreizbildung teilen würde und die damit verbundene Ungleichbehandlung der Aktionäre hierfür in Kauf nähme, wäre der zu erzielende Effekt jedenfalls nur kurzlebig. Denn in Kenntnis dieser Benachteiligungsmöglichkeit würden Aktionäre nur noch Anteile solcher Gesellschaften erwerben, die sich über statutarische Bestimmungen gegen eine Konzernierung umfassend abgesichert haben; fehlt es an einer solchen Absicherung oder ist die Gesellschaft bereits beherrscht, werden sie es bevorzugen, für eine Investition in diese Gesellschaft in Anleihen oder Partizipationsscheine bzw. Vorzugsaktien dieser Gesellschaft zu investieren oder stimmberechtigte Aktien der Gesellschaft nur mit erheblichen Kursabschlägen erwerben. Damit würden die Anreize für eine Kontrollbildung mittelfristig wieder verschwinden und zudem als unerwünschter Nebeneffekt die Eigenkapitalfinanzierung von Aktiengesellschaften erschwert werden, was volkswirtschaftlich nicht wünschenswert wäre. Dass dieses Argument der Anreizbildung 34 Grundlegend Easterbrook/Fischel, S. 110 ff. Jedenfalls für die Zulässigkeit einer Kontrollprämie diesem Argument folgend Daeniker, Angebotspflicht, S. 108.

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nicht dauerhaft trägt, zeigt auch die inzwischen erfolgte Aufhebung der Zulässigkeit der Kontrollprämie im Börsengesellschaftsrecht, deren Zulässigkeit ebenfalls mit dem Argument der Anreizbildung begründet wurde35. Ein gewichtigeres Argument gegen ein generelles Austrittsrecht bei nicht kotierten Gesellschaften ist hingegen, dass es mit einer unangemessenen Belastung eines Mehrheitsaktionärs verbunden ist, wenn er verpflichtet wird, auch außerhalb der Börsenkotierung und unabhängig von seinen weiteren Zielen hinsichtlich des Grads der Einbindung der Gesellschaft in einen Konzern umfassend und zwangsweise Anteile von Minderheitsaktionären zu erwerben und ein solches Austrittsrecht daher prohibitiv auf die gewünschte Kontrollbildung wirken könnte36. Zwar könnte der herrschende Aktionär etwaig so erworbene Anteile wieder an Dritte weiterveräußern. Zudem könnte er durch ein seriöses Konzept die Minderheitsaktionäre davon überzeugen, dass ein Verbleib in der Gesellschaft auch für sie vorteilhaft sei; bei Übernahmen durch einen industriellen Investor wird dies häufig schon aufgrund der gegebenen Synergien naheliegen, bei einem Finanzinvestor wird es eine Frage der Reputation sein, inwieweit er die Minderheitsaktionäre vom langfristigen Nutzen des buyouts zu überzeugen vermag. Dennoch wird durch ein Austrittsrecht ein Aktionär, der möglicherweise lediglich Kapitalanlagezwecke mit seiner Investition verfolgt und auch nach Erreichen der kontrollierenden Mehrheit lediglich seine Gesellschafterrechte wahrnehmen möchte, erheblich belastet und möglicherweise von Investitionen oder von der gewünschten Kontrollbildung abgeschreckt. Um diese unterschiedlichen Interessenlagen zu berücksichtigen, bietet es sich im schweizerischen Recht an, dem Erwerber einer kontrollierenden Mehrheit die Wahl zwischen der Einräumung eines Andienungsrechts und der Berufung eines fiduziarischen Verwaltungsrats als Vertreter der Minderheitsaktionäre zu lassen. Die Rechtsprechung sieht die Genehmigung aller konzerninternen Transaktionen durch einen solchen fiduziarischen Verwaltungsrat der Minderheitsaktionäre als Alternative zur sonst erforderlichen (formalen) Zustimmung durch die Generalversammlung vor. Ein solcher fiduziarischer Verwaltungsrat unterläge der Verantwortlichkeit und wäre daher verpflichtet, im Interesse der Gesellschaft alle nützlichen und die Minderheitsaktionäre nicht benachteiligenden Transaktionen genehmigen, so dass die Interessen des Mehrheitsaktionärs nicht beeinträchtigt würden. Allerdings besteht kein gesetzlicher Anspruch auf die Wahl eines solchen fiduziarischen Verwaltungsrats; zudem könnte ein solcher nur bei Gesellschaften bis zu einer gewissen Größe und bei punktuellen Transaktionen im Konzern (beispielsweise einzelnen Darlehen an die herrschende Gesellschaft bzw. den herrschenden Gesellschafter) eine effektive Kontrolle ausüben, ohne den Geschäftsgang zu behindern. Ab einer gewissen Größe des Konzerns bräuchte er einen qualifizierten Mitarbeiterstab, um 35

Daeniker, Angebotspflicht, S. 136 f. Kalss, Aktienkonzernrecht, S. 166 f. Als Alternative verweist sie auf gesellschafts- und vertragsrechtliche Möglichkeiten des Konzerneingangsschutzes, die aber wohl wiederum die Kontrollbildung erschweren würden. 36

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

umfangreiche und komplexe Konzerntransaktionen überwachen zu können. Seine jeweils erforderliche Zustimmung würde solche Transaktionen erheblich verlangsamen und erschweren. Daher wäre eine generelle gesetzliche Pflicht zur Wahl eines solchen fiduziarischen Verwaltungsrats der Minderheitsaktionäre mit der Befugnis, konzerninterne Transaktionen zu überwachen und zu genehmigen, keine grundsätzlich für alle Gesellschaften geeignete Alternative. Hingegen könnte dem Mehrheitsaktionär nach Überschreiten der das Andienungsrecht auslösenden Schwelle ein Wahlrecht zwischen Andienungsrecht und der Wahl eines fiduziarischen Verwaltungsrats durch die Minderheitsaktionäre, der alle konzerninternen Transaktionen genehmigen muss, zugestanden werden. Dies könnte insbesondere in kleineren Gesellschaften und Familienunternehmen oder wenn der herrschende Aktionär eine Mehrheitsbeteiligung nur zur Kapitalanlage ohne weitere Einbindung in einen Konzern erwerben möchte eine Alternative sein, zumal damit die Minderheitsaktionäre in jedem Fall als zusätzliche Eigenkapitalgeber erhalten blieben und zugleich – anders als nach Ablauf der Frist für das Austrittsrecht – ein dauerhafter Schutz der Minderheitsaktionäre vor Benachteiligungen aller Art, auch nicht bilanziell erfassbarer Art, gegeben wäre. Sollte der Mehrheitsaktionär zu einem späteren Zeitpunkt dennoch eine intensivere Einbindung in den Konzern anstreben, sollte er sich wiederum durch ein Austrittsangebot an die Minderheitsaktionäre – auf Grundlage einer Anteilsbewertung durch externe Dritte – vom Genehmigungserfordernis durch den fiduziarischen Verwaltungsrat dauerhaft befreien können. Im Falle einer angestrebten umfassenden Einbindung der beherrschten Gesellschaft in einen Konzern wäre ein Austrittsrecht der Minderheitsaktionäre jedenfalls keine unbillige Belastung für die herrschende Gesellschaft. Im deutschen Recht könnte bei Geltung eines entsprechenden gesetzlichen Austrittsrechts der Minderheitsaktionäre bei Überschreiten der Kontrollschwelle auf die Geltung des § 71a Abs. 1 AktG gänzlich verzichtet werden, da dann die Gefahren für den Minderheitenschutz weitgehend gebannt wären und folglich kein zusätzlicher Kapitalschutz, wie ihn § 71a Abs. 1 AktG vermittelt, mehr erforderlich wäre. Zudem entfiele dann die unspezifische Behinderung von Kontrollbildung und Konzerninnenfinanzierung durch § 71a Abs. 1 AktG. Allerdings würde ein solches Austrittsrecht auch im deutschen Recht eine erhebliche Belastung für einen Mehrheitsaktionär darstellen und möglicherweise abschreckend auf einen Investor und damit prohibitiv hinsichtlich der gewünschten Kontrollbildung wirken. Die Übertragung der Idee eines fiduziarischen Verwaltungsrats wiederum als Alternative zum Austrittsrecht auch in das deutsche Aktienrecht bietet sich hingegen aus systematischen Gründen nicht an. Zwar besteht die Möglichkeit der Bestimmung eines Entsendungsrechts für einen Aufsichtsrat durch bestimmte Aktionäre oder Aktionärsgruppen in der Satzung gemäß § 101 Abs. 2 AktG, so dass auch hier Vertreter der Minderheitsaktionäre in den Aufsichtsrat berufen werden könnten und dies de lege ferenda auch bei Konzerneingang so zwingend vorgesehen werden könnte. Nach schweizerischem Vorbild sämtliche konzerninternen Transaktionen

§ 10 Rechtsvergleichende Überlegungen

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dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorzulegen und dabei den Ausstand sämtlicher durch die herrschende Gesellschaft bestimmter Aufsichtsratsmitglieder wegen Befangenheit zu verlangen, so dass nur die entsandten Aufsichtsräte über diese Geschäfte entscheiden würden, scheint jedoch nicht sinnvoll: Denn dies wäre schon wegen der Vorschriften zur Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats, die grundsätzlich eine Mindestzahl von drei Personen gemäß § 108 Abs. 2 S. 3 AktG vorsehen, aber insbesondere auch wegen des geltenden Systems des Nachteilsausgleichs durch §§ 311 ff. AktG, dem deutschen Aktienkonzernrecht fremd. Systematisch passender wäre es daher, wenn zur Vermeidung eines Austrittsrechts lediglich die Prüfung des Abhängigkeitsberichts, die gemäß § 314 Abs. 2 AktG durch den gesamten, im faktischen Konzern regelmäßig durch den von Vertretern der herrschenden Gesellschaft dominierten Aufsichtsrat zu erfolgen hat, einem Ausschuss von allein durch Minderheitsaktionäre entsandten Aufsichtsräten überlassen werden müsste. Diesen Vertretern der Minderheitsaktionäre müsste dann auch der Bericht an die Hauptversammlung über den Abhängigkeitsbericht obliegen und das Recht, durch Erklären von Einwendungen gemäß § 314 Abs. 3 AktG gegen den Abhängigkeitsbericht eine Sonderprüfung gemäß § 315 Abs. 1 Nr. 2 AktG auszulösen. Diese Sonderprüfung könnte dann etwa konkret prüfen, ob der dargestellte Nachteilsausgleich umfassend und marktgerecht erfolgte. Damit wäre zwar nicht dasselbe Schutzniveau wie durch ein Genehmigungserfordernis wie im schweizerischen Recht erreicht, aber doch eine erhebliche Verbesserung der Überwachung der herrschenden Gesellschaft und eine Möglichkeit der Minderheitsaktionäre, durch unabhängige Entscheidung über die Einleitung einer Sonderprüfung konkrete Missstände aufzudecken. Bei angestrebter intensiverer Einbindung der beherrschten Gesellschaft in den Konzern bestünde für die herrschende Gesellschaft ein Anreiz, ein Abfindungsangebot zu unterbreiten, um sich des störenden Einflusses der Minderheitsaktionäre zu entledigen. Strebt die herrschende Gesellschaft hingegen keine intensive Einbindung in ein Konzernverhältnis an, ermöglicht diese Lösung einen Kontrollerwerb ohne ein belastendes Austrittsrecht unter zumindest verbesserter Wahrung der Interessen der Minderheitsaktionäre. II. Bei Umstrukturierungen Bei Umstrukturierungen nach dem FusG besteht mit den zwingend vorgeschriebenen Schutzmechanismen Fusionsbericht und Fusionsprüfung durch unabhängige Dritte sowie dem Erfordernis hoher Zustimmungsquoren ein umfassender Schutz der Minderheitsaktionäre, der verhindert, dass diese bei der Verschmelzung benachteiligt werden können. Ebenso sind im deutschen Recht bei Maßnahmen nach dem UmwG hohe Zustimmungsquoren, Verschmelzungsprüfung und Verschmelzungsbericht vorgesehen, die eine Benachteiligung von Minderheitsaktionären weitgehend ausschließen. Die sonst bei Maßnahmen finanzieller Unterstützung problematische Bemessung von Bonität des Empfängers und die Bestimmung der angemessenen Vergütung für die zeitweise Überlassung von Mitteln der Gesellschaft

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stellt sich bei Fusionen bzw. Verschmelzungen grundsätzlich nicht, so dass keine Gewinnverschiebungen zulasten von Minderheitsaktionären vorgenommen werden können.

C. Schutz des Kapitalmarkts Durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung kann ein Kurs beeinflusst und manipuliert werden; zugleich besteht die Gefahr, dass die Geschäftsführung einer Gesellschaft mit Maßnahmen der finanziellen Unterstützung Einfluss darauf nimmt, ob ein und welcher potentieller Erwerber einer Kontrollmehrheit in der Übernahmesituation erfolgreich sein wird. Ein Verbot von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung wie im deutschen Recht gemäß § 71a Abs. 1 AktG schränkt die Möglichkeiten der Kursbeeinflussung durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung erheblich ein, ebenso wie die Möglichkeiten der Geschäftsführung, einen bestimmten Bieter oder Erwerber in der Übernahmesituation zu begünstigen. Allerdings bestehen für beide Problemkreise in den untersuchten Rechtsordnungen auch spezifische Regelungen: Das Verbot der Kursmanipulation ist im Börsengesellschaftsrecht für börsenkotierte Gesellschaften in Art. 143 Abs. 1 lit. b FinfraG geregelt, im deutschen Recht in § 20a WpHG. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften besteht ohnehin kein Bedürfnis nach einer Regulierung der Gefahr der Kursmanipulation, da es einen transparenten Marktkurs, der für Dritte eine objektive Aussagekraft haben könnte und dessen Zustandekommen deswegen vor Manipulationen geschützt werden müsste, nicht gibt. Selbst bei börsenkotierten Gesellschaften sind die tatsächlich zu regulierenden Tatbestände der Kursmanipulation eng begrenzt. Es besteht daher kein Bedürfnis einer zusätzlichen gesellschaftsrechtlichen Normierung. Ebenso bestehen für die Problematik der Beeinflussung der Bieterauswahl durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung spezifisch kapitalmarktrechtliche Regelungen in den untersuchten Rechtsordnungen: Im schweizerischen Recht besteht gemäß Art. 132 Abs. 2 FinfraG ein Verbot bestimmter Abwehrmaßnahmen und offensichtlicher Verletzungen des Gesellschaftsrechts, das verhindert, dass Maßnahmen der finanziellen Unterstützung in den Bieterwettbewerb beeinflussendem Umfang erfolgen. Auch im deutschen Recht besteht in der Übernahmesituation eine Neutralitätspflicht des Vorstands gemäß § 33 Abs. 1 WpÜG, die Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zugunsten eines Bieters in der Übernahmesituation weitgehend untersagt. Bereits im Vorfeld einer Übernahmesituation zwingen die in beiden Rechtsordnungen bestehenden Pflichten zur Ad-hoc-Publizität, geplante substantielle Maßnahmen der finanziellen Unterstützung zu veröffentlichen und damit andere potentielle Bieter zu informieren. Bei nicht börsenkotierten Gesellschaften bestehen im deutschen wie im schweizerischen Recht auch außerhalb des spezifischen Verbots gemäß § 71a Abs. 1

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AktG Beschränkungen von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung an Aktionäre vor Kontrollerwerb, wie etwa die aktienrechtliche Gleichbehandlungspflicht und Sorgfaltspflicht des Vorstands sowie die Kapitalschutznormen und bestimmte Genehmigungserfordernisse durch die General- bzw. Hauptversammlung bei Besicherung mit betriebswesentlichen Aktiva, die eine Beeinflussung des Bieterwettbewerbs begrenzen können, wegen des schwächer ausgeprägten Rechtsschutzes und der unschärferen Konkretisierung allerdings sämtlich nicht so effektiv wirken wie die kapitalmarktrechtlichen Beschränkungen. Auch wenn daher Reichweite und Effizienz der notwendigen Begrenzung von Abwehrmaßnahmen für kotierte wie nichtkotierte Gesellschaften durchaus verschärft werden könnten, solange im Gegenzug eine Genehmigungsmöglichkeit durch die Generalversammlung die Handlungsfähigkeit der Geschäftsführung sichert, ist jedenfalls das starre Verbot von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung gemäß § 71a Abs. 1 AktG hierfür nicht geeignet, da es keine Genehmigungsmöglichkeit durch die Gesellschafter vorsieht und somit die Kontrollbildung undifferenziert erschwert.

D. Systemische und ordnungspolitische Aspekte Die Entstehungsgeschichte des Verbots der financial assistance im englischen Recht, auf dem Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie und § 71a Abs. 1 AktG fußen, zeigt, dass wesentliches Motiv für die Schaffung eines solches Verbots eine Welle von Unternehmens- und Bankenzusammenbrüchen als Folge eines takeover booms mit massiver Fremdkapitalaufnahme der betroffenen Gesellschaften unter Entzug von Eigenkapital war. Dieses Verbot der financial assistance sollte somit auch die Gefahr solcher volkswirtschaftlich schädlicher Insolvenzwellen und die damit verbundene Gefahr von Bankenzusammenbrüchen mindern und diente damit wohl über den Schutz der Interessen der stakeholder der betroffenen Gesellschaft hinaus systemischen Zielen, indem es die Gefahr von Ansteckungseffekten mindern sollte. Darüber hinaus kann ein solches Verbot auch ordnungspolitischen Zielen dienen, indem es zu volkswirtschaftlichen Fehlanreizen führende Finanzierungsstrukturen von Gesellschaften verhindert, für eine angemessene Risikoverteilung zwischen Fremd- und Eigenkapitalgebern sorgt und die Entstehung von wertmindernden financial distress costs sowie Agency-Kosten des Fremdkapitals begrenzt. Allerdings ist aus heutiger Sicht fraglich, ob solche Ziele über gesellschaftsrechtliche Normen erreicht werden sollten, und wenn ja, ob ein Verbot der finanziellen Unterstützung diesen Zielen überhaupt effektiv dienen kann. Wie eingangs ausgeführt, erfordert das heutige System der Geldschöpfung und der Kreditvergabe eine Steuerung über diskretionäre Zentralbankpolitik und Bankenaufsicht, die notwendig unvollkommen und fehleranfällig ist. Solche Fehlsteuerungen des Geld- und Kreditwesens sind zwar vorrangig durch Korrekturen von Geldpolitik und Bankenaufsicht zu beheben und nicht durch gesellschaftsrechtliche

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Normierungen. Allerdings scheinen die diskretionäre Geldpolitik und das System der Geldschöpfung durch Kreditvergabe zwar systemimmanent fehleranfällig zu sein, eine dauerhafte Behebung dieser Fehleranfälligkeit etwa durch starre Vorgaben an die Geldpolitik oder eine restriktive Bankenregulierung, die eine Geldschöpfung durch Banken verhindern oder stark einschränken könnte, ist aber offenbar mit erheblichen sonstigen Nachteilen, etwa für Wachstum und Beschäftigung, verbunden, so dass die Fehleranfälligkeit des bestehenden Systems der Geldschöpfung und Kreditvergabe wohl als der demgegenüber geringere Nachteil dauerhaft hinzunehmen ist. Unter dieser Annahme der Unmöglichkeit der systemimmanenten Behebung dieser Problematik müssten die Auswirkungen dieser Störanfälligkeit auch außerhalb der Geldpolitik und Bankenaufsicht so weit wie möglich minimiert werden, wenn Geldpolitik und die Bankenaufsicht allein hierzu nicht imstande sind. Eine zusätzliche Normierung auf gesellschaftsrechtlicher Ebene, die die Gesellschaften und damit die Realwirtschaft von Fehlsteuerungen des Geld- und Kreditwesens wirksam abschirmen könnte, wäre daher grundsätzlich sinnvoll, vorausgesetzt, sie würde die Gesellschaften und ihre stakeholder nicht mit übermäßigen Kosten belasten oder ihre wirtschaftliche Freiheit übermäßig einschränken. Ein Verbot der finanziellen Unterstützung nach Vorbild des § 71a Abs. 1 AktG ist für diesen Zweck nur sehr bedingt geeignet, da es eine bestimmte Finanzierungstechnik bei Übernahmen normiert und weitgehend verbietet, die häufig, aber nicht notwendigerweise zu einer Erhöhung der Fremdkapitalquote und damit zur Erhöhung der Insolvenzgefahr und möglicher Kreditausfälle führt. Zugleich werden durch den weiten und unbestimmten Tatbestand auch wirtschaftliche Vorgänge untersagt oder jedenfalls erschwert, die keine konkrete Erhöhung der Insolvenzgefahr mit sich bringen, wie etwa das cash pooling. Schließlich bestehen Ausweichmöglichkeiten zu § 71a Abs. 1 AktG wie Verschmelzungen, bei denen zwar der Schutz der stakeholder weitgehend sichergestellt ist, nicht aber die Veränderung der Kapitalstruktur begrenzt wird, und somit mögliche systemische oder ordnungspolitische Ziele nicht gesichert werden können. Als Alternative zu einem für systemische Zwecke nur bedingt geeigneten Verbot der Finanzierungstechnik bietet sich daher eine Normierung der Kapitalstruktur über eine Konkretisierung der aktienrechtlichen Finanzierungsverantwortung an37, die grundsätzlich geeignet ist, die systemischen Risiken durch Minderung der Insolvenzgefahr bei buyouts zu begrenzen. Daneben würde sie sicherstellen, dass Eigenkapitalgeber stets mit einem gewissen, nicht unbeträchtlichen Anteil am Gesellschaftsvermögen mit haftendem Eigenkapital beteiligt sind und durch diesen „Selbstbehalt“ veranlasst werden, die Geschäftspolitik auf eine angemessene Risikoverteilung zwischen Eigenkapitalgebern und sonstigen stakeholdern auszurichten und das Risiko eines wertvernichtenden Konkurses zu minimieren. Zugleich würde damit auch die Gefahr der Entstehung von financial distress costs und damit von 37 Siehe zu den Vorschlägen hierzu schon unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes oben unter § 10 A. II.

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wohlfahrtsökonomischen Nachteilen begrenzt. Somit würden auch ordnungspolitische Zwecke mit einer solchen Regelung erfüllt. Allerdings ist damit auch ein erheblicher Eingriff in die Finanzierungsfreiheit der Gesellschaft verbunden, der nur bei vertretbaren Kosten für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft als Ganzes zu rechtfertigen ist. Die Kosten der Gesellschaft für die Umsetzung und Überwachung der hier vorgeschlagenen Regelung über konkrete Vorgaben der angemessenen Kapitalausstattung im Hinblick auf die Finanzierungsverantwortung des Vorstands bzw. Verwaltungsrats sind – anders als etwa die einer aufsichtsrechtlichen Überwachung wie im Bankenwesen – gering. Die maßgebliche Eigenkapitalquote lässt sich für die Adressaten dieser Pflicht durch einen Blick in die Bilanz der Gesellschaft leicht ermitteln; Dritte und mögliche Geschädigte müssten sich erst in einem möglichen Schadensfall mit der Kapitalstruktur der Gesellschaft und einer möglichen Pflichtverletzung befassen. Auch verursacht die Einschränkung der Finanzierungsfreiheit keine wesentlichen volkswirtschaftlichen Kosten: Unter dem Gesichtspunkt der Unternehmenswertmaximierung sind nur wenige Konstellationen denkbar, bei denen eine Eigenkapitalquote unter zwanzig Prozent zu einer weitere Wertsteigerung des Unternehmens führt, in der Regel wird der Unternehmenswert wegen der dann entstehenden financial distress costs sogar sinken; die Vermutung liegt zudem nahe, dass eine solche Wertsteigerung allenfalls in Phasen der Fehlsteuerung des Kreditwesens und besonders günstiger Kreditbedingungen möglich und somit nicht von nachhaltigem Bestand sein wird. Sofern durch Einschränkungen der Finanzierungsfreiheit dennoch volkswirtschaftliche Kosten entstehen, werden diese vermutlich so gering sein, dass sie durch den Nutzen der Begrenzung systemischer Krisen, der Vermeidung wertvernichtender Insolvenzen und Sicherung effektiver Anreizstrukturen mehr als aufgewogen werden38. Eine zurückhaltende Normierung der Kapitalstruktur über eine Konkretisierung der Finanzierungsverantwortung des Verwaltungsrats bzw. des Vorstands ist folglich auch in Anbetracht des erkennbaren systemischen und ordnungspolitischen Nutzens sinnvoll.

38 Diese Frage ist zugegebenermaßen nicht abschließend geklärt und bedürfte noch umfassender empirischer Untersuchung. Bis zum Nachweis erheblicher volkswirtschaftlicher Kosten oder Nachteile überwiegt jedoch der in der Theorie erkennbare systemische und ordnungspolitische Nutzen.

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

§ 11 Zusammenfassende Würdigung Das zunächst im englischen, dann im europäischen und darauf beruhend im deutschen Recht mit § 71a Abs. 1 AktG eingeführte Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs wurde ursprünglich im Vereinigten Königreich im Hinblick auf die Gefahren des buyouts als Reaktion auf einen takeover boom mit einer nachfolgenden Welle von Unternehmens- und Bankenkonkursen geschaffen und bei seiner Einführung als Regelung der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien qualifiziert. Die nähere abstrakte Untersuchung des Verbots der finanziellen Unterstützung hat zunächst ergeben, dass diese Einordnung des historischen Gesetzgebers nur einen Teilaspekt der Problematik von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung insbesondere im Rahmen von buyouts erfasst: Diese beinhaltet über die Gefahr des Doppelschadens durch die Umgehung des Erwerbs eigener Aktien und der damit verbundenen Gläubigergefährdung hinaus weitere Gefahren für den Gläubiger- und Minderheitenschutz sowie für den Schutz des Kapitalmarkts und birgt zudem systemische und ordnungspolitische Gefahren: Nach Kontrollerwerb ist der Interessengegensatz zwischen herrschender Gesellschaft und den Vertretern der beherrschten Gesellschaft weitgehend aufgehoben. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Gesellschaft vom jeweiligen Erwerber des beherrschenden Einflusses im Zuge eines buyouts zu Maßnahmen der finanziellen Unterstützung veranlasst wird, deren Rückgewähr wegen fehlender Bonität des Empfängers, wie beispielsweise bei Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft im Rahmen eines buyouts, nicht gewährleistet ist und die damit den Schutz der Gläubiger gefährden. Der fehlende Interessengegensatz kann vom Erwerber auch dazu genutzt werden, günstige Konditionen der Finanzierung für sich zu erwirken und damit eine Gewinnverschiebung zulasten etwaiger Minderheitsaktionäre vorzunehmen. Zudem kann durch die Gewährung von finanzieller Unterstützung der Bieterwettbewerb durch die Geschäftsführung einseitig beeinflusst werden oder eine Kursmanipulation ermöglicht werden. Schließlich kann durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung die Kapitalstruktur so nachteilig verändert werden, dass die Gläubiger mit Agency-Kosten des Fremdkapitals belastet werden und möglicherweise systemische Gefahren für das Finanzsystem und insbesondere das Bankenwesen entstehen und unternehmerische Fehlanreize gesetzt werden. Zugleich hat die Untersuchung ergeben, dass Maßnahmen der finanziellen Unterstützung auch nützlichen Zielen dienen können, indem sie den rechtspolitisch zur Begrenzung von Agency-Kosten des Eigenkapitals grundsätzlich erwünschten Kontrollerwerb erleichtern können und der Optimierung der Kapitalstruktur der Gesellschaft sowie einer optimalen Kapitalallokation im Rahmen eines cash poolings dienen können. Die Gefahren von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, wie sie beim buyout von Aktiengesellschaften typisch sind, bestehen grundsätzlich auch in den

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untersuchten Rechtsordnungen. Allerdings werden Teilaspekte dieser Problematik in den untersuchten Rechtsordnungen bereits umfassend durch andere Normen geregelt und bedürfen daher keiner gesonderten gesellschaftsrechtlichen Normierung: Spezifische kapitalmarktrechtliche Zwecke wie etwa die Gefahr der Kursmanipulation werden heute ebenso wie die mögliche Beeinflussung des Bieterwettbewerbs umfassend durch spezifische Vorschriften des Börsengesellschaftsrechts bzw. des Kapitalmarktrechts normiert. Auch besteht vor Kontrollerwerb kein rechtspolitisches Bedürfnis nach einer spezifischen Regelung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, da, sofern nicht Mitglieder der Geschäftsführung im Rahmen eines MBOs als Erwerber auftreten, der bestehende Interessengegensatz zwischen Erwerber und Gesellschaft in beiden untersuchten Rechtsordnungen grundsätzlich für eine Einhaltung der Kapitalschutznormen sorgt. Diese könnten daher allenfalls um eine besondere Regelung zur Umgehung des Erwerbs eigener Aktien ergänzt werden, um die umständliche Anwendung der Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien nach allgemeiner Umgehungsdogmatik zu vermeiden, wobei auch diese Gefahren der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien bei bestehendem Interessengegensatz ohnehin gering sind. Vor Kontrollerwerb besteht auch aufgrund der Eigeninteressen der Geschäftsführung kein Risiko der Entstehung von Agency-Kosten des Fremdkapitals oder systemischer Risiken durch eine zu geringe Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft. Die vom MBO vor Kontrollerwerb ausgehenden verbleibenden spezifischen Gefahren für den Gläubiger- und Minderheitenschutz werden wiederum durch die speziellen Vorschriften zu Insichgeschäften und Genehmigung durch unabhängige Dritte im schweizerischen Recht bzw. der erforderlichen Genehmigung durch den Aufsichtsrat im deutschen Recht grundsätzlich hinreichend begrenzt. Ein Regelungsbedürfnis für Maßnahmen der finanziellen Unterstützung besteht für das schweizerische Recht folglich lediglich hinsichtlich des Schutzes vor der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien, des Gläubiger- und Minderheitenschutzes in der beherrschten Gesellschaft und bei Umstrukturierungen sowie hinsichtlich einer Begrenzung der Veränderung der Kapitalstruktur zur Sicherung des Gläubigerschutzes sowie systemischer und ordnungspolitischer Ziele. Dabei sollte eine Regelung zugleich den rechtspolitisch erwünschten Kontrollerwerb und die Konzerninnenfinanzierung möglichst nicht unnötig erschweren. Nach derzeitiger Rechtslage bestehen im schweizerischen Recht aufgrund der fehlenden einheitlichen Vermögensbindung der Aktiengesellschaft, der Ermessensspielräume bei der Bewertung von Bonität und Vergütung von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung, der fehlenden Regulierung der Kapitalstruktur, der unzureichenden Publizität und des unzureichenden Rechtsschutzes im Konzern insbesondere bei vollständiger Beherrschung verschiedene Möglichkeiten für einen Erwerber, im Zuge eines buyouts die Gläubiger und Minderheitsaktionäre der Gesellschaft zu benachteiligen. So sind beispielsweise buyouts unter Zwischenschaltung von hoch verschuldeten Zweckgesellschaften, deren Aktiva ausschließlich aus

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3. Teil: Vergleichende Überlegungen und Würdigung

Aktien der Gesellschaft bestehen, grundsätzlich möglich; Grenzen werden allenfalls über die (unsichere) Anwendung der Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien nach allgemeinen Grundsätzen der Umgehung gezogen. Lediglich in nicht vollständig beherrschten Gesellschaften besteht bei Beteiligung von finanzierenden Banken an Finanzierungsgeschäften mit dem herrschenden Aktionär aufgrund des Zusammenspiels von geringen Anforderungen an die Bösgläubigkeit Dritter bei Überschreiten der Vertretungsbefugnis und der Geltung von strengen Drittkonditionen hinsichtlich des Verbots verdeckter Gewinnausschüttungen ausnahmsweise ein hinreichend effektiver Schutz von Gläubigern und Minderheitsaktionären. Zugleich führen aber insbesondere bei solchen nicht vollständig beherrschten Gesellschaften die prinzipiell bestehenden Begrenzungen der Konzerninnenfinanzierung im schweizerischen Recht, die sich weitgehend am Kapitalschutz in der unverbundenen Gesellschaft orientieren, nach Lehre und Praxis aber teilweise modifiziert werden sollen, zu einer Rechtsunsicherheit und Erschwernis der grundsätzlich rechtspolitisch erwünschten Konzerninnenfinanzierung. Die Normierung einer angemessenen Kapitalstruktur erfolgt lediglich im Rahmen der Finanzierungsverantwortung, die den Verwaltungsrat grundsätzlich zu einer angemessenen Kapitalstruktur der Gesellschaft verpflichtet; Grenzen und konkrete Bestimmung einer angemessenen Kapitalstruktur werden jedoch von Rechtsprechung und Lehre kaum konkretisiert. Wird beim buyout eine Fusion durchgeführt, ist der Gläubigerschutz durch eine sehr kurze Frist von drei Monaten zur Geltendmachung des Rechts auf Sicherheitsleistung begrenzt. Obgleich es schon aus Gründen des autonomen Nachvollzugs nahe läge, zur Lösung dieser Probleme des Gläubiger- und Minderheitenschutzes und der Begrenzung der Kapitalstruktur auf das europarechtliche Verbot der finanziellen Unterstützung in Art. 25 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie bzw. dessen Umsetzung in § 71a Abs. 1 AktG zurückzugreifen, scheint dies bei näherer Betrachtung nicht ratsam: Denn dieses Verbot gilt auch in der unverbundenen Gesellschaft, wo es wegen fehlender Gefahren keiner spezifischen Normierung bedarf. Über das sinnvolle Ziel des Schutzes vor Umgehung der Regelung des Erwerbs eigener Aktien schießt die Regelung hinaus, da sie jede Maßnahme der finanziellen Unterstützung unabhängig von ihrem Umfang untersagt, während die Regelung zum Erwerb eigener Aktien auch einen Erwerb in zulässigem Umfang vorsieht. Schließlich knüpft das Verbot als abstrakter Gefährdungstatbestand an den Erwerb von Anteilen an; sofern zu diesen ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, sind die tatbestandlich genannten Finanzierungsgeschäfte unzulässig. Die Definition des erforderlichen konkreten sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zum Erwerb schafft dabei ebenso Auslegungsprobleme und Rechtsunsicherheit wie die Abgrenzung der damit verbundenen zulässigen von unzulässigen Finanzierungsgeschäften. Verbunden mit der scharfen Rechtsfolge der Nichtigkeit führt dies dazu, dass das Verbot der finanziellen Unterstützung nur mit erheblichen Schwierigkeiten in das schweizerische System des Kapitalschutzes und des Konzernrechts eingefügt werden könnte und weitere Rechtsprobleme aufwerfen würde, die den rechtspolitisch grundsätzlich

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erwünschten Kontrollerwerb erschweren und die Konzerninnenfinanzierung behindern würden. Zudem vermag das Verbot der finanziellen Unterstützung das Problem einer Begrenzung der Veränderung der Kapitalstruktur nicht zu lösen: Die bei buyouts regelmäßig beabsichtigte massive Erhöhung der Fremdkapitalquote der Gesellschaft, die nur bis zu einer gewissen Grenze rechtspolitisch erwünscht und ökonomisch sinnvoll ist, darüber hinaus aber aus systemischen Gründen und im Interesse des Gläubigerschutzes als nachteilig zu bewerten ist, kann durch das Verbot der finanziellen Unterstützung nicht effektiv begrenzt werden, da dieses allein an eine bestimmte Finanzierungstechnik anknüpft. Erfolgt die Veränderung der Kapitalstruktur außerhalb dieser Finanzierungstechnik oder unter deren Umgehung, wird sie durch das Verbot nicht begrenzt. Eine Übernahme des Verbots der finanziellen Unterstützung in das schweizerische Aktienrecht ist daher insgesamt nicht zu empfehlen. Vielmehr sind die Gefahren des buyouts im schweizerischen Recht durch differenzierte Fortentwicklung und Ergänzung der bestehenden Regelungen zu begrenzen, ohne dabei Kontrollerwerb und Konzerninnenfinanzierung nicht unnötig zu erschweren: Zunächst bedarf es für die insbesondere dem buyout unter Zwischenschaltung von Zweckgesellschaften immanente Gefahr der Umgehung des Erwerbs eigener Aktien einer spezifischen Regelung. Da die geltenden Regeln zum Erwerb eigener Aktien auf diese spezielle Konstellation nur bedingt übertragbar sind, sollte im Interesse einer praktikablen Handhabung die quantitative Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien in die Bonitätsbeurteilung durch die Gesellschaft gemäß Art. 680 Abs. 2, 678 OR bei der Gewährung von finanziellen Leistungen einfließen: Danach sind für die zu beurteilende Bonität des Empfängers zum Zeitpunkt der Gewährung der Leistung nur vom Empfänger gehaltene Anteile bis zum Umfang von zehn Prozent des Aktienkapitals der Gesellschaft zu berücksichtigen, darüber hinaus sollten keine Anteile als Vermögen des Empfängers der Leistungen für die Bonitätsbeurteilung berücksichtigt werden dürfen. Akquisitionsgesellschaften, die neben den Anteilen der Gesellschaft über kein weiteres Vermögen verfügen, würden somit regelmäßig nicht die erforderliche Bonität für eine umfassende Erwerbsfinanzierung aufweisen. Wie vergleichende Überlegungen gezeigt haben, ist zudem das System des Kapitalschutzes im schweizerischen Recht zur Sicherung eines effektiven Gläubigerund Minderheitenschutzes nicht nur im Rahmen des buyouts grundsätzlich reformwürdig. Wie im deutschen Recht sollte zu einer einheitlichen Vermögensbindung der Gesellschaft unter Aufgabe der Unterscheidung von Einlagenrückgewähr und verdeckter Gewinnausschüttung übergegangen werden. Danach sind Bestand und Ertrag des Vermögens der Aktiengesellschaft einheitlich zu schützen; Verstöße gegen die einheitliche Vermögensbindung sollten die einheitliche Rechtsfolge der Rückgewährpflicht nach sich ziehen, einheitlicher Verjährung unterliegen und außer durch die Gesellschaft bzw. ihren Konkursverwalter auch von Gläubigern wie Aktionären nach erfolgreichem Klagezulassungsverfahren geltend gemacht werden

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können. Die erforderliche Bonität des Darlehensnehmers sollte sich einheitlich nach dem Banküblichen bemessen, wobei zur Ausfüllung dieses unbestimmten Kriteriums möglichst allgemein geltende und überprüfbare Standards und Regelwerke herangezogen werden sollten. Aus Gründen des Gläubigerschutzes und zur Wahrung des Prinzips des aktienrechtlichen Sondervermögens sollten zudem Sicherungsgeschäfte zugunsten von Aktionären grundsätzlich unzulässig sein, mit Ausnahme von Personalsicherheiten, deren Umfang im Verwertungsfall auf die ausschüttungsfähigen Mittel begrenzt sein müssten. Des besonderen Rechtsschutzes durch die geringen Anforderungen an die Bösgläubigkeit Dritter bedarf es in der unverbundenen Gesellschaft wegen der geringen Gefahren für den Kapitalschutz nicht; im Interesse der Entlastung des Rechtsverkehrs sollten daher die Anforderungen an die Bösgläubigkeit wie im deutschen Recht erheblich restriktiver gefasst werden. Zur Sicherung des Gläubiger- und Minderheitenschutzes im Konzern sollte dem Rechtsverkehr durch Meldepflichten gegenüber der Gesellschaft und Veröffentlichung, etwa im SHAB, kundgetan werden müssen, sobald eine Kontrollmehrheit oder ein gesetzlich definierter Schwellenwert erreicht wird. Auf Grundlage dieser Information können Gläubiger davon ausgehen, dass die Bonität der beherrschten Gesellschaft mit der der herrschenden Gesellschaft weitgehend verknüpft ist oder jedenfalls sein könnte, und können entsprechend disponieren. Minderheitsaktionäre könnten nach Veröffentlichung etwaige Minderheitenrechte geltend machen. Das bisherige System der Information des Rechtsverkehrs über zur Erleichterung der Konzernfinanzierung erforderliche Zweckklauseln im Gesellschaftszweck ist demgegenüber zu unspezifisch und ungenau und könnte aufgegeben werden. Mit Überschreiten der Konzernschwelle sollte die Konzerninnenfinanzierung im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot und der Vermeidung von Klumpenrisiken grundsätzlich zulässig sein. Die hier vorgeschlagene Regelung zur Umgehung des Erwerbs eigener Aktien sollte hingegen auch im Konzern weiterhin gelten, um die Gefahr eines Doppelschadens beim buyout unter Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft zu bannen. Konzernweites cash pooling im üblichen Umfang würde durch diese Regelung in der Regel nicht begrenzt. Ein solches cash pooling würde zudem bereits durch die einheitliche Vermögensbindung und den damit verbundenen einheitlichen Bonitätsmaßstab für Darlehensnehmer erleichtert. Das vorgeschlagene grundsätzliche Verbot von Sicherungsgeschäften mit Ausnahme von Personalsicherheiten im Umfang des im Verwertungszeitpunkt ausschüttungsfähigen Gewinns sollte auch im Konzern gelten, da eine rechtspolitische Begründung der Privilegierung von Sicherungsgeschäften im Konzern fehlt. Die Effizienz des Minderheitenschutzes sollte nicht mehr von der zufälligen Beteiligung einer finanzierenden Bank oder den von der Rechtsprechung geforderten rein formalen, allenfalls der Information dienenden Zustimmungsbeschlüssen in der vom Mehrheitsaktionär ohnehin dominierten Generalversammlung abhängen. Vielmehr sollte mit Überschreiten der Kontrollmehrheit auch außerhalb des Börsengesellschaftsrechts grundsätzlich ein Austrittsrecht der Minderheitsaktionäre

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ausgelöst werden. Durch diesen marktbasierten Schutz würde verhindert, dass unseriöse Finanzinvestoren ein Geschäftsmodell verfolgen, bei dem sie Gewinne zulasten der Minderheitsaktionäre auf sich verlagern können. Zur Vermeidung dieses belastenden Austrittsrechts – insbesondere für solche herrschenden Gesellschafter, die keine stärkere Einbindung der Gesellschaft in einen Konzern beabsichtigen – sollte dem Mehrheitsaktionär das Recht eingeräumt werden, die Wahl eines fiduziarischen, nur von den Minderheitsaktionären zu bestimmenden Verwaltungsrats zu ermöglichen, der alle konzerninternen Transaktionen zu genehmigen hätte. Insbesondere in kleineren Gesellschaften könnte diese Möglichkeit eine sinnvolle Alternative sein; bei stärkerer Einbindung sollte der Mehrheitsaktionär jederzeit das Recht haben, sich des fiduziarischen Verwaltungsrats durch freiwillige Einräumung eines Austrittsrechts zu einem fairen, durch unabhängige Dritte ermittelten Anteilswert zu entledigen. Bei Geltung effektiver Schutzrechte für Minderheitsaktionäre könnten wiederum die Möglichkeiten der statutarischen Beschränkungen des Konzerneingangs stark eingeschränkt werden, um die erwünschte Kontrollbildung und den Kontrollwechsel zu erleichtern. Zudem könnte das schwierige Problem der adäquaten Vergütung von finanziellen Leistungen im Konzern gelöst werden, indem auf die stark vereinfachenden steuerrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Verzinsung zurückgegriffen und dadurch die Konzerninnenfinanzierung erleichtert wird. Bei Umsetzung des vorgeschlagenen Minderheitenschutzes wäre auch eine Zweckänderung durch Einfügen einer Unterwerfungs- oder Finanzierungsklausel entbehrlich, da die Vereinfachung der angemessenen Vergütung ohnehin greifen würde und es eines besonderen Minderheitenschutzes durch die zur Zweckänderung erforderlichen hohen Quoren nicht mehr bedurfte. Zur Sicherung der Interessen von Gläubigern und Minderheitsaktionären sollten zudem in einem Abhängigkeitsbericht alle bilanziell erfassbaren Rechtsgeschäfte mit der herrschenden Gesellschaft erfasst und von der Revision im Interesse der Gläubiger und Minderheitsaktionäre hinsichtlich der Bonität des Empfängers und der Einhaltung der steuerrechtlichen Vergütungsregelungen geprüft werden. Dieser Bericht sollte allerdings zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen grundsätzlich Gläubigern und Minderheitsaktionären nicht zugänglich sein, sondern dem mit der Revision verbundenen präventiven Schutz dienen und lediglich im Konkurs oder bei einer Sonderprüfung die Rechtsverfolgung erleichtern. Schließlich könnte die Verankerung einer Vermutungsregel hinsichtlich der Angemessenheit der Kapitalstruktur der Gesellschaft im Rahmen der Finanzierungsverantwortung des Verwaltungsrats dafür sorgen, dass der herrschende Gesellschafter nicht durch massive Erhöhung der Fremdkapitalquote unternehmerische Risiken zu Lasten ungeschützter Gläubiger externalisiert und es bei einer buyoutWelle etwa aufgrund einer Fehlsteuerung des Kreditangebots zum Entstehen systemischer Risiken kommt. Durch die Vermutung einer pflichtwidrigen Kapitalstruktur durch Fremdkapitalaufnahme bei Unterschreiten einer bilanziellen Eigen-

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kapitalquote nach IFRS-Standard von zwanzig Prozent wird die Gefahr nachteiliger Kapitalstrukturen hinreichend begrenzt und zugleich die Finanzierungsfreiheit gewahrt, da der Grenzwert großzügig bemessen ist und zudem die Möglichkeit des Gegenbeweises eröffnet ist. Zusätzlich abgesichert wird die Einhaltung dieser Grenzen der Kapitalstrukturanpassung durch die mögliche Haftung des Finanzinvestors aus faktischer Organschaft, die bei umfassenden Weisungen hinsichtlich der Kapitalstruktur durch den Finanzinvestor regelmäßig einschlägig sein wird und eine Haftung bei Verletzung dieser Pflicht auch des Finanzinvestors begründet, unabhängig davon, ob eine Akquisitionsgesellschaft zwischengeschaltet wurde oder nicht. Die Nutzung des die Gläubiger- und Minderheitenrechte umfassend wahrenden Verschmelzungsmodells für den buyout sollte nach schweizerischem Recht hingegen dadurch erleichtert werden, dass die Beweislast für eine Forderungsgefährdung zur Begründung eines Rechts auf Sicherheitsleistung künftig bei den Gläubigern liegen sollte, dafür aber binnen einer gegenüber der jetzigen Rechtslage verlängerten Frist von einem Jahr geltend gemacht werden kann. Zur Sicherung einer angemessenen Kapitalstruktur auch nach Umstrukturierungen sollte allerdings wiederum die für den Anspruch auf Sicherheitsleistung erforderliche Forderungsgefährdung bei Unterschreiten der auch für die Finanzierungsverantwortung vorgeschlagenen Grenzwerte hinsichtlich der Kapitalstruktur vermutet werden. Auch für das im deutschen Recht in § 71a Abs. 1 AktG normierte Verbot der finanziellen Unterstützung gelten die grundsätzlich geäußerten Kritikpunkte an einem solchen Verbot. Der Tatbestand des § 71a Abs. 1 AktG sollte daher im Lichte dieser Kritik restriktiv und nicht extensiv als allgemeines LBO-Verbot oder als offener Tatbestand mit Regelbeispielen ausgelegt werden. Die enumerativ aufgeführten Maßnahmen sind europarechtlich funktional auszulegen, im Übrigen aber als abschließend zu betrachten. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Finanzierung sollte nach Ablauf von einem Jahr nicht mehr vermutet werden, um die Konzerninnenfinanzierung im faktischen Konzern nicht unnötig zu erschweren und um Rechtsunsicherheit zu vermeiden. Darüber hinaus wäre es grundsätzlich vorzugswürdig, auf das Verbot in seiner jetzigen Form gänzlich zu verzichten. Die nach der hier vertretenen Ansicht bestehenden alleinigen Regelungszwecke des Umgehungsschutzes und des Kapitalschutzes eigener Art des § 71a Abs. 1 AktG könnten auch durch eine gesonderte Regelung zur Umgehung des Erwerbs eigener Aktien und durch Verbesserungen des Gläubiger- und Minderheitenschutzes, insbesondere im faktischen Konzern, erreicht werden. Die darüber hinaus bestehende Problematik des buyouts insbesondere im Hinblick auf eine unangemessene Kapitalstruktur wird durch ein Verbot von Maßnahmen der finanziellen Unterstützung nicht adäquat gelöst. Ein Umgehungsschutz zum Erwerb eigener Aktien könnte, wie schon zum schweizerischen Recht vorgeschlagen, aus Gründen der Praktikabilität in die Bonitätsbemessung nach § 57 Abs. 1 S. 3 AktG integriert werden und vorsehen, dass für

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die Bonitätsbemessung auf Seiten des Empfängers nur Aktien im Umfang von bis zu zehn Prozent des Nennwerts des Grundkapitals berücksichtigt werden dürften. Zur Sicherung des besonderen Kapitalschutzzwecks im Interesse der Gläubiger wäre es auch im faktischen Konzern ratsam, die Berücksichtigung von Aktien der Gesellschaft bei der Bonitätsbeurteilung des Empfängers von finanziellen Leistungen auf zehn Prozent der Anteile zu begrenzen, Sicherungsgeschäfte der beherrschten Gesellschaft zugunsten der herrschenden Gesellschaft grundsätzlich zu untersagen und lediglich auf die ausschüttungsfähigen Mittel zum Verwertungszeitpunkt beschränkte Personalsicherheiten zuzulassen. Zur Sicherung des besonderen Kapitalschutzzwecks von § 71a Abs. 1 AktG sollte daneben die Finanzierungsverantwortung des Vorstands durch Bestimmung eines Grenzwerts, ab dem eine materielle Unterkapitalisierung vermutet wird, konkretisiert werden. Nach hier vertretener Ansicht wäre eine materielle Unterkapitalisierung und eine Kausalität für eine Insolvenz bei Unterschreiten einer bilanziellen Eigenkapitalquote von zwanzig Prozent nach IFRS-Standard zu vermuten; der Gegenbeweis stünde den Parteien jeweils offen. Damit würde die für den buyout typische Gefahr der materiellen Unterkapitalisierung effektiv begrenzt werden. Nach Vorbild des schweizerischen Rechts sollte zur effektiven Absicherung dieser Pflichten im Konzern eine Haftung aus faktischer Organschaft subsidiär zu sonstigen Konzernrechtsbehelfen auch im deutschen Recht gelten; sofern der jeweilige Investor im Rahmen des buyouts die Finanzierungsverantwortung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft durch enge Vorgaben usurpiert – was typischerweise der Fall sein wird – sollte er zur Vermeidung von Schutzlücken auch für die dadurch veranlassten Pflichtverletzungen (mit-)haften, sofern ihm dies nachgewiesen werden kann. Der durch die Privilegierung des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG im Interesse der Erleichterung der Konzerninnenfinanzierung weiter geschwächte Minderheitenschutz im faktischen Konzern sollte durch Schaffung eines Austrittsrechts in Form eines Andienungsrechts bei Konzerneingang verbessert und damit der besondere Kapitalschutzzweck des Schutzes der Minderheiten vor unzulässigen Gewinnverschiebungen im Zuge des buyouts gesichert werden. Zur Vermeidung eines solchen, die Kontrollbildung belastenden Austrittsrechts könnte der Mehrheitsaktionär statt dessen wahlweise die Entsendung von durch die Minderheitsaktionäre bestimmte Aufsichtsräte zulassen, denen dann allein die Prüfung des Abhängigkeitsberichts und die mögliche Einleitung einer Sonderprüfung obliegen würden. Von diesen Entsendungsrechten der Minderheitsaktionäre sollte sich der Mehrheitsaktionär bei später beabsichtigter intensiverer Einbindung in einen Konzern jederzeit durch ein freiwilliges Austrittsangebot wieder befreien können. Schließlich sollte der Gläubigerschutz im Verschmelzungsmodell des buyouts dadurch verbessert werden, dass auch ohne vorhandene Minderheitsaktionäre bei Übertragung eines Schuldenüberhangs eine Verschmelzungsprüfung wie im schweizerischen Recht obligatorisch sein sollte, die der Sicherung der Einhaltung der

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Vorschriften zur Erhaltung des Grundkapitals dienen sollte. Darüber hinaus sollte eine Gläubigergefährdung, die ein Recht auf Sicherheitsleistung begründet, bereits bei Unterschreiten der genannten Grenzwerte zur angemessenen Kapitalstruktur zu vermuten sein. Das Verbot der finanziellen Unterstützung, das historisch als Reaktion des Gesetzgebers auf das nur unzureichend verstandene Phänomen einer Welle von buyouts und der damit einhergehenden Probleme zu verstehen ist, könnte folglich im deutschen Recht durch differenziertere und spezifischere Regelungen ersetzt werden. Für das schweizerische Recht empfiehlt es sich aus den genannten Gründen ohnehin nicht, ein solches Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs nach deutschem und europäischem Vorbild einzuführen. In beiden Rechtsordnungen empfiehlt es sich vielmehr, eine gesonderte und differenzierte Regelung zur Umgehung des Erwerbs eigener Aktien zu schaffen, den Kapitalschutz der beherrschten Gesellschaft zu stärken und damit dem im Konzern zunehmend aufgeweichten Prinzip des Sondervermögens der Aktiengesellschaft erneut Geltung zu verschaffen sowie den Minderheitenschutz im Konzern zu verbessern. Zusätzlich erscheint es sinnvoll, dem ursprünglichen Willen des historischen Gesetzgebers zur Begrenzung der Gefahren des buyouts im modernen System der Geldschöpfung und des Kreditwesens durch konkrete Vorgaben an die angemessene Kapitalstruktur der Gesellschaft im Rahmen der Finanzierungsverantwortung der Geschäftsführung Rechnung zu tragen.

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– Probleme der organschaftlichen Vertretungsmacht, in: ZBJV 1989, S. 289 – 315, zit.: Vertretungsmacht. – Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Schaffung von Vorratsaktien, in: SZW 1991, S. 1 – 18, zit.: Vorratsaktien. Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich (Hrsg.), Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3., neubearbeitete und erweiterte Auflage, Köln 2010, zit.: KK-AktG/Bearbeiter. Zweigert, Konrad, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, 3., neubearb. Auflage, Tübingen 1996.

Stichwortverzeichnis Abhängigkeitsbericht 314, 387, 389, 417 Absorptionsfusion 348 Abwehrmaßnahmen 332, 343 Ad-hoc-Publizität 324, 337 Agency-Kosten des Fremdkapitals 81, 400, 422 Agio 176 Aktienrechtsrevision 191, 199 f., 373 Andienungsrecht 416, 429 Angebotspflicht 328, 330, 341, 413 Angebotspreis 330 anwachsende Verschmelzung 250 Aufsichtsrat 135, 138, 141, 163, 342 Auftragsverhältnis 298 Ausschüttungsbeschluss 198, 287 Austrittsrecht 413 autonomer Nachvollzug 56, 424 Avalprovision 226, 286, 375, 386, 414

downstream merger 355, 395 Drittbedingungen 196, 288, 290, 296, 374, 377, 411 Drittmannstest 188 Durchgriff 118, 153 Durchgriffshaftung 300, 315 f.

Bankenaufsicht 79, 420 befreiende Schuldübernahme 247 Belegschaftsaktien 256 Besicherung mit wesentlichen Aktiva 140, 391, 409, 419 Bezugsrechte 239 Bonität 179, 192, 292 f., 375, 387 Bösgläubigkeit 110, 200, 381, 390 Break-fee-Vereinbarungen 48, 182, 197, 226, 246, 335, 342 business judgement rule 152, 155, 170

fairness opinion 278, 375 faktische Organe 111, 152, 299, 404 faktischer Konzern 303, 310, 386 fiduziarischer Aktienerwerb 47, 204 fiduziarischer Verwaltungsrat 284, 415 fiktive Darlehen 177, 192, 240 financial assistance 29, 49, 234, 244, 419 financial leverage 37, 65 finanzielle Unterstützung 29 Finanzierungsklausel 132, 273, 285 Finanzierungsverantwortung 112, 153, 400, 403, 420, 424 Fremdkapital 65

cash pooling 47, 194, 224, 272, 289, 307, 376, 384, 411, 420 „Cooling-off”-Phase 253 Darlehen an Aktionäre 177, 192 Derivativer Erwerb 239 Deutscher Corporate Governance Kodex 140, 336 Directors’ Dealings 338 Doppelschaden 208, 292, 379

EBITDA 74 Eigenkapital 64 Eigenkapitalquote 38, 65, 402 Einlagenrückgewähr 176, 284, 306, 351, 374 Endzweck 96, 98 Erwerb eigener Aktien 202, 208, 333, 378, 428 existenzgefährdende Weisung 312 Existenzvernichtungshaftung 318

Geldpolitik 77, 79 Generalversammlung 90, 92, 95, 198, 286, 295, 334 Gesellschaftsinteresse 121, 123 Gesellschaftszweck 138, 405 Gesetzesumgehung 207 Gewinnstrebigkeit 97, 287, 375, 385 Giralgeld 77

Stichwortverzeichnis

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Gläubigerschutz 75, 89, 184, 191, 199, 225, 349, 352, 371 Gleichbehandlungspflicht 124, 164, 209, 332, 408 Globalzessionen 132 Greene-Kommission 50, 234 Gutgläubigkeit des Dritten 105

Kursmanipulation 212, 418, 423 Kursrelevanz 328, 337

Hauptversammlung 134, 137, 141 High Level Group of Company Law Experts 54 Hin- und Herzahlen 48, 247 Höchststimmrechte 303 Höhe der Verzinsung 193 „Holzmüller/Gelatine“-Doktrin 145, 409

Marktmanipulation 335, 343 materielle Unterkapitalisierung 117, 153, 301, 316, 399, 429 MBO 35 f., 122, 163, 327 Mediatisierungseffekt 146 Meldepflichten 325, 332, 345, 406, 426 Minderheitsaktionäre 87, 281, 295, 302, 349, 356, 364, 396, 407, 426 Mindestkapital 118 Missbrauch der Vertretungsmacht 149 Mitteilungspflichten 339 MoMiG 160, 221, 225

Insichgeschäfte 102, 122, 169, 277, 281, 283, 408 Insiderinformationen 327, 337, 340 Insiderrechtliche Verbote 326, 340 Insolvenz der Zielgesellschaft 297 Insolvenzgefahr 88 Insolvenzverursachungshaftung 160, 399 Interessenkonflikte im Konzern 277 Irrelevanztheorem 67 Kapitalallokation 59, 294, 390, 393 Kapitalrichtlinie 21, 53, 229, 244, 310, 419 Kapitalschutz 174, 219 Kapitalstruktur 64, 80, 117, 154, 172, 318, 323, 339, 399 f., 420, 427 Klagezulassungsverfahren 383 Klumpenrisiken 112, 154, 307, 399, 408 Kompetenz 90, 132, 215 Kompetenzattraktion 92, 135 Kompetenzdelegation 94 Konsultativabstimmungen 94 Kontrollbildung 61, 410, 414 Kontrollerwerb 324, 423 Kontrollprinzip 270, 303, 384 Konzernbegriff 270 Konzerneingangsschutz 408 Konzerninnenfinanzierung 41, 384, 412 Konzernpublizität 308 Konzernrechnung 294 Konzernvertrauen 298 Konzernvorteile 288, 305, 412 Kursgarantie 241

LBO 19, 35, 58, 83 Legalitätspflicht 111, 152 Leverage-Effekt 35 f., 208 limitation language 210

Nachteilsausgleich 304, 386, 395 Neutralitätspflicht des Vorstands 87, 166, 418 Nichtigkeit 184, 227, 258, 380 „November-Urteil“ 221 Oberleitung der Gesellschaft 91 f., 276, 319 Offenlegung bedeutender Aktionäre 325 Offensichtlichkeit 190 öffentliche Rückkaufangebote 329, 331 öffentliches Kaufangebot 325, 331 originärer Erwerb 239 Paritätsprinzip 94 Pecking-Order-Theorie 72 Personalsicherheiten 196, 265, 392, 426 Pfandnahme eigener Aktien 158, 205, 213 Principal-Agent-Problem 61, 329 Rechnungslegung 407 Rechtsformwechsel 41, 354, 367 Revisionsstelle 286 Richtlinie Corporate Governance 323 Sanierungsfusion 349, 396 Satzung 138 Satzungsstrenge 303

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Stichwortverzeichnis

Sicherheitenbestellung 225, 296, 307, 376 Sicherheitsleistung 358, 397 Sicherungsgeschäfte 180, 203, 209, 390, 426 Sittenwidrigkeit 168 SLIM-Arbeitsgruppe 54 Solvenz 223, 308, 312 f., 320, 386, 400 Solvenztest 404 Sonderprüfung 295, 417 Sonderreserve 290 Sorgfaltspflichten 151, 300, 315, 371, 399 Static-Trade-Off-Theorie 68 statutarische Beschränkungen 410, 427 statutarische Bestimmungen 408 statutarische Reserve 292 statutarischer Zweck 97, 99, 104, 272, 390, 400 Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance 323 Treuepflicht

121, 157, 315

Umgehungsschutz 363 Umsatzgeschäft 177 Umstrukturierungen 347 Unsittlichkeit 130 Unternehmensgegenstand 139 Unterwerfungsklausel 273, 384, 388, 400 upstream merger 364, 396

Verantwortlichkeit 111 Verbot bestimmter Abwehrmaßnahmen 418 verdeckte Gewinnausschüttung 175, 187, 374 Verhaltenspflichten der Organe 110, 174, 323, 331 Verhaltenspflichten des Vorstands 341 Vermögensbindung 372, 374, 425 Vermögensübertragung 354 Vermögensübertragungen 137 Verschmelzung 347 Verschmelzungsbeschluss 361 Verschmelzungsprüfung 356, 365, 368, 397, 429 Verschmelzungsverlust 355 Vertragskonzern 41, 302, 311, 387 Vertretung der Gesellschaft 95, 135 Vertretungsbefugnis 95, 100, 138, 148 Vertretungsmacht 95 f., 104, 135, 147, 380 Verwaltungsrat 90, 119, 332 Vollwertigkeit 222, 308 Vorstand 132, 135, 152 Zentralbanken 77, 419 Zweckgesellschaft 180, 297, 379, 388, 410, 423 Zweckklauseln 123 Zweckklauseln im Konzern 272