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German Pages 55 [80] Year 1930
PETER BRIEGER
DIE DEUTSCHE GESCHICHTSMALEREI DES 19. JAHRHUNDERTS
DEUTSCHER
KUNSTVERLAG
BERLIN
1930
DRUCK VON I . 1. AUGUSTIN IN GLÜCKSTADT UND HAMBURG
MEINEM VEREHRTEN LEHRER
AUGUST GRISEBACH IN DANKBARKEIT
INHALT GESCHICHTLICHE UND FORMALE VORAUSSETZUNGEN . .
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DAS ROMANTISCHE GESCHICHTSBILD
5
DAS ALLEGORISCH-PHILOSOPHISCHE GESCHICHTSBILD .
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DAS POLITISCHE GESCHICHTSBILD
13
DAS MYTHISCHE GESCHICHTSBILD
19
EXKURS. DIE BELGISCHE GESCHICHTSMALEREI UND IHRE WIRKUNG IN DEUTSCHLAND 29 DAS SITTENGESCHICHTSBILD
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DAS ÄSTHETISCHE UND DEKORATIVE GESCHICHTSBILD 43 SCHLUSSWORT
48
ANMERKUNGEN
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LITERATUR
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NAMENREGISTER
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A
GESCHICHTLICHE UND FORMALE VORAUSSETZUNGEN
LS im Beginn des 19. Jahrhunderts Peter Cornelius und die mit ihm Strebenden eine neue deutsche Kunst schaffen wollten, galt es vor allem fflr die große erzählende Malerei neuen Inhalt und neue Form zu finden. Wohl wurden Landschaft, Porträt und Genre weiter gepflegt, aber sie galten als minder gehaltvoll und geringeres Können voraussetzend als die „Historienmalerei", die in Deutschland fast zwei Jahrhunderte lang unter fremdem Einfluß unfrei und leer geblieben war1. Die Versuche der Nazarener, die Beziehung zwischen Religion und Kunst wiederherzustellen, mußten scheitern, da ihr Glaube nicht mehr Volksgut war. Als Overbeck 1841 seinen „Triumph der Kflnste durch die Religion" beendete, erfuhr er entrüstete Ablehnung durch Fr.Th. Vischer, diese religiöse Kunst sei nicht mehr zeitgemäß. Zugleich verkflndete Vischer als neue höchste Aufgabe das „profanhistorische" Gemälde. In der sich selbst beantwortenden Frage: „Wer stellt den Heiligen Geist würdiger dar, deijenige, der ihn als eine Taube Ober einem Bündel von Strahlen malt, oder derjenige, der einen edlen und großen Mann, einen Luther, einen Hus, im Feuer der göttlichen Begeisterung vor mich hinstellt"*, sprach Vischer nur die Erkenntnis aus, die sich in den Jahrzehnten vorher allmählich vorbereitet hatte. Der geschichtliche Enthusiasmus gewann allmählich die Kraft, die künstlerische Phantasie anzuregen, wie es früher der Glaube vermocht hatte, und das Auseinandersetzen des freien Gestaltungswillens mit dem geschichtlichen Stoff wurde ein wesentlicher Zug in der Entwicklung der Kunst im 19. Jahrhundert. Daß die Künstler sich nicht der geschichtlichen Geistesrichtung verschlossen, dafür sorgten schon die Auftraggeber. Die Fürsten verzichteten auf die verherrlichende Darstellung eigner Taten oder großer Augenblicke aus dem Leben ihrer Vorfahren, wie sie der Absolutismus verlangt hatte. Dafür ließen sie die Wände ihrer Schlösser, der öffentlichen Bauten, der Museen mit Fresken aus der Geschichte des Staates schmücken, mit denen sich auch die Masse des Volkes stärker verbunden fühlte. Maßgebender als die Wünsche der Fürsten aber wurden die Wünsche des Bürgertums, das in Kunstvereinen, Ausstellungen und Kunstkritik sich die Mittel schuf, das künstlerische Schaffen zu beeinflussen. Neben die Freskenzyklen traten die Ölbilder ftir Museen und Bürgerhäuser. Die Kunstvereine begünstigten die geschichtliche Malerei, und die Kritik, voran F. Th. Vischer und Franz Kugler, bemühte sich eifrig, durch Korrektur und Anregung die richtige Auffassung des Geschichtsbildes zu lehren*. 1
Brief«
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Die neue Haltung, die das Jahrhundert des Historismus der Geschichte gegenfiber einnimmt, die in Geschichtsschreibung und historischer Dichtung sieh kundgibt, wirkt auch auf die Gestalt des Historienbildes, so daß die „Geschichtsmalerei" des 19. Jahrhunderts, so sehr sie sich nach Inhalt und Form im Laufe des Jahrkunderts wandelt, als Ganzes gesondert der Historienmalerei der vorangehenden Zeiten gegenübersteht. „Historienbild" bedeutete nach der Begriffsbestimmung, mit der man an den Akademieen und in der Kunstkritik des 18. Jahrhunderts diese Bildgattung von Landschaft, Genre und Portrat unterschied, die Wiedergabe einer Handlung aus der biblischen und weltlichen Geschichte. Ihr Bildumfang entsprach der Größe der auszusprechenden Empfindung. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts überwogen die Bilder biblischen Stoffes. Ein Ereignis der weltlichen Geschichte wurde wert der bildlichen Darstellung, wenn es ein belehrendes Beispiel bot oder den Ruhm einer großen Tat verkündete. Die Aufgabe, Vergangenes, das niemals für den Künstler Anschauung war, anschaulich zu machen, wurde unschwer gelöst. Vorginge des Mittelalters schilderten die Maler meist mit den Kulturformen ihrer Zeit, unbekümmert u m die geschichtliche Erscheinungsform. Dirk Bouts erzählte die Legende von dem Gottesurteil vor Kaiser Otto III. in den Formen des niederländischen Lebens des 15. Jahrhunderts. Das Römertum, wie es Rubens in seinen Historien des Decius Mus gestaltete, ist bei allem Reichtum an Beigaben antiken Geräts aus einer allgemeinen Vorstellung eines vollkommeneren Menschentums gebildet, wie sie der Künstler von der Antike besaß. In keinem Falle aber wurde eine geschichtliche Epoche in ihrer Andersartigkeit begriffen; sie wurde nur als geistig und körperlich vollkommener geschildert 4 . Auch dort fühlte sich der Maler nicht an geschichtliche Treue gebunden, wo er im Dienst der Fürsten zum Ruhm ihres Geschlechtes Stoffe aus der mittelalterlichen Geschichte oder der jüngsten Vergangenheit wählte. Als Rubens in der Galerie des Palais Luxembourg die großen Augenblicke der Regierung Marias von Medici erzählte, formte er den Stoff nach den Wünschen der Königin um, verlieh den dargestellten Menschen, die in Ausdruck und Gestalt seine Zeitgenossen sind, ungewohnte, phantastische Züge und nahm dem Vorgang jede geschichtliche Realität durch die Beigabe allegorischer und mythologischer Figuren. Erst das wach gewordene geschichtliche Bewußtsein sah Vorgänge und Zustände in der besonderen Art ihres Seins und suchte ihre Bedeutung im geschichtlichen Gesamtverlauf zu erfassen. Wissenschaft, Dichtung und Malerei begannen von gleicher Kraft belebt, Vergangenes wieder lebendig zu machen und seinen Sinn zu deuten. Diese Aufgabe mit ihrer Verpflichtung zu „historischer Treue" legte dem künstlerischen Schaffen des Ge2
schichtsmalers Bedingungen auf, die die Historienmalerei der früheren Zeiten nicht kannte. Wo die W a h l d e s S t o f f e s nicht vom Auftraggeber bestimmt ist, muß der Historienmaler sein Thema ans der Weltgeschichte selbst finden, ohne daß ihm zugleich ein fester Maßstab f ü r das D arsteOenswerte mitgegeben ist. Biblische Geschichte und antike Mythologie bieten dem Künstler einen reichen, klar begrenzten Bildkreis. Der geschichtliche Stoff ist nicht in gleicher anerkannter Tradition Oberliefert, im Beginn des 19. Jahrhunderts zum großen Teil noch kaum geformt. Über die geschichtliche Wichtigkeit eines Vorgangs muß der Maler sich beim Geschichtsschreiber Rat holen, und er gerat damit in Gefahr, von parteiischer Geschichtsbetrachtung abhängig zu werden. Dazu kommt, daß im Gegensatz zum biblischen und antiken Thema die Wirkung der geschichtlichen Tatsache ofit eine lokal und national begrenzte ist. Menzels Friedrichsbilder sind, wenn ihre künstlerischen Vorzüge auch jenseits der Landesgrenze anerkannt werden müssen, ganz doch nur dem Preußen verständlich. Es bedarf einer außerordentlichen Verbindung von geschichtlichem und künstlerischem Sinn, von dem Sinn für das Darstellenswerte und zugleich für das Darstellbare, um ein großer Geschichtsmaler zu sein. Denn nicht jeder Vorgang, den der Geschichtsschreiber erzählt, kann Gegenstand eines Bildes werden. Jedes Historienbild, will es ein abgeschlossenes Kunstwerk sein, und nicht nur Illustration eines zugehörigen Textes, muß allein durch die Anschauung verständlich werden. Der Geschichtsmaler kann nicht wie der biblische Historienmaler damit rechnen, daß das Dargestellte allen bekannt sei. Nur wenige Künstler sind der Gefahr des ülustrierens nicht erlegen, haben gewußt, welche geschichtlichen Tatsachen sich selbst deutende Gestalt gewinnen können. Die Lösung vom Text mag um so schwerer gewesen sein, als die meisten Geschichtsmaler zugleich Buchillustratoren und dadurch versucht waren, Illustrationen im Großen als Bilder auszuführen. H a t der Künstler ein Bildthema in der Geschichte gefunden, das seine Phantasie anregt, dann sieht er sich im Gestalten durch das Verlangen nach h i s t o r i s c h e r I l l u s i o n gehemmt. Der geschichtliche Vorgang soll nun auch in der ihm zukommenden Erscheinungsform in Kostüm, Gerät und Bauten dargestellt werden. Der Künstler muß seine Phantasie mit Gelehrsamkeit belasten, die aber in der Darstellung nicht zu spüren sein darf, wenn er mehr geben will, als eine archäologisch getreue Illustration vergangener Kulturformen. Das Verlangen nach historischer Treue im Beiwerk hat im Verlauf des 19. Jahrhunderts ständig zugenommen; das zeigen die Hilfsmittel, die K o s t ü m k u n d e n , die dem Maler das Studium der vergangenen Kulturen erleichtern wollen. Die nächste Quelle boten die jeweilig in den darzustellenden Zeiten entstandenen Bilder; sie wurde viel 1*
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benutzt, nur hielt man rieh bis in die Mitte des Jahrhunderts an die altdeutsche Malerei a n d ging dann entsprechend der malerischen Gesamtentwickhmg i n Rubens und Veronese Ober. Die erste große Kostfimkunde von Hefner-Alteneck, die ihr Erscheinen (1840) mit einem Verlangen der Geschichtsmaler begründete, besteht aus einer Folge von Kostfimfiguren, die zumeist Miniaturen, Grabmftlern und Bildern des Mittelalters entnommen sind, und deren Hauptmerkmale der Text n u r kurz angibt 5 . Mit sauberen Umrissen nachgezeichnet und mit ungebrochenen Lokalfarben ausgemalt erscheinen alle diese Kostüme in der linearen Sehweise der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgenommen. Der antiken Gewandform angenähert, knapp an den Körper anliegend unterstützt die Tracht in Umriß und Falten den Ausdruck der Gestalt, ohne sich mit stofflichen Effekten zu weit vorzudrängen. Diese Vorstellung von mittelalterlichem KoBtfim gleicht der Charakteristik, die F. Th. Viseber in seiner Ästhetik in dem Abschnitt von „Geschichtlicher Schönheit" gibt; für ihn wird das historische Kostüm immer unschöner und so immer weniger malerisch verwertbar, je mehr es sich von der Antike entfernt. In dieser Form gingen die Kostttme fast allgemein in die Historienbilder bis zur Mitte deB Jahrhunderts Ober. Dann reicht die Hefhersche Kostfimkunde mit ihrer Beschränkung auf die Zeit von Karl dem Großen bis zur Reformation nicht mehr aus; die Kostfimkunde von Weiß (1860), einem Dfisseldorfer Maler, der die Wünsche der Historienmaler kennt, bringt eine ins Einzelne gehende Entwicklungsgeschichte des Kostfims von der Antike bis zur Neuzeit und entspricht so dem Hinneigen der Historienmalerei zu Gelehrsamkeit und Dekoration. Weit schwieriger als die Kostümfrage war die Rekonstruktion des historischen H a b i t u s und der P h y s i o g n o m i e , weil hierfür als Quelle nur die zeitgenössische bildliche Darstellung dienen konnte. Vischer hat in der Ästhetik zugleich mit dem Kostfim die Körperhaltung und die Bewegungsform der Epochen zu kennzeichnen versucht; aber kein Historienmaler h a t sich dadurch verpflichtet gefühlt, Szenen aus dem Bpfiten Mittelalter in spätgotischem Habitus darzustellen. Im allgemeinen bleibt es bei dem Verfahren früherer Zeiten, einem Typus der menschlichen Gestalt oder einem Modell zu folgen; nur in den Physiognomien hielt man sich an die fiberlieferten historischen Porträts. Die wesensbestimmenden Züge der Geschiehtsmalerei des 19. Jahrhunderts sind nun nicht von ihren Anfängen an deutlich ausgeprägt und gleichmäßig festgehalten. Die Geschichtsmalerei zeigt das Bild einer geschlossenen Entwicklung. Von willkürlich tastendem Verhalten gegenüber den Bedingungen der Stoffwahl und der historischen Illusion steigt sie zu restloser Erfüllung durch künstlerische Schöpferkraft und endet mit einer Abkehr von jenen in neuem Ausdruckswillen*. 4
DAS ROMANTISCHE GESCHICHTSBILD
D
IE Dichtung hat noch früher ab die Malerei, am Ende des 18. Jahrhunderts, die Beziehungen zwischen künstlerischer Phantasie and geschichtlicher Vergangenheit hergestellt. Zur Zeit von Goethes „Gflti" and seinen Nachfolgern war die Malerei noch zu sehr in der Tradition des 18. Jahrhunderts befangen, als daß sie von dieser Seite ans starke Anregungen hatte aufnehmen können. Immerhin worden hier and da schon Szenen ans der deutschen Geschichte als Stoff gewühlt, vor allem in Preußen, wo es Friedrich Wilhelm III. „den Künstlern seiner Staaten znr Pflicht machte, vorzüglich Gegenstände aus der vaterländischen Geschichte zu wühlen7/4 Auch historische Wahrheit wird schon gefordert, aber nicht streng durchgeführt. So warm Wilhelm Tischbein, vor allem unter dem Einfluß Bodmers, für die Wahl von Gegenstfinden aus der deutschen Geschichte warb, weil sie ebenso lehrreich, durch die Eigentümlichkeit des deutschen Kostüms ebenso malerisch und Deutschen angemessener wären als antike Stoffe, in seinen Bildern kommt er nicht über eine ziemlich willkürliche Aufnahme mittelalterlichen Beiwerks in einen ganz anders gearteten Zusammenhang hinaus. Sein „Konradin von Schwaben und Friedrich von Österreich vernehmen beim Schachspiel ihr Todesurteil" (1783/4) Abb. 2, ist nicht mehr als eine großausgeführte, rührselige Illustration der Bildunterschrift, in der das „altdeutsche Kostüm" der beiden Prinzen den antikisierenden Formen der Gestalten und ihrer Drapierung angeglichen ist. Später kehrte Tischbein ganz zum antiken Historienbild zurück, weil er für Begebenheiten der mittelalterlichen Geschichte im Publikum keine Aufnahmefähigkeit voraussetzen konnte. Er folgte damit nur der klassizistischen Einstellung zur Geschichte, die in den folgenden Jahrzehnten teils unter dem literarischen Einfloß des Goethekreises und dem der Malerei Jaques Louis Davids, teils in eignem Kunstwollen wie bei Carstens ein Zurückwenden zur Antike bewirkte. Goethe zog eine scharfe Grenze zwischen dem Künstler und dem Geschichtsschreiber, weil es ihm weniger auf das Besondere des geschichtlichen Zeitbildes ankam, als auf das zeitlos Gültige, weil der Dichter „Besseres und Höheres" zu geben habe als der Historiker und deshalb die historische Realität für ihn nicht bindend sei8. Er selbst, Schiller und Kleist sind auch den historischen Tatsachen gegenüber souverän verfahren. Erst die Romantik öffnete den Blick auf die Besonderheit und die bunte Fülle geschichtlichen Lebens und schuf für das Historienbild die neue Form des Geschichtsbildes. Sie empfand stark die Andersartigkeit einer vergangenen Epoche. Weil sie sich nach der frommen Treuherzigkeit und dem Bürgersinn des späteren Mittelalters, nach der handwerklichen Tüchtigkeit und der inneren Hingabe in den Werken des 5
15. Jahrhunderts sehnte, bemühte sich die Kunst diesen Geist des deutschen Mittelalters wieder lebendig zu machen. Allerdings sprachen die Nazarener ihre Empfindung zumeist im biblischen Historienbild aus. Franz P f o r r stand vereinzelt mit seinem Versuch, mittelalterliche Gesinnung in geschichtlichem Vorgang darzustellen. Dabei fühlte er sich der geschichtlichen Wirklichkeit gegenüber so frei, wie es auch A. v. Arnim im Vorwort zu seinem historischen Roman, den „KronenWächtern" (1817), für sich in Anspruch nahm. In dem „Einzug Kaiser Rudolfs von Habsburg in Basel" (1810) Abb. 1, sind Trachten und Häuserformen ungefähr den altdeutschen Bildern des 16. Jahrhunderts entnommen, nicht der Zeit Rudolfs von Habsburg: die von einem Freund erbetene Skizze des Basler Rathauses wird von Pforr nicht verwendet, weil sie sich nicht in seine Vorstellung einfügt. Der Vorgang selbst, dessen Empfindungsgehalt Pforr zur Darstellung gelockt hat, — Rudolf, der als Graf aus Rache für eine Unbill die Stadt Basel belagert, plötzlich zum König gewählt in königlicher Gerechtigkeit der Stadt verzeiht, zieht vom Volk umjubelt und vom Rat begrüßt in die Stadt ein — dieser Vorgang wird im Bilde nicht deutlich, schon weil die Gruppe der Bürger links unberührt von dem Einzug bleibt und der Rat weit in den Hintergrund verschoben ist; außerdem umfaßt das Thema so viel zeitlich auseinanderliegende Momente, daß sie auf einer Bildfläche nicht zu konzentrieren sind. Aber Pforr will auch nicht das Ereignis mit vollem Wirklichkeitsschein erzählen; in der stillen Gebundenheit im Ausdruck der Menschen, in der Bewegung plötzlich erstarrt, erscheint der Einzug wie ein Traumbild, über dessen Widerspruch zur Natur man nicht erstaunt, so wenig wie über die Mischung von Wunderbarem und Wirklichem in den historischen Romanen der Romantik. Denn in beiden Fällen gilt es nicht, Vergangenes tale quäle wieder herzustellen, sondern entschwundenes und wieder ersehntes LebensgefQhl zurückzuzaubern. Durch die Komposition und die Formensprache, die der altdeutschen Malweise folgen wollen, durch die Flächigkeit und die Führung der Linien, die zart und klar die Teile umlaufen und die Farbflächen abgrenzen, weit mehr noch als durch das Gegenständliche, will Pforr dem Geist des Mittelalters seine überzeugende Form geben; so wirkt sein Bild wirklichkeitsentrückt und etwas gespenstisch, aber in seiner stillen Buntheit mit bezwingender Eindringlichkeit. Pforrs Vorstellung vom Mittelalter ist nicht durch genaue Tatsachenforschung entwickelt, sondern durch das gefühlsmäßige Aufspüren ihm selbst verwandter Wesenszüge der Vergangenheit, die ihm allein das Mittelalter wieder belebenswert machen. Infolge seines frühen Todes hat Pforr sein Werk nicht weiterfähren und so auch nicht auf die Entwicklung des Geschichtsbildes einwirken können. Erst bei Moritz von Schwind ist eine ähnliche Einstellung zur Geschichte zu spüren. S c h w i n d s große Leistungen liegen abseits der Ge-
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schichtsmalerei, aber auch er konnte sich zeitweise der geschichtlichen Strömung nicht verschließen, zumeist freilich durch Auftrlge dazu veranlaßt. Aber auch dann hielt er sich fern vom großen weltgeschichtlichen Geschehen. Er blieb im Stoffkreis der Sage, den Quellen entsprechend, auB denen er die stärkste Anregung erfuhr: „Am allermeisten verdanke ich den Minnesängern. Die habe ich redlich studiert und durch sie mich in die romantische Zeit eingelebt. Da ist mir so nach und nach der mittelalterliche Geist aufgegangen und hat mich angeregt bald wild und schaurig wie Sturmessausen im Eichwald und scharf wie Schwerteshieb, bald sanft und mild wie minnigliches Flötengetön9." In ehrlichem Ringen um ein Phantasiegebilde von anschaulicher Lebendigkeit hat sich Schwind ein dichterisch verklärtes Bild des mittelalterlichen Lebens gewonnen, nach einem „riesenhaften Kampf": „Tag und Nacht hat mirs keine Ruhe gelassen. Im Fieber der Aufregung bildeten sich die mittelalterlichen Gestalten, von wallendem Nebel umflossen, wie die bekannten Dissolving views, darnach wurden sie größer, klarer und durchsichtiger. So habe ich sie denn erst scharf gezeichnet, dann in Farben bell ausgemalt10". Diese Yorstellungs- und Ausdrucksweise ist dem Sagenund Märchenbild angemessen; für das monumentale Geschichtsbild reicht sie nicht aus; in großem Format büßt Schwinde Zeichnung etwas an gleichmäßig belebtem wohllautendem Schwung ein, seine Gestalten verlieren an Lebenswärme und seine Erzählung an klarer Konzentration und Flüssigkeit. Im „Sängerkrieg auf der Wartburg" (1846) Abb.5 ist die Wirkung des Liniengefdges durch manche tote Stelle gestört wie die Deutlichkeit des Vorgangs durch zahlreiche unbeteiligte Figuren. Trotz allem aber klingt doch die dichterische Kraft von Schwinds Vorstellung mittelalterlichen Geistes hindurch, die mit dem historischen Mittelalter nichts zu tun hat, die aber mit dem Wesen der Volkssage innerlichst verbunden ist. An dieser Vorstellung hat Schwind stets festgehalten, unbeirrt durch die Entwicklung der Geschichtsmalerei, die er mit Spott verfolgte und der er fremd blieb, ohne sie aufhalten zu können.
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DAS ALLEGORISCH-PHILOSOPHISCHE GESCHICHTSBILD
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NTER dem Einfluß der Kunst Walter Scotts entwickelte sich die historische Dichtung stetig weiter in dem Streben, geschichtliches Leben „realistisch" zu erfassen. Die Malerei wurde durch ihren Reformator C o r n e l i u s in eine andere Richtung gezwungen. Cornelius lag im Grunde bei aller nationalen Empfindung jede Einstellung zur Geschichte fern, vor allem aber jedes gefühlsmäßige Eingehen auf einen geschichtlichen Sonderfall. Wie er die aufkeimende realistische Kunst in Landschaft und Genre negierte und das Festhalten eines gleichzeitigen Ereignisses als „Leichenbalsamierung" verwarf, verurteilte er die Darstellung eines geschichtlichen Vorgangs als „Gespensterbeschwörung". 11 Als er schließlich doch unter dem Einfluß seines Auftraggebers Königs Ludwigs I. der geschichtlichen Strömung nachgeben mußte, war sein Verhalten zur Geschichte das des Geschichtsphilosophen, wie es Friedrich Schlegel in seiner „Philosophie der Geschichte" (1828) kennzeichnet: „Die erste Grundregel des historischen Wissens und Forschens, insofern damit eine Erkenntnis des Ganzen beabsichtigt wird und erreicht werden soll, ist also, daß man die Aufmerksamkeit auf dies und das, was für diesen Zweck wesentlich und wirklich bedeutend ist, vorzüglich festhält, ohne sich allzusehr in das Einzelne der speziellen Untersuchungen und der historischen Tatsachen zu verlieren."
Cornelius nahm keine Überlieferung, biblische oder geschichtliche, als gegeben hin, sondern er dachte sie durch und formte sie um, bis aus dem tatsächlichen Verlauf die in ihm wirksame geistige Kraft gefunden ist. Der systembauende Gedanke und seine künstlerische Form standen ihm weit über der Tatsächlichkeit des Vorgangs. Für den Schmuck der Loggien an der Pinakothek, die mit Bildern aus der deutschen, französischen und italienischen Kunstgeschichte ausgemalt werden sollten, schöpfte er aus Vasari und van Mander unbekümmert um ihre historische Zuverlässigkeit. Die Bilder reihen sich nicht dem historischen Ablauf gemäß aneinander, schildern auch keinen verbürgten dramatischen Vorgang. Anekdotenhaft und allegorisch wird das Wesen jedes Künstlers bezeichnet 12 . Die Ausführung der Fresken, die Cornelius unbeaufsichtigten Schülerhänden überlassen mußte, entspricht nicht der dichterischen Kraft seiner Entwürfe. Die Wandgemälde in der Glyptothek lassen besser spüren, wie Cornelius seiner symbolisierenden Denkweise im Bilde Form gab. Mit der gleichen klaren Dispositionsgabe wie in den Pinakothekentwürfen sind über die drei Räume die Darstellungen aus der antiken Sage verteilt, die als Ganzes das Wesen des antiken Götter- und Heroenglaubens weisen sollen. Alles vom Wesentlichen des Vorganges Ablenkende, Kostüm und
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Bauten sind auf das Notwendigste, nur Andeutende beschränkt, damit der Ausdruck der Figuren, die dicht gedrängt den Bildraum füllen, um so nachdrücklicher sprechen kann. Cornelius besitzt in besonderem Maße die Fähigkeit zu „Verdichten", eine Reihe zeitlich auseinander hegender Vorgänge zu einer einzigen Szene zusammenzuziehen, die dann bis in den letzten Winkel mit bedeutungsreichen Zügen gefüllt ist. Was Aeneas bei Virgil auf seinem Lauf durch Troja nacheinander erblickt, Kassandras Gefangennahme, Hekuba am Altar von den Töchtern umdrängt, die sich bergende Helena, die Verteilung der Beute, das erscheint in dem Fresko von der „Zerstörung Trojas" Abb. 4, in einem Bilde dem zeitlichen Ablauf entrückt. So lebhaft bewegt die Einzelfigur erscheint: ihre Bewegung geht nicht von Gruppe zu Gruppe über. Um die in Schmerz erstarrte Hekuba schließt sich die Komposition ; sie bedeutet mehr als die Darstellung eines einmaligen Vorgangs. Sie erhält sinnbildliche Bedeutung. Cornelius ist von keinem seiner Schüler erreicht worden, auch die ihm am nächsten folgten, Schnorr von Carolsfeld, Schwind und Kaulbach blieben weit hinter ihm zurück. Schnorr von Carolsfeld erhielt 1835 von König Ludwig den Auftrag, drei Räume im Festsaalbau der Residenz mit geschichtlichen Szenen auszuschmücken. Im Banne von Cornelius' poetisch-philosophischer Geschichtsauffassung wollte sich Schnorr nicht mit einem lose aneinandergereihten Zyklus aus der deutschen Geschichte begnügen. Er erweiterte ihn zu einer weltgeschichtlichen Reihe, deren Bilder in klar disponierter Folge drei Leitsätze verdeutlichen sollten: „1. Kirche und Staat umfassen die ins Sichtbare getretene göttliche Ordnung auf Erden. 2. Kirche und Staat zu bewahren und zu verteidigen ist der Gewaltigen und Herrscher heiliger Beruf. 3. Kirche und Staat zu gehorchen ist ein den Völkern von Gott gegebenes Gebot 18 ." Auch Schnorr zeigte sich dabei in seinen Gedankengängen von Schlegels Philosophie der Geschichte bestimmt. Auf einem Fresko, der Schlacht Karls des Großen und der Sachsen wollte er eine Kirche durch Engel vor Flammen bewahren lassen, um damit den inneren Grund des Streites anzudeuten. Gegen den Widerspruch des Königs berief er sich auf sein künstlerisches Gewissen, das ihm eine Kunstweise vorschriebe, wie sie auch Raffael geübt hätte: „Wenn ich es wirklich richtig verstanden habe, daß bei einem neuen Plane jede Bezeichnung eines höheren Zusammenhanges, jede symbolische Andeutung wegfallen, hingegen nur die äußere geschichtliche Wahrheit ins Auge gefaßt werden müsse, so ist wirklich eine tiefere Auffassungsweise unmöglich und der neue Plan wird nur ein Verzeichnis von Gegenständen enthalten, nimmermehr aber eine zusammenhängende Kunstschöpfung werden können."13 Zu einem Kompromiß mit dem König gezwungen, mußte sich Schnorr in seinen weitgefaßten Plänen einschränken; er räumte den ersten Saal Rudolf 9
von Habsburg, die beiden anderen Karl dem Großen und Friedrich Barbarossa ein. Die Hauptdaten ihrer Regierung in strenger Chronologie (wie eine Geschichtstabelle erscheint der endgültige schriftliche Entwurf) wurden in großen Wandbildern von ihm und seinen Schülern in Wachsmalerei, nicht in Fresko dargestellt (1835—42). In bewußtem Gegensatz gegen alle „Rittertümelei" suchte Schnorr für seine Szenen aus dem Mittelalter eine klassische Form zu finden; da er sie nicht aus seiner Phantasie und eigner Naturanschauung gewinnen konnte, so nahm er sie bis zu wörtlichen Entlehnungen aus Raffaels Stanzen. Aus vielen Einzelzügen, die mit gelehrtenhafter Gründlichkeit zusammengetragen wurden, setzte er die Kompositionen nach gleichem Schema zusammen. Zwei Gruppen rechts und links sollen den Blick zur Hauptgruppe führen, die in der Mitte zurückgeschoben erscheint, ohne daß der dargestellte Raum trotz starker Verkürzungen Weite gewinnt. In dem „Einzug Friedrich Barbarossas in Mailand" Abb. 6, den Schnorr selbst für die beste Komposition hielt, wird die Gestalt des Kaisers durch seinen Platz in der Bildmitte und durch den Torbogen herausgehoben, aber die Gruppen des Vordergrundes, der gestürzte Mann, die bündeltragende Frau haben den gleichen Akzent. Die Fülle auseinanderfahrender Bewegungen ordnen sich nicht zu klar überschaubarem Liniengefüge wie bei Cornelius und die süßlichen Farben: mattgrün, rosa, gelb, violett sind ohne Ökonomie durcheinandergemischt. Mit großen Gesten, weit geöffneten Augen sucht Schnorr vergebens bedeutend zu wirken. Schon seine Zeit hat das Unzureichende dieser Historienmalerei empfunden. Doch spricht aus Schnorre Werk innere Rechtschaffenheit und ehrliche Achtung vor dem geschichtlich Gegebenen, die dem ersten der Corneliusschüler, Wilhelm K a u l b a c h , fehlte. Er hat in hohem Maße dazu beigetragen, die Geschichtsmalerei in Verruf zu bringen. Auch Kaulbach begnügte sich nicht mit der Darstellung einer einzelnen historischen Tatsache; „den Geist Gottes in der Geschichte zu malen" ist nach eigener Aussage sein Ziel. Seine Geschichtsphantasien, eine Mischung von dekorativen, sensationellen und gelehrten Zügen, sind — und das ist Kaulbachs Stärke — mit einer ungewöhnlichen Erzählergabe vorgetragen; das ist schon in seiner ersten historischen Komposition, der „Hunnenschlacht" der Fall (1834 gezeichnet, später für den Grafen Raczinsky in ö l begonnen) Abb. 3. Mit einer erstaunlichen Fülle von Bewegungsmotiven sind die Scharen der Römer und Hunnen von links und rechts in übersichtlichem Zuge mit dekorativem Geschick in die Höhe geführt, wobei sie allerdings in der Bildmitte ein Loch lassen, das durch die Erscheinung Roms im Hintergrunde nicht ausgefüllt werden kann. Aber der Kern der Sage, die Erbitterung des Streites, der selbst die Toten nicht ruhen läßt, kam nicht mit unmittelbarer Kraft zum Ausdruck, weil jede
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Geste nur für sich spricht, vor allem aber weil der Bewegungszug kein geschlossener, kraftvoll gespannter ist. Das Auge, das auf der einen Seite dem Aufwärtsdrängen nach oben folgt, muß die Bewegung der anderen Schar gegenläufig aufnehmen, so daß die Kraft des Drängens hier und der Eindruck von der Wucht des Zusammenpralls völlig gelähmt wird. Der gedankliche Gehalt vollends, den ein Zeitgenosse herauslas und den wohl Kaulbach hineinlegen wollte, daß sich hier „ein Kampf der Barbarei und des Despotismus mit der Freiheit und der Zivilisation, aber nicht minder des Häßlichen und Gemeinen gegen das Schöne und Edle, des tierisch Materiellen gegen das Ideale 14 " abspielte, das wird nur dem historisch Gebildeten deutlich. Der Karton wurde der Anlaß, daß König Friedrich Wilhelm IV. den Künstler nach Berlin rief. Er sollte das T r e p p e n h a u s d e s N e u e n M u s e u m s mit Bildern aus der Weltgeschichte schmücken und so inhaltlich fortsetzen, was Schinkel in seinen Entwürfen für die Vorhalle des alten Museums zur „Entwicklung des Lebens auf der Erde" in weit vornehmerer poetischer Form begonnen hatte (1828—32). Die Fülle von geschichtlichem Material, mit dem Kaulbach die großen Wände bedeckt, findet man bei Förster in ausführlicher Beschreibung, aus der man auch die Begeisterung spüren kann, die Kaulbach damals bei den Zeitgenossen hervorrief. Die sechs großen Darstellungen von Hauptmomenten der Weltgeschichte (1847—68 ausgeführt), die schon in ihrer Auswahl von keiner ernsthaften Geschichtsbetrachtung bestimmt sind, umrahmt von einer Fülle von allegorischen, sagenhaften und geschichtlichen Zügen, sollen über die gesamte Kulturgeschichte der Menschheit unterrichten. So imponierend die Arbeitsleistung und die Geschicklichkeit, mit der die riesigen Flächen aufgeteilt sind, noch heute wirkt — die Füllung eines inhaltlich und räumlich so weit gespannten Rahmens ist nur durch gedankliche und formale Oberflächlichkeit erkauft. Im Grunde lag Kaulbach die abstrakte Denkweise von Cornelius fern, und je weiter die Museumsfresken fortschritten, desto weniger widerstand er der Versuchung, realistische Züge in den geschichtsphilosophischen Zusammenhang aufzunehmen, ohne zu erkennen, daß er dadurch den Gesamtbau untergrub. Zuerst begnügte er sich damit, seine weichen Konturen mit süßlichen Farben auszumalen, dann übertönen die koloristischen Effekte die klaren Linien und zerstören damit den letzten Rest künstlerischer Ausdrucksweise. Die künstlerische Komposition wird durch das geschickte Arrangement eines Bühnenbildes verdrängt; bis das letzte Bild der Reihe, das „Zeitalter der Renaissance", das er übrigens erst nach langen Kämpfen in Berlin durchsetzte 15 , die geschichtsphilosophische Richtung ad absurdum führte. Das Zusammenstellen von Menschen verschiedener Zeiten und Län-
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der in einem Bilde, das so den Zusammenhang geistigen Schaffens anschaulich macht, war dem geschichtlichen Denken der ersten Jahrzehnte des Jahrhunderts willkommen. Seit Cornelius für das Fest, mit dem die deutschen Künstler in Rom 1819 den bayerischen Kronprinzen und künftigen König Ludwig I. feierten, vielleicht angeregt von Dantes Vorhölle, ein Transparent entworfen hatte,, auf dem die vorzüglichsten Vertreter der Künste: König David, Homer, Phidias, Wolfram von Eschenbach u. a. und ihre Beschützer: Perikles, Augustus, Mäcen, Karl der Große u. a. versammelt waren, ist dieser Gedanke öfters wieder aufgenommen worden, wie in Overbecks „Magnificat der Künste", der Darstellung der „Theologie" in der Aula der Bonner Universität von den Comeliusschülern Hermann und Förster, in Kaulbachs „Reformation" bis zur epigonenhaften Nachahmung in Pilotys „Munichia" im Münchner Rathaus (1874). Der Gedanke widerspricht auch so lange nicht dem geschichtlichen Sinn, als seine Darstellung in der Sphäre des Sinnbildlichen bleibt. O v e r b e c k hat im „Magnificat" (1829—41) den Schein des Irrealen in Zeit und Raum zu wahren gewußt bei aller klaren Durchbildung im einzelnen, schon durch die Verbindung der irdischen und himmlischen Sphäre auf einem Bilde. Man mag das Recht Overbecks bestreiten, in frommer Beschränktheit die Reihe der auserwählten Künstler mit Michelangelo abzuschließen, weil nach ihm der Verfall der Künste im Abfall vom Glauben einsetzte, als Ganzes ist diese deutende Schau des kunstgeschichtlichen Verlaufs das Bekenntnis eines gläubigen Künstlers, ehrlich in der Gesinnung wie in der Formensprache. Kaulbachs „Realismus" aber nimmt seiner Darstellung jeden Schein von Abstraktion. Frei von künstlerischem Verantwortungsgefühl, ohne tieferes Verständnis für den Sinn raffaelischer Komposition verwertet er den Aufbau der „Schule von Athen" dekorativ. Das hohe Kirchenschiff, in dem er die Gruppen anordnet, übt keine räumliche Wirkung aus, wie Raffaels weite Halle, sondern schafft nur den Platz, auf dem sich die Teilnehmer an der Versammlung übersichtlich aufbauen können. Diese Menschen, die einander niemals gesehen, scheinen hier miteinander zu leben. Jede Figur posiert als Träger einer geschichtlichen Rolle, so daß das Bild eine Erklärungstafel verlangt, die durch diesen Kongreß historischer Persönlichkeiten aus drei Jahrhunderten führt. Cornelius wußte, weshalb er mit unbeirrbarer Strenge jedes Hinneigen zum Realismus verwarf, und sah es in Kaulbachs Werk bestätigt 16 . Aber die ihm eigene abstrakte Einstellung verlangte ein solches Maß an künstlerischer Kraft, um Gedanken Form zu geben, wie nur er sie besaß. Auf geschichtsphilosophischer Grundlage konnte es für die Geschichtsmalerei keine Entwicklung geben. Deshalb stellt auch die geschichtsphilosophische Richtung nur eine Episode geringen künstlerischen Wertes dar. 12
DAS POLITISCHE GESCHICHTSBILD
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EGEN die idealisierende Geschichtsauffassung von Cornelius erhob sich innerhalb der eignen Schule von Beginn seiner Tätigkeit in München an eine realistisch eingestellte Richtung, deren stärkster Förderer König Ludwig selbst war. Die zuerst nur undeutlich erkannte Gegensätzlichkeit kam 1828 anläßlich des Dürerfestes in Nürnberg klar zum Ausdruck. Die Corneliusschüler entwarfen für ein siebenteiliges Transparent Szenen aus Dürers Leben. Cornelius, den diese genrehafte Auffassung verdroß, überredete Eberle statt des geplanten Mittelbildes: Dürer am Sonntag vor seiner Staffelei mit der Bibel in der Hand, an dieser Stelle „Dürer und Raffael, sich die Hände reichend" darzustellen; hinter Dürer Kaiser Maximilian, Pirkheimer und Wohlgemut, hinter Raffael Julius II. Leo X . Bramante und Perugino, mit der Begründung: „Das darf sie nicht irren, daß sie einander im Leben nicht gesehen. Im Geiste waren sie doch vereint, und im Himmel wie in der Geschichte haben sie sich die Hände gegeben 17 . 1 ' Doch hat Cornelius selbst, ohne es zu wollen, der realistischen Richtung weitergeholfen, als er für die Arkaden im Hofgarten eine Bilderfolge aus der bayerischen Geschichte vorschlug. Der König, dessen historische Gewissenhaftigkeit in dem Beschneiden der Schnorrschen Pläne für den Kaisersaal deutlich wurde, sorgte schon im Entwurf für möglichste historische Genauigkeit. 16 Fresken, aus den acht Jahrhunderten bayerischer Geschichte seit der Gründung der Wittelsbachischen Dynastie, wurden von den Corneliusschülern ausgeführt. Häufig übermalt sagen sie heute nichts mehr von dem ursprünglichen Eindruck, aber selbst Förster, der Corneliusschüler, der an der Ausführung beteiligt war, räumt ein, daß von Cornelius' Sinnesweise wenig in sie übergegangen und keines als Komposition von auffallender Bedeutung gewesen sei. Fr. Kugler rügte, daß „in ihnen nicht sowohl charakteristische, ethische Momente, in denen sich das innere Leben der Zeit spiegelt, als vielmehr jenes äußere Schaugepränge der Geschichte: Belehnungen, Krönungen usw. vorgeführt waren 18 ." Nur ein Fresko „Der Sieg Ludwigs von Bayern über Friedrich von Österreich" befriedigte ihn mehr mit seinem menschlich-tragischen Gehalt, durch den der Stoff auch zwei Dichtern, Uhland und später Heyse, für ein historisches Drama geeignet erschien 19 .
Die wichtigste Folge dieser Historienmalerei war, daß die Künstler sich ernsthaft mit Kostümstudien abgaben und sich immer mehr mit antiquarischem Wissen belasteten, während man es bisher nach Försters Aussage mit Kostümtreue leicht genommen h a t t e : „Man begnügte sich, Antikes und Mittelalterliches, Christliches und Sarazenisches zu sondern, und machte wohl auch einen Unterschied zwischen den Kriegern Karls des Großen und Maximilians, ging aber nicht weiter, wie denn auch Cor13
nelius in seinen Nibelungen nach einer chronologischen Bestimmung von Waffen und Trachten nichts gefragt 2 0 ." Schon 1823 war mit Karl Herrmann 21 das realistische Element in die Corneliusschule eingedrungen, und der Meister hatte vergebens versucht, es zu höherem Schwung zu bringen, dadurch daß er Herrmann in der Ludwigskirche mitarbeiten ließ. Durch einen anderen, Ferdinand Fellner (1800—1859), angespornt, dessen Talent und antiquarisches Wissen großen Eindruck machte und dessen Einfluß in dem Entwurf des Dürertransparentes wirksam wurde, kamen die Corneliusschüler bald soweit, daß „sie einen Fehler gegen das Kostüm nachgerade mehr scheuten, als gegen den Stil und die Reinheit des Geschmacks 22 ." Trotz allem blieb es, solange Cornelius in München herrschte, auch in der Geschichtsmalerei bei seiner typisierenden Ausdrucksweise, die nur hier und da durch realistische Einzelzüge zersetzt wurde. Zudem kamen die Geschichtsmaler im Dienste des Königs nicht über die dynastisch-politische Geschichtsbetrachtung hinaus. Inzwischen konnte sich die Geschichtsmalerei, frei von diesem doppelten Druck, an anderer Stelle ungestört entwickeln. Nachdem Cornelius 1826 D ü s s e l d o r f verlassen hatte und nach München gezogen war, fand sie in der Schule seines Nachfolgers W i l h e l m S c h a d o w eine gefühlsbetonte Grundstimmung vorbereitet, die viel eher auch auf geschichtlichem Gebiet eine künstlerische Konzeption ermöglichte als die intellektuelle Einstellung in München. Hier wirkte die Erregung der Freiheitskämpfe nach und trug dazu bei, daß der Blick sich zur eigenen Vergangenheit zurückwandte. Die Generation der dreißiger und vierziger Jahre glaubte in den großen Zeiten deutscher Geschichte ihre eigenen Gefühle und Wünsche bestätigt zu finden und begeisterte sich an politisch bedeutsamen und rührenden Augenblicken wie Heinrichs des Löwen Fußfall oder der Demütigung der Mailänder vor Friedrich Barbarossa. Die kampffreudige Bewunderung der Hohenstaufenzeit verdrängte die lebensfremde Sehnsucht nach dem 16. Jahrhimdert, wie sie sich in der frühromantischen Kunst aussprach. Dichter und Maler arbeiteten in Düsseldorf zusammen, um geschichtliche Größe wiederzubeleben; sie wurden dabei von Historikern wie Üchtritz und Schnaase unterstützt. 1828 erschien Immermanns Tragödie „Friedrich I I . " mit einer Widmung an Wilhelm Schadow, 1829 und 1830 Grabbes „Friedrich Barbarossa" und „Heinrich VI.", historische Dramen, in denen Hohenstaufen die Auffassung der Dichter vom politischen Leben aussprachen. Es galt nicht mehr, wie in der Frühromantik die Gesamtheit mittelalterlicher Lebensform zurückzuzaubern, sondern den Sinn politischer Kämpfe und staatlicher Macht zu deuten. Als Freiherr von Stein 1824 den Plan faßte, einen Saal seines Schlosses Kappenberg mit Fresken zu schmücken, verwarf er die Geschichte Hein-
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richs IV., an die er zuerst gedacht hatte, als eine Zeit der Erschütterung des alten Kaisertums und entschied sich für die Geschichte Heinrichs I. um ihrer innerpolitischen Bedeutung willen23. Nach dem Fortgang von Cornelius aus Düsseldorf wurde diese Arbeit eingestellt. Cornelius war zu kurze Zeit in Düsseldorf, als daß es ihm hätte gelingen können, dort eine zweite Stätte der Monumentalmalerei zu schaffen, und Schadow fehlte der schöpferische Formsinn seines Vorgängers. Nach Immermanns Urteil besaß er so wenig wie seine Schule „frische Ursprünglichkeit". Üchtritz, der bei abendlichen Zusammenkünften durch Vorlesen geschichtlicher Darstellungen und Quellen die Maler anregen und belehren wollte, klagte, daß sich bei ihnen „kein Bedürfnis zu großen Gesamt- und Überblicken, zu weltgeschichtlichen Totalanschauungen zu gelangen, zeige24." Die Empfindungen, die die Künstler in abgeleiteten Formen aussprachen, blieben stets gemäßigt und auf den Ton weichen Ernstes gestimmt. Mit dieser Stimmung wandte man sich der Geschichte zu und suchte in ihr die Episoden, die ihr entsprachen. An Stelle der zyklischen Überschau und der Deutung der Geschichte trat die geschichtliche Episode, an die Stelle der monumentalen Freskomalerei das Ölbild. Selbst dort, wo die Düsseldorfer Fresken auszuführen hatten, kamen sie nicht über die Ölmalerei und die ihr gemäße Kompositionsweise hinaus, wie in den Fresken in Heitorf, dem Schlosse des Grafen Spee, die der Corneliusschüler Karl Stürmer mit der „Versöhnung Friedrich Barbarossas mit dem Papst in Venedig" begonnen hatte und die die Düsseldorfer, Heinrich K. A. Mücke, Carl Friedrich Lessing und H. F. Plüddemann vollendeten (1829—38). Das erste Bild der Reihe läßt noch etwas von der Kompositionsweise Cornelius' spüren, in den anderen ist die dem Fresko gebührende Einfachheit durch die Freude an modellhaften Einzelzügen und die dunkle Färbung zerstört. Dargestellt sind die dramatischen Höhepunkte aus der Geschichte Friedrich Barbarossas, fast in der gleichen Auswahl wie in Schnorrs Entwurf für den zweiten Kaisersaal (die Kaiserkrönimg, Unterwerfung der Mailänder, Versöhnung mit dem Papst, Kniefall Heinrichs des Löwen in Erfurt, Schlacht und Erstürmung von Ikonium, Auffindung der Leiche Barbarossas) ohne besondere dramatische Ausdruckskraft und Größe der Gesinnung. Freilich verhalf auch den Künstlern ihre Quelle, Friedrich v. Raumers „Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit" (seit 1823), zu keiner höheren Auffassung. In ihrem Aufbau zeigen die Fresken alle die nahe Verbindung der Künstler mit dem Theater, dessen Bühnenbilder der künstlerischen Phantasie nachgeholfen haben mögen. Statt der klassischen Gestalten Schnorrs stellen schöne Düsseldorfer Modelle in prächtigen Kostümen auf schmaler Bühne geschichtliche Bilder. In der „Unterwerfung der Mailänder" (Abb. b. Schaarschmidt) bauen 15
sich gefühlvolle Gruppen in lockerer Verbindung um den Thron des Kaisers. Den Mailändern merkt man nicht an, daß Hunger sie zur Ergebung zwang, und die Pose des Kaisers ist fern von dem Zorn, der ihn Mailand zerstören ließ. Nur aus Lessings Kompositionen spricht ein temperamentvoller Ernst, der die Künstlichkeit der ganzen Erfindung nicht so deutlich werden läßt. Der Persönlichkeit des Kaisers ist kein Düsseldorfer nahe gekommen. Den bezeichnendsten Ausdruck hat diese „romantische" Richtung der Düsseldorfer Schule, die sich zu der Romantik Pforrs wie die Wirklichkeitsnähe von Hauffs „Lichtenstein" (1826) zu der Phantastik von Arnims „Kronenwächtern" verhält, in den Fresken der Burg S t o l z e n f e l s am Rhein gefunden, die in ihrem Wiederaufbau durch Friedrich Wilhelm IV. als Symbol dieser Geistesrichtung gelten kann. H . S t i l k e , der an den Arkadenfresken in München mitgearbeitet hatte und sich nach einer Romreise 1831—47 in Düsseldorf niederließ, ließ seine „von Haus aus romantische Natur 2 5 " in Bildern aus der mittelalterlichen Geschichte sprechen, in verschmachtenden Pilgern, Kreuzfahrern auf der Morgenwache, der betenden Jungfrau von Orleans. In Stolzenfels hat er die Züge, die ihm als die wesentlichen des Rittertums galten, mit Szenen aus der Geschichte belegt: die Tapferkeit durch den blinden Johann in der Schlacht von Crecy, die Treue durch die Aufopferung Hermans von Siebeneichen für Friedrich Barbarossa usf. „Darüber hinaus gibt es keine Steigerung der süßlichen Phantastik, der bunten zarten Färbung, und der schwärmerischen Theaterhaftigkeit mehr." (Schaarschmidt, a. a. O., p. 103.) Auch B e n d e m a n n , dem ersten der Schadowschüler, der 1838 nach Dresden berufen wurde, um den Thronsaal des Schlosses mit geschichtlichen Fresken zu versehen, fehlte es an Weite der historischen Perspektive. Den Gestalten von 16 Herrschern und Gesetzgebern, in Nischen auf Goldgrund nebeneinandergereiht, stellte er auf der anderen Seite des großen Saales vier große Kompositionen aus der sächsischen Geschichte gegenüber, den vier Ständen der Landesvertretung entsprechend: (Aufnahme eines Teils der Bauern und ihrer Ernte in die Städte, Heinrich I. als Städtegründer beim Stadtbau, Heinrichs Sieg über die Ungarn, Übertritt Knuts von Dänemark). Um den ganzen Saal läuft ein Fries mit kulturgeschichtlich-allegorisierenden Szenen, dem jede raumzusammenfassende Kraft fehlt und der nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß die Wandgliederung in der ungleichmäßigen Aufteilung der Flächen im Einzelnen die räumliche Wirkung des Saales zerstört. Es war den Düsseldorfern nicht gegeben, Fresko und Raum zusammenzudenken. Bendemanns Vorstellung von den sächsischen Bauern und Kriegern Heinrichs I. bleibt dieselbe allgemeine wie die von den Rittern der Stauferzeit — dieser Heinrich könnte auch Friedrich Barbarossa sein. Bendemann gibt allen seinen historischen Gestalten wohl eine milde Schönheit,
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nicht aber persönlichen Ausdruck und überzeugende Größe. Die geschichtlichen Szenen sind weder im Aufbau noch in der Erzählung geschlossen, so wenig wie die Ideenverbindung in der Bildthemenauswahl überzeugt. So sehr sich auch die Düsseldorfer ihres Realismus rühmen, im Grunde sehen auch sie noch die Geschichte in Verklärung. Sie nehmen nur die Züge der Vergangenheit in das Bild auf, die sie über die Unsicherheit des politischen Lebens und die Enge der eigenen Lebensform herausheben können. Etwas von der Stimmung der Epigonen Immermanns, die sich über sich selbst zu erheben suchen, wenn sie das Turnier aus Scotts „Ivanhoe" in äußerster „historischer Treue" nachleben, ist auch in die Düsseldorfer Geschichtsbilder übergegangen. Erst C. Friedrich L e s s i n g ließ einen neuen Ton in der Geschichtsmalerei anklingen, der weit immittelbarer geschichtliche Kunst und politisches Leben verband. Von der Geschichtsschwärmerei hielt sich Lessing fern, zog sich auch von der Arbeit in Helltorf bald zurück, da er fühlte, daß Freskomalen seiner Ausdrucksweise fremd war und die Ritterzeit ihm in Gestalt und Empfindung zu verschwommen erschien. Durch Anstoß von außen, durch Üchtritz,der ihm die Geschichte der Hussiten nahebrachte, und durch den Streit zwischen Kirche und Staat gewann Lessing plötzlich eine neue Einstellung zur Geschichte; sie führte ihn weit weg von Schadow und schließlich zum Bruch mit ihm. Denn sie bedeutete mehr als eine Wahl anderer Stoffe, wie sie bisher im Schadowkreise üblich waren; sie bedeutete ein Eingreifen in aktuelle Kämpfe, den Mitstreitenden deutlicher als den späteren Betrachtern. Nur so läßt sich der Rücktritt Veits von der Leitung des Städelschen Instituts erklären, der den Ankauf des „Hus vor dem Konzil" als unvereinbar mit seinem Gewissen auffaßte. Lessing sah in der Geschichte nur die Augenblicke, die Zeugnis ablegen für den immerwährenden Kampf der freien Geister gegen das Pfaffentum, wie er in der gleichen Art geschichtlicher Auffassung auch in der jungdeutschen Literatur so in Gutzkows „Uriel Acosta" (1847) ausgefochten wurde. In Lessings Hus-Bildern, dem „Ezzelin im Kerker" (1838), „Gefangennahme des Papstes Paschalis durch Heinrich V." (1851) bis zu „Luthers Verbrennung der Bannbulle" (1853) und der „Disputation mit E c k " (1860), immer wiederholte er das gleiche Thema, von Gestalten der gleichen Denkungsart vorgetragen, die nur durch ihr Kostüm andeuten, daß sie verschiedenen Zeiten angehören. Durch die Überzeugungstreue, mit der Lessing in den Kampf der Gegenwart eingriff, und durch die gewissenhafte Durchführung sonderte sich Lessing von seinen Schulgenossen und begeisterte das Publikum, das das Ungewohnte des Stoffes bewunderte und die Schwäche der Form nicht sah. Denn Lessings Bilder wirken allein durch den dargestellten Gegenstand. Seine künstlerischen Mittel beschränken sich auf eine klar bestimmte 2
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Zeichnung, auf einen soliden Auftrag seiner sauber von einander abgesetzten Ölfarben und auf eine übersichtliche Art zu komponieren. Aber Linie und Farbe haben keinen Ausdruckswert, sie bezeichnen nur die Gegenstände, wie bei den Dfisseldorfer Dichtern die Sprache nicht Rhythmus und Klang besitzt und nur durch den Sinn der Worte wirkt. Nie besitzt die örtlichkeit eigene Atmosphäre, sie dient zur Angabe des Ortes wie die Kostfime zur Angabe der Zeit. Wo keine Versatzstflcke oder Figuren den Raum fällen,bleibt die Bildfläche tot. Die Hauptfigur ist meist in die Bildmitte gerückt, und ihre Haltung zeigt sie von einer einfachen Empfindung: Fanatismus, Trotz oder glaubensstarker Ergebung beherrscht. Aber es fehlt den Menschen Lessings trotz sicherer Charakteristik die letzte künstlerische Überzeugungskraft. Pecht hat schon den Hus des Konzilbildes als einen „nervösen, schwächlichen, ganz modernen Professor" bezeichnet, und Schwind spottete, daß Ezzelin mit dem Blick auf die Mönche, die ihn zu bekehren suchen, nur sage, sie sollten ihn in Ruhe lassen, da er Modell sitze. Die Bindung an das Modell, die sich Lessing zur Pflicht machte, nimmt den Bildern die geschichtliche Glaubhaftigkeit. Auch geht von Lessings Glaubenskämpfern kein Fluidum aus und auf die umgebende Menge Aber, so deutlich und ehrlich empfunden ihre Gebärde ist, weil keine Linie und Farbe sich mit den andern im Bilde bindet. Die Wirkung der „Hussitenpredigt" (1835) Abb. 7, liest man nacheinander aus den Mienen der Hörer ab, die sich aus sorgfältig ausgewählten Vertretern von Empfindungen und Denkweisen zusammensetzen. Jede Figur spielt ernsthaft beteiligt ihre Rolle, aber jeder will einzeln gesehen und gedeutet werden. Diese Lockerheit der Konzentration wird um so fühlbarer, als Lessing nie einen Zustand ruhig abgeschlossen darstellt; immer erscheint ein Augenblick eines lebhaft bewegten Vorganges festgehalten. Wohl unbewußt der Theorie seines Großonkels vom „fruchtbaren Moment" folgend hat Lessing forden „Hus vordem Scheiterhaufen" (1850) Abb. 8, den Augenblick gewählt, in dem Hus auf dem Wege in die Knie gesunken ist, so daß die Phantasie Raum hat, das Drama zu Ende zu denken. Wer aber das Bild eindringlich betrachtet, muß sich bald beunruhigt fragen, wie lange noch die Ketzerkrone über dem Haupte schweben oder der Mönch in seiner unbequemen Haltung verharren wird. Denn die nebeneinander gestellten Bewegungsgesten geben keinen einheitlichen Bewegungseindruck, weil die Verknüpfung und die sichere Führung des Auges fehlt. Trotz allem aber kommt Lessing der Geschichte weit näher als es bisher in München oder Düsseldorf gelungen war. Lessing hat als erster einen geschichtlichen Konflikt in seiner Gültigkeit für die Gegenwart aufgefaßt und hat der Geschichtsmalerei Formmittel gefunden, mit denen man ein klareres Bild geschichtlicher Vergangenheit gewinnen konnte. 18
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DAS MYTHISCHE GESCHICHTSBILD
E D E R in der Münchener Schale noch in Düsseldorf war das Geschichtsbild die notwendige und einzige Ausdrucksform. F ü r Alfred R e t h el ist sie die natürlich gegebene von den ersten kindlichen Versuchen an. Mit dem Sinn für das geschichtlich Bedeutende begabt, f ü r die „Silberblicke", worin die Seele der Geschichte heller durchbricht, dringt er bis zudem symbolhaften Sinn geschichtlichen Geschehens vor, zu d e m , »Allgemeinen, wo die gattungsmäßigen Kräfte der Menschheit sich zu geschichtlichen Entscheidungen konzentrieren, worin eine bestimmte Idee durchbricht 2 *". Dies ist nach Vischer die Aufgabe des großen Geschichtsbildes im Gegensatz zum Sittengeschichtsbild. Zugleich besitzt Rethel soviel sinnliche Kraft und künstlerischen Takt, die Idee nicht in abstrakten Zeichen darzustellen, in der Wiedergabe der geschichtlichen Formen aber auch nur so weit zu gehen, als sie zur lebendigen Darstellung notwendig ist. Der historischen Dichtung fehlt diese Darstellungsform. In der Geschichtsschreibung aber zeigt zu gleicher Zeit Rankes Werk die Vereinigung von künstlerischer Phantasie und Tatsachenforschung, die in dem besonderen Fall zugleich die „Idee" sieht und über dem Einzelfall den Sinn des geschichtlichen Verlaufes im Ganzen nicht vergißt. Rethels Kunst beruht auf seinem Glauben und auf seiner Ehrfurcht vor geschichtlicher Größe. Für ihn erfüllt die Malerei ihre Aufgabe „Herold der christlichen Religion" zu sein, nicht mehr wie früher im biblischen Bilde, ohne daß er ein „Monopol der Historienmalerei" aussprechen will27. Er hält sich frei von geschichtsphilosophischer Reflexion wie von elegischer Trauer um geschwundene Größe. Mit sicherem Instinkt für das bildlich Darstellbare haftet seine Phantasie an den Gestalten vaterländischer Geschichte, die zum Symbol geworden sind für ritterlich streitbare Kraft im Kampf für den Glauben. Karl der Große und Bonifazius, Heinrich IV. im Sarg auf der Rheininsel, Gustav Adolf auf dem Schlachtfeld von Lützen, Karl V. ins Kloster eintretend, Bischof Ambrosius, dem Kaiser Theodosius den Eintritt in die Kirche verwehrend, werden von Rethel in der Situation gefaßt, in der sie im geschichtlichen Bewußtsein der folgenden Zeiten sagenhaft fortlebten. Die Vorgänge erscheinen in ihrer zeitlichen Bedingtheit einmalig zu bestimmter Zeit geschehen, aber zugleich erschließt sich in der Darstellung ihr allgemein menschlicher Sinn und gibt ihnen die Gültigkeit der biblischen Geschichten. Von Beginn seines Schafifens ist Rethel eine Linie von zwingendem Ausdruck eigen, die nicht nur wie bei Lessing die Gegenstände aufs Klarste darstellt, sondern stets unmittelbarer Träger hochgespannter Empfindungen ist. In der Nachfolge der alten Deutschen, deren Bilder ihm wie „Worte der Bibel" sind, und Raffaels, dessen glühend gepriesene Sixtina ihm 2*
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bestätigt, daß er auf dem rechten Wege sei, steigert er seinen Linienlauf zu einer Spannkraft, die ihn von der knorrigen Bestimmtheit der einen wie von der Gelassenheit des andern scheidet28. Mit dieser Linie gibt Rethel seinen Geschöpfen eine Lebenskraft, die ihren ganzen Körper durchströmt und die sich zuletzt in Geste und Blick ausspricht, die am gewaltigsten im toten Kaiser Karl wirkt, der noch im Tode aufrecht bleibt. Rethels Gestalten, Karthager und Sachsen, Nibelungen und Bürger seiner Zeit sind alle sich ähnlich aus einer inneren Vorstellung eines gesunden kraftvollen Menschentums geschaffen, die nicht wie bei Schnorr und Schadow der Antike nur entliehen, sondern ihr selbständig nachgebildet sind. Während bei den Düsseldorfern die Gewandfalten künstlich gelegt erscheinen, sind Rethels groß gesehene Gewandform und Faltenlauf notwendig und der ungebrochenen Stärke der Empfindung angemessen. Die zurückhaltende Einfachheit der Gewänder läßt nie an die Frage der historischen Richtigkeit denken, weil das Kleid nicht für sich mit dem Reiz des Kostüms wirkt, immer nur andeutend der allgemeinen Vorstellung von der Tracht der dargestellten Zeit entspricht. Das Höchste an Ausdruck aber gibt Rethel in Auge und Hand. Rethels feste, knochige Hände haben zwingende Sprachgewalt und sind fähig, jedes edle und kräftige Gefühl eindringlich auszudeuten, von dem scheuen Aneinanderlegen des betenden Otto in der Gruft und dem Segnen des Abtes in Karls Klostereintritt bis zu dem Griff des Kaisers, der das Feldzeichen der Mauren bei Cordoba bricht. Selbst noch in der tuchverhüllten Hand des Kaisers, die die eiserne Krone vor Pavia trägt, spürt man ihre Kraft. In den Augen von Rethels Menschen lebt ein Feuer, dessen Stärke der Ergriffenheit entspricht, die Rethel vor den Augen des Christuskindes in der Sixtina spürt29. Groß und schwarz, unter vorspringenden Augenknochen, blicken sie nicht ruhig gelassen; nur in Portraits und im Christus der Auferstehung liegt die Pupille in der Mitte des Auges und ist rechts und links vom Weißen umrahmt. Sonst drängt sich die Pupille an den Augenrand, das Auge gewinnt dadurch die Intensität des Blickes, und ein aufgesetztes Glanzlicht läßt es aufblitzen. Selbst dort, wo die Pupille in dem seitwärts gesehenen Auge nur wie ein schwarzer Punkt erscheint, wie in dem Kopf des Ministranten bei Wittekinds Taufe behält es seine Ausdruckskraft. Jede Empfindung strahlen die Augen in höchster Lebendigkeit aus, die scheue Ehrfucht der jungen Sachsenfrau auf dem „Sturz der Irminsul" wie die Verzweiflung des maurischen Feldzeichenträgers; selbst in den Augen der Pferde und der Stiere bei Cordoba sprüht es auf. Rethel bildet keine verwickelten Seelenvorgänge ab, die schwierig zu deuten wären. Sein Werk kennt nicht den Reiz des Versteckten und Rätselhaften. Jede Figur lebt von einer einzigen einfachen Empfindung, 20
die so elementar ist wie die der homerischen Helden. Seine Bilder verkörpern die stets wirksamen Empfindungen, wie sie das Heldenepos immer besungen hat, des Siegers und des Besiegten, des Gläubigen und des Gefolgsmanns. Rethel wählt deshalb seine Stoffe aus den Geschichtsepochen, in denen der allgemeinen Vorstellung nach diese Geisteskräfte ursprünglich und ungebrochen lebendig waren und die großen Zeiten der vaterländischen Geschichte heraufführten: aus der Zeit Karls des Großen und der Hohenstaufen. Für den Grundton von Rethels Schöpfung ist es bezeichnend, daß e i n e Empfindung in seinem Werk vollkommen fehlt, die der unbefangenen Heiterkeit. Es ist ein Kennzeichen von Rethels Menschen, daß der scharf geschnittene Mund in starker innerer Spannung und zugleich herber Verhaltenheit sich nach dem Kinn zu senkt und mit den Augen das völlige Aufgehen des Menschen in ihrer Empfindung bekundet. Was Rethels Menschen tun, das tun sie ganz mit restloser Hingabe von Körper und Geist. Jeder Rest von modellhafter Pose schwindet allmählich aus seinem Werk. Unbekümmert um einen Beschauer vollziehen die Figuren ihre Aufgabe. Lessings Zeichnungen für den „Hus vor dem Scheiterhaufen" sehen wie sauber nachgebildete Porträtskizzen aus, die nacheinander entstanden und zusammengesetzt das Bild ergeben. Rethels Studien, jeder Kopf und jede Gestalt, wirken wie Fragmente, die noch ihrer Vollendung durch die übrigen Teile verlangen. Seine Bilder entstehen in seiner Vorstellung mit der Deutlichkeit einer Vision als Ganzes. Der Vergleich von Skizze und Bild bezeugt, wie Rethel in der Ausführung nur wenig zu ändern braucht, wie er nur einzelne Linien anders biegt, Figuren und Bauten leicht verschiebt, bis Linie, Geste und Blick sich zusammenschließen. Kein Teil soll Sonderrecht behalten, sondern ordnet sich dem Bildmittelpunkt unter, in dem sich der Kern des geschichtlichen Vorgangs offenbart. Die klare Dispositionskraft ist in dem Einzelbild wie in der Bilderfolge wirksam. Rethels Erzählergabe findet ihre angemessene Ausdrucksform im Zyklus. Den Sinn der Leistung seiner Helden, des Bonifazius, Kaiser Karls, des karthagischen Heeres, will er nicht in einem Einzelbilde erschöpfend darstellen. Seine Phantasie verfolgt ihr Werk von seinem Anfang bis zum Ende, greift aus dem Gesamtverlauf die bezeichnendsten Episoden und formt sie zu Bildern, die alle von gleicher Wichtigkeit mit derselben Notwendigkeit sich aneinanderschließen wie die Teile im Einzelbild. Sein erstes größeres Werk, der Bonifazius-Zyklus, in Düsseldorf entstanden (1833—36), entbehrt noch in der Komposition wie in der Bilderfolge die feste Geschlossenheit, läßt aber schon in der Lebendigkeit des Ausdrucks alle Düsseldorfer hinter sich. In der Einzelfigur des Bonifazius (Berlin, Nationalgalerie), der fest mit Kreuzstab und Axt auf seinem Posten steht, ist der Typus des glaubensstarken Streiters vorbe21
reitet, wie er sich machtvoller später im Kaiser Karl verkörpert. Das leuchtende Gegeneinander der Farben in solider Ölmalerei, wie sie Lessing in Dflsseidorf pflegte, wie sich Figur und Kreuz klar vom tiefblauen Himmel abheben, unterstfitzt den Ausdruck des innerlich Aufrechten der Gestalt. Am schwächsten und den Düsseldorfern angenähert erscheint Rethels Art in dem großen ausgeführten Bild des predigenden Bonifazius Abb. 12. Sein Temperament fügt sich vorfibergehend dem Dflsseldorfer „Stil", wie ihn Müller von Königswinter deutet: „Ein gewisser Typus in den Linien der Zeichnung, in den Charakteren der Gestalten und den Falten der Gewänder berechtigte sehr häufig zu diesem Prädikat, während unmittelbare kecke Frische nicht selten als unhistorisch verdammt wurde." Müller bezeugt, daß Bethel durch diese Theorie genötigt wurde, „auf seinem Bonifaziusbilde den Altdeutschen die struppigen Zöpfe abzuschneiden und ihnen stilvolle Mfitzen aufzusetzen 80 ." Es ist Leasings Kompositionsart, wie die sorgfältig ausgewählten Typen um Bonifazius aufgebaut werden, in einzeln erdachten Posen, wie der sinnende Germanenpriester neben dem Kreuzzeichenträger, und es ist dessen Malweise, wie die schön drapierten Gewänder bunt koloriert werden, wobei die Ölfarbe in der Wirkung nicht ihre Substanz verliert und die Stofflichkeit des Gewandes annimmt. Und doch ist Rethels Bonifaz von dem „predigenden Hussiten" Leasings bei aller äußeren Ähnlichkeit grundsätzlich geschieden. Wie hier in dem gesenkten Speer des gebeugten Kriegers und in der Kreuzfahne die Grundrichtungen festgelegt sind, die dem Bilde das Rückgrat geben, wie die Vorderansicht des Kreuzträgers gegen das Profil des Betenden gesetzt ist, wie der weißmantelige vorwärts schreitende Priester und die entsprechende rote Rückenfigur zusammen mit den Baumgruppen rechts und links fest abschließen, das gibt dem Bilde gegenüber der zufälligen Anordnung der „Hussitenpredigt" den Ausdruck des Gefügten, wenn auch die Bildrechnung im einzelnen noch zu absichtlich spricht. Auf zwei Grundkräften beruht die ErzählerkunBt Rethels, auf seinem Sinn für Monumentalität und f ü r Rhythmus in der Bewegung von Massen. Sie sind am deutlichsten schon in der Düsseldorfer Zeit in den beiden Blättern zur Schweizer Geschichte wirksam Abb. 10. Das Häuflein Schweizer, das im „Gebet vor der Schlacht bei Sempach" sich angesichts der Feinde zum Kampfe stärkt, erhält seine feste Geschlossenheit durch den Betenden rechts und den Hornträger links und das in ihrer Mitte aufsteigende Banner. Gerade aufgepflanzt, gestützt durch die Schrägen der Hellebarde, der Streitkolben und der Schwerter, die in gleichem Sinn wirken wie das Dreiviertelprofil des Jünglings zwischen den klaren Profilen der bärtigen Männer, wird es zum Ausdruck der ernsten Entschlossenheit der Bauern, die aus ihrer Haltung, Miene und dem Griff ihrer Hände spricht. Innerhalb dieser festgebauten Gruppe enthüllt sich restlos der Gefühls22
Inhalt des „Gebetes vor der Schlacht". Das tiefste Versunkensein im Gebet, das den Knieenden rechts seinen Kopf gegen den Schwertknauf drücken läßt, löst sich allmählich und sich aufraffend zu neugierigem und trotzig scheuem Spähen geht es zu der gestärkten Kampfbereitschaft des Hornbläsers Aber, der aufrecht den starrenden Lanzen im Tal entgegensieht nnd dabei wie sein Gegenspieler sein Gesicht nicht sehen läßt. Neben der gefestigten Ruhe des „Gebets", in dem die Kräfte gebindigt erscheinen, steht der fortreißende Sturm des Angriffe in der Skizze „Der Tod Arnolds von Winkelried". Von rechts setzt die Bewegung ein, von den drei Stürmenden anwachsend weiter getragen, dem Barettträger, dem Mann, der mit der Hand das Ziel weist und dem, der mit großem Satz über die Leiche setzt, die alle drei Grade der gleichen Bewegung darstellen. Zugleich wird die Bewegung gehemmt durch den Hornbläser zwischen dem rückwärts gewendeten Banner und Spieß, durch die zur Leiche zurück Blickenden, und sie wird kurz vor dem Zusammenstoß, wo sie in den Stürmenden an der Spitze den höchsten Grad erreicht hat, noch einmal angestaut durch den Morgensternschwinger. Über seine Arme und den Morgenstern, die Speere der Ritter und die Axt kehrt dann der Blick zu dem geistigen Mittelpunkt des Bildes zurück, zu dem zusammenbrechenden Winkelried. Kraft des Aufbaus und des Ausdrucks entsprechen beide Zeichnungen der Vorstellung, mit der das Schweizer Volk in seinem gottvertrauenden Freiheitswillen in der Geschichte weiterlebt. In diesen Zeichnungen ist Rethel frei von Düsseldorfer Geist; der Streit der Rheinländer gegen die bevorzugten Schüler, die mit Schadow aus dem Osten gekommen waren, bringt auch die äußere Loslösung (1836). In Frankfurt am Städelschen Institut wird er unter dem Einfluß Philipp Veits zur religiösen Malerei abgelenkt. Das Hauptwerk Veits, die „Einführung der Künste in Deutschland durch das Christentum" (1836), berührt mit seiner frommen Deutung des geschichtlichen Vorgangs und seiner ernsten Idealität einen Zug in Rethels Wesen so stark, daß dieser begeisterte Anschluß verständlich ist. Durch ihn wird Rethel mit der romantischen Geschichtsauffassung verbunden und lernt von ihm zugleich die einfache rhythmische Durchgliederung und den klaren monumentalen Bau des Fresko, wie sie Düsseldorf nicht kannte. Aber er wächst sehr schnell über die mild abgeklärte und wirklichkeitsfremde Darstellungsweise Veits mit ihrer allegorisierenden Auffassung hinaus. Schon 4 Jahre nach seiner Übersiedlung (1840) schlägt er die Düsseldorfer Lessing, Mücke, Plüddemann, Stilke im Wettbewerb mit seinen Entwürfen für die Fresken im Krönungssaal in Aachen, von denen ein Düsseldorfer bekennt, daß der Geist, der aus ihnen spräche „so einfach, wahr, so schlicht und groß erscheint als die Zeit des großen Karl selbst* 1 ". 23
In der sechsjährigen Wartezeit, bis er in Aachen selbst beginnen kann, festigt sich sein geschichtlicher Sinn und seine künstlerische Ausdrucksweise in dem ernsten Streben, „welches ein gründliches Erkennen der vergangenen großen Kunstwelt und ihrer Werke, vereint mit einem gewissenhaften Stndinm der Geschichte und der Literatur, sich zuzueignen sucht**. Aufträge (Illustrationen zum Nibelungenlied) (1840), zu Rottecks Weltgeschichte (1840—44), die vier Kaiser Karl V., Philipp von Schwaben, Maximilian I. und II. (1839—43) für den Frankfurter Römer und eigene Wahl fähren ihn zur Geschichte zurück. In den Einzelkompositionen und dem Zyklus des Karthagerzuges gewinnt er an Sicherheit in der Durchführung seines „Seelenbildes", an Konzentration und gleichmäßiger Gliederung der Bildfläche, wie sie die Aachener Fresken gegenüber den ersten Entwürfen besitzen, von denen sie durch mehr als 6 Jahre getrennt sind. Vor allem erwirbt er sich ein neues Ausdrucksmittel zur Kraft seiner Zeichnung hinzu, die Farbe. In der Dresdener Galerie erfährt er 1842 den beglückenden Eindruck von Tizian und Veronese, der ihn sich lossagen läßt von allem Nazarenertum. In Rom ist ihm die Begegnung von Raffaels Stanzen einer der „Kapitalaugenblicke im Leben eines Künstlers 83 ." Allmählich gewinnt Rethel einen Reichtum des farbigen Ausdrucks, der ihn weit über das spröde Kolorieren der Gomeliusschule und den soliden ölanstrich der Düsseldorfer führt. In dem ersten geschichtlichen Bild in Frankfurt, „Kaiser Max an der Martinswand" (1836) verbindet Rethel die Weichheit seines Lehrers Veit mit der Prägnanz seiner eigenen Erzählerkunst. Was Anastasius Grün in langatmiger Ballade in zeitfremdem Pathos erzählt, erscheint bei Rethel im fruchtbarsten Moment zusammengefaßt. Am reinsten vollzieht sich die Erhöhung des einmaligen Vorgangs in wirklichkeitstreuer Darstellung zu symbolischen Ausdruck im „Eintritt Karls V. ins Kloster 34 " Abb. 9. Die Gestalt des Kaisers ist Rethel durch den Auftrag für den Frankfurter Römer nahegebracht. Von den vier Kaisern, die mit sicherer Empfindung für das Verhältnis von Figur und Bildformat in den Spitzbogen gestellt sind, ist Karl V. der in der Erscheinung einfachste, der innerlich reichste. Sein Wesen ist von Rethel kraft einer Vereinigung von menschlicher Weisheit und geschichtlicher Erkenntnis erfaßt, die an die gestaltenbildende Kraft seines Zeitgenossen Ranke mahnt. Verglichen mit der Rätselhaftigkeit des Tizianschen Porträts erscheint das geschichtliche Bild in einfacher Größe gedeutet, in der Auffassung bestimmt durch die Ehrfurcht vor dem großen Kaiser und der Opposition des deutschen Protestanten gegen den katholischen Spanier. Die Tat des Kaisers, mit der er sein Werk beschließt, sein Eintritt ins Kloster, dessen symbolischen Sinn auch andere in dieser Zeit zu verbild24
liehen gelockt hat, ist mit einer Eindringlichkeit und Wärme dargestellt, neben der Platens „Pilgrim von St. J u s t " : „Nacht ist's und Stürme brausen f ü r und f ü r Hispansche Mönche schließt mir auf die T ü r ! " in seiner Pomtiernng aufdringlich und unhistorisch klingt. Der Vorgang erscheint bei Bethel in dem Augenblick erfaßt, der den Sinn des Geschehens blitzartig zeigt, dem Augenblick, in dem sich Kaiser und Abt begegnen. Das Neigen des Kaisers, das in der Skizze lahm erscheint, weil der Zweig des Bfiumchens die Kurve stSrker gespannt vorwegnimmt, erhält zwingende Kraft, weil sie den höchsten Grad der Spannung angibt, die sich im Lauf des Astes und dem Rücken des Mönches vorbereitet. Der demütigen Hingabe antwortet die gütige Würde des Abtes, dessen herber Mund am ausgeprägtesten die Retheische Mundbildung zeigt. In dem Gegeneinander beider Köpfe und der Berührung der Hände gipfelt die Erzählung. Von dem Weiß des Schimmels, dem Rot und Gelb der Reiterkleider und dem blauen Abendhimmel, deren Buntheit an das erinnert, was der Kaiser verläßt, geht es zu dem dunklen Grün, Rot und Schwarz im Kleid des Kaisers; dann verlöscht die Farbe in dem Braunschwarz der Mönchskutten und in dem finstern Tor, die an das mahnen, was den Kaiser erwartet. Der Grundton, der in allen Werken durchklingt, deren Stoff Bethel selbst wählt, der Gedanke an den Tod, wird ins Grauenhafte gesteigert im „Zug der Karthager" (1842/44). Rethel formt den Bericht des Livius zu« sammenfassend und Andeutungen ausbildend um. Indem er die Hauptmomente herausgreift und zu abgeschlossenen Bildern formt, ordnet er sie im Zyklus zur dramatischen Erzählung von der Not der Karthager. Die Klarheit in der Disposition des Zyklus ist in den Einzelblättem nicht immer erreicht. Dem Übersteigerten des Ausdrucks entsprechen dasFlackernd-Aufgeregte der Linien und das Unruhige der auf Bot, Blau und Weißgrau gestellten Tönung. Nur die Hauptlinien der Erzählung treten klar hervor. Die gezügelte Bewegung, mit der der Zug in erregter Spannung an den verbissenstarrenden Bergbewohnern vorbeizieht, steigert sich zu dem verwirrten Vorwärtsdrängen in der Schlucht in lebhaftem Schrecken vor dem doppelseitigen Angriff, erlahmt allmählich in flacherem Aufstieg in der erstarrenden Kälte und erlischt in jähem Abstürze von Tieren und Menschen zu starrer Buhe. Auf den Sturz folgt das letzte steile Aufklimmen und der befreiende Halt in der Gestalt Hannil)als, in dessen Stand und Speer zum ersten Mal im Zyklus die Senkrechte mit sicherer Buhe spricht. Es liegt nicht nur an der unglücklichen Verzeichnung in der Figur Hannibals, daß der Ausdruck der Erlösung den des gehäuften Grauens in den früheren Blättern nicht aufwiegt. Daß Bethel (1852) unter dem Einfluß einer Kritik Kaulbachs die mißlungene Umzeichnung vornimmt, ist schon ein Zeichen des 25
Erlahmen». K ü l b a c h erklärte sich mit der Auffassung des Gegenstandes, namentlich des Haupthelden, des „kühnen, verschlagenen Hannibals" nicht einverstanden: „ E r ist mir nicht scharf genng charakterisiert, dieser einäugige Schakal, auch die Art und Weise, wie er eingeführt ist, befriedigt mich nicht. In der höchsten Not sollte er tat- und hilfreich erscheinen, in der Mitte des Zuges, im Kampf mit Feinden und Elementen zeigt sich der Held und nicht nach getaner Arbeit — kurz — nach dem zweiten Blatte habe ich eine Entwicklung der gesamten Streitkräfte Hannibals mit einer glänzenden und ergreifenden Darstellung erwartet**." Kaulbachs Freude an der Charakterisierung eines psychologischen Sonderfalls und an dekorativem Reiz spricht aus dieser Kritik. Der „einäugige Schakal" ist für Rethel nicht darstellungswflrdig, weil ihm das Typische fehlt, das allen Rethelschen Helden eignet; Hannibal erscheint schon in den Illustrationen zu Rottecks Weltgeschichte konventionell und farblos. Er tritt nicht während des Zuges Mühen abwehrend auf, weil, Rethels LebensgefQhl gemäß, sich viel weniger der Sieg der überwindenden Kraft als das Grauen vor den elementaren Kräften des Gebirges aussprechen soll. Nicht der Tatsachenbericht des einmaligen Karthagerzuges, sondern der allzeit wirksame Schrecken des Alpenübergangs in der Erscheinungsform des Hannibalzuges ist der Gegenstand von Rethels Erzählung. Der Ausdruck siegreichen Heldentums ist dem Karlszyklus vorbehalten. Die Aufgabe, den alten Krönungssaal in Aachen nach der Beseitigung der barocken Umbauten mit Fresken aus dem Leben Karls des Großen zu versehen, war die größte, die dem Geschichtsmaler in Deutschland je gestellt wurde, und Rethel hat sie in einer Form gelöst, die alles an stolzer Vaterlandsliebe enthielt, was der Stoff in sich barg. Der Grundgedanke, in der Erläuterungsschrift festgelegt, mit der Rethel seine Stoffauswahl und Auffassimg begründete, ist derselbe, der auch dem Zyklus Schnorrs im Münchener Festsaalbau zu Grunde lag. Aber Rethel kommt ohne Engelerscheinungen aus; er greift die Momente heraus, „welche den Hauptinhalt der karolingischen Geschichte mit scharfen Zügen bezeichnen. Nach diesem Grundsatz mußten Szenen, welche einer Sage oder einer späteren Erfindung ihren Ursprung verdankten, aus meinen Kompositionen ausgeschlossen bleiben. Alle kleinlichen allegorischen Umgebungen, Arabesken und Verzierungen, die nur zu oft das Bild zur Nebensache machen, der Malerei mehr oder minder den Charakter der Wandverzierung geben und den Totaleindruck stören, sind dem historischen Stile fremd." Der Zyklus sollte nach dem ersten Entwurf rechts vom Saaleingang mit dem „Sturz der Irminsul" beginnen und gegen den Uhrzeiger fortschreitend mit dem „Besuch der Gruft" enden. Dies Vorüberftihren des Betrachters von rechts nach links widersprach aber der Anlage der einzelnen 26
Fresken, in denen die Erzählung (das Gruftbild ausgenommen) von links nach rechts verläuft. Erst durch die Umlegung des Irminsulstnnes und daran anschließend der ganzen Reihe erhalt der Zyklus die Lfickenlosigkeit des Ablaufes für den Betrachter, der nach dem Durchschreiten des ganzen Raumes mit dem Gruftbild beginnen soll. Der „Besuch der Gruft durch Otto III.", als Abschluß gedacht, bildet jetzt den Auftakt der historischen Reihe, den Grundton des Heroischen anschlagend, der den Ausdruck des Ganzen bestimmt Abb. 11. Kaiser Otto, mit wenigen Begleitern in die Gruft herabgestiegen, sinkt vor der aufrecht ragenden Leiche des Kaisers in die Knie. Im Hintergrund setzt die Erzählung ein mit dem noch Aufrechten, halb Sichtbaren der Begleiter, dann gleitet der Blick herab und nach vom zur Säule, wendet sich über Otto heraufsteigend nach hinten zum Kaiser, dann wieder über das schräg herabhängende Schwert nach vorn zur zweiten Säule und wird durch den Zug des Sarkophagreliefs, der gegenläufig geführt ist (in dem ersten Entwurf noch fehlend) zum Ausgangspunkt zu rückgeleitet. Diese Führung des Auges in der Wellenlinie auf der Fläche und im Raum ist das Kompositionsschema Rethels, das, in seinen früheren Kompositionen vorbereitet, den Karlsfresken ausgebildet zugrunde liegt; es scheidet sie bei aller Annäherung grundsätzlich von der Kompositionsweise der Stanzen mit ihrer flächigen Schichtung und der ruhigen Halbkreisform ihres Bewegungszuges wie in der Disputa und dem Heliodor. Architektur und Figuren sind sich stützend und bindend miteinander geschaffen und die Festigkeit des Ganzen erhöht die Spannkraft der Bewegung, die sich allmählich bis zur Bildmitte steigert und sich wieder entspannt. Der zweite Gefolgsmann, der sich zusammenschauernd in den Mantel hüllt, wagt noch einen scheuen Blick, die nächsten blicken furchtbezwungen ins Leere, Otto, dem Kaiser am nächsten, hebt nicht den Kopf, aber in seiner Beugimg, deren Maß die Säule angibt, spricht schon die stärkende Kraft, die von der aufrechten Gestalt des Kaisers ausgeht. In den Studien zu Ottos Kopf erscheint das Profil immer wieder fast unmerklich geändert, bis der schlaffe Zug des Epigonen gefunden ist, aus dem sich wie aus den weichen Händen der Abstand von der Größe des Kaisers ergibt. Der Kaiser, aus der Bildmitte gerückt, in der Ottos Kopf vor dem hellen Pilaster erscheint, bleibt doch das Zentrum des Vorgangs, schon weil der rechte Schenkel des Spitzbogens steiler ansteigend die Gruppe der Knieenden an ihn heranschiebt. Unberührt von dem Eindringen der Besucher, verkörpert er das Ideal, „dessen Verwirklichung Ziel und Streben der kräftigsten Kaiser des Mittelalters wird,'* die zum Mythos gewordene Gestalt mittelalterlichen Kaisertums. Auf allen Fresken ordnet Rethel die Figuren auf schmaler Raumzone an. Nie öflnet sich der Bildraum so weit, daß die Mauer durchstoßen er27
scheint; wo im Walde die abschließende Wand des Gruftbildes fehlt, wird durch das Weiß des Kriegermantels, der Mitra, der Fahne und des Priesterkleides der Abschluß nach hinten gewonnen. Mit farbigen Akzenten steigert Bethel die Klarheit seiner Eraflhhmg. Der Weg, den das Auge zu durchlaufen hat, wird durch sorgfältig verteilte Flecken gleicher Farbe, meist von Rot, Blau und Weiß gesichert. I n dem „Einzug in Pavia" Abb. 13, bindet sich das Rot des Kaisermantels mit dem Rot am Zaumzeug des Bischofspferdes, dem Untergewand des Langobardenkönigs und der Flammen im Hintergrund. Auf dieser Bahn erfaßt man restlos den Vorgang, mit allen Erscheinungen, die die Einnahme einer feindlichen Stadt begleiten. Rethels Bilder erklären sich selbst und brauchen zu ihrer Wirkung keinen Kommentar. Während Schnorr im thematisch verwandten „Einzug in Mailand" Episode neben Episode um Friedrich Barbarossa aufbaut, schließen sich bei Rethel die Gruppen um den Kaiser, dessen zerstörende und erhaltende Kraft in der Art sich offenbart, mit der die Rechte das Schwert h< und die Linke die Eiserne Krone trägt. In der „Schlacht bei Cordoba" geht Rethel weit Aber das Schlachtengenre hinaus, über die Darstellung von Schlachtengewühl und heldenhaftem Gebahren, wie es etwa gleichzeitig Camphausen in Düssldorf entwarf. Er formt das Sinnbild des Entscheidungskampfes zwischen Christen und Heiden. Die Maurenschlacht erhält so gleiche Bedeutung wie das antike Schlachtenbild, die Alexanderschlacht aus Pompeji. Die Beschreibung des Mosaiks durch Jacob Burckhardt paßt auch auf die „Schlacht bei Cordoba" 39 ; doch ist hier der streifenhafte, parallel der Bildebene sich vollziehende Verlauf von Ansturm und Flucht durch ein Zusammenballen der Kräfte ersetzt, die die Komposition nach vorn vorstoßen und nach oben aufgipfeln lassen, in gewaltigerem Anprall der Massen. So entspricht es dem Gegenstand des Streites und der kämpfenden Kraft, die über antikes, menschlich irdisches Maß hinausgeht. In der heroischen Gestalt des Kaisers erscheint der geschichtliche Akt zum Mythos erhoben bei voller Realität der Umwelt und seiner Erscheinung. Mit dieser Größe der historischen Auffassung und der mythengestaltenden Kraft, die von dem Künstler wie von dem Betrachter ein außergewöhnliches Maß angespannter Hingabe erfordern, bleibt Rethel unter seinen Zeitgenossen kaum verstanden und zehrt sich selbst allmählich auf. Schon die folgenden Kompositionen des Karlszyklus stehen nicht mehr auf der Höhe der ersten vier, zUmal sie mehr repräsentative Akte darstellen, und seinem Gehilfen Kehren, dem er die Ausführung überlassen mußte, war es nicht gegeben, in Rethels Geist weiterzuarbeiten. Kein Gleichgesinnter konnte die Geschichtsmalerei auf der Höhe halten, auf die sie Rethel gehoben hat. 28
EXKURS. DIE BELGISCHE GESCHICHTSMALEREI UND IHRE WIRKUNG IN DEUTSCHLAND OCH vor der Mitte des Jahrhunderts erfährt die deutsche Geschiehtsmalerei einen Einfloß von Westen, der sie auf eine neue Bahn f ü h r t . G a l l a i t s „Abdankung Karls V." und De B i £ v e s ,Kompromiß des niederländischen Adels", die 1842 auf einer Ausstellungsreise nach Deutschland kommen, werden begeistert aufgenommen. Die belgische Malerei, bisher unselbständig in der Nachfolge J . L. Davids, folgt der nationalen Selbstbesinnung, die 1830 zur Gründung des belgischen Staates führt. Die Generation der Wappers, Gallaits, De Bieves, de Keysers wählt ihre Stoffe aus der großen Zeit der niederländischen Geschichte, dem Jahrhundert des Abfalls der Niederlande. Sie schildern nicht in Zyklen den Verlauf des Freiheitskampfes. Sie greifen einzelne meist rflhrsame Episoden heraus (Wappers, „Aufopferung des Bürgermeisters van derWerff", De Keyser, „Sporenschlacht", Gallait, „Egmonts letzte Todesstunde") und mühen sich, die Ereignisse darzustellen, wie sie sich vor den Augen der Zeitgenossen abgespielt haben. Die Konzeption ist eine grundsätzlich andere, als sie in Deutschland vor allem in München üblich war. In einem Aufsatz in den „Jahrbüchern der Gegenwart" (1844)37 sucht ein ungenannter Münchener Künstler deutsche und belgische Art in ihrer Gegensätzlichkeit zu kennzeichnen: „Ein Münchener, der die Abdankung Karls V. darstellen soll, würde sich fragen: Was soll ich darstellen ? Antwort: Einen Kaiser, der seinem Sohn eine Krone in Gegenwart des Adels und des Volkes abtritt. Da habe ich also einen Kaiser und einen Sohn und eine Krone und einen Adel und das Volk. Das Letztere brauche ich nur anzudeuten. Ein Kaiser muß erhaben sein, das ist historisch richtig, und ein Sohn muß gehorsam und bescheiden sein, das ist wieder historisch richtig und der Adel muß imposant und das Volk langweilig sein Wenn ich eine abgerundete oder spitzige Gruppe herausbekomme, so gibt das ein klassisches Gemälde." Um den Sinn des Vorgangs anzudeuten, hätte man nach der Ansicht des Kritikers dann in München die Allegorie zu Hilfe genommen: die Tiara des Papstes und das Schwert des Kaisers, zwei Engel zu Häupten des Kaisers mit Monstranz und Bibel, zwei Fenster nach Osten und Westen mit der untergehenden Sonne. Das Bild, das sich so ergäbe, wäre nur durch einen Kommentar verständlich. Im Gegensatz zu dieser abstrakten Kompositionsweise suchen die Belgier von der Anschauung auszugehen, die ihre Phantasie sich von dem Vorgang geschaffen hat. Ob Gallait wirklich sein Bild Abb. 14, so konzipiert
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hat, wie es der Kritiker auslegt, ist nicht erwiesen; das Wesen des belgischen Geschichtsbildes ist mit dieser Interpretation getroffen: „Gallait denkt, bei einer kaiserlichen Abdankimg sind recht viele Leute zugegen, die muß ich alle aufzeichnen, damit der gemeinste Mann, der Bauer, der kein Wort lesen und schreiben kann, es zugleich sehe, wie der gebrechliche alte Kaiser da oben auf seinem Thron über viel geherrscht hat und wie er von allen noch einmal gesehen sein will, weil er sie geliebt hat und sie ihn vielleicht auch lieben Dann denkt der Kfinstler werden die Leute auch nach dem Horn und dem Egmont fragen, sie stehen in gutem Andenken beim Volk und verdienen, daß auch ich als Maler dazu beitrage, sie in demselben zu erhalten . . . Im Hintergrund muß ich Gallerien anbringen, aufweichen man das Publikum sehen kann; der Beschauer muß sich heimisch in meinem Gemälde finden." Die belgischen Bilder verlangen alle diese novellistische Auslegung. Auf den äußeren Kulturformen und den seelischen Vorgängen liegt der Akzent. Dadurch unterscheidet sich Gallaits „Abdankung" von dem historischen Zeremonienbilde der Mttnchener Schule, daß die Wirkung des geschichtlichen Aktes auf die an ihm Beteiligten wesentlicher als der Akt selbst ist. Die belgischen Geschichtsbilder vertreten einen Typ, den die Vischersche Ästhetik mit „Sittengeschichtsbild38" bezeichnet. Die Menschen des 16. Jahrhunderts werden von den belgischen Malern mit demselben Eingehen wiederzugeben versucht, mit der Wappers in der Episode aus der Brüsseler Revolution die Zeitgenossen porträtiert. Die Menschentypen klassischen Formenbaues der Davidschule werden durch Charakterfiguren ersetzt. In der „Abdankung" erscheint Karl V. weniger als Kaiser denn als müder, entkräfteter Mann und Philipp ist „ganz der streng und pfäffisch erzogene Kaisersohn, ein bleiches Gesicht, aufgedunsene Wangen und bläulich-weißliche Hautfarbe lassen uns die Erziehung im Zimmer ahnen39." Jede der dargestellten historischen Persönlichkeiten bekommt eine ausdrucksreiche Physiognomie, aus der man eine „kleine Lebensgeschichte lesen" könnte. Aus solchen nach dem Modell geschaffenen Einzelfiguren setzen sich die Bilder zusammen. Die Figuren werden übersichtlich und gefällig gruppiert, in einen unabhängig von ihnen erfundenen Bühnenraum gesetzt, der deutlich macht, wo die Szene sich abspielt, und das Ganze wird durch die Farbe zusammengehalten. Das Kolorit der belgischen Bilder wird auch von den Kritikern in Deutschland als vorbildlich anerkannt, die mit ihrer Auffassung der Geschichte und ihrer Komposition nicht einverstanden sind. Zugleich mit der Wendung zur vaterländischen Geschichte besinnen sich die Belgier auf die Malweise von Rubens und van Dyck und suchen den Reichtum und die Leuchtkraft ihrer Farben nachzuschauen. Das Interesse an den 30
äußeren Kulturformen verlangt die Farbe, die das Stoffliche der Dinge wiederzugeben erlaubt. Der „Realismus" der Belgier beschränkt sich auf die Wiedergabe des Oberflächenreizes von Haut und Haaren, von Samt und Seide und Metall. Diese Unterschiede sollen au spüren sein, wie das Schimmern der Stoffe, das Blitzen der Rüstungen und der Edelsteine. Der Reiz der Kostüme mit ihrem Reichtum und ihrer Fremdartigkeit wird zum Hauptbestandteil des Geschichtsbildes. Die Kostfime, frisch, als wären sie zum ersten Male getragen, leuchteten in warmen, kräftigen Farben, die heut zum Teil verblichen und stumpf geworden sind. Es ist nur dem Gegensatz zu dem harten Kolorieren der Corneliusschule zuzuschreiben, daß selbst Vischer die farbige Haltung der Bilder von Gallait und de Biives so warm preist.40 Doch hat Vischers künstlerischer und geschichtlicher Sinn die Schwächen der belgischen Geschichtsbilder empfunden, daß sie aus dem großen Freiheitskampf nicht die entscheidenden, sondern geschichtlich unbedeutende Episoden gewählt und diese ohne Konzentration durchgeführt haben. Wie im belgischen historischen Roman von Gonscience die Handlung durch ausführliche Beschreibung von Kostüm und Gestalt aufgehalten wird, so schieben sich, die Gesamtwirkung aufhebend, zwischen die Hauptfiguren teilnahmslos posierende Modellporträts, die trotz deB historischen Kostüms als Belgier des 19. Jahrhunderts erscheinen.
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DAS SITTENGESCHICHTSBILD I E Aufnahme, die die belgischen Bilder in Deutschland erfuhren, und ihr Einfluß beweisen, daß hier schon Kräfte lebendig waren, die Ahnliches erstrebten. I h r Freiwerden zu künstlerischem Schaffen ist von einem Wandel des geschichtlichen Denkens begleitet, der vor der Mitte des Jahrhunderts einsetzt. Die Geschichte verliert ihre lebensbestimmende Kraft, mit der sie Politik und Wissenschaft, Philosophie und Literatur beherrscht hat. Der große historische Sinn der dreißiger und vierziger Jahre beginnt in Historismus überzugehen. Die Geschichtswissenschaft sieht ihre Aufgabe nicht mehr in der Deutung des GesamtverlaufeB der Geschichte und der ihn bestimmenden Ideen. Sie wendet sich der Erforschung begrenzter Erscheinungen zu. Sie wird damit eine Arbeit von Gelehrten für Gelehrte, die ihre Wirkung auf einen kleinen Kreis beschr&nkt. Zugleich erweitert sich aber bei fortschreitender Spezialisierung der Stoff der Forschung und neue Gebiete geschichtlichen Lebens erschließen sich. Neben die politische tritt die Kulturgeschichtsschreibung. Wenn auf jenem Gebiet die künstlerische Phantasietätigkeit immer mehr durch wissenschaftliches Denken eingeschränkt wurde, fand sie hier noch Raum. Der Gründer der Richtung H. Riehl überschreibt einen Abschnitt seiner Kulturstudien aus drei Jahrhunderten (1859) „Historische Stilleben 4 ' und ebensolche entwirft Gustav Freytag in seinen „Bildern aus Deutscher Vergangenheit" (in Buchform 1859—62). Damit ändert sich das Verhältnis von Geschichte und Kunst. Die Literaturgeschichte läßt mit der Mitte des Jahrhunderts die Blütezeit des Realismus beginnen. Neue Stoffgebiete treten neben den geschichtlichen Stoff und er selbst wird auf andere Art gesehen. Während Grabbe die geschichtsbildenden Kräfte in ihrer Tätigkeit dramatisierte, greifen Hebbel und Ludwig, wenn sie geschichtliche Stoffe bearbeiten, Sonderfälle heraus, in denen sie Analogien zu den gesellschaftlichen Problemen ihrer Zeit finden. Dabei ist ihnen der psychologische Vorgang wichtiger als die Geschichte. Auf der anderen Seite sucht der historische Roman einen begrenzten Zeitabschnitt um seiner Kulturformen willen zu schildern. Scheffels „Ekkehard" (1855) und Alexis' historische Romane gleichen sich in ihrem Streben nach differenzierter Psychologie und genauer Wiedergabe der Lebensformen. Das Mittelalter kann dann nicht wie bisher die bevorzugte Stoffquelle bleiben, weil andere Zeiten reicher an individuellen Zügen sind. Scheffel muß seine Stoffwahl im Vorwort zum Ekkehard gegen die These des neuesten „Handbuches der Nationalliteratur" begründen, das im Kapitel über den vaterländischen Roman schreibt: „Fragen wir, welche 32
Zeiten vorzugsweise geeignet sein dürften, in der deutschen Geschichte das Lokale mit dem Nationalinteresse zu versöhnen, so werden wir wohl zunächst das eigentliche Mittelalter ausschließen müssen. Selbst die Hohens t a u f e n z e i t l&ßt sich nur noch lyrisch anwenden, ihre Zeichnung fällt immer dflsseldorfisch aus." Diese Wendung rar Kulturgeschichte bedeutet für die Geschichtsmalerei eine Gefahr. Denn sie verlangt von dem Künstler eine Gelehrsamkeit, die weit Aber das bisher notwendige Maß hinausgeht. Die Meister des historischen Romans besaßen meist durch ihren Bildungsgang so viel geschichtliche Tatsachenkenntnis, daß sie leicht günstige Stoffe finden und im Ausmalen historischen Details historische Treue erreichen konnten. Dagegen bezeichnete Hettner als wesentliches Hemmnis einer fruchtbaren Entwicklung der Historienmalerei „die durch und durch mangelhafte, dem Zufall anheimgestellte Bildung unserer Künstler41." Der warnenden Stimmen, nicht den belgischen Malern zu folgen, sind in Deutschland viele gewesen. Besonders laut erklangen sie aus der Gorneliusschule. £. Förster schließt aus seiner Kunstgeschichte die Werke Pilotys aus, er hofft in ihnen nur eine vorübergehende Verirrung zu sehen. Ein Verharren auf dieser Bahn müßte die deutsche Kunst zu raschem Verfalle führen. Trotz dieser Widerstände setzt Bich die neue Geschichtsmalerei rasch durch. Der Übergang wird in den vierziger Jahren an verschiedenen Stellen vorbereitet. In Düsseldorf, wo Lessing nur stofflich in der Auswahl seiner Situationen der neuen Richtung nahekommt, ändert sich die Schule merkbar unter dem Einfluß Emanuel Leutzes. Leutze, der 1841 als Deutschamerikaner nach Düsseldorf kommt, bringt neue Bildthemen mit: Episoden aus der amerikanischen und englischen Geschichte, die sein starkes Nationalgefähl berührten48. Vielleicht wirkten auch hier Walter Scotts Romane nach, deren Einfluß übrigens in Deutschland gering bleibt. Leutze besitzt einen frischen Tatsachensinn, der ihn seine leicht anekdotenhaft gefärbten Szenen mit flottem Farbenauftrag ohne allzu starkes Pathos vortragen läßt. Sein Wirklichkeitssinn, der in Amerika früher geweckt wurde, als es in Düsseldorf, der deutschen Kleinstadt, möglich gewesen wäre, spricht am lebendigsten aus seinem Hauptbild: „Washingtons Übergang über den Delaware" Abb. 15. Gegen die gebückten Soldaten im Kahn, die sich im Kampf mit Eisschollen und Sturm zusammenkrümmen, wirkt in glücklich befreiendem Kontrast die Haltung Washingtons. Frei und leicht aufgerichtet überschneidet seine Gestalt den Horizont und sein dem Lande zugekehrter Blick deutet das Ziel der Fahrt und die Zukunft Amerikas an. Leutzes Nachfolgern in Düsseldorf fehlt die begeisternde Verbindung mit einer noch lebendigen Vergangenheit. Die Kiederich, Vollhardt, Schräder mühen sich umsonst an ihren meist unbedeutenden Szenen4" die 3
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lebendige Phantasie durch fleißiges Studium zu ersetzen; ihre Bilder erhielten selbst nach dem Urteil des wohlwollenden Zeitgenossen, Müller von Königswinter, ein etwas „philologisches Aussehen*'. Wie schon zur Zeit von Cornelius und Schadow wird Düsseldorf auch diesmal von München fiberflfigelt. Von einem Münchener Maler stammte die schon erwähnte herbe Kritik der Gedankenmalerei der Corneliusschule und die begeisterte Würdigung der belgischen Bilder. Aus ihr klingt der Überdruß an dem Formenzwang von Cornelius und an den Aufträgen „seiner Majestät, unseres kunstliebenden Monarchen", zur Verherrlichung der Dynastie. Selbst Kaulbach, der einen Widerwillen gegen die neue Richtung verspürte und ihre Phantasielosigkeit verspottete, machte in seinen letzten Bildern noch einen Versuch, „realistischer" zu werden. In der „Schlacht von Salamis" für das Marimilianeum, im „Peter Arebus" und dem „Nero" benutzt er eine ganz oberflächliche Kenntnis der Geschichte, um tendenziös Ereignisse oder Zustände seinerZeit zu verhöhnen. Zwei geringere Künstler der Mfinchener Schule, Feodor Dietz und Carl Schorn, vermittelten zwischen der Mttnchener strengen Geschichtsmalerei und der französischen Auffassung, die, der belgischen wesensverwandt, in Delaroche einen gewandten Interpreten besaß. D i e t z war der erste, der nach Paris ging (1837), das von da an die Lehrstätte der deutschen Geschichtsmaler wurde, wie es in der vorhergehenden Epoche Rom gewesen war. Mit Geschick für dramatische Komposition, aber mit geringem koloristischen Talent begabt, sucht er sich die Effekte der französischen Malweise anzueignen und sein „Gustav Adolf auf dem Paradebette" (1857) mit dem theatralischen Aufbau der trauernden Gruppen weist die Richtung, in der sich die Münchener Geschichtsmalerei entwickelt. Carl S c h o r n , der mit seinen historischen Genrebildern, vor allem dem „Verhör der gefangenen Wiedertäufer nach der Einnahme von Münster" (1846) die belgische Malweise in Berlin einführte, übte einen starken Einfluß auf den jungen Piloty aus. Feuerbach nennt ihn in seinem „Vermächtnis" den „Stammvater der Piloty-Schule". Der Kampf der beiden Richtungen läßt sich in den Schöpfungen verfolgen, die im Auftrag König Maximilians 1846—64 entstanden: Die Galerie des Maximiiianeums mit den Hauptepisoden der Weltgeschichte und die über hundert Fresken des Nationalmuseums aus der bayrischen Geschichte legten mit ihren Schilderungen von Hochzeiten, Einzügen und Stadtübergaben ein Eingehen auf das kulturgeschichtliche Detail nahe 44 . Den Sieg entschied das Auftreten Karl v o n P i l o t y s . Schon früh schulte sich Piloty an den großen Koloristen der Vergangenheit. Ihren Farbwirkungen suchte er nachzukommen und erreichte dabei eine Virtuosität im Auftrag leuchtender Farben, wie sie in Deutschland, seit die 34
Tradition des 18. Jahrhunderts verloren gegangen, nicht wieder erreicht war. Aber ihm fehlt bei allem Reichtum der Farbenskala die Ursprünglichkeit der Farbenphantasie. Walzels Kritik der Münchener Lyrik der GeibeL, Lingg, Schack und Bodenstedt46 gilt auch fflr Pilotys Werk. Pilotys Kolorismus bleibt stets an den materiellen Oberflflchenausdruck gebunden, und ebenso äußerlich bleibt anch seine Auffassung der Geschichte, auf die er durch Gallaits Bild und durch königlichen Auftrag gewiesen wird. Zwar scheidet ihn von Kaulbachs leichtsinnig tendenziöser Art ein schwerblütiger Ernst, wie auch sein technisches Können dessen unsolide, fade Versuche übertrifft. Aber mit seiner pessimistischen Art, die Geschichte nach Unglücksfällen abzusuchen, dringt auch er nicht tiefer. Alle seine Bilder, von dem „Seni vor der Leiche Wallensteins", über „Wallenstein auf der Reise nach Eger an einem Friedhof vorbeikommend" bis zu „Alexander auf dem Sterbebette", predigen mit düsterm Pathos die Vergänglichkeit menschlicher Größe, ohne daß dieser Gedanke bei häufiger Wiederholung und in Pilotys Darstellungsweise an Tiefe gewinnt. Auch Piloty besitzt so wenig wie die Düsseldorfer einen Maßstab für das Darstellenswerte. Was Seni vor der Leiche Wallensteins oder Thusnelda im Triumphzug Abb. 16, bewegt hat, ist geschichtlich gleichgültig. Dazu können die Träger dieser Empfindungen, die man aus den Gesichtszügen und Gesten erraten muß, nicht überzeugen, da Pilotys Gestalten nicht lebensfähig sind. Ausdruck und Gebärde, die oft peinlich aufdringlich geraten, erscheinen einstudiert, und die Körper, die in ihrer muskulösen Fülle entfernt an Rubens erinnern, sind mit prunkenden Kostümen drapiert. Die Effekte von Seide und Samt, Harnischen und Gerät, der Ruhm der Pilotyschule, stehen in gewolltem Kontrast zu dem Düstern des Vorgangs, wenn auch Piloty diese Wirkung nicht mit solcher Raffiniertheit ausnützt wie Delaroche. Auch diese Historienmalerei ist in ihren Wirkungen mit der Bühnenkunst verbunden46. Aber während die Düsseldorfer zwanzig Jahre vorher ihre Gruppen auf schmaler Reliefbühne aufbauen und im Umriß zusammenhalten, stellt Piloty seine Massen in einen weiten Raum. Kulissen und Figuren werden nach dem Schema zweier Diagonalen angeordnet, das schon Gallait anwandte. Das Licht, das scheinwerferartig von außen einfällt, stützt diese Anordnung, die zufällig wirken soll. Die Hauptgruppe erscheint meist im Kreuzungspunkt; „Seni vor Wallenstein" (1855) erhält einen Teil seiner Wirkung dadurch, daß diese Stelle leer bleibt. Dies Bild ist mit dem ruhigen Nebeneinander der beiden Figuren Pilotys Ausdrucksweise angemessener als die Darstellung bewegter Szenen. Wie bei Leasing ist bei ihm stets der Bewegungseindruck gehemmt; nur wirkt dies hier um so peinlicher, als das Tempo der einzelnen Bewegung rascher geworden ist und weil die Situationen, in denen die Figuren festgehalten werden, um vieles quälender sind. 3»
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Daß sein Aufbau im unbegrenzten Raum und seine koloristischen Effekte nur dem Staffeleibild angemessen sind, (wie das Sittengeschichtsbild sich der Monumentalität des Fresko überhaupt entzieht), das hat Piloty mit künstlerischem Takt erkannt. Die Versuche seiner Schüler und Nachfolger, seine Geschichtsauffassung und seine Darstellungsweise auf das Fresko zu übertragen (im Bayrischen Nationalmuseum, wie in der Albrechtsburg in Meißen und später in der Ruhmeshalle des Zeughauses in Berlin und an vielen anderen Stellen) mußten fehlschlagen. Die Wände scheinen dort durchbrochen, so daß man Ausblick in weite Fernen erhält. Das Gegeneinander der illusionistischen Femwirkung und des Wissens, daß der Raum jenseits der Wand ein ganz anderer ist, hebt die künstlerische Wirkung auf. Zudem muß man fflrchten, daß die Figuren, wenn sie die Bewegung fortsetzen, in der sie dargestellt sind, in wenigen Augenblicken aus dem illusionistischen Raum in den wirklichen fallen müssen, da sie durch die Komposition nicht innerhalb der Wandfläche gehalten werden. Der große Freskenatil, wie ihn Rethel beherrscht hat, ist mit seiner großen geschichtlichen Gesinnung geschwunden. Die Pilotyschule mit ihrem Wiederaufleben barocker Tendenzen ist süddeutsches Gewächs, ihr Gründer Piloty ist Halbitaliener. Sie hat in Norddeutschland nicht rechten Boden gewonnen, wenn sie auch hier manchen Nachfolger fand. Karl Beckers (1820—1900) „Karl V. bei Fugger" unterscheidet Bich von einem Piloty nur durch geringeres Pathos und stärker zugespitzten Vortrag der Anekdote. Die Berliner Kritik, die schon Cornelius kühl gegenüberstand, verhielt sich auch den Belgiern gegenüber weit zurückhaltender als die süddeutsche. Die heimische Tradition von Chodowiecki, Schadow und Krüger brach immer wieder durch und schuf sich auch im Historienbild ihre Sonderform. In Preußen vollzieht sich in geschichtlicher Malerei und Dichtung gleichzeitig ein analoger Vorgang mit merkwürdiger Übereinstimmung des Stoff- und Formwandels. Für die Entwicklung des historischen Romans in Deutschland hat Walter Scott eine ähnliche Rolle gespielt wie die Belgier für die Geschichtsmalerei. A l e x i s , mit Scott erst wetteifernd auf dessen eigenstem Gebiet, der englisch-schottischen Geschichte, gewann selbständige Kraft aus der Erkenntnis vom Geist des Preußentums. Soviel er auch von Scott gelernt, für die Sonderart der Märker und ihrer Herrscher schuf er sich eine angemessene Ausdrucksform. An die Stelle der Scottschen Szenenbilder einer dramatisch aufgebauten Handlung, die sich zwischen wenigen plastischen Gestalten vor klar gezeichneter Landschaft oder Raumbühne abspielt, tritt eine lange Reihe von Zustandsbildern aus dem geistigen Leben der Masse, der Bürger, Bauern und Junker; aus ihrer einheitlichen Atmosphäre tauchen einzelne Gestalten mehr oder weniger klar auf, und die Land36
Schaft erscheint nicht mehr nur als Schauplatzangabe, sondern als Stirnmungsträger. Mit eindringlicher and doch zurückhaltender Charakterisierung der Wesenszüge des Märkers kommt Alexis der Vergangenheit weit näher, als es etwa Hauff in seinem „Lichtenstein" gelungen ist, wenn auch hei aller historischen Treue seine Gestalten „oft reden, als ob sie die Hegeische Philosophie studiert hätten 47 ." Mit der gleichen und klar blickenden Begeisterung wie Alexis ist Menzel an seinen Stoff gegangen. Für das Streben nach individueller zeitbedingter Form und zugleich aberindividuellem zeitlosen Gehalt ist in der geschichtlichen Erscheinung des Preußentums der gemäße Stoff gegeben. Das haben Alexis und Menzel erkannt, wenn auch Menzel zuerst durch Auftrag zur preußischen Geschichte gelenkt wurde. Mit geschichtlichen Kompositionen hat Menzel als Knabe begonnen, als ihn nach eigener Aussage die Schulstunden zu Darstellungen aus römischer, mittelalterlicher und neuester Geschichte begeisterten. Mit den „Denkwürdigkeiten aus der Brandenburg-preußischen Geschichte" (1834) nähert er sich rasch seinem eigensten Gebiet. Zur Zeit als Kaulbach die Fresken im Neuen Museum malte, findet Menzel selbständig seinen Weg, Vergangenheit Bild werden zu lassen, nicht durch stilisierende Verklärung, sondern durch Vertiefimg in die individuellen Besonderheiten des Vorgangs. Trotz des geringen Quellenmaterials, aus dem er die Vergangenheit kennen lernen konnte, lassen diese Szenen aus der preußischen Geschichte von Albrecht Achilles bis zu den Befreiungskriegen die sichere Beobachtungsgabe für das Charakteristische der historischen Erscheinung erkennen. Im Kompositionellen bleibt es noch bei einem Zusammenstellen bewegter Gruppen. Aus ihren Gesten klingt ein jugendliches Pathos durch, das sich sehr bald ganz verliert. Durch den Auftrag, die „Geschichte Friedrichs des Großen" von Franz Kugler zu illustrieren, gewinnt Menzel den Stoff, der dreißig Jahre lang seine künstlerische Phantasie beherrscht, von dem er mit sicherem Instinkt auffaßt, daß Aufgabe und eigener Formwille für einander bestimmt sind: „Friedrich über alles! mich hat nicht bald was so ergriffen 48 ." Zugleich ist ihm von Anfang an bewußt, daß diese geschichtliche Erscheinung jedes Pathos verbietet, höchste Sachlichkeit verlangt. Als Rethel aufgetragen wurde, die Weltgeschichte von Rotteck zu illustrieren (1841—44), entwarf er in sich geschlossene Kompositionen, die die ganze Buchseite Collen und formal so wenig wie inhaltlich mit dem Text verknüpft sind. Menzel läßt, eng mit dem geistreich-anekdotenhaften Stil der Erzählung verbunden, Textstellen Bild werden, die an sich von geringer geschichtlicher Bedeutung, in ihrer Gesamtheit eine geschlossene Vorstellung von der Persönlichkeit Friedrichs und von der Wirkung auf seine Zeit geben. Für Menzel gilt dieselbe Auffassung, wie sie Kugler im 37
Vorwort als richtungsgebend {¡Br sich ausspricht: „Es lag nicht in unserer Absicht, die Geschichte dieses seltenen Mannes nach den Lehren einer philosophischen Schule oder nach den Grundsätzen dichterischer Behandlungsweise glänzender zu gestalten; wir glaubten, daß die Schilderung der Tatsachen, die Darstellung einer so seltenen Persönlichkeit und derer, welche in ihren Kreis gezogen wurden, schon an sich genfigen dürften." Um diese Tatsachen so schildern zu können, wie ein Zeitgenosse sie gesehen, studiert Menzel die Quellen mit oft gerühmter, nichts auslassender Gründlichkeit und erreicht einen Grad historischer Treue, wie er von keinem Historienmaler früher oder später übertroffen worden ist. I n unzähligen Studien bereichert er seine Phantasie, ohne sie im Quellenstudium ersticken zu lassen, mit den Formen der Menschen, Kostüme und Bauten der Vergangenheit und übt sie, mit diesen Formen so selbstverständlich und spielend leicht wie mit selbstgeschaffenen oder unmittelbar der Anschauung entnommenen umzugehen. Menzel legt Wert darauf, als gewissenhafter Historiker anerkannt zu werden, wie er im Vorwort zu Kugler sich auszuweisen sucht 41 . Durch seine Studien für die Illustrationen zu Kugler und den Werken Friedrichs des Großen wie für das Armeewerk gewinnt Menzel eine lückenlose Vorstellung dieser Zeit. Aus Kostüm, Gerät und Gestalten strömt ein einheitliches Lebensgefühl, das glaubhaft als friederizianisch erscheint, wie das Lied „Friedericus Rex" von Alexis dem unbefangenen Hörer aus dem Geist des siebenjährigen Krieges erwachsen klingt. In Wirklichkeit deckt sich dieses Lebensgefühl des Menzelschen Rokoko nicht mit dem des 18. Jahrhunderts, wie es aus den gleichzeitigen Porträts und Genrebildern der Pesne, Watteau und Lancret spürbar wird. Die Zeit erscheint mit den Augen deB rückblickenden und deutenden Betrachters aus der Mitte des 19. Jahrhunderts gesehen, der sich selbst dabei vollkommen ausschaltet, soweit dies möglich ist. Entscheidend ist, daß Menzels Schilderungen dieser Zeit den überzeugenden Ausdruck der Existenzmöglichkeit erhalten, wie er den Belgiern und Piloty fehlt, und der so zwingend ist, daß noch heute die Vorstellung von der Zeit Friedrichs des Großen durch Menzels Sehweise bestimmt ist. Am meisten gilt dies von der Gestalt des Königs und den bedeutenden Männern seines Hofes. Aus gleichzeitigen Kupferstichen und Ölgemälden hat sich Menzel sein Bild dieser Männer geschaffen, das er dann am eindringlichsten in der Holzschnittfolge der „Kriegs- und Friedenshelden aus König Friedrichs Zeit" (1850—55) wiedergegeben hat, mit so sicherer Charakteristik und sprühender Lebenskraft, daß diese Prägung der historischen Gestalten zum bleibenden Vorstellungsbesitz des preußischen Volkes geworden ist. Was diese historischen Porträts von gleichzeitigen scheidet, ist der Ausdruck des Bewußtseins ihrer geschichtlichen Rolle, 38
die erst die Zeit nach ihnen erkennen konnte. Deshalb bleibt die Darstellung des jungen Königs, wenn sie auch schon inhaltsreicher ist als das Porträt von Pesne, blasser und erst das Bild des alten Königs erhält die Ausdruckskraft, die mit dem Bild der Persönlichkeit auch die Größe ihrer geschichtlichen Wirkung wiedergibt. Für diese Persönlichkeit des großen Herrschertyps in seiner individuellsten Form, hat Menzel kraft innerer Verwandtschaft die angemessene Darstelluiigsform gefunden. Wenn der Kopf Kaiser Karls, des zum Mythos gewordenen Herrschers, in der Hand Rethels die festgefügte plastische Form mit den unveränderlichen tief eingegrabenen Zügen erhält, fängt Menzel das Wesen des großen Königs nicht in festen Formen, sondern läßt es aus dem lebendigen reichen Spiel der Zfige um die großen Augen und den beweglichen Mund herausleuchten. Dadurch gewinnt dieser Kopf an menschlicher Wärme, was er verglichen mit Kaiser Karl an übermenschlicher Größe verliert. Menzel hat sein graphisches Werk nur als Vorbereitung betrachtet, bis es ihm vergönnt war, große Kompositionen zu malen, in denen er sich mit den gleichzeitigen Historienmalern messen konnte. Dieser Wunsch war so stark, daß er ihn sogar von seinem eigensten Gebiet auf einen Irrweg lockte. Der Kasseler Kunstverein erfüllte ihm seine „jahrelange Sehnsucht 5 0 " mit dem Auftrag, die sechshundertjährige Erinnerung an den Einzug der Herzogin Sophie von Brabant mit ihrem Söhnchen Heinrich in Marburg durch eine Darstellung dieses Vorgangs in großem Format zu feiern. So sehr auch Menzel in dem großen Kasseler Karton in der Erzählung die Belgier und Münchener an Lebenswahrheit und Konzentration auf die Hauptfiguren übertrifft, es fehlt ihm hier die Anschauung und die innere Verwandtschaft, die ihn mit der preußischen Geschichte verband. Da ihm die Vorstellung der Hessen des 13. Jahrhunderts nur in unbestimmten Umrissen gegeben war, füllte er sie aus, mit dem, was er aus seiner Heimat mitbrachte; die huldigenden Hessen sehen wie Reiter des großen Kurfürsten aus. 51 Zur vollen Einheit von innerem und äußerem Leben kommt es erst in den Friedrichsbildern. Sie hängen zusammen durch die Gestalt des Helden, aus dessen Leben sie bezeichnende Momente herausgreifen; aber sie schließen sich nicht wie bei Rethel zum festgebundenen Zyklus zusammen, weil Menzels Erzählungsweise ganz undramatisch ist. Die meisten der Bildthemen hat Menzel schon in den Kuglerschen Illustrationen behandelt; das bedeutet für ihn eine Fessel, als er sie in Bildform fassen will. Seinen Bildkompositionen haftet leicht das Illustrative an, vor allem, wenn sie Bewegung darstellen wollen. Mag der Holzschnitt das Sprühend-Geistreiche des Gedankenaustausches an der abendlichen Tafel in Sanssouci unmittelbarer und leben-
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diger sprechen lassen, der Sinn der „Tafelrunde" (1850), der dasBild über das Genreartige in der Art Meissoniers heraushebt, wird erst in der Bildfasaung deutlich. Der „Philosoph von Sanssouci", der einen Kreis kluger Männer an runder Tafel freundschaftlich um sich versammelt und der doch der König bleibt, erscheint hellbeleuchtet vor dem dunklen Türflügel, durch das Seitwärtsneigen seines Gegenübers unauffällig als der Mittelpunkt betont, und die scharf geschnittenen Köpfe, das Gepflegte der Kleider, der Raum und das Tafelgerät sind ein Zeichen von Friedrichs künstlerischem und königlichem Sinne. Das Zufällig-Lebendige der Komposition, durch das leichte Verschieben des Tisches aus der Bildmitte und die bewegte Kurve der Köpfe betont, wird durch die Fixierung auf das rasch Vorübergehende des Aperçus Voltaires abgeschwächt. Dazu wirken die Farben in dem ersten großen malerischen Versuche bei aller Delikatesse der einzelnen Töne noch zu sehr für sich. Erst im „Flötenkonzert" (1852) spricht die geistige Atmosphäre von Sanssouci unmittelbar aus der Form. Der König steht in der Mitte, von ihm wird der Blick in weicher Kurve über die Gruppe der Musiker und wieder zu ihm geführt, umfaßt die Gruppe der Zuhörer und kehrt wieder zur Mitte zurück. Zugleich ist Friedrich anders als im Holzschnitt, wo er pausiert und die andern spielen, der geistige Mittelpunkt. Auf sein Spiel merken die Musiker ihren Einsatz erwartend, und der Ausdruck in den Köpfen der Zuhörer ist wie ein Beleg der Stelle bei Kugler: „Allgemein bewunderte man den tiefen, rührenden Ausdruck, mit welchem er das Adagio vorzutragen wußte/' Diese bindende Wirkung des Flötenspiels, dessen Klang durch den Raum im malerischen Vortrag spürbar ist, wird durch die Wirkung des Lichts unterstützt. Der Raum begleitet stimmungsmäßig den geistigen Vorgang, der sich in ihm abspielt, und das Licht der Kerzen, das gegen die Dunkelheit kämpfend, hier und da die zarten Farben der Kostüme und das Gold an Möbeln und Wänden aufleuchten läßt, schafft die Atmosphäre, die den Raum erfüllt und die Bildteile zusammenbindet. Zu einem Geschichtsbilde wird diese Rokokokonzertszene durch die Empfindung, daß alle, die dem Spiel des Königs zuhören, mehr noch als durch das Spiel durch die Bewunderung ergriffen sind, daß es der König ist, der es vorträgt. Die ehrfürchtige Liebe zum König ist der Grundton aller Friedrichsbilder. Wie Alexis seinen „Cabanis" mit dem Geiste des Königs erfüllt, ohne daß er selbst bis auf wenige kleine Szenen auftritt, weil alle Gedanken und Taten der geschilderten Figuren sich auf ihn beziehen, wird auch bei Menzel die Größe Friedrichs nicht unmittelbar aus seiner Gestalt, sondern aus seiner Wirkung auf seine Untertanen spürbar. Beide, Alexis und Menzel, haben aus der Fülle der Schlachten Friedrichs eine Szene herausgegriffen, die an sich wenig folgenreich und nicht durchaus ruhmvoll 40
für den König ist. I m Überfall bei Hochkirch erscheint Friedrich nicht als siegreicher Held oder klager Feldherr, sondern in seinen Schwächen, seinem Eigensinn and seiner Schroffheit, die das Unglück der Preußen verschulden. Um so starker wird deutlich, was König and Heer miteinander •erbindet a n d was ihnen Stärke gibt. Zudem entsprach der Ausdrucksform beider, Menzels and Alexis', die nächtliche Szene mit dem aufgeregten Hin und Her der Kämpfenden, deren Gestalten nur in unbestimmten Umrissen in dem flackernden Schein der Flammen and dem Pulverrauch erscheinen. Eine solche Schilderung einer Schlachtenszene ohne heldenhaftes Pathos, wie sie Menzel in seinem „Friedrich and die Seinen bei Hochkirch" (1856) gibt, steht in der gleichzeitigen Schlachtenmalerei vereinzelt da. Das Bild von Steffeck „Albrecht Achill im Städtekampf" (1848) Abb. 18, zeigt den Abstand an. Der DelarocheschOler Steffeck baut kunstvoll eine klare Gruppe von wenigen Figuren in verschiedenen Kampfstellungen von sich bäumenden Pferden auf einem bis zum Horizont sichtbaren Schlachtfelde. Aber über den Eindruck geschickter Anordnung und der sauberen Ausführung des Kostüms und des Beiwerks, deren glänzende Oberfläche keine Spuren des Kampfes zeigen, geht die Bildwirkung nicht hinaus. In Menzels Hochkirch 1856 ist der Bildraum ganz mit der Atmosphäre des nächtlichen Gefechtes erfüllt, wo sich die Preußen aufgeschreckt unter feindlichem Feuer zur Abwehr sammeln. Dem verwirrten Durcheinander der aufgeregten Generale, der taumelnden Grenadiere mit den sich kreuzenden Bajonetten auf der einen Seite steht auf der andern die feste Reihe der Schfitzen gegenüber, deren gleich gerichtete Gewehre, gestatzt durch den Offizier und sein Sponton,den unerschütterten Widerstandswillen bekunden. In der Mitte der König, auf dem unruhigen Schimmel ohne heldenhafte Geste, selbst sorgenvoll erregt und doch als derjenige spürbar, der allein den Seinen die Kraft zum Widerstande gibt. Menzels Sinn für das Geistreiche und Schlagfertige von Friedrichs Denk- und Sprechweise, seiner eigenen malerischen Ausdrucksweise verwandt, hat ihn dazu verleitet, die Anekdote, das blitzartige Reagieren der Gedanken und die momentane Wirkung des ausgesprochenen Wortes bildlich darstellen zu wollen. Es ist kein Zufall, daß die beiden großen Bilder, „Friedrich der Große in Lissa' 1 und „Friedrich vor der Schlacht von Leuthen" Fragmente geblieben sind. So lebendig und prachtvoll durchgearbeitet die einzelne Gestalt, soweit sie ausgeführt und nicht wie in dem Leuthenbilde von Menzel selbst wieder ausgelöscht worden ist, so ausdrucksvoll die Stimmung des fackelbeleuchteten Treppenhauses und des winterlichen Schlachtfeldes von Leuthen erscheint, die Wirkung der Rede ist bildlich nicht ganz zu fassen, weil sie sich in Bildnis und Geste nicht erschöpfend darstellt. 41
Darin liegt die Schwäche aller Friedrichsbilder, die einen Bewegung Vorgang darstellen wollen, von der „Bittschrift" bis zur „Begegnung Friedrichs des Großen mit Joseph II. in Neiße** (1857). Menzels ganz undramatischer Erzählungsweise liegt es nicht, einen durchgehenden Bewegung«zug Ober die Bildfläche zu ¿Ohren. Sein kurzer energischer PinBeistrich bringt die Bildfläche im ganzen zu gleichmäßigem Vibrieren, gibt das optische Fernbild einer allgemeinen richtungslosen Beweglichkeit wie im „Hofball in Rheinsberg'* (1862). J e klarer die einzelne bewegte Figur aus der Atmosphäre heraustritt, desto mehr erstarrt die Bewegung, weil sie sich nicht mehr von Figur zu Figur fortpflanzen kann. Im Bilde „Friedrich der Große auf Reisen" erscheint der König wie festgebannt inmitten der Umstehenden. Was diese Bilder erzählen sollen, ist nicht wie im Flötenkonzert restlos Anschauung geworden. Gesichtszüge und Haltung geben die Anweisung, sich mehr hinzudenken als bildlich dargestellt ist. Das große Bildformat mit den lebensgroßen Figuren, zu dem sich Menzel unter dem Einfluß der gleichzeitigen Historienmalerei gezwungen hat, haben das Schaffen eines einheitlichen Bewegungszuges erschwert. Die kleinen Skizzen zu den großen Kompositionen wirken deshalb meist lebendiger als diese selbst. Dabei ist Menzel in der Wahl des „fruchtbaren Moments** fast immer glücklich gewesen. In dem Bilde „Gustav Adolf empfängt seine Gemahlin vor dem Schloß in Hanau" (1847) Abb. 19, ist dank der mehr andeutenden Durchbildung der Gestalten und des Beiwerks, vor allem aber durch die Wahl des Moments Geschlossenheit gewonnen. Die Bewegung, mit der König und Königin aufeinander zueilen, ist im Bilde schon zu ihrem Ziel geführt, aber ihr Ausgang und das Tempo ist aus der Stellung der beiden und ihres Gefolges noch zu ermessen. Entgegen der Art, mit der die Pilotyschule die Szenen aus dem dreißigjährigen Kriege auszustatten pflegte, wahrt Menzel auch hier seine sichere Zurückhaltung. Um 1860 hört Menzel auf, Historienmaler zu sein und wendet sich ganz der unmittelbar sichtbaren Wirklichkeit zu. Doch ist es willkürlich und ungeschichtlich gedacht, diese Wendung als Rückkehr auf die rechte Bahn und die Geschichtsmalerei als tragisches Abirren zu betrachten, zu dem Menzel durch die Wünsche des Publikums und die geistige Richtung der Zeit gezwungen wurde. Auch Menzel hat wie Rethel keine Schule bilden können. Die Versuche von Camphausen und Anton von Werner, in Illustrationen großen Formats Menzels Sachlichkeit der Berichterstattung mit der Ausdrucksweise der Piloty-Delaroche-Richtung zu verbinden, haben mit Menzels Art nichts mehr zu tun und sind ein Zeichen dafür, daß in Preußen wie in München die Geschichtsmalerei abstirbt. 62 42
DAS ÄSTHETISCHE UND DEKORATIVE GESCHICHTSBILD URZ vor ihrem Erlöschen h a t die Geschichtsmalerei noch einmal neue Gestalt gewonnen. Feuerbach und Makart, so verschieden sie menschlich and künstlerisch auch sind, sondern sich durch Ähnliche Einstellung zur Geschichte von ihren Vorgängern. Eine neue Richtung in der Geschichtsschreibung wird in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirksam. I h r gehört als reifste Frucht Jacob Burckhardts „Kultur der Renaissance in Italien" (1860); sie faßt die Geschichte auf „als Objekt künstlerischen Genusses. Der künstlerische Wert einer Kultur ist für ihre Beurteilung entscheidend Die Zeit muß eine künstlerische Signatur haben und in dem Betrachter poetische Empfindungen erwecken können, sie muß für geistige edle Genüsse und heroische Tugenden, die außerhalb der prosaischen bürgerlichen Moral liegen, Raum lassen, um Gegenstand der Geschichtsschreibung werden zu können 53 ." Nur noch auf solche Weise erhält die Geschichte Anregungskraft für die künstlerische Phantasie von Feuerbach und Makart. Das Lebensgefühl einer vergangenen Epoche, des Griechentums wie der Renaissance, und die schönheitlichen Formen, in denen es sich äußerte, lockt sie in dem Gefühl einer innern Verbundenheit, ihm von neuem in großen künstlerischen Kompositionen Gestalt zu geben. Die Frühromantik hat Ähnliches versucht, als sie das Mittelalter wieder lebendig machen wollte. Die Geschichtsmalerei in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts benutzt die Ausdrucksmittel, die die vorangehende realistische Entwicklung gewonnen hat. F e u e r b a c h s Definition der Historienmalerei und sein Werk, das ihr entspricht, bedeutet ein Wiederaufleben der idealistischen Auffassung von Cornelius54. Die Sehnsucht, das Menschlich-Große, die Lebensfülle in maßvoller Schönheit im Bilde zu verkörpern, bestimmt vor allem Feuerbachs Kunst, nicht die Geschichte. In ihr findet er nur zwei Zeiten darstellenswert, Renaissance und Griechentum, weil hier sein Wunschbild Wirklichkeit war. Vom Beginn seines Schaffens an, schon in den Düsseldorfer Schuljahren, als ihm Schadow, Lessing und Sohn dringend zum Studium der Geschichte rieten, sprach er seine gründliche Abneigung gegen die Geschichte aus, die ihm „zu klein, zu eng für das, was er fühle" 5 6 erschien, und als ihm 1857 in Rom der Rat des „guten Hettners, des freundlichen Männchens" erreichte, sich an der Konkurrenz des Vereins für deutsche Historienmalerei zu beteiligen, lehnte er ihn spöttisch ab: „Es fällt mir armen, dummen Kerl kein deutscher Stoff ein; deutsche Historie! Luther in Worms? Fort damit« 1 !" 43
Die Liebe zu Hellas, frühzeitig im Elternhaus« gepflegt, liegt ihm im Blute. In der Lehrzeit in Antwerpen und Paris zurückgedrängt, wird sie frei und fruchtbar in Italien, in der Berührung mit dem Lande, der Antike und den Meistern der Renaissance. Das Streben der Geschichtsmalerei seiner Zeit, der Begriff der „historischen Treue" in Kostüm und Beiwerk, alles, was er verachtend „Accessoirmalerei" nannte, ist Feuerbach im Grunde fremd geblieben. Für ihn kommt der Mensch zuerst und nicht „der Schneider" (Vermftchtnis). Seinen „Dante mit edlen Frauen in Ravenna lustwandelnd" versetzt er in die Zeit der Hochrenaissance und in dem einzigen Bilde aus der deutschen mittelalterlichen Geschichte, das er 1877 im Auftrage der Nürnberger Handelskammer malte, „Kaiser Ludwig erteilt dem Nürnberger Kaufherrenstand Privilegien für freien Handel und sicheres Geleit", stehen die in Gestalt und Kostüm idealisierten Figuren vor Goldgrund, der dem Vorgang allen Schein von Realität nimmt. In dieser souveränen Behandlung des kulturgeschichtlichen Beiwerks geht Feuerbach mit Cornelius zusammen; aber er ist nicht umsonst durch die koloristische Schule gegangen. Auch er hat den Sinn für den dekorativen Oberflächenreiz des Kostüms und Geräts erhalten, doch sorgt sein Sinn für Monumentalität dafür, daß diese dekorative Wirkung untergeordnet bleibt. Von Feuerbachs Kompositionsart gelten die Worte, mit denen Walzel die Kunst C. F. Meyers kennzeichnet: „Die Renaissance" (und bei Feuerbach die Antike) „bot dem Schweizer Dichter gleichzeitig die Ausdrucksform, die seinem Formwillen entsprach: strenge Geschlossenheit, Sachlichkeit, Verzicht auf reichen Wortschmuck, ebenmäßige Gliederung, verhaltene Kraft, feierliche Haltung 57 ." Als Feuerbach in Paris in der Schule Goutures (1854) den „Tod des Aretin" malte, wählte er noch in jugendlichem Temperament und Stolz auf die erworbene technische Fertigkeit den Augenblick des Zusammenbrechens und des jähen Auffahrens aus dem festlichen Beisammensein; der Plötzlichkeit des aufregenden Ereignisses entsprach die jäh abstürzende und wieder aufsteigende Kurven führung der in steiles Hochformat hineinkomponierten Gruppe und das Aufblitzend-Tonreiche der Farbe. Er streift damit Pilotys Bahn, aber er übertrifft ihn weit an Temperament und künstlerischem Sinn für das Wesen der Renaissance und die Art Veroneses. In Italien entwickelt sich sein antikes Grundgefühl für ruhiges Sein. „Ein Historienbild soll in einer Situation ein Leben darstellen, es soll vorund rückwärts deuten, und in und auf sich selbst beruhen für alle Ewigkeit. Alte Geschichten, die jeden Tag neu werden58." So ist schon 1857 der „Dante in Ravenna" gefaßt, in dem nichts geschieht, dessen Wirkung allein in dem ruhigen Schreiten in einem weiten, stillen Räume liegt, das 44
„mit dem rhythmischen Gang seiner Gestalten einem Andante von Mozart in vergleichen an der Seele der Beschauer vorüberziehen sollte (Verm&chtnis)." In diesem Geiste reifte Jahre hindurch das „Gastmahl des Plato" Abb. 20, das in einer Szene das Wesen des klassischen Griechentums offenbaren will, „die Vermischung von Geist, von Maß und Unmaß, die das athenische Leben der Blütezeit charakterisiert (W. Grimm)", „das Neben- und Durcheinander einer ganz auf das Diesseits gerichteten Lebenslust und der geistigen Kraft, die in Dichtung und Philosophie der Menschheit unvergängliche Güter geschenkt hat." (Bruno Schröder)*9. Feuerbach erzfihlt den Vorgang, wie der trunkene Alkibiades, von dem Gastgeber Agathon begrüßt, das ruhige Zusammensein um Sokrates unterbricht, in schmalem Breitformat, in reliefartiger Komposition. Den gemessenen Rhythmus, mit dem die Figuren die Bildflflche aufteilen, unterstützen die einfach klaren Linien des Raumes, der Möbel und der Leuchter. Die Geschlossenheit, die Feuerbach für seine Bilder erstrebt, daß „kein Jota an ihnen zu ändern (Vermächtnis)" ist, wird nur dadurch gemindert, daß die beiden Hälften, die Gruppe des Alkibiades und des Gastmahls, die nach Feuerbachs eigener Aussage nacheinander und unabhängig in seiner Vorstellung entstanden sind, nicht lückenlos verschmelzen, weil sich Blick und Geste von Alkibiades und Agathon nicht binden. Trotzdem spricht aus dem Symposion in der Karlsruher Fassung (1869) der Geist des Griechentums, der dann in der Berliner Fassung (1873) in der phantastischen Überfülle des Beiwerks und der Farbe erstickt. Zugleich wird spürbar, daß trotz des Protestes von Feuerbach gegen den Vorwurf ein „Gedankenmaler" zu sein, ein Rest gedanklich erz&hlenden Inhalts übrig blieb, der nicht völlig Form geworden ist, wie auch die Figuren nicht immer ganz aus der Pose herauskommen. Verglichen mit der naiven Schilderungsweise antiker Lebensform in Renaissance und Barock als einer gleichzeitigen, ist Feuerbach doch soweit Geschichtsmaler des 19. Jahrhunderts, daß seiner Gestaltung antiken Lebensgefühls das Bewußt-Rekonstruierte anhaftet, mit einem elegischen Unterton der Sehnsucht nach einem entschwundenen Zustand, wie sie in seiner Iphigenie den überzeugendsten Ausdruck erhalten hat. Feuerbach hat es immer wieder schmerzlich erfahren müssen, daß eine Zeit, die sich an den Schöpfungen Makarts begeisterte, für seine Werke kein Verständnis haben konnte. Mit Makart macht die Geschichtsmalerei den letzten Schritt von der Geschichte fort. Makart fehlt jede Absicht, zu bekehren oder zu erheben oder geschichtliche Größe zu preisen. Das mühevolle Streben seines Lehrers Piloty nach historischer Treue und großen Gedanken liegt ihm fern. Seine „Catherina Cornaro" verlegt er aus dem 15. ins 16. Jahrhundert und sein 45
Karl V. ist ein Märchenprinz, der mit der historischen Erscheinung nichts gemein hat. In der Vorliebe für den sinnlichen Reiz historischer Ausstattung berührt er sich mit der Art der Romane von Dahn und Ebers, doch fehlt ihm ganz ihre widerspruchsvolle Gelehrsamkeit. Allein sein künstlerischer Sinn für den festlichen Glanz schöner Erscheinung leitet ihn bei der Wahl seiner Stoffe, und seine Phantasie ist frei von jeder geschichtlichen Bindung. Er geht überhaupt nur mit seiner Themenwahl in die Vergangenheit zurück, weil die Kulturformen der Gegenwart viel zu einfach waren, um sein Lebensgefühl, schäumend von Sinnlichkeit und gebändigt durch Grazie, fassen zu können. Deshalb schafft er sich seine Visionen von einer Zeit, von der er glaubt, daß in ihr Wirklichkeit war, was er nur träumt, und gestaltet sie mit einer Kraft, daß sie rückwirkend die Lebensformen seiner Zeit zu beeinflussen vermögen (Makarthut). Makart ist viel mehr reiner Künstler als Piloty, Er verschmilzt die Anregungen von Geschichte und Kunst der Vergangenheit souverän mit eigenen Formphantasien. Seine Menschen aus Zügen von Veronese und Rubens und vor allem den Wienern seiner Zeit geschaffen, bewegen sich mit liebenswürdiger Grazie und königlichem Anstand, so daß sie über den Zweifel an der anatomischen Festigkeit ihres Körperbaues hinwegtäuschen. Sie tragen ihre phantastischen, prunkvollen Kostüme mit einer Selbstverständlichkeit, als eine ihrem Habitus angemessene Tracht, daß man fast das Recht verliert, von „Maskerade" zu sprechen, und sie geben sich, nichtswissend von einem Beschauer, hemmungslos dem Augenblick einer ungetrübten Daseinsfreude hin. Die Blicke aller Zuschauer auf dem „Einzug Karls V." Abb. 17, hängen wie fasziniert an der Gestalt des jungen Herrschers bis auf das kühl forschende Auge Dürers, dessen Tagebuchnotiz Makarts Phantasie angeregt hat, und die Teilnehmer am Zuge binden sich mit ihren Blicken wieder mit den Zuschauern oder untereinander, so daß alle Figuren zu einer lebendig bewegten Masse verschmelzen. Kraft einer außerordentlichen Erzählergabe bringt Makart diese Massen, die ähnlich wie die festgenagelten in Pilotys „Triumphzug" disponiert sind, in Fluß. Er hat von den Venezianern das rauschende Hinströmen eines festlichen Vorgangs darzustellen gelernt. Auf riesiger breit gelagerter Bildfläche, die bis zum letzten Winkel mit Farbe und Form gefällt ist, gleitet der Blick vom Kaiser bis zur Spitze des Zuges und über die Tribüne zum Kaiser zurück und wird auf der andern Bildhälfte analog geführt. So sicher und gleichmäßig durch geschmeidiges Sichneigen der Körper und farbige Akzente geleitet, erhält der Blick die Vorstellung einer majestätisch gelassenen Bewegung. Von Makarts Farbenorgien, in denen die Farbe anders als bei Piloty über die Stoffbezeichnung hinaus selbständige Ausdruckskraft erhält 46
und die durch die Aufstellung der Bilder in schwarz ausgeschlagenen Räumen mit starkem Oberlicht in ihrer magischen Pracht noch gesteigert wurden, ist heute keine Vorstellung mehr geblieben. Seine leichtsinnige Verwendung von Asphalt, um die Leuchtkraft der Farbe zu erhöhen, hat große Teile der Bildfläche zerstört, so daß sie heute fleckig und fahl wirken. Sie ist zugleich ein Zeichen von allem, was an Makarts Kunst ungesund und unsolide ist. Die Gestaltung seines Lebensgefühls, so bezaubernd sie auf seine Zeit gewirkt haben mag, hat etwas künstlich Übersteigertes und Wirklichkeitsfremdes, fern von der natürlichen Frische von Veronese und Rubens. Die Ernüchterung ist sehr schnell gefolgt, und seine Bilder wurden bald so geschmfiht, wie sie gepriesen waren. Je stärker der Wirklichkeitssinn sich entwickelte, um so schwächer wirkten Makarts Bilder. Jacob Burckhardt sprach kurz nach dem Tode Makarts das Urteil, das noch heute gilt: „Die Magie, womit er seine Zeitgenossen beherrschte, lag für die meisten doch unbewußt darin, daß er wirklich im ganzen doch seine eigenen Visionen gemalt hat. Sie gingen nicht hoch, sie zahlten der Materie einen schweren Zoll, sie entsprachen sozial einem Medium, welches der Nachwelt nicht sympathisch sein wird, aber sie waren sein Eigen 60 ."
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SCHLUSSWORT
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I E „Verbindung fftr historische Kunst" sah sich durch die Abnahme der historischen Gemälde auf den Ausstellungen 1891 zu dem Aufruf veranlaßt: „Wenn die Verbindung, wie sie in den Zeiten politischer Schwäche unseres Vaterlandes entstanden ist, dazu beigetragen hat, große geschichtliche Erinnerungen wachzurufen, so ist sie ihrer Aufgabe keineswegs enthoben, seitdem sich unser öffentliches Leben so gfinstig verändert hat Das Interesse wendet sich ihrer Darstellung nicht mehr mit dem wehmütigen Gefühl verlorener Größe zu, sondern mit dem Bewußtsein wflrdiger Nachfolge." Sie hat damit nicht das Versiegen der Geschichtsmalerei aufhalten können, wenn auch die Pilotyrichtung noch epigonenhaft fortgeführt wurde. Selbst der Krieg von 1870 hat im Gegensatz zu den Befreiungskriegen nur zur Abkehr von der Geschichte beigetragen, nach Gurlitts Äußerung: „Ich wenigstens bin verdorben für gewisse Heldenbilder, verdorben durch den Krieg, die größte, schönste entscheidendste Erinnerung meines Lebens. Denn auch dort sah ich nicht die malerische, die romantische Schlacht' 1 ." Die Gegenwart mit ihren Forderungen erwies sich stärker als die Vergangenheit. Ein Wort von Wackenroder in den „Herzensergießungen" deutet den Sinn der Historienmalerei des 19. Jahrhunderts an: „Uns, Söhnen dieses Jahrhunderts, ist der Vorzug zu Teil geworden, daß wir auf dem Gipfel eines hohen Berges stehen, und daß viele Länder und viele Zeiten unseren Augen offenbar um uns herum und zu unseren Füßen ausgebreitet liegen. So laßt uns denn dieses Glück benutzen, und mit heiteren Blicken über alle Zeiten und Völker umherschweifen, und uns bestreben, an allen ihren mannigfaltigen Empfindungen und Werken der Empfindung immer das Menschliche herauszufühlen." Am Anfang der Geschichtsmalerei begnügt man sich mit der Überschau über das Ganze des geschichtlichen Verlaufs und mit den ungefähren Umrissen der Einzelheiten. Dann beginnt man herabzusteigen, um die Einzelheiten näher erkennen zu können, bis zu der Grenze, wo man die Dinge in ihrer Besonderheit sieht und doch dabei ihren Zusammenhang mit dem Weltbild nicht aus dem Auge verliert. Auf dieser Stufe hat das Geschichtsbild in Rethel seinen Höhepunkt erreicht. Schließlich die Grenze nach abwärts überschreitend, in wachsendem Verlangen nach wirklichkeitstreuer Darstellung beschränkt sich der Blick auf die individuelle Erscheinung einzelner Epochen. Jede Epoche in der Geschichtsmalerei des 19. Jahrhunderts hat den Anspruch erhoben, realistischer zu sein, als die vorhergehende, bis gerade der Realismus der Geschichtsmalerei ein Ende bereitet. Der Wirklichkeitssinn überwindet den geschichtlichen, und die Augen wenden sich von der Wirklichkeit der Geschichte zu der des gegenwärtigen Lebens. 48
ANMERKUNGEN. 1 Das Ziel der neuen deuteeben Malerschule wird von Passavant (Ansichten über die bildenden Kfinste 1820) m gedeutet: „Nicht zum bloBen Spielwerk und Kitsei der Sinne soll die Kunst mehr angewendet werden, nicht Mol) rar Ergötznng und Prachtliebe geehrter Fflrsten oder «chtttsenswerter Privatpersonen; sondern hauptsächlich n r Verherrlichung eine« öffentlichen Lebens. Soll dieses würdig geschehen, so muß ein ernster hoher Sinn ans dem Kunstwerk sprechen, auf daß er den besseren Teil des Volkes ergreife and ihn bestärke in den Gerinnungen, welche außer dem Kreise des Privatlebens ein allgemeines volkstümliches Interesse erregen.*4 (E. Förster, Cornelius. I. p. 151.) * F. Th. Vischer, Kritische Ginge. 1844. I. p. 195. 3 Die Kunstkritik verwandte fast ausschließlich die literarische Terminologie. S. Vischer, Ästhetik, n. Hotho, Gesch. der deutschen und niederl. Malerei. 1842. I I I : „Das Epische, Lyrische a n d Dramatische in den einzelnen Künsten". Die durchschnittliche Kritik beschäftigte sich mit dem Gegenstand and seiner politischen Aktualität. S. H. Heine, Kunstberichte aus Paris. Titus Ullrich, Kritische Aufsitze. 1894. I Über analoge Behandlung geschichtlicher Stoffe in der Dichtung s. Borcherdt, H. H., Geschichte des Romans und der Novelle in Deutschland. I. 1926. ' Die zweite Auflage von Hefner-Alteneck 1879 ist den vermehrten Kostümforderangen folgend über das „christliche Mittelalter" der ersten Auflage bis cum 18. Jahrhundert fortgeführt. * Die Erörterungen über das Verhältnis von Geschichte und Kunst sind in der ersten Hälfte des Jahrhunderts lebhaft. Materialzusammenstellung über das Verhältnis von Geschichte und Dichtung vgl. A. Stern, Vierteljahrsschr. f. Literaturwiss. 1925. ' Vgl. Fr. Andreae, I. A. Breysig und die Anfinge der Kunstschule in Magdeburg (1907) : Frühe Vorschlage von Gegenständen aus der Geschichte Magdeburgs : „Es ist dies der Augenblick, wo, allerdings noch auf die Initiative des Herrschers, das Bürgertum anfingt, die großen Momente aus dem Leben seiner Fürsten, jedoch nur soweit als sie mit dem Leben des Bürgers in engster Beziehung stehen, im Bilde festzuhalten." 8 G. Eckermann, Gespräche mit Goethe. 31. Janaar 1827. ' Fr. Reber, Gesch. d. neueren deutschen Kunst. 1876. p. 356. 10 Fr. Reber a. a. O. p. 357. II Cornelias an A. v. Humboldt: „Wer aber in die ursprüngliche Notwendigkeit des einst Entstandenen zurückgeht und sie faßt, wird bald — zwar nicht gleiche, — aber ähnliche Momente finden und nur dann kann der Genius entbunden jene stille Verwandlung beginnen, die protensartig nur nach außen wechselt, im Innern aber wie die Natur ewig dasselbe bleibt. (E. Förster, P. v. Cornelius. Berlin 1874. II. p. 222). " E. Förster, Geschichte der deutschen Kunst. 1866. V. p. 61. 11 Schnorr v. Carolsfeld, Künstlerische Wege und Ziele. 1909. 14 Fr. Pecbt, Deutsche Künstler des 19. Jahrh. II. 1877. 15 Aus konfessionellen Gründen schlug man in Berlin statt der Reformation die Erneuerung des Landfriedens oder den Ausbau des Kölner Doms vor; schließlich gestand man ihm das „Zeitalter der Renaissance" zu mit der Bedingung, Luther und seine Anhinger in den Hintergrund zu schieben. 11 Ein analoger Gegensatz abstrakter und realistischer Auffassung wie zwischen Cornelius und Kaulbach zeigt in Frankreich Ingres' „Apotheose Homers" (1827) und Delaroches „Hémicycle" (1841). Es ist möglich, daß Cornelius mit seinem Transparent Ingres, der 1819 in Rom war, angeregt hat. (Die Zusammenhänge der Cornelius- and Ingres-Schule sind noch nicht genügend geklirt.) Umgekehrt hat dann Ddaroche Einfluß auf Kaulbach ausgeübt.
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E Förster, Cornelius. I. p. 406. Kugler Fr. Ein Benich in München. Museum 1835. Nr. 24 f. 11 Als bedeutendstes Geschichtsfresko aus der Comeüusachule gilt nach dem allgemeinen Urteil der Zeitgenossen C. Nehera „Einzug Kaiser Ludwigs des Bayern in Mflnchen nach dem Siege Ober Friedlich von Österreich**, mit dem Neher eine Wand des Isartors (75 Fufl lang und 8 Fuß hoch) bedeckte; heute durch die Witterung vernichtet, wie das Fresko Lindenschmidts d. Ä. auf dem Kirchhof n Sendling, die „Sendlinger Schlacht", nach Pecht der einzige Versuch Uber die dynastische GeschichtsdanteQung hinauszukommen. Auch Lindenschmidt kommt noch nicht ohne himmlische Erscheinung aus, die den Kampf auf der Erde begleitet. (Abb. s. bei Pecht, Gesch. d. Mfinchner Kunst). 10 Förster, Geschichte der deutschen Kunst, V, S. 65. n Die Zeichnungsfolge, die Herrmann 1840 begonnen und die die gesamte Geschichte des Deutschen Volkes von der Vorzeit bis zur Gegenwart mit lehrhaftem Zweck für das Volk darstellen sollte, ist nicht im Großen ausgeführt; sie erstrebte möglichste historische Treue in Bauten, Trachten, Waffen und Geratschaften. (1854 in Stichen bei Perthes, Gotha erschienen.) " Förster, Gesch. d. bild. Kunst. V. S. 66. 23 Freiherr von Stein an Cornelius. 1824: „Es entsteht nun die Frage, lassen sich diese Gegenstände durch Malerei darstellen? Ist dieses tunlich, dann kommt es an auf Anwendung der Kostttme, Waffen etc. Mir sind gleichzeitige Denkmäler (930/50) nicht bekannt; wohl spatere aus dem Jahr 1060, sehr vollständige auf der berühmten Tapisserie von Bayeux, so Mathilde, Gemahlin Wilhelms des Eroberers verfertigte. 4 ' Förster, Cornelius. I. p. 344. M Üchtritz, Blick i. d. Düsseldorfer Kunst u. Künstlerleben. 1840. p. 67: Gewöhnlich sind es bestimmte einzelne Perioden, die Kreuzzüge, die deutsche Kaiserzeit, die hussitischen Unruhen usw., an die sich die besondere Teilnahme jener Eifrigen knüpft. Es sind überhaupt mehr die Begebenheiten, die Persönlichkeiten, die Zustande als der Gedankeninhalt, was die Künstler vorzugsweise bei dem Geschichtlichen anzieht." " Förster, Geschichte der deutschen Kunst, V, S. 303. - F. Th. Vischer, Ästhetik. III. 2. p. 663. " Rethel, Briefe hrgb. v. Ponten. 1912. p. 76. " Vgl. Vischer, Altes und Neues (unter dem frischen Eindruck der Aachener Kartons 1841): „Das ist ja der Weg, der mir schon lange dunkel vorschwebt, der rechte Weg, den der deutsche Stil einschlagen muß, wenn er rein, wenn er klassisch und doch nicht unwahr schön sein soll. Das ist ja jene richtige Beimischung eines Zuges von A. Dürer zu der plastisch geschwungenen Linie, die wir von Iionardo, Raffael, Michelangelo gelernt haben; hier hat einer mit starker Hand die Gegensatze zusammengebunden, welche zu verschmelzen die Aufgabe unserer heimischen Kunst ist." « Rethel, Briefe, p. 65. 30 W. Müller v. Königswinter, Düsseldorfer Künstler aus den letzten 75 Jahren, p. 88. 91 Steinbrück an Rethel. 1840. S. Rethel, Briefe, p. 51. 81 Rethel, Briefe, p. 75. M Rethel, Briefe, p. 89. 34 Die EntstehungBzeit des Bildes ist ungewiß, allgemein angenommen vor der Italienreise 1844, begonnen wohl schon 1838. M G. Ponten, Rethel. Klassiker d. Kunst, p. 182. M Cicerone I.: „Der größte Wert dieses in seiner Art einzigen Gemaides besteht nicht in einer tadellosen Zeichnung oder in der Ausdrucksweise des Einzelnen, sondern in der ergreifenden Darstellung eines bedeutenden Momentes mit geringen Mitteln. Durch die Wendung des Wagens und der Pferde und durch einige sprechende Stellungen und Gebärden ist auf der rechten Seite ein Bild der Ratlosigkeit und Bestürzung gegeben, 11
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welche« nicht deutlicher and nnr in äußerlichem Sinn vollständiger sein könnte. In den Siegera drückt sich das unaufhaltsame Vordringen mit der größten Deutlichkeit ans.'* " »Die belgischen Bilder, eine Parallele mit der Münchner Kunst." '» Vischer, ebd. III. 710. " J . G. Jahrb. d. Gegenwart. 1844. 1 1 S. Vischer, Jahrb. d. Gegenwart 1844: „Weil das Leben und die Geschichte in ihrer Hand ertönt, so erklingen ihre Werke in dieser Musik der Farbe, weil sie die tote Vergangenheit mit ihrem Zauberstabe zu beleben vermochten, so ist Magie in ihrem Pinsel. Weil das, was den Kniistidealisten unserer Zeit, materiell erscheint, die Wirklichkeit in ihrem Kflnstlergeist sich sur geistigen Durchsichtigkeit verklärt, so rinnt und flutet das durchsichtige, flüssige Gold Paolo Veronese» durch ihre Bilder." 41 H. Hettner, Zur Charakteristik der neueren Historienmalerei. Jahrbücher d. Gegenwart. Hgb. v. Schwedler. 1847: „Sie wissen keinen Unterschied zwischen historisch Wichtigem und Unwichtigem, sie nehmen ein oder das andere geschichtliche Werk zur Hand, machen auf darstellbare Stoffe J a g d . . . . und was ist die Folge davon, daß obskure Stoffe ohne Inhalt und Interesse mit großem Kraftaufwand ausgeführt werden, die trotz aller Mühe und künstlerischer Vollendung doch unsere Teilnahme nicht erwecken können. Solche Bilder sind dann oft weiter nichts als gemalte Anekdoten, wie es dramatisierte Anekdoten gibt." " Cromwell am Sterbebette seiner Tochter. Knox als Strafprediger vor Maria Stuart, Carls II. letzte Soirée. 43 Karl V. im Kloster St. Just, Vergiftungsversuch Friedrichs II. durch seinen Kanzler de Vineis, Ermordung Riccios, Maximilian, Ddrer die Leiter haltend u. dgl. 44 Die Sammlung des Maximiiianeums in der Nachfolge des Musée historique in Versailles bekundet ebenso wie dieses das Erlöschen des monumentalen Sinnes. Nach uneinheitlichem Gesamtplan werden Ölbilder verschieden begabter Maler und ungleicher Größe nebeneinander geh&ngt. Die Sammlungen unterscheiden sich durch die erstrebte Systematik und Ausdehnung der Stoffwahl Ober die Weltgeschichte in Deutschland und die Beschränkung auf die glorreichen Taten der Nation in Frankreich. 45 O. F. Walzel, Die Deutsche Dichtung seit Goethes Tod. 1919. p. 100: „Der geschichtliche Zug des Jahrhunderts, dieses Erbstück aus dem Nachlaß mißverstandner Romantik gewann in Mönchen zum ersten Male die Züge eines wissenschaftlich epigonenhaften Eklektizismus.... Nicht aus starkem Erleben, sondern aus geschichtlicher Forschung, aus wissenschaftlicher Erkenntnis aller oder der meisten Stile der Welt sollte eine neue zeitgemäße Mischung entstehen." 49 Vgl. die Bestrebungen der „Meininger". M. Grube, Geschichte d. Meininger. 1926. " Julian Schmidt, W. Alexis. Westermanns Monatsh. 1872. 4* Menzel, Briefe. 1914. p. 49. Brief an Arnold. '* „Alles, was der Süßeren Gestaltung des Lebens, dem Zeitgeschmacke und den mannigfachen Wandlungen desselben in Baulichkeiten, Geräten und Kostümen und allgemeiner Sitte angehört, beruht auf Studien charakteristischer Vorbilder, wie sich diese teils im Original selbst, teils in Abbildungen oder in schriftlicher Überlieferung unserer Zeit erhalten haben. Die Ansichten wichtiger Lokalitaten, namentlich die der königlichen Schlösser, sind fast durchgehend nach der Natur aufgenommen. Nicht mindere Sorgfalt ist auf die richtige Darstellung der Uniformen und ihrer verschiedenartigen Abstufungen verwandt, sowohl in betreff des Militärs ausw&rtiger Machte, als vornehmlich mit Rücksicht auf das preußische." 50 Menzel, Briefe, p. 114. A. d. Geschwister 1847. 51 Auch Menzel ist in spateren Jahren mit dem Karton nicht mehr zufrieden gewesen. S.Menzel. Briefe, p. 189: an Fr. Werner 1861 : „Und Ungehöriges ist auch wirklich 4*
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darin, z. B. die ganze Ausführungsweise. Um vieles nicht mißzuverstehen, müßte man ein Stück meines damaligen Lebenszustandes wissen." 62 Für das Urteil Menzels über seine Nachfolger: S. Brief an Fr. Werner: 1860: „Lachen aber muß ich selbiges Mal über die Bestätigung dessen, was Du mir schon öfter über Camphausen erzählt (s. seinen Husarenposten) es gibt indessen jetzt auch hier wie ich gesehen, Leutchen, denen meine Soldateska die Phantasie notzüchtigt. Erweckt Gott nicht noch andere Geister, so könnte sich allerdings mein Armeewerk als eine Übelthat herausstellen." 53 E. Fueter, Geschichte der neueren Historiographie. München-Berl. 1911. p. 593. 64 „Die Historienmalerei, gleichviel in welchen Dimensionen, bezeugt sich stets in der vollendeten Erschöpfung ihrer Darstellung. Sie macht ihre Gestalten unabänderlich, indem sie dieselben, unbeschadet ihrer Individualität, stets als Typus einer Gattung hinstellt. Das lebende Modell darf nur mit großer Vorsicht in stetem Hinblick auf den Zusammenhang des Ganzen benützt werden. Die echte Historie muß in erster Linie das Ethische, Menschlich-große festhalten, gleichviel in welchem Kostüm es sich bewegt." (Vermächtnis, p. 240.) 66 Allgeyer, A. Feuerbach, Berlin-Stuttgart 1904. I. p. 52. 66 Allgeyer, I. p. 351. 67 S. Walzel, Die deutsche Dichtung seit Goethes Tod. Beri. 1919. p. 134. 68 Allgeyer a. a. O. I. p. 353. 59 B. Schröder, Feuerbach u. d. Antike. Jahrb. d. preuß Kunstsamml. 1926. «o S. Vorträge. Basel 1918. p. 265. «i C. Gurlitt a. a. O. p. 611.
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BILDERNACHWEIS. 1, 14 Selbstverlag des Stadeischen Kunstinstitutes Ffm. 2, 18 Fotografische Gesellschaft, Berlin. 4, 5, 20 F. Bruckmann A. G- Mfinchen. 6 Residenzmuseum, München. 7—9 Nationalgalerie, Berlin. 11, 13 Gerhard M e r t e n s , Aachen, Hartmannplatz 8. 12 St&dt. Museum, Aachen. 15 Kunsthalle, Bremen. 16 Neue Pinakothek, Mfinchen. 17 Kunsthalle, Hamburg. 19 F. Hanfstaengl, Mfinchen.
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