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German Pages 282 Year 2011
Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 62
Die donatio mortis causa im klassischen römischen Recht Von David Rüger
Duncker & Humblot · Berlin
DAVID RÜGER
Die donatio mortis causa im klassischen römischen Recht
Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.
Neue Folge · Band 62
Die donatio mortis causa im klassischen römischen Recht
Von David Rüger
Duncker & Humblot · Berlin
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT Die Juristische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 21 Alle Rechte vorbehalten
© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: Werksatz, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 978-3-428-13501-1 (Print) ISBN 978-3-428-53501-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-83501-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Meinen Eltern
So lehre uns denn zählen unsere Tage, damit wir ein weises Herz erlangen. Psalm 90, 12
Vorwort Die Arbeit wurde im Wintersemester 2009/2010 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Thomas Finkenauer, M. A., gilt zuvörderst mein Dank. Er hat mich zu einer Arbeit im römischen Recht ermuntert und mich die dafür nötige exegetische Disziplin in vorbildlicher Weise gelehrt. Das Entstehen der vorliegenden Arbeit hat er engagiert, wo nötig kritisch und stets wohlwollend begleitet. Insbesondere hat er mir während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl den Freiraum für das Verfassen der Arbeit gewährt. Herrn Professor Dr. Gottfried Schiemann bin ich für inhaltliche Hinweise ebenso wie für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens verbunden. Für die Aufnahme der Schrift in die Reihe „Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen“ bin ich den Herausgebern zu Dank verpflichtet. Ich danke außerdem dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort für die äußerst großzügige finanzielle Unterstützung der Publikation. Einen wesentlichen Anteil am Gelingen der Arbeit haben meine Eltern, Geschwister und Freunde. Ihnen danke ich besonders für die Unterstützung in allen Entstehungsphasen der Arbeit. Hamburg, im Dezember 2010
David Rüger
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
I.
Literaturbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
II.
Ziel dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Kapitel 1 Die rechtsgeschäftliche Gestalt der donatio mortis causa
21
I.
Herkunft der donatio mortis causa und Motivation des Schenkers . . . . . . . .
21
II.
Die Einteilungen der Klassiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgeschäft unter Lebenden und mortis causa capio . . . . . . . . . . . . . 2. Anforderung an die Bedingung mortis causa: imminente periculo commotus und sola cogitatione mortalitatis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Klassizität der auflösend wie der aufschiebend bedingten Vollzugsform
24 24
III. Die Abgrenzung zur donatio inter vivos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ulla condicio redhibendi und die Anwendbarkeit der lex Falcidia als praktischer Ausgangspunkt der Frage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Fall der Seia: Papinian D. 39, 6, 42 pr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Scaevola D. 32, 37, 3 als Umgehungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Paulus D. 31, 87, 4 und die Einführung der querela inofficiosae donationis
32 35 44 68 81
IV.
88
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26 30
Kapitel 2 Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
90
I.
Herkunft und Alter des Schenkungsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
II.
Reichweite des Schenkungsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
III. Donatio per interpositam personam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Labeo D. 44, 4, 4, 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Papinian D. 24, 1, 52, 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97 97 111
Donatio und acceptilatio: Ulpian D. 32, 3 pr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
123
IV.
10
Inhaltsverzeichnis
V.
Donatio und Verlust des Bürgerrechts: Ulpian D. 24, 1, 13, 1 . . . . . . . . . . . .
132
VI. Donatio und widersprechende Testamentsverfügung: Ulpian D. 24, 1, 22 . .
139
VII. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149
Kapitel 3 Die Zuwendung des Anspruchs auf Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
152
I.
Begründung des Rückforderungsrechtes durch Stipulation . . . . . . . . . . . . . .
152
II.
Die Überleitung des Anspruchs durch Hinzuziehung eines Dritten – der Musterfall Scaevola D. 32, 37, 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
III. Fälle einer donatio mortis causa als Grundlage der Rückgabestipulation . . . 1. Papinian D. 31, 77, 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Paulus D. 33, 4, 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Caracalla C. 5, 12, 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gordian C. 8, 56, 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
161 161 174 191 195
IV.
198
Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 4 Die Freilassung als donatio mortis causa
200
Kapitel 5 Die Klassizität des Reurechts
221
I.
Der Streitstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Literatur bis zur Pandektistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die interpolationistische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Neuere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorläufige Bewertung des Forschungsstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 222 223 225 227
II.
Ausdrückliche Belege für ein klassisches Reurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
229
III. Die Belastung des Donatars mortis causa mit Fideikommissen . . . . . . . . . . .
237
IV.
Das vulgo dictum bei Marcian D. 39, 6, 1/Paulus eod. 35, 2 . . . . . . . . . . . . .
238
V.
Nachklassische Belege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
240
VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
242
Schlußbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
243
Inhaltsverzeichnis
11
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
250
Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
265
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
279
Abkürzungsverzeichnis a. a. O. AcP ad h. l. ad h. t. AHDE APal. Art. Aufl. Bas. BGB Bull. C. CTh. D. Diss. ED eod. FIRA fr. Gaius GE gl. i. f. Index Ind. Itp. Inst. IURA Kap. Labeo ND NNDI Nov. pr. PS RE
am angegebenen Ort Archiv für die civilistische Praxis ad hanc legem ad hunc titulum Anuario de historia del derecho español Annali del Seminario giuridico dell’Università di Palermo Artikel Auflage Basilicorum libri LX Das Bürgerliche Gesetzbuch Bullettino dell’Istituto di diritto romano Codex Iustinianus Codex Theodosianus Digesta Iustiniani Dissertation Enciclopedia del diritto eodem titulo Fontes iuris Romani anteiustiniani fragmentum Gaius Institutiones Gai institutionum epitome Glossa ordinaria (Ausgabe Lyon 1581) in fine Index. Quaderni camerti di studi romanistici Index Interpolationum (Levy / Rabel) Institutiones Iustiniani Rivista internazionale di diritto romano e antico Kapitel Labeo. Rassegna di diritto romano Nachdruck Novissimo digesto italiano Novellae Iustiniani principio Pauli sententiae receptae Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften
Abkürzungsverzeichnis rell. Rez. RIDA SC SD s. h v. s. v. SZ TR UE Vat. ZGRW
13
reliqua Rezension Revue internationale des droits de l’antiquité Senatus consultum Studia et documenta historiae et iuris sub hac voce sub voce Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis Ulpiani epitome fragmenta Vaticana Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft
Einleitung Das geltende Recht eröffnet mit dem Schenkungsversprechen von Todes wegen in § 2301 BGB die Möglichkeit, außerhalb der rein erbrechtlichen Institute ein Rechtsgeschäft vorzunehmen, mit dem der Verbleib einzelner Vermögensgegenstände für die Zeit nach dem Tod des Schenkers geregelt wird. § 2301 Abs. 1 BGB definiert als essentiale dieses Schenkungsversprechens die Bedingung, daß der Beschenkte den Schenker überleben müsse, und unterstellt es den Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen. Wird das Versprechen allerdings noch zu Lebzeiten des Schenkers vollzogen, finden gemäß Abs. 2 die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden Anwendung. Damit folgt das BGB im Grundsatz dem Vorbild der römischrechtlichen donatio mortis causa. Sie bildet den Rechtsgrund einer Vielzahl möglicher Zuwendungsgeschäfte unter Lebenden. Dabei stellt die Maßgabe mortis causa einen Bezug zum Tod des Schenkers her und rückt das Rechtsgeschäft dadurch in die Nähe der erbrechtlichen Institute.
I. Literaturbericht 1. Max Kaser schreibt im Jahr 1959: „Die donatio mortis causa (dmc.) erfreut sich beim romanistischen Nachwuchs besonderer Beliebtheit.“ 1 Fraglos trifft das für die 1950er Jahre zu: In kurzer Folge erscheinen die Dissertationen von Di Paola (1950), Amelotti (1953) und Simonius (1958). Auch lange vorher schon war das Rechtsinstitut immer wieder Gegenstand auch monographischer Bearbeitungen. Brechenmacher schrieb 1657 eine Dissertation zum Thema; de Retes widmete 1753 der donatio einen umfangreichen Traktat in Meermanns Thesaurus, der sich eingehend auch mit der donatio mortis causa beschäftigt; Müller setzte sich in seiner 1827 erschienenen Dissertation mit einem AcP-Aufsatz von Schirach (1821) auseinander; Hasse behandelte die donatio mortis causa in den Jahren 1827 –1829 in der Zeitschrift Rheinisches Museum für Jurisprudenz auf mehreren hundert Seiten, gleichzeitig verfaßte Schröter 1829 einen Aufsatz in Linde’s Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß; Savigny folgte 1841 mit einer konzisen Darstellung in seinem System des heu1
Kaser, Rez. Simonius, 212.
16
Einleitung
tigen römischen Rechts. 1878 legte Cohen seine Dissertation zum Thema vor, Cugia folgte 1905 und Senn 1914; ebenfalls im Jahr 1914 erschien Biondis Abhandlung ‚Appunti intorno alla donatio mortis causa‘; speziell zur Ehegattenschenkung von Todes wegen sind ferner die Darstellungen Dumonts von 1928 und Arus von 1938 über die Ehegattenschenkung zu nennen. Die lebhafte Diskussion hat aber mit dem Werk von Simonius im wesentlichen ihren Abschluß gefunden. Yarons historisch-vergleichende Monographie von 1960 legt den Schwerpunkt auf das jüdische Recht und zieht römisches Recht oft nur vergleichsweise heran. Speziell zur klassischen römischen donatio mortis causa äußert sich Yaron in zwei Aufsätzen: 1956 unternimmt er eine Auseinandersetzung mit einzelnen von Amelotti und Di Paola behandelten Fragen, um 1966 dann seine These von der nachklassischen Entstehung der donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis insbesondere gegen Amelotti und Kaser zu verteidigen. Voci widmet der Schenkung auf den Todesfall einen größeren Abschnitt in seinem 1963 neu aufgelegten Band 2 des Diritto ereditario romano 2. In monographischer Breite behandelt 1965 noch Robbe die donatio mortis causa in seinem Diritto ereditario romano (Parte I – Introduzione). Di Paola legt sein Buch 1969 nahezu unverändert als Corso di diritto romano neu auf, ohne auf die von Kaser, Amelotti und Simonius vorgebrachte, zum Teil scharfe Kritik insbesondere gegen die These von der homogenen Struktur der donatio mortis causa einzugehen 3. Im übrigen beschränkt sich der Schlagabtausch auf Rezensionen 4. Einen guten Überblick zum Stand der Diskussion bietet Harder in seiner 1968 erschienenen dogmengeschichtlichen Untersuchung, die auch einen Abschnitt der klassischen römischen donatio mortis causa widmet 5. Seit den 1970er Jahren ist es um das Institut recht still geworden, allenfalls wurden einzelne Aspekte der donatio mortis causa im Rahmen anderer Fragestellungen aufgegriffen 6. Die jüngsten Arbeiten kommen aus Spanien. Während die 2000 erschienene Arbeit von Emma Rodríguez Díaz ungeachtet ihres vorsichtigen Titels ‚Algunos aspectos de la donatio mortis causa en el Derecho romano‘ eine umfassende Darstellung nach dem Muster Di Paolas, Amelottis 2
Voci, diritto ereditario II, 437 – 476. Zu Recht beklagt Amelotti in seiner Rezension zu Di Paola, 339 f.: „Il nuovo libro null’altro è che una riproduzione semplificata – ad uso degli studenti – del libro di venti anni prima.“ Da die Neuauflage in der Tat nur Di Paolas um die Literaturnachweise gekürzte Dissertation darstellt, wird hier vorwiegend auf die Publikation von 1950 Bezug genommen. 4 Vgl. insbesondere die Rezensionen Kasers zu Di Paola, Amelotti und Simonius; ferner Kaden, Rez. Simonius; Amelotti, Rez. Di Paola. 5 Harder, 55 – 66. 6 So etwa die vermeintliche Entwicklung aus der fiducia, dazu Noordraven, 90 –108; Rastätter, 77 – 79, und Riechelmann, 76 – 81, sprechen das Problem des Reurechts an; vgl. noch die recht kursorischen und im wesentlichen auf die Forschungen Di Paolas, Amelottis und Simonius’ gestützten Ausführungen von Olzen, 15 –29. 3
I. Literaturbericht
17
und Simonius’ unternimmt, beschränkt sich die kurz danach (2003) erschienene Monographie von Carmen Tort-Martorell Llabrés auf die Frage der Widerruflichkeit der donatio mortis causa. 2. Alle monographischen Darstellungen sind vorrangig um eine Systematisierung des Rechtsinstituts bemüht. Dabei hat besonders Simonius das Quellenmaterial in beachtlichem Umfang zusammengetragen. Die Ergebnisse der Arbeiten aus den 1950er Jahren bedürfen, so verdienstvoll sie auch sind, der Überprüfung im Hinblick auf ihre Interpolationsannahmen. So schneidet sich Simonius viele interessante Probleme durch den lapidaren Hinweis auf die angebliche Verfälschung der betreffenden Stelle ab. Insbesondere fordern seine Ausführungen zum Reurecht entschiedenen Widerspruch heraus. Auch seine axiomatisch an die Quellen herangetragene Überzeugung, daß nicht alle der überlieferten Formen der donatio mortis causa echt sein könnten, verstellt ihm die Sicht auf manche interessante Detailfrage 7. Robbes Buch, ein letztes Aufbäumen der Interpolationenkritik, stellt in der Radikalität seiner Interpolationsbehauptungen alles vorher Geschriebene in den Schatten. Selten beschränken sich die Verdächtigungen auf einzelne Worte oder Sätze, meist werden ganze Paragraphen gestrichen 8. Die Arbeit kann daher nur sehr eingeschränkt als Auseinandersetzung mit dem überkommenen Quellenmaterial betrachtet werden 9. Positiv sticht Vocis Diritto ereditario romano heraus, das sich in seiner Darstellung der donatio mortis causa schon 1963 von den überkommenen Interpolationshypothesen freimacht und für eine Neubewertung des Quellenmaterials wichtige Anregungen liefert, die freilich bisher kaum aufgegriffen wurden. So übergeht Tort-Martorell Llabrés viele der interessantesten Stellen zu ihrem Thema und beschränkt sich in den wesentlichen Punkten auf die Wiederholung alter, nicht belegter Interpolationsbehauptungen; daher bleibt ihre Arbeit trotz des klar fokussierten Titels, der auf eine vertiefende Behandlung der Widerruflichkeitsfrage hoffen ließ, enttäuschenderweise auf dem Forschungsstand von 1960 stehen. 3. Dem systematisierenden Anspruch der genannten Monographien entspricht es, daß sie jeweils das Quellenmaterial aus dem Fundus der Titel schöpfen, die als sedes materiae der donatio mortis causa gelten, das heißt vor allem D. 39, 6 und C. 8, 56 10. Die Frage nach der rechtlichen Gestalt der klassischen donatio mortis causa wird dann üblicherweise in folgende Unterfragen aufgespaltet: 7 So wird etwa (S. 71) die offensichtliche Nähe des fideicommissum a debitore relictum zur donatio mortis causa mit der Überlegung geleugnet, das generelle Reurecht sei unklassisch, und eine donatio habe nur in konkreter Lebensgefahr vorgenommen werden können (was seinerseits nicht mehr als eine petitio principii ist). 8 Vgl. etwa das lange und interessante fr. Papinian D. 39, 6, 42 pr., bei dem Robbe von neun Sätzen gerade einmal den ersten übrig läßt! 9 Hier trifft die Bemerkung Kasers, Methodologie, 48: „[E]inzelne Gelehrte versuchten, sich mit textkritischen Mitteln der Quellengrundlage zu entledigen, um dann im quellenlosen Raum aus der freien Phantasie luftige Denkgebäude zu errichten.“
18
Einleitung
1. Wie muß die Bedingung mortis causa beschaffen sein? Muß sie immer auf eine akute Lebensgefahr Bezug nehmen, muß also der Schenker imminente periculo commotus sein, oder kann sie auch sola cogitatione mortalitatis erfolgen 11? 2. Wird die donatio sofort oder aufschiebend bedingt auf den Tod des Schenkers vollzogen 12? 3. Kannte die klassische donatio mortis causa ein Reurecht des Schenkers, oder wurde es erst durch Justinian eingeführt? Dieses Problem wurde im einschlägigen Schrifttum am intensivsten diskutiert. Während die Literatur bis zur Pandektistik das Reurecht als Wesensmerkmal der donatio mortis causa verstand, hat im 20. Jahrhundert bis einschließlich Simonius niemand mehr dessen Klassizität verteidigen wollen; erst 1963 hat Voci 13 die üblicherweise als korrupt beiseite gelassenen Belege erneut ins Gespräch gebracht, worauf auch Kaser 14 1975 eine Untersuchung der Stellen angeregt hat. Da diese Anregung weder von Tort-Martorell Llabrés noch in den jüngsten Abhandlungen von Murillo Villar und Jung aufgenommen wurde, ist die Frage weiter ungeklärt 15. Das Bemühen der genannten Arbeiten um Darstellung eines geschlossenen Systems stößt zwangsläufig an die Grenze, welche die Disparität der Quellenaussagen setzt 16, um so mehr, als es sich hier um ein Rechtsinstitut auf der Scheidelinie zwischen Obligationenrecht und Erbrecht handelt. Eine erneute Darstellung steht deshalb immer in der Gefahr, nur wieder das andere, in Vorarbeiten vernachlässigte Gesicht des Januskopfes zu betrachten. Schon Justinian (C. 8, 56, 4) beklagt, die Juristen hätten das Geschäft bald der Schenkung, bald dem Vermächtnis zugerechnet, und noch in der Literatur des frühen 19. Jahrhunderts gibt es in der Frage ein intensives Hin und Her, aber keinen Fortschritt 17. Das Ziel einer umfassenden Gesamtdarstellung hat weiter den Nachteil, daß selten eine vertiefte Exegese einzelner Stellen erfolgt. Die besonders problematischen Stellen, die häufig nicht im Titel D. 39, 6, sondern etwa im Fideikommißrecht, bei der Ehegattenschenkung, bei Fragen zur Stipulation oder gar im Freilassungsrecht zu finden sind, werden von den meisten einschlägigen Arbeiten nur gestreift. 10
So ausdrücklich Rodríguez Díaz im Vorwort ihrer Arbeit, 10. Vgl. zu dieser Frage unten Kap. 1 II 2. 12 Dazu unten Kap. 1 II 3. 13 Voci, diritto ereditario II, 463 ff. 14 Kaser II, 566 Fn. 13. 15 Ausführlich dazu unten Kap. 5. 16 Von Schirach, 297, nennt die Schenkung auf den Todesfall „eine Amalgamierung fremdartiger abgeleiteter Rechtsbegriffe, die in allen ihren Merkmalen von einander abweichen“. 17 Vgl. die Arbeiten von Hasse, Müller, von Schirach, Schröter. 11
II. Ziel dieser Arbeit
19
II. Ziel dieser Arbeit Es soll hier nicht ein weiteres Mal unternommen werden, das Quellenmaterial um alle denkbaren Sachfragen herum zu gruppieren und in Kurzform zu kommentieren. Damit wäre gegenüber der Arbeit von Simonius, die einen guten Überblick der meisten mit der donatio mortis causa in Verbindung stehenden Stellen gibt, kein wesentlicher Fortschritt zu erreichen. Vielmehr sollen durch die Exegese einzelner Stellen exemplarisch verschiedene Problemkreise der donatio mortis causa dargestellt werden. Verallgemeinernde Aussagen beschränken sich auf das, was sich anhand der betrachteten Quellen nachweisen läßt. Deshalb verzichtet die vorliegende Arbeit ebenso auf eine geschlossen-systematische Darstellung aller das Rechtsinstitut betreffenden Fragen wie darauf, die früher bereits intensiv erörterten Streitfragen noch einmal in aller Breite zu diskutieren. Hier ist vielmehr eine Beschränkung auf die Darstellung des Problems angezeigt, für die verschiedenen Lösungsvorschläge wird auf die einschlägigen Untersuchungen verwiesen. Zu diesen Streitfragen gehören vor allem die verschiedenen Theorien zum Ursprung der donatio mortis causa und der sofortige oder aufschiebend bedingte Vollzug des Zuwendungsgeschäftes, zudem der Streit um die Klassizität der donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis. Andererseits will die Arbeit durch möglichst weitgehende Einbeziehung vorinterpolationistischen, auch vorpandektistischen Schrifttums dem Quellenmaterial neue oder vielmehr alte, aber in Vergessenheit geratene Aspekte abgewinnen. Ein besonderes Augenmerk richtet sich auf die verschiedenen Vollzugsgeschäfte der donatio mortis causa, sind sie es doch, die dem Rechtsinstitut seine Prägung geben. Daraus ergibt sich, daß die Exegesen in ihrem Bemühen, dem einzelnen Fragment gerecht zu werden, oft weit über die Probleme der donatio mortis causa im eigentlichen Sinne hinausgehen müssen. Häufig spielt dabei die Stipulation eine Rolle; denn in diesem Zusammenhang haben die Juristen weit schwierigere Probleme diskutiert, als sie sich aus einer einfachen Sachschenkung ergeben. Auch die durch das Fideikommiß eröffneten Möglichkeiten gegenstandsbezogener Nachlaßregelungen sind im gegebenen Zusammenhang immer wieder von Belang. Die Exegesen sind in der Regel geleitet von der Frage nach dem praktischen Nutzen des Rechtsinstituts. Das bringt es mit sich, daß häufig auch mögliche juristische Alternativlösungen erwogen werden, um davon ausgehend feststellen zu können, warum sich die Parteien im konkreten Fall für eine donatio mortis causa entschieden haben. Die Betrachtung schwieriger Grenzfälle, in denen mitunter die Art des Rechtsgeschäfts selbst in Frage steht, erfordert gelegentlich auch eine Auseinandersetzung mit Stellen, in denen letztlich keine donatio mortis causa im eigentlichen Sinne vorliegt 18.
20
Einleitung
Mit solchen Abgrenzungsfragen wird sich besonders das erste Kapitel beschäftigen, das sich mit dem Rechtsinstitut im Spannungsfeld zwischen dogmatischer Struktur eines Geschäfts unter Lebenden und Zwecksetzung einer letztwilligen Verfügung befaßt. Die folgenden drei Kapitel gliedern sich nach Anwendungsbereichen. So widmet sich das zweite Kapitel der Verwendung der donatio mortis causa zur Vermeidung einer nichtigen Ehegattenschenkung; im dritten Kapitel sind Fälle zusammengestellt, in denen mit der Schenkung das Schicksal einer Mitgift bestimmt werden soll; das vierte Kapitel behandelt den besonderen Fall, daß einem Sklaven auf den Todesfall seines dominus die Freiheit geschenkt wird. In den meisten der behandelten Fälle spielt die Frage der freien Widerruflichkeit der Schenkung eine wichtige Rolle; sie wird deshalb, ausgehend von den Ergebnissen der vorangehenden Exegesen, im fünften Kapitel getrennt untersucht.
18
So z. B. in Scaevola D. 32, 37, 3; Paulus D. 31, 87, 4.
Kapitel 1
Die rechtsgeschäftliche Gestalt der donatio mortis causa I. Herkunft der donatio mortis causa und Motivation des Schenkers 1. Eine Schenkung, die jemand im Hinblick auf seinen Tod vornimmt, ist, wie die Quellen berichten, grundsätzlich von einer doppelten Motivation bestimmt. D. 39, 6, 1 Marcianus libro nono institutionum Mortis causa donatio est, cum quis habere se vult quam eum cui donat magisque eum cui donat quam heredem suum. § 1 Sic et apud Homerum Telemachus donat Piraeo. Eine Schenkung von Todes wegen liegt vor, wenn jemand die Sache eher selbst haben will, als daß sie der Empfänger haben soll, und andererseits der Empfänger sie eher haben soll als der Erbe des Schenkers. § 1 So schenkt auch bei Homer der Telemach dem Piräus.
Justinian hat den Satz Marcians an den Anfang des Titels über die donatio mortis causa gestellt und denselben Text wörtlich als Fazit der Ausführungen über das Rechtsinstitut dem Institutionenabschnitt 2, 7, 1 angefügt 1. Tatsächlich ist Marcians Erläuterung von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Motivation des Schenkers 2. Verfehlt wäre die Vorstellung einer reinen liberalitas ohne Verfolgung eigener Zwecke. Die von Marcian angeführte Schenkung des Telemach – nach seiner und Justinians Ansicht wohl geradezu der Urfall einer donatio mortis causa – hat offenbar ebensoviel mit einem Verwahrungsgeschäft zu tun wie mit einer Schenkung: Telemach läßt, bevor er in den Kampf zieht, Gaben des Menelaos bei Piräus zurück mit der Bestimmung, dieser solle sie behalten, wenn Telemach getötet wird; falls er aber siegreich aus dem Kampf zurückkehrt, solle Piräus sie ihm zurückgeben. Als Grund nennt Telemach: „Töten mich nämlich die trutzigen Freier in unserm Palaste heimlich und teilen, was alles dem Vater gehörte, dann möcht ich lieber, daß du sie bekommst und genießt, aber 1
Et in summa mortis causa donatio est, cum magis se quis velit habere, quam eum cui donatur, magisque eum cui donat, quam heredem suum. sic et apud Homerum Telemachus donat Piraeo. 2 Dazu Schröter, 108 mit Fn. 1.
22
Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
keiner von ihnen“ 3. Das ist ein anschaulicher Beleg für Marcians Aussage cum quis habere se vult quam eum cui donat magisque eum cui donat quam heredem suum. Die Zweckbestimmung findet sich in ganz ähnlichen Worten bei Paulus: D. 39, 6, 35, 2 Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam Sed mortis causa donatio longe differt ab illa vera et absoluta donatione, quae ita proficiscitur, ut nullo casu revocetur. et ibi qui donat illum potius quam se habere mavult: at is, qui mortis causa donat, se cogitat atque amore vitae recepisse potius quam dedisse mavult: et hoc est, quare vulgo dicatur: ‚se potius habere vult, quam eum cui donat, illum deinde potius quam heredem suum‘. Die Schenkung von Todes wegen aber unterscheidet sich grundlegend von jener eigentlichen und unbedingten Schenkung, die so vollzogen wird, daß sie in keinem Fall widerrufen werden kann. Hier möchte der Schenker, daß die Sache lieber dem Empfänger als ihm gehören soll. Wer jedoch von Todes wegen schenkt, hat sich selbst im Sinn und würde aus Liebe zum Leben die Sache lieber zurückerhalten als verschenkt haben. Das ist der Grund, weshalb man allgemein sagt: ‚Er möchte die Sache lieber selbst haben, als daß sie der Beschenkte haben soll; dieser soll sie aber lieber haben als der Erbe des Schenkers.‘
Stärker noch als Marcian stellt Paulus die selbstbezogene Gesinnung des Schenkers heraus: Der wolle eigentlich gar nicht schenken, sondern hoffe auf die Rückerlangung der Sache; schließlich hoffe er, am Leben zu bleiben. Dies trifft sicher für die Fälle einer durch konkrete Lebensgefahr veranlaßten Schenkung nach dem Vorbild des Telemach zu. Bei der Betonung des Verwahrungsgedankens darf aber der zweite Aspekt nicht vernachlässigt werden, der bei Paulus anklingt und bei Marcian deutlicher hervortritt: Der Schenker rechnet immer auch mit der Möglichkeit des Todes und will auch für diesen Fall vorsorgen. Diese Seite der Motivation steht in all den Fällen im Vordergrund, in denen der Schenker ohne Bestehen einer akuten Lebensgefahr den Verbleib des eigenen Vermögens bestimmen möchte; häufig verbindet sich da das Anliegen, bestimmte Nichterben zu versorgen 4, mit einer schon lebzeitigen Erbfolgeregelung, die freilich auch so weit gehen kann, den eigentlichen Erben nahezu alle Nachlaßwerte zu entziehen 5. In letzteren Fällen hat die Umgehung erbrechtlicher Vorschriften eine erhebliche Bedeutung für den Rückgriff auf das Institut der donatio mortis causa, wie sich im folgenden zeigen wird. Kennzeichnend ist danach die Verbindung einer bedingten Zuwendungsabsicht mit der Verfolgung eigener Zwecke des Schenkers, die vornehmlich darin 3 εἴ κεν ἐμὲ μνηστῆρες ἀγήνορες ἐν μεγάροισι λάϑρῃ κτείναντες πατρώια πάντα δάσωνται, αὐτὸν ἔχοντα σὲ βούλομ’ ἐπαυρέμεν ἤ τινα τῶνδε (Homer, Odyssee, 17, 79 –81; vgl. dazu Simonius, 16 f.; Liebs, Schenkung, 1014). 4 Etwa bei Papinian D. 24, 1, 52, 1; 31, 77, 2. 5 Scaevola D. 32, 37, 3.
I. Herkunft der donatio mortis causa
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bestehen, den Gegenstand nicht an die Erben gelangen zu lassen 6. Die gegenläufige Interessenlage von Erben und Beschenktem, die sich darin widerspiegelt, daß viele der überlieferten Prozesse zwischen den Erben des Schenkers und dem Beschenkten (bzw. dessen Erben) stattfinden 7, ist entscheidend für das Verständnis der einschlägigen Stellen. 2. Die dargestellte Absicht eines Schenkers hat offenbar schon früh bestanden. Jedenfalls weist das älteste Zeugnis, die Schenkung des Telemach, in eine sehr frühe Zeit. In gewissem Gegensatz dazu steht, daß die donatio mortis causa als Institut des römischen Rechts eine relativ junge Erscheinung ist. Zu ihren möglichen Ursprüngen und dem wahrscheinlichen Alter liegen mehrere zum Teil umfangreiche Untersuchungen vor, auf die insoweit verwiesen werden kann 8. Offensichtlich ist die Praxis von Schenkungen mit Bezug auf den Todesfall sehr viel älter als deren rechtliche Erfassung 9. Nach Meinung Senns 10 ist bereits zu Beginn des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts von einer donatio mortis causa im klassischen Sinne zu sprechen; das stützt er auf die Erwähnung von mortis causa capere in den leges Furia et Voconia (204/169 v. Chr.). Dagegen ist zu Recht eingewandt worden, daß der unscharfe Ausdruck mortis causa capere nicht ohne weiteres auf die donatio schließen lasse 11. Auch die Datierung auf die Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts 12 ist eine bloße Vermutung, die sich nicht belegen läßt. Die ersten verläßlichen Zeugnisse finden sich in Labeo / Julian / Ulpian D. 44, 4, 4, 1 und Fulcinius / Neraz D. 39, 6, 43. Unsere Kenntnisse von der donatio mortis causa als Rechtsinstitut reichen also in die späte Republik, genauer bis in die zweite Hälfte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts zurück 13. Daß die lex Falcidia sowie die leges Iulia et Papia die donatio 6 Treffend formuliert diesbezüglich Cohen, 6: „Der Schenker will sich der Sache nicht begeben, solange er sie noch selbst gebrauchen, solange er noch selbst in die Lage kommen kann, sie zu benöthigen; der Beschenkte soll sie erst für den Fall haben, da nothwendiger Weise an die Stelle des Schenkers ein Anderer treten muss.“ 7 Etwa Papinian D. 24, 1, 52, 1; 31, 77, 2; 39, 6, 42 pr.; daneben sind freilich andere Konstellationen möglich, etwa: Inanspruchnahme des Beschenkten auf Erfüllung ihm auferlegter Fideikommisse (Scaevola D. 32, 37, 3); Klage gegen den Schenker auf Erfüllung eines Schenkungsversprechens (Labeo / Julian / Ulpian D. 44, 4, 4, 1); Klage gegen den Schuldner eines mortis causa geschenkten Anspruches (Paulus D. 33, 4, 11). 8 Insbesondere Amelotti, donatio, 49 – 79; Di Paola, donatio, 145 –190; ders., corso, 95 –132; Senn, donation, 19 – 39; auch Simonius, 240 – 244. 9 Amelotti, NNDI VI, 223 und ED XIII, 1001 sowie Rez. Di Paola, corso, 339, 340. 10 Senn, donation, 20 – 23. 11 Amelotti, NNDI VI, 223 und ED XIII, 1001. 12 Di Paola, corso, 119. 13 Ebenso Simonius, 241; wohl etwas früher Amelotti, donatio, 78: „tra il II ed il I secolo a. C.“; deutlich zu spät andererseits Schröter, 125, der die Anfänge in die Zeit des Senatusconsultum über die Anwendung der Kapazitätsgesetze (vgl. Paulus D. 39, 6, 35 pr.), also ins zweite Jahrhundert n. Chr. verlegt.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
mortis causa nicht nennen, erlaubt keine Rückschlüsse, denn die Anwendung der erbrechtsbeschränkenden Gesetzgebung auf die donatio mortis causa ist insgesamt erst eine Erscheinung des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts 14; umgekehrt erklären diese Gesetze aber die große praktische Bedeutung der donatio mortis causa als Umgehungsinstrument 15. Welche Rechtsgeschäfte als Vorbild gedient haben und ob sich die donatio mortis causa aus einem anderen Rechtsinstitut entwickelt hat, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Vorgeschlagen wurden die dationes sine causa 16, die konditionelle traditio 17, die mancipatio familiae 18 oder, allgemeiner, die fiducia cum amico 19. Die Diskussion ist wenig ergiebig, weil die Quellen zu dieser Frage schweigen 20.
II. Die Einteilungen der Klassiker 1. Rechtsgeschäft unter Lebenden und mortis causa capio D. 50, 16, 67, 1 Ulpianus libro septuagensimo sexto ad edictum ‚Donationis‘ verbum simpliciter loquendo omnem donationem comprehendisse videtur, sive mortis causa sive non mortis causa fuerit. Das Wort Schenkung wird, vereinfacht gesprochen, so verstanden, daß es jede Schenkung umfaßt, sei sie mortis causa oder nicht mortis causa geschehen.
Nach Ulpians Aussage ist soviel klar, daß die donatio mortis causa eine bestimmte Form der Schenkung ist und als solche zunächst den Rechtsgeschäften unter Lebenden und nicht den letztwilligen Verfügungen angehört. Justinian hat diese Einordnung in Inst. 2, 7 pr. übernommen. Andererseits verdeutlicht Marcellus die Zugehörigkeit zu den mortis causa capiones:
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Siehe dazu unten 35 – 37. Zutreffend Amelotti, donatio, 78; Liebs, Schenkung, 1024. 16 Di Paola, donatio, 170 – 174; ähnlich schon Erxleben, 158 (datio ob rem). 17 Biondi, Appunti, 740 f.; ders., Successione, 274. 18 Senn, donation, 19 – 40. 19 Amelotti, donatio, 57 – 68; Senn, donation, 41 – 60; neuerdings Noordraven, 90 ff.; zustimmend Wubbe, Rez. Noordraven, 517. 20 Gerade Papinian D. 39, 6, 42 pr., eine Stelle, auf die sich die fiducia-Lehre ausschließlich stützt, spricht statt fiducia nur von einem bonae fidei iudicium; ausführlich dazu unten 44 ff. 15
II. Die Einteilungen der Klassiker
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D. 39, 6, 38 Marcellus libro primo ad legem Iuliam et Papiam Inter mortis causa donationem et omnia, quae mortis causa quis ceperit, est earum rerum differentia: nam mortis causa donatur quod praesens praesenti dat, mortis causa capi intellegitur et quod non cadit in speciem donationis. [...] Zwischen der donatio mortis causa und allem, was [sonst] jemand von Todes wegen erworben hat, besteht folgender Unterschied: Von Todes wegen geschenkt wird das, was unter Lebenden 21 gegeben wird, während man unter Erwerb von Todes wegen auch das versteht, was nicht unter die Schenkungsform fällt.
Wenngleich der Text die donatio mortis causa zuerst den mortis causa capiones gegenüberstellt, wird dann mit dem et die donatio implizit, aber doch eindeutig den letzteren zugerechnet (et quod non cadit in speciem donationis). Die doppelte Zugehörigkeit der donatio mortis causa zu den Schenkungen und den Erwerbsarten von Todes wegen, wie sie aus den beiden Texten hervorgeht, ist die Quelle der allermeisten dogmatischen Streitigkeiten, die sich seit 2000 Jahren aus diesem Rechtsinstitut ergeben. Das wird im folgenden anhand einiger markanter Beispiele deutlich werden. Nur eine vorläufige 22 Orientierung bietet daher die Formel: Hinsichtlich ihrer rechtsgeschäftlichen Struktur ist die donatio mortis causa eine wirkliche Schenkung, die sich von der donatio inter vivos allein durch die Bedingung mortis causa unterscheidet; in Ansehung ihrer spezifischen Zwecksetzung, eine Zuwendung mit Blick auf das Lebensende des Schenkers zu vollziehen, gehört sie dagegen zu den letztwilligen Verfügungen. Der erste Aspekt einer lebzeitigen Zuwendung tritt in Erscheinung, soweit die donatio als causa eines lebzeitigen Vollzugsaktes in Rede steht; als Rechtsgeschäft unter Lebenden spielt sie zudem im Bereich des Ehegattenschenkungsverbotes eine wichtige Rolle 23. Die zweite Seite, nämlich die Zwecksetzung einer letztwilligen Verfügung, haben all jene Stellen im Blick, die davon sprechen, daß die donatio mortis causa die Funktion eines Legates einnehme 24. Das ist 21 Zur Bedeutung von praesens praesenti dat vgl. Simonius, 7, der überzeugend darlegt, daß dies nicht im Sinne gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien zu verstehen ist; so bereits Brechenmacher, 12; anders Senn, donation, 131. 22 Eine endgültige Antwort läßt sich nur im Zusammenhang mit der Frage des Reurechts finden, vgl. dazu unten Kap. 5 VI. 23 Ausführlich dazu unten Kap. 2 – Im Hinblick auf Justinians Einschränkung in Inst. 2, 7, 1: per omnia fere legatis connumeretur ist es unzutreffend, wenn Weiss, Institutionen, 592, meint, die donatio mortis causa sei bei Justinian den anderen Rechtsgeschäften von Todes wegen völlig gleichgestellt und habe ihren Charakter als Schenkung eingebüßt; zu Recht anders etwa Schröter, 103 ff.; Wiederhold, 119. 24 Paulus D. 6, 2, 2: quia ad exemplum legatorum capiuntur; Ulpian D. 7, 9, 1, 2: exemplo legatorum; Papinian D. 31, 77, 1: exemplo legatorum; Ulpian D. 38, 2, 3, 17: nam mortis causa donationes vice legatorum funguntur; Julian / Paulus D. 39, 6, 15: ad exemplum legatorum mortis causa donationes revocatae sunt; Julian D. 39, 6, 17: quia legatorum instar optinent.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
überall dort von Bedeutung, wo die Anwendung erbrechtsbeschränkender oder -schützender Gesetze, besonders der leges Iulia et Papia sowie der lex Falcidia, in Rede steht. 2. Anforderung an die Bedingung mortis causa: imminente periculo commotus und sola cogitatione mortalitatis Schenkungen mit Bezug auf den Tod können in vielerlei Formen gemacht werden: meistens durch datio, aber auch durch stipulatio 25, acceptilatio 26, delegatio 27, sogar durch manumissio 28. Die verbindende Gemeinsamkeit all dieser Zuwendungsakte ist deren causa. Vereinfacht gesagt, verstehen die Klassiker unter der donatio mortis causa eine Zuwendung, die mit dem Tod des Schenkers zu einer bestimmten Zeit oder unter bestimmten Umständen stehen oder fallen soll. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten: D. 39, 6, 2 Ulpianus libro trigensimo secundo ad Sabinum Iulianus libro septimo decimo digestorum tres esse species mortis causa donationum ait, unam, cum quis nullo praesentis periculi metu conterritus, sed sola cogitatione mortalitatis donat. aliam esse speciem mortis causa donationum ait, cum quis imminente periculo commotus ita donat, ut statim fiat accipientis. tertium genus esse donationis ait, si quis periculo motus non sic det, ut statim fiat accipientis, sed tunc demum, cum mors fuerit insecuta. Julian sagt im 17. Buch seiner Digesten, es gebe drei Arten der Schenkung von Todes wegen: eine, bei der jemand, ohne von der Furcht vor irgendeiner Gefahr ergriffen zu sein, in bloßer Erwägung seiner Sterblichkeit schenkt. Die zweite Art der Schenkung von Todes wegen sei diejenige, bei der jemand im Angesicht einer bevorstehenden Gefahr in der Weise schenkt, daß die Sache sofort Eigentum des Empfängers wird. Die dritte Art sei die, bei der jemand zwar anläßlich einer Gefahr schenkt, aber nicht so, daß die Sache sofort Eigentum des Empfängers wird, sondern erst dann, wenn der Tod eingetreten ist.
Ulpian beruft sich auf einen Text aus Julians 17. Buch der Digesten, der auch von Marcellus in D. 39, 6, 13, 1 kommentiert wird 29. Die asymetrische 30 25
Labeo / Julian / Ulpian D. 44, 4, 4, 1; Papinian D. 24, 1, 52, 1; 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11; Tryphonin D. 23, 3, 76. 26 Africanus D. 39, 6, 24; Gaius / Julian eod. 31, 1; Paulus eod. 35, 6; Ulpian D. 32, 3 pr.; 35, 2, 82. 27 Julian D. 39, 6, 18, 1. 28 Marcellus D. 40, 1, 15. 29 Vgl. dazu unten 41 ff. 30 Sie allein ist kein Grund, den Text zu verdächtigen; anders, mit schwacher Argumentation, Simonius, 84: „Daß die Lex irgendwie interpoliert sein muß [sic!], geht aus
II. Die Einteilungen der Klassiker
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Dreiteilung lautet: eine Schenkung ohne konkrete Gefahr, eine in konkreter Lebensgefahr mit sofortiger Eigentumsübertragung, eine in konkreter Gefahr mit aufschiebend bedingter Eigentumsübertragung 31. Sie wird außer vom genannten Juliantext auch von Paulus D. 39, 6, 35, 4 bestätigt. Hier ist zunächst nur der Gegensatz zwischen einer imminente periculo und einer sola cogitatione mortalitatis veranlaßten Schenkung von Interesse. Der erstgenannte Typus einer Schenkung in konkreter Lebensgefahr ist am frühesten bezeugt 32. Er war in klassischer Zeit auch die häufigste Form, wie die Vielzahl der Stellen zeigt, die dem Schenker ein Rückforderungsrecht nach Überstehen der Gefahr gewähren 33. Neben der sehr häufig vorkommenden akuten Krankheit sind alle anderen Formen von Lebensgefahr denkbar, wie Paulus lehrt: D. 39, 6, 35, 4 Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam Mortis causa donatio fit multis modis: alias extra suspicionem ullius periculi a sano et in bona valetudine posito et cui ex humana sorte mortis cogitatio est: alias ex metu mortis aut ex praesenti periculo aut ex futuro, si quidem terra marique, tam in pace quam in bello et tam domi quam militiae multis generibus mortis periculum metui potest. [...] Eine Schenkung von Todes wegen kann auf vielerlei Weise geschehen: bald unabhängig von der Furcht vor einer konkreten Gefahr von einem Gesunden in guter Verfassung, der dem menschlichen Schicksal entsprechend an den Tod denkt; bald aus Todesfurcht oder angesichts einer gegenwärtigen oder zukünftigen Gefahr. Denn es gibt viele Gründe, eine Todesgefahr zu fürchten, sei es zu Land oder zu Wasser, in Friedenszeiten wie im Krieg, zu Hause wie im Kriegsdienst. PS 3, 7, 1 Mortis causa donat qui ad bellum proficiscitur et qui navigat, ea scilicet condicione, ut, si reversus fuerit, sibi restituatur, si perierit, penes eum remaneat cui donavit. Von Todes wegen schenkt, wer in den Krieg zieht oder zu einer Seereise aufbricht, nämlich unter der Bedingung, daß ihm die Sache im Falle seiner Rückkehr zurückzugewähren sei, und wenn er umkommt, bei demjenigen verbleiben solle, dem er sie geschenkt hat.
der unlogischen Gleichschaltung von drei Typen der Dmc. hervor“; überzeugende Gründe für die Echtheit dagegen bei Amelotti, donatio, 16 – 24; vgl. auch die Erklärung von Senn, donation, 44 – 46. 31 Zu Ulpian D. 39, 6, 2 neuestens Liebs, Schenkung, 1016; ferner Rodríguez Díaz, 69 –78; Tort-Martorell Llabrés, 60 ff. 32 Labeo D. 44, 4, 4, 1; zur Stelle unten 97 ff. 33 Im Hinblick auf die häufigste Todesgefahr, eine akute Krankheit, sprechen die Quellen in der Regel von convalescere: Africanus D. 39, 6, 24; Gaius D. 39, 6, 31, 3; Julian D. 12, 1, 19 pr.; 24, 1, 4; 39, 6, 13 pr. 1; eod. 16; eod. 18, 1. 2; eod. 19; Marcellus D. 40, 1, 15; Paulus D. 12, 4, 12; 22, 1, 38, 3; 39, 6, 35, 3. 4. 6; eod. 39; Scaevola D. 24, 1, 56; Tryphonin D. 23, 3, 76; Ulpian D. 39, 6, 29; eod. 37, 1.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
Neben der Aufzählung verschiedener möglicher Gefahren, die den Schenker bewegen können – gleichsam eine Konkretisierung des Begriffes imminente periculo commotus –, belegen Julian D. 39, 6, 13, 1; Paulus D. 39, 6, 35, 4; Ulpian D. 39, 6, 2 unzweifelhaft die Existenz einer donatio mortis causa, die in bloßer Erwägung der eigenen Sterblichkeit (sola cogitatione mortalitatis) vorgenommen wird. Auch Gaius bestätigt das: D. 39, 6, 31, 2 Gaius libro octavo ad edictum provinciale [...] rursus id, quod mortis causa donatur, aut in periculum mortis datur aut cogitationem mortalitatis, quod nos quandoque morituros intellegimus. Dagegen wird das, was mortis causa geschenkt wird, entweder in Todesgefahr gegeben oder in Anbetracht der Sterblichkeit, weil wir wissen, daß wir einmal werden sterben müssen.
Ungeachtet dieser umfangreichen Quellenbelege hat es im 20. Jahrhundert hartnäckige Versuche insbesondere von Di Paola 34, Simonius 35 und Yaron 36 gegeben, die Klassizität dieser Schenkung ohne konkrete Todesgefahr zu leugnen. Weil vor allem Amelotti 37, Kaser 38 und Kaden 39 die Klassizität verteidigt haben, ist daraus eine der großen Streitfragen in der modernen Literatur zur donatio mortis causa entstanden. So groß der Argumentationsaufwand gegen eine klassische donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis ist, so gering ist die Überzeugungskraft dieser These. Sie geht von fragwürdigen, nur formal gestützten Interpolationsbehauptungen aus 40 und hat als Motive der Kompilatoren nur die von Justinian vollendete Angleichung an das Legatsrecht 41 bzw. die angebliche Nachklassizität des generellen Reurechts – ohne das eine solche donatio sola cogitatione mortalitatis freilich schwer vorstellbar ist 42 – zu bieten. Was das erste angeht, wird meistens übergangen, daß die von Justinian in C. 8, 56, 34
Di Paola, donatio, 186 – 190. Simonius, 79 – 100; ihm folgt neuerdings Noordraven, 91 –95. 36 Yaron, Some Remarks, 493 – 496; ders., Donatio sola cogitatione mortalitatis, 371 – 375. 37 Amelotti, donatio, 9 – 12. 38 Kaser, Rez. Di Paola, 244 f.; ders., Rez. Amelotti, 448 f. 39 Kaden, Rez. Simonius, 624 f. 40 Symptomatisch für deren Beliebigkeit Simonius, 86 (zu D. 39, 6, 2): „Da sich die Stelle in ihrer Gesamtheit nicht logisch erklären läßt, haben wir die eine oder die andere der beiden Gegenüberstellungen als unsorgfältige Interpolation zu eliminieren. Während Biondi die Unterscheidung nach der Art der Eigentumsübertragung streicht, entscheiden wir uns, [...] zur Ausmerzung der Unterscheidung von zwei im Motiv gegensätzlichen Arten der Todesschenkung.“; gegen ihn Verrey, 144 – 148. 41 Di Paola, donatio, 189. 42 Weil eine Schenkung, die lediglich noch bei Prämorienz des Donatars zurückgefordert werden könnte – ein anderer Rückforderungsgrund käme in dem Fall nicht in 35
II. Die Einteilungen der Klassiker
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4 verkündete Angleichung der donatio mortis causa an Legatsrecht bereits ab Hadrian in vollem Gange ist und mit Severus Alexander in den wichtigsten Punkten abgeschlossen ist 43. Das zweite, die angebliche Nachklassizität des Reurechts, wird seinerseits mit der Angleichung an Legatsrecht begründet 44 und taugt daher ebensowenig als Argument. Auch Autoren, die die Klassizität der Schenkung ohne konkrete Lebensgefahr leugnen 45, sehen sich gezwungen, im Einzelfall diese Möglichkeit auch für die klassische Zeit einzuräumen, namentlich bei der stipulatio mortis causa. Dabei handelt es sich indes um so viele und wichtige Fälle, daß allein deshalb der Grundsatz in Frage steht. Darüber hinaus ist bisher übersehen worden, daß ein wichtiger Anwendungsfall der donatio mortis causa, nämlich die anläßlich einer Mitgiftbestellung vereinbarte Zuwendung des Rückgabeanspruchs an einen Dritten, die fast ausschließlich anläßlich einer Eheschließung stattfindet 46, überhaupt nur sola cogitatione mortalitatis denkbar ist; in diesen Stellen verbietet sich eine Interpolationsannahme schlicht aufgrund der Fallgestaltung. Für die Frage ist außerdem eines der ältesten Zeugnisse zur donatio mortis causa von Interesse: D. 39, 6, 43 Neratius libro primo responsorum Fulcinius: inter virum et uxorem mortis causa donationem ita fieri, si donator iustissimum mortis metum habeat. Neratius: sufficere existimationem donantis hanc esse, ut moriturum se putet: quam iuste nec ne susceperit, non quaerendum. quod magis tuendum est. Fulcinius sagt: Zwischen Ehegatten findet eine Schenkung von Todes wegen statt, wenn der Schenker völlig zu Recht sein Versterben befürchtet. Neraz meint dagegen, es genüge, daß der Schenker der Meinung ist, daß er bald sterbe; ob das begründet ist oder nicht, sei nicht entscheidend. Das erscheint richtiger.
Neraz erörtert die Frage, ob eine donatio mortis causa inter virum et uxorem nur wirksam ist, wenn die Furcht zweifelsfrei begründet ist, oder ob subjektive Einschätzung der Todesnähe genüge. Hätte es die donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis nicht gegeben, dann hätte Neraz keinen Anlaß gehabt, sich gerade im Hinblick auf das Ehegattenschenkungsverbot mit den Anforderungen an die Todesgefahr zu befassen. Schließlich fällt auf, daß Justinian nach eigenen Angaben beide Formen kennt, wie aus seiner Reformkonstitution zur donatio mortis causa hervorgeht 47: Betracht –, eher einer bedingten donatio inter vivos gleicht, als sie den Charakter einer Verfügung mortis causa hat; insoweit zutreffend Simonius, 92. 43 Vgl. dazu unten 87. 44 Näher dazu unten 227 f. 45 Simonius, 93 – 100. 46 Vgl. die unten, Kap. 3 III, besprochenen Fälle.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
C. 8, 56, 4 Imp. Iustinianus A. Iohanni pp. [...] sancimus omnes mortis causa donationes, sive iuxta mortem facientis fuerint celebratae sive longiore cogitatione mortis subsecutae sunt, actis minime indigere [...] ... wir ordnen an, daß alle Schenkungen von Todes wegen, seien sie in Todesnähe des Schenkers vollzogen oder nach längerem Nachdenken über den Tod erfolgt, keinerlei Formalaktes bedürfen ...
Es gibt keinen Grund anzunehmen, Justinian selbst könnte die Zweiteilung eingeführt haben. Warum sollte er dann gerade dieselbe Regelung für beide Formen der Schenkung getroffen haben? Insgesamt bestehen keine triftigen Gründe gegen die Klassizität einer donatio mortis causa ohne akute Lebensgefahr. Wohl trifft es zu, daß die imminente periculo vorgenommene Schenkung der ursprüngliche und auch häufiger bezeugte Fall ist. Wenn aber Neraz in D. 39, 6, 43 die Anforderungen an die Ernstlichkeit der Gefahr der Einschätzung des Schenkers überläßt (sufficere rell.) und Paulus in D. 39, 6, 35, 4 das periculum praesens dem periculum futurum gleichstellt, wird in der Sache auf ein periculum als Voraussetzung überhaupt verzichtet, denn ein periculum futurum ist immer denkbar, seine Voraussetzungen aber sind nicht überprüfbar 48. 3. Klassizität der auflösend wie der aufschiebend bedingten Vollzugsform Hinsichtlich des Vollzugszeitpunktes sind zwei Formen möglich: aufschiebend bedingter Vollzug oder sofortiger, auflösend bedingter Vollzug mit Rückabwicklung bei Bedingungsausfall. Julian geht für die donatio mortis causa von letzterem aus: D. 39, 5, 1 pr. Iulianus libro septimo decimo digestorum Donationes complures sunt. dat aliquis ea mente, ut statim velit accipientis fieri nec ullo casu ad se reverti, et propter nullam aliam causam facit, quam ut liberalitatem et munificentiam exerceat: haec proprie donatio appellatur. dat aliquis, ut tunc demum accipientis fiat, cum aliquid secutum fuerit: non proprie donatio appellabitur, sed totum hoc donatio est, quae sub condicione est. item cum quis ea mente dat, ut statim quidem faciat accipientis, si tamen aliquid factum fuerit aut non fuerit, velit ad se reverti, non proprie donatio dicitur, sed totum hoc donatio est, quae sub condicione solvatur. qualis est mortis causa donatio. Es gibt mehrere Arten von Schenkungen. Der eine schenkt in der Absicht, daß die Sache sofort dem Empfänger gehören und in keinem Fall an ihn (den Schenker) zurückgelangen 47
Ausführlich zu dieser Konstitution Wiederhold. In diesem Sinne Karlowa, Rechtsgeschichte II, 945, der darin eine allmähliche Entwicklung sieht. 48
II. Die Einteilungen der Klassiker
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soll; er tut das aus keinem anderen Grund als zur Betätigung seiner Großzügigkeit und Freigebigkeit – das ist die Schenkung im eigentlichen Sinn. Ein anderer schenkt so, daß die Sache erst dann dem Empfänger gehören soll, wenn ein Ereignis eingetreten ist – das ist keine Schenkung im eigentlichen Sinn, sondern all das ist eine Schenkung, die unter einer Bedingung steht. Ebenso ist es, wenn jemand in der Absicht schenkt, daß die Sache zwar sofort dem Empfänger gehören soll, er aber will, daß die Sache an ihn zurückgelangen soll, wenn ein Ereignis eintritt oder nicht eintritt – man nennt dies nicht Schenkung im eigentlichen Sinne, sondern all das ist eine Schenkung, die unter einer Bedingung aufgelöst wird. Von dieser Art ist die Schenkung von Todes wegen.
Wenn Julian hier die donatio mortis causa als eine solche charakterisiert, die sofort vollzogen und bei Bedingungsausfall hinfällig wird, so stimmt dies mit der Mehrzahl der Quellen überein, die dem Schenker eine condictio gewähren, wenn ein Rückforderungsfall eintritt 49. Daneben bezeugt aber nicht nur die bereits betrachtete Ulpianstelle D. 39, 6, 2 eine aufschiebend bedingte Übereignung mortis causa 50, sondern auch Marcellus D. 40, 1, 15 spricht deutlich von einer aufschiebend bedingten traditio 51. Zudem kennen Papinian D. 24, 1, 52, 1 und Ulpian D. 24, 1, 11, 1 den aufschiebend bedingten Vollzug im Zusammenhang mit der donatio mortis causa inter virum et uxorem. Schließlich gewähren zwei Stellen dem Schenker eine Vindikation und sprechen so für den aufschiebend bedingten Vollzug 52. Auch über diesen Punkt ist freilich in der Literatur gestritten worden. Dabei spielt allerdings die in anderem Zusammenhang vieldiskutierte Frage der dinglich wirkenden Resolutivbedingung 53 kaum eine Rolle. Der automatische Rückfall des Eigentums nach Ausfall der Bedingung steht für die donatio mortis causa allenfalls bei Papinian D. 39, 6, 42 pr. und Ulpian D. 39, 6, 29 in Rede 54, im übrigen gewähren die einschlägigen Texte dem Schenker nach Wegfall der causa nur eine condictio und keine actio in rem, werfen also das Problem der dinglichen Rückfallvereinbarung nicht auf. Die von Biondi vorgebrachten Einwände gegen den sofortigen Vollzug der donatio mortis causa beruhen vielmehr auf der Annahme, der Schenker habe 49 Africanus D. 39, 6, 23; eod. 24; Julian D. 24, 1, 4; 39, 6, 13 pr.; eod. 18, 1; eod. 19; Papinian D. 24, 1, 52, 1; Paulus D. 12, 4, 12; 22, 1, 38, 3; 39, 6, 35, 3. 6; eod. 39; eod. 44; Scaevola D. 24, 1, 56; Tryphonin D. 23, 3, 76; Ulpian D. 24, 1, 11, 8; eod. 32, 14; 39, 6, 30; eod. 37, 1. 50 ... tertium genus esse donationis ait, si quis periculo motus non sic det, ut statim fiat accipientis, sed tunc demum, cum mors fuerit insecuta. 51 ... quemadmodum cum rem ita tradiderit, ut moriente eo fieret accipientis ...; ausführlich zur Stelle unten Kap. 4. 52 Julian D. 39, 6, 14 und Ulpian eod. 29; in Ulpian D. 39, 6, 37, 1 i. f. läßt sich eine vindicatio allenfalls erahnen (servum ipsum restituere compellitur). 53 Vgl. Kaser I, 257 f.; ausführlich Peters, 163 – 231; Wesel, 95 ff. 54 Dazu unten 58 ff.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
sich in aller Regel erst im Zeitpunkt seines Todes des Eigentums an der Sache begeben wollen. Ausgehend von seiner Theorie über die Entwicklung der donatio mortis causa aus der aufschiebend bedingten traditio hielt er die aufschiebend bedingte Form für die einzig klassische 55; später erkannte er immerhin auch den sofortigen Vollzug als klassisch an 56, blieb aber dabei, daß der erstgenannte Weg stets der Regelfall gewesen sei 57. Angesichts der Häufigkeit einer condictio in den Quellen ist diese Auffassung kaum haltbar. Umgekehrt hat Di Paola, der die dationes sine causa als Ursprung der donatio mortis causa ansieht, allein den sofortigen Vollzug als klassisch anerkennen wollen 58. Seine These von der einheitlichen Struktur der donatio mortis causa, die er nur mit maßlosen Interpolationsbehauptungen aufrechterhalten kann 59, ist hinreichend widerlegt worden 60. Nur Robbe 61 hat sich Di Paola angeschlossen, jedoch mit dem irrigen Argument, eine Suspensivbedingung komme nicht in Frage, weil der Tod des Schenkers sicher sei und daher nur Befristung sein könne. Selbstverständlich kann es immer nur darum gehen, das Vorversterben des Schenkers zur Bedingung zu machen, und weil das ungewiß ist, handelt es sich im Ergebnis jedenfalls um eine Bedingung. Mit den Arbeiten von Amelotti 62 und Simonius 63 ist die Frage geklärt worden; es ist an der früher schon vertretenen 64 richtigen Auffassung festzuhalten, wonach in klassischer Zeit beide Arten des Vollzugs existieren, wenngleich der sofortige Vollzug überwiegt.
III. Die Abgrenzung zur donatio inter vivos Justinian rechtfertigt seine wichtige Konstitution C. 8, 56, 4 aus dem Jahr 530 65, durch die er das Recht der donatio mortis causa bedeutend verändert hat, mit einem Klassikerstreit über die Rechtsnatur der donatio mortis causa: 55
Biondi, Appunti, 740 f. Biondi, Successione, 709. 57 Biondi, Successione, 274. 58 Di Paola, donatio, 17 ff. 59 Die Untersuchung beginnt mit der nach Meinung des Autors offenbar nicht beweisbedürftigen Annahme, eine der drei in D. 39, 6, 2 aufgezählten Arten der Schenkung müsse jedenfalls unecht sein (18); ähnlich Simonius, 86, der freilich in der Stelle eine andere Schenkungsart eliminiert. 60 Amelotti, donatio, 28 ff.; Kaser, Rez. Di Paola, 244 f.; Simonius, 190 ff. Di Paola hat unbeirrt an seiner Meinung festgehalten, ohne sich mit den Einwänden auseinanderzusetzen, vgl. corso, VIII, 8 ff., 24 ff., 41, 95 f. und öfter. 61 Robbe, 43 f. 62 Amelotti, donatio, 12 ff. und 83. 63 Simonius, 189 ff. 64 Savigny, System IV, 247 – 249. 56
III. Die Abgrenzung zur donatio inter vivos
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C. 8, 56, 4 Imp. Iustinianus A. Iohanni pp. Cum de mortis causa donatione dubitabatur et alii quidem inter ultimas voluntates eam posuerunt et legatis adgregandam esse censuerunt, alii autem inter donationes quae inter vivos consistunt eam posuerunt, dubietate eorum explosa sancimus omnes mortis causa donationes, sive iuxta mortem facientis fuerint celebratae sive longiore cogitatione mortis subsecutae sunt, actis minime indigere neque expectare publicarum personarum praesentiam et ea quae super huiusmodi monumentis solent adhiberi. [...] Weil hinsichtlich der Schenkung von Todes wegen Zweifel bestanden und die einen sie bei den letztwilligen Verfügungen einordneten und meinten, man müsse sie den Vermächtnissen zurechnen, andere sie aber bei den Schenkungen unter Lebenden einordneten, haben wir deren Zweifel beseitigt und ordnen an, daß alle Schenkungen von Todes wegen, seien sie in Todesnähe des Schenkers vollzogen oder nach längerem Nachdenken über den Tod erfolgt, weder der öffentlichen Beurkundung bedürfen noch der Anwesenheit öffentlich bestellter Personen noch solcher Dinge, die bei derlei Urkunden gewöhnlich beachtet werden. Inst. 2, 7, 1 [...] nam cum prudentibus ambiguum fuerat, utrum donationis an legati instar eam optinere oporteret, et utriusque causae quaedam habebat insignia et alii ad aliud genus eam retrahebant: a nobis constitutum est, ut per omnia fere legatis connumeretur et sic procedat, quemadmodum eam nostra formavit constitutio. [...] Denn weil es unter den Rechtsgelehrten umstritten war, ob man sie [die Schenkung von Todes wegen] einer Schenkung oder einem Vermächtnis gleichstellen müsse, und weil sie einige Wesensmerkmale beider aufwies und die einen sie auf dieses, die anderen auf jenes Institut zurückführten, haben wir angeordnet, daß sie in beinahe jeder Hinsicht den Vermächtnissen zugeordnet werden soll; es soll so verfahren werden, wie es unsere Konstitution geregelt hat.
Während man bis zum Aufkommen der Interpolationenkritik der Begründung Justinians Glauben geschenkt hat 66, schloß sich die neuere Literatur mehr oder minder Cugias Behauptung an, Justinian habe den Streit erfunden, um seine Angleichung der donatio mortis causa an das Vermächtnisrecht auf die Autorität klassischer Juristen stützen zu können 67. Es gibt aber keine überzeugenden 65 Sie wird allerdings nicht zu den quinquaginta decisiones zu rechnen sein, vgl. Schindler, 5 mit Fn. 20 und 336 mit Fn. 1. 66 Vgl. die Nachweise bei Cugia, 44 f. in Fn. 4. 67 Cugia, 43 – 47; zustimmend Di Paola, donatio, 249 –251; einschränkend Amelotti, donatio, 204 – 207: Die Kontroverse habe es zwar gegeben, sie sei aber nachklassisch; dem folgt Simonius, 3 f. Archi, donazione, 278, sieht den Streit vor dem Hintergrund der Formvorschriften Konstantins. Ähnlich meint Schindler, 13 –19, Justinian habe „einen aktuellen Streit seiner Zeit“ entschieden (19). Schindler räumt selbst ein, es besage nicht viel, daß sich der Streit in den Juristenschriften nicht widerspiegele (14). Andererseits wertet er das Schweigen der klassischen Juristen zu dieser theoretischen Frage an den Stellen, wo Legatsgrundsätze auf die donatio mortis causa angewendet werden, als ent-
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Gründe, eine solche Klassikerkontroverse zu leugnen. Gewiß ist es gut möglich, daß die von Justinian angeführten Zweifel erheblich erst durch Konstantins große Reformkonstitution 68 verstärkt wurden 69, hat doch dieses Gesetz, das mit seinen umfangreichen Formvorschriften Rechtssicherheit schaffen wollte, seinerseits in der Praxis Unsicherheit über den Geltungsbereich dieser Formerfordernisse hervorgerufen 70. Außerdem werden Konstantins Formvorschriften durch Justinian ausdrücklich beseitigt (actis minime indigere neque expectare publicarum personarum praesentiam). Wenn allerdings Justinians Worte damit angezweifelt werden, es sei unglaubwürdig, daß „klassische Juristen die Dmc. dem Legate generell und abstrakt angegliedert“ haben 71, dann beruht dies auf einem Mißverständnis der Konstitution: Justinian behauptet ja nicht, daß diese Angleichung bereits stattgefunden hätte, sondern nur, daß sie mitunter als wünschenswert erachtet wurde (alii [...] legatis adgregandam esse censuerunt) 72. Selbstverständlich waren den klassischen Juristen die strukturellen Unterschiede zwischen Legat und donatio mortis causa geläufig; Marcellus D. 39, 6, 38 hat das gezeigt. Daß gleichwohl schon die Klassiker Zweifel bei der Einordnung dieses Rechtsinstituts haben konnten, ist nicht zuletzt deshalb glaubwürdig, weil die Frage auch 2000 Jahre später noch umstritten ist 73. Das Problem hat auch bei der Entstehung des BGB eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Der Redaktor des Vorentwurfs Erbrecht, Gottfried von Schmitt, sah in §§ 220, 221 TE Erbrecht zwei getrennte Regelungen vor: Für das Schenkungsversprechen von Todes wegen sollten die erbrechtlichen Vorschriften gelten, während die noch zu Lebzeiten des Schenkers vollzogenen Zuwendungen als Schenkungen unter Lebenden beurteilt werden sollten. In der Begründung heißt es: „Was aber als Bedürfniß erscheint, ist die Abschneidung der sich an das Institut der Schenkung auf den Todesfall schon vor Justinian’s Zeit anschließenden, scheidendes Argument dafür, daß die Juristen den Streit nicht gekannt hätten (14 f.). Den am praktischen Ergebnis interessierten Juristen wird es aber genügt haben, die Anwendung des Legatsrechts im Einzelfall festzustellen, und das haben sie oft genug getan (vgl. die Nachweise oben 25 in Fn. 24). – Dagegen hält Kaser, Rez. Amelotti, 448, zu Recht eine Kontroverse in klassischer Zeit für möglich; diesem folgt Olzen, 18. 68 Vat. 249; C. 8, 53, 25; CTh. 8, 12, 1. 69 Darauf stellt Amelotti, donatio, 205, ab. 70 Vgl. Archi, evoluzione, 393: „difficoltà pratiche non solo per gli estranei al mondo del diritto, ma anche per gli esperti“; Levy, Vulgarrecht, 236: „heillose Konfusion, die das Schicksal einer donatio oft genug zum Spielball des Zufalls zu machen schien“. 71 Simonius, 3. 72 Richtig Schröter, 111. 73 Vgl. die Nachweise bei Amelotti, donatio, 31 f. in Fn. 95; nachdrücklich für die Zuordnung zu den Rechtsgeschäften unter Lebenden in neuerer Zeit Harder, 56, vgl. in diesem Sinne aber bereits Karlowa, Rechtsgeschichte II, 947; umgekehrt Voci, diritto ereditario II, 442: „La dmc. è dunque un negozio mortis causa, attuato con l’utilizzazione di negozi inter vivos“; ähnlich wie dieser schon Windscheid II, 567: „letztwillige Verfügung in der Form des Vertrages“.
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bis heute ungelösten Streitfragen, ein unerreichbares Ziel, wenn die zwitterhafte Mischform selbst beibehalten wird.“ 74 Auch in den Motiven zum BGB wird deutlich ausgesprochen, man habe die donatio mortis causa wegen dieser ungelösten Streitfragen als Institut nicht in den Entwurf aufnehmen wollen 75. Das Konzept von Schmitts hat sich schließlich in seinen wesentlichen Punkten in der Gesetz gewordenen Form des § 2301 BGB durchgesetzt. Dabei wurde das im Vorentwurf formulierte Ziel der Abschneidung ungelöster Streitfragen freilich nicht erreicht; denn bis heute ist umstritten, ob das Schenkungsversprechen nach § 2301 Abs. 1 BGB den Formvorschriften des Erbvertrages zu unterstellen sei oder Testamentsform genüge 76. Der Zuordnungsfrage wäre für das römische Recht nicht weiter nachzugehen, wenn sie keine praktische Bedeutung gehabt hätte. Sicher war den römischen Juristen die Einordnung der donatio mortis causa als Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen nicht aus Systematisierungsgründen wichtig 77. Sie hat aber deshalb große Bedeutung, weil die Verwandtschaft mit den letztwilligen Verfügungen die donatio mortis causa von der donatio inter vivos trennt. Diese Unterscheidung wird ihrerseits um so wichtiger, je mehr die donatio mortis causa der erbrechtsbeschränkenden Gesetzgebung unterworfen wird 78. Eine der spätesten und wichtigsten Maßnahmen in dieser Hinsicht ist die Anwendung der lex Falcidia auf donationes mortis causa. Sie ist hier von besonderem Interesse, weil anhand dieser Frage die Abgrenzung zwischen donatio inter vivos und donatio mortis causa diskutiert wurde. Das belegen die Fälle Papinian D. 39, 6, 42 pr. 1; Scaevola D. 32, 37, 3; Paulus D. 31, 87, 4, die im folgenden näher zu untersuchen sind. 1. Ulla condicio redhibendi und die Anwendbarkeit der lex Falcidia als praktischer Ausgangspunkt der Frage Die Unterwerfung der donatio mortis causa unter das Regime der lex Falcidia ist eine recht späte Neuerung hochklassischer Jurisprudenz. Schon in der Zeit der ausgehenden Republik schützt die durch Paulus in D. 35, 2, 1 pr. überlieferte lex 74
Vorentwürfe, Erbrecht 1, 537. Motive V, 350 f. 76 Vgl. dazu Musielak, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 9 (Erbrecht), 5. Aufl. 2010, § 2301 Rn. 13. 77 Zutreffend insoweit Amelotti, donatio, 31 – 33; zustimmend Kaser, Rez. Amelotti, 449; vgl. auch Olzen, 16. Etwas zu scharf erscheint indes Amelottis Aussage: „La distinzione tra negozi a causa di morte e negozi tra vivi non esiste in diritto romano.“ (32), denn sie verstellt unter Umständen den Blick auf die äußerst wichtige Unterscheidung zwischen unbedingten Schenkungen unter Lebenden und solchen, in denen auf den Tod als Bedingung Bezug genommen wird. 78 Ausführlich dazu Simonius, 31 – 78. 75
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
Falcidia (40 v. Chr.) den Erben vor einer Überschuldung des Nachlasses, indem sie dem Erblasser verbietet, über mehr als drei Viertel der Erbschaft durch Legate zu verfügen; tut er es doch, werden die Legate ipso iure ex lege anteilig gekürzt 79, es handelt sich offenbar um eine der ersten leges perfectae 80. Die Regelung wird dann zwischen 70 und 80 n. Chr. durch das SC Pegasianum mit Einschränkungen auf Fideikommisse erstreckt 81. Danach vergehen nochmals mehr als 100 Jahre 82, bis eine Konstitution des Septimius Severus die lex auf die donatio mortis causa anwendet 83 – worin sich übrigens zeigt, wie lange die donatio mortis causa als Umgehungsgeschäft im Bereich letztwilliger Verfügungen genutzt werden konnte 84. Der Text der Konstitution ist zwar nicht überliefert, jedoch nimmt Severus Alexander in einer Konstitution aus dem Jahr 223 (C. 6, 50, 5) auf die Regelung Bezug; Inhalt und Urheberschaft des Septimius Severus sind zudem bezeugt durch ein Reskript Gordians aus dem Jahr 239 (C. 8, 56, 2 85), und schon Papinians Entscheidung in D. 39, 6, 42, 1 beruft sich auf die Konstitution, wenngleich Septimius Severus hier nicht namentlich genannt wird. In allen drei Stellen trägt der Verweis auf die Konstitution des Septimus Severus die Entscheidung; das legt nahe, daß eine Anwendung der lex Falcidia auf die donatio mortis causa vor Severus tatsächlich nicht vorkam. Die Konstitution wird in den ersten Jahren der Regierungszeit des Septimius Severus, nämlich zwischen 193 und 197 n. Chr. verfaßt worden sein, da alle späteren Konstitutionen auch Caracalla zugerechnet werden; die Änderung der Rechtslage fällt also genau in die Zeit, in der Papinian in der kaiserlichen Kanzlei tätig war, und liegt nur wenige Jahre vor der Entstehung von Papinians Re79
Gaius 2, 227; Gaius D. 35, 2, 73, 5; Paulus D. 35, 2, 1 pr.; vgl. Kaser I, 756 f.; zur Umsetzung der Kürzung pro rata Wacke, lex Falcidia, 220 –225; Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, 39 ff. 80 Vgl. Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, 34 mit Fn. 20; Wacke, lex Falcidia, 249. Das ist allerdings nicht unbestritten; anders insb. Schwarz, lex Falcidia, 327; vgl. auch den Überblick bei Wacke, lex Falcidia, 210 f. 81 Gaius 2, 254; Kaser I, 762 f. 82 Vgl. die Einschätzung Cugias, 61: „La giurisprudenza non ha avuto la forza di estendere la Falcidia alla m. c. donatio, ma c‘è stato bisogno dell’intervento legislativo“. – Es mag aber auch sein, daß die Jurisprudenz vor den Severern kein Bedürfnis für eine solche Ausdehnung gesehen hat. 83 Cohen, 151; Kaser I, 764; Liebs, Schenkung, 1020; Simonius, 51 –58; ein konziser Überblick zur Entwicklung der lex Falcidia findet sich bei Hennig, lex Falcidia, 20 –25. Erst unter Justinian erfolgte die Anwendung der lex auf jede Art von mortis causa capio (C. 6, 50, 18). 84 Allgemeiner zum Aspekt der donatio mortis causa als Instrument zur Umgehung erbrechtlicher Beschränkungen vgl. Heyse, 154 ff.; Amelotti, NNDI VI, 224 (s. v. donatio mortis causa); ders., ED XIII, 1002 (s. v. donatio mortis causa). 85 Zum Inhalt des Reskripts unten 195 ff.
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sponsensammlung (Digestorum responsorum libri XIX) 86. Sehr wahrscheinlich hat Papinian als procurator a libellis unter Septimius Severus selbst maßgeblich zur Anwendung der lex Falcidia auf die donatio mortis causa beigetragen, möglicherweise ist er sogar der Urheber dieser Neuerung 87. Das liegt besonders deswegen nahe, weil sich neben Papinian 88 kein Jurist vergleichbar gründlich mit der Frage befaßt hat. Sieht man einmal von Marcian D. 39, 6, 27 ab – eine Stelle, die sich in der fast wörtlichen Wiedergabe des responsum von Papinian D. 39, 6, 42, 1 erschöpft –, dann finden sich Stellungnahmen zum Problem nur noch bei Ulpian 89. Eine grundsätzliche Orientierung zur Abgrenzung zwischen donatio mortis causa und donatio inter vivos vor dem Hintergrund der lex Falcidia bietet die folgende Entscheidung Papinians 90: D. 39, 6, 42, 1 Papinianus libro tertio decimo responsorum Cum pater in extremis vitae constitutus emancipato filio quaedam sine ulla condicione redhibendi donasset ac fratres et coheredes eius bonis contribui donationes Falcidiae causa vellent, ius antiquum servandum esse respondi: non enim ad alia constitutionem pertinere, quam quae lege certa donarentur et morte insecuta quodammodo bonis auferrentur spe retinendi perempta: eum autem, qui absolute donaret, non tam mortis causa quam morientem donare. Ein Vater schenkte auf dem Sterbebett seinem emanzipierten Sohn einige Dinge ohne irgendeine Rückgabevereinbarung. Seine Brüder und Miterben verlangten, daß die Schenkungen hinsichtlich der lex Falcidia dem Nachlaß hinzugerechnet würden. Mein Gutachten lautete, es sei altes Recht anzuwenden. Die Konstitution beziehe sich nämlich nur auf solche Gegenstände, die unter einer bestimmten Bedingung verschenkt werden und erst mit dem Todeseintritt dem Vermögen gleichsam entzogen werden, weil dann die Hoffnung auf Wiedererlangung untergegangen ist. Wer aber ohne Bedingung schenke, der schenke nicht so sehr von Todes wegen denn vielmehr als Sterbender.
Ein offenbar todkranker Vater schenkt seinem emanzipierten Sohn bestimmte Gegenstände (quaedam); es wird keinerlei Rückgabevereinbarung getroffen. Nach 86
Vgl. dazu Liebs, Handbuch IV, 118, 121. Das vermuten auch Schröter, 115 f.; Haymann, Zur lex 42 pr., 229. 88 Papinianstellen, die sich speziell mit der Anwendung der lex Falcidia auf die donatio mortis causa beschäftigen: D. 31, 77, 1. 2. 6 (8 resp.); 35, 2, 15 pr. 1 (13 resp.); 39, 6, 42 pr. 1 (13 resp). 89 D. 35, 2, 82; 35, 3, 1, 10; 43, 3, 1, 5. Nicht hierher gehört Ulpian D. 24, 1, 32, 1; dort ist die Anwendbarkeit der lex Falcidia nur Reflex der durch eine oratio Severi verfügten Unterstellung nichtiger, mit dem Tod konvaleszierender Ehegattenschenkungen inter vivos unter Fideikommißrecht (vgl. dazu auch Papinian Vat. 294, 2; zutreffend Siber, Confirmatio donationis, 105); zur Stelle unten 118 f. 90 Vgl. zur Stelle Cuiacius, opera IV, Sp. 1371; Amelotti, donatio, 42 mit berechtigter Zurückweisung der Konjekturen Beselers, Beiträge V, 68; Robbe, 96; Simonius, 239 f. 87
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dem Tod des Vaters verlangen die Brüder des Beschenkten, daß er sich seinen Erwerb durch Schenkung auf sein Erbteil gemäß der lex Falcidia anrechnen lassen soll (contribui). Dabei handelt es sich offenbar um einen Fall der collatio bonorum, jedenfalls ist die Interessenlage dieselbe 91. Deshalb wird auch eigens betont, daß der beschenkte Sohn – offenbar im Gegensatz zu seinen Brüdern – bereits emanzipiert ist 92. Es wird nicht mitgeteilt, ob der Vater ein Testament verfaßt hat. Man könnte vermuten, dafür habe er keine Zeit mehr gehabt (in extremis vitae constitutus) 93. Für die Existenz eines Testaments spricht aber die Bezeichnung der Brüder als coheredes: Miterbe konnte filius emancipatus nur werden, wenn er kraft Testamentes berufen war; Intestaterbfolge kam für ihn nach der Emanzipation nicht mehr in Betracht 94, und hätte er nur die bonorum possessio beantragt, wäre er nicht als coheres zu bezeichnen. Hinzu kommt, daß die lex Falcidia, deren Anwendung hier in Rede steht, zum Schutz der Testamentserben, nicht der bonorum possessores geschaffen wurde 95. Folgerichtig stellt Marcian D. 37, 5, 20 für einen vergleichbaren Fall – ohne ausdrückliche Nennung der lex Falcidia – fest, daß Empfänger einer donatio mortis causa nur dem Testamentserben gegenüber zur collatio verpflichtet sind, hingegen nicht, wenn der Erblasser intestatus verstorben ist 96. Die hier von Papinian zu entscheidende Frage der Anwendbarkeit der lex Falcidia auf die donatio mortis causa stellt sich also nur vor dem Hintergrund eines bestehenden Testaments. Papinians Gutachten lautet, es sei altes Recht anzuwenden, das heißt: Recht vor Geltung der constitutio Severi 97, kraft derer die lex Falcidia auch für donationes mortis causa gilt. Die Neuregelung beziehe sich nämlich nur auf solche Schenkungen, die bis zum Tod widerruflich sind, was hier so ausgedrückt wird, daß die Sachen erst danach endgültig verloren sein dürfen (morte insecuta quodammodo bonis auferrentur spe retinendi perempta), das Vermögensopfer darf also nicht schon zu Lebzeiten endgültig sein. Die entscheidende Sachfrage ist hier, ob die Schenkung lege certa erfolgte oder absolute; anders gesagt: ob wirklich mortis causa geschenkt wurde oder lediglich aus Veranlassung des Todes, moriens. Dabei geht es darum, die Be91
In einem ähnlichen Fall, Marcian D. 37, 5, 20, ist im Verhältnis des Donatars zum Erben ausdrücklich von collatio die Rede; zur collatio bonorum Kaser I, 731 f. 92 Daß der Sohn als Adressat der Schenkung sui iuris sein mußte, ist zu selbstverständlich, um allein deswegen die Emanzipation zu erwähnen. 93 Daher Odofredus, ad h. l., Lectura super Digesto novo, 40 v: decessit intestatus. 94 Vgl. Kaser / Knütel, § 66 Rn. 1, 12. 95 Gaius 2, 227; Paulus D. 35, 2, 1 pr. 96 Zum Zusammenhang dieser Stelle mit dem untersuchten fr. 42, 1 vgl. Cuiacius, opera IV, Sp. 1371. 97 Severus Alexander C. 6, 50, 5.
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zugnahme auf den Tod als Motiv der Schenkung von einer echten Bedingung (Vorversterben des Schenkers) zu unterscheiden 98. Die vorsichtige Formulierung non tam ... quam (statt eines starren non ... sed) läßt erkennen, daß die feinsinnige Unterscheidung durchaus Grauzonen kennt. Trotzdem gibt es ein objektives Kriterium, nämlich das Bestehen irgendeines Rückforderungsrechtes (ulla condicio redhibendi). Es ist die Voraussetzung dafür, daß eine donatio mortis causa überhaupt als solche bezeichnet werden kann 99; besteht es nicht, kann die Bezugnahme auf den Tod allenfalls noch die Bedeutung einer aufschiebenden Befristung haben 100. Auf den Aspekt der Widerruflichkeit als Wesensmerkmal der donatio mortis causa ist später im Zusammenhang mit dem Rückforderungsrecht zurückzukommen 101. Papinians Ergebnis bestätigt der Spätklassiker Marcian in D. 39, 6, 27, eine Stelle, die die Abgrenzung in fast identischen Worten ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der lex Falcidia vornimmt. D. 39, 6, 27 Marcianus libro quinto regularum Ubi ita donatur mortis causa, ut nullo casu revocetur, causa donandi magis est quam mortis causa donatio: et ideo perinde haberi debet atque alia quaevis inter vivos donatio. ideoque inter viros et uxores non valet et ideo nec Falcidia locum habet quasi in mortis causa donatione. Dort, wo eine Schenkung auf den Todesfall so vorgenommen wird, daß in keinem Fall eine Rückforderung stattfinden soll, liegt eher eine Schenkung „aus Veranlassung“ als „auf den Fall“ des Todes vor. Daher muß sie so behandelt werden wie jede andere Schenkung unter Lebenden. Deshalb ist sie auch zwischen Ehegatten unwirksam, und deshalb findet die lex Falcidia keine Anwendung, wie es bei der donatio mortis causa wäre.
Wie es ein Buch der Rechtsregeln erwarten läßt, ist hier vom ursprünglichen Fall nur die juristische Quintessenz übriggeblieben. Der Text lehnt sich indes so stark an Papinian an, daß man zu der Vermutung geneigt ist, das responsum Papinians habe Marcian vorgelegen 102: Das Fehlen von ullo condicio redhibendi 98
Das verkennt Beseler, Beiträge V, 68: „Der Satz ‚wer unbedingt schenkt schenkt sterbend‘ ist unsinnig.“ – Zutreffend aber Haymann, Zur lex 42 pr., 231. 99 Amelotti, donatio, 41 f.; Haymann, Zur lex 42 pr., 214 Fn. 2, 224 Fn. 6; Murillo Villar, irrevocabilidad, 3713; Simonius, 101; zustimmend Kaden, Rez. Simonius, 625; unrichtig dagegen Reinicke, 76, der meint, „daß das Moment der Widerruflichkeit für die Einordnung einer Schenkung als ‚donatio mortis causa‘ keine Rolle gespielt“ habe. 100 Voci, diritto ereditario II, 443. Die Unwiderruflichkeit der donatio inter vivos im Gegensatz zur donatio mortis causa stellt auch Inst. 2, 7, 2 heraus; dazu Murillo Villar, irrevocabilidad, 3689; allgemein zur Wirkung der condicio vgl. die Arbeit von Effer-Uhe. 101 Unten Kap. 5. 102 Vgl. auch Liebs, Handbuch IV, 201, der vermutet, Marcian habe gerade wegen der Autorschaft Papinians so viele Reskripte von Septimius Severus und Caracalla angeführt.
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heißt bei Marcian ut nullo casu revocetur; er ist bei der Abgrenzung genauso vorsichtig wie Papinian: causa donandi magis est quam mortis causa donatio. Die verallgemeinernde Konsequenz, daß eine solche Schenkung dann nicht nur der lex Falcidia entgeht, sondern auch zwischen Ehegatten nichtig ist, findet sich bei Papinian freilich nicht an dieser Stelle, wo das Schenkungsverbot ja keine Rolle spielt 103. Auf den zweiten Blick läßt indes Marcian noch stärkere Zögerlichkeit erkennen als Papinian: Auch eine Schenkung ohne Rückforderungsrecht kann offenbar in gewisser Weise mortis causa erfolgen (Ubi ita donatur mortis causa, ut nullo casu revocetur), sie wird dann aber wie eine gewöhnliche Schenkung unter Lebenden behandelt (perinde haberi debet atque alia quaevis inter vivos). Es ist leicht zu erkennen, daß hier letztlich um Worte gestritten wird: eine donatio mortis causa, die als donatio inter vivos zu behandeln ist 104. Die contradictio in adiecto ist gleichwohl im Hinblick auf die Gegenansicht interessant, auf die sogleich einzugehen ist. Vorher ist aber ein drittes Zeugnis für die Unentbehrlichkeit eines Rückforderungsrechtes zu betrachten, nämlich das oben 105 bereits betrachtete Paulusfragment D. 39, 6, 35, 2. Die feine Unterscheidung Papinians wird bei Paulus etwas holzschnittartig vereinfacht, indem zwischen donatio mortis causa und der „eigentlichen“ (vera et absoluta) Schenkung ein „riesiger Unterschied“ (longe differt) ausgemacht wird. Daß eine donatio mortis causa ohne Rückforderungsrecht ihren Namen gar nicht verdient, macht Paulus unmißverständlich klar. Seine strikte Trennung beruht auf der Motivation des Schenkers: Der „wahre“ Schenker wolle die Sache wirklich einem anderen zuwenden (illum potius quam se habere mavult), der donator mortis causa dagegen wolle in seiner egoistischen Gesinnung die Sache eigentlich lieber behalten (se cogitat atque amore vitae recepisse potius quam dedisse mavult). Der gegenüber Papinian und Marcian neue Aspekt bei Paulus ist der Zusammenhang zwischen der Existenz eines Rückforderungsrechtes und dem vulgo dictum (se potius habere vult, quam eum cui donat, illum deinde potius quam heredem suum), das, wie einleitend erwähnt, Justinian sowohl dem Titel D. 39, 6 als auch dem betreffenden Institutionenabschnitt 2, 7, 1 (i. f.) als Definition der donatio mortis causa vorangestellt hat. Der Schenker ist also gerade deshalb egoistisch gesinnt, weil er sich die Rückforderung vorbehält. Ihm geht es vor allem darum, die Sache dem Zugriff der Erben zu entziehen (illum deinde potius quam heredem suum). Daß bei diesem Verständnis von der Funktion des Rückforderungsrechtes ein generelles Reurecht des Schenkers geradezu notwendig mitgedacht ist, läßt sich kaum leugnen 106. 103 Schenkungsverbot und lex Falcidia spielen aber auch bei Papinian eine wichtige Rolle, etwa in D. 24, 1, 52, 1; dazu und insgesamt zum Schenkungsverbot unten Kap. 2. 104 Treffend spricht Wendt, 56 f., von einer falsa demonstratio; auch Cuq, 799: „elle a le caractère d’une donation entre vifs, alors même qu’elle aurait été qualifiée ‚a cause de mort‘.“ 105 Oben 22 f.
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Im Gegensatz dazu scheint Marcellus eine donatio mortis causa ohne jedes Rückforderungsrecht zu akzeptieren: D. 39, 6, 13, 1 Iulianus libro septimo decimo digestorum Marcellus notat: in mortis causa donationibus etiam facti quaestiones sunt. nam et sic potest donari, ut omnimodo ex ea valetudine donatore mortuo res non reddatur: et ut reddatur, etiamsi prior ex eadem valetudine donator decesserit, si tamen mutata voluntate restitui sibi voluerit. sed et sic donari potest, ut non aliter reddatur, quam si prior ille qui acceperit decesserit. sic quoque potest donari mortis causa, ut nullo casu sit eius repetitio, id est nec si convaluerit quidem donator. Marcellus merkt an: Bei den Schenkungen von Todes wegen treten auch Fragen tatsächlicher Art auf. Denn es kann einerseits so geschenkt werden, daß die Sache jedenfalls dann nicht zurückgegeben werden soll, wenn der Schenker gerade an dieser einen Krankheit gestorben ist; oder so, daß die Sache zurückzugewähren ist, wenn der Schenker zwar zuvor an dieser einen Krankheit gestorben ist, er jedoch seinen Willen geändert hatte und wollte, daß ihm die Sache zurückgewährt wird. Es kann aber auch so geschenkt werden, daß die Sache lediglich im Fall des Vorversterbens des Empfängers zurückzugewähren ist. Ferner kann so von Todes wegen geschenkt werden, daß in keinem Fall eine Rückforderung stattfinden soll, also auch dann nicht, wenn der Schenker genesen ist.
An dieser Stelle interessiert hier allein die vierte und letzte der aufgezählten Möglichkeiten (sic quoque potest rell.), die sich, wie die gesamte Aufzählung, fast wörtlich bei Paulus wiederfindet 107: D. 39, 6, 35, 4 Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam sic quoque potest donari mortis causa, ut nullo casu sit repetitio, id est ne si 108 convaluerit quidem donator.
Der überlieferte Paulustext weist nur einen winzigen Unterschied zur Marcellusnote auf: Statt nec si hat Paulus ne si 109 bzw. nisi 110. Ausgehend von nisi ließe sich der Widerspruch vielleicht glätten: nisi convaluerit quidem donator ließe sich dann als Vorbehalt gegenüber nullo casu sit repetitio verstehen. Man könnte dann Paulus sinngemäß wiedergeben: ‚Eine donatio mortis causa kann auch ohne jedes Rückforderungsrecht vereinbart werden, abgesehen vom Fall der Konvaleszenz des Schenkers‘. Der Satz stünde dann mit den vorher behan106
Näher dazu unten Kap. 5 IV. Möglicherweise hat Paulus den bereits von Marcellus kommentierten Juliantext übernommen; dazu Liebs, Schenkung, 1018; Simonius, 103 f.; Verrey, 141 –152; Voci, diritto ereditario II, 442 in Fn. 20. 108 F 2: nisi (vgl. Mommsen, editio stereotypa, ad h. l.). 109 So lesen Mommsen und auch Haloander. 110 Der Faksimile-Druck von Corbino / Santalucia (Band 2, Blatt 217 r, linke Spalte unten) zeigt eindeutig eine Korrektur von nesi in nisi. 107
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delten Texten insoweit im Einklang, als immer irgendein Rückforderungsrecht verlangt würde. Überzeugend ist diese Lesart aber nicht, denn es ist nicht erklärbar, wieso ausgerechnet das Rückforderungsrecht bei Konvaleszenz unabdingbar sein sollte, gibt es doch eine Reihe von Stellen, in denen sola cogitatione mortalitatis geschenkt wird und dementsprechend dieses Rückforderungsrecht fehlt 111. Es hilft auch nicht, den Teil id est nec si (ne si / nisi) convaluerit quidem donator als Glossem zu streichen 112, denn die Aussage, daß eine donatio mortis causa auch ohne jedes Rückforderungsrecht vereinbart werden könne, bliebe bestehen. Will man nicht behaupten, der ganze Teil ab sic quoque und damit die vierte Variante einer donatio mortis causa sei kompilatorischen Ursprungs 113, muß man annehmen, daß die Klassiker in dieser Frage uneins waren. Das fällt freilich schwer, weil der Widerspruch bei Paulus innerhalb desselben Fragments auftritt: Die Aussage von D. 39, 6, 35, 2 steht gegen § 4. Es hat deshalb im 19. Jahrhundert Vorschläge von Savigny, Hasse, Heimbach und Cohen gegeben, den Widerspruch aufzulösen: Sie meinten, daß selbst in der vierten Variante von Julian / Marcellus fr. 13, 1 bzw. Paulus fr. 35, 4 ein Rückforderungsrecht bei Prämorienz des Beschenkten bestehenbleibe, daß man also die Bestimmung ut nullo casu revocetur verstehen müsse im Sinne von ut non aliter reddatur, quam si prior ille, qui accepit, decesserit 114 bzw. im Sinne von ut ex arbitrio donatoris non revocetur 115. Das bei Papinian fr. 42, 1 und Marcian fr. 27 angesprochene Umschlagen einer donatio mortis causa in eine donatio inter vivos wäre dann nur beim Verzicht auf die Rückforderung bei Prämorienz anzunehmen 116. Diese Lesart von Julian / Marcellus fr. 13, 1 bzw. Paulus fr. 35, 4 ließe sich damit erklären, daß es bei der Aufzählung der verschiedenen Varianten in den beiden Stellen jeweils im Kern um den Ausschluß des Reurechts ginge 117. Der Harmonisierungsversuch ist freilich nicht unanfechtbar. Abgesehen von der gewagten These, nullo casu bedeute in frr. 13, 1/35, 4 in Wirklichkeit uno solo casu, läßt sich kaum der Einwand widerlegen, daß dadurch die bei Julian und Paulus genannte dritte und vierte Variante einer donatio mortis causa zu111 Vgl. dagegen zur Unabdingbarkeit des Rückforderungsrechtes bei Prämorienz des Beschenkten überzeugend Schröter, 109 f. 112 Dies tut Mommsen in der editio stereotypa, ad h. l.; richtig aber schon Pernice, Labeo III/1, 265 in Fn. 3. 113 So allerdings Di Paola, donatio, 85 – 87 mit Fn. 59; Simonius, 104; aber welchen Grund hätten die Kompilatoren gehabt, einen so offensichtlichen Widerspruch in den Paulustext hineinzutragen (§ 2 vs. § 4)? – Für Echtheit des ganzen Fragments spricht sich hingegen Rastätter, 75 – 82, aus. 114 Hasse II, 337 mit Fn. 174. 115 Savigny, System IV, 241 mit Fn. f. 116 Heimbach, Schenkung auf den Todesfall, 710 in Fn. 6. 117 Cohen, 70 – 75, mit ausführlicher Darstellung der Auffassungen in der älteren Literatur.
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sammenfielen 118: Der Fall 3 (ut non aliter reddatur, quam si prior ille, qui accepit, decesserit) entspräche ja dann genau dem Fall 4 (ut nullo casu sit repetitio), wenn man mit Savigny, Hasse, Heimbach und Cohen unterstellen wollte, daß auch die letzte Variante ein Rückforderungsrecht bei Prämorienz nicht ausschließt. Der Widerspruch läßt sich wohl auch so auflösen, daß ein Rückforderungsrecht zwar grundsätzlich Wesensmerkmal der donatio mortis causa sei, der Schenker auf dieses aber ausdrücklich verzichten könne 119. Doch ist auch hier Vorsicht geboten, denn das Ergebnis wäre im Sinne Marcians eine donatio mortis causa, die eigentlich keine ist 120. Überzeugender erscheint es, die divergierenden Ansichten als solche hinzunehmen und anzuerkennen, daß die Unsicherheiten bestanden, die Papinian in seiner vorsichtigen Formulierung in fr. 42, 1 erkennen läßt. Bei der Marcellusnote zu Julian (fr. 13, 1) ist außerdem in Rechnung zu stellen, daß Marcellus die constitutio Severi und somit die Anwendung der lex Falcidia auf die donatio mortis causa noch nicht kennt. Unter der Geltung des (von Papinian so genannten) ius antiquum mag das praktische Bedürfnis für eine Unterscheidung zwischen donatio mortis causa und vera et absoluta donatio (Paulus) noch wesentlich geringer gewesen sein als in der Zeit des Papinian, da der Erbe kraft einer lex perfecta, die durch eine eigene Rückforderungsklage ausgestattet war 121, direkt auf donationes mortis causa zugreifen konnte, soweit es zur Gewährleistung seiner quarta erforderlich war. Daß Paulus die Auffassung des Marcellus in fr. 35, 4 scheinbar unkritisch übernimmt, obwohl er sich im § 2 entgegengesetzt äußert, ist wohl einfach damit zu erklären, daß er in diesem Fragment nach eigener Aussage Streitfragen zusammengetragen hat, die sich aus einem Senatusconsultum aus der Zeit Vespasians bis Hadrians 122 ergeben, das die leges Iulia et Papia auf die donatio mortis causa erstreckt 123. Jenseits der von den einen so, von den anderen so beantworteten 118 Simonius, 105 Fn. 9; ihm folgt neuestens Jung, 336 f. Die von Jung statt dessen vorgeschlagene Unterscheidung zwischen einem „weiten“ und einem „engen“ Begriff der donatio mortis causa ist allerdings keine allzu große Hilfe. 119 Wenger, Schenkung, 337; Windscheid II, 569. 120 Kritisch auch Girard, 1003 f. in Fn. 7. 121 Vgl. Papinian D. 31, 77, 6. 122 Genau läßt sich der Zeitpunkt nicht bestimmen; vgl. dazu Schröter, 126 f.; Simonius, 38 f.; neuestens Liebs, Schenkung, 1020: „grob um 100 n. Chr.“ 123 D. 39, 6, 35 pr. Paulus libro sexto ad legem Iuliam et Papiam. Senatus censuit placere mortis causa donationes factas in eos, quos lex prohibet capere, in eadem causa haberi, in qua essent, quae testamento his legata essent, quibus capere per legem non liceret. ex hoc senatus consulto multae variaeque quaestiones agitantur, de quibus pauca referamus. (Der Senat verordnete, daß Schenkungen auf den Todesfall, die solchen gemacht worden sind, denen das Gesetz den Erwerb verbietet, ebenso beurteilt werden sollen wie Vermächtnisse, die durch Testament solchen hinterlassen worden sind, die von Gesetzes wegen nicht erwerben können. Aus diesem Senatusconsultum haben sich viele verschiedene Streitfragen ergeben, von denen wir weniges berichten wollen.)
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Frage, ob man einer aus Veranlassung des Todes vorgenommenen, aber jeder Rückforderungsvereinbarung entbehrenden Schenkung noch den Titel donatio mortis causa geben dürfe, bleibt festzuhalten, daß spätestens seit der constitutio Severi im Hinblick auf die Geltung der lex Falcidia sehr sorgfältig zu prüfen war, ob eine donatio inter vivos oder eine echte donatio mortis causa vereinbart war. Ein eindrückliches Beispiel ist der folgende Papinian-Fall, der dem bereits besprochenen § 1 desselben Fragments vorangeht: 2. Der Fall der Seia: Papinian D. 39, 6, 42 pr. D. 39, 6, 42 pr. Papinianus libro tertio decimo responsorum Seia cum bonis suis traditionibus factis Titio cognato donationis causa cessisset, usum fructum sibi recepit et convenit, ut, si Titius ante ipsam vita decessisset, proprietas ad eam rediret, si postea superstitibus liberis Titii mortua fuisset, tunc ad eos bona pertinerent. igitur si res singulas heredes Lucii Titii vindicent, doli non inutiliter opponetur exceptio. bonae fidei autem iudicio constituto quaerebatur, an mulier promittere debeat se bona, cum moreretur, filiis Titii restituturam. incurrebat haesitatio non extorquendae donationis, quae nondum in personam filiorum initium acceperat. sed numquid interposita cautione prior donatio, quae dominio translato pridem perfecta est, propter legem in exordio datam retinetur, non secunda promittitur? utrum ergo certae condicionis donatio fuit an quae mortis consilium ac titulum haberet? sed denegari non potest mortis causa factam videri. sequitur, ut soluta priore donatione, quoniam Seia Titio superstes fuit, sequens extorqueri videatur. muliere denique postea diem functa liberi Titii si cautionem ex consensu mulieris acceperint, contributioni propter Falcidiam ex persona sua tenebuntur. Als Seia ihr Vermögen durch Vollzug von Übereignungsgeschäften ihrem Verwandten Titius schenkweise übertragen hatte, behielt sie sich den Nießbrauch vor und vereinbarte, daß, wenn Titius vor ihr verstürbe, das Eigentum an sie zurückfallen sollte; wenn sie danach verstürbe und Kinder des Titius lebten, dann sollte ihnen das Vermögen gehören. Wenn also die Erben des Lucius Titius einzelne Gegenstände vindizieren, so wird ihnen die Arglisteinrede mit Erfolg entgegengehalten. Da jedoch eine Klage nach Treu und Glauben angestrengt worden war, wurde angefragt, ob die Frau stipulationsweise versprechen müsse, daß sie, wenn sie stirbt, das Vermögen den Kindern des Titius erstatten werde. Es entstand Unsicherheit, weil man eine Schenkung, die in der Person der Kinder noch gar nicht ihren Anfang genommen hatte, nicht abnötigen dürfe. Aber wird nicht vielleicht nach Stellung der Sicherheitsleistung die frühere Schenkung, die vormals durch Eigentumsübertragung vollzogen worden ist, im Hinblick auf die ursprüngliche Vereinbarung aufrechterhalten und nicht zum zweiten Male versprochen? War es also eine Schenkung unter einer bestimmten Bedingung oder eine, die in Betracht des Todes geschah und daher diesen Namen hat? Es ist aber nicht zu leugnen, daß sie offenbar von Todes wegen vereinbart war. Daraus folgt, daß nach Hinfälligkeit der früheren Schenkung – Seia hat ja Titius überlebt – die folgende offenbar abgenötigt wird. Folglich werden die Kinder des Titius später nach dem Tod der Frau in eigener Person für den Beitrag zur quarta Falcidia haften, wenn sie die Sicherheitsleistung dem Willen der Frau gemäß erhalten haben.
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Der vorliegende Fall gehört, wie schon mehrfach festgestellt wurde 124, zu den schwierigsten Texten im Bereich der donatio mortis causa. Es gibt praktisch keine Abhandlung zum Thema, die sich nicht vertieft mit dem Fragment auseinandergesetzt hätte 125. Wenig überraschend ist die Vielzahl verschiedenster einander widersprechender Interpolationsbehauptungen 126. Daß es sich um einen wirklich von Papinian entschiedenen Fall handelt, legt nicht nur die Herkunft aus den responsa nahe, sondern besonders auch die für Papinian ungewöhnlich breite Sachverhaltsschilderung, in die – wie sich noch zeigen wird – auch der jeweilige Parteivortrag Eingang gefunden hat. (1) Nichtsdestoweniger bleibt schon bei der Sachverhaltsrekonstruktion das meiste ungewiß und auch nach langer Diskussion umstritten. Einigkeit besteht bei der Vielzahl der Stellungnahmen praktisch nur über die zentralen Angaben im ersten Satz des Fragments: Die Schenkerin Seia hat ihrem Verwandten Titius ihr gesamtes Vermögen (bona sua) geschenkt, und zwar mit der Abrede, daß das Eigentum bei Vorversterben des Titius (si Titius ante ipsam vita decessisset) an die Schenkerin zurückfallen sollte (proprietas ad eam rediret). Soweit handelt es sich also um eine donatio mortis causa mit der typischen und unerläßlichen Bedingung: Vorversterben des Schenkers 127. Ungewöhnlich ist nun die Klausel, daß das Vermögen für den Fall, daß das Eigentum bei Bedingungsausfall an Seia zurückkehrt, nach deren Tod wiederum an die Kinder des Titius herauszugeben ist (si postea superstitibus liberis Titii mortua fuisset, tunc ad eos bona pertinerent), sofern solche existieren. Sachenrechtlich wird die Lage dadurch verkompliziert, daß sich Seia den Nießbrauch vorbehält, also zunächst nur die nuda proprietas an Titius übertragen wird. Ab hier gehen die Meinungen zum Teil weit auseinander. Fraglich ist bereits, ob der Nießbrauchsvorbehalt das gesamte Vermögen betrifft, was allgemein angenommen wird, aber nicht zwingend ist. Sodann muß die Bedeutung des 124 Bereits Bartolus, ad h. l., und Paulus Castrensis, ad h. l., Digestum Novum I, 43 r (textus valde difficilis); de Retes, De donationibus, cap. 15, 4 (630); ferner etwa Kaser, Rez. Simonius, 215; Marrone, 209 („noto ma irrisolto testo“); Simonius, 95, 155; Noordraven, 100; Voci, diritto ereditario II, 449. 125 Speziell dem Fragment widmen sich die Abhandlungen von Keller, 400 –423; Koschaker, 325 – 327; Haymann, Zur lex 42 pr., 209 – 244; neuestens Marrone, 209 –223; aus der Literatur zur donatio mortis causa: Amelotti, donatio, 101, 104, 106 ff. und passim; Biondi, Appunti, 760 f.; Di Paola, donatio, 158 ff. und passim; Kaser, Rez. Simonius, 215 – 218; Rodríguez Díaz, 129 – 138; Senn, donation, 42 f., 49 –51, 167 –174. – Die einzige Ausnahme bildet die Arbeit von Tort-Martorell Llabrés, die den Text – der sich bei ihrer Fragestellung regelrecht aufdrängt – lediglich kommentarlos abdruckt (69 in Fn. 146). 126 Vgl. den Ind. Itp. sowie die Übersicht bei Di Paola, donatio, 160 in Fn. 39 f.; Di Paola selbst (165) geht so weit, dem ursprünglichen Text die Bezugnahme auf die donatio mortis causa überhaupt abzusprechen. 127 Vgl. gegen die Zweifel Di Paolas zu Recht Robbe, 101 f.
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cessisset geklärt werden. Häufig wird es im Sinne einer technischen in iure cessio verstanden, was dann freilich zwangsläufig mit der Angabe eines Schenkungsvollzugs durch traditio (traditionibus factis) konfligiert. Die traditio gerät ihrerseits mit dem Nießbrauchsvorbehalt in Konflikt, ist ein solcher doch bekanntlich bei der mancipatio, nicht aber bei der traditio möglich 128. Gegen eine vorschnelle Interpolationsvermutung [traditio] ist aber das Verb recipere anzuführen, das daran denken läßt, es könne sich hier nicht um eine übliche retentio oder deductio usufructus, sondern womöglich um eine Übereignung mit anschließender Nießbrauchsbestellung im Stipulationswege handeln. Hinsichtlich der Vereinbarung zwischen Seia und Titius als solcher verdient schließlich der Ausdruck proprietas ad eam rediret Aufmerksamkeit, denn dabei könnte es sich um eine dinglich wirkende Rückfallabrede handeln. Was nun die prozessuale Seite des Falles, deren Schilderung mit igitur si beginnt, angeht, ist eine communis opinio kaum auszumachen. Als Ausgangspunkt ist immerhin festzuhalten, daß Titius tatsächlich vorverstorben ist und somit die Bedingung der donatio mortis causa ausgefallen bzw. die Bedingung für den Rückgewähranspruch der Seia eingetreten ist; das ergibt sich unzweifelhaft aus dem Umstand, daß die Erben des Titius vindizieren und andererseits der Seia, die also zu diesem Zeitpunkt noch lebt, eine Kautionsstellung abverlangt werden soll 129. Strittig ist aber bereits, um wie viele Verfahren es sich handelt: Geht es zum einen um die rei vindicatio der Erben des Lucius Titius und zum anderen um ein nicht näher bestimmtes iudicium bonae fidei, in dessen Rahmen der Seia eine cautio abverlangt wird, oder ist das alles ein und derselbe Prozeß? Eine in diesem Zusammenhang grundlegende, aber bisher niemals erörterte Frage lautet, ob der Text ohne Grund zwischen den Angaben liberi Titii, heredes Lucii Titii, filii Titii changiert oder damit womöglich verschiedene Parteien angesprochen sein könnten (dazu sogleich 3). Wer ist überhaupt die beklagte Partei bei der von den Erben des Titius angestrengten Vindikation: die Nießbraucherin Seia, wie meistens angenommen wird, oder eine ganz andere dritte Partei, die Besitzerin der – immerhin von Seia tradierten – Güter ist (dazu 4)? Wieso richtet sich die rei vindicatio nur auf einzelne Gegenstände, die im Rahmen eines iudicium bonae fidei verlangte cautio aber auf das gesamte Vermögen? In welcher Weise wirkt sich die Rückfallvereinbarung auf die Eigentumslage aus (5)? Ferner war ursprünglich offenbar schon strittig, wie viele Schenkungen überhaupt in der Abrede zwischen Seia und Titius zu sehen sind (6). Und schließlich: Wieso ist es entscheidungserheblich, ob die Kaution ex consensu mulieris geleistet wurde (7)? 128
Vat. 47 a; Kaser I, 451. Angesichts der notorischen Breviloquenz Papinians wird man eine Überarbeitung des Fragments kaum mit der Beobachtung begründen wollen, ohne die Angabe der Prämorienz des Titius fehle eine logische Gedankenverbindung, wo sich dies doch ohne weiteres aus dem Fortgang der Darstellung ergibt; so aber in der Tat Haymann, Zur lex 42 pr., 212, und ihm folgend Simonius, 157. 129
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(2) Diese Fülle von Einzelfragen wird seit geraumer Zeit ohne Aussicht auf einen Konsens bald in der einen, bald in der anderen Weise beantwortet 130. Im Zentrum der Diskussion steht seit mehr als 150 Jahren eine Interpolationsbehauptung, die aus Sicht der vorliegenden Arbeit eine Nebenfrage betrifft, von der man sich aber bisher nicht hat lösen können: Keller hatte seine allenthalben als berühmt bezeichnete 131 Exegese aus dem Jahr 1845 auf die These ausgerichtet, daß das bonae fidei iudicium in den Worten Papinians ein fiduciae iudicium gewesen sei. Der Großteil der Literatur ist ihm darin gefolgt, teilweise wurde aus dieser These eine ganze Theorie über die Entstehung der donatio mortis causa aus der fiducia gewonnen 132; grundsätzliche Einwände hat erstmals Heck 133 erhoben, nach ihm vor allem Kretschmar 134 und Haymann 135, dem Simonius 136 folgt. Daß Keller in dem Fall eine fiducia erblickt hat, ist der wesentliche Grund dafür, daß das Fragment auch außerhalb der donatio mortis causa so große Aufmerksamkeit gefunden hat 137. Kellers Exegese, die nicht zuletzt dadurch berühmt wurde, daß sie beständig mit diesem Attribut versehen wurde, hat durch die tiefschürfende Auseinandersetzung mit dem möglichen Sachverhalt eine lange Debatte angestoßen, sie zugleich aber nicht nur geprägt, sondern sehr stark verengt. (3) Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, daß die seit langer Zeit auf das fiducia-Problem ausgerichtete Diskussion den Schwerpunkt aus Sicht einer Abhandlung über die donatio mortis causa stark verschoben hat und dadurch auch dem Verständnis des Falles per se hinderlich ist. Eine neue Sicht auf den Fall hat von dem bisher allzu stark vernachlässigten Schlußteil des Fragments auszugehen. Daraus erhellt zunächst, daß der Rechtsstreit, aus dessen Anlaß Papinian sein Gutachten erstattet hat, zu einer Zeit geführt wird, da Seia nicht mehr am Leben ist (muliere denique postea diem functa), also offenbar zwischen den Erben der Seia und den zuletzt genannten liberi Titii geführt wird. Weiter gilt es festzuhalten, daß das responsum allein zu einer Frage Stellung nimmt: zur 130 Einen Überblick zu den diskutierten Fragen (ohne konkrete Literaturangaben) hat jüngst Marrone, 211 – 215, zusammengestellt. 131 Vgl. etwa Di Paola, donatio, 161; Erbe, 130; Simonius, 161. 132 Vgl. die Arbeit von Senn, donation, insb. 40 – 60, dessen These – mit gewissen Modifikationen – von Amelotti (donatio, 49 ff.) geteilt wird; neuerdings wieder vertreten von Noordraven, 90 ff. Alle drei gehen in ihrer Argumentation von der Papinianstelle aus. Generell gegen diese Lehre Di Paola, donatio, 152, der mit Recht darauf hinweist, daß kein einziger Text zur donatio mortis causa den Bezug zur fiducia herstellt. 133 Heck, fiducia, 136, der von einer actio praescriptis verbis ausgeht. Ihm ist nur Karlowa, Rechtsgeschichte II, 570, gefolgt. 134 Kretschmar, Kompensation, 34 – 37. 135 Haymann, Zur lex 42 pr., 215 – 222. 136 Simonius, 156 ff. 137 Im Zusammenhang mit der fiducia vgl. die Arbeiten von Bachofen, 1 in Fn. 1, Heck, fiducia, 135 – 138, Oertmann, 39 f. und 145 f., Erbe, 129 –133, und Noordraven, 100 – 108.
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Haftung der liberi Titii gemäß der lex Falcidia. Höchst erstaunlich ist, daß Lenels Einordnung 138 des Fragments in den Titel De lege Falcidia – für den er insgesamt nur zwei Fragmente angibt 139 – zwar allgemein gebilligt wird, jedoch kaum jemand aus der Palingenesie irgendwelche Schlüsse für die Deutung der Stelle zieht 140. Sollte Lenels Annahme stimmen – und es gibt bisher keinen Grund, sie anzuzweifeln –, so liegt die Vermutung auf der Hand, daß Papinians Erwähnung der lex Falcidia kein bloßes obiter dictum ist, sondern geradezu der Schlüssel für das Verständnis eines Textes, der wie einige andere Papinianstellen die Anwendbarkeit der lex Falcidia auf donationes mortis causa in den Mittelpunkt stellt 141. Damit läßt sich folgendes sagen: In einem Prozeß, in dem die liberi Titii Herausgabe der Nachlaßsachen von den Erben der Seia verlangen, machen letztere ihre retentio ex lege Falcidia in Höhe eines Viertels des Nachlaßwertes geltend 142. Ob diese retentio tatsächlich gegeben ist, hängt davon ab, ob der Erwerb der liberi Titii als eine donatio mortis causa der Seia an die liberi Titii einzuordnen ist; nur dann ist nämlich die lex Falcidia anwendbar 143, donationes inter vivos bleiben dagegen von diesem Gesetz zum Schutz der Erben unberührt 144. Die Frage der Rechtsnatur dieser Zuwendung kann aber nur dadurch geklärt werden, daß die ursprüngliche Vereinbarung zwischen Seia und Titius in allen Einzelheiten einschließlich des – dem Tod des Titius nachfolgenden und dem Tod der Seia vorausgehenden – prozessualen Geschehens erörtert wird. Das Fragment kann demgemäß nur richtig verstanden 138
Lenel, Palingenesia I, Sp. 939 (Papinian Nr. 702). Das dritte Papinianfragment, das sich intensiv mit der Anwendung der lex Falcidia auf die donatio mortis causa auseinandersetzt, D. 31, 77 (§§ 1. 2. 6), gehört nicht wie D. 39, 6, 42 pr. zum liber 13, sondern zum liber 8 responsorum und wird von Lenel glaubwürdig dem Titel De fideicommissis zugeordnet (Palingenesia I, Sp. 916 f. [Papinian Nr. 599]). 140 Vgl. insbesondere Koschaker, 326, der meint, die Unterscheidung zwischen bedingter Schenkung inter vivos und donatio mortis causa sei „für die Entscheidung der Frage ohne Belang“, die Berufung auf die lex Falcidia habe „gar keine Beziehung zur aufgeworfenen Frage“! Amelotti, donatio, 107, der in der Sache wohl mit Koschaker übereinstimmt, ist dann auch so „konsequent“, alles ab muliere und damit jegliche Erwähnung der lex Falcidia zu tilgen. – Richtig allerdings in neuerer Zeit Noordraven, 107 f. – Simonius, 96, benennt den Zusammenhang mit der lex Falcidia zwar, macht diese Erkenntnis aber für seine Exegese nicht fruchtbar. 141 Papinianstellen, die sich speziell mit der Anwendung der lex Falcidia auf die donatio mortis causa beschäftigen: D. 31, 77, 1. 2. 6; 35, 2, 15 pr. 1; 39, 6, 42 pr. 1. 142 Die Stelle läßt freilich auch die Möglichkeit offen, daß umgekehrt die Erben der Seia als Kläger auftreten und die ihnen zustehende quarta Falcidia verlangen. Papinian D. 31, 77, 6 bezeugt jedenfalls eine eigenständige actio iure Falcidiae. Indes liegt die Vermutung näher, daß die Nachlaßgegenstände, die Seia bis zu ihrem Tod als Nießbraucherin tatsächlich hatte, nunmehr bei ihren Erben sind und nicht bei den liberi Titii. 143 Vgl. den im Fragment nachfolgenden § 1 sowie die Konstitutionen Severus Alexander C. 6, 50, 5 (a. 223) und Gordian C. 8, 56, 2 (a. 239). 144 Marcian D. 39, 6, 27; dazu oben 39 f. 139
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werden, wenn zwei Verfahren voneinander unterschieden werden: das eine in der Gegenwart, in dem um die lex Falcidia gestritten wird; das andere in der Vergangenheit, in dem Seia zur Kautionsstellung gezwungen werden sollte 145. Weil die Parteien der ursprünglichen Vereinbarung nicht mehr befragt werden können, kommt den objektiv feststellbaren Umständen wie etwa der Kautionsstellung hohe Bedeutung für die Ermittelung des allein maßgeblichen Willens der Schenkerin zu 146. Diese Ausgangslage erklärt auch, warum mehrere Hypothesen nebeneinandergestellt werden (sed numquid – haberet): Während die liberi Titii im Prozeß Umstände angeführt haben werden, die ihren Erwerb als eine der lex Falcidia nicht unterfallende Zuwendung erscheinen lassen, waren Seias Erben offenbar bemüht, eine donatio mortis causa darzulegen, um so wenigstens ein Viertel des Nachlaßwertes zu erhalten. Mortis causa ist die Zuwendung an die liberi Titii freilich nicht bereits deswegen erfolgt, weil Seia dem Titius mortis causa geschenkt hatte. Denn diese erste Schenkung ist mit dem Vorversterben des Titius hinfällig geworden, wie Papinian auch im responsum festhält (soluta priore donatione, quoniam Seia Titio superstes fuit). Vielmehr steht nun der zweite Teil der Abmachung zwischen Seia und Titius zur Debatte: Die bei Vorversterben des Titius zurückzugewährenden Güter soll Seia bei ihrem Tod wiederum den liberi Titii überlassen. Dabei handelt es sich zunächst nur um ein formloses und daher unverbindliches Schenkungsversprechen, das freilich durch Abgabe einer cautio der Seia zugunsten der liberi Titii klagbar würde; daher die haesitatio, ob man Seia zur Leistung der Kaution zwingen dürfe 147. Wie aber kam Seia überhaupt in die Lage, eine Kaution leisten zu müssen? Zu diesem zentralen Streitpunkt der Stelle, nämlich der Frage nach dem prozessualen Geschehen zwischen Titius’ und Seias Tod, wurden mehrere Deutungen vorgeschlagen: 145
Das übersieht neuerdings auch Marrone, 216, der meint, das responsum Papinians beziehe sich allein auf die Vindikation, obwohl der Autor vorher (211 mit Fn. 3) zutreffend feststellt, daß es im Kern um den Abzug der quarta Falcidia geht. 146 Vor diesem Hintergrund ist Haymanns (Zur lex 42 pr., 232 f.) scharfe Polemik gegen die Frage nach der Rechtsnatur der Schenkung („Konnte [...] der Klassiker mit ergo noch fragen, ob ein Geschäft unter Lebenden oder mortis causa in Frage stand [...]? Dieses unklare Gerede von utrum ergo bis videatur, das der Zweifelsfrage des Klassikers wie seiner gedankentiefen Lösung verständnislos gegenübersteht und dadurch bis auf den heutigen Tag den dogmatischen Edelgehalt der Stelle verschleiert hat...“) nicht nachvollziehbar, ist es doch die komplizierte Vereinbarung selbst, die die praktisch folgenreiche Frage nach der Rechtsnatur aufwirft. Das vermeintlich „unklare Gerede“ von utrum an ist, wie das die indirekte Frage einleitende utrum selbst zeigt, nichts anderes als die Wiedergabe des Parteivortrages von Seias Erben, die ein begreifliches Interesse daran haben, das Geschäft als donatio mortis causa darzustellen! – Im Gefolge Haymanns verpaßt auch Simonius, 168, die Pointe, wenn er meint, mit utrum rell. werde die Problemstellung „einfach überrannt“. 147 Zutreffend Koschaker, 326.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
α) Die überwiegend vertretene Ansicht 148 sieht den Schwerpunkt in der Rückforderungsklage der Seia gegen die Erben des Titius. Seia fordert danach Rückgewähr der nuda proprietas mit dem im Text so genannten iudicium bonae fidei, das Keller als eine actio fiduciae erkannt zu haben glaubt. Innerhalb dieses Verfahrens wird der Seia auferlegt, die Erfüllung der Abrede mit Titius durch cautio sicherzustellen; Seia muß also den Erben des Titius durch Stipulation unter Bürgenstellung versprechen, die dem Titius geschenkten Sachen im Zeitpunkt ihres Todes (cum moreretur) an sie herauszugeben. Nach diesem Verständnis kommt der Vindikation nur die Rolle einer für den ganzen Fall eher unbedeutenden Vorgeschichte zu: Die genannten heredes Lucii Titii, die man sich dann wohl als mit den vorerwähnten liberi identisch zu denken hätte 149, hätten dann versucht, einzelne Vermögensgegenstände von Seia herauszuverlangen, was man ihnen mit der exceptio doli verwehrt hätte. Grundlage der exceptio wäre dann ein reddere oportere gewesen: Die Erben des Lucius Titius wären zwar zunächst Eigentümer der Geschenke an Lucius Titius geworden, gleichzeitig wäre aber die Rückgabepflicht an Seia entstanden (si Titius ante ipsam vita decessisset, proprietas ad eam rediret), und erst mit dem Tod der Seia hätten die Güter wiederum an die Erben des Lucius Titius fallen sollen (si postea superstitibus liberis Titii mortua fuisset, tunc ad eos bona pertinerent) 150. Welches Interesse sie hatten, wieso eine Vindikation gegen die Nießbraucherin aussichtsreich gewesen sein sollte und vor allem, weshalb die erfolglose Vindikation im Rahmen der Kautionsproblematik überhaupt Erwähnung findet – all das haben die Vertreter der genannten Auffassung bisher nicht schlüssig erklären können 151. Die Frage bleibt auch offen, wenn man als Rückforderungsklage der Seia eine actio praescriptis verbis 152 oder gar eine condictio 153 vermutet. Einen weiteren Einwand gegen die fiducia-Konstruktion hat Kretschmar 154 vorgebracht: 148
Im Anschluß an Keller, 414: Lenel, Palingenesia I, Sp. 939 (Papinian Nr. 702) in Fn. 2; Koschaker, 325 (der das gar als allgemeine Meinung bezeichnet), Krüger, exceptio doli I, 95, Oertmann 39, 145 f.; Voigt, condictiones, 775 Fn. 662; Bonfante, Istituzioni, 382 in Fn. 2; Costa, Papiniano, IV, 195; ders., exceptio doli, 261; Pernice, Labeo III/1, 264 Fn. 1; Erbe, 130; Senn, donation, 42 in Fn. 1, 43; ders., transfert de propriété, 287; Amelotti, donatio, 107; Voci, diritto ereditario II, 448; Kaser I, 415 mit Fn. 21 und 764 mit Fn. 7; Kaser II, 334 Fn. 16; neuerdings Noordraven, 100; ihm zustimmend Wubbe, Rez. Noordraven, 517; Rodríguez Díaz, 72, 129 ff.; L. de Ligt / J. E."Spruit, in: Spruit et al., Corpus Iuris, h. l. 149 Davon gehen bereits Cuiacius, ad h. l. (opera IV, Sp. 1369 D), und de Retes, De donationibus, cap. 15, 4 (631), aus; ebenso Kaser, Rez. Simonius, 217; Voci, diritto ereditario II, 450; implizit auch Costa, Papiniano, IV, 195. Das Gegenteil wird immerhin erwogen von Haymann, Zur lex 42 pr., 217 mit Fn. 3 f. Der Unterschied zwischen liberi und heredes fällt auch Robbe, 102, auf, der sich aber mit der Schlußfolgerung zufrieden gibt, der igitur-Satz sei völlig unsinnig. 150 Vgl. in dieser Richtung schon die gl. Exceptio ad h. l.: à Seia quia nondum dies venit restituendorum bonorum.
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Er geht aufgrund von Gaius 2, 59 f. davon aus, daß der Fiduziant das Eigentum binnen Jahresfrist zurückersitzt, und zwar auch dann, wenn er lediglich detentor geblieben ist. Wenn Seia aber hier das Eigentum an den Sachen binnen Jahresfrist zurückersäße, würde das dem Zweck der Schenkungsabrede zwischen ihr und Titius zuwiderlaufen. β) Einen guten Sinn können Kretschmar 155 und Haymann 156 der Vindikation abgewinnen: Nach ihrer Auffassung handelt die gesamte Stelle nur von dieser einen Klage. Diese Deutung, die bereits Cuiacius 157 vertreten hatte, stützt sich auf ein Dorotheosscholion zum entsprechenden Basilikentext 158, demgemäß ein iudicium stricti iuris durch Gewährung einer exceptio doli in ein bonae fidei iudicium verwandelt wird; unterstützt wird das durch ein Reskript Caracallas (C. 8, 35 [36], 3) 159. Man hätte dann hier die Worte bonae fidei autem iudicio constituto nicht im Sinne der Begründung eines neuen Prozessverhältnisses zu verstehen, sondern vielmehr in der Bedeutung „nachdem das Streitverhältnis bonae fidei geworden ist“ 160. Bereits Faber hatte sich entschieden gegen Cuiacius ausgesprochen: Es sei unerträglich anzunehmen, daß die Einschaltung einer exceptio das 151
So auch die Kritik bei Simonius, 161 – 163; zu einfach entgeht man dem Einwand freilich, wenn man, wie Amelotti, donatio, 107, den Satz ab igitur ersatzlos streicht; für Echtheit nunmehr Marrone, 216. 152 Heck, fiducia, 137. 153 Odofredus, ad h. l., in: Lectura super Digesto novo, 40 v; offenbar auch Di Paola, 50 mit Fn. 32, indes unter dem Vorbehalt, daß die Stelle insgesamt verfälscht sei. Tatsächlich ist die condictio das gegebene Mittel der Rückforderung einer donatio mortis causa nach Bedingungsausfall. Es liegt aber völlig fern, daß mit dem Ausdruck iudicium bonae fidei gerade die condictio – das Muster der strengrechtlichen Klagen (Kaser I, 593) – gemeint sein soll. 154 Kretschmar, Kompensation, 34 – 36. 155 Kretschmar, Kompensation, 32 f. 156 Haymann, Zur lex 42 pr., 214 – 222; ihm folgen Simonius, 163 f., und Marrone, 215 f. 157 Cuiacius, ad h. l. (opera IV, Sp. 1369 E-1370 B); ders., observationes 3, 17 (opera III, Sp. 68 f.). Ihm folgt de Retes, De donationibus, cap. 15, 5 (631). Für weitere Nachweise zur älteren Literatur vgl. Keller, 400 in Fn. 1. 158 Scholion 1 ad Bas. 47, 3, 42. 159 C. 8, 35, 3 Ant. A. Vitali. Adversus fratrem tuum quondam tutorem legitimum tutelae iudicio si expertus non es, proposita actione consiste. nec timueris exceptionem pacti, si in eo fraudem dolumque admissum probare potes: nam replicatio doli opposita bonae fidei iudicium facit et commentum fraudis repellit. (Hast Du gegen deinen Bruder als deinen ehemaligen gesetzlichen Vormund die Vormundschaftsklage nicht erhoben, so beschränke dich auf die vorliegende Klage. Du brauchst auch die exceptio pacti nicht zu fürchten, wenn du beweisen kannst, daß Arglist im Spiel war. Denn ist die replicatio doli erhoben, schafft sie eine Klage nach Treu und Glauben und wendet ab, was arglistig ersonnen ist). – Vgl. zum Inhalt des Reskripts sowie den Einwänden der gegenteiligen Auffassung Kretschmar, Kompensation, 36 f. 160 Simonius, 164.
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Verfahren insgesamt umwandele; die exceptio dürfe nämlich nur dem Beklagten, nicht aber auch dem Kläger zugute kommen; die Umstellung eines iudicium stricti iuris auf ein bonae fidei iudicium helfe aber geradezu dem dolo agens und schade demjenigen, der die exceptio erhebt 161. Faber konnte sich darauf stützen, daß schon in den Basiliken selbst der Auffassung des Dorotheos widersprochen wird 162. Dennoch ist es eine plausible Erklärung, daß die Vindikation hier allein mit dem Ziel eingeleitet wurde, infolge der Einschaltung der exceptio das Verfahren umzustellen und so eine Kautionsstellung zu erzwingen 163. Man kann die Annahme eines einheitlichen Verfahrens auch sicher nicht damit bestreiten, daß mit bonae fidei autem iudicio constituto ein schroffer Gegensatz zum vorher Gesagten aufgerissen werde und man deshalb von zwei verschiedenen Verfahren auszugehen habe; die neuerdings von Noordraven 164 aufgestellte Behauptung, autem habe zwingend adversativen Sinn, ist nicht haltbar 165. Der schwerwiegende Einwand gegen die Lehre von Cuiacius bzw. Haymann ist die Inkongruenz der Verfahrensgegenstände, die bei Annahme eines einheitlichen Prozesses auffällt: Die Vindikation betrifft einzelne Nachlaßgegenstände, und weil Seia sich dagegen mit der exceptio doli wehrt, soll sie nun hinsichtlich des gesamten Nachlasses Kaution leisten 166; das ist wenig plausibel. γ) Nur vereinzelt wurde vertreten, das iudicium bonae fidei bezeichne eine von der Vindikation unterschiedene Klage, bei der allerdings nicht – wie Keller und seine Gefolgschaft annimmt – Seia die Klägerin sei, sondern umgekehrt die Erben des Titius gegen Seia klagten. Faber sieht in dieser Klage die hereditatis petitio der Erben gegen Seia 167. Dagegen hat Keller 168 den schlüssigen Einwand erhoben, es sei nicht ersichtlich, wie Seia, die ja nach wie vor Nießbraucherin 161 Faber, coniecturae, lib. 14, cap. 18 (475 Sp. 2, 476 Sp. 2): iuris ratio nullo modo patitur ut doli exceptio quae soli reo accommodatur, actori quoque prodesse debeat; die Unterscheidung zwischen beiden Verfahren richte sich allein nach dem streitgegenständlichen Rechtsgeschäft (negotium). 162 Scholion 2 ad Bas. 47, 3, 42 (Anonymos); zum Problem auch Biondi, compensazione, 302 mit Fn. 3. 163 So besonders Kretschmar, Kompensation, 32. 164 Noordraven, 103 ff., offenbar Erbe, 132, folgend. Faber, coniecturae, lib. 14, cap. 18 (476 Sp. 1 i. f.), verfällt dem gleichen Irrtum, wenn er Cuiacius vorwirft, dieser habe Papinian „offensichtlich mißverstanden“ (quam evidenter male Cuiacius accipit, cum verba illa Bonae fidei autem iudicio constituto quae proculdubio adversative intelligenda sunt, mavult intelligere subiunctive). 165 Vgl. nur Heumann / Seckel, s. h. v.: „dient meistens nur zur Vermittelung des Uebergangs zu einem neuen Satz“; statt vieler das eindeutige Beispiel D. 25, 6, 1, 4: simili autem modo. 166 Insoweit ist die Kritik Fabers, coniecturae, lib. 14, cap. 18 (476 Sp. 2), sicher berechtigt. 167 Faber, coniecturae, lib. 14, cap. 18 (476 Sp. 2 – 477 Sp. 1). 168 Keller, 410 f.
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war, pro herede oder pro possessore besessen haben und den Kindern des Titius das Erbrecht bestritten haben könnte – ganz abgesehen davon, daß die sehr vage Bezeichnung bonae fidei iudicium nicht die nächstliegende für eine hereditatis petitio ist 169. Zuzugestehen ist aber, daß die Klage ihrem Ziel nach durchaus Ähnlichkeiten mit einer actio ex testamento haben mag 170. Erbe 171 hat seinen Gedanken, es könne hier eine actio fiducia contraria gemeint sein, selbst wieder verworfen. In neuerer Zeit hat allein Robbe 172 vertreten, daß das bonae fidei iudicium eine von der Vindikation verschiedene selbständige Klage der Erben des Titius gegen Seia sei. Welche das sei, hat er allerdings nicht angeben können 173. δ) Als bisher einziger 174 geht Noordraven 175 davon aus, daß hier mit Vindikation und bonae fidei iudicium von zwei Verfahren die Rede sei, die zwischen verschiedenen Parteien laufen. Nach seiner Vorstellung hat Seia einzelne Gegenstände an einen Dritten X veräußert, die liberii Titii (die nach seiner Vorstellung mit den heredes identisch sind) versuchen sodann, diese Gegenstände bei X zu vindizieren, was ihnen mit der exceptio doli verwehrt wird, weil sie das Eigentum bereits an Seia hätten zurückübertragen müssen. Obwohl Noordravens Prämisse, es handele sich um insgesamt drei Parteien, durchaus richtig ist, wie sich sogleich zeigen wird, begegnet seine Deutung schwerwiegenden Bedenken. Zuerst ist die Veräußerung an einen Dritten X eine bloße Unterstellung, die 169 Cuiacius, observationes, 3, 17 (opera 3, Sp. 69 B), der zudem meint, das Wort constituere passe nicht auf die Einleitung einer hereditatis petitio. Fabers Erwiderung auf Cuiacius, es sei doch allgemein bekannt, wie sehr sich Papinian in seiner abschreckenden Redeweise gefallen habe (coniecturae, lib. 14, cap. 18 [477 Sp. 1]: Sciunt enim omnes, quam sibi Papinianus placuerit in ea loquendi ratione, quae a vulgaribus aliorum etiam prudentum, verbis abhorreret), kann den Einwand kaum entkräften. 170 So Paulus Castrensis, ad h. l., Digestum Novum I, 43 r. 171 Erbe, 131. 172 Robbe, 105 f. 173 Die Vindikation kann es nicht sein, sie wird von ihm als blanker Unsinn abgetan. Für Robbe ist freilich ohnehin das ganze Fragment ab bonae fidei Kompilatorenwerk. 174 Abgesehen von Odofredus (ad h. l., in: Lectura super Digesto novo, 40 v), der meint, das iudicium bonae fidei finde zwischen liberi Titii und heredes Titii statt. Zutreffend ist, daß es sich insoweit um verschiedene Parteien handelt (dazu sogleich unten 54 f.). Im übrigen hat aber schon Odofredus’ Ausgangspunkt (Sed quid erit: moritur primo Seia, postea Titius relictis liberis) nichts mit dem von Papinian behandelten Fall zu tun. Selbst unter der genannten Prämisse ist Odofredus’ Lösung zweifelhaft: Er meint, die liberi könnten die geschenkten Gegenstände von den heredes fordern, weil die erste Schenkung (scil. Seia an Titius) durch die zweite (scil. Seia an liberi) untergegangen (perempta) sei. Das kann schon deshalb nicht sein, weil in dem von Odofredus vorausgesetzten Fall, daß Seia vor Titius stirbt, die Bedingung der ursprünglichen donatio mortis causa einträte und die hilfsweise Vereinbarung zugunsten der liberi (convenit – pertinerent) deshalb nicht zum Tragen käme. 175 Noordraven, 106 – 108.
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sich auf keinerlei Hinweis im Text stützen kann. Aber selbst wenn man diese Annahme akzeptieren wollte, bliebe dunkel, wieso gerade dem Dritten X aus der Abrede zwischen Seia und Titius eine Einrede entstehen sollte. Es ist zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, daß der Vorwurf des dolo agere auch jemandem gemacht werden kann, der die Sache nicht dem Beklagten, sondern einem alius sogleich wieder herausgeben muß; das gilt aber nur für den Spezialfall, daß der alius seinerseits herausgabepflichtig gegenüber dem Beklagten ist; im übrigen bleibt es bei dem in Paulus D. 24, 3, 44, 1 formulierten Grundsatz: absurde dicitur dolo videre eum facere, qui non ipsi quem convenit, sed alii restituturus petit 176. Wenn Seia hier, wie Noordraven unterstellt, wirklich als formal Nichtberechtigte Nachlaßgegenstände veräußert hätte, so wäre es doch wahrscheinlicher, daß man zum Schutz der liberi Titii die rei vindicatio gewährt und sodann Seia der Eviktionshaftung gegenüber X ausgesetzt hätte 177. ε) Indes kann Noordravens richtiger Ansatz ohne die Unterstellung einer Veräußerung an X plausibel weiterverfolgt werden. Tatsächlich erwähnt der Text nämlich neben Seia und den liberi Titii eine dritte Partei: die heredes Lucii Titii. Daß es sich dabei nicht um die liberi handelt, legt schon der zweimalige Wechsel innerhalb dreier aufeinanderfolgender Sätze nahe: superstitibus liberis Titii – heredes Lucii Titii – filiis Titii. Im letzten Satz ist wieder von liberi Titii die Rede. Daß liberi und filii identisch sind, ist nicht zu bezweifeln: Die liberi sind Begünstigte der Abrede zwischen Seia und Titius und folgerichtig auch diejenigen, die im iudicium bonae fidei Kautionsstellung verlangen (filii) und sie, wie am Ende des Fragments deutlich wird, schließlich auch erhalten (liberi). Dagegen ist hinsichtlich der Vindikation – und ausschließlich in Bezug darauf – von heredes die Rede. Dieser Wechsel kann nicht damit erklärt werden, daß die liberi nach dem Tod des Titius nunmehr heredes geworden sind; wäre das der Grund und wären die heredes zugleich diejenigen, die im iudicium bonae fidei Kautionsstellung verlangen, dann könnte es hinsichtlich der Kaution viel ungezwungener heißen: an mulier promittere debeat [...] iis restituturam. Mit heredes sind also nicht die Begünstigten der Schenkungsabrede gemeint 178; es ist auch einsichtig, daß Seia bei Vorversterben des Titius nicht pauschal dessen Erben begünstigen wollte, die vermutlich im Zeitpunkt der Schenkungsabrede 176
Zum Problem unten 187 f. bei Paulus D. 33, 4, 11. Ähnlich kritisch zu Noordraven nunmehr Marrone, 215 in Fn. 12, der bemängelt, daß sich nach Noordravens Prämisse die exceptio doli nur auf verquere Weise erklären läßt: Sie müßte damit begründet werden, daß den Klägern die Aktivlegitimation fehlen würde, wenn sie ihrer Rückübereignungspflicht an Seia genügt hätten, und daß die Beklagten außerdem unter den gegebenen Umständen von der Berechtigten erworben hätten. 178 Das hatte schon Bartolus, ad h. l., erkannt: dicitur [...] quod heres nullo modo possit agere: quia Titius stipulatus est liberis suis non heredibus, es ist aber danach völlig in Vergessenheit geraten. – Ob die Vereinbarung zwischen Seia und Titius wirklich Stipulationsform hatte, kann hier dahinstehen (dazu unten 64). 177
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noch gar nicht und jedenfalls nicht definitiv feststanden, sondern allein die Abkömmlinge des Titius. (4) Läßt sich danach also ausschließen, daß es die liberi sind, die die Vindikation erheben, so fragt sich weiter, wen die heredes auf Herausgabe einzelner Nachlaßgegenstände verklagen. Das geht aus dem Text nicht deutlich hervor, weil nicht gesagt wird, wer die exceptio hat (opponetur exceptio). Grundsätzlich kommen als Beklagte sowohl Seia als auch die liberi in Betracht. Die Antwort hängt davon ab, wo sich die Gegenstände im fraglichen Zeitpunkt befinden: im Haushalt des verstorbenen Titius, dem sie wohl einmal übergeben worden waren (traditionibus factis) – was dann wohl hieße: bei seinen Kindern – oder bei Seia, die sie als Nießbraucherin tatsächlich hatte 179? Klarheit ist hier nur durch genaue Untersuchung der Übereignungsvorgänge zu gewinnen. Titius wurde Eigentümer, Seia behielt sich den Nießbrauch vor. Wie wurde das bewerkstelligt? Der Text macht hier prima facie widersprüchliche Angaben: bonis suis traditionibus factis [...] cessisset. Das kann man zunächst auf zweierlei Art verstehen: Entweder geht man von einer technischen in iure cessio aus, oder man versteht cedere hier untechnisch. Die Annahme einer in iure cessio 180 hat für sich, daß damit ohne weiteres die Übereignung eines Vermögens aus res mancipi und res nec mancipi erklärt ist. Zudem gibt es keine Schwierigkeiten mit der deductio usufructus. Gegen eine in iure cessio spricht aber nicht nur, daß sie zu Papinians Zeiten längst eine Seltenheit geworden ist 181, sondern auch, daß dabei keine rechte Erklärung für die eigens betonten 182 Übergabegeschäfte bleibt 183. Die komplizierte Schenkungsabrede hätte so auch kaum Eingang in das Übereignungsgeschäft finden können. 179
Zur detentio des Nießbrauchers als quasi possessio vgl. Kaser I, 390 m.w. N. Dafür: Amelotti, donatio, 108; Beseler, Beiträge I, 96; de Retes, De donationibus, cap. 15, 4 (630); Kaser, Rez. Simonius, 216; Légier, 172; Noordraven, 101; Robbe, 101 in Fn. 215; Voci, diritto ereditario II, 449. 181 Vgl. Gaius 2, 25. 182 Mit dem beinahe redundanten factis insistiert Papinian ja offenbar darauf, daß die Übergabegeschäfte tatsächlich stattgefunden haben; andernfalls hätte traditionibus genügt. 183 Der Teil traditionibus factis wird daher ersatzlos gestrichen von Kaser, Rez. Simonius, 216; Noordraven, 101. – Eine interessante (allerdings schon von de Retes, De donationibus, cap. 15, 4 [630] gefundene) Erklärung bietet immerhin Kretschmar, Kompensation, 31 in Fn. 63: Die traditio sei neben der in iure cessio nötig für den Schenkungsvollzug im Sinne der lex Cincia. Daß aber die bloße in iure cessio das nicht soll bewirken können, wozu die mancipatio ohne Besitzübertragung genügt, will nicht recht einleuchten. Das von Kretschmar angeführte Vat. 310 (Perficitur donatio in exceptis personis sola mancipatione vel promissione) besagt nichts für die Notwendigkeit einer – im Text übrigens gar nicht genannten! – traditio neben der in iure cessio, weil, wie der Text deutlich macht, für die perfectio im Sinne der lex Cincia sogar eine Stipulation ohne jede besitzrechtliche Änderung genügt. 180
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Hält man dagegen cessisset für die untechnische Umschreibung der Eigentumsübertragung, so bleiben drei Varianten: Entweder haben die Kompilatoren die mancipatio durch traditio ersetzt oder der Papiniantext hatte bereits die traditio oder es hieß ursprünglich mancipationibus et traditionibus factis, und es wurde lediglich die mancipatio von den Kompilatoren getilgt. Die erste Variante wird aus naheliegenden Gründen von den meisten Vertretern der fiducia-Lehre 184 verteidigt, schließlich läßt sich eine fiduziarische Übereignung am besten im Wege der Manzipation vorstellen 185. Die Behauptung, es habe ursprünglich allein mancipatio gestanden, ist aber letztlich nicht plausibler als der Text in der überlieferten Gestalt, denn man wird nicht behaupten können, das gesamte Vermögen der Seia (bona sua) habe ausschließlich aus res mancipi bestanden. Außerdem dürfte man für den Nießbrauchsvorbehalt bei ausschließlicher Verwendung der Manzipation den Ausdruck deducere erwarten, der dafür konsequent gebraucht wird 186. Dagegen ist der hier verwendete Ausdruck recipere sowohl gebräuchlich für die in iure cessio 187 als auch für die Nießbrauchsbestellung durch Stipulation 188. Weil eine technisch verstandene in iure cessio hier aber, wie ausgeführt, Schwierigkeiten bereitet 189, ist die Angabe usum fructum sibi recepit so zu verstehen, daß Titius der Seia den Nießbrauch durch Stipulation bestellt hat 190. Auch in der Zeitenfolge (cessisset – recepit) darf man wohl einen Hinweis auf die Reihenfolge der Bestellungsakte sehen 191. Dies heißt wiederum, daß tatsächlich, wie der Text
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Besonders Keller, Krüger, Pernice, Lenel (vgl. die Nachweise oben 50 in Fn. 148). Vgl. etwa Savigny, System IV, 244 f. 186 Gaius 2, 33; Vat. 47; 50; 80; die bloß verneinende Verwendung für die traditio in Vat. 47a (per traditionem deduci usus fructus non potest) widerlegt das nicht: Da bei der traditio kein Nießbrauchsvorbehalt möglich ist, gibt es dafür auch keinen terminus technicus. 187 Gaius 2, 33. 188 Vat. 73. 189 Selbst Voci, diritto ereditario II, 449, der als Übereignungsgeschäft hier die in iure cessio annimmt, will nicht von einem zivilrechtlich wirksamen Nießbrauchsvorbehalt ausgehen: Er meint, die Klage der heredes hätte dann denegiert werden müssen. Das meinte bereits Beseler, Beiträge I, 96. Gegen ihn hat Haymann, Zur lex 42 pr., 213 in Fn. 1, Marcellus D. 31, 26 angeführt, eine Stelle, die dafür zu sprechen scheint, daß der dingliche Nießbrauch (auch?) mit der exceptio doli geltend gemacht werden kann. Zu ergänzen wäre Ulpian D. 36, 3, 1, 17: Der durch Vindikationslegat bestellte Nießbrauch verhilft dem Legatar zur exceptio doli gegen den vindizierenden Eigentümer. – Mit Nachdruck spricht sich neuerdings Marrone, 218 – 221, gegen die Annahme aus, daß die auf nuda proprietas gestützte reivindicatio gegen den Nießbraucher stets zu denegieren sei. Er nimmt gleichwohl einen nur iure praetorio wirksamen Nießbrauch an (223). 190 So schon Haymann, Zur lex 42 pr., 212; ähnlich Beseler, Beiträge I, 96. Da Seia der Nießbrauch sofort zustehen soll, ist von einer stipulatio in faciendo auszugehen: Eine solche Ausübungsstipulation verschafft dem Stipulator sogleich das Recht, die Sache wie ein Nießbraucher nutzen zu dürfen; vgl. dazu und allgemein zur Bestellung des Nießbrauchs durch Stipulation Finkenauer, Stipulation, 139 f. 185
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sagt, traditiones vorgenommen worden waren, denn anderenfalls hätte es der Stipulation nicht bedurft. Die Annahme, es habe nur traditiones gegeben, setzt sich indes dem gleichen Einwand aus wie die Meinung, die nur von mancipationes ausgeht: Es wird wohl auch res mancipi im Vermögen der Seia gegeben haben. Am plausibelsten kann daher die dritte Variante den Vorgang erklären; man hat also mancipationibus et traditionibus factis zu lesen 192. Wenn aber zumindest einzelne Gegenstände übergeben worden waren, wie konnte dann Seia den Nießbrauch ausüben 193? Entweder der Nießbrauch erstreckte sich nicht auf diese Gegenstände – es ist ja denkbar, daß Seia sich den Nießbrauch etwa nur an Sklaven und Grundstücken vorbehalten wollte –, oder Seia hat Titius mittels traditio zum possessor gemacht, dieser hat jener sogleich wieder die detentio verschafft. Letzteres ist wahrscheinlicher 194: Schließlich hatte Seia zum Zweck ihrer eigenen Versorgung ein Interesse daran, weiterhin alle Gegenstände bis zu ihrem Tod nutzen zu können. Genau das hat Titius ihr in Form der Nießbrauchsstipulation zugesichert. Das wird im übrigen auch dadurch nahegelegt, daß die Rückgewährklausel ausschließlich auf proprietas abstellt und nicht auf die res ipsae. Daher läßt sich nun mit Gewißheit sagen, daß Seia die Beklagte der Vindikation ist und die exceptio doli dagegenhalten kann. Warum aber vindizieren heredes überhaupt, konnte ihnen die Klage aussichtsreich erscheinen? Die hier vertretene Auffassung begegnet in dieser Frage den gleichen Schwierigkeiten wie die allgemeine Meinung, welche die heredes als identisch mit den liberi ansieht. Immerhin ist zu erwägen, ob die Vindikation nur eine theoretische Überlegung des Juristen ist. Auch wenn der consecutio temporum in den juristischen Texten kein allzu hohes Gewicht zukommt, fällt doch auf, daß Papinian das prozessuale Geschehen im Zusammenhang mit dem bonae fidei iudicium im Indikativ Imperfekt wiedergibt (quaerebatur; incurrebat), während der von der Vindikation handelnde Satz im Konjunktiv Präsens (vindicent) bzw. Futur (opponetur) steht – ebenso wie das responsum am Schluß (tenebuntur). Der ganze die Vindikation betreffende Satz ab igitur könnte danach die Antwort des Juristen auf eine hypothetische Fallgestaltung sein 195. Denkbar ist etwa, daß Seia 191 Haymann, Zur lex 42 pr., 212; Simonius, 157, der zu Recht bemerkt, daß man nur ein Recht „zurücknehmen“ kann (recipere), das man nicht mehr hat. 192 Dafür bereits Appleton, propriété II, 162 f. in Fn. 13, 198 in Fn. 56; Costa, Papiniano IV, 194; vgl. auch Savigny, System IV, 135 in Fn. c. 193 Der Glossator hält die Übergabe für unnötig, vgl. gl. Traditionibus ad h. l.: Quod non fuit necesse, cum retinebat usumfru[ctum]. 194 So etwa auch de Retes, De donationibus, cap. 15, 4 (630); Kretschmar, Kompensation, 31 in Fn. 63. 195 Das wäre übrigens entgegen Amelotti, donatio, 114, kein Grund, diese Ausführungen als „pedanteria scholastica che riesce difficile attribuire a Papiniano“ zu betrachten oder dem Satz mit Robbe, 102 jeglichen Sinn abzusprechen („non ha alcun senso“; „Ciò
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nach dem Tod des Titius in Sorge geriet, ob dessen Erben ihr den Nießbrauch streitig machen können, indem sie die Sachen herausverlangen. Der Jurist würde darauf geantwortet haben, daß Seia in diesem Fall die Arglisteinrede hat – und zwar sowohl, weil ihr die heredes aus der passiv vererblichen Nießbrauchstipulation verpflichtet sind, als auch aus dem Gesichtspunkt des reddere oportere: Es war ja vereinbart worden, daß Seia bei Vorversterben des Titius das Eigentum zurückerhalten sollte. Es ist aber auch nicht auszuschließen, daß die heredes wirklich den Versuch einer Vindikation unternommen haben. Zu verlieren hatten sie nach hier vertretener Auffassung nichts: Begünstigte der Schenkungsabrede waren nur die liberi. Die heredes könnten durchaus versucht haben, unter Ausnutzung ihres formal noch bestehenden, an Seia aber zurück zu übertragenden Eigentums gleichsam die Flucht nach vorn anzutreten und die Gegenstände an sich zu bringen 196. Zweifelhaft erscheint hingegen die neuestens von Marrone vertretene Auffassung, wonach die Vindikation hier die Funktion einer actio negatoria hat, mit der die heredes gegen eine Überschreitung des Nießbrauchsrechtes durch Seia vorgehen wollten 197. (5) Bei den bisherigen Ausführungen ist davon ausgegangen worden, daß nach dem Tod des Titius kein ipso-iure-Rückfall der nuda proprietas an Seia stattfinde. Das ist aber nicht selbstverständlich; die Stelle könnte sprachlich sogar eine dinglich wirkende auflösende Bedingung nahelegen wollen: Proprietas ad eam rediret lautet die Vereinbarung hinsichtlich des Eigentums, während es im Hinblick auf die Schenkungsabrede zugunsten der liberi ganz untechnisch heißt: tunc ad eos bona pertinerent. Die Frage der dinglich wirkenden auflösenden Bedingung ist daher ein weiterer Aspekt, unter dem das Fragment Beachtung gefunden hat 198. Sie wird è soltanto un assurdo“). – Auch die Zugehörigkeit des Fragments zum Werk der responsa spricht nicht generell dagegen, schließlich kann der Jurist auch ein Gutachten zu einer möglichen Fallgestaltung erstattet haben. 196 Vgl. zudem die Überlegungen von Haymann, Zur lex 42 pr., 217. – Die Lesart von Odofredus (ad h. l., in: Lectura super Digesto novo, 40 v), Seia habe die geschenkten Sachen mit der Vindikation zurückfordern wollen und ihr werde nun die exceptio doli entgegengehalten (et Seia supervivat, si velit revocare donatas res, an repellatur doli exceptione: Certe sic.), ist mit dem Text nicht vereinbar. 197 Marrone, 218 ff., insb. 222; der Autor meint, Seia habe sich als Eigentümerin geriert („è facile supporre che Seia [...] avesse cominciato ad agire da padrona, magari negando agli eredi di Tizio – che vi avevano interesse – il libero accesso a questo o quell’immobile“). Aber was rechtfertigt die Annahme, Seia hätte den Nießbrauch überschritten, indem sie den Noch-Eigentümern den Zugang zu Nießbrauchsgrundstücken verwehrte? Umfaßt der Nießbrauch doch jeden Gebrauch der Sache, der ihre Substanz nicht beeinträchtigt (vgl. Kaser I, 448). Wie Seia die heredes, Inhaber der nuda proprietas, anders als durch Veräußerung der Nießbrauchsgegenstände enteignet haben könnte (so Marrone, 222), ist jedenfalls nicht ersichtlich.
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üblicherweise mit Hinweis darauf abgehandelt, daß dank der Parallelüberlieferung eines Reskriptes von Diokletian / Maximian aus dem Jahr 286 in C. 8, 54 (55), 2 und Vat. 283 die justinianische Interpolation des auflösend bedingten Eigentums endgültig bewiesen sei 199: Vat. 283 200 Idem 201 Aurelio Carrenoni. Si stipendiariorum proprietatem dono dedisti ita, ut post mortem eius qui 202 accepit ad te rediret, donatio inrita est, cum ad te 203 proprietas transferri nequiverit. si vero usum fructum in eam, contra quam supplicas, contulisti, usum fructum a proprietate alienare non potuisti. PP. V id. Mart. Maximo et Aquilino conss. Hast du das Eigentum an steuerpflichtigen Grundstücken schenkungshalber so übertragen, daß es nach dem Tod des Empfängers an dich zurückkehren soll, dann ist die Schenkung unwirksam, weil das Eigentum nicht [an dich] hat übertragen werden können. Hast du dagegen den Nießbrauch auf diejenige übertragen, gegen die du uns anrufst, dann hast du den Nießbrauch nicht getrennt vom Eigentum veräußern können. C. 8, 54, 2 Impp. Diocletianus et Maximianus AA. Aurelio Zenoni. Si praediorum 204 proprietatem dono dedisti ita, ut post mortem eius qui accepit ad te rediret, donatio valet, cum etiam ad tempus certum vel incertum ea fieri potest, lege scilicet quae ei imposita est conservanda. PP. V id. Mart. Maximo II et Aquilino conss. Hast du das Eigentum an Grundstücken schenkungshalber so übertragen, daß es nach dem Tod des Empfängers an dich zurückkehren soll, dann ist die Schenkung wirksam, weil eine Schenkung auch für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum vorgenommen werden kann; die ihr beigefügte Nebenbestimmung ist nämlich aufrechtzuerhalten.
Da es sich offensichtlich um dasselbe Reskript handelt, wäre es müßig, die Interpolation zu bestreiten 205. Dennoch ist bei der Schlußfolgerung, damit sei die dingliche Rückfallklausel als justinianische Erfindung bewiesen, Vorsicht gebo198 Appleton, propriété II, 162 f., 185 f., 189; Flume, Rechtsakt, 150; Senn, transfert de propriété, 284 – 292; Wesel, 108 f. 199 Vgl. ausführlich Amelotti, donatio, 97 – 102; ferner Flume, Rechtsakt, 150; Peters, Rücktrittsvorbehalte, 173 – 176; Wesel, 106; neuestens Effer-Uhe, 131 mit Fn. 525. 200 Hier der Text der editio Baviera (FIRA). 201 Buchholtz: iidem, nämlich Diokletian und Maximian. Nach den fragmenta Vaticana (275) würde sich Idem auf Diokletian und Konstantius beziehen, was aber mit der Datierung nicht übereinstimmen würde; dazu Amelotti, donatio, 98 in Fn. 11. 202 Das von Buchholtz, ad h. fr., nota e, beanstandete Maskulinum beruht möglicherweise auf der falschen Auflösung einer Sigle (qui statt quae), vgl. das Faksimile bei Appleton, propriété, II, 384 (Appendice) und dessen Erläuterung (380). 203 Buchholtz: a te. Zu den Emendationen Amelotti, donatio, 98 in Fn. 12, 13. 204 Andere Handschriften haben rerum tuarum statt praediorum, vgl. die editio stereotypa, nota 7 ad h. l. 205 Zum Zusammenhang zwischen den beiden Überlieferungen neuestens Murillo Villar, irrevocabilidad, 3712 f.; vgl. auch Ombretta Cuneo, 799 f.
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ten, denn der Text enthält einige Ungereimtheiten. Zum einen ist festzustellen, daß das Vaticanum nur von stipendiarii, das Codexfragment nur von praedii spricht. Es kann also nicht ganz ausgeschlossen werden, daß die Konstitution ursprünglich eine fiskalisch motivierte Spezialregelung für steuerpflichtige Provinzgrundstücke enthielt und der Codex nur den womöglich schon klassischen Grundsatz übernommen hat 206. Zum anderen beruht der entscheidende sinntragende Gegensatz zwischen den beiden Texten (cum ad te proprietas transferri nequiverit vs. cum etiam ad tempus certum vel incertum ea fieri potest) auf einer – keineswegs unbestrittenen 207 – Konjektur: Die Handschrift der fragmenta Vaticana hat ohne Zweifel ad te und nicht ad tempus 208. Aber auch das beiseite gelassen, schließt der Text des Vaticanum Ausnahmen nicht aus 209. Der Text ließe sich zudem auch so lesen, daß nur die auflösende Befristung des Eigentums ausgeschlossen wird (ad tempus). Anders als bei der im Vaticanum diskutierten Klausel ut post mortem eius qui accepit ad te rediret 210 besteht bei einer auflösenden Bedingung etwa der von Papinian behandelten Art si Titius ante ipsam vita decessisset immer die Möglichkeit, daß das Eigentum niemals zurückkehrt, und es kann nicht einfach unterstellt werden, daß Vat. 283 auch diese Möglichkeit abschneiden wollte. Schließlich ist, was in der Regel ebenfalls unterschlagen wird, die Bezugnahme auf ein auflösend bedingtes Eigentum in Vat. 283 genauso unsicher wie im Papinianfragment 42 pr.; beidesmal ist schlicht von proprietas redire die 206 Jhering, 577 f. in Fn. 231, vermutet einen Zusammenhang „mit der Eigenthumsunfähigkeit der Provinzialgrundstücke“. 207 Schwerwiegende Einwände bei Appleton, propriété, II, 179 –186, 380 f.; Peters, Rücktrittsvorbehalte, 175 f.; kritisch auch schon Jhering, 577 in Fn. 231. – Die editio Buchholtz weiß noch nichts von einer solchen Konjektur. 208 Vgl. das Faksimile bei Appleton, propriété, II, 384 (Appendice). – Die von den meisten Editionen (Mommsen, Maius, Baviera, d’Ors, Spruit / Bongenaar), übernommene Konjektur geht auf Rudorff zurück (vgl. die editio Angelus Maius ad h. l., nota 110) und wird lapidar damit begründet, daß die Überlieferung im Codex ebenfalls ad tempus lautet (vgl. etwa Senn, transfert de propriété, 285 in Fn. 3); da aber das Codexfragment ganz offensichtlich stark überarbeitet ist, kann es keine verbindliche Auskunft über den richtigen Text im fragmentum Vaticanum geben. 209 Kaser I, 406 in Fn. 14; zu Pomponius D. 7, 1, 19 pr. als Ausnahmefall vgl. Finkenauer, Stipulation, 385 – 388. 210 Eine Bedingung statt einer Befristung kann man in der Klausel nur sehen, wenn feststeht, daß beim tu nicht auch dessen Erbe mitgedacht ist. Bei einer reinen Zeitangabe (post mortem eius) liegt es aber wohl näher, daß Rückgewähr beim Tod des Beschenkten unabhängig davon geschuldet ist, ob der Schenker noch lebt. – Senn, transfert de propriété, 286, setzt beide Klauseln zunächst gleich, unterscheidet dann aber (289 in Fn. 1) zutreffend: „dans le second cas, hypothèse du § 283 des Fragm. Vat., le donateur désirerait que la propriété revînt toujours à lui-même ou à ses héritiers au cas de décès du donataire, quelle que soit l‘époque du décès“. Bei diesem – richtigen – Verständnis der Klausel kann man natürlich nicht mehr von einer auflösenden Bedingung sprechen.
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Rede, was im einen wie im anderen Fall genauso gut im Sinne eines Rückübertragungsanspruches verstanden werden kann. Es spricht sogar ein Ausdruck stark dagegen, daß sich das Kaiserreskript im Kern überhaupt mit der Unwirksamkeit einer dinglichen Rückfallsklausel beschäftigt: donatio inrita est. Diese Aussage ist allenfalls für das Schenkungsrecht seit der Konstantinischen Reform 211, die die donatio zu einem einheitlichen Zuwendungsgeschäft sui generis macht, begreiflich; für das vorkonstantinische Recht ist nicht erkennbar, wieso Mängel beim Vollzugsgeschäft die Wirksamkeit der donatio selbst, also der causa, betreffen sollten 212. Es scheint deshalb, als wollte das Reskript eher eine Schenkung auf Zeit, gleich wie sie vollzogen wird, verhindern 213. Nimmt man die Begründung in der Lesart von Buchholtz hinzu: cum a te proprietas transferri nequiverit, dann würde das Vaticanum geradezu das Gegenteil von dem besagen, was allgemein behauptet wird: Das gesamte Zuwendungsgeschäft ist unwirksam, „weil von dir kein Eigentum übertragen werden konnte“; tu bleibt also Eigentümer. Die Konsequenz der Nichtigkeit einer dinglichen Rückfallsklausel wäre dagegen, daß das Eigentum ad infinitum übertragen ist und gegebenenfalls nur obligatorisch zurückerlangt werden kann 214. Die von Appleton vertretene Deutung, daß nämlich die Schenkung deswegen nichtig sei, weil der Schenker selbst (noch) kein Eigentum hatte, kommt ganz ohne Konjektur aus und kann insbesondere auch den Schlußteil des Fragments, in dem es um Nießbrauchsbestellung geht, plausibel erklären 215. Insgesamt hat die Gegenüberstellung von Vat. 283 und C. 8, 54 (55), 2 minimale Beweiskraft gegen die Klassizität des auflösend bedingten Eigentums. Hinzu kommt, daß im Bereich der donatio mortis causa jedenfalls Ulpian D. 39, 6, 29 für auflösend bedingtes Eigentum spricht: D. 39, 6, 29 Ulpianus libro septimo decimo ad edictum Si mortis causa res donata est et convaluit qui donavit, videndum, an habeat in rem actionem. et si quidem quis sic donavit, ut, si mors contigisset, tunc haberet cui donatum est, sine dubio donator poterit rem vindicare: mortuo eo tunc is cui donatum est. si vero sic, ut iam nunc haberet, redderet, si convaluisset vel de proelio vel peregre redisset, potest defendi in rem competere donatori, si quid horum contigisset, interim autem ei cui donatum est. sed et si morte praeventus sit is cui donatum est, adhuc quis dabit in rem donatori. Ist eine Sache von Todes wegen geschenkt und genest der Schenker, muß man sehen, ob ihm eine dingliche Herausgabeklage zusteht. Hat natürlich jemand so geschenkt, daß der Beschenkte die Sache haben soll, wenn den Schenker der Tod ereilt, dann kann er die Sache ohne Zweifel vindizieren, nach seinem Tod aber der Beschenkte. 211 212 213 214 215
Vat. 249. Berechtigte Einwände schon bei Jhering, 577 in Fn. 231. In diesem Sinne bereits Bechmann, Kauf II, 500 in Fn. 1. Appleton, propriété, II, 184. Appleton, propriété, II, 177 – 186, und 379 – 383; zustimmend Erman, 223 in Fn. 2.
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[Hat er] dagegen so [geschenkt], daß [der Beschenkte] die Sache schon jetzt haben und zurückgeben soll, wenn der Schenker genesen oder aus einer Schlacht oder von einer Reise zurückgekehrt ist, läßt sich vertreten, daß dem Schenker die dingliche Herausgabeklage zusteht, wenn einer dieser Fälle eintritt, in der Zwischenzeit aber dem Beschenkten. Aber auch wenn den Beschenkten [vorzeitig] der Tod ereilt, wird man dem Schenker die dingliche Herausgabeklage geben.
Hier wird mortis causa eine Sache verschenkt, die sich bei einem Dritten befindet. Für die Frage, wem die Herausgabeklage zusteht, ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob die Schenkung aufschiebend bedingt (1. Fall) oder sofort (2. Fall) vollzogen wird 216. Der erste Fall ist unproblematisch: Der Schenker bleibt bis zu seinem Tod Eigentümer. Übersteht er die Krankheit, die Anlaß der Schenkung war, wird die Schenkung also hinfällig, so kann er selbst die Sache beim Dritten vindizieren. Verstirbt er dagegen, so bekommt der Beschenkte die actio in rem. Schwieriger ist der zweite Fall: Wegen des sofortigen Vollzuges steht die actio in rem zunächst dem Beschenkten zu. Was aber, wenn ein Rückforderungsfall eintritt und die Schenkung somit hinfällig wird? Ulpian hält es für vertretbar (potest defendi), hier dem Schenker wie im ersten Fall die actio in rem zu gewähren, also von einem ipso-iure-Rückfall des Eigentums auszugehen 217. Dabei kann das Vorversterben des Donatars nicht anders behandelt werden als die Genesung des Schenkers, beides sind Rückforderungstatbestände; das macht der letzte Satz klar. Ist demnach eine dinglich wirkende auflösende Bedingung denkbar, so ist sie doch auch für Ulpian nicht unumstritten. Für die vorliegende Papinianstelle jedenfalls ist eine solche dingliche Wirkung im Ergebnis zu verneinen. Im jüngeren Schrifttum ist hierfür ein automatischer Rückfall der nuda proprietas allein von Robbe 218 behauptet worden; dessen Ausführungen sind allerdings insoweit von geringem Erkenntniswert, als er sich aller Schwierigkeiten entledigt, indem er den auf die Vindikation sich beziehenden Satz für unsinnig erklärt. Die entscheidende Frage ist aber, ob eine Vindikation der heredes denkbar ist, wenn die nuda proprietas ipso iure an Seia zurückkehrt und diese also mit Tod des Titius wieder zur Volleigentümerin wird. Dafür gibt es außerhalb der Stelle keine Beispiele; die Entkräftung der Vindikation ope exceptionis ist ein schlagender Beweis dafür, daß die heredes Titii zunächst mit dem Tod des Titius Eigentümer wurden 219. Proprietas redire ist also im Sinne einer Rückübereignungspflicht aufzufassen 220. 216
Beide Varianten sind klassisch, vgl. oben Kap. 1 II 3. Daß die meistens behauptete Interpolation der actio in rem in der Fallabwandlung (vgl. Simonius, 194 in Fn. 14 m.w. N.) gerade mit dem zögerlichen potest defendi eingeleitet werden sollte (nachdem Ulpian die Klage im Ausgangsfall sine dubio zugesteht!), ist nicht sehr glaubwürdig; zu Recht skeptisch Wesel, 109. Im übrigen erscheint zweifelhaft, daß man bei Ulpian potest defendi stets als „so ist’s“ zu lesen habe, wie Gradenwitz, 160, meint; gegen ihn zu Recht Gruebler, 55 f. 218 Robbe, 102. 217
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(6) Nachdem sich die Vindikation als ein eigenständiges Verfahren zwischen Seia und heredes erwiesen hat, kann auch das zwischen Seia und liberi laufende iudicium bonae fidei näher bestimmt werden. Die weit überwiegend vertretene These von der actio fiduciaria ist neben den älteren Einwänden 221 gerade durch die Forschungen ihres jüngsten Verfechters Noordraven unwahrscheinlicher geworden 222, und die Gegenauffassung, welche nur von einem einheitlichen Vindikationsverfahren ausgeht 223, muß nach den hier getroffenen Feststellungen schon deshalb ausscheiden, weil die Vindikation von den heredes angestrengt wird, während das iudicium bonae fidei von den filii geführt wird 224. Mit der oben gewonnenen Erkenntnis, daß die Vindikation durch die heredes und nicht durch die liberi angestrengt wurde, muß folglich auch die Auffassung abgelehnt werden, daß das iudicium bonae fidei von Seia eingeleitet worden war; denn es gab nichts, was Seia von den liberi hätte fordern können. Waren also umgekehrt die liberi Kläger, dann kann das Verfahren nur den einen Gegenstand gehabt haben, der auch im Fragment genannt wird: Die liberi klagten gegen Seia auf Kautionsstellung – vor allem, um sich gegenüber Seias Erben abzusichern, die ja immerhin nach dem Tod Seias leer ausgehen sollten. Wie berechtigt die Sorge der liberi war, läßt sich ex post daran erkennen, daß nach dem Tod der Seia um die quarta Falcidia prozessiert wird. Die liberi hatten mithin ein begreifliches Interesse daran, ihre Erwerbsaussicht noch zu Lebzeiten Seias formell anerkannt zu wissen. Mit welcher Klage sie das erstrebt haben, läßt sich nicht mit Gewißheit sagen, begnügt sich Papinian doch selbst mit der Angabe bonae fidei iudicium. Das könnte durchaus seinen Grund darin haben, daß für eine Klage auf Kautionsstellung, die sich zudem allein auf eine formlose Abrede 219
Insoweit zutreffend schon Keller, 412; außerdem Schulin, 98, und Wesel, 108 f., der allerdings zu Unrecht meint, auch aus dem pertinerent auf eine obligatorische Bedeutung von rediret schließen zu können; der zweite Teil der Vereinbarung (si postea superstitibus liberis Titii mortua fuisset, tunc ad eos bona pertinerent) betrifft ja nur das Schicksal des Vermögens nach dem Tod der Seia, während der fragliche Rückfall des Eigentums an Seia nach dem Tod des Titius stattfände. 220 Zu Unrecht hält Di Paola, donatio, 161, die Rückgewährverpflichtung wegen Verstoßes gegen die Regel obligatio ab heredis persona incipere non potest für nichtig. Wenn das richtig wäre, könnte das Geschenkte bei Prämorienz des Donatars niemals zurückgefordert werden, wie es indes zahlreiche Quellen bezeugen; vgl. nur Julian D. 39, 6, 13, 1; Paulus eod. 35, 4; Ulpian eod. 29 i. f. 221 Vgl. oben 50 f. 222 Noordraven, 90 ff., geht wie Senn und Amelotti davon aus, daß die donatio mortis causa aus der fiducia entstanden sei. Die erbrechtsbeschränkende Gesetzgebung habe dann zu einer getrennten Weiterentwicklung geführt, in klassischer Zeit handle es sich um ganz verschiedene Rechtsinstitute; nur im vorliegenden Fall sei ausnahmsweise noch einmal die fiducia zur Anwendung gekommen. Aber warum sollte man 200 Jahre später plötzlich wieder auf dieses alte Instrument zurückgreifen? 223 Oben 51 f. 224 Oben 54 f.
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stützte, keine spezielle Klageart vorgesehen war. Der Fall ist jedenfalls nicht so alltäglich, daß eine in factum konzipierte Klage auszuschließen ist 225. Sicher ist, daß sich die Klage nur aus dem Schenkungsversprechen ergeben haben kann. Ob dieses Versprechen einen Anspruch auf Leistung der cautio begründen kann, war Gegenstand der im Text sogenannten haesitatio. Stellt man nämlich allein auf die liberi ab, muß man die Frage verneinen: Sie selbst haben bisher nichts erlangt, das den Schutz einer cautio verdient (quae nondum in personam filiorum initium acceperat). Anders wäre das nur, wenn man mit Bartolus davon ausgehen wollte, daß Titius und Seia die Begünstigung der liberi in Stipulationsform vereinbart hätten 226. Man hätte dann von einem unechten Vertrag zugunsten Dritter auszugehen 227. Aber den Abschluß einer solchen Stipulation unterstellt, bliebe offen, weshalb gerade ein iudicium bonae fidei zur Durchsetzung nötig sein sollte; und hätte es die Stipulation gegeben, wäre die haesitatio non extorquendae donationis kaum nachzuvollziehen: Seia hätte sich dann bereits zugunsten der liberi gebunden, und es bestünde kein Grund zu der Sorge, ihr würde mit der cautio eine Schenkung abgenötigt. Daß das Begehren der liberi letztlich doch erfolgreich war, läßt sich nur damit erklären, daß im iudicium bonae fidei die Abrede zwischen Seia und Titius als eine einzige Schenkung der Seia an Titius bewertet wurde. Geht man nämlich von nur einer Schenkung aus, kommt man zu dem Ergebnis, daß sie mit Übereignung an Titius bereits vollzogen wurde (dominio translato pridem perfecta 228). Die Rückgewährklausel würde so gesehen mit dem Tod des Titius nur eine beschränkte Rückgewährpflicht begründen 229: Das Vermögen wäre zwar nach dem Tod des Titius an Seia zurückzuübereignen, aber nur für die verbleibende Lebenszeit Seias; danach sollte es den liberi gehören (tunc ad eos bona pertinerent). Stand aber von vornherein fest, daß Seia nach dem Tod des Titius das Eigentum gleichsam nur vorübergehend zurückerhalten sollte, auf daß es dann endgültig den liberi zufiele, dann konnte die bona fides gebieten, diese Erwerbsaussicht durch cautio abzusichern. Papinian aber kommt in der Beurteilung der haesitatio zu einem anderen Ergebnis. Er teilt den Kern des Rechtsstreits in drei Fragen auf: Kann Seia zur 225
Zur Entstehung der bonae fidei iudicia Kaser / Hackl, 153; zur actio in factum ebenda, 329, sowie Gröschler, 20 – 27, zur actio in factum als eine auf den Einzelfall zugeschnittene Klage. 226 Vgl. oben 54 in Fn. 178. 227 Das wendet Voci, diritto ereditario II, 450, gegen die Wirksamkeit der Abrede ein. 228 Die perfectio der Schenkung wird hier, wie Cohen, 46, bemerkt, anders als üblich verwendet: Normalerweise wird die donatio mortis causa nicht durch Vollzug, sondern mit dem Tod des Schenkers „perfekt“, vgl. Ulpian D. 39, 6, 32: non videtur perfecta donatio mortis causa facta, antequam mors insequatur. 229 So Haymann, Zur lex 42 pr., 243 f. in Fn. 3; vgl. auch Noordraven, 107.
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Kautionsstellung für eine künftige Schenkung gezwungen werden, auf welche die Begünstigten (filii) noch keine gesicherte Aussicht haben (quae nondum in personam filiorum initium acceperat)? Würde mit der Kaution eine ursprüngliche, bereits vollzogene Schenkung aufrechterhalten (prior donatio [...] retinetur) oder eine neue Schenkung versprochen (secunda promittitur)? War die ursprüngliche Schenkung eine bedingte Schenkung unter Lebenden (certae condicionis donatio) oder eine donatio mortis causa (quae mortis consilium ac titulum haberet)? Weil die Beantwortung der einen jeweils von der folgenden Frage abhängt, werden sie in umgekehrter Reihenfolge behandelt 230. Die letzte Frage, von der alles weitere abhängt, ist die nach der Rechtsnatur der ursprünglichen Schenkung der Seia an Titius: Ist es eine donatio inter vivos mit bedingter Rückgewährklausel (condicio) oder hat sie consilium ac titulum mortis? Mit diesem etwas sperrigen Ausdruck wird das Augenmerk auf einen im anschließenden § 1 noch weiter ausgeführten Umstand 231 gerichtet: Nicht allein die Bezugnahme auf den Tod als Motiv der Schenkung (consilium) macht eine donatio zu einer solchen von Todes wegen; vielmehr muß der Tod – genauer: der Tod des Schenkers vor dem des Beschenkten – zu dem Kriterium gemacht werden, mit dem das ganze Geschäft stehen und fallen soll; erst dann hat die Schenkung einen titulus mortis. Auf dieser Grundlage kommt die Auslegung der Vereinbarung zu einem eindeutigen Ergebnis: Die Abrede si Titius ante ipsam vita decessisset, proprietas ad eam rediret muß im Sinne einer echten Überlebensbedingung für den Bestand der Schenkung verstanden werden. Weil sie das essentiale der donatio mortis causa ist, kann der Jurist antworten: denegari non potest mortis causa factam videri. Aus dieser Einordnung ergibt sich, daß die ursprüngliche Schenkung rechtlich nicht mehr existent ist: soluta priore donatione 232. Das Schenkungsversprechen an die liberi ist folglich als eine zweite (sequens), von derjenigen an Titius unabhängige Schenkung zu beurteilen. Als solche ist sie, wie gelegentlich übersehen wird 233, nicht etwa wegen Vorversterbens des Titius hinfällig geworden; vielmehr hat die zweite Schenkung ihrerseits allein das Überleben der begünstigten Kinder (si postea superstitibus liberis Titii mortua fuisset) zur Bedingung. Sie ist 230 Paulus Castrensis, ad h. l., Digestum Novum I, 43 r (respondetur ad omnes tres ordine retrogrado); vgl. auch de Retes, De donationibus, 631 (Nr. 6). 231 Vgl. oben 37 ff. 232 Aufgrund eines irrigen Verständnisses von solvere kommt die Übersetzung von C. J. Tuplin (in: Watson, Digest) hier zu einem falschen Ergebnis: „once the first gift was made and given that Seia outlived Titius, it must be held that the second gift can be compelled.“ Mit der Feststellung, die zweite Schenkung könne verlangt werden, besagt also die Übersetzung gerade das Gegenteil des Textes. 233 Richtig aber Haymann, Zur lex 42 pr., 243, auch wenn er diesen Teil dem Papinian abspricht.
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aber bisher weder durch Übereignung vollzogen, noch hat das Schenkungsversprechen eine klagbare Form 234. Papinian kommt deshalb zu dem Ergebnis, daß durch Verurteilung zur Kautionsstellung der Seia die zweite Schenkung abgenötigt würde (sequens extorqueri videatur); die liberi hatten, anders gesagt, keinen Anspruch auf die Kaution 235. Gleichwohl haben sie eine Kaution erhalten, wie dem letzten Satz (muliere rell.) zu entnehmen ist. Hier zeigt sich erneut, wie schon oben betont wurde, daß sich Papinian in einem ganz anderen Prozeß, nämlich dem zwischen den liberi Titii und den Erben der Seia um die portio Falcidiae, äußert. Die näheren Umstände des iudicium bonae fidei waren als Vorfragen zu klären. (7) Die Antwort des Juristen hängt nun aber von einer letzten Frage ab: ob Seia die Kaution freiwillig geleistet habe (si cautionem ex consensu mulieris acceperint). Nur dann haften die liberi Titii den Erben der Seia auf die portio Falcidiae, und zwar ex persona sua, also nicht als „Zweitempfänger“ einer Schenkung, die dem Titius gemacht worden war, sondern als Begünstigte einer selbständigen Schenkung 236. Wo ist hier aber der Zusammenhang, weshalb kommt es auf die Freiwilligkeit der Kautionsstellung an? Da der Abzug der quarta Falcidia zugunsten der Erben bei der donatio mortis causa zur Zeit Papinians außer Frage steht 237, ist die Feststellung si cautionem ex consensu mulieris acceperint, contributioni propter Falcidiam ex persona sua tenebuntur gleichbedeutend mit der Aussage: Nur wenn Seia die Kaution freiwillig geleistet hat, dann liegt überhaupt eine donatio mortis causa vor. Nur dann hat sie nämlich ihren Schenkungswillen gegenüber den liberi Titii aufrechterhalten. Hat sie die Kaution aber nur geleistet, weil sie im iudicium bonae fidei dazu verurteilt worden war, dann hatte sie die Schenkung schon bereut: Sie hatte ihr Reurecht ausgeübt 238. Die Aufrechterhaltung des Schenkungswillens ist die Tatfrage, die letztlich das ganze Gutachten Papinians bestimmt. Allein die Existenz eines Reurechts bei der donatio mortis causa erklärt den Zusammenhang zwischen der aufgeworfenen Frage nach der Rechtsnatur der Schenkung und der Schlußfolgerung 234 Etwas zu weitgehend allerdings Di Paola, donatio, 164, der der gesamten Abrede insgesamt nur Indizwirkung für die Absicht einer donatio mortis causa zugesteht. 235 Anders freilich Haymann, Lex 42 pr., 242 f., und Simonius, 172, die Papinian das Gegenteil in den Mund legen: Er müsse „zur Gutheißung des Kautionsbegehrens gelangt sein“. 236 Zu Unrecht bestritten von Simonius, 96, der die Qualifikation als unabhängiges Schenkungsversprechen für interpoliert hält. 237 Vgl. dazu oben 35 ff.; da es hier um den Nachlaß in toto geht, steht die Anwendbarkeit der lex Falcidia auch in tatsächlicher Hinsicht außer Frage. 238 So schon das Scholion 3 ad Bas. 47, 3, 42; Haymann, Lex 42 pr., 242 f., der dies freilich den Kompilatoren zuschreibt; ebenso Di Paola, donatio, 164, der seine Ausführungen indes ad abundantiam (165) verstanden wissen will, weil er dem Text pauschal seine Verläßlichkeit abspricht.
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sequens extorqueri videatur sowie nach der Erheblichkeit einer freiwilligen Kautionsleistung. Bei einer donatio inter vivos gibt es kein Reurecht, man hätte unter diesen Umständen der Seia gewiß eine Kaution abverlangen können. Nur weil Papinian die Abrede letztlich als donatio mortis causa einordnet, muß er sich Gedanken machen, ob mit der Kautionsstellung nicht die Schenkung ihrer freien Widerruflichkeit zum Trotz erzwungen wird. Dagegen wird behauptet, die Frage der Kautionspflicht widerlege gerade die Hypothese der freien Widerruflichkeit der donatio mortis causa; hätte es ein generelles Reurecht gegeben, dann hätte sich die Frage nach der Kautionspflicht gar nicht stellen können, so wird gesagt 239. Das verkennt indes nicht nur den zeitlichen Ablauf des ganzen im Fragment geschilderten Geschehens – Papinian äußert sich ja, wie dargelegt, ex post zu einem bereits abgeschlossenen Verfahren um die Kautionsstellung 240 –, sondern vor allem auch die Tatsache, daß gerade die Frage nach der Rechtsnatur der Schenkung und damit auch nach der Existenz eines Reurechts Gegenstand des bonae fidei iudicium war. (8) Nach alledem läßt sich der Fall chronologisch wie folgt zusammenfassen: Seia hatte ihr gesamtes Vermögen dem Titius geschenkt und durch mancipatio und traditio übereignet. Titius hatte ihr im Gegenzug den Nießbrauch am Vermögen durch Stipulation bestellt; zugleich räumte er ihr an allen Gegenständen detentio ein, so daß Seia in der Lage war, ihr Hab und Gut tatsächlich weiter zu nutzen. Die beiden hatten folgende Rückgewährvereinbarung getroffen: Falls Titius vor Seia stürbe, sollten seine Erben (heredes) verpflichtet sein, das Eigentum auf Seia zurückzuübertragen. Nach dem Tod der Seia sollte dieses Vermögen aber nicht ihren Erben, sondern den Kindern (filii = liberi) des Titius gehören. Tatsächlich starb Titius vor Seia. Seine Erben (heredes) versuchten nun, bestimmte Gegenstände mit Hilfe der Vindikation an sich zu bringen. Die Klage wurde mit Hilfe der exceptio doli abgewiesen, denn Seia war als Nießbraucherin berechtigt, und außerdem waren die Gegenstände gemäß der Schenkungsabrede nun an sie zurückzuübereignen. Außerdem verklagten die liberi Titii Seia auf Stellung einer Kaution, mit der sie ihren Anspruch auf das Vermögen Seias nach ihrem Tod gegen die Erben der Seia gesichert wissen wollten. Die liberi waren mit ihrer Klage im iudicium bonae fidei erfolgreich. Später stirbt auch Seia. Die liberi Titii, abgesichert durch die cautio, fordern nun von den Erben der Seia Herausgabe des Nachlasses. Diese machen gegen 239 Simonius, 128, der für seine Behauptung den Teil ex consensu mulieris streichen muß (172); ähnlich Di Paola, donatio, 41 in Fn. 5. 240 Das übersieht insbesondere Biondi, Appunti, 760, der meint, wenn die donatio mortis causa ein Reurecht gekannt hätte, dann hätte Papinian der Seia ja nur raten müssen, die Schenkung zu widerrufen. Dem steht entgegen, daß Seia tot ist (muliere [...] postea diem functa)!
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
jene die quarta Falcidia geltend. Papinian wird die Frage vorgelegt, ob die lex Falcidia Anwendung findet. Das ist nur dann der Fall, wenn eine donatio mortis causa vorliegt. Papinian beurteilt die zwischen Seia und Titius getroffene Schenkungsabrede anders, als es die Juristen im iudicium bonae fidei getan hatten. Er sieht in der Abrede zwei donationes mortis causa. Die erste zugunsten des Titius ist mit dessen Vorversterben hinfällig geworden; die zweite zugunsten der liberi war wie jede donatio mortis causa frei widerruflich. Deshalb hätte die Kautionsstellung nicht erzwungen werden dürfen. Da aber tatsächlich eine Kaution geleistet wurde, ist zu fragen, ob dies freiwillig geschah; andernfalls hätte Seia die zweite Schenkung widerrufen. (9) Die Exegese dieses berühmten Fragments hat am praktischen Fall bestätigt, was Papinian im nachfolgenden, hier aus Darstellungsgründen bereits vorab untersuchten § 1 abstrakter formuliert: Eine donatio mortis causa ist wesentlich geprägt von der Möglichkeit, daß der Schenker die Schenkung bis zu seinem Tod rückgängig machen kann. Fehlt dieser Vorbehalt, handelt es sich in Wirklichkeit um eine echte Schenkung unter Lebenden, selbst wenn sie den Titel mortis causa tragen sollte. War sie aber mortis causa vereinbart, dann hat sie auch nach dem Tod des Schenkers de facto nur insoweit Bestand, als sie nicht die quarta Falcidia der Erben schmälert. Die Geschichte der Ausdehnung der lex Falcidia auf immer neue rechtliche Konstrukte ist auch die Geschichte ihrer Umgehungsversuche. Das wird unter anderem noch der Fall Papinian D. 24, 1, 52, 1 zeigen 241. Natürlich ist sie nicht das einzige Gesetz, an dessen Umgehung die Parteien Interesse haben konnten. Vielmehr kann grundsätzlich jedes erbrechtsbeschränkende Gesetz, das im Laufe der Zeit auf die donatio mortis causa angewendet wurde, eine Motivation der Parteien begründen, die Zuwendung als donatio inter vivos zu tarnen. Besonders schön zeigt das der nächste, ungefähr auch in die Zeit Papinians gehörende Fall des Q. Cervidius Scaevola: 3. Scaevola D. 32, 37, 3 als Umgehungsgeschäft D. 32, 37, 3 Scaevola libro octavo decimo digestorum Pater emancipato filio bona sua universa exceptis duobus servis non mortis causa donavit et stipulatus est a filio in haec verba: „quae tibi mancipia quaeque praedia donationis causa tradidi cessi, per te non fieri dolove malo neque per eum ad quem ea res pertinebit, quo minus ea mancipia quaeque ex his adgnata erunt eaque praedia cum instrumento, cum ego volam vel cum morieris, quaequae eorum exstabunt neque dolo malo aut fraude factove tuo eiusque ad quem ea res pertinebit in rerum natura aut in potestate esse desissent, si vivam mihi aut cui ego volam reddantur restituantur, stipulatus est Lucius Titius pater, 241
Dazu unten 111 ff.
III. Die Abgrenzung zur donatio inter vivos
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spopondit Lucius Titius filius“. idem pater decedens epistulam fideicommissariam ad filium suum scripsit in haec verba: „Lucio Titio filio suo salutem. certus de tua pietate fidei tuae committo, uti des praestes illi et illi certam pecuniam: et Lucrionem servum meum liberum esse volo“. quaesitum est, cum filius patris nec bonorum possessionem acceperit nec ei heres exstiterit, an ex epistula fideicommissa et libertatem praestare debeat. respondit, etsi neque hereditatem adisset neque bonorum possessionem petisset et nihil ex hereditate possideret, tamen nihilo minus et ex stipulatu ab heredibus patris et fideicommisso ab his quorum interest quasi debitorem conveniri posse, maxime post constitutionem divi Pii, quae hoc induxit. Ein Vater übertrug seinem emanzipierten Sohn sein gesamtes Vermögen, abgesehen von zwei Sklaven, durch eine nicht mortis causa vereinbarte Schenkung und ließ den Sohn durch eine Stipulation mit folgendem Wortlaut versprechen: „Im Hinblick auf die Sklaven und Grundstücke, die ich dir aufgrund einer Schenkung übergeben und übereignet habe, versprichst du: Es soll weder durch dich oder deine Arglist noch durch deinen Rechtsnachfolger geschehen, daß diese Sklaven und ihre Nachkommen und diese Grundstücke mit ihrem Zubehör oder das, was davon übrig sein wird – sofern nichts durch deine oder deines Rechtsnachfolgers Arglist, Betrug oder generell Zutun nicht mehr real vorhanden ist oder nicht mehr gewaltabhängig ist – mir, sofern ich noch lebe, oder demjenigen, den ich bestimmen werde, nicht zurückgegeben und erstattet werden, wenn ich es verlange oder du [vor mir] stirbst. So ließ es sich der Vater Lucius Titius versprechen, und der Sohn Lucius Titius hat es versprochen.“ Derselbe Vater verfaßte im Sterben ein Fideikommiß in Briefform an seinen Sohn mit den folgenden Worten: „Lucius Titius an seinen Sohn. Deiner geschuldeten Ehrerbietung gewiß, stelle ich es deiner Treue anheim, daß du diesem und jenem eine bestimmte Geldsumme leistest. Weiter möchte ich, daß mein Sklave Lucrio frei wird.“ Da der Sohn weder die bonorum possessio beantragte noch Erbe seines Vaters wurde, tauchte die Frage auf, ob er aufgrund des Briefes die Fideikommisse erfüllen und die Freiheit erteilen müsse. Das Gutachten lautete, wenngleich er weder Erbe sei noch die bonorum possessio beantragt habe und keinen einzigen Erbschaftsgegenstand besitze, so könne er aus der Stipulation von den Erben des Vaters und aus dem Fideikommiß von den Begünstigten gleichsam als Schuldner in Anspruch genommen werden, insbesondere nach der Konstitution des vergöttlichten Pius, die diese Rechtslage herbeigeführt hat.
Der Fall erinnert in seinem Ausgangspunkt stark an Papinian D. 39, 6, 42, 1. Beidemal ist ein filius emancipatus Begünstigter eines Geschäfts, das sich als eine Art vorweggenommener Erbfolge 242 bezeichnen ließe: Der Vater überträgt seinem emanzipierten filius bereits zu Lebzeiten schenkweise nahezu sein gesamtes Vermögen; lediglich zwei Sklaven behält er für sich (exceptis duobus servis). Wie die Eigentumsübertragung erfolgt, ist hier von untergeordneter Bedeutung; die Formulierung tradidi cessi könnte entweder traditio(nes) et in iure cessio(nes) bedeuten, oder das cedere ist ebenso wie in Papinian D. 39, 6, 42 pr. untechnisch zu verstehen und bezieht sich dann auf alle denkbaren Übereignungsgeschäfte; letzteres ist wahrscheinlicher 243. 242
Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet das Fragment Olzen, 13 f.
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Dem Sohn wird auf diese Art ermöglicht, schon vor Eintritt eines Erbfalles das väterliche Gut als Eigentümer im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung (sine dolo et fraude) zu bewirtschaften 244. Zugleich wird er davon abgehalten, Gegenstände gedankenlos zu veräußern, indem der Vater ihm die Rückforderung in Aussicht stellt und dieses Recht durch eine Stipulation absichert 245. Die Stipulation bezieht sich ihrem Wortlaut nach nicht auf das gesamte verschenkte Vermögen (bona sua universa), sondern nur auf Sklaven und Grundstücke (quae mancipia quaeque praedia). Dem Vater wird es genügt haben, sich deren Rückforderung zu sichern; deshalb mag er darauf verzichtet haben, alle weiteren Gegenstände in der ohnehin schon komplizierten Stipulationsurkunde zu nennen. Filius haftet nach der Stipulation auf Rückgewähr der Sklaven und Grundstücke – abzüglich dessen, was ohne sein Verschulden nicht mehr in seinem Vermögen ist – an den Vater oder, nach dessen Tod, an einen von ihm bestimmten Dritten (si vivam mihi aut cui ego volam). Die Herausgabepflicht erstreckt sich also nur auf das bei Bedingungseintritt tatsächlich Vorhandene, wobei außerdem für schuldhaft herbeigeführte Vermögensminderung gehaftet wird; insofern ist die Formulierung sehr weit, filius haftet nämlich auch für die Arglist des Rechtsnachfolgers 246. Der Rückgewähranspruch steht unter der Bedingung, daß entweder filius vorverstirbt (cum morieris) oder aber der Vater die Schenkung widerruft (cum ego volam). Im Gegensatz zum Papinianfall fr. 42, 1 sieht sich der Vater hier bei Vollzug der Schenkung offenbar noch nicht in Todesnähe; der Fortgang des Fragments im zweiten Teil (idem pater decedens) legt vielmehr nahe, daß zwischen dem Abschluß der Rückgewährvereinbarung und dem weiteren Geschehen einige Zeit verstrichen ist. Nunmehr auf dem Sterbebett, gibt der Vater dem filius fideikommissarisch auf, gewissen Personen eine Geldsumme zu zahlen und den Sklaven Lucrio freizulassen. Lucrio ist offenbar einer von den beiden Sklaven, die der Vater zurückbehalten hatte; jedenfalls bezeichnet der Vater ihn im Brief als servus meus 247, und dieser letzte Wille ist am besten für einen Sklaven 243
Wie oben 55 f. zu D. 39, 6, 42 pr. dargelegt, ist die in iure cessio Ende des zweiten Jahrhunderts schon längst nicht mehr üblich, vgl. Gaius 2, 25; wie hier Kaser, Rez. Sturm, 412 in Fn. 6. Für mancipatio und in iure cessio sprechen sich Lenel, Palingenesia II, Sp. 240 (Scaevola Nr. 68); Beseler, Fideicommissum, 264; Haymann, Schenkung, 153 in Fn. 1; Hellwig, 8 in Fn. 10; Knütel, Schenker, 260, aus. Es bleibt dann aber zu fragen, wozu die Parteien noch Manzipationen durchführen sollten, wenn sie schon den Weg zum Praetor (in iure cessio) auf sich genommen haben. 244 Überzeugend Hellwig, 9. 245 Vgl. dazu Knütel, Schenker, 263. 246 Zum Inhalt der Stipulation Finkenauer, Stipulation, 108 f. mit Fn. 87. 247 Haymann, Schenkung, 155 in Fn. 1, hält Lucrio dagegen für einen zum verschenkten Vermögen gehörigen Sklaven; ebenso im Ergebnis Windscheid / Kipp II, 299; Knütel,
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zu erklären, an dem der Vater ein besonderes Interesse hatte, etwa, weil er ihm bis zuletzt als Haussklave gedient hatte. Es spricht auch nichts dagegen, daß jemandem die Freilassung eines fremden Sklaven aufgegeben wird; der Beschwerte muß ihn dann erst erwerben 248. Der nach dem Tod des Vaters auf Erfüllung der Fideikommisse in Anspruch genommene filius streitet seine Verpflichtung damit ab, daß sein Erwerb nicht erbrechtlicher Art sei und die Fideikommisse daher unwirksam seien (cum filius patris nec bonorum possessionem acceperit nec ei heres exstiterit). Scaevola geht in seinem responsum über die Anfrage nach der Wirksamkeit der Fideikommisse hinaus: Das, worum ihn der Vater in der epistula gebeten habe, müsse der filius leisten; dabei spiele es keine Rolle, ob er etwas aus der Erbschaft erlangt habe (etsi neque hereditatem adisset neque bonorum possessionem petisset et nihil ex hereditate possideret); filius hafte sowohl den Erben als Stipulationsschuldner wie auch den Begünstigten aufgrund Fideikommisses (et ex stipulatu ab heredibus patris et fideicommisso ab his quorum interest quasi debitorem conveniri posse). Der Fall findet in der Literatur meistens wegen des darin enthaltenen fideicommissum a debitore relictum Beachtung 249; darauf ist im Zusammenhang mit der im Text genannten constitutio divi Pii zurückzukommen. Von besonderem Interesse ist hier freilich die Angabe, daß die Schenkung non mortis causa erfolgen solle (dazu 1); sie ist mit dem Umstand in Einklang zu bringen, daß filius gleichwohl nicht nur ex stipulatu (2), sondern auch ex fideicommisso (3) in Anspruch genommen werden kann, und das Verhältnis zwischen beiden Kla-
Schenker, 277. Man müßte dann annehmen, daß ihn der Vater nur deswegen meus nennt, weil er ihn aufgrund der Stipulation zurückfordern könnte. – Für Eigentum des Sohnes, wie hier vertreten: Christian Baldus, 177; Wacke, fideicommissum, 263; ders., exceptio doli, 42. 248 Nur wenn der Eigentümer nicht zum Verkauf des Sklaven bereit ist, erlischt die fideicommissa libertas. Gaius 2, 263 – 265: Libertas quoque servo per fideicommissum dari potest, ut vel heres rogetur manumittere vel legatarius. Nec interest, utrum de suo proprio servo testator roget an de eo, qui ipsius heredis aut legatarii vel etiam extranei sit. Itaque et alienus servus redimi et manumitti debet. quod si dominus eum non vendat, sane extinguitur fideicommissa libertas, quia hoc casu pretii computatio nulla intervenit. (Die Freiheit kann einem Sklaven auch durch Fideikommiß gewährt werden, so daß dem Erben oder Vermächtnisnehmer die Freilassung auferlegt wird. Es spielt keine Rolle, ob das der Testierende bezüglich seines eigenen Sklaven oder dem des Erben bzw. Vermächtnisnehmers selbst oder gar eines Dritten anordnet. Daher muß auch ein fremder Sklave freigekauft und freigelassen werden. Verkauft ihn aber sein Herr nicht, so erlischt freilich die fideikommissarische Freiheit, denn in diesem Fall kommt keine Berechnung des Wertes in Betracht). 249 Astolfi, legati I, 71; Beseler, Fideicommissum, 264 f.; Erxleben, 304 f.; Hellwig, 8 –12; Pacchioni, 409 ff., besonders 424 f.; Wacke, fideicommissum, 263 f.; Wesenberg, 58 –60; zu Unrecht als interpoliert beiseite gelassen von Santalucia, 154 in Fn. 88.
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gen (4) ist bedeutsam für die untersuchte Scheidelinie zwischen Rechtsgeschäften unter Lebenden und Verfügungen von Todes wegen. (1) Eine so sperrige Formulierung wie non mortis causa donare 250 wird ein Jurist nicht wählen, wenn sie keine besondere Bedeutung hat 251; offensichtlich war sie hier Teil der Parteivereinbarung. Pater und filius wollten die Zuwendung unbedingt als donatio inter vivos eingeordnet wissen 252. Das mußte eigens betont werden, weil die Auslegung der Rückgabestipulation sonst vermutlich das Gegenteil ergeben hätte: Allein die Vereinbarung irgendeiner Rückgabemodalität (ulla condicio redhibendi) legt eine donatio mortis causa nahe 253, wie oben anhand von Papinian D. 39, 6, 42, 1 gesehen. Nun handelt es sich bei den hier eingefügten aufschiebenden Verfallsbedingungen der Stipulation auch noch um die beiden möglichen und typischen Fälle der Rückforderung einer donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis 254: Die gemäß Gaius 3, 100 wirksame Bedingung cum morieris bedeutet Vorversterben des Beschenkten, und die Bedingung cum ego volam ist nichts anderes als die Vereinbarung eines für die donatio mortis causa typischen Reurechts 255. Wenn also die Parteien hier gleichsam eine perplexe Vereinbarung getroffen haben, muß es dafür handfeste Gründe geben. Sie sind auch hier in den erbrechtsbeschränkenden Gesetzen zu finden, denen die donatio mortis causa nach und nach unterworfen wurde 256. Ob die lex Falcidia eine Rolle spielte, läßt sich nicht sagen; wenn ihre Anwendung auf die donatio mortis causa mit Papinians Wirken in Verbindung zu bringen ist, wie dargelegt 257, dann erscheint es möglich,
250
Der Ausdruck taucht nur an wenigen Stellen auf, und dann fast immer in ausdrücklichem Gegensatz zur Schenkung, die auf den Todesfall bedingt ist; vgl. Inst. 2, 7 pr.: donationum autem duo genera sunt: mortis causa et non mortis causa; Ulpian D. 5, 2, 25 pr.: si non mortis causa fuerit donatum, sed inter vivos,...; Ulpian D. 39, 5, 7, 6: ...in ea condicione sunt, ut donare et mortis causa et non mortis causa possint...; Ulpian D. 50, 16, 65, 1: „Donationis“ verbum simpliciter loquendo omnem donationem comprehendisse videtur, sive mortis causa sive non mortis causa fuerit. 251 So zu Recht auch Stiegler, Rez. Olzen, 624. 252 Vgl. gl. Donavit ad h. l.: scilicet inter vivos sub modo. alias nulla esset quaestio. nam tam legatario quam donatario causa mortis potest legari; auch Knütel, Schenker, 266. 253 Manna, Delle sostituzioni fede-commissarie (1887), 51 ff. (mir nicht zugänglich), will wohl in dem Fall gar eine echte donatio mortis causa sehen; vorsichtig zustimmend („forse con ragione“) Ferrini, 84 in Fn. 1, der dann (85) ausweichend von einem „donatario per causa di morte“ spricht. 254 Vgl. Gaius D. 39, 6, 31, 2 und Ulpian D. 39, 6, 2; der dritte mögliche Rückforderungsgrund, Überstehen der konkreten Gefahr, kommt nur bei der donatio eines imminente periculo commotus in Betracht. 255 Zum Reurecht unten Kap. 5. 256 Zutreffend bereits Simonius, 99 mit Fn. 3. 257 Vgl. oben 35 ff.
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aber doch keineswegs sicher, daß Papinians Lehrer Scaevola die entsprechende constitutio Severi schon kannte 258. Möglicherweise hat auch die viel ältere lex Voconia (169 v. Chr.) im Wege gestanden, doch läßt sich dies nicht mit Gewißheit sagen. Sie verwehrte der oberen Vermögensklasse nicht nur die Erbeinsetzung von Frauen, sondern verbot es ausweislich Gaius 2, 226 auch, Nichterben mehr von Todes wegen zuzuwenden als Erben. Allerdings wird allgemein davon ausgegangen, die lex Falcidia habe die leges Furia et Voconia aufgehoben, soweit es um die Legatsbeschränkungen geht 259. Aus Gaius 2, 226 f. ist aber nicht ohne weiteres eine Aufhebung der lex Voconia zu folgern, vielmehr läßt sich der Text auch so lesen, daß die dort erwähnte lex Falcidia hinzugetreten ist, um die Mängel der lex Voconia zu beseitigen. War aber die lex Falcidia auf Schenkungen der hier vorliegenden Art noch nicht anwendbar, dann liegt eine subsidiäre Geltung der lex Voconia nicht fern. Sehr gut denkbar ist schließlich, daß die Inkapazitätsregeln der leges Iulia et Papia zu umgehen waren, die schon seit Vespasian, spätestens seit Hadrian auf die donatio mortis causa anwendbar waren 260; man braucht sich den filius hier also nur kinderlos zu denken, um die Vereinbarung non mortis causa zu erklären 261. (2) Überraschend ist das responsum mit seiner lakonischen Aussage, filius könne sowohl aus der Stipulation als auch aus den Fideikommissen belangt werden. Man möchte meinen, daß beides einander ausschließe: Entweder ist jemand Schuldner aus einem Rechtsgeschäft unter Lebenden, oder er hat etwas aus dem Nachlaß erlangt und kann deshalb auch mit einem Fideikommiß belastet werden. Hinzu kommt, daß es für den filius keineswegs dasselbe ist, ob er ex stipulatu oder ex fideicommisso haftet: Im ersten Fall nehmen ihn heredes patris mit der strengrechtlichen Klage in Anspruch, im zweiten Fall haftet er his quorum interest im Wege der cognitio extra ordinem auf Erfüllung der Fideikommisse nach Treu und Glauben 262. Dabei stellt sich vor allem das Problem, daß Stipulation und Fideikommiß ganz verschiedene Leistungen zum Gegenstand haben: Die Stipulation verpflichtet ihrem Wortlaut nach zur Rückgewähr von Grundstücken 258 Q. Cervidius Scaevola, vermutlich um 135 n. Chr. in Karthago geborenen, war seit 175 n. Chr. praefectus vigilum und in dieser Eigenschaft der vielleicht wichtigste juristische Berater Marc Aurels; seine Respondiertätigkeit reicht bis ca. 200 n. Chr., also noch einige Jahre in die Regierungszeit des Septimius Severus hinein. Vgl. Kunkel, Juristen, 217; Liebs, Handbuch IV, 114. 259 Kaser I, 684 mit Fn. 38, 756 mit Fn. 10; Steinwenter, Art. lex Voconia, Sp. 2428. 260 Zum diesbezüglichen Senatusconsultum (Ulpian D. 39, 6, 35 pr.) vgl. oben 43 mit Fn. 122 f. 261 Erwogen auch von Hellwig, 9 in Fn. 11. 262 Kaser I, 759: besonders weiter Spielraum bei Auslegung der Fideikommisse; vgl. auch Kaser / Hackl, 452.
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und Sklaven; das Fideikommiß verlangt bestimmte Geldzahlungen sowie eine Freilassung. Was hat dann aber die Haftung ex stipulatu mit der Anfrage (an ex epistula fideicommissa et libertatem praestare debeat) zu tun? Zunächst: Wenn Scaevola die Haftung aus der Stipulation bejaht, belegt das deren Vererblichkeit 263. Die Stipulation begründete nach ihrem Wortlaut aber noch keinen konkreten Rückforderungsanspruch, sondern nur einen generellen Rückforderungsvorbehalt; sie mußte gleichsam noch aktiviert werden 264. Es ist nun nicht anzunehmen, daß auch die Befugnis, den Inhalt des Rückforderungsanspruches zu bestimmen, vererblich sein sollte; die Klausel cum ego volam ... si vivam mihi aut cui ego volam reddantur restituantur legt vielmehr nahe, daß der Vater das Designationsrecht 265 ausschließlich sich selbst vorbehalten wollte. Mit der weit gefaßten Rückgabestipulation behielt er sich das Recht vor, den Verbleib seines Vermögens gerade auch für den Todesfall zu bestimmen: si vivam mihi; [me moriente] cui ego volam. Wäre mit cui ego volam nicht gerade an den Todesfall gedacht, dann wäre auch das vorherige si vivam mihi überflüssig, die Klausel hätte einfach lauten können: mihi aut cui ego volam. So werden aber mit aut deutlich zwei mögliche Fälle unterschieden; den letzteren sieht der Vater vor, um für den Todesfall eine Begünstigung anordnen zu können, die von den Erben nicht mehr widerrufen werden kann 266. Offensichtlich geht Scaevola davon aus, daß der Vater sein Designationsrecht ausgeübt hat, und zwar mit der epistula 267. Ausweislich der Anfrage betrifft der Streit aber gerade die Erfüllung der Fideikommisse (an ex epistula fideicommissa et libertatem praestare debeat). Ein direkter Zusammenhang zum Fall besteht daher nur, wenn die Stipulation den Sohn zur Leistung nach Maßgabe der epistula verpflichtet 268. Was die Adressaten der Begünstigung betrifft, läßt sich das auf263
Die stipulatio doli ist aktiv und passiv vererblich, vgl. ausführlich Finkenauer, Stipulation, 108 – 111 (auch in Bezug auf den Fall Scaevola D. 32, 37, 3); zu Unrecht bestritten von Beseler, Fideicommissum, 265, und ihm folgend Wesenberg, 60. Die von Beseler angeführte Stelle Julian D. 45, 1, 56, 4 besagt nichts für das Erlöschen der Stipulation in unserem Fall: Dort war eine Rente in der Form ‚decem, quoad vivam, dari spondes?‘ stipuliert, das Erlöschen mit dem Tod des stipulator also ausdrücklich vereinbart. – Wesenberg meint irrig, die Stipulation müsse jedenfalls erloschen sein, „soweit die auf ein Tun gerichtete Freilassungsverpflichtung in Frage stand“; vgl. dagegen zur Vererblichkeit der stipulatio in faciendo Finkenauer, Stipulation, 34 ff. Außerdem war die Freilassungspflicht hier nicht Gegenstand der Stipulation, sondern des Fideikommisses. 264 Treffend Knütel, Schenker, 262. 265 So bezeichnet von Haymann, Schenkung, 155 in Fn. 1. 266 Bähr, 171 f., 173. 267 Nicht überzeugend deshalb Beseler, Fideicommissum, 265: „der Vater hat sein Forderungsrecht nicht ausgeübt“; anders mit Recht Hellwig, 9 („partiell“); Windscheid / Kipp II, 298. 268 Anderenfalls wäre davon auszugehen, daß die Wirksamkeit der Stipulation ohne Bezug zur konkreten Anfrage nur erwähnt wird, weil sie ihrerseits als Voraussetzung
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grund des Stipulationswortlautes zwanglos bejahen: Die Klausel cui ego volam begründet einen Anspruch des Gläubigers auf Leistung an einen Dritten im Sinne eines unechten Vertrages zugunsten Dritter 269; und hat der Vater einmal sein Designationsrecht ausgeübt, geht der Anspruch auf Leistung an Dritte auf seine Erben über. Was den Leistungsgegenstand angeht, kommt man dahin allerdings nur mit einer freieren Auslegung der Stipulation: Wenn es dem Vater danach freistand, alle Sklaven und Grundstücke jederzeit zurückzufordern und er dann in der epistula lediglich die Zahlung bestimmter Geldsummen und die Freilassung eines Sklaven anordnet, hat er die Schenkung widerrufen, soweit es zur Erfüllung der Fideikommisse erforderlich ist 270. Scaevola bejaht also die Möglichkeit, per Fideikommiß ein inter vivos vereinbartes Rückforderungsrecht auszuüben, und begründet so mit Hilfe eines erbrechtlichen Instrumentes die Haftung aus einer unter Lebenden getroffenen Vereinbarung. In dieser Doppelrelevanz liegt, ähnlich wie im Fall der Seia (Papinian D. 39, 6, 42 pr.), die besondere Pointe des Falles. (3) Geradezu paradox erscheint auf den ersten Blick die Begründung der Haftung aus dem Fideikommiß: et fideicommisso ab his quorum interest quasi debitorem conveniri posse, der filius könne fideikommißrechtlich „wie ein Schuldner“ in Anspruch genommen werden 271. Diese Aussage ist in der Literatur lebhaft diskutiert worden. Das Problem ist nicht, daß danach der Sklave selbst seine Freiheit soll erzwingen können – er gehört schließlich zu hi quorum interest und folglich zu den Klagebefugten (convenire); vor dem Hintergrund der Senatusconsulta zur Durchsetzung einer fideicommissaria libertas, die schon in die Zeit vor Mark Aurel fallen 272 und also dessen Konsiliar Scaevola geläufig waren, läßt sich das gut erklären. Die Diskussion setzt vielmehr bei der Frage an, wieso dem Sohn überhaupt Fideikommisse auferlegt werden konnten 273. Ausgehend vom Testamentserben kann bald der Intestaterbe 274, Legatar und Fideikommissar 275 und schließlich eines wirksamen Fideikommisses angesehen wird. Dagegen spricht aber, daß Scaevola den Erben des Vaters ausdrücklich eine eigene Klage aus der Stipulation einräumt; und diese Klage kann keinen anderen Inhalt haben als den in der epistula vorgesehenen. 269 Vgl. Windscheid / Kipp II, 298; zum Problem der nachträglichen Benennung des Dritten eingehend Knütel, Schenker, 268 – 273. 270 Zutreffend Knütel, Schenker, 267. 271 Quasi debitorem kann sich nur auf die Haftung ex fideicommisso beziehen, nicht auch auf Haftung ex stipulatu; es wäre sinnlos zu sagen: Der Stipulationsschuldner kann „gleichsam als Schuldner“ in Anspruch genommen werden. 272 Pomponius D. 40, 5, 44; Kaser / Hackl, 452 und Kaser I, 295 mit II (Nachtrag), 585; Impallomeni, 78 – 96. 273 Nicht belegbar ist die Ansicht Di Paolas, donatio, 222, der Donatar habe sich hier durch Stipulation zur Erfüllung eines eventuellen Fideikommisses verpflichtet. Der im Text wörtlich wiedergegebene Stipulationsinhalt läßt keine Bezugnahme auf ein Fideikommiß erkennen.
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auch der Donatar mortis causa 276 beschwert werden; allen ist gemeinsam, daß sie etwas aus dem Nachlaß erhalten haben 277, was sich hier vom filius nicht sagen läßt. Scaevola macht aber überdeutlich, daß es hier auf eine Bereicherung aus der Erbschaft nicht ankomme: etsi neque hereditatem adisset neque bonorum possessionem petisset et nihil ex hereditate possideret 278. Für die Wirksamkeit des Fideikommisses finden sich zwei Begründungsansätze: α) Schröter meint, die Möglichkeit, einen Donatar mortis causa mit einem Fideikommiß zu belasten, sei eine Folge ihrer Widerruflichkeit; jede widerrufliche Schenkung könne, wie Julian D. 30, 96, 4 279 und Scaevola D. 32, 37, 3 zeigten, Grundlage eines Fideikommisses sein 280, denn ein Fideikommiß sei nichts anderes als ein partieller Widerruf der Schenkung. Savigny sieht die Entwicklung umgekehrt: Der filius im fr. 37, 3 könne beschwert werden, weil seine Stellung der eines Donatars mortis causa ähnlich sei; die Bedeutung der in Bezug genommenen Piuskonstitution liege gerade in der Erstreckung der Fideikommißregeln auf die widerrufliche donatio inter vivos 281. Die Entwicklung des Fideikommißrechts scheint das eher zu bestätigen, denn es ist nicht zu bestreiten, daß der Erwerb von Todes wegen stets Grundlage der Wirksamkeit des Fideikommisses war. Zudem ist es leicht vorstellbar, daß sich, nachdem die für Umgehungsgeschäfte zu Lasten der Erben und Nachlaßgläubiger beliebte donatio mortis causa den Inkapazitätsregeln der lex Iulia sowie der lex Falcidia unterstellt worden war 282, ein ähnliches Bedürfnis für die wiederum als Umgehungsgeschäft genutzte donatio inter vivos ergab. β) Entschiedenen Widerspruch hat Savigny von Erxleben 283 erfahren: Die Entscheidung Scaevolas gehe keineswegs von der Ähnlichkeit der hier in Rede stehenden Schenkung mit einer donatio mortis causa aus, sondern der Sohn werde ausschließlich als Stipulationsschuldner in Anspruch genommen. Dem haben 274
Gaius 2, 270. Gaius 2, 271. 276 Papinian D. 31, 77, 1. 277 Zum ganzen Kaser I, 758 f. 278 Das hebt auch Christian Baldus, 177, zu Recht hervor. – Ohne plausible Begründung meint Wesenberg, 59, in einem nicht überlieferten Teil der Entscheidung könne gestanden haben, daß filius „vielleicht nur mittelbar“ doch etwas aus der Erbschaft erlangt habe. 279 Dort sagt Julian: Derjenige, dem ein statuliber nach dem Willen des Testators eine Summe zu zahlen habe, könne per Fideikommiß zur Herausgabe des Geldes an einen Dritten verpflichtet werden, denn schließlich hätte der Testator ebenso den Sklaven unbedingt freilassen und somit die Bedingung der Geldzahlung vernichten können. 280 Schröter, 116 f. 281 Savigny, System IV, 275. 282 Vgl. z. B. Paulus D. 39, 6, 35; dazu Savigny, System IV, 268. 283 Erxleben, 304 f. 275
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sich etwa Bähr 284 und Hellwig 285 angeschlossen. Erxleben hat die Entscheidung Scaevolas mit dem Ulpianfragment D. 30, 77 in Verbindung gebracht, und es ist seitdem allgemein anerkannt, daß es sich in beiden Stellen um dieselbe constitutio Pii handelt 286: D. 30, 77 Ulpianus libro quinto disputationum Si pecunia fuit deposita apud aliquem eiusque fidei commissum, ut eam pecuniam praestet, fideicommissum ex rescripto divi Pii debebitur, quasi videatur heres rogatus remittere id debitori: nam si conveniatur debitor ab herede, doli exceptione uti potest: quae res utile fideicommissum facit. quod cum ita se habet, ab omni debitore fideicommissum relinqui potest. Wenn Geld bei einem [Schuldner] hinterlegt worden und ihm fideikommissarisch auferlegt worden war, dieses Geld [einem Dritten] zu leisten, so wird das Fideikommiß einem Reskript des vergöttlichten Pius gemäß geschuldet werden, und der Erbe scheint gleichsam gebeten zu sein, die Summe dem Schuldner zu erlassen. Denn wenn der Schuldner vom Erben in Anspruch genommen wird, so kann er sich der exceptio doli bedienen. Aus diesem Grund ist das Fideikommiß wirksam. Weil es sich damit so verhält, kann jedem Schuldner ein Fideikommiß auferlegt werden.
Nicht von ungefähr gehört dieses Fragment zur problematischen Literatur, zu den disputationes Ulpians, denn der Fall behandelt schwierige Fragen einer Vereinbarung zugunsten Dritter auf den Todesfall 287: Ein in der Stelle nicht genannter Erblasser hinterlegt eine Summe bei einem Verwahrer (pecunia fuit deposita), der im Hinblick auf seine Rückgewährpflicht hier debitor genannt wird; man kann etwa an einen Bankier denken 288. Der Erblasser gibt dem debitor durch Fideikommiß die Herausgabe des Geldes an einen Dritten auf und begründet so ein eigenes Forderungsrecht des Bedachten. Er erreicht damit ein ähnliches Ergebnis wie das geltende Recht mit dem echten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall gemäß §§ 328, 331 BGB 289. Ein Reskript des Antoninus Pius hat die Wirksamkeit dieses Fideikommisses bestätigt, wie Ulpian mitteilt. Die Verallgemeinerung Ulpians: quod cum ita se habet, ab omni debitore fideicommissum relinqui potest, hat dieser Konstruktion ihren Namen gegeben: fideicommissum a debitore relictum. Seine Besonderheit liegt darin, daß es nicht 284
Bähr, 171 f., 173. Hellwig, 10 f. 286 Vgl. nur Müller-Eiselt, 312. 287 Ausführlich mit der Stelle befassen sich: Astolfi, legati I, 70 –72; Hellwig, 1 –7; Pacchioni, 409 ff., besonders 422 f.; Santalucia, 151 – 157; Wacke, fideicommissum, insb. 258 – 263. 288 Wacke, fideicommissum, 258. 289 Man denke etwa an die Fälle, in denen der Erblasser ein Sparguthaben anlegt, das nach seinem Tod dem Bedachten auszuzahlen ist. 285
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
einem erbrechtlich Begünstigten, sondern dem Schuldner einer inter vivos begründeten Forderung auferlegt wird. Ulpian ordnet die Erscheinung gleichwohl zwanglos ins Fideikommißrecht ein: Die Anordnung wird gedanklich in zwei Fideikommisse zerlegt, ein den debitor von seiner Schuld gegenüber den Erben befreiendes (Ober-)Fideikommiß (quasi videatur heres rogatus remittere id debitori) und ein den debitor belastendes (Unter-)Fideikommiß zugunsten des Dritten 290; letzteres ist wirksam (quae res utile fideicommissum facit) 291, weil debitor zugleich eine exceptio doli gegen den Erben erhält 292. Mit dieser Begründung läßt sich auch ein erbrechtlicher Erwerb (mortis causa capere) bejahen 293, die Konstruktion bricht also nicht mit diesem wichtigen Grundsatz des Fideikommißrechts. Das Piusreskript hat einen wichtigen Vorläufer in Julian / Afrikan D. 30, 108, 13. 14, worauf hier nicht näher einzugehen ist 294. Die entscheidende Neuerung des Reskripts liegt darin, daß es dem Drittbegünstigten auf fideikommißrechtlichem Weg einen Direktanspruch gegen den debitor gewährt 295. Vor dem Hintergrund dieser constitutio Pii ist es zu erklären, daß Erxleben und seine Gefolgschaft 296 in fr. 37, 3 die Inanspruchnahme des filius stipulati290
Dazu die Ausführungen von Wacke, fideicommissum, 259 –261. Gegen die Verdächtigung des Schlußteils bei De Villa, liberatio, 85, mit Recht Astolfi, legati I, 72 in Fn. 70. 292 Wesenberg, 57, hält die Einleitung des Satzes mit nam (statt igitur) zu Unrecht für „fehlerhaft“; dagegen zutreffend Wacke, fideicommisum, 262 f. – Santalucia, 151 f. mit Fn. 82, hält den ganzen Teil nam si conveniatur debitor ab herede, doli exceptione uti potest für ein Glossem; seiner Meinung nach kann quasi videatur heres rogatus remittere nur im Sinne einer Verpflichtung des Erben zu einem Schulderlaß verstanden werden. Ihm ist immerhin zuzugeben, daß remittere kaum je in Verbindung mit einer exceptio gebraucht wird; vgl. aber doch zumindest Paulus D. 46, 2, 12, wo mit remittere exceptionem videtur der Verzicht eines Schuldners auf eine Einrede bezeichnet wird. Seine Interpolationsbehauptung überzeugt aber vor allem deshalb nicht, weil es im Text mit gutem Grund quasi videatur heißt: Dem Erben wird eben, wie aus dem Text deutlich hervorgeht, gerade keine positive Pflicht zur Vornahme eines Schulderlasses auferlegt; aber aus prozessualer Sicht wird mit der exceptio eben dieses Ergebnis erzielt, weshalb die Erklärung Ulpians nicht zu beanstanden ist (vgl. auch Astolfi, legati I, 71). Wie nahe exceptio doli und acceptilatio in solchen Fällen beieinander liegen, zeigt übrigens Scaevola D. 32, 37, 4; dazu unten 155 ff. 293 Diesen will Hellwig, 7, nicht wahrhaben, wenn er die Fideikommißlösung als „völlig verfehlt[en]“ „Versuch Ulpians“ abtut, der „sich anderen missglückten Konstruktionen würdig anschliesst“. Dem wird man sich kaum anschließen können; kritisch mit Recht Windscheid / Kipp II, 298. 294 Vgl. zur Stelle Astolfi, legati I, 69; Ferrini, 83 f.; Hellwig, 4 f.; Knütel, Schenker, 273 f.; Pacchioni, 418 f.; Santalucia, 155; Wacke, fideicommissum, 259 f. 295 Das betont Müller-Eiselt, 312, zu Recht. – Daß Hellwig, 7, 16, die Konstruktion in D. 30, 77 und D. 32, 37, 3 nicht als Verbindung zweier Fideikommisse anerkennen will, sondern auf einem echten Vertrag zugunsten Dritter [unter Lebenden] beharrt, beruht offensichtlich auf seinem Bemühen, das Regelungskonzept der §§ 328, 331 BGB in die Tradition des klassischen römischen Rechts zu stellen. Gegen dessen Auffassung ausführlich Pacchioni, 409 – 431, insb. 425; Wacke, fideicommissum, 261. 291
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onsrechtlich und nicht erbrechtlich verstanden wissen wollen: Der von Ulpian referierte Musterfall läßt sich als eine Art Anweisungsverhältnis bzw. Vertrag zugunsten Dritter verstehen, und so kann mutatis mutandis auch der ScaevolaFall gelöst werden; Ulpians debitor entspricht dem filius bei Scaevola, in beiden Fällen hat der Gläubiger – der dann als Erblasser und Fideikommittent in Erscheinung tritt – einen Dritten bedacht, statt Rückgewähr seiner Leistung an sich selbst zu verlangen. Haymann 297 hat die auf das Reskript gestützte Lehre Erxlebens wie folgt präzisiert: Der filius sei fideikommissarisch insoweit begünstigt (und könne dadurch auch belastet werden), als der Vater in dem Brief von seinem Designationsrecht nur im Hinblick auf bestimmte Gegenstände Gebrauch gemacht habe und dem filius durch Nichtnennung der übrigen Gegenstände unwiderrufliches Eigentum daran verschafft habe. Der fideikommißrechtlich relevante Erwerb des filius ist danach stillschweigend erfolgt. Diese Vorstellung der gleichsam gegenständlichen Trennung beider Fideikommisse liegt auch dem im fr. 37 unmittelbar nachfolgenden Fall § 4 zugrunde, auf den später zurückzukommen ist 298. Der Unterschied liegt darin, daß nach Haymanns Auffassung beide Fideikommisse direkt die Erben belasten: das eine hinsichtlich all dessen, was filius behalten darf, das andere bezüglich all dessen, was der filius an die ausdrücklich im Brief Bedachten leisten soll. Dagegen geht das Reskript nach D. 30, 77 davon aus, daß ein Oberfideikommiß die Erben belastet und den Schuldner befreit, ein anderes Unterfideikommiß den Schuldner belastet und den Dritten begünstigt. γ) Die beiden Erklärungsmodelle unterscheiden sich nicht grundlegend; insofern entbehrt der Vorwurf gegen Savigny, er habe die Bedeutung der Stelle verkannt 299, einer Grundlage. Ob man in der Belastung des filius mit Fideikommissen eine Annäherung der widerruflichen donatio inter vivos an die donatio mortis causa sieht oder auf die Anwendung des fideicommissum a debitore relictum abstellt, ist nur façon de parler. Die beiden Institute sind einander so nahe, daß sie sich mitunter kaum unterscheiden lassen 300. Dies zeigt die einfache Überlegung, daß sich der Donatar mortis causa immer auch als debitor einer aufschiebend bedingten Forderung begreifen läßt; der Schenker braucht nur zu widerrufen, um eine condictio entstehen zu lassen 301. Es läßt sich auch kaum Schröters Auffassung widersprechen, wonach in einem Fideikommiß zu Lasten des Beschenkten jedenfalls der Sache nach ein partieller Widerruf der Schenkung liegt. Demzufolge ist ein fideicommissum ab eo cui mortis causa donatum 296 297 298 299 300 301
Insb. Hellwig, 10 f. Haymann, Schenkung, 155 in Fn. 1. Dazu unten 155 ff. Hellwig, 10; der Sache nach schon Erxleben, 305. Das zeigt sich besonders im Fall Ulpian D. 32, 3 pr.; dazu unten 123 ff. Vgl. nur Julian D. 39, 6, 16 und Ulpian D. 39, 6, 30; ausführlich unten, Kap. 5 II.
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est nichts anderes als ein bestimmtes fideicommissum a debitore relictum 302, und es ist kein großer Gegensatz, ob man die Fideikommißlösung in fr. 37, 3 der einen oder anderen Konstruktion zuordnet. (4) Schließlich ist zu fragen, in welchem Verhältnis die Haftung ex stipulatu und die Haftung ex fideicommisso stehen. Wie oben (2) erläutert, ergibt sich die Haftung ex stipulatu nicht unmittelbar aus der Stipulationsurkunde, sondern wird inhaltlich bestimmt durch die epistula, mit der der Vater sein Designationsrecht ausgeübt hatte. Im Ergebnis haftet filius aus zwei Gründen auf Erfüllung der Fideikommisse; den Erben des Vaters aus der Stipulation, den Begünstigten aus dem Fideikommiß. Warum wird die Haftung doppelt begründet? Soweit es um die Freilassung des Sklaven Lucrio geht, hat die Klage der Erben ex stipulatu ihren guten Sinn. Zwar könnte Lucrio aufgrund des Fideikommisses selbst den praetor fideicommissarius anrufen, um seine Freilassung durchzusetzen 303, doch konnten die Erben aufgrund der Stipulation auch ihrerseits den filius zwingen, daß er ihnen den Sklaven abkauft und freiläßt 304. Damit hatten die Erben ein eigenes Instrument in der Hand, um den Erblasserwillen durchzusetzen. Im übrigen liegt aber die wesentliche Bedeutung der Stipulation nicht darin, daß sie ein eigenes Recht der Erben auf Leistung an Dritte begründet. Entscheidend ist vielmehr, daß mittels der Stipulation die eigentlich unwiderrufliche donatio inter vivos zu einer widerruflichen Schenkung und damit letztlich zu einer donatio mortis causa wird, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet wird. Damit aber ist sie taugliche Grundlage eines Fideikommisses, und darauf kommt es hier an. Danach spricht viel dafür, daß Scaevola auch ohne die Anwendung des Piusreskripts zur Wirksamkeit der Fideikommisse gekommen wäre 305. Schließlich deutet auch die Formulierung maxime post constitutionem divi Pii darauf hin, daß die Konstruktion des fideicommissum a debitore relictum nicht die alleinige Begründung für die Entscheidung ist 306. Scaevola wird seine Entscheidung schon deshalb nicht allein auf das Reskript gestützt haben, weil die Fälle D. 30, 77 und D. 32, 37, 3 nicht völlig identisch sind. Ging es nämlich in dem durch das Reskript entschiedenen Fall darum, daß ein inhaltlich bestimmter 302
In der Sache ähnlich: Ferrini, 85 f.; zu Unrecht leugnet das Simonius, 71, was freilich von seiner unrichtigen Prämisse, die klassische donatio mortis causa habe kein Reurecht gekannt, aus konsequent ist. 303 Pomponius D. 40, 5, 44. 304 Auch aus diesem Grund liegt die Annahme näher, daß Lucrio einer der beiden zurückbehaltenen Sklaven war und nicht bereits dem filius gehörte. 305 Zu Recht Christian Baldus, 177 f.; Knütel, Schenker, 277. 306 Der Schluß entbehrt demnach entgegen Haymann, Schenkung, 155 in Fn. 1, keineswegs der Logik. Vgl. zu maxime rell. auch die überzeugenden Ausführungen von Christian Baldus, 177 f. („generische Unterstreichung“).
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Anspruch gegen den debitor lediglich durch Fideikommiß auf einen Drittbegünstigten „umgeleitet“ wird, hat in dem hier entschiedenen Fall die epistula fideicommissaria dem aus der Stipulation begründeten Anspruch erst seinen konkreten Inhalt gegeben. Die tragende Erwägung des Reskripts, der debitor könne zugunsten des Dritten beschwert werden, weil er zugleich hinsichtlich der an den Dritten zu erbringenden Leistung eine exceptio doli gegen die Erben des Gläubigers bekommt, taugt für den von Scaevola zu entscheidenden Fall nur eingeschränkt. Das Piusreskript hatte letztlich nur das Problem einer fideikommissarisch angeordneten „Auswechselung“ der Gläubiger zu lösen, während es bei Scaevola um die weitergehende Frage einer Konkretisierung des Leistungsgegenstandes durch Fideikommiß geht. Deshalb wendet der Jurist das Reskript nur entsprechend an 307. (5) Mit dem lückenlosen Schutz der fideikommissarisch Bedachten setzt die Entscheidung konsequent den Willen des Vaters um, der hier Schenker und Erblasser war. Die Vereinbarung einer donatio non mortis causa mit dem Sohn – wie gesehen, nachgerade eine falsa demonstratio – verfolgte hier den legitimen Zweck einer vorweggenommenen Erbfolge. Wenn der filius aber aufgrund der Rückgabestipulation einem Donatar mortis causa gleichsteht, dann kann er auch mit Fideikommissen belastet werden. Davon läßt sich der Jurist auch dann nicht abbringen, wenn die Verfügung den Namen einer Schenkung unter Lebenden trägt. 4. Paulus D. 31, 87, 4 und die Einführung der querela inofficiosae donationis Schließlich ist auf ein interessantes Paulus-Fragment einzugehen, das in der Literatur wenig Beachtung gefunden hat 308: D. 31, 87, 4 Paulus libro quarto decimo responsorum Lucius Titius cum haberet quinque liberos, universos emancipavit et in unum filium Gaium Seium amplissimas facultates donationibus contulit et modicum sibi residuum servavit et universos liberos cum uxore scripsit heredes: in eodem testamento duas possessiones, quas retinuerat, eidem Gaio Seio praelegavit et ab eo petit, ut ex reditibus praediorum, quae vivus ei donaverat, Maeviae filiae tot aureos daret, item alteri fratri alios tot: conventus a Maevia sorore sua legem Falcidiam implorat. quaero, cum sanctissimus imperator, ut supra scriptum est, contra voluntatem donantis ea quae donata sunt revocari praeceperit, an 307
264.
Zur Bedeutung der Wendung post constitutionem divi Pii Wacke, fideicommissum,
308 Vgl. aber Mühlenbruch, in: Glück, ad h. l., § 1421 g, Band 36, 46 –50, und den Aufsatz von Krüger, Schenkung, besonders 93 f., sowie die Monographie von Zoz de Biasio, 80 – 89 und passim, die sich eingehend mit dem Text auseinandersetzt; lediglich unter formalen Gesichtspunkten behandelt die Stelle Frezza, 227 f.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
Gaius Seius compellendus sit secundum voluntatem patris ex donationibus fideicommissum praestare heredi sororis. Paulus respondit post litteras imperatoris nostri dubitari non oportere, quin in hac quoque specie, de qua quaeritur, subveniendum sit liberis, quorum portio in unum filium donationibus collatis imminuta est, praesertim cum imperator noster contra voluntatem patris subvenerit, in proposita autem causa etiam voluntas patris pro his qui fideicommissum petunt intercedit. sed si 309 Falcidia lex intercedat, fideicommissa in solidum esse praestanda propter immodicarum donationum rationem. Lucius Titius hatte fünf Kinder; er emanzipierte sie alle und übertrug einem Sohn, Gaius Seius, äußerst umfangreiches Vermögen durch Schenkungen. Für sich selbst behielt er nur einen bescheidenen Rest zurück und setzte alle Kinder sowie seine Frau zu Erben ein. In demselben Testament wandte er eben diesem Gaius Seius durch Vorausvermächtnis zwei Grundstücke zu, die er zurückbehalten hatte, und erlegte ihm auf, daß er aus den Nutzungen der Grundstücke, die er [der Vater] ihm zu Lebzeiten geschenkt hatte, der Tochter Maevia eine Anzahl Goldmünzen geben solle, desgleichen einem anderen Bruder eine andere Anzahl. Als Gaius Seius von seiner Schwester Maevia in Anspruch genommen wird, beruft er sich auf die lex Falcidia. Da unser heiligster Kaiser, wie oben geschrieben, verordnet hat, daß das Geschenkte gegen den Willen des Schenkers zurückgefordert wird, frage ich, ob Gaius Seius zu zwingen ist, dem Erben der Schwester dem Willen des Vaters gemäß das Fideikommiß aus der Schenkung zu leisten. Paulus antwortete, nach den Worten unseres Kaisers sei kein Zweifel angebracht, daß auch bei der hier streitgegenständlichen Art den Kindern geholfen werden müsse, deren Anteil durch die zugunsten eines Sohnes vollzogenen Schenkungen geschmälert worden ist, zumal da unser Kaiser (sogar) gegen den Willen des Vaters geholfen hat, im vorliegenden Fall aber sogar der Wille des Vaters für die streite, die die Fideikommisse einfordern. Falls aber die lex Falcidia eingreife, so seien die Fideikommisse wegen des Umfangs 310 der übermäßigen Schenkungen ungeschmälert zu leisten.
Der Sachverhalt ist dem soeben besprochenen Fragment Scaevola D. 32, 37, 3 311 sehr ähnlich: Ein Erblasser hatte sämtliche Kinder und seine Frau zu Erben eingesetzt, jedoch das Erbrecht praktisch dadurch ausgehöhlt, daß er nahezu sein gesamtes Vermögen zu Lebzeiten dem Sohn Gaius Seius schenkweise übertragen hat (Gaium Seium amplissimas facultates donationibus contulit et modicum sibi residuum servavit). Anders als im Fall Scaevola D. 32, 37, 3 wird keinerlei Rückgabevereinbarung getroffen, man wird also von donationes inter vivos auszugehen haben 312. Im Testament hat der Testator außerdem demselben Gaius zwei Grundstücke 313 durch Prälegat zugewendet 314 (duas possessiones, quas re309
Mommsen: [sed si] . Zur Bedeutung von ratio als Summe: Georges, s. h. v., I B 2; wie hier übersetzen Tom Braun, in: Watson, Digest („extent“), und L. de Light / J. E. Spruit, in: Spruit et al. („omvang“). 311 Diesen Zusammenhang sieht Gothofredus, ad D. 31, 87, 4, nota 19. 312 So schon ausdrücklich Odofredus, ad h. l., in: Lectura super infortiato II, 40 r; vgl. auch den Casus von Vivianus, abgedruckt in der accursischen Glosse, ad h. l. [zur späteren Aufnahme der Casus in die Glosse vgl. Lange I, 369 f.], und die Übersetzung von Hulot, in: Hulot et al., Corps de droit. – Das belegt allerdings nicht schon vivus 310
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tinuerat, eidem Gaio Seio praelegavit). Zwei weitere Kinder hat er durch Fideikommisse zu Lasten des Gaius bedacht (ab eo petit, ut ex reditibus praediorum, quae vivus ei donaverat, Maeviae filiae tot aureos daret, item alteri fratri alios tot). Die Fideikommisse sollen nicht etwa auf dem Erbteil des Gaius, sondern auf den von ihm empfangenen Schenkungen lasten (ut ex reditibus praediorum, quae vivus ei donaverat, Maeviae filiae tot aureos daret). Der auf Erfüllung des Fideikommisses klagenden Schwester Maevia gegenüber beruft sich Gaius auf die lex Falcidia. Offenbar verstirbt Maevia während des Prozesses, denn Paulus wird die Frage vorgelegt, ob Gaius das Fideikommiß ihrem Erben leisten müsse 315 (an Gaius Seius compellendus sit [...] fideicommissum praestare heredi sororis). Er bejaht die Haftung aus dem Fideikommiß unter Berufung auf ein kaiserliches Reskript. Eine Beschränkung der Haftung aufgrund der lex Falcidia komme nicht in Betracht (si Falcidia lex intercedat, fideicommissa in solidum esse praestanda). (1) Der Fall ist das erste Zeugnis der von Severus Alexander eingeführten querela inofficiosae donationis. Paulus bezieht sich ausdrücklich auf das im vorangehenden § 3 behandelte kaiserliche Reskript (quaero, cum sanctissimus imperator, ut supra scriptum est, contra voluntatem donantis ea quae donata sunt revocari praeceperit) 316. Der Kaiser hatte dort angeordnet, daß die Schenkungen, mit denen eine Erblasserin den Nachlaß ausgehöhlt hatte, zurückgefordert werden, um den Erben zu ihrem Recht zu verhelfen: D. 31, 87, 3 Paulus libro quarto decimo responsorum Imperator Alexander Augustus Claudiano Iuliano praefecto urbi. „Si liquet tibi, Iuliane carissime, aviam intervertendae inofficiosi querellae patrimonium suum donationibus in nepotem factis exinanisse, ratio deposcit id, quod donatum est, pro dimidia parte revocari“.
ei donaverat, die untechnische Bezeichnung spricht ebensowenig für eine donatio inter vivos, wie moriens in Papinian D. 39, 6, 42, 1 auf eine donatio mortis causa hinweist. Hier fehlt indes jeder Hinweis auf die Bedingung mortis causa. 313 Zur Bedeutung von possessio im Sinne von Grundstück vgl. Heumann / Seckel, s. v. possidere, e). 314 Dies zu allem Überfluß: quasi satis non habuisset Cajo dedisse amplissimas facultates inter vivos, wie Cuiacius, ad D. 31, 87, 3 (opera VII, Sp. 1281 B), gleichsam entrüstet bemerkt; das Prälegat als solches bedeutet freilich, anders als das Präzeptionslegat, keine Bevorzugung, denn jenes wird auf das Erbteil des Begünstigten angerechnet und hat insoweit eher nur die Funktion einer Teilungsanordnung; vgl. dazu Wimmer, 5 f.; Kaser I, 748. 315 Da Maevia hier den dies cedens selbst erlebt hat – sie prozessiert nach dem Tod des Vaters gegen den Bruder –, war das Fideikommiß auch vererblich, vgl. Kaser I, 752 und 760. 316 Zum Fragment insgesamt Zoz de Biasio, 80 ff.; zur Anwendung des Reskripts auf den hier besprochenen § 4 ibid., 86 – 89.
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Der Kaiser Alexander Augustus an Claudius Julianus, den Stadtpräfekten: „Wenn du dich überzeugt hast, lieber Julianus, daß die Großmutter zur Umgehung der Pflichtwidrigkeitsklage ihr Vermögen durch Schenkungen an den Enkel erschöpft hat, dann verlangt das Recht, daß das Geschenkte zur Hälfte zurückgefordert werde.“
Der Fall ist im Reskript nur äußerst verkürzt wiedergegeben; man wird ihn wie folgt verstehen können 317: Eine Frau hatte zwei pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge und hat dem einen von ihnen ihr gesamtes Vermögen unter Lebenden geschenkt. Der Kaiser entscheidet: Die Analogie zur querela inofficiosi testamenti verlangt die Rückforderung der gesamten Schenkung, die damit wieder in den Nachlaß fällt, welcher dann den Abkömmlingen zu gleichen Teilen zusteht; deshalb muß vom Beschenkten im Ergebnis nur die Hälfte zurückverlangt werden 318. Wenngleich die querela inofficiosae donationis nach dem Vorbild der querela inofficiosi testamenti gestaltet ist 319, setzt sie anders als diese kein Übergehen eines Berechtigten voraus; die Pflichtwidrigkeit der Schenkung ergibt sich vielmehr schon daraus, daß der Nachlaß durch Schenkungen unter Lebenden derart ausgehöhlt wird, daß dem Berechtigten nicht mehr das von den Noterbrechten – der querela wie der lex Falcidia – geschützte Viertel, bezogen auf den ungeschmälerten Nachlaß, verbleibt 320. Bei der Beurteilung der Pflichtwidrigkeit ist also abzustellen auf den Bestand des Vermögens vor Vollzug der Schenkung; auf dieser Grundlage ist das Viertel zu berechnen, dessen Beeinträchtigung die querela inofficiosae donationis auslöst 321, was für das Verständnis des hier untersuchten Falles (§ 4) grundlegend wichtig ist. (2) Das besondere Interesse an dem komplexen in § 4 überlieferten Sachverhalt richtet sich im vorliegenden Zusammenhang auf die Schenkungen an Gaius und die Wirksamkeit der ihn belastenden Fideikommisse. Neu ist, daß jemand, dem unwiderruflich geschenkt worden ist, mit einem Fideikommiß beschwert werden kann; das ist die Besonderheit des Falles 322. Anscheinend bricht die Entscheidung mit dem Grundsatz, daß nur ein Erwerb mortis causa Grundlage eines 317 Krüger, Schenkung, 83 f.; Mühlenbruch, in: Glück, ad h. l., § 1421 g, Band 36, 44; Zoz de Biasio, 81 f. 318 Anders läßt sich die Rückforderung pro dimidia parte kaum erklären, wie Krüger, Schenkung, 84 f., überzeugend ausführt. – Wahrscheinlich hat sich die sehr schneidige querela in der Folgezeit abgeschwächt zu einer Rückforderungsklage pro rata, also soweit es zur Gewährleistung des Pflichtteils nötig ist; so Mühlenbruch, in: Glück, ad h. l., § 1421 g, Band 36, 50; Voci, diritto ereditario II, 728; dagegen Zoz de Biasio, 91. 319 So ausdrücklich Vat. 270: ad instar inofficiosi testamenti. 320 Vgl. zum ganzen Donatuti, querella, 427; Voci, diritto ereditario II, 727 –730; Windscheid / Kipp III, 394 – 398; Zoz de Biasio, 78 – 80. 321 Windscheid / Kipp III, 396. 322 Gothofredus, ad h. l., nota 19 (unter Berufung auf Baldus).
III. Die Abgrenzung zur donatio inter vivos
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Fideikommisses sein kann 323. Selbst das fideicommissum a debitore relictum läßt sich nach Ulpian D. 30, 77 damit begründen, daß der Beschwerte eine exceptio doli gegen die Erben erhält und insoweit etwas aus dem Nachlaß erlangt hat, und im Fall Scaevola D. 32, 37, 3 beruhte die Wirksamkeit des Fideikommisses, wie gesehen, vor allem darauf, daß eine unwiderrufliche donatio inter vivos mittels Rückgabestipulation widerruflich gemacht worden war und insoweit funktional einer donatio mortis causa entsprach 324. Läßt sich hier eine ähnliche Begründung finden, und welche Rolle spielt dabei die querela inofficiosae donationis? Paulus stellt zunächst, scheinbar ohne Bezug zur Anfrage, fest, aufgrund des kaiserlichen Reskripts müsse den beeinträchtigten Erben geholfen werden (subveniendum sit liberis, quorum portio in unum filium donationibus collatis imminuta est). Damit wäre gesagt, die Schenkungen sollen insgesamt und ohne Einschränkung in den Nachlaß zurückgelangen, wie es das kaiserliche Reskript vorsieht (ea quae donata sunt revocari praeceperit). Aber ist das hier gewollt? In der Anfrage geht es nicht um Unwirksamkeit der Schenkungen, sondern Wirksamkeit der Fideikommisse. Würden aber die Schenkungen aufgrund der querela als nichtig zurückgefordert, wäre den Fideikommissen, die nach dem Willen des Testators auf den lebzeitigen Zuwendungen lasten sollten, die Grundlage entzogen. Denn es können nicht die Schenkungen in toto zurückgefordert und Gaius zugleich auf Erfüllung der Fideikommisse in Anspruch genommen werden. Es ist deshalb nicht davon auszugehen, daß hier die Schenkungen tatsächlich zurückgefordert werden. Die querela des kaiserlichen Reskripts dient vielmehr nur als Argumentationstopos im Sinne eines argumentum a maiore ad minus 325: Wenn es nach dem Reskript schon möglich ist, Schenkungen insgesamt und gegen den Willen des Schenkers zurückzufordern, dann müssen erst recht die weniger einschneidenden Konsequenzen, nämlich die Belastung des Beschenkten mit Fideikommissen, hingenommen werden. Für die Erfüllung der Fideikommisse streiten sowohl das kaiserliche Reskript als auch der Wille des Testators (imperator noster contra voluntatem patris subvenerit, in proposita autem causa etiam voluntas patris pro his qui fideicommissum petunt intercedit). Sieht man in der Aufrechterhaltung der Fideikommisse eine Billigkeitsentscheidung, läßt diese sich unschwer damit verteidigen, daß auf diesem Weg die weitergehende querela inofficiosae donationis abgewendet wird 326. Doch läßt sich die dogmatische Stringenz der Lösung damit begründen, daß die Schenkungen wegen der möglichen querela letztlich auch ohne Vereinbarung eines Rückforderungsrechtes in gewissem Sinne widerruflich sind. Bartolus meint dazu, die Fideikommisse müßten eigentlich unwirksam sein, weil dem Vater, 323 324 325 326
Zutreffend Zoz de Biasio, 88. Vgl. oben 75 ff. Zu Recht Mühlenbruch, in: Glück, ad h. l., § 1421 g, Band 36, 48. So Zoz de Biasio, 88.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
der ja unwiderruflich geschenkt hatte, ein venire contra factum suum vorzuhalten sei, hier seien die Schenkungen aber doch irgendwie widerruflich 327. Man kann dann sogar in den Fideikommissen selbst einen Teilwiderruf der Schenkungen sehen 328. Damit entspräche der Fall, was die Begründung der Wirksamkeit der Fideikommisse angeht, der Schenkung mit Rückgabevereinbarung in D. 32, 37, 3 und rückte dann – nach dem Kriterium ulla condicio redhibendi 329 – weiter in die Nähe der donatio mortis causa und verwandter Fallgestaltungen. (3) Im zweiten Teil des responsum schneidet Paulus dem Beklagten Gaius die Berufung auf die lex Falcidia ab. Ungewöhnlich und verwickelt ist die Konstellation, daß sich ein Miterbe auf die lex Falcidia beruft, der zugleich Empfänger von Schenkungen ist, die das Erbrecht aller Erben beeinträchtigen. Gaius’ Argumentation erscheint gerissen: Weil durch die Schenkungen, die er erhalten hat, das Erbteil eines jeden Erben so klein geworden ist, würde das zugunsten der Schwester Maevia ausgesetzte Fideikommiß drei Viertel seines Erbteils überschreiten, ihm verbliebe also weniger als das nach der lex Falcidia vorgeschriebene Viertel 330. Unterstellt, der Testator habe Frau und Kinder jeweils zu gleichen Teilen, also je auf ein Sechstel eingesetzt 331, macht Gaius geltend, daß seine Leistungspflicht aufgrund des Fideikommisses an Maevia 3/4 von 1/6, also 1/8 des gesamten Nachlaßwertes überschreite. Angesichts des Umstandes, daß der Nachlaß fast keine Substanz mehr hat (modicum sibi residuum servavit), ist das leicht vorstellbar. Formaljuristisch hat Gaius also recht: Stellt man auf den Nachlaß im Zeitpunkt des Erbfalles ab, wird ihm von seinem Erbteil nach Abzug der Fideikommisse sicher weniger als das vorgeschriebene Viertel bleiben. Treuwidrig ist diese Argumentation aber, weil die Fideikommisse nach dem Willen des Testators Korrelat der einseitigen Begünstigung eines Sohnes zu Lebzeiten waren. Der Vorwurf der Pflichtwidrigkeit gegen Maevia im Sinne der querela trifft hier also nicht den Testator – er hatte mit den Fideikommissen gerade für einen Ausgleich gesorgt –, sondern den Sohn. Hierin liegt ein Unterschied zu dem im kaiserlichen Reskript entschiedenen Fall und ein weiterer Grund dafür, daß Paulus das 327 Bartolus, ad h. l. (non potest venire contra factum suum [...] illud verum quando donatio valet omnino: sed hic poterat aliquo modo revocari); ihn zitiert die Additio zur gl. Voluntas, ad h. l. 328 Bartolus, ad h. l.: Ex his apparet soluta quaestio: an ista revocatio patris irritet dona[tionem]; auch Gothofredus, ad h. l., nota 18. 329 Papinian D. 39, 6, 42, 1, vgl. dazu oben 37 ff. 330 Etwas anders versteht Vivianus (abgedruckt in der Glosse, Casus ad h. l.) den Einwand des Gaius: Danach macht Gaius geltend, daß ihm nach der – unterstellten – Rückforderung der Schenkungen durch die Miterben nur noch sein Erbteil verbliebe und dieses durch die Fideikommisse übermäßig geschmälert würde. Jedoch würde bei einer erfolgreichen Rückforderung aller Schenkungen der Nachlaß und folglich auch Gaius’ Erbteil so beträchtlich anwachsen, daß deswegen sein Einwand wiederum ins Leere gehen müßte. 331 Davon geht Zoz de Biasio, 86, aus.
III. Die Abgrenzung zur donatio inter vivos
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Reskript nicht unverändert anwendet, sondern sich nur dessen Argumentation zu eigen macht. Das Ergebnis, Gaius könne sich nicht auf die lex Falcidia berufen, ist stimmig vor dem Hintergrund der querela. Sie würde eigentlich dazu führen, daß die Schenkungen tatsächlich zurückgefordert werden und in den Nachlaß gelangen. Hier wird gleichsam das mildere Mittel gewählt, indem die Schenkungen lediglich rechnerisch zurückgefordert werden, so daß deren Wert dem Nachlaßwert hinzugerechnet wird. Der Nachlaß vergrößert sich dadurch so weit, daß Gaius in der Lage ist, die Fideikommisse aus seinem Erbteil zu erfüllen, ohne daß seine quarta geschmälert wird 332. (4) Dem Fall sind bestimmt Elemente einer Billigkeitsentscheidung nicht abzusprechen. Daß die Fideikommisse von Gaius zu leisten waren, entspricht dem Rechtsgefühl; die Begründung dafür, daß er auch als Donatar inter vivos beschwert werden konnte, bleibt in ihrer dogmatischen Klarheit deutlich hinter der Entscheidung Scaevolas in D. 32, 37, 3 zurück. Ihre Folgerichtigkeit ist allenfalls mit dem von Bartolus gefundenen Argument zu retten, wonach die unwiderrufliche Schenkung durch die Gewährung der querela gewissermaßen rückwirkend zur widerruflichen Schenkung mutiert. Richtiger dürfte sein, in der Entscheidung des Paulus eine durch die Einführung der querela inofficiosae donationis eingeleitete Weiterentwicklung des Schenkungsrechts zu sehen: Papinians feinsinnige Abgrenzung in D. 39, 6, 42, 1 (nämlich mortis causa – also widerruflich – donare im Gegensatz zu moriens – also unwiderruflich – donare) mit ihren erheblichen erbrechtlichen Konsequenzen wird letztlich zugunsten eines effektiven Schutzes des Erben vor Umgehungsgeschäften des Erblassers aufgegeben. Die donatio mortis causa verliert damit ihr Charakteristikum: ulla condicio redhibendi als Unterscheidungsmerkmal zur donatio inter vivos. Sofern Schenkungen erkennbar mit Bezug auf den Tod des Schenkers vorgenommen werden – wobei Papinian D. 39, 6, 42 pr. 1; Scaevola D. 32, 37, 3; Paulus D. 31, 87, 4 die Spannweite der möglichen Fallgestaltungen zeigen –, wird seit Einführung der querela inofficiosae donationis dem beeinträchtigten Noterben geholfen, unabhängig davon, ob die Bedingung mortis causa ausdrücklich genannt, mitgedacht oder bewußt verschwiegen wird. 332
In diesem Sinne bereits Vivianus, abgedruckt in der Glosse, Casus ad h. l. (Et responditur quod tenetur dictus Gaius praestare dictum fideicommissum haeredi sororis secundum haereditatis portionem sibi contingentem, et non secundum donationes sibi immensas per patrem factas); außerdem Krüger, Schenkung, 94; vgl. zudem die zutreffende Paraphrase von Mühlenbruch, in: Glück, ad h. l., § 1421 g, Band 36, 47 f. in Fn. 2. – Anders allerdings Cuiacius ad D. 31, 87, 3 (opera VII, Sp. 1280 D): Die Anwendung der lex Falcidia komme bei donationes inter vivos nicht in Betracht; wenn Gaius sich auf sie berufe, tue er das contra regulas iuris quodammodo (Sp. 1281 C). – Wäre aber das Vorliegen einer donatio inter vivos der eigentliche Grund für das Nichteingreifen der lex Falcidia, bliebe wiederum die Wirksamkeit der Fideikommisse unerklärlich.
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Kap. 1: Die rechtsgeschäftliche Gestalt
IV. Ergebnisse Die donatio mortis causa läßt sich als Institut des römischen Rechts seit der zweiten Hälfte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts nachweisen. Die gelegentlich vermutete Entwicklung aus einem anderen Rechtsinstitut wie etwa der fiducia ist nicht belegbar. Meistens war eine solche Schenkung durch eine konkrete Gefahr des Schenkers veranlaßt. Die Quellen nennen vor allem Krankheit, aber auch eine gefährliche Reise oder Kriegsdienst. Daneben kennt das klassische Recht auch Fälle einer Schenkung ohne konkrete Gefahr, die sogenannte donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis. Zweck der Schenkung ist dann häufig eine Art vorweggenommer Erbfolge 333. Überwiegend wird die Schenkung sofort vollzogen; der Donatar erwirbt also bei der Sachschenkung sogleich Eigentum. Tritt ein Rückforderungsfall ein, steht dem Schenker in der Regel eine condictio zu. Nur ganz vereinzelt taucht die Frage der dinglichen Wirkung einer auflösenden Bedingung auf 334. Genauso möglich, wenngleich seltener, ist der aufschiebend bedingte Vollzug der Schenkung, bei der das Eigentum erst mit dem Tod des Schenkers übergehen soll. Tritt ein Rückforderungsfall ein, kann der Schenker den Gegenstand vindizieren 335. Die meisten Streitfragen zur donatio mortis causa rühren daher, daß sie durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden vollzogen wird, ihre Zwecksetzung jedoch den erbrechtlichen Instituten entspricht. Um die Aushöhlung des Nachlasses durch Schenkungen zu vermeiden, werden erbrechtliche Beschränkungen zunehmend auf die donatio mortis causa ausgedehnt – eine Tendenz, die sich für die Zeit zwischen Hadrian und Severus Alexander nachweisen läßt. Die einschneidenden Maßnahmen sind einerseits die unter Papinian erreichte Anwendung der lex Falcidia 336 und andererseits die Anerkennung der Möglichkeit, den Donatar mortis causa mit Fideikommissen zu beschweren 337. Erst aus der Anwendung solcher Beschränkungen ergibt sich das Bedürfnis einer genauen Abgrenzung zur donatio inter vivos. Maßgebliches Kriterium dafür ist das Bestehen eines Rückforderungsrechts wenigstens für den Fall, daß der Beschenkte vor dem Schenker stirbt. Wo ein solches nicht besteht, liegt eine donatio inter vivos vor, selbst wenn der bevorstehende Tod Anlaß der Schenkung war 338, und die erbrechtliche Gesetzgebung ist nicht anwendbar. Umgekehrt können die Parteien erbrechtliche 333
68 ff.). 334 335 336 337 338
Vgl. dazu die Fälle Papinian D. 39, 6, 42 pr. und Scaevola D. 32, 37, 3 (oben 44 ff., Dazu oben 58 ff. Dazu oben 30 ff. Dazu oben 35 ff. Dazu oben 75 ff. So bei Papinian D. 39, 6, 42, 1, dazu oben 37 ff.
IV. Ergebnisse
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Konsequenzen nicht einfach dadurch außer Kraft setzen, daß sie der Zuwendung den Namen einer donatio inter vivos geben. Besteht ein Rückforderungsrecht, ist das Geschäft als donatio mortis causa zu behandeln, so daß dem Donatar etwa Fideikommisse auferlegt werden können 339. Die Klärung solcher Abgrenzungsfragen hat dem Rechtsinstitut klare Konturen verliehen.
339
So bei Scaevola D. 32, 37, 3, dazu oben 75 ff.
Kapitel 2
Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall Einen eigenen Problemkreis innerhalb der donatio mortis causa bildet die donatio mortis causa inter virum et uxorem 1. Das hängt insbesondere damit zusammen, daß sie sich wegen ihrer Besonderheiten vor allem hinsichtlich des Vollzugszeitpunktes als Ausnahme und damit auch Umgehungsmöglichkeit des Schenkungsverbotes anbietet 2. Um die praktische Bedeutung der Ehegattenschenkung auf den Todesfall erläutern zu können, ist zunächst kurz auf Herkunft, Alter und Anwendungsbereich des Schenkungsverbotes einzugehen.
I. Herkunft und Alter des Schenkungsverbotes Bekanntlich verbietet das römische Recht seit alters, daß Ehegatten einander beschenken. Die Juristen begründen diese Eigentümlichkeit ausnahmslos mit sittlichen Argumenten: Die Reinheit der ehelichen Zuneigung dürfe nicht durch maßlose Schenkungen korrumpiert werden 3; die Ehegatten verlören womöglich das Interesse an der Kindererziehung, wenn sie sich aufs Schenken konzentrierten 4; schließlich könne der Fortbestand einer Ehe käuflich werden, wenn einer den anderen durch Schenkungen von der Scheidung abzuhalten suche 5. Eine tiefsinnigere Herleitung findet sich bei Plutarch, der auf das Idealbild der römischen Ehe abstellt: Die Eheleute sollten alles gemeinsam haben; wer aber ein Geschenk annehme, der lerne, alles, was nicht geschenkt ist, als fremd anzusehen 6. Insgesamt besteht freilich Einigkeit darüber, daß hinter dem Schenkungsverbot handfeste wirtschaftliche Interessen stehen: Es geht vor allem darum, Vermö1 Vgl. die Ausführungen bei Di Paola, donatio, 95 – 132; Dumont, 218 –232; Simonius, 275 – 299. 2 Vgl. Ulpian / Gaius D. 24, 1, 9, 2 – 11, 1 und UE 7, 1; Archi, donazione, 209 –212. 3 Ulpian D. 24, 1, 1: ne mutuo amore invicem spoliarentur donationibus non temperantes, sed profusa erga se facilitate; eod. 3 pr.: ne concordia pretio conciliari viderentur. 4 Paulus D. 24, 1, 2: ne cesset eis studium liberos potius educendi. 5 Paulus D. 24, 1, 2: ut discuterentur matrimonia, si non donaret is qui posset, atque ea ratione eventurum, ut venalicia essent matrimonia. 6 Plutarch, quaestiones Romanae, 7 und 8; dazu Misera, Bereicherungsgedanke, 290 – 292.
I. Herkunft und Alter des Schenkungsverbotes
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gensverschiebungen zwischen den gentes durch Bereicherung einer Familie auf Kosten der anderen zu verhindern 7, was immerhin vereinzelt in den Quellen auch anklingt 8. Deshalb gilt das Verbot nicht nur unmittelbar zwischen den Ehegatten, sondern zwischen allen Personen desselben Hausverbandes 9. Dagegen ist trotz der vielen, zum Teil umfangreichen Abhandlungen zum Schenkungsverbot 10 bis heute weder ein Konsens über das Alter noch über den Ursprung des Verbotes hergestellt worden. Die Unklarheiten sind dem Quellenmaterial geschuldet: Wenngleich die frühesten Zeugnisse von Juristen unter Augustus stammen 11, verweisen sie doch hinsichtlich der Herkunft stets auf den mos maiorum 12. Man kann das Schenkungsverbot sicher mit Misera 13 zum ius civile 14 rechnen und annehmen, daß es „jedenfalls älter als die augusteische Ehegesetzgebung“ ist. Die folgenden Quellen erlauben eine weitere Eingrenzung des Entstehungszeitraumes: Vat. 302 Paulus 71 ad ed., ad Cinciam Excipiuntur et adfinium personae ut privignus privigna, noverca vitricus, socer socrus, gener nurus, vir et uxor, sponsus sponsa. Ausgenommen sind auch die Verwandten bzw. Verschwägerten, wie etwa Stiefsohn und Stieftochter, Stiefmutter und Stiefvater, Schwiegervater und Schwiegermutter, Schwiegersohn und Schwiegertochter, Eheleute und Verlobte.
Wenn die lex Cincia 15 Ehegatten ausdrücklich von den darin festgesetzten Beschränkungen befreit, so darf mit Archi 16 angenommen werden, daß es im Jahr 7
Kaser I, 331; Misera, Bereicherungsgedanke, 80 ff.; Schlei, 39 f.; Söllner, 133 f. Ulpian D. 24, 1, 3 pr.: neve melior in paupertatem incideret, deterior ditior fieret. 9 D. 24, 1, 3, 2 Ulpianus libro trigesimo secundo ad Sabinum. Qui in eiusdem potestate sunt, prohibentur sibi donare, ut puta frater mariti, qui est in soceri potestate. (Allen, die in der Hausgewalt desselben Gewalthabers [wie einer der Ehegatten] stehen, ist es verboten, daß sie [und der andere Ehegatte] sich beschenken, zum Beispiel dem Bruder des Mannes, der in der Hausgewalt des Schwiegervaters der Frau steht). 10 Allgemein zum Schenkungsverbot vgl. aus der reichhaltigen Literatur die folgenden Abhandlungen (in der Reihenfolge ihres Erscheinens): Savigny, System IV, 165 –194; Alibrandi; De Medio; Dumont; Aru; Biondi, Successione, 649 –671; Archi, donazione, 195 – 224; Söllner, 127 ff.; Kaser I, 331 f.; Misera, Bereicherungsgedanke, insb. 238 ff.; Schlei, 4 ff.; Ombretta Cuneo, 802 – 807; speziell im Hinblick auf die Rückforderung der nichtigen Schenkung Murillo Villar, revocación, 22 – 25. 11 Nachweise bei Kaser I, 331 in Fn. 23. 12 Ulpian D. 24, 1, 1: Moribus apud nos receptum est; eod. 3: Maiores nostri inter virum et uxorem donationes prohibuerunt; Pomponius eod. 31, 7: maiores donanti succurrisse Proculus ait. 13 Misera, Bereicherungsgedanke, 239 f., 243 f. 14 Vgl. Ulpian D. 24, 1, 5, 18: In donationibus autem iure civili impeditis... 15 Es handelt sich um ein Plebiszit aus dem Jahr 204 v. Chr., das es verbietet, Schenkungen über einen bestimmten Wert hinaus anzunehmen, sofern der Beschenkte nicht zu den personae exceptae gehört. Das Gesetz kennt noch keine Nichtigkeitssanktion, sondern 8
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
204 v. Chr., dem Entstehungsjahr der lex Cincia, das Ehegattenschenkungsverbot noch nicht gab, anderenfalls wäre die Ausnahmeregelung sinnlos 17. Andererseits lassen zwei Quellen darauf schließen, daß es das Schenkungsverbot bereits in spätrepublikanischer Zeit gegeben hat: D. 41, 6, 3 Pomponius libro vigensimo quarto ad Quintum Mucium Si vir uxori vel uxor viro donaverit, si aliena res donata fuerit, verum est, quod Trebatius putabat, si pauperior is qui donasset non fieret, usucapionem possidenti procedere. Wenn ein Mann seiner Frau oder die Frau dem Mann eine fremde Sache geschenkt hat, dann ist richtig, was Trebaz meinte: Wenn der Schenker nicht entreichert werde, so laufe die Ersitzung zugunsten des Besitzers. D. 24, 1, 64 Iavolenus libro sexto ex posterioribus Labeonis Vir mulieri divortio facto quaedam idcirco dederat, ut ad se reverteretur: mulier reversa erat, deinde divortium fecerat. Labeo: Trebatius inter Terentiam et Maecenatem respondit si verum divortium fuisset, ratam esse donationem, si simulatum, contra. sed verum est, quod Proculus et Caecilius putant, tunc verum esse divortium et valere donationem divortii causa factam, si aliae nuptiae insecutae sunt aut tam longo tempore vidua fuisset, ut dubium non foret alterum esse matrimonium: alias nec donationem ullius esse momenti futuram. Ein Mann hatte seiner Frau nach der Scheidung etwas zugewendet, um sie zur Rückkehr zu ihm zu bewegen. Die Frau war zurückgekehrt, hatte sich dann aber wieder von ihm geschieden. Labeo: Trebaz hat im Fall der Terentia und des Maecenas gutachtlich entschieden, daß die Schenkung wirksam sei, wenn es sich bei der [ersten] Scheidung um eine ernsthafte handelte; war sie dagegen vorgetäuscht, verhalte es sich umgekehrt. Es trifft aber zu, was Proculus und Caecilius vertreten, daß eine ernsthafte Scheidung nur dann vorliegt und die Schenkung aus Anlaß der Scheidung wirksam ist, wenn entweder eine andere Ehe geschlossen worden ist oder die Frau schon so lange nicht wieder verheiratet gewesen ist, daß es außer Zweifel steht, daß es sich um eine andere Ehe handelt; andernfalls werde auch die Schenkung ohne jegliche Rechtswirkung sein.
Beide Stellen, die besondere Rechtsfragen zum Schenkungsverbot behandeln, berufen sich auf die Autorität des Trebaz, dessen Tod um das Jahr 4 n. Chr. anzusetzen ist 18. Die Scheidung der Ehe zwischen Terentia und Maecenas, auf die sich das in D. 24, 1, 64 mitgeteilte Gutachten Trebaz’ bezieht, hat vor dem Jahr gewährt nur eine exceptio legis Cinciae gegen die Durchsetzung des Schenkungsversprechens; vgl. Kaser I, 602 – 604; eingehend zu Ursprung und Quellenlage Casavola, insb. 9 –26. 16 Archi, donazione, 196; ähnlich bereits De Medio, 368. 17 Skeptisch gegen die Annahme, vir et uxor bezeichne hier die Ehegatten selbst, Kaser I, 331 in Fn. 21; überzeugend aber Archi, donazione, 198 f., der im Anschluß an Biondi, Successione, 635 in Fn. 3, auch darlegt, daß Vat. 302 nicht unbedingt so gelesen werden muß, daß vir et uxor zu den adfines gezählt werden. 18 Kunkel, Juristen, 28.
I. Herkunft und Alter des Schenkungsverbotes
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8 v. Chr., dem Todesjahr des Maecenas 19, stattgefunden. Danach läßt sich jedenfalls sagen, daß Trebaz das Schenkungsverbot kannte zu einer Zeit, als es die lex Papia Poppaea (9 n. Chr.) noch nicht gab. Dagegen erlauben weder die Lebensdaten des Trebaz noch die des in fr. 64 ebenfalls zitierten Labeo noch die erwähnte Scheidung eine eindeutige Aussage darüber, ob es das Schenkungsverbot bereits vor der lex Iulia (18 v. Chr.) gegeben hatte 20. Von Bedeutung für die Datierung ist aber, daß die erste Stelle Pomponius D. 41, 6, 3 21 aus einem Kommentar zum Zivilrecht des um 140 v. Chr. geborenen und 82 v. Chr. getöteten Quintus Mucius 22 stammt; wenn Pomponius hier, wie die Stelle nahelegt, die Ansicht des Trebaz derjenigen des Quintus Mucius entgegensetzt 23, dieser sich also bereits mit dem Problem befaßt hatte, dann war das Schenkungsverbot offenbar um die Wende vom zweiten zum ersten vorchristlichen Jahrhundert bereits bekannt. Auch D. 24, 1, 38, ein Fragment des Konsuls aus dem Jahr 39 v. Chr., Alfenus Varus, behandelt bereits einen komplizierten Fall des Schenkungsverbotes 24. Die Gesamtheit der einschlägigen Quellen legt nahe, daß das Schenkungsverbot bereits im Laufe des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts, spätestens aber in der Mitte des ersten Jahrhunderts rechtliche Gestalt angenommen hatte. Die früher herrschende Meinung 25, die das Schenkungsverbot als ein Produkt der augusteischen Ehegesetzgebung ansah, hat Misera schlüssig widerlegt 26. Das schließt keineswegs aus, daß das Schenkungsverbot ausdrücklich in die Ehegesetze übernommen wurde; manche Stellen, die das Schenkungsverbot in Verbindung mit den leges Iulia et Papia Poppaea behandeln, legen das sogar nahe 27. Auch ist es gut möglich, daß das Schenkungsverbot ursprünglich ebenso wie die lex Cincia den Charakter einer lex imperfecta hatte und sich die ipso-iure-Nichtigkeit von Ehegattenschenkungen erst später entwickelt hat 28. Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genügt eine zeitliche Einordnung zwischen dem zweiten und der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts; bei den Quellen zur donatio mortis causa inter virum et uxorem, deren älteste auf Labeo 29 zurückgeht, ist demnach stets mit der Relevanz des Schenkungsverbotes zu rechnen. 19
Cassius Dio 55, 7; dazu Alibrandi, 598. Schlei, 9 f., vermutet, daß die Scheidung des Maecenas in den Zeitraum von Augustus’ Gallienreise im Jahr 16 v. Chr. fällt; belegen läßt sich das nicht. 21 Ausführlich zu ihr Misera, Bereicherungsgedanke, 70 –73. 22 Vgl. Liebs, Handbuch I, 569. 23 Der Teil si – donaverit könnte ein Mucius-Zitat sein, so Misera, Bereicherungsgedanke, 72. 24 Zum Sachverhalt Schlei, 10 f. 25 Nachweise bei Biondi, Successione, 650 in Fn. 4. 26 Misera, Bereichungsgedanke, insb. 238 ff. 27 Terentius Clemens D. 24, 1, 25; Paulus D. 24, 3, 63; vgl. Ankum, 637; Archi, donazione, 197, 201; Biondi, Successione, 651 f. 28 Archi, donazione, 198 f. 20
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
II. Reichweite des Schenkungsverbotes Die Nichtigkeit einer verbotswidrigen Schenkung betrifft grundsätzlich alle Verfügungsgeschäfte, wie aus Ulpian D. 24, 1, 3, 10 klar hervorgeht: D. 24, 1, 3, 10 Ulpianus libro trigensimo secundo ad Sabinum Sciendum autem est ita interdictam inter virum et uxorem donationem, ut ipso iure nihil valeat quod actum est: proinde si corpus sit quod donatur, nec traditio quicquam valet, et si stipulanti promissum sit vel accepto latum, nihil valet: ipso enim iure quae inter virum et uxorem donationis causa geruntur, nullius momenti sunt. Man muß aber wissen, daß eine Ehegattenschenkung in der Weise verboten ist, daß das Vereinbarte ipso iure nichtig ist. Wird also eine körperliche Sache geschenkt, ist die Übereignung ebenso unwirksam, wie dann, wenn etwas durch Stipulation versprochen oder eine Schuld erlassen wird. Was unter Ehegatten schenkweise vereinbart wird, hat nämlich keinerlei rechtliche Wirkung.
Die Stellen gehen zunächst vom einfachen Fall einer Ehegattenschenkung durch direkte Sachübergabe (traditio) aus. Schwieriger wird die Frage nach dem Eingreifen des Schenkungsverbotes, wenn ein Mittelsmann (interpositus) eingeschaltet wird 30 oder statt einer traditio etwa eine Stipulation zum Vollzug der Schenkung eingesetzt wird. Die donatio mortis causa bildet seit jeher 31 eine Ausnahme vom Schenkungsverbot. Die Kompilatoren haben das Problem fast ausschließlich bei der Ehegattenschenkung im Titel D. 24, 1 und nicht in D. 39, 6 angesiedelt 32. Die wichtigsten Erkenntnisse verdanken wir Ulpians Sabinuskommentar, dessen 32. und 33. Buch verschiedenste Fragen der donatio mortis causa inter virum et uxorem behandeln und dabei umfangreich Julians Ansichten referieren 33, aber auch eine für das Rechtsinstitut bedeutsame oratio Severi mit allen sich daraus ergebenden praktischen Problemen behandeln 34. Eine generelle Aussage zur Zulässigkeit der donatio mortis causa inter virum et uxorem treffen die folgenden Stellen:
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D. 44, 4, 4, 1. Die daraus sich ergebenden Probleme sind im Zusammenhang mit D. 44, 4, 4, 1; D. 24, 1, 52, 1 zu behandeln, vgl. unten 97 ff., 111 ff.; allgemein zum Problem Ankum; Misera, Bereicherungsgedanke, 48 f. 31 Vgl. Savigny, System IV, 171 in Fn. m. 32 Ausnahmen sind etwa Papinian D. 39, 6, 40 und Neraz eod. 43. 33 D. 24, 1, 3, 13; eod. 5, 1. 4. 5. 13; eod. 11, 1. 3. 10; eod. 15, 1; eod. 17 pr.; eod. 19 pr. 1; eod. 21, 1; eod. 32, 27. 34 Dazu das lange Fragment D. 24, 1, 32. 30
II. Reichweite des Schenkungsverbotes
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UE 7, 1 Inter virum et uxorem donatio non valet, nisi certis ex causis, id est mortis causa, servi manumittendi gratia. hoc amplius principalibus constitutionibus concessum est mulieri in hoc donare viro suo, ut is ab imperatore lato clavo vel equo publico similive honore honoretur. Eine Schenkung unter Ehegatten ist unwirksam, es sei denn, sie ist aus besonderen Gründen vorgenommen, nämlich von Todes wegen oder zwecks Freilassung eines Sklaven. In weiterem Umfang haben Kaiserkonstitutionen der Ehefrau gestattet, ihren Mann zu beschenken, damit er vom Kaiser mit der Anlegung eines Tunikastreifens oder mit einem öffentlichen Pferd oder mit einer ähnlichen Auszeichnung geehrt werde 35. D. 24, 1, 9, 2 Ulpianus libro trigensimo secundo ad Sabinum Inter virum et uxorem mortis causa donationes receptae sunt, D. 24, 1, 10 Gaius libro undecimo ad edictum provinciale quia in hoc tempus excurrit donationis eventus, quo vir et uxor esse desinunt. D. 24, 1, 11 pr. Ulpianus libro trigensimo secundo ad Sabinum Sed interim res non statim fiunt eius cui donatae sunt, sed tunc demum, cum mors insecuta est. medio igitur tempore dominium remanet apud eum qui donavit. § 1 Sed quod dicitur mortis causa donationem inter virum et uxorem valere, ita verum est, ut non solum ea donatio valeat secundum Iulianum, quae hoc animo fit, ut tunc res fiat uxoris vel mariti, cum mors insequetur, sed omnis mortis causa donatio. Schenkungen von Todes wegen unter Ehegatten sind wirksam, (10) denn die Schenkung wird zu einer Zeit vollzogen, zu der sie nicht mehr Ehegatten sind. (11 pr.) Die Sachen werden aber nicht sofort Eigentum dessen, dem sie geschenkt wurden, sondern erst dann, wenn der Tod eingetreten ist. In der Zwischenzeit bleibt das Eigentum also beim Schenker. § 1 Wenn es aber heißt, die Schenkung auf den Todesfall zwischen Ehegatten sei wirksam, so ist das in der Weise richtig, daß nicht nur, wie Julian meinte, diejenige Schenkung wirksam ist, die in der Absicht vollzogen wird, daß die Sache bei Todeseintritt Eigentum der Frau oder des Mannes werden soll, sondern jede Schenkung auf den Todesfall.
Die Kompilation zeigt hier einen Streit der Klassiker über die Reichweite der donatio mortis causa inter virum et uxorem als Ausnahmetatbestand zum Schenkungsverbot. Während die Gaius-Katene und fr. 11 pr. die Suspension des Schenkungsverbotes mit dem aufschiebend bedingten Vollzug der Schenkung begründen und damit die Nichtigkeit einer sofort und unbedingt vollzogenen Schenkung nahelegen, behauptet dasselbe fr. 11, 1 in offenem Widerspruch dazu die Wirksamkeit jeder donatio mortis causa inter virum et uxorem, unabhängig vom Vollzugszeitpunkt. Dabei ist nicht eindeutig, für welche Auffassung Julian in Anspruch genommen wird. Der etwas sperrig wirkende Einschub secundum Iulianum könnte einerseits auf den ganzen Nebensatz non solum ea donatio rell. bezogen werden; Julian hätte dann bereits die generelle Zulässigkeit einer 35 Die Stelle gehört in den dotalrechtlichen Zusammenhang der retentio propter res donatas, vgl. Avenarius, 255.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
donatio mortis causa inter virum et uxorem vertreten, Ulpian hätte sich dieser Meinung angeschlossen 36. Viel wahrscheinlicher ist aber, daß secundum Iulianum richtigerweise nur auf solum ea donatio valeat zu beziehen ist, das non also nicht mehr zum Julian-Zitat gehört, sondern Ulpians abweichende Auffassung kennzeichnet 37. Hätte sich Ulpian hier lediglich einer Meinung angeschlossen, die schon von Julian vertreten wurde, dann hätte nicht mit non solum... sed etiam ein so deutlicher sprachlicher Gegensatz erzeugt werden müssen. Daß Ulpian sich Julian nicht anschließt, sondern die Gegenauffassung vertritt, liegt aber vor allem deshalb nahe, weil zwischen Julian und der Entstehung von Ulpians Sabinuskommentar 38 eine für das Schenkungsverbot äußerst folgenreiche Änderung der Rechtslage eintrat, die durch eine oratio Severi 39 im Jahr 206 bewirkt wurde. Es handelt sich um eine oratio des Septimius Severus, die allerdings erst von seinem Sohn Caracalla im Jahr 206 40 gehalten wurde; die daraus sich ergebenden Fragen werden ausführlich von Ulpian in D. 24, 1, 32 erörtert. Ausweislich fr. 32 pr. zielt die oratio auf eine Milderung des Ehegattenschenkungsverbotes; verbotswidrige, also nichtige Schenkungen konvaleszierten danach mit dem Tod des Schenkers nach Fideikommißrecht 41, wenn sie nicht vorher widerrufen worden waren 42. Diese Reform erklärt die widersprüchlichen Stellungnahmen in fr. 9, 2 – 11, 1: Julian bezeugt ebenso wie Gaius das bis 206 geltende Recht, welches eine Bereicherung eines Gatten auf Kosten des anderen während der Ehe unter keinen Umständen zuließ und eine sofort vollzogene Schenkung deshalb der Nichtigkeit unterwarf. Nach Geltung der oratio Severi konnte dagegen Ulpian sagen: omnis mortis causa donatio valet, weil es ab dem Tod des Schenkers keinen Unterschied mehr macht, ob die aufschiebend bedingte donatio nunmehr mit 36 So übersetzen Misera, in: Behrends et al., h. l. („daß nach Julian nicht nur die Schenkung wirksam ist...“); Grant McLeod, in: Watson, Digest, h. l. („in the sense that according to Julian, it is not just a gift made with the intention...“); Hulot, in: ders., Corps de droit, h. l. („on le l’entend pas seulement, suivant Julien, des espèces de donations...“). 37 Davon geht Ankum, 637, selbstverständlich aus, ohne eine andere Übersetzungsmöglichkeit in Betracht zu ziehen; ebenso Tort-Martorell Llabrés, 71. Auch die Übersetzung von C. J. H. Jansen / A. J. B. Sirks, in: Spruit et al., h. l., versteht den Text wie hier und von Ankum vertreten: „dat niet alleen, zoals Julianus zegt, die schenking geldig is...“. Die ältere deutsche Übersetzung von Robert Schneider / C. E. Otto, in: Otto / Schilling / Sintenis, h. l., überträgt die Zweideutigkeit unter Beibehaltung der lateinischen Syntax: „dass nicht blos eine solche Schenkung nach Julianus gilt, welche in der Absicht geschieht...“. 38 Wohl in den Jahren 214 – 216, vgl. Liebs, Handbuch IV, 179. 39 Zu ihr Ulpian D. 24, 1, 32; vgl. auch unten 118 f. zu Papinian D. 24, 1, 52, 1. 40 Vgl. Misera, in: Behrends et al., Fn. 2 ad D. 24, 1, 23. 41 Wodurch die Schenkung aber nicht zum Fideikommiß wurde; vgl. dazu Simonius, 297. – Die oratio sanktioniert vermutlich nur eine ohnehin bestehende Praxis; vgl. Misera, oratio Severi, 387. 42 Siber, Confirmatio donationis, 103 ff.
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Bedingungseintritt wirksam wird oder eine bis zum Tod des Schenkers nichtige donatio konvalesziert 43. Die oratio Severi setzt das Schenkungsverbot für die Dauer der Ehe gegen den eventuell entgegenstehenden Parteiwillen durch 44, ohne damit die beabsichtigte Schenkung völlig aus der Welt zu schaffen. Auch in pflichtteilsrechtlicher Hinsicht bestanden keine Unterschiede mehr, war doch seit Septimius Severus die donatio mortis causa der lex Falcidia ebenso unterworfen wie das Fideikommiß 45. Der entscheidende Grund für die Zulässigkeit der donatio mortis causa inter virum et uxorem ist also der Umstand, daß das Vollzugsgeschäft in jedem Fall erst mit dem Tod des Schenkers wirksam wird und so eine Vermögensverschiebung während der Ehe ausgeschlossen ist 46. Dabei ist es von untergeordneter Bedeutung, ob man dies mit einer unabhängig von der Parteivereinbarung eintretenden Suspension des Vollzugsgeschäftes bis zum Tod des Schenkers erklärt 47 oder für den Fall einer sofort vollzogenen Schenkung die Nichtigkeit mit späterer Konvaleszenz betont 48.
III. Donatio per interpositam personam 1. Labeo D. 44, 4, 4, 1 D. 44, 4, 4, 1 Ulpianus libro septuagensimo sexto ad edictum Iulianus scribsit, si quis, cum aeger esset, centum aureos uxoris suae consobrino spopondisset, volens scilicet eam pecuniam ad mulierem pervenire, deinde convaluerit, an exceptione uti possit, si conveniatur. et refert Labeoni placuisse doli mali uti eum posse. Julian schrieb: Wenn jemand, als er krank war, dem Vetter seiner Ehefrau 100 Goldmünzen versprochen hatte, wobei er wollte, daß dieses Geld seiner Frau zukomme, und sodann genas, [so sei fraglich], ob er eine Einrede erheben könne, wenn er in Anspruch 43
Unterschiede ergeben sich allenfalls in Fragen der Rückwirkung, dazu unten 145 ff.; zur Bedeutung für die Frage der Widerruflichkeit vgl. unten 234 f. 44 Neben den untersuchten Stellen zeigen das deutlich Ulpian D. 24, 1, 22 und Papinian D. 28, 5, 77. – Haymann, Zur lex 42 pr., 239 in Fn. 4, zieht das nicht in Betracht, schreibt die Aussage Ulpians vielmehr „[den] Byzantiner[n]“ zu und muß folgerichtig auch die beiden letztgenannten Stellen für überarbeitet erklären (a. a. O.). 45 Dazu oben 35 ff. 46 So schon entschieden de Retes, De donationibus inter virum et uxorem, cap. 8 § 15 (S. 692); vgl. auch De Medio, 390. 47 De Retes, De donationibus inter virum et uxorem, cap. 8 § 15 (S. 692); Hasse II, 331 in Fn. 160; Simonius, 275 f., 279 ff.; Kaser, Rez. Di Paola, 250; ders., Rez. Amelotti, 449 in Fn. 8. 48 Ankum, 638.
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genommen werde. Julian berichtet, Labeo habe angenommen, daß er die Arglisteinrede erheben könne.
Der von Julian geschilderte Sachverhalt ist knapp, die juristischen Angaben sind teilweise vage: Ein erkrankter Mann möchte offenbar im Hinblick auf seinen bevorstehenden Tod seiner Frau einen Geldbetrag zukommen lassen. Er setzt den Vetter seiner Frau als Mittelsmann ein, der sich den vereinbarten Betrag durch Stipulation versprechen läßt, offenbar mit der Nebenabrede, daß das Geld nach dem Tod des Mannes an die Frau auszuzahlen sei. Der versprechende Ehemann indes übersteht die Krankheit und wird gleichwohl vom Vetter der Frau aus der Stipulation in Anspruch genommen. Labeo gewährt dem Promissor die exceptio doli, wie Julian berichtet. Das hier von den Beteiligten gewählte Vorgehen findet sich in allen Stellen wieder, die Rückgabestipulationen über die Mitgift behandeln 49. Hier wie dort übernimmt ein naher Verwandter im Hinblick auf ein Mandat oder eine donatio mortis causa die Rolle des Stipulators, darf aber die versprochene Summe entweder nur vorübergehend oder nur teilweise behalten; im übrigen muß er sie an eine vom Versprechenden bestimmte, diesem nahestehende Person weiterleiten. In diesem Fall ist es ein consobrinus, also ein Geschwisterkind eines Elternteils der uxor und somit ein Vetter der uxor 50. Das ist deshalb von Bedeutung, weil es einerseits zur Umgehung des Ehegattenschenkungsverbotes eines Mittlers bedarf, der nicht derselben familia angehört wie uxor 51 – was hier der Fall ist, wenn man unterstellt, daß der gemeinsame Großvater von uxor und consobrinus bereits tot ist –, andererseits der Mittler aber noch nahe genug mit dem quis verschwägert sein muß, um zu den adfines zu gehören, die von der lex Cincia 52 ausgenommen waren 53. 49
Insb. Scaevola D. 32, 37, 4; Papinian D. 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11; dazu unten 154 ff. 50 Vgl. Heumann / Seckel s. h. v.; unklar ist, warum Ankum, 648, von einem „nephew“ spricht. 51 Das Schenkungsverbot gilt gegenüber allen Angehörigen desselben Hausverbandes, dem der Ehegatte angehört, vgl. insb. Ulpian D. 24, 1, 3, 2; insgesamt dazu Kaser I, 331. 52 Vgl. zur lex Cincia oben 91 in Fn. 15. 53 Die Nächstverschwägerten sind aufgeführt in Vat. 302 (Paulus 71 ad ed., ad Cinciam): Excipiuntur et adfinium personae ut privignus privigna, noverca vitricus, socer socrus, gener nurus, vir et uxor, sponsus sponsa. (Ausgenommen sind auch die Verwandten bzw. Verschwägerten, wie etwa Stiefsohn und Stieftochter, Stiefvater und Stiefmutter, Schwiegervater und Schwiegermutter, Schwiegersohn und Schwiegertochter, Eheleute und Verlobte.) – Daß der consobrinus hier nicht genannt wird, schließt nicht aus, daß er zu den adfines excepti gehört, weil das ut verdeutlicht, daß es sich um Beispiele handelt (so zu Recht Haymann, Zur lex 42 pr., 226 f.; ebenso Ankum, 648; vgl. ferner von Lübtow, 200; zweifelnd Simonius, 283). Entgegen Haymann läßt sich der Beispielcharakter von Vat. 302 aber nicht damit begründen, daß sonst „ja nicht einmal der Schwager exceptus“
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Im hier vorliegenden Dreiecksverhältnis, das in mancher Hinsicht an einen Vertrag zugunsten Dritter erinnert, lassen sich sichere Aussagen aus dem Text heraus nur über das „Deckungsverhältnis“, das heißt die Stipulation zwischen quis und consobrinus, treffen (1). Angaben zum „Valutaverhältnis“, also zur beabsichtigten unentgeltlichen Zuwendung von quis an uxor, finden sich nur in Andeutungen (2), und ganz fraglich bleibt die Art des geplanten „Vollzugsverhältnisses“ und damit die Frage, ob uxor bei dieser Konstruktion einen Anspruch gegen consobrinus hat (3). Besonders ist hier auf die Funktion der exceptio doli einzugehen (4). (1) Hinsichtlich der Stipulation wird lediglich mitgeteilt, daß quis dem consobrinus eine Geldsumme versprochen habe (spopondisset). Wie bereits Simonius 54 festgestellt hat, sind zwei Wege möglich, um einen Wirksamkeitszusammenhang zwischen einer Stipulation und der zugrundeliegenden causa (mortis causa donandi) herzustellen: Entweder wird eine konditionelle Stipulation abgeschlossen, die Bedingung mortis causa also in die Stipulationsformel aufgenommen 55; oder die Stipulation selbst wird unbedingt bzw. abstrakt abgeschlossen, es fehlt also dann an einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die causa. Die zentrale Rechtsfrage des vorliegenden Fragments lautet, ob dem klagenden consobrinus die exceptio doli entgegengehalten werden könne. Daraus erhellt, daß es sich um eine abstrakte Stipulation handeln muß. Wäre nämlich der Rechtsgrund mortis causa in die Stipulationsformel aufgenommen worden, dann wäre das wäre, immerhin handelt es sich dabei um einen entfernteren Grad der Schwägerschaft als bei den in der Stelle genannten Schwiegereltern. Für die Befreiung des consobrinus von der lex Cincia läßt sich eher anführen, daß die Aufzählung der ausgenommenen kognatisch Verwandten in Vat. 298 f. bis zum sobrinus, das heißt bis zum 6. Grad der Verwandtschaft reicht. Vor allem spricht aber das vorliegende Fragment 4, 1 für die Befreiung des consobrinus, der andernfalls von vornherein als interpositus ausscheiden müßte; denn es ist unwahrscheinlich, daß die seit 204 v. Chr. geltende lex Cincia auf Schenkungen wie die vorliegende – es geht immerhin um 100.000 Sesterze (100 aurei; vgl. Inst. 3, 7, 3) – keine Anwendung gefunden haben sollte. 54 Simonius, 252 – 254; vgl. außerdem von Lübtow, 200. 55 Zum ersten Fall zählt Simonius die stipulatio mortis causa nach der Definition von Festus, De verborum significatu, s. v. mortis causa: Mortis causa stipulatio existimatur fieri, ut ait Antistius Labeo, quae ita fit, ut morte promissoris confirmetur, aut ut quidam dixerunt, cuius stipulationis mors fuit causa. (Wie Antistius Labeo sagte, geht man von einer Stipulation auf den Todesfall aus, wenn sie so vorgenommen wird, daß sie durch den Tod des Versprechenden bestätigt wird; oder, wie einige es ausgedrückt haben, wenn der Tod des Versprechenden Grundlage der Stipulation war.) – Für diese Einordnung gibt es aber keine eindeutigen Anzeichen. Wie Simonius selbst einräumt, trifft morte promissoris confirmetur ebenso auf die abstrakte Stipulation zu, wenn man confirmari auf die causa bezieht. Daß ausgerechnet Labeo zitiert wird – der, wie sich sogleich zeigen wird, in der hier besprochenen Entscheidung einen Präzedenzfall für die exceptio gegen eine abstrakte Stipulation geschaffen hat –, macht Simonius’ Einordnung nicht plausibler. Wahrscheinlich hat der Grammatiker Festus auf den Unterschied zwischen abstrakter und kausaler Stipulation keinen großen Wert gelegt.
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Versprechen damit an das Versterben des quis an der konkreten Krankheit – üblicherweise durch die Bedingung si donator ex eadem valetudine decesserit ausgedrückt 56 – gebunden gewesen; nach dem Ausfall der Bedingung (deinde convaluerit) hätte die Stipulation keine Wirkung mehr entfalten können 57, die Frage der exceptio hätte sich nicht gestellt 58. Unbegründet ist auch Dumonts 59 Vermutung, die Stipulation sei mit dem Zusatz cum morieris abgeschlossen worden. Diese Klausel hätte quis ohne weiteres vor einer Inanspruchnahme zu Lebzeiten geschützt 60; die nach Gaius 3, 100 wirksame Verbindlichkeit hätte dann nur die Erben treffen können, und die Frage nach Gewährung der exceptio doli hätte sich nicht gestellt. Auch ohne die Klausel ist die Verbindlichkeit, die wie hier durch eine stipulatio in dando begründet wird, aktiv und passiv vererblich 61. (2) Was das „Valutaverhältnis“ angeht, so beschränkt sich der Text auf die Angabe volens scilicet eam pecuniam ad mulierem pervenire. Der Teil ist wiederholt der Interpolation verdächtigt worden 62. Ihn zu streichen und so ein kompliziertes Dreiecksverhältnis auf eine gewöhnliche einredebehaftete Stipulation zu reduzie56 So wird die Bedingung einer durch Krankheit veranlaßten donatio mortis causa von Ulpian D. 39, 6, 35, 4 formuliert. 57 Zur Nichtigkeit der kausalen Stipulation bei Ausfall der Bedingung etwa Paulus D. 18, 6, 8 pr.: si quidem defecerit condicio, nulla est emptio, sicuti nec stipulatio; idem D. 45, 1, 44: nihil valet stipulatio; vgl. ferner Kaser I, 541; Siber, Privatrecht, 420 f. mit Fn. 12. 58 Wie hier Amelotti, donatio, 211; Ankum, 649; Brutti, dolo processuale I, 217 f. mit Fn. 28; Finkenauer, Geschäftsgrundlage, 331; Kaser, Verbotsgesetze, 84; von Lübtow, 200. 59 Dumont, 233. 60 Die Obligation entsteht dann zwar mit Abschluß der Stipulation, es kann aber erst nach dem Tod des versprechenden Schenkers geklagt werden; vgl. Senn, donation, 63 f. 61 Finkenauer, Stipulation, 25 – 30; zur Vererblichkeit der bedingten Stipulation – die aber hier, wie dargelegt, nicht vorliegt –, bereits Flume, Vererblichkeit, 19 ff., besonders 43 f.; Masi, Studi sulla condizione, 22 f. und 69 – 71. 62 Haymann, Zur lex 42 pr., 226; Simonius, 254, 283. Talamanca, Conventio e stipulatio, 238, meint: „È impossibile pensare ad una rilevanza di una volontà inespressa del promittens, alla quale si riferisca il volens.“ Warum das unmöglich ist, führt er nicht aus; auch die Prämisse, das volens bezeichne eine „volontà inespressa“, ist ja keineswegs zwingend; Longo, Rez. Brutti, 296, spricht im Gegenteil ausdrücklich von einer „volontà espressa“. – Simonius schiebt die Möglichkeit einer Ehegattenschenkung mit der Erwägung beiseite, daß dann die Gewährung der exceptio doli ja bedeute, „daß die Stipulation im Prinzip schon während der Ehe rechtlichen Bestand erlangte“, was einen Widerspruch zur Behandlung der Realschenkung unter Ehegatten bedeute. Dabei übersieht Simonius, daß Ulpian D. 24, 1, 11, 7 für die Realschenkung sehr genau unterscheidet, ob der interpositus vom Schenker oder vom Beschenkten eingesetzt wurde; entsprechend konfligiert die Stipulation hier deswegen nicht mit dem Schenkungsverbot, weil der Stipulator vom schenkenden Ehemann eingesetzt wurde und das Versprechen damit gleichsam noch in der Sphäre des Schenkers bleibt (vgl. dazu Misera, Bereicherungsgedanke, 48 f.).
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ren, wäre freilich eine sehr einfache Lösung des Falles, die zudem die Frage aufwirft, ob es in dem dann vorliegenden Zweipersonenverhältnis überhaupt noch der exceptio bedürfte; einiges spricht nämlich dafür, daß der Wegfall der causa auch eine abstrakte Stipulation zumindest in Fällen der Schenkung und der Mitgift ohne weiteres zu Fall bringen konnte 63. Bemerkenswert ist die Entscheidung Labeos erst dann, wenn man im geschilderten Sachverhalt eine beabsichtigte donatio mortis causa inter virum et uxorem erkennt 64. Daß mit der unscharfen Formulierung volens rell. eine donatio mortis causa des Ehemannes an seine Frau gemeint ist, wird anders als in den allermeisten Stellen zur donatio mortis causa nicht einmal mit dem Ausdruck mortis causa erwähnt, sondern läßt sich zweifelsfrei nur der weiteren Sachverhaltsschilderung entnehmen: Aegritudo ist einer der wichtigsten Fälle der donatio eines imminente periculo commotus 65, und die anschließende Konvaleszenz ist einer der drei anerkannten Rückforderungstatbestände der donatio mortis causa 66. Wenn also hier die Klage aus der Stipulation durch eine Einrede gehemmt ist, so spielt dabei zumindest mittelbar 67 der Ausfall der Bedingung si donator ex eadem valetudine decesserit eine Rolle 68. Daß die donatio mortis causa hier nicht als solche benannt wird, hängt vielleicht damit zusammen, daß die Entscheidung Labeos aus einer Zeit stammt, 63 Das weist Wacke, causa, 245 ff., zunächst für die stipulatio dotis causa nach, Entsprechendes gilt nach seiner Auffassung für die donationis causa abgegebene Stipulation (253, 255); nunmehr ausführlich Finkenauer, Geschäftsgrundlage, insb. 312 –325; 329 –336. 64 So zu Recht schon Schröter, 100 mit Fn. 5; in neuerer Zeit: Misera, Bereicherungsgedanke, 48 Fn. 114 und 217 Fn. 4; zustimmend Ankum, 648 mit Fn. 66; gegen den Interpolationsverdacht ferner ter Beek, Dolus II, 794 in Fn. 5. – Ganz unwahrscheinlich ist andererseits Amelottis Hypothese (212), es liege zwar eine Ehegattenschenkung vor, diese sei aber nicht mortis causa bedingt. Wenn Amelotti die Annahme einer unbedingten – also nichtigen – Ehegattenschenkung mit der Überlegung stützt, daß im Falle einer donatio mortis causa wegen des Bedingungsausfalles – der Schenker genest ja – bereits die Klage aus der Stipulation hätte denegiert werden müssen und deshalb für die exceptio doli kein Bedarf bestanden hätte, geht das aus zwei Gründen fehl: Zum einen handelt es sich hier um eine abstrakte Stipulation, so daß der Bedingungsausfall für den klagenden Stipulator zunächst ohne Bedeutung ist. Zum anderen würde aber doch bei einer unbedingten Ehegattenschenkung, deren Nichtigkeit im Gegensatz zur donatio mortis causa inter virum et uxorem keinem Zweifel unterliegt, die denegatio actionis noch viel näher liegen! 65 PS 2, 23, 1; vgl. auch Paulus D. 39, 6, 35, 4. 66 Inst. 2, 7, 1. Gothofredus bemerkt daher auch in nota f. (ad convaluerit) ad h. l.: atque ita videtur tacite revocata donatio. 67 Zur Frage, weshalb sich der Bedingungsausfall im „Valutaverhältnis“ auch auf die Stipulation, also im „Deckungsverhältnis“ auswirkt, sogleich. 68 Vgl. dazu auch die gl. Spopondisset ad h. l.: volens donare causa mortis. nisi enim mortis fiat mentio, non intelligitur mortis causa donatio [...]: hic ergo causa mortis donatio revocata fuit per convalescentiam [...]. Die Glosse allegiert Paulus D. 33, 4, 11 als Beispiel für eine Schenkung, deren Bezugnahme auf den Tod hinreichend deutlich ist, im Gegensatz zu Papinian D. 39, 6, 42, 1 i. f., wo der Mangel jeglichen Rückforderungsrechtes die Vermutung einer donatio inter vivos begründet.
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als diese besondere Schenkungsform als Rechtsinstitut noch im Entstehen war 69. Es geht jedenfalls zu weit, aus der dürftigen Sachverhaltsschilderung ohne weiteres abzuleiten, der mit volens rell. angedeutete Wille des quis habe sich in keiner Weise juristisch manifestiert 70. Das Abstellen auf aegritudo und anschließende Konvaleszenz und die daraufhin gewährte exceptio doli sprechen deutlich dafür, daß das von quis beabsichtigte Geschäft vom Juristen als indirekte 71 donatio mortis causa anerkannt wird. (3) Weiter stellt sich die Frage nach dem Rechtsverhältnis zwischen uxor und consobrinus. Der Satzteil volens rell. stellt die Willensrichtung von quis klar, sagt aber nichts darüber aus, auf welcher Grundlage uxor den consobrinus auf Herausgabe des Erlangten in Anspruch nehmen kann, falls dieser die Summe nach dem Tod von quis bei dessen Erben erfolgreich einklagt. Man kann freilich mit Ankum 72 vermuten, consobrinus selbst habe das Geld niemals einklagen sollen, vielmehr habe er im Auftrag von quis die uxor zum procurator in rem suam bestellt. Wenngleich der Text dafür keinerlei Anhalt bietet, wäre diese Lösung durchaus plausibel, insbesondere weil das ganze Vorhaben von quis im Hinblick auf das Ehegattenschenkungsverbot jedenfalls unbedenklich war, wenn consobrinus für die Dauer der Ehe formal Forderungsinhaber blieb. Tatsächlich verschiebt diese Annahme das Problem aber nur, ohne es zu lösen. Erstens bleibt die Frage offen, wie denn consobrinus überhaupt dazu angehalten werden konnte, uxor als procurator zu bestellen. Zweitens schützt die procuratio in rem suam die uxor keineswegs davor, daß consobrinus, der in diesem Fall das Forderungsrecht behielte 73, schließlich doch selbst klagt – das zeigt ja der Fortgang des Falles deutlich. Soll dem Willen von quis Geltung verschafft werden, muß uxor also einen Anspruch gegen consobrinus haben, unabhängig davon, ob dieser zunächst nur die Forderung oder das Geld selbst erhält.
69 Der hier Zitierte ist der bekannte augusteische Jurist Marcus Antistius Labeo, der wohl spätestens 42 v. Chr. geboren und zwischen 10 und 21 n. Chr. gestorben ist; sein Vater Pacuvius Antistius Labeo, spätrepublikanischer Jurist und Mitverschwörer gegen Caesar, käme zwar dem Namen nach auch in Betracht, ist aber als Schriftsteller nicht verbürgt; zum ganzen Pernice, Labeo I, 7 – 13, und Kunkel, Juristen, 32 und 114. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die donatio mortis causa als Rechtsinstitut bereits zwischen dem zweiten und dem ersten Jahrhundert v. Chr. existierte – so etwa Amelotti, NNDI VI, 223 s. v. donatio mortis causa, während Kaser I, 763, nur etwas unbestimmt von „seit der späten Republik“ spricht –, so ist die Entscheidung Labeos doch die früheste juristische Quelle zur donatio mortis causa überhaupt. Selbst der von Neraz in D. 39, 6, 43 zitierte Fulcinius gehört erst ins erste nachchristliche Jahrhundert, vgl. Kunkel, Juristen, 137. 70 So aber ausdrücklich Aru, 171 in Fn. 1, und ganz ähnlich Talamanca, Conventio e stipulatio, 238. 71 Bezeichnung von Costa, exceptio doli, 260. 72 Ankum, 648. 73 Allgemein dazu Kaser I, 653.
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In den an anderer Stelle behandelten Fällen der Mitgift-Rückgabestipulation 74 erweist sich das Mandat als geeignetes Instrument, um das versprochene Geld schließlich an den Dritten gelangen zu lassen. Damit die uxor hier eine actio mandati gegen den consobrinus erwerben könnte, müßte sie aber selbst Mandantin sein – eine Möglichkeit, die im Text nicht angedeutet wird. Dumont will nun daraus folgern, daß mangels eines Anspruches der uxor eine donatio mortis causa gar nicht gegeben sei 75. Dem hält Ankum 76 mit Recht entgegen, daß sich Labeo und Julian wohl kaum mit einem Fall befaßt hätten, dessen rechtliche Konstruktion niemals das von den Parteien Gewollte hätte zustande bringen können. Weil es an jedem Anzeichen für eine Vereinbarung zwischen uxor und consobrinus fehlt, kann ein Forderungsrecht der uxor gegen consobrinus nur durch quis selbst begründet worden sein. Dafür kommt letztlich nur ein Fideikommiß in Betracht 77; die Entscheidung Labeos stammt aus einer Zeit, in der die Klagbarkeit von Fideikommissen gerade eingeführt wurde 78. Diese Lösung setzt voraus, daß der zwischengeschaltete consobrinus formal selbst zum Donatar mortis causa wurde und gleichzeitig mit einem Fideikommiß zugunsten der uxor belastet wurde. Das erklärt auch die genaue Angabe des Verwandtschaftsgrades; nur als lege Cincia exceptus konnte consobrinus überhaupt Donatar sein 79. Diese Konstruktion ist nicht ungewöhnlich, sie begegnet etwa auch bei Papinian D. 31, 77, 2. Papinian stellt in diesem Zusammenhang (vorangehender § 1) generell fest, daß nicht nur der Erbe, sondern auch der donatarius mortis causa mit einem Fideikommiß beschwert werden kann (Eorum, quibus mortis causa donatum est, fidei committi quoquo tempore potest). Diese Aussage hat keine Parallele in den Quellen; es ist nicht sicher, daß sie den Rechtszustand bereits zur Zeit Labeos beschreibt. Immerhin läßt sich quoquo tempore auch so lesen, daß es diese Möglichkeit „schon immer“ 74
Vgl. insbesondere die Besprechung von Paulus D. 33, 4, 11, aber auch Scaevola D. 32, 37, 4 (unten 174 ff., 154 ff.). 75 Dumont, 233: „Aucun droit éventuel ne pouvait naître ainsi au profit de la femme lors du décès de son mari. Ce n‘était donc pas là une véritable donation mortis causa par personne interposée“; im Ergebnis ebenso Aru, 171 in Fn. 1. – Dumont denkt offenbar nur an den quis als möglichen Mandanten. Dessen Tod wäre im Hinblick auf Gaius 3, 160 nicht das eigentliche Hindernis, vgl. ausführlich dazu unten 180 f. zu Paulus D. 33, 4, 11. Ein solches Mandat wäre vielmehr nur deswegen hier sinnlos, weil es gerade darum geht, einen Direktanspruch der uxor zu begründen, wozu ein Mandat zwischen quis und consobrinus ungeeignet ist. 76 Ankum, 648. 77 Vgl. nunmehr Finkenauer, Geschäftsgrundlage, 330 f. 78 Einen Rechtszwang zur Erfüllung von Fideikommissen im Wege der cognitio extra ordinem führt Augustus ein, vgl. Inst. 2, 23, 1; 2, 25 pr.; dessen Regierungszeit deckt sich weitgehend mit Labeos Schaffensperiode. 79 Das hebt Simonius, 283, zu Recht hervor. Seine Zweifel an der Befreiung des consobrinus von der lex Cincia verfangen aber im Hinblick auf Vat. 302, wie oben gezeigt, nicht.
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gegeben hat 80. Jedenfalls gibt es auf der anderen Seite auch kein Anzeichen dafür, daß man ursprünglich Fideikommisse nur zu Lasten des Erben zugelassen hätte; vorausgesetzt ist immer nur, daß irgendeine Form der mortis causa capio vorliegt 81. Es ist folglich anzunehmen, daß consobrinus fideikommißrechtlich zur Herausgabe des Erlangten an uxor verpflichtet gewesen wäre. (4) Die eigentliche Bedeutung des Fragments wird nahezu einhellig in der Gewährung der exceptio doli gesehen 82. Sie bewirkt, daß die aus der Stipulation begründete condictio 83 keinen Erfolg hat. Interessant ist vor allem die Frage, auf welches Verhalten sie sich stützt. Amelotti und ihm folgend Sacconi meinen, die exceptio doli beruhe darauf, daß hier eine verbotswidrige Schenkung unter Ehegatten beabsichtigt gewesen sei 84. Es ist zwar möglich, daß die Einschaltung des consobrinus durch den quis das Ziel verfolgte, das Verbot der Ehegattenschenkung zu umgehen 85, welches wahrscheinlich bereits zur Zeit Labeos in Kraft war 86. Gleichwohl ist es ausgeschlossen, daß sich die exceptio allein oder auch nur überwiegend auf das Schenkungsverbot stützen soll. Amelotti übergeht bereits die Tatsache, daß die exceptio allein dem quis gegen den klagenden consobrinus gewährt wird. Zwischen beiden besteht eine abstrakte, unbedingte Stipulation, sicher keine Ehegattenschenkung. Es ist überdies fraglich, ob die auf persönliches Fehlverhalten ausgerichtete exceptio doli ausgerechnet ein „gesetzliches“ Verbot wie die Ehegattenschenkung geschützt haben sollte; derlei Nichtigkeitsgründe hätte der iudex vermutlich von Amts wegen zu berücksichtigen gehabt, ohne daß es einer exceptio bedurft hätte 87. Sollte hier wirklich das Ehegattenschenkungsverbot entscheidend sein, wäre die exceptio doli nichts anderes als die Sanktionierung 80 Daß jedenfalls schon vor Papinian der Donatar mortis causa mit einem Fideikommiß belastet werden kann, ergibt sich möglicherweise aus Ulpian D. 2, 15, 8, 2: Dort wird berichtet, daß eine oratio Mark Aurels über die obligatorische Mitwirkung des Prätors bei Vergleichen über Unterhaltsansprüche auch auf solche Unterhaltsansprüche anzuwenden ist, die dem Begünstigten durch Fideikommiß zu Lasten des donatarius mortis causa zugewendet worden sind. Es läßt sich aber nicht sagen, ob das bereits Mark Aurel regelt oder ob es sich um eine Ausdehnung zur Zeit Ulpians handelt. 81 Vgl. Gaius 2, 260. 271 sowie die verschiedenen Fälle bei Ulpian D. 32, 3 pr.-3. 82 So bereits Lenel, Palingenesia II, Sp. 860 (Ulpian Nr. 1677), der das Fragment im Titel Doli mali et metus einordnet; vgl. ferner Aru, 171 in Fn. 1; Brutti, dolo processuale I, 218 f.; Dumont, 233; Gandolfi, 158; von Lübtow, 200; Pernice, Labeo II/1, 240. 83 Die condictio ist einschlägig, weil hier eine festgesetzte Summe, also ein certum eingeklagt wird; vgl. Kaser I, 542. 84 Amelotti, donatio, 211 f.; Sacconi, 105. 85 Anders zu Unrecht Haymann, Zur lex 42 pr., 226, und Simonius, 254, 283; für Ehegattenschenkung hingegen Ankum, 648 f.; Misera, Bereicherungsgedanke, 216 Fn. 4. 86 In diesem Sinne Liebs, Richter, 77; zur Herkunft des Schenkungsverbotes oben 90 ff. 87 Hierzu Wacke, causa, 245.
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einer einverständlichen fraus legis zwischen quis und consobrinus. Davon kann aber keine Rede sein, weil quis die Zuwendung im Hinblick auf den eigenen Tod (cum aeger esset), also in Erwartung der Auflösung der Ehe, gewollt hatte 88. Zutreffend sieht daher die weit überwiegende Auffassung die Gewährung der Einrede in einem abredewidrigen Verhalten des consobrinus begründet. Mit der exceptio soll nämlich eine Abrede geschützt werden, die im Stipulationswortlaut keinen Niederschlag gefunden hat 89. Dies bedarf indes der Präzisierung. Uneingeschränkt richtig ist, daß die exceptio „auf der Tatbestandsseite“ allein an ein doloses Handeln des consobrinus anknüpft, welches sich der Fallgruppe aliud simulare, aliud agere zuordnen läßt 90. Die Klageerhebung des consobrinus stellt sich also im Lichte der Abrede als dolus praesens dar 91. Eine andere Frage ist aber, welcher Inhalt der Abrede bzw. welcher tatsächliche Wille des quis geschützt wird. Sacconi meint, das Vorgehen des consobrinus stelle sich angesichts der Absicht des quis, das Geld der uxor zukommen zu lassen, als dolos dar, und die Gewährung der exceptio richte sich allein gegen das Vorhaben, eine verbotene Ehegattenschenkung zu bewirken 92. Das ist indes eine perplexe Erklärung: Entweder beruht die exceptio auf dem treuwidrigen Verhalten des consobrinus, der das Geld lediglich für die Frau hätte einfordern sollen – womit gleichsam der „Geschäftsgrundlage“ der Stipulation (eam pecuniam ad mulierem pervenire) entscheidende Bedeutung beigemessen würde –, oder es wird umgekehrt die exceptio gerade deshalb gewährt, weil die „Geschäftsgrundlage“, nämlich die unentgeltliche Zuwendung an die uxor, rechtlich mißbilligt wurde. Letzteres wurde bereits abgelehnt; Sacconi kann aber auch darin nicht zugestimmt werden, daß die Abrede eam pecuniam ad mulierem pervenire tragend für die Gewährung der exceptio sei 93. Es ist zwar zutreffend, daß sich die Klage des consobrinus auch im Lichte dieses Inhaltes der Abrede als dolos darstellt, aber erst in zweiter Linie. Zuerst offenbart das Klagebegehren einen Verstoß gegen die stillschweigende Abrede, daß die Verbindlichkeit nur bestehen soll, wenn der Promissor an der Krankheit, die ihn zur Stipulation veranlaßt 88
Zu Recht ablehnend im Ergebnis MacCormack, 248. Aru, 171 in Fn. 1; Brutti, dolo processuale I, 218 f.; Gandolfi, 158; Krüger, exceptio doli I, 188; von Lübtow, 200; MacCormack, 247 f.; Pernice, Labeo II/1, 240. 90 So hat Aquilius Gallus laut Cicero, de officiis 3, 14, 60, dolus definiert; vgl. MacCormack, 247 f. 91 Liebs, Richter, 77. – MacCormack, 262, zweifelt, ob wirklich dolus praesens vorliegt, weil es um „a particular kind of deceit completed in the past“ gehe, räumt aber zugleich ein, daß sich dieser ja erst in der Gegenwart durch Klageerhebung manifestiere. Tatsächlich kann man hier nur an die Klageerhebung anknüpfen: Ob bereits der Abschluß der Stipulation in doloser Absicht geschah, läßt sich überhaupt nicht sagen. 92 Sacconi, 105; bereits erwogen bei Brutti, dolo processuale I, 218 f. 93 Zu dieser Annahme sieht Sacconi sich genötigt, weil sie meint, mit Amelotti, donatio, 211 ff., eine donatio mortis causa ausschließen zu müssen; wie Sacconi aber bereits Cohen, 14. 89
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hat, stirbt (si ex eadem valetudine decesserim); erst der Verstoß des consobrinus gegen diesen Teil der Abrede erlaubt die Schlußfolgerung, daß er das Geld für sich selbst fordern und nicht der uxor zukommen lassen will. Geschützt wird mit der exceptio demnach nicht der Wille, das Geld der Frau zuzuwenden – die Einrede wäre ein ungeeignetes Instrument, einen solchen Erfolg zu bewirken –, sondern der im Stipulationswortlaut nicht zum Ausdruck gekommene Wille des quis, den Verfall der Stipulation vom Versterben an der bestimmten Krankheit abhängig zu machen 94. Die von Labeo gewährte exceptio doli hat hier mithin allein eine Funktion: Sie schützt den Schenker, der imminente periculo commotus etwas versprach, vor einer Inanspruchnahme nach Konvaleszenz. In späteren Jahren hat die Kautelarpraxis das durch die Bedingung si ex eadem valetudine donator decesserit sichergestellt und so der donatio mortis causa klare Konturen verliehen 95. Labeo nimmt das vorweg, indem er eine Art „Einwendungsdurchgriff“ zuläßt. Diese innovative Lösung wird der Grund dafür sein, daß Julian die Entscheidung zitiert und Ulpian sie in seinen Ediktskommentar aufgenommen hat. Der Einsatz der exceptio doli zum Schutz des gesundeten Schenkers, der im Angesicht drohender Todesgefahr versprochen hatte, ist allerdings keine Erfindung Labeos. In dieser Hinsicht hat der Fall einen prominenten Vorläufer ungefähr aus dem Jahr 65 v. Chr. 96, den berühmten, bei Valerius Maximus 97 überlieferten Prozeß der Otacilia gegen Gaius Visellius Varro 98: [De privatis iudiciis insignibus] C. Visellius Varro gravi morbo correptus trecenta milia nummum ab Otacilia Laterensis, cum qua commercium libidinis habuerat, expensa ferri sibi passus est eo consilio, ut, si decessisset, ab heredibus eam summam peteret, quam legati genus esse voluit, libidinosam liberalitatem debiti nomine colorando. evasit deinde ex illa tempestate adversus vota 94 Ähnlich schon Kaser, Verbotsgesetze, 84 in Fn. 1; Abbet, 138 mit Fn. 703; ter Beek, Dolus II, 795; insoweit zutreffend auch Simonius, 254. – Auch die Außenglosse aeger ad h. l. stellt allein auf die Konvaleszenz des Schenkers ab: Ideoque valetudini restitutus et ex promissione conventus doli exceptione agente stipulatore submovebitur: dolo enim facit qui id pure petat, quod sub conditione mortis tacitae [sic], quae non secuta est, promissum est. – Unrichtig und ohne Anhaltspunkt in den Quellen ist dagegen die Behauptung bei Senn, donation, 64, die in Schenkungsabsicht geschlossene stipulatio mortis causa sei unwiderruflich und könne nur bei Vorversterben des Donatars, nicht aber bei Konvaleszenz des versprechenden Schenkers hinfällig werden. 95 Vgl. die Definition des Festus (oben 99 in Fn. 55) sowie z. B. Paulus D. 33, 4, 11. 96 So die Datierung bei Liebs, Richter, 65; von Lübtow, 201 und Kaser, Verbotsgesetze, 80, gehen ungefähr vom Jahr 70 v. Chr. aus. 97 Valerius Maximus, Memorabilia 8, 2, 2. 98 Ausführlich dazu Liebs, Richter, 65 ff.; ferner Brutti, dolo processuale I, 219 –224; Kaser, Verbotsgesetze, 80 – 86; von Lübtow, 196 ff.; Watson, obligations, 32 –36; neuestens Nörr, 378 – 381.
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Otaciliae. quae offensa, quod spem praedae suae morte non maturasset, ex amica obsequenti subito destrictam feneratricem agere coepit, nummos petendo, quos ut fronte inverecunda, ita inani stipulatione captaverat. de qua re C. Aquilius vir magnae auctoritatis et scientia iuris civilis excellens iudex adductus adhibitis in consilium principibus civitatis prudentia et religione sua mulierem reppulit. quod si eadem formula Varro et damnari et adversariae absolvi potuisset, eius quoque non dubito quin turpem et inconcessum errorem libenter castigaturus fuerit: nunc privatae actionis calumniam ipse compescuit, adulterii crimen publicae quaestioni vindicandum reliquit. Als Gaius Visellius Varro schwer erkrankt war, willigte er ein, daß Otacilia, die Frau des Latarensis, mit der er ein Verhältnis hatte, [in ihr Hausbuch] 300.000 Sesterze als ihm angeblich ausgezahlt eintrug. Damit bezweckte er, daß sie nach seinem Tode diese Summe von seinen Erben fordern sollte. Er wollte ihr eine Art Vermächtnis zuwenden, indem er seiner ausschweifenden Freigebigkeit den Anstrich einer Geldschuld gab. Gegen mehrere Gelübde Otacilias wurde Varro jedoch wieder gesund. Verärgert, daß ihre Hoffnung auf Beute nicht durch seinen Tod hatte reifen können, verwandelte sie sich plötzlich aus einer willfährigen Freundin in eine harte Wucherin, indem sie den Betrag einklagte, den sie sich mit ebenso unverschämter Miene wie wirkungsloser Stipulation geschnappt hatte. Richter in dem Prozeß war Gaius Aquilius Gallus, der große Autorität hatte, ein ausgezeichneter Kenner des ius civile war und sich mit den ersten Männern des Staates beriet. Klug und gewissenhaft wie er war, wies er die Klage der Frau ab. Hätte Varro aufgrund derselben Formel sowohl verurteilt werden als auch von seiner Gegnerin befreit werden können – ich zweifle nicht, daß Gallus die schändliche, nicht hinnehmbare Verirrung gern gegeißelt hätte. So aber hat er die unbegründete Zivilklage selbst unterdrückt, während er das Verbrechen des Ehebruchs den Strafgerichten zur Ahndung überlassen hat 99.
Varro verpflichtete sich anläßlich einer lebensgefährlichen Erkrankung gegenüber Otacilia – mit der er, wie Valerius sich ausdrückt, ein commercium libidinis hatte – durch Stipulation für den Fall seines Ablebens (si decessisset) in Höhe von 300.000 Sesterzen; durch eine vermächtnisähnliche Zuwendung habe er seine Erben verpflichten wollen, berichtet Valerius (ut, si decessisset, ab heredibus eam summam peteret, quam legati genus esse voluit). Als Otacilia die Summe von dem inzwischen genesenen Varro einklagen will, weist sie der iudex Aquilius Gallus ab (mulierem reppulit). Aquilius Gallus, der Schöpfer der exceptio doli 100, hat damit einen Präzedenzfall für die Abweisung des Stipulationsklägers aufgrund von dolus praesens geschaffen. Valerius hat die exceptio doli zwar nicht erwähnt, was vielleicht damit zu erklären ist, daß sie dem Autor als nebensächliches Detail in seinem ziemlich polemischen Bericht erschien. Ohne die Annahme der exceptio doli ist aber kaum zu erklären, wieso der iudex den nach ius civile begründeten Anspruch abweisen konnte 101. Man könnte sich freilich mit Brutti 102 auf die Vermutung 99
Übersetzung angelehnt an Liebs, Richter, 205 f. Vgl. Cicero, de officiis 3, 14, 60; dazu insb. von Lübtow, 185 –188, 201. 101 Kaser, Verbotsgesetze, 84; von Lübtow, 198. 100
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zurückziehen, der Fall sei gerade deswegen so berühmt geworden, weil Aquilius abweichend von der Klageformel unter Inanspruchnahme einer großzügigen „libertà di valutazione“ entschieden habe. Die Hypothese eines derart weiten Ermessens in einem strengrechtlichen Prozeß ist aber nicht besser begründbar als von Lübtows und Kasers Annahme, Valerius habe in seinem Bericht die exceptio doli unterschlagen. Letztlich geht es dabei um die hier nicht zu entscheidende Frage des genauen Entstehungsdatums der exceptio doli 103. Für von Lübtows Annahme, daß dieses Datum vor dem Prozeß Otacilia gegen Varro liegt, spricht immerhin die bei Cicero, De officiis 3, 14, 58 –60, überlieferte causa Pythius gegen Canius: Der getäuschte Käufer Canius muß nach den Worten Ciceros allein deshalb zahlen, weil Aquilius die Formeln de dolo noch nicht entwickelt hatte (Nondum enim C. Aquilius, collega et familiaris meus, protulerat de dolo malo formulas). Die gegenteilige Entscheidung des Otacilia-Falles durch denselben Aquilius spricht also e contrario stark dafür, daß er die exceptio zu dieser Zeit bereits geschaffen hatte 104. Auch ein sprachliches Indiz läßt sich zugunsten der exceptio anführen: Für eine einredebehaftete Stipulation spricht zwar nicht ohne weiteres der Terminus inanis stipulatio 105, wohl aber die Verwendung des Verbs repellere, das man in diesem Zusammenhang als terminus technicus bezeichnen darf 106. Nun hätte 102
Brutti, dolo processuale I, 220 – 224. Daß von Lübtow dieses ungefähr in eins mit dem Prozeß Otacilia gegen Varro setzt, hält Brutti, dolo processuale I, 223 in Fn. 39, für eine „congettura inverificabile“. Bruttis Einwand kann aber allenfalls bedeuten, daß Aquilius die exceptio im Otacilia-Fall bereits der Sache nach anwandte, aber erst kurz danach als Formel bekanntgab. 104 In der Literatur besteht Uneinigkeit darüber, ob Aquilius die exceptio gerade in seiner Eigenschaft als Prätor eingeführt hat (vgl. zum Streitstand von Lübtow, 186); die Prätur bekleidete Aquilius zusammen mit Cicero im Jahr 66 v. Chr. (Kunkel, 22; Mommsen, Strafrecht, 679 in Fn. 2). 105 Entgegen von Lübtow, 198, läßt sich der Begriff inanis nicht generell für die formwirksame, aber aus verschiedenen Gründen nicht durchsetzbare, insbesondere die einredebehaftete Stipulation in Anspruch nehmen. Für diese Bedeutung lassen sich zwar drei Stellen anführen: Paulus D. 12, 5, 8: causa stipulationis, quae propter exceptionem inanis esset; Papinian D. 24, 3, 42, 2: alioquin si patris sumptibus exhibita sit, inanis usurarum stipulatio compensationi non proderit (nicht durchsetzbare Zinsstipulation auf die noch auszuzahlende Mitgift, wenn der Vater der Ehefrau selbst für ihren Unterhalt sorgt); Papinian D. 46, 3, 95, 2: evenit, ut inanis obligatio aditione hereditatis confirmetur. [...] incipit obligatio civilis propter hereditatem [...] auxilium exceptionis amittere. Andererseits wird inanis aber bei Julian D. 24, 1, 39 offenbar für eine ipso iure nichtige Stipulation verwendet; ausführlich zur Stelle Schanbacher, Leistungszweckbestimmung, 9 –23. 106 Die Entkräftung einer Klage durch exceptio wird in einer Vielzahl von Stellen mit der Wendung per exceptionem / exceptione repellere beschrieben: Ulpian D. 3, 3, 28; Paulus D. 3, 3, 45, 1; Ulpian D. 4, 3, 7, 8; Ulpian D. 5, 3, 25, 17; Gaius D. 9, 4, 27, 1; Ulpian D. 10, 4, 3, 13; Ulpian D. 12, 2, 13, 2; Tryphonin D. 13, 7, 23; Ulpian D. 15, 1, 30, 5; Ulpian D. 15, 2, 1, 10; Ulpian D. 16, 1, 6; Marcian D. 20, 6, 8, 13; Ulpian 103
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die Klage möglicherweise auch aufgrund der exceptio legis Cinciae abgewiesen werden können. Dies hätte für Varro den großen Vorteil gehabt, daß er sich ohne Offenlegung der Motive für die Schenkung schlicht auf die Höhe der Zuwendung hätte berufen können. Wie aber bereits Kaser 107 erläutert hat, hätte der Otacilia-Fall wohl kaum etwas Bemerkenswertes gehabt – Valerius zählt ihn ja immerhin zu den memorabilia –, wenn nicht im Prozeß die dahinterstehende Skandalgeschichte zur Sprache gekommen wäre. Auch dies spricht für die exceptio doli. Der Otacilia-Fall weist mithin eine Reihe von Parallelen zur Labeo-Entscheidung in fr. 4, 1 auf, die für letztere aufschlußreich sind: In beiden Fällen bedient sich der Schenker einer Stipulation, um eine Schenkung zu vollziehen, die sittlich oder rechtlich mißbilligt wird. Das wird auch der Grund dafür sein, daß in beiden Fällen die Stipulation unbedingt und abstrakt abgeschlossen wird: Die Aufnahme des Schenkungszweckes in die Stipulationsformel hätte das Geschäft insgesamt gefährdet 108. Hier wie dort ergibt sich daraus das Problem, daß der Stipulator sich später nicht an die (möglicherweise stillschweigende) Abrede hält, die in der Hochklassik zum Charakteristikum der donatio mortis causa eines imminente periculo commotus wird: Hinfälligkeit der Verbindlichkeit bei Konvaleszenz des Schenkers. In beiden Fällen rettet den Schenker die exceptio doli. Der Fall der Otacilia spricht stark dafür, daß sich die exceptio auch bei Labeos Entscheidung auf persönliches Fehlverhalten – Arglist des Klägers – statt auf Gesetzesverstoß stützt. Labeos Entscheidung ist freilich insofern eine Weiterentwicklung, als die exceptio doli nun auch in einem Dreipersonenverhältnis gewährt wird, wobei das dolose Handeln zwar wie im Otacilia-Fall dem Stipulator zur Last fällt, die eigentliche causa der Stipulation, die aufgrund Bedingungsausfalles erloschen ist, aber immer nur gegenüber dem Dritten (der uxor) bestand. Die exceptio doli erweist sich bereits zur Zeit Labeos – wie in der Hochklassik noch oft – wegen ihrer Flexibilität als hervorragendes Instrument der Rechtsfortbildung 109.
D. 21, 2, 51, 4; Ulpian D. 21, 3, 1 pr.; Ulpian D. 23, 3, 29; Papinian D. 23, 3, 69 pr.; Pomponius D. 24, 3, 4; Ulpian D. 28, 4, 1, 3; Julian D. 30, 84, 2; Paulus D. 30, 85 pr.; Paulus D. 33, 4, 11; Ulpian D. 36, 1, 1, 4; Ulpian D. 36, 2, 14, 2; Ulpian D. 36, 3, 1, 17; Marcian D. 37, 4, 15; Ulpian D. 37, 12, 1, 3; Celsus D. 39, 5, 21, 1; Ulpian D. 40, 5, 7; Ulpian D. 40, 5, 46, 5; Gaius D. 41, 1, 7, 12; Ulpian D. 42, 4, 7, 14; Ulpian D. 43, 4, 4, 1; Ulpian D. 43, 5, 3, 15; Ulpian D. 44, 2, 11, 4; Paulus D. 44, 2, 14, 3; Ulpian D. 44, 4, 2, 6; eod. 4 pr. 5. 7. 9. 10. 11. 29; Caracalla C. 2, 3, 5; Gordian C. 4, 34, 4; Justinian C. 7, 33, 11; Justinus C. 7, 39, 7, 2b; Caracalla C. 8, 35, 3; Gaius 2, 76. 78. 198; 4, 116. 117; Inst. 2, 1, 30; 2, 1, 34; 2, 6, 14. 107 Kaser, Verbotsgesetze, 84 f.; außerdem von Lübtow, 198. 108 So bereits Kaser, Verbotsgesetze, 81. 109 Vgl. dazu Wacke, fideicommissum, 257 ff.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
(5) Abschließend ist noch ein Blick auf alternative rechtliche Möglichkeiten zu werfen. Warum hat quis den riskanten Weg der Einschaltung eines – in casu offenbar unzuverlässigen – interpositus gewählt, anstatt seiner Frau die Summe direkt testamentarisch zuzuwenden? Zwei Erklärungen bieten sich hier an: Zum einen mag das rein tatsächlich nicht in Betracht gekommen sein, weil für die Errichtung eines Testaments ganz einfach keine Zeit mehr war. Die Angabe cum aeger esset beschreibt weniger eine langwierige Krankheit als vielmehr eine akute lebensgefährliche Erkrankung 110; daher ist einsichtig, daß sich auf dem Sterbebett noch relativ leicht ein Wortversprechen abgeben läßt, wohingegen die Errichtung eines Manzipationstestamentes unter Hinzuziehung von fünf Zeugen erheblich aufwendiger ist. Die Annahme einer Gefahr im Verzug böte zugleich eine plausible Erklärung dafür, daß überhaupt eine Stipulation statt sofortiger Geldübergabe gewählt wurde; man stelle sich etwa vor, quis sei auf einer Reise fern von Haus und Frau erkrankt, consobrinus womöglich sein einziger Begleiter gewesen. Diese Hypothese würde die Einschaltung des consobrinus dann auch unabhängig vom Ehegattenschenkungsverbot erklären. Zum anderen könnte die lex Voconia einer Erbeinsetzung der uxor entgegengestanden haben; Angehörigen der ersten Zensusklasse war danach verwehrt, Frauen als Erben einzusetzen 111. Die Beschränkung ließ sich ausweislich Gaius 2, 274 ohne weiteres mit Hilfe eines Fideikommisses umgehen 112. Diese Erklärung zugrunde gelegt, kann es nicht überraschen, daß fr. 4, 1 die Höhe der Zuwendung nicht mit der häufigen Bezeichnung certa pecunia im Ungewissen läßt, sondern mit centum aureos präzisiert – handelt es sich doch nach dem in Inst. 3, 7, 3 angegebenen Umrechnungsfaktor gerade um den Betrag von 100.000 Sesterzen, die bei Cassius Dio 56, 10 113 sowie im Kommentar des Asconius zu Cicero in Verrem 2, 1, 41, 104 114 als Grenze für das Eingreifen der lex Voconia genannt werden. Gaius 2, 274 nennt dagegen einen Betrag von 100.000 As, also 25.000 Sesterzen, während nach Angaben von Gellius 6, 13, 1 die Grenze von 125.000 As für die Zugehörigkeit zur ersten Zensusklasse und damit für die Anwendung der lex (vgl. Gellius 6, 13, 3) ausschlaggebend ist. Wenngleich die Angaben erheblich schwanken 115, würde ein Vermögen von mindestens 100.000 Sesterzen 110 Paulus etwa rechnet in seiner Einteilung der verschiedenen Formen einer donatio mortis causa (D. 39, 6, 35, 4) Krankheit zum praesens periculum. In PS 2, 23, 1 wird Krankheit (valetudo) im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Tod (metus impendentis mortis) genannt. 111 Steinwenter, Art. lex Voconia, Sp. 2418; Wieling, falsa demonstratio, 200. 112 Vgl. auch Wieling, falsa demonstratio, 215. 113 Tatsächlich nennt Cassius Dio einen Betrag von 25.000 [Drachmen], was aber 100.000 Sesterzen entspricht; vgl. Steinwenter, Art. lex Voconia, Sp. 2418. 114 Dazu Weishaupt, lex Voconia, 13 f.
III. Donatio per interpositam personam
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nach allen drei Autoren quis als classicus ausweisen und eine Erbeinsetzung der uxor ausschließen. Letztlich geht es in fr. 4, 1 ebenso wie im Otacilia-Fall dem Schenker / Promissor darum, außerhalb der testamentarischen Form eine Verbindlichkeit zu Lasten der eigenen Erben zu begründen. Für den Otacilia-Fall wird das von Valerius ausdrücklich hervorgehoben (ut, si decessisset, ab heredibus eam summam peteret), im Fall der Labeo-Entscheidung ist es eine Erklärung dafür, daß dem consobrinus nicht schlicht die Summe ausgezahlt wird. Bemerkenswert ist das deshalb, weil das erklärte Ziel des Stipulators, nicht sich selbst, sondern allein seine Erben zu verpflichten, wegen der Regel ab heredis persona obligatio non incipere potest 116 der Wirksamkeit der Stipulation entgegenstehen müßte. Weder bei Valerius noch bei Labeo findet sich aber irgendein Anhaltspunkt dafür, daß eine Unwirksamkeit der Verpflichtung aus diesem Grunde auch nur erwogen worden wäre, was auch auf die mangelnde Stringenz bei der Beachtung der genannten Regel schließen läßt 117. Vorrang genießt das offenbar schon von den Klassikern für schützenswert gehaltene Interesse des Erblassers, Personen außerhalb des Testamentes zu bedenken, dem man bis heute etwa mit dem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall entgegenkommt. 2. Papinian D. 24, 1, 52, 1 D. 24, 1, 52, 1 Papinianus libro decimo quaestionum Uxor viro fructum fundi ab herede suo dari, quod si datus non fuisset, certam pecuniam mortis causa promitti curavit: defuncto viro viva muliere stipulatio solvitur, ut traditio, quae mandante uxore mortis causa facta est: nam quo casu inter exteros condictio nascitur, inter maritos nihil agitur. Eine Ehefrau hat veranlaßt, daß von ihrem Erben auf den Todesfall versprochen wurde, ihrem Mann den Nießbrauch an einem Grundstück zu leisten, und daß für den Fall, daß der Nießbrauch nicht geleistet würde, eine bestimmte Geldsumme übereignet würde. Wenn der Mann verstirbt, die Frau aber noch lebt, wird die Stipulation hinfällig wie eine Übergabe, die im Auftrag der Frau von Todes wegen erfolgt ist. Denn in den Fällen, 115 Einen guten Überblick zum Problem der abweichenden Wertangaben und zu den verschiedenen Lösungsvorschlägen in der Literatur bietet Weishaupt, lex Voconia, 42 –47. Eine plausible Erklärung ist, daß Gaius den ursprünglichen, in der lex selbst genannten Betrag angibt, während sich Cassius Dio, Gellius und Asconius auf eine später erfolgte Erhöhung der für die Einordnung in bestimmte Zensusklassen maßgeblichen Beträge beziehen. 116 Gaius 3, 100, 158; dazu Finkenauer, Stipulation, 17 f. 117 Schon Gaius selbst (2, 232) äußert deutliche Zweifel am Sinn der Differenzierung cum morietur vs. post mortem: quod non pretiosa ratione receptum videtur. Grundsätzlich zur Frage der Bedeutung solcher Rechtsregeln neuestens Finkenauer, Stellvertretung, 492 f. (hier zu alteri stipulari nemo potest); vgl. bereits Wieling, falsa demonstratio, 244.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
in denen zwischen Dritten eine Kondiktion entsteht, wird zwischen Verheirateten nichts bewirkt.
Eine Ehefrau veranlaßt ihren 118 zukünftigen Erben, ihrem Mann einen Nießbrauch 119 oder hilfsweise eine Vertragsstrafe zu versprechen, was der Erbe weisungsgemäß tut 120. Das Versprechen erfolgt mortis causa, wobei noch zu klären ist, inwieweit das in der Stipulation tatsächlich zum Ausdruck kam 121; jedenfalls hängt nach dem Willen der Parteien der Bestand des Versprechens davon ab, daß der Mann die Frau überlebt. Offenbar kam es anders: Der Mann starb vor der Frau; seinen Erben, die den heres der Frau aus der Stipulation in Anspruch nehmen wollen, antwortet Papinian, die Stipulation sei hinfällig geworden (solvitur). Da das gesamte Geschäft außerdem auf den Tod der Frau abstellt, ist davon auszugehen, daß sie gleichfalls gestorben ist, andernfalls wäre die Stipulation nicht fällig. Der Rechtsstreit findet mithin zwischen den beiderseitigen Erben statt. Der Fall ist, so Papinians responsum, einer traditio an den Mann vergleichbar, die im Auftrag der Frau 122 geschieht. Die in diesem Fragment besonders auffällige Breviloquenz Papinians bereitet Schwierigkeiten schon bei der Ermittlung der Fakten; um so schwieriger ist es, die Entscheidung Papinians und ihre Begründung zu verstehen. Unter Abwägung der verschiedenen Deutungen, die der knappe Text schon aufgrund sprachlicher Zweideutigkeiten zuläßt, ist im einzelnen folgenden Fragen nachzugehen: Um was für ein Grundstück handelt es sich, wem gehört es vor dem Erbfall? (1) Inwieweit nimmt uxor auf die Abgabe des Versprechens Einfluß, was also be118
Heres suus meint den Erben der Frau und nicht etwa den des Mannes, was sich daraus ergibt, daß sich das streng reflexive Possessivpronomen suus nur auf das handelnde Subjekt beziehen kann; dazu Menge, 99. 119 Vgl. zu fructus in der Bedeutung Nießbrauch Heumann / Seckel s. v. fructus sub 2) sowie Finkenauer, Stipulation, 146 f. 120 Daß der Erbe und nicht die Frau in beiden Fällen der Versprechende ist, ergibt sich zweifelsfrei daraus, daß die Frau die Stipulation nur veranlaßt (curavit) und nicht selbst abschließt (promisit). Dies wird deutlicher, wenn man das dari nach certam pecuniam nochmals ergänzt, vgl. dazu Finkenauer, Geschäftsgrundlage, 334 in Fn. 124. – Anders aber, soweit es um die Geldzahlung geht, die Übersetzung von Grant McLeod, in: Watson, Digest (she promised a fixed sum mortis causa) und Hulot, in: ders. (elle a fait a son mari une donation à cause de mort); gegen die Übersetzung bei Watson mit Recht Ankum, 649 in Fn. 72. Umgekehrt meint d’Ors, Donatio, 481, die Frau habe Früchte geschenkt und der Erbe lediglich die Vertragsstrafe versprochen, wofür der Text ebensowenig Anhalt bietet; noch anders Cugia, 223: Der Erbe habe unter Vereinbarung einer poena versprochen, daß uxor den Nießbrauch bestellen werde. Die gl. Curavit ad h. l. läßt die Person des promissor offen: ut uxor, vel heres. 121 Vgl. zur mortis causa erfolgten Zuwendung eines Nießbrauchs auch Ulpian D. 32, 3, 3. 122 Damit ist also logisch ein Dritter, ein interpositus vorausgesetzt; vgl. dazu unten 118 f.
III. Donatio per interpositam personam
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deutet curavit? Wie kommt die Bedingung mortis causa zum Ausdruck – ist sie Teil der Stipulationsformel? (2) Wieso wird überhaupt ein Dritter als Promittent eingeschaltet und warum bedient sich uxor nicht erbrechtlicher Institute, um ihren Mann zu versorgen? (3) Was genau versteht Papinian unter dem Begriff solvitur und wie läßt sich solvitur gleichermaßen auf die stipulatio und die traditio beziehen? (4) Bietet der letzte Satz nam rell. tatsächlich eine schlüssige Begründung; gilt diese nur für den Vergleichsfall der traditio oder auch für die stipulatio? (5) (1) Das Grundstück – sei es ein italisches oder eines in der Provinz 123 – gehört offenbar zum Vermögen der Frau; daß sie es dem heres bereits zu Lebzeiten übereignet hätte, sagt der Text nicht 124. Davon ist auch nicht auszugehen, es sei denn, es bestünde ein zwingender Grund dafür, daß heres bereits zu Lebzeiten der uxor Eigentümer werden müßte. Die Stipulation ist aber kein Grund dafür, weil heres aufschiebend bedingt versprechen kann. Erwägenswert ist, ob es sich um ein Dotalgrundstück handelt; wäre dem so, ließe sich die Nießbrauchsbestellung mit der Absicht erklären, der Mann solle das Grundstück, das er während der Ehe verwaltet, noch bis zu seinem Tod weiter nutzen können. Davon geht Lenel aus, der die Stelle in den Titel De iure dotium einordnet 125. Seine Hypothese, das zehnte Buch der Quästionen Papinians habe sich dem Dotalrecht gewidmet, hat aber eine schwache Grundlage: Von acht Fragmenten weisen nur zwei einen deutlichen Bezug zur dos auf 126; in den anderen geht es um den servus fugitivus 127, um die fideiussio 128, um die donatio ante nuptias 129, um die Schenkung unter Ehegatten mit Freilassungsauflage 130 sowie um Nichtigkeit und Konvaleszenz von Ehegattenschenkungen 131. Mindestens vier von acht Fragmenten lassen sich wesentlich besser dem Schenkungsverbot zuordnen als dem Dotalrecht. Das gilt ganz besonders für das hier interessierende fr. 52; noch deutlicher als im behandelten § 1 ist das im principium, wo es ausschließlich um die Nichtigkeit einer „gemischten Schenkung“ zwischen Ehegatten – in Verbindung mit einer locatio conductio – geht. Ist demnach bereits der palingenetische Zusammenhang zweifelhaft, so erheben sich gegen die Annahme eines Dotalgrundstücks in fr. 52, 1 zwei inhaltliche Bedenken: Erstens bedürfte es dazu der Hypothese, eine Frau habe entgegen 123 124 125 126 127 128 129 130 131
Darüber macht der Text entgegen Ankum, 649, keine Aussage. So indes Ankum, 649. Lenel, Palingenesia I, Sp. 833 (Papinian Nr. 184). Ulpian / Papinian D. 23, 3, 5, 12 (Nr. 179); Papinian D. 23, 3, 68 (Nr. 180). D. 13, 1, 17 (Nr. 181). D. 46, 1, 48 (Nr. 185). Ulpian / Papinian D. 24, 1, 32, 27 (Nr. 178). Ulpian / Papinian D. 24, 1, 7, 8 (Nr. 182). Ulpian / Papinian D. 24, 1, 23 (Nr. 183); D. 24, 1, 52 (Nr. 184).
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
Paulus Vat. 98 132 doch über die eigene Mitgift testieren können, hier zugunsten des heres; das zugestanden, wären all die Stellen, in denen eine Frau eine dritte Person für die Mitgift-Rückgabestipulation hinzuzieht, um diese Person dann letztwillig zur Herausgabe der Mitgift an einen von ihr bestimmten Begünstigten zu verpflichten 133, nicht zu erklären. Zweitens müßte man natürlich unterstellen, daß das Dotalgrundstück, würde daran kein Nießbrauch bestellt, nach dem Tod der Frau vom Mann an deren Erben herauszugeben wäre. Das ist aber mit UE 6, 4. 5 134 unvereinbar; die Stelle nennt nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist die Mitgift vom paterfamilias der Frau bestellt (dos profecticia), dann fällt sie unbeschadet bestimmter Abzugsrechte an ihn zurück, wenn er noch lebt, ansonsten verbleibt sie beim Ehemann; oder die Frau selbst oder ein Dritter hat die Mitgift bestellt (dos adventicia) 135, dann verbleibt sie auf jeden Fall dem Mann, wenn sich die Frau bzw. der Dritte nicht ausdrücklich die Rückgewähr haben versprechen lassen (dos recepticia) 136. Paulus Vat. 98 und UE 6, 4. 5 zeigen also, daß es eine Frau nicht in der Hand hat, das Schicksal der Mitgift direkt durch letztwillige Verfügung zu bestimmen; auch für die von ihr selbst bestellte Mitgift muß sie den Umweg über eine Rückgabestipulation gehen 137. Da hier aber ein Testierrecht der Frau logische Voraussetzung wäre – das Grundstück muß dem heres nach dem Tod der Frau zukommen –, ist die Hypothese eines Dotalgrundstückes zu verwerfen. (2) Inwiefern hat uxor den Abschluß der Stipulation beeinflußt? Der an sich farblose Ausdruck curare drückt in Verbindung mit einem Infinitiv oder abhängigen Prädikat meistens nur aus, daß ein anderer anstelle des „curator“ tätig wird 138 und hat dann die Bedeutung: „dafür sorgen“; „veranlassen“; „bewirken“ 139. In der Bedeutung: „einen Dritten zur Abgabe eines Stipulationsverspre132
Text unten 154 f. bei Scaevola D. 32, 37, 4. Scaevola D. 32, 37, 4; Papinian D. 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11; Caracalla C. 5, 12, 2; Gordian C. 8, 56, 2. 134 Dazu unten 153 f. 135 Dos adventicia heißt also jede Mitgift, die nicht vom paterfamilias bestellt ist, vgl. UE 6, 3: Dos aut profecticia dicitur, id est quam pater mulieris dedit, aut adventicia, id est ea, quae a quovis alio data est. 136 Dazu nunmehr Stagl, 12 f. 137 Ausführlich dazu unten Kap. 3 II. 138 Vgl. etwa Ulpian D. 11, 7, 2, 1: qui mortuum in locum alienum intulit vel inferre curavit; Gaius D. 34, 5, 5: sed alius ex amicis curavit eum restitui, et ei fideicommissum praestari; Paulus D. 45, 1, 83: non simplex abnutivum spondet, sed curaturum se, ut dolus malus absit; Ulpian D. 47, 10, 11 (= Inst. 4, 4, 11): qui dolo fecit vel qui curavit, ut cui mala pugno percuteretur; Valerian / Gallien C. 6, 42, 15: vos sui iuris facere testator curavit; PS 4, 7, 2: is qui sciens dolo malo id fieri iussit faciendumve curavit; Gordian C. 2, 4, 9: si eam inferre quantitatem non curasset; Justinian C. 4, 35, 23, 1: ut neque ei qui cedit actiones neque ei qui eas suscipere curavit aliquid lucri vel fieri vel remanere. 139 Heumann / Seckel, s. h. v. 1). 133
III. Donatio per interpositam personam
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chens veranlassen“ verwendet das Wort Ulpian D. 15, 1, 3, 13 140, besonders aber Papinian selbst in einem dem fr. 52, 1 sehr ähnlichen Fall: D. 35, 2, 15, 1 Papinianus libro tertio decimo responsorum Frater cum heredem sororem scriberet, alium ab ea cui donatum volebat stipulari curavit, ne Falcidia uteretur et ut certam pecuniam, si contra fecisset, praestaret. privatorum cautione legibus non esse refragandum constitit et ideo sororem iure publico retentionem habituram et actionem ex stipulatu denegandam. Ein Bruder setzte seine Schwester als Erbin ein und sorgte dafür, daß ein anderer, dem er schenken wollte, sich von ihr versprechen ließ, daß sie sich nicht auf die lex Falcidia berufen würde und daß sie widrigenfalls eine bestimmte Geldsumme zahlen werde. Es steht fest, daß die Gesetze nicht durch Privatvereinbarungen außer Kraft gesetzt werden dürfen; daher antwortete ich, daß die Schwester aufgrund allgemeinverbindlichen Rechts ein Zurückbehaltungsrecht haben werde und die Klage aus der Stipulation verweigert werden müsse.
Mit vertauschten Rollen findet sich hier die obige Konstellation wieder: Frater ist hier Erblasser, soror Erbin und alius Donatar. Frater veranlaßt (curavit), daß soror dem alius verspricht. Hier ebenso wie in fr. 52, 1 bezeichnet curavit nichts anderes als die Erteilung eines Mandats an den Versprechenden 141; dieser verspricht, weil er sonst nicht zum Erben eingesetzt würde. In fr. 15, 1 wird der jedenfalls zeitliche Zusammenhang zwischen Erbeinsetzung und Stipulation mit cum heredem sororem scriberet, [...] stipulari curavit deutlich gemacht. Erbeinsetzung, Mandatserteilung und Stipulation bilden zusammen eine die Erbfolge regelnde Vereinbarung, etwa so, wie bei Bestellung einer Mitgift zugleich deren Rückgabe stipuliert werden kann 142. Das erklärt den Verzicht auf das eigentlich zu erwartende mandavit: Auftragserteilung und dessen Ausführung fallen unmittelbar zusammen, entscheidend ist nur das Ergebnis; mandare würde die Vorstellung erwecken, als könne die Stipulation auch erst irgendwann in der Zukunft abgeschlossen werden. Bemerkenswert ist der Inhalt der Stipulation in fr. 15, 1: Soror verspricht, daß sie sich nicht auf die lex Falcidia, die ihr als Erbin ein Viertel des Nachlaßwertes sichert, berufen werde; andernfalls verfällt eine Vertragsstrafe. Alius muß demnach ein Donatar mortis causa sein 143, denn die Anwendung der lex 140
Si filius familias duumvir pupillo rem salvam fore caveri non curavit [...]. Finkenauer, Geschäftsgrundlage, 335 in Fn. 126; vgl. auch Savigny, System IV, 125 in Fn. s 1: Die actio mandati [contraria], die heres dann gegen uxor erwirbt, würde im vorgesehenen Fall, also wenn die donatio mortis causa und die Stipulation Bestand haben, mit Eintritt des Erbfalls durch Konfusion erlöschen. Hier entsteht natürlich kein Anspruch, weil die Stipulation hinfällig wird (solvitur) und heres daher keine Aufwendungen hat. Zu den – nicht durchgreifenden – Einwänden gegen ein transmortales mandatum ad stipulandum aufgrund von Gaius 3, 160 vgl. unten 180 f. zu Paulus D. 33, 4, 11. 142 Scaevola D. 32, 37, 4; Paulus D. 33, 4, 11. 141
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
Falcidia auf donationes inter vivos kam jedenfalls zur Zeit Papinians noch nicht in Betracht 144. Die Anwendung der lex Falcidia auf donationes mortis causa ist eine von Septimius Severus eingeführte Neuerung, die vermutlich auf Papinian zurückgeht 145, jedenfalls hat dieser die Änderung der Rechtslage wohl selbst miterlebt. Das Fragment 15, 1 bezeugt die strikte Anwendung der lex durch Papinian: Der Versuch, die lex Falcidia durch Parteivereinbarung auszuschalten, wird von ihm zurückgewiesen; soror hat an den von frater mortis causa verschenkten Gegenständen eine retentio bis zur Höhe der quarta Falcidia, die Klage des alius aus dem Vertragsstrafeversprechen wird denegiert. (3) Die Entscheidung Papinians in D. 35, 2, 15, 1 gibt zugleich eine mögliche Erklärung für das gewählte Vorgehen in fr. 52, 1: Uxor wollte ihrem Mann den Nießbrauch ohne Abzug der quarta Falcidia zuwenden 146, was aber ohne den Umweg der Bestellung durch Stipulation eines Dritten nicht möglich war. Denn obgleich der Nießbrauch mit dem Tod des Berechtigten erlischt und der Erbe danach Volleigentümer wird, unterfällt doch die letztwillige Bestellung eines Nießbrauchs der lex Falcidia ebenso wie Verfügungen über das Eigentum, mit der Folge, daß die Ausübung des Nießbrauchs geteilt sein kann; sowohl Papinian D. 7, 1, 5 147 als auch schon Gaius D. 35, 2, 81 pr. 148 sprechen das deutlich aus 149. Unterstellt man, daß das Grundstück im wesentlichen den Nachlaß der Frau ausmachte – also nicht genügend andere Mittel vorhanden waren, um die quarta Falcidia auszuzahlen –, dann bestand ein offensichtliches Bedürfnis, eine Teilung des Nießbrauchs auf dem hier gewählten Weg zu vermeiden; er sollte in voller Höhe dem Mann zustehen. Ein an sich mögliches Fideikommiß, mit dem uxor ihren heres zugunsten ihres Mannes hätte beschweren können, kam dann ebenso wenig in Frage wie der gängige Weg einer Nießbrauchsbestellung durch 143
Ebenso Cugia, 124. Vgl. den Wortlaut bei Paulus D. 35, 2, 1 pr.; auch Gaius 2, 227 kennt nur die Beschränkung von Legaten. Die Anwendbarkeit der lex auf donationes inter vivos verneint Papinian ausdrücklich in D. 39, 6, 42, 1. – Zur neuen Rechtslage nach Paulus D. 31, 87, 4 vgl. oben 81 ff. 145 Dazu oben 35 ff. 146 So bereits Cuiacius ad h. l., opera IV, Sp. 267 C-E. 147 D. 7, 1, 5 Papinian 7 quaest. Usus fructus et ab initio pro parte indivisa vel divisa constitui et legitimo tempore similiter amitti eademque ratione per legem Falcidiam minui potest (Der Nießbrauch kann von vornherein an einem ideellen Bruchteil oder an einem realen Teil bestellt werden und kann ebenso mit Ablauf der gesetzlichen Frist wieder erlöschen und nach denselben Grundsätzen gemäß der lex Falcidia gemindert werden). 148 D. 35, 2, 81 pr. Gaius 8 ad ed. prov. Sed usus fructus legatus venit in computationem legis Falcidiae, nam divisionem recepit adeo, ut, si duobus legatus fuerit, ipso iure ad singulos partes pertineant. (Der vermachte Nießbrauch aber wird bei der Berechnung der lex Falcidia berücksichtigt, denn er unterliegt der Teilung in gleicher Weise, wie er ipso iure zu einzelnen Teilen zusteht, wenn er zwei Personen vermacht ist). 149 Vgl. dazu und zur gleichen Rechtslage bei der Zuwendung von Dienstbarkeiten Schwarz, lex Falcidia, 352 – 358. 144
III. Donatio per interpositam personam
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Vindikationslegat 150: Bereits zwischen 70 und 80 n. Chr. wurden Fideikommisse durch das SC Pegasianum der lex Falcidia unterworfen 151; für Legate galt das Gesetz ohnehin. Den Erben durch Stipulation einen Verzicht auf die portio Falcidiae aufzuzwingen war, wie fr. 15, 1 zeigt, eine allzu offensichtliche fraus legis. Uxor ließ deshalb ihren heres dem vir durch abstrakte Stipulation die Bestellung des Nießbrauchs versprechen, um zu verschleiern, daß es sich in Wirklichkeit um eine donatio mortis causa handelte, und so der lex Falcidia zu entgehen. Die Abgabe einer abstrakten Stipulation mit dem Ziel, die ihr zugrundeliegende causa zu verbergen, begegnete bereits in den Fällen Ulpian / Julian / Labeo D. 44, 4, 4, 1 sowie bei Valerius 8, 2, 2. Auch hier wird die Bedingung, unter der die Stipulation tatsächlich verfallen soll, nur als tacita condicio eingeführt: nämlich nur dann, wenn vir uxor überlebt; ansonsten soll die Stipulation hinfällig sein, weil sie dann ihren Zweck, die Versorgung des Mannes, nicht mehr erfüllen kann 152. Das ergibt sich noch nicht aus der Angabe, heres verspreche mortis causa; während bei einer Zuwendung im Zweipersonenverhältnis nämlich mit der Abrede mortis causa ohne weiteres die Bedingung formuliert ist, daß der Beschenkte den Schenker überleben müsse 153, kann die Angabe, heres verspreche mortis causa, nur die Bezugnahme auf den Tod der uxor und damit eines Dritten bedeuten. Aus Sicht des versprechenden heres bedeutet mortis causa hier deshalb nicht mehr als die aufschiebende Befristung der Leistungspflicht auf den Tod der uxor 154. War danach die Stipulation hier zwar abstrakt formuliert und die Überlebensbedingung nur stillschweigend vorausgesetzt, so ist doch zu vermuten, daß sie eine aufschiebende Befristung enthielt, und zwar aus zwei Gründen: Erstens sollte der Nießbrauch nicht schon in einem Zeitpunkt, da beide Gatten noch lebten, geschuldet sein, zweitens war heres vor dem Tod der uxor noch nicht Eigentümer des Grundstückes, was er aber sein mußte, um den Nießbrauch bestellen zu können 155. Die Stipulationsfrage des vir könnte also etwa gelautet haben: „Post mortem uxoris meae fructum fundi dari spondes?” 150
Zu den verschiedenen Arten der Nießbrauchsbestellung vgl. die Nachweise bei Finkenauer, Stipulation, 139 f., und bei Kaser I, 597. 151 Gaius 2, 254; Kaser I, 762 f. 152 Vgl. Finkenauer, Geschäftsgrundlage, 335. 153 Inst. 2, 7, 1; Julian D. 39, 6, 13, 1; zur Unverzichtbarkeit des Rückforderungsrechts bei Vorversterben des Beschenkten vgl. oben 39 ff. 154 Der Fall gehört deshalb nicht zu den stipulationes mortis causa im Sinne der Definition des Festus (Text oben 99 in Fn. 55). – Zur Verwendung des Begriffes stipulatio mortis causa im weiteren Sinne in den Digesten vgl. Simonius, 254. 155 Das legt Pomponius D. 45, 1, 31 nahe: Si rem meam sub condicione stipuler, utilis est stipulatio, si condicionis existentis tempore mea non sit. (Wenn ich mir meine eigene Sache bedingt versprechen lasse, ist die Stipulation wirksam, wenn die Sache mir bei Bedingungseintritt nicht gehört.) Solange der Stipulator Eigentümer ist, liegt
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
Fraglich ist aber, weshalb überhaupt heres als Promittent eingeschaltet werden mußte. Im Fall Valerius 8, 2, 2 hatte Varro direkt der Otacilia versprochen; die beiden waren freilich nicht verheiratet 156. Dagegen könnte hier ebenso wie bei Labeos Entscheidung (D. 44, 4, 4, 1) 157 die Einschaltung eines interpositus mit dem Ehegattenschenkungsverbot zusammenhängen. Die Nichtigkeit von Stipulationen donationis causa zwischen Ehegatten war für Papinian ebensowenig zweifelhaft wie für Ulpian. Neben dem bereits behandelten Text Ulpian D. 24, 1, 3, 10 158 belegt dies das folgende Fragment: D. 24, 1, 23 Ulpianus libro sexto ad Sabinum Papinianus recte putabat orationem divi Severi ad rerum donationem pertinere: denique si stipulanti spopondisset uxori suae, non putabat conveniri posse heredem mariti, licet durante voluntate maritus decesserit. Papinian meinte zu Recht, daß sich die Senatsrede des vergöttlichten Kaisers Septimius Severus nur auf die Schenkung körperlicher Gegenstände beziehe. Demgemäß meinte er, daß der Erbe eines Ehemannes, der seiner Frau etwas durch Stipulation versprochen hatte, nicht in Anspruch genommen werden könne, wenngleich der Ehemann unter Aufrechterhaltung seines Schenkungswillens gestorben sei.
Während Ulpian in fr. 3, 10 lediglich die Gleichbehandlung von traditio und stipulatio während der Ehe klarstellt, geht Papinians Aussage in fr. 23 noch weiter, indem dort auch eine Konvaleszenz von Stipulationen nach dem Tod eines Ehegatten ausgeschlossen wird. Der Jurist bezieht sich auf die oben 159 erläuterte oratio Severi und beschränkt die Heilungsmöglichkeit auf Schenkungen, die mittels Sachübergabe vollzogen worden waren; Ulpians zustimmendes recte steht freilich im Widerspruch zu Ulpian eod. 32, 1, wo er eine Konvaleszenz auch von obligationes behauptet. Diese Verallgemeinerung liegt auf einer Linie mit Ulpian eod. 11, 1, wo die Wirksamkeit jeglicher donatio mortis causa inter virum et uxorem vertreten wird, während Gaius eod. 10 nahelegt, daß nur die aufschiebend bedingte donatio mortis causa zwischen Ehegatten anerkannt war. Ebenso umstritten wie die Geltung des Schenkungsverbotes für die aufschiebend bedingte Sachschenkung mortis causa dürfte die Frage der Konvaleszenz von Stipulationen zwischen Ehegatten gewesen sein; so ist es nicht verwunderlich, daß die Diskussion auch nach der oratio Severi weiterging, und es ist auch nicht ausgeschlossen, daß die oratio mit der Zeit einen weiteren Anwendungsbereich gefunden hat, als ihr Papinian zunächst zugedacht hatte. Papinians in fr. 23 Unmöglichkeit vor; ebenso, wenn er einen Nießbrauch an einem ihm nicht gehörenden Grundstück bestellen soll. 156 Vgl. oben 106 ff. 157 Vgl. oben 98 f., 110 f. 158 Zum Text oben 94. 159 Oben 96 f.
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überlieferte Stellungnahme bezeugt jedenfalls glaubwürdig, daß im Fall des fr. 52, 1 eine unbedingte Nießbrauchsstipulation der uxor an vir nichtig gewesen wäre. Damit ist freilich noch nicht gesagt, daß auch eine Stipulation nichtig gewesen wäre, mit der uxor ihrem Mann unter der aufschiebenden Bedingung ihres Todes verspricht. Papinian nimmt zwar in fr. 23 alle Stipulationen vom Anwendungsbereich der oratio aus, doch besagt das nichts, weil ja eine Heilung nach der oratio nur in Betracht kommt, wenn bereits feststeht, daß die Stipulation zu Lebzeiten der Ehegatten nichtig ist. Ein der uxor abgenommenes Versprechen des Inhalts cum morieris, fructum fundi dari spondes? wäre jedenfalls nicht im Hinblick auf Gaius 3, 100 zu beanstanden. Ob es dem Ehegattenschenkungsverbot standhielte, läßt sich nicht mit Gewißheit sagen. Wenn Ulpian / Gaius in D. 24, 1, 9, 2 – 11 pr. die Zulässigkeit der donatio mortis causa inter virum et uxorem mit aufschiebender Bedingung begründen, so stellen sie dabei ausdrücklich auf die datio und den Eigentumsübergang ab. Ob sich dieser Grundsatz auf die aufschiebend bedingte Stipulation übertragen läßt, bleibt fraglich; Belege für direkt zwischen Ehegatten donandi animo abgeschlossene Stipulationen sind nicht auszumachen, dafür um so mehr komplizierte Dreiecksgeschäfte. Sogar läßt sich umgekehrt sagen, daß nicht allein durch divortium eine vom Schenkungsverbot betroffene Stipulation konvalesziert, weil dem Versprechensempfänger eben gerade in seiner Eigenschaft als Ehegatte versprochen worden war 160. Sehr wahrscheinlich würde aber auf eine Stipulation zwischen uxor und vir – ihre Wirksamkeit hilfsweise unterstellt – wiederum die lex Falcidia angewendet. Ulpian befürwortet in D. 24, 1, 32, 1 i. f. die Anwendung auf alle Schenkungen, die aufgrund der oratio Severi konvaleszierten, und es ist unwahrscheinlich, daß die Rechtslage vor Milderung des Schenkungsverbotes die mit animus donandi eines Ehegatten abgeschlossenen stipulationes mortis causa, die ohnehin eine größere Nähe zu den erbrechtlichen Instituten hatten, großzügiger behandelt hätte. Noch weniger würde es einleuchten, wenn Papinian, der vermutlich die Anwendung der lex Falcidia auf donationes mortis causa entscheidend vorangetrieben hat 161, eine Nießbrauchsstipulation der uxor nicht der quarta Falcidia unterworfen hätte. Mit einer direkten Stipulation zwischen uxor und vir war die Beschränkung also keinesfalls zu umgehen. Anders war das, wenn heres als derjenige, der sonst Anspruch auf die quarta Falcidia gehabt hätte, den Nießbrauch selbst versprach. Es bleibt dann natürlich die Frage, ob Papinian nicht auch diesen Umgehungsversuch vereitelt hätte; sie war hier nicht zu entscheiden, weil die Stipulation insgesamt hinfällig wurde (solvitur). Das schließt nicht aus, daß die Parteien es versucht haben. Der Erfindungsreichtum bei der Umgehung der lex Falcidia war groß: Was mit Legaten nicht möglich 160 161
D. 24, 1, 39 und dazu Finkenauer, Geschäftsgrundlage, 319 –321. Vgl. dazu oben 35 ff.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
war, geschah zunächst per Fideikommiß, dann durch die donatio mortis causa, durch vertraglichen Ausschluß der lex 162, schließlich gar durch donationes inter vivos mit bedingter Rückgabestipulation 163. (4) Ist damit eine Erklärung für das von den Parteien im Ausgangsfall gewählte Vorgehen angeboten worden, so ist als nächstes der Frage nachzugehen, wodurch die Stipulation hinfällig wird (solvitur) und welche Gemeinsamkeiten das mit dem Vergleichsfall der traditio aufweist. Die Stipulation wird hinfällig, nachdem vir vorverstorben ist und damit auch der zugrundeliegende Versorgungszweck gegenstandslos geworden ist. Da hier die Überlebensbedingung nicht Teil der Stipulationsformel war, läßt sich eine ipso-iure-Nichtigkeit der Stipulation aber nicht auf den Bedingungsausfall stützen. Ein zunächst naheliegender Grund für solvitur könnte darin zu sehen sein, daß mit dem Tod des vir nicht nur der Versorgungszweck vereitelt wird, sondern überhaupt die Person des Nießbrauchsberechtigten wegfällt. Wenn mit dem Tod des Berechtigten der Nießbrauch erlischt, wie viele Stellen belegen 164, dann liegt es nahe, daß auch eine auf dessen Bestellung gerichtete Stipulation unwirksam ist 165. Für einen ausnahmsweise vererblichen Nießbrauch bietet die Stelle keinen Anhaltspunkt 166. Darauf scheint Papinian aber nicht abzustellen, wenn er meint, die stipulatio werde ebenso hinfällig wie eine traditio (stipulatio solvitur ut traditio). Der Vergleichsfall handelt von der traditio einer res – nicht notwendig des vorher genannten Grundstückes 167 –, die ein interpositus im Auftrag der Frau (mandante uxore) mortis causa vorgenommen hat. Diese traditio wird, ebenso wie die Stipulation, hinfällig (solvitur 168), wenn der Beschenkte vorverstirbt. Das läßt zunächst an eine aufschiebend bedingte traditio denken, die mit Ausfall der Bedingung ipso iure ihre Wirkung verliert 169. Sie taugt dann aber weder als Vergleich zur abstrakten Stipulation, noch läßt sie sich mit der Begründung nam quo casu inter 162
Oben 115 f. zu Papinian D. 35, 2, 15, 1. Scaevola D. 32, 37, 3 (dazu oben 68 ff.). 164 Vgl. die Nachweise bei Finkenauer, Stipulation, 140 f. 165 Paulus D. 33, 2, 5 und dazu Finkenauer, Stipulation, 140 –142. 166 Zu den in der Spätklassik gefundenen Möglichkeiten, einen Nießbrauch aktiv vererblich auszugestalten, ausführlich Finkenauer, Stipulation, 144 –166. 167 So allerdings Ankum, 649; vgl. bereits Odofredus ad h. l., in: Lectura super digesto veteri II, 190 r: unde si traditus est fundus posset revocari si pecunia est soluta posset condici. 168 Entgegen Haymann, Zur lex 42 pr., 239 f. in Fn. 4, kann sich solvitur sehr wohl auf die traditio beziehen, wenn man solvere nicht auf die enge Bedeutung als Gegenbegriff zu obligare beschränkt; vgl. nur die verschiedenen untechnischen Bedeutungen bei Heumann / Seckel, s. h. v., 1) – 4). 163
III. Donatio per interpositam personam
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exteros condictio nascitur, inter maritos nihil agitur in Einklang bringen. Wäre die traditio bedingt, würde sie also mit Ausfall der Bedingung hinfällig, träfe die Aussage nihil agitur unabhängig davon zu, ob die traditio zwischen Ehegatten oder Dritten vorgenommen wird. Daß zwischen Dritten (inter exteros) bei Ausfall der Überlebensbedingung eine Kondiktion entstehen kann, setzt voraus, daß trotz Bedingungsausfalles das Eigentum zunächst beim Beschenkten bleibt. Es ist folglich an eine unbedingte Übereignung zu denken; danach könnte entweder statt traditio mancipatio zu lesen sein 170, oder die Sache – so es eine res nec mancipi ist, was der Text ja offenläßt – wäre als datio ob rem unbedingt übereignet worden in der Erwartung, daß mit dem Tod des schenkenden Gatten eine donatio mortis causa als Rechtsgrund entsteht 171. Die genannte condictio wäre dann die condictio causa data causa non secuta 172. Dagegen ist bei einer traditio unter Ehegatten nicht die condictio, sondern die rei vindicatio einschlägig, weil in diesem Fall kein Eigentum übergegangen ist; so ist nihil agitur 173 in Bezug auf die traditio zu verstehen 174. Zu fragen ist nun, was die traditio für die Hinfälligkeit der Stipulation besagt. Wie oben angedeutet, beläßt es Papinian nicht bei der Höchstpersönlichkeit des Nießbrauchs als Grund für das Erlöschen der Stipulation; anderenfalls wäre mit solvitur alles gesagt, der Fall müßte dort enden 175. Da andererseits das Erlöschen der Nießbrauchsstipulation durch Tod des vir nicht zu bezweifeln ist, drängt sich der Gedanke auf, der Jurist wolle mit solvitur rell. das Erlöschen einer anderen Stipulation begründen: der poena, die als stipulatio in dando vererblich ist 176. Es liegt schließlich nahe, daß die Erben des Mannes, die den heres nach dem Tod von vir und uxor in Anspruch nehmen, ihn nicht aus der Nießbrauchsstipulation verklagen (die eben nur vir und nicht auch dessen Erben begünstigte), sondern
169 So tatsächlich Senn, donation, 72 f. mit Fn. 3; 74 mit Fn. 1; 147. – Vgl. allgemein zur Wirkung der condicio die Arbeit von Effer-Uhe. 170 Lenel, Palingenesia I, Sp. 833 (Papinian Nr. 184), Fn. 2; Ankum, 649. Gegen die mancipatio ist nicht einzuwenden, daß sie vermutlich zu den bedingungsfeindlichen Akten im Sinne von Papinian D. 50, 17, 77 gehört (dazu Kaser I, 255); die Stelle läßt ausdrücklich die Möglichkeit offen, daß auch einem actus legitimus eine condicio tacita unterlegt wird. 171 So vertreten von d’Ors, Donatio, 483. 172 So Glück ad h. l., § 1253 c, Band 26, 67 f. in Fn. 52; unklar Costa, Papiniano IV, 83, der offenbar auf ein indebitum abstellt. 173 Zum Ausdruck nihil agitur als Terminus für die nichtige Ehegattenschenkung vgl. die Nachweise bei Misera, Bereicherungsgedanke, 86. 174 Ebenso Costa, Papiniano IV, 83 f.; d’Ors, Donatio, 482; Glück ad h. l., § 1253 c, Band 26, 67 f. in Fn. 52; Masi, retroattività, 23. 175 Dann hätte wohl auch Ehrhardt, Justa causa, 142, recht, wenn er meint, der Teil ut traditio – facta est passe einfach nicht zum Fall. 176 Vgl. Finkenauer, Stipulation, 25 – 27.
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aus der poena. Wenn Papinian den Klägern also die Antwort gibt, die Stipulation sei hinfällig, dann ist damit offenbar die poena gemeint 177. Inwiefern wird nun die poena wie eine traditio hinfällig? Wollte man die Unterscheidung condictio nascitur / nihil agitur auf die Stipulation übertragen, müßte man sagen, daß die Stipulation zwischen Ehegatten nichtig wäre, während eine vergleichbare Stipulation zwischen Dritten nach Bedingungsausfall fortbestünde und dann eine condictio obligationis, wie sie etwa auch im Fall Tryphonin D. 23, 3, 76 vorkommt, einschlägig wäre 178. Solvitur würde dann bedeuten, daß die Stipulation kondiziert werden kann, was kaum mit dem Wortsinn zu vereinbaren ist und auch nicht durch andere Quellen gedeckt wird 179. Man müßte zudem unterstellen, daß uxor eine Stipulation kondizieren könnte, ohne selbst promissor zu sein 180. Diese Bedenken sprechen gegen die Annahme, Papinian habe hier wirklich an eine Kondiktion der Stipulation gedacht. (5) Der Vergleichsfall ist deshalb anders zu verstehen. Letztlich kann man solvitur unter Berücksichtigung des nam-Satzes nur dann sowohl auf die stipulatio als auch auf die traditio beziehen, wenn man mit Ankum 181 unterstellt, daß mit condictio nascitur vs. nihil agitur im Hinblick auf die traditio der Fall einer Ehegattenschenkung durch einen interpositus dem Fall der direkten Ehegattenschenkung gegenübergestellt wird. Papinians Gedankengang lautet also: Hat eine Ehefrau die donatio mortis causa an ihren Mann dadurch bewirkt, daß sie das Geschenk einem interpositus übergeben hat mit dem Auftrag (mandante uxore), es ihrem Mann zu übereignen, so kann sie, wenn der Mann vorverstirbt, das Geschenk bei seinen Erben kondizieren; der interpositus ist nämlich im Hinblick auf die Ehegatten extraneus, und die traditio ist mit dem Wegfall der causa hinfällig geworden (solvitur). Hätte die Frau das Geschenk dagegen selbst ihrem Mann übereignet, ohne den interpositus einzuschalten, würde sie im gleichen Fall bei den Erben vindizieren, denn die traditio hätte dann niemals rechtliche Wirkungen erlangt (nihil agitur). Nicht anders ist die Rechtslage, so Papinian, wenn statt einer datio eine stipulatio zum Vollzug der Schenkung eingesetzt wird: Wenn ein Dritter im Auftrag (curavit) der uxor das Versprechen abgibt, so wird 177
Ebenso Finkenauer, Geschäftsgrundlage, 335. Dafür in der Tat Savigny, System IV, 257 in Fn. m; Naber, 101; kritisch dazu von Mayr, 191 f. in Fn. 11. 179 Die Stellen, die von stipulatio solvitur sprechen, lassen sich nicht mit einer condictio in Verbindung bringen; vgl. Javolen D. 24, 1, 20; Julian D. 45, 1, 54, 1; Pomponius D. 46, 3, 107; Ulpian D. 46, 4, 6. 180 Daher zu Recht kritisch gegen die condictio obligationis von Mayr, 191 f. in Fn. 11. Die Bedenken lassen sich auch nicht allein dadurch zerstreuen, daß man das Rechtsverhältnis zwischen uxor und heres als Delegation betrachtet und dann eine Kondiktion des Deleganten (uxor) gegen den Delegatar (vir) annimmt; so indes Voigt, condictiones, 375 in Fn. 319 d; 696. 181 Ankum, 650; ihm folgend Tort-Martorell Llabrés, 144. 178
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es beim Ausfall der stillschweigenden Überlebensbedingung hinfällig (solvitur). Die Betonung ist dabei so zu verstehen, daß es zum solvitur nur kommt, weil die Stipulation überhaupt zunächst entstanden war 182; und das war sie nur, weil der interpositus, also ein extraneus, sie abgegeben hatte. Hätte dagegen uxor selbst dem vir versprochen, dann hätte der Ausfall der stillschweigenden Bedingung gar keine Bedeutung mehr, die Stipulation wäre von vornherein nichtig (nihil agitur) – ein Ergebnis, das im Einklang mit Papinians Aussage in D. 24, 1, 23 steht.
IV. Donatio und acceptilatio: Ulpian D. 32, 3 pr. D. 32, 3 pr. Ulpianus libro primo fideicommissorum Si mulier dotem stipulata fuerit et accepto tulit marito in hoc dotem, ut fideicommissum det, dicendum est fideicommissum deberi: percepisse enim aliquid a muliere videtur. haec ita, si mortis causa donatura mulier marito fecit acceptum. sed et si mortis causa auxerit marito dotem vel in matrimonium eius mortis causa redierit, potest dici fideicommissum ab eo deberi. Hat eine Frau sich die [Rückgewähr einer] Mitgift versprechen lassen und ihrem Mann dann die Mitgift darum erlassen, damit er ein Fideikommiß erfülle, dann muß man sagen, daß das Fideikommiß geschuldet werde. Der Mann hat nämlich offenbar etwas von der Frau erlangt. So verhält es sich, wenn die Frau dem Mann die Verbindlichkeit erläßt in der Absicht, ihm von Todes wegen zu schenken. Aber auch wenn sie mortis causa die Mitgift zugunsten des Mannes vergrößert hat oder mortis causa in die Ehe mit ihm zurückkehrt ist, läßt sich sagen, daß er das Fideikommiß schulde.
Im gesamten fr. 3 behandelt Ulpian die Frage, wer mit einem Fideikommiß beschwert werden kann. Das Fideikommißrecht ist geprägt von dem Grundsatz, daß nur demjenigen ein Fideikommiß auferlegt werden kann, der etwas aus dem Nachlaß erhält 183. Der Jurist untersucht daher verschiedene Fälle daraufhin, ob der Beschwerte „etwas erlangt“ hat. Das principium behandelt einen Fall mit zwei Abwandlungen, auf die später (unten 2) noch einzugehen ist.
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In diesem Sinne schon von Mayr, 191 f. in Fn. 11, der freilich mißverständlich formuliert, Papinian habe „durch die Erwähnung der condictio nur den Gegensatz von Anfechtbarkeit und Nichtigkeit charakterisieren“ wollen. Gemeint ist wohl der Gegensatz von anfänglicher Nichtigkeit und nachträglichem Erlöschen der Stipulation. 183 Gaius 2, 260; 270; 271; Paulus D. 32, 6, 1 i. f.; bestätigt durch Gordian C. 6, 42, 9 (238). Das fideicommissum a debitore relictum (Ulpian D. 30, 77; Scaevola D. 32, 37, 3; dazu oben 75 ff.) bildet insoweit keine Ausnahme: Der beschwerte Schuldner erhält nämlich zunächst aus einem Fideikommiß die Befreiung von seiner Schuld gegenüber den Erben des Gläubigers; dazu Wacke, fideicommissum, 257 ff.
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(1) Der Ausgangsfall gehört in eine Reihe von Entscheidungen 184, die das Verhältnis von Mitgift-Rückgabestipulation und donatio mortis causa betreffen. Eine Frau läßt sich von ihrem Mann anläßlich der Eheschließung die Rückgewähr der Mitgift für den Fall versprechen, daß die Ehe aufgelöst wird. Obwohl der Text nicht von restituere spricht, kann es sich nur um eine Rückgabestipulation handeln 185. Daß es hier nicht um die Bestellung der Mitgift geht, ergibt sich aus dem Umstand, daß die Mitgift dem Mann, nie der Frau bestellt wird 186, so daß die Frau auch nicht Versprechensempfänger sein kann; da hier aber maritus verspricht und mulier das Versprechen empfängt, kann nicht die Bestellung der Mitgift Stipulationsinhalt sein. Sodann erläßt mulier die Schuld dem maritus durch acceptilatio, und zwar schenkweise (mortis causa donatura). In diesem Fall, so Ulpian, hat maritus etwas erlangt und kann daher mit einem Fideikommiß beschwert werden. Im ersten Fall handelt es sich mithin um eine donatio mortis causa, die durch acceptilatio vollzogen wird. Demgegenüber ist wiederholt vertreten worden 187, die donatio mortis causa bilde hier bereits die zweite Variante: Die erste endete danach mit videtur und würde ausschließlich den Fall behandeln, daß die Frau die Stipulationsschuld erläßt, um dem Mann ein Fideikommiß aufzuerlegen. Man hätte dann haec ita als item zu lesen 188, womit dann mit dem zweiten Satz ab haec ita eine neue Variante eingeleitet würde. Für die erste Variante: mulier [...] accepto tulit [...] marito, ut fideicommissum det bieten sich dann verschiedene Erklärungsmöglichkeiten: Entweder man deutet das ganze Rechtsgeschäft erbrechtlich als fideicommissum a debitore relictum 189, wobei dann maritus gleichzeitig gegenüber den Erben der Frau befreit und zugunsten eines Dritten belastet würde; oder Rechtsgrund der acceptilatio wäre ein pactum inter vivos, in dem sich maritus zugleich zur Erfüllung eines Fideikommisses verpflichtet 190; oder aber die acceptilatio stellt sich als donatio inter vivos mit modus dar 191. Bei diesem letztgenannten Verständnis müßte die sofort durch acceptilatio vollzogene donatio inter vivos freilich mit dem Ehegattenschenkungsverbot in Konflikt geraten 192; Di Paola versucht diese Bedenken mit dem Hinweis zu zerstreuen, der Vermögensvorteil, den ma184
Papinian D. 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11; Caracalla C. 5, 12, 2; Gordian C. 8, 56, 2; zu allen Stellen unten, Kap. 3. 185 So auch die Übersetzungen von Hulot, in: ders., Corps de droit, und J. E. Spruit / J. M. Tevel, in: Spruit et al.; vgl. außerdem Wacke, exceptio doli, 44. 186 Vgl. nur Paulus D. 23, 3, 1. 187 Beseler, Beiträge VI, 315; Di Paola, donatio, 221 Fn. 61; Wacke, Mitgiftherausgabe, 71; ders., exceptio doli, 44. 188 So ausdrücklich Beseler, Beiträge VI, 315. 189 So Wacke, Mitgiftherausgabe, 71; ders., exceptio doli, 44. 190 Auch diese Möglichkeit angedeutet bei Wacke, exceptio doli, 44. 191 Di Paola, donatio, 221 f. 192 Vgl. Ulpian D. 24, 1, 3, 10 mit ausdrücklichem Hinweis auf die acceptilatio.
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ritus durch die acceptilatio erlange, werde durch das Fideikommiß sogleich „absorbiert“ 193. Das stimmt freilich nur, wenn das Fideikommiß den gleichen Gegenstand hat wie die acceptilatio, also die gesamte Mitgift betrifft. Das ist möglich, aber so im Text nicht gesagt; es wird lediglich mitgeteilt, daß maritus überhaupt mit einem Fideikommiß beschwert werden kann. Selbst wenn man aber Identität von Gegenstand der Befreiung und Gegenstand der Belastung unterstellt, erlaubt der Text nicht, die Belastung als modus zu qualifizieren, es ist eindeutig nur von einem Fideikommiß die Rede 194. Gleichwohl wurde Di Paolas Meinung schon im Mittelalter vertreten, wie sich mittelbar der accursischen Glosse entnehmen läßt: Es wurde eine donatio inter vivos als Rechtsgrund der acceptilatio angenommen, und die Wirksamkeit eines dem maritus auferlegten Fideikommisses sollte davon abhängig sein, ob die Schenkung sofort wirksam geworden war – dann Unwirksamkeit des Fideikommisses – oder wegen des Ehegattenschenkungsverbotes erst mit dem Tod eines Gatten wirksam werden konnte – dann sollte das Fideikommiß wirksam sein. Accursius ist dem in der Glosse Si mortis causa ad h. l. 195 mit dem Argument entgegengetreten, auch im zweiten Fall liege kein Erwerb von Todes wegen vor, der aber gemäß Ulpian D. 32, 1, 6; Paulus eod. 6, 1 unabdingbare Voraussetzung für ein Fideikommiß sei; bei einer acceptilatio aufgrund einer donatio inter vivos komme auf keinen Fall ein Fideikommiß in Betracht. Baldus 196 hat gegen Accursius mit Paulus D. 31, 68 197 argumentiert, wonach der Ehemann das, was er seiner Frau inter vivos geschenkt hat, per Fideikommiß zurückfordern kann. Baldus’ Einwand geht aber ins Leere: Erstens betont Paulus, daß donationes in193 194
186 f. 195
Di Paola, donatio, 221 f. Daher zu Recht gegen die Annahme einer donatio inter vivos Amelotti, donatio,
„Si mortis causa. Quid si inter vivos? si quidem teneat: certum est quia non ex testamento, sed vi pacti adstringi potest. secus si non teneat, ut a viro uxori secundum quosdam, ego contra: quia tunc confirmatur lege per mortem. non habet tamen ex iudicio ultimo, sed inter vivos habito: quod exigit oneris impositio: ut supra [...] Accursius.“ 196 Baldus ad D. 32, 3 pr.: In ea gl. ibi, ego contra. s[ecus] quod quando donatio inter vivos confirmatur morte, non posset apponi onus fideicommis. quia non capitur causa mortis, licet capiatur per mortem, unde titulus don. est titulus inter vivos secundum Azo. sed istud reprobat Dy[nus] quia est contra [D. 31, 68]. et haec est veritas. 197 D. 31, 68 Paulus 11 quaest. Sequens quaestio est, an etiam quae vivus per donationem in uxorem contulit in fideicommissi petitionem veniant. respondi ea extra causam bonorum defuncti computari debere et propterea fideicommisso non contineri, quia ea habitura esset etiam alio herede exsistente. plane nominatim maritus uxoris fidei committere potest, ut et ea restituat. (Eine weitere Frage ist, ob auch das, was [der Mann] seiner Frau durch Schenkung unter Lebenden zugewandt hat, als Fideikommiß gefordert werden kann. Ich habe geantwortet, das sei außerhalb der Angelegenheit des Nachlasses zu berechnen, und deswegen werde es vom Fideikommiß nicht erfaßt; denn die Frau hätte es auch erhalten, wenn ein anderer zum Erben eingesetzt worden wäre. Allerdings kann der Ehemann seiner Frau ausdrücklich fideikommissarisch aufgeben, auch diese Dinge zu erstatten).
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ter vivos als solche gerade nicht Gegenstand eines Fideikommisses sein können, sondern nur die geschenkten Gegenstände nominatim per Fideikommiß zurückgefordert werden können; und zweitens ist im Fall D. 31, 68 die Beschenkte offensichtlich zugleich Erbin – das ergibt sich aus der gleichsam hilfsgutachtlichen Erwägung quia ea habitura esset etiam alio herede exsistente – und wird in dieser Eigenschaft mit einem Fideikommiß beschwert. D. 31, 68 gibt also nichts für eine Belastung einer donatio inter vivos mit einem Fideikommiß her 198. Sie kommt deshalb auch für den hier im Fall D. 32, 3 pr. behandelten Sachverhalt nicht als Rechtsgrund der acceptilatio in Betracht. Im übrigen macht es für das Ergebnis keinen großen Unterschied, ob man im Ausgangsfall die Variante eines fideicommissum a debitore relictum abspaltet oder nach überwiegender 199 und auch hier vertretener Ansicht die donatio mortis causa als Teil der ersten Variante versteht 200. In jedem Fall kann maritus mit einem Fideikommiß beschwert werden, weil er mit der acceptilatio eine reale Vermögensleistung 201 erlangt hat, sei sie aufgrund eines Fideikommisses oder aufgrund einer donatio mortis causa geschehen. Fraglich ist bei dieser besonderen Art der donatio mortis causa der Zeitpunkt, in dem die acceptilatio wirksam wird. Wie oben erläutert, beruht die Befreiung der donatio mortis causa vom Schenkungsverbot auf ihrem Wirksamwerden nach dem Tod des Schenkers, sei es aufgrund aufschiebender Parteivereinbarung oder wegen Suspension „kraft Gesetzes“. Demgegenüber meint Di Paola 202, die Bedingungsfeindlichkeit der acceptilatio beweise hier die sofortige Wirkung, wofür er den zentralen Papiniantext zu den actus legitimi anführt:
198 Vgl. aber zu den Besonderheiten, die sich aus der querela inofficiosae donationis ergeben, oben 81 ff. zu Paulus D. 31, 87, 4. 199 Bartolus und Baldus, jeweils ad h. l.; Vivianus, abgedruckt in der Glosse, Casus ad h. l.; Amelotti, donatio, 186; Kaser, Rez. Di Paola, 248; Simonius, 265 Fn. 3; vgl. auch die Übersetzungen von Hulot, in: ders., und Spruit / Tevel, in: Spruit et al., sowie Tom Braun, in: Watson, Digest. 200 Ganz anders deutet den zweiten Satz (haec ita rell.) allerdings Wacke, Mitgiftherausgabe, 71 mit Fn. 42: Hier erlasse die mulier dem maritus die Schuld, um damit Dritte aus der Mitgift zu beschenken. Wie aber Dritte durch die Schenkung selbst und nicht erst vermittels eines Fideikommisses begünstigt werden sollen, ist nicht klar. Wacke meint, daß sich der Dativ marito nur auf fecit acceptum und nicht auch auf donatura beziehe. Dieser versteckte Objektswechsel ist aber ohne sprachliche Anhaltspunkte kaum plausibel und jedenfalls seinerseits beweisbedürftig. 201 Die Gleichstellung der acceptilatio mit einer Zahlung hebt Javolen D. 12, 4, 10 hervor: nihil interest, utrum ex numeratione pecunia ad eum sine causa an per acceptilationem pervenerit. Vgl. dazu auch die gl. Percepisse ad D. 32, 3 pr. und Baldus, ad h. l. 202 Di Paola, donatio, 118 mit Fn. 35.
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D. 50, 17, 77 Papinianus libro vicesimo octavo quaestionum Actus legitimi, qui non recipiunt diem vel condicionem, veluti emancipatio, acceptilatio, hereditatis aditio, servi optio, datio tutoris, in totum vitiantur per temporis vel condicionis adiectionem. nonnumquam tamen actus supra scripti tacite recipiunt, quae aperte comprehensa vitium adferunt. nam si acceptum feratur ei, qui sub condicione promisit, ita demum egisse aliquid acceptilatio intellegitur, si obligationis condicio exstiterit: quae si verbis nominatim acceptilationis comprehendatur, nullius momenti faciet actum. Rechtsgeschäfte des ius civile, die keine Befristung oder Bedingung zulassen, wie etwa die Emanzipation, der Schulderlaß, der Erbschaftsantritt, die Wahl eines Sklaven oder die Ernennung eines Vormunds, werden durch Hinzufügung einer Frist oder Bedingung insgesamt nichtig. Bisweilen lassen die genannten Rechtsgeschäfte jedoch das stillschweigend zu, was offen ausgedrückt zur Nichtigkeit führen würde. Denn wenn demjenigen, der ein bedingtes Stipulationsversprechen abgegeben hat, die Schuld erlassen wird, dann hat der Schulderlaß offenbar nur eine Wirkung gehabt, wenn die Bedingung eintritt. Sollte das aber ausdrücklich im Schulderlaß genannt werden, dann wird es das Rechtsgeschäft zunichte machen.
Daß Di Paola das Papinian-Fragment zu Unrecht für seine These in Anspruch nimmt, geht ohne weiteres aus dem Text selbst hervor, führt doch Papinian gerade die acceptilatio als Beispiel für die Aussage an, daß einem an sich bedingungsfeindlichen actus legitimus eine condicio tacita unterlegt werden kann 203. Im übrigen ist Di Paolas unhaltbare These, das klassische Recht habe nur die donatio mortis causa mit sofortigem Vollzug gekannt, hinreichend widerlegt worden 204. Allerdings glaubt auch Amelotti, sofortige Wirkung der acceptilatio annehmen zu müssen 205. Seiner Überlegung, das Schenkungsverbot sei nur im Hinblick auf die Realschenkung entwickelt worden und eine donatio mortis causa liberatoria habe in den Augen der klassischen Juristen keine Vermögensverschiebung bedeutet, ist aber durch Javolen D. 12, 4, 10 206 die Grundlage entzogen. Weder Di Paola noch Amelotti sehen, daß die acceptilatio in fr. 3 pr. überhaupt nur aufschiebend bedingt denkbar ist, wie Simonius 207 richtig bemerkt: Da die erlassene Schuld durch eine Mitgift-Rückgabestipulation zugunsten der Frau begründet wurde, ist sie zwingend bis zur Auflösung der Ehe aufschiebend bedingt 208, eine sofortige acceptilatio würde also ins Leere gehen. 203 Die lakonische Aussage des Pomponius in D. 46, 4, 4: Acceptilatio sub condicione fieri non potest, hat offenbar nur die condicio expressa im Blick und kann nicht gegen die differenzierte Aussage Papinians in Stellung gebracht werden. 204 Kaser, Rez. Di Paola, 247 – 250; Amelotti, donatio, 9, 11, 14 f. und passim; Simonius, 280 in Fn. 1; zum ganzen oben Kap. 1 II 3. 205 Amelotti, donatio, 187; obwohl er grundsätzlich die Möglichkeit einer condicio tacita beim actus legitimus sieht (82), zieht er sie für die vorliegende Stelle nicht in Betracht. 206 Danach steht der Vermögensvorteil einer acceptilatio einer Zahlung gleich: nihil interest, utrum ex numeratione pecunia ad eum sine causa an per acceptilationem pervenerit. 207 Simonius, 284; auch Wacke, Mitgiftherausgabe, 71.
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Richtigerweise ist die acceptilatio in fr. 3 pr. somit als durch condicio tacita aufschiebend bedingt zu verstehen, wie sie Papinian in seinem Beispiel in fr. 77 gemeint hat. Mit abschließender Deutlichkeit sagt das Ulpian in dem Fragment, das sich der oben 209 erläuterten oratio Severi über die Konvaleszenz nichtiger Ehegattenschenkungen widmet: D. 24, 1, 32, 23 Ulpianus libro trigesimo tertio ad Sabinum Sive autem res fuit quae donata est sive obligatio remissa, potest dici donationem effectum habituram: ut puta uxori acceptum tulit donationis causa quod debeat: potest dici pendere acceptilationem non ipsam, sed effectum eius. et generaliter universae donationes, quas impediri diximus, ex oratione valebunt. Ob es aber eine Sache war, die geschenkt worden ist, oder eine Schuld, die erlassen worden ist, man kann sagen, daß die Schenkung wirksam sein wird: wenn etwa [der Ehemann] der Frau schenkungshalber erläßt, was sie schuldet. Man kann sagen, nicht das Erlaßgeschäft selbst sei in der Schwebe, sondern seine Wirkung. Allgemein werden alle Schenkungen, von denen wir gesagt haben, sie würden verhindert, durch die oratio wirksam.
Außer der Möglichkeit einer aufschiebend bedingt wirksamen acceptilatio stellt dieser Text klar, daß auch die causa selbst aufschiebend bedingt wirksam wird 210: potest dici donationem effectum habituram. Im hier diskutierten Ausgangsfall fr. 3 pr. wird das Partizip Futur Aktiv im selben Zusammenhang verwendet: mortis causa donatura mulier marito fecit acceptum. Die wenigen Stellen, die von einem mortis causa donaturus sprechen, beziehen sich überwiegend auf die acceptilatio 211, nur eine auf die delegatio 212, eine auf die datio 213. Es geht jeweils um Fälle, in denen die causa erst entsteht, wenn die Vermögens208
Das gilt jedenfalls dann, wenn man mit Simonius, 284, annimmt, die Verpflichtung sei gerade auf den Tod der schenkenden Frau bedingt gewesen. Zwingend ist das aber nicht, denn daß die Frau später Verfügungen im Hinblick auf ihr Vorversterben getroffen hat (acceptilatio, Fideikommiß), erlaubt keinen Rückschluß auf die bei Eheschließung getroffene Vereinbarung über die Rückgewähr der Mitgift. Das Rückgabeversprechen könnte daher auch in omnem casum, quo solvi posset matrimonium gemeint gewesen sein (vgl. Scaevola D. 32, 37, 4) – die Frau kann ja auch an die eigene Versorgung im Scheidungsfall gedacht haben, ein Vorgehen aus der Stipulation hätte dann erhebliche Vorteile gegenüber der actio rei uxoriae gehabt (vgl. dazu unten 153 ff. bei Scaevola D. 32, 37, 4). In diesem Fall wäre die Rückgabepflicht vermutlich keiner Bedingung unterworfen (sie würde in jedem Fall fällig werden, gegebenenfalls zu Lasten der Erben des Mannes), sondern wohl sofort entstanden und nur bis zum Ende der Ehe gestundet (vgl. Czyhlarz, 50), so daß eine während der Ehe wirksam werdende acceptilatio nicht schlechthin ausgeschlossen ist. Aber selbst diese weitgehende Hypothese ändert nichts an der Kollision einer sofort wirksamen acceptilatio mit dem Schenkungsverbot. 209 Vgl. oben 96 f. 210 Zur aufschiebend bedingten acceptilatio und dem Zusammenhang mit Papinian D. 50, 17, 77 vgl. Flume, Rechtsakt, 122 f., nach dessen Auffassung sich die Bedingung immer auf den Rechtsakt selbst und nicht die Rechtsfolgen bezieht.
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verschiebung vollzogen ist, was hier wegen des Ehegattenschenkungsverbotes von besonderer Bedeutung ist, gilt es doch, eine lebzeitig wirksame Zuwendung zu vermeiden 214. Weil die acceptilatio aufgrund einer donatio mortis causa erfolgt, kann maritus auch mit einem Fideikommiß belastet werden, so Ulpian. Gegenstand dieses Fideikommisses kann alles sein – auch die Rückgabe der Mitgift selbst an einen Dritten. Sinn eines solchen Vorgehens wäre dann die letztwillige Verfügung der mulier über ihren Rückgabeanspruch wie in D. 32, 37, 4; 31, 77, 2; 33, 4, 11 215. Würde nämlich die Ehe durch Tod von mulier aufgelöst, so würden ihre Erben aus der vererblichen stipulatio in dando berechtigt. Mit Hilfe des Fideikommisses kann mulier dagegen den maritus verpflichten, die Mitgift an Dritte statt an die Erben herauszugeben. Das Vorgehen der mulier ist dann insgesamt als eine Art umgekehrter Novation – Substitution einer obligatio verborum durch die Haftung ex fideicommisso – zu sehen. Dabei geht es vermutlich darum, das aus Vat. 98 folgende Testierverbot der Frau bezüglich der Mitgift zu umgehen 216. Genauso gut könnte aber das Fideikommiß einen anderen, mit der Mitgift in keinerlei Zusammenhang stehenden Inhalt haben. Entscheidend ist hier, daß maritus letztwillig bedacht ist und deswegen das Fideikommiß wirksam ist (dicendum est fideicommissum deberi). (2) Zurückhaltender ist Ulpian in den anderen beiden Varianten des principium: potest dici fideicommissum ab eo deberi. Hier handelt es sich um Grenzfälle. Die Variante si mortis causa auxerit marito dotem, also der Fall, daß eine Frau die Mitgift aufstockt, um ihrem Mann damit eine donatio mortis causa zukommen zu lassen, erscheint problematisch im Hinblick auf die Aussage in Tryphonin D. 23, 3, 76, daß eine Frau keine Mitgift mortis causa bestellen könne: non idem [scil. valet promissio] dicendum est in persona mulieris, si mulier mortis suae causa dotem promiserit, quia nisi matrimonii oneribus serviat, dos nulla est. Dieser Satz zwingt aber entgegen Amelotti 217 nicht dazu, die zweite Variante im Ulpian-Fragment für interpoliert zu erachten. Tryphonin verwirft lediglich 211 Außer Ulpian D. 32, 3 pr.: Paulus D. 39, 6, 35, 6 und Marcellus eod. 28 (wo die acceptilatio freilich in ein negatives Schuldanerkenntnis gekleidet wird). 212 Julian D. 39, 6, 18, 1. 213 Africanus D. 39, 6, 23, wo die Verwendung des Futur indes keine inhaltliche Bedeutung hat, sondern nur die Willensrichtung des Schenkers im Zeitpunkt der Übergabe bezeichnet. 214 Zutreffend Wacke, Mitgiftrückgabe, 71. – Der sofortige Vollzug läßt sich entgegen Di Paola, donatio, 225 in Fn. 69, auch nicht mit percepisse enim [...] videtur begründen, denn percepisse sagt nichts darüber aus, ob der Erwerb bereits zu Lebzeiten der Frau erfolgt. 215 Ausführlich zu allen drei Fällen unten 154 ff. 216 Vgl. zu Vat. 98 und den daraus folgenden Problemen unten 154 f. 217 Amelotti, donatio, 186.
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die Möglichkeit, daß eine Frau die gesamte Mitgift erst auf ihren eigenen Tod aufschiebend bedingt bestellt, weil dann das Versprechen erst zu einer Zeit fällig wird, zu der die Ehe bereits aufgelöst ist, was dem Grundsatz neque enim dos sine matrimonio esse potest 218 widerspräche. Damit ist nicht gesagt, daß die Mitgift nicht mortis causa aufgestockt werden könnte 219. Außerdem – und das ist sogar wahrscheinlicher – kann sich das augmentum dotis hier schlicht auf den Zuwachs beziehen, der während der Ehe von selbst eintritt, also Früchte der Mitgift im weitesten Sinne, die ebenso wie die Mitgift selbst nach beendeter Ehe unter Umständen vom Mann herauszugeben wären 220. Die Schenkungsabrede kann dann der Mitgiftbestellung als pactum beigefügt werden 221. Diese Möglichkeit ist aber offenbar nicht unbestritten, was Ulpian mit potest dici deutlich macht 222. Etwas dunkel ist die dritte Variante vel in matrimonium eius mortis causa redierit: Wie kann eine Frau von Todes wegen in die Ehe zurückkehren? Da sich eine Abrede mortis causa nur auf vermögensrechtliche, nicht auf personenrechtliche Wirkungen 223 der (Wieder-)Begründung einer Ehe beziehen kann, ist diese Variante in Anlehnung an die Glosse Redierit ad h. l. wie folgt zu verstehen: Die Ehe war wegen culpa des maritus aufgelöst worden, und maritus mußte deshalb das herausgeben, was ihm propter nuptias geschenkt worden war 224; mulier mag nun in die Ehe zurückkehren und die vormals propter nuptias geschenkten Gegenstände dem Mann erneut schenken, diesmal aber mortis causa. Im Unterschied zur ersten Variante (acceptilatio) liegt hier eine datio vor, der Eigentumsübergang kann also ohne weiteres suspensiv auf den Todesfall bedingt sein (konditionelle traditio). Vorstellbar ist freilich auch: Für den Fall, in dem die Ehe wegen culpa des Mannes scheitert, war eine poena stipuliert und dann zugunsten der Frau verfallen; wenn die Frau nun in die Ehe zurückkehrt, kann sie dem Mann damit die poena mortis causa erlassen 225. Unwahrscheinlich ist dagegen die scheinbar 218
Ulpian D. 23, 3, 3. Wacke, Mitgiftherausgabe, 71, meint, es sei zwar die causa nichtig, das berühre aber nicht die Wirksamkeit der dinglichen Zuwendung; maritus könne dann als Schuldner des sine causa Empfangenen wiederum mit einem Fideikommiß belastet werden. 220 Dazu Tigerström II, 151 – 153. 221 Baldus, ad h. l. 222 Vgl. hierzu auch Paulus D. 23, 3, 72, 2, wonach eine Frau nachträglich den Umfang der Mitgift ändern kann; zur Stelle unten 181 zu D. 33, 4, 11. 223 Ebensowenig wie man mortis causa eine societas eingehen kann: Paulus D. 39, 6, 35, 6. 224 Die Glosse allegiert dafür C. 5, 17, 8, 4, eine Konstitution von Theodosius II. und Valentinian III. aus dem Jahr 449, die freilich – abgesehen davon, daß sie keine verbindlichen Aussagen über die Rechtslage zur Zeit Ulpians trifft – nur vorsieht, daß die Frau in bestimmten Scheidungsfällen Mitgift und donatio propter nuptias verliert. 219
IV. Donatio und acceptilatio: Ulpian D. 32, 3 pr.
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nächstliegende Möglichkeit, daß Ulpian auch hier in der dritten Variante allein von der Mitgift selbst spricht 226. Denn für den Fall, daß die Mitgift sich bei Rückkehr der Frau noch beim Mann befand, haben die Klassiker in der Regel eine Fortdauer der früheren Ehe angenommen und die in der Trennungszeit entstandene Herausgabeklage der Frau ohne weiteres verneint 227; hatte aber die Frau die Mitgift inzwischen vom Mann herausverlangt und bringt sie mit ihrer Rückkehr erneut ein, so kann sie dieser Redotation nicht zugleich den Rechtsgrund einer Schenkung unterlegen. Die Bestellung einer Mitgift ist zu unterscheiden vom schenkweisen Erwerb eines Vermögensvorteils, der seinerseits die Belastung mit einem Fideikommiß rechtfertigt 228. (3) Der Fall zeigt zusammen mit seinen beiden Abwandlungen die mitunter nur schwer zu ziehende Grenze zwischen der Bestellung einer Mitgift und einer Zuwendung donandi animo. In beiden Fällen wird dem Mann ein Vermögenswert übertragen, der Unterschied liegt nur in der causa. Eine causa donandi darf der Zuwendung wegen des Schenkungsverbotes aber nur in den Fällen einer donatio propter nuptias oder einer – aufschiebend bedingten – donatio mortis causa zugrunde liegen; beide Fälle lassen sich damit rechtfertigen, daß sie jeweils auf einen Zeitpunkt bezogen sind, in dem entweder noch keine Ehe oder keine Ehe mehr besteht 229. Verwischt wird die Grenze zwischen causa dotis und causa donationis, wenn, wie im Ausgangsfall, donandi animo die Rückgewähr der Mitgift erlassen wird oder die Mitgift in derselben Absicht vergrößert wird (si mortis causa auxerit marito dotem). Dies sind sicher Anzeichen der spätklassischen Lockerung des Schenkungsverbotes, das seit der oratio Severi praktisch unbedeutend war, soweit die Wirksamkeit einer lebzeitigen Verfügung ex post – nach dem Tod des schenkenden Gatten – zu beurteilen war.
225 So der Casus von Vivianus in der Glosse; ebenso Baldus, ad h. l., der daraus eine allgemeine Regel ableitet: qui remittit poenam, donare videtur, quod est notandum. 226 So allerdings Wacke, Mitgiftherausgabe, 71 f., der diese Variante auf die actio rei uxoriae bezieht. 227 Marcellus D. 23, 2, 33; Modestin D. 23, 3, 13; vgl. dazu Tigerström I, 64 f. 228 Wacke, Mitgiftherausgabe, 71 f., sieht hier indes eine donatio mortis causa „in dotalrechtlichem Gewande“; aber es bleibt dabei fraglich, wie beide causae in Einklang zu bringen sind. 229 Vgl. die Fälle Scaevola D. 24, 1, 66 pr.; Ulpian eod. 5 pr.; auch Gaius eod. 10.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
V. Donatio und Verlust des Bürgerrechts: Ulpian D. 24, 1, 13, 1 D. 24, 1, 13, 1 Ulpianus libro trigesimo secundo ad Sabinum Proinde et si mortis causa uxori donaverit et deportationem passus est, an donatio valeat, videamus. et alias placet in casum deportationis donationem factam valere, quemadmodum in causam divortii. cum igitur deportatione matrimonium minime dissolvatur et nihil vitium mulieris incurrit, humanum est donationem, quae mortis causa ab initio facta est, tali exilio subsecuto confirmari, tamquam si mortuo marito rata habebatur, ita tamen, ut non adimatur licentia marito eam revocare, quia et mors eius exspectanda est, ut tunc plenissimam habeat firmitatem, quando ab hac luce fuerit subtractus, sive reversus sive adhuc in poena constitutus. Ebenso wollen wir sehen, ob eine Schenkung gültig ist, wenn jemand seiner Frau geschenkt hat und die deportatio erlitten hat. Und in anderen Fällen nimmt man an, daß eine auf den Fall der deportatio vollzogene Schenkung wirksam ist, ebenso wie im Fall der Scheidung. Wenngleich also die Ehe durch die deportatio keineswegs aufgelöst wird und wenn kein Fehlverhalten der Ehefrau vorliegt, ist es gerecht, daß eine Schenkung, die von Anfang an von Todes wegen vorgenommen worden ist, durch ein solches nachfolgendes Exil bestätigt wird, so als wäre sie nach dem Tod des Ehemannes wirksam geworden; jedoch so, daß dem Ehemann nicht die Befugnis zum Widerruf entzogen wird. Denn auch sein Tod muß abgewartet werden, so daß [die Schenkung] dann vollständige Wirksamkeit hat, wenn er von dieser Erde abberufen worden ist, sei er dann aus dem Exil zurückgekehrt, sei er auch dann noch im Zustand der Strafverbüßung.
Ein Mann schenkt seiner Frau mortis causa und erleidet danach die Deportation. Bei der Frage nach der Wirksamkeit der Schenkung treffen drei rechtliche Probleme zusammen: das Schenkungsverbot, die gleichwohl zwischen Ehegatten zulässige donatio mortis causa und die Wirkung der Deportation auf den Fortbestand der Ehe. Ulpian gelangt zu einer vermittelnden Lösung: Die Schenkung wird wirksam (confirmari), bleibt aber widerruflich (non adimatur licentia marito eam revocare). Wegen dieser vermeintlich inkonsequenten Lösung hat praktisch niemand mehr die Echtheit der Stelle verteidigen wollen 230, seit Cuiacius 231 sie für tribonianisch überarbeitet erklärte und Faber 232 sich ihm anschloß. Ob sich die Stelle auch ohne Interpolationsannahmen erklären läßt, hängt zunächst davon ab, wie die Klassiker die eherechtlichen Wirkungen einer Deportation sahen (1); anschließend kann die Frage beantwortet werden, weshalb es 230 Vgl. den Ind. Itp. zur Stelle; ferner Amelotti, donatio, 208 Fn. 17; Astolfi, matrimonio, 378 f.; De Villa, exilium, 302; Schiavone, 472 f.; Simonius, 135 f.; anders aber de Retes, De donationibus inter virum et uxorem, cap. 8, 14 (692 Sp. 2), und Dumont, 226. 231 Cuiacius, observationes 3, 10 (opera III, Sp. 64 E). 232 Faber, coniecturae, 398, Sp. 1.
V. Donatio und Verlust des Bürgerrechts: Ulpian D. 24, 1, 13, 1
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billig (humanum) ist, daß die Schenkung wirksam wird (2); damit ist in Einklang zu bringen, daß die Schenkung gleichwohl widerruflich bleibt (3). (1) Aus der zeitlichen Begrenzung des Ehegattenschenkungsverbotes auf die Dauer der bestehenden Ehe ergibt sich die Zulässigkeit von Schenkungen, sobald die Ehe geschieden ist 233. Konsequent sind die Juristen dazu gekommen, auch Schenkungen zuzulassen, die zwar noch während der Ehe, aber im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende Scheidung erfolgen; die donatio divortii causa ist demnach vom Schenkungsverbot ausgenommen 234. Daß Entsprechendes auch für eine Schenkung angesichts bevorstehender Deportation gilt, stellt Ulpian als allgemeine Auffassung hin: et alias placet in casum deportationis donationem factam valere, quemadmodum in causam divortii. Mit alias stellt Ulpian vergleichsweise auf den Fall einer gewöhnlichen donatio inter vivos ab, wie sich aus der Problemstellung (donatio mortis causa) ergibt. Die Wirksamkeit dieser Schenkung belegt auch D. 24, 1, 43 Paulus libro singulari regularum Inter virum et uxorem exilii causa donatio fieri potest. Eine Ehegattenschenkung wegen des Exils ist zulässig.
Nicht anders als das (freiwillige) Exil führt auch die unter Tiberius aus der interdictio aqua et igni entwickelte deportatio als ein Fall der media capitis deminutio 235 zum Verlust des Bürgerrechts und folglich zum Verlust der Ehefähigkeit 236. Sollte daraus automatisch das Erlöschen der Ehe folgen, würde dies die Zulässigkeit einer Schenkung ohne weiteres erklären. Diese Auffassung scheint einer anderen Paulusstelle, D. 24, 3, 56, zugrunde zu liegen, wo sich der Jurist für den Verfall einer auf die Auflösung der Ehe bedingten Stipulation (si quo casu Titia tibi nupta esse desierit) ausspricht, wenn die Frau deportiert wird 237. Jedoch kann das Erlöschen der Ehe durch deportatio keineswegs als einhellige Ansicht der Hochklassiker gelten; vielmehr mehren sich die Bestrebungen, aus Gründen der humanitas die Ehe wenigstens als matrimonium iuris gentium aufrechtzuerhalten 238. 233
nem.
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Vgl. etwa Javolen / Labeo D. 24, 1, 64: si verum divortium fuisset, valere donatio-
Ulpian / Paulus D. 24, 1, 11, 11 – eod. 12. Inst. 1, 16, 2. 236 Kaser I, 281, 325. 237 Zur Stelle Hartmann, 46; Schiavone, 478 – 480. 238 Astolfi, matrimonio, 372 f., 376 f.; Czyhlarz, 83; Desserteaux, 187 –192; Hartmann, 46 –50; Kaser I, 325 mit Fn. 7; Mommsen, Strafrecht, 958 in Fn. 4; eingehend Schiavone, 421 ff., insb. 466 – 474; zu einfach Simonius, 137, der nur Paulus D. 24, 3, 56 im Blick hat. 235
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
Sicher ist, daß Konstantin im Jahr 321 in einer Konstitution (C. 5, 16, 24, 2) das Schicksal einer Ehegattenschenkung bei nachfolgender Deportation dahingehend entschieden hat, daß die Schenkung schwebend unwirksam bleibe, weil die Ehe fortbestehe. Cuiacius hat diese Konstitution als Beleg für die Interpolation von Ulpian D. 24, 1, 13, 1 angeführt: Tribonian habe die Entscheidung Ulpians der konstantinischen angepaßt. In der Tat spricht sich die Ulpianstelle mit Nachdruck für den Fortbestand der Ehe aus: deportatione matrimonium minime dissolvatur. Zudem muß man Cuiacius wohl darin recht geben, daß die beiden Stellen auffallende Ähnlichkeiten in der Wortwahl aufweisen 239. Gleichwohl kann bezweifelt werden, daß erst Konstantin aus dem Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft trotz Deportation auch zivilrechtliche Konsequenzen gezogen hat, wie man oft annimmt 240. Denn bereits Ulpian entscheidet in D. 48, 20, 5, 1 241 unter Berufung auf Marcellus den Fall einer deportierten filia familias so, daß ihre Ehe fortbesteht und daher die Rückforderung der Mitgift durch den paterfamilias ausgeschlossen ist, solange nach der Deportation die affectio maritalis bestehenbleibt. Ebenso lautet eine Entscheidung von Severus Alexander aus dem Jahr 229 (C. 5, 17, 1) 242. Nimmt man hinzu, daß Ulpian fr. 13, 1 von einer donatio mortis causa, die Konstantinskonstitution dagegen von einer donatio inter vivos handelt 243, dann erscheint es alles andere als zwingend, mit Cuiacius im Ulpiantext die Entscheidung Konstantins zu sehen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß Ulpian und offenbar schon Marcellus den Fortbestand der Ehe bei Deportation für möglich halten; Ulpians entschiedenes minime hat man angesichts der genannten Parallelstellen freilich unter dem Vorbehalt der bleibenden affectio maritalis zu lesen 244. Die Frage des Fortbestands der Ehe ist jedenfalls nicht einheitlich beantwortet worden 245, und somit überzeugt letztlich 239 Es wäre deshalb wohl wirklich kein ganz unverzeihliches Vergehen, der Interpolationsannahme von Cuiacius zu folgen, wie de Retes, De donationibus inter virum et uxorem, cap. 8, 14 (692 Sp. 2), bemerkt: Quod agnoscere non esset inexpiabile facinus. 240 Krüger, humanitas, 22; Simonius, 137; offen gelassen von Hartmann, 49. – Sicher ist dies nicht erst eine Neuerung Justinians, wie Desserteaux, 191 in Fn. 5, meint. 241 Vgl. zur Stelle Schiavone, 468 – 471, der die Echtheit des Fragments mit überzeugenden Argumenten verteidigt; auch Astolfi, matrimonio, 376. 242 Möglicherweise hat die Entscheidung Ulpians dem Reskript Alexanders als Vorlage gedient; in beiden Fällen geht es um die actio rei uxoriae (justinianisch: actio dotis) als Folge der Deportation. 243 Das führt de Retes, De donationibus inter virum et uxorem, cap. 8, 14 (692 Sp. 2), mit Recht gegen Cuiacius an; vgl. auch Schiavone, 472 in Fn. 167. 244 Vgl. die gl. Minime ad D. 24, 1, 13, 1. 245 Mommsen, Strafrecht, 958 in Fn. 4, deutet die hier betrachteten Stellen so, daß die Ehe nur als matrimonium iniustum bestehenbleibe. Das befriedigt aber weder im Hinblick auf Ulpians matrimonium minime dissolvatur, noch kann das erklären, weshalb es bei Ulpian / Marcellus D. 48, 20, 5, 1 für das Entstehen der actio rei uxoriae noch auf den animus der Ehegatten ankommen soll.
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das Marcellus-Zitat bei Ulpian D. 48, 20, 5, 1: non utique deportatione dissolvi matrimonium. (2) Wenn aber die Ehe nicht aufgelöst wird, so erstaunt es, daß die Schenkung dennoch wirksam sein soll (humanum est donationem [...] tali exilio subsecuto confirmari) 246. Billig (humanum) ist die Entscheidung nicht nur, weil eine Ehegattenschenkung während bestehender Ehe stricto iure nicht wirksam werden kann (confirmari), sondern auch, weil donationes mortis causa bei nachfolgender capitis deminutio im allgemeinen mit dem Vermögen des Verurteilten konfisziert wurden 247. Das belegt ein Fragment aus demselben Buch von Ulpians Sabinuskommentar, dem auch fr. 13, 1 entnommen ist: D. 39, 6, 7 Ulpianus libro trigesimo secundo ad Sabinum Si aliquis mortis causa donaverit et poena fuerit capitis affectus, removetur donatio ut imperfecta, quamvis ceterae donationes sine suspicione poenae factae valeant. Wenn jemand von Todes wegen geschenkt hat und einer Kapitalstrafe unterworfen worden ist, wird die Schenkung als eine nicht wirksam gewordene entzogen, obgleich andere Schenkungen, die ohne die Erwartung einer solchen Strafe gemacht wurden, wirksam sind.
Lenel ordnet die Stelle unmittelbar nach fr. 13, 1 ein 248, und tatsächlich besteht ein direkter Zusammenhang. Donationes mortis causa werden infolge der capitis deminutio hinfällig, so die Aussage von fr. 7. Anders werden ceterae donationes behandelt: Gemeint sind offensichtlich donationes inter vivos. Sie bleiben wirksam, freilich nur, wenn sie nicht in Erwartung einer Kapitalstrafe vollzogen werden (sine suspicione poenae factae). Eine Konstitution von Septimius Severus und Caracalla sieht nämlich die Unwirksamkeit von Schenkungen vor, die nach Begehung eines Kapitalverbrechens vollzogen werden 249. Es geht also darum, Schenkungen zu unterbinden, die nur dazu dienen, zu konfiszie246 Da Fortbestand der Ehe und Wirksamkeit der Schenkung grundsätzlich einander ausschließen, kann die kausale Verknüpfung des cum-Satzes nicht richtig sein, so aber die Übersetzungen von Grant McLeod, in: Watson, Digest („So as“); Hulot („comme“); C. J. H. Jansen / A. J. B. Sirks, in: Spruit et al. („Omdat“). Die Schwierigkeit besteht darin, daß nur der Teil deportatione matrimonium minime dissolvatur konzessiven Sinn hat, während sich der durch dasselbe cum eingeleitete Teil et nihil vitium mulieris incurrit konditional oder kausal versteht; einen Mittelweg geht die Übersetzung von Robert Schneider / C. E. Otto, in: Otto / Schilling / Sintenis: „Wenn also“. 247 Die Konfiskation des gesamten Vermögens ist noch nicht in republikanischer Zeit, aber jedenfalls seit Tiberius typische Folge und sogar wesentliches Ziel der Deportation. Während bei anderen Strafen nur ein Teil des Vermögens eingezogen wird, verbleibt dem Deportierten allenfalls ein „Existenzminimum“ (viaticum); vgl. Mommsen, Strafrecht, 958, 1010. 248 Lenel, Palingenesia II, Sp. 1143 (Ulpian Nr. 2768). 249 Marcian D. 39, 5, 15; vgl. auch Papinian eod. 31, 1 i. f.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
rendes Vermögen beiseite zu schaffen. Daraus erklärt sich die grundsätzliche Unwirksamkeit von donationes mortis causa in diesem Zusammenhang: Nicht nur werden die geschenkten Sachen wegen der Pendenz der causa 250 auch nach der Übereignung in gewisser Weise noch zum Vermögen des Schenkers gerechnet 251, sondern die donatio mortis causa lädt wegen ihrer freien Widerruflichkeit geradezu ein, zu konfiszierendes Vermögen vorsorglich zu veräußern 252. Die Entscheidung in fr. 13, 1 für die Wirksamkeit der Schenkung bedeutet demnach eine Ausnahme vom in fr. 7 ausgesprochenen Grundsatz. Dies läßt sich nicht allein mit einer Begünstigung der Ehegattenschenkung erklären 253, zumal die Existenz eines solchen favor zweifelhaft und jedenfalls nicht belegt ist. Von Bedeutung ist vielmehr der Hinweis, daß die Schenkung im hier behandelten Fall schon ursprünglich als eine solche vollzogen war (humanum est donationem, quae mortis causa ab initio facta est, tali exilio subsecuto confirmari). Es geht also nicht um den typischen Fall einer fraudatorischen Schenkung, auf den die genannte Konstitution von Septimius Severus und Caracalla zielt; hier wurde früher einmal ohne jeden Bezug auf eine drohende Konfiskation geschenkt 254. „Human“ ist die Entscheidung letztlich vor allem deshalb, weil die Schenkung der Frau belassen und nicht vom Fiskus eingezogen wird 255. Darauf schließlich bezieht sich die Voraussetzung cum [...] nihil vitium mulieris incurrit: Das vitium läßt sich einerseits als Verschulden gegen den Ehemann verstehen; läge nämlich etwa ein Sittenverstoß der Frau vor, so könnte dies eine Vermutung dafür begründen, daß der Mann die Schenkung widerrufen wollte, wie dies auch bei Scheidung angenommen wird 256. Näher liegt es hier aber, das vitium im Zusammenhang mit der Deportation zu sehen; die Frau darf im Hinblick auf das Vergehen, das zur Deportation ihres Mannes führt, keine (Mit-)Schuld treffen. (3) Auch die wirksam gewordene Schenkung bleibt widerruflich (non adimatur licentia marito eam revocare); letzte Wirksamkeit (plenissima firmitas) erlangt sie erst mit dem Tod des Schenkers. Das erscheint befremdlich, weil 250 D. 39, 6, 32 Ulpianus 76 ad ed. Non videtur perfecta donatio mortis causa facta, antequam mors insequatur. (Eine vollzogene donatio mortis causa gilt nicht als „perfekt“, bevor der Tod eingetreten ist). 251 Vgl. Simonius, 216. 252 Zudem zeigt sich hier auch die Annäherung der donatio mortis causa an das Vermächtnisrecht; vgl. Senn, donation, 182. Daß Legate mit der Deportation hinfällig werden, ist freilich auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Die Regel ergibt sich immerhin e contrario nach Marcian D. 48, 22, 15, 1; eod. 16: Beides sind Sonderfälle, in fr. 16 will das kaiserliche Reskript die Wirksamkeit des Legats ausdrücklich als Ausnahme pietatis causa verstanden wissen. Andererseits spricht sich Ulpian D. 35, 1, 59, 1 gegen das Erlöschen eines aufschiebend bedingten Legats durch Deportation aus. 253 So allerdings Senn, donation, 182; Simonius, 137. 254 Vgl. dazu Gothofredus, nota 43 ad D. 24, 1, 13, 1. 255 In diesem Sinn auch die Marginalglosse a) zu Bartolus, ad h. l. 256 Julian / Ulpian D. 24, 1, 11, 10.
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die Schenkung bereits so wirksam sein soll, als wäre sie durch den Tod des Schenkers bestätigt (confirmari, tamquam si mortuo marito rata habebatur) 257. Bei dieser confirmatio handelt es sich aber um eine Fiktion mit beschränkter Tragweite, was sich schon darin zeigt, daß letztlich doch der Tod des Schenkers abgewartet werden muß (mors eius exspectanda est). Derselbe Gedanke findet sich in denselben Worten im Zusammenhang mit der manumissio mortis causa bei Marcellus D. 40, 1, 15 258. Wenngleich also die Deportation zur capitis deminutio führt, steht sie zivilrechtlich dem Tod nicht in jeder Hinsicht gleich 259. Papinian spricht das an zwei Stellen deutlich aus: Im Fall D. 31, 77, 4 wird der Erbe durch Fideikommiß damit beschwert, die Erbschaft bei seinem Tod (cum moreretur) seinen Söhnen herauszugeben; die Klage aus dem Fideikommiß gewährt Papinian nicht schon mit der Deportation des Erben, sie entstehe erst mit dessen Tod. Im Fall D. 45, 1, 121, 2 verfällt die Stipulation cum morieris, dari? nicht schon mit Deportation des promissor, sondern erst mit dessen Tod. Wenn das Rechtsverhältnis – sei es ein aufschiebend bedingtes Fideikommiß, eine Stipulation oder eine donatio mortis causa – trotz Deportation gleichsam in der Schwebe gehalten wird, ist die einzige Erklärung, daß die Juristen an ein aus einer eventuellen Begnadigung sich ergebendes ius postliminii denken 260. Das vorliegende Ulpianfragment bezieht sich in seinem letzten Teil darauf: tunc plenissimam habeat firmitatem, quando ab hac luce fuerit subtractus, sive reversus sive adhuc in poena constitutus. Mit sive reversus ist ohne Frage die Möglichkeit angesprochen, daß das Bürgerrecht des Deportierten wiederauflebt. Zwar kann man für diesen letzten Teil Cuiacius nicht widersprechen, wenn er meint, Tribonian habe Hand an die Stelle gelegt; denn die blumige Umschreibung des Todes: ab hac luce substractus esse, findet sich nirgends sonst in den Digesten, dafür um so öfter in den Konstitutionen Justinians 261 und ausschließlich dort, wenn man von einer einzigen Konstitution seines Vor-Vorgängers 257
Das hebt auch Bartolus, ad h. l., hervor; vgl. ferner Dumont, 226. Zu dieser Stelle ausführlich unten, Kap. 4. – Haymann, Freilassungspflicht, 30 f., meint, der Teil mors eius exspectanda est sei in D. 40, 1, 15 genauso unecht wie in der „durch und durch verfälschten“ lex 13, 1, aber es hat wenig Sinn, die eine Behauptung mit der anderen zu begründen. 259 Deshalb kann man trotz Suman, 206, nicht ohne weiteres sagen, in fr. 13, 1 werde dem Schenker nach Bedingungseintritt (dopo che l’evento si è verificato) ein Widerrufsrecht gewährt; im eigentlichen Sinne ist die Bedingung, daß der Beschenkte den Schenker überleben muß, erst erfüllt, wenn der Schenker wirklich (physisch) tot ist, und dann könnte das Widerrufsrecht natürlich nicht mehr ihm selbst gewährt werden. 260 Im Regelfall schneidet die Strafe dem Deportierten freilich die Möglichkeit der Rückkehr ab, vgl. Kaser I, 281; Mommsen, Strafrecht, 957. 261 C. 6, 29, 3 pr.; 6, 30, 20, 1; 6, 35, 11, 2; 6, 49, 7, 1b; 6, 51, 1, 2a.5 (ab hac luce migrare); 6, 59, 11 pr.; 7, 4, 16 pr.; 7, 15, 1, 1a (ab hac luce libertus esse); 7, 17, 2, 1; 8, 40, 26, 5; 10, 35, 3, 1. 258
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
Anastasius 262 absieht. Der Schlußteil ut tunc rell. ist aber in keiner Hinsicht entscheidungstragend; man mag ihn als erläuterndes Glossem streichen, ohne daß sich an der Entscheidung Ulpians etwas ändert. Sachlich jedenfalls spricht nichts dagegen, die Entscheidung dem Spätklassiker Ulpian zuzutrauen, denn sie ist keineswegs so widersprüchlich, wie gern gesagt wird 263. Vielmehr muß das Modell einer zweistufigen Wirksamkeit (confirmari und plenissima firmitas) unter praktischen Gesichtspunkten als eine ebenso geschickte wie interessengerechte Lösung bezeichnet werden. Die erste Stufe entzieht die Sache dem Zugriff des Fiskus; das ist gut vertretbar, weil die ratio der Konstitution von Severus Alexander und Caracalla über die Konfiskation von Schenkungen nach Verbrechensbegehung hier nicht tangiert ist; es ist auch interessengerecht, weil es der beschenkten Frau im Verhältnis zum Fiskus nicht zum Verhängnis werden soll, daß ihr Mann die Schenkungsabrede mortis causa formuliert hat 264, denn im Hinblick auf das Schenkungsverbot hatte er keine andere Wahl 265; es ist schließlich humanum, denn sicher läßt sich der Bestand der Schenkung auch mit der Versorgung der Frau begründen, die durch das Strafexil des Mannes unverschuldet (nihil vitium mulieris incurrit) in eine Notlage geraten ist 266. Andererseits ist es interessengerecht, die zweite Stufe der Wirksamkeit erst mit dem Tod des Mannes eintreten zu lassen; die Deportation rechtfertigt es nämlich nicht, ihn im Verhältnis zur Frau so zu stellen, als habe er unwiderruflich inter vivos geschenkt; um so weniger, als mit der jedenfalls theoretischen Möglichkeit seiner Rückkehr zu rechnen ist.
262
C. 12, 19, 11. Vgl. Desserteaux, 191; Simonius, 137; Suman, 206. 264 Gemäß Ulpian D. 39, 6, 7 betrifft die generelle Kaduzität nur die donatio mortis causa, nicht die donatio inter vivos, vgl. oben 135. 265 Hätte er ohne Bedingung inter vivos geschenkt, dann wäre die nichtige Ehegattenschenkung allenfalls mit seinem Tod aufgrund der oratio Severi konvalesziert; weil sich die Sache aber dann zum Zeitpunkt der Deportation noch im Vermögen des Mannes befunden hätte, wäre sie von der Konfiskation erfaßt worden, die Frau wäre also wiederum leer ausgegangen. 266 Eine vergleichbare Billigkeitsentscheidung Caracallas überliefert Marcian in D. 48, 22, 16: Der Kaiser erlaubt, daß dem Deportierten von seiner Mutter im Wege eines Vermächtnisses das Lebensnotwendige hinterlassen wird. 263
VI. Donatio und widersprechende Testamentsverfügung
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VI. Donatio und widersprechende Testamentsverfügung: Ulpian D. 24, 1, 22 D. 24, 1, 22 Ulpianus libro tertio ad Sabinum Uxori suae quis mortis causa servum donavit eumque cum libertate heredem scripsit: an valeat institutio, quaeritur. et puto, si hoc animo eum scripsit heredem, quod donationis se dixit paenituisse, valere institutionem et necessarium heredem domino servum fieri: ceterum si, posteaquam heredem instituit, donavit, donatio praevalebit, vel si ante donavit, non tamen adimendi animo libertatem adscripsit. Jemand schenkte seiner Frau einen Sklaven von Todes wegen und setzte ihn unter gleichzeitiger Freilassung zum Erben ein. Die Frage ist, ob die Erbeinsetzung wirksam ist. Ich meine: Wenn er ihn in der Absicht zum Erben eingesetzt hat, daß er damit gesagt hat, ihn habe die Schenkung gereut, dann ist die Erbeinsetzung wirksam, und der Sklave wird Zwangserbe seines Herrn. Andererseits hat die Schenkung Vorrang, wenn er ihn verschenkt hat, nachdem er ihn zum Erben eingesetzt hat, oder wenn er ihn zwar vorher verschenkt hat, aber testamentarisch die Freiheit erteilt hat, ohne damit die Schenkung widerrufen zu wollen.
Ulpian behandelt einen Fall mit zwei Abwandlungen 267. Im Ausgangsfall schenkt quis der uxor einen Sklaven mortis causa; später setzt er denselben 268 Sklaven testamentarisch zum servus heres cum libertate ein. Der Text sagt nichts über den dazwischenliegenden Zeitraum; da aber die Einsetzung des servus heres cum libertate typischerweise den Nachlaßkonkurs des Erblassers abwenden soll 269, ist davon auszugehen, daß die Schenkung zu einer Zeit erfolgte, als quis noch solvent war, während das Testament verfaßt wurde, als der Nachlaßkonkurs bereits absehbar war 270. Jedenfalls geht die Schenkung der Erbeinsetzung zeitlich voraus, was zwingend daraus folgt, daß andernfalls die erste Abwandlung gegenstandslos wäre. Ulpian meint, die Erbeinsetzung sei wirksam und servus werde 267 Vgl. zum Fall Aru, 297 Fn. 1 (298); Biondi, Appunti, 768 f.; Bonfante, donatio, 427 in Fn. 2; Cugia, 89, 97; Di Paola, donatio, 100 – 105; Dumont, 225 in Fn. 1; Haymann, Zur lex 42 pr., 239 f. in Fn. 4; Kaser, Rez. Di Paola, 247 f.; Riechelmann, 97 –99; Robbe, 308 f.; Rodríguez Díaz, 182; Simonius, 139 f., 285 f.; Suman, 206 f.; Voci, diritto ereditario II, 466 f. 268 Abwegig ist die Behauptung Robbes, 308, die Kompilatoren hätten den Fall auf den Kopf gestellt: Ulpians Frage im ursprünglichen Text habe gelautet, ob die unwirksame Erbeinsetzung des verschenkten Sklaven als Erbeinsetzung eines anderen Sklaven aufrechterhalten werden könne. 269 Vgl. Gaius 2, 154; Inst. 1, 6, 1; Marcian D. 28, 5, 52 pr. und dazu Finkenauer, Mark Aurel, 25 (auch ebenda 22 – 24 zu Marcellus D. 28, 4, 3, 1). 270 Entgegen Di Paola, donatio, 102, ist nicht ersichtlich, daß Schenkung und Erbeinsetzung „quasi contemporaneamente“ erfolgt wären; gegen Di Paola mit Recht Kaser, Rez. Di Paola, 247 f. („bare Willkür“), und Rodríguez Díaz, 182.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
heres necessarius, wenn quis mit der Erbeinsetzung die Schenkung widerrufen wollte (si hoc animo eum scripsit heredem, quod donationis se dixit paenituisse). Wenn dagegen, wie in der ersten Abwandlung, die Schenkung der Erbeinsetzung zeitlich nachfolge, so habe jene Vorrang (donatio praevalebit). Dasselbe gelte (zweite Abwandlung), wenn wie im Ausgangsfall die Schenkung zwar zeitlich vorangehe, aber quis mit der Erbeinsetzung die Schenkung nicht habe widerrufen wollen. (1) Die Bestimmung des Vorranges nach dem animus des Schenkers wird für die vorliegende Stelle nahezu einhellig als kompilatorische Zutat angesehen 271. Zu erklären ist dies mit der von Pringsheim 272 um 1920 begründeten Lehre, wonach der animus als Entscheidungstopos generell auf byzantinisches Gedankengut zurückzuführen sei. Pringsheim selbst hat seine Interpolationshypothesen ab 1953 teilweise eingeschränkt 273. Während Biondi 274 bereits 1947 die Klassizität des animus verteidigte, hat Archi noch 1960 gerade für den Bereich der donatio die überwiegende Zahl der Texte für interpoliert erachtet 275. Heute ist diese Lehre zu Recht überwunden und einer differenzierten Betrachtung der Quellen gewichen 276. So hat etwa Wieling für den Bereich der Testamentsauslegung nachgewiesen, daß es in allen Phasen des klassischen Rechts Entscheidungen gab, die dem Willen des Testators den Vorzug vor anderen Auslegungstopoi einräumten 277. Für die vermeintliche Interpolation der Differenzierung nach dem animus des Schenkers in fr. 22 wird der folgende Papiniantext als Argument angeführt 278: D. 28, 5, 77 Papinianus libro quinto decimo quaestionum Servus uxori a marito mortis causa donatus mariti manet, ut et Iuliano quoque videtur. idem si accipiat libertatem simul et hereditatem, viro necessarius heres erit: nec sine libertate aliquid ei legari potest. Ein Sklave, der einer Frau von ihrem Mann von Todes wegen geschenkt wird, bleibt Eigentum des Mannes; so sieht es auch Julian. Wenn derselbe gleichzeitig die Freiheit und 271
Vgl. die eingangs 139 in Fn. 267 zur Stelle zitierte Literatur; für Echtheit des ganzen Textes, soweit ersichtlich, nur Riechelmann, indes ohne substantielle Begründung. Vgl. ferner den Ind. Itp.; Lenel, Palingenesia II, Sp. 1025 in Fn. 5 (Ulpian Nr. 2447), verdächtigt nur die zweite Abwandlung vel si rell., ebenso im Ergebnis Voci, diritto ereditario II, 467. 272 Pringsheim, Animus donandi. 273 Pringsheim, Liberalitas, insb. 662 – 666; ders., Id quod actum est, 1 ff. 274 Biondi, concetto, 133 – 136. 275 Archi, donazione, 54 – 64. 276 Vgl. etwa Broise I, 11 – 17. 277 Wieling, Testamentsauslegung, 46 – 50; 88 – 93; 124 –140; 177 –196. 278 Etwa von Biondi, Appunti, 769; Haymann, Zur lex 42 pr., 239 in Fn. 4; Simonius, 139.
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die Erbschaft erhält, wird er Zwangserbe des Mannes. Ihm kann ohne Freiheitserteilung auch kein Vermächtnis zugewendet werden.
Der Papiniantext läßt sich aber nicht gegen die im Ulpiantext vorgenommene Unterscheidung nach dem animus des Schenkers in Stellung bringen. Der Fall ist zwar der gleiche wie Ulpians Ausgangsfall: Ein Sklave wird der Ehefrau geschenkt und dann vom Mann zum Erben eingesetzt. Nun wird häufig behauptet 279, hier werde ein genereller Vorrang der Erbeinsetzung vor der Schenkung ausgesprochen, ohne Rücksicht auf den Willen des Testators / Schenkers. Allein das sagt der Text nicht, denn Papinian behandelt nicht wie Ulpian drei mögliche Varianten, sondern einen einzigen Fall; er kann also zur Frage des möglichen Vorranges einer nachträglichen Schenkung gegenüber der Erbeinsetzung keine Stellung nehmen, weil sie sich ihm nicht stellt. Wenn gesagt wird, daß fr. 77 den generellen Vorrang der Erbeinsetzung vor der Schenkung anordne, wird stets vorausgesetzt, daß der Eingangssatz: Servus uxori a marito mortis causa donatus mariti manet, bedeute, die Schenkung sei unwirksam. Das ist aus drei Gründen nicht richtig: Erstens enthalten die Worte Servus mariti manet zunächst nichts weiter als die Feststellung der Eigentumslage 280 und sagen nichts über die causa, etwa über schwebende oder endgültige Unwirksamkeit. Das Vokabular der Klassiker zur Bezeichnung der Unwirksamkeit einer Schenkung, insbesondere wegen des Schenkungsverbotes, ist sehr vielfältig 281; manere gehört nicht dazu. Res alicuius manet heißt also nicht: donatio infirmitur 282 oder nihil agitur 283. Zweitens wäre der Satz, wenn er die Unwirksamkeit der Schenkung bedeuten sollte, inhaltlich unsinnig. Man wird nicht behaupten wollen, Papinian habe generell gesagt: „Wenn ein Mann seiner Frau mortis causa einen Sklaven schenkt, ist das unwirksam.“ Nicht nur stünde diese Aussage dann in krassem Widerspruch zu allen Quellen, die für die donatio mortis causa eine Ausnahme vom Schenkungsverbot bezeugen, sondern es wäre auch ganz unerfindlich, wieso gerade ein Sklave nicht geschenkt werden dürfte. Man kann drittens den Satz auch nicht so lesen, daß die Schenkung nur dann nicht wirksam sein soll, wenn danach die Erbeinsetzung des Sklaven erfolgt. An dieser konditionalen Verknüpfung fehlt es hier gerade, bzw. Papinian schließt sie sogar deutlich aus, indem er ut et Iuliano quoque videtur dazwischenschiebt. Wie daran deutlich wird, besteht das Julianzitat nur aus dem Satz: Servus uxori a ma279
Biondi, Appunti, 769; Dumont, 225 mit Fn. 1; Simonius, 139. Manere kennzeichnet die Beibehaltung des rechtlichen status quo im weitesten Sinne, vgl. Heumann / Seckel, s. v. manere. 281 Vgl. die erschöpfende Untersuchung bei Misera, Bereicherungsgedanke, 86. 282 So der Sprachgebrauch von Ulpian D. 24, 1, 11, 10; 35, 2, 66, 1. 283 Papinian D. 24, 1, 52, 1. 280
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rito mortis causa donatus mariti manet, danach setzt mit dem Problem des heres necessarius ein neuer, Papinians Gedanke ein. Der Satz Julians besagt, richtig verstanden, nichts weiter als: „Wenn ein Mann seiner Frau einen Sklaven [oder irgend etwas anderes] mortis causa schenkt, geht während der Ehe kein Eigentum über.“ 284 Nicht zufällig wird gerade Julian zitiert, der ausweislich Ulpian D. 24, 1, 11, 1 vertrat, daß nur die aufschiebend bedingte Ehegattenschenkung mortis causa vom Schenkungsverbot befreit sei, während Ulpian diese Unterscheidung, wie gesehen, nicht mehr vollzieht, weil sie angesichts der oratio Severi obsolet geworden ist 285. Papinian D. 28, 5, 77 ist also nur Ausdruck des allgemeinen, im modernen Schrifttum freilich bestrittenen 286 Prinzips, daß der Schenker eine donatio mortis causa jederzeit widerrufen kann, sei es auch dadurch, daß er anderweit über die Sache verfügt. Für die Frage, was im Einzelfall Vorrang hat, Schenkung oder Erbeinsetzung, gibt der Text nichts her. Das eigentliche Problem des fr. 22 liegt in den Abwandlungen. Zur ersten lautet die Frage, wie donatio praevalebit zu verstehen sei bzw. wie man sich einen Widerruf der testamentarischen Verfügung durch Schenkung vorzustellen habe (2). In der zweiten Abwandlung ist problematisch, wie eine Einsetzung des servus heres cum libertate stattfinden kann, ohne daß damit die Schenkung widerrufen wird (3). (2) Wenn in der ersten Abwandlung die Schenkung vorgehen soll, wird damit in der Sache ein wirksamer Widerruf der testamentarischen Erbeinsetzung des Sklaven anerkannt. Jedoch verlangt der nach ius civile wirksame Widerruf des Testaments ein Widerrufstestament 287, und selbst für die prätorische Unwirksamkeit des Testaments bedarf es ausweislich Gaius 2, 151 einer Handlung mit eindeutigem Erklärungswert wie etwa Durchschneiden der Schnur, die die Testamentstäfelchen zusammenhält, oder Zerstörung der ganzen Urkunde; einzelne Verfügungen werden iure praetorio unwirksam, wenn der Testator sie ausstreicht 288. Hier gibt es nichts von alledem, nur den aus der Schenkung zu folgernden Willen des quis, nicht am Testament festzuhalten. Weil indes die Verfügung, wie Gaius 2, 151 betont, nicht durch bloße Willensänderung zu be284
So ausdrücklich auch Ulpian D. 24, 1, 11, 9. Weil nunmehr jede Ehegattenschenkung mit dem Tod des Schenkers wirksam wird; vgl. zum Problem oben 96 f. 286 Vgl. die Nachweise zur Diskussion um das Reurecht, unten 223 ff. – Simonius, 140, versucht den seiner Generalthese entgegenstehenden Text mit der Suspension der Ehegattenschenkung mortis causa bis zum Tod des Schenkers zu erklären; daß dies für die Erklärung des Reurechts nicht genügt, hat Ulpian D. 24, 1, 13, 1 gezeigt (vgl. oben 135 ff.). 287 Gaius 2, 144. 288 Vgl. den Titel D. 28, 4, besonders die lex Ulpian 1 pr.; eod. 2; zu den schwierigen Auslegungsfragen im Fall Marcellus eod. 3 vgl. Finkenauer, Mark Aurel, 17 ff. 285
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seitigen ist 289, kann der Vorrang der Schenkung nur mit einer Art rechtlicher Unmöglichkeit erklärt werden: Die direkte Freilassung des Sklaven im Testament kann keine Wirkung entfalten, wenn der Sklave zur Zeit des Erbfalls nicht mehr dem Erblasser gehört 290. Das ist aber nur möglich, wenn die Schenkung vor der Freilassung wirksam wird; weil das Eigentum jedoch, wie Papinian D. 28, 5, 77 gezeigt hat, erst mit Auflösung der Ehe übergehen kann 291, ist hier vielleicht nur an eine juristische Sekunde zu denken 292. Ulpian ist offenbar bereit, das Eigentum am Sklaven auf uxor übergehen zu lassen, bevor die testamentarische Freilassung wirksam wird. Das läßt sich gut begründen damit, daß ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, das nur durch das Schenkungsverbot suspendiert ist, gleichsam in ultimo vitae tempore 293 wirksam wird. Dagegen kann die im Testament angeordnete Freilassung ihre Wirkung erst mit der Testamentseröffnung entfalten, das heißt in jedem Fall erst mehrere Tage nach dem Tod des Testators 294. Gleichwohl wird damit der Testamentsformalismus in erheblicher Weise gelockert, und deshalb darf Ulpians puto auch als Hinweis darauf angesehen werden, daß hier juristisches Neuland beschritten wird. Wenn durch die Schenkung die testamentarische Freilassung des Sklaven hinfällig wird, so ist andererseits nicht etwa davon auszugehen, daß das Testament als ganzes unwirksam wird. Vielmehr erwirbt der nunmehr im Eigentum der uxor stehende Sklave ihr die Erbschaft 295. Der Grund für das Verhalten des quis in der ersten Abwandlung ist demnach in der umgekehrten Entwicklung seiner 289 Das Problem sieht Haymann, Zur lex 42 pr., 239 in Fn. 4 (240), wobei ihm Gaius 2, 151 lediglich als Beweis der Interpolation von fr. 22 dient. 290 Dann wäre nur eine fideikommissarische Freilassung möglich, vgl. Gaius 2, 263 f. und 272: servo alieno directo libertas dari non potest, sed per fideicommissum potest. – Ein ähnliches Problem stellt sich in dem von Marcian D. 28, 5, 52, 1 entschiedenen Fall: Der Erblasser hatte den Sklaven im Testament freigelassen und zum Erben eingesetzt, ihn später aber veräußert. Hier ist nicht nur die Freilassung, sondern auch die Erbeinsetzung unwirksam, weil der Sklave sonst seinem neuen dominus erwürbe, was der Erblasser nicht gewollt hat; vgl. zum Fall Wieling, Testamentsauslegung, 124. 291 Vgl. auch oben 95 f. zu Ulpian / Gaius D. 24, 1, 10 –11 pr. 292 Die im allgemeinen als Erfindung des Celsus gepriesene Denkform der juristischen Sekunde kommt, wie Misera gezeigt hat, bei der Ehegattenschenkung jedenfalls in ihrem Ansatz schon bei Sabinus vor: Misera, Bereicherungsgedanke, 9 –13; Kaser, Durchgangserwerb, 57 f. 293 Vgl. dazu sogleich Ulpian D. 24, 1, 11, 9; außerdem Gaius 3, 100 sowie das gleiche Problem bei Marcellus D. 40, 1, 15, wo die mortis causa vorgenommene Freilassung in extremum tempus vitae manumissoris verschoben wird, also auch noch zu dessen Lebzeiten wirksam wird (unten Kap. 4). 294 Kaser I, 692 f. 295 Vgl. Inst. 2, 14, 2; Gaius 2, 189; UE 22, 13. – Darin liegt der wesentliche Unterschied zu Marcian D. 28, 5, 52, 1 (vgl. soeben Fn. 290), wo ein Erwerb der Erbschaft durch den Erwerber des Sklaven gerade nicht gewollt war.
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Vermögensverhältnisse zu sehen: Angesichts drohender Nachlaßinsolvenz setzte er seinen Sklaven zum heres necessarius ein; vermutlich aufgrund eines unerwarteten Vermögenszuwachses sah er sich dann in der Lage, diese Verfügung zugunsten seiner Frau zu ändern 296. (3) Auch in der zweiten Abwandlung soll die Schenkung der Erbeinsetzung vorgehen. Hier hatte quis den Sklaven erst verschenkt und ihn dann testamentarisch freigelassen, ohne die Schenkung widerrufen zu wollen (ante donavit, non tamen adimendi animo libertatem adscripsit). Wie aber kann quis den Sklaven freilassen, ohne die Schenkung widerrufen zu wollen? Der animus adimendi kann nur auf die Schenkung bezogen werden; libertatem adscripsit schließt aus, daß an einen Widerruf der Freilassung gedacht sein könnte. Das Schrifttum hat sich mit der Frage nicht befaßt, weil jedenfalls der Teil vel si ante rell. praktisch ausnahmslos als korrupt angesehen wird 297. Die Erbeinsetzung des Sklaven wäre prima facie nur dann mit der Schenkung vereinbar, wenn jene simpliciter, also sine libertate erfolgt wäre 298. So wäre der Fall gut zu erklären: Quis hätte uxor dann den Sklaven geschenkt, um ihr durch ihn die Erbschaft zukommen zu lassen. Ein Motiv für diesen Umweg wäre unschwer auszumachen: Man brauchte sich nur vorzustellen, die Ehe sei kinderlos geblieben; uxor wäre dann trotz passiver testamenti factio nach den leges Iulia et Papia teilweise erwerbsunfähig (incapax), sie könnte nur die Hälfte des Nachlasses erwerben 299; für den Erbschaftserwerb durch den Sklaven würde hingegen die testamenti factio der uxor genügen 300. Hier aber ist ausdrücklich von Freilassung die Rede (cum libertate heredem scripsit), was im Sinne einer direkten Freilassung zu verstehen ist 301. Wenn quis also den Sklaven testamentarisch freilassen und dennoch die Schenkung aufrechterhalten wollte, gibt es dafür nur eine denkbare Erklärung: Die Schenkung 296 So etwa auch im Fall Marcellus D. 28, 4, 3, 1; dazu Finkenauer, Mark Aurel, 22 –24. 297 Auch Voci, diritto ereditario II, 467, der im übrigen für Echtheit der Stelle eintritt, geht hier von einer mißlungenen Paraphrase aus: „senza essere errata, è tuttavia fuori posto [...] frutto di un riassunto male eseguito“; Simonius, 139, stellt nur fest, es sei „ja auch keineswegs klar“, was hier gemeint ist. 298 Gl. Adimendi ad h. l. 299 Kaser I, 723. 300 Gaius D. 28, 5, 31 pr.; UE 22, 9. 301 Der Sprachgebrauch ist allerdings nicht ganz eindeutig, denn das zuletzt genannte libertatem adscribere wird üblicherweise im Zusammenhang mit einer fideikommissarischen Freilassung gebraucht (Paulus D. 31, 84 pr.; D. 48, 10, 22, 9; Ulpian D. 40, 5, 24 pr. 2. 3). Demgegenüber läßt sich das hier dreimal verwendete heredem scribere / instituere nur im Sinne einer direkten Freilassung eines Sklaven verstehen, vgl. Ulpian D. 28, 5, 3, 1; eod. 6, 3; D. 29, 1, 13, 2; Julian D. 28, 5, 38, 2; eod. 41 pr. Eine fideikommissarische Freilassung würde dem Fragment auch eine ganz andere Bedeutung geben, vor allem ließe sich dann die Einsetzung des servus zum Zwangserben nicht erklären.
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sollte bis zur Freilassung, also bis zum Tod des quis wirksam sein. Den Weg in diese Richtung weist die Glosse Adimendi ad h. l., die mit Ulpian D. 24, 1, 32, 5 302 einen Text allegiert, demgemäß die Verpfändung einer Sache, die der Schenker zuvor seiner Ehefrau inter vivos 303 geschenkt hatte, zwar regelmäßig den Widerruf der Schenkung bedeutet, jedoch denkbar ist, daß der Schenker ausnahmsweise die Schenkung gleichwohl aufrechterhalten möchte. Das Paradoxon einer aufschiebend bedingten donatio mortis causa inter virum et uxorem, die erst mit dem Tod des quis wirksam wird, aber auch nur bis dahin wirksam sein soll, läßt sich indes nur mit einer möglichen Rückwirkung der Schenkung auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme auflösen. Ein ausdrücklicher Beleg für diese Rückwirkung findet sich wiederum in Ulpians Sabinuskommentar: D. 24, 1, 11, 9 Ulpianus libro trigesimo ad Sabinum Si uxor rem, quam a marito suo mortis causa acceperat, vivo eo alii tradiderit, nihil agitur ea traditione, quia non ante ultimum vitae tempus mulieris fuit. plane in quibus casibus placeat retro agi donationem, etiam sequens traditio a muliere facta in pendenti habebitur. Hat eine Frau die Sache, die sie von ihrem Mann [als Schenkung] von Todes wegen erhalten hatte, zu dessen Lebzeiten einem anderen übereignet, wird durch diese Übereignung nichts bewirkt, weil [die Sache] erst im letzten Lebenszeitpunkt Eigentum der Frau geworden ist. Freilich wird in den Fällen, in denen eine Rückwirkung der Schenkung anerkannt ist, auch die nachfolgende, von der Frau vorgenommene Übereignung für in der Schwebe gehalten werden.
Ulpians Stellungnahme zur Wirksamkeit einer Weiterveräußerung der aufschiebend bedingt geschenkten Sache durch uxor ist hier wegen der möglichen Rückbeziehung des Eigentumsüberganges von Bedeutung. Grundsätzlich soll zwar die Weiterveräußerung der Sache durch uxor zu Lebzeiten des Mannes unwirksam sein, weil noch kein Eigentum auf uxor übergegangen ist; diese Regel stimmt mit § 2 desselben Fragments überein, wo von Fällen die Rede ist, in denen die Schenkung keine Rückwirkung hat 304. Jedoch gebe es Fälle, in denen wegen 302 D. 24, 1, 32, 5 Ulp. 33 ad Sab. Si maritus ea quae donaverit pignori dederit, utique eum paenituisse dicemus, licet dominium retinuit. quid tamen, si hoc animo fuit, ut vellet adhuc donatum? finge in possessionem precariam mulierem remansisse paratamque esse satisfacere creditori. dicendum est donationem valere [...]. (Wenn ein Ehemann das, was er geschenkt hat, verpfändet hat, werden wir jedenfalls sagen, ihn habe die Schenkung gereut, wenngleich er das Eigentum behalten hat. Was aber, wenn er die Absicht gehabt hat, dennoch an der Schenkung festzuhalten? Nimm an, die Frau sei im prekarischen Besitz geblieben und sei bereit, den Gläubiger zu befriedigen. Man muß sagen, die Schenkung sei wirksam). 303 Das heißt also: zunächst unwirksam; der Text gehört zu dem langen Ulpianfragment über die oratio Severi betreffend die Konvaleszenz nichtiger, aber nicht widerrufener Ehegattenschenkungen mit dem Tod des Schenkers; dazu oben 96 f.
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der Rückbeziehung der Schenkungswirkung die nachfolgende Übereignung in der Schwebe bleibe. Für Papinian bildet letzteres offenbar die Regel: D. 39, 6, 40 Papinianus libro vicensimo nono quaestionum Si mortis causa inter virum et uxorem donatio facta sit, morte secuta reducitur ad id tempus donatio, quo interposita fuisset. Hat zwischen Mann und Frau eine Schenkung von Todes wegen stattgefunden, wird sie nach Todeseintritt auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme zurückbezogen.
Und ein anschauliches Beispiel für die Rückwirkung der donatio mortis causa inter virum et uxorem findet sich bei Javolen: D. 24, 1, 20 Iavolenus libro undecimo epistularum Si is servus, qui uxori mortis causa donatus est, prius quam vir decederet stipulatus est, in pendenti puto esse causam obligationis, donec vir aut moriatur aut suspicione mortis, propter quam donavit, liberetur: quidquid autem eorum inciderit, quod donationem aut peremat aut confirmet, id quoque causam stipulationis aut confirmabit aut resolvet. Wenn sich der Sklave, der der Frau von Todes wegen geschenkt worden ist, vor dem Tod des Mannes versprechen läßt, glaube ich, daß die Stipulation in der Schwebe ist, bis der Mann entweder stirbt oder von der drohenden Todesursache, derentwegen er geschenkt hat, befreit ist. Was immer aber eintritt und die Schenkung entweder vernichten oder wirksam werden läßt, wird auch die Stipulation entweder wirksam werden lassen oder auflösen.
Hier hatte ein Ehemann seiner Frau imminente periculo commotus 305 einen Sklaven mortis causa geschenkt. Dieser läßt sich noch zu Lebzeiten des Schenkers von einem Dritten eine Leistung für die uxor 306 versprechen. Weil der dominus aus der Stipulation des Sklaven berechtigt und verpflichtet wird 307, ent304 D. 24, 1, 11, 2 Ulp. 32 ad Sab. Quando itaque non retro agatur donatio, emergunt vitia, ut Marcellus animadvertit in specie huiusmodi [...]. – Simonius, 292, und ihm folgend Ankum, 639 f., wollen quando hier kausal übersetzen: Weil die Schenkung nicht zurückwirkt, was zwar sprachlich möglich ist, aber inhaltlich nicht überzeugt; denn angesichts der Rückwirkung, die § 9 desselben Fragments bejaht, kann keine Rede davon sein, § 2 statuiere „die Nichtrückwirkung als allgemeines Prinzip“ (Simonius a. a. O.); gegen Simonius überzeugend schon Archi, negozio sotto condizione, 64 in Fn. 59. 305 Zum Begriff oben 26 ff. 306 So die nahezu einhellige Auffassung: etwa Dumont, 221 in Fn. 2; Simonius, 295; Voci, diritto ereditario II, 459 in Fn. 78. Dagegen meint Masi, retroattività, 22 f., der Sklave lasse sich zugunsten des Ehemannes versprechen; weil aber das Eigentum am Sklaven erst mit dem Tod des Mannes übergehen konnte, hätte sich in diesem Fall wohl nicht das Problem der Pendenz der Stipulation gestellt, der Sklave hätte die Stipulation vielmehr sofort zugunsten des Ehemannes abgeschlossen, und es ist kaum anzunehmen, daß die bereits wirksam gewordene Stipulation mit der Rückbeziehung des Eigentumsüberganges auf den Zeitpunkt der Schenkung nachträglich unwirksam geworden wäre.
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scheidet die Eigentumslage am Sklaven im Zeitpunkt der Stipulation darüber, ob uxor Gläubigerin des Dritten wird. Das Problem stellt sich indes nur wegen der möglichen Rückwirkung der Ehegattenschenkung; käme sie nicht in Betracht, könnte die Obligation keinesfalls zugunsten der uxor zustande kommen. Es bleibt festzuhalten, daß sich drei Klassiker in jeweils anderem Zusammenhang (donatio mortis causa inter virum et uxorem als solche; Problem des interpositus; Pendenz der Stipulation) für die Rückwirkung der Ehegattenschenkung mortis causa aussprechen. Gleichwohl hat man den Rückwirkungsgedanken in den betreffenden Stellen lange für interpoliert gehalten 308, weil man meinte, die Rückwirkung nur durch die Justinianskonstitution C. 5, 16, 25, 2 erklären zu können, welche die Heilung nach dem Muster der oratio Severi für bestimmte Fälle mit rückwirkender Kraft ausstattet 309. Daß diese Konstitution den Kompilatoren für die drei betrachteten Stellen als Vorlage gedient haben soll, ist aber schon deshalb nicht glaubwürdig, weil sie sich gar nicht auf die donatio mortis causa, sondern auf die donatio inter vivos bezieht und außerdem in ihrem Regelungsbereich weit über die Ehegattenschenkung hinausgeht. Die Klassizität der Rückwirkung läßt sich auch nicht mit Hinweis auf Ulpian D. 24, 1, 11, 2 leugnen, denn nach richtiger Lesart läßt der Text die Möglichkeit einer Rückwirkung für manche Fällen offen. Insgesamt sind Zweifel an der Authentizität der genannten drei Stellen nicht angebracht. Die Klassiker haben die Rückbeziehung der Wirkung einer Ehegattenschenkung auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme in bestimmten Fällen zugelassen 310. Mit dieser Erkenntnis ist auf die zweite Abwandlung von fr. 22 zurückzukommen: Der Testator, der seinen Sklaven zum Erben einsetzt und dennoch erklärt, damit die Schenkung nicht widerrufen zu wollen, möchte die Schenkung für die Zeit zwischen Vornahme des Rechtsgeschäfts und dem eigenen Tod aufrechterhalten wissen. Was ist der Grund dafür? Vermutlich hat quis der uxor den Sklaven manzipiert 311, was zwar zunächst nicht zum Eigentumsübergang führte 312, aber nach der oratio Severi 313 mit dem Tod des Mannes geheilt 307
Vgl. Ulpian D. 45, 1, 38, 17; dazu Finkenauer, Stellvertretung, 443. Betti, 490 (D. 24, 1, 11, 9 und D. 39, 6, 40 itp.); Gioffredi, 127, 133 (D. 24, 1, 11, 9 itp., aber wohl für Echtheit von eod. 20); Masi, retroattività, 23 f., 25 f.; Simonius, 293 – 296; noch Ankum, 639. Dagegen hält Archi, negozio sotto condizione, 63 –65, zwar sowohl D. 24, 1, 11, 9 als auch D. 39, 6, 40 für überarbeitet, bezweifelt aber, daß dem eine gezielte Interpolation des Rückwirkungsgedankens zugrunde liegt. 309 Insbesondere Masi, retroattività, 31 f., aber auch Ankum, 639. 310 Überzeugend Misera, Bereicherungsgedanke, 14; ihm folgt Kaser, Durchgangserwerb, 58 mit Fn. 153, unter vorsichtiger Distanzierung von seinen textkritischen Äußerungen in Rez. Di Paola, 247 ff. (dies bezieht sich offenbar auf Papinian D. 39, 6, 40); zudem Voci, diritto ereditario II, 459 in Fn. 78; grundsätzlich für Rückwirkung je nach dem Willen des Schenkers bereits de Retes, De donationibus inter virum et uxorem, cap. 8 § 15 (692); Savigny, System IV, 247 f. 311 Davon darf man mit Voci, diritto ereditario II, 466, ausgehen. 308
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
werden konnte. Uxor wird die Dienste des Sklaven ab der Manzipation durch quis in Anspruch genommen haben. Sollte sich nun nach dem Tod des quis mit Testamentseröffnung die Freilassung des Sklaven und damit der vermutete Widerruf der Schenkung herausstellen, wird uxor üblicherweise dem dominus Nutzungsersatz für den Sklaven schulden 314. Da der dominus, hier quis, indes nicht mehr lebt, hat den Anspruch dessen Erbe, und das ist hier der Sklave selbst. Quis geht es also darum zu vermeiden, daß nach seinem Tod uxor vom eigenen Sklaven, nunmehr libertus orcinus, in Anspruch genommen wird. Das ist um so plausibler, wenn man in der zweiten Abwandlung wie im Ausgangsfall die drohende Nachlaßinsolvenz des quis als Motiv der Erbeinsetzung des Sklaven zugrundelegt; der Zwangserbe wird bemüht sein, jede mögliche Nachlaßforderung einzutreiben, und quis will verhindern, daß dies zu Lasten der uxor geschieht. Ulpian verschafft dem Erblasserwillen Geltung, indem er sich auch hier für den Vorrang der Schenkung ausspricht; donatio praevalebit bedeutet daher im Ergebnis hier soviel wie: Die Schenkung wird durch die Erbeinsetzung des Sklaven nicht beeinträchtigt 315. (4) Ulpian gewährt in D. 24, 1, 22 dem feststellbaren Willen des Schenkers und Testators in jedem Fall den Vorrang, auch unter Zurückstellung der Bedenken, die sich aus dem Testamentsformalismus ergeben 316. Bereits Mark Aurel hatte sich in dem berühmten bei Marcellus D. 28, 4, 3 überlieferten Fall zu einer solchen freien Auslegung durchgerungen, um dem Erblasserwillen zum Durchbruch zu verhelfen 317. Gegen solche Auslegungskunst muß die petitio principii, „daß die Berücksichtigung des Animus stets verdächtig ist“ 318, als ein recht fader Einwand gegen die Entscheidung Ulpians erscheinen. Warum sollte die Auslegung nach dem Willen des Erblassers, die sich hier in einer unterschiedlichen Beurteilung des Vorran312
Vgl. oben 140 ff. die Ausführungen zu Papinian D. 28, 5, 77. Zu ihr oben 96 f. 314 Zu operae servi als Vermögenswert: Gaius D. 7, 7, 3; eod. 4 und dazu Grosso, usufrutto, 203 – 205. – Daß die condictio sich auf Früchte der geschenkten Sache im weitesten Sinne erstreckt, belegt für den Fall der Rückforderung wegen Konvaleszenz des Schenkers Paulus D. 12, 4, 12; es ist nicht ersichtlich, daß bei Rückforderung aufgrund der Ausübung des Reurechts etwas anderes gegolten hätte. 315 Eine sehr viel einfachere Erklärung der zweiten Abwandlung läge natürlich darin, auch hier von strikter Alternativität auszugehen, also die Erbeinsetzung des Sklaven, obwohl nach der Schenkung erfolgt, schlicht für unwirksam zu erklären. Grund dafür wäre die perplexe Erklärung des Erblassers, den Sklaven sowohl der Frau schenken als auch freilassen zu wollen. Es bliebe dann aber die Frage, ob eine solche Banalität der Erwähnung im Sabinuskommentar wert gewesen wäre. 316 Richtig die Tendenz bei Suman, 207. 317 Dazu Finkenauer, Mark Aurel, 17 ff. 318 So Simonius, 139; vgl. im übrigen oben 140; grundsätzlich gegen diese These schon Wieling, Testamentsauslegung, 2 f. 313
VII. Ergebnisse
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ges von Schenkung oder Erbeinsetzung je nach dem animus widerspiegelt, erst eine justinianische Errungenschaft sein? Statt dessen ist dem beizupflichten, was bereits Bonfante 319 erkannt hat: Man würde, auch wenn man von einer Überarbeitung der Stelle ausginge, allenfalls bestätigt finden, daß sich das klassische Recht im Gegensatz zum justinianischen gar mit einem konkludenten Widerruf der Schenkung begnügt hat 320. Eine weitere Stelle aus Ulpians schon behandeltem Fragment zur donatio mortis causa inter virum et uxorem akzeptiert nämlich einen nur konkludenten Widerruf: D. 24, 1, 11, 10 Ulpianus libro trigesimo secundo ad Sabinum Si maritus uxori donaverit mortis causa eaque diverterit, an dissolvatur donatio? Iulianus scripsit infirmari donationem nec impendere. Wenn ein Mann seiner Frau von Todes wegen geschenkt hat und sie sich geschieden hat, wird dann die Schenkung aufgelöst? Julian schrieb, sie werde unwirksam und sei nicht mehr in der Schwebe.
Im Fall der Scheidung wird die bis zum Tod schwebende Ehegattenschenkung ohne weiteres unwirksam, obwohl keiner der drei anerkannten Rückforderungsgründe vorliegt 321. Grund der Auflösung ist vielmehr nur, daß ein animus donandi des Schenkers dann nicht mehr zu unterstellen ist bzw. von der Reue des Schenkers auszugehen ist, wenn die Beschenkte sich geschieden hat. Die Stelle belegt zusammen mit dem behandelten fr. 22 sowie der vorher betrachteten lex 13, 1, daß gerade bei Ehegattenschenkungen der freien Widerruflichkeit der donatio mortis causa in weitem Umfang Rechnung getragen wurde.
VII. Ergebnisse Das Verbot der Schenkung zwischen Ehegatten war im Laufe des ersten vorchristlichen Jahrhunderts bereits geltendes Recht. Es spielt daher schon in der ersten römischen Quelle zur donatio mortis causa, Labeo D. 44, 4, 4, 1, eine wichtige Rolle. Die besondere Bedeutung der donatio mortis causa liegt für Ehegatten in der Möglichkeit, entgegen dem Schenkungsverbot schon zu Lebzeiten 319 Bonfante, donatio, 427 in Fn. 2 (mißverstanden von Dumont, 225 in Fn. 1: „exigence inconnue aux compilateurs pour lesquels une volonté tacite suffisait“). 320 Das jedenfalls wäre der Stelle dann zu entnehmen, wenn man davon ausginge, in der zweiten Abwandlung ginge die Schenkung deshalb vor, weil sie lediglich durch die Erbeinsetzung des Sklaven konkludent und nicht ausdrücklich widerrufen wurde; zur hier vorgeschlagenen Deutung oben 144 ff. 321 Der Widerruf ist jedenfalls nicht erklärt; vgl. zu den Rückforderungsgründen unten 221.
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Kap. 2: Die Ehegattenschenkung auf den Todesfall
Zuwendungen vorzunehmen. Für die Zulässigkeit einer Sachschenkung zwischen Ehegatten verlangt der Hochklassiker Julian noch, daß die Schenkung aufschiebend bedingt vorgenommen und erst mit dem Tod des Schenkers wirksam wird. Durch die oratio Severi aus dem Jahr 206 n. Chr. wird das Schenkungsverbot erheblich gemildert: Danach konvaleszieren nichtige Ehegattenschenkungen inter vivos mit dem Tod des Schenkers, wenn sie nicht zu Lebzeiten widerrufen worden waren. Diese Reform wirkt wesentlich auch auf die donatio mortis causa inter virum et uxorem ein, weil sie den Unterschied zwischen einer aufschiebend bedingten donatio mortis causa und einer zunächst nichtigen donatio inter vivos weitgehend einebnet, soweit es darum geht, die Wirksamkeit einer Zuwendung nach dem Tod des Schenkers zu beurteilen 322. Ein wichtiger Unterschied bleibt aber: Während die oratio zu einer ex-nunc-Heilung der nichtigen Schenkung führt, haben die klassischen Juristen für die donatio mortis causa das Schenkungsverbot praktisch dadurch abgeschwächt, daß sie in bestimmten Fällen eine Rückwirkung der aufschiebend bedingten Schenkung auf den Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Vornahme zuließen 323. Schwerer haben sich die Klassiker mit der Anerkennung der Wirksamkeit einer Stipulation zwischen Ehegatten getan. Hier blieb sogar eine Heilung nach der oratio Severi umstritten 324. Die Praxis hat einen Ausweg gefunden, indem die Frau auf Seiten des Versprechenden oder auch des Versprechensempfängers einen interpositus einsetzte 325. Schon in der Frühzeit der donatio mortis causa spielte die exceptio doli eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Problemen, die sich aus einem Bedingungsausfall ergeben konnten, wie Labeo D. 44, 4, 4, 1 zeigt. Die Nähe zu erbrechtlichen Geschäften zeigt sich auch bei Schenkungen zwischen Ehegatten von Todes wegen in der Versorgungsabsicht, die einer solchen Zuwendung zugrunde liegt; so etwa in dem von Papinian entschiedenen Fall D. 24, 1, 52, 1, in dem die Frau ihrem Mann einen Nießbrauch auf den Todesfall bestellen ließ. Eine schwierige Gemengelage ergibt sich, wenn die Frau dem Mann die Mitgift schenkt, so bei Ulpian D. 32, 3 pr. Wie sich im folgenden Kapitel noch zeigen wird, nimmt die Frau häufig per Fideikommiß wieder, was sie durch donatio mortis causa gegeben hat. Nur bedingt verallgemeinerungsfähig ist die Entscheidung Ulpians in D. 24, 1, 13, 1. In dem Fall eines Ehemannes, der nach Vornahme einer Schenkung an seine Frau die Deportation erleidet, gelingt dem Juristen ein bemerkenswerter Spagat zwischen einer dogmatisch vertretbaren und einer interessengerechten Lösung. Das responsum bezeugt einerseits eine Abkehr von der strikten Lösung 322 323 324 325
Zum ganzen oben 96 f. Vgl. oben 145 ff. Vgl. oben 118 f. Labeo D. 44, 4, 4, 1 (oben 97 ff.); Papinian D. 24, 1, 52, 1 (oben 111 ff.).
VII. Ergebnisse
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des frühklassischen Rechts, nach der die Ehe durch Verlust des Bürgerrechts uneingeschränkt erlischt, andererseits belegt die Stelle das Reurecht des Schenkers. Ebenso deutlich tritt dieses Recht in der zuletzt besprochenen Stelle Ulpian D. 24, 1, 22 hervor; hier läßt sich gut erkennen, wie donationes mortis causa in Konkurrenz zu testamentarischen Anordnungen – im konkreten Fall zur Freilassung und Erbeinsetzung des verschenkten Sklaven – treten können. Wie in vielen anderen Stellen ist hier der durch Auslegung zu ermittelnde Erblasserwille ein maßgebliches Entscheidungskriterium.
Kapitel 3
Die Zuwendung des Anspruchs auf Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa Eine gleichermaßen dogmatisch interessante wie für die praktische Verwendung der donatio mortis causa aufschlußreiche Fallgruppe betrifft Schenkungen, deren Gegenstand der Anspruch auf Herausgabe der Mitgift ist. Das Quellenmaterial ist nicht üppig, doch sind im folgenden immerhin vier Stellen 1 zu betrachten, denen die Abhandlungen zur donatio mortis causa noch nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet haben 2. Dabei wiederholt sich stets die Parteikonstellation: Anläßlich der Bestellung der Mitgift veranlaßt uxor einen Dritten, sich die Herausgabe der Mitgift unter bestimmten Voraussetzungen von maritus versprechen zu lassen. Dadurch schenkt uxor dem Dritten mortis causa. Bevor den daraus sich ergebenden Problemen nachgegangen wird, ist ein kurzer Blick auf Begründung und Umfang des Rückgewähranspruches angezeigt.
I. Begründung des Rückforderungsrechtes durch Stipulation Die Mitgift wird, wenngleich sie für die Dauer der Ehe im Eigentum des Mannes steht, in gewisser Weise stets zum Vermögen der Frau gerechnet. Tryphonin D. 23, 3, 75 bringt diese Doppelnatur auf den Punkt: Quamvis in bonis mariti dos sit, mulieris tamen est 3. Die von jeher streitige Frage, ob man ein technisch verstandenes Eigentum der Frau an den Dotalsachen während der Ehe annehmen dürfe, ist hier nicht zu klären 4. Unbestritten ist aber, daß der wirtschaftlichen 1
2.
Papinian D. 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11; Caracalla C. 5, 12, 2; Gordian C. 8, 56,
2 Simonius reißt zumindest einige Probleme an, 265 –270; vgl. auch den wenn auch äußerst knappen Überblick bei Olzen, 25. 3 Die Stelle wird ausführlich von Stagl, 267 – 278, und von Finkenauer, Stipulation, 88 f., behandelt. 4 Eingehend dazu nun Stagl, 235 – 294, der zahlreiche Argumente für eine dingliche Berechtigung der Frau liefert und zu dem Ergebnis kommt, daß ein „Eigentum um der
I. Begründung des Rückforderungsrechtes durch Stipulation
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Berechtigung der Frau an der Mitgift in klassischer Zeit immer stärker Rechnung getragen wurde 5. Wichtigste Ausprägung dieser Berechtigung ist die Klage der Frau auf Rückerstattung der Mitgift nach Auflösung der Ehe durch Scheidung, die actio rei uxoriae, der Justinian dann den Namen actio de dote gibt 6. Hier zeigen sich aber auch die Grenzen des Rückgewähranspruches, die mit der starken personenrechtlichen Prägung des Ehegüterrechts zusammenhängen: So hat der Mann unter Umständen Zurückbehaltungsrechte 7, und jedenfalls genießt er das beneficium competentiae, er wird also nur in id quod facere potest verurteilt 8. Außerdem besteht eine Rückgabefrist von zwei bis drei Jahren 9, und schließlich ist die Klage normalerweise unvererblich 10. Vor diesem Hintergrund ist die Praxis der Rückgabestipulationen zu sehen; durch sie wird der Anspruch auf Rückgabe der Mitgift auf eine rein obligationenrechtliche Grundlage gestellt. Die Existenz von Rückgabestipulationen zugunsten der Frau neben der actio rei uxoriae ist wohl überhaupt nur mit der Absicht erklärlich, das Rückforderungsrecht der Frau zu stärken und von eventuellen familienrechtlichen Beschränkungen zu befreien 11. Anders noch ist die Situation der dos adventicia bei Auflösung der Ehe durch Tod der Frau. Dort kann nur mit Hilfe der Stipulation ein Rückforderungsanspruch überhaupt begründet werden, wie folgender Text zeigt: UE 6, 4. 5 Mortua in matrimonio muliere dos a patre profecta ad patrem revertitur, quintis in singulos liberos in infinitum relictis penes virum. Quod si pater non sit, apud maritum remanet. Adventicia autem dos semper penes maritum remanet, praeterquam si is qui dedit, ut sibi redderetur, stipulatus fuerit: quae dos specialiter recepticia dicitur. Wenn die Frau in bestehender Ehe verstorben ist, fällt die vom paterfamilias bestellte Mitgift an diesen zurück, wobei dem Ehemann pro Kind ein Fünftel – ohne OberMitgift willen“, also funktional begründet und begrenzt durch den favor dotis, bestehe (281). 5 Zur Entwicklung und den ihr zugrundeliegenden Einflüssen Stagl, 237 –248. 6 Vgl. Söllner, 7; die justinianische actio de dote ist ein Produkt der Verschmelzung von actio rei uxoriae und der Klage aus der Rückgabestipulation: C. 5, 13, 1, 1; Inst. 4, 6, 29. 7 Zu den retentiones im einzelnen UE 6, 9 – 13. 8 Ausführlich dazu Tigerström II, 180 – 200. 9 UE 6, 8; C. 5, 13, 7. 10 Vererblich ist sie nur, wenn der Mann nach Scheidung mit der Herausgabe bereits im Verzug ist: UE 6, 7; vgl. auch Paulus Vat. 95. 97. 112; e contrario ergibt sich das ferner aus C. 5, 13, 1, 4; ausführlich zum Problem Solazzi, restituzione, 189 –200; ferner Söllner, 81 f.; Czyhlarz, 45 f. 11 Überzeugend Czyhlarz, 49 f.; auch Tigerström II, 202 f., 302; Wacke, Mitgiftrückgabe, 64.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
grenze – verbleibt. Die dos adventicia dagegen bleibt immer beim Ehemann, es sei denn, der Besteller hätte sich die Rückgabe versprechen lassen; diese dos trägt die besondere Bezeichnung recepticia.
Ulpian stellt es hier geradezu als Kennzeichen der dos adventicia heraus, daß sie – im Gegensatz zur vorher behandelten dos profecticia, die grundsätzlich an den bestellenden paterfamilias zurückfällt – normalerweise beim Ehemann bleibt 12. Um das zu vermeiden, bedarf es einer besonderen Rückgabestipulation, aufgrund deren die dos adventicia als recepticia bezeichnet wird. Um solche dotes adventiciae geht es in den folgenden Stellen; sie werden in der Regel von der Frau selbst bestellt 13, weshalb die Frau hier, anders als bei der dos profecticia, über das Schicksal der Mitgift nach der Ehe Vereinbarungen treffen kann.
II. Die Überleitung des Anspruchs durch Hinzuziehung eines Dritten – der Musterfall Scaevola D. 32, 37, 4 Hat sich die Frau in der oben beschriebenen Weise die Rückgabe der Mitgift an sich selbst versprechen lassen 14, so erwirbt bei Auflösung der Ehe durch ihren Tod der Erbe den Anspruch aus der nunmehr verfallenen Stipulation. Was aber, wenn der Anspruch einer anderen Person als dem Erben zukommen sollte? Die Juristen haben es bis in die Spätklassik nicht zugelassen, daß die Frau unmittelbar über die Mitgift testiert 15. Dieser Grundsatz, der in den Digesten nur durch die Gestaltung der einschlägigen Fälle zum Ausdruck kommt, ist in den fragmenta Vaticana ausdrücklich überliefert: Vat. 98 Paulus respondit stipulationem quidem in hunc casum conceptam ‚cum moriar, dari‘ utilem esse, etiamsi mixti casus non intervenirent; ut autem de dote sua, quam apud maritum habet, mulieri testari liceat, inutiliter convenisse videri.
12 Vgl. dazu auch Astolfi, legati I, 235; Bechmann, Dotalrecht II, 436; Czyhlarz, 319; Kaser I, 339; Söllner, 59 f. 13 Die dos adventicia kann natürlich auch von einem Dritten kommen, vgl. Ulpian D. 23, 3, 5, 11; UE 6, 3: adventicia, id est ea, quae a quovis alio data est. 14 So etwa im Fall Ulpian D. 32, 3 pr.; dazu oben 123 ff. 15 Solazzi, restituzione, 394; ausführlich zum Problem Wacke, Mitgiftrückgabe, 63 ff., insb. 64, der das dogmatisch plausibel damit erklärt, daß die Mitgift beim Erbfall noch im Eigentum des Mannes steht und daher nicht zum Nachlaß gehört; vgl. auch ders., exceptio doli, 40. – Zu den spät- und nachklassischen Entwicklungen Söllner, 106 f.; Solazzi, restituzione, 395 f.
II. Überleitung des Anspruchs durch Hinzuziehung eines Dritten
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Paulus erteilte das Gutachten, daß eine wie folgt formulierte Stipulation: „Versprichst du zu leisten, wenn ich sterbe“ wirksam sei, wenngleich gemischte Fallgestaltungen 16 nicht vorliegen; daß aber die Vereinbarung, daß eine Frau über ihre Mitgift, die sie beim Ehemann hat, testieren dürfe, als unwirksam angesehen werde.
Will die Frau letztwillig über die Mitgift verfügen, muß sie Dritte einschalten, die sich die Rückgabe versprechen lassen. Entweder sind diese Personen selbst begünstigt – so in den nachfolgend zu betrachtenden Fällen, in denen die Frau eine donatio mortis causa vornimmt –, oder sie fungieren als Beauftragte, die zwar zunächst den Anspruch erwerben, dann aber zu dessen „Überleitung“ aus dem Mandatsverhältnis verpflichtet sind 17. Der vermutlich älteste 18, von Scaevola überlieferte Fall eines solchen beauftragten Versprechensempfängers ist zugleich der Musterfall für alle Konstellationen, in denen statt des Mandats eine donatio mortis causa zugrunde liegt: D. 32, 37, 4 Scaevola libro octavo decimo digestorum (1) 19 Nuptura duobus filiis suis, quos ex priore marito habebat, mandavit, ut viginti, quae doti dabat, stipularentur in omnem casum, quo solvi posset matrimonium, ut etiam alterutri ex his tota dos solvatur: constante matrimonio uno ex filiis mortuo uxor per epistulam petit a superstite filio, uti quandoque partem dimidiam dumtaxat dotis exigeret et ea contentus erit, alteram autem partem apud maritum eius remanere concedat. (2) quaesitum est postea in matrimonio muliere defuncta, an maritus, si de tota dote conveniatur a filio, doli mali exceptione se tueri possit et an ultro ex causa fideicommissi actio ei competit, ut de parte obligationis accepto ei feratur. respondit et exceptionem utilem fore et ultro ex fideicommisso peti posse. (3) idem quaerit, an de reliqua dimidia parte mandati actio utilis sit heredibus mulieris adversus filium eius. respondit secundum ea quae proponerentur, maxime post litteras ad filium scriptas non fore utilem. Claudius: quoniam in his expressit, ut contentus esset partis dimidiae dotis. quibus verbis satis fideicommissum filio relinqui placuit. (1) Eine Frau beauftragte vor ihrer Wiederverheiratung ihre beiden Söhne, die sie vom ersten Ehemann hatte, daß sie sich die zwanzig, die die Frau als Mitgift einbrachte, für jeden Fall, in dem die Ehe aufgelöst werden könnte, versprechen ließen, und zwar so, daß einem von beiden auch die ganze Mitgift geleistet werden kann. Während bestehender Ehe und nachdem einer der beiden Söhne gestorben war, verlangte die Frau durch einen Brief vom überlebenden Sohn, daß er zu gegebener Zeit nur die Hälfte der Mitgift 16 Unklar ist, was mit mixti casus gemeint ist; vgl. zu den möglichen Deutungen Wacke, Mitgiftrückgabe, 63 in Fn. 3. 17 Vgl. Schwarz, lex Falcidia, 360 mit Fn. 6; Söllner, 105 f.; Solazzi, restituzione, 394; Wacke, exceptio doli, 40 – 42. 18 Jedenfalls liegt die Respondiertätigkeit des Q. Cervidius Scaevola, die ungefähr von 175 n. Chr. bis 200 n. Chr. reicht (vgl. Kunkel, Juristen, 217; Liebs, Handbuch IV, 114), einige Jahre vor Papinian und Paulus, aus deren Werk die Parallelfälle stammen, wenngleich es Überschneidungen gibt; wie hier Wacke, Mitgiftrückgabe, 65. 19 Unterteilung nach Sinnabschnitten vom Verfasser.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
verlangen und sich damit zufrieden geben solle, den anderen Teil aber dem Ehemann belassen solle. (2) Als später die Frau in der Ehe verstorben war, lautete die Anfrage, ob sich der Mann, wenn er vom Sohn wegen der ganzen Mitgift belangt wird, mit der Arglisteinrede schützen könne und ob ihm seinerseits eine Klage aus Fideikommiß auf anteiligen Schulderlaß zustehe. Die Antwort lautete, daß die Einrede wirksam sein werde und er seinerseits aus dem Fideikommiß klagen könne. (3) Derselbe fragt, ob hinsichtlich der anderen Hälfte eine Klage der Erben der Frau gegen den Sohn aus dem Auftrag Erfolg habe. Er [Scaevola] antwortete: Aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts, insbesondere nach dem Brief an den Sohn, werde die Klage keinen Erfolg haben. Claudius: In diesem Brief hat sie verdeutlicht, daß er mit der Hälfte zufrieden sein solle. Mit diesen Worten ist, wie man annimmt, dem Sohn hinreichend deutlich ein Fideikommiß hinterlassen worden.
Eine Frau beauftragt vor erneuter Eheschließung ihre beiden Söhne aus erster Ehe, sich die Rückgabe der von ihr als Mitgift eingebrachten 20.000 Sesterze 20 vom künftigen Ehemann versprechen zu lassen, und zwar in Form der Gesamtgläubigerschaft; der Ehemann hat zwei Gläubiger, denen er jeweils in solidum haftet. Nach dem unvorhergesehenen Tod des einen Sohnes bittet die Frau den überlebenden im Wege eines Kodizills 21, sich mit der Hälfte der Mitgift zu begnügen und den Rest dem Ehemann zu belassen. Entgegen dieser Verfügung verklagt der Sohn den Ehemann auf Herausgabe der gesamten Mitgift, wogegen eine exceptio doli gewährt wird. Darüber hinaus erhält der Ehemann selbst eine actio ex fideicommisso gegen den Sohn auf Schulderlaß in Höhe des von der Frau erteilten Fideikommisses. Der zweite, mit idem beginnende Teil der Anfrage betrifft die Erben der Frau 22, die den Sohn auch hinsichtlich der zweiten, ihm hinterlassenen Hälfte der Mitgift mit der actio mandati belangen wollen. Diese Klage werde keinen Erfolg haben, und zwar besonders (maxime) wegen der epistula, in der ein Fideikommiß zu Gunsten des überlebenden Sohnes zu sehen ist, wie Tryphonin 23 in seiner erläuternden Anmerkung hervorhebt. Der Anfragende wird nicht benannt, er bleibt im Passiv quaesitum est anonym, weshalb auch die Angabe idem quaerit im zweiten Teil der Anfrage wenig 20
Zur Umrechnung vgl. Inst. 3, 7, 3. Zu dieser Bedeutung von epistula vgl. Heumann / Seckel s. v. epistula (unter Bezugnahme auf Scaevola D. 32, 37, 3). Ein Kodizill kann nicht nur an den Erben, sondern auch an sonstige – etwa wie hier: fideikommissarisch – Bedachte gerichtet sein; Kaser I, 693. 22 Ob es sich dabei wirklich um Intestaterben handelt (so der Casus von Vivianus in der Glosse, h. l.), ist nicht klar; ebensogut könnte die Frau außer dem Kodizill ein Testament verfaßt haben und darin Erben eingesetzt haben. Wenn der Sohn aus erster Ehe und die heredes wirklich Miterben wären, müßte die Auseinandersetzung wohl eher im Wege der actio familiae erciscundae als mit Hilfe der actio mandati erfolgen. 23 Claudius meint hier Claudius Tryphoninus, einen Konsiliar des Septimius Severus (Kunkel, Juristen, 231); ausführlich Sixto (83 ff. zur Stelle). 21
II. Überleitung des Anspruchs durch Hinzuziehung eines Dritten
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aufschlußreich ist. Immerhin darf man wegen der Angabe der Identität davon ausgehen, daß der Anfragende die Interessen sowohl des Ehemannes als auch der Erben gegen den überlebenden Sohn vertrat 24. (1) Der unter ganz verschiedenen Aspekten interessante Fall ist mehrfach ausführlich besprochen worden 25, so daß hier nur auf die für die donatio mortis causa wichtigen Aspekte näher einzugehen ist und im übrigen auf das Schrifttum verwiesen wird. Der erste Teil des responsum ist relativ klar: Auch nach dem Wegfall des einen Gläubigers konnte der überlebende Sohn aus der Stipulation gegen den Ehemann in solidum klagen; dies war gerade mit der Gesamtgläubigerschaft beabsichtigt. Ebenso klar ist, daß die Klage nach dem Willen der Frau letztlich nicht in voller Höhe Erfolg haben darf. Weil die epistula den Sohn auf die Hälfte der Mitgift beschränkt, erwächst aus dem reddere opportere die exceptio doli. Der überlebende Sohn steht sich aufgrund des Fideikommisses nicht anders, als wenn auch sein Bruder die Mutter überlebt hätte: Dann hätte er die Mitgift mit dem Bruder teilen müssen 26. Anders als in den im folgenden noch zu besprechenden Fällen wird man hier deshalb nicht von einem Sinneswandel der Frau auszugehen haben 27, vielmehr paßt sie in der epistula die Anordnungen nur den veränderten Umständen an. Die zunächst verwickelt erscheinende Konstruktion von fideikommissarischer Begünstigung unter gleichzeitiger Belastung des Sohnes durch dieselbe epistula wird durch die Einordnung des Falles in den Zusammenhang des fr. 37 leicht verständlich: Wie oben 28 gesehen, behandelt Scaevola im unmittelbar vorangehenden § 3 grundlegende Fragen zum fideicommissum a debitore relictum unter Heranziehung des Piusreskripts, das diese Gestaltung erstmals zuläßt; hier wird die Lösung einfach in den dotalrechtlichen Zusammenhang übertragen 29. Wegen der durch dieses Reskript ermöglichten Konstruktion besteht kein Grund, die hier gewährte Klage / Einrede als analoge zu betrachten 30. Gewiß 24
Plausibel Klami, 59. Archi, Una nota; Betancourt, 706 f.; Cosentino, 331 f.; Klami, 54 –60; ders., Rez. Sixto, 619; Santalucia, 132 – 139; Schulz, Scaevola, 188 f.; Sixto, 83 –95; Wacke, Mitgiftherausgabe, 65 – 67; ders., exceptio doli, 40 – 42; ter Beek, Dolus II, 991 –993. 26 Vgl. Wacke, Mitgiftherausgabe, 65. 27 So allerdings Krause, 37 in Fn. 26. 28 68 ff. 29 Zu diesem Aspekt des Falles besonders Wacke, Mitgiftherausgabe, 66; ders., exceptio doli, 42. 30 Der Ausdruck exceptionem utilem fore und später actio utilis sit / non utilem fore könnte sprachlich auch bedeuten, daß es jeweils um die Existenz einer analogen Einrede / Klage geht. Davon geht tatsächlich Wieacker, Erlass-Schenkung, 15 und 19, aus: Die exceptio könne an sich nur dem Erben entgegengehalten werden; utilis sei sie, weil sie hier gegen den aus eigenem Gläubigerrecht klagenden Sohn gewährt werde. Dem widerspricht Wacke, Mitgiftherausgabe, 66 in Fn. 13, überzeugend: Utilis hat untechnische 25
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
bedarf es einiger Auslegungskunst, aus der epistula, die sich darauf beschränkt, dem Sohn ein Unterlassen aufzuerlegen (uti quandoque partem dimidiam dumtaxat dotis exigeret et ea contentus erit), nicht nur eine positive Verpflichtung zur acceptilatio, sondern gleichzeitig dessen fideikommissarische Begünstigung zu gewinnen 31. Dieses Ergebnis stimmt aber völlig mit den anderen Fällen 32 zum fideicommissum a debitore relictum überein: Als Mandatar würde der Sohn den Erben der Frau grundsätzlich mit der actio mandati auf Herausgabe der eingeklagten Mitgift haften, wie auch aus dem zweiten Teil des responsum deutlich hervorgeht 33. Von dieser Verbindlichkeit wird der Sohn durch die epistula befreit (Oberfideikommiß); weil er dadurch etwas aus dem Nachlaß erlangt hat, kann er wiederum zugunsten des Ehemannes in Höhe der Hälfte der Mitgift mit der acceptilatio beschwert werden (Unterfideikommiß) 34. Nicht zu beanstanden 35 ist ferner die Gewährung einer selbständigen Klage auf Schulderlaß 36 neben der Einrede; denn mag der Schuldner im Regelfall auch mit der exceptio hinreichend geschützt sein, so ist es doch für ihn von Vorteil, wenn er „die Flucht nach vorn“ antreten kann und das Ob und Wann eines Prozesses nicht dem Gläubiger überlassen muß 37. Bedeutung, es geht um die Frage, ob eine Einrede durchgreift bzw. eine Klage gegeben ist; ganz ähnlich Betancourt, 706; Giovanni Nicosia, 253 mit Fn. 8; Sixto, 91 f. in Fn. 33; Sotty, 125 f., 557 f. (mißverständlich 556); Valiño, 17; ter Beek, Dolus II, 992 in Fn. 2. – Wenig überzeugend will Cosentino, 332, die actio mandati im dritten Teil des Fragments als analoge Klage verstehen; wieso sollten die Erben, die mit dem Tod der Frau die actio mandati direkt erwerben, einer actio utilis bedürfen? 31 Zutreffend Santalucia, 137. Cosentino, 332, spricht unpräzis, aber im Ergebnis zutreffend von einem stillschweigenden Fideikommiß. 32 Ulpian D. 30, 77; Scaevola D. 32, 37, 3 (zu beiden oben 68 ff.); zur Frage, ob auch Ulpian D. 32, 3 pr. dazu zu rechnen ist (so Wacke, Mitgiftherausgabe, 71) vgl. oben 124 ff. 33 Nach Abschluß der Stipulation ist das Mandat nicht mehr re integra im Sinne von Gaius 3, 160 und erlischt deshalb nicht mit dem Tod der Frau; dazu unten 180 f. zu Paulus D. 33, 4, 11. 34 Abstrakt zu diesem Zusammenhang grundlegend Wacke, fideicommissum, 258 – 263; für den vorliegenden Fall ders., Mitgiftherausgabe, 66; ders., exceptio doli, 40 –42; Astolfi, legati I, 221. 35 Entgegen Robbe, 213 in Fn. 439 bis (214), der die Gewährung der actio für überflüssig, also interpoliert hält. 36 Klami, 55, spricht von einer „Klage auf Feststellung der Teilerlöschung der obligatio“; gegen ein bloßes Feststellungsbegehren spricht aber, daß durch die epistula der Frau an ihren Sohn nicht etwa die zwischen Ehemann und Sohn begründete Stipulationsschuld ipso iure erlischt; vielmehr bedarf es dafür der acceptilatio durch den Sohn, vgl. Kaser I, 641. Von acceptilatio sprechen auch Betancourt, 706 f.; Sixto, 84, 91; Santalucia, 134; De Villa, liberatio, 80. 37 Sixto, 92, stellt darauf ab, daß der Sohn den gesamten Anspruch wegen pluris petitio verliert, wenn er nach erfolgter acceptilatio dennoch Klage auf Herausgabe der ganzen Mitgift erhebt. Ob die Gewährung einer eigenen Klage allein mit der Disziplinierungs-
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(2) Für den hier untersuchten Zusammenhang ist die Frage nach der Beschaffenheit des Mandats von besonderem Interesse. Es ist nämlich nicht klar, ob es sich in einem reinen negotium gerendum erschöpft oder doch eine definitive Zuwendungsabsicht der Frau gegenüber den Söhnen impliziert. Dabei ist ausschließlich auf die Rechtslage abzustellen, die bestand, bevor die Frau die epistula verfaßt hat. Die ältere Literatur hat eine Zuwendungsabsicht der Frau einhellig verneint: Die Söhne seien nur als minister hinzugezogen 38, eine Schenkung komme nicht in Betracht 39. Zudem spreche die Tryphonin-Note, die eine actio mandati der Erben gegen den Sohn auf Herausgabe der Mitgift wegen der epistula verneint (quibus verbis satis fideicommissum filio relinqui), e contrario dagegen, daß dem Sohn die Mitgift bereits kraft des Mandats zugewendet sei 40. Diese Auffassung wird auch heute noch weithin vertreten 41. Dagegen ist im neueren Schrifttum wiederholt der Gedanke geäußert worden, die Frau habe die Mitgift bereits mit Erteilung des Mandats ihren Söhnen zuwenden wollen. Zwar wird man in den Worten: ut stipularentur in omnem casum quo solvi possit matrimonium, ut etiam alterutro ex filiis dos solvatur, kaum einen Anhaltspunkt für ein Fideikommiß finden können 42, jedoch ist zu erwägen, ob das Mandat nicht untechnisch zu verstehen ist 43 und man in dem Vorgang letztlich eine donatio mortis causa der Frau an ihre Söhne zu sehen hat 44. wirkung für den Sohn zu erklären ist, bleibt fraglich, besonders, weil es dann nur darum gehen könnte, einen Wiederholungsfall zu vermeiden: Der Sohn hat ja bereits auf die ganze Mitgift geklagt. – Wacke, Mitgiftherausgabe, 66 in Fn. 14, argumentiert mit der Zahlung in Unkenntnis der Befreiung: Die exceptio nützt hier nichts; die actio gehe in dem Fall auf Rückforderung. Obwohl diese Erwägung unmittelbar einleuchtet, lautet aber hier die Frage ausdrücklich an [...] actio ei competit, ut de parte obligationis accepto ei feratur; es geht also kaum darum, daß bereits geleistet worden war. 38 Rogerius, gl. Mandavit, ad h. l.; Vivianus, abgedruckt in der Glosse, Casus ad h. l.: istud autem faciebat mulier praedicta, ut magis esset secura de dote sua: non autem volebat quicquam dictis suis filiis donare; Bartolus, ad h. l.: Qui stipulatur dotem sibi reddi mandato mulieris in dubio praesumitur ut minister adhibitus; ebenso noch Cuiacius, ad h. l., opera X, Sp. 1103 E: mater mandavit nolens quicquam illis dare, sed eorum utens ministerio; Gothofredus, nota 10 (mandavit ut) ad h. l.: Dotem sibi reddi mandato mulieris, qui stipulatur, praesumitur in dubio interpositus, ut minister: non ut suo nomine, ac sibi dotem stipularetur. 39 So ausdrücklich gl. Peti posse ad h. l., unter Anführung des Caracalla-Reskripts C. 5, 12, 2 (dazu unten 191 ff.): Dort liege eine Schenkung vor, hier nicht. 40 Gl. Relinqui placuit ad h. l. 41 Archi, Una nota, 9 – 12; Klami, 56; Sixto, 87. 42 So jedoch Sciascia, 128; dagegen zu Recht Archi, Una nota, 10; diesem folgen Klami, 56; Sixto, 87. 43 So Beseler, Beiträge VI, 271; zustimmend Wacke, Mitgiftherausgabe, 66. 44 Bechmann, Dotalrecht II, 438 mit Fn. 3; Cosentino, 332, der von einer donationis causa erfolgten delegatio ausgeht.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
Für die zweite Auffassung sprechen mehrere Gründe: Erstens verfolgt die Frau in den meisten Fällen der Mitgift-Rückgabestipulationen ein Versorgungsinteresse gegenüber dem Stipulator 45, und so ist auch in den folgenden Fällen stets von einer donatio die Rede. Zweitens ist die epistula, wie im zweiten Teil des responsum deutlich wird, nur ein zusätzliches Argument für das Versagen der actio mandati gegen den Sohn (maxime post litteras ad filium scriptas non fore utilem) 46; offenbar hätte der Jurist gute Gründe gehabt, auch ohne die epistula den Erben die actio zu versagen und die Mitgift endgültig dem Sohn zu belassen. Drittens – das wurde bisher wohl übersehen – legt die Wiedergabe der epistula selbst nahe, daß der Sohn eigentlich die ganze Mitgift hätte behalten können, denn ein Sich-Begnügen mit der Hälfte (petit a superstite filio, uti quandoque partem dimidiam dumtaxat dotis exigeret et ea contentus erit) kann ersichtlich nur jemandem auferlegt werden, dem sonst das Ganze zugestanden hätte. Man wird danach kaum von einem reinen Mandatsverhältnis ausgehen dürfen, fehlte es diesem doch an der von Gaius 3, 156 geforderten Fremdnützigkeit. Gegen eine donatio mortis causa spricht nicht schon, daß sie hier nicht ausdrücklich genannt wird: Der Fall spielt offenbar noch vor Erlaß der Konstitution des Septimius Severus, die donationes mortis causa der lex Falcidia unterwirft 47, daher war es praktisch gleichgültig, ob der Erwerb des Anspruchs donationis causa oder als mortis causa capio im weiteren Sinne erfolgte; und daß der Erwerb des Rückgabeanspruchs auf die Mitgift bei Tod der Frau jedenfalls als mortis causa capio betrachtet wurde, erhellt aus Gaius D. 39, 6, 31, 2 48. Eine donatio mortis causa im technischen Sinne ist aber wegen der Fassung der Stipulation unwahrscheinlich. Hat nämlich die Frau ihre Söhne veranlaßt, sich in omnem casum, quo solvi posset matrimonium versprechen zu lassen, so erwarben die Söhne den Anspruch auch im Fall der Scheidung oder beim Tod des Mannes. Dies entspricht aber nicht der Bezugnahme auf den Tod des Schenkers als essentiale der donatio mortis causa. Im Ergebnis muß man hier von einer doppelten Motivation der Frau ausgehen: Weder läßt sich eine gewisse Zuwendungsabsicht gegenüber den Söhnen leugnen, noch kann man behaupten, die Frau habe in erster Linie eine donatio mortis causa beabsichtigt. Die Stipulationsfassung deutet vielmehr darauf hin, daß sich die Frau größtmögliche Flexibilität hinsichtlich der Mitgift sichern wollte: Endete die Ehe durch Tod des Mannes oder mit Scheidung, konnte sie bei den 45
Vgl. Humbert, 228 f.; Krause, 37 in Fn. 26. Wacke, Mitgiftherausgabe, 66 in Fn. 16 (mit Nachweis zu weiteren Auffassungen), sieht darin gar nur ein Hilfsargument. – Nicht überzeugend ist Schulz, Scaevola, 189, der meint, ohne die epistula hätte die actio gewährt werden müssen. 47 Das ergibt sich aus den Lebensdaten Scaevolas (oben 73 in Fn. 258) in Verbindung mit dem Zeitraum, in dem die Konstitution erlassen wurde (oben 36). 48 Zur Stelle unten 166 f. bei Papinian D. 31, 77, 2. 46
III. Rückgabestipulation
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Söhnen mit der actio mandati Regreß nehmen; für den eigenen Todesfall hatte sie die Möglichkeit, die Mitgift den Söhnen zu belassen oder auf dem Fideikommißweg jedem beliebigen Dritten – ja sogar dem an sich herausgabepflichtigen Mann, wie der Fall zeigt – formlos zuzuwenden. Die Unterschiede zwischen der Stellung des Stipulators als Mandatar oder Donatar betreffen dabei eher die juristische Konstruktion als das Ergebnis; der Fall Paulus D. 33, 4, 11 wird das noch deutlich zeigen.
III. Fälle einer donatio mortis causa als Grundlage der Rückgabestipulation 1. Papinian D. 31, 77, 2 D. 31, 77, 2 Papinianus libro octavo responsorum Mater filiis suis vulgo conceptis dotem suam mortis causa donando stipulari permisit: cum aliis heredibus institutis petisset a filiis viro dotem restitui, totum viro fideicommissum dotis deberi, si Falcidiae ratio non intervenerit: ideo retentionem dotis virum habere placuit: alioquin Falcidiae partem heredibus a filiis ex stipulatu cum viro agentibus ex dote esse per in factum actionem reddendam. Eine Mutter gestattete ihren außerehelich gezeugten Söhnen als Schenkung auf den Todesfall, sich die Rückgabe ihrer [der Mutter] Mitgift versprechen zu lassen. Da sie nach Einsetzung anderer Erben von den Söhnen die Rückerstattung der Mitgift an den Ehemann verlangt hatte, [wurde angenommen, daß] dem Mann die gesamte Mitgift als Fideikommiß geschuldet werde, wenn nicht die quarta Falcidia Berücksichtigung findet. Deshalb wurde angenommen, daß dem Mann ein Zurückbehaltungsrecht an der Mitgift zustehe. Anderenfalls muß die quarta Falcidia den Erben von den Söhnen, die den Ehemann aus der Stipulation verklagen, aufgrund einer actio in factum aus der Mitgift zurückgegeben werden.
Der zugrundeliegende Sachverhalt 49 weicht nur geringfügig vom vorhergehenden in Scaevola D. 32, 37, 4 ab: Wiederum veranlaßt eine Frau ihre Söhne (filii), sich die Herausgabe der Mitgift vom Ehemann, der vermutlich nicht ihr Vater ist, versprechen zu lassen; auch hier ist anzunehmen, daß dies im Zuge der Bestellung der Mitgift, mithin vor der Eheschließung geschieht 50. Waren es bei Scaevola die Söhne aus erster Ehe, handelt es sich hier um nichtehe49 Literatur zur Stelle: Archi, Una nota, 17; Astolfi, legati I, 229 –231; Beseler, Textkritische Studien, 38; Cuiacius, opera IV, Sp. 1144 f., VII, Sp. 1238 –1240; Cugia, 79; De Francisci, 153 – 156; Di Paola, donatio, 216; Ferrini, 516 f.; Gallo, 281 –283; Mannino, 141 – 144 in Fn. 37; Schwarz, lex Falcidia, 359 – 361; Simonius, 55 f., 269 f.; Solazzi, Note sparse, 118 – 121; Voci, errore, 137 in Fn. 2. 50 Zutreffend Astolfi, legati I, 229; Mannino, 141 in Fn. 37 (142).
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
liche Kinder. Anders als bei Scaevola verbindet Mutter und Söhne hier nicht ein mandatum, sondern die Mutter will ihren Söhnen eine Schenkung auf den Todesfall zukommen lassen. Später setzt sie andere (alii) als ihre nichtehelichen Söhne 51 zu Erben ein und gibt den filii dann im Wege eines Fideikommisses die Rückerstattung (restitui) der Mitgift an den Mann auf. Nach dem Tod der Frau verklagen die filii den Ehemann auf Herausgabe der Mitgift aus der Stipulation. Der Text sagt nichts über die Person des Anfragenden. Einerseits ist es möglich, daß der in Anspruch genommene Ehemann nach seinen Verteidigungsmöglichkeiten fragt. Denkbar ist aber auch, daß die Anfrage von den filii kommt. Sie könnten sich erkundigt haben, ob das ihnen auferlegte Fideikommiß die Klage aus der Stipulation hindert. Der Umstand, daß das responsum nach Einschlägigkeit der lex Falcidia unterscheidet (si Falcidiae ratio non intervenerit ... alioquin), zeigt einerseits, daß die Mitgift einen beträchtlichen Teil des Nachlasses ausgemacht haben muß – sonst hätte sich die Frage nicht gestellt, ob den Erben wenigstens ein Viertel des Nachlasses bleibt, wenn der Mann die Mitgift behält –, andererseits wird die Anfrage den Nachlaßwert nicht präzis angegeben haben 52, denn sonst hätte sich Papinian in der Frage unzweideutig äußern können. Zunächst ist fraglich, unter welcher Bedingung der Rückgewähranspruch eigentlich gestanden hat und was ursprünglich mit der Hinzuziehung der Söhne beabsichtigt war (1); daraus ergibt sich die weitere Frage, weshalb die Frau durch nachfolgende Verfügungen das vorher Vereinbarte durchkreuzt (2). Die neue materiellrechtliche Lage, die dem Prozeß nach dem Tod der Frau zugrundeliegt, gibt Papinian Anlaß zu Erörterungen über die lex Falcidia, denen gleichfalls nachzugehen ist. So ist nicht nur zu erläutern, wieso die Mitgift überhaupt Gegenstand der lex Falcidia werden kann (3), sondern auch, weshalb Papinian für die Gewährung der Falcidia den ungewöhnlichen Weg einer actio in factum beschreitet (4). (1) Während bei Scaevola D. 32, 37, 4 die Herausgabe in omnem casum, quo solvi posset matrimonium stipuliert war, wird hier nichts über die Bedingung für den Verfall der Stipulation gesagt. Die Auflösung der Ehe durch Tod der Frau war jedenfalls einer der möglichen Verfallsgründe, was sich unschwer daran erkennen läßt, daß die Söhne aus der Stipulation klagen können (a filiis ex stipulatu cum viro agentibus), diese also verfallen sein muß. Fraglich ist allein, ob auch die Auflösung der Ehe durch Tod des Mannes oder durch Scheidung den An51 Daß die alii neben den Söhnen als Erben eingesetzt wurden – so versteht offenbar Odofredus, ad h. l., in: Lectura super infortiato, II, 36 v., die Stelle – läßt sich aus dem Text wohl kaum ableiten. 52 Behauptet ein Nachlaßbeteiligter die Einschlägigkeit der lex Falcidia, kann zur Ermittlung des Nachlaßwertes ein arbiter bestellt werden, vgl. Ulpian D. 35, 3, 1, 6; Papinian D. 35, 2, 12 (dazu jeweils Wacke, lex Falcidia, 222); das war hier offenbar noch nicht geschehen.
III. Rückgabestipulation
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spruch hätte entstehen lassen. Das ist wegen des Vorliegens einer donatio mortis causa im „Valutaverhältnis“ zu verneinen: Eine Schenkung auf den Todesfall setzt den Tod der Frau voraus. Die Vermögensverschiebung hängt nach dem Willen des Schenkers in jedem Fall von dessen Prämorienz sowie dem Ausbleiben des Widerrufs ab. Hätte die Frau hier den filii gestattet, sich die Herausgabe in omnem casum versprechen zu lassen, wäre der Anspruch auch entstanden, wenn die Schenkung womöglich hinfällig geworden wäre; so hätten – rein hypothetisch – sogar die Erben der vorverstorbenen filii Stipulationsgläubiger werden können 53, obwohl in diesem Fall die donatio wegen Prämorienz des Beschenkten hinfällig gewesen wäre. Das war sicher nicht gewollt; denn erstens wird die Vereinbarung einen Gleichlauf zwischen Verfall der Stipulation und Entstehung der dazugehörigen causa angestrebt haben, und zweitens wird die Frau für den Fall der Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod des Mannes selbst auf die Mitgift angewiesen gewesen sein. Die in der Stipulationsformel enthaltene Bedingung kann folglich nur im Tod der Frau bestanden haben 54. Ähnlich wie in Paulus D. 33, 4, 11 wird sie ungefähr gelautet haben: si morte mulieris solutum fuerit matrimonium. Dabei zeigt sich ein wichtiger Unterschied zu Scaevola D. 32, 37, 4: Dort beauftragt die Frau einen Dritten, sich die Rückgabe in omnem casum versprechen zu lassen, und hält sich damit alle Möglichkeiten der Verfügung offen. Hier steht dagegen die Versorgung der Kinder im Mittelpunkt, und deshalb ist die Rückgabestipulation auch auf den Tod der Frau zugeschnitten 55. Wenn der Text hervorhebt, daß es vulgo concepti, also spurii sind, die hier versorgt werden, so wird man dennoch nicht davon auszugehen haben, daß sie ohne letztwillige Verfügungen der Frau ganz leer ausgegangen wären: Gewiß kannte Papinian bereits das SC Orfitianum von 178 n. Chr., das auch unehelichen Kindern ein Erbrecht nach der Mutter gewährt 56. Aber es ist keineswegs ungewöhnlich, daß anläßlich der Eingehung einer Ehe die Frau die Versorgung unehelicher Kinder oder solcher aus erster Ehe regelt, um die Ansprüche dieser Kinder gerade gegen den künftigen Ehemann zu sichern 57; und da eine Zuwendung der Mitgift auf testamentarischem Wege gemäß Vat. 98 nicht in Betracht kam, war das hier gewählte Vorgehen eine sinnvolle Alternative 58.
53 Insgesamt zur Vererblichkeit der stipulatio in dando Finkenauer, Stipulation, 23 ff.; speziell zur Vererblichkeit der bedingten Stipulation auch Flume, Vererblichkeit, 19 ff., besonders 43 f.; Masi, Studi sulla condizione, 22 f. und 69 –71. 54 Ebenso Cuiacius, ad h. l., opera IV, Sp. 1144 E; Astolfi, legati I, 229; De Francicsi, 154. 55 Ulpian berichtet in D. 2, 15, 8, 2 sogar von der Praxis, Unterhaltsleistungen mortis causa zu schenken. 56 Inst. 3, 4, 3; Kaser / Knütel, § 66 Rn. 18. 57 Vgl. dazu Humbert, 288; Krause, 37 in Fn. 26.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
(2) Später, vielleicht auf dem Sterbebett 59, hat sich die Frau offenbar anders entschieden: Sie macht ein Testament, in dem sie nicht näher bestimmte Personen (alii) als Erben einsetzt – zu denken ist hier etwa an Kinder, die später aus der Ehe mit dem Mann hervorgegangen sind –, und gibt zugleich den filii, die Stipulationsgläubiger geworden waren, durch ein Fideikommiß auf, die Mitgift dem Mann zu belassen. Dieses Fideikommiß bedeutet nichts anderes als einen Widerruf der Schenkung; freilich nur der Sache nach, es liegt keine revocatio im technischen Sinne vor, denn wie Cuiacius schon treffend bemerkt hat, könnten die Söhne nicht mehr fideikommissarisch belastet werden, wenn sie nicht mehr donatarii mortis causa wären 60. Gründe für den Sinneswandel der Frau sind genug vorstellbar: Die Vermögenslage der filii kann sich zum Beispiel unerwartet vorteilhaft entwickelt haben; umgekehrt kann die Frau gemeinsam mit ihrem Mann in finanzielle Bedrängnis geraten sein, oder bei Abschluß der Stipulation hatte man noch nicht an die nunmehr vorhandenen gemeinsamen Kinder gedacht. Genauso denkbar ist eine Entfremdung zwischen Mutter und Söhnen. Erläuterungsbedüftig ist das den Söhnen abverlangte restituere: Offenbar ist die Mitgift noch beim Mann, denn wie oben festgestellt, geht es ausschließlich um den Fall, daß die Ehe durch Tod der Frau aufgelöst wird. Gemeint ist also nicht eine gegenständliche Rückgabe. Die Mitgift war den Söhnen aufgrund der Stipulation schon in gewissem Sinne rechtlich zugeordnet, wenngleich diese erst mit dem Tod der Frau verfiel, und der Verzicht 61 auf die Mitgift, der den Söhnen fideikommissarisch auferlegt wird, gleicht insoweit einer Restitution, als sie die schon bestehende Verbindlichkeit wieder aufhebt. Daß restituere nicht räumlich-gegenständlich gemeint sein kann, zeigt außerdem totum viro 58
Testamenti factio passiva haben die Klassiker wahrscheinlich niemals für den Erwerb der donatio mortis causa verlangt, vgl. Savigny, System IV, 259; Schröter, 118. Simonius, 55 f., meint wegen D. 35, 1, 55, das Erfordernis sei später eingeführt worden, aber der Stelle läßt sich das nicht entnehmen, vielmehr war dort gerade auf eine donatio mortis causa ausgewichen worden, weil keine testamenti factio passiva gegeben war. 59 Das meint etwa Odofredus ad h. l., in: Lectura super infortiato, Tomus II, 36 r. / v.: in extremis constituta mutaverit oppinionem. – Jedenfalls wird zwischen dem Abschluß der Stipulation und dem entgegengesetzten Fideikommiß ein gewisser Zeitraum gelegen haben. Sehr unwahrscheinlich ist es deshalb, daß die Frau sich schon bei Abschluß der Stipulation in Todesnähe gesehen hätte, wie Solazzi, Note sparse, 118, meint. Das kann man besonders deshalb ausschließen, weil die Stipulation vermutlich im Zuge der Bestellung der Mitgift, mithin anläßlich der Eheschließung erfolgte. 60 Cuiacius, ad h. l., opera VII, Sp. 1238 E: non poenituit eam donationis, sed donatariorum fideicommisit: si poenituisset, fideicommittere non potuisset; für die Söhne ändert das freilich im Ergebnis nichts am Verlust der Mitgift. Der Unterschied ist aber, wie sich gleich noch zeigen wird, von entscheidender Bedeutung für die Frage, wer den Erben auf die quarta Falcidia haftet. 61 Anders als in Scaevola D. 32, 37, 4 läßt sich hier nach der Schilderung der Sachlage aus dem Fideikommiß nicht ohne weiteres eine positive Verpflichtung der Söhne zur acceptilatio ableiten.
III. Rückgabestipulation
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fideicommissum dotis deberi ... ideo retentionem habere placuit: Die gesamte Mitgift ist dem Ehemann „geschuldet“ (müßte also eigentlich zurückgewährt werden), und deshalb hat er hinsichtlich der Mitgift ein Zurückbehaltungsrecht 62. (3) Die Unterscheidung in Papinians Gutachten danach, ob die lex Falcidia eingreift oder nicht (si Falcidiae ratio non intervenerit ... alioquin), beruht auf der Sachfrage, ob der Wert der Mitgift mehr als drei Viertel des Nachlasses der Frau ausmacht oder weniger. Daß sich diese Frage hier überhaupt stellte, beweist, daß die Anwendung der lex Falcidia auf donationes mortis causa bereits möglich gewesen ist, wie es auch der unmittelbar vorangehende § 1 des Fragments allgemein feststellt: quod fideicommissum heredes salva Falcidiae ratione, quam in his quoque donationibus exemplo legatorum locum habere placuit, praestabunt. Das Fragment D. 31, 77 gehört zu den wichtigsten Zeugnissen für diese wahrscheinlich unter Papinian erreichte Neuerung 63, und es gibt keinen vernünftigen Grund, gerade die lex Falcidia in der vorliegenden Stelle für interpoliert zu halten 64. Weiterhin stellt sich die Frage nach der portio Falcidiae überhaupt nur, weil der Mann die Mitgift nicht als der die Frau überlebende Ehemann, sondern als fideikommissarisch Begünstigter erhält. Dabei beruht der Abzug zugunsten der Erben hier nicht auf dem SC Pegasianum, welches den Anwendungsbereich der lex Falcidia zum Schutz des Erben auf Fideikommisse erstreckt; denn das den Mann begünstigende Fideikommiß liegt nicht auf der Erbschaft, sondern auf der Schenkung (heredibus institutis petisset a filiis viro dotem restitui) 65. Vielmehr unterliegt die donatio mortis causa der lex Falcidia, und diese Belastung setzt sich auch an dem Fideikommiß fort 66. Damit ergibt sich aber der merkwürdige, von Schwarz 67 als Einwand gegen die Echtheit der Stelle formulierte Befund, 62
Vgl. Metro, 361 f., zur untechnischen Bedeutung von retinere im Paralleltext Papinian D. 35, 2, 15 pr. 63 Vgl. oben 35 ff. 64 So aber Beseler, Textkritische Studien, 38; Schwarz, lex Falcidia, 361; Simonius, 51 in Fn. 1 und 56, der die Unterscheidung nach Eingreifen oder Nichteingreifen der lex Falcidia „verdächtig“ findet; dagegen zu Recht Astolfi, legati I, 230; Di Paola, donatio, 216 f. mit Fn. 49. 65 Astolfi, legati I, 229 f.; De Francicsi, 154; Ferrini, 516; Mannino, 141 in Fn. 37 (142). Das bestreitet zu Unrecht Solazzi, Note sparse, 120 in Fn. 38, mit der Begründung, die donatio sei wegen des Fideikommisses „praticamente finita“. Aber daß sie praktisch wertlos ist, heißt nicht, daß sie rechtlich nicht mehr existiert. Zutreffend betont Cuiacius, ad h. l., opera VII, Sp. 1238 E, daß die donatio Voraussetzung der Wirksamkeit des Fideikommisses ist. 66 So ausdrücklich Papinian D. 31, 77, 1: si pars donationis fideicommisso teneatur, fideicommissum quoque munere Falcidiae fungetur; vgl. auch Scaevola D. 36, 1, 80, 11 für den ähnlichen Fall, daß der Erbschaftsfideikommissar seinerseits mit einem Erbschaftsfideikommiß belastet wird. 67 Schwarz, lex Falcidia, 360.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
daß die Erben, die eigentlich keinerlei Berechtigung hinsichtlich der Mitgift gehabt hätten, nun durch das Dazwischentreten der Stipulation in den Genuß der portio Falcidiae kommen sollen. Denn der Heimfall der Mitgift an den Mann nach Auflösung der Ehe durch Tod der Frau (ohne letztwillige Verfügung) wird von den Klassikern als ein außerhalb des Erbrechts sich vollziehendes lucrum dotis angesehen, weswegen der Mann im Hinblick auf die Mitgift nie den Beschränkungen der lex Falcidia unterlag und seinerseits nicht mit Fideikommissen belastet werden konnte 68. Kann nun allein kraft der Rückgabestipulation und des gegenläufigen Fideikommisses die rechtliche Qualifikation des Erwerbes durch den Mann vom reinen lucrum dotis zur mortis causa capio umschlagen? Der Text bezeugt es jedenfalls so, und vermutlich kam es der Frau gerade darauf an, den Rückgewähranspruch erbrechtlich umzuwandeln 69. Der insoweit ähnliche Fall Ulpian D. 32, 3 pr. wurde bereits behandelt 70; auch dort hat es die Frau vorgezogen, den Mann fideikommissarisch zu beschweren, anstatt ihn ex stipulatu auf Rückgewähr haften zu lassen. Gegen den Befund, daß die in fr. 77, 2 abgegebene Stipulation von Seiten der Frau eine donatio mortis causa an die filii darstellt 71, läßt sich auch nicht der folgende Gaiustext 72 anführen: D. 39, 6, 31, 2 Gaius libro octavo ad edictum provinciale Sine donatione autem capitur veluti pecunia, quam statuliber aut legatarius alicui condicionis implendae gratia numerat, sive extraneus sit qui accepit sive heres. eodem numero est pecunia, quam quis in hoc accipit, ut vel adeat hereditatem vel non adeat, quique in hoc accipit pecuniam, ut legatum omittat. sed et dos, quam quis in mortem mulieris a marito stipulatur, capitur sane mortis causa: cuius generis dotes recepticiae vocantur. rursus id, quod mortis causa donatur, aut in periculum mortis datur aut cogitationem mortalitatis, quod nos quandoque morituros intellegimus. Ohne Schenkung wird dagegen etwa Geld erworben, das ein statuliber oder Legatar einem Dritten oder dem Erben zur Erfüllung einer Bedingung zahlt. In dieselbe Kategorie gehört Geld, das jemand für den Antritt oder Nichtantritt einer Erbschaft oder für die Ausschlagung eines Vermächtnisses erhält. Aber auch die Mitgift, die jemandem auf den Tod der Frau vom Ehemann versprochen wird, wird von Todes wegen erworben; dotes dieser Art heißen recepticiae. Ferner wird das, was von Todes wegen geschenkt wird, 68
Bechmann, Dotalrecht II, 436, mit Hinweis auf D. 33, 4, 2, 1; Czyhlarz, 319 f.; vgl. ferner Söllner, 59 – 61; Solazzi, restituzione, 51. 69 Astolfi, legati I, 236 f., meint sogar, daß der Besteller einer dos recepticia diese mit dem Tod der Frau mortis causa erwerbe, wenn er sich die Rückgabe hat versprechen lassen. Er bezieht sich für seine Auffassung auf Gaius D. 39, 6, 31, 2; aber diesem Text läßt sich entgegen dem Autor keine Identität von Besteller und Rückgabestipulator entnehmen. 70 Oben 123 ff. 71 Bestritten von Archi, Una nota, 17 mit Fn. 35; Schwarz, lex Falcidia, 360. 72 Zu diesem Text Astolfi, legati I, 235 – 237.
III. Rückgabestipulation
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entweder in Todesgefahr gegeben oder in bloßer Erwägung der Sterblichkeit, weil wir einsehen, daß wir einmal sterben müssen.
Schwarz meint, damit belegen zu können, daß eine Mitgift-Rückgabestipulation mortis causa nicht als donatio mortis causa, sondern als andere mortis causa capio 73 angesehen wurde. Richtig ist zwar, daß der Text zunächst Beispiele für eine mortis causa capio ohne Schenkungscharakter anführt. Aber mit dem Satz sed et dos rell. beginnt sprachlich deutlich erkennbar ein neuer Gedanke, und der Schlußsatz rursus id rell. spricht übergangslos wieder von einer donatio mortis causa. Es läßt sich somit weder behaupten, daß die Stelle nur mortis causa capiones ohne Schenkungscharakter behandele, noch, daß Gaius den Erwerb der Mitgift aufgrund einer Rückgabestipulation mortis causa unter die sonstigen mortis causa capiones ohne Schenkungscharakter einordne. Gaius stellt vielmehr nur fest, daß der durch Rückgabestipulation begründete Anspruch auf die Mitgift überhaupt eine mortis causa capio darstellt, ohne sich mit der Frage zu beschäftigen, ob dieser Erwerb stets als Schenkung anzusehen ist 74. Diese Feststellung ist erstaunlich genug, um von Gaius herausgehoben zu werden, weil sich der endgültige Erwerb der Mitgift durch den Mann im Regelfall außerhalb des Erbrechts vollzieht. Für eine genaue Abgrenzung zwischen donatio mortis causa und mortis causa capio im weiteren Sinne besteht für Gaius kein Grund, denn die praktische Relevanz dieser Abgrenzung kommt erst mit der Konstitution auf, die donationes mortis causa der lex Falcidia unterstellt 75; und diese Konstitution des Septimius Severus kann Gaius noch nicht kennen. Für das fr. 77, 2 bleibt es bei der Feststellung, daß sich das von Papinian behandelte Problem nicht stellen könnte, wenn eine Anwendung der lex Falcidia zu Lasten des Mannes von vornherein ausgeschlossen wäre, woraus auch folgt, daß tatsächlich eine donatio mortis causa vorliegt 76. Gegen die Tilgung der lex Falcidia als verderbt spricht schon der Umstand, daß die behandelte Stelle eine logische Fortsetzung des vorangehenden § 1 ist, der ausschließlich die Anwendbarkeit dieser lex auf donationes mortis causa behandelt 77. Außerdem sehen sich diejenigen, die die lex Falcidia hier streichen 78 und damit die Qualifikation der 73
Zum Unterschied zwischen mortis causa capio und donatio mortis causa als speziellerer Form vgl. Marcellus D. 39, 6, 38; zur Stelle oben 25. 74 Vgl. zu dieser Frage Simonius, 265 f., der zu Recht betont, daß nicht jeder Rückgabestipulation mortis causa auch eine Schenkung zugrundeliegt. Schenkungscharakter der Stipulation komme nur in Betracht, wenn die Rückgabe einer von der Frau eingebrachten Mitgift vor Eheschließung versprochen werde. 75 Vgl. oben 35 ff. 76 Zu diesem Zusammenhang Astolfi, legati I, 230 f. 77 Um diesem Einwand zu entgehen, müßte man §§ 1 f. fast vollständig streichen, was Beseler, Textkritische Studien, 38, tatsächlich tut. 78 Beseler, Textkritische Studien 38; Schwarz, lex Falcidia, 360 f.; Simonius, 56.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
Rückgabestipulation als donatio mortis causa leugnen, gezwungen, den Schenkungscharakter in allen ähnlichen Fällen (Paulus D. 33, 4, 11; Caracalla C. 5, 12, 2; Gordian C. 8, 56, 2) trotz ausdrücklicher Erwähnung einer donatio mortis causa zu verneinen. (4) Für den Fall, daß die Mitgift weniger als ¾ des Nachlasses ausmacht, ist die Lösung des Falles verhältnismäßig einfach (si Falcidiae ratio non intervenerit: ideo retentionem dotis virum habere placuit). Weil die Falcidia nicht eingreift, kommt auch den heredes keine prozessuale Rolle zu, die Angelegenheit betrifft also nur den Mann und die filii. Diese dringen mit der actio ex stipulatu nicht durch, weil das Fideikommiß dem Mann eine exceptio gewährt, die hier im Hinblick auf den Streitgegenstand und die konkrete Prozeßsituation als retentio dotis bezeichnet wird 79. Es geht also nicht um retentiones im engen dotalrechtlichen Sinn 80, sondern um eine exceptio ex fideicommisso 81. Schwieriger ist die zweite Fallvariante, in der sich der Gedankengang Papinians nur mühsam erschließt. Daß es sich überhaupt um eine wirkliche Fallalternative handelt, ist sprachlich nicht zwingend, schließlich könnte man alioquin ebensogut mit „übrigens“, „außerdem“ übersetzen 82, und alle weiteren Ausführungen wären dann lediglich Ergänzungen zum wesentlichen Inhalt des Gutachtens: ideo retentionem dotis virum habere placuit 83. Die Annahme verbietet sich aber aus inhaltlichen Gründen: Würde alioquin rell. nur den vorherigen Gedanken ergänzen, dann könnte der Mann die gesamte Mitgift behalten, und die Söhne, die – obgleich ursprünglich Empfänger einer donatio mortis causa – ohnehin leer ausgehen, müßten den Erben der Mutter auch noch die quarta Falcidia erstatten. Es kann deshalb nur richtig sein, alioquin und das Folgende im Gegensatz zu ideo retentionem dotis virum habere placuit zu verstehen. Worin besteht aber genau der Unterschied zum ersten Teil des Falles?
79 Ebenso die Gleichsetzung bei Cuiacius, ad h. l., opera VII, Sp. 1239: habet etiam exceptionem sive retentionem. 80 Solche Retentionsrechte sind Zurückbehaltungsrechte des Mannes gegenüber der Frau im Scheidungsfalle; sie betreffen für sich genommen jeweils nur einen Bruchteil der Mitgift. Vgl. dazu Kaser I, 338 f.; Söllner, 147 ff. 81 Cuiacius, ad h. l., opera IV, Sp. 1145 C, und Schwarz, lex Falcidia, 359, sprechen von einer exceptio doli; der Sache nach handelt es sich auch um eine solche, ergibt sie sich doch aus dem reddere opportere der filii; ihre Grundlage bleibt aber doch das Fideikommiß. 82 Vgl. Heumann / Seckel, s. h. v. 83 Tatsächlich übersetzt Georg Carl Treitschke, in: Otto / Schilling / Sintenis, mit „außerdem“; alle anderen Übersetzungen, soweit ersichtlich, dagegen im hier vertretenen Sinne: Tom Braun, in: Watson, Digest: „otherwise“; Hulot, in: ders.: „au contraire“; L. de Light / J. E. Spruit, in: Spruit et al.: „in het andere geval“; Gallo, 281 in Fn. 78: „diversamente“.
III. Rückgabestipulation
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Die Klage der filii aus der Stipulation ist hier offenbar erfolgreich, soweit der Teil der Mitgift reicht, der den heredes aufgrund der Falcidia zu erstatten ist; insoweit muß die exceptio des Mannes zurückstehen, weil auch das Fideikommiß, auf dem sie beruht, dem Abzug unterliegt. So ist der Text stets verstanden worden 84, und es gibt auch keinen Anhaltspunkt für einen weitergehenden Erfolg der Klage. Das aber wirft eine praktisch entscheidende Frage auf: Welchen Anreiz sollten die filii haben, lediglich das beim Mann einzuklagen, was sie dann an die heredes herausgeben müssen? Und wie kämen die heredes zu ihrem Teil, wenn die filii angesichts der völligen Entwertung ihrer Schenkung darauf verzichteten, den Mann in Anspruch zu nehmen? Da es sich um einen Fall aus Papinians libri responsorum handelt, möchte man sich kaum damit zufriedengeben, daß nur eine theoretische Möglichkeit durchgespielt werde 85. Eine mögliche Erklärung ist, daß hier in Wirklichkeit über ein Regreßverlangen der filii entschieden wird, die die portio Falcidiae bereits an die heredes gezahlt haben und nun vom Mann Ersatz verlangen 86. Doch ist kein Grund ersichtlich, weshalb die filii in Vorleistung gehen sollten. Auch legt reddendam esse eine Vorzeitigkeit der Klage gegen den Mann vor der Inanspruchnahme durch die heredes nahe – die filii können den Erben nur zurückgeben, was sie bereits vom Mann erhalten haben –, wenngleich auch dem restituere im vorhergehenden Satz keine ganz wörtliche Bedeutung zukommt. Die bessere Erklärung ist deshalb, daß es die filii gleichsam darauf ankommen ließen, ob ihre Klage durchdringt oder an dem ihnen auferlegten Fideikommiß scheitert 87. Weil Papinian für letzteres entscheidet, stellte sich für die filii die weitere Frage – die der zweite Teil des Gutachtens eigentlich beantwortet –, ob sie sich im Falle des Eingreifens der lex Falcidia durch Zurückweisung der völlig wertlosen „Schenkung“ wenigstens der lästigen Pflicht entziehen können, die portio Falcidiae für die heredes beim Mann einzutreiben. In diesem Sinne versteht Bartolus die Stelle; er erörtert die Frage, ob die filii noch Entscheidungsfreiheit im Hinblick auf die donatio mortis causa haben und verneint das, weil sie sich durch die Stipulation festgelegt hätten; etwas anderes könne nur gelten, wenn die Stipulation mit entsprechendem Vorbehalt versehen sei 88. Zufrieden84
Schon Odofredus, gl. reddenda ad h. l., in: Lectura super infortiato, Tomus II, 36 r / v; Vivianus, in der Glosse, Casus ad D. 31, 77, 2: filii ... petent ab eo partem, quam Falcidia requirit ex dicto fideicommisso viro relicto: et eam partem reddent filii heredibus dictae mulieris; Cuiacius ad h. l., opera VII, Sp. 1239 A; Astolfi, legati I, 229 f.; Di Paola, donatio, 216; Mannino, 142 in Fn. 37; Simonius, 56. 85 So aber offenbar Gallo, 282 in Fn. 80. 86 So die Überlegung von Simonius, 56, der den ganzen Gedanken freilich einem „unsorgfältigen Interpolator“ zuschreibt. 87 Einen Versuch konnte das deshalb wert sein, weil das Fideikommiß anders als die actio ex stipulatu im Wege der extraordinaria cognitio geltend zu machen war; so auch Cuiacius, ad h. l., opera VII, Sp. 1238 f.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
stellend ist diese Erklärung aber nicht, denn es bleibt unklar, wie die Begründung einer Forderung zu einer Bindung auf Gläubigerseite führen sollte. Eher wäre die Verpflichtung zu erklären, wenn man dem Verhältnis zwischen uxor und filii die Bedeutung eines Mandates beilegte, wofür der Text allerdings – anders als etwa Paulus D. 33, 4, 11 89 – keinen Anhalt bietet. Auch das Fideikommiß scheidet als Grundlage einer möglichen Verpflichtung aus, weil es zugunsten des Ehemannes ausgesetzt ist und folglich nicht die Bindung gegenüber den Erben erklären kann. Letztlich muß deshalb die Frage, was die filii zur Klageerhebung getrieben hat, offenbleiben. Aber auch die Auffassung des Bartolus zugrundegelegt, wonach sich die filii mit Abschluß der Stipulation auf die donatio mortis causa mit allen daraus folgenden Pflichten eingelassen haben, ist zu fragen, weshalb die lex Falcidia zu Gunsten der Erben mit einer actio in factum geltend zu machen ist. Die Klage ist hier der besonderen prozessualen Situation geschuldet. Die ursprünglich auf Legate zugeschnittene lex Falcidia schützt den Erben bekanntlich dadurch, daß Legate nichtig sind, soweit sie die zulässige Quote überschreiten 90. Im ursprünglichen Anwendungsfall der lex Falcidia kann der Erbe folglich sein Recht gegenüber dem Legatar schlicht durch Zurückbehaltung einzelner Gegenstände geltend machen, bei nicht teilbaren Gegenständen erhält er Miteigentum eingeräumt 91. Sind Gegenstände bereits im Besitz des Legatars, sichert der Prätor die portio Falcidiae durch das interdictum quod legatorum 92. Liefert andererseits der Erbe dem Legatar Erbschaftsgegenstände aus, bevor der Nachlaßwert feststeht, kann er sich durch eine vom Legatar zu leistende cautio quanto amplius die eventuelle Rückforderung sichern 93. Anders als beim Legat ist die Situation bei der donatio mortis causa: Der Bedachte ist hier typischerweise beim Erbfall bereits im Besitz der Sache, und dem Erben wird das Interdikt versagt 94: 88 Bartolus, nota 2 ad D. 31, 77, 2: Quaero utrum isti filii legatarii seu donatarii possint dicere volumus acceptare. Videtur quod non: quia semel stipulando videtur irrevocabiliter acceptare. [...] Quod intellige verum nisi ab initio fuerit stipulatus sub condicione si volet. potest enim conferri stipulatio in voluntate stipulantis. – Ganz ähnlich gl. Falcidiae partem ad h. l.: Sed quare tenentur filii haeredibus, si volunt habere donationem? Respon[ditur] quia stipulando semel incommutabiliter agnovisse videntur. 89 Dazu sogleich unten 174 ff. 90 Dazu oben 36. 91 Vgl. dazu Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, 39; Wacke, lex Falcidia, 220 –225. 92 Das allerdings zunächst den bonorum possessor schützte; Klassizität der Erstreckung auf den heres bestreiten Lenel, edictum, 453, und Kaser I, 754, jeweils mit weiteren Nachweisen. 93 Vgl. die Formel bei Lenel, edictum, 537; dazu Schanbacher, Ratio legis Falcidiae, 41; Wacke, lex Falcidia, 222. – Ulpian erwägt, diese cautio zum Schutz des Erben auch dem donatarius mortis causa abzuverlangen, vgl. Ulpian D. 35, 3, 1, 10. 94 Zum Text Bonifacio, 29.
III. Rückgabestipulation
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D. 43, 3, 1, 5 Ulpianus libro sexagensimo septimo ad edictum Si quis ex mortis causa donatione possideat, utique cessabit interdictum, quia portio legis Falcidiae apud heredem ipso iure remanet, etsi corporaliter res in solidum translatae sunt. Besitzt jemand aufgrund einer Schenkung von Todes wegen, findet das Interdikt keine Anwendung, weil die portio Falcidiae dem Erben ipso iure verbleibt, auch wenn die Gegenstände insgesamt körperlich übergeben worden sind.
Zwar stellt Ulpian darauf ab, daß es des Schutzes des interdictum quod legatorum 95 nicht bedürfe, weil der Erbe wegen der ipso-iure-Wirkung der lex Falcidia Miteigentümer bleibe und ihm daher die Vindikation zustehe. Aber ob dieses Argument verfängt, ist schon grundsätzlich fraglich – schließlich bleibt der Erbe auch gegenüber dem Legatar Miteigentümer 96 –, und jedenfalls taugt es nicht für den Fall des fr. 77, 2, weil die heredes mit der Vindikation hier nicht zum Ziel kommen 97: Die Mitgift steht vor dem Erbfall nicht im Eigentum der Frau und ist daher auch nicht Bestandteil des Nachlasses, bevor die Rückgabestipulation geltend gemacht wird. Mithin nützt hier die ipso-iure-Wirkung der lex Falcidia dem Erben nichts. In der prekären Lage hilft dem Erben nur eine actio in factum, die Cuiacius 98 angesichts ihrer Funktion treffend als actio subsidiaria vindicationis bzw. actio utilis in rem bezeichnet. Diese actio in factum zum Schutz der portio Falcidiae ist offenbar eine Errungenschaft Papinians; sie wird in insgesamt nur drei Fällen gewährt, die alle in Papinians libri responsorum überliefert sind 99. Außer dem betrachteten Fall handelt davon § 6 desselben Fragments: D. 31, 77, 6 Papinianus libro octavo responsorum Maevio debitori suo reus stipulandi mandavit, ut Titio, cui mortis causa donabat, pecuniam debitam solveret. cum sciens dominum vita decessisse Maevius pecuniam dedisset, non esse liberationem secutam constitit nec, si Maevius solvendo non esset, in Titium actionem solidi vel iure Falcidiae dandam esse, quia mortis causa cepisse non videretur. diversum probandum foret, si Maevius ignorans dominum vita decessisse pecuniam errore lapsus dedisset: tunc enim portio iure Falcidiae revocaretur. Ein Gläubiger beauftragte seinen Schuldner Maevius, die geschuldete Summe dem Titius, dem der Gläubiger mortis causa schenkte, auszuzahlen. Hatte Maevius das Geld gezahlt, 95 Um dieses Interdikt geht es hier, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt: D. 43, 3 behandelt nur das interdictum quod legatorum. 96 Vgl. Di Paola, donatio, 208 f.; Schwarz, lex Falcidia, 338; Simonius, 53; insoweit übereinstimmend Wacke, lex Falcidia, 225 in Fn. 77. 97 Cuiacius ad h. l., opera VII, Sp. 1238 f.; Biondi, Successione, 382; Ferrini, 516 f. 98 Cuiacius ad h. l., opera VII, Sp. 1239. 99 Vgl. noch Justinian C. 6, 50, 18, 1, wo dem Erben – wohl nach dem Vorbild der actio Papinians – ein nicht näher bestimmtes Rechtsmittel gegen den Beschenkten gewährt wird.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
obgleich er wußte, daß der Geschäftsherr gestorben war, dann stand fest, daß keine Befreiung eingetreten ist; ebenso stand fest, daß im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Maevius gegen Titius keine Klage wegen des gesamten Betrages oder nach der lex Falcidia gewährt werden dürfe, weil er offenbar nicht mortis causa erworben hatte. Das Gegenteil werde man annehmen müssen, wenn Maevius das Geld in Unkenntnis dessen, daß der Geschäftsherr gestorben ist, irrtümlich gezahlt hat. Dann nämlich würde der Anteil nach der lex Falcidia zurückgefordert.
Im hier behandelten Fall einer donatio mortis causa durch Anweisung des Schuldners interessiert nur der zweite Teil des responsum 100. Der vom Gläubiger angewiesene Schuldner Maevius leistet die Summe an den Donatar Titius, ohne zu wissen, daß der Gläubiger bereits verstorben war. Anders als im Ausgangsfall ist der Tod des Gläubigers hier unschädlich für das mandatum; es besteht gemäß Gaius 3, 160 zu Gunsten des angewiesenen Schuldners utilitatis causa fort. Kehrseite der Befreiung des Schuldners Maevius ist das Erlöschen einer Nachlaßforderung. Der Erbe entbehrt hier ebenso wie im Fall des § 2 eines Mittels zum Schutz der portio Falcidiae. Papinian gewährt ihm deshalb gegen den Donatar Titius dieselbe actio in factum (actio iure Falcidiae). Im dritten Fall erfordert die prozessuale Lage die Gewährung einer replicatio in factum: D. 35, 2, 15 pr. Papinianus libro tertio decimo responsorum Quod bonis iure Falcidiae contribuendum est a debitore, cui mortis causa pacto debitum remissum est, in factum concepta replicatione retinebitur. Was im Hinblick auf den Nachlaß nach der lex Falcidia vom Schuldner beizutragen ist, dem durch ein pactum mortis causa die Schuld erlassen ist, wird durch eine replicatio in factum zurückbehalten werden.
Hier ist in der Weise mortis causa geschenkt worden, daß der Schenker dem Schuldner die Verbindlichkeit durch pactum de non petendo erlassen hat 101. Der Erbe des Schenkers verklagt den Schuldner gleichwohl, dieser schützt sich mit einer exceptio. Soweit der Erbe durch das pactum um seine portio Falcidiae gebracht würde, kann er die exceptio des Schuldners mit der in factum konzipierten replicatio zurückschlagen; sie ist die prozessuale Entsprechung der oben behandelten actio in factum 102. Allen drei Fällen ist gemeinsam, daß die ansonsten zum Schutz des Erben genügende ipso-iure-Wirkung der lex Falcidia nicht hilft. Dieses Problem konnte natürlich erst mit der Anwendbarkeit der lex Falcidia auf die donatio mortis 100 101 102
Vgl. zum Fall im übrigen Schwarz, lex Falcidia, 333 f.; Simonius, 258 ff. Metro, 361; Simonius, 54 f., 272 f. Zutreffend Di Paola, donatio, 217; Metro, 361.
III. Rückgabestipulation
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causa auftreten, und es ist daher kein Zufall, daß sich ausschließlich Papinian, mit dessen Wirken die Ausdehnung der lex in Verbindung zu bringen ist 103, auch mit den Schutzlücken und deren Schließung befaßt 104. Keineswegs überzeugt deshalb die Meinung, Justinian habe die actio in factum in den oben behandelten Stellen interpoliert 105; richtig ist vielmehr, daß Justinian Papinians Lösung in C. 6, 50, 18 übernommen hat 106. Zuletzt bleibt die Frage, warum Papinian die actio in factum nicht direkt den heredes gegen den Mann gewährt, anstatt den Umweg über die filii zu gehen. Immerhin ist die Lösung nicht nur wenig prozeßökonomisch, sondern belastet die heredes auch mit dem Insolvenzrisiko der filii 107. Formal gesehen schmälert allein die donatio mortis causa die Erbschaft und nicht das Fideikommiß, welches seinerseits allein die donatio belastet. Doch sollte Papinian hier nicht an die Möglichkeit einer Durchgriffslösung gedacht haben? Indes kann gerade der Umweg dem Schutz des Erben gedient haben: Es muß keinesfalls immer so sein, daß der donatarius mortis causa mit nur einem einzigen Fideikommiß belastet ist. Müßte sich der Erbe an eine Vielzahl von „mittelbar“ fideikommissarisch Begünstigten halten, könnte schon dadurch der Schutzzweck der lex Falcidia vereitelt werden. Dem Erben wird grundsätzlich also die Verfolgung des Anspruchs wesentlich erleichtert, wenn er sich an den Donatar halten kann. Jedenfalls gewährt Papinian in drei Fällen eine actio bzw. replicatio in factum gegen den Donatar, während von einer actio gegen den mittelbar begünstigten Fideikommissar nichts bekannt ist. Praktisch könnte die Lösung hier zudem mit der Anfrage zusammenhängen: Wenn sie von den filii kam, war der zweite Teil des responsum nur eine mögliche Variante, die verdeutlichte: Entweder scheitert die Klage an der Einrede des Ehemannes, oder das erfolgreich Verlangte muß sogleich wieder an die heredes herausgegeben werden. Das Ergebnis ist aus Sicht der filii äußerst ernüchternd; ihnen wird die Aussicht auf den lukrativen Erwerb zunichte gemacht, und sie werden allenfalls als Erfüllungsgehilfen der Erben die quarta Falcidia beim Ehemann geltend machen 108. Der Fall zeigt besonders deutlich, daß der Widerruf einer donatio 103
Oben 35 ff. Vgl. auch Papinian D. 35, 2, 15, 1 (dazu oben 115 f.). 105 De Francisci, 157 f.; Solazzi, Note sparse, 120; zutreffend dagegen Gallo, 282 f.; Mannino, 141 in Fn. 37 (144). 106 In diese Richtung Bonifacio, 34. 107 Das hebt Solazzi, Note sparse, 120, zu Recht hervor; vgl. auch Cugia, 79. – Solazzi verbessert den Text dahin, daß Papinian die actio in factum direkt gegen den Ehemann gewährt habe (121), bleibt aber die Begründung schuldig, weshalb die Kompilatoren das geändert haben sollten. 108 Vgl. die (berechtigte) Polemik bei Solazzi, Note sparse, 119. 104
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
mortis causa keine Beschränkung kennt und die Stellung des Donatars zu Lebzeiten des Schenkers keinerlei Schutz genießt. Der Donatar unterscheidet sich bisweilen kaum vom Mandatar, wie der folgende Fall zeigt. 2. Paulus D. 33, 4, 11 D. 33, 4, 11 Paulus libro septimo responsorum Seia cum nuberet Lucio Titio, dedit dotis nomine centum aureos et adhibuit Quintum Mucium, qui nihil numeravit, sed dotem stipulatus est, si morte mulieris solutum fuerit matrimonium. Seia moriens testamento suo ita cavit: ‚Lucio Titio marito meo, cui maximas gratias ago, dari volo super dotem, quam ei dedi, tot aureos‘. quaero, cum instituit Lucium Titium convenire Quintus Mucius ex stipulatu actione, an repellere eum maritus possit ex verbis testamenti. respondit, si Quintus Mucius mandante Seia non donationis causa stipulatus est, heredibus mulieris eum teneri et ideo Quintum Mucium exceptione repellendum esse. quod si donationis causa Seia stipulari permisisset, videri eum in eum casum, qui morte mulieris exstitit, mortis causa stipulatum: et ideo fidei eius committi potuisse in eum casum dicendum fore. Als Seia Lucius Titius heiratete, gab sie ihm 100 Goldmünzen als Mitgift und zog Quintus Mucius hinzu, der nichts zahlte, aber sich die Mitgift für den Fall versprechen ließ, daß die Ehe durch den Tod der Frau aufgelöst würde. Seia starb und verfügte in ihrem Testament wie folgt: ‚Ich möchte, daß meinem Ehemann Lucius Titius, dem ich zutiefst dankbar bin, außer der Mitgift, die ich ihm gegeben habe, eine bestimmte Zahl Goldmünzen zukommen.‘ Da Quintus Mucius begonnen hat, ihn mit der actio ex stipulatu in Anspruch zu nehmen, frage ich, ob der Ehemann ihn aufgrund des Testamentswortlauts abweisen kann. Das Gutachten lautete: Wenn Quintus Mucius im Auftrag der Seia und ohne [ihre] Schenkungsabsicht sich hat versprechen lassen, dann haftet er den Erben der Frau und ist deshalb kraft der Einrede abzuweisen. Hat Seia ihm dagegen in Schenkungsabsicht gestattet, sich die Mitgift versprechen zu lassen, dann scheint ihm in diesem Fall, der mit dem Tod der Frau eintritt, von Todes wegen versprochen worden zu sein. Deshalb wird man in diesem Fall sagen müssen, ihm habe ein Fideikommiß auferlegt werden können.
Das Fragment dürfte um die 30 Jahre nach der zuvor behandelten Papinianstelle entstanden sein 109. Wieder begegnet die aus Scaevola D. 32, 37, 4 und Papinian D. 31, 77, 2 bekannte Fallkonstellation: Eine Frau namens Seia veranlaßt vor bzw. im Zuge ihrer Eheschließung einen Dritten, sich die Rückgabe der Mitgift von ihrem künftigen Ehemann Lucius Titius versprechen zu lassen 110. 109 Die libri responsorum des Paulus sind wohl zwischen 222 und 230 entstanden, vgl. Liebs, Handbuch IV, 173. 110 Irrig Olzen, 25: „In D 33.4.11 zog eine Seia anläßlich ihrer Hochzeit mit Lucius Titius einen Dritten, Quintus Mucius, hinzu und stipulierte ihm das Heiratsgut [...]“. Damit soll offenbar gesagt sein, Seia hätte das Rückgabeversprechen abgegeben; Seia ist aber weder promissor noch stipulator.
III. Rückgabestipulation
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Waren es bei Scaevola die Söhne aus erster Ehe und bei Papinian außerehelich gezeugte Söhne, so übernimmt hier ein nicht näher bestimmter Quintus Mucius die Rolle des Dritten; möglich ist, daß es sich um einen jüngeren Verwandten der Seia handelt 111. Interessant ist das Rechtsverhältnis, aufgrund dessen Quintus Mucius als stipulator hinzugezogen wird: Ging es bei Scaevola nur um ein mandatum und bei Papinian allein um eine donatio mortis causa, stellt Paulus wenige Jahrzehnte später beide Möglichkeiten zur Diskussion; daß zwei verschiedene Fälle behandelt werden, erschließt sich freilich erst durch das responsum 112. Indem Seia im Testament die Mitgift eher beiläufig (super dotem, quam ei dedi) ihrem Mann zuspricht, entzieht sie dem Quintus Mucius seine Erwerbsaussicht: Er, der den Ehemann ex stipulatu verklagt, wird mit einer exceptio zurückgewiesen – und zwar, wie noch näher auszuführen ist, unabhängig davon, welcher Art das Rechtsverhältnis zwischen ihm und Seia ist. Der Text wirft eine Reihe von Fragen auf, dementsprechend umfangreich sind die Interpolationsbehauptungen 113, die indes überwiegend Widerspruch herausfordern. Zuerst ist die erwähnte donatio mortis causa gegen Verdächtigungen zu verteidigen, die sich auf die behauptete Unvereinbarkeit zum einen mit dem Mandat (dazu 1), zum anderen mit der angeblich hier vorliegenden adstipulatio beziehen (2). Aufmerksamkeit verdient auch die Angabe nihil numeravit (3). Erläuterungsbedürftig ist sodann der erste Teil des Gutachtens: Quintus Mucius hafte den Erben als Mandatar und könne deshalb (ideo) vom Ehemann (der nicht als Erbe erwähnt wird) mit der exceptio zurückgewiesen werden. Dabei stellt sich zugleich die Frage, wen das Fideikommiß – ein solches überhaupt vorausgesetzt – belastet, Quintus Mucius oder die Erben (4). Weniger schwierig ist die Art und Funktion der exceptio bei der Schenkung im zweiten Teil zu bestimmen (5). (1) Was zunächst den Sinn der Hinzuziehung eines Dritten überhaupt angeht, so gelten auch hier die Ausführungen zu Scaevola D. 32, 37, 4 und Papinian D. 31, 77, 2: Es ist davon auszugehen, daß einer Frau das Testieren über die Mitgift selbst nach Vat. 98 verwehrt ist 114. Die Beantwortung der Frage, welche Rolle die Schenkungsabsicht im Rahmen der Rückgabestipulation spielt, erfordert eine Auseinandersetzung mit der Behauptung Pringsheims, die Erwähnung der donatio mortis causa sei interpoliert 115. Pringsheim stört sich an einem an111
So Wacke, Mitgiftherausgabe, 67; ders., exceptio doli, 43. Gl. Stipulatus ad h. l.: non aperit, an gerendo negotium mulieris, vel ut donatarius causa mortis, vel ut inter vivos stipularetur, et ideo infra distinguit. 113 Vgl. den Ind. Itp. sowie die Übersicht bei Broise, Animus donandi II, 153 f. in Fn. 54. 114 Dazu oben 154 f.; auch Söllner, 105 f., Schwarz, lex Falcidia, 360 mit Fn. 5 und 6; Wacke, Mitgiftherausgabe, 63 f., 73 f. 112
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
geblich hier vorliegenden mandatum donandi animo. Zu Recht bemerkt er, daß ein mandatum tantum tua gratia nicht denkbar ist 116, wie Gaius deutlich sagt 117. Es fragt sich jedoch, ob in der Stelle von einem solchen „gemischten Mandat“ überhaupt die Rede ist. Als bloße petitio principii ist jedenfalls das Argument zurückzuweisen, die Schenkungsabsicht könne nur im Mandat liegen, weil sie in der Stipulation selbst nicht zum Ausdruck komme 118. Die Behauptung, daß der Text donatio und mandatum vermische 119, gründet sich offenbar auf die Formulierung si Quintus Mucius mandante Seia non donationis causa stipulatus est, [...] quod si donationis causa Seia stipulari permisisset [...]. Pringsheim und seine Gefolgschaft gehen selbstverständlich davon aus, daß Quintus Mucius nach dem Wortlaut der Stelle einmal mandante Seia non donationis causa sich hat versprechen lassen und einmal mandante Seia donationis causa. Aber nichts zwingt dazu, mandante Seia auf beide Fallvarianten zu beziehen 120. Zwar kann gefragt werden, warum es im Zusammenhang mit dem Mandat überhaupt der Feststellung non donationis causa bedarf – schließlich hätte es genügt, die erste Fallvariante mit mandante Seia und die zweite mit donationis causa zu bezeichnen –, aber allein die Erwähnung non donationis 115
Pringsheim, Animus donandi, 306 f., ihm folgen Archi, Una nota, 13 f.; ders., Animus donandi, 138 f. in Fn. 61; Amelotti, donatio, 172; Robbe, 210; Solazzi, estinzione, 74 f.; Schwarz, lex Falcidia, 362. Damit wird die gesamte Fallalternative vernichtet. 116 Auch Astolfi, legati I, 226, betont, daß beide Möglichkeiten einander ausschließen. 117 Gaius 3, 156; D. 17, 1, 2 pr.: si tua gratia tibi mandem, supervacuum est mandatum. 118 Pringsheim, Animus donandi, 306; bereits Cugia, 121. 119 Pringsheim, Animus donandi, 306. 120 So allerdings Heimbach IV, 402: Bas. 44, 7, 11. Ἐὰν ἡ γυνή μου διδοῦσά μοι προῖκα παρασκευάσῃ σε μηδὲν ἐξ αὐτῆς παρασχόντα τὴν ἐπερωτῆσαι, καὶ Tελευτῶσα ληγατεύσῃ μοι τὴν προῖκα· εἰ μὲν οὐχ ὡς δωρουμένῳ σοι τὴν ἐπερώτησιν ἐνετείλατο ποιήσασϑαι, ἔχουσιν οἱ κληρονόμοι αὐτῆς κατὰ σοῦ τὴν μανδάτην, κἀγώ σε παραγράφομαι ἐνάγοντα· εἰ δὲ ὡς δωρουμένη ἐνετείλατό σοι, καλῶς βαρῇ φιδεικομμίσσῳ ὡς λάβὼν μόρτις καῦσα δωρεάν. Si uxor mea, cum dotem daret, effecerit, ut tu, qui nihil ex ea dedisti, eam reddi stipulareris, et decedens dotem mihi legaverit: si quidem non tanquam donatario tibi stipulari mandavit, heredes eius adversus te mandati habent actionem, et ego te agentem exceptione repello: sed si donatura tibi mandavit, recte oneraris fideicommisso, quod mortis causa donationem acceperis. (Wenn meine Frau bei der Bestellung der Mitgift dafür gesorgt hat, daß du, der du nichts in Betreff der Mitgift gegeben hast, dir ihre Rückgabe versprechen läßt und sie mir dann im Sterben die Mitgift durch Legat vermacht, dann haben ihre Erben gegen dich die actio mandati, und ich kann dich, wenn du klagst, mit der Einrede abweisen. Wenn sie dich aber beauftragt hat, weil sie dir schenken wollte, dann wirst du rechtmäßig mit einem Fideikommiß beschwert, denn du hast eine Schenkung auf den Todesfall erhalten.) – Aber der Text ist eben eine byzantinische Interpretation des Falles und belegt nicht, daß Paulus selbst tatsächlich sed si donatura tibi mandavit meinte und so das Mandat mit der Schenkungsabsicht verbinden wollte. Dies gilt umso mehr, als der Text von Heimbach zu einem wesentlichen Teil eine unsichere Rekonstruktion darstellt. Scheltema hat zu dieser Stelle lediglich den folgenden Text: Ἐὰν ἡ γυνή μου διδοῦσά μοι προῖκα παρασκευάσῃ σε μηδὲν ἐξ αὐτῆς παρασχόντα τὴν ἐπερωτῆσαι καὶ Tελευτῶσα ληγατεύσῃ μοι τὴν προῖκα.
III. Rückgabestipulation
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causa in der ersten Variante wird kaum genügen für die Behauptung, daß auch in der zweiten Variante (donationis causa) ein Mandat vorliegen müsse. Es liegt ersichtlich viel näher, daß Paulus mit dem Einschub non donationis causa gerade die erste Fallvariante (Mandat) deutlich von der zweiten (donatio mortis causa) abgrenzen wollte. Das belegt ein anderer Text aus den libri responsorum des Paulus: D. 17, 1, 59 pr. Paulus libro quarto responsorum Si mandatu Titii Calpurnius pecuniam quam Titius credebat stipulatus esset non donandi animo, mandati iudicio eum ab herede Titii posse conveniri, ut actiones suas praestet: [...] Wenn sich Calpurnius im Auftrag des Titius das von diesem [einem Dritten] als Darlehen gegebene Geld hat versprechen lassen, ohne daß Titius eine Schenkungsabsicht verfolgte, kann er aus dem Mandatsverhältnis vom Erben des Titius auf Abtretung der Klagen in Anspruch genommen werden.
Auch hier erwähnt Paulus, obwohl der Sachverhalt mit mandatu Titii schon klargestellt ist, ausdrücklich und mit fast identischen Worten das Fehlen eines Schenkungswillens, obwohl hier nicht einmal Abgrenzungsbedarf zu einer anderen Fallvariante besteht 121. Folglich erlaubt der Ausdruck mandante Seia non donationis causa in fr. 11 nicht etwa die Schlußfolgerung, es müsse umgekehrt auch eine stipulatio mandante Seia donationis causa geben; vielmehr dient der nicht unbedingt notwendige Einschub non donationis causa zur klarstellenden Abgrenzung der beiden Varianten. Der von Pringsheim als Argument für die Tilgung der donatio angeführte Widerspruch existiert also nicht 122. (2) Ein großer Teil der Literatur folgt Pringsheim weiter in der Annahme, daß die Stelle ursprünglich von einer adstipulatio gehandelt habe 123. Während Pringsheim dafür nur die angebliche Typizität des Falles anführt 124, hat Archi 125 diese These gestützt mit der Behauptung, daß das Wort adhibere normalerweise 121 Archi, Animus donandi, 138 in Fn. 61, Pernice, zitiert bei Lenel, Palingenesia I, Sp. 1229 Fn. 1 (Paulus Nr. 1480) und Pringsheim, Animus donandi, 306, tilgen auch hier den Hinweis auf den fehlenden Schenkungswillen und ändern [stipulatus] in , was offenbar mehr dem Bemühen um Stringenz der Generalthese als sachlichen Erwägungen geschuldet ist; vgl. zur angeblichen Interpolation des animus in den Quellen oben 140 f. 122 Gerade Beseler, Bindung, 474 f., und ders., Fruges et Paleae II, 25, läßt den Text sachlich weitgehend unberührt und hält insbesondere an der Unterscheidung zwischen mandatum und donatio fest; für Echtheit des Textes außerdem Astolfi, legati I, 225 f.; Broise, Animus donandi II, 149 ff. 123 Es korrigieren [stipulatus] in : Archi, Una nota, 13 f.; ders., Animus donandi, 138 f. in Fn. 61; Amelotti, donatio, 172; Cosentino, 325; Pernice, zitiert bei Lenel, Palingenesia I, Sp. 1234 (Paulus Nr. 1501); Palazzolo, 19; Pringsheim, Animus donandi, 306 f.; Robbe, 210; Schwarz, lex Falcidia, 362; offengelassen von Voci, diritto ereditario II, 457 in Fn. 69; zweifelnd Simonius, 269.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
für die adstipulatio verwendet werde. Ein sehr starkes Argument dafür scheint der betreffende Abschnitt in den Institutionen des Gaius zu liefern: Gaius 3, 110: Possumus tamen ad id quod stipulamur, alium adhibere, qui idem stipuletur; quem vulgo adstipulatorem vocamus. [...] 117: Sponsores quidem et fidepromissores et fideiussores saepe solemus accipere, dum curamus, ut diligentius nobis cautum sit; adstipulatorem vero fere tunc solum adhibemus, cum ita stipulamur, ut aliquid post mortem nostram detur; stipulando nihil agimus, adhibetur adstipulator, ut is post mortem nostram agat; qui si quid fuerit consecutus, de restituendo eo mandati iudicio heredi meo tenetur. Man kann freilich für eine Forderung, die man durch Stipulation begründet, eine andere Person hinzuziehen, die sich dieselbe Forderung durch Stipulation versprechen läßt; diese Person wird allgemein „Nebenstipulationsgläubiger“ genannt. [...] 117: Es kommt zwar häufig vor, daß wir uns Sponsions-, Fidepromissions- und Fidejussionsbürgen stellen lassen, wenn wir dafür sorgen, daß uns auf eine besonders verläßliche Weise Sicherheit geleistet wird; einen Nebenstipulationsgläubiger ziehen wir indes meist nur dann hinzu, wenn wir durch Stipulation uns derart versprechen lassen, daß etwas nach unserem Tode gegeben wird; wir nichts bewirken, wenn wir durch eine Stipulation fordern, , ziehen wir einen Nebenstipulationsgläubiger hinzu, damit dieser nach unserem Tod klagt; wenn dieser etwas erlangt hat, haftet er unserem Erben aus der Auftragsklage auf Herausgabe dessen. 126
Gaius 3, 117 scheint Archis These zu bestätigen: Wird eine Leistung für einen Zeitpunkt nach dem Tod des Erblassers versprochen und für dieses Versprechen ein Dritter hinzugezogen (adhibetur), dann handelt es sich in der Regel um einen adstipulator, der den Erben des stipulator mit der actio mandati haftet. Angesichts dieser definitionsartigen Aussage läßt sich Archis These von der adstipulatio nicht allein mit dem – zutreffenden – Hinweis auf den „an sich farblosen Ausdruck“ 127 adhibere widerlegen, wenngleich adhibere in der Tat ein regelrechtes Allerweltswort ist, wie die Verwendung in den Quellen zeigt 128. 124 Pringsheim, Animus donandi, 306: Stipulationen im Zusammenhang mit Schenkungsabsicht seinen erst in byzantinischem Rechtsdenken vorhanden. – Für eine Vermutung gegen den Schenkungswillen bereits die gl. Non donationis ad h. l.: quod praesumitur quod non donationis causa, mit Außenglosse Praesumitur: Donandi causa adhibitus non videtur, qui adhibitus est ad stipulandum. 125 Archi, Una nota, 13 f.; ders., donazione, 59 f. 126 Textergänzung und Übersetzung von Manthe, Gaius, 263, 266 f.; die seit längerem weitgehend anerkannte und von Manthe übernommene Ausfüllung der Lücke im Codex Veronensis überzeugt trotz Solazzi, termine iniziale, 59 f., der sie für verzichtbar hält. 127 Simonius, 269; vgl. zudem Astolfi, legati I, 228: Das Wort werde auch allgemein im Sinne von „invitare qualcuno a fare qualche cosa“ verwendet. 128 Es finden sich etwa folgende Objekte zu adhibere: moram (Pomponius D. 18, 6, 18), diligentiam (Inst. 3, 14, 2; 3, 27, 1) bzw. neglegentiam (Ulpian D. 16, 2, 10 pr.), aber auch fraudem (Papinian D. 34, 9, 11), curam (Paulus D. 1, 15, 3, 4), remedium iuris (Diokletian C. 3, 36, 23), quaestionem / tormenta (PS 5, 14, 1), consilium (Paulus
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Doch erlaubt Gaius 3, 117 bei genauer Betrachtung noch nicht einmal seinem Wortlaut nach – ein adstipulator werde fast nur für postmortale Versprechen herangezogen (adstipulatorem fere tunc solum adhibemus) – den Umkehrschluß, daß im Fall eines postmortalen Versprechens immer auch ein adstipulator zum Einsatz kommt. Zudem darf bezweifelt werden, daß die Gaiusstelle von Archi überhaupt zu Recht auf den vorliegenden Fall bezogen wird. Betrachtet man nämlich die von Gaius fast unmittelbar vorher (3, 100) getroffene Unterscheidung zwischen unwirksamer Stipulation post mortem meam und wirksamer Stipulation cum moriar und bedenkt man weiter, daß Mitgift-Rückgabestipulationen auf den Todesfall eher zur letzten Kategorie gehören, wie Scaevola D. 32, 37, 3 zeigt und auch Paulus Vat. 98 129 nahelegt, dann spricht einiges dafür, daß in Gaius 3, 117, wo nur von der stipulatio post mortem meam die Rede ist, gerade nicht an Rückgabestipulationen der hier vorliegenden Art gedacht ist. Dies gilt umso mehr, als die Rechtspraxis mit der Formulierung einer Stipulation cum moriar ein neues, der adstipulatio gegenüber einfacheres Mittel entwickelt hatte, um die unpraktische Regel ab heredis persona obligatio non incipere potest zu umgehen 130. Archi schlägt zwar einige Alternativen vor, die im Falle einer Stipulation statt adhibere seiner Meinung nach hätten stehen sollen, er kann aber umgekehrt außer Gaius 3, 117 keine einzige Stelle anführen, in der adhibere wirklich im Zusammenhang mit adstipulatio gebraucht wird 131. Tatsächlich gibt es keine zweite Stelle, wohl aber solche, in denen ausdrücklich gesagt wird: stipulator adhibitur 132; alle diese Stellen handeln von Mitgift-Rückgabestipulationen. Das auf den Gebrauch des Wortes adhibere gestützte Argument verliert damit jeden Wert 133. Eine Korrektur von [stipulatus] in ist also allenfalls dann zu rechtfertigen, wenn sich zwingende sachliche Gründe dafür finden lassen. D. 40, 2, 15, 5); bei Personen in erster Linie fideiussorem (Ulpian D. 46, 1, 6, 2; eod. 8, 7), aber auch testis (Papinian D. 22, 5, 14; Paulus eod. 15), heredem (Scaevola D. 28, 5, 86), tutorem (Inst. 3, 19, 9), mulierem (Paulus D. 2, 8, 8, 1), auch concubinam (Ulpian D. 24, 2, 11, 2). – In ganz anderer Verwendung taucht der Begriff später in CTh. 12, 1, 177 auf (adhibito ordine für die Anrufung des Senates als Zeugen), und die in diesem Zusammenhang erwähnte adstipulatio (incorrupta ordinis adstipulatione perdoceat) bedeutet hier schlicht „Empfehlung“. 129 Zum Text oben 154 f.; vgl. ferner Biondi, Successione, 708 in Fn. 5. 130 Kritisch zu dieser Regel schon Gaius 2, 232. Justinian hielt die in Gaius 3, 100 getroffene Unterscheidung für eine nimia subtilitas verborum und erklärte in einer Konstitution aus dem Jahr 531 (C. 4, 11, 1) die stipulatio post mortem pauschal für wirksam; vgl. dazu Fritz, 23 – 29. 131 Eine solche Stelle wird sich wohl auch nicht finden lassen; vgl. die Nachweise soeben in Fn. 128. 132 Außer der Stelle D. 33, 4, 11: Africanus D. 24, 3, 33: Quae dotis nomine certam pecuniam promiserat, quosdam adhibuerat, qui stipularentur partem dotis distracto matrimonio sibi solvi: ...; Ulpian D. 4, 4, 3, 5: ... adhibenti aliquem qui dotem stipularetur...; Paulus D. 23, 3, 72, 2: si mulier de suo dotem dedit et adhibuit matrem quae stipularetur.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
Ein tragender Grund für die Annahme einer adstipulatio wäre die Unwirksamkeit einer stipulatio post mortem. Wie Solazzi 134 erläutert hat, ist die adstipulatio unter Umständen ein probates Mittel, die Nichtigkeit einer solchen unwirksamen Stipulation zu umgehen, denn der adstipulator kann anstelle der Erben des stipulator post mortem eine solche Verbindlichkeit einklagen und haftet diesen Erben nach Gaius 3, 117 mit der actio mandati auf Herausgabe des Erlangten. Dementsprechend hätte sich Seia hier als Hauptgläubigerin versprechen lassen müssen: ‚cum moriar, dotem restituere spondes?‘, und Quintus Mucius hätte gefragt: ‚cum Seia moritur, eandem dotem restituere spondes?‘ Für den Paulustext liefert das aber aus zwei Gründen kein Argument gegen die stipulatio bzw. für die Annahme einer adstipulatio: Was erstens das Rückgabeversprechen der Mitgift selbst angeht, kann den Dritten Quintus Mucius in keinem Fall die von Gaius 3, 100 beschriebene Nichtigkeitsfolge treffen, sei er stipulator oder adstipulator: Die Verpflichtung, die zu seinen Gunsten begründet wird, bestünde in keinem Fall post mortem suam, sondern allenfalls post mortem illius (scil. Seiae) 135. Problematisch könnte freilich das mandatum ad stipulandum sein, sollte es mit dem Tod der Seia erlöschen. Das wäre nach Gaius 3, 160 136 aber nur dann der Fall, wenn es beim Tod der Seia noch re integra wäre 137. Weil aber Gegenstand des Mandates nicht etwa die Herausgabe der Mitgift an die Erben der Frau, sondern der Abschluß der Rückgabestipulation mit dem Ehemann ist 138 – die Herausgabepflicht an die Erben und die Haftung mit der actio mandati ist Folge der Ausführung, nicht aber Gegenstand des Mandates selbst –, erledigt sich der Einwand aufgrund Gaius 3, 160, weil die Ausführung des Mandates bereits zu Lebzeiten der Frau 133
Unhaltbar daher Cosentino, 325 f., der in der Gefolgschaft Archis (Animus donandi, 138 f. in Fn. 61) behauptet, adhibere sei „espressione sintomatica di questa figura giuridica [scil. adstipulatio]“. Cosentino argumentiert ausschließlich damit, daß es in Africanus D. 24, 3, 33 ebenso adstipularentur heißen müsse. Dort steht freilich quosdam adhibuerat, qui stipularentur. – Die unzutreffende Argumentation Archis übernimmt Amelotti, donatio, 172 in Fn. 25, wörtlich. 134 Solazzi, termine iniziale, 59 f., unter Aufgabe seiner noch in estinzione, 73 –75, geäußerten Zweifel; er hatte ursprünglich die Frage gestellt, welchen Sinn es habe, eine unwirksame stipulatio post mortem abzuschließen und dann einen adstipulator hinzuzuziehen, dessen Forderung wegen Nichtigkeit der Hauptforderung gar nicht mehr akzessorisch wäre. Später hat er aufgrund von Gaius 3, 117 seine Bedenken zurückgestellt. Entgegen Cosentino, 325 in Fn. 91, hat Solazzi damit aber nicht seine in estinzione, a. a. O., geäußerte Ansicht geändert, daß in D. 33, 4, 11 eine stipulatio und keine adstipulatio vorliege. 135 Ähnlich Broise, Animus donandi II, 152. 136 Gaius 3, 160: item si adhuc integro mandato mors alterutrius alicuius interveniat, id est vel eius, qui mandarit, vel eius, qui mandatum susceperit, solvitur mandatum [...]. 137 Dazu Kaser I, 578. 138 So zutreffend Broise, Animus donandi II, 152; ebenso – allgemein zu Gaius 3, 117 – Arangio-Ruiz, 148.
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stattfindet. Lediglich die Fälligkeit der Rückgabepflicht, nicht die Ausführung des Mandates, setzt den Tod der Frau voraus. Seia kann mit einem beauftragten stipulator also das Gleiche erreichen wie mit einem adstipulator. Zweitens besteht für eine adstipulatio auch deshalb kein Bedürfnis, weil das Rückgabeversprechen nicht nur auf den Tod eines Dritten lautete und schon insofern nach Gaius 3, 100 unproblematisch war 139, sondern überhaupt keine stipulatio post mortem alicuius, sondern eine stipulatio cum Seia moritur war und damit auch hinsichtlich des Entstehungszeitpunktes der Verpflichtung der Nichtigkeitsfolge entgeht 140. Unproblematisch ist deshalb auch im folgenden Fall eine stipulatio gegeben: D. 23, 3, 72, 2 Paulus libro octavo responsorum Paulus respondit, si mulier de suo dotem dedit et adhibuit matrem quae stipularetur, potuisse eam postea instrumentum dotale mutare. Paulus erstattete folgendes Gutachten: Wenn eine Frau aus eigenen Mitteln eine Mitgift bestellt und ihre Mutter hinzuzieht, die sich [die Rückgabe vom Mann bei Auflösung der Ehe] versprechen läßt, dann könne sie später die Urkunde über die Mitgift verändern.
Der in der Literatur weitestgehend unbeachtet gebliebene Text 141 steht mit D. 33, 4, 11 nicht nur deshalb in unmittelbarem Zusammenhang, weil dieser dem siebenten, jener dem achten liber responsorum des Paulus entnommen ist 142, sondern auch, weil er – nur stark verkürzt – einen ganz ähnlichen Sachverhalt bewertet: Eine Ehefrau bestellt eine Mitgift aus eigenen Mitteln – auch hier geht es also, wie in Scaevola D. 32, 37, 4; Papinian D. 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11 um eine dos adventicia – und läßt ihre Mutter sich die Rückgabe für den Fall der Auflösung der Ehe versprechen. Die Tochter ändert dann allerdings die Schuldurkunde über die Mitgift (instrumentum dotale mutare) zugunsten des herausgabepflichtigen Mannes; es wird also eine geringere Summe als die tatsächlich eingebrachte Mitgift fingiert und somit die Rückgewährpflicht des Mannes reduziert 143, was zwangsläufig den Anspruch der Mutter beschneidet 144. Beide Sachverhalte weisen in den hier interessierenden Punkten keinen Unter139
So ist etwa im Fall Caracalla C. 5, 12, 2 eine stipulatio post obitum matris unproblematisch, weil mater nicht reus stipulandi ist; zum Fall sogleich unten 191 ff. 140 Zur Wirksamkeit der hier vorgenommenen Stipulation vgl. bereits Savigny, System IV, 249 f. mit Fn. aa. 141 Vgl. aber Wacke, Mitgiftherausgabe, 73; nur wegen des Begriffes für Urkunde (instrumentum dotale) erwähnen die Stelle zudem Bürge, 514 in Fn. 251, und Söllner, 2 in Fn. 8. 142 Nach Lenel, Palingenesia I, Sp. 1234 f., gehören beide Fragmente zum Titel De re uxoria. 143 Solche Scheingeschäfte mittels instrumentum dotale waren offenbar nicht selten; meistens lag der Fall aber so, daß der Mann umgekehrt eine höhere Dotalsumme als erhalten quittierte oder gar durch instrumentum dotale nur scheinbar eine Mitgift bestellt
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
schied auf; für die Hinzuziehung des Rückgewährgläubigers wird in fr. 72, 2 die gleiche Terminologie verwendet wie in fr. 11: adhibuit matrem quae stipularetur. Folglich handeln entweder beide Texte von der stipulatio, oder beide hatten ursprünglich adstipulatio. Im Hinblick auf D. 23, 3, 72, 2 ist letzteres nie behauptet worden, und es trifft auch für fr. 11 nicht zu. Den bereits vorgebrachten Einwänden gegen die adstipulatio ist ein letzter hinzuzufügen: Nur die Annahme einer stipulatio wird beiden Fallvarianten gerecht. Denn sicher läßt sich eine adstipulatio, bei welcher der Versprechensempfänger nur eine Art Inkassofunktion für den Hauptgläubiger übernimmt 145, schwer mit einer Schenkungsabsicht der Seia vereinbaren 146. Die adstipulatio verträgt sich eben nur mit der ersten Fallvariante 147. Bedenkt man weiter, daß die spätklassische Entwicklung weg von der adstipulatio hin zum mandatum ad stipulandum geht 148, dann ist die adstipulatio nicht einmal für die erste Fallvariante die überzeugendere Lösung. Selbst wenn Gaius entgegen hier vertretener Ansicht gemeint haben sollte, daß bei Rückgabestipulationen über die Mitgift auf den Todesfall die adstipulatio zur Anwendung kommt, hat sich in den mehr als 60 Jahren zwischen der Entstehung der Gai Institutiones und der libri responsorum des Paulus das Recht weiterentwickelt 149. Für die zweite Fallvariante ist eine adstipulatio jedenfalls auszuschließen 150. Will man also an der These einer adstipulatio festhalten, dann muß man in der Tat die gesamte zweite Fallvariante aufgeben, wie es die genannten Autoren ja auch tun 151. Umgekehrt sollte aber spätestens hier deutlich werden, daß gerade um der donatio mortis causa willen eine stipulatio als echt zu akzeptieren ist. Entscheidet man sich dafür, beide Fallvarianten als gegeben hinzunehmen, zeigt sich auch, daß der Gebrauch des Verbs adhibere durchaus seine Richtigwurde; zu dieser Praxis und den daraus sich für den Mann ergebenden Gefahren vgl. Stagl, 133 – 135. 144 Zutreffend schon Wacke, Mitgiftherausgabe, 73. 145 Kaser I, 660: der Hauptgläubiger bestelle den adstipulator als seinen Vertrauensmann für die Einziehung der Forderung. 146 Insoweit richtig Archi, Una nota, 12; ders., Animus donandi, 138 f. in Fn. 61; Pringsheim, Animus donandi, 306 f.; Schwarz, lex Falcidia, 361; kritisch dazu aber Voci, diritto ereditario II, 457 in Fn. 70 „petizione di principio“. 147 Insoweit stimmt sicher Bechmanns Beobachtung (Dotalrecht II, 152), daß das Mandatsverhältnis „offenbar mit der Adstipulation in materieller Beziehung viel Aehnlichkeit hat“. 148 Kaser I, 660; deutlicher Solazzi, estinzione, 75: „L’adstipulatio è un istituto morto o morente già nell’ultimo diritto classico.“ 149 Dafür spricht sich auch Broise, Animus donandi II, 160, aus. 150 Richtig schon Wacke, Mitgiftherausgabe, 68. 151 Archi, Una nota, 13 f.; ders., Animus donandi, 138 f. in Fn. 61; Amelotti, donatio, 172; Cosentino, 325; Pernice, zitiert bei Lenel, Palingenesia I, Sp. 1234 (Paulus Nr. 1501); Pringsheim, Animus donandi, 306 f.; Robbe, 210; Schwarz, lex Falcidia, 362.
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keit hat. Astolfi 152 hat bereits gezeigt, daß Verben, die Archi zur Bezeichnung der Schenkungsabsicht fordern wollte – pati, consentire, permittere – zwar zur donatio passen, aber mit dem mandatum – in diesem Zusammenhang vermißt Archi hier iubere 153 – schlechthin unvereinbar sind. Paulus hat ersichtlich beide Varianten unter dem gemeinsamen, untechnisch gebrauchten Begriff adhibere zusammengefaßt 154. (3) Es bleibt somit zu klären, wozu die Angabe nihil numeravit dient. Konsequent haben sie diejenigen 155, die im Text eine adstipulatio sehen wollen, tilgen müssen. Denn nichts ist selbstverständlicher, als daß ein Nebengläubiger, der nur zur Sicherung eines Rückgabeanspruchs hinzugezogen wird, die zurückzuerstattende Leistung selbst nicht erbracht hat 156. Akzeptiert man hingegen, daß es hier wirklich um eine Stipulation geht, ist der Bemerkung leicht ein guter Sinn abzugewinnen. In die richtige Richtung deutet die Wiedergabe des Textes in den Basiliken 157: Kαὶ περὶ τοῦ, ἐὰν ἡ γυνή μου διδοῦσά μοι προῖκα παρασκευάσῃ σε μηδὲν ἐξ αὐτῆς παρασχόντα τὴν ἐπερωτῆσαι [...] (Si uxor mea, cum dotem daret, effecerit, ut tu, qui nihil ex ea dedisti, eam reddi stipulareris [...]). Quintus Mucius ist hier der stipulator tu, und tu hat nichts ex ea (scil. dote) gegeben, das heißt er hat nichts als Mitgift gegeben bzw. nichts zur Mitgift beigetragen 158. Die Präzisierung ἐξ αὐτῆς (ex ea) fehlt im Paulustext; aber aus der oben zitierten paulinischen Parallelstelle D. 23, 3, 72, 2 geht hervor, daß sie hier tatsächlich mitgedacht werden darf: Was in Bas. 44, 7, 11 mit ex ea gesagt ist, drückt Paulus in fr. 72, 2 mit mulier de suo dotem dedit aus. Nihil numeravit bedeutet also nichts anderes, als daß es sich um eine von Seia selbst bestellte dos adventicia handelt und nicht etwa Quintus Mucius der Besteller ist 159. Hätte er nämlich die Mitgift bestellt, würde sie – anders als die dos profecticia, die unbeschadet gewisser Abzugsrechte des Mannes an den paterfamilias zurückfällt 160 –, in Ermange152
Astolfi, legati I, 228 f. Archi, Una nota, 14; ähnlich Beseler, Fruges et Paleae II, 25. 154 Entgegen Archi, Una nota, 14, ist es auch keineswegs zu beanstanden, daß Paulus im zweiten Teil des responsum ‚permittere‘ verwendet, schließlich geht es dort dann nur noch um die donatio. 155 Archi, Una nota, 13 f.; ders., Animus donandi, 138 f. in Fn. 61; Amelotti, donatio, 172; Cosentino, 325; Pernice, zitiert bei Lenel, Palingenesia I, Sp. 1234 (Paulus Nr. 1501); Pringsheim, Animus donandi, 306 f.; Robbe, 210; Schwarz, lex Falcidia, 362. 156 Dazu Astolfi, legati I, 227. 157 Text oben 176 in Fn. 120. 158 Die Präposition ex hat hier die Bedeutung „in betreff“, „in Hinsicht auf“; vgl. Heumann / Seckel s. h. v. Nr. 4; Georges, s. h. v. Nr. III.7. 159 In diesem Sinne auch Palazzolo, 19; Wacke, Mitgiftherausgabe, 67; ders., exceptio doli, 43. 160 UE 6, 4: Mortua in matrimonio muliere dos a patre profecta ad patrem revertitur, quintis in singulos liberos in infinitum relictis penes virum. Paulus (8 resp.), Vat. 108: 153
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lung einer Rückgabestipulation beim Tod der Frau endgültig ins Vermögen des Mannes übergehen, wie UE 6, 4 161 zeigt. Wäre hier also nicht klargestellt, daß Quintus Mucius nicht der Besteller der Mitgift ist, würde sich die Schlußfolgerung aufdrängen, daß seine mit Lucius Titius abgeschlossene Rückgabestipulation allein das Ziel verfolgt, die Mitgift zurückzuerhalten, und es wäre kein Raum mehr für die Frage, ob Grundlage der Stipulation ein mandatum oder eine donatio ist. Die bisherige Untersuchung hat erwiesen, daß sich der Fall am besten auf der Grundlage des überlieferten Textes erklären läßt, wohingegen eine Konjektur die nächste nach sich zieht und das Verständnis des Sachverhalts erheblich erschwert 162. Mit dieser Erkenntnis lassen sich nun die Unterschiede der beiden Fallvarianten insbesondere bezüglich der gewährten exceptio genauer beleuchten. (4) Wenn Quintus Mucius die Stipulation als Mandatar der Seia abgeschlossen hat, kann er – so die ursprüngliche Vereinbarung – nach dem Tod der Seia die actio ex stipulatu gegen den Ehemann erheben und haftet den Erben der Seia dann mit der actio mandati 163 auf Herausgabe des Erlangten. Daß er genau daran aufgrund des Testamentes der Seia gehindert ist, wie Paulus entscheidet – der actio ex stipulatu steht eine exceptio entgegen –, läßt nur zwei Erklärungsmöglichkeiten offen: Entweder hat Seia das Mandat durch Testament widerrufen, oder die Stipulation ist trotz bestehenden Mandates dadurch gehemmt, daß Seia die Mitgift ihrem Ehemann Lucius Titius letztwillig zugewendet hat. Die erste Möglichkeit scheidet aus aufgrund von Gaius 3, 159: Sed recte quoque contractum mandatum, si dum adhuc integra res sit, revocatum fuerit, evanescit. Aber selbst ein wirksam vereinbartes Mandat erlischt, wenn es widerrufen wird, bevor mit der Ausführung begonnen worden ist.
Paulus respondit patrem dotem a se profectam mortua in matrimonio filia deductis quintis singulorum liberorum nomine repetere posse. Zu beiden Texten Söllner, 58. 161 Vgl. zum gesamten Text oben 153 f. 162 Zu diesem Ergebnis kommen auch Astolfi, legati I, 229 und Broise, Animus donandi II, 160. – Dagegen übertrifft Robbe, 210 f., noch alle Verdächtigungen, wenn er außer den bereits diskutierten Veränderungen noch mandante Seia tilgt, aus einer stipulatio mortis causa eine solche non mortis causa macht und [videri eum] in verbessert. Seine Rekonstruktion hat mit dem Paulustext nur noch die Namen der Beteiligten gemeinsam. 163 Vgl. gl. Eum teneri ad h. l.; Cosentino, 325 in Fn. 88.
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Ein bereits ausgeführtes Mandat kann also nicht mehr widerrufen werden; und hier wurde das mandatum ad stipulandum bereits mit Abschluß der Stipulation zu Lebzeiten der Seia ausgeführt. Besteht also das Mandat fort, so ist zu fragen, welcher Art die exceptio ist, die der actio ex stipulatu entgegensteht. Eng verbunden damit ist die Frage, in welcher Weise die Mitgift dem Mann zugewendet worden ist. Paulus spricht nur in der zweiten Fallvariante ausdrücklich von einem Fideikommiß. Beselers 164 Rekonstruktion et utroque casu fidei eius committi potuisset, mag sie auch im Ergebnis dem Sinn der Stelle nahe kommen, geht allzu selbstverständlich nicht nur davon aus, daß in beiden Fällen ein Fideikommiß gegeben ist, sondern auch davon, daß in beiden Varianten Quintus Mucius der Beschwerte ist 165. Es ist aber zu bedenken, daß Quintus Mucius im ersten Fall als Mandatar keinerlei mortis causa capio erzielt hat und deshalb grundsätzlich nicht fideikommissarisch beschwert werden kann. Eine fideikommißrechtliche Lösung ließe sich deshalb allenfalls in Anwendung des Piusreskripts über das fideicommissum a debitore relictum (Ulpian D. 30, 77) 166 begründen. Die dort entwickelte Konstruktion eines den Schuldner zu Lasten der Erben befreienden Oberfideikommisses in Verbindung mit einem den Schuldner zugunsten des Dritten belastenden Unterfideikommiß wäre hier wie folgt anzuwenden: Quintus Mucius wäre danach durch ein Oberfideikommiß von der Herausgabepflicht aus dem Mandatsverhältnis den Erben gegenüber befreit und zugleich mit einem Fideikommiß zu Gunsten des Ehemannes Lucius Titius belastet. Läge diese Verknüpfung zweier Fideikommisse hier vor, würden sich die beiden Fallvarianten nur hinsichtlich der Grundlage der fideikommissarischen Belastung des Quintus Mucius unterscheiden 167. Der Text sagt aber für die erste Variante nichts von einem Fideikommiß. Die Begründung lautet vielmehr: si Quintus Mucius mandante Seia non donationis causa stipulatus est, heredibus mulieris eum teneri et ideo Quintum Mucium exceptione repellendum esse. Das Subjekt des a. c. i. eum bezieht sich offenbar auf Quintus Mucius. Es ist zwar auffällig, daß nach Quintus Mucius und eum nochmals Quintum Mucium genannt wird, obwohl das logische Subjekt des Satzes durchgehend Quintus Mucius ist; die nochmalige Nennung des Namens wäre eher begreiflich, wenn ein Subjektswechsel stattgefunden hätte 168. Daß aber Lucius Titius, auf den man eum ja allenfalls noch beziehen könnte, selbst den 164 165
seien. 166
Beseler, Fruges et Paleae II, 25. Dagegen meint etwa Astolfi, legati I, 225, daß im ersten Fall die Erben beschwert
Wie etwa in Scaevola D. 32, 37, 3; vgl. dazu oben 77 ff. So sieht es Simonius, 268 f.; als eine Möglichkeit auch erwogen von Wacke, Mitgiftherausgabe, 68. 168 Vgl. Beseler, Bindung, 474. 167
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
Erben der Seia haften sollte, ist nach den gegebenen rechtlichen Beziehungen unter keinem Gesichtspunkt denkbar. Eum teneri bezeichnet also die Haftung des Quintus gegenüber den heredes 169. Danach muß man davon ausgehen, daß die testamentarische Verfügung der Seia nach Meinung des Paulus das Verhältnis zwischen Quintus Mucius und den Erben zunächst unberührt läßt: Es bleibt dabei, daß Quintus Mucius den Erben mit der actio mandati verpflichtet bleibt (heredibus [...] eum teneri), sobald er selbst etwas im Wege der actio ex stipulatu erlangt. Aufgrund der von Seia getroffenen Anordnung sind aber nun die Erben ihrerseits dem Ehemann zur Rückgewähr der Mitgift verpflichtet. Das Ergebnis wäre also, daß die Mitgift einmal zwischen allen Beteiligten herumgereicht werden müßte. Es ist beinahe selbstverständlich, daß der praktisch denkende Jurist einen solchen Anspruchskreisel durch eine Einrede zu vermeiden sucht 170. Wie aber kommt der Ehemann zu einer Einrede gegen die Forderung des Quintus Mucius, und in welcher Weise ist ihm die Mitgift überhaupt zugewendet? Wie bereits erläutert, ist nicht davon auszugehen, daß Quintus Mucius als Mandatar selbst Belasteter der testamentarischen Verfügung ist; die Anweisung dari volo super dotem geht zu Lasten der heredes. Das entspricht übrigens auch der wirtschaftlichen Wirklichkeit des Vorganges: Quintus Mucius muß als Mandatar die Mitgift in jedem Fall herausgeben, entweder an die Erben oder letztlich doch wieder an den Mann, für ihn ist das Testament also gleichsam wirtschaftlich neutral; die Erben trifft Seias Verfügung aber real, weil sie die Mitgift anderenfalls hätten behalten dürfen. Richtigerweise ist im Testament ein den Ehemann begünstigendes Befreiungsfideikommiß 171 zu Lasten der Erben zu sehen: Dem Mann wird die Befreiung von dem Rückgabeanspruch vermacht, der mit dem Tod der Frau entstanden ist. Sicher hat Seia ihren Mann nicht „zum Erben der Mitgift eingesetzt“ 172. Eine testamentarische Sondererbfolge hinsichtlich der Mitgift ist nicht nur gemäß Vat. 98 ausgeschlossen, sondern es fehlt auch jeder 169 Astolfi, legati I, 225, nimmt offenbar an, daß heredibus mulieris eum teneri umgekehrt die Herausgabepflicht der Erben gegenüber dem Mann bezeichnen soll, was aber grammatikalisch nicht möglich ist. 170 So treffend Astolfi, legati I, 225; Wacke, Mitgiftherausgabe, 68. 171 Wesener, Rez. Astolfi, 392, spricht vom legatum liberationis; zum Befreiungsvermächtnis Kaser I, 751. Ein Legat setzt natürlich voraus, daß man – wie hier – tatsächlich die Erben als beschwert ansieht. Andere Personen als Testamentserben können allenfalls mit einem Fideikommiß, nicht mit einem Vermächtnis belastet werden: Gaius 2, 271 und UE 24, 20: a legatario legari non potest, sed fideicommissum relinqui potest. – Hier sind überdies die Formerfordernisse des Legates nicht gewahrt, daher kommt nur ein Befreiungsfideikommiß in Betracht (Wacke, Mitgiftherausgabe, 67; ders., exceptio doli, 43). 172 So aber explizit Cosentino, 325: „istituisce erede il marito ... non solo della dote ...”; Broise, Animus donandi II, 150: „istituisce il marito Lucio Tizio erede della dote“.
III. Rückgabestipulation
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Anhaltspunkt, daß Lucius selbst zur Erbengemeinschaft gehören sollte. Lucius Titius und heredes sind hier ersichtlich verschiedene Parteien 173. Eine exceptio ex fideicommisso des Lucius gegen Quintus kommt nach dem Gesagten nicht in Betracht. Immerhin hat Lucius aber aufgrund des die Erben beschwerenden Fideikommisses gegen diese eine exceptio doli 174. Paulus dehnt diese exceptio nun auch auf die Klage des Quintus aus: heredibus mulieris eum teneri et ideo Quintum Mucium exceptione repellendum esse. Die mit ideo eingeleitete Begründung ist nicht schlechthin unlogisch 175, wohl aber ist der Gedanke stark verkürzt. Denn die Angabe heredibus mulieris eum teneri ist allein kein hinreichender Grund für eine Einrede des Lucius gegen die Klage des Quintus 176 – es sei denn, man wollte Lucius mit den heredes gleichsetzen, was aus den genannten Gründen nicht möglich ist. Es bedarf hier eines gedanklichen Zwischenschrittes, um die Argumentation des Paulus nachzuvollziehen: Wenn Quintus Mucius die Mitgift von Lucius Titius herausverlangt, muß er sie sogleich an die Erben weitergeben, und diese müssen sie an Lucius Titius zurückgeben. Wären die Erben hier nicht zwischengeschaltet, wäre es offenbar, daß das Herausgabeverlangen des Quintus ein dolo agere wäre, dem also mit der exceptio doli zu begegnen wäre. Diesem Gedanken will Paulus auch dann zur Geltung verhelfen, wenn Dritte im Spiel sind, und so wird es als Arglist gewertet, einen offenbar sinnlosen Herausgabekreislauf in Gang zu setzen. Auch Cuiacius 177 hat die hier gewährte exceptio mit dem Grundsatz dolo agit qui petit quod statim / mox redditurus est erklärt. Das ist freilich nicht unproblematisch, sagt doch Paulus selbst in D. 24, 3, 44, 1: ... cum absurde dicitur dolo videre eum facere, qui non ipsi quem convenit, sed alii restituturus petit. Etwas anderes gilt aber dann, wenn alius seinerseits dem Schuldner zur Herausgabe verpflichtet ist, wie ein weiterer Paulustext zeigt: D. 12, 4, 9, 1 Paulus libro septimo decimo ad Plautium Si quis indebitam pecuniam per errorem iussu mulieris sponso eius promisisset et nuptiae secutae fuissent, exceptione doli mali uti non potest: [...] itaque adversus mulierem condictio ei competit, [...] sed si soluto matrimonio maritus peteret, in eo dumtaxat exceptionem obstare debere, quod mulier receptura esset. 173
Deutlicher noch im Basilikentext 44, 7, 11 (Übersetzung von Heimbach): heredes eius [scil. mulieris] adversus te mandati habent actionem, et ego [scil. Lucius Titius] te agentem exceptione repello. 174 Vgl. Kaser I, 751. 175 So aber Beseler, Fruges et Paleae II, 25. Andererseits kann man den ideo-Satz nicht wie Cosentino, 325, so erklären, daß der Ehemann die exceptio kraft seiner Erbenstellung erheben könne. Wie oben dargelegt, ist der Ehemann hinsichtlich der Mitgift Fideikommissar, nicht Erbe. 176 Richtig insoweit Beseler, Fruges et Paleae II, 25; Cugia, 122. 177 Cuiacius, ad h. l., opera VII, Sp. 1422 f.; kritisch dazu Cugia, 122.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
Hat jemand nicht geschuldetes Geld irrtümlich auf Anweisung einer Frau ihrem Verlobten versprochen, kann er nach erfolgter Eheschließung keine exceptio doli erheben [...]. Ihm steht also gegen die Frau eine Kondiktion zu [...]. Wenn jedoch nach Auflösung der Ehe der Ehemann [aus der Stipulation] klagen sollte, dürfe ihm die Einrede nur entgegenstehen, soweit er an die Frau zurückerstatten müßte.
Der komplexe Fall 178 einer Bestellung der Mitgift von Seiten der Ehefrau durch Delegation ihres (Putativ-)Schuldners an den Mann wird von Paulus so entschieden, daß sich der Schuldner grundsätzlich nur an die Frau halten könne, um Befreiung von seiner Verbindlichkeit bzw. Rückerstattung des Geleisteten zu erwirken; eine exceptio gegen den ex stipulatu klagenden Ehemann stehe ihm nicht zu. Anders ist aber in der hier allein relevanten Abwandlung zu entscheiden, die der letzte Teil des responsum enthält: Klagt der Ehemann das Versprochene vom angewiesenen Schuldner erst nach Auflösung der Ehe ein – offenbar war die Leistung durch pactum de non petendo gestundet –, hat der einst irrtümlich versprechende Schuldner eine Einrede, soweit die Ehefrau ihrerseits einen Anspruch auf Rückerstattung des Erlangten gegen den Ehemann hat. Was sie dann vom (früheren) Ehemann erhalten würde, könnte der Angewiesene mit der condictio wieder von der Frau herausverlangen. Cuiacius hat aus dieser Entscheidung abgeleitet, daß die exceptio doli entgegen Paulus D. 24, 3, 44, 1 dann dem in Anspruch genommenen Stipulationsschuldner zukomme, wenn dieser vom Dritten, dem gegenüber der klagende Stipulationsgläubiger rückgewährpflichtig würde, seinerseits Erstattung verlangen kann 179. Mit den nötigen Änderungen in der Rollenverteilung – die Frau lebt hier noch, und statt einer Rückgabestipulation liegt die Bestellung der Mitgift durch Stipulation zugrunde – ist die Entscheidung des Paulus unschwer auf das behandelte fr. 11 zu übertragen: Lucius Titius kann in der ersten Fallvariante das Herausgabeverlangen des Quintus Mucius deswegen abwehren, weil Quintus das Erlangte zwar nicht an Lucius, wohl aber an die Erben herausgeben müßte, die es ihrerseits dem Lucius erstatten müßten. Es hat sich damit gezeigt, daß in der ersten Fallvariante Grundlage der exceptio weder ein Widerruf des Mandates noch, wie von Simonius vertreten 180, ein dem Quintus Mucius auferlegtes Fideikommiß ist. Vielmehr handelt es sich um eine zugunsten des Lucius Titius gleichsam „verlängerte“ exceptio doli 181. (5) Die zweite Fallvariante ist leichter zu erklären. Seia hat den Dritten Quintus hier nicht beauftragt, sondern hat ihm den Abschluß der Rückgabestipula178 Zur Bedeutung der Stelle im übrigen Bechmann, Dotalrecht II, 82 f., und neuestens Stagl, 173 – 175. 179 Cuiacius, ad D. 33, 4, 11, opera VII, Sp. 1422 f.: Haec etiam valet, dolo facis, qui petis, quod alii redditurus, qui idem mihi mox praestare tenetur, atque adeo, quod aut mihi aut illo mandato vel voluntate illius redditurus es. 180 Simonius, 268 f.
III. Rückgabestipulation
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tion in Schenkungsabsicht gestattet (donationis causa Seia stipulari permisisset). Paulus entscheidet, daß darin eine mittels Stipulation vollzogene donatio mortis causa zu sehen ist: videri eum in eum casum, qui morte mulieris exstitit, mortis causa stipulatum. Ohne daß Seia ihre Schenkungsabsicht unter die Bedingung mortis causa stellen müßte, schlägt die Stipulationsbedingung si morte mulieris solutum fuerit matrimonium gleichsam auf das Verhältnis zwischen Seia und Quintus Mucius durch. Seia kann die Mitgift auch gar nicht unbedingt (absolute / inter vivos) verschenken, weil die Entstehung des Rückgabeanspruches noch von einem zukünftigen ungewissen Ereignis – ihrem Versterben in bestehender Ehe – abhängt 182. Gegen eine in dieser Weise bedingte Schenkung ist entgegen Archi 183 nichts einzuwenden, solange Stipulation und beabsichtigte Schenkung unter derselben Bedingung stehen – es gehört ja gerade zum Wesen der donatio mortis causa, daß erst der Tod des Schenkers Gewißheit über den Erwerb des Gegenstandes verschafft. Insbesondere verfängt Archis Argument, Seia könne über den Rückgabeanspruch nicht verfügen, weil sie ihn selbst noch gar nicht habe, deshalb nicht, weil die Einschaltung des Dritten gerade dazu dient, das nach Vat. 98 Unmögliche möglich zu machen – das haben alle bisher dazu untersuchten Stellen deutlich gezeigt. In zeitlicher Hinsicht besteht aber zwischen beiden Fallvarianten ein wichtiger Unterschied, den Paulus mit qui morte mulieris exstitit andeutet: War die rechtliche Grundlage ein Mandat, ist es sofort wirksam; steht eine donatio mortis causa in Rede, wird die Schenkung erst in dem Moment unwiderruflich wirksam, in dem die Stipulation verfällt, also mit dem Tod der Frau. Auch hier gilt Ulpian D. 39, 6, 32: Non videtur perfecta donatio mortis causa facta, antequam mors insequatur. Als Empfänger einer donatio mortis causa kann Quintus Mucius in der zweiten Variante selbst mit einem Fideikommiß belastet werden 184; dessen Inhalt ist die Verpflichtung, von der Geltendmachung des Rückgewähranspruches abzusehen 185. Daß Paulus die Worte des Testamentes: marito meo dari volo super dotem, quam ei dedi, tot aureos, in ein Fideikommiß umzudeuten wußte, darf 181
Von einer auf dolo agere gestützten exceptio doli geht auch Astolfi, legati I, 225, aus. Auch Wacke, exceptio doli, 44, spricht von einer exceptio doli, begründet sie aber mit einem stillschweigenden Verzicht der Frau auf Erfüllung der Verbindlichkeit. 182 Zum gleichen Problem bei Ulpian D. 32, 3 pr. vgl. oben 127 f. 183 Archi, Una nota, 14, der meint, eine Schenkung komme nicht in Betracht, weil die Frau keinen eigenen Rückgabeanspruch habe. Der Gedanke ist zirkulär; wie gesehen (oben 153 f.), hat die Rückgabestipulation gerade den Zweck, einen Rückgabeanspruch gegen den Mann auch im Todesfall der Frau zu begründen; ausführlich gegen Archi: Astolfi, legati I, 234 – 238; zutreffend im übrigen Bechmann, Dotalrecht II, 438. 184 Vgl. Papinian D. 31, 77, 1; dazu oben 103. 185 Das mißversteht Sciascia, 129, der meint, im zweiten Fall einer stipulatio donationis causa sei dem Quintus Mucius die Mitgift „als Fideikommiß“ (?) vermacht („se
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
man für eine Zeit, in der Fideikommisse bereits durch Erklärung an den Bedachten selbst errichtet werden können 186, trotz der Bedenken von Pringsheim 187 und Simonius 188 annehmen. Das Fideikommiß wird geschützt mit Hilfe einer exceptio ex fideicommisso, die hier, wo Quintus Mucius als Donatar selbst Belasteter des Fideikommisses ist, anders als in der ersten Variante unmittelbar zwischen stipulator und promissor eingreift, ohne Umweg über die Erben. Denn diese sind hier an der Verfügung über die Mitgift nicht beteiligt; die zweite Fallvariante wird mit Tod der Seia zum Zweipersonenverhältnis. Eine Beteiligung der Erben an der Mitgift ergibt sich, anders als in Papinian D. 31, 77, 2, auch nicht aufgrund der lex Falcidia; offenbar blieb den Erben das obligatorische Viertel auch nach Abzug der Mitgift. Immerhin umfaßt das Fideikommiß zugunsten des Mannes weiteres Barvermögen (tot aureos), was auf umfangreiches Paraphernalvermögen der Frau schließen läßt. Wie schon vorher bei Papinian D. 31, 77, 2 steht der Donatar am Ende mit leeren Händen da. Im Ergebnis hat auch hier die Frau ihre Schenkung widerrufen, wenn auch nicht im technischen Sinne; es gilt hier ebenso, daß eine fideikommissarische Belastung des Donatars notwendig die Aufrechterhaltung der Schenkung voraussetzt 189. War in Scaevola D. 32, 37, 4 das vorzeitige Versterben eines der beiden Stipulatoren nachvollziehbares Motiv für eine abweichende letztwillige Verfügung über die Mitgift, liefert hier der Wortlaut des Testamentes: marito meo, cui maximas gratias ago, dari volo, einen plausiblen Grund für die Willensänderung. Eine glückliche Ehe mag die Ehefrau dazu bewogen haben, am Ende doch den Ehemann gegenüber unehelichen Kindern, Söhnen aus erster Ehe oder dritten Verwandten zu bevorzugen. Mit dem behandelten Fall, der sich im Ergebnis in die beiden vorangegangenen einreiht, liefert Paulus ein anschauliches Beispiel für seine an anderer Stelle (D. 39, 6, 35, 2) getroffene Feststellung von der Selbstbezogenheit des Schenkers: at is, qui mortis causa donat, se cogitat atque amore vitae recepisse potius quam dedisse mavult.
al contrario la stipulatio è fatta donationis causa, la dote spetta come fedecommesso a Quinto Mucio“). 186 Dazu oben 157 f. zu D. 32, 37, 4; auch PS 4, 1, 5: peto contentus sis illa re; Kaser I, 758. 187 Pringsheim, Animus donandi, 307. 188 Simonius, 269. 189 Vgl. oben 164 zu D. 31, 77, 2.
III. Rückgabestipulation
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3. Caracalla C. 5, 12, 2 Eine Konstitution des Kaisers Caracalla behandelt, obgleich im Zusammenhang mit der donatio mortis causa kaum je beachtet 190, ebenfalls den Fall einer Mitgift-Rückgabestipulation, verbunden mit einer Schenkungsabsicht: C. 5, 12, 2 Imp. Antoninus A. Alcibiadi. Si stipulatio de restituenda portione dotis datae subiecta est condicioque eius extitit, habet ex ea actionem, in cuius personam utiliter concepta commissaque est. § 1 Secundum quod si Polla soror tua de restituenda sibi parte dotis habet actionem eo, quod mater vestra donandi animo passa est partem dimidiam dotis post obitum matris filiam stipulari, metuere non debet doli exceptionem, quod matri suae quae pactum interposuit heres ex minore quam dimidia portione extitit, nisi liquido probatum fuerit matrem eius mutasse dotis pacti voluntatem contentamque esse voluisse filiam suam pro portione hereditatis praelegationibus maritumque suum exactione liberari voluisse. < PP. d. III k. Aug. Antonino A. IIII et Balbino conss.> [a. 213] Wenn eine Stipulation über die Rückgabe eines Teils der gegebenen Mitgift hinzugefügt wurde [scil. dem pactum dotis] und deren Bedingung eintritt, hat derjenige aus der Stipulation eine Klage, auf dessen Person hin die Stipulation wirksam verfaßt und verfallen ist. § 1 Demgemäß gilt: Hat deine Schwester Polla eine Klage auf Erstattung eines Teils der Mitgift dadurch [erworben], daß eure Mutter in Schenkungsabsicht gestattet hat, daß sich ihre Tochter die Hälfte der Mitgift nach dem Tod der Mutter versprechen läßt, dann braucht sie keine exceptio doli zu fürchten, [die darauf gestützt würde,] daß sie ihre Mutter, die das pactum abgeschlossen hat, zu einem kleineren Teil als der Hälfte der Mitgift beerbt, wenn nicht zweifelsfrei dargelegt ist, daß die Mutter bezüglich des pactum dotis ihren Willen geändert hat und gewollt hat, daß sich ihre Tochter mit den Prälegaten entsprechend ihrem Erbteil begnügen solle und ihr Ehemann von der Forderung befreit werden solle.
Eine Mutter hat ihrer Tochter gestattet (passa est), sich die Rückgewähr der von der Mutter gegebenen Mitgift zur Hälfte versprechen zu lassen. Der promissor wird nicht ausdrücklich als Partei benannt, sondern nur im letzten Satz im Zusammenhang mit liberari als maritus identifiziert; sehr wahrscheinlich ist es wie bei Scaevola D. 32, 37, 4 der zweite Ehemann, der anläßlich der Eheschließung die Rückgewähr der Mitgift an die aus erster Ehe vorhandene Tochter der Frau verspricht. Polla könnte zwar auch eine uneheliche Tochter sein; das wäre aber wohl – wie in Papinian D. 31, 77, 2 – einer Erwähnung wert gewesen; 190 Die einschlägigen Arbeiten von Amelotti; Di Paola; Rodríguez Díaz; Simonius; Tort-Martorell Llabrés übersehen (oder übergehen) die Stelle. Den Zusammenhang der Stelle mit der donatio mortis causa sieht die gl. Donandi ad C. 5, 12, 2; zu Recht verweisen Baldus, ad h. l., nota 6, und Cuiacius, opera I, Sp. 1397 D (ad D. 24, 3, 33 [34]), auf Paulus D. 33, 4, 11; vgl. zudem die Ausführungen von Astolfi, legati I, 233 f.; Archi, Una nota, 15 – 20; Broise, Animus donandi II, 221 –231; Pringsheim, Animus donandi, 307; Wacke, Mitgiftrückgabe, 69.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
wahrscheinlicher ist also, daß die verwitwete oder geschiedene Mutter eine neue Ehe eingeht 191. Auszuschließen ist dagegen die Möglichkeit, daß die Mitgift, deren Rückgabe versprochen wird, von der Mutter anläßlich der Verheiratung Pollas bestellt wurde 192. Zum einen wäre dann der Zusammenhang der Stipulation mit dem Tod der Mutter (post obitum matris filiam stipulari) unverständlich, zum anderen macht der letzte Satz mit maritumque suum exactione liberari voluisse unmißverständlich klar, daß aus der Rückgabestipulation der Ehemann der Mutter und nicht etwa Pollas Mann verpflichtet wurde. Es geht hier also mit Sicherheit um die Mitgift der Mutter, deren hälftige Rückgewähr Polla sich vom (zweiten) Ehemann der Mutter versprechen läßt. Der nach dem Tod der Mutter ex stipulatu klagenden Polla will offenbar der angegangene Ehemann die exceptio doli entgegenhalten, mit der Begründung, die Hälfte der Mitgift übersteige wertmäßig die Erbquote Pollas. Die Anfrage kommt hier indes nicht vom Ehemann selbst, denn der / die Anfragende ist ein Bruder oder eine Schwester der Polla (Polla soror tua). Caracalla entscheidet, daß die exceptio doli nicht greift, solange nicht bewiesen ist, daß die Mutter mit der Festsetzung der Erbteile gerade auch die Verteilung der Mitgift abweichend von den durch Stipulation festgesetzten Bestimmungen regeln wollte. Auf zwei Punkte ist hier näher einzugehen: Fraglich ist erstens, wann und mit welchem Inhalt das Versprechen abgegeben wird (1). Außerdem ist zu belegen, daß mit den Worten donandi animo tatsächlich eine mortis causa donatio gemeint ist, was im Zusammenhang mit einem möglichen (Teil-)Widerruf der Schenkung zu klären ist (2). (1) Die Worte passa est [...] post obitum matris filiam stipulari scheinen nahezulegen, daß die Stipulation erst nach dem Tod der Mutter abgeschlossen werden soll. Es wäre dann aber nicht ersichtlich, wieso der Mann sich in diesem Zeitpunkt noch zur Abgabe eines solchen Versprechens bereit finden sollte, zumal die Stipulation dann schon im Zeitpunkt ihres Abschlusses verfallen wäre: Mangels ausdrücklicher Bestimmung ist hier ja kein späterer Fälligkeitszeitpunkt denkbar als die Auflösung der Ehe. Eine Stipulation erst nach dem Tod der Mutter wäre zudem vor dem Hintergrund der Parallelfälle Scaevola D. 32, 37, 4; Papinian D. 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11 jedenfalls ungewöhnlich. Daß die Stipulation tatsächlich zu Lebzeiten der Mutter abgeschlossen wird, erhellt aus dem principium der Konstitution: Sie behandelt Fälle, in denen im Zusammenhang mit der Bestellung der Mitgift in einem pactum dotis auch die Rückgewähr geregelt wird 193. Das pactum hat die Mutter selbst abgeschlossen (matri suae quae pactum 191
So auch das Scholion 1 zu Bas. 29, 1, 89 (Heimbach III, 432). So aber die gl. Si Polla ad h. l.: pro qua mater dederat dotem; richtig dagegen Baldus, ad h. l., nota 1. 192
III. Rückgabestipulation
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interposuit). Es ist kaum denkbar, daß dieses anläßlich der Eheschließung abgeschlossene pactum erst nach dem Tod der Mutter durch Stipulation bekräftigt wurde. Die Rückgabestipulation ist mit Sicherheit bereits im Zusammenhang mit der Eheschließung abgegeben worden 194, was sprachlich deutlicher wird, wenn man das zu Beginn des Satzes erwähnte restituere (restituenda) hier nochmals aufnimmt: passa est partem dimidiam dotis post obitum matris [restitui] filiam stipulari. Man wird deshalb in der Angabe post obitum matris ebenso wie im Fall Paulus D. 33, 4, 11 eine auf die Auflösung der Ehe durch Tod der Mutter abstellende Bedingung sehen können 195. Es wird nicht mitgeteilt, was mit der anderen Hälfte der Mitgift geschehen soll. Möglich ist einerseits, daß insgesamt nur die Rückgabe der Hälfte stipuliert wurde, die andere Hälfte also dem Mann verbleiben soll, wie das in Scaevola D. 32, 37, 4 durch Fideikommiß geregelt wurde. Genauso denkbar ist, daß es noch einen zweiten Versprechensempfänger gibt, etwa einen Bruder oder eine Schwester der Polla 196. Bei diesem zweiten Versprechensempfänger könnte es sich um den anfragenden tu handeln; auch wenn das aus der Anfrage nicht direkt hervorgeht, spricht die Anfrage nur namens der Polla jedenfalls nicht gegen diese Möglichkeit. Das Problem, das Gegenstand des Reskripts ist, betraf wohl nur Polla selbst; tu könnte nämlich gerade zu dem Teil als Erbe eingesetzt worden sein, der seiner Stipulationsforderung entspricht, während sich bei Polla die problematische Abweichung ergibt. Auch wenn tu nicht selbst Versprechensempfänger sein sollte, kann er als Miterbe der Polla Klärung über die Verteilung des Nachlasses gesucht haben 197. (2) Das Reskript erwähnt lediglich, daß die Mutter die Stipulation donandi animo zugelassen hat. Ohne daß damit eine donatio mortis causa ausdrücklich genannt wäre, darf doch von ihr ausgegangen werden. Aus zwei Gründen ist nicht an eine donatio inter vivos zu denken: Zum einen verhält es sich mit der Formulierung der Stipulation hier wie in Papinian D. 31, 77, 2 und Paulus D. 33, 4, 11: Sie stellt auf den Tod der Mutter in bestehender Ehe als aufschiebende Bedingung ab. Einen Anspruch aber, dessen Entstehung von einem ungewissen zukünftigen Ereignis – ihrem eigenen Tod in bestehender Ehe – abhängt, kann die Mutter nicht schon zu Lebzeiten unbedingt 193
Nicht überzeugend deshalb Pringsheim, Animus donandi, 307, der hier lediglich ein pactum donationis sehen will; zutreffend dagegen Astolfi, legati I, 234. Gut denkbar ist aber ein dreiseitiges pactum zwischen den Parteien, bei dem im Rahmen der Rückgabemodalitäten auch die Schenkungsabsicht der Mutter gegenüber Polla zur Sprache kam; so Archi, Una nota, 15. 194 Vgl. auch Archi, Una nota, 19 in Fn. 41: „in precedenza si era fatta promettere“. 195 So auch Baldus, ad h. l., nota 1; Astolfi, legati I, 233. 196 Davon geht auch der Casus in der gl. ad h. l. aus: Materfamilias habens duas filias, Seiam et Pollam. 197 In letzterem Sinne Baldus, ad h. l., nota 1.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
(absolute) verschenken, was aber Kennzeichen einer donatio inter vivos wäre. Wenn, wie hier, eine Schenkung in der Weise auf den Tod des Schenkers Bezug nimmt, daß gerade der Tod das entscheidende Motiv sein soll, dann spricht eine Vermutung für das Vorliegen einer donatio mortis causa 198. Zum anderen ist von einer donatio mortis causa immer dann auszugehen, wenn dem Schenker ein Rückforderungsrecht zusteht 199. Ein solches wird hier zwar nicht ausgeübt, vielmehr kann Polla nach dem Reskript ihren Teil der Mitgift einklagen, weil ein Widerrufswille der Mutter nicht belegt ist. Jedoch läßt die Konstitution – das macht ihre Bedeutung für den vorliegenden Zusammenhang aus – den Gegenbeweis dahingehend zu, daß mit Festsetzung der Erbquote eine Schmälerung des Anspruches auf die Mitgift beabsichtigt war 200. Wie Gothofredus 201 mit Recht anmerkt, ist damit in der Sache auch hier 202 ein Reurecht der Mutter hinsichtlich der donatio mortis causa anerkannt. Unterstützt wird das durch die Wortwahl Caracallas (mutasse dotis pacti voluntatem): Auch Julian (D. 39, 6, 13, 1), Papinian (Vat. 259) und Paulus (D. 39, 6, 35, 4) sprechen von mutare voluntatem, um die Ausübung des Reurechts bei der donatio mortis causa zu bezeichnen. Die von Gothofredus allegierte Stelle Paulus D. 23, 3, 72, 2 – ein Text, der bereits im Zusammenhang mit Paulus D. 33, 4, 11 für die Echtheit der stipulatio herangezogen wurde – belegt das mit den Worten potuisse eam [scil. mulierem] postea instrumentum dotale mutare: Ebenso wie nach Paulus eine Ehefrau die Schuldurkunde über die Mitgift – instrumentum dotale – zugunsten ihres Mannes durch Herabsetzung der verzeichneten Dotalsumme ändern kann, ohne daß der Rückgabestipulator / Donatar, dessen Anspruch damit geschmälert wird, sich wehren könnte, kann sie nach der Entscheidung Caracallas durch Festsetzung der Erbquoten stillschweigend auch den Anspruch auf Erstattung der Mitgift herabsetzen. Das wird freilich nicht vermutet, vielmehr trägt derjenige, der aus der behaupteten Willensänderung der Mutter einen Vorteil ziehen will – zunächst der Ehemann, möglicherweise aber auch ein Miterbe der Polla –, hierfür die Beweislast.
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So ausführlich Baldus, ad h. l., nota 4 – 6. Baldus, ad h. l., nota 2 und 5; zum Problem oben 38 ff. 200 Das bestreitet freilich Pringsheim, Animus donandi, 307, der den gesamten zweiten Teil des Reskrips (nisi liquido rell.) streicht; ebenso Archi, Una nota, 15 mit Fn. 29 („fondatamente interpolato“); Astolfi, legati I, 234 in Fn. 72. Alle drei berufen sich auf Riccobono, 244, der die Wendung liquido probare als kompilatorisch erkannt zu haben glaubt (aber die vorliegende Stelle nicht anführt); zutreffend dagegen Broise, Animus donandi II, 221 ff., 231; Wacke, Mitgiftrückgabe, 69. 201 Gothofredus, nota 15 (zu mutasse) ad h. l. 202 Das gleiche Problem – stillschweigender Widerruf der Schenkung durch abweichende Testamentsverfügung – behandelt Ulpian in D. 24, 1, 22; dazu oben 139 ff. 199
III. Rückgabestipulation
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In diesem Zusammenhang ist schließlich die Erwähnung der wohl nicht technisch zu verstehenden Prälegate 203 zu sehen (contentamque esse voluisse filiam suam pro portione hereditatis praelegationibus): Die Tochter hat sich das, was die Mutter sie donandi animo hat stipulieren lassen, so auf ihr Erbteil anrechnen zu lassen, als hätte sie ein Prälegat empfangen; und ist bewiesen, daß die Mutter die Erbquote in der Absicht festgesetzt hat, die Tochter auf diesen Betrag zu beschränken (contentamque esse voluisse), dann ist das Prälegat resp. die donatio mortis causa insoweit widerrufen, als sie die Quote übersteigen würde 204. 4. Gordian C. 8, 56, 2 Zuletzt ist eine Konstitution Gordians zu betrachten, die nahezu den gleichen Fall behandelt und die bisher gefundenen Ergebnisse bestätigt: C. 8, 56, 2 Imp. Gordianus A. Zoilo. Intestata mortua quondam nuru tua neptis tua, quae ex ea filio tuo quaesita est, quandoque potest ad eius venire successionem. § 1 Nec tamen ea post mortem filii tui, ex quo quaesierat filiam, alii nuptui se collocando dotem dans prohibebatur quam vellet condicionem eidem doti dicere. § 2 Sed si mortis causa donationem in fratrem suum conferens in casum mortis suae eam dotem eundem fratrem suum stipulari passa est, cum divi Severi constitutione etiam in mortis causa donationibus, si de cetero patrimonio quantum Falcidia iubet heres non habet, provisum sit, is qui nurui tuae heres extiterit eius constitutionis beneficium non prohibebitur postulare. < PP. x k. Febr. Gordiano A. et Aviola conss.> [a. 239] Wenn deine frühere Schwiegertochter ohne Hinterlassung eines Testamentes gestorben ist, kann deine Enkelin, die von jener und deinem Sohn gezeugt ist, sie jederzeit beerben. § 1 Jedoch war deiner Schwiegertochter, wenn sie sich nach dem Tod deines Sohnes, von dem sie die Tochter hatte, erneut verheiratete und eine Mitgift bestellte, nicht gehindert, diese unter eine von ihr gewählte Bedingung zu stellen. § 2 Hat sie aber in der Absicht, ihrem Bruder eine donatio mortis causa zuzuwenden, ihm gestattet, sich diese Mitgift auf ihren Todesfall versprechen zu lassen, kann ihr Erbe die Rechtswohltat einer Konstitution des vergöttlichten Kaisers Severus in Anspruch nehmen, weil diese Konstitution auch für die donatio mortis causa eine Regelung trifft, wenn dem Erben aus dem übrigen Vermögen nicht so viel zur Verfügung steht, wie die lex Falcidia bestimmt.
Unter Berufung auf die Konstitution des Septimius Severus, welche die donatio mortis causa der lex Falcidia unterstellt 205, widmet sich das Reskript Gordians ein weiteres Mal dem Verhältnis zwischen Mitgift-Rückgabestipulation zum 203 Vgl. die gl. Contentamque esse ad h. l.: sed ideo dicitur praelegatio, quia in tempus mortis fuit concessum ius petendi, et sic mortis causa donatio vel capio. 204 Ausführlich zum ganzen Problem die gl. Contentamque esse ad h. l. 205 Oben 35 ff.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
Vollzug einer donatio mortis causa einerseits und den Ansprüchen des Erben andererseits. Dem liegt der folgende, besonders wegen der Parteienkonstellation interessante Fall 206 zugrunde: Der Anfragende hat einen Sohn, aus dessen Ehe eine Tochter, also die Enkelin des Anfragenden (neptis), hervorgeht. Nach dem Tod des Sohnes geht die nun verwitwete Schwiegertochter (nurus) eine neue Ehe ein, wobei sie eine Mitgift bestellt, deren Rückgabe sich ihr Bruder vom zweiten Ehemann versprechen läßt. Verfallsbedingung ist wie in den vorangegangenen Fällen das Versterben von nurus in bestehender Ehe. Rechtsgrund für den Erwerb des Anspruchs aus der Rückgabestipulation soll eine donatio mortis causa der nurus an ihren Bruder sein. Offenbar ist nurus inzwischen ebenfalls verstorben, weshalb sich die Frage nach dem Schutz ihres Erben durch die lex Falcidia stellt, wenn der Bruder von nurus nun die Mitgift von deren zweitem Ehemann verlangt 207. Auch in diesem Fall macht die Mitgift den Großteil des Vermögens von nurus aus, was die Relevanz der quarta Falcidia begründet. Der in § 2 umständlich bezeichnete Erbe (is qui nurui tuae heres extiterit) ist vermutlich niemand anders als die im principium genannte Enkelin des Anfragenden (neptis) 208. Sie tritt die Intestaterbfolge nach ihrer Mutter an (Intestata mortua quondam nuru tua). Das erklärt auch das Interesse des Anfragenden: Sein Bestreben, die nunmehr verwaiste Enkelin versorgt zu wissen, ist leicht verständlich 209. Die Sorge vor einer Benachteiligung der Kinder aus erster Ehe durch eine erneute Heirat der verwitweten oder geschiedenen Mutter ist, wie schon gesehen 210, ein häufiges Motiv in dotalrechtlichen Vereinbarungen. Die kaiserliche Entscheidung nähert sich dem Problem, indem sie zunächst im principium allgemein das Erbrecht einer Tochter nach ihrer ohne Testament verstorbenen Mutter erwähnt 211. Andererseits, so dann der § 1, kann nurus, wenn 206
Baldus, ad h. l., überschreibt seine Ausführungen zur Konstitution zu Recht mit Pulcher Casus. 207 Anders aber, wenn man wie Astolfi, legati I, 232, davon ausgeht, daß sich der Anfragende noch zu Lebzeiten seiner Schwiegertochter rein vorsorglich erkundigt hat. – Der Fall, daß die Enkelin des Anfragenden sowohl dessen Sohn als auch dessen Schwiegertochter überlebt, wird aber kaum als reine Hypothese gemeint sein; wie hier Cuiacius, ad h. t., opera IX, Sp. 1356 D. 208 So auch die gl. Is qui ad h. l. – Sollte die Anfrage bereits zu Lebzeiten der Frau gestellt worden sein, hätte die kaiserliche Kanzlei die Person des Erben wohl deshalb offengelassen, weil nurus immer noch ein Testament verfassen konnte; so Astolfi, legati I, 232. 209 Evident wäre das Interesse des Anfragenden, wenn er die Mitgift selbst für seine Tochter bestellt hätte; doch würfe das die Frage auf, weshalb die Tochter überhaupt über die Mitgift verfügen konnte (quam vellet condicionem eidem doti dicere), denn als dos profecticia hätte diese mit dem Tod der Tochter an den Vater zurückfallen müssen, vgl. UE 6, 4. 210 Vgl. oben 160, 163.
III. Rückgabestipulation
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sie anläßlich ihrer Wiederverheiratung eine Mitgift bestellt, diese Bestellung einer beliebigen Bedingung unterwerfen (quam vellet condicionem eidem doti dicere). Dabei ist, wie § 2 zeigt, konkret an die Bedingung für die Rückgewähr der Mitgift nach beendeter Ehe gedacht. Wenn diese so formuliert ist, daß die Mitgift bei Versterben von nurus in der Ehe ihrem Bruder herauszugeben ist und mit dieser Bestimmung eine donatio mortis causa der Frau an ihren Bruder beabsichtigt ist, dann kommt neptis, die Tochter aus erster Ehe, in den Genuß der constitutio divi Severi – jener Konstitution, die den Anwendungsbereich der lex Falcidia um das Ende des zweiten Jahrhunderts auf die donatio mortis causa ausdehnt. Die Konstitution läßt allerdings offen, wie der Schutz des Erbrechts durch die lex Falcidia hier prozessual bewerkstelligt wird. Neptis ist in der gleichen Lage wie die Erben bei Papinian D. 31, 77, 2: Da die Mitgift sich beim Erbfall in der Hand des zweiten Ehemannes befindet, kann die lex Falcidia nicht durch Zurückbehaltung geltend gemacht werden 212. Konsequent spricht das Reskript deshalb vom aktiven Einfordern eines Rechtsvorteils (beneficium postulare). Denkbar ist einerseits, daß dem zweiten Ehemann von nurus in Höhe des Anspruches der neptis eine exceptio gegen den ex stipulatu klagenden Bruder von nurus gewährt wird. Dabei bliebe aber die Frage offen, mit welchem Rechtsbehelf neptis gegen den zweiten Ehemann vorgehen kann. Wahrscheinlicher ist deshalb der von Papinian D. 31, 77, 2 gewiesene Weg: Der Bruder von nurus dringt mit der actio ex stipulatu gegen den zweiten Ehemann in voller Höhe durch, haftet aber der neptis dann mit einer actio in factum auf die Aufstockung der portio Falcidiae. Das Reskript liefert auch in seiner komplizierten Sprache einen weiteren Beleg dafür, daß Mitgift-Rückgabestipulationen Dritter ein gängiger Weg waren, wenn eine Frau ihre Mitgift mortis causa verschenken wollte. Zudem ist der Text neben Severus Alexander C. 6, 50, 5 der wichtigste Zeuge für die Ausdehnung der lex Falcidia durch Septimius Severus 213.
211 Wie Cuiacius, ad C. 8, 56, opera IX, Sp. 1356 E, zutreffend bemerkt, wird damit nur wiederholt, was das SC Orfitianum von 178 n. Chr. anordnet; vgl. UE 26, 7; Kaser I, 702. 212 Ungenau daher Mannino, 141 in Fn. 37 (143): „dedurre la quarta Falcidiae“. 213 Vgl. oben 36; nicht überzeugend Schwarz, lex Falcidia, 362, der allein wegen der komplizierten Formulierung des Textes die Anwendbarkeit der lex Falcidia und damit überhaupt das Vorliegen einer donatio mortis causa im vorliegenden Fall leugnet; dagegen zu Recht Astolfi, legati I, 232 f.; Simonius, 267 f.; richtig auch Cuiacius, ad h. t., opera IX, Sp. 1357 D.
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Kap. 3: Rückerstattung der Mitgift als donatio mortis causa
IV. Zusammenfassende Betrachtung Die in diesem Kapitel behandelten Fälle bilden unter mehreren Gesichtspunkten eine eigene Gruppe innerhalb der donatio mortis causa. Das gilt zuerst für die Zeit, in der die Fälle spielen: In einer Zeitspanne von frühestens 170 (Scaevola) bis 239 (Gordian) gehören sie alle in die spätklassische Phase der römischen Jurisprudenz. Dementsprechend spiegeln die komplizierten Anweisungsfälle mit Problemen aus dem Fideikommißrecht ebenso wie aus dem Bereich der lex Falcidia eine hochentwickelte Dogmatik wider. Die Fälle stimmen zweitens in der Person des Schenkers überein: Stets ist das eine Frau, die im Begriff ist, sich erstmalig oder wiederholt zu verheiraten; in allen Fällen wird man die Dispositionsfreiheit der Frau als Hinweis darauf verstehen dürfen, daß sie sui iuris ist. Damit hängt drittens die Identität des Schenkungsgegenstandes zusammen: Es handelt sich jeweils um eine dos adventicia. Viertens besteht eine Gemeinsamkeit in der Formulierung der Stipulation: In vier von fünf Fällen bezieht sie sich ausdrücklich auf den Tod der Frau. Anders ist es nur im ersten Fall Scaevola D. 32, 37, 4: Dort sollte mit der Formulierung in omnem casum, quo solvi posset matrimonium jede Eventualität erfaßt sein; daher läßt sich der Wille der Frau zur unentgeltlichen Zuwendung des Anspruchs dort auch nicht eindeutig feststellen. Schließlich läßt sich fünftens sagen, daß der stipulator in aller Regel ein nächster Verwandter der Frau ist: das Kind aus erster Ehe (D. 32, 37, 4; C. 5, 12, 2), das uneheliche Kind (D. 31, 77, 2), der Bruder (C. 8, 56, 2), ja sogar die Mutter (D. 23, 3, 72, 2); allein bei Paulus D. 33, 4, 11 ist das Verhältnis des stipulator zur Frau nicht präzisiert. Ist mit diesen Verwandtschaftsverhältnissen ein gewisses Versorgungsinteresse der Frau gegenüber dem stipulator indiziert, so läßt sich seine Stellung doch nicht einheitlich beurteilen. Bezeichnenderweise sind nur durch die beiden Kaiserreskripte überhaupt Fälle überliefert, in denen der stipulator die Leistung so, wie er sie sich auf Initiative der Frau hat versprechen lassen, nach deren Tod auch verlangen konnte. In allen drei responsa der Juristen bewirkt dagegen die Stipulation gleichsam nur einen vorübergehenden Erwerb des Anspruchs, den die Frau auf fideikommissarischem Wege beschneidet oder ganz kassiert. Die endgültige Vermögenszuordnung geschieht also erst durch Fideikommiß; fast von selbst versteht sich dabei die tragende Rolle der exceptio doli. Offenbar zweitrangig ist für den Juristen die Frage, ob der stipulator aufgrund Mandats tätig geworden ist oder weil ihm mortis causa geschenkt werden sollte. Ebensowenig, wie sich etwa leugnen läßt, daß im Fall Scaevola D. 32, 37, 4 das Mandat eine gewisse endgültige Zuwendungsabsicht implizierte, läßt sich andererseits behaupten, daß die Schenkung im Fall Papinian D. 31, 77, 2 nach der Entwertung durch Fideikommiß ihren Namen noch verdient. Zudem kommt Paulus D. 33, 4, 11 in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis, nur auf konstruktiv verschiedenen Wegen.
IV. Zusammenfassende Betrachtung
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Die vorgestellten Fälle belegen, daß die Frau, die Dritte hinzuzieht, welche sich die Rückgabe der Mitgift versprechen lassen, üblicherweise nicht rein altruistisch handelt. Sie will zwar ihre nahen Angehörigen versorgen, aber sie will sich auch verschiedene Optionen offenhalten. Sie will den Dritten mit einem Vermögensvorteil bedenken, aber sie will das gegebenenfalls auch wieder korrigieren können. Wer mortis causa schenkt, bedenkt zwar andere, aber eben erst in zweiter Linie (Marcian D. 39, 6, 1). Daß man einer Frau diese Freiheit zugestanden hat, liegt in der Natur letztwilliger Verfügungen, möchte man meinen. Doch legt das klassische Recht gerade hier mit dem in Vat. 98 überlieferten Testierverbot einen Stein in den Weg. Über dessen Gründe könnte nur gemutmaßt werden; sie werden wohl eher im mos maiorum als in konstruktiven Überlegungen begründet sein. Als sicher darf aber gelten, daß das Verbot noch bis in die Spätklassik bestand. Anderenfalls wären die Juristen kaum den Umweg über donatio mortis causa, Stipulation und Fideikommiß gegangen. Andererseits dürfte die Praxis der oben dargestellten Rückgabestipulationen das Testierverbot so weit ausgehöhlt haben, daß schließlich dessen Sinn und Geltung in Frage stand. Die Konsequenz zieht schon Severus Alexander: In der Konstitution C. 8, 37, 4 aus dem Jahr 222 erklärt er eine Stipulation, in der sich eine Frau das Testierrecht über ihre Mitgift ausbedungen hat, unter Berufung auf Ulpian für wirksam. Allerdings war damit die überkommene Praxis nicht sofort vorbei, wie Gordians Reskript aus dem Jahr 239 zeigt. Jedoch hat sich die neue Rechtslage durchgesetzt: Ebenso wie Severus Alexander entscheidet Diokletian im Jahr 294 (C. 5, 12, 25) 214.
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Zu dieser Entwicklung Söllner, 106 f.; Solazzi, restituzione, 395 f.
Kapitel 4
Die Freilassung als donatio mortis causa D. 40, 1, 15 Marcellus libro vicensimo tertio digestorum Mortis causa servum manumitti posse non est dubitandum. quod non ita tibi intellegendum est, ut ita liber esse iubeatur, ut, si convaluerit dominus, non fiat liber, sed quemadmodum si vindicta eum liberaret absolute, scilicet quia moriturum se putet, mors eius exspectabitur, similiter et in hac specie in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas, durante scilicet (propter mortis causae tacitam condicionem) voluntate manum[m]issoris: quemadmodum cum rem ita tradiderit, ut moriente eo fieret accipientis, quae ita demum alienatur, si donator in eadem permanserit voluntate. Es steht außer Frage, daß ein Sklave von Todes wegen freigelassen werden kann. Das darfst du nicht so verstehen, daß die Freilassungsanordnung derart lauten müßte, daß der Sklave nicht frei wird, falls sein Herr genest. Vielmehr: So, als würde er ihn bedingungslos vindicta freilassen, weil er ja glaubt, daß er sterben werde, wird man seinen Tod abwarten; ebenso wird auch in diesem Fall die Freiheit auf den Todeszeitpunkt des Freilassers hinausgeschoben; natürlich nur (wegen der stillschweigenden Bedingung „von Todes wegen“), wenn der Wille des Freilassers fortbestanden hat; genau so, als würde er eine Sache so übergeben, daß sie mit seinem Tod Eigentum des Empfängers werden soll; sie wird nur dann veräußert, wenn der Schenker bei seinem Entschluß geblieben ist.
Marcellus behandelt eine besondere, ansonsten in den Digesten nicht bezeugte Form der Freilassung: eine manumissio mortis causa 1, bei der dem Sklaven bei Vorversterben des dominus die Freiheit geschenkt wird. Dabei wird eine Parallele zur donatio mortis causa gezogen, wobei hier an einen Vollzug durch konditionelle traditio gedacht ist: Ebenso wie das Eigentum erst beim Tod des Schenkers übergehe, erhalte der Sklave erst beim Tod des dominus die Freiheit. Auffällig ist weiter die zweimalige Bezugnahme auf den fortbestehenden Schenkungs- bzw. Freilassungswillen des Schenkers bzw. Freilassers und das damit belegte Reurecht. 1 Der Begriff wird hier nur für die in dieser Stelle bezeichnete Art der Freilassung verwendet; nicht gemeint ist damit die iusta manumissio testamento (Gaius 1, 17), die im weiteren Sinne auch mortis causa stattfindet. – Die Unterscheidung ist jedenfalls Inst. 3, 11, 6 geläufig: Hier wird Mark Aurels Konstitution zur addictio bonorum libertatis causa auf den Fall der fraudatorischen Freilassung inter vivos oder mortis causa ausgedehnt, und wie sich eindeutig aus dem Zusammenhang ergibt, ist mit der letzten keine testamentarische Freilassung gemeint (richtig schon Cugia, 106 f.); dazu und zur ganzen Konstitution Mark Aurels vgl. Finkenauer, Freilassung, insb. 56.
Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
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Die Stelle wird jedenfalls in der Literatur des 20. Jahrhunderts von kaum jemandem ernstgenommen 2. Der Grund dafür, daß man sich stets auf den Hinweis beschränkt hat, die Stelle sei „unergiebig“ 3, „voll von Rätseln“ 4, „schwierig“ 5, ihr aber kaum jemals eine ausführliche Exegese gewidmet hat 6, ist vermutlich darin zu sehen, daß der Text eine ganze Reihe schwieriger Fragen aus dem Schenkungs-, Bedingungs- und Freilassungsrecht aufwirft, die prima facie in keinem inneren Zusammenhang stehen. Um dem Fragment insgesamt gerecht werden zu können, sind folgende Probleme zu untersuchen: Auf der Grundlage der Feststellung, daß die hier vorgenommene Freilassung aufschiebend bedingt und nicht nur befristet ist (1), muß zunächst der Vergleich einer manumissio mortis causa mit der manumissio vindicta erläutert werden (2); sodann ist nach den Gründen zu fragen, die im konkreten Fall den manumissor dazu bewogen haben, die dargestellte Freilassungsform einer manumissio testamento bzw. einer fideikommissarischen Freilassung vorzuziehen (3) und weiter, warum sich der manumissor nicht einer gewöhnlichen manumissio inter vivos bedient hat. Die Betrachtung des Vergleichsfalles einer aufschiebend bedingten traditio wird zeigen, daß der entscheidende Grund für die Wahl der dargestellten Freilassungsart im Vorbehalt eines Reurechts zu suchen ist (4), womit sich die manumissio mortis causa als Anwendungsfall der donatio mortis causa erweist (5). Die Interpolationenkritik 7 geißelt vor allem den mit quod non ita beginnenden Satz, in dem die meisten Probleme aufgeworfen werden. Es ist sicher nicht zu bestreiten, daß er sich nicht besonders flüssig liest und der Satzbau leicht verwirren kann 8. Eine klarere Syntax wäre mit der von Mommsen 9 vorgeschlagenen 2 Amelotti, donatio, 33 Fn. 100: „frammento sicuramente spurio nei suoi due accenni alla perseverantia voluntatis“; Biondi, Appunti, 769 f.; Buckland, 456: „corrupt and rehandled“; Haymann, Freilassungspflicht, 31: „unrettbar durch die Kompilatoren verdorben“; Impallomeni, 53: „evidenti rimaneggiamenti, alcuni di carattere sostanziale“; Kaser, Condicio iuris, 435: „tiefgreifende sinnändernde Interpolierungen“; Simonius, 134: „derart korrupte[s] Fragment“; Yaron, Gifts, 171: „mutilated beyond hope“. Schon Savigny, System IV, 253 Fn. dd, bezeichnet die Stelle wegen der Unterscheidung zwischen manumissio vindicta und manumissio inter amicos als „merkwürdig“. 3 Kaser, Condicio iuris, 435. 4 Simonius, 133. 5 Wlassak, Gerichtsmagistrat, 14. 6 Die einzige ausführlichere Auseinandersetzung findet man bei Impallomeni, 53 – 57; Simonius, 133 f., reißt zumindest die wichtigsten Probleme an. Robbe, 174 –179, widmet dem Text zwar auch einige Aufmerksamkeit, stellt aber in erster Linie neue Interpolationsbehauptungen auf, die über alle bisherigen hinausgehen. 7 Vgl. außer den bereits Genannten den Ind. Itp. zur Stelle. 8 Das beklagen insbesondere Simonius, 133, aber etwa auch Kaser, Condicio iuris, 436 in Fn. 49. 9 Vgl. die Anmerkung in der editio stereotypa.
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Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
Streichung der Worte mors eius exspectabitur zu erreichen, die möglicherweise ein erläuterndes Glossem darstellen. Verzichtet man vorläufig auf weitere verkomplizierende Einschübe, liest sich der Satz wie folgt: quod non ita tibi intellegendum est, ut ita liber esse iubeatur, ut, si convaluerit dominus, non fiat liber, sed quemadmodum si vindicta eum liberaret absolute [...], similiter et in hac specie in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas [...]. Verkürzt besagt der Satz also: Eine manumissio mortis causa muß nicht so vorgenommen werden, daß sie bei Genesung des Freilassers hinfällig wird, sondern ebenso wie bei einer bedingungslosen manumissio vindicta wird der Sklave mit Ableben des Freilassers frei. (1) Den Vergleich mit der manumissio vindicta zunächst beiseite gelassen, drängt sich zuerst das logische Problem auf, daß die mit non ... und sed ... eingeleiteten Satzteile kein genaues Gegensatzpaar bilden: nicht Hinfälligkeit der Freilassung, sondern aufschiebende Befristung – so scheint die Gegenüberstellung zu lauten 10. Wäre aber damit nicht gesagt, daß die Bedingung si convaluerit dominus irrelevant ist, weil bei Ausfall derselben dennoch die Freilassung wirksam würde? Dann läge der Schluß auf der Hand, daß hier in Wirklichkeit gar nicht von einer Bedingung mortis causa die Rede ist, sondern von einer reinen Befristung in extremum tempus manumissoris vitae. Für diese von Simonius 11 vorgeschlagene Lösung, die Freilassung hier schlicht als auf den Tod des Freilassers befristet zu verstehen, scheint die Wendung non ita ... ut non fiat liber ... sed zu sprechen, die ja, so könnte man sie verstehen, verdeutlichen will, daß die Freilassung nicht unwirksam wird, wenn die Bedingung mortis causa ausfällt. Für eine reine Befristung ließe sich außerdem die Wendung in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas anführen: Darin scheint eine bloße zeitliche Verschiebung einer bereits sicheren Rechtswirkung anzuklingen. Dennoch muß man Simonius widersprechen: Durch die Umdeutung einer echten Bedingung in eine Befristung wird der Vergleich der manumissio mortis causa mit der donatio mortis causa im zweiten Teil des Fragments hinkend, und das Erfordernis der Fortdauer des Freilassungs- bzw. Schenkungswillens verliert seinen Anknüpfungspunkt 12.
10 Die Erklärung von Tort-Martorell Llabrés, 160, Marcellus habe betonen wollen, daß es sich um eine aufschiebend und nicht eine auflösend bedingte Freilassung handelt („diciendo que no debe entenderse que el esclavo se hace libre inmediamente y pierde la libertad si el dueño convalece, sino que se esperará a su muerte para que el esclavo adquiera la libertad“) kann nicht befriedigen, weil der Text die Möglichkeit einer auflösend bedingten Freilassung gar nicht in Erwägung zieht: Die in der Stelle in Betracht gezogene Alternative zu in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas lautet non fiat liber und nicht etwa desinat liber esse. Eine diesbezügliche Gleichsetzung findet sich allerdings schon in der gl. Non fiat liber, ad h. l. 11 Simonius, 133 f.
Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
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Der Vergleich mit der donatio mortis causa legt vielmehr die Annahme nahe, daß es wirklich um Fragen einer Bedingung, wenn auch letztlich nur einer Potestativbedingung geht 13. Das zeigt folgende Überlegung: Die zentrale, praktisch bedeutsamste Frage bei der donatio mortis causa lautet: Unter welchen Voraussetzungen wird die Schenkung hinfällig, wann entsteht also ein Rückforderungsrecht? Für die vorliegende Stelle lautet die Frage entsprechend: Wann wird eine mortis causa vorgenommene Freilassung hinfällig? Für die donatio mortis causa sind drei Rückforderungsfälle denkbar 14: (1) si donator convaluerit, (2) si prior decesserit ille cui donatum est, (3) ex paenitentia. Während der zweite Fall bei der Sachschenkung mortis causa dann relevant wird, wenn das Geschenk vom Erben des vorverstorbenen Donatars zurückgefordert wird, kann dieser Fall hier bei der manumissio mortis causa keine Bedeutung erlangen; daß die Freilassung des Sklaven bei dessen Vorversterben hinfällt, liegt in der Natur der Sache. Die Frage, die Marcellus mit dem quod non ita-Satz beantwortet, kann also sinnvollerweise nur lauten: Muß eine manumissio mortis causa zwangsläufig vom Versterben des dominus in einer konkreten Todesgefahr 15 abhängig gemacht werden oder kann die Freiheit auch unabhängig davon auf den Tod des dominus überhaupt ausgesetzt werden? Der Jurist entscheidet für letzteres, so daß auch der erste Rückforderungsfall, Konvaleszenz des Schenkers, ausscheidet und die Freilassung folglich nur ex paenitentia widerrufen werden kann. Was die hier vereinbarte Bedingung von einer Befristung unterscheidet, ist also allein das Reurecht, welches die Freilassung an ein aleatorisches Moment knüpft. Es ist daher nur konsequent, wenn diejenigen, die generell die Klassizität des Reurechts – zu Unrecht – bestreiten, hier das Vorliegen einer Bedingung leugnen 16. (2) Das zweite Problem des Satzes liegt im Vergleich der Freilassungsarten. Einer der häufigsten Einwände gegen die Stelle lautet, es sei schlechthin widersinnig, daß einerseits von einer – bekanntermaßen bedingungsfeindlichen 17 – ma12 Letzteren Einwand erhebt Simonius zu Recht gegen die von Mommsen vorgeschlagene Streichung von mors eius exspectabitur (dazu sogleich); der Einwand kehrt sich aber zugleich gegen Simonius’ eigene These. 13 Für aufschiebende Bedingung statt bloßer Befristung auch Amelotti, donatio, 33 in Fn. 100. 14 Vgl. die Aufzählung in Inst. 2, 7, 1: sin autem supervixisset qui donavit, reciperet, vel si eum donationis paenituisset aut prior decesserit is cui donatum sit; ausführlich unten 221 f. 15 Zu den möglichen Gefahren vgl. oben 27 und unten 221 f. mit Fn. 4. 16 Buckland, 456; Haymann, Freilassungspflicht, 31; Mitteis, Privatrecht, 169 in Fn. 7; Simonius, 133 f. 17 Die manumissio vindicta taucht allerdings nicht in Papinians (nicht abschließender) Aufzählung bedingungsfeindlicher actus legitimi in D. 50, 17, 77 auf; daß sie keine Bedingung vertrage, wird damit begründet, daß sie ein Anwendungsfall bzw. eine Abart der in iure cessio sei (Kaser I, 116; ders., Verfügungsakte, 72 [anders aber ders., Condicio iuris, 435]; Robbe, 177; Wlassak, Gerichtsmagistrat, 1 –6) und diese aufgrund
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Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
numissio vindicta die Rede ist und andererseits behauptet wird, daß der Sklave erst mit dem Tod des Freilassers und auch nur dann frei werde, wenn der Freilasser seinen Willen nicht geändert habe 18. Die Suche nach der richtigen Lösung muß den Irrealis liberaret ernstnehmen. Der Teilsatz quemadmodum si vindicta eum liberaret absolute macht deutlich, daß Marcellus unter dem Begriff manumissio mortis causa gerade nicht den Fall einer manumissio vindicta versteht 19, sondern diese Art der Freilassung lediglich hilfsweise als Vergleichsfall herangezogen wird. Ginge es hier wirklich nur um eine manumissio vindicta, wie meistens angenommen wird, hätten die Kompilatoren guten Grund gehabt, das Fragment statt in den allgemeinen Titel D. 40, 1 (De manumissionibus) eher in den direkt nachfolgenden Titel D. 40, 2 (De manumissis vindicta) einzuordnen. Es gibt auch keinen zwingenden Grund, den Vergleich so eng zu verstehen, als wäre eine manumissio vindicta auch aufschiebend bedingt möglich 20. Das tertium comparationis ist vielmehr nur die Tatsache, daß der Sklave überhaupt frei wird, sei er nun vindicta oder mortis causa freigelassen, oder, um noch eine weitere Gemeinsamkeit zu suchen, daß der Sklave die Freiheit noch zu Lebzeiten des Freilassers, wenngleich im allerletzten Moment, erwirbt: in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas. Auch wenn für das Verständnis der Stelle schon sehr viel durch die saubere Unterscheidung von manumissio vindicta einerseits und manumissio mortis causa andererseits gewonnen wurde, ist zuzugeben, daß der Teil mors eius exspectabitur auch nach der hier vertretenen Lösung Schwierigkeiten bereitet. Die von Mommsen vorgeschlagene Streichung hat nicht nur für sich, daß die drei Worte sich sehr schwer in den Satzbau einfügen – sie stellen gewissermaßen einen überzähligen Hauptsatz dar –, sondern sie führen auch zu einem inhaltlichen Dilemma: Da es unausweichlich ist, die Aussage mors eius exspectabitur auf die manumissio vindicta zu beziehen und von dieser ausdrücklich gesagt wird, daß sie absolute, also gerade unbedingt 21 erfolge, muß man von der Möglichkeit ausgehen, daß eine unbedingte Freilassung gleichwohl ihre Wirkung erst mit ihrer engen Verwandtschaft zu den legis actiones keine Einschränkung der kategorischen Rechtsbehauptung hunc ego hominem meum esse etc. dulde (Bruck, 16 f.; Schmidlin, 375 in Fn. 17). Jedenfalls letzteres belegt Vat. 49: nulla legis actio prodita est de futuro. – Zur Unvereinbarkeit von manumissio vindicta und Bedingung zudem Biondi, Appunti, 769; Buckland, 455; Donatuti, statulibero, 9 in Fn. 1; Guarneri Citati, 454 (456) in Fn. 59; Impallomeni, 53 mit Fn. 38. 18 Vgl. z. B. Biondi, Appunti, 769; Kaser, Condicio iuris, 435; Robbe, 175; Simonius, 134. 19 So bereits die gl. Vindicta ad h. l.: supra ergo alio modo quam vindicta manumittebat causa mortis. 20 Das liest allerdings Cugia, 105, in die Stelle hinein, was ihn dann dazu führt, die Verknüpfung von manumissio vindicta und mortis causa als kompilatorische Zutat zu verwerfen; ganz ähnlich Haymann, Freilassungspflicht, 30; ferner Buckland, 456.
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dem Tod des Freilassers erlangt. Dieser scheinbare Widerspruch ist nur so aufzulösen, daß man das essentiale der manumissio vindicta: liberat absolute von einer Nebenabrede: mors eius exspectabitur unterscheidet. Man muß sich den Fall der manumissio vindicta – der, wie noch einmal zu betonen ist, nur als Vergleichsfall zur Erläuterung der manumissio mortis causa gebildet ist – demnach so vorstellen, daß ein Sklave zwar rechtlich sofort frei wird, weil das bei der manumissio vindicta gar nicht anders möglich ist, daß aber anläßlich der Freilassung verabredet wird, der Sklave solle seinem Freilasser noch bis zu dessen Tod dienen 22. Die Bedingungsfeindlichkeit der manumissio vindicta steht einer solchen Nebenabrede ebenso wenig entgegen, wie die Unbedingtheit des Manzipationsaktes die Aufnahme von leges mancipio dictae zu den nuncupationes hindert 23. Eine so ungewöhnliche Art der Freilassung wird freilich eher die Ausnahme sein, sie läßt ein besonderes Nähe- bzw. Vertrauensverhältnis zwischen Herrn und Sklaven vermuten. Vorstellbar ist zum Beispiel, daß der Herr seinem persönlichen Sklaven für die Pflege bis zum Tod bereits im voraus die Freiheit schenkt. Indem der Herr derart in „Vorleistung“ geht und bereits zu Lebzeiten auf das Eigentum am Sklaven verzichtet, geht er ein gewisses Risiko ein. Für denjenigen, der dazu nicht bereit ist, bietet die manumissio mortis causa eine Alternative: Im Gegensatz zur manumissio vindicta mit bloßer Nebenabrede läßt sie eine echte aufschiebende Bedingung zu. Schließlich wendet Voci 24, der die Stelle im übrigen für klassisch erachtet, gegen den Vergleich zwischen beiden Freilassungsarten ein, daß manumissio vindicta und manumissio inter amicos 25 verschiedene Wirkungen haben; während die erste zum Erwerb des Bürgerrechts nach ius civile führt, begründet die zweite – prätorische – Freilassungsart lediglich ein faktisches in libertate esse, indem der Prätor die so Freigelassenen gegen eine vindicatio in servitudinem schützt 26. Dieser Unterschied steht jedenfalls auf den ersten Blick in 21 Allein daraus, daß die Quellen ansonsten von pure manumittere sprechen (Papinian D. 31, 76, 4; 34, 1, 10, 1; Paulus D. 35, 1, 81; Ulpian D. 40, 4, 25), ist keine andere Bedeutung von absolute abzuleiten. So spricht Ulpian in D. 24, 3, 22, 12 von absolute teneri, Papinian in D. 39, 6, 42, 1 von absolute donare. In beiden Fällen ist die Bedeutung „unbedingt“, „bedingungslos“ nicht zu bestreiten. Vgl. dazu auch Heumann / Seckel, s. v. absolute. 22 Insoweit ist der Erklärungsansatz Robbes, 177, überzeugend: Der Sklave werde zwar de iure sofort frei, bleibe aber, motiviert durch die Sicherheit, die ihm die sofortige Freilassung gebe, de facto bis zum Lebensende des Patrons freiwillig dessen Sklave. Dagegen kann Robbe (175) nicht gefolgt werden, wenn er meint, daß ab similiter rell. die gesamte zweite Fallvariante und damit der Vergleichsfall überhaupt zu streichen sei. 23 Näheres bei Kaser I, 47 mit Fn. 42 und 255. 24 Voci, diritto ereditario II, 458 in Fn. 72. 25 Dazu, daß die manumissio mortis causa hier inter amicos erfolgt sein muß, vgl. unten 213.
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einem Spannungsverhältnis zu der von Marcellus vorgenommenen Gleichsetzung sed quemadmodum si vindicta eum liberaret absolute [...] similiter et in hac specie in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas, und Voci meint, dies nur durch einen kompilatorischen Eingriff erklären zu können. Die Frage kann nicht endgültig beantwortet werden, ohne die Entwicklung der prätorischen Freilassungen in ihrer Bedeutung für das Reurecht zu betrachten. Auf den Einwand Vocis ist deshalb unten (4) in diesem Zusammenhang noch einmal zurückzukommen. Bisher läßt sich sagen: Will man sich hier nicht mit einer Interpolationsvermutung begnügen – für die Voci immerhin ein plausibles Motiv nennt 27 –, läßt sich die Gleichsetzung mit der Überlegung rechtfertigen, daß Marcellus sich im vorliegenden Fragment mit dem status libertatis befaßt, so daß Fragen des römischen Bürgerrechts ohne weiteres unbeantwortet bleiben konnten. Der Jurist legte bei seinem Vergleich augenscheinlich keinen Wert auf den Unterschied zwischen prätorischer Freiheit und Freiheit nach ius civile, ihm kam es entscheidend nur auf die Möglichkeit einer Freilassung mortis causa überhaupt an. Letztlich besagt der Vergleich mit der manumissio vindicta also folgendes: Wenn ein Sklave mortis causa freigelassen wird, dann erlangt er im Zeitpunkt des Bedingungseintrittes – und das heißt Versterben des Freilassers vor dem Freigelassenen, ohne daß jener seinen Freilassungswillen geändert hätte – die Freiheit ebenso endgültig und bedingungslos, als wäre er vindicta freigelassen worden 28. Nicht erforderlich ist dagegen, daß der Freilasser genau an der Krankheit verstirbt, in deren Angesicht er die Freilassung verfügt hat; das meint der Teil quod non ita – non fiat liber. Vielmehr, so gibt Marcellus zu erkennen, genügt das Vorversterben des Freilassers überhaupt, wenn er nur bei seinem Freilassungswillen geblieben ist 29. Die Stelle ist damit zugleich ein weiteres Zeugnis für die Klassizität der donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis 30. Es ist eben nicht zwingend, daß der Freilasser imminente periculo commotus frei26
Kaser I, 294, 296. Nämlich die von Justinian verfügte Angleichung der Rechtslage zwischen den nach ius civile Freigelassenen und Latini Iuniani: C. 7, 6, 1 (531); Inst. 1, 5, 3. 28 Ähnlich die Deutung von Voci, diritto ereditario II, 458 in Fn. 72. 29 Das verkennt Cugia, 106, der ohne eine Stütze im Text behauptet: „il dominus è in pericolo di morte“. Seine Auffassung, der Sklave werde nicht frei, wenn der dominus die Gefahr überlebt (105), steht in erkennbarem Widerspruch zum Text: quod non ita tibi intellegendum est ... Da Cugia zugleich davon ausgeht, der Text behandle tatsächlich und nicht nur in einem hypothetischen Vergleich eine manumissio vindicta, gelangt er zu der wenig plausiblen Vorstellung einer manumissio vindicta in akuter Todesgefahr; ebenso Buckland, 456. Dagegen entnimmt Savigny, System IV, 252 f., zu Recht der Stelle die Aussage, daß eine manumissio mortis causa nicht in akuter Todesgefahr, sondern sola cogitatione mortalitatis vorgenommen wird. 30 Neben Gaius D. 39, 6, 31, 2; Paulus eod. 35, 4; Ulpian eod. 2. Auch Justinians Reformkonstitution C. 8, 56, 4 aus dem Jahr 530 nennt beide Möglichkeiten als althergebrachte Formen: sive iuxta mortem facientis fuerint celebratae sive longiore cogitatione 27
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läßt. Unzutreffend wäre es insbesondere, aus der Verwendung der Partizipform moriturum das Vorliegen einer akuten Todesgefahr abzuleiten: Wie Gaius mit der Verbindung von moriturus und quandoque in D. 39, 6, 31, 2 31 zeigt, läßt die Verwendung des Partizips Futur Aktiv nicht generell auf die zeitliche Nähe eines bevorstehenden Ereignisses schließen 32. (3) Daß die manumissio mortis causa in die Nähe der manumissio vindicta gerückt wird, dient vor allem dem Ziel, sie von der testamentarischen Freilassung abzugrenzen. Ebenso wie die donatio mortis causa bei den klassischen Juristen ihrer Struktur nach ein Rechtsgeschäft unter Lebenden ist 33, gehört auch die hier behandelte manumissio mortis causa ungeachtet ihrer speziellen Bedingung zu den manumissiones inter vivos 34. Das Gewicht des Fragments liegt ausweislich des einleitenden Satzes auf der Feststellung der Möglichkeit einer manumissio mortis causa, was angesichts der gängigen manumissio testamento eine völlig banale Aussage wäre, wenn damit nicht zugleich gesagt sein sollte, daß diese Art der Freilassung trotz ihrer Bezugnahme auf den Tod des Freilassers zu den Freilassungen unter Lebenden gehört. Praktisch relevant ist die Unterscheidung allerdings nur, wenn für den manumismortis subsecutae sunt. Bestritten wird die Klassizität der donatio sola cogitatione mortalitatis von Di Paola, corso, 127 ff.; Yaron, Some Remarks, 494 ff.; ders., Donatio sola cogitatione mortalitatis, 369; ausführlich zum Problem oben Kap. 1 II 2. 31 [...] aut in periculum mortis datur aut cogitationem mortalitatis, quod nos quandoque morituros intellegimus. 32 Zur Verwendung der sog. Coniugatio periphrastica (PFA + esse) Kühner / Stegmann II/1, 160 mit Anm. 2: „es kann durch diese Form auch eine Handlung ausgedrückt werden, die erst nach langer Zeit eintreten wird“; Menge, 190: „die ausgedrückte Verbalhandlung kann zu einem (viel) späteren Zeitpunkt erfolgen“. 33 Vgl. oben Kap. 1 II 1; daran hält noch Justinian fest, daher die Einschränkung in Inst. 2, 7, 1: a nobis constitutum est, ut per omnia fere legatis connumeretur; richtig diesbezüglich Robbe, 293. Zum justinianischen Weg der schematischen Angleichung im Gegensatz zur Erstreckung einzelner Vorschriften in klassischer Zeit vgl. im übrigen Amelotti, NNDI VI, 224 (s. v. donatio mortis causa); ders., ED XIII, 1002 (s. v. donatio mortis causa). 34 So zu Recht auch Amelotti, donatio, 33 in Fn. 100, und Schulz, Freilassung, 239 f.; fragwürdig ist dagegen Mommsens Vermutung (editio maior, ad h. l.), Marcellus stelle hier eine „manumissio [...] facta [...] a moriente“ einer manumissio mortis causa gegenüber. Erstens ist es keineswegs sicher, ja sogar unwahrscheinlich, daß der Freilasser hier bei Vornahme der manumissio bereits moriens ist (vgl. oben in Fn. 29 gegen Cugia), zweitens besteht nach hier vertretenem Verständnis kein Gegensatz zwischen beiden, sondern die manumissio mortis causa ist in ihrer rechtlichen Struktur eine solche inter vivos. Die von Mommsen angeführte Stelle Papinian D. 39, 6, 42, 1 gibt für die erwähnte Unterscheidung nichts her, weil bei Papinian die Abgrenzung zwischen donatio mortis causa und donatio absoluta, die von einem moriens vorgenommen wird und bei der der Tod bloßes Motiv, nicht aber Bedingung ist (qui absolute donaret, non tam mortis causa quam morientem donare), gerade nach dem Bestehen eines Rückforderungsrechtes vorgenommen wird – eine Unterscheidung, die Marcellus nicht macht.
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sor ein triftiger Grund besteht, die Freilassung unter Lebenden einer Freilassung durch Testament vorzuziehen. In Betracht kommen freilassungsbeschränkende Gesetze, die strengen Formvorschriften des Testamentes oder auch steuerliche Gründe: α) Gegen eine testamentarische Freilassung kann zunächst die lex Fufia Caninia gesprochen haben 35. Mit diesem Gesetz aus dem Jahr 2 v. Chr. beschränkte Augustus testamentarische Freilassungen, um die Überfremdung der Bürgerschaft zu verhindern; danach durfte nur eine bestimmte Quote von Sklaven freigelassen werden, sie waren zudem im Testament namentlich zu nennen 36. Wenn man annimmt, der manumissor habe schon die höchstmögliche Zahl der Sklaven freigelassen, konnte er nur auf eine manumissio inter vivos ausweichen, die ausweislich Gaius 1, 44 nicht von der lex Fufia erfaßt wurde: Ac ne ad eos quidem omnino haec lex pertinet, qui sine testamento manumittunt. itaque licet iis, qui vindicta aut censu aut inter amicos manumittunt, totam familiam suam liberare, scilicet si alia causa non impediat libertatem. Und dieses Gesetz bezieht sich natürlich keineswegs auf diejenigen, die außerhalb eines Testamentes freilassen. Deshalb dürfen die, welche vindicta oder censu oder inter amicos freilassen, ihren gesamten Hausstand freilassen, soweit nicht andere Gründe die Freiheit hindern.
Natürlich wäre die Möglichkeit einer fideikommissarischen Freilassung zu erwägen, die aber nur eine Alternative böte, wenn Freiheitsfideikommisse von der lex Fufia ausgenommen wären. Dagegen spricht bereits Gaius 1, 46, wonach die lex Fufia auch mögliche Umgehungsgeschäfte erfaßt: [...] quia lex Fufia Caninia, quae in fraudem eius facta sint, rescindit. sunt etiam specialia senatus consulta, quibus rescissa sunt ea, quae in fraudem eius legis excogitata sunt. ... denn die lex Fufia erklärt das für ungültig, was zu ihrer Umgehung gemacht worden ist. Es gibt auch einige besondere Senatusconsulta, welche das, was man sich zur Umgehung dieses Gesetzes ausgedacht hat, für ungültig erklären.
Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb Fideikommisse nicht zu den Umgehungstatbeständen gezählt werden sollten, zumal Gaius unmittelbar vorher (1, 44) die Ausnahmen von der lex Fufia einzeln aufzählt (manumissio vindicta, censu, inter amicos). Zum anderen nennen PS 4, 14, 1 als Beispiel einer Freilassung, die der lex Fufia unterfällt, die Bestimmung: qui ex ancilla illa nascitur, 35 Dazu insbesondere Impallomeni, 56 in Fn. 50, der sogar vermutet, Marcellus habe den Fall nicht, wie Lenel, Palingenesia I, S. 629 (Marcellus Nr. 248), meint, im Zusammenhang mit der lex Iunia Norbana, sondern vielmehr im Hinblick auf die lex Fufia Caninia behandelt. 36 Vgl. Gaius 2, 239; zum ganzen Kaser I, 297.
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liberum esse volo – eine Formulierung, die auf ein Fideikommiß hinweist 37. Daß die lex Fufia auch für Freilassungsfideikommisse gegolten hat, ergibt sich zudem zweifelsfrei daraus, daß Justinian ihre Geltung in C. 7, 3, 1 ausdrücklich für libertates tam directas quam fideicommissarias aufhebt, auch wenn die Konstitution keinen Aufschluß darüber gibt, ab wann dieser Rechtszustand erreicht war 38. Die aufgestellte Vermutung, daß die in fr. 15 behandelte Freilassungsart vor allem der Umgehung der lex Fufia diene, setzt natürlich voraus, daß die manumissio mortis causa nicht selbst der lex Fufia unterfiel, woran man angesichts der in Gaius 1, 46 erwähnten Erfassung von Umgehungstatbeständen zweifeln könnte. Einer Anwendung der lex steht aber die ebenso klare Aussage in Gaius 1, 44 entgegen, wonach manumissiones sine testamento 39 von den Beschränkungen ausgenommen sind 40. Vielmehr belegt die Gegenüberstellung von Gaius 1, 46 und 44 gerade die praktische Bedeutung von Marcellus’ Zuordnung der behandelten Freilassung zu den manumissiones inter vivos; nur als solche ist sie zur Umgehung lex Fufia geeignet 41. Dagegen läßt sich auch nicht einwenden, daß in GE 1, 2, 3 42 davon die Rede ist, eine fraudatorische Freilassung sub tempore mortis – die, wenngleich nichts näheres über ihre Ausgestaltung bekannt ist, dem Modell der manumissio mortis causa in fr. 15 entsprechen könnte – unterliege den Beschränkungen der lex Fufia. Abgesehen davon, daß wegen divergierender Lesarten (facere voluerit 43 testamentum vs. noluerit 44) nicht einmal klar ist, ob 37
Gaius 2, 267; vgl. ferner Buckland, 548; Impallomeni, 124 f.; Kaser I, 116. Der Auffassung Bodemeyers, De manumissione testamentaria, 68, die Freiheitsfideikommisse hätten nicht den freilassungsbeschränkenden Gesetzen unterlegen („fideicommissum libertatis nihil nisi fideicommissorum species; liberum igitur est exceptionibus, quae ex manumissionis descendunt natura“), ist durch Justinians Konstitution der Boden entzogen. 39 Damit meint Gaius, wie erläutert, alle Freilassungen, die inter vivos geschehen; nicht gemeint ist hier die fideikommissarische Freilassung, wenngleich auch sie sine testamento angeordnet werden kann; doch sie unterliegt sehr wohl der lex Fufia. 40 Impallomenis Angaben zur Ausdehnung der lex Fufia auf „manomissioni indirette, nonchè a quelle mortis causa disposte vindicta o inter amicos“ (124 f.) können sich also allenfalls auf eine Zeit nach Gaius beziehen. 41 Das sehen auch Impallomeni, 56 f.; Voci, diritto ereditario II, 458. 42 Nam si aliquis in aegritudine constitutus in fraudem huius legis facere voluerit testamentum, sed epistolis aut quibuscumque aliis rebus servis suis pluribus, quam per testamentum licet, conferre voluerit libertates, et sub tempore mortis hoc fecerit, hi, qui prius manumissi fuerint, usque ad numerum superius constitutum liberi erunt: qui vero post statutum numerum manumissi fuerint, servi sine dubio permanebunt. (Hat nämlich ein Kranker zur Umgehung dieses Gesetzes ein Testament errichten wollen, aber durch Kodizille oder auf irgendeine andere Art einer größeren Zahl seiner Sklaven die Freiheit erteilen wollen, als im Wege des Testaments zulässig, und geschah dies an der Schwelle des Todes, so werden die früher Freigelassenen bis zur oben bestimmten Zahl frei; diejenigen dagegen, die nach Erreichen der Höchstzahl freigelassen werden, werden ohne Zweifel Sklaven bleiben). 38
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in dem dort behandelten Fall überhaupt eine manumissio mortis causa in Rede steht oder nicht doch eine gewöhnliche manumissio testamento, ist zu berücksichtigen, daß die Gai Epitome wohl erst Anfang des fünften 45, jedenfalls nicht früher als im ausgehenden vierten Jahrhundert 46 entstanden sind. Daß sie kein uneingeschränkt verläßliches Zeugnis für den klassischen Rechtszustand ablegen, zeigt sich gerade beim Freilassungsrecht darin, daß die manumissio vindicta gar nicht mehr bekannt ist, an ihre Stelle ist eine manumissio ante consulem getreten (GE 1, 1, 1). Es kann jedenfalls nicht überzeugen, den Angaben in GE 1, 2, 3 mehr Glauben zu schenken als Gaius 1, 44, wo manumissiones inter vivos unmißverständlich vom Geltungsbereich der lex Fufia ausgenommen werden. Bodemeyer, der das Gegenteil behauptet, kommt zu dem nicht überzeugenden Ergebnis, die lex Fufia habe für die sub tempore mortis vorgenommenen manumissiones inter vivos, nicht aber für fideikommissarische Freilassungen gegolten 47. Es liegt sicher nicht fern anzunehmen, daß man in spät- oder nachklassischer Zeit eine Umgehung der lex Fufia durch die manumissio mortis causa mit Hilfe ausdehnender Bestimmungen verhindert hat, wie möglicherweise GE 1, 2, 3 zu entnehmen ist. Zur Zeit des Hochklassikers Marcellus 48 war die Entwicklung offensichtlich noch nicht so weit gediehen. Es darf auch nicht verwundern, daß man die Freilassungsbeschränkungen der lex Fufia zunächst zwar auf Fideikommisse, nicht aber auf die im Wege einer donatio mortis causa vorgenommene manumissio ausdehnte. Eine ganz ähnliche Entwicklung läßt sich nämlich für die Anwendung der lex Falcidia nachweisen 49: Hatte man den Schutz des Erben vor Überfrachtung des Nachlasses mit Legaten bereits zwischen 70 und 80 n. Chr. durch das SC Pegasianum auf Fideikommisse ausgedehnt, so mußten noch mehr als 100 Jahre vergehen, bis Septimius Severus die lex Falcidia auch auf donationes mortis causa anwendete. War es also noch bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts n. Chr. möglich, trotz Bestehens eines Pflichtteilsrechtes den Nachlaß zwar nicht mit Fideikommissen zu überlasten, wohl aber durch Schenkungen auszuhöhlen, dann ist es nicht allzu schwer vorstellbar, daß man in der Mitte des zweiten Jahrhunderts einen Sklaven, dessen fideikommissarischer Freilassung die lex Fufia entgegenstand, im Wege einer donatio mortis causa freilassen konnte.
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Baviera, FIRA II, 234. Spruit / Bongenaar, Gaius en Paulus; Voci, diritto ereditario II, 458 in Fn. 73. 45 So Giaro, Art. Gaius, Sp. 738. 46 Vgl. Hitzig, 187 f., und die dort Genannten. 47 Vgl. Bodemeyer, De manumissione testamentaria, 31 einerseits und 68 andererseits. 48 Marcellus gehörte zum consilium des Antoninus Pius und dann auch zu dem des Marc Aurel, vgl. Kunkel, Juristen, 213 f. 49 Vgl. dazu oben 35 ff. 44
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β) Es ist bestimmt nicht die einzige denkbare Erklärung, daß gerade die von der lex Fufia festgelegten Freilassungsquoten den manumissor hier an einer testamentarischen Freilassung gehindert haben; ob das Gesetz im vorliegenden Fall zur Anwendung gekommen wäre, läßt sich nicht sicher sagen. Ebenso könnte es sein, daß der manumissor den mit der Testamentserrichtung verbundenen Formalismus gescheut hat. In der Zeit, aus der die Stelle stammt, wird das Testament ausschließlich per aes et libram errichtet 50, der manumissor wäre dabei auf die Mitwirkung von mindestens sieben Personen (familiae emptor, libripens, testes) angewiesen 51. Will er die testamentarisch ausgesetzte Freiheit später nach ius civile widerrufen, muß er in der gleichen Form ein Widerrufstestament errichten 52. Sicher steht daneben die Möglichkeit offen, die Testamentsurkunde zu vernichten oder den Namen des Freigeheißenen auszustreichen und dadurch prätorische Unwirksamkeit der Verfügung herbeizuführen; im letzten Fall werden Auslegungsschwierigkeiten oft nicht ausbleiben 53. So oder so: Will sich der manumissor, wie später noch zu zeigen ist, den Widerruf der Freilassung vorbehalten, kann das Formerfordernis beim Widerruf ein Hindernis sein, das den manumissor von der testamentarischen Freilassung Abstand nehmen läßt. Frei von diesen Problemen wäre die fideikommissarische Freilassung, die etwa in einem Kodizill formlos verfügt werden könnte 54. Das Freiheitsfideikommiß hat aber eine andere, hier vielleicht unerwünschte Konsequenz: den Patronat des beschwerten Freilassers 55. Um ihn in bestimmten Fällen – etwa bei engen familiären Bindungen zwischen dominus und servus – zu vermeiden, haben die Juristen ein so seltsames Geschäft wie die redemptio servi suis nummis zugelassen 56. Sollte die hier angeordnete Freilassung einen ähnlichen Zweck verfolgen? Beide Formen der Freilassung ordnen die Kompilatoren im Titel D. 40, 1 ein 57. Bei der redemptio suis nummis vermeidet man den Patronat dadurch, daß der freilassende Aufkäufer kein eigenes Vermögensopfer bringt 58. Kann mit der manumissio mortis causa das gleiche Ergebnis erzielt werden, indem man den Freigelassenen so wie bei der manumissio testamento zum libertus orcinus 59 macht? Wegen des Fehlens von Parallelstellen ist das nicht mit Gewißheit zu 50
Testamentum calatis comitiis und testamentum in procinctu sind in hochklassischer Zeit bereits außer Gebrauch gekommen, vgl. Gaius 2, 101. 103. 51 Gaius 2, 104; Kaser I, 678 f. 52 Vgl. dazu Kaser I, 691. 53 Der wohl bekannteste und sicher interessanteste Fall dazu findet sich wie das vorliegende Fragment in den Digesten des Marcellus: D. 28, 4, 3; vgl. dazu Finkenauer, Mark Aurel, 17 – 24. 54 Dazu Kaser I, 758. 55 Gaius 2, 266; UE 2, 8; Inst. 2, 24, 2 und dazu Knütel, Rechtsfragen, 133 f. 56 Vgl. den Aufsatz von Finkenauer, redemptio, 349 – 351. 57 Sedes materiae der redemptio suis nummis ist Ulpian D. 40, 1, 4. 58 Vgl. Finkenauer, Mark Aurel, 45; ders., redemptio, 346.
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entscheiden; die Möglichkeit scheidet aber nicht schon deshalb aus, weil die Freilassung hier inter vivos geschieht. Immerhin definiert UE 2, 8 den libertus orcinus nicht im engen Sinne als jemanden, der testamento freigelassen wird, sondern der Text spricht allgemein in Abgrenzung zum Fideikommiß von is qui directo liber esse iussus est – was ebenso auf die manumissio mortis causa zutrifft. Die Formeln, die UE 2, 7 als Beispiel für eine solche direkte Freilassung anführt, insbesondere liberum esse iubeo, werden mit Sicherheit auch außerhalb des Testamentes, etwa bei der manumissio inter amicos, verwendet 60. Es zwingt also nichts zu der Annahme, nur ein testamentarisch Freigelassener könne libertus orcinus werden 61; wird doch die Freilassung, von der hier die Rede ist, ebenso erst zu einer Zeit unwiderruflich wirksam, da der manumissor in den orcus gelangt. Die manumissio mortis causa mag daher gerade von den Juristen ersonnen worden sein, um bestimmte Vorteile einer testamentarischen Freilassung (kein Patronat) mit denen der fideikommissarischen (Formfreiheit) zu verbinden 62. γ) Schließlich ist noch zu erwägen, ob nicht steuerliche Überlegungen bei der Wahl der Freilassungsart eine Rolle gespielt haben; denn seit alters war in Rom die vicesima manumissionum, eine Freilassungssteuer in Höhe von 5 % auf den Sklavenwert, zu entrichten 63. Bei testamentarischen Freilassungen wurde die Steuer üblicherweise dem Erben des Freilassers aufgebürdet, ansonsten hatte sie der Freigelassene selbst zu tragen 64; bei der manumissio vindicta war die Entrichtung der Steuer schon durch die Mitwirkung des Prätors gesichert, eine Umgehung also kaum denkbar 65. Anders war das vermutlich bei der hier vorgenommenen formlosen Freilassung, die sich jedenfalls faktisch der Kontrolle der Steuerpächter 66 leicht entzog.
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So heißt der testamentarisch Freigelassene, der keinem Patronat unterstand, vgl. UE 2, 8 und Inst. 2, 24, 2. 60 Dazu sogleich unter (4). 61 Die Gleichsetzung directo testamento libertus = libertus orcinus in Inst. 2, 24, 2 (qui autem ex causa fideicommissi manumittitur, non testatoris fit libertus, etiamsi testatoris servus sit, sed eius qui manumittit: at is, qui directo testamento liber esse iubetur, ipsius testatoris fit libertus, qui etiam orcinus appellatur) ist mit einer didaktisch motivierten Vereinfachung erklärbar. Schließlich geht es um eine Abgrenzung zwischen direkter und fideikommissarisch erteilter Freiheit, deren Klarheit durch die Berücksichtigung eines komplizierten Grenzfalles wie D. 40, 1, 15 gelitten hätte. 62 In diesem Sinne auch Impallomeni, 57, allerdings vorwiegend in Bezug auf GE 1, 2, 3. 63 Livius 7, 16, 7; grundlegend dazu Hirschfeld, 106 –109; ferner Marquardt II, 161, 281; Wlassak, Gerichtsmagistrat, 89; zum ganzen auch Wesener, Art. vicesima manumissionum, Sp. 2477 – 2479. 64 Hirschfeld, 107 in Fn. 1 (108); Marquardt II, 281 in Fn. 6 f. 65 Wlassak, Gerichtsmagistrat, 89.
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(4) Welcher der vorgestellten Gründe für den manumissor ausschlaggebend war, ist nicht zu entscheiden; es können durchaus mehrere zusammengewirkt haben. Sicher ist aber nach den bisherigen Untersuchungen, daß Marcellus eine auf den Tod bezogene Freilassungsform für gültig erklärt, die weder vindicta noch testamento geschieht und auch nicht fideikommissarisch erteilt wird. Danach drängt sich eine prätorische Freilassungsart auf, was für die von Lenel 67 vorgenommene und seitdem weitestgehend unwidersprochen gebliebene 68 Ergänzung Mortis causa servum manumitti posse non est dubitandum spricht 69. Unterstützt wird diese Vermutung auch vom Gebrauch der Worte liberum esse iubere, die häufig im Zusammenhang mit der manumissio inter amicos auftauchen 70. Auch dann stellt sich aber die Frage, weshalb der manumissor die Freilassung überhaupt einer Bedingung mortis causa unterstellt, sei sie nun auf eine konkrete Todesgefahr oder abstrakt auf die Sterblichkeit bezogen. Schließlich hätte er schlicht inter amicos, ohne Bezugnahme auf den eigenen Tod freilassen können. Der Text macht aber unmißverständlich deutlich, daß das Wirksamwerden der Freilassung vom Fortbestand des Freilasserwillens abhängt, weil dies mit einer stillschweigenden Bedingung mortis causa so festgelegt sei: durante scilicet (propter mortis causae tacitam condicionem) voluntate manumissoris. Aufschlußreich ist hier der zweite, mit quemadmodum cum rem ita tradiderit anschließende Teil. Marcellus bildet einen Vergleichsfall zur Bestätigung des für die manumissio gefundenen Ergebnisses. Es geht um die nicht allzu häufige, aber doch mehrfach bezeugte 71 donatio mortis causa, die durch konditionelle traditio vollzogen wird, und zwar nicht sofort, sondern aufschiebend bedingt auf den Tod des Schenkers; das wird mit moriente eo fieret accipientis deutlich gemacht 72. 66 In Rom wie in der Provinz war die Steuer an publicani verpachtet, vgl. Wesener, Art. vicesima manumissionum, Sp. 2478. 67 Lenel, Palingenesia I, S. 629 (Marcellus Nr. 248). 68 Vgl. statt vieler Kaser, Condicio iuris, 435; zuletzt Tort-Martorell Llabrés, 161; anders, soweit ersichtlich, nur Impallomeni, 56 in Fn. 50. 69 Die beiden anderen Möglichkeiten – manumissio per epistulam oder manumissio per mensam – waren zur Zeit des Antoninus Pius, in dessen Regierungszeit die Tätigkeit des Marcellus fällt (vgl. Kunkel, Juristen, 213 f.), entweder noch nicht vorhanden oder zumindest noch nicht geläufig; dazu Steinwenter, Art. Latini Iuniani, Sp. 914. Zur Tilgung von inter amicos durch die Kompilatoren Wlassak, Freilassungen, 399 in Fn. 3, 430. 70 Vgl. nur bei Bruns, FIRA, Nr. 164 die Urkunde einer manumissio inter amicos aus dem Jahr 221: ancillam suam [...] inter amicos manumisit liberamque esse iussit; fr. Dosith. 15; weitere Stellen bei Wlassak, Freilassungen, 424 mit Fn. 4. 71 Julian D. 39, 6, 14; Ulpian D. 24, 1, 11, 1; 39, 6, 2; eod. 29; vgl. dazu oben Kap. 1 II 3. 72 Die (negative) Bedingung lautet dann: kein Vorversterben des Beschenkten, keine Ausübung des Reurechts; wird mit Bezug auf eine konkrete Todesgefahr tradiert, darf außerdem der Schenker die Gefahr nicht überstehen (oben 203). – Die Zweifel Cugias
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Von Bedeutung ist das Partizip moriente: Veräußert wird nicht post mortem, sondern noch inter vivos; damit wird die bei der manumissio eingeführte Trennlinie (extremum tempus manumissoris vitae), welche übrigens auch in Gaius 3, 100 für die Stipulation begegnet, auch für den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges bei der konditionellen traditio folgerichtig durchgehalten. Während der zeitliche Aspekt einer aufschiebenden Bedingung mit moriente eo deutlich gemacht wird, nennt der Text mit ita demum ... si ein weiteres Erfordernis für den Eigentumsübergang: Der Schenker muß seinen animus donandi bis zum Tod beibehalten haben (in eadem permanserit voluntate), was bedeutet, daß die Schenkung bis zuletzt frei widerruflich ist. Für die hartnäckig bestrittene Klassizität einer frei widerruflichen donatio mortis causa zeugt eine Reihe im folgenden noch zu untersuchender Stellen 73. Marcellus ist augenscheinlich nicht daran gelegen, die Existenz eines Reurechts bei der donatio mortis causa zu begründen, vielmehr setzt er es voraus und benutzt es als Argument für die Widerruflichkeit der Freilassung. Daß der Schenkungswille bis zum Tode fortdauern müsse, wird schon im Hinblick auf die traditio von vielen angezweifelt; um so schwerer tut man sich mit der Vorstellung, daß auch die Wirksamkeit der Freilassung vom Bestand des Freilassungswillens abhängen soll 74. Doch auch wenn das bisher nie anerkannt wurde, ist das Reurecht entscheidend für das Verständnis der hier gewählten Freilassungsart. Haymann tritt einer manumissio mit Reurecht generell mit der Erwägung entgegen, es hätte dies für den Sklaven eine ganz unzumutbare Unsicherheit bedeutet 75; dabei darf bezweifelt werden, daß die klassischen Juristen diesen Zustand ebenso als „unerträglich“ empfunden haben 76. Die Bedenken wiegen angesichts der Widerruflichkeit des Freiheitsfideikommisses 77 nicht sehr schwer. Vor allem aber existiert ein wichtiger Beleg für die einstige Widerruflichkeit von manumissiones inter vivos. Tacitus berichtet in ann. 13, 25 – 27 von Horden (106) an der Echtheit der aufschiebenden Bedingung greifen nicht durch; zutreffend schon Savigny, System IV, 249 f. in Fn. aa. 73 Insbesondere Julian D. 39, 6, 13, 1; eod. 16; Paulus eod. 35, 4; Ulpian D. 24, 1, 13, 1; eod. 22; 39, 6, 30; zu allen Stellen unten Kap. 5 II. 74 Vgl. etwa Haymann, Freilassungspflicht, 31; Kaser, Condicio iuris, 435, offengelassen aber später in Kaser II, 566 in Fn. 13; Robbe, 175 f.; Simonius, 134 f. Keinen Einwand gegen das Reurecht erhebt Beseler in seiner Rekonstruktion der Stelle in Beiträge V, 68. 75 Haymann, Freilassungspflicht, 11 ff. 76 Lotmar, 364, hält Haymann zu Recht entgegen: „solche Urteile stehen außer Fühlung mit den Quellen“. 77 Dazu Pernice, Labeo III/1, 135; ebenso widerruflich ist umgekehrt die fideikommissarische Auflage, einen Sklaven nicht freizulassen; der Erblasser kann den Sklaven dessen ungeachtet selbst freilassen, vgl. Paulus D. 40, 5, 40, 1 und dazu Lotmar, 360 mit Fn. 5.
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Freigelassener, die im Gefolge Neros plündernd durch Rom gezogen seien und sich zu einer Bedrohung für die öffentliche Ordnung entwickelt hätten (25). Im Senat sei daher die Forderung laut geworden, dem Patron ein generelles Widerrufsrecht gegenüber Freigelassenen zuzubilligen (26). Dagegen sei eingewandt worden, daß man wegen Verfehlungen weniger nicht die Freiheit vieler derart beschneiden dürfe. Außerdem, so sei vorgebracht worden, gebe es nicht umsonst von jeher zwei Formen der Freilassung (27): quin et manu mittendi duas species institutas, ut relinqueretur paenitentiae aut novo beneficio locus; quos vindicta patronus non liberavit, velut vinclo servitutis attineri. Ja, es seien sogar zwei Arten von Freilassung eingerichtet worden, damit für Reue oder aber für eine erneute Begünstigung Raum gelassen werde; wen der Patron nicht vindicta freilasse, der bleibe gleichsam durch die Fessel des Sklavendaseins gebunden.
Exemplarisch für eine iusta manumissio nennt Tacitus deren wichtigste Form, die manumissio vindicta, in Abgrenzung zu einer zweiten, nicht näher bezeichneten Freilassungsart, die Raum für einen Sinneswandel des Freilassers gebe. Ein in der zweiten Art Freigelassener bleibe gleichsam Sklave. Diese Beschreibung trifft genau den Zustand in der frühen Phase der Entwicklung, die die manumissio inter amicos als wichtigste Art der prätorischen Freilassungen genommen hat 78. In republikanischer Zeit führt nämlich eine Freilassung, die die Voraussetzungen einer iusta manumissio nicht erfüllt, lediglich zu einem faktischen in libertate esse. Rechtlich bleiben diese Personen Sklaven, wie aus fr. Dosith. 5 deutlich hervorgeht: Hi autem, qui domini voluntate in libertate erant, manebat servi. Auch Cicero top. 10 bestätigt das: Si neque censu nec vindicta nec testamento liber factus est, non est liber. Mit der Abhängigkeit der libertas von der voluntas domini, wie sie fr. Dosith. 5 beschreibt, ist gewissermaßen ein Höchstmaß an Widerruflichkeit der faktischen Freiheit ausgedrückt. Vermutlich haben Mißbräuche des Widerrufsrechtes 79 den Prätor veranlaßt, die in formloser Weise Freigelassenen in ihrer faktischen Freiheit zu schützen: fr. Dosith. 5 Antea enim una libertas erat et manumissio fiebat vindicta vel testamento vel censu et civitas Romana competebat manumissis: quae appellatur iusta manumissio. Hi autem, qui domini voluntate in libertate erant, manebat servi: sed si manumissores ausi erant in servitudinem denuo eos per vim ducere, interveniebat praetor et non patiebatur manumissum servire. Omnia tamen quasi servus adquirebat manumissori, velut si quid stipulabatur vel mancupio accipiebat vel ex quacumque causa alia adquisierat, domini hoc faciebat, id est manumissi omnia bona ad patronum pertinebant. 78 Überblick bei Steinwenter, Art. Latini Iuniani, Sp. 911 –914; vgl. auch Weiss, Art. Manumissio, Sp. 1374 – 1377; Vangerow, Latini Juniani, 1 –4. 79 Steinwenter, Art. Latini Iuniani, Sp. 911.
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Denn einst gab es [nur] eine Art von Freiheit, und die Freilassung geschah vindicta oder durch Testament oder beim Zensus, und den Freigelassenen stand das römische Bügerrecht zu; und das nennt man eine nach ius civile gültige Freilassung. Die aber, die [nur] kraft des Willens ihres Herrn die Freiheit genossen, blieben Sklaven. Wenn aber die Freilasser es gewagt hatten, sie gewaltsam erneut in die Sklaverei zu führen, schritt der Prätor ein und ließ nicht zu, daß der Freigelassene Sklavendienst verübte. Alles aber erwarb er dem Freilasser gleichsam als Sklave, etwa wenn er sich etwas durch Stipulation versprechen oder etwas manzipieren ließ; oder wenn er aus irgendeinem anderen Grund erwarb, so verschaffte er seinem Herrn daran Eigentum; das heißt, das gesamte Vermögen des Freigelassenen gehörte dem Patron.
Der prätorische Schutz führt noch nicht zur Freiheit im Rechtssinne, folgerichtig vermeidet der Text, von einem libertus zu sprechen und nennt ihn statt dessen manumissus; und wird der Freilasser am Ende der Stelle auch etwas inkonsequent patronus genannt, so bleibt er als manumissor doch zugleich dominus. Gaius 3, 56 beschreibt das Wesen dieser prätorischen Freiheit wie folgt: Quae pars iuris ut manifestior fiat, admonendi sumus, id quod alio loco diximus, eos qui nunc latini iuniani dicuntur, olim ex iure quiritium servos fuisse, sed auxilio praetoris in libertatis forma servari solitos; unde etiam res eorum peculii iure ad patronos pertinere solita est. [...] Damit dieses Rechtsgebiet noch klarer wird, muß man bedenken, was ich an anderer Stelle gesagt habe, daß nämlich die jetzt sogenannten Latini Iuniani einst nach quiritischem Recht zwar Sklaven waren, aber aufgrund des prätorischen Schutzes in einem Zustand der Freiheit verweilten. Daher gehörte auch ihr Vermögen gewöhnlich nach Sondergutsrecht ihren Patronen.
Gaius nennt also auch die obligationen- und sachenrechtliche Konsequenz der bloß faktischen Freiheit: Der Erwerb des inter amicos Freigelassenen fällt weiter an den dominus 80. Zu einer rechtlichen Freiheit führt die prätorische Freilassung erst seit Geltung der lex Iunia Norbana. Dieses Gesetz aus dem Jahr 19 n. Chr. 81 verleiht den inter amicos Freigelassenen die Rechtsstellung von Latini. Dessen gedenkt das Dositheanum ebenso wie der Fortgang der eben zitierten Gaiusstelle: fr. Dosith. 6 Sed nunc habent propriam libertatem qui inter amicos manumittentur, et fiunt Latini Iuniani, quoniam lex Iunia, quae libertatem eis dedit, exaequavit eos Latinis colonariis, qui cum essent cives Romani liberti, nomen suum in coloniam dedissent. 80 81
4 f.
Den Zusammenhang betont zu Recht auch Eleonora Nicosia, 1833. Zur Datierung Steinwenter, Art. Latini Iuniani, Sp. 910 f.; Vangerow, Latini Juniani,
Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
217
Nun aber haben die inter amicos Freigelassenen einen eigenen Freiheitsstand. Sie werden Latini Iuniani, weil die lex Iunia, die ihnen die Freiheit erteilte, sie den Latini colonarii gleichgestellt hat, welche, da sie römische Bürger sind, der Siedlung ihren Namen gegeben haben. Gaius 3, 56 [...] postea vero per legem Iuniam eos omnes, quos praetor in libertate tuebatur, liberos esse coepisse et appellatos esse Latinos Iunianos: Latinos ideo, quia lex eos liberos proinde esse voluit, atque si essent cives Romani ingenui, qui ex urbe Roma in Latinas colonias deducti Latini coloniarii esse coeperunt; Iunianos ideo, quia per legem Iuniam liberi facti sunt, etiamsi non essent cives Romani. [...] Später hingegen wurden alle diejenigen, die der Prätor in ihrem Zustand der Freiheit geschützt hatte, Freie, sogenannte Latini Iuniani; Latini deshalb, weil das Gesetz wollte, daß sie in der Weise frei sein sollten, wie wenn sie freigeborene römische Bürger wären, die infolge ihrer Überführung aus Rom in latinische Siedlungen zu Latini colonarii geworden wären; Iuniani deshalb, weil sie durch die lex Iunia zu Freien gemacht worden sind, wenngleich sie keine römischen Bürger sind.
Sowohl im fr. Dosith. als auch bei Gaius wird der Zustand der Latini Iuniani terminologisch deutlich vom bloßen in libertate esse unterschieden: propria libertas; atque si essent cives Romani ingenui, qui [...] Latini coloniarii esse coeperunt. In zivilrechtlicher Hinsicht verleiht die lex Iunia der manumissio inter amicos Wirkungen, die teilweise denen der iusta manumissio entsprechen, auch wenn der Freigelassene nur personale Latinität genießt und ihm politische Rechte versagt bleiben 82. Selbst wenn dem Latinus Iunianus also der Weg zum römischen Bürgerrecht versperrt ist, verleiht ihm die lex Iunia durch die Gleichstellung mit den Latini colonarii doch eine rechtliche und nicht mehr nur faktische Freiheit 83 mit der wichtigen Konsequenz, daß er nunmehr eigenes Vermögen erwerben kann 84. Diese Freiheit ist nun nicht mehr dem willkürlichen Entzug durch den manumissor ausgesetzt.
82
Steinwenter, Art. Latini Iuniani, Sp. 912. Vgl. auch die Formulierung in UE 1, 10: ... hodie autem ipso iure liberi sunt ex lege Iunia, qua lege Latini sunt nominati inter amicos manumissi, sowie die Aufzählung in GE 1, 1, 2: Latini sunt, qui aut per epistulam aut inter amicos aut convivii adhibitione manumittuntur. – Zutreffend zum ganzen, insb. zu Gaius 3, 56, neuestens Eleonora Nicosia, 1832 f. 84 Das ergibt sich bereits aus einem Umkehrschluß zu der eingangs von Gaius 3, 56 referierten alten Rechtslage, die sich nun geändert hat (olim ... postea vero). Deutlicher noch belegt das der Fortgang des langen Gaiustextes: Es wird weiter berichtet, die lex Iunia habe zugunsten des Patrons ein Sondererbrecht iure quodam modo peculii eingeführt, weil der Patron den Freigewordenen sonst weder iure peculii noch iure manumissionis hätte beerben können. Dieses Sondererbrechts bedurfte es nur, weil der Sklave nunmehr vermögensfähig geworden war. Vgl. zum ganzen Eleonore Nicosia, 1833 –1835. 83
218
Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
Die Entwicklung zeigt, daß in fr. 15 die Aussage quemadmodum si vindicta eum liberaret absolute [...] similiter et in hac specie in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas nicht zwingend Justinian zuzuschreiben ist, wie Voci 85 meint. Wenngleich die Latinität eine mindere Form der Freiheit ist, so ist es doch eine rechtliche Freiheit und nicht nur ein faktisches Freisein wie in republikanischer Zeit. Die Änderung der Rechtslage durch die lex Iunia konnte Marcellus also durchaus zu der Aussage veranlassen, ein mortis causa Freigelassener werde so frei wie durch eine manumissio vindicta. Daß die Rechtssicherheit, welche die lex Iunia den formlos Freigelassenen gewährte, auch eine unwillkommene Kehrseite hatte, erhellt aus dem Bericht des Tacitus 86. Dem dominus war die Möglichkeit genommen, einen Sklaven gleichsam „auf Bewährung“ freizulassen. Wenn aber die Überlieferung des Tacitus den Gegebenheiten entspricht und sich die Senatsmehrheit gegen eine generelle Widerruflichkeit von Freilassungen ausgesprochen hat – was lag dann näher als eine manumissio mortis causa, durch die sich der Freilasser das durch prätorische Intervention faktisch eingeschränkte und durch die lex Iunia dann auch de iure abgeschaffte Reurecht auf dem Umweg einer Bedingung mortis causa erhalten konnte! (5) Die manumissio mortis causa ist ein für beide Seiten lohnendes Geschäft. Sie umgeht einerseits die Freilassungsbeschränkungen der lex Fufia dadurch, daß der Freilassungsakt inter vivos vorgenommen wird, andererseits erlaubt sie dem Freilasser bis zu seinem Tod, seinen Willen zu ändern. Wenn darüber hinaus die Vermutung richtig ist, daß dem Freigelassenen der Patronat erspart wird, der bei einer fideikommissarischen Freilassung unvermeidlich wäre, dann fügt sich dies gut in das Gesamtbild der donatio mortis causa ein, die in der Tendenz immer eine Benachteiligung des Erben zugunsten des Beschenkten bedeutet (Marcian D. 39, 6, 1; Paulus eod. 35, 2). Zu der Absicht, den Patronat zu vermeiden, muß nicht in Widerspruch stehen, daß der manumissor sich den Widerruf der Freilassung vorbehält. Denn die Widerruflichkeit ist nicht unter allen Umständen als Ausdruck einer hartherzigen Haltung des dominus zu verstehen; sie kann vielmehr Teil einer umfassenderen Abrede zwischen dem Herrn und seinem Sklaven sein. Das zeigt die ganz ähnliche rechtliche Lage des statuliber: Sowohl der statuliber als auch der mortis causa Freigelassene werden unter aufschiebender Bedingung frei 87. Beim statuliber lautet die Bedingung üblicherweise auf Zahlung eines bestimmten Betrages 85
Voci, diritto ereditario II, 458 in Fn. 72. Zu Recht weist Haymann, Freilassungspflicht, 30 in Fn. 2, auf den Zusammenhang zwischen Tacitus ann. 13, 27 und fr. Dosith. 5 f. hin, jedoch ohne zu erkennen, daß die allmählich sich durchsetzende Unwiderruflichkeit der manumissio inter amicos kein Argument gegen, sondern für die Widerruflichkeit der in D. 40, 1, 15 behandelten manumissio mortis causa ist. 86
Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
219
aus dem peculium an den Erben des dominus 88, hier bei der manumissio mortis causa besteht sie im Ausbleiben des Widerrufs durch den dominus. Der statuliber wird durch die Bedingung angehalten, sich durch vernünftiges Wirtschaften mit dem peculium die Freiheit zu verdienen 89. Ein ähnlicher Anreiz wird hier gesetzt: Einerseits geht der dominus gleichsam in Vorleistung, indem er den Freilassungsakt schon zu Lebzeiten vornimmt; andererseits bedeutet der Widerrufsvorbehalt dem Sklaven, seine Freiheit hänge davon ab, daß er dem dominus bis zu dessen Tod treu dient. Diese Aussicht wird das Verhalten des Sklaven erheblich positiv gesteuert haben 90. Marcellus wird jedenfalls nicht ohne Grund hervorgehoben haben, daß der Freilassungswille bis zum Tod des Freilassers fortbestehen müsse; denn mag der dominus auch von seinem Recht nur selten Gebrauch gemacht haben, wird es doch praktisch nicht unwichtig gewesen sein, sich durch die Möglichkeit des Widerrufs absichern, womöglich sich auch den Sklaven gefügig halten zu können. Der vom Juristen gewählte Vergleich mit der aufschiebend bedingten traditio untermauert das und schafft die Verbindung zur donatio mortis causa; die hier vorgestellte Freilassung ist einer ihrer Anwendungsfälle 91. Als solcher weist sie das Merkmal aller Vollzugsakte auf, denen eine donatio mortis causa zugrunde liegt: Ihrer rechtlichen Struktur nach ist sie ein Rechtsgeschäft unter Lebenden (manumissio inter amicos), in ihren Wirkungen steht sie den Verfügungen von Todes wegen (manumissio testamento) nahe. In tatsächlicher Hinsicht bleibt manche Frage offen. So läßt sich nicht entscheiden, welche von den angebotenen Erklärungen ausschlaggebend war für die Wahl dieser Freilassung: warum eine testamentarische Freilassung vermieden wurde, ob Verbots- oder Steuergesetze eine Rolle gespielt haben, was mit dem Patronatsrecht geschehen sollte. Es dürfte jedoch deutlich geworden sein, daß die vorgestellte Freilassungsform einige praktische Vorteile bot und von den Juristen akzeptiert wurde; man muß fr. 15 deshalb nicht als „unrettbar durch die Kompilatoren verdorben“ beiseite schieben, und es läßt sich auch kaum 87 Vgl. zum statuliber die Abhandlungen von Donatuti; Pennitz, insb. 4073 –4075; Starace, insb. 107 – 121; ferner Impallomeni, 16 – 20; Kaser I, 114. 88 UE 2, 4; Donatuti, statulibero, 252; Kaser / Knütel, 97. 89 Dazu Pennitz, 4074 f. 90 Zutreffend Robbe, 177 (allerdings unter der unzutreffenden Prämisse der Unwiderruflichkeit der hier vorgenommenen Freilassung); im weiteren Sinne zur positiven Wirkung der Aussicht auf Freiheit auch Knütel, Rechtsfragen, 150 f. 91 Anders Savigny, System IV, 252 f., der die manumissio mortis causa nicht zu den donationes mortis causa rechnen will, sondern nur eine nahe Verwandtschaft anerkennt; auch Robbe, 178 f., will eine strikte Trennung zwischen beiden erkennen. Wenig überzeugend erscheint Cohens Begründung (39): Eine manumissio könne nicht Gegenstand einer Schenkung sein, weil die Freiheit für den Sklaven keinen Vermögenswert habe. – Im Sinne der hier vertretenen Auffassung übersetzt Hulot, in: ders., Corps de droit: „un esclave peut être affranchi par donation à cause de mort“.
220
Kap. 4: Die Freilassung als donatio mortis causa
mehr behaupten, die Stelle sei „wenig ergiebig“ 92. Denn bei allen sprachlichen und inhaltlichen Schwierigkeiten gibt das Marcellus-Fragment über folgendes Aufschluß: 1. Ebenso wie einer mancipatio, traditio, stipulatio oder acceptilatio kann auch einer manumissio als causa eine donatio mortis causa zugrundeliegen. 2. Eine solche manumissio mortis causa muß nicht im Angesicht einer nahe drohenden Todesgefahr vorgenommen werden, vielmehr genügt die bloße cogitatio mortalitatis. 3. Die Wirkung der Freilassung ist in diesem Fall aufschiebend bedingt, wie es auch in anderen Fällen einer donatio mortis causa vorkommt. 4. In der Schwebezeit zwischen Vornahme der Freilassung und Perfektion durch Tod des Freilassers ist die Schenkung – nicht anders als etwa im Fall der traditio – frei widerruflich.
92
Zu den Äußerungen im Schrifttum oben 201.
Kapitel 5
Die Klassizität des Reurechts Nach wie vor umstritten sind die materiellen Voraussetzungen der Rückforderung einer donatio mortis causa. Ausgangspunkt der Untersuchung dieser Frage ist die Feststellung, daß ein Widerruf – revocatio – aus drei 1 verschiedenen Gründen erfolgen kann: wegen Vorversterbens des Beschenkten, wegen Überstehens einer konkreten Todesgefahr, in die der Schenker geraten war, oder weil der Schenker seinen Willen geändert hat. Im letzten Fall sprechen die Quellen von revocatio ex paenitentia 2 oder einfach von mutata voluntate restituere 3. Nur das Widerrufsrecht ex paenitentia bildet den Gegenstand einer Kontroverse über die Klassizität. Daß ein Rückforderungsrecht nach Überstehen einer konkreten Todesgefahr 4 oder bei Prämorienz des Beschenkten (si ille qui accepit prior decesserit) 5 von den Klassikern anerkannt war, ist unbestritten und ange1 Vgl. die Aufzählungen in Julian D. 39, 6, 13, 1; Paulus D. 39, 6, 35, 4; Inst. 2, 7, 1. Eine vierte Kategorie will neuerdings Murillo Villar, revocación, 100 –105 einführen: „Revocación cuando el donatario modifica su situación jurídica“. Der Nutzen dieser Innovation ist zweifelhaft; erstens sprechen die Quellen selbst nur von drei Rückforderungstatbeständen, und zweitens läßt sich in den von Murillo Villar angeführten Fällen die Unwirksamkeit der Schenkung meist auf herkömmliche Weise erklären: In Ulpian / Julian D. 24, 1, 11, 10 (a. a. O., 101) etwa mag zwar die nachfolgende Scheidung die wechselseitige Zuneigung zwischen Schenker und Beschenktem aufheben, doch hat das mit einer Änderung der rechtlichen Lage des Beschenkten nichts zu tun, es ist vielmehr ein Fall der Reue (vgl. zum Fall oben 149). Das zweite Beispiel, die mit einer Adoption eintretende capitis deminutio des Donatars bei Julian D. 39, 6, 19 (dazu 102 f.), begründet ebensowenig einen eigenen Rückforderungstatbestand, sondern hängt schlicht mit dem Verlust der Rechtsfähigkeit zusammen. Sicher verdient es keinen Beifall, wenn drittens (103) die Schenkung an einen Sklaven [sic!] angeführt wird; der Autor bezieht sich offenbar auf Ulpian D. 24, 1, 11, 6, wo der Sklave freilich interpositus und nicht Adressat der Schenkung ist. Schließlich bildet der vierte Fall, die Rückforderung einer Schenkung in fraudem creditorum (105), gerade keinen der donatio mortis causa eigentümlichen Rückforderungstatbestand, wie aus den von Murillo Villar angeführten Texten Ulpian D. 38, 5, 1, 1 und Julian D. 39, 6, 17 deutlich hervorgeht. 2 Ulpian D. 24, 1, 22; 39, 6, 30; PS 3, 7, 2; Inst. 2, 7, 1; Nov. 87; auch Tacitus ann. 13, 27. 3 Julian D. 39, 6, 13, 1; Paulus D. 39, 6, 35, 4. 4 Hier schwankt die Terminologie je nach der Gefahr, an die im konkreten Fall gedacht war. Im Hinblick auf den häufigen Fall einer lebensbedrohlichen Krankheit findet sich häufig convalescere, vgl. African D. 39, 6, 24; Gaius D. 39, 6, 31, 3; Julian D. 12, 1, 19; 24, 1, 4; 39, 6, 13 pr. 1; eod. 16; eod. 18 pr.-2; Marcellus D. 40, 1, 15; Paulus D. 12,
222
Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
sichts der Quellenlage auch unbestreitbar 6. Dagegen hat sich, was die revocatio ex paenitentia angeht, mit Aufkommen der Interpolationenkritik ein merkwürdiger Paradigmenwechsel in der Beurteilung der Klassizität vollzogen. Der Streitstand ist deshalb darzustellen, bevor eine Betrachtung der einschlägigen Quellen ein Urteil erlaubt. Dabei wird die Abgrenzung der einzelnen Positionen durch eine gewisse begriffliche Unschärfe erschwert: Wenn manche Autoren von der Widerruflichkeit der donatio sprechen, sind damit bald alle drei, bald nur die ersten beiden Rückforderungstatbestände gemeint 7. Um den Widerruf ex paenitentia von den beiden anderen Rückforderungsgründen zu unterscheiden, wird im folgenden der üblich gewordene Terminus Reurecht verwendet 8.
I. Der Streitstand 1. Die Literatur bis zur Pandektistik Die ältere Literatur bis ins ausgehende 19. Jahrhundert hat die Existenz eines Reurechts in der Klassik im allgemeinen nicht in Frage gestellt. Vielmehr bestand weitgehende Einigkeit darin, daß die freie Widerruflichkeit die donatio mortis causa auszeichne 9, sie ergebe sich gleichsam aus der Natur des Rechtsgeschäfts 10. Umgekehrt wurde sogar die donatio mortis causa als Beleg für die generelle Widerruflichkeit eines dare ob causam futuram angeführt 11. Noch 1892 schreibt Pernice: „das Reurecht ist sicher bei der donatio mortis causa an4, 12; 39, 6, 35, 3. 4. 6; eod. 39; Scaevola D. 24, 1, 56; Tryphonin D. 23, 3, 76; Ulpian D. 39, 6, 29; eod. 37, 1. 5 Z. B. Julian D. 39, 6, 13, 1; Paulus eod. 35, 4; Inst. 2, 7, 1. 6 Zur Voraussetzung ulla condicio redhibendi als Wesensmerkmal der donatio mortis causa oben Kap. 1 III 1. Eine gute Übersicht bezüglich der ersten beiden Rückforderungstatbestände bietet neuerdings die Arbeit von Murillo Villar, revocación, 93 –100; zudem Rodríguez Díaz, 107 – 112. 7 So meint etwa Rodríguez Díaz, 114 (im Abschnitt „El ius paenitentiae“): „Amelotti estimaba que la d.m.c. era siempre revocable“, was durchaus nicht zutrifft; im angeführten Abschnitt (Amelotti, donatio, 40 – 47) handelt der Autor nur von der Unentbehrlichkeit eines Rückforderungsrechtes überhaupt, während er später (207 –210) die Klassizität des Reurechts bestreitet. 8 Kein sachlicher Unterschied liegt darin, wenn etwa Archi, donazione, 257, Di Paola, donatio, 68, oder Tort-Martorell Llabrés, 51, neben der revocatio ex paenitentia den in den Quellen nicht vorkommenden Begriff einer revocatio ad libitum gebrauchen. 9 Vgl. (in zeitlicher Reihenfolge) Cuiacius, ad D. 39, 6, 42, 1 (opera IV, Sp. 1371 C); ders., ad C. 8, 56 (opera IX, 1355 B); Brechenmacher, 33 f.; Lauterbach, 100, 101; von Schirach, 313 f.; Müller, 24, 99 ff.; Schröter, insb. 106; Savigny, System IV, 251; Erxleben, 159; Windscheid II, 569. 10 Donellus, lib. 14, cap. 33, § 5 f.; Cohen, 12: „Dieses Recht des beliebigen Widerrufs folgt aus der Natur der ‚mortis causa donatio‘ als solcher“.
I. Der Streitstand
223
erkannt“, und bezeichnet es als „Eigenheit der Todesschenkung“ 12. Statt dessen hat man diskutiert, ob im Einzelfall durch ausdrückliche Vereinbarung auf das Recht des beliebigen Widerrufs verzichtet werden könne, ohne daß die Zuwendung den Charakter einer donatio mortis causa verliert, was bisweilen verneint 13, aber meistens mit plausiblen Gründen bejaht wurde 14. 2. Die interpolationistische Literatur Manns hat als einer der ersten das Reurecht insgesamt als justinianische Erfindung bezeichnet 15, Gradenwitz ist ihm im wesentlichen gefolgt und hat dessen Argumentation bekräftigt 16. Beide beziehen sich dabei aber auf das Reurecht bei Rechtsgeschäften unter Lebenden; so kommt Manns unbeschadet seiner Grundthese zur Klassizität des Reurechts bei der donatio mortis causa, das er zwar noch nicht für die frühe Zeit, wohl aber für die Zeit Julians anerkennt 17. 11 Wendt, 51: „Einen weiteren, wie ich hoffe, classischen Zeugen gedenke ich in den Schenkungen mortis causa vorzuführen, für welche der beliebige Widerruf zwar stets als zuständig anerkannt [!], selten jedoch in seinen Gründen verstanden ist.“ – In umgekehrter Richtung führt allerdings Donellus, liber 14, cap. 33, § 6, den Beweis: Nempe quia quod donatur mortis caussa, datur ob caussam [...] constat autem omnia, quae ob caussam dantur, caussa nondum secuta ex poenitentia revocari posse; zum ganzen Gruebler, 46 –51. 12 Pernice, Labeo III/1, 263, 266. 13 Implizit Bechmann, Kauf II, 500 in Fn. 1: „Mag auch die Schenkung in unserem Fall [scil. Vat. 283] keine reine m. c. donatio sein (weil die Widerruflichkeit bei Lebzeiten fehlt) [...]“; früher schon Bartolus, ad D. 39, 6, 13, 1, der allerdings unter – fragwürdiger – Berufung auf Paulus D. 34, 9, 5, 20 danach unterscheiden will, ob eine donatio mortis causa im Testament angeordnet wurde oder außerhalb des Testaments durch traditio vollzogen wurde; gegen ihn (fälschlich: „Bald.“) Alciat, ad D. 12, 1, 19, pr. (Opera III, Sp. 702). – Die Vorstellung, eine donatio mortis causa ohne Reurecht sei undenkbar, wirkt noch in der 2. BGB-Kommission fort, wo der Antrag gestellt wurde, man möge den § 1963 E 1 (= § 2301 BGB) dahingehend ändern, daß eine Schenkung auf den Todesfall nur dann als Verfügung von Todes wegen wirksam ist, wenn sich der Schenker das Recht des beliebigen Widerrufs vorbehalten hat (Prot. S. 7396 bei Mugdan V, 761). 14 Anschaulich Heimbach, Schenkung auf den Todesfall, 710: „In beiden Fällen [scil. bei akuter Todesgefahr und bei bloßer Erwägung der Sterblichkeit] ist der stillschweigende Vorbehalt des willkürlichen Widerrufes von Seiten des Gebers bis an seinen Tod Regel in der Art, daß er sich von selbst versteht; er ist aber nicht so wesentlich, daß darauf nicht besonders verzichtet werden könnte.“; zudem Cohen, 65 (Ausschluß durch pactum de non revocando); von Schirach, 303; Wenger, Schenkung, 337; Windscheid II, 568 f. 15 Gradenwitz, 146 mit Fn. 1, beruft sich dagegen auf Faber, „in seinen Rationalia, ad L. 5“ (scil. D. 12, 4, 5); offenbar von Gradenwitz übernehmen die Angabe etwa Gruebler, 7 in Fn. 3, und Cugia, 89 in Fn. 4. Es ist aber nicht ersichtlich, wo in seinen Rationalia Faber die Stelle behandeln sollte, Faber selbst jedenfalls führt sie in seinem Index nicht auf. 16 Gradenwitz, 146 – 169.
224
Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
Erste Zweifel bezüglich des Reurechts bei der donatio mortis causa finden sich bei Lenel, der indes nur einzelne von paenitentia handelnde Stellen beanstandet 18. Wenig später (1905) bestreitet Cugia systematisch die Existenz eines Reurechts 19. In gleicher Richtung erkennt Biondi 1914 nur noch die Rückforderungsfälle si donator convaluerit und si ille qui acceperit prior decesserit an, ein Reurecht könne nur durch Stipulation vereinbart werden 20. Bonfante hat dem widersprochen 21, auch Suman äußerte sich kritisch zum Umfang der Interpolationsannahmen Biondis 22; 1955 hat Biondi sich von seiner früheren Auffassung vorsichtig distanziert und hält eine freie Widerruflichkeit der donatio mortis causa jedenfalls für möglich 23. Archi hat die Entstehung des Reurechts aufgrund von PS 3, 7, 2 auf die Zeit des Übergangs von der Spät- zur Nachklassik datiert 24. Als wichtigste Vertreter der italienischen Romanistik haben aber Di Paola (1950) und Amelotti (1953) in ihren einschlägigen Arbeiten die Klassizität des Reurechts nachdrücklich geleugnet und die ihrer These entgegenstehenden Quellen für interpoliert erklärt 25. Ihnen folgt die spanische Literatur dieser Zeit, soweit sie sich überhaupt mit der Frage befaßt 26. Uneinheitlich ist das Bild in der französischen Romanistik: Die wichtigste Arbeit von Senn (1914) erkennt ein Reurecht insoweit an, als sie die donatio mortis causa mit Sachübergabe als Anwendungsfall der fiducia cum amico sieht, verneint es indes für die donandi animo abgeschlossene stipulatio mortis causa 27. Das Handbuch von Cuq (1917) ordnet das Reurecht in nachklassische, aber vorjustinianische Zeit ein 28, während Girard 29 (1929) die freie Widerruflichkeit als Charakteristikum der klassischen donatio mortis causa betrachtet. Die deutsche Literatur hat, von Haymann abgesehen 30, im allgemeinen 31 die von Cugia vorgegebene Linie weiterverfolgt. Simonius 32 hat auf den Versuch, die 17
Manns, 30 – 32; vgl. auch Biondi, Appunti, 761. Lenel, Palingenesia I, Sp. 390 Fn. 2 (ad Julian Nr. 406, D. 39, 6, 15); II, Sp. 1143 Fn. 2 (ad Ulpian Nr. 2768, D. 24, 1, 13, 1); II, Sp. 1025 Fn. 5 (ad Ulpian Nr. 2447, D. 24, 1, 22). Unbeanstandet läßt er etwa Julian / Marcellus D. 39, 6, 13, 1; eod. 15; Julian eod. 16; Ulpian 39, 6, 30. 19 Cugia 88 – 99, insb. 89 f., 92. 20 Biondi, Appunti, 758. 21 Bonfante, donatio, 427 in Fn. 2. 22 Suman, 204 – 211. 23 Biondi, Successione, 712 f. mit Fn. 3. 24 Archi, donazione, 257. 25 Di Paola, donatio, 61 – 93, insb. 68 – 72; Amelotti, donatio, 207 –210 (Zusammenstellung der Interpolationsbehauptungen 208 in Fn. 17). 26 Vgl. Samper Polo, 147. 27 Senn, donation, 46 – 49 gegenüber 64 – 66. 28 Cuq, 798: „Bas-Empire“. 29 Girard, 1003 mit Fn. 7. 18
I. Der Streitstand
225
Klassizität des Reurechts zu bestreiten, mehr Mühe verwandt als seine beiden Vorgänger Di Paola und Amelotti, und dies ist der einzige wichtige Punkt, in dem die drei Monographien der 1950er Jahre bei der Darstellung des Rechtsinstituts übereinstimmen. Kaser war allen drei Autoren bereitwillig gefolgt 33 und sprach 1959 von „heute wohl unbestrittener Lehre“ 34. 3. Neuere Entwicklungen Einen Wendepunkt in der italienischen Romanistik markiert Voci 1963 mit der Neuauflage seines Erbrechtslehrbuchs, in dem er schreibt: „Il donante ha il potere di revocare la donazione sempre che voglia.“ 35 Kaser hat daraufhin in der Neuauflage seines Handbuches 36 eine Untersuchung der von Voci angeführten Stellen angeregt, die bisher ausgeblieben ist. Die Diskussion bewegt sich seitdem eher an der Oberfläche. Yaron 37 hielt an seiner Datierung des Reurechts auf das vierte Jahrhundert fest, auch Di Paola 38 blieb bei seiner Auffassung, und Harder schob die Möglichkeit eines Reurechts aus systematischen Erwägungen beiseite 39. Rastätter 40 hat sich im Anschluß an Voci mit guten Gründen, aber ohne eine weitergehende Untersuchung der Stellen 41, für die Klassizität des Reurechts ausgesprochen. In gleicher Richtung argumentiert neuestens Riechelmann 42 recht überzeugend, wenn auch ohne exegetische Vertiefung, für ein klassisches Reurecht und stützt sich vor allem auf Ulpian D. 39, 6, 30; freilich hat auch er das Quellenmaterial bei weitem nicht ausgeschöpft. Arbeiten au30 Bemerkenswerterweise nimmt Haymann, Zur lex 42 pr., 234 –238, das Reurecht bei der donatio mortis causa gegen Biondis (damalige) Pauschalverdächtigung mit der gleichen Entschiedenheit in Schutz, mit der er es im Hinblick auf die Freilassungsauflage (Freilassungspflicht und Reurecht, 1905) den Kompilatoren zugeschrieben hatte; bei der donatio mortis causa komme es stets auf das quid acti sit an (237). 31 Vgl. Levy, Westen und Osten, 256 f. mit ausführlichen Literaturnachweisen in Fn. 5; ferner Erbe, 133 mit Fn. 4; Schwarz, condictio, 267 f. 32 Simonius, 117 – 143. 33 Kaser, Rez. Di Paola, 246; ders., Rez. Amelotti, 453; ders., Rez. Simonius, 218. 34 Kaser, Rez. Simonius, 218. 35 Voci, diritto ereditario II, 463. 36 Kaser II, 566 in Fn. 13. 37 Yaron, Donatio sola cogitatione mortalitatis, 375. 38 Di Paola, corso, 40 – 52. 39 Harder, 63; ihm scheint ein Reurecht mit der von ihm besonders betonten Vertragsstruktur der donatio mortis causa unvereinbar. 40 Rastätter, 77 – 79. 41 Die freilich bei seiner Fragestellung – Marcelli notae ad Iuliani digesta – auch fern gelegen hätte. 42 Riechelmann, 76 – 81.
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
ßerhalb des Themenbereichs, die sich am Rande bald für 43, bald gegen 44 das klassische Reurecht aussprechen, verweisen dabei üblicherweise auf die – bisher nicht zufriedenstellenden – zitierten Werke. Seit einigen Jahren hat das Thema in Spanien Konjunktur. Die gründlichste Untersuchung hat Rodríguez Díaz im Jahr 2000 unternommen 45, deren Arbeit indes daran leidet, daß die Frage des Reurechts gelegentlich mit der Möglichkeit der Rückforderung überhaupt vermengt wird 46; insbesondere ist aber das Ergebnis, nur die aufschiebend bedingt vollzogene donatio mortis causa sei überhaupt widerruflich 47, etwa im Hinblick auf Ulpian D. 24, 1, 13, 1; 39, 6, 30 zweifelhaft. Keinen Fortschritt bringt die Monographie von Tort-Martorell Llabrés (2003), die sich ausschließlich dem Rückforderungsrecht bei der donatio mortis causa widmet, ohne etwas zur Klärung der entscheidenden Fragen beizutragen; die Autorin streitet die Klassizität des Reurechts ab 48, aber statt einer Betrachtung der einschlägigen Quellen referiert sie die Thesen von Di Paola, Amelotti und Archi und zementiert so den Forschungsstand der 1950er Jahre. In seiner 2007 erschienenen Arbeit zur Rückforderung der Schenkung widmet sich Murillo Villar in einem Kapitel auch der donatio mortis causa und behandelt dort auch das Reurecht 49. Er scheint sich in Anlehnung an Rodríguez Díaz für Klassizität aussprechen zu wollen, doch erschöpfen sich seine Ausführungen hauptsächlich in Lesefrüchten aus den Werken von Amelotti, Biondi, Rodríguez Díaz und Tort-Martorell Llabrés, so daß ein Standpunkt nicht recht deutlich wird. Nur die Stellen PS 3, 7, 2 und Inst. 2, 7, 1 werden erwähnt, sämtliche Digestenstellen dagegen beiseite gelassen. Die jüngst erschienene Abhandlung von Jung zum Rückforderungsrecht bei der donatio mortis causa spart die Frage des Reurechts, welche der Autor als eine der „besonders umstrittenen Fragen des Rechts der d.m.c.“ erkennt, ganz aus 50.
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Etwa Abbet, 137; neuestens auch Harke, 326 f. Noordraven, 96; keine klare Positionierung bei Olzen, 19: „aus der Zeit vor der justinianischen Kodifikation und nicht aus dem oströmischen Rechtskreis“. 45 Rodríguez Díaz, 112 – 124. 46 Rodríguez Díaz, 121 – 123. 47 Rodríguez Díaz, 121. 48 Tort-Martorell Llabrés, 46, 51 f., 161. 49 Murillo Villar, revocación, 105 – 108. 50 Jung, 341. – Der pauschale Verweis auf die „ausführlich[e]“ Arbeit von TortMartorell Llabrés (Fn. 116) geht freilich ins Leere. 44
I. Der Streitstand
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4. Vorläufige Bewertung des Forschungsstandes Nimmt man die Äußerungen im Schrifttum gegen ein klassisches Reurecht zusammen, dann entsteht der Eindruck: Vorwiegend handelt es sich um abstrakte Erwägungen; quellengestützte Argumente sind selten. Eine Stelle, die ein Reurecht grundsätzlich ausschließt, hat bisher niemand angeführt; es gibt sie auch nicht. Die interpolationistische Literatur zeigt überdies bemerkenswerte Nonchalance im Umgang mit den Quellen, die ein generelles Reurecht bezeugen: Simonius führt unter der Überschrift „Beweise gegen die Echtheit des Reurechts“ nicht weniger als sieben Stellen an, die das Reurecht teils ausdrücklich nennen, teils implizit belegen; der „Beweis“ ist freilich nur so zu führen, daß die Stellen allesamt für interpoliert erklärt werden 51. Amelottis Interpolationsbehauptungen betreffen dieselben Stellen; eine Begründung liefert er nicht 52. Sofern die Annahme einer erst nachklassischen Entstehung des Reurechts begründet wird – und nicht nur, wie es bisweilen geschieht 53, ihrerseits als Begründungstopos für Behauptungen über die angebliche Struktur der klassischen donatio mortis causa verwendet wird –, werden zwei Überlegungen vorgetragen: Erstens hätten bei einer freien Widerruflichkeit der donatio mortis causa die speziellen Rückforderungstatbestände der Konvaleszenz und Prämorienz keinen sinnvollen Anwendungsbereich, und zweitens sei die Einführung eines Reurechts eine Maßnahme der von Justinian vorgenommenen Angleichung an das Legatsrecht 54. Der erste Einwand entbehrt deshalb der Überzeugungskraft, weil sich bei einer Schenkung, die im Angesicht unmittelbarer Todesgefahr vorgenommen wird, das Rückforderungsrecht nach Überstehen der Gefahr ohne weiteres aus der Schenkungsabrede ergibt, und auch mit Prämorienz des Beschenkten fällt der mit der Schenkung verfolgte Zweck dahin; ein Reurecht muß dagegen vom 51 Simonius, 127 ff.: Julian D. 12, 1, 19 pr.; Marcellus D. 39, 6, 15; Julian eod. 16; Ulpian eod. 30; Marcellus D. 40, 1, 15; Ulpian D. 24, 1, 13, 1; eod. 22. 52 Vgl. Amelotti, donatio, 208 in Fn. 17. 53 So bestreiten Simonius, 92, und Yaron, Donatio sola cogitatione mortalitatis, 370, die Existenz einer donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis mit der grundsätzlich richtigen Erwägung, daß diese Form ein Reurecht voraussetze, dessen Klassizität die Autoren indes verneinen. – Zur Echtheit der genannten Schenkungsform vgl. oben Kap. 1 II 2. – Zu Ulpian D. 24, 1, 22 (oben 139 ff.) meint Simonius, 286, die dort belegte Widerruflichkeit der Schenkung könne Ulpian nicht mit dem animus des Schenkers begründet haben, weil die Klassiker kein generelles Reurecht gekannt hätten. – Den engen Zusammenhang zwischen dem fideicommissum a debitore relictum und der Möglichkeit, die donatio mortis causa mit Fideikommissen zu belasten (vgl. dazu oben 124 ff. zu Ulpian D. 32, 3 pr.), leugnet Simonius, 71, ebenfalls allein wegen des angeblichen Fehlens eines Reurechts in klassischer Zeit. 54 Zum ersten Biondi, Appunti, 760, und Simonius, 129; zum zweiten Biondi, Appunti, 768, und Di Paola, donatio, 70.
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
Schenker ausgeübt werden 55. Das hat die wichtige, bisher im Schrifttum offenbar nicht bedachte Konsequenz, daß das Reurecht gleichsam mit dem Schenker stirbt 56, während der einmal durch Konvaleszenz des Schenkers oder durch Prämorienz des Beschenkten entstandene Rückforderungsanspruch auch noch von den Erben des Schenkers geltend gemacht werden kann 57. Folglich haben die Rückforderungstatbestände der Konvaleszenz und Prämorienz einen wichtigen Anwendungsbereich neben dem generellen Reurecht. Was zweitens den Zusammenhang des Reurechts mit der Angleichung an Legatsrecht angeht, hat sich bereits oben gezeigt, daß die einschneidenden Maßnahmen zur Anwendung der erbrechtlichen Gesetzgebung auf die donatio mortis causa zwischen Hadrian und Severus Alexander stattfinden 58. Als wichtigste Schritte sind in Erinnerung zu rufen: die Ausdehnung der leges Iulia et Papia seit Vespasian oder spätestens Hadrian; die Anwendung der lex Falcidia unter Septimius Severus; die Einführung der querela inofficiosae donationis unter Severus Alexander. Wenn also Justinian in der Konstitution C. 8, 56, 4 von einer Angleichung der donatio mortis causa an das Legatsrecht spricht, bezieht sich das besonders auf die Beseitigung der von Konstantin errichteten Formvorschriften 59, denn in materieller Hinsicht ist das Wesentliche lange vorher geschehen. 55
So schon richtig Schröter, 106. So ausdrücklich die oratio Severi zur Ehegattenschenkung: D. 24, 1, 32, 2 Ulp. 33 ad Sab. Ait oratio ‚fas esse eum quidem qui donavit paenitere: heredem vero eripere forsitan adversus voluntatem supremam eius qui donaverit durum et avarum esse‘ (Die oratio besagt, daß es zwar rechtlich anerkannt sei, daß der Schenker bereuen könne, daß es aber hart und habgierig sei, wenn etwa gegen den bis zuletzt aufrechterhaltenen Willen des Schenkers sein Erbe [die Schenkung] an sich reißt). Zudem betont Ulpian D. 39, 6, 30, daß die Rückforderungsklage ex paenitentia nur dem Schenker selbst (ipse) zusteht; zum Text sogleich unten 233. – Zur Unvererblichkeit des ausdrücklich vereinbarten Widerrufsrechtes vgl. auch oben zu Scaevola D. 32, 37, 3 (oben 74), und auch aus Marcellus D. 39, 6, 28 ergibt sich deutlich, daß die Erben nicht mehr widerrufen können (zur Stelle Rodríguez Díaz, 112, und Simonius, 273 f.). – Nicht anders ist die Rechtslage beim Verkauf eines Sklaven unter Freilassungsauflage: Das Widerrufsrecht des Verkäufers ist unvererblich, vgl. Callistratus D. 40, 8, 3; dazu Finkenauer, Mark Aurel, 36 f. 57 Daß dies keine Stelle zur donatio mortis causa deutlich ausspricht, mag daran liegen, daß es sich hierbei um eine generelle Wirkung der Universalsukzession (vgl. z. B. Julian D. 50, 17, 62) handelt. Immerhin ergibt es sich etwa aus Papinian D. 39, 6, 42 pr.: Dort streiten die Erben der Schenkerin mit den Erben des vorverstorbenen Donatars; vgl. zum Fall oben 44 ff. – Diesen Punkt übersieht Rodríguez Díaz, 112, wenn sie aufgrund von Marcellus D. 39, 6, 28 zu dem Ergebnis kommt, die Rückforderung durch den Erben des Schenkers sei schlechthin ausgeschlossen. Der Erbe ist lediglich daran gehindert, selbst das Reurecht auszuüben. Dagegen kann er sehr wohl das noch vom Schenker selbst zu Lebzeiten ausgeübte Reurecht geltend machen, wie Julian / Marcellus D. 39, 6, 13, 1 zeigt (sogleich unten II 1). 58 Zutreffend insoweit Suman, 205 f. 59 Zum ganzen oben 32 ff. und 87. – Anders aber Schindler, 17: Es könne nicht vorrangig um die Anwendung der Formvorschriften gegangen sein; ausführlich zur Diskrepanz 56
II. Ausdrückliche Belege für ein klassisches Reurecht
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Zutreffend hat Jung 60 kürzlich formuliert: „Kraft des bis zum Tode schwebend vorhandenen Rückforderungsrechts vermochte der Schenker mithin, seiner Zuwendung unter Lebenden den Charakter und die faktische Wirkung einer erbrechtlichen Verfügung zu geben.“ Diese Aussage stimmt aber nur unter der zwingenden Voraussetzung, daß dem Schenker auch ein Reurecht zusteht 61. Allein das Reurecht verleiht der donatio mortis causa die für letztwillige Verfügungen typische Widerruflichkeit. Die beiden anderen Rückforderungsgründe ergeben sich aus dem Ausfall objektiver Bedingungen und haben nichts mit der Dispositionsfreiheit des Schenkers zu tun. An der Frage des Reurechts wird sich deshalb entscheiden, ob die klassische donatio mortis causa in ihrer Zwecksetzung wirklich den erbrechtlichen Rechtsgeschäften zuzurechnen ist 62, es geht also um die Rechtsnatur des Instituts überhaupt. Eine Antwort läßt sich nur durch einen nicht prämissengeleiteten Blick auf die einschlägigen Quellen finden.
II. Ausdrückliche Belege für ein klassisches Reurecht 1. Bereits Julian hat sich intensiv mit dem Reurecht befaßt. Die Kompilation hat in D. 39, 6, 13 – 19 63 fortlaufend Fragmente aus Julians Digesten aneinandergereiht, in denen unter anderem das Reurecht diskutiert wird, teilweise auch in notae anderer Juristen: D. 39, 6, 13, 1 Iulianus libro septimo decimo digestorum Marcellus notat: in mortis causa donationibus etiam facti quaestiones sunt. nam et sic potest donari, ut [...] reddatur, etiamsi prior ex eadem valetudine donator decesserit, si tamen mutata voluntate restitui sibi voluerit ... Marcellus merkt an: Bei den Schenkungen von Todes wegen treten auch Fragen tatsächlicher Art auf. Denn es kann auch so geschenkt werden, daß [...] die Sache zurückzugewähren ist, wenn der Schenker zwar zuvor an dieser einen Krankheit gestorben ist, er jedoch seinen Willen geändert hatte und wollte, daß ihm die Sache zurückgewährt wird 64.
Die lange Marcellusnote war bereits im ersten Kapitel Gegenstand der Erörterung. Danach gibt es vier mögliche Rückgewährvereinbarungen: 1. Rückgewähr zwischen dem in der Konstitution genannten Anlaß und ihrem dispositiven Gehalt bereits Wiederhold, 103 – 118. 60 Jung, 338. 61 Weshalb man die Frage sinnvollerweise nicht offenlassen kann, so aber Jung, 341. 62 Vgl. dazu oben 25. 63 Siehe aber auch Julian D. 12, 1, 19 pr. 64 Der gesamte Text oben 41.
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
der Sache nur, wenn der Schenker genest; 2. Rückgewähr trotz Versterbens des Schenkers an der konkreten Krankheit, wenn der Schenker vorher widerrufen hatte; 3. Rückgewähr nur bei Prämorienz des Donatars; 4. keinerlei Rückgewährvereinbarung. Der problematischste Fall ist, wie gesehen, der vierte, weil dort der Begriff der donatio mortis causa als solcher in Frage steht. Julian selbst scheint die Unterteilung der verschiedenen Arten einer donatio mortis causa etwas anders vorgenommen zu haben 65, wie aus der Wiedergabe des – hier in fr. 13 nicht enthaltenen – Textes aus Julians 17. Digestenbuch bei Ulpian D. 39, 6, 2 66 erhellt. Der hier relevante Teil der Marcellusnote, welcher als zweite Variante die Rückforderung nach Ausübung des Reurechts belegt, steht aber jedenfalls mit Julians Auffassung im Einklang, wie sogleich das fr. 16 zeigen wird. Aus dem unscheinbaren prior geht hervor, daß Marcellus eine den Erben des Schenkers begünstigende Rückgewährvereinbarung meint: Der Erbe kann die Schenkung zurückfordern, wenn der Schenker zwar an eben der Krankheit gestorben ist, die die Schenkung veranlaßt hatte, aber vor dem Tod sein Reurecht ausgeübt hatte. Diese Lehre von der Höchstpersönlichkeit des Reurechts findet sich auch in Ulpian D. 39, 6, 30. Die nächste Stelle zum Reurecht in Julians Digesten ist von zwei Juristen kommentiert worden: D. 39, 6, 15 Iulianus libro vicensimo septimo digestorum Marcellus notat: cum testamento relinquendi, cui velint, adepti sint filii familias milites liberam facultatem, credi potest ea etiam remissa, quae donationes mortis causa fieri prohibent. Paulus notat: hoc et constitutum est et ad exemplum legatorum mortis causa donationes revocatae sunt. Marcellus bemerkt: Da den Haussöhnen, die Soldaten sind, die freie Möglichkeit gewährt ist, ihr Vermögen testamentarisch zu hinterlassen, wem sie wollen, kann man annehmen, daß ihnen auch die Verbote der Schenkungen von Todes wegen erlassen sind. Paulus bemerkt: Das ist auch durch Konstitutionen gesichert, und Schenkungen von Todes wegen werden nach dem Muster der Vermächtnisse widerrufen.
Die Paulusnote, auf die es hier ankommt, gilt seit Cuiacius als interpoliert 67. Leider ist der Juliantext, an den die beiden notae von Marcellus und Paulus 65
Zum eher losen Zusammenhang zwischen der Vorlage Julians und dem Kommentar des Marcellus vgl. Rastätter, 75 ff., 82. – Marcellus läßt jedenfalls keinen direkten Bezug zum in fr. 13 pr. überlieferten Juliantext erkennen: Dort geht es um die Frage, wer nach Konvaleszenz des Schenkers die vom Beschenkten inzwischen ersessene Sache kondizieren könne. 66 Vgl. oben 26 f. – Julian stellte in seiner Einteilung im 17. Digestenbuch – der Abschnitt befaßte sich vermutlich mit der Ehegattenschenkung (Lenel, Palingenesia I, Sp. 366) – stärker auf die unterschiedlichen Vollzugszeitpunkte bei der Sachschenkung ab, weil für ihn nur die aufschiebend bedingt vollzogene donatio mortis causa mit dem Ehegattenschenkungsverbot vereinbar war (vgl. Ulpian D. 24, 1, 11, 1; dazu oben 95 f.).
II. Ausdrückliche Belege für ein klassisches Reurecht
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anknüpfen, nicht erhalten; wahrscheinlich handelte aber Julians 27. Digestenbuch vom Soldatentestament 68. Ist es danach plausibel, daß die Marcellusnote die Zulässigkeit der von Soldaten vorgenommenen donationes mortis causa als argumentum a maiore ad minus vom Soldatentestament herleitet 69, so ist andererseits der Zusammenhang mit der Paulusnote nicht allzu offensichtlich, aber doch feststellbar 70. Das tertium comparationis besteht in der Widerruflichkeit letztwilliger Verfügungen; auch darf der eher weitläufige Kontext nicht allzu sehr verwundern, denn die Juliantexte frr. 13 – 21 sprechen unterschiedlichste Probleme der donatio mortis causa an. Weiter ist Cuiacius zwar zuzugeben, daß die Paulusnote (ad exemplum legatorum mortis causa donationes revocatae sunt) gewisse Ähnlichkeit mit einem Satz in Inst. 2, 7, 1 (hae mortis causa donationes ad exemplum legatorum redactae sunt per omnia) aufweist 71, doch wird das exemplum legatorum häufig und keinesfalls nur im Hinblick auf das Reurecht bemüht 72. Und selbst wenn man in der Widerruflichkeit des Legats ein typisch justinianisches Argument sehen will, ändert dies nichts daran, daß Julian / Marcellus das Reurecht bei der donatio mortis causa auch ohne Bezug auf das Legat, allein aus der Parteivereinbarung zu begründen wußten, wie an fr. 13, 1 deutlich zu sehen ist. Gleichwohl steht auch die klarste Aussage Julians über ein generelles Reurecht 73 im Zusammenhang mit dem Testamentsrecht 74 und stellt insoweit die Nähe der donatio mortis causa zu den letztwilligen Verfügungen heraus 75: D. 39, 6, 16 Iulianus libro vicensimo nono digestorum Mortis causa donatio etiam dum pendet, an convalescere possit donator, revocari potest. Auch so lange in der Schwebe ist, ob der Schenker genesen wird, kann die Schenkung von Todes wegen widerrufen werden.
Der Schenker, der imminente periculo commotus geschenkt hatte – also unter der Bedingung, daß er an der konkreten Krankheit versterbe –, muß nicht warten, 67 Cuiacius, ad Inst. 2, 7, 1, opera I, 86 D; vgl. im übrigen die Nachweise bei Di Paola, donatio, 71 in Fn. 24. Für Echtheit tritt Rastätter, 171 f., mit guten Gründen ein. 68 Lenel, Palingenesia I, Sp. 390 (Julian Nr. 406). 69 Dazu Simonius, 12 f. 70 Aufschlußreich und zutreffend Rastätter, 171 f. 71 Cuiacius, ad Inst. 2, 7, 1, opera I, 86 D; ebenso etwa Cugia, 62 f.; Rodríguez Díaz, 173. 72 Vgl. die Nachweise oben 25 in Fn. 24. 73 Suman, 209; Voci, diritto ereditario II, 465. – Tort-Martorell Llabrés setzt sich in ihrer Monographie über das Reurecht bei der donatio mortis causa weder mit diesem zentralen Text noch mit dem vorangehenden fr. 15 auseinander. 74 Lenel, Palingenesia I, Sp. 329 (Julian Nr. 429): De Testamentis. 75 Zutreffend Pernice, Labeo III/1, 267.
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
bis die causa wegen seiner Genesung hinfällig geworden ist; er kann auch in der Schwebezeit sein Reurecht ausüben. Die Aussage entspricht inhaltlich der zweiten Variante in der Marcellusnote des fr. 13, 1. Auch die Gegner eines klassischen Reurechts können an dem Satz keinen sprachlichen Makel finden und müssen, um seine allgemeine Geltung bestreiten zu können, zu so fernliegenden Erklärungen greifen wie der, Julian handle hier von einer donatio in fraudem creditorum 76. Auch an eher abseitigem Ort, nämlich zwischen Problemen der condictio 77, spricht Julian von der Rückforderung einer donatio mortis causa: D. 12, 1, 19 pr. Iulianus libro decimo digestorum Non omnis numeratio eum qui accepit obligat, sed quotiens id ipsum agitur, ut confestim obligaretur. nam et is, qui mortis causa pecuniam donat, numerat pecuniam, sed non aliter obligabit accipientem, quam si exstitisset casus, in quem obligatio collata fuisset, veluti si donator convaluisset aut is qui accipiebat prior decessisset. Nicht jede Zahlung verpflichtet den Empfänger, sondern nur, wenn gerade das vereinbart wird, daß er sogleich verpflichtet werden soll. Denn auch, wer von Todes wegen schenkt, zahlt Geld, verpflichtet den Empfänger aber nur bei Eintritt des Falles, auf den die Verpflichtung abgestellt hatte, zum Beispiel wenn der Schenker genesen ist oder der Empfänger vorverstorben ist.
Der Text behandelt Auslegungsfragen beim Darlehen zur Entstehung der condictio 78: Nicht der bloße Umstand einer Zahlung verpflichte den Empfänger zur Rückzahlung, es müsse vielmehr eine entsprechende Zweckbestimmung hinzutreten. Ein Beispiel dafür ist die donatio mortis causa: Sie begründet nur eine aufschiebend bedingte Rückgewährpflicht. Das entscheidende Wort heißt veluti 79: Die Rückforderungstatbestände Konvaleszenz und Prämorienz sind nicht abschließend 80. Auch wer der hier vertretenen Lesart von veluti nicht beitreten möchte, wird einräumen, daß sich der Text jedenfalls nicht gegen ein Reurecht anführen läßt 81: Allein die Nichtnennung der paenitentia liefert keinen schlüs76
Amelotti, donatio, 218 in Fn. 55; Simonius, 130. Lenel, Palingenesia I, Sp. 341 (Julian Nr. 150): Si certum petetur. 78 Dazu Babusiaux, 59 f., m.w. N. 79 Schwarz, condictio, 268, und Simonius, 127, streichen es geflissentlich. 80 Das meint allerdings Amelotti, donatio, 3 f., 208 in Fn. 18, dem Text entnehmen zu können; ihm folgt Tort-Martorell Llabrés, 100. Auch die Übersetzung von Frank Peters, in: Behrends et al., h. l., gibt veluti mit „also“ wieder und legt damit eine abschließende Aufzählung nahe; für die hier vertretene Übersetzung „zum Beispiel“ vgl. die zahlreichen Belege bei Heumann / Seckel, s. h. v., 3. 81 So aber Amelotti, donatio, 3 f., 208 in Fn. 18; Di Paola, donatio, 72. Schwarz, condictio, 268, und Simonius, 127, erkennen immerhin, daß man für diese Behauptung veluti streichen muß; zutreffend aber Gruebler, 51. 77
II. Ausdrückliche Belege für ein klassisches Reurecht
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sigen Gegenbeweis, weil es fast keinen Klassikertext gibt, der die möglichen Rückforderungsgründe vollständig aufzählt 82. Die vier betrachteten Texte zeigen deutlich, daß Julian nicht nur das Reurecht selbst kannte, sondern wichtige Impulse für dessen dogmatische Fortentwicklung durch andere Hochklassiker gegeben hat. 2. Ausdrücklich von einem Widerruf ex paenitentia sprechen sowohl Ulpian als auch Paulus: D. 39, 6, 30 Ulpianus libro vicensimo primo ad edictum Qui mortis causa donavit, ipse ex paenitentia condictionem vel utilem actionem habet. Wer von Todes wegen schenkt, hat aufgrund von Reue selbst eine Kondiktion oder eine analoge Klage.
Die palingenetische Einordnung dieses einzeln stehenden Satzes ist schwierig 83. Auch wenn die actio utilis – gemeint ist offenbar eine rei vindicatio utilis 84 – hier interpoliert sein sollte, beweist das noch nichts gegen die condictio ex paenitentia 85. Das redundante ipse legt die Betonung auf die Höchstpersönlichkeit des Reurechts: Nur der Schenker kann es ausüben, nicht etwa auch die Erben. Davon zu unterscheiden ist die bei Julian D. 39, 6, 13, 1 getroffene Feststellung, daß – eine entsprechende Abrede vorausgesetzt – die Erben des Schenkers den geschenkten Gegenstand zurückfordern können, wenn der Schenker noch zu Lebzeiten von seinem Reurecht Gebrauch gemacht hat. Wenn in fr. 30 die actio als solche dem Schenker ausschließlich zugewiesen wird, zielt das offenbar nicht gerade auf den Sonderfall ab, in dem die Erklärung des Widerrufs und die Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs auseinanderfallen. Beide Texte stehen mit dem Grundsatz in Einklang, daß die Erben das Geschenk dann nicht zurückfordern dürfen, wenn der Schenker seinen Willen bis zuletzt aufrechterhalten hat 86. 82 Nur Julian / Marcellus D. 39, 6, 13, 1 (= Paulus D. 39, 6, 35, 4) listen die verschiedenen Arten der donatio mortis causa und damit auch abstrakt die möglichen Rückforderungstatbestände auf. PS 3, 7, 1 etwa gedenken nur der glücklichen Heimkehr, die überwiegende Zahl der Quellen dagegen nur des Überstehens der Krankheit: African D. 39, 6, 24; Gaius D. 39, 6, 31, 3; Julian D. 24, 1, 4; 39, 6, 13 pr.; eod. 18 pr.-2; Marcellus D. 40, 1, 15; Paulus D. 12, 4, 12; 39, 6, 35, 3. 6; eod. 39; Scaevola D. 24, 1, 56; Tryphonin D. 23, 3, 76; Ulpian D. 39, 6, 29; eod. 37, 1. 83 Lenel, Palingenesia II, Sp. 514 (Ulpian Nr. 653), Fn. 3: in obscuro videtur relinquendum esse. 84 Dafür spricht der von der Kompilation hergestellte Zusammenhang: In Ulpian eod. 29 wird die actio in rem nach Konvaleszenz erörtert; vgl. Riechelmann, 78; Valiño, 255; zu anderen Erklärungsversuchen Simonius, 131 f. 85 So indes die Schlußfolgerung von Pernice, Labeo III/1, 267 in Fn. 4; zutreffend aber Suman, 209 f.
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
PS 3, 7, 2 Donatio mortis causa cessante valetudine et sequente sanitate, paenitentia etiam revocatur: morte enim tantummodo convalescit. Eine Schenkung auf den Todesfall kann nach Überstehen der Krankheit und nachfolgender Genesung [sowie] auch aus Reue widerrufen werden; erst durch den Tod erlangt sie nämlich rechtlichen Bestand.
Die Widerruflichkeit wird hier verstanden als Konsequenz aus der Pendenz der causa bis zum Tod des Schenkers; das gilt für die sofort vollzogene ebenso wie für die aufschiebend bedingt vollzogene Schenkung 87. Im Zusammenhang mit § 1 88 werden beispielhaft 89 mehrere Rückforderungstatbestände erörtert. Das Reurecht wird dabei der Konvaleszenz des Schenkers als gleichwertiger Rückforderungsgrund an die Seite gestellt 90. Archi hat sich durch den Text immerhin von einer vorjustinianischen Existenz des Reurechts überzeugen lassen 91; daß dieser Text das erste Zeugnis für ein Reurecht sei 92, läßt sich aber wegen der oben gezeigten Julianstellen nicht halten. 3. Speziell bei der Ehegattenschenkung belegen drei Ulpianstellen die Möglichkeit des Widerrufs aus Reue: D. 24, 1, 11, 10; eod. 13, 1; eod. 22 93. In fr. 11, 10 wird berichtet, schon Julian habe den bloßen Umstand einer Ehescheidung genügen lassen, um vom konkludenten Widerruf einer donatio mortis causa inter virum et uxorem auszugehen. Entsprechend läßt Ulpian in fr. 22 den konkludenten Widerruf einer Schenkung des Ehemannes an die Frau zu, wenn der mortis causa geschenkte Sklave später zum heres cum libertate eingesetzt wird. Gemäß fr. 13, 1 soll der deportierte Schenker sein Widerrufsrecht behalten, obgleich die Schenkung aufgrund des Exils so behandelt wird, als sei der schenkende Ehemann schon gestorben.
86 Der gleiche Gedanke liegt der oratio Severi über die Konvaleszenz nichtiger Ehegattenschenkungen zugrunde, vgl. Ulpian D. 24, 1, 32, 2 (zum Text oben 228 in Fn. 56). 87 Anders zu Unrecht Riechelmann, 77, der convalescere hier auf den Eigentumsübergang statt auf die causa beziehen will. 88 Text oben 27. 89 Richtig Suman, 210. 90 Dagegen versteht Di Paola, donatio, 79 f., den Text so, daß die revocatio ex paenitentia nur nach Überstehen der Krankheit möglich sei. Doch erstens läßt sich bei dieser Lesart dem Wort etiam kein Sinn abgewinnen, und zweitens bildet die Konvaleszenz des Schenkers an sich einen Rückforderungsgrund, das Reurecht hat dort also keine konstitutive Bedeutung. 91 Archi, donazione, 256; ihm folgt Samper Polo, 147; dagegen streicht Amelotti, donatio, 219, paenitentia etiam ohne triftigen Grund. 92 Dieser Annahme Archis folgt Tort-Martorell Llabrés, 40, 46, unkritisch. 93 Zu allen drei Stellen oben 132 ff., 139 ff., 149.
II. Ausdrückliche Belege für ein klassisches Reurecht
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Man kann diese Fälle nicht als Ausnahmen herunterspielen, in denen sich die Widerruflichkeit schlicht aus der grundsätzlichen Nichtigkeit der Ehegattenschenkung ergebe 94. Denn so richtig es ist, daß die nichtige, aber fideikommissarisch bestätigte Ehegattenschenkung inter vivos mit dem Tod des Schenkers ebenso „konfirmiert“ wurde wie die donatio mortis causa und so zutreffend es ist, daß sich dieses bestätigende Fideikommiß durch die oratio Severi von 206 erübrigte 95, so klar sind auch die Unterschiede zwischen der Konvaleszenz der nichtigen Ehegattenschenkung inter vivos durch Fideikommiß bzw. aufgrund der oratio Severi einerseits und der confirmatio der donatio mortis causa andererseits 96: Konvaleszenz kommt nur bei der nichtigen Schenkung in Betracht; daß aber die donationes mortis causa inter virum et uxorem als solche nichtig wären, trifft ersichtlich nicht zu, lehren doch Ulpian / Gaius D. 24, 1, 9, 2; eod. 10 97, daß solche Schenkungen allgemein anerkannt (receptae) sind. Ist also die donatio mortis causa inter virum et uxorem vom Schenkungsverbot ausgenommen, läßt sich ihre Widerruflichkeit ebensowenig mit Nichtigkeit erklären wie bei einer donatio mortis causa inter exteros. Deutlicher als mit der genannten lex 13, 1 läßt sich das kaum sagen: humanum est donationem [...] tali exilio subsecuto confirmari, tamquam si mortuo marito rata habebatur, ita tamen, ut non adimatur licentia marito eam revocare. Die Schenkung ist wirksam und bleibt doch widerruflich, wie in allen anderen Fällen der donatio mortis causa auch. 4. Mag man trotz allem in den soeben untersuchten Quellen Signalwörter wie revocatio mutata voluntate oder condictio ex paenitentia für Tribonianismen halten, so sind die Stellen von besonderem Interesse, in denen das Reurecht indirekt durch die Gestaltung des Sachverhalts belegt wird. Dazu gehört zum einen die im vierten Kapitel betrachtete Stelle zur manumissio mortis causa, in der sich Marcellus in Analogie zur aufschiebend bedingten traditio für die Widerruflichkeit der Freilassung ausspricht. In D. 40, 1, 15 heißt es: in extremum tempus manumissoris vitae confertur libertas, durante scilicet [...] voluntate manumissoris: quemadmodum cum rem ita tradiderit, ut moriente eo fieret accipientis, quae ita demum alienatur, si donator in eadem permanserit voluntate. Die selbstverständliche Prämisse, daß bei einer durch aufschiebend bedingte traditio vollzogenen donatio mortis causa der Wille des Schenkers bis zum Tod fortdauern müsse – ein Widerruf also die Schenkung hinfällig werden 94
So indes Simonius, 286, der sich insoweit zu Unrecht auf Siber, Confirmatio donationis, 106 in Fn. 6, beruft. 95 Siber, Confirmatio donationis, 104 f.; zum ganzen Problem oben 96 f. 96 Insbesondere ist die fideikommissarische Bestätigung ein zweites Rechtsgeschäft nach der Schenkung und erfordert testamenti factio (zutreffend Siber, Confirmatio donationis, 106); die confirmatio der donatio mortis causa geschieht hingegen ipso iure, vgl. Ulpian D. 39, 6, 32. Die Unterschiede ebnet Murilla Villar, revocación, 24; ders., irrevocabilidad, 3693, zu Unrecht ein. 97 Zu den Schwierigkeiten des Textes oben 95 f.
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
lasse –, überträgt Marcellus auf den Fall, daß Gegenstand der Schenkung die Freiheit ist. Die Schwierigkeiten einer widerruflichen Freilassung inter vivos sind ausführlich dargelegt worden. Um sie dem rechtskundigen Zeitgenossen plausibel zu machen, benutzt der Hochklassiker den Fall der Sachschenkung: Daß diese frei widerruflich war, mußte offenbar nicht eigens erläutert werden; nach Julians deutlichen Aussagen verwundert das nicht. Was bliebe von Marcellus’ Fallsetzung, wenn man sich das Reurecht wegdächte? Der Vergleichsfall mit der traditio wäre ersichtlich überflüssig, weil ohne jeden argumentativen Wert. Im Ausgangsfall bliebe eine unwiderrufliche Freilassung nach dem Muster der manumissio vindicta, deren Wirkung bis zum Tod des Freilassers suspendiert wäre. Was hat aber eine solche aufschiebend befristete manumissio inter vivos mit der im Eingang des Fragments aufgeworfenen Frage nach der manumissio mortis causa zu schaffen? Tatsächlich läßt sich dem Text ohne die Annahme eines Reurechts kein Sinn abgewinnen; so betrachtet, zeugt es von logischer Konsequenz, daß die Stelle allen, die die Klassizität des Reurechts bestreiten, als „unrettbar verloren“ gilt 98. Wer aber bereit ist, die freie Widerruflichkeit der donatio mortis causa als Möglichkeit zu erwägen, dem fügt sich die Stelle gut ins Bild ein. Ähnlich verhält es sich in Papinians bekanntem Fall der Seia, die Titius und ersatzweise dessen Kinder beschenkt (D. 39, 6, 42 pr.) 99. Ohne daß dort von paenitentia, mutatio voluntatis oder einem anderen gemeinhin verdächtigten Wort die Rede wäre, ist im responsum Papinians notwendig die Vorstellung eines Reurechts enthalten. Der Jurist antwortet: si cautionem ex consensu mulieris acceperint, contributioni propter Falcidiam ex persona sua tenebuntur. Wie dargelegt, ist die Bejahung der Haftung nach der Falcidia in eins zu setzen mit einer positiven Antwort auf die den ganzen Fall regierende Frage, ob die streitgegenständliche Vereinbarung als donatio mortis causa zu qualifizieren sei. Papinian unterstellt diese Feststellung aber dem Vorbehalt, daß Seia die Kaution, kraft derer das Schenkungsversprechen klagbar wurde, freiwillig (ex consensu mulieris) geleistet habe. Es hat sich gezeigt, daß die einzig sinnvolle Erklärung für die Entscheidungserheblichkeit der freiwilligen Kautionsstellung im Reurecht zu suchen ist: Hatte sich Seia geweigert, die Kaution zu leisten, und dies letztlich nur aufgrund gerichtlichen Zwanges getan, so hatte sie ihr Schenkungsversprechen schon widerrufen. Die Vorstellung eines solchen stillschweigenden Widerrufs bereitet keine Schwierigkeiten, hatte doch schon Julian die bloße Tatsache der Ehescheidung genügen lassen, um einen Widerruf anzunehmen 100. Weder Marcellus D. 40, 1, 15 noch Papinian D. 39, 6, 42 pr. lassen sich ohne die freie Widerruflichkeit der donatio mortis causa konstruieren. Will man 98
Vgl. die Nachweise oben 201. Ausführlich oben 44 ff., für die hier entscheidende Frage insb. 66 f. 100 Ulpian D. 24, 1, 10 (dazu oben 149). 99
III. Die Belastung des Donatars mortis causa mit Fideikommissen
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das Reurecht dort als justinianische Zutat entdecken, kommt man nicht umhin, den Kompilatoren die Konstruktion des gesamten Falles und seiner Lösung zu unterstellen 101. Angesichts der Komplexität sowohl beider Sachverhalte als auch ihrer rechtlichen Würdigung schriebe das den byzantinischen Juristen freilich ein Maß an Genialität zu, das besonders die interpolationistische Literatur nur den Klassikern zuzugestehen bereit ist. Schließlich ist noch daran zu erinnern, daß auch Caracalla C. 5, 12, 2 ein Reurecht bezeugt, ohne das im interpolationistischen Schrifttum verdächtigte Vokabular zu verwenden: Der Kaiser erlaubt in dem Fall, in dem ein Miterbe mortis causa mit dem Anspruch auf Herausgabe der mütterlichen Mitgift beschenkt war, den Nachweis, die Mutter habe mit Festsetzung einer hinter dem Wert der Mitgift zurückbleibenden Erbquote insoweit die donatio mortis causa widerrufen wollen 102.
III. Die Belastung des Donatars mortis causa mit Fideikommissen Die Abhandlungen, die sich gegen ein klassisches Reurecht aussprechen, übersehen weitestgehend den Zusammenhang zwischen Widerruflichkeit und Fideikommiß. Eine donatio mortis causa kann jederzeit mit Fideikommissen beschwert werden, wie Papinian in D. 31, 77, 1 lehrt (Eorum, quibus mortis causa donatum est, fidei committi quoquo tempore potest). Die Angabe quoquo tempore läßt sich historisch im Sinne einer schon immer bestehenden Möglichkeit verstehen 103, mehr noch dürfte damit jedoch die Zeit ab Errichtung der Schenkung gemeint sein. Wenn der Schenker, solange er lebt, den Beschenkten noch mit Fideikommissen bis zur Höhe des Empfangenen 104 belasten kann, bedeutet das nichts anderes, als daß der Schenker dem Beschenkten das Geschenk jederzeit wieder entziehen, also die Schenkung widerrufen kann 105. Die im dritten Kapitel betrachteten Fälle der Mitgift-Rückgabestipulationen haben das deutlich gezeigt: Der Beschenkte geht am Ende bei Papinian (D. 31, 77, 2) ebenso leer aus wie bei Paulus (D. 33, 4, 11), auch der stipulator bei Scaevola D. 32, 37, 4 muß sich 101
Wie es Robbe, 102 bzw. 175, im Ergebnis wirklich tut. Vgl. dazu oben 194. 103 Oben 103 f. 104 Die Obergrenze ergibt sich aus dem Grundsatz, daß ein Fideikommiß nur insoweit wirksam ist, als der Beschwerte selbst im weiteren Sinne mortis causa erworben hat; vgl. etwa Gaius 2, 260 mit 271 (wo von restituere die Rede ist); Kaser / Knütel, 391. 105 Das hat schon Schröter, 116, zutreffend ausgeführt: „daß ein solches Fideikommiß nichts ist, als ein Widerruf der Schenkung und Anweisung des Beschenkten, an wen er das Geschenk zurückgeben soll“. 102
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
auf die Hälfte seines Anspruchs aus der Stipulation beschränken lassen 106, und Ulpian bestätigt das in D. 32, 3 pr., wenn er der Frau, die ihrem Mann die Mitgift mortis causa geschenkt hatte, gestattet, ihn wiederum mit einem Fideikommiß zu belasten, oder wenn er den Fall behandelt, daß der Donatar zugunsten eines Dritten fideikommissarisch zur Unterhaltsleistung verpflichtet ist (D. 2, 15, 8, 2). Das Fideikommiß unterscheidet sich natürlich insofern vom Widerruf, als jenes erst mit dem Tod des Schenkers wirksam wird, ein Widerruf dagegen zu dessen Lebzeiten zu erfolgen hat. Auch folgt aus der Möglichkeit des Fideikommisses zu Lasten des Beschenkten noch nicht zwingend, daß der Schenker auch jederzeitige Rückgabe an sich selbst fordern kann. Jedoch ist dieser Unterschied fast nur bei der Sachschenkung von Bedeutung. In den im dritten Kapitel behandelten Fällen ist die Situation des belasteten Donatars um nichts günstiger, als wenn die Schenkung sensu strico widerrufen worden wäre. Nimmt man hinzu, daß es der Schenker auch bei der Sachschenkung in der Hand hat, den Eigentumsübergang unter die aufschiebende Bedingung des eigenen Todes (vor dem des Beschenkten) zu stellen 107 und die causa selbst in der Schwebe blieb 108, dann sind die Unterschiede zwischen Fideikommiß und Widerruf zu gering, um noch glaubwürdig erscheinen zu lassen, daß die Klassiker das eine zugelassen und das andere verhindert hätten.
IV. Das vulgo dictum bei Marcian D. 39, 6, 1/Paulus eod. 35, 2 Von diesem Befund ausgehend ist auf die zu Beginn der Arbeit 109 angeführten Aussagen von Paulus und Marcian zurückzukommen. Was sagt Paulus’ Einschätzung, der Schenker wolle die Sache eigentlich gar nicht verlieren, sondern lieber zurückhaben (is, qui mortis causa donat, se cogitat atque amore vitae recepisse potius quam dedisse mavult), über ein mögliches Reurecht aus? Die selbstische Gesinnung des Schenkers (se cogitat) zeigt sich in der Rückforderung des Geschenks, aber nicht in allen drei möglichen Fällen gleichermaßen. Offenbar ist, daß der Fall der Rückforderung nach Prämorienz des Beschenkten hier nicht Pate gestanden hat; denn in dem Grundsatz, daß der Beschenkte den Schenker überleben müsse, wenn die Schenkung wirksam werden soll, zeigt sich nur, daß gerade 106 Wenngleich dort nicht von einer donatio mortis causa im eigentlichen Sinne auszugehen ist; dazu oben 160. 107 Vgl. oben 31. 108 Ulpian D. 39, 6, 32. 109 Oben 21 f.
IV. Das vulgo dictum bei Marcian D. 39, 6, 1/Paulus eod. 35, 2
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diese bestimmte Person und nicht gegebenenfalls auch deren Erben beschenkt sein sollen. Ausdruck einer besonderen Selbstbezogenheit ist das nicht. Eher ließe sich solches von der Rückforderung nach Überstehen einer Gefahr (Konvaleszenz) sagen. Vermutlich stellt die Formulierung amore vitae recepisse maßgeblich auf diesen Fall ab: Wenn das Zurückerlangen des Geschenks mit der „Liebe zum Leben“ in Verbindung gebracht wird, ist damit wohl gemeint, daß der Schenker eine konkrete Gefahr zu überstehen hofft. Genügt aber ein Rückforderungsrecht nach Überstehen der Gefahr, um dem Geschäft sogar im Bewußtsein des juristischen Laien das Gepräge des Eigennutzes zu geben, wie Paulus berichtet (vulgo dicatur: ‚se potius habere vult, quam eum cui donat ...’)? Die Vereinbarung, daß die Wirksamkeit der Schenkung vom Versterben des Schenkers an einer bestimmten Krankheit (si donator ex eadem valetudine decesserit 110) abhängen soll bzw. daß in vergleichbaren Gefahrenlagen ein Rückforderungsrecht entstehen soll, wenn die Gefahr überstanden ist, stellt eine echte Bedingung dar, weil der Eintritt des Ereignisses sich der Macht des Schenkers entzieht 111. Ein bedingtes Rechtsgeschäft ist aber nicht als solches eigennützig. Auch würde man etwa dem donator inter vivos seine Liberalität nicht deshalb absprechen, weil er die Schenkung mit einem modus verknüpft hat oder sie unter eine Bedingung gestellt hat, die nichts mit seinem Tod zu tun hat. Es zeigt sich somit, daß ein Rückforderungsrecht bei Konvaleszenz nicht genügt, um die Feststellung qui mortis causa donat, se cogitat zu begründen 112. Die Aussagen von Marcian und Paulus sind deshalb nur vor dem Hintergrund eines generellen Reurechts verständlich. Nur die durch das Reurecht vermittelte freie Widerruflichkeit der donatio mortis causa rechtfertigt die Aussage, der Schenker gönne das Geschenk nur seinem Erben weniger als dem Beschenkten, wolle es aber am liebsten selbst behalten. Das mit dem Reurecht verfolgte Ziel, eine Bindung zu Lebzeiten zu vermeiden, ist der deutlichste Ausdruck eigener Zweckverfolgung 113. Der Schenker regelt vorsorglich, daß der Gegenstand nicht seinem Erben zukommen soll, behält sich aber vor, ihn jederzeit, etwa auch nach erfolgter Übereignung, wieder an sich zu ziehen. Das darin zum Ausdruck kommende vorläufige Moment zeigt den engen Bezug der donatio mortis causa zu den letztwilligen Verfügungen und ist übrigens auch die einzig befriedigende Erklärung für die anhand von Ulpian D. 39, 6, 110
Paulus D. 39, 6, 35, 4. PS 3, 7, 1 sprechen deshalb – abstellend auf die Rückkehr von einer lebensgefährlichen Reise – auch ausdrücklich von einer condicio: ea scilicet condicione, ut, si reversus fuerit, sibi restituatur. Vgl. zu diesem Text Ombretta Cuneo, 801 f. 112 Weitergehend noch Pernice, Labeo III/1, 264: „Denn dass man im Behalten der übereigneten Sache trotz Genesung oder glücklicher Heimkehr ein Unrecht des Beschenkten sah, ist erklärlich, im Grunde selbstverständlich“. 113 Vgl. die zutreffenden Ausführungen von Müller, 78 f. 111
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
7 gezeigte 114 Ungleichbehandlung von donatio mortis causa und donatio inter vivos bei der Konfiskation des Vermögens als Folge einer Kapitalstrafe: Die inter vivos geschenkte Sache ist dem Vermögen des Straftäters schon entzogen, während die mortis causa geschenkte Sache kraft des Reurechts in gewisser Weise noch zum Schenker gehört.
V. Nachklassische Belege Unstreitig kennt das justinianische Recht die freie Widerruflichkeit der donatio mortis causa; eine Novelle Justinians, die sich ausdrücklich auf Julian bezieht, erlaubt zudem die Vermutung, daß der Kaiser auch insoweit bereits bestehendes klassisches Recht bestätigt. Der entscheidende Teil der im übrigen wortreichen Novelle lautet: Nov. 87 Imp. Iustinianus Aug. Iohanni pp. secundo Scientes autem, quod nos invenientes veteres legislatores dubitantes de mortis causa donatione, quando donatio aut legatum est, [...] legatum eam esse pure definivimus et neque gestis monumentorum indigere, sed licentiam habere fieri eam et inseri ei et aliquas condiciones quas donator voluerit, et si hoc actum fuerit, licentiam habere renuntiare et hoc ipsum posse per paenitentiam huiusmodi donationem revocare et quas voluerit condiciones inserere mortis causa donationibus, secundum quod Iulianus sapientissimus sancivit, hoc quod nos in tricensimo octavo libro nostrorum digestorum scripsimus [...] Dat. xv. k. Iun. Septimo imp. dn. Iustiniani Aug. anno XIII. Apione v. c. cons. [a. 539] Eingedenk unseres Befundes, daß die früheren Juristen über die donatio mortis causa im Zweifel waren, ob sie nämlich Schenkung oder Vermächtnis sei, haben wir schlicht angeordnet, daß sie ein Vermächtnis sei und keiner öffentlichen Beurkundung bedürfe, sondern der Schenker soll die Befugnis haben, sie so geschehen zu lassen und ihr auch Bedingungen beizufügen, welche immer er will; und wenn dies vereinbart ist, soll er die Befugnis haben, eben darauf zu verzichten, eine solche Schenkung aufgrund von Reue widerrufen zu können, und er soll ihr beliebige Bedingungen hinzufügen können, gemäß dem, was der höchst weise Julian angeordnet hat; das haben wir im 39. Buch 115 unserer Digesten aufgeschrieben.
Die Novelle, deren Gegenstand von curiales vorgenommene donationes mortis causa sind, referiert im wesentlichen den Inhalt der neun Jahre vorher ergangenen Konstitution C. 8, 56, 4. Neu ist allerdings die Hervorhebung des Reurechts 114
Oben 135 f. Der Text des Authenticum zählt hier abweichend (tricensimo octavo libro), der griechische Text hat aber die richtige Angabe λϑ᾽ βιβλίῳ; vgl. zu den verschiedenen Überlieferungen der Novellen die praefatio in der editio stereotypa. (Für den freundlichen Hinweis danke ich Herrn Professor Dr. Wolfgang Kaiser). 115
V. Nachklassische Belege
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und der deutliche Hinweis auf Julian. Der Verweis läßt sich genau identifizieren, denn es gibt nur eine Julianstelle, die sich für die Möglichkeit ausspricht, auf ein Rückforderungsrecht ganz zu verzichten: D. 39, 6, 13, 1 116. Indem die Möglichkeit des Verzichts auf das Reurecht explizit angeordnet wird, ist das Reurecht als Regelfall der donatio mortis causa selbstverständlich vorausgesetzt. Justinian beruft sich auf Julian, und es ist bestimmt nicht anzunehmen, daß der Kaiser hier dem Klassiker die Worte in den Mund legt 117; dazu hat er keinen Grund. Denn die Möglichkeit, auf den Widerruf aus Reue zu verzichten, steht der in C. 8, 56, 4 deutlich ausgesprochenen gesetzgeberischen Intention der Angleichung an das Vermächtnisrecht offensichtlich entgegen. Warum sollte der Kaiser ein vorher nicht bestehendes generelles Reurecht einführen, nur um anzuordnen, daß dieses Institut durch Parteivereinbarung außer Kraft gesetzt werden kann? Richtig ist vielmehr, daß Justinian sich in seinem Bemühen um die Vereinfachung des Rechts selbst eine Grenze setzt: Wenn auch die donatio mortis causa weitestgehend dem Vermächtnisrecht angeglichen wird, so bleibt es doch bei dem althergebrachten Unterschied, daß bei der donatio mortis causa durch ausdrückliche Vereinbarung auf das – grundsätzlich bestehende – Reurecht verzichtet werden kann, was beim Vermächtnis nie möglich ist 118. So verwundert es schließlich auch nicht, daß Justinian das Reurecht in die schulmäßige Definition der donatio mortis causa aufgenommen hat: Inst. 2, 7, 1 Mortis causa donatio est, quae propter mortis fit suspicionem, cum quis ita donat, ut, si quid humanitus ei contigisset, haberet is qui accepit: sin autem supervixisset qui donavit, reciperet, vel si eum donationis paenituisset aut prior decesserit is cui donatum sit. hae mortis causa donationes ad exemplum legatorum redactae sunt per omnia ... Eine Schenkung von Todes wegen ist eine solche, die in Erwartung des Todes erfolgt: wenn jemand so schenkt, daß der Empfänger [die Sache] behalten soll, wenn den Schenker das menschliche Schicksal ereilt, dieser sie aber zurückbekommen soll, wenn er [die Gefahr] überlebt hat oder wenn ihn die Schenkung reut oder der Empfänger vorverstirbt. Diese Schenkungen von Todes wegen sind ganz nach dem Muster der Vermächtnisse geregelt worden.
Nach alldem bleibt kein überzeugendes Argument für die Annahme, erst Justinian habe das Reurecht eingeführt. Der Kaiser orientiert sich vielmehr in seinem Bemühen um Wiederherstellung des klassischen Rechts auch insoweit an den Vorgängern, auf die er sich beruft. 116 Schoell / Kroll in der editio stereotypa, ad. Nov. 87; Amelotti, donatio, 47; Schindler, 17; Senn, donation, 118 – 120; Simonius, 106 f.; zur Stelle oben 41 ff. 117 So aber letztlich Schindler, 17 f.; Simonius, 106 f. 118 Vgl. nur Hermogenian D. 32, 22 pr. zum Legat: nemo enim eam sibi potest legem dicere, ut a priore ei recedere non liceat.
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Kap. 5: Die Klassizität des Reurechts
VI. Ergebnis Die Betrachtung der einschlägigen Quellen bestätigt die althergebrachte, zwischenzeitlich bestrittene communis opinio: Das Reurecht zeichnet die donatio mortis causa von jeher gegenüber anderen Arten der Schenkung aus. Bei aller strukturellen Gemeinsamkeit mit der donatio inter vivos ist es gerade die durch das Reurecht vermittelte freie Widerruflichkeit, die der Bezeichnung mortis causa ihren Inhalt gibt; denn wie eingangs gesehen, ist die Bezugnahme auf den Tod des Schenkers als movens der Verfügung keineswegs ausreichend 119. Die Behauptung, erst die byzantinische Jurisprudenz könne die generelle Widerruflichkeit der donatio mortis causa entwickelt haben, ist ein interpolationistischer Irrweg; apriorische Überlegungen haben hier den Blick auf die Aussagen der Quellen allzu sehr verstellt. Die meisten namhaften Juristen der Hoch- und Spätklassik – Julian, Scaevola, Marcellus, Papinian, Paulus, Ulpian – bezeugen das Reurecht bei der donatio mortis causa in so vielen unterschiedlichen Zusammenhängen – von der Kondiktion über die Stipulation bis zum Fideikommiß, von der Ehegattenschenkung über das Dotalrecht bis zur Freilassung –, daß eine systematische Interpolation durch die Kompilatoren ein beachtliches Meisterwerk wäre. Doch selbst, wenn man das noch für möglich halten mag: Ohne die Existenz eines Reurechts ist der Klassikerstreit über die Zugehörigkeit der donatio mortis causa zum Schenkungsoder Vermächtnisrecht nicht nachvollziehbar, denn erst das Reurecht rückt eine donatio in die Nähe des Legats; und daß Justinian diesen Streit erfunden hätte, um Reformen wie die Einführung eines Reurechts zu rechtfertigen 120, gehört endgültig in den Bereich der Spekulation. Wegen des Reurechts gehört die donatio mortis causa zu den erbrechtlichen Instituten 121, sie ist letztwillige Verfügung gerade und letztlich nur im Hinblick auf ihre freie Widerruflichkeit. Zutreffend nennt Stryk deshalb die Position des Beschenkten nudam solummodo spem, quae saepe fallit 122.
119 120 121 122
Oben 38 f. So Cugia, 43 – 47; richtig hingegen Pernice, Labeo III/1, 266 f. Richtig schon Gruebler, 48; vgl. auch Voci, diritto ereditario II, 468 in Fn. 104. Stryk, Usus IV, ad D. 39, 6, § 6 (S. 72).
Schlußbetrachtung 1. Die donatio mortis causa des klassischen römischen Rechts läßt sich als Rechtsinstitut seit der zweiten Hälfte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts nachweisen. Ihre rechtlichen Erscheinungsformen sind so vielfältig wie die Zwecke, die mit ihr verfolgt werden. Neben der einfachen Sachschenkung begegnet die Schenkung in Form der Stipulation, der acceptilatio, der delegatio und schließlich sogar in Form einer Freilassung 1. Die verbindende Gemeinsamkeit all dieser Zuwendungsakte ist die Abrede, daß die Schenkung mit dem Tod des Schenkers zu einer bestimmten Zeit oder unter bestimmten Umständen stehen oder fallen soll. Ursprünglich war die Schenkung durch eine konkrete Gefahr des Schenkers – Krankheit, eine gefährliche Reise oder Kriegsdienst – veranlaßt. Spätestens in der Hochklassik begegnen aber auch Fälle einer Schenkung ohne konkrete Gefahr (donatio mortis causa sola cogitatione mortalitatis) 2. Durch den Verzicht auf das Erfordernis einer aktuellen Gefahr läßt sich die Schenkung als ein Instrument vorweggenommer Erbfolge einsetzen 3. Für die gesamte klassische Zeit kann der sofortige Vollzug der Schenkung als Regelfall gelten. Tritt ein Rückforderungsfall ein, steht dem Schenker in der Regel eine condictio zu. Die Frage der dinglichen Wirkung einer auflösenden Bedingung stellt sich nur ausnahmsweise 4. Genauso möglich, wenngleich seltener, ist der aufschiebend bedingte Vollzug der Schenkung, bei der das Eigentum erst mit dem Tod des Schenkers übergehen soll. Tritt ein Rückforderungsfall ein, kann der Schenker den Gegenstand vindizieren 5. Ein Bedürfnis für die Abgrenzung zur donatio inter vivos entsteht in der Hochklassik mit der Anwendung erbrechtlicher Bestimmungen auf die donatio mortis causa. Diese Tendenz, die sich für die Zeit zwischen Hadrian und Severus Alexander nachweisen läßt, will einer Aushöhlung des Nachlasses durch Schenkungen entgegenwirken. Die wichtigsten Maßnahmen sind einerseits die unter Papinian erreichte Anwendung der lex Falcidia 6 und andererseits die An1
Vgl. die Nachweise oben 26. 27 f. 3 Vgl. dazu die Fälle Papinian D. 39, 6, 42 pr. und Scaevola D. 32, 37, 3 (oben 44 ff., 68 ff.). 4 Dazu oben 58 ff. 5 Dazu oben 31. 2
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Schlußbetrachtung
erkennung der Möglichkeit, den Donatar mortis causa mit Fideikommissen zu beschweren 7. Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist das Bestehen eines Rückforderungsrechtes, denn der Umstand, daß eine Schenkung in Erwartung des bevorstehenden Todes des Schenkers vorgenommen wird, mag zwar die Vermutung für eine donatio mortis causa begründen; wird aber keinerlei Rückforderung vorbehalten, ist in Wirklichkeit unwiderruflich inter vivos geschenkt 8. Die Klärung solcher Abgrenzungsfragen hat wesentlich zu einer dogmatischen Konturierung des Rechtsinstituts beigetragen. Die Praxis hat freilich weiterhin versucht, die genannten Beschränkungen zu umgehen, und hat deshalb bisweilen umfangreiche Vermögensübertragungen in Form von donationes inter vivos vorgenommen 9. Doch hält Scaevola D. 32, 37, 3 in einem solchen Fall ein dem Beschenkten auferlegtes Fideikommiß aufrecht, indem er die donatio inter vivos wegen eines durch Stipulation begründeten Rückforderungsrechtes der donatio mortis causa gleichstellt. Mit der Einführung der querela inofficiosae donationis durch Severus Alexander wird schließlich der fideikommissarisch Bedachte selbst dann geschützt, wenn ein Rückforderungsrecht nicht vereinbart war. Damit wird der Unterschied zwischen donatio inter vivos und donatio mortis causa weitgehend eingeebnet. 2. Besonderheiten ergeben sich für die donatio mortis causa zwischen Ehegatten aufgrund des Schenkungsverbotes, das schon in der frühesten Quelle zur donatio mortis causa, nämlich in Labeo D. 44, 4, 4, 1, eine Rolle spielt 10. Die Zulässigkeit solcher Schenkungen wird in der Hochklassik damit begründet, daß sie erst nach Auflösung der Ehe wirksam werden 11; im Gegensatz zur donatio inter exteros ist also für die Ehegattenschenkung zunächst vom aufschiebend bedingten Vollzug als Regelfall auszugehen. Die Unterscheidung wird jedoch mit einer oratio Severi von 206 n. Chr., die nichtige Ehegattenschenkungen nach Fideikommißrecht konvaleszieren läßt, weitgehend obsolet. Unterschiede zwischen nichtiger Ehegattenschenkung inter vivos und zulässiger donatio mortis causa bleiben aber in Fragen der Rückwirkung bestehen 12. Anlässe, Gegenstände und Vollzugsinstrumente der Ehegattenschenkung sind so verschieden wie in allen anderen Bereichen der donatio mortis causa. Bald läßt die Frau ihrem Mann einen Nießbrauch bestellen, um ihn nach ihrem Tod versorgt zu wissen 13, bald schenkt sie ihm ihre Mitgift 14. Umgekehrt läßt der Mann in akuter Lebensgefahr seiner Frau eine Geldsumme durch einen Dritten 6
Dazu oben 35 ff. Dazu oben 75 ff. 8 Papinian D. 39, 6, 42, 1; dazu oben 37 ff. 9 Scaevola D. 32, 37, 3; Paulus D. 31, 87, 4 (oben 68 ff., 81 ff.). 10 Oben 97 ff. 11 Oben 95 ff. 12 Vgl. oben 96 f., 145 ff., 150. 7
Schlußbetrachtung
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zukommen 15, oder er schenkt ihr seinen Sklaven 16. Auch wenn der Mann ins Exil geht, beläßt man der Frau, was der Mann ihr von Todes wegen geschenkt hatte 17. In beinahe allen diesen Fällen spielt die Widerruflichkeit der Schenkung eine wichtige Rolle. Um ihr zum Durchbruch zu verhelfen, kommt schon früh die exceptio doli zum Einsatz 18. 3. Die donatio mortis causa kommt in der Spätklassik auch zum Einsatz, wenn eine Frau den Verbleib der von ihr eingebrachten Mitgift für die Zeit nach ihrem Tod regeln will. Weil ein in Vat. 98 überliefertes Testierverbot die Frau daran hindert, direkt im Wege eines Testamentes über ihre Mitgift zu verfügen 19, geht sie den folgenden Umweg: Sie beauftragt einen Dritten, in der Regel einen nahen Verwandten, sich die Rückgabe der Mitgift vom Ehemann versprechen zu lassen. Der Dritte ist in der Regel Donatar mortis causa 20, bisweilen aber auch Mandatar 21. Mit einem Fideikommiß, das die Frau sodann in aller Regel dem Dritten auferlegt, verlangt sie ihm den zumindest teilweisen Verzicht auf die Geltendmachung des Anspruches ab und sorgt so im Ergebnis dafür, daß die Mitgift oder ein Teil davon doch dem Mann verbleibt. Die Gründe dafür können verschiedener Art sein: Es kann etwa einer von mehreren Gesamtgläubigern des Rückgewähranspruchs vorversterben 22; die Vermögensverhältnisse der Frau oder auch der Donatare können sich anders entwickelt haben, als zunächst gedacht; die Parteien können einander entfremdet sein, oder kann umgekehrt eine besonders glückliche Ehe die Frau schließlich dazu bewogen haben, ihrem Ehemann das zuzuwenden, was ursprünglich nach der Ehe von ihm hätte zurückverlangt werden sollen 23. Sicher ist jedenfalls, daß die endgültige Zuordnung der Mitgift erst durch Fideikommiß und nicht schon durch die donatio erreicht wird. Auf die Stellung des Donatars werfen diese Fälle ein eigenartiges Licht: Einerseits läßt sich nicht leugnen, daß die Frau jeweils eine Versorgungsabsicht verfolgt, wenn sie dem Donatar in Schenkungsabsicht erlaubt, sich die Rückgabe der Mitgift vom Ehemann versprechen zu lassen; das leuchtet allemal ein, 13
Papinian D. 24, 1, 52, 1 (oben 111 ff.). Ulpian D. 32, 3 pr. (oben 123 ff.). 15 Labeo D. 44, 4, 4, 1 (oben 97 ff.). 16 Ulpian D. 24, 1, 22 (oben 139 ff.). 17 Ulpian D. 24, 1, 13, 1 (oben 135 f.). 18 Labeo D. 44, 4, 4, 1 (oben 104 ff.). 19 Oben 154 f. 20 Papinian D. 31, 77, 2; Paulus D. 33, 4, 11; Caracalla C. 5, 12, 2; Gordian C. 8, 56, 2; zu allen Stellen oben 161 ff. 21 Scaevola D. 32, 37, 4 (oben 155 ff.); Paulus D. 33, 4, 11 (oben 174 ff.). 22 So bei Scaevola D. 32, 37, 4. 23 So offenbar bei Paulus D. 33, 4, 11. 14
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Schlußbetrachtung
wenn es sich dabei um die Kinder aus erster Ehe handelt 24. Andererseits nimmt sie jeweils per Fideikommiß, was sie durch donatio gegeben hatte. Vor dem Hintergrund der freien Widerruflichkeit der donatio mortis causa ist der Befund freilich nicht unverständlich. Von allgemeinem Interesse sind diese Fälle zudem, weil es sich jeweils um eine donatio ohne aktuelle Gefahr des Schenkers handelt, deren Klassizität noch in den 1950er Jahren zu Unrecht bestritten wurde 25. 4. Ebensowenig ist die unmittelbar bevorstehende Todesgefahr Voraussetzung einer manumissio mortis causa, die einen Sonderfall der donatio mortis causa bildet. Der einzige in den Digesten überlieferte Fall ist Marcellus D. 40, 1, 15 26. Die Stelle bestätigt die Klassizität des aufschiebend bedingten Schenkungsvollzuges. Daneben bietet der Sachverhalt interessante Aufschlüsse über die Entwicklung der prätorischen Freilassungen als Alternative zur testamentarischen bzw. fideikommissarischen Freilassung 27. So hat sich etwa gezeigt, daß die prätorisch freigelassenen Sklaven durch die lex Iunia Norbana eine unwiderrufliche Freiheit erlangten 28; ein Freilasser, der sich aus welchen Gründen auch immer den Widerruf vorbehalten wollte, konnte daher geneigt sein, auf die widerrufliche manumissio mortis causa zurückzugreifen. Damit ist das Fragment ein weiteres wichtiges Zeugnis für die Existenz eines Reurechts in klassischer Zeit. 5. Dieses Reurecht – neben Vorversterben des Beschenkten und Überstehen der Gefahr des Schenkers der dritte Rückforderungsgrund bei der donatio mortis causa 29 – ist von jeher das entscheidende Kennzeichen der donatio mortis causa. Bei aller strukturellen Gemeinsamkeit mit der donatio inter vivos ist es gerade die durch das Reurecht vermittelte freie Widerruflichkeit, die der Bezeichnung mortis causa ihren Inhalt gibt und eine Nähe zu erbrechtlichen Instituten begründet. Gleichwohl ist die Klassizität des Reurechts hartnäckiger bestritten worden als alles andere an der donatio mortis causa 30. Man war lange Zeit der Meinung, daß die spezielleren Rückforderungsgründe hinfällig wären, wenn es ein generelles Reurecht gegeben hätte. Demgegenüber ist oben 31 dargelegt worden: Die Hinfälligkeit der Schenkung verstand sich von selbst, wenn der Schenker das Versterben in der Gefahr, derentwegen er schenkte, zur Bedingung gemacht hatte oder wenn der Beschenkte vorverstarb; dagegen mußte ein Reurecht eigens ausgeübt werden. Der wesentliche Grund für die Behauptung, das Reurecht sei stets 24 25 26 27 28 29 30 31
Papinian D. 31, 77, 2; Scaevola D. 32, 37, 4. Vgl. oben 28 ff. Oben 200 ff. Oben 207 ff. Oben 216 ff. Vgl. die Nachweise oben 221. Ausführlich oben 223 ff. 227 f.
Schlußbetrachtung
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interpoliert 32, ist aber die Konstitution C. 8, 56, 4 von Justinian. Der Kaiser ordnet dort die weitestgehende Anpasung der donatio mortis causa an das Recht der Legate an. Die interpolationistische Literatur glaubte sich zu dem Rückschluß berechtigt, die Widerruflichkeit der donatio mortis causa könne nur Ausprägung der Anpassung an das Recht der – widerruflichen – Legate sein, müsse also auf Justinian zurückgehen. Jedoch hat sich gezeigt, daß die wesentlichen Schritte zur Anpassung an das Recht der Legate lange vor Justinian vollzogen wurden 33. Zudem ist eine Vielzahl von Stellen ohne die Widerruflichkeit der Schenkung nicht zu erklären; die Sachverhalte verbieten die Annahme einer nachträglichen Interpolation des Reurechts 34. Die Diskussion um das Reurecht ist ein anschauliches Beispiel für die Verselbständigung von Interpolationshypothesen. Die an sich plausible Annahme eines Zusammenhanges von Justinian C. 8, 56, 4 und Widerruflichkeit der donatio mortis causa wurde mit der Zeit ungeprüft an jede Quelle herangetragen, bis sich schließlich die angebliche Unwiderruflichkeit zu einem eigenen Argumentationstopos verfestigte und ihrerseits zweifelhafte Annahmen über die Gestalt der donatio mortis causa hervorbrachte 35. Das Naheliegende geriet dabei aus dem Blick: Damit die Schenkung eine adäquate Alternative zum Testament darstellen konnte, mußte sie widerruflich sein; kein Erblasser wollte sich ohne Not schon zu Lebzeiten unwiderruflich verpflichten, um so weniger, je höher der Wert der Schenkung war. 6. Daß mit donationes mortis causa erhebliche Vermögensmassen bewegt wurden, sieht man nicht nur an den Beträgen, die genannt werden – häufig etwa 100.000 Sesterze 36 –, sondern auch daran, wie oft die lex Falcidia Gegenstand der Erörterung ist 37; der Wert der Schenkung wird in diesen Fällen jeweils mehr als ¾ des Nachlaßwertes betragen haben. In vielen Fällen tritt die donatio mortis causa geradezu an die Stelle testamentarischer Verfügungen, mehrmals wird über das Vermögen in toto verfügt 38. Was die soziale Funktion der donatio mortis causa angeht, bleibt das Bild aber zwiespältig. Jedenfalls muß man sich von der Vorstellung lösen, die in einer Schenkung auf den Todesfall stets oder vor allem eine reine Liberalität des Schenkers sieht. Schon im Urfall, der Schenkung des Telemach, ist wegen der 32
Vgl. die Nachweise oben 224 f. Oben 228. 34 Oben 229 ff., 237 f. 35 Vgl. die Beispiele oben 227 in Fn. 53. 36 Labeo D. 44, 4, 4, 1; Paulus D. 33, 4, 11; bei Valerius Maximus 8, 2, 2 sind es sogar 300.000 Sesterze. 37 Papinian D. 31, 77, 2; 39, 6, 42 pr. 1; Paulus D. 31, 87, 4; Gordian C. 8, 56, 2; vgl. im übrigen die Nachweise oben 37 mit Fn. 88 f. 38 Papinian D. 39, 6, 42 pr. 1; Scaevola D. 32, 37, 3. 33
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Schlußbetrachtung
Nähe zu einem Verwahrungsverhältnis das eigene Interesse des Schenkers evident. Die Fälle der Mitgift-Rückgabestipulationen haben zudem gezeigt, daß sich die Stellung des Donatars mitunter kaum von der des Mandatars unterscheidet. Gerade dort hat andererseits häufig der Versorgungsgedanke eine Rolle gespielt. Relativ klar ist, daß es in den meisten Fällen um eine Freigebigkeit unter Vorbehalt geht. Darauf zielt Paulus, wenn er in D. 39, 6, 35, 2 39 den Gegensatz zwischen donatio mortis causa und vera et absoluta donatio herausstellt. Ebenso erklärt dies, weshalb die Kompilatoren Marcians Definition, welche den Eigennutz des Schenkers in den Vordergrund stellt, gleichsam als Überschrift für die rubrica über die donatio mortis causa wählen (D. 39, 6, 1) und weshalb Inst. 2, 7, 1 dies als Essenz der Ausführungen über das Rechtsinstitut festhält. 7. Ebensowenig wie die gesellschaftliche Funktion läßt sich die rechtliche Gestalt der donatio mortis causa einheitlich und abschließend beurteilen. Die insbesondere in den 1950er Jahren unternommenen Versuche 40, die klassische donatio mortis causa als ein homogenes Rechtsinstitut darzustellen, können nicht überzeugen, denn die Struktur der donatio mortis causa ist die ihrer Vollzugsgeschäfte, und diese sind so vielfältig wie die Motive eines Schenkers, der Verfügungen im Hinblick auf den eigenen Tod trifft. Auf die Frage nach der Rechtsnatur der donatio mortis causa – Vertrag oder letztwillige Verfügung – gibt es auch in dieser Arbeit keine eindeutige Antwort, weil eine solche zugleich einseitig sein müßte. Justinian hat sie zwar in seiner Reformkonstitution C. 8, 56, 4 zugunsten des Erbrechts lösen wollen, aber letztlich nicht können, weil die Frage jedenfalls für den klassischen Juristen nicht den Kern des Problems trifft. Im gemeinen Recht ist die Frage erneut sehr umstritten 41, was den BGB-Gesetzgeber davor zurückweichen ließ, das Rechtsinstitut ins BGB aufzunehmen; man konstruierte in § 2301 BGB statt dessen eine Verweisungsnorm mit formalen Abgrenzungskriterien 42. Die Zwittergestalt, mit der sich die Dogmatik abzufinden hat, macht das Institut für den Praktiker erst interessant. Wenn der Gesetzgeber des BGB vor der gleichen Frage stand, die Justinian endgültig entschieden zu haben glaubte, ist das ein Beweis des Beharrungsvermögens praktikabler Lösungen: Der Reiz, die Vorteile eines Rechtsgeschäfts unter Lebenden mit denen einer letztwilligen Verfügung zu verbinden, ist stärker als die Einordnung in die eine oder andere Kategorie. 8. Eine völlig andere, nunmehr einheitliche Gestalt erhält die donatio von Konstantin, der in seiner Reformkonstitution Vat. 249 43 ein formgebundenes 39 40 41 42 43
Zum Text oben 22 f. Vgl. die Monographien von Amelotti, Di Paola und Simonius. Vgl. die Nachweise oben 18 in Fn. 17. Zur Entwicklung des § 2301 BGB oben 34 f. Vgl. auch die verkürzte Überlieferung in C. 8, 53, 25 sowie in CTh. 8, 12, 1.
Schlußbetrachtung
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Zuwendungsgeschäft eigener Art schafft 44. Das Gesetz gilt für sämtliche Schenkungen, ausdrücklich auch für die donatio mortis causa 45. Ziel der Konstitution ist es, das Schenkungsrecht völlig neu zu ordnen und die vielen Streitfragen, die der Kaiser beklagt 46, zu beseitigen. Die wesentlichen Anordnungen lauten: Die Schenkung muß beurkundet werden 47; das Geschenk muß übergeben werden, und zwar vor Nachbarn, die das bezeugen müssen 48; schließlich muß die Schenkung behördlich registriert werden (Insinuation) 49. Im übrigen werden Schenkungsversprechen pauschal für unwirksam erklärt, außerdem wird die lex Cincia abgeschafft 50. Offenbar hat diese Reform ihrerseits vielerlei Zweifelsfragen hervorgerufen, die schließlich Justinian veranlaßt haben, durch die Konstitution C. 8, 56, 4 für die donatio mortis causa unter Aufhebung der konstantinischen Formvorschriften die Fünfzeugenform einzuführen 51.
44
Dazu die Abhandlung von Archi, evoluzione; außerdem Levy, Vulgar Law, 137 – 146. 45 Vat. 249, 3. 46 Vgl. die praefatio in Vat. 249. 47 Vat. 249, 5. 48 Vat. 249, 6. 49 Vat. 249, 7 ff. 50 Vat. 249, 10. 51 Zur Konstitution und ihrem Anlaß oben 32 ff.
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Quellenverzeichnis Hauptfundstellen sind kursiv gesetzt. Hochgestellte Zahlen verweisen auf Fußnoten.
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Fragmentum Dositheanum 5 6 15
215, 218 86 216 f., 218 86 213 70
Fragmenta Vaticana 47 47a 49 50 73 80 95 97 98 108 112 249 259 270 283 294, 2
56 186 46 128 56 186, 203 f. 17 56 186 56 188 56 186 153 10 153 10 114, 129, 129 216, 154 f., 163, 175, 183, 186, 189, 199, 245 183 f. 160 153 10 34 68, 61 211, 248 f. 194 84 319 59 ff., 223 13 37 89
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Gai epitome 1, 1, 1 1, 1, 2 1, 2, 3
210 217 83 209, 210, 212 62
Gai institutiones 1, 17 1, 44 1, 46 2, 25 2, 33 2, 76 2, 78 2, 101 2, 103 2, 104 2, 144 2, 151 2, 154 2, 189 2, 198 2, 226 2, 227 2, 232 2, 239 2, 254 2, 260 2, 263 – 265 2, 263 f. 2, 266 2, 267 2, 270 2, 271 2, 272 2, 274 3, 56 3, 100
200 1 208, 209, 210 208, 209 55 181, 70 243 56 186, 187 108 f. 106 108 f. 106 211 50 211 50 211 51 142 287 142, 143 289 139 269 143 295 108 f. 106 73 73 111 117, 179 130 208 36 36 81, 117 151 104 81, 123 183, 237 104 71 248 143 290 211 55 209 37 123 183 104 81, 123 183, 237 104 143 290 110 216 f., 217 84 72, 100, 111 116, 119, 143 293, 179, 179 130, 180, 181, 214
I. Juristische Quellen 3, 110 3, 117 3, 156 3, 158 3, 159 3, 160 4, 116
178 178 ff. 160, 176 117 111 116 184 103 75, 115 41, 158 33, 172, 180, 180 136 108 f. 106
Pauli sententiae 2, 23, 1 3, 7, 1 3, 7, 2 4, 1, 5 4, 7, 2 4, 14, 1 5, 14, 1
101 65, 110 110 27, 233 82, 239 111 221 2, 224, 226, 234 190 186 114 138 208 178 128
Ulpiani epitome 1, 10 2, 4 2, 7 2, 8 6, 3 6, 4 6, 5 6, 7 6, 8 6, 9 – 13 7, 1 22, 9 22, 13 24, 20 26, 7
217 83 219 88 212 212, 212 59, 213 55 114 135, 154 13 114, 153 f., 183 160, 184, 196 209 114, 153 f. 153 10 153 9 153 7 90 2, 95 144 300 143 295 186 171 197 211
2. Corpus Iuris Civilis Institutiones 1, 5, 3 1, 6, 1 1, 16, 2
206 27 139 269 133 235
267
268 2, 1, 30 2, 1, 34 2, 6, 14 2, 7 pr. 2, 7, 1 2, 7, 2 2, 14, 2 2, 23, 1 2, 24, 2 2, 25 pr. 3, 4, 3 3, 7, 3 3, 11, 6 3, 14, 2 3, 19, 9 3, 27, 1 4, 4, 11 4, 6, 29
Quellenverzeichnis 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 24, 72 250 25 23, 33, 101 66, 117 153, 203 14, 207 33, 221 1, 2, 222 5, 226, 231, 241, 248 39 100 143 295 103 78 211 55, 212 59, 61 103 78 163 56 98 f. 53, 110, 156 20 200 1 178 128 178 f. 128 178 128 114 138 153 6
Digesta 1, 15, 3, 4 2, 8, 8, 1 2, 15, 8, 2 3, 3, 28 3, 3, 45, 1 4, 3, 7, 8 4, 4, 3, 5 5, 2, 25 pr. 5, 3, 25, 17 6, 2, 2 7, 1, 5 7, 1, 19 pr. 7, 7, 3 7, 7, 4 7, 9, 1, 2 9, 4, 27, 1 10, 4, 3, 13 11, 7, 2, 1 12, 1, 19 pr. 12, 2, 13, 2
178 128 178 f. 128 104 80, 163 55, 238 108 106 108 106 108 106 179 132 72 250 108 106 25 24 116 60 209 148 314 148 314 25 24 108 106 108 106 114 138 27 33, 223 13, 227 51, 229 63, 232 108 106
I. Juristische Quellen 12, 4, 9, 1 12, 4, 10 12, 4, 12 12, 5, 8 13, 1, 17 13, 7, 23 15, 1, 3, 13 15, 1, 30, 5 15, 2, 1, 10 16, 1, 6 16, 2, 10 pr. 17, 1, 2 pr. 17, 1, 59 pr. 18, 6, 8 pr. 18, 6, 18 20, 6, 8, 13 21, 2, 51, 4 21, 3, 1 pr. 22, 1, 38, 3 22, 5, 14 22, 5, 15 23, 2, 33 23, 3, 1 23, 3, 3 23, 3, 5, 11 23, 3, 5, 12 23, 3, 13 23, 3, 29 23, 3, 68 23, 3, 69 pr. 23, 3, 72, 2 23, 3, 76 24, 1 24, 1, 1 24, 1, 2 24, 1, 3 24, 1, 3 pr. 24, 1, 3, 2 24, 1, 3, 10 24, 1, 3, 13
187 f. 126 201, 127 27 33, 31 49, 148 314, 233 82 108 105 113 127 108 106 115 108 106 108 106 108 106 178 128 176 117 177 100 57 178 128 108 106 108 f. 106 108 f. 106 27 33, 31 49 178 f. 128 178 f. 128 131 227 124 186 130 218 154 13 113 126 131 227 108 f. 106 113 126 108 f. 106 130 122, 179 132, 181 f., 183, 194, 198 26 25, 27 33, 31 49, 122, 129, 221 f. 4 94 90 3, 91 12 90 4, 5 91 12 90 3, 91 8 91 9, 98 51 94, 118, 124 192 94 33
269
270 24, 1, 4 24, 1, 5 pr. 24, 1, 5, 1 24, 1, 5, 4 24, 1, 5, 5 24, 1, 5, 13 24, 1, 5, 18 24, 1, 7, 8 24, 1, 9, 2 24, 1, 10 24, 1, 11 pr. 24, 1, 11, 1 24, 1, 11, 2 24, 1, 11, 3 24, 1, 11, 6 24, 1, 11, 7 24, 1, 11, 8 24, 1, 11, 9 24, 1, 11, 10 24, 1, 11, 11 24, 1, 12 24, 1, 13, 1 24, 1, 15, 1 24, 1, 17 pr. 24, 1, 19 pr. 24, 1, 19, 1 24, 1, 20 24, 1, 21, 1 24, 1, 22 24, 1, 23 24, 1, 25 24, 1, 31, 7 24, 1, 32 24, 1, 32 pr. 24, 1, 32, 1 24, 1, 32, 2 24, 1, 32, 5 24, 1, 32, 14 24, 1, 32, 23 24, 1, 32, 27
Quellenverzeichnis 27 33, 31 49, 221 4, 233 82 131 229 94 33 94 33 94 33 94 33 91 14 113 130 90 2, 95 f., 119, 235 90 2, 95 f., 118 f., 131 229, 143 291, 235 90 2, 95 f., 119, 143 291 31, 90 2, 94 33, 95 f., 118 f., 142, 213 71, 230 66 146 304, 147 94 33 221 1 100 62 31 49 142 284, 143 293, 145, 147 308 94 33, 136 256, 141 282, 149, 221 1, 234 133 234 133 234 132 ff., 142 286, 146, 214 73, 224 18, 226, 227 51, 234, 245 17 94 33 94 33 94 33 94 33 122 179, 146, 147 308 94 33 97 44, 139 ff., 151, 194 202, 214 73, 221 2, 224 18, 227 51, 53, 234, 245 16 96 40, 113 131, 118, 123 93 27 91 12 95 34, 96, 96 39 96 37 89, 118 f. 228 56, 234 86 145 31 49 128 94 33, 113 129
I. Juristische Quellen 24, 1, 38 24, 1, 39 24, 1, 43 24, 1, 52 24, 1, 52, 1 24, 1, 56 24, 1, 64 24, 1, 66 pr. 24, 2, 11, 2 24, 3, 4 24, 3, 22, 12 24, 3, 33 24, 3, 42, 2 24, 3, 44, 1 24, 3, 56 24, 3, 63 25, 6, 1, 4 28, 4 28, 4, 1 pr. 28, 4, 1, 3 28, 4, 2 28, 4, 3 28, 4, 3, 1 28, 5, 3, 1 28, 5, 6, 3 28, 5, 31 pr. 28, 5, 38, 2 28, 5, 41 pr. 28, 5, 52 pr. 28, 5, 52, 1 28, 5, 77 28, 5, 86 29, 1, 13, 2 30, 77 30, 84, 2 30, 85 pr. 30, 96, 4 30, 108, 13. 14 31, 26 31, 68
271
93 108 105, 119 160 133 113, 113 131, 115 22 4, 23 7, 26 25, 31, 31 49, 40 103, 68, 94 30, 96 39, 107 ff., 141 283, 150, 150 325, 245 13 27 33, 31 49, 221 f. 4, 233 82 92 f., 133 233 131 229 178 f. 128 108 f. 106 205 21 179 132, 180 133, 191 190 108 105 54, 187 f. 133, 133 238 93 27 52 165 142 288 142 288 108 f. 106 142 288 142 288, 148, 211 53 139 269, 144 296 144 301 144 301 144 300 144 301 144 301 139 269 143 290, 295 97 44, 140 ff., 148 312 178 f. 128 144 301 77 ff., 85, 123 183, 158 32, 185 108 f. 106 108 f. 106 76 78 56 189 125 f.
272 31, 76, 4 31, 77, 1 31, 77, 2
31, 77, 4 31, 77, 6 31, 84 pr. 31, 87, 3 31, 87, 4 32, 1, 6 32, 6, 1 32, 3 pr.-3 32, 3 pr. 32, 22 pr. 32, 37, 3
32, 37, 4 33, 2, 5 33, 4, 2, 1 33, 4, 11
34, 1, 10, 1 34, 5, 5 34, 9, 5, 20 34, 9, 11 35, 1, 55 35, 1, 59, 1 35, 1, 81 35, 2, 1 pr. 35, 2, 12 35, 2, 15 pr. 35, 2, 15, 1 35, 2, 66, 1 35, 2, 73, 5 35, 2, 81 pr. 35, 2, 82 35, 3, 1, 6
Quellenverzeichnis 205 21 25 24, 37 88, 48 141, 78 276, 103, 165 66, 189 184, 237 22 4, 23 7, 26 25, 37 88, 48 141, 98 49, 103, 114 133, 124 184, 129, 152 1, 160 48, 161 ff., 174, 175, 181, 190 ff., 237, 245 20, 246 24, 247 37 137 37 88, 43 121, 48 141, 142, 171 f. 144 301 83 f., 87 332 20 18, 35, 81 ff., 116 144, 126 198, 244 9, 247 37 125 123 183, 125 104 81 26 26, 79 300, 123 ff., 150, 154 14, 158 32, 166, 189 182, 227 53, 238, 245 14 241 118 20 18, 22 5, 23 7, 35, 68 ff., 82, 85 f., 87, 88 333, 89 339, 120 163, 123 183, 156 21, 158 32, 179, 185 166, 228, 243 3, 244, 244 9, 247 38 78 292, 98 49, 103 74, 114 132, 133, 115 142, 128 208, 129, 154 ff., 161 ff., 174 f., 181, 190 ff., 196 210, 198, 237, 245 21, 22, 246 24 120 165 166 68 23 7, 26 25, 54 176, 98 49, 101 68, 103 74, 75, 106 95, 108 f. 106, 114 133, 115 141, 142, 124 184, 129, 130 222, 151 1, 158 33, 161, 163, 168, 170, 174 ff., 191 190, 192 ff., 198, 237, 245 20, 21, 23, 247 36 205 21 114 138 223 13 178 128 164 58 136 252 205 21 35, 36 79, 38 95, 116 144 162 52 37 88, 48 141, 165 62, 172 37 88, 48 141, 115 f., 120 162, 173 104 141 282 36 79 116 26 26, 37 89 162 52
I. Juristische Quellen 35, 3, 1, 10 36, 1, 1, 4 36, 1, 80, 11 36, 2, 14, 2 36, 3, 1, 17 37, 4, 15 37, 12, 1, 3 38, 2, 3, 17 38, 5, 1, 1 39, 5, 1 pr. 39, 5, 7, 6 39, 5, 15 39, 5, 21, 1 39, 5, 31, 1 39, 6 39, 6, 1 39, 6, 2 39, 6, 7 39, 6, 13 – 19 39, 6, 13, 1 39, 6, 14 39, 6, 15 39, 6, 16 39, 6, 17 39, 6, 18 pr.-2 39, 6, 18, 1 39, 6, 18, 2 39, 6, 19 39, 6, 23 39, 6, 24 39, 6, 27 39, 6, 28 39, 6, 29 39, 6, 30 39, 6, 31, 1 39, 6, 31, 2 39, 6, 31, 3 39, 6, 32 39, 6, 35 pr.
273
37 89, 170 93 108 f. 106 165 66 108 f. 106 56 189, 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 25 24 221 1 30 72 250 135 249 108 f. 106 135 249 18, 40 21, 199, 218, 238 f., 248 26, 27 31, 28, 28 40, 31, 32 59, 72 254, 213 71, 206 30, 230 135 f., 138 264 229, 231 26, 28, 41 ff., 63 220, 117 153, 194, 214 73, 221 1, 3, 222 5, 223 13, 224 18, 228 57, 229 ff., 233, 241 31 52, 213 71 25 24, 224 18, 227 51, 230 f. 27 33, 79 301, 214 73, 221 4, 224 18, 227 51, 231 f. 25 24, 221 1 221 4, 233 82 26 27, 27 33, 31 49, 129 212 27 33 27 33, 31 49, 221 1 31 49, 129 213 26 26, 27 33, 31 49, 221 4, 233 82 37, 39 f., 42, 48 144 129 211, 228 56, 57 27 33, 31, 61 f., 213 71, 221 f. 4, 233 82, 84 31 49, 79 301, 214 73, 221 2, 224 18, 225, 226, 227 51, 228 56, 230, 233 26 26, 135 249 28, 72 254, 160, 166 f., 206 30, 207 27 33, 221 4, 233 82 64 228, 136 250, 189, 235 96, 238 108 23 13, 43 123, 73 260
274 39, 6, 35, 2 39, 6, 35, 3 39, 6, 35, 4 39, 6, 35, 6 39, 6, 37, 1 39, 6, 38 39, 6, 39 39, 6, 40 39, 6, 42 pr. 39, 6, 42, 1 39, 6, 43 39, 6, 44 40, 1 40, 1, 4 40, 1, 15 40, 2 40, 2, 15, 5 40, 4, 25 40, 5, 7 40, 5, 24 pr. 40, 5, 24, 2 40, 5, 24, 3 40, 5, 40, 1 40, 5, 44 40, 5, 46, 5 40, 8, 3 41, 1, 7, 12 41, 6, 3 42, 4, 7, 14 43, 3 43, 3, 1, 5 43, 4, 4, 1 43, 5, 3, 15 44, 2, 11, 4 44, 2, 14, 3 44, 4, 2, 6 44, 4, 4 pr.
Quellenverzeichnis 22 f., 40, 42, 190, 218, 238 f., 248 27 33, 31 49, 221 f. 4, 233 82 27 f., 27 33, 30, 41 ff., 63 220, 206 30, 221 f. 4, 214 73 26 26, 27 33, 31 49, 221 f. 4, 233 82 27 33, 31 49, 52, 221 f. 4, 233 82 25, 34, 167 73 27 33, 31 49, 221 f. 4, 233 82 94 32, 146, 147 308, 310 17 8, 23 7, 24 20, 31, 35, 37 88, 44 ff., 69, 70 243, 75, 87, 88 333, 228 57, 236 f., 243 3, 247 37, 38 35 f., 37 ff., 48 141, 69 f., 72, 82 f. 312, 86 329, 87, 88 338, 101 68, 116 144, 205 21, 207 34, 222 9, 244 8, 247 37, 38 23, 29, 30, 94 32, 102 69 31 49 204, 211 211 57 26 28, 27 33, 31, 137, 137 258, 143 293, 200 ff., 221 4, 227 51, 233 82, 235 f., 246 204 178 f. 128 205 21 108 f. 106 144 301 144 301 144 301 214 77 75 272, 80 303 108 f. 106 228 56 108 f. 106 92, 93 108 f. 106 171 95 37 89, 171 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106
I. Juristische Quellen 44, 4, 4, 1 44, 4, 4, 5 44, 4, 4, 7 44, 4, 4, 9 44, 4, 4, 10 44, 4, 4, 11 44, 4, 4, 29 45, 1, 31 45, 1, 38, 17 45, 1, 44 45, 1, 54, 1 45, 1, 56, 4 45, 1, 83 45, 1, 121, 2 46, 1, 6, 2 46, 1, 8, 7 46, 1, 48 46, 2, 12 46, 3, 95, 2 46, 3, 107 46, 4, 4 46, 4, 6 47, 10, 11 48, 10, 22, 9 48, 20, 5, 1 48, 22, 15, 1 48, 22, 16 50, 16, 65, 1 50, 16, 67, 1 50, 17, 62 50, 17, 77
23, 23 7, 26 25, 27 32, 94 29, 30, 97 ff., 117 f., 149 f., 150 325, 244, 245 15, 18, 247 36 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 108 f. 106 117 155 147 307 100 57 122 179 74 263 114 138 137 178 f. 128 178 f. 128 113 128 78 292 108 105 122 179 127 203 122 179 114 138 144 301 134, 134 245, 135 136 252 136 252, 138 266 72 250 24 228 57 121 170, 127 f., 128 210, 203 17
Codex 2, 3, 5 2, 4, 9 3, 36, 23 4, 11, 1 4, 34, 4 4, 35, 23, 1
275
108 f. 106 114 138 178 f. 128 179 130 108 f. 106 114 138
276 5, 12, 2 5, 12, 25 5, 13, 1, 1 5, 13, 1, 4 5, 13, 7 5, 16, 24, 2 5, 16, 25, 2 5, 17, 1 5, 17, 8, 4 6, 29, 3 pr. 6, 30, 20, 1 6, 35, 11, 2 6, 42, 9 6, 42, 15 6, 49, 7, 1b 6, 50, 5 6, 50, 18 6, 50, 18, 1 6, 51, 1, 2a 6, 51, 1, 5 6, 59, 11 pr. 7, 3, 1 7, 4, 16 pr. 7, 6, 1 7, 15, 1, 1a 7, 17, 2, 1 7, 33, 11 7, 39, 7, 2b 8, 35 (36), 3 8, 37, 4 8, 40, 26, 5 8, 53, 25 8, 54 (55), 2 8, 56 8, 56, 2 8, 56, 4 10, 35, 3, 1 12, 19, 11
Quellenverzeichnis 114 133, 124 184, 152 1, 159 39, 168, 181 139, 191 ff., 198, 237, 245 20 199 153 6 153 6 153 9 134 147 134 130 224 137 261 137 261 137 261 123 183 114 138 137 261 36, 38 97, 48 143, 197 36 83, 173 171 99 137 261 137 261 137 261 209 137 261 206 27 137 261 137 261 108 f. 106 108 f. 106 51, 108 f. 106 199 137 261 34 68, 248 43 59 ff. 222 9 114 133, 124 184, 152 1, 168, 195 ff., 198, 245 20, 247 37 206 30, 228, 240 f., 247 ff. 137 261 138 262
II. Nichtjuristische Quellen
3. Byzantinische Rechtsquellen und -literatur Novellen 87
221 2, 240 f.
Basiliken und -scholien 29, 1, 89 Sch. 1 44, 7, 11 47, 3, 42 Sch. 1 Sch. 2 Sch. 3
192 191 176 120, 183, 187 51 158 52 162 66 238
4. Geltendes Recht BGB §§ 220, 221 TE Erbrecht § 1963 E1 §§ 328, 331 § 2301
34 223 13 77, 78 295 15, 35, 223 13, 248
II. Nichtjuristische Quellen Cassius Dio 55, 7 56, 10
93 19 110
Cicero de officiis 3, 14, 58 – 60 de officiis 3, 14, 60 topica 10 in Verrem 2, 1, 4, 104
108 105 90, 107 100 215 110
Gellius 6, 13, 1 6, 13, 3
110 110
Homer Odyssee, 17, 79 – 81
22 3
277
278
Quellenverzeichnis
Livius Ab urbe condita 7, 16, 7
212 63
Plutarch quaestiones Romanae 7; 8
90 6
Tacitus annales 13, 25 – 27 annales 13, 27
214 f., 218 215, 218 86, 221 2
Valerius Maximus Memorabilia 8, 2, 2
106 ff., 117 f., 247 36
Sachverzeichnis Hauptfundstellen sind kursiv gesetzt. Hochgestellte Zahlen verweisen auf Fußnoten. acceptilatio 26, 78 292, 123 ff., 158 36, 37, 164 61, 220, 243 actio – dotis / de dote 134 242, 153 – fiduciae 47, 50, 53, 63 – mandati 103, 115 141, 156, 158 ff., 176, 178, 180, 184, 186 – rei uxoriae 128 208, 131 226, 134 242, 245, 153 – utilis 157 f. 30, 171, 233, 155 adhibere 177 ff., 178 128 adstipulatio 177 ff. animus donandi, Interpolation des 140 f. Auftrag siehe mandatum Bedingung – auflösende, dingliche Wirkung 30 ff., 58 ff., 88 – aufschiebende 18, 27, 30 ff., 39, 62, 72, 79, 88, 95 f., 113, 117 ff., 126, 127 ff., 136 f., 142, 145, 150, 193, 201 ff., 213 f., 219, 226, 232, 234 ff., 244, 246 – stillschweigende siehe condicio tacita Bedingungsfeindlichkeit 121 170, 126 f., 203 17, 205 capitis deminutio 132 ff., 221 1 collatio bonorum 38 condicio – tacita 117, 121 170, 123, 127 f., 200, 213 – ulla condicio redhibendi 35 ff., 72, 86 f. condictio 31 f., 31 49, 51 153, 79, 88, 104, 111, 121 f., 232, 233, 235, 243
– causa data causa non secuta 121 dationes sine causa 24, 32 delegatio 26, 122 180, 128, 188 deportatio 132 ff., 150 donatio inter vivos 25, 28 f. 42, 32 ff., 40 ff., 48, 65, 68, 72, 76, 79 f., 82, 87, 88 f., 120, 124 ff., 135, 138, 189, 193 f., 240, 242, 244 donatio mortis causa – Entstehungszeit 23 f. – inter virum et uxorem 29, 31, 90 ff., 101, 118 f., 145, 149, 150, 234 f. – Vollzugsgeschäfte 26, 123 f. dos – actio rei uxoriae siehe dort – beneficium competentiae 153 – Eigentum an der 152 f. – lucrum dotis 166 – retentiones 153 – Rückgabestipulation 114, 124, 127, 152 ff. – Versorgungsgedanke 128 208, 160, 163, 198 – Testierverbot 114, 129, 154 f., 163, 199 Ehegattenschenkung siehe donatio mortis causa inter virum et uxorem Erbfolgeregelung 22, 69, 81 exceptio doli 98 f., 104 ff., 156 f., 187, 192, 198
280
Sachverzeichnis
– Einwendungsdurchgriff 106, 187 f. – Entstehungszeitpunkt 108 fideicommissum a debitore relictum 71, 77 ff., 124, 126, 157 f., 185 Fideikommiß 68, 73 ff., 81 ff., 96 f., 103 f., 123 ff., 155 ff., 164 ff., 174, 185 ff., 211, 235, 237 f. – Freilassungsfideikommiß siehe manumissio per fideicommissum fiducia 16 6, 24, 47, 88, 224 Formvorschriften Konstantins 34, 228 Freilassung siehe manumissio Freilassungssteuer siehe vicesima manumissionum heres necessarius siehe servus heres cum libertate institutus
– Bedingungsfeindlichkeit 203 17 mandatum 115, 155, 158 ff., 172, 174 ff. manumissio – inter amicos 205, 208, 212, 215 ff. – inter vivos 208 – mortis causa 200 ff. – per fideicommissum 71 248, 144 301, 211 f. – testamento 200 1, 208, 215 – vicesima manumissionum siehe dort – vindicta 203 ff. Mitgift siehe dos mortis causa capiones 166 f.
Nachlaßinsolvenz 144, 148 Nießbrauch siehe ususfructus oratio Severi 94, 96 f., 118 f., 128, 131, 142, 147, 150, 228 56, 235
interpositus 94, 97 ff., 110 f., 118 ff. iudicium bonae fidei 44 ff., 46, 50 ff.
Otacilia-Fall 106 ff.
juristische Sekunde 143
pactum dotis 130, 191 ff.
Konfiskation 135 ff., 135 247, 138, 239 f. Konvaleszenz – des Schenkers 27 f., 41 f., 101 f., 221 4, 228, 232, 234, 239 – nichtiger Ehegattenschenkungen siehe oratio Severi leges furia et Voconia 23, 73, 110 leges Iulia et Papia 23 f., 43, 73, 93, 144, 228 lex Cincia 55 183, 91 15, 98 f., 249 lex Falcidia 23, 35 ff., 44 ff., 72 f., 81 ff., 115 ff., 161 ff., 168 ff., 195 ff. lex Fufia Caninia 208 ff. lex Iunia Norbana 216 ff. lex Voconia 23, 73, 110 mancipatio 24, 46, 56 f., 67, 121 170
24 f., 104, 160,
paenitentia, poenitentia 18, 66 f., 72, 194, 203, 213 ff., 221 ff. – Höchstpersönlichkeit 228, 230, 233 – Interpolation 223 ff. peculium 216, 217 84, 219 poena 121 f., 130 f. Prämorienz 32, 42, 45 f., 238 proprietas ad tempus 58 ff. querela inofficiosae donationis 81 ff. Reurecht siehe paenitentia Rückgabestipulationen siehe dos, Rückgabestipulation Rückwirkung 145 ff. Schenkung auf den Todesfall im BGB 34 f., 223 13, 248
Sachverzeichnis
281
Schenkung des Telemach 21 f., 23
– mortis causa 29, 99 55
Schenkungsverbot 90 ff., 104, 118 ff., 133, 142, 235
– post mortem 111 117, 117, 179 ff.
Senatusconsultum – Orfitianum 163
traditio 24, 31, 46, 55 ff., 69, 120 ff., 213 f.
– Pegasianum 36, 117, 165, 210
Treuabrede siehe fiducia
– zur Anwendung der leges Iulia et Papia auf die donatio mortis causa 43
ususfructus 44 ff., 56, 58, 112 ff., 120 f.
servus heres cum libertate institutus 139, 140 f., 144
– Schutz durch exceptio doli 56 189
statuliber 76 279, 218 f.
Vertragsstrafe siehe poena
stipulatio
Verwahrungsgeschäft 21
– bedingte 99 f., 119
vicesima manumissionum 212
– cum moriar / cum morieris / cum moritur 70, 72, 119, 137, 179 f.
vindicatio 31, 44 ff., 50, 55 ff., 62, 121, 171, 233
– inanis 108 105
Vorversterben siehe Prämorienz