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German Pages 458 Year 2006
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 201
Die britische Limited Liability Partnership: Eine attraktive Organisationsform für Freiberufler? Von Stephan Bank
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
STEPHAN BANK
Die britische Limited Liability Partnership: Eine attraktive Organisationsform für Freiberufler?
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 201
Die britische Limited Liability Partnership: Eine attraktive Organisationsform für Freiberufler? Eine rechtsvergleichende Untersuchung des britischen und deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Niederlassungsfreiheit
Von Stephan Bank
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-12152-X 978-3-428-12152-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
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Meinen Eltern und meinen Brüdern
Vorwort Die großen Berufsausübungsgesellschaften der wirtschaftnahen Beratungsberufe agieren zunehmend international unter Verwendung einer einheitlichen Organisationsform. Dabei ist auch bei den in Deutschland tätigen Beratungsgesellschaften eine deutliche Tendenz erkennbar, nicht mehr in deutscher Rechtsform, sondern als ausländische Gesellschaft aufzutreten. Als besonders beliebt für die Tätigkeit solcher Freiberuflergesellschaften hat sich die Limited Liability Partnership des britischen Rechts erwiesen. Die vorliegende Abhandlung beleuchtet die Charakteristika der britischen LLP und stellt diese der Partnerschaft als wesensverwandter Gesellschaft des deutschen Rechts gegenüber. Gleichzeitig geht die Arbeit der Frage nach, welche Konsequenz die Nutzung der britischen Organisationsform für Freiberufler in Deutschland hat, um zu untersuchen, ob die LLP als Gesellschaftsform für Freiberufler in Deutschland attraktiv ist. Die Arbeit lag im Sommersemester 2005 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation vor. Rechtsprechung und Literatur sind für die Veröffentlichung bis Dezember 2005 berücksichtigt worden. Grundlage der Ausführungen zum britischen Recht sind Erkenntnisse, die während eines einjährigen LL.M.-Studiengangs am University College in London im Jahre 2002/2003 gesammelt wurden. Meinem Doktorvater und Erstgutachter, Herrn Prof. Dr. Martin Henssler, möchte ich meinen besonderen Dank für die äußerst freundliche und hilfsbereite Betreuung der Promotion aussprechen. Nicht zuletzt durch die Anstellung am Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht hat er es mir ermöglicht, eine Arbeit dieses Umfangs zu erstellen. Danken möchte ich auch Frau Prof. Dr. Barbara Grunewald für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Ferner gilt mein Dank dem verstorbenen Herrn Prof. Ben Pettet sowie Herrn Prof. Ian Fletcher vom University College London für die hilfsbereite Betreuung der Master Thesis. Einen Dank möchte ich zudem dem Deutschen Akademischen Austauschdienst aussprechen, der mir durch ein Stipendium den Studienaufenthalt in London erst ermöglicht hat. Für die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses danke ich der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung und der Deutsch-Britischen Juristenvereinigung. Ein besonderer Dank gilt schließlich meinem Vater Wilfried und meinem Bruder Christian. Beide haben mich während der Erstellung der Arbeit immer wieder bestärkt und mich durch ihre Anregungen und Ideen hilfreich unterstützt. Köln, im Dezember 2005
Stephan Bank
Inhaltsverzeichnis Einleitung
29
§1
Der Trend zu hybriden Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
§2
Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
Erster Teil Die LLP nach britischem Recht
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§3
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Traditionelle Gesellschaftsformen nach britischem Recht . . . . . . . . . . . . 1. Partnerships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordinary partnerships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Limited partnerships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Companies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Reformbestrebungen im britischen Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . .
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§4
Hintergrund der Einführung der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. „Race to the top“ – der Wettbewerb der Jurisdiktionen . . . . . . . . . . . . . . 1. Angloamerikanischer Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontinentaleuropa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einfluss auf die britische LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die jüngeren Reformbestrebungen in Jersey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Kampagne der großen Freiberuflerpersonengesellschaften . . . . . . . 1. Das Entstehen großer partnerships von Freiberuflern . . . . . . . . . . . . . 2. Die Haftungskrise der großen Freiberuflergesellschaften . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die LLP – Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einfluss der Lobbyarbeit auf das Ziel der Reform . . . . . . . . . . . . . . .
41 42 42 43 44 45 46 46 49 51 52 53
§5
Rechtsnatur der LLP und Regelungstechnik des LLPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die LLP – eine Hybride . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der LLPA – ein Rahmengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§6
Die Verfassung der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Entstehung der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58 59
10
Inhaltsverzeichnis 1. Die Eintragungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenschluss mindestens zweier Gründer zwecks eines auf Gewinn angelegten erlaubten Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Gründungsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anforderungen an die Gründungsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Firma der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Konformitätserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Registrierung und Zertifikatsausstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vor der Entstehung geschlossene Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Innenverhältnis der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Gesellschafter der LLP (members) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Aufnahme neuer Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Austritt von Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Geschäftsanteil der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Status der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die designierten Gesellschafter (designated members) . . . . . . . . 2. Die Rechte und Pflichten der LLP-Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Gesellschaftsvertrag (LLP agreement) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Vorbehalt anderweitiger gesetzlicher Regelung . . . . . . . bb) Die zentrale Bedeutung des Gesellschaftsvertrages . . . . . . . cc) Die Formalien des Gesellschaftsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Auffangregelungen (default provisions) . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entwicklung der Auffangregeln im Gesetzgebungsprozess . . bb) Inhalt der Auffangregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Treuepflichten der Gesellschafter (fiduciary duties) . . . . . . . . . . . aa) Treuepflichten der Gesellschafter gegenüber der LLP . . . . . (1) Partnership law Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Company law Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Company directors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Company shareholders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) LLP members . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Treuepflichten der Gesellschafter untereinander . . . . . . . . . . (1) Partnership law Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Company law Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) LLP members . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die LLP im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die eigene Rechtspersönlichkeit der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Handeln der juristischen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59 59 61 61 62 64 64 66 66 67 67 67 68 71 72 73 75 75 75 76 76 78 78 79 80 80 81 82 83 84 85 86 86 87 88 89 93 93 94
Inhaltsverzeichnis
IV.
a) Handeln im Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deliktisches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vicarious liability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Agency . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragsrecht (contract) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) . . . . . . a) Bestehen einer Sorgfaltspflicht (duty of care) . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die drei Tests zur Sorgfaltspflicht im britischen Recht . . . . (1) Der dreifache Test (threefold test) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Test der Übernahme persönlicher Verantwortung (assumption of responsibility) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Der schrittweise Test (incremental test) . . . . . . . . . . . . . . bb) Relevanz für die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bruch der Sorgfaltspflicht (breach) und Schaden (damage) . . . . 5. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die LLP-Gesellschafter im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragliche Rechtsbeziehungen (contract) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertreter ohne Vertretungsmacht (breach of warranty of authority) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verdeckte Stellvertretung (undisclosed agency) . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertragsauslegung (construction of contract) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) . . . . . . a) Bestehen einer Sorgfaltspflicht (duty of care) . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Relevanz der Hedley Byrne Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auswirkung des Status der LLP als juristische Person . . . . . (1) Der LLPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Explanatory Notes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die jüngsten Entwicklungen im Fallrecht des company law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Williams v Natural Life Health Foods Ltd . . . . . . . . (aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der High Court . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Court of Appeal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . x) Das House of Lords . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Merrett v Babb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
V.
(cc) Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auswirkung freiberuflicher Tätigkeit der LLP-Gesellschafter (1) Die traditionelle Position im britischen Recht . . . . . . . . . (2) Anwendung auf die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Auswirkung interner Aufgabenverteilung in einer freiberuflichen LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kleine freiberufliche LLPs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Große freiberufliche LLPs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Auswirkung gegenseitiger Kontrolle in einer freiberuflichen LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Einschränkende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vertrauen auf die Verantwortungsübernahme (reliance upon the assumption) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vernünftigkeit des Vertrauens (reasonable reliance) . . . . b) Bruch der Sorgfaltspflicht (breach) und Schaden (damage) . . . . c) Mögliche Mechanismen zum Ausschluss persönlicher Haftung 3. Haftungsdurchgriff auf die LLP-Gesellschafter (lifting the corporate veil) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsprechung im company law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Single economic unit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Agency . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Interests of justice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Façade or sham . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragung auf die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Rechtsbeziehungen (contract) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) . . . Spezifische Gläubigerschutzmechanismen im Recht der LLP . . . . . . . . 1. Insolvenzrechtliche Gläubigerschutzmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . a) Adressaten der insolvenzrechtlichen Verhaltenspflichten . . . . . . . aa) De jure Gesellschafter (de jure members) . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schattengesellschafter (shadow members) . . . . . . . . . . . . . . . cc) Faktische Gesellschafter (de facto members) . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis dd) Die Spruchpraxis zu Schattendirektoren und faktischen Direktoren im company law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schattendirektoren (shadow directors) . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Faktische Direktoren (de facto directors) . . . . . . . . . . . . . (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Übertragung auf die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fraudulent trading (section 213 IA 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Historischer Hintergrund von section 213 IA 1986 . . . . . . . . bb) Regelungsinhalt von section 213 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Übertragung der Rechtsprechung im company law . . . . . . . . (1) Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Betrugsabsicht (intent to defraud) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bestimmung der Haftsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verantwortliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Sonstige Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bewertung von section 213 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wrongful trading (section 214 IA 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Historischer Hintergrund von section 214 IA 1986 . . . . . . . . bb) Regelungsinhalt von section 214 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Haftungsvoraussetzungen nach section 214 IA 1986 . . . (2) Konkretisierung durch die Rechtsprechung im company law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Übertragung auf die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der „Moment der Wahrheit“: Die Kenntnis der Gesellschafter von der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Gegenmaßnahmen der Gesellschafter . . . . . . . . . (c) Bestimmung der Haftsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bewertung von section 214 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schwächen von section 214 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Beschränkung des Antragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Exakte Bestimmung des „Moments der Wahrheit“ . (c) Finanzierung von wrongful trading Verfahren . . . . . (2) Reform von section 214 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Adjustment of withdrawals (section 214A IA 1986) . . . . . . . . . . aa) Historischer Hintergrund von section 214A IA 1986 . . . . . . bb) Regelungsinhalt von section 214A IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . (1) Haftungsvoraussetzungen von section 214A 1986 . . . . . (2) Wissensstand der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kenntnis der Unabwendbarkeit des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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162 163 166 167 169 171 171 172 172 172 173 175 176 176 177 178 179 180 180 182 182 183 186 188 191 192 193 194 196 199 200 202 202 204 204 205 205
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Inhaltsverzeichnis (b) Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Nachsichtige Haltung der Rechtsprechung . . . . (bb) Strenge Haltung der Rechtsprechung . . . . . . . . (cc) Auswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bestimmung der Haftsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bewertung von section 214A IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Misfeasance (section 212 IA 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Historischer Hintergrund von section 212 IA 1986 . . . . . . . bb) Regelungsinhalt von section 212 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . (1) Treuepflichten bei herannahender Insolvenz im company law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Art der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Hintergrund der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Entstehung der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übertragung auf die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Inhalt der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Maßstab für das Verhalten der Gesellschafter . . . . . (c) Haftungsausschluss nach section 727 CA 1985 . . . . cc) Bewertung von section 212 IA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schwächen eines Verfahrens wegen Treuepflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorteile eines Verfahrens wegen Treuepflichtverletzung (3) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Disqualification of unfit members (section 6 CDDA 1986) . . . . aa) Historischer Hintergrund des CDDA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . bb) Regelungsinhalt von section 6 CDDA 1986 . . . . . . . . . . . . . . cc) Bestimmung der Ungeeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Ungeeignetheit von company directors . . . . . . . . . . . (2) Übertragung auf die LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Berücksichtigung des Einzelfalls . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Indizien fehlender und nicht fehlender Eignung . . . (c) Dauer der Disqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bewertung von section 6 CDDA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorzüge von section 6 CDDA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schwächen von section 6 CDDA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . (3) Reform von section 6 CDDA 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Publizitäts- und Bilanzierungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflichten der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tagesaktuelle Bücher (accounting records) . . . . . . . . . . .
207 208 209 209 210 211 213 213 213 216 216 218 220 222 222 224 226 226 226 228 230 231 232 234 237 238 241 241 242 245 246 246 247 248 249 250 251 251
§7
Inhaltsverzeichnis
15
(2) Jahresabschluss (annual accounts) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abschlussprüfung (audit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Grundsätze zur Erstellung des Abschlusses . . . . . . . . . . . (5) Jährliche Registermeldung (annual return) . . . . . . . . . . . . (6) Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Besteuerung der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Income and corporation tax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. National Insurance contributions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Capital gains tax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
251 252 253 254 254 254 256 258 259 260 261 262 263
Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umsetzung der Ziele des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Flexibilität und einfache Handhabbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkung der persönlichen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Rechtsbeziehungen (contract) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) . . . 3. Steuertransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Akzeptanz der LLP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfängliche Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachfolgende Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
263 264 264 264 265 265 268 268 269 269 271 275
Zweiter Teil Die Partnerschaft nach deutschem Recht Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . von 1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . von 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . von 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
277
§8
Entstehungsgeschichte der I. Der Gesetzesentwurf II. Der Gesetzesentwurf III. Der Gesetzesentwurf
277 278 278 279
§9
Rechtsnatur der Partnerschaft und Regelungstechnik des PartGG . . . . . . . . . . 281 I. Rechtsnatur der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 II. Regelungstechnik des PartGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
§ 10 Die Ausgestaltung der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 I. Die Entstehung der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 1. Voraussetzungen nach § 1 PartGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284
16
Inhaltsverzeichnis 2. Partnerschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schriftform des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anmeldung der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorgesellschaft, Prüfung und Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Innenverhältnis der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorrang des Berufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschränkung des Ausschlusses von der Geschäftsführung . . . . . . . 4. Inhalt des subsidiär geltenden oHG-Innenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ersatz von Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verzinsungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Informations- und Einsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gesellschafterbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Gewinn- und Verlustverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Partnerschaft und die Partner im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksamwerden der Partnerschaft im Verhältnis zu Dritten . . . . . . . 2. Rechtliche Verselbständigung der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung für Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Haftung der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Haftung der Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Akzessorische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Inhalt der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einwendungen der Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Eintretende und ausgeschiedene Partner . . . . . . . . . . . . . . (4) Haftung von Nichtpartnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Haftung für eigenes Fehlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftungsbeschränkung zugunsten der Partner . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Haftungskonzentration nach § 8 Abs. 2 PartGG . . . . . . . . . . (1) Anwendungsbereich von § 8 Abs. 2 PartGG . . . . . . . . . . (2) Befassung mit der Bearbeitung eines Auftrags . . . . . . . . (a) Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Befassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bearbeitungsbeiträge von untergeordneter Bedeutung . . bb) Summenmäßige Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gläubigerschutzmechanismen im Recht der Partnerschaft . . . . . . . . . . .
285 285 286 287 288 290 290 290 291 292 292 292 292 292 293 293 294 294 295 295 296 296 297 297 298 299 299 300 300 300 302 302 302 303 304 304 305 307 308 308
Inhaltsverzeichnis
V.
1. Beschränkung des Gläubigerschutzes auf die akzessorische Gesellschafterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeit eines Haftungsdurchgriffs in der Partnerschaft . . . . . . . Die Besteuerung der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Körperschaftssteuer und Einkommenssteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 309 310 313 313 313 314
Dritter Teil Rechtsvergleichende Analyse § 11 Wesentliche Strukturmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur der Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungstechnik der den Organisationsformen zugrunde liegenden Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entstehung der Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das Innenverhältnis der Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Das Außenverhältnis der Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Gesellschafter im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung . . . . . . . . . . . . VII. Die Gläubigerschutzmechanismen der Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gläubigerschutz bei allgemeinen Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . 2. Gläubigerschutz bei Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die steuerrechtliche Behandlung der Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . § 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . I. Beschränkung des Zugangs zur Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlende Rechtfertigung der Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung des Sonderprivilegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausweitung des Gläubigerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Notwendigkeit der Stärkung des Gläubigerschutzes bei der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung eines spezifischen Anfechtungsrechts in der Insolvenz III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
315 315 315 316 317 318 318 319 319 320 322 323 324 327 327 327 329 329 333 333 333 335 336
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Inhaltsverzeichnis Vierter Teil Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
§ 13 Die Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung für den Zuzug ausländischer Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Gründungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Sitztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Europäische Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . 1. Überlagerung des nationalen Rechts durch die Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Faktische Absage an die Sitztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kein Vorrang der Gründungstheorie: Gemeinschaftsrechtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reichweite des gemeinschaftsrechtlichen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragung der EuGH-Rechtsprechung zu anderen Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Keck Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Marktzugangstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die „Regel der Abgeschiedenheit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die übrigen Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Keck Leitlinien und der Marktzugangstest . . . . . . . . (2) Die „Regel der Abgeschiedenheit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückschluss auf die Reichweite der Niederlassungsfreiheit . . . . aa) Zentrale Bedeutung des Marktzugangstests . . . . . . . . . . . . . . bb) Differenzierung zwischen verbandsspezifischen und neutralen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verbandsspezifische Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Neutrale Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Eingeschränkte Möglichkeiten der Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Gebhard Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Missbrauch und Betrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 14 Einzelne Sachfragen im Recht der „Briefkasten-LLP“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsfragen der Errichtung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innergesellschaftliche Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfragen der Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit und Organvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfragen der Rechnungslegung und -prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Steuerliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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339 339 340 340 341 342 343 345 346 347 348 348 349 350 351 351 352 353 353 354 354 355 356 356 357 359 359 360 361 361 362 362
Inhaltsverzeichnis II.
19
Die Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 1. Die Insolvenzverschleppungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 a) Die Insolvenzverschleppungshaftung als insolvenzrechtliches Rechtsinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 b) Die Insolvenzverschleppungshaftung als neutrales Rechtsinstitut 369 c) Die Insolvenzverschleppungshaftung als verbandsspezifisches Rechtsinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 2. Die Durchgriffshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 a) Die Durchgriffshaftung als neutrales Rechtsinstitut . . . . . . . . . . . 374 b) Sonderfall: Die Existenzvernichtungshaftung als insolvenzrechtliches Rechtsinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 c) Die Durchgriffshaftung als verbandsspezifisches Rechtsinstitut . 376 3. Die Vertreterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 a) Exkurs: Einfluss freiberuflicher Tätigkeit auf die Vertreterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 b) Die Vertreterhaftung als verbandsspezifisches Rechtsinstitut . . . 384 c) Die Vertreterhaftung als neutrales Rechtsinstitut . . . . . . . . . . . . . . 384 d) Die marktzugangsneutrale Wirkung der Vertreterhaftung . . . . . . 386 4. Rechtfertigung nach den Gebhard Grundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 a) Die ersten drei Rechtfertigungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . 389 aa) Nicht diskriminierende Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 bb) Durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gedeckt . . . . 389 cc) Zur Zielerreichung geeignet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 b) Die Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 aa) Die Handhabung der Erforderlichkeit im Rahmen der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 (1) Das strikte Verständnis der Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . 391 (2) Das Konzept des mündigen Gläubigers (Informationsmodell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 (3) Differenzierung zwischen den Arten der Gläubiger . . . . 393 (a) Freiwillige Gläubiger: Das Informationsmodell . . . . 394 (b) Unfreiwillige Gläubiger: Erfordernis einer Schutzlücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 bb) Übertragung auf die Durchgriffshaftung und Insolvenzverschleppungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 (1) Freiwillige Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 (2) Unfreiwillige Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
§ 15 Exkurs: Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung für eine britische Freiberufler-LLP mit Zweigniederlassung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
20
Inhaltsverzeichnis
§ 16 Korrektur der Haftungsvorteile einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erfordernis einer Korrektur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die britische Rechtsprechung zur „professional liability“ als Teil eines verbandsspezifischen Gesamtkonzepts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“ über allgemeine Rechtsscheinsgrundsätze? . . . . . . . . . . . . . III. Keine Korrektur der Haftungsvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Einwände gegen die Haftungsvorteile aus Sicht der Gründungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Einwände gegen die Haftungsvorteile aus Sicht des Gemeinschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Europarechtliche Unzulässigkeit der Korrektur der Haftungsvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine verbandsspezifische Anknüpfung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Direkte Diskriminierung durch Anknüpfung des Rechtsscheins an das Auftreten in ausländischer Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . .
404 405 406 406 406 407 407 408 409 409 411
§ 17 Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454
Abkürzungsverzeichnis a. A. Abl. EG Abs. A.C. ACCA Acc. Age Accty. A.C.L.C. A.C.L.R. AcP A.C.S.R. AG AJA 1985 AktG A.L.J.R. All E.R. A.L.R. Anh. AnwBl. Art. Aufl. B. & Ad. BayObLG BB B.C.C. B.C.L.C. Beav. BFH BGB BGBl. BGH BGHZ B.L.R. BNA 1985 BRAO
andere Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Appeal Cases Association of Chartered Certified Accountants Accountancy Age Accountancy Australian Company Law Cases Australian Company Law Reports Archiv für die civilistische Praxis Australian Corporate and Securities Reports – Aktiengesellschaft – Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Administration of Justice Act 1985 Aktiengesetz Australian Law Journal Reports All England Law Reports Australian Law Reports Anhang Anwaltsblatt Artikel Auflage Barnewall & Adolphus’ King’s Bench Reports Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs Berater British Company Cases Butterworths Company Law Cases Beavan’s Rolls Court Reports Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Business Law Review Business Names Act 1985 Bundesrechtsanwaltsordnung
22 BR-Drucks. BSA 1986 BStBl. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. CA 1862 CA 1928 CA 1948 CA 1967 CA 1976 CA 1981 CA 1985 CA 1989 CCAB CDDA 1986 CDU C.F.I.L.R. Ch. Ch. App. Ch. D. CJ C.L.P. C.L.R. C.L.W.R. C.M.L.R. Cmnd. Co col.(-s) Comp. Law. Corp C.P. C.P. Rep. CSU dass. DB ders. d.h. dies. DK DNotZ
Abkürzungsverzeichnis Bundesrats-Drucksache Building Societies Act 1986 Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Companies Act 1862 Companies Act 1928 Companies Act 1948 Companies Act 1967 Companies Act 1976 Companies Act 1981 Companies Act 1985 Companies Act 1989 Consultative Committee of Accountancy Bodies Company Directors Disqualification Act 1986 Christlich Demokratische Union Deutschlands Company Financial and Insolvency Law Review Chancery Division Chancery Appeal Cases Chancery Division Chief Justice Current Legal Problems Commonwealth Law Reports Common Law World Review Common Market Law Review Command Paper Company column (-s) Company Lawyer Corporation Court of Common Pleas Civil Procedure Reports Christlich Soziale Union Deutschlands dasselbe Der Betrieb derselbe das heißt dieselbe (-n) Der Konzern Deutsche Notarzeitschrift
Abkürzungsverzeichnis DStR DTI DZWir E. & B. EA 2002 E.B.O.R. E.C.F.R. EEIG EEIG Regulations EG EGInsO E.G.L.R. EGV Einf. Einl. ELF E.L.R. E.M.L.R. Env. L. R. EStG EU EuGH EuInsVO EuR EUV EuZW E.W.C.A. Civ. EWG E.W.H.C. FA 2001 FDP f./ff. FGG Fn. FS FSMA 2000 F.S.R. F.T.L.R. GBP GbR GenG
23
Deutsches Steuerrecht Department of Trade and Industry Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Ellis & Blackburn Enterprise Act 2002 European Business Organization Law Review European Company and Financial Law Review European Economic Interest Grouping European Economic Interest Grouping Regulations 1989 Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Estates Gazette Law Reports Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Einleitung The European Legal Forum European Law Review Entertainment Media Law Reports Environmental Law Reports Einkommenssteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Verordnung des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (Europäische Insolvenzverordnung) Europarecht (Zeitschrift) Vertrag über die europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht England and Wales Court of Appeal (Civil Division) Decisions Europäische Wirtschaftsgemeinschaft England and Wales High Court Decisions Finance Act 2001 Freie Demokratische Partei Deutschlands folgend (-e/-er) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote Festschrift Financial Services and Markets Act 2000 Fleet Street Reports Financial Times Law Reports Britische Pfund Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften
24 GG ggfs. GmbH GmbHG GmbHR GPR GS GVBl. Ha. H.C. HGB H.L. h. M. HS. IA 1985 IA 1986 IA 2000 I.A.B. I.B.L. ICAEW I.C.C.L.R. I.C.R. ICTA 1988 I.L.J. I.L.P. Ins. Int. Ins. Law. InsO Ins. Pract. Int. Acc. IPRax IR 1986 i. S. v. J JA J.B.L. J.C.L. J.I.B.L. J.L.E. JR Jur. Rev. JZ
Abkürzungsverzeichnis Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH Rundschau Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Hare’s Reports, Chancery House of Commons Handelsgesetzbuch House of Lords herrschende Meinung Halbsatz Insolvency Act 1985 Insolvency Act 1986 Insolvency Act 2000 International Accounting Bulletin International Banking Law Institute of Chartered Accountants in England and Wales International Company and Commercial Law Review Industrial Cases Reports Income and Corporation Taxes Act 1988 Industrial Law Journal Insolvency Law and Practice Insolvency Intelligence Insolvency Lawyer Insolvenzordnung Insolvency Practitioner (Zeitschrift) International Accounting Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Insolvency Rules 1986 im Sinne von Justice/Judge Judge of Appeal Journal of Business Law Journal of Corporation Law Journal of International Banking Law Journal of Law and Economics Juristische Rundschau Juridical Review Juristenzeitung
Abkürzungsverzeichnis K.B. KG KOM KStG KTS LA 1980 L.I.E.I. LJ L.J. Ch. LLC Lloyd’s Rep. LLPA LLP/llp LLP Regulations LM L.M.C.L.Q. Lord Lord CJ LPA 1907 L.Q.R. L.R. L.R. Ch.App. L.R. C.P. L.R. Ex. L.R. Q.B. L.S.G. Ltd/ltd MDR Mich. L.R. M.L.R. MR M.U.L.R. m. w. N. nF NJW N.L.J. Nr. NW NZG NZI N.Z.L.R.
25
King’s Bench Kommanditgesellschaft/Kammergericht Europäische Kommission Körperschaftssteuergesetz Konkurs- Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Limitation Act 1980 Legal Issues of Economic Integration Lord Justice of Appeal Law Journal Reports Chancery Limited liability company Lloyd’s Reports Limited Liability Partnerships Act 2000 Limited liability partnership Limited Liability Partnerships Regulations 2001 Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly Lord of Appeal Lord Chief Justice Limited Partnerships Act 1907 Law Quarterly Review Law Reports Chancery Appeals Common Pleas Exchequer Queen’s Bench Law Society Gazette Private limited company Monatsschrift des deutschen Rechts Michigan Law Review Modern Law Review Master of the Rolls Melbourne University Law Review mit weiteren Nachweisen Neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift New Law Journal Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz und Sanierung New Zealand Law Reports
26 OED OEIC oHG O.J.L.S. OLG P PA 1890 para. (-s.) PartGG PatAO P.C.B. Plc/plc P.N.L.R. PRV Pty/pty Q.B. Q.B.D. QC R Rdn. RdW reg.(-s.) RGZ RIW RnotZ RRA 1976 Rs. R.T.R. S. Sch. S.C.R. SDA 1975 Select Committee S.J. S.J.L.S. Slg. S.L.P.Q. S.L.T. sog. Sonderbd. SORP SPD
Abkürzungsverzeichnis Oxford English Dictionary, 2. Auflage, Oxford 1989 Open Ended Investment Company offene Handelsgesellschaft Oxford Journal of Legal Studies Oberlandesgericht President of the New Zealand Court of Appeal Partnership Act 1890 paragraph Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Patentanwaltsordnung Private Client Business Public limited company Professional Negligence and Liability Reports Partnerschaftsregisterverordnung Proprietary Queen’s Bench Queen’s Bench Division Queen’s Counsel Rex bzw. Regina Randnummer (-n) Österreichisches Recht der Wirtschaft regulation (-s) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Rheinische Notarzeitschrift Race Relations Act 1976 Rechtssache Road Traffic Reports Seite (-n)/Satz Schedule Supreme Court Reports Sex Discrimination Act 1975 House of Commons Select Committee on Trade and Industry Solicitor’s Journal Singapore Journal of Legal Studies Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofs Scottish Law and Practice Quarterly Scots Law Times so genannt (-e/-er/-es) Sonderband Statement of Recommended Practice Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Abkürzungsverzeichnis SSCBA 1992 StB StBG StGB t TCGTA 1992 T.L.R. UCTA 1977 UK UK GAAP USUSA USD UStG v v. V-C vgl. Vol. Vorb. VVG WiB W.L.R. WM WPg WPK-Mitt. WPO Y.E.L. ZAP z. B. ZEuP ZGR ZHR Ziff. ZinsO ZIP zit. ZPO ZVglRWiss
27
Social Security Contributions and Benefits Act 1992 Der Steuerberater Steuerberatungsgesetz Strafgesetzbuch Tonne (-n) Taxation of Chargeable Gains Tax Act 1992 Times Law Reports Unfair Contract Terms Act 1977 United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland United Kingdom Generally Accepted Accounting Practices United States of America (bei Zusammensetzungen) United States of America US-Dollar Umsatzsteuergesetz versus von Vice Chancellor vergleiche Volume Vorbemerkung Gesetz über den Versicherungsvertrag Wirtschaftsrechtliche Beratung Weekly Law Reports Wertpapier Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Wirtschaftprüferkammer-Mitteilungen Wirtschaftsprüferordnung Yearbook of European Law Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer (-n) Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft
Bei ausländischen Abkürzungen wurde die im jeweiligen Land übliche Zitierweise zugrunde gelegt. Für den angloamerikanischen Raum wurde dabei einheitlich die britische Zitierweise verwendet. Abkürzungen von Monatsnamen wurden nicht aufgenommen.
Einleitung Betrachtet man das Gesellschaftsrecht aus einem internationalen Blickwinkel, so kann man feststellen, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine weltweite Entwicklung stattgefunden hat, die zu einer immer stärkeren Auflösung der einst strikten Differenzierung zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften geführt hat.1
§ 1 Der Trend zu hybriden Gesellschaftsformen Als das wohl auffälligste Phänomen dieses globalen Prozesses kann man die Schaffung sog. „hybrider Gesellschaftsformen“ in verschiedenen Jurisdiktionen bezeichnen. Unter hybriden Gesellschaften versteht man Organisationsformen, die als Zwitter zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft Elemente beider traditioneller Gesellschaftstypen enthalten. Hintergrund der Einführung solcher innovativer Vehikel ist das Anliegen, die spezifischen Vorteile von Personen- und Kapitalgesellschaft miteinander in einer Einheit zu verbinden, um dadurch eine möglichst effiziente Gesellschaftsform zu schaffen. Die Initialzündung zur Entwicklung hybrider Gesellschaftsformen kam aus den USA. Dort rief der Gesetzgeber des Bundesstaats Wyoming bereits im Jahre 1977 durch den Wyoming Limited Liability Act die limited liability company ins Leben und kreierte so eine Gesellschaft, die das Ziel hatte, die haftungsrechtlichen Vorzüge der traditionellen US-amerikanischen corporation mit dem vorteilhaften steuerrechtlichen Status der partnership zu verbinden.2 Ebenfalls in den USA wurde die erste limited liability partnership als weitere innovative Gesellschaftsform geschaffen. Im August 1991 änderte Texas seinen Uniform Partnership Act dahingehend, dass es einer general partnership ermöglicht wurde, durch Eintrag in ein besonderes staatliches Register eine LLP zu
1 Vgl. Wiedemann, Band II, S. 84; Kilian, RIW 2000, 896, 896; Lemaitre/Schnittker/Siegel, GmbHR 2004, 618, 618; Ribstein, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 153, 153 f.; McCahery/Vermeulen, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 191, 191–195. 2 Callison, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 241, 241–243. Zur US-LLC Vermeulen, S. 112–119; Wiedemann, Band II, S. 82 f.; Hamill (1996) Mich. L.R. 95, 393–446; Freedman (2000) M.L.R. 63 (3), 317, 321 ff.
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Einleitung
werden und dadurch die gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter für Schadensersatzansprüche aufgrund von Pflichtverletzungen zu beschränken.3 Die LLP wurde dabei speziell für die Bedürfnisse von assoziierten Freiberuflern konzipiert.4 Wegen des großen Anklangs der LLP sind mittlerweile alle USBundesstaaten dem Vorbild von Texas gefolgt, so dass die Rechtsform der LLP heutzutage überall in den USA existiert.5 Zuvorderst wird die amerikanische LLP von Anwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften genutzt,6 die häufig ihre ehemals als general partnership gegründeten Unternehmen als LLP registrieren lassen. Das Beispiel der LLP nach US-amerikanischem Vorbild hat weltweit Schule gemacht, so dass in der Folge verwandte oder vergleichbare innovative Gesellschaftsformen in nahezu allen Teilen der Welt entstanden sind. So sind Varianten der LLP mittlerweile in Kanada,7 Australien8 und Singapur9 anzutreffen. In Europa existiert seit 1998 die Jersey LLP.10 Seit 2001 können Gesellschaften im Vereinigten Königreich ebenfalls in der Rechtsform der LLP gegründet werden.11 In Deutschland kommen die nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz von 199412 gegründeten Partnerschaften diesen innovativen Organisationsformen am nächsten. 3 Netherway/Begg/Beckett, S. 147; Kern, S. 13 ff.; Wiedemann, Band II, S. 81 f.; Twomey, Rdn. 1.34; ders. (2003) Comp. Law. 24 (3), 86, 86 f.; Bradley (2001) C.L.W.R. 30 (3), 330–342. 4 Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 909; Twomey, Rdn. 1.34; Kilian, RIW 2000, 896, 897. 5 Bromberg/Ribstein, S. 16; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-05; Vermeulen, S. 116; Callison, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 241, 242; Hamilton (2001) J.C.L. 26, 1045, 1056 ff. 6 Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 909. 7 Die Provinz Ontario hat ihre Version der LLP im Juli 1998 eingeführt. Alberta folgte diesem Vorbild 1999. Andere kanadische Provinzen beraten gegenwärtig über eine Einführung der LLP, vgl. hierzu Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-05, Twomey (2003) Comp. Law. 24 (3), 86, 87. 8 Zunächst wurde eine LLP im Staat Western Australia eingeführt. In jüngerer Zeit haben New South Wales und Victoria nachgezogen. Bezüglich der LLP in New South Wales siehe Whalley (1998) Comp. Law. 19 (4), 125–128. Auch andere australische Staaten befassen sich zurzeit mit der Möglichkeit der Einführung einer LLP; vgl. URN 99/1025, Kapitel IV, Ziff. 3; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-05. 9 Dort nach dem britischen Vorbild, siehe Chye Sian (2002) I.C.C.L.R. 13 (9), N96–N97. 10 Dazu Netherway/Begg/Beckett, S. 148 ff.; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 414 f.; Morris/Stevenson (1997) M.L.R. 60 (4), 538–551; Kilian, RIW 2000, 896–902. 11 Eingehend zur Einführung der LLP im Vereinigten Königreich Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475–512; dies. (1997) J.B.L. Sep., 387–423; Cross (2003) J.B.L. May, 268–283; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259–275; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157– 173. 12 BGBl. 1994 I, S. 1744.
§ 2 Gang der Untersuchung
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Vergleicht man die aktuell existierenden Versionen der LLP miteinander, so fällt auf, dass die britische LLP unter ihren Schwestergesellschaften eine besondere Stellung einnimmt.13 Im Unterschied zu allen ihren Vorgängern ist sie nämlich nach ihrer Rechtsnatur keine modifizierte Form einer Personengesellschaft, sondern ein body corporate14 und mithin juristische Person. Damit steht die britische LLP auch im Gegensatz zur deutschen Partnerschaft. Zwar sah der erste Gesetzesentwurf für ein Partnerschaftsgesetz von 1971 noch vor, die Partnerschaft als juristische Person auszugestalten.15 Allerdings wurde dieses Vorhaben im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens dahingehend geändert, die Partnerschaft als ausgebaute GbR – namentlich als rechtsfähige Personengesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit – auszugestalten.16 Jedoch ist es nicht lediglich die verschiedene Rechtsnatur der LLP im Vereinigten Königreich und der heimischen Partnerschaft, die beide Gesellschaftsformen schon auf den ersten Blick unterscheidet. Die britische LLP ist gleichzeitig die jüngere und damit möglicherweise auch modernere Organisationsform. Die vorliegende Arbeit soll untersuchen, welche Beweggründe den Gesetzgeber im Vereinigten Königreich dazu veranlasst haben, die britische LLP in ihrer spezifischen Ausprägung ins Leben zu rufen. Dabei soll gezeigt werden, inwieweit sich die Konzeption der britischen LLP vom Konzept der deutschen Partnerschaft unterscheidet, um zu erörtern, ob die Rechtsform der LLP im Vereinigten Königreich einen Anstoß liefern kann, die einheimische Partnerschaft zu überdenken.
§ 2 Gang der Untersuchung Der erste Teil der Arbeit beleuchtet die wichtigsten Rechtsfragen der britischen LLP. Hierbei wird besonderes Augenmerk auf die Frage gelegt, welche Ziele der britische Gesetzgeber mit der Reform verfolgt hat, ob diese aus heutiger Sicht erreicht wurden und welche Probleme oder Unsicherheiten mit der neuen Gesellschaftsform einhergehen. Gegenstand der Analyse ist dabei ausschließlich die Rechtslage in England und Wales. Zwar gilt der LLPA auch für Schottland. Ebenso ist durch Gesetzgebungsakt des Northern Ireland Assembly der LLPA auch für diesen Teil des Vereinigten Königreichs anwendbar gemacht geworden.17 Allerdings existieren in beiden Fällen Sonderregelungen, deren Berücksichtigung den Umfang dieser 13 14 15 16
Das gleiche gilt für die LLP Singapurs, weil sie auf der britischen LLP beruht. Section 1 (2) LLPA. BT-Drucks. 6/2047; Boin, S. 132. Vgl. BT-Drucks. 7/5402; BT-Drucks. 7/5413; Boin, S. 133.
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Einleitung
Untersuchung zu sehr ausweiten würde. Eine Beschränkung auf das englischwalisische Recht ist zudem aus praktischer Sicht gerechtfertigt, da bei weitem die größte Zahl aller LLPs in England – insbesondere in London als Wirtschaftsstandort von globaler Bedeutung – registriert ist. Soweit im Folgenden auf die Rechtslage in Großbritannien verwiesen wird, ist deswegen die Rechtslage in England und Wales, nicht jedoch in Schottland gemeint. Der Begriff „britisch“ wird daher als Synonym für England und Wales verwendet. Im zweiten Teil der Arbeit werden die wesentlichen Charakteristika der deutschen Partnerschaft erörtert. Der Aufbau der Darstellung orientiert sich hierbei im Wesentlichen an der Struktur des ersten Teils. Im folgenden dritten Teil werden sodann die Eigenschaften der deutschen Partnerschaft den Merkmalen der britischen LLP in einem Rechtsvergleich gegenübergestellt. Dadurch sollen die Gemeinsamkeiten und wesentlichen Unterschiede der britischen und der deutschen Regelungen aufgezeigt werden. Zudem soll hinterfragt werden, welche Ansatzpunkte des britischen Rechts aus deutscher Sicht Anlass dazu geben könnten, die inländischen Regelungen zu novellieren und die deutsche Organisationsform attraktiver zu gestalten. Zum Abschluss soll im vierten Teil untersucht werden, inwieweit es deutschen Freiberuflern nach geltendem europäischen Recht möglich ist, durch Inkorporierung einer LLP im Vereinigten Königreich und Ansiedelung des Verwaltungssitzes der Gesellschaft in Deutschland als sog. „Briefkastengesellschaft“ tätig zu werden, um auf diesem Wege die Wesensmerkmale der britischen Organisationsform zu exportieren. Dabei wird zu erörtern sein, welche Konsequenzen die Gründung einer solchen „Briefkasten-LLP“ hinsichtlich der Anwendung deutschen und britischen Rechts auf die Verhältnisse der Gesellschaft hat. Speziellen Regelungen des Berufsrechts der unterschiedlichen freiberuflichen Tätigkeiten kann in dieser Untersuchung nicht nachgegangen werden; soweit sie im Einzelfall von wesentlicher Bedeutung sind, wird jedoch auf die gesetzlichen Bestimmungen für die rechts- und wirtschaftsberatenden Professionen verwiesen.
17 Die Limited Liability Partnership (Northern Ireland) Bill wurde am 8. Oktober 2002 vom Northern Ireland Assembly angenommen; den Royal Assent hat sie am 22. November 2002 erhalten.
Erster Teil
Die LLP nach britischem Recht § 3 Allgemeines Um die LLP in die Grundstrukturen des britischen Gesellschaftsrechts einordnen zu können, sind zunächst die traditionellen, nach britischem Recht verfügbaren Unternehmensformen vorzustellen. Im Anschluss daran wird auf die jüngeren Reformbestrebungen im britischen Gesellschaftsrecht eingegangen, im Zuge derer die LLP als neue Organisationsform des britischen Rechts geschaffen worden ist.
I. Traditionelle Gesellschaftsformen nach britischem Recht Das britische Recht hält zwei klassische Haupttypen von Gesellschaftsformen für die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeit bereit: partnerships und companies. 1. Partnerships Bei partnerships wird nach britischem Recht zwischen herkömmlichen partnerships (ordinary partnerships) und limited partnerships unterschieden. a) Ordinary partnerships Ordinary partnerships, die gemeinhin nur mit dem Begriff „partnership“ bezeichnet werden, sind ihrer Natur nach Personengesellschaften, die weder eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen noch rechtsfähig sind.1 1 Law Commission (2003), Ziff. 2.5; siehe Ryhope Coal Co v Foyer (1881) 7 Q.B.D. 485; Meyer & Co v Faber (No. 2) [1923] 2 Ch. 421; Ex parte Gliddon (1884) 13 Q.B.D. 43; Hoare v Oriental Bank Corporation (1877) 2 A.C. 589; Ex parte Corbett (1880) 14 Ch. D. 122; Kelly v Northern Ireland Housing Executive [1999] A.C. 428; Lindley/Banks, Rdn. 3-04; Twomey, Rdn. 3.04; Wiedemann, Band II, S. 68. Für bestimmte Bereiche wie die Mehrwertsteuer, das Prozessrecht, die Zwangsvollstreckung und die Insolvenz wird einer partnership allerdings eine begrenzte Rechtsfähigkeit zuerkannt, siehe dazu Twomey, Rdn. 3.07, 3.09. Im Rahmen der Review of Part-
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Das Recht der partnership in Großbritannien richtet sich nach dem PA 1890, dem common law, soweit es dem PA 1890 nicht widerspricht,2 und nach dem Gesellschaftsvertrag der jeweiligen partnership, sofern dieser mit dem PA 1890 in Einklang steht. Nach der Legaldefinition in section 1 (1) PA 1890 ist die partnership eine „Rechtsbeziehung zwischen Personen, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, ein Geschäft gemeinsam betreiben.“3 Zur Gründung einer partnership bedarf es keiner förmlichen Vereinbarung; vielmehr reicht es aus, wenn die Legaldefinition erfüllt ist.4 Soweit nichts Abweichendes zwischen den Gesellschaftern vereinbart ist, gestalten sich die Rechtsbeziehungen der partnership folgendermaßen: Die partner5 haben zu gleichen Teilen am Gewinn der partnership teil.6 Sie haben zudem die Berechtigung, an der Geschäftsführung der partnership mitzuwirken7 und können die partnership und die anderen Gesellschafter grundsätzlich als Stellvertreter – sog. „agents“ – nach außen hin im Rahmen des Geschäftsumfangs der Gesellschaft wirksam vertreten.8 Untereinander stehen die partner in einem fiduziarischen Verhältnis zueinander.9 Für die Entscheidungsfindung in der partnership genügt eine einfache Mehrheit der partner. Dagegen erfordern
nership Law wird erwogen, partnerships generell als rechtsfähig anzuerkennen, siehe dazu Law Commission (2003), Ziff. 5.1–5.43 und die dazugehörige Regelung in der Draft Partnership Bill, Law Commission (2003), Appendix A, clause 1 (3). Allgemein zur partnership siehe T/H/K/M, Rdn. 786 ff. 2 Section 46 PA 1890. 3 „[. . .] the relation which subsists between persons carrying on business in common with a view of profit“, section 1 (1) PA 1890. 4 Allerdings können der partnership gesetzliche Pflichten auferlegt sein, wie sie im Rechtsverkehr aufzutreten hat. So legt der BNA 1985 durch seine sections 1 (1) (a) und 4 (1) (a) (i) beispielsweise fest, dass der Name, unter dem die partnership auftritt, entweder die Namen aller Gesellschafter enthalten muss, oder dass die partnership auf jeglicher Korrespondenz die Namen aller Gesellschafter anzugeben hat. Bei mehr als 20 Gesellschaftern genügt allerdings ein Hinweis in der Korrespondenz, dass sich am Hauptgeschäftssitz ein Verzeichnis der Gesellschafter befindet. 5 Mit dem Begriff „partner“ werden im Folgenden die Gesellschafter der britischen partnership bzw. limited partnership bezeichnet, nicht jedoch die Gesellschafter der deutschen Partnerschaft. 6 Section 24 (1) PA 1890. 7 Section 24 (5) PA 1890; oder „Nor do [parties] go into partnership or quasi partnership on the basis that they expect to have no say in the management of its affairs“, Sankey v The Helping Hands Group Plc [2000] C.P. Rep. 11 per Walker LJ; Lindley/ Banks, Rdn. 15-01. 8 Sections 5–8 PA 1890. 9 „If fiduciary relation means anything I cannot conceive a stronger case of fiduciary relation than that which exists between partners.“, Helmore v Smith (1886) 35 Ch. D. 436, 444 per Bacon V-C; Cassels v Stewart (1881) 6 A.C. 64, 79 per Lord Blackburn; Lindley/Banks, Rdn. 16-01, 16-03.
§ 3 Allgemeines
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außergewöhnliche Geschäfte,10 die Aufnahme eines neuen partners11 und die Änderung des Gesellschaftsvertrages12 die Zustimmung aller Gesellschafter. Neben der Gesellschaft mit ihrem Gesellschaftsvermögen haften die Gesellschafter unbeschränkt für Verbindlichkeiten der partnership persönlich, solange sie partner sind.13 Außerdem haften die Gesellschafter ohne Beschränkung neben der Gesellschaft gesamtschuldnerisch – „jointly and severally“ – für alle Verpflichtungen der partnership, die auf zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen der Mitgesellschafter im Rahmen ihrer Tätigkeit in Gesellschaftsangelegenheiten beruhen.14 b) Limited partnerships Limited partnerships unterliegen als Sonderform der herkömmlichen partnership grundsätzlich demselben Regime wie die allgemeine Organisationsform.15 Demzufolge finden auf eine limited partnership ebenfalls der PA 1890 und das common law der partnership Anwendung. Hinsichtlich derjenigen Eigenschaften, welche die Besonderheit der limited partnership ausmachen, gilt allerdings der LPA 1907, dessen Vorschriften insoweit die vorgenannten Rechtsquellen verdrängen.16 Die Besonderheiten der limited partnership im Vergleich zur ordinary partnership bestehen darin, dass neben zumindest einem unbeschränkt haftenden partner ein oder mehrere partner existieren, deren Haftung auf eine Vermögenseinlage begrenzt ist.17 Als Ausgleich für diese Haftungsbeschränkung ist es den betreffenden Gesellschaftern untersagt, an der Geschäftsführung der limited partnership mitzuwirken;18 ebenso wenig können diese partner die Gesellschaft nach außen wirksam vertreten.19 Überdies muss die limited partnership anders als die herkömmliche partnership beim companies register angemeldet werden.20 Der Registrar21 muss die Namen, unter dem diese limited partnership angemeldet wird, in seinen Index aufnehmen.22 10
Section 24 (8) PA 1890. Section 24 (7) PA 1890. 12 Section 19 PA 1890. 13 Section 9 PA 1890. 14 Section 12 i. V. m. section 10 PA 1890; Lindley/Banks, Rdn. 13-12. 15 Allgemein zu limited partnerships T/H/K/M, Rdn. 809 ff. 16 Section 7 LPA 1907; Lindley/Banks, Rdn. 28-08. 17 Section 4 (2) LPA 1907; Lindley/Banks, Rdn. 28-01. 18 Section 6 (1) LPA 1907; Lindley/Banks, Rdn. 28-01. 19 Section 6 (1) LPA 1907; Lindley/Banks, Rdn. 28-01. 20 Section 5 LPA 1907. 21 Der Begriff „Registrar“ wird nachfolgend für den britischen Registrar of Companies verwendet. 11
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Alles in allem liefert der LPA 1907 – vergleichbar mit einer KG deutschen Rechts – die Möglichkeit, einen „schlafenden Gesellschafter“ zu installieren,23 welcher der Gesellschaft Vermögen zuführt, um an deren wirtschaftlichem Schicksal zu partizipieren, der allerdings seine Investition geschützt wissen will und deswegen auf eine Involvierung in den tatsächlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft verzichtet. 2. Companies Die zweite klassische Hauptform eines Zusammenschlusses nach britischem Recht ist die der company. Das britische Recht kennt grundsätzlich drei Typen der company:24 companies limited by shares,25 companies limited by guarantee26 und unlimited companies.27 Companies sind Kapitalgesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. Anders als im deutschen Recht sind die verschiedenen Organisationsformen nicht als verschiedene Gesellschaftsarten zu verstehen, sondern als unterschiedliche Ausprägungen ein und derselben Kapitalgesellschaft. Sie werden durch Registrierung nach den Vorschriften des CA 1985 im companies register gegründet.28 Das Recht der companies richtet sich neben dem CA 1985 und dem common law nach weiteren Kodifikationen, wie etwa dem IA 1986, dem BNA 1985 oder dem CDDA 1986, welche spezifische Problemkreise des Kapitalgesellschaftsrechts oder des allgemeinen Gesellschaftsrechts zum Gegenstand haben. Die in der Praxis bei weitem bedeutendste Ausprägung der company ist die company limited by shares, bei der die Gesellschafter dem Grundsatz nach ausschließlich dann persönlich haften, wenn auf die gezeichneten Anteile noch nicht die vereinbarte Einlage erbracht worden ist.29 22
Section 714 (1) (d) CA 1985. Gower/Davies, S. 6. 24 Daneben kennt das britische Recht noch Statutory Companies, die durch Gesetzgebungsakt des Parlaments gegründet werden, Chartered Companies, die durch königlichen Erlass gegründet werden, die EEIG, welche der deutschen Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung entspricht und die OEIC, ein Vehikel für Investmentfondsgesellschaften. Diese Formen sind, wie die beiden erstgenannten, entweder in der Praxis selten, oder sind, wie die beiden letztgenannten, für spezifische Funktionen geschaffen worden. Für die Einordnung der LLP sind sie allerdings ohne Bedeutung. Deswegen werden sie hier ausgespart. Siehe dazu Palmer’s Company Law, Rdn. 16.201, Gower/Davies, S. 18 ff., 69 ff. Allgemein zum britischen Kapitalgesellschaftsrecht T/H/K/M, Rdn. 568 ff. 25 Section 1 (2) (a) CA 1985. 26 Section 1 (2) (b) CA 1985. 27 Section 1 (2) (c) CA 1985. 28 Section 1 (1) CA 1985. 29 Section 1 (2) (a) CA 1985. 23
§ 3 Allgemeines
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Eine company limited by shares kann entweder als private limited company (ltd) oder als public limited company (plc) gegründet werden.30 Nach ihren gesellschaftsrechtlichen Grundprinzipien entspricht die britische ltd in etwa der deutschen GmbH. Die britische plc ist dagegen nach ihrer gesellschaftsrechtlichen Ausrichtung in etwa mit der deutschen AG vergleichbar. Die Hauptunterschiede der beiden Varianten der limited company bestehen in den folgenden Regelungen: Zunächst müssen beide Varianten zur Unterscheidung entsprechende Namenszusätze enthalten, die auf die jeweilige Ausprägung hinweisen.31 Weiterhin unterscheiden sich die beiden Gesellschaftsformen dadurch, dass die Anteile der plc öffentlich gehandelt werden dürfen, während dies für die ltd untersagt ist.32 Überdies ist bei der plc ein Mindestkapital von Anteilen im Wert von GBP 50.000,– vorgeschrieben, von denen mindestens ein Viertel des Nennbetrages und das Agio eingezahlt werden müssen;33 im Falle der ltd verlangt das Gesetz dagegen kein solches zugeteiltes Mindestkapital. Während eine plc mindestens zwei Gesellschafter und zwei Geschäftsführer haben muss, kommt die ltd mit nur einem Gesellschafter und Geschäftsführer aus.34 Außerdem muss der Gesellschaftssekretär (company sceretary) bei der plc – eine Art Urkundsbeamter der Gesellschaft –35 im Gegensatz zur ltd eine gewisse Qualifikation aufweisen und entweder Jurist, Buchhaltungsfachmann oder Geschäftsführer bzw. aufgrund seiner allgemeinen Berufserfahrung fähig sein, die spezifischen Pflichten des Sekretärs zu erfüllen.36 Generell kann man sagen, dass die plc im Vergleich zur ltd strengeren Regularien unterliegt im Hinblick auf die Mindestkapitalisierung, die Rechnungslegung, die Gewinnverteilung, die Aufsicht über die Organe und den Erwerb von Gesellschaftsanteilen. Überdies können bei der ltd durch Resolution aller stimmberechtigten Gesellschafter bestimmte gesetzlich vorgesehene Verfahrensvorschriften ausgesetzt werden, die bei der plc zwingend sind.37 Soweit im Folgenden von der company oder companies die Rede ist, wird auf deren wichtigste Form, die company limited by shares, verwiesen.
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Section 1 (3) CA 1985. Zum Beispiel Plc bzw. plc oder Ltd bzw. ltd. Siehe sections 25, 26 CA 1985. 32 Section 81 CA 1985. 33 Sections 11, 101, 117, 118 CA 1985. 34 Sections 1 (1), (3A), 282 CA 1985. 35 Vgl. Re Maidstone Buildings Provisions Ltd [1971] 1 W.L.R. 1085, 1092 per Pennycuick V-C; Gower/Davies, S. 296 f. 36 Section 286 CA 1985. 37 Siehe section 379A CA 1985 i. V. m. sections 80A, 252, 366A, 368 (4), 378 (3), 386 CA 1985. 31
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
II. Reformbestrebungen im britischen Gesellschaftsrecht Während des letzten Jahrzehnts haben im Vereinigten Königreich die Bemühungen des Gesetzgebers, das traditionelle britische Gesellschaftsrecht zu reformieren, in außergewöhnlichem Maße zugenommen. Ziel aller dieser Reformbestrebungen war und ist es, in Großbritannien eine moderne und wettbewerbsfähige Rechtsordnung für unternehmerische Tätigkeit zu schaffen.38 Dadurch soll das Vereinigte Königreich als Wirtschaftsstandort im Vergleich zu anderen Ländern attraktiver gemacht werden und Investoren aus aller Welt anlocken. Die zwei wohl gewichtigsten Vorhaben dieses Reformprogramms sind die Generalüberholung des Kapitalgesellschaftsrechts 39 und des Personengesellschafts- oder Partnerschaftsrechts,40 die gegenwärtig von verschiedenen Expertenkommissionen in Großbritannien vorgenommen werden. Neben diesen beiden bedeutenden Reformprozessen hat Großbritannien mit der LLP eine innovative hybride Gesellschaftsform ins Leben gerufen und damit nach fast einem Jahrhundert weitgehender gesetzgeberischer Untätigkeit – seit im Jahre 1907 die private company und die limited partnership geschaffen wurden – eine neue Organisationsform aus der Taufe gehoben.41
38 Vgl. Explanatory Notes zur Company Law Reform Bill vom 1. November 2005, H.L. Bill (2005–2006) [H.L. Bill 34-EN], Ziff. 3 ff.; Company Law Reform, Kapitel 2, S. 8 ff.; Modernising Company Law, Teil I (Einleitung), Ziff. 1–6; URN 97/597, Ziff. 1–3; Law Commission (2000), Ziff. 1.16–1.18; URN 01/942, URN 01/943, Ziff. 1–8; Palmer’s Company Law, Rdn. 1.208.4. 39 Die Company Law Review, bei der das DTI federführend ist. Siehe dazu die Company Law Reform Bill vom 1. November 2005, H.L. Bill (2005–2006) [H.L. Bill 34]. Zur Entwicklung der Reform siehe die beiden vorangegangenen White Papers der Regierung von März 2005 (Company Law Reform) und Juli 2002 (Modernising Company Law; Modernising Company Law – Draft Clauses). Zu diesem Reformprozess siehe Goddard (2003) M.L.R. 66 (3), 402–424; Rickford (2004) E.C.F.R. 1 (4), 391, 393 ff. 40 Die Review of Partnership Law, welche von der Law Commission von England Wales und Schottland gemeinsam durchgeführt wird. Siehe dazu den abschließenden gemeinsamen Report von November 2003, der in Appendix A eine Draft Partnership Bill enthält: Law Comission (2003); siehe außerdem die vorhergehenden gemeinsamen Konsultationsdokumente Law Commission (2001) sowie Law Commission (2000). Aus der Literatur zu dem Reformprozess Sheikh (2001) I.C.C.L.R. 12 (3), 89–100; Deards (2004) Comp. Law. 25 (2), 41–48; dies. (2003) J.B.L. Sep., 435–448; dies. (2001) J.B.L. Jul., 357–376; Guild (2000) S.L.T. 39, 315–321; Boyle (2002) Comp. Law. 23 (11), 334–337; Henning (2004) Comp. Law. 25 (6), 163–167; Berry (2005) J.B.L. Jan., 70–90. 41 Ausnahmen von der gesetzgeberischen Inaktivität sind die bereits erwähnte OEIC und die EEIG. Die OEIC wurde durch Verordnungsrecht in Großbritannien eingeführt, siehe Statutory Instrument (1996/2827). Die aktuelle Fassung ist in Statutory Instrument (2001/1228) zu finden. Die EEIG wurde nach Maßgabe der Verordnung des Rats der Europäischen Union 2137/85 durch die EEIG Regulations in Großbritannien eingeführt, siehe Statutory Instrument (1989/638).
§ 3 Allgemeines
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Da die LLP als Hybride Elemente von Kapital- und Personengesellschaft in sich vereinigt und überdies rein zeitlich in Zusammenhang mit den beiden vorgenannten Reformvorhaben des britischen Gesellschaftsrechts steht, könnte man vermuten, dass diese neue Gesellschaftsform gewissermaßen eine Quintessenz der aus beiden Reformprozessen gewonnenen Erkenntnisse darstellt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar hat die Law Commission von England und Wales in Beratung mit der schottischen Law Commission im Jahre 1994 in einer Studie zur Reform des Gesellschaftsrechts im Auftrag des DTI untersucht, inwiefern in der Praxis das Bedürfnis besteht, eine neue Form der Kapitalgesellschaft als innovative Organisationsform für Unternehmen zu schaffen.42 Indessen wurde ein solches Bedürfnis sowohl von der Law Commission selbst43 als auch von dem Personenkreis, der im nachfolgenden Beratungsprozess befragt wurde, vehement bestritten und ein dementsprechendes Vorhaben nicht weiter verfolgt.44 Bemerkenswerterweise ist die LLP folglich völlig unabhängig von der Tätigkeit der beiden großen gesellschaftsrechtlichen Reformkommissionen Großbritanniens entstanden.45 Keine von beiden hat am Entwurf der LLP teilgenommen; ebenso wenig haben die Beratungen der Kommissionen zur Entstehung der LLP geführt. Zwangsläufig stellt sich daher die Frage nach dem Ursprung der britischen LLP. Der erste Impuls zur Schaffung einer LLP im Vereinigten Königreich ging vom DTI aus. Dieses nahm 1996 die Veröffentlichung einer vom Common Law Team der Law Commission durchgeführten Praxisstudie zum Haftungsprinzip der sog. „joint and several liability“ – dem Gegenstück zur Gesamtschuldnerhaftung des deutschen Rechts – zum Anlass, öffentliche Konsultationen in Gang zu setzen.46 Diese betrafen die Frage, inwieweit es wünschenswert sei, das Prinzip der „joint and several liability“ im Recht der Personengesellschaft zu reformieren. Während die Law Commission in ihrer Studie insbesondere die Haftung von Freiberufler-Personengesellschaften im Prozess beleuchtete und dabei untersuchte, ob es ratsam sei, das Prinzip der „joint and several liability“ durch alternative Haftungsmodelle – insbesondere eine pro rata Haftung – zu ersetzen,47 42 URN 94/529, siehe auch Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 319; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 458. Die Studie konzentriert sich insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen. 43 URN 94/529, Ziff. 1.27, 5.30–5.34, 6.4, 6.5. 44 Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 458. 45 Morse, in: Palmer’s LLP, Vorwort, S. V; Vermeulen, S. 122; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 455; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123; Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 275. 46 DTI (1996). 47 DTI (1996), S. 36 ff.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
hat das DTI die Diskussion um etwaige Reformmöglichkeiten genutzt, um auf der Ebene des Gesellschaftsrechts die verwandte, aber dennoch konzeptionell ganz unterschiedliche Frage nach dem Bedürfnis einer LLP für das Vereinigte Königreich ins Spiel zu bringen.48 Kurz darauf, im November 1996, verkündete Ian Lang – der damalige Präsident des Board of Trade – die Absicht der Regierung, eine LLP für das Vereinigte Königreich zu schaffen, und schon bald umfassende Vorschläge zur Einführung dieser neuen Gesellschaftsform vorzulegen. Dieser Ankündigung folgte ein Beratungsprozess, der im Februar 1997 durch das DTI mit der Veröffentlichung des consultation paper „Limited Liability Partnerships – A New Form of Business Association for Professions“49 begonnen wurde. Innerhalb dieses Beratungsprozesses wurden weitere wesentliche Arbeitspapiere im September 1998,50 Juli 1999,51 Februar 200052 und Mai 200053 veröffentlicht, die den vollständigen Entwurf einer Gesetzesvorlage für die britische LLP sowie umfassende Entwürfe von Verordnungen zur Regelung der Einzelheiten der neuen Gesellschaftsform enthielten. Überdies wurden in diesen nachfolgenden Dokumenten die Reaktionen der Öffentlichkeit auf das ursprüngliche consultation paper eingearbeitet. Von Beginn der Konsultationen an war das Select Committee on Trade and Industy des House of Commons in die Beratungen des DTI eingebunden. Das Select Committee hat diverse Einschätzungen, Anmerkungen und Ratschläge sowohl zu dem anfänglichen consultation paper von 1997 als auch zu den nachfolgenden Gesetzesvorschlägen abgegeben,54 und hat teilweise entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung des Entwurfs des Gesetzes und der Verordnungen ausgeübt. Im Anschluss an diese Konsultationen wurde der Gesetzesentwurf zum LLPA am 23. November 1999 in das Parlament eingebracht. Das House of Lords beriet über den Entwurf von Dezember 1999 bis April 2000 in drei separaten Lesungen, in denen mehr als vierzig Änderungsanträge behandelt wurden, welche die anfängliche Gesetzesfassung noch einmal wesentlich geändert haben. Das House of Commons, in das der Entwurf am 6. April 2000 eingebracht wurde, beendete seine Beratungen im Juni 2000. 48 Siehe DTI (1996), S. ii f., hier bezeichnet das DTI diese Frage selbst als „[. . .] matter[s] falling outside the investigation’s terms of reference“. 49 URN 97/597. 50 URN 98/874. 51 URN 99/1025. 52 URN 00/617. 53 URN 00/865 und URN 00/866. 54 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999. Die Reaktion des DTI auf die Anmerkungen des Committee wurde dem Eighth Special Report als Appendix beigefügt, H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999.
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP
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Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wurde die LLP schließlich ins Leben gerufen. Dies erfolgte zum einen durch den LLPA, dem am 20. Juli 2000 die Zustimmung der Krone, der sog. „Royal Assent“, gewährt wurde, und zum anderen durch die dazugehörigen Verordnungen, die LLP Regulations,55 deren endgültige Fassung durch den zuständigen Minister, den Secretary of State, am 19. März 2001 verabschiedet wurde. Beide Regelungskataloge sind am 6. April 2001 in Kraft getreten und haben von da ab die LLP als Organisationsform für Unternehmen in Großbritannien bereitgestellt. Bedenkt man, dass die ursprüngliche Gesetzesvorlage für ihren Weg durch die beiden Kammern des Parlaments bis zu ihrem Inkrafttreten nur circa anderthalb Jahre benötigt hat, so ist schon bemerkenswert, mit welcher Geschwindigkeit die Reform letztendlich umgesetzt wurde.56 Nicht zuletzt deswegen stellt sich die Frage, welche Motive des Gesetzgebers hinter der Einführung der LLP in Großbritannien standen, und weshalb das Projekt „britische LLP“ in solcher Eile verwirklicht wurde.
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP Als Beweggründe, die den Gesetzgeber veranlasst haben, eine britische LLP zu schaffen, werden vorwiegend drei verwandte Entwicklungen genannt.57 Einerseits wird die britische LLP als Resultat eines weltweiten Wettbewerbs von Jurisdiktionen zur Kreierung möglichst effizienter Unternehmensformen gesehen.58 Andererseits versteht man die Einführung der LLP im Vereinigten Königreich als konkrete legislative Antwort auf die vorangegangenen gesetzgeberischen Aktivitäten in Jersey.59 Schließlich steht die Einführung der LLP in Großbritannien in einem offensichtlichen Zusammenhang mit einer Kampagne großer britischer Freiberuflerpersonengesellschaften, die die Schaffung von Möglichkeiten zur Begrenzung der persönlichen Haftung für die Gesellschafter ihrer Unternehmen zum Ziel hatte.60
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Statutory Instrument (2001/1090). Triebel/Karsten, RIW 2000, 1, 3. 57 Vgl. Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 479 f.; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 268 ff.; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 259 ff., Bennet (1999), S.L.P.Q. 4 (2), 93, 93 ff.; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 112 ff. 58 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 479. 59 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 26; URN 97/597, Ziff. 1.3; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-07 f.; Blackett-Ord, S. 498; Paterson/Britton, S. 13; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 270; ders. (1999), Jur. Rev. 5, 259, 262; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 481; dies. (1997) J.B.L. Sep., 387, 388, 398. 60 Siehe Vermeulen, S. 65; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123. 56
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
I. „Race to the top“ – der Wettbewerb der Jurisdiktionen Wie bereits erwähnt, haben in den letzten zwei Jahrzehnten ausgehend von den Novellierungen in den USA zahlreiche Rechtsordnungen ihr Gesellschaftsrecht für die Schaffung innovativer hybrider Gesellschaftsformen geöffnet. Diese Reformbestrebungen waren und sind vornehmlich darauf angelegt, eine Organisationsform für traditionell personengesellschaftlich strukturierte Freiberuflerassoziierungen zu schaffen, die auf der einen Seite als gewissermaßen kapitalgesellschaftlichen Wesenszug die Möglichkeit zur Beschränkung der persönlichen Haftung der Gesellschafter vorsieht, aber auf der anderen Seite gleichzeitig spezifische personengesellschaftliche Elemente – wie etwa die Besteuerung der Gesellschafter als natürliche Personen oder die Gestaltungsfreiheit bezüglich der Organisation des Unternehmens – einbezieht. Durch solche innovative Vehikel sollen insbesondere international tätige Freiberuflerzusammenschlüsse wie etwa die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften61 oder große Rechtsanwaltskanzleien motiviert werden, sich in der jeweiligen Jurisdiktion anzusiedeln, bzw. ihren Sitz in das jeweilige Land zu verlegen.
1. Angloamerikanischer Rechtskreis Derartige grenzüberschreitende Sitzverlegungen oder Gründungen von Gesellschaften nach ausländischem Recht sind speziell im angloamerikanischen Rechtskreis und den von diesem Rechtskreis beeinflussten Rechtsordnungen ohne größere Probleme möglich. In diesen Jurisdiktionen ist nämlich nach der dort geltenden Gründungstheorie nicht – wie nach der hierzulande lange Zeit herrschenden Sitztheorie –62 der tatsächliche Ort des Verwaltungssitzes für das Statut der Gesellschaft ausschlaggebend. Vielmehr obliegt es des Gründern, bzw. dem Management der Gesellschaft, durch die Wahl der Gesellschaftsform einer bestimmten Rechtsordnung und Registrierung in der jeweiligen Jurisdiktion über das Statut der Gesellschaft zu entscheiden. Als Konsequenz ist es in diesen Ländern möglich, neben den vom heimischen Gesellschaftsrecht angebotenen Organisationsformen ausländische Gesellschaftstypen zu nutzen, ohne dass irgendeine unternehmerischer Aktivität in der anderen Rechtsordnung entfaltet werden muss. Allein die Registrierung der Gesellschaft an einem Ort der gewählten Rechtsordnung ist dafür erforderlich. 61 Bei den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind dies vor allem die sogenannten „Big Four“: PriceWaterhouseCoopers, Ernst & Young, KPMG und Deloitte & Touche. 62 RGZ 77, 19, 22; RGZ 83, 367, 369 f.; RGZ 92, 73, 75; RGZ 159, 33, 42; BGHZ 25, 134, 144; BGHZ 51, 27, 28; BGHZ 53, 181, 183; BGHZ 78, 318, 334; BGHZ 97, 269, 272; BGHZ 134, 116, 118; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 264; Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 28.
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP
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Diese Freiheit der Wahl hat zu einem Wettbewerb der betreffenden Jurisdiktionen in einem sog. „race to the top“, dem „Delaware Syndrome“63 geführt,64 bei dem im Konkurrenzkampf der Rechtsordnungen nach möglichst attraktiven und effizienten Gesellschaftsformen – insbesondere auch für die Tätigkeit großer Freiberuflergesellschaften – gesucht wird.65 2. Kontinentaleuropa Ungeachtet der Tatsache, dass in Kontinentaleuropa bislang vornehmlich die Sitztheorie galt,66 welche grundsätzlich der Wahl einer ausländischen Organisationsform nach dem vorbeschriebenen Muster entgegensteht, gewinnt die Idee vom Wettbewerb der Systeme auch im kontinentaleuropäischen Gesellschaftsrecht immer mehr an Bedeutung.67
63 Der Begriff „Delaware Syndrome“ beschreibt den Markt für Organisationsformen, wie er sich in den U.S.A. entwickelt hat. Der Staat Delaware hat in dem Wettbewerb der Bundesstaaten um die attraktivsten Organisationsformen für unternehmerische Tätigkeit eine im Vergleich zu seiner Größe und Einwohnerzahl überproportional große Zahl von Unternehmen angelockt. 64 McCahery/Vermeulen, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 191, 209 ff.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 479. 65 Siehe zu den USA als Paradebeispiel für den Wettbewerb der Jurisdiktionen Vermeulen, S. 72–88; McCahery/Vermeulen, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 191, 209–218; vgl. auch Drury (2005) J.B.L. Nov., 709–744. 66 Eine Aufstellung, welches ausländische Gesellschaftsrecht bislang der Sitz- oder Gründungstheorie gefolgt ist, findet sich bei Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 381 f. 67 Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 20; Schlussanträge des Generalanwalts Alber, Inspire Art, Rs. C167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 138; Eidenmüller, in: FS Heldrich, 581, 581 ff.; Bitter, in: Jahrbuch 2004, 299, 300; Vermeulen, S. 4, 32, 100 119, 137, 141 ff.; Mellert/ Verfürth, Rdn. 48 ff. siehe auch Ebke, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 101, 101 f.; Ribstein, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 153, 185 f.; McCahery/Vermeulen, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 191, 195 ff.; Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 409, 409; Knapp, DNotZ 2003, 85, 92; Borges, ZIP 2004, 733, 734; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 661; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3587; Horn, NJW 2004, 893, 893; Wetzler, GPR 2004, 84, 86; Leible/Hoffmann, EuZW 2004, 677, 682; Mäsch, EuZW 2004, 321; Leible, ZGR 2004, 531, 556; de Kluiver (2004) E.C.F.L.R. 1 (1), 120, 133; Hirte, GmbHR 2003, R 421; Mankowski, RIW 2004, 481, 486; Mülbert, DK 2004, 151, 153; Götz, DK 2004, 449, 454, 455; Happ/Holler, DStR 2004, 730, 730; Fleischer, ZHR 168 (2004), 673, 681 ff.; Priester, DB 2005, 1315, 1315; Altmeppen, NJW 2005, 1911, 1911; Paefgen, GmbHR 2005, 957, 957; siehe auch Kirchner/Painter/Kaal (2005) E.C.F.R. 2 (2), 159–206, die untersuchen, inwieweit die US-amerikanischen Erfahrungen auf Europa übertragen werden können; zu den europäischen Reaktionen auf das sog. „Delaware Syndrome“ Drury (2005) J.B.L. Nov., 709–744.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Die jüngere Rechtsprechung des EuGH besagt eindeutig, dass Gesellschaften aus einem Land der EU, in dem die Gründungstheorie gilt – wie etwa Großbritannien – unter Wahrung ihrer Rechtsform und Identität ihren Sitz in andere Länder der Union verlegen können, selbst wenn in diesen die Sitztheorie herrschend ist.68 Die in Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV festgelegte Niederlassungsfreiheit für Unternehmen setzt zwingend die Anerkennung der nach dem Recht eines Mitgliedsstaates wirksam gegründeten Gesellschaften durch alle anderen Mitgliedsstaaten voraus.69 Sofern nach dem Recht des Gründungsstaates der Wegzug der Gesellschaft erlaubt ist, können europäische Gesellschaften aus Staaten der EU demzufolge bei der Wahl ihrer Rechtsform auch auf die Organisationsformen der anderen Mitgliedsstaaten zurückgreifen. Dies kann etwa geschehen, indem eine Gesellschaft zunächst nach den einschlägigen Regeln des Mitgliedsstaates in der gewünschten Rechtsform wirksam gegründet und registriert wird, woraufhin dann der Verwaltungssitz der Gesellschaft in den entsprechenden anderen Mitgliedsstaat verlegt wird, in dem das zukünftige Zentrum der wirtschaftlichen Betätigung der Gesellschaft liegen soll. Vor dem Hintergrund dieser jüngeren Rechtsprechung des EuGH hat sich für europäische Gesellschaften das Angebot der zur Wahl stehenden Rechtsformen stark vergrößert. Die Kenntnis innovativer ausländischer Organisationsformen – wie etwa der britischen LLP – wird dadurch natürlich immer wichtiger. Dies gilt nicht nur für die Unternehmen selbst und diejenigen Personen, die mit ihnen in Kontakt treten, wie etwa deren Gläubiger und Arbeitnehmer. In gleichem Maße trifft dies auf alle nationalen europäischen Gesetzgeber zu. Das Knowhow der europaweit verfügbaren Gesellschaftsformen ist essentiell, um einerseits effektiv auf neueste Tendenzen reagieren zu können und andererseits durch die Verfügbarkeit vorteilhafter Organisationsformen einen positiven Standortfaktor zu schaffen, und damit in dem entstehenden Wettbewerb der Gesellschaftsrechte mit anderen europäischen Rechtsordnungen konkurrenzfähig zu bleiben. 3. Einfluss auf die britische LLP Mit der Einführung der LLP in Großbritannien hat der britische Gesetzgeber dem weltweiten Trend zur Entwicklung innovativer Organisationsformen für unternehmerische Tätigkeit in anderen Jurisdiktionen Rechnung getragen.70 Die 68 Siehe EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919; EuGH, Centros, Rs. C-212/07, Slg. 1999, I-1459. 69 Vgl. EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 59, 76, 80, 81; EuGH, Centros, Rs. C-212/07, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 20; EuGH, Inspire Art, Rs. C167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 101.
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP
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britische LLP kann demzufolge zu Recht als eines der Resultate des Wettbewerbs der Systeme zur Schaffung möglichst günstiger Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Betätigung – vor allem im angloamerikanischen Rechtskreis – verstanden werden.71
II. Die jüngeren Reformbestrebungen in Jersey Teilweise wird die Schaffung der LLP in Großbritannien nicht primär als Ergebnis eines allgemeinen weltweiten evolutionären Prozesses, sondern eher als ganz konkrete gesetzgeberische Reaktion Großbritanniens auf die Einführung der LLP in Jersey interpretiert. Durch das Limited Liability Partnership Law (Jersey) vom 19. November 1996 hat Jersey unabhängig vom Vereinigten Königreich eine eigenständige Gesellschaftsform geschaffen, die speziell auf die Bedürfnisse großer Freiberuflergesellschaften zugeschnitten ist.72 Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass die Gesetzesnovelle in Jersey zur Einführung der LLP auf eine Initiative der britischen Ableger von zwei der vier großen weltweit tätigen Wirtschaftsprüfungskanzleien zurückgeht.73 Bereits im Jahre 1995 traten PriceWaterhouseCoopers und Ernst & Young an die zuständigen Behörden des Finanzstandortes heran und legten dem States of Jersey Financial Services Department ein Konzept mit einem konkreten Entwurf zur Schaffung einer Jersey LLP vor.74 Die Legislative Jerseys nahm daraufhin den Entwurf als Grundlage für das Gesetz von 1996 und machte die Jersey LLP ab dem 9. September 1998 nach den Vorstellungen der beiden „Big Four“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verfügbar. Während der Konsultationen zur Jersey LLP, spätestens ab Mitte 1996, wurde deutlich, dass im Falle der Schaffung einer Organisationsform nach dem vorgelegten Muster eine ganze Reihe der bedeutendsten britischen Freiberufler70 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 25 f.; URN 97/597, Ziff. 1.3; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 11. 71 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 479. 72 Die Schaffung der Jersey LLP ohne signifikanten Einfluss des britischen Gesetzgebers war möglich, da Jersey einen besonderen völkerrechtlichen Status genießt. Jersey ist kein Teil des Vereinigten Königreichs, sondern eine „Crown Dependency“, eine von der britischen Krone unabhängige Besitzung, welche weitreichende Autonomie genießt. Neben einem eigenständigen Gerichtswesen und einer eigenständigen Exekutive hat Jersey auch eine eigene Legislative. Die Gesetzgebung erfolgt dabei autonom vom Vereinigten Königreich, jedoch ist die Zustimmung des Privy Council zu Gesetzesakten erforderlich. Während diese Zustimmung keine bloße Formalität ist, so wird sie in der Praxis dennoch regelmäßig erteilt, es sei denn, die Interessen des Vereinigten Königreiches sind nachhaltig gefährdet. Siehe dazu Morris/Stevenson (1997) M.L.R. 60 (4), 538, 540 f. 73 Morris/Stevenson (1997) M.L.R. 60 (4), 538, 540 f. 74 Vgl. Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 264; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 414; Kilian, RIW 2000, 896, 898.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
gesellschaften ernsthaft eine Sitzverlegung auf die Insel vor der Küste der Normandie in Erwägung ziehen würde. Dieses Szenario der Abwanderung einiger der angesehensten britischen Firmen nach Jersey hat unzweifelhaft den britischen Gesetzgeber veranlasst, eine eigene attraktive Form der LLP in Erwägung zu ziehen, um dadurch der Flucht britischer Gesellschaften zu vermeintlich besseren Geschäftsbedingungen „off-shore“ zuvorzukommen.75
III. Die Kampagne der großen Freiberuflerpersonengesellschaften Schließlich steht die Einführung der LLP in Großbritannien in engem Zusammenhang mit einer Kampagne großer in partnerships organisierter Freiberuflerzusammenschlüsse. Ziel der Bemühungen dieser Gesellschaften war es, den Gesetzgeber davon zu überzeugen, dass es um Willen der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen unbedingt notwendig sei, das allgemeine Prinzip der „joint and several liability“ in der partnership dahingehend zu verändern, dass die persönliche Haftung der Gesellschafter begrenzt werden kann. 1. Das Entstehen großer partnerships von Freiberuflern Vergleichbar mit der deutschen GbR ist das Recht der britischen partnership seit jeher von dem grundlegenden Verständnis geprägt worden, dass diese Personengesellschaft das ideale Vehikel für kleine und mittlere Unternehmen ist, bei denen zum einen eine enge persönliche Verbundenheit der wenigen Gesellschafter untereinander und zum anderen ein enger persönlicher Bezug der Gesellschafter zum Unternehmen im Vordergrund steht.76 Dieses spezifische Bild der partnership ist auch der Grund dafür, dass Freiberuflerzusammenschlüsse in Großbritannien traditionell in dieser Gesellschaftsform organisiert sind.77 Weitere Folge der personenbezogenen Komponente der partnership war die Begrenzung der Höchstzahl ihrer Mitglieder auf nicht mehr als zwanzig Gesellschafter. 75 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 26; URN 97/597, Ziff. 1.3; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 11; Blackett-Ord, S. 498; Paterson/Britton, S. 13; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-07 f.; ders., in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 323; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 462; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 270; ders. (1999), Jur. Rev. 5, 259, 262; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 481; dies. (1997) J.B.L. Sep., 387, 388, 398; Payne (1997) Comp. Law. 18 (3), 81, 86. 76 Gower/Davies, S. 4; Drake, S. 12; Vermeulen, S. 106 f.; McCahery/Vermeulen, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 191, 223 f. 77 Law Commission (2003), Ziff. 1.3; Law Commission (2000) Ziff. 1.3; Drake, S. 15; Vermeulen, S. 31, 268 ff.; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 157.
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP
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Als diese Begrenzung 1967 für Zusammenschlüsse von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälte78 durch section 120 (2) CA 1967 abgeschafft wurde,79 entstanden in der Folge riesige Gesellschaften dieser Professionen, die weit entfernt waren von dem ursprünglichen konventionellen Leitbild einer kleinen freiberuflichen partnership, welche auf das gegenseitige Vertrauen der persönlich miteinander verbundenen Gesellschafter gegründet ist.80 Diese Entwicklung erreichte einen ersten Höhepunkt in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts, als sich zahlreiche große Freiberuflergesellschaften – vornehmlich Rechtsanwaltssozietäten und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – zu multinationalen, weltweit operierenden Unternehmen entwickelten, die mehrere hundert Gesellschafter aus ganz unterschiedlichen Jurisdiktionen und Kulturkreisen umfassten. Eine solche massive Expansion früherer kleiner und mittlerer Gesellschaften führte unweigerlich zu einer stetig wachsenden Anonymität unter den Gesellschaftern, so dass nicht selten Situationen entstanden, in denen Gesellschafter nach dem Recht der partnership gesamtschuldnerisch für das Fehlverhalten von Mitgesellschaftern einzustehen hatten, obwohl sie diese niemals zuvor getroffen hatten, geschweige denn mit diesen zusammengearbeitet hatten.81 Neben dem Verlust der für die partnership typischen persönlichen Vertrauensbeziehung unter den Gesellschaftern, sind diese großen Freiberuflergesellschaften auch tatsächlich eher strukturiert wie eine Kapitalgesellschaft: Viele von ihnen unterscheiden zwischen geschäftsführenden und nicht geschäftsführenden Gesellschaftern.82 Zugleich sind in diesen Gesellschaften oftmals spezifische Ausschüsse eingesetzt, an die bestimmte Aufgaben und Kompetenzen delegiert werden, und die in ihrer Funktion stark an das board of directors einer company erinnern83 – vergleichbar etwa mit der Geschäftsführung der deutschen GmbH oder dem Vorstand der deutschen AG. Für solche Unternehmen schien die partnership mit ihrer spezifischen Konzeption nicht mehr die der wirtschaftlichen Realität angemessene Organisations78 Soweit in dieser Arbeit in Bezug auf die Rechtslage in England der Begriff „Rechtsanwalt“ verwendet wird, so ist damit der britische „Solicitor“ gemeint. 79 Dies erfolgte in Umsetzung der Empfehlungen des sogenannten Jenkins Report von 1962, siehe Jenkins Report Ziff. 76, 77, 78(g). Inzwischen ist diese Begrenzung für partnerships aller Berufsgruppen abgeschafft worden durch die Regulatory Reform (Removal of 20 Members Limit in Partnerships) Order 2002, Statutory Instrument (2002/3203). Dies geschah auf anraten der Law Commission, siehe Law Commission (2000) Ziff. 5.51–5.61. 80 Gower/Davies, S. 5; Vermeulen, S. 268–270; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 269; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 260. 81 Law Commission (2000) Ziff. 1.13; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 9–12; Vermeulen, S. 31; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 461; Henning (2004) Comp. Law. 25 (6), 163, 168. 82 Vermeulen, S. 269; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 389, 413; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 460; Fama/Jensen (1983) J.L.E. 26, 301, 315–317. 83 Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 389, 413.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
form zu sein.84 Aber eine Registrierung dieser Freiberuflerunternehmen als company – also Kapitalgesellschaft –, bei der aufgrund des geltenden Trennungsprinzips, der sog. „Salomon doctrine“,85 die Haftung grundsätzlich auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt ist, war – obwohl dies auf den ersten Blick wohl eher der ökonomischen Realität entsprochen hätte – aufgrund berufsrechtlichen Verbots nicht möglich.86 Obschon in der Folge dieses Verbot der Gründung einer company von Freiberuflern für Rechtsanwälte87 und Wirtschaftsprüfer88 aufgehoben wurde, so dass zumindest diesen Berufsgruppen die Möglichkeit zur Haftungsbegrenzung durch Registrierung als Kapitalgesellschaft offen stand, hat die überwiegende Mehrheit der Unternehmen dieser Berufsgruppen die Möglichkeit zur Inkorporierung als company nicht wahrgenommen.89 Diese Zurückhaltung oder Skepsis gegenüber der traditionellen Form der Kapitalgesellschaft hatte verschiedene Gründe: Zum einen wurde der Status der company wegen ihrer Behandlung im Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht als nachteilig empfunden.90 Darüber hinaus widersprachen die mit der Rechnungslegung und -prüfung der company verbundenen Offenlegungspflichten den Interessen dieser Gesellschaften.91 Weiterhin schienen die gesetzlichen Vor84
Young, S. 3. Nach einem der wichtigsten Fälle im britischen Gesellschaftsrecht, Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. Siehe dazu nur Pettet, S. 23 f. 86 Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 389. 87 Rechtsanwälten wurde eine Registrierung ihrer Unternehmen als company durch section 9 des AJA 1985 unter der Voraussetzung erlaubt, dass die betreffende company nach den Solicitor’s Incorporated Practice Rules 1988 von der Law Commission als zuständiger Standesvereinigung (recognised body) anerkannt wurde. Die Regelungskataloge für Rechtsanwälte sind am 1. Januar 1992 in Kraft getreten, siehe dazu Boin, S. 259 ff. Die aktuellen Anforderungen für die Registrierung von Rechtsanwaltsunternehmen finden sich in den Solicitors’ Incorporated Practice Rules 2005. Neben der üblichen Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte sehen die Solicitors’ Indemnity Insurance Rules 2005 für Rechtsanwaltsunternehmen eine zusätzliche Versicherung (top-up insurance) vor. Die betreffenden Regelungskataloge gelten auch für die LLP. 88 Für Wirtschaftsprüfer wurde das Verbot der Gründung von companies durch sections 25 (2), 53 (1) CA 1989 aufgehoben, die am 1. Oktober 1991 in Kraft getreten sind. Die aktuellen Voraussetzungen für eine Inkorporierung sind in dem Rulebook 2005 der ACCA enthalten. Fragen der Berufshaftpflichtversicherung sind in den Professional Indemnity Insurance Regulations in der Fassung von 2005 enthalten, die vom ICAEW herausgegeben werden. Die betreffenden Regelungskataloge gelten auch für die LLP. 89 Die wohl prominenteste Ausnahme von dieser allgemeinen Haltung war die Registrierung der Wirtschaftsprüfungsabteilung von KPMG im Jahre 1995 als public limited company – dem Gegenstück zur deutschen AG – unter dem Namen KPMG Audit Plc. 90 Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 261; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 413; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 460. 85
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP
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schriften über die interne Strukturierung der company wenig wünschenswert.92 Schließlich war man der Meinung, dass der Wechsel in eine andere Rechtsform als die unter Freiberuflern dominierende partnership aus Marketinggesichtspunkten unglücklich sei, weil zu befürchten sei, ein Unternehmen mit einer in der Branche ungewöhnlichen Organisationsform könne gegenwärtigen und zukünftigen Mandanten suspekt erscheinen.93 Überdies haben Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften immer wieder betont, wie wichtig es für ihre Dienstleistungen sei, das spezifische Ethos, das mit der Rechtsform der partnership assoziiert wird, beizubehalten.94 Nicht zuletzt aufgrund dieser ablehnenden Haltung blieb in Großbritannien die Suche nach alternativen Möglichkeiten zur Haftungsbegrenzung ein zentrales Anliegen der Freiberuflergesellschaften, insbesondere für Zusammenschlüsse von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten, auch nachdem für sie das Verbot zur Gründung einer company aufgehoben worden war. 2. Die Haftungskrise der großen Freiberuflergesellschaften Gleichzeitig führten zwei weitere Tendenzen im Vereinigten Königreich, die parallel zur Entstehung der großen Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaften verliefen, dazu, dass die Diskussion um die Haftungsbegrenzung stetig an Gewicht gewann.95 Einerseits sind die Prämien für die Versicherungen von Wirtschaftsprüfern96 und Rechtsanwälten97 für den Regressfall – die Berufshaftpflichtversicherungen – seit den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts in nie zuvor da gewesenem Maße angestiegen, so dass ein vernünftiger Schutz vor Regressforderungen nicht mehr zu adäquaten Bedingungen gewährleistet werden konnte.98 Andererseits hat sich seit dieser Zeit auch die Masse und Höhe der Schadensersatzklagen, mit denen sich international tätige britische Wirtschaftsprüfungs91
Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 261; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 412. Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 261; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 412; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 460. 93 Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 261; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 411. 94 Siehe Vermeulen, S. 31; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 481; dies. (1997) J.B.L. Sep., 387, 413, die allerdings die Gültigkeit dieses Arguments in Frage stellen. Siehe außerdem Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 95 Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 112; Pettet (1995) C.L.P. 48 (2), 125, 140 f.; Henning (2004) Comp. Law. 25 (6), 163, 168. 96 Die Versicherung von Wirtschaftsprüfern ist in den Professional Indemnity Insurance Regulations des ICAEW von 2005 geregelt. 97 Für Rechtsanwälte ist die Berufshaftpflichtversicherung aktuell in den Solicitors’ Indemnity Insurance Rules 2005 geregelt. 98 Vgl. Morris, in: Palmer’s LLP, Rdn. A 4-15; Pettet, S. 21 f.; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 391, 395 f.; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 159. 92
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
und Rechtsanwaltskanzleien konfrontiert sahen, als dominierendes Problem dieser Gesellschaften herauskristallisiert.99 Existenzbedrohende Forderungen in mehrstelliger Millionenhöhe gegen diese Unternehmen – sog. „doomsday claims“ – sind dabei keine Seltenheit. In diesem Zusammenhang waren und sind Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaften auch in Fällen, in denen diesen nur ein Teil der Verantwortung für den Schaden zukommt, insbesondere deswegen das primäre Ziel der Klagen von geschädigten Parteien, weil man sie aufgrund ihrer Berufshaftpflichtversicherung weithin als besonders solvente Schuldner mit „deep pockets“ ansieht.100 Vor diesem Hintergrund wird insbesondere ein Fall, nämlich ADT Ltd v Binder Hamlin,101 immer wieder als Wendepunkt und Katalysator der Diskussion um eine Haftungsbegrenzung für Freiberuflergesellschaften bzw. eine Reformierung des Prinzips der gesamtschuldnerischen Haftung in der partnership genannt, der der gesamten Debatte einen entscheidenden Impuls für eine zeitnahe Reaktion des Gesetzgebers gegeben hat. In diesem Fall wurden die Gesellschafter von Binder Hamlin, einer großen Wirtschaftprüfungsgesellschaft, aufgrund einer offensichtlich fahrlässig durchgeführten Prüfung eines Unternehmens gesamtschuldnerisch auf Schadensersatzzahlungen in Höhe von GBP 65 Millionen in Anspruch genommen. Die Berufshaftpflichtversicherung des Unternehmens deckte aber lediglich einen Bruchteil dieser Summe, nämlich GBP 31 Millionen ab, so dass die restlichen GBP 34 Millionen von der Gesellschaft und deren Mitgliedern persönlich getragen werden mussten. Aufgrund des Prinzips der „joint and several liability“ wurden dabei auch solche partner persönlich für den entstandenen Schaden haftbar gemacht, die keinerlei Bezug zu der fehlerhaften Prüfung hatten. Der nachfolgende Zusammenbruch dieser Gesellschaft und die daraus folgende persönliche Katastrophe aller Gesellschafter von Binder Hamlin hat zweifellos in drastischer Weise veranschaulicht, welche Auswirkungen die Gefahr solcher existenzbedrohender „doomsday claims“ nicht nur für die betroffene Gesellschaft und ihre Mitglieder, sondern für die jeweilige Profession im Ganzen wegen der daraus resultierenden Schwierigkeiten haben kann, den Berufszweig insgesamt am Leben zu halten, neue Gesellschafter zu werben und risikobehaftete Dienstleistungen in einem Umfeld zu erbringen, das zunehmend mit immer größeren Rechtsstreitigkeiten konfrontiert wird.102 99 Vgl. Morris, in: Palmer’s LLP, Rdn. A 4-15; Payne, in: Rider, The Realm of Company Law, 217, 217 f.; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 159; Kilian, NZG 2000, 1008, 1009; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 269 f.; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 261; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 395. 100 Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 159. 101 [1996] B.C.C. 808. 102 Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 159; Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 262.
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP
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Vielleicht anders als bisher wurde im Zuge der Insolvenz dieser Wirtschaftsprüfungsgesellschaft klar, dass der Kollaps einer großen Freiberuflergesellschaft nicht nur ein finanzielles Desaster für das jeweilige Unternehmen und dessen Gesellschafter darstellt, das nicht selten gleichbedeutend ist mit dem Ende der Gesellschaft und dem Bankrott ihrer Mitglieder. Überdies wurde deutlich, dass das Ende eines solchen Unternehmens ernsthafte Auswirkungen für die gesamte nationale Wirtschaft und damit das öffentliche Interesse als solches nach sich ziehen kann.103 Ungeachtet dieser Entwicklung und des Anliegens der großen Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaften hat die Law Commission in ihrer Studie zum Prinzip der „joint and several liability“ von 1996 jedwede Reformierung des Prinzips der gesamtschuldnerischen Haftung in der partnership mit Nachdruck abgelehnt.104 Angetrieben von dem Scheitern solcher Bestrebungen, das allgemeine Recht der partnership zu reformieren, sind PriceWaterhouseCoopers und Ernst & Young mit ihrem Vorschlag zur Schaffung einer LLP an die zuständigen Behörden Jerseys herangetreten. Alarmiert durch derartige Aktivitäten, die eine Abwanderung großer britischer Unternehmen in Aussicht stellten, hat Ian Lang eine schriftliche Anfrage im Parlament, eine sog. „parliamentary question“, die an ihn von einer Interessengruppe von mehr als fünfzehn freiberuflichen Organisationen herangetragen wurde, zum Anlass genommen, am 7. November 1996 die Absicht des DTI zu verkünden, bis Ostern des folgenden Jahres Diskussionsvorschläge zur Schaffung einer britischen LLP einzubringen. Tatsächlich folgte dann im Februar 1997 die Veröffentlichung des betreffenden consultation paper „Limited Liability Partnerships – A New Form of Business Association for Professions“105 durch das DTI, welches den Startschuss gab für die entscheidenden Beratungen zur britischen LLP.
IV. Fazit Alle drei der vorgenannten verwandten Entwicklungen haben, jede für sich, in einem gewissen Umfang die Schaffung der britischen LLP beeinflusst. Unzweifelhaft ist die Einführung der LLP im Vereinigten Königreich ohne den weltweiten Trend zur Schaffung hybrider Gesellschaftsformen und dem damit verbundenen Wettbewerb der Systeme unvorstellbar. Dennoch ist es offensichtlich, dass ein entscheidender Impuls, die britische LLP möglichst rasch einzuführen, von der Kampagne der großen Freiberuflerpersonengesellschaften – ins-
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Paterson/Britton, S. 12. DTI (1996), S. 77. URN 97/597.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
besondere von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten – ausging, die darauf bedacht waren, die persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter zu begrenzen.106 In Verbindung mit der durch zwei britische Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Gang gesetzten Einführung einer eigenständigen Version der LLP in Jersey sah sich der Gesetzgeber gezwungen, das Problem existenzbedrohender „doomsday claims“ mit deren Konsequenzen für das betreffende Unternehmen, dessen Gesellschafter und die einheimische Wirtschaft als Ganzes umgehend anzusprechen und zufrieden stellend zu lösen, um eine drohende Abwanderung britischer Firmen in großen Stil zu verhindern.107 1. Die LLP – Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit Setzt man die drei Entwicklungen in Verhältnis zueinander, so kann man mit Recht behaupten, dass der fortwährende Druck der großen Wirtschaftsprüfungsund Rechtsanwaltsgesellschaften auf den Gesetzgeber, endlich das allgemeine Recht der partnership zu reformieren, in Verbindung mit der Aussicht, dass ohne die Einführung eines befriedigenden Konzepts zur Haftungsbegrenzung zahlreiche hoch angesehene britische Unternehmen zu vermeintlich besseren Bedingungen nach „off-shore“ fliehen würden, die treibenden Kräfte hinter der eiligen Einführung der LLP im Vereinigten Königreich waren. Beide Aspekte, hinter denen die großen Freiberuflergesellschaften standen, haben dazu geführt, dass die allgemeine Diskussion um innovative hybride Gesellschaftsformen plötzlich in solchen Maße an Dynamik und Brisanz gewonnen hat, dass eine Reaktion des Gesetzgebers geradezu unausweichlich wurde. Aufgrund dieses maßgeblichen Einflusses der großen Freiberuflergesellschaften auf das Gesetzgebungsvorhaben ist es auch nachvollziehbar, dass die britische LLP weithin als ein Paradebeispiel für die erfolgreiche Lobbyarbeit dieser Interessengruppe angesehen wird.108
106 Vgl. Law Commission (2003), Ziff. 1.8; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A105 ff.; Mabey, S. 58; Morse, S. 245; Payne, in: Rider, The Realm of Company Law, 217, 225; Freedman, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 301 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123; Milman (2000) I.C.C.L.R. 11 (10), 329, 329; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 461. 107 Die Explanatory Notes zum LLPA nennen in Ziff. 9–12 die Eckpunkte der geschilderten Entwicklung als Hintergrund der Reform. 108 Twomey, Rdn. 1.34; Freedman, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 301 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123.
§ 4 Hintergrund der Einführung der LLP
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2. Einfluss der Lobbyarbeit auf das Ziel der Reform Da die Kampagne der großen Freiberuflergesellschaften den britischen Gesetzgeber erst entscheidend zum Tätigwerden veranlasst hat, ist es zugleich wenig verwunderlich, dass die LLP in erster Linie als Organisationsform für diese Interessengruppe konzipiert worden ist.109 Auch wenn im Laufe der Beratungen die anfänglich erwogene Beschränkung der Gesellschaftsform auf Freiberufler aufgegeben worden ist,110 so ist das geschaffene Endprodukt dennoch ganz erheblich von der Intention des Gesetzgebers geprägt, eine attraktive alternative Organisationsform für große Freiberuflerpersonengesellschaften schaffen.111 Um dies zu erreichen, liegen der LLP drei elementare Prinzipien zugrunde:112 (a) „Corporate personality“ – die eigene Rechtspersönlichkeit der LLP. (b) „Limited liability“ – die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen. (c) „Partnership flexibility“ – die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Organisation der Gesellschaft. Neben diesen drei Grundprinzipien war es für den Gesetzgeber von wesentlichem Interesse, dass die neue Gesellschaftsform zwei weitere grundlegende Wesensmerkmale besitzt. Zum einen sollte die LLP den gleichen steuerrechtlichen Regeln unterliegen wie eine herkömmliche partnership.113 Zum anderen hat der britische Gesetzgeber in den Beratungen zum Gesetzesentwurf immer wieder unterstrichen, dass die LLP als Ausgleich für die eigene Rechtspersön109 Vgl. URN 97/597, Ziff. 2 und 3, wo das Ziel der Regierung beschrieben wird als „to enhance competitiveness of professions in the UK by making LLPs available to them“; siehe auch Law Commission (2003), Ziff. 1.8. 110 Gesetzestechnisch war die Begrenzung in den clauses 2 und 3 (1) (a) des Gesetzesvorschlags zum LLPA vorgesehen. In Verbindung mit Verordnungsrecht sollten nur solche Personen LLPs angehören können, die von einem „regulatory body“ beaufsichtigt werden. Dies wurde insbesondere als Schutzmechanismus für die Gläubiger der Gesellschaft verstanden, siehe URN 97/597, Ziff. 3.19–3.22. Allerdings wurde dieses System vom Select Committee kritisiert, weil es für schwer realisierbar gehalten wurde. Überdies sah das Select Committee keinen guten Grund für eine Beschränkung des Zugangs zu der neuen Gesellschaftsform auf Freiberufler, H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 34–38. Zur zustimmenden Reaktion des DTI auf diese Kritik siehe H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 27 ff. Nach der endgültigen Fassung von section 2 (2) (a) LLPA existiert keine Beschränkung der LLP auf bestimmte Berufs- oder Personengruppen mehr. 111 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-10, A1-12; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 477. 112 URN 98/874, Ziff. 1.1; siehe außerdem Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 3. 113 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 3, 18–22.
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lichkeit und die Haftungsbeschränkung angemessene Schutzmechanismen für ihre Gläubiger bereithalten muss.114 Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die LLP dadurch die Balance finden zwischen den Interessen der großen Freiberuflergesellschaften und den Interessen derer, die mit der LLP in Kontakt treten. Legislatives Ziel der Reform war es folglich, mit der LLP eine Organisationsform zu schaffen, in der die Haftung der Gesellschafter begrenzt ist, die ohne großen Formzwang leicht handhabbar und flexibel ist, und die gleichzeitig den steuerlichen Status einer Personengesellschaft genießt – also steuerneutral ist. Zugleich sollte die LLP den Schutz der Gesellschaftsgläubiger gewährleisten und damit sicherstellen, dass die Reform nicht auf Kosten potentieller Gläubiger der Gesellschaft geht.
§ 5 Rechtsnatur der LLP und Regelungstechnik des LLPA Bevor untersucht wird, inwieweit es dem Gesetzgeber gelungen ist, sein Ziel zu erreichen, durch die Einführung der LLP die Balance zwischen den Interessen der hinter der Reform stehenden Freiberuflergesellschaften auf der einen Seite und den Interessen der Gläubiger auf der anderen Seite zu finden, sollen die Rechtsnatur der LLP und die spezifische Regelungstechnik, derer sich der britische Gesetzgeber im LLPA bedient hat, näher beleuchtet werden.
I. Die LLP – eine Hybride Wie bereits erwähnt, ist die britische LLP eine hybride Gesellschaftsform, die eine innovative Kombination kapitalgesellschaftlicher und personengesellschaftlicher Elemente offeriert. Während die LLP hinsichtlich ihrer internen Organisation der Konzeption einer Personengesellschaft nachempfunden ist, richten sich die Rechtsbeziehungen der LLP im Außenverhältnis stark nach dem Recht der Kapitalgesellschaft. Trotz dieser Verschmelzung von Attributen beider Gesellschaftstypen versteht eine ganze Reihe von Autoren dieses neue Vehikel eher als eine Sonderform einer Kapitalgesellschaft – der company – als ein aus beiden Organisationsformen in gleichberechtigter Weise geschaffenes Gebilde.115 Als Grund dafür wird oftmals section 1 (2) LLPA genannt, die – wie für eine britische company ty114 Vgl. URN 97/597, Ziff. 2.6 ff., insbesondere Ziff. 3.23–3.27; URN 98/874, Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56 ff.; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 4; Freedman/ Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503; Bennet (1999), S.L.P.Q. 4 (2), 93, 102; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 272; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 269.
§ 5 Rechtsnatur der LLP und Regelungstechnik des LLPA
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pisch – besagt, dass die LLP eine juristische Person mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit ist. Gleichzeitig wird darauf verwiesen dass auch der britische Gesetzgeber die LLP eher als Sonderform der Kapitalgesellschaft versteht.116 Bereits in den parlamentarischen Beratungen des Gesetzesentwurfes hat Lord MacIntosh of Haringey als Vertreter der Regierung ganz offen erklärt, dass es deren zentrales Anliegen sei, mit dem Gesetzesvorschlag eine Gesellschaftsform zu kreieren, die sich so weit wie möglich nach Kapitalgesellschaftsrecht – dem company law – richtet und so wenig wie möglich den Regeln des Personengesellschaftsrechts – dem partnership law – folgt.117 Folgerichtig sieht section 1 (5) LLPA auch vor, dass hinsichtlich der LLP partnership law grundsätzlich nicht zur Anwendung kommt, es sei denn, dessen Geltung ist gesetzlich ausdrücklich angeordnet. Neben diesen Anhaltspunkten spricht außerdem die Anzahl der Regeln, die dem company law respektive dem partnership law entnommen sind, für ein Verständnis der LLP als eine Sonderform der company. Der Großteil der auf die LLP anwendbaren Normen entstammt direkt dem Kapitalgesellschaftsrecht. Gleichwohl wird die Charakterisierung der LLP als uneigenständige Variante der company dieser innovativen Organisationsform nicht gerecht.118 Einerseits darf nicht übersehen werden, dass verschiedene Rechtssätze geschaffen worden sind, die ausschließlich auf die LLP anwendbar sind und damit eine selbständige, vom eigentlichen company law unabhängige Rechtsmaterie schaffen.119 Andererseits sind bei einigen der im Kapitalgesellschaftsrecht bereits bestehenden Rechtssätze signifikante Modifikationen vorgenommen worden, um den spezifischen Eigenheiten der neuen Gesellschaftsform Rechnung zu tragen.120 Auch diese Normen haben durch die vorgenommenen Änderungen eigenständige Bedeutung erlangt. Überdies werden die Gerichte bei der Auslegung der aus dem company law unverändert übernommenen Vorschriften ihre Interpretation der jeweiligen Norm auf die Besonderheiten der neuen Gesellschaftsform zuschneiden müssen, so dass auch das bestehende Gesetzesrecht in der Spruchpraxis eine Neugestaltung erfahren wird.121
115 Vgl. Gower/Davies, S. 6; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-02; ders., S. 246; Mabey, S. 58; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 482; Twomey (2003) Comp. Law. 24 (3), 86, 87. 116 Dies wird in Ziff. 13 der Explanatory Notes zum LLPA deutlich gemacht: „The LLP’s existence as a separate legal entity makes it more closely akin to a company than to a partnership“. 117 Hansard, H.L. Vol. 608, col. 1353, 24. Januar 2000. 118 Blackett-Ord (2002) N.L.J. 152 (7053), 1590, 1590. 119 Siehe Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-02, obwohl dieser die LLP als Sonderform der company ansieht. 120 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-02. 121 Morse, S. 246.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Von größerer Bedeutung als die Neuerungen des Gesetzesrechts wird allerdings sein, dass die Gerichte gehalten sein werden, den Korpus des common law, das im Bereich des company law und des partnership law besteht, unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten der LLP auf diese anzuwenden.122 Folglich wird es auch in diesem Bereich, der trotz der fortschreitenden Kodifikation des britischen Rechts weiterhin von elementarer Bedeutung ist, zu signifikanten Modifikationen der bestehenden Regeln in Bezug auf die neue Gesellschaftsform kommen. Aufgrund dieser Neugestaltung des Rechts kann die LLP, obwohl sie als Mischform zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft von der Natur der Sache auf den bereits bestehenden Rechtssätzen und Prinzipien der company sowie der partnership aufbaut, mit Recht als eine neue Gesellschaftsform eigener Prägung bezeichnet werden,123 die mehr ist als eine bloße unselbständige Variante der company. Dieses Verständnis bringt auch der LLPA selbst zum Ausdruck, indem section 1 (1) LLPA proklamiert: „There shall be a new form of legal entity known as a limited liability partnership.“
II. Der LLPA – ein Rahmengesetz Der LLPA besteht aus nicht mehr als neunzehn sections. Verglichen mit dem PA 1890 und dem CA 1985, stellen diese nur einen kleinen Anteil der gesetzlichen Regeln dar, welche den beiden traditionellen Organisationsformen der partnership und der company zugrunde liegen. Allerdings bedeutet die geringe Regelungsdichte des LLPA nicht, dass die neue Gesellschaftsform unzureichend reguliert ist. Vielmehr ist die Knappheit des Gesetzes nur eine Folge der Konzeption des LLPA als Rahmengesetz. Der LLPA behandelt lediglich die grundlegenden Tatbestände der LLP, während der Großteil der anwendbaren Normen in anderen Gesetzen, vornehmlich dem CA 1985, dem PA 1890, dem IA 1986 und dem CDDA 1986 zu finden sind. Spezifische Regelungsinhalte dieser und anderer Gesetze sind für die LLP aufgrund von im LLPA vorgesehenen Ermächtigungen im Verordnungswege durch die sekundärrechtlichen LLP Regulations124 modifiziert und adaptiert worden.125 Das DTI hat diese Gesetzgebung mit der Verweisungstechnik in den LLP Regulations der Alternative vorgezogen, einen vollständigen neuen Gesetzestext von mehreren hundert Seiten zu schaffen, bei dem zu einem Großteil 122
Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-02. Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-02; Blackett-Ord (2002) N.L.J. 152 (7053), 1590, 1590. 124 Statutory Instrument (2001/1090). 125 Verweisungen in dieser Arbeit auf Normen außerhalb des LLPA beziehen sich auf die durch die LLP Regulations modifizierte und auf die LLP anwendbare Fassung. 123
§ 5 Rechtsnatur der LLP und Regelungstechnik des LLPA
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lediglich Normen bereits existierender Gesetze in der gleichen oder nur leicht modifizierter Form reproduziert würden. Allerdings blieb dieses Vorgehen nicht ohne Kritik. Bereits in den Beratungen des Select Committee wurde die Ansicht geäußert, durch ein solches Rahmengesetz, bei dem wichtige Details über mehrere Gesetzestexte verstreut sind, aber kein autorisierter Volltext existiert, werde die neue Gesellschaftsform unnötig unübersichtlich und anwenderunfreundlich gemacht.126 Dieser Ansicht folgt auch ein Teil der Literatur,127 was nicht ganz unbegründet ist, wenn man bedenkt, dass der letzte Versuch des DTI, ein Gesetz auf diese Weise zu implementieren, gründlich fehlschlug.128 Das DTI dagegen verteidigte seinen Ansatz damit, zum einen werde auf diese Weise eine Verschwendung knapp bemessener und kostbarer parlamentarischer Zeit verhindert.129 Zum anderen – so das DTI in seiner Stellungnahme – beinhalte die vorgeschlagene Lösung den Vorteil, dass durch eine solche Gesetzgebung mit Hilfe von Referenzen eindeutig zum Ausdruck gebracht werde, welche spezifischen Änderungen vorgenommen worden sind, um das Personengesellschafts- und Kapitalgesellschaftsrecht den Bedürfnissen der LLP anzupassen.130 Dennoch ist es nicht ganz von der Hand zu weisen, dass es sich ohne einen verfügbaren offiziellen Volltext des auf die LLP anwendbaren Rechts zumindest für den unerfahrenen Rechtsanwender umständlich gestaltet festzustellen, mit welchem genauen Wortlaut die jeweilige section etwa des PA 1890, des CA 1985 oder des IA 1986 auf die LLP Anwendung findet. Aufschluss über die genaue Fassung mit ihren jeweiligen Streichungen oder Zusätzen für die LLP geben nur die LLP Regulations, so dass diese mit der in Frage kommenden Norm immer parallel gelesen werden müssen, um die betreffende Regelung nach einer Modifikation entsprechend den Vorgaben aus den LLP Regulations auf die neue Gesellschaftsform anzuwenden.131 126
H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 77–82. Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-09; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 464; Freedman, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 299; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123; Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 268. 128 Dies war die Insolvent Partnerships Order 1992, die ebenfalls in Form eines Rahmengesetzes geschaffen wurde. Aufgrund von mit der Gesetzestechnik verbundenen Schwierigkeiten wurde diese Order schon zwei Jahre später durch die Insolvent Partnerhsip Order 1994, Statutory Instrument (1994/2421), die einen vollen Gesetzestext beinhaltete, ersetzt. 129 H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 6–9. 130 H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 6–9; URN 99/1025, Kapitel III, Ziff. 2. 131 Vgl. Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-14; Freedman, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 299. 127
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Das DTI war der Meinung, ein solcher Missstand werde ohnehin im Laufe der Zeit behoben, da zweifelsohne die juristischen Verlage einen konsolidierten Volltext der Normen für die neue Gesellschaft zur Verfügung stellen würden.132 Tatsächlich sind derartige vollständige Zusammenstellungen der modifizierten Gesetze für die LLP bereits kurz nach dem Inkrafttreten des LLPA auf den Markt gekommen. Dennoch darf man wohl fragen, ob eine solche „einzigartige Form des Outsourcings“ – wie ein Autor den Vorgang etwas spöttisch nennt –133 wünschenswert war, wenn man bedenkt, dass ohnehin nicht selten bezweifelt worden ist, ob der etwas hastig durchgeführten Reform wirklich die erforderlichen rechtstheoretischen Beratungen vorangingen.134
§ 6 Die Verfassung der LLP Nachdem vorangehend der Hintergrund der Einführung der LLP in Großbritannien beleuchtet wurde, werden im Folgenden die grundlegenden Wesenszüge der LLP dargestellt.135 Zunächst soll dabei auf die Entstehung der Gesellschaft und das Innenverhältnis der LLP eingegangen werden. Danach werden die Rechtsbeziehungen der LLP und ihrer Gesellschafter im Außenverhältnis erläutert. Anschließend sollen die spezifischen Gläubigerschutzmechanismen der neuen Gesellschaftsform erörtert werden. Zuletzt wird ein Überblick über die Besteuerung der LLP gegeben. Anhand ihrer wesentlichen Merkmale wird die LLP daraufhin untersucht, inwiefern es dem Gesetzgeber gelungen ist, sein Ziel zu erreichen, mit der neuen Gesellschaftsform eine Organisationsform zu schaffen, die auf der einen Seite leicht handhabbar und flexibel ist, die persönliche Haftung der Gesellschafter begrenzt und den steuerlichen Status einer partnership genießt, und die auf der anderen Seite gleichzeitig effektive Mechanismen des Gläubigerschutzes bietet. Es soll gezeigt werden, wo im Hinblick auf die Intention des Gesetzgebers die Stärken und Schwächen der neuen Organisationsform liegen. Hinsichtlich etwaiger Schwächen der LLP soll der Versuch unternommen werden, Ände132
H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 6–9. Morse, in: Palmer’s LLP, Vorwort, S. VI. 134 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 6; Blackett-Ord, S. 498, siehe dort insbesondere Fußnote 7, in welcher der Autor die Einschätzung eines Kollegen schildert, der LLPA sei „third world legislation“. Außerdem Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-12; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 476; dies. (1997) J.B.L. Sep., 387, 419, 421, Cross (2003) J.B.L. May, 268, 270 f.; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 263; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123. 135 Überblicksartig zur LLP aus dem deutschen Schrifttum Wiedemann, Band II, S. 68 f.; Henssler/Mansel, in: FS Horn, 399–404; Triebel/Otte/Kimpel, BB 2005, 1233–1241; Weller/Kienle, DStR 2005, 1060–1064, 1102–1107; Triebel/Karsten, RIW 2000, 1–7; Kilian, NZG 2000, 1008–1015. 133
§ 6 Die Verfassung der LLP
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rungsmöglichkeiten zu der gegenwärtigen Regelung aufzuzeigen, die den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen eher gerecht werden.
I. Die Entstehung der LLP Als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit136 entsteht die LLP – nicht anders als eine company – mit Eintragung in das companies register durch den zuständigen Registrar of Companies.137 1. Die Eintragungsvoraussetzungen Gemäß section 2 (1) (a) bis (c) LLPA müssen dafür drei grundsätzliche Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sein: (a) Zwei oder mehr Personen, die sich zur Betreibung eines erlaubten und auf Gewinn angelegten Geschäfts zusammengeschlossen haben, müssen das Gründungsdokument (incorporation document) unterschreiben.138 (b) Die Gründungsurkunde muss im Original oder in Form einer vom Registrar of Companies akzeptierten Abschrift diesem ausgehändigt worden sein.139 (c) Dem Registrar of Companies muss eine Erklärung übergeben worden sein, die bestätigt, dass die unter (a) genannten Erfordernisse eingehalten wurden (compliance statement). Diese Erklärung muss entweder von den Gründern selbst oder von einem Rechtsanwalt, der mit der Gründung betraut wurde, abgegeben werden.140 Auf den Inhalt der einzelnen Anforderungen wird im Folgenden eingegangen. a) Zusammenschluss mindestens zweier Gründer zwecks eines auf Gewinn angelegten erlaubten Geschäfts Die Gründer einer LLP können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Beschränkungen bezüglich der Nationalität bestehen nicht, so dass ausländische natürliche Personen ebenso wie juristische Personen mit Sitz im Ausland eine britische LLP gründen können. Auch eine zahlenmäßige Limitierung der Gründungsmitglieder der neuen Organisationsform sieht das Gesetz nicht vor. Allerdings muss das incorporation document der LLP von mindestens 136 137 138 139 140
Section 1 (2) LLPA. Sections 3, 18 LLPA. Section 2 (1) (a) LLPA. Section 2 (1) (b) LLPA. Section 2 (1) (c) LLPA.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
zwei Personen als Gründern unterschrieben sein, damit die Anforderungen von section 2 (1) (a) LLPA erfüllt sind. Dieses Mindesterfordernis von zwei Mitgliedern bei Gründung der neuen Organisationsform bedeutet allerdings nicht, dass die LLP – wie etwa eine britische partnership oder eine deutsche Personengesellschaft – ihre Existenz verliert, sobald im Laufe ihres Geschäftslebens die Anzahl ihrer Gesellschafter unter zwei sinkt. Vielmehr kann die Gesellschaft als eigenständige Rechtsperson auch mit nur einem Gesellschafter fortbestehen. Jedoch kann das Betreiben des Geschäfts der LLP durch einen Alleingesellschafter weitreichende Konsequenzen für die betreffende Person und die Gesellschaft nach sich ziehen. Section 24 CA 1985 sieht etwa vor, dass ein Gesellschafter, der das Geschäft alleine und in Kenntnis seiner Alleingesellschafterstellung länger als sechs Monate fortführt, für alle nach diesem Zeitraum entstandenen Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich als Gesamtschuldner mit der LLP haftet. Außerdem begründet das Absinken der Mitgliederzahl einer LLP unter zwei nach section 122 (1) (e) IA 1986 einen derjenigen Fälle, in denen das zuständige Gericht141 auf Antrag einer der berechtigten Parteien142 das Liquidationsverfahren über die Gesellschaft eröffnen kann. Das Merkmal des Geschäfts (business), das von den Gründern der Gesellschaft betrieben werden muss, wird sehr weit ausgelegt. Es umfasst jedes Gewerbe sowie jede freiberufliche143 oder sonstige Tätigkeit, solange sie mit der Rechtsordnung übereinstimmt (lawful). Wiederum bestehen keine nationalen Beschränkungen, so dass die geschäftliche Betätigung sowohl im Vereinigten Königreich als auch im Ausland ausgeübt werden kann. Allerdings muss das 141 Dies ist das Gericht, das auch zuständig ist für das Liquidationsverfahren (winding up) über das Vermögen der Gesellschaft, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 142 Diese sind in sections 124, 124A IA 1986 definiert. 143 Soweit etwaige freiberufliche Standesregeln die Tätigkeit als Angestellte oder Gesellschafter einer juristischen Person untersagen, wird die Gründung der LLP mit Angehörigen solcher Berufe vom Registrar zurückgewiesen werden. Rechtsanwälte können eine juristische Person als Organisationsform wählen, soweit das Unternehmen nach den Solicitors’ Incorporated Practice Rules 2005 vom Rat (Council) der Law Society als zuständigem recognised body anerkannt wurde; nach den Solicitors’ Indemnity Insurance Rules 2005 ist dafür unter anderem der vorherige Abschluss einer top-up insurance für Haftpflichtfälle erforderlich. Wirtschaftsprüfer müssen sicherstellen, dass die LLP autorisiert ist, Buchprüfungen vorzunehmen. Die Voraussetzungen für eine Inkorporierung von Buchprüfern ist in dem ACCA Rulebook 2005 enthalten. Fragen der Versicherung sind in den Professional Indemnity Insurance Regulations des ICAEW in der Fassung von 2005 geregelt. Soweit von den jeweiligen Berufsgruppen Tätigkeiten auf dem Bereich der Finanzdienstleistungen vorgenommen werden, kann zudem eine kapitalmerktrechtliche Erlaubnis nach sections 325–333 FSMA 2000 erforderlich sein.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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Geschäft auf Gewinn angelegt sein (with a view to profit), d.h. dass die Gesellschaft einem kommerziellen Zweck dienen muss. Dies ist der Fall, wenn das Unternehmen darauf angelegt ist, einen Profit, also mehr Umsatz als Ausgaben zu erwirtschaften.144 Ausgeschlossen ist demgemäß die Gründung einer LLP zu rein gemeinnützigen Zwecken. Das Merkmal des Zusammenschlusses (associated for carrying on) drückt – ähnlich wie bei der partnership das gemeinsame Betreiben des Geschäfts (carrying on in common) – aus, dass die Aktivität der LLP, so weit gefasst sie auch sein mag, identifizierbar und von allen Gründern beabsichtigt sein muss. Darüber hinaus suggeriert der Zusammenschluss, dass von allen Beteiligten ein gewisser Beitrag zur geschäftlichen Tätigkeit der LLP zu leisten ist.145 Ein Mindestbeitrag wird dadurch indessen nicht festgelegt.146 Zu bemerken bleibt noch, dass der Zusammenschluss zum Betreiben des Geschäfts – entsprechend der Rechtslage bei der partnership – nicht bedeutet, dass die Gesellschaftsgründer eine formale Vereinbarung in Form eines Gesellschaftsvertrages zu treffen haben. Vielmehr entsteht die LLP auch ohne eine solche Formalabrede, soweit die gesetzlichen Entstehungsvoraussetzungen erfüllt sind. b) Die Gründungsurkunde Die Gründungsurkunde der LLP (incorporation document) ist das Äquivalent zur Gründungsurkunde einer company (memorandum of association) mit dem Unterschied, dass die Urkunde der LLP keine Klausel beinhaltet, die den Gesellschaftszweck festlegt (objects clause). aa) Anforderungen an die Gründungsurkunde Gemäß section 2 (2) (a) bis (f) LLPA muss die Gründungsurkunde mehreren bestimmten gesetzlichen Anforderungen genügen: (a) Die Gründungsurkunde muss in einer vom Registrar akzeptierten Form abgefasst sein.147 (b) Sie muss den Namen der LLP beinhalten.148 (c) Die Urkunde muss besagen, ob sich die Geschäftsadresse (registered office) in England und Wales, Wales oder Schottland befinden soll.149 144 145 146 147 148
Beauchamp v Woolworth Plc [1990] 1 A.C. 478, 489 per Lord Templeman. Whittaker/Machell, S. 10. Whittaker/Machell, S. 10. Section 2 (2) (a) LLPA. Section 2 (2) (b) LLPA.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
(d) Die Geschäftsadresse der Gesellschaft muss genannt sein.150 (e) Die Namen und Adressen der Gründungsmitglieder müssen genannt sein.151 (f) Die Urkunde muss entweder festlegen, welche der Mitglieder die Funktion der sog. „designated members“ wahrnehmen, oder muss besagen, dass alle Mitglieder der Gesellschaft diese Funktion erfüllen.152 Unter den „designated members“ versteht man dabei – in Kurzform – diejenigen Gesellschafter der LLP, die gegenüber dem Registrar spezifische gesetzliche Informations- und Offenlegungspflichten der Gesellschaft wahrnehmen.153 bb) Die Firma der LLP Während die gesetzlichen Anforderungen an die Gründungsurkunde im Allgemeinen keine nennenswerten Besonderheiten aufweisen, unterliegt der Name der LLP – die Firma – den folgenden, relativ umfangreichen Regulierungen. Zunächst muss die Firma der Gesellschaft mit dem rechtsformbezeichnenden Zusatz „limited liability partnership“, „llp“ oder „LLP“ enden.154 Soweit nach dem Inhalt der Gründungsurkunde der Sitz der Gesellschaft in Wales sein soll, sind auch die walisischen Entsprechungen dieser Bezeichnung zulässig.155 Jede missbräuchliche Verwendung der vorgenannten Rechtsformzusätze, wenn die Gesellschaft tatsächlich gar nicht als LLP registriert ist, ist strafbewehrt.156 Zudem kann für die LLP keine Firma gewählt werden, welche mit der Geschäftsbezeichnung einer company oder einer anderen Gesellschaft übereinstimmt, die bereits in das vom Registrar geführte Verzeichnis der Kapitalgesellschafts- und Körperschaftsnamen (index of company and corporation names) aufgenommen worden ist. In einem solchen Fall von Firmengleichheit ist eine Eintragung der Gesellschaft untersagt.157 Die Maßgaben nach denen sich bestimmt, ob zwei Namen überstimmen, sind genau festgelegt.158 So werden beispielsweise bestimmte Artikel des Namens ebenso wenig als Bestandteil der 149
Section 2 (2) (c) LLPA. Section 2 (2) (d) LLPA. 151 Section 2 (2) (e) LLPA. 152 Section 2 (2) (f) LLPA. 153 Dazu Näheres unter 1. Teil § 6. II. 1. e. 154 Paras. 2 (1), 3 (1) (a) Sch. LLPA. 155 Para. 2 (2) Sch. LLPA. Diese sind „partneriaeth atebolrwydd cyfyngedig“, „pac“ oder „PAC“. 156 Para. 7 Sch. LLPA. 157 Para. 3 (1) (b) Sch. LLPA. Der Registrar führt dieses Verzeichnis nach section 714 (1) CA 1985. 158 Siehe Para. 8 Sch. LLPA. 150
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Firma berücksichtigt159 wie Zusätze, welche die Rechtsform der Gesellschaft betreffen.160 Als praktische Konsequenz kann deswegen der Name einer LLP nie gleich lauten wie der Name einer bereits existierenden company. Überdies können vorbehaltlich einer staatlichen Genehmigung keine Firmen gewählt werden, welche eine Nähe zu staatlichen Einrichtungen suggerieren.161 Darüber hinaus sind Firmen mit beleidigendem oder strafrechtlich relevantem Inhalt verboten.162 Soweit der Inhalt der Firma potentiell irreführend ist bezüglich des Geschäfts der Gesellschaft, oder der Name der LLP dem einer anderen in dem Verzeichnis aufgeführten Gesellschaft zu sehr ähnelt, kann die LLP durch staatliche Verfügung dazu angehalten werden, ihren Namen zu ändern.163 Eine solche Verfügung kann auch ergehen, wenn der Eindruck besteht, dass im Rahmen des Eintragungsverfahrens bewusst irreführende Angaben oder nicht zutreffende Versicherungen gemacht wurden, um die LLP unter einem ganz bestimmten Namen registrieren zu lassen.164 Die Wahl einer neuen Firma ist jederzeit möglich.165 Jede Änderung ist dem Registrar anzuzeigen;166 sie wird ab dem Datum des auszustellenden Änderungszertifikats wirksam.167 Die Rechte und Pflichten der Gesellschaft bleiben nach einer Umfirmierung unverändert bestehen; prozessrechtlich können Verfahren ohne weitere Formalien unter dem neuen Namen weitergeführt werden.168 Da hinsichtlich der Publizitätspflichten der Firma auf die LLP die Bestimmungen des CA 1985 Anwendung finden,169 muss diese am Geschäftssitz der Gesellschaft und in ihrem Firmensiegel angegeben sein. In der Korrespondenz der LLP sind überdies die Geschäftsadresse und die Nummer der Registereintragung der Gesellschaft anzuführen; außerdem ist die Abkürzung „LLP“ im vollen Wortlaut aufzuschlüsseln.170
159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170
Para. 8 (1) Sch. LLPA. Para. 8 (2) Sch. LLPA. Para. 3 (2) Sch. LLPA. Para. 3 (1) (c), (d) Sch. LLPA. Para. 4 (2), (4) Sch. LLPA. Para. 4 (3) Sch. LLPA. Para. 4 (1) Sch. LLPA. Para. 5 (1) Sch. LLPA. Para. 5 (4) Sch. LLPA. Para. 6 Sch. LLPA. Sections 348–350 CA 1985. Section 351 CA 1985.
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c) Die Konformitätserklärung Die dem Registrar auszuhändigende Erklärung, welche besagt, dass zwei oder mehr Unterzeichner der Gründungsurkunde ein legales Geschäft betreiben, das auf Gewinnerzielung ausgelegt ist, stellt eine Besonderheit der LLP dar. In der Praxis ist sie das wesentliche Mittel, um sicherzustellen, dass die in der Erklärung genannten Anforderungen zum Zeitpunkt der Gründung erfüllt sind. Der Registrar darf auf die Erklärung als ausreichenden Beleg für die Erfüllung der in ihr bekundeten Anforderungen vertrauen.171 Er unterliegt keiner weiteren Verpflichtung nachzuprüfen, ob die in der Erklärung genannten Anforderungen auch tatsächlich eingehalten wurden. Allerdings ist der Registrar keinesfalls verpflichtet, die Erklärung als ausreichendes Beweismittel für die Erfüllung der Gründungsvoraussetzungen anzuerkennen. Da die tatsächliche Erfüllung der jeweiligen Kriterien ebenso wie die Abgabe der Erklärung für die Gründung erforderlich ist, kann der Registrar auch bei Vorliegen der Erklärung aufgrund anderweitig erlangter Kenntnis von der Eintragung absehen, wenn er Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung hat.172 Die Erklärung muss entweder von einem der Gründer der LLP oder einem mit der Gründung betrauten Rechtsanwalt abgegeben werden. Aufgrund ihrer elementaren Bedeutung für die Erfüllung der Eintragungsvoraussetzungen der LLP wird eine wissentlich falsche Abgabe der Konformitätserklärung mit einer strafrechtlichen Sanktion geahndet.173 Sollten zwischen der Abgabe der Erklärung durch den betreffenden Rechtsanwalt oder Gründer und der Ausstellung des Eintragungszertifikats Anhaltspunkte dafür ersichtlich werden, dass der Inhalt der Erklärung nicht oder nicht mehr der Wahrheit entspricht, so unterliegt derjenige, der die Erklärung abgegeben hat, einer Verpflichtung, den Registrar von diesem Umstand in Kenntnis zu setzen.174 2. Registrierung und Zertifikatsausstellung Sobald der Registrar das Gründungsdokument der LLP und die Erklärung, dass die gesetzlichen Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind, erhalten hat, soweit er von der Einhaltung der Eintragungsvoraussetzungen in section 2 (1) (a) LLPA überzeugt ist, wird die Gesellschaft im companies register eingetragen.175 171
Section 3 (2) LLPA. Whittaker/Machell, S. 20. 173 Section 2 (3), (4) LLPA. 174 Eine solche Pflicht besteht analog zu der zivilrechtlichen Pflicht, eine Erklärung, die bei ihrer Abgabe der Wahrheit entsprach, aber in der Folge unwahr geworden ist, zu berichtigen. Siehe dazu Chitty, Rdn. 6-016, 6-017; ebenso der strafrechtliche Fall Ray v Sempers [1974] A.C. 370. 175 Section 3 (1) (a) LLPA. 172
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Überdies stellt der Registrar über den Vorgang der Eintragung ein Zertifikat aus (certificate),176 das urkundlich belegt, dass die betreffende LLP durch Registrierung unter dem in der Gründungsurkunde genannten Namen entstanden ist.177 Wörtlich besagt section 3 (4) LLPA, dass das Zertifikat ein Beleg dafür ist, dass „die Anforderungen von section 2 erfüllt sind und dass die limited liability partnership unter dem in der Gründungsurkunde genannten Namen inkorporiert worden ist.“178 Daraus kann allerdings nicht gefolgert werden, dass durch das Zertifikat die fortdauernde Erfüllung der Eintragungsvoraussetzungen bekundet wird.179 Vielmehr besteht die Wirkung der Zertifikatssausstellung primär darin, dass im Anschluss daran die Gültigkeit der Entstehung der LLP von niemandem mehr – ausgenommen der Krone – in Frage gestellt werden kann.180 Demzufolge entsteht die LLP als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit181 letzten Endes durch die Ausstellung des Zertifikats. Von diesem Moment an kann die LLP als eigenständige Person ohne jedwede Beschränkung ihres Geschäftsgegenstands und ihrer Befugnisse gegenüber Dritten182 eigene Geschäfte führen. Zusätzlich zu dem Zertifikat wird der LLP durch den Registrar eine Registernummer zugeteilt.183 Diese muss zusammen mit anderen spezifischen Daten der LLP auf deren Korrespondenz vermerkt sein.184 Überdies ist der Registrar verpflichtet, die Ausstellung des Zertifikats in der London Gazette bekannt zu machen.185 Nach der Registrierung der LLP kann jedermann Einsicht nehmen in die Gründungsurkunde, das Zertifikat und die Erklärung zur Befolgung der Eintragungsvoraussetzungen; zudem können von allen diesen Dokumenten Kopien angefordert werden.186 Außerdem kann vom Registrar die Aushändigung eines von ihm unterschriebenen Eintragungszertifikats verlangt werden.187 176
Section 3 (1) (b) LLPA. Section 3 (4) LLPA. 178 „The certificate is conclusive evidence that the requirements of section 2 are complied with and that the limited liability partnership is incorporated by the name specified in the incorporation document.“ 179 Whittaker/Machell, S. 21 f. 180 Whittaker/Machell, S. 21 f. 181 Section 1 (2) LLPA. 182 Section 1 (3) LLPA. Die ultra vires Lehre findet demgemäß bei der LLP keine Anwendung, Whittaker/Machell, S. 26; Pettet, S. 21. Allgemein dazu siehe Gower/Davies S. 129 ff.; Pettet, S. 114 ff. 183 Section 705 (1)–(3) CA 1985. 184 Section 351 (1) CA 1985. 185 Section 711 (1) (a) CA 1985. 186 Section 709 CA 1985. 177
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3. Vor der Entstehung geschlossene Verträge Verträge, die im Namen der LLP vor deren Entstehung geschlossen worden sind (pre-incorporation contracts), gelten als im Namen derjenigen Person geschlossen, die vorgegeben hat, im Namen der Gesellschaft zu handeln.188 Eine Vorschrift zur nachfolgenden Ratifizierung bereits vor der Entstehung der LLP mit Dritten geschlossener Verträge existiert nicht, so dass der LLP grundsätzlich keine Rechte und Pflichten aus solchen bereits vorexistierenden Verträgen entstehen. Demzufolge muss, damit die LLP die Rechte aus solchen Verträgen genießen kann und gleichzeitig den jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen unterliegt, in jedem Fall ein neuer Vertrag zwischen beiden Parteien geschlossen werden, bzw. eine Vertragsübernahme des bestehenden Vertrages erfolgen.189 Zwar ist in section 5 (2) LLPA vorgesehen, dass die Unterzeichner der Gründungsurkunde untereinander Vereinbarungen vor der Entstehung der LLP treffen können, um der LLP Verpflichtungen aufzuerlegen, die dann nach Eintragung und Ausstellung des Zertifikats wirksam werden. Indessen werden dadurch lediglich interne Vereinbarungen zwischen den Gründern ermöglicht, nicht jedoch Verträge im Namen der noch nicht bestehenden Gesellschaft mit außenstehenden Dritten.190 4. Zusammenfassende Würdigung Die Regelungen zur Gründung einer LLP stellen keine bahnbrechenden Neuerungen des britischen Gesellschaftsrechts dar. Während das Erfordernis eines Zusammenschlusses von zwei oder mehreren Personen zum Betrieb eines erlaubten und auf Gewinn angelegten Geschäfts191 an das Recht der partnership erinnert,192 orientieren sich die restlichen Entstehungsvoraussetzungen oder die aus ihnen folgenden rechtlichen Formalien stark an den Registrierungsvoraussetzungen einer company.193 Diese Nähe zum Recht der company lässt sich sehr einfach damit erklären, dass die LLP von ihrer Rechtsnatur wie die company eine juristische Person (body corporate) ist,
187
Section 710 CA 1985. Section 36C CA 1985. 189 Whittaker/Machell, S. 36; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-38; Blackett-Ord, S. 502. 190 Whittaker/Machell, S. 77; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-38; Blackett-Ord, S. 502. 191 Section 2 (1) (a) LLPA. 192 „[T]he relation which subsists between persons carrying on a business in common with a view of profit“, siehe section 1 (1) PA 1890. 193 Siehe dazu Gower/Davies, S. 69–85; Pettet, S. 39–46. 188
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zu deren rechtswirksamer Entstehung im britischen Recht – anders als bei Personengesellschaften – ein hoheitlicher Akt erforderlich ist.194 Das Verfahren zum Erwerb der Rechtsfähigkeit der LLP wurde an dem Vorbild der Inkorporierung einer company durch Registrierung ausgerichtet, weil das insoweit geltende Verfahren in der Praxis – im Vergleich zu den Alternativen – am einfachsten zu handhaben ist.195 Die gesetzlichen Entstehungsanforderungen an die LLP sind somit direkte Konsequenz der Intention des Gesetzgebers, mit der LLP eine Organisationsform zu schaffen, die eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und dabei gleichzeitig möglichst einfach handhabbar ist.196 Angesichts des unkomplizierten Registrierungsprozesses und der geradezu problemlos erfüllbaren Eintragungsvoraussetzungen tragen die Regelungen zur Gründung der LLP wesentlich dazu bei, dieses Ziels zu erreichen.
II. Das Innenverhältnis der LLP Das Innenverhältnis der LLP beinhaltet diejenigen Rechtsbeziehungen, die auf der einen Seite zwischen den Gesellschaftern untereinander und auf der anderen Seite zwischen den Gesellschaftern und der LLP bestehen. Nachfolgend sollen zunächst einzelne Fragestellungen der Gesellschafterstellung erörtert werden. Im Anschluss daran wird auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern untereinander und danach auf die rechtlichen Verhältnisse zwischen den Gesellschaftern und der LLP eingegangen. 1. Die Gesellschafter der LLP (members) Gesellschafter einer LLP (members) sind zunächst die Gründungsmitglieder der Gesellschaft. Das sind diejenigen Personen, die die Gründungsurkunde der Gesellschaft unterschrieben haben.197 a) Die Aufnahme neuer Gesellschafter Nach Eintragung der Gesellschaft werden neue Gesellschafter durch und in Übereinstimmung mit einer Vereinbarung mit den übrigen Gesellschaftern in die LLP aufgenommen.198 Genauere Angaben zu dem Verfahren einer Gesell194
v. Bernstorff, S. 220 f. Weitaus schwieriger ist die in der Praxis kaum vorkommende Gründung von Statutory Companies durch Gesetzgebungsakt des Parlaments oder die Gründung von Chartered Companies durch königlichen Erlass; so auch Pettet, S. 18 f. 196 Vgl. Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 3. 197 Es sei denn, diese sind bis zum Abschluss des Registrierungsvorgangs verstorben oder im Falle einer juristischen Person liquidiert worden, section 4 (1) LLPA. 195
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schafteraufnahme werden im Regelfall durch den zwischen den Gesellschaftern geschlossenen – keinesfalls aber zwingend in spezieller Form vorgeschriebenen – Gesellschaftsvertrag (LLP agreement) geregelt. Hinsichtlich der Wahl der Voraussetzungen und des Verfahrens, durch das neue Gesellschafter in die LLP eintreten können, existieren keine gesetzlichen Vorgaben. Die Gesellschafter einer LLP genießen somit die größtmögliche Freiheit, die jeweiligen Anforderungen entsprechend ihren Bedürfnissen auszugestalten. Soweit keine spezielle Abrede für die Aufnahme neuer Gesellschafter getroffen worden ist, gilt als Auffangregel (default provision), dass alle gegenwärtigen Gesellschafter der LLP der Aufnahme neuer Gesellschafter zustimmen müssen.199 Mit Erfüllung der jeweiligen Anforderungen ist die entsprechende Person als Gesellschafter der LLP aufgenommen. Neue Gesellschafter der LLP müssen dem Registrar durch Mitteilung des Beitritts zur LLP binnen vierzehn Tagen in spezifischer Form und unter Angabe bestimmter Daten angezeigt werden.200 Namens- oder Adressänderungen eines LLP-Gesellschafters bedürfen einer formgerechten Anzeige binnen 28 Tagen.201 Ein Versäumnis dieser Pflichten ist strafbewehrt.202 b) Der Austritt von Gesellschaftern Auch der Austritt aus der Gesellschaft erfolgt, wenn nicht durch Tod einer natürlichen oder Auflösung einer juristischen Person, in Übereinstimmung mit einer Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern.203 Wiederum bestehen keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der vertraglichen Vereinbarung des Austritts, so dass die Ausgestaltung zur freien Disposition der Gesellschafter steht. Soweit keine Regelung zwischen den Gesellschaftern existiert, hat jeder Gesellschafter das Recht, durch eine entsprechende Mitteilung mit angemessener Frist den Austritt aus der Gesellschaft einseitig herbeizuführen.204 Nicht geregelt ist im LLPA, ob ein Gesellschafter gegen seinen Willen aus der LLP ausgeschlossen werden kann. Soweit keine ausdrückliche Regelung 198
Section 4 (2) LLPA. Reg. 7 (5) LLP Regulations. 200 Section 9 (1) (a), (3) LLPA, section 288 CA 1985. 201 Section 9 (1) (b), (3) LLPA. 202 Section 9 (4)–(6) LLPA. 203 Section 4 (3) LLPA. 204 Section 4 (3) LLPA. Insoweit wird zurzeit überwiegend von den Kommentatoren vertreten, dass auch der Ausschluss des Austritts eine Regelung des Austrittsrechts darstellt, so dass ein Ausscheiden durch einseitige Erklärung nach der Auffangregelung nicht in Betracht kommt. Siehe dazu Whittaker/Machell, S. 134; Blackett-Ord, S. 525. Anscheinend anders Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-31; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A6-25; Morse, S. 265. 199
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zum Ausschluss zwischen den Gesellschaftern getroffen wurde, greift als Auffangregel reg. 8 LLP Regulations ein.205 Diese besagt, dass LLP-Gesellschafter durch keinen wie auch immer gearteten Mehrheitsentschluss der übrigen Gesellschafter aus der LLP ausgeschlossen werden können, es sei denn, dies ist ausdrücklich durch Vereinbarung vorgesehen. Aber selbst wenn ein Ausschlussrecht zwischen den Gesellschaftern vereinbart wurde, so legt sowohl die im partnership law206 als auch die im company law207 existierende Spruchpraxis der britischen Gerichte nahe, dass eine solche Befugnis in gutem Glauben und zum Nutzen der Gesellschaft ausgeübt werden muss. Eine Ausübung der Rechtsmacht zu nicht im Interesse der Gesellschaft stehenden Zwecken wird dagegen von der Rechtsprechung nicht gebilligt werden.208 Nicht anders als der Eintritt muss auch der Austritt aus der Gesellschaft dem Registrar in einer bestimmten Form mitgeteilt werden;209 wiederum ist eine Säumnis strafbewehrt. Trotz des Erfordernisses der Mitteilung an den Registrar ist es aber nicht die Anzeige des Austritts, die diesen erst wirksam werden lässt. Der Zeitpunkt des Austritts bestimmt sich – soweit eine Regelung existiert – nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages; existiert keine Regelung, so wird der Austritt mit Ablauf der durch die einseitige Mitteilung des ausscheidenden Gesellschafters gesetzten angemessenen Frist wirksam. Einem Dritten gegenüber kann das Ausscheiden eines Gesellschafters allerdings nicht entgegengehalten werden, soweit ihm das Ausscheiden des Gesellschafters nicht bekannt war oder solange die entsprechende Mitteilung beim Registrar nicht eingegangen ist.210
205
Diese Regel wiederholt wortwörtlich section 25 PA 1890. Grundlegend Blisset v Daniel (1835) 10 Ha. 493; siehe auch Walters v Bingham [1988] 1 F.T.L.R. 260, 267–268 per Browne-Wilkinson V-C; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A6-27; Whittaker/Machell, S. 138. 207 Diese Spruchpraxis betrifft Fälle, in denen Mehrheitsgesellschafter Rechte ausüben können, die zu einer Bindung der Minderheit führen, vgl. etwa Clemens v Clemens Bros [1976] 2 All E.R. 268, 280–282 per Foster J; Greenhalgh v Arderne [1951] Ch. 286, 291 per Lord Evershed MR; Re RSB Holdings Ltd (No2) [1996] 1 B.C.L.C. 155, 234–248 per Arden J. Siehe auch Sidebottom v Kershaw, Leese & Co Ltd [1920] 1 Ch. 154; Dafen Timplate Co Ltd v Llanelly Steel Co [1920] 2 Ch. 124; Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch. 656; Brown v British Abrasive Wheel Co Ltd [1919] 1 Ch. 290; Gower/Davies, S. 486 ff.; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A6-27; Whittaker/Machell, S. 104, 138. 208 Vgl. Clemens v Clemens Bros [1976] 2 All E.R. 268, 280–282 per Foster J; Walters v Bingham [1988] 1 F.T.L.R. 260, 267–268 per Browne-Wilkinson V-C; Greenhalgh v Arderne [1951] Ch. 286, 291 per Lord Evershed MR; Re RSB Holdings Ltd (No2) [1996] 1 B.C.L.C. 155, 234–248 per Arden J; siehe auch Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch. 656; Brown v British Abrasive Wheel Co Ltd [1919] 1 Ch. 290; Gower/Davies, S. 486 ff.; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A6-27; Whittaker/Machell, S. 104, 138. 209 Section 9 (1) (a), (3) LLPA. 210 Section 6 (3) (a), (b) LLPA, Whittaker/Machell, S. 47 f. 206
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Unabhängig davon, ob ein vertragliches Austrittsrecht besteht oder die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit des Austritts durch einseitige Erklärung wahrgenommen wird, begründet das Ausscheiden eines Gesellschafters als solches nicht ohne weiteres einen Abfindungsanspruch auf Auszahlung oder Erstattung desjenigen wirtschaftlichen Wertes, der dem Geschäftsanteil (share) des austretenden Gesellschafters entspricht.211 Das Ausscheiden eines Gesellschafters beeinträchtigt zwar nicht den kraft Gesetzes212 bestehenden Anspruch auf Beteiligung am Gewinn der LLP, der bis zum Datum des Ausscheidens entstanden ist.213 Zweifelhaft ist jedoch, ob ein ausscheidender Gesellschafter ohne entsprechende Regelung zwischen den Gesellschaftern einen Anspruch auf Auszahlung des Gegenwerts seines Geschäftsanteils gegen die Gesellschaft hat.214 In der Literatur wird vertreten, dass ein austretender Gesellschafter ohne ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag die Rechte aus seinem Geschäftsanteil verliert.215 Der Anteil soll mit dem Moment des Ausscheidens den übrigen Gesellschaftern zuwachsen.216 Ob sich die Gerichte dieser Ansicht letztlich in einem konkreten Rechtsstreit anschließen werden, bleibt abzuwarten und kann nicht prognostiziert werden. Für die Praxis ist es jedenfalls aufgrund dieser unsicheren Rechtslage umso wichtiger, dass die Gesellschafter untereinander nicht nur regeln, wie und unter welchen Umständen ein Gesellschafter aus der LLP austreten kann, sondern auch welche finanziellen Folgen das Ende der Mitgliedschaft in der LLP nach sich zieht.217
211 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-31; Whittaker/Machell, S. 138 ff.; Morse, S. 265. Während der dritten Lesung im House of Lords unternahm Lord Goodhart den Versuch, eine Auffangregel einzuführen, nach der ein austretender Gesellschafter einen Anspruch auf denjenigen Betrag hat, der seinem Anteil am Vermögen und Gewinn der LLP entspricht. Dieser Versuch konnte sich allerdings nicht durchsetzen, siehe dazu Hansard, H.L. Vol. 611, cols. 1421–1427, 6. April 2000. 212 Section 7 (3) LLPA. Auch ohne Regelung der Gewinnverteilung hat jeder Gesellschafter nach der Auffangregel in reg. 7 (1) LLP Regulations einen Anspruch auf den gleichen Anteil am Gewinn. 213 Siehe dazu eingehend Whittaker/Machell, S. 139 ff. 214 Verneinend Whittaker/Machell, S. 142 ff., Morse, S. 267. 215 Whittaker/Machell, S. 142 ff. 216 Whittaker/Machell, S. 142 ff. 217 Ohne eine ausdrückliche Regelung der Abfindungsansprüche im Gesellschaftsvertrag, so drückt es Morse aus, befindet sich der betreffende Gesellschafter in einem „economic limbo“, wenn es ihm darum geht, seinen Geschäftsanteil von der LLP ausbezahlt zu erhalten, Morse, S. 266.
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c) Der Geschäftsanteil der Gesellschafter Das Gesetz erwähnt in zahlreichen Vorschriften die Geschäftsanteile (share) oder Anteile (interests),218 die von den Gesellschaftern der LLP gehalten werden. Allerdings existiert keine Legaldefinition, die besagt, was genau unter dem Geschäftsanteil oder den Anteilen eines Gesellschafters zu verstehen ist. Mit dem Geschäftsanteil wird im Allgemeinen die Summe aller wirtschaftlichen vertraglichen Rechte und Pflichten bezeichnet, die mit der Gesellschafterstellung verbunden sind.219 Dagegen versteht man unter einem oder mehreren Anteilen einzelne Komponenten dieses Bündels von Rechten und Pflichten.220 Sowohl der Geschäftsanteil als auch der oder die Anteile müssen streng unterschieden werden von dem persönlichen Status eines Gesellschafters in der LLP. Während der Geschäftsanteil und die Anteile grundsätzlich an Dritte übertragen werden können,221 ist die Mitgliedschaft in der LLP nicht veräußerbar.222 Personen, die den Geschäftsanteil oder einen oder mehrere Anteile eines LLPGesellschafters erwerben, erhalten deswegen lediglich die wirtschaftlichen Rechte und Pflichten aus dem Erworbenen. Eine gleichzeitige Sukzession in die Gesellschafterstellung ist indessen nicht möglich.223 Diese Trennung von persönlichem Status und wirtschaftlichen Rechten ist gesetzlich verankert. Reg. 7 (5) LLP Regulations besagt, dass derjenige, der aufgrund welchen rechtlichen Tatbestandes auch immer den Geschäftsanteil oder einen oder mehrere Anteile von einem Gesellschafter erwirbt, keinen Einfluss auf die Geschäftsführung oder Verwaltung der LLP nehmen darf.224 Vielmehr behält der veräußernde Gesellschafter seinen persönlichen Status und die daraus folgenden Rechte und Pflichten so lange, bis er nach Maßgabe von section 4 (3) LLPA vollkommen aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Will derjenige, der einen Geschäftsanteil erwirbt, seinerseits nicht nur die wirtschaftlichen Rechte, sondern auch den persönlichen Status eines Gesellschafters erlangen, so muss er dazu nach section 4 (2) LLPA als neuer Gesellschafter in die LLP aufgenommen werden. 218 So z. B. in section 7 (1) (d) LLPA, sections 432 (4), 461 (2) (d) CA 1985, die sich auf den Geschäftsanteil beziehen, oder reg. 7 (5) LLP Regulations sowie die Bilanzformate (balance sheets formats) in Sch. 4 CA 1985 und sections 88, 111, 127 IA 1986, welche den Anteil eines LLP-Gesellschafters erwähnen. 219 Whittaker/Machell, S. 63. 220 Whittaker/Machell, S. 63. 221 Dies folgt aus reg. 7 (5) LLP Regulations, die besagt, dass in Ermangelung einer anderweitigen Regelung der Geschäftsanteil eines Gesellschafters in Übereinstimmung mit allen Gesellschaftern übertragen werden kann. Siehe auch section 7 (1) (d), (2) (d) LLPA. 222 Blackett-Ord, S. 517; vgl. Mabey, S. 66. 223 Blackett-Ord, S. 517. 224 Section 7 (2) LLPA.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
d) Der Status der Gesellschafter Da die LLP eine eigenständige, von ihren Gesellschaftern verschiedene Rechtspersönlichkeit besitzt, ist es grundsätzlich denkbar, dass LLP-Gesellschafter Angestellte der Gesellschaft sind. Nach section 4 (4) LLPA soll eine Qualifikation der Gesellschafter als Angestellte (employee) aber nur in solchen Fällen möglich sein, in denen die betreffenden Gesellschafter bei hypothetischer Anwendung des partnership law auch als Angestellte einer partnership – und nicht etwa als deren Gesellschafter – anzusehen wären. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit unglücklich, als nach britischem partnership law die Gesellschafter einer – im Gegensatz zur LLP ohne eigene Rechtspersönlichkeit ausgestatteten partnership –225 grundsätzlich nicht Angestellte der Gesellschaft sein können.226 Man könnte demnach folgern, dass section 4 (4) LLPA analog zum geltenden partnership law für die neue Gesellschaftsform festlegen will, dass sich der Status eines Gesellschafters und der eines Angestellten der LLP gegenseitig ausschließen.227 Aus den Parlamentsdebatten zu section 4 (4) LLPA wird jedoch deutlich, dass eine solche Exklusivität nicht Ziel des Gesetzgebers war.228 Vielmehr besagt section 4 (4) LLPA nur, dass LLP-Gesellschafter prima facie Selbständige und keine Arbeitnehmer der Gesellschaft sind.229 Keinesfalls ausgeschlossen werden soll durch section 4 (4) LLPA dagegen, dass ein LLP-Gesellschafter aufgrund Anstellungsvertrages auch gleichzeitig Angestellter der LLP ist.230 Der besondere Zweck dieser Vorschrift besteht darin, der Umgehung von Arbeitnehmerschutzrechten entgegenzuwirken.231 In Fällen, in denen der Verdacht besteht, dass Personen nur deswegen als Gesellschafter der LLP in die Gründungsurkunde aufgenommen und ins companies register eingetragen wurden, 225 Ryhope Coal Co v Foyer (1881) 7 Q.B.D. 485; Meyer & Co v Faber (No. 2) [1923] 2 Ch. 421; Ex parte Gliddon (1884) 13 Q.B.D. 43; Hoare v Oriental Bank Corporation (1877) 2 A.C. 589; Ex parte Corbett (1880) 14 Ch. D. 122; Lindley/ Banks, Rdn. 3-04. 226 Siehe z. B. Stekel v Ellice [1973] W.L.R. 191, 198F, 199H-200 per Megarry J; Ellis v Ellis & Co [1905] K.B. 324; Lindley/Banks, Rdn. 3-04: „[. . .] a partner cannot be employed by his own firm, for no man can employ himself.“ Whittaker/Machell, S. 63; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-23; Blackett-Ord, S. 523; Twomey, Rdn. 3.06. 227 So Blackett-Ord, S. 523. 228 Hansard, H.L. Vol. 608, col. 1424, 9. Dezember 1999; Hansard, H.L. Vol. 608, cols. 1359–1361, 24. Januar 2000; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-23. 229 Whittaker/Machell, S. 64 f.; vgl. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-30; Mabey, S. 62. 230 Vgl. Baroness Buscombe, Hansard, H.L. Vol. 607, col. 1424, 9. Dezember 1999; Whittaker/Machell, S. 65; Mabey, S. 62. Zweifelnd Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-23; Blackett-Ord, S. 523. 231 Kilian, NZG 2000, 1008, 1011.
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um ihnen auf diesem Wege Arbeitnehmerschutzrechte abzuschneiden, soll eine Qualifizierung der betreffenden Personen als Angestellte der LLP zulässig sein. Die Kriterien, die bei Verdacht einer Umgehung von Arbeitnehmerschutzrechten heranzuziehen sind, um zu bestimmen, ob der betreffende Gesellschafter als Angestellter der LLP anzusehen ist, entsprechen nach dem Gesetzeszweck denjenigen, die im partnership law entscheiden, ob eine Person Angestellter oder partner ist.232 Diese Kriterien sind sehr generell.233 Wichtig, aber keinesfalls alleine entscheidend ist, ob der betreffende Gesellschafter berechtigt ist, am Gewinn teilzuhaben,234 und ob er für Verluste der Gesellschaft einstehen muss.235 e) Die designierten Gesellschafter (designated members) Aus dem Kreis der LLP-Gesellschafter müssen bestimmte Personen ausgewählt werden, welche die Aufgaben der designierten Gesellschafter (designated members) wahrnehmen.236 Das Gesetz enthält keine einheitliche Darstellung der Aufgaben und Funktion solcher designierter Gesellschafter. Vielmehr sind ihre Zuständigkeiten im LLPA, im CA 1985 sowie im IA 1986 zu finden. Es ist nahezu unmöglich, die Aufgaben der designierten Gesellschafter eindeutig zu kategorisieren. Vereinfacht kann man jedoch sagen, dass deren Verantwortungsbereich grundsätzlich die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben in Bezug auf Offenlegungs- und Informationspflichten gegenüber dem Registrar umfasst. Die Pflichten, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der designierten Gesellschafter können dabei grob in zwei Arten unterteilt werden. Zum einen existieren Pflichten, die den designierten Gesellschaftern selbst direkt vom Gesetz auferlegt werden.237 Zum anderen tragen designierte Gesellschafter die Verantwortung dafür, dass bestimmte gesetzliche Pflichten, die der LLP oder allen ihren Gesellschaftern auferlegt sind, von diesen auch eingehal232 Bei der partnership bereitet die eindeutige Qualifizierung einzelner Personen als Gesellschafter oder Angestellte insoweit mehr Probleme, als die Gründungsgesellschafter hier – mit Ausnahme der beschränkt haftenden Gesellschafter bei der limited partnership – nicht ins companies register eingetragen werden. 233 Siehe dazu Stekel v Ellice [1973] W.L.R. 191, 199G–H per Megarry J; Whittaker/Machell, S. 65. 234 Vgl. section 2 (3) PA 1890; Whittaker/Machell, S. 65. 235 Vgl. Briggs v Oates [1990] I.C.R. 473, 574C–D per Scott J; Whittaker/Machell, S. 65. 236 Section 8 LLPA. 237 Z. B. die Pflicht, die Bücher der Gesellschaft zu führen, section 222 CA 1985, den Jahresabschluss anzunehmen und zu unterzeichnen, section 233 CA 1985, oder den Jahresabschluss dem Registrar in der erforderlichen Form weiterzugeben, section 363 CA 1985.
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ten werden.238 Bei Nichterfüllung beider Arten von Pflichten drohen den designierten Gesellschaftern in nahezu allen Fällen strafrechtliche Sanktionen. Neben diesen besonderen Aufgaben, haben die designierten Gesellschafter zusätzlich alle Rechte und Pflichten herkömmlicher Gesellschafter. Eine LLP muss jederzeit mindestens zwei designierte Gesellschafter haben.239 Die ersten designierten Gesellschafter werden in der Gründungsurkunde festgelegt. Dabei kann in dem Gründungsdokument entweder vorgesehen werden, dass alle in dieser Urkunde enthaltenen Gesellschafter die Funktion der designierten Gesellschafter übernehmen.240 Ebenso kann das Gründungsdokument bestimmen, dass nur bestimmte Gesellschafter diese Aufgabe erfüllen,241 wobei die betreffenden Gesellschafter in einem solchen Fall in der Gründungsurkunde namentlich genannt werden müssen.242 Soweit die erste Alternative gewählt wird, werden auch alle der LLP neu beitretenden Gesellschafter automatisch mit ihrer Aufnahme designierte Gesellschafter.243 Ferner übernehmen nach section 8 (2) LLPA auch dann alle Gesellschafter die Aufgaben der designierten Gesellschafter, wenn die Anzahl der namentlich genannten designierten Gesellschafter kleiner wird als zwei. In allen sonstigen Fällen, in denen die designierten Gesellschafter namentlich in der Gründungsurkunde genannt sind, richtet sich die Bestimmung und Abberufung dieser Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag.244 Spätestens mit dem Austritt aus der Gesellschaft endet auch der Status als designierter Gesellschafter.245 Wie im Falle eines Wechsels der herkömmlichen LLP-Gesellschafter muss auch ein Wechsel der designierten Gesellschafter dem Registrar angezeigt werden.246 Ausgenommen ist nur der Fall, in dem alle gegenwärtigen Gesellschafter gleichzeitig designierte Gesellschafter sind.247 Ein Versäumnis der Anzeigepflicht wird wiederum mit strafrechtlicher Sanktion geahndet.248
238 Z. B. die Pflicht zur Benachrichtigung des Registrars in Fällen von Gesellschafterwechseln, section 9 (1) LLPA, bei Wechseln der designierten Gesellschafter, section 8 (5) (b) LLPA, oder bei Namenswechseln der LLP, paras 4, 5 Sch. LLPA. 239 Section 8 (2) LLPA. 240 Section 8 (3) LLPA. 241 Section 8 (1) LLPA. 242 Section 2 (2) (f) LLPA. 243 Section 8 (3) LLPA. 244 Section 8 (1) LLPA. 245 Section 8 (6) LLPA. 246 Section 9 (1) LLPA. 247 Section 9 (2) LLPA. 248 Section 9 (4), (5), (6) LLPA.
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2. Die Rechte und Pflichten der LLP-Gesellschafter Die Rechtsbeziehungen, die im Innenverhältnis der LLP bestehen, werden durch mehrere sich ergänzende Rechtsquellen geregelt. Primär richten sich die rechtlichen Beziehungen in der Gesellschaft danach, was im Gesellschaftsvertrag durch Individualabrede vereinbart worden ist. Soweit keine Vereinbarung besteht oder die jeweilige Abrede Lücken enthält, gelten die gesetzlichen Auffangregeln für die LLP (default provisions). Daneben kann zur Ausfüllung von Rechten und Pflichten auf gesellschaftsrechtliche Kodifikationen wie den CA 1985, den IA 1986 oder den PA 1890 sowie auf allgemeine, nicht gesellschaftsrechtliche Gesetze zurückgegriffen werden. Schließlich ergeben sich ungeschriebene Rechte und Pflichten in der Gesellschaft aus den Treuepflichten der Gesellschafter. a) Der Gesellschaftsvertrag (LLP agreement) Grundsätzlich ist der Gesellschaftsvertrag der LLP, den das Gesetz als „limited liability partnership agreement“ bezeichnet,249 maßgebend für die gegenseitigen Rechte und Pflichten der LLP-Gesellschafter untereinander und die Rechte und Pflichten zwischen den Gesellschaftern und der LLP.250 Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können in dem Gesellschaftsvertrag alle Einzelheiten des Innenverhältnisses der LLP geregelt werden, es sei denn es bestehen gesetzliche Ausnahmen zum Vorrang der LLP-Vereinbarung (primacy of the agreement).251 aa) Der Vorbehalt anderweitiger gesetzlicher Regelung Der LLPA sieht vor, dass bestimmte Gegenstände des Innenverhältnisses durch zwingendes Recht vorgegeben sind. Eine abweichende Regelung in der LLP-Vereinbarung ist dann nicht möglich, so dass diese Bereiche der Disposition der LLP-Gesellschafter entzogen sind.252 Die zwingend vorgeschriebenen Regelungen lassen sich in drei Kategorien einteilen:253 Zum einen umfassen die betreffenden Normen die Rechte und Pflichten, die allen LLP-Gesellschaftern durch den CA 1985 und den IA 1986 auferlegt werden. Zum anderen werden von diesem Reglungsbereich die beson249 250 251 252 253
Reg. 2 LLP Regulations. Section 5 (1) (a) LLPA. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-03; Blackett-Ord, S. 507. Section 5 (1) (a) LLPA. Whittaker/Machell, S. 69 f.
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deren Rechte und Pflichten der designierten Gesellschafter nach dem LLPA, dem CA 1985 und dem IA 1986 erfasst. Schließlich sind der vertraglichen Regelung noch anderweitige, nicht die Rechte und Pflichten der LLP-Gesellschafter betreffende Bereiche entzogen, die zunächst im LLPA selbst enthalten sind, wie etwa die organschaftliche Vertretung der LLP durch ihre Gesellschafter nach section 6 (1) LLPA.254 Überdies finden sich zwingende Regeln in allgemeinen Kodifikationen, die durch reg. 9 und Sch. 5 LLP Regulations auf die LLP anwendbar gemacht worden sind, wie etwa der SDA 1975 oder der RRA 1976. bb) Die zentrale Bedeutung des Gesellschaftsvertrages Obwohl der Inhalt des Gesellschaftsvertrages unter dem Vorbehalt entgegenstehenden zwingenden Rechts steht,255 bleibt er primäre Grundlage für die Ausgestaltung des Innenverhältnisses der LLP.256 Die zwingend festgelegten gesetzlichen Regelungen schreiben die innere Verfassung der LLP keineswegs umfassend vor. Vielmehr betreffen sie lediglich spezifische Einzelfragen, so dass die Freiheit zur Bestimmung des Innenverhältnisses in der Praxis nur sehr unwesentlich eingeschränkt wird.257 Somit ist es ohne nennenswerte gesetzliche Schranken in ganz überwiegendem Maße den Gesellschaftern überlassen, für ihre Gesellschaft eine interne Struktur zu wählen, die ganz speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Tatbestände wie etwa die Entscheidungsfindung und Geschäftsführung in der LLP, die Gewinn- und Verlustverteilung und die Kapitalausstattung der Gesellschaft können ganz nach den Vorstellungen der LLP-Gesellschafter geregelt werden. Im Unterschied zu den wesentlichen anderen Kapitalgesellschaften des britischen Rechts bietet die LLP damit, obwohl sie eine juristische Person ist, ein enorm hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der Regelung der inneren Rechtsverhältnisse. cc) Die Formalien des Gesellschaftsvertrages Trotz der zentralen Bedeutung des Vertrages für die interne Struktur der Gesellschaft und die Beziehungen der Gesellschafter untereinander und zur LLP existieren keine speziellen gesetzlichen Formvorschriften für das Zustandekommen eines wirksamen Gesellschaftsvertrages. Deshalb finden auf die LLP-Vereinbarung die Regelungen des allgemeinen britischen Vertragsrechts Anwen254 255 256 257
Whittaker/Machell, S. 70. Section 5 (1) (a) LLPA. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-03; Blackett-Ord, S. 507. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-03.
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dung.258 Dies gilt sowohl hinsichtlich ihres Abschlusses und Entstehens als auch hinsichtlich der Auslegung ihres Inhalts.259 Demzufolge ist es durchaus möglich, dass einzelne Klauseln, Teile oder der ganze Vertrag mündlich geschlossen oder verändert werden; all dies kann ebenso gut auch konkludent erfolgen. Überdies unterliegt der Gesellschaftsvertrag der LLP keinerlei Publizitätsanforderungen. Obwohl in diesem Vertrag weitgehend dieselben Inhalte wie in der Satzung einer company (articles of association) geregelt werden,260 ist der Gesellschaftsvertrag einer LLP anders als sein Gegenstück bei der company kein öffentliches Dokument, das beim Registrar hinterlegt werden muss, und für jedermann einzusehen ist.261 Insoweit ist der Gesellschaftsvertrag einer LLP als privates Dokument eher mit dem Gesellschaftsvertrag einer partnership (partnership agreement) oder mit einer Aktionärsvereinbarung (shareholder agreement) vergleichbar.262 Gleichwohl ist der LLP-Vertrag von ungleich wichtigerer Bedeutung als die beiden vorgenannten Vereinbarungen. Denn die in den LLP Regulations enthaltenen Auffangbestimmungen, welche bei fehlender Individualabrede das Innenverhältnis der Gesellschaft regeln, enthalten weder so ausführliche Detailvorgaben wie das partnership law,263 noch bilden sie ein Äquivalent zu der umfassenden gesetzlich vorgesehenen Standardverfassung der company in Table A CA 1985.264 Deswegen ist es für nahezu alle LLPs zwingend erforderlich, eine möglichst vollständige LLP-Vereinbarung abzuschließen,265 die angepasst auf den Geschäftsbetrieb des Unternehmens alle vorhersehbaren Eventualitäten berücksichtigt.266
258
Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-04; Whittaker/Machell, S. 70. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-04; Whittaker/Machell, S. 70. 260 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-06; Walmsley, S. 4; Sacker, S. 15. Mit Ausnahme des Nominalkapitals, welches für die LLP irrelevant ist, da sie keins hat. 261 Sections 10, 709 CA 1985. 262 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-13. 263 Vgl. sections 24 ff. PA 1890 sowie die dazugehörigen common law Prinzipien; Whittaker/Machell, S. 70; Blackett-Ord, S. 507. 264 Statutory Instrument (1985/805); Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-12 f.; Whittaker/Machell, S. 70; Blackett-Ord, S. 507; Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 273; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 115. Section 8 CA 1985 sieht vor, dass, soweit bei einer company dem Registrar keine Satzung übermittelt wird, der Standard des Table A CA 1985, Statutory Instrument (1985/805), gilt. Während in den Auffangregeln zur LLP in regs. 7, 8 LLP Regulations nur elf spezielle Fragen geregelt werden, enthält der Table A CA 1985 118 verschiedene Regelungsgegenstände. 265 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 17; Blackett-Ord, S. 507; Mabey, S. 64, 74 f.; vgl. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-03. Eine Liste von Aspekten, die eine LLP-Vereinbarung berücksichtigen sollte, findet sich bei Whittaker/Machell, S. 72 ff.; Blackett-Ord, S. 508 f. 259
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b) Die Auffangregelungen (default provisions) Da der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages keine Gründungsvoraussetzung der LLP ist, muss eine solche Vereinbarung nicht notwendigerweise bei jeder LLP bestehen. Gemäß section 5 (1) (b) LLPA bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander und gegenüber der LLP in Fällen fehlender oder lückenhafter LLP-Vereinbarungen nach den Auffangregeln, die vom zuständigen Minister (Secretary of State) aufgrund der Verordnungsermächtigung in section 15 (c) LLPA erlassen wurden. Die betreffenden Regelungen, die in regs. 7, 8 LLP Regulations zu finden sind, beinhalten jedoch – wie bereits erwähnt – kein umfassendes Regelwerk hinsichtlich der Innenbeziehungen einer LLP, sondern beschränken sich auf die grundlegendsten im Innenverhältnis der LLP bestehenden Rechte und Pflichten. aa) Entwicklung der Auffangregeln im Gesetzgebungsprozess Während der Gesetzesentwurf des DTI von 1998267 noch vorsah, dass bei fehlender individualvertraglicher Abrede im Gesellschaftsvertrag diejenigen Reglungen und Prinzipen auf das Innenverhältnis von LLPs Anwendung finden, die „einschlägig wären, wenn auf sie [die LLP] das Recht der partnership anwendbar wäre“,268 nimmt die endgültige Fassung der Auffangregeln als Ergebnis der nachfolgenden Beratungen im Parlament von einem solchen Generalverweis auf das partnership law Abstand. Der Grund für die Abkehr von der ursprünglichen Fassung bestand darin, dass man befürchtete, eine zu allgemeine Referenz auf das partnership law habe unerwartete und ungewollte Konsequenzen für das Recht der LLP, weil die Übertragung der Prinzipen des Innenrechts einer Personengesellschaft auf eine juristische Person, auf die in nahezu allen anderen Fällen Kapitalgesellschaftsrecht Anwendung findet,269 zu kaum aufzulösenden Widersprüchen führen würde.270 Deshalb hat man es vorgezogen, in den regs. 7 und 8 LLP Regulations anstatt eines generellen Verweises auf die Vorschriften zur partnership lediglich einzelne spezifische Regelungen für das Innenverhältnis der LLP zu formulieren, die allesamt den sections 24, 25, 28, 29 und 30 PA 1890 entlehnt sind. 266
Ein Vorschlag für eine Modell LLP-Vereinbarung findet sich bei Mabey, Appen-
dix 5. 267
URN 98/874. „[. . .] the rules and principles which would apply, if the law relating to partnerships applied to them [. . .]“. 269 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-11. 270 Vgl. etwa Hansard, H.L. Vol. 608, col. 1374, 24. Januar 2000, Lord MacIntosh of Haringey und Hansard, H.L. Vol. 608, col. 851, 6. März 2000, Lord MacIntosh of Haringey. 268
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bb) Inhalt der Auffangregeln Fehlen anderweitige vertragliche Vereinbarungen, so legen die Auffangbestimmungen der LLP die folgenden Regelungen für das Innenverhältnis der Gesellschaft fest: Alle Gesellschafter der LLP sind gleichberechtigt hinsichtlich der Beteiligung am Vermögen und Gewinn der Gesellschaft.271 Auslagen oder Verbindlichkeiten, welche die Gesellschafter im Rahmen des üblichen Geschäfts der LLP oder zur Erhaltung des Geschäfts oder Vermögens der LLP eingegangen sind, können sie von der LLP ersetzt verlangen.272 Überdies haben alle Gesellschafter das Recht, an der Geschäftsführung der LLP mitzuwirken.273 Entgeltansprüche für eine Tätigkeit in der Geschäftsführung oder im Geschäft der LLP bestehen indessen nicht.274 Für die Aufnahme eines neuen Gesellschafters und für die freiwillige Abtretung eines Geschäftsanteils ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.275 Fragen der gewöhnlichen Geschäftsführung können durch einfachen Mehrheitsentscheid getroffen werden; lediglich eine Änderung des Geschäftsgegenstandes der LLP bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter.276 Jeder Gesellschafter hat das Recht zur Einsichtnahme und zur Erstellung einer Ausfertigung der Bücher der Gesellschaft;277 gleichzeitig besteht die Verpflichtung, wahrheitsgemäße Aufstellungen und vollständige Informationen über jede die LLP betreffende Angelegenheit den anderen Gesellschaftern zu liefern.278 Ebenso muss über alle nicht abgesegneten Tätigkeiten, die mit dem Geschäft der LLP konkurrieren, Buch geführt werden.279 Das gleiche gilt für jeden persönlichen Profit, der ohne Zustimmung mit dem Eigentum der LLP erwirtschaftet wurde.280 Etwaige Gewinne aus einer konkurrierenden Tätigkeit sind an die LLP abzuführen.281 Schließlich können Gesellschafter der LLP nicht durch Mehrheitsentschluss der übrigen Gesellschafter aus der LLP ausgeschlossen werden, es sei denn, dies ist ausdrücklich durch Vereinbarung vorgesehen.282
271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282
Reg. Reg. Reg. Reg. Reg. Reg. Reg. Reg. Reg. Reg. Reg. Reg.
7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 7 8
(1) LLP Regulations, angelehnt an section 24 (1) PA 1890. (2) LLP Regulations, angelehnt an section 24 (2) PA 1890. (3) LLP Regulations, angelehnt an section 24 (5) PA 1890. (4) LLP Regulations, angelehnt an section 24 (6) PA 1890. (5) LLP Regulations, angelehnt an section 24 (7) PA 1890. (6) LLP Regulations, angelehnt an section 24 (8) PA 1890. (7) LLP Regulations, angelehnt an section 24 (9) PA 1890. (8) LLP Regulations, angelehnt an section 28 PA 1890. (9) LLP Regulations, angelehnt an section 30 PA 1890. (9), (10) LLP Regulations, angelehnt an sections 29 (1), 30 PA 1890. (9) LLP Regulations, angelehnt an section 30 PA 1890. LLP Regulations, angelehnt an section 25 PA 1890.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
c) Treuepflichten der Gesellschafter (fiduciary duties) Sowohl in der company als auch in der partnership existieren für die Gesellschafter bzw. für diejenigen, die mit der Leitung des Unternehmens betraut sind, Treuepflichten (fiduciary duties), die prägend für das Innenverhältnis der jeweiligen Gesellschaft sind.283 Da die LLP eine Mischform dieser beiden Gesellschaftstypen ist, bestehen derartige Treuepflichten auch in der LLP. Der LLPA gibt indessen keine generelle Auskunft darüber, ob und inwieweit die Beziehungen der Gesellschafter untereinander oder die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern und der LLP fiduziarischen Charakter haben und damit Treuepflichten begründen. Jedoch sind einige derjenigen fiduziarischen Pflichten, die für die partnership gelten, durch die Auffangregeln in den LLP Regulations auf die LLP übertragen worden. Inhalt dieser Treuepflichten, die für LLP und partnership gleichermaßen gelten, sind die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Information gegenüber den Mitgesellschaftern über jede die Gesellschaft betreffende Angelegenheit,284 die Pflicht, über diejenigen Profite, die bei Betreiben eines mit dem Geschäft der Gesellschaft konkurrierenden Geschäfts285 oder ohne Zustimmung mit dem Eigentum der LLP erwirtschaftet wurden, Buch zu führen,286 sowie die Pflicht, Gewinne aus einer konkurrierenden Tätigkeit an die LLP abzuführen.287 Offen bleibt allerdings, inwieweit darüber hinaus fiduziarische Pflichten zwischen den Mitgesellschaftern oder zwischen den Gesellschaftern und der LLP bestehen. Mangels einer Kodifizierung können etwaige Treuepflichten bei der LLP grundsätzlich aus dem partnership law, dem company law oder aber aus allgemeinen Rechtsprinzipien folgen. aa) Treuepflichten der Gesellschafter gegenüber der LLP Im Hinblick auf Treuepflichten der Gesellschafter gegenüber der LLP hat der Gesetzgeber während der Beratungen zum LLPA den Standpunkt vertreten, dass es gänzlich überflüssig sei, das Bestehen eines solchen Treueverhältnisses ausdrücklich zu normieren. Nach den Prinzipien des common law zur Stellvertretung (agency) – so die Begründung – bestehe ein solches fiduziarisches Verhältnis ohnehin immer, wenn ein Vertreter (agent) für seinen Geschäftsherrn (prin283
Gower/Davies, S. 370 ff., 380 f.; Lindley/Banks, Rdn. 16-01, 16-03. Reg. 7 (8) LLP Regulations, section 28 PA 1890, Lindley/Banks, Rdn. 16-01, 16-03. 285 Reg. 7 (9) LLP Regulations, section 30 PA 1890; Lindley/Banks, Rdn. 16-12 ff. 286 Reg. 7 (10) LLP Regulations, section 29 (1) PA 1890; Lindley/Banks, Rdn. 16-12 ff. 287 Reg. 7 (9) LLP Regulations, section 30 PA 1890; Lindley/Banks, Rdn. 16-12 ff. 284
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cipal) handelt.288 Damit bestehe unweigerlich auch eine Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern und der LLP, da diese nach section 6 (1) LLPA im Außenverhältnis als Vertreter der Gesellschaft auftreten.289 Geht man davon aus, dass eine Person in einem fiduziarischen Verhältnis zu einer anderen steht, die „es übernommen hat für oder auf Anweisung eines anderen in einer bestimmten Angelegenheit und unter Umständen zu handeln, die ein Vertrauensverhältnis begründen“,290 und dass nach common law Prinzipien dies für die Beziehung zwischen Vertreter und Vertretenem gilt,291 so ist der Meinung des Gesetzgebers im Grundsatz zuzustimmen.292 Diese Zustimmung geht allerdings nur so weit, wie der betreffende Gesellschafter tatsächlich nach außen gegenüber Dritten stellvertretend für die Gesellschaft auftritt. In Fällen, in denen der oder die betreffenden Gesellschafter im Innenverhältnis alleine oder mit anderen Gesellschaftern Entscheidungen treffen, zu denen sie aufgrund der LLP-Vereinbarung oder den Auffangregelungen befugt sind, kann dagegen unmittelbar aus der Stellvertretung nach section 6 (1) LLPA keine fiduziarische Beziehung folgen.293 Angesichts der Tatsache, dass zur LLP bislang kein eigenständiger Kanon des common law besteht und die LLP ein Zwitter aus partnership und company ist, wird man, um in solchen Fällen eine Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber der LLP begründen zu können, auf die bestehenden Prinzipien des partnership law und company law zurückgreifen müssen. (1) Partnership law Grundsätze Nach den Grundsätzen des partnership law bestehen weitreichende Treuepflichten zwischen allen Gesellschaftern der partnership.294 Eine Pflicht gegen288 URN 00/617, Ziff. 18; Hansard, H.L. Vol. 608, col. 1375, 24. Januar 2000, Lord MacIntosh of Haringey. 289 URN 00/617, Ziff. 18; Hansard, H.L. Vol. 608, col. 1375, 24. Januar 2000, Lord MacIntosh of Haringey. 290 „[S]omeone who has undertaken to act for or on behalf of another in a particular matter in circumstances which give rise to a relationship of trust and confidence“, siehe Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1, 18A per Millett LJ. 291 White v Jones [1995] 2 A.C. 207, 271E–G per Lord Browne-Wilkinson; Bowstead/Reynolds, Rdn. 1-014, 6-026 ff. 292 Kernbestandteil des Treueverhältnisses zwischen Vertreter und Vertretenem ist die Loyalitätspflicht des Vertreters, siehe Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1, 16–22 per Millett LJ; Arklow Investments Ltd v McLean [2000] 1 W.L.R. 594, 598G–H per Henry J; University of Nottingham v Fishel [2000] I.C.R. 1462, 1490C per Elias J. 293 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-37. 294 „If fiduciary relation means anything I cannot conceive a stronger case of fiduciary relation than that which exists between partners.“, Helmore v Smith (1886) 35
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
über der Gesellschaft existiert indessen nach britischem Recht regelmäßig nicht,295 da diese keine von den Gesellschaftern verschiedene Rechtspersönlichkeit besitzt.296 Rückschlüsse auf das Bestehen oder Nichtbestehen fiduziarischer Pflichten der LLP-Gesellschafter gegenüber der LLP können allerdings nur schwerlich aus dem Recht der partnership gezogen werden, weil die Heranziehung von partnership law Prinzipien durch section 1 (5) LLPA ohne eindeutigen gesetzlichen Verweis ausgeschlossen ist.297 Teilweise wird argumentiert, reg. 7 LLP Regulations, die hinsichtlich der gegenseitigen Rechte und Pflichten in der LLP neben den ausdrücklich in den LLP Regulations normierten Auffangregeln auch auf die „general provisions of the law“ rekurriert, stelle eine solche gesetzliche Regelung dar.298 Da eine Verweisung auf generelle Rechtsregeln das partnership law ausdrücklich einbeziehe, könnten die insoweit geltenden Grundsätze Anwendung finden.299 Diese Auffassung widerspricht jedoch dem eindeutigen Ziel des Gesetzgebers, hinsichtlich des Innenverhältnisses der LLP nur einzelne dem partnership law entlehnte Regelungen als Auffangnormen zu formulieren, anstatt einen generellen Verweises auf die partnership aufzunehmen, der unweigerlich zu Widersprüchen des Gesamtkonzepts führen würde.300 Auch reg. 7 LLP Regulations kann demzufolge eine Heranziehung der Grundsätze des partnership law nicht begründen. (2) Company law Grundsätze Anders als im partnership law, nach dessen Grundsätzen mit dem Gesellschafterstatus die Teilnahme an der Leitung der Gesellschaft einhergeht,301 sind Ch. D. 436, 444 per Bacon V-C; Cassels v Stewart (1881) 6 A.C. 64, 79 per Lord Blackburn; Peyton v Mindham (1972) 1 W.L.R. 8, 14 per Plowman J; Lindley/Banks, Rdn. 16-01, 16-03; Wiedemann, Band II, S. 66, 195. 295 Vgl. Lindley/Banks, Rdn. 16-03; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-38; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 471, 482 f. 296 Ryhope Coal Co v Foyer (1881) 7 Q.B.D. 485; Meyer & Co v Faber (No. 2) [1923] 2 Ch. 421; Ex parte Gliddon (1884) 13 Q.B.D. 43; Hoare v Oriental Bank Corporation (1877) 2 A.C. 589; Ex parte Corbett (1880) 14 Ch. D. 122; Lindley/ Banks, Rdn. 3-04. 297 Blackett-Ord, S. 498, 522; Mabey, S. 64. 298 So Cross (2003) J.B.L. May, 268, 279. 299 Vgl. Cross (2003) J.B.L. May, 268, 279. 300 Dazu Hansard, H.L. Vol. 608, col. 1374, 24. Januar 2000, Lord MacIntosh of Haringey und Hansard, H.L. Vol. 608, col. 851, 6. März 2000, Lord MacIntosh of Haringey. 301 Section 24 (5) PA 1890; oder „Nor do [parties] go into partnership or quasi partnership on the basis that they expect to have no say in the management of its
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im company law Gesellschafterstellung und die Leitung der Gesellschaft getrennt.302 Während die Mitglieder des Leitungsorgans der company (board of directors) mit der tagtäglichen Führung der Geschäfte betraut sind,303 genießen die Anteilsinhaber (shareholders) im Wesentlichen indirekte Teilnahme- und Teilhaberechte wie etwa das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung, das Recht auf Dividende und das Recht auf Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft in der Liquidation.304 (a) Company directors Nach den Grundätzen des company law schulden die Mitglieder des board of directors weitgehende Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft.305 Fiduziarische Pflichten der directors gegenüber den einzelnen Gesellschaftern der company (shareholders) bestehen dagegen grundsätzlich nicht.306
affairs“, Sankey v The Helping Hands Group Plc [2000] C.P. Rep. 11 per Walker LJ; Lindley/Banks, Rdn. 15-01. 302 Pettet, S. 3; Mayson/French/Ryan, Rdn. 15.2.6, 15.10.1; Twomey, Rdn. 3.16; Vermeulen, S. 110. Im angloamerikanischen Rechtskreis wird dies als „separation of ownership and control“ bezeichnet. 303 Vgl. Pettet, S. 146; Gower/Davies, S. 294; Mayson/French/Ryan, Rdn. 15.10.1. Siehe auch Art. 70 Table A CA 1985, Statutory Instrument (1985/805): „Subject to the provisions of the Act, the memorandum and the articles and to any directions given by special resolution, the business of the company shall be managed by the directors who may exercise all the powers of the company.“, vgl. auch Howard Smith Ltd v Ampol Petroleum Ltd [1974] A.C. 821, 837 per Lord Wilberforce „The constitution of a limited company normally provides for directors, with powers of management, and shareholders, with defined voting powers having power to appoint the directors, and to take, in general meeting, by majority vote, [. . .]“. 304 Vgl. Pettet, S. 267; Gower/Davies, S. 615; Sealy, S. 442. 305 Re Smith & Fawcett Ltd [1942] Ch. 304; Mills v Mills (1938) 60 C.L.R. 150; Punt v Symons & Co Ltd [1903] 2 Ch. 506; Hogg v Cramphorn Ltd [1967] Ch. 254; Howard Smith Ltd v Ampol Petroleum Ltd [1974] A.C. 821; Criterion Properties Plc v Stratford UK Properties LLC [2003] B.C.C. 50; Pettet, S. 164–176; Gower/Davies, S. 380 ff.; Sealy, S. 259 ff., 299 ff.; Kasolowsky, S. 246. 306 Percival v Wright [1902] 2 Ch. 421; Peskin v Anderson [2000] B.C.C. 1110; Pettet, S. 164, 177; Gower/Davies, S. 371 f.; Sealy, S. 262 ff.; Farrar, S. 378; Jenkins Report, Ziff. 89. Lediglich in eng umschriebenen Ausnahmefällen sind nach britischem Recht fiduziarische Pflichten der directors gegenüber den shareholders angenommen worden. So etwa in Fällen, in denen die directors als im Namen der Gesellschafter verhandelnd aufgetreten sind, siehe dazu Allen v Hyatt [1914] 30 T.L.R. 444. Außerdem schulden die directors der Zielgesellschaft in Übernahmesachverhalten den shareholders eine fiduziarische Pflicht, diese nicht zu täuschen, siehe dazu Heron v Lord Grade [1983] B.C.L.C. 245. Weiterhin kann unter besonderen Umständen in Familienunternehmen eine fiduziarische Pflicht der directors gegenüber den shareholders bestehen, siehe dazu Coleman v Myers [1977] 2 N.Z.L.R. 225, außerdem Platt v Platt [1999] 2 B.C.L.C. 745. Zum Ganzen Arsalidou (2002) Comp. Law. 23 (2), 61–63.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Hintergrund der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft ist der Gedanke, dass die directors mit ihren Kompetenzen ausgestattet wurden, um dem Geschäftszweck des Unternehmens zu dienen, nicht aber, um eigene Interessen oder die Interessen Dritter zu verfolgen.307 Aufgrund dieser fiduziarischen Stellung „muss ein director jede Befugnis, mit der er als solcher ausgestattet ist, aufrichtig, im guten Glauben und im Interesse der Gesellschaft ausüben“.308 Zu diesen Befugnissen zählt auch die Wahrnehmung interner Entscheidungskompetenzen.309 Soweit die Grundsätze des company law für fiduziarische Pflichten der directors auf die Gesellschafter der LLP übertragbar sind, spricht dies für das Bestehen einer Treuepflicht der LLP-Gesellschafter gegenüber der LLP auch bei der Ausübung interner Entscheidungsbefugnisse. (b) Company shareholders Die Gesellschafter einer company sind nach britischem Recht grundsätzlich frei, ihre Gesellschafterrechte eigennützig auszuüben, ohne dabei durch eine Treuepflicht gegenüber ihren Mitgesellschaftern oder gegenüber der Gesellschaft in irgendeiner Weise beschränkt zu sein.310 Dies gilt selbst dann, wenn ein Gesellschafter persönliche Interessen verfolgt, die sich nicht mit den Interessen der Gesellschaft decken oder diesen gegenläufig sind.311 Der Grund für diese Entscheidungsfreiheit besteht darin, dass die aus der Gesellschafterstellung folgenden Rechte nach britischem Verständnis Bestandteil
307 Vgl. Re Lands Allotment Co [1884] 1 Ch. 616; Gower/Davies, S. 380 f.; Pettet, S. 164 f. 308 „A director must exercise any power vested in him as such, honestly, in good faith and in the interests of the company [. . .]“, siehe Dorchester Finance v Stebbing [1989] B.C.L.C. 498, 501–501 per Foster J; Re Smith & Fawcett [1942] Ch. 304, 306 per Lord Greene MR; Gaiman v Association for Mental Health [1971] Ch. 317, 330 per Megarry J; Gower/Davies, S. 380 f.; Pettet, S. 164 f. 309 Vgl. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-37; Pettet, S. 164–176; Gower/Davies, S. 380 f.; Sealy, S. 299. 310 Gower/Davies, S. 486 ff. Eine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft oder den anderen Gesellschaftern wird von der Rechtsprechung nur in eng begrenzten Fällen angenommen, in denen zumeist Mehrheitsgesellschafter ihre Stimmrechte besonders rücksichtslos ausüben, vgl. Greenhalgh v Arderne [1951] Ch. 286; Re RSB Holdings Ltd (No2) [1996] 1 B.C.L.C. 155; Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch. 656; Brown v British Abrasive Wheel Co Ltd [1919] 1 Ch. 290; siehe Millett LJ in Stein v Blake (No 2) [1998] 1 B.C.L.C. 573, 576 zur Situation, dass zwei Gesellschafter existieren, die jeweils 50 % der Anteile halten „I have no doubt that circumstances may exist in which such a duty arises [. . .]“. 311 North-West Transportation Co v Beatty (1887) 12 A.C. 589; Burland v Earle [1902] A.C. 83; Northern Countries Securities Ltd v Jackson & Steeple Ltd [1974] 2 All. E.R. 625; Gower/Davies, S. 486.
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der Eingentumsrechte sind, welche der Gesellschafter nach seinem Belieben wahrnehmen kann.312 Soweit die Grundsätze zu Treuepflichten der Gesellschafter einer company auf die LLP übertragbar sind, spricht dies dafür, dass außerhalb des Auftretens der LLP-Gesellschafter als Vertreter der LLP keine fiduziarische Pflicht gegenüber der Gesellschaft besteht. (3) LLP members Der Status eines LLP-Gesellschafters ist grundsätzlich sowohl mit dem Status eines company directors als auch mit dem Status eines company shareholders vergleichbar. Denn die Mitglieder einer LLP haben einerseits die Stellung eines Gesellschafters inne und übernehmen gleichzeitig Leitungsaufgaben in der Gesellschaft.313 Bei der hier in Rede stehenden Wahrnehmung von Entscheidungsbefugnissen im Innenverhältnis der LLP handeln die Gesellschafter allerdings eher vergleichbar einem company director als einem company shareholder, weil die Ausübung von solchen aus dem LLP-Vertrag oder den Auffangregeln folgenden Kompetenzen die Leitung der Gesellschaft an sich betrifft. Demgemäß ist es sachgerecht, insoweit die Grundsätze für Treuepflichten von company directors auf die Gesellschafter der LLP zu übertragen.314 Infolgedessen unterliegen LLP-Gesellschafter auch bei der Wahrnehmung von internen Entscheidungsbefugnissen und somit in Situationen, in denen keine Stellvertretung nach außen erfolgt, einer Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft.315 Nicht anders als für company directors entsteht für die Gesellschafter einer LLP mit Einräumung jeder Befugnis, Entscheidungen für die Gesellschaft zu treffen, gleichzeitig die fiduziarische Verpflichtung gegenüber der LLP, diese Befugnis nicht eigennützig zu missbrauchen.316
312
North-West Transportation Co v Beatty (1887) 12 A.C. 589; Burland v Earle [1902] A.C. 83; Northern Countries Securities Ltd v Jackson & Steeple Ltd [1974] 2 All. E.R. 625; Gower/Davies, S. 486. 313 Reg. 7 (3) LLP Regulations. 314 Dies ist auch die Ansicht des DTI, vgl. URN 00/865, S. 8; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep, 475, 489. 315 So auch Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-37; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 471. 316 Vgl. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-37.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
bb) Treuepflichten der Gesellschafter untereinander Bezüglich etwaiger Treupflichten der LLP-Gesellschafter untereinander hat der Gesetzgeber in den Beratungen zum LLPA zum Ausdruck gebracht, dass die explizite Verankerung einer solchen Pflicht im Gesetz nicht wünschenswert sei.317 Als Grund für die Ablehnung einer gesetzlich verankerten fiduziarischen Pflicht unter den LLP-Gesellschaftern wurde angeführt, dass die Gesellschafter sich andernfalls „[. . .] mit parallelen fiduziarischen Pfllichten konfrontiert sähen: Pflichten, die gegenüber der LLP geschuldet werden, und Pflichten, die gegenüber den Mitgesellschaftern geschuldet werden. In einer solchen Situation wäre das Gesetz nicht fähig einen Mechanismus bereitzustellen, um zu entscheiden, welche Pflicht obsiegt, selbst wenn es einen Konflikt gäbe [. . .]. Unweigerlich würde die Gefahr einer doppelten Pflichtenbindung bestehen und es wäre erforderlich, die Rechte der Gesellschafter und die Rechte der LLP in ein Rangverhältnis zu setzen.“318
Um eine solche Konkurrenzsituation zu vermeiden, hat der Gesetzgeber auf die Normierung einer allgemeinen Treuepflicht zwischen den Gesellschaftern verzichtet.319 Deswegen kann eine fiduziarische Pflicht im Verhältnis der Gesellschafter nur bestehen, soweit eine solche entweder durch den Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist,320 oder aus anwendbaren Grundsätzen des partnership law oder des company law folgt. (1) Partnership law Grundsätze Nach den Grundsätzen des partnership law bestehen weitreichende Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern der partnership.321 Rückschlüsse auf das Bestehen oder Nichtbestehen fiduziarischer Pflichten von LLP-Gesellschaftern untereinander können daraus jedoch wiederum nicht 317
URN 00/617, Ziff. 26. „[This] would mean that an individual member was faced with parallel fiduciary duties: duties that were owed to the LLP and duties owed to fellow members. In such an event the Bill would not be able to provide a mechanism to decide which duty would prevail, even when there was a conflict.[. . .]. There would be the potential for double jeopardy and the need to prioritise between the rights of the members and the rights of the LLP.“. Siehe Hansard, H.L. Vol. 608, col. 1375, 24. Januar 2000, Lord MacIntosh of Haringey. 319 Lindley/Banks, Rdn. 2–39; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 489. 320 Whittaker/Machell, S. 102; Blackett-Ord, S. 522; Mabey, S. 64; Morse, S. 261. 321 „If fiduciary relation means anything I cannot conceive a stronger case of fiduciary relation than that which exists between partners.“, Helmore v Smith (1886) 35 Ch. D. 436, 444 per Bacon V-C; Cassels v Stewart (1881) 6 A.C. 64, 79 per Lord Blackburn; Peyton v Mindham (1972) 1 W.L.R. 8, 14 per Plowman J; Lindley/Banks, Rdn. 16-01, 16-03; Wiedemann, Band II, S. 66, 195. 318
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gezogen werden, weil die Heranziehung von partnership law Prinzipien durch section 1 (5) LLPA ohne eindeutigen gesetzlichen Verweis ausgeschlossen ist.322 Anders als teilweise vertreten wird323 enthält reg. 7 LLP Regulations, wie bereits erörtert,324 keinen gesetzlichen Verweis auf das Recht der partnership, der die Anwendung der Grundsätze des partnership law rechtfertigen könnte.325 (2) Company law Grundsätze Nach den Prinzipen des company law schulden Gesellschafter und Geschäftsleiter einer company grundsätzlich keine Treuepflichten gegenüber den (anderen) Gesellschaftern.326 Lediglich in eng begrenzten Fällen sind solche fiduziarischen Pflichten anerkannt worden. Für die Gesellschafter einer company kann eine derartige Ausnahmesituationen beispielsweise entstehen, wenn eine Gesellschaftermehrheit aufgrund satzungsmäßig vereinbarten Mehrheitsprinzips Entscheidungen treffen kann, die für alle Gesellschafter bindend sind.327 In einem solchen Fall kann den Mehrheitsgesellschaftern ausnahmsweise die Pflicht auferlegt werden, bei der Ausübung ihrer Stimmrechte die Interessen aller Gesellschafter zu berücksichtigen.328 Für die directors einer company können solche fiduziarischen Pflichten ausnahmsweise gegenüber den shareholders entstehen, wenn sie beispielsweise 322
Blackett-Ord, S. 498, 522; Mabey, S. 64. So Cross (2003) J.B.L. May, 268, 279. 324 Dazu oben 1. Teil § 6. II. 2. c) aa) (1). 325 Anders Cross (2003) J.B.L. May, 268, 279. 326 Gower/Davies, S. 486 f.; Flannigan (2004) J.B.L. May, 277, 285, 293. Zur Zurückhaltung der Rechtsprechung hinsichtlich der Annahme einer Treuepflicht von Gesellschaftern gegenüber der Gesellschaft oder anderen Gesellschaftern vgl. Greenhalgh v Arderne [1951] Ch. 286; Re RSB Holdings Ltd (No2) [1996] 1 B.C.L.C. 155; Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch. 656; Brown v British Abrasive Wheel Co Ltd [1919] 1 Ch. 290; siehe auch Millett LJ in Stein v Blake (No 2) [1998] 1 B.C.L.C. 573, 576 zu der besonderen Situation, dass zwei Gesellschafter existieren, die jeweils 50 % der Anteile halten „I have no doubt that circumstances may exist in which such a duty arises[. . .]“. Ähnlich zurückhaltend ist die Rechtsprechung in Bezug auf fiduziarische Pflichten der directors gegenüber den Gesellschaftern, siehe dazu Peskin v Anderson [2000] B.C.C. 1110, 1121–1122 per Neuberger J; siehe auch Allen v Hyatt [1914] 30 T.L.R. 444; Briess v Woolley [1954] A.C. 333; Heron v Lord Grade [1983] B.C.L.C. 245; Platt v Platt [1999] 2 B.C.L.C. 745; Percival v Wright [1902] 2 Ch. 421; Pettet, S. 161, 164; Gower/Davies, S. 374 ff. Boyle (1999) Comp. Law. 20 (2), 58–59; Arsalidou (2002) Comp. Law. 23 (2), 61, 63. 327 Clemens v Clemens Bros [1976] 2 All E.R. 268, 280–282 per Foster J. 328 Greenhalgh v Arderne [1951] Ch. 286; Re RSB Holdings Ltd (No2) [1996] 1 B.C.L.C. 155; Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch. 656; Brown v British Abrasive Wheel Co Ltd [1919] 1 Ch. 290; Gower/Davies, S. 486 ff. 323
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nach außen im Namen der Gesellschafter und nicht etwa der Gesellschaft auftreten.329 Zudem schulden in Übernahmesachverhalten die directors einer Zielgesellschaft den Gesellschaftern eine fiduziarische Pflicht, diese nicht zu täuschen.330 Des Weiteren scheinen britische Gerichte geneigt zu sein, besondere Umstände, die eine fiduziarischen Pflicht der directors gegenüber den Gesellschaftern rechtfertigen, in Familiengesellschaftern anzunehmen, bei denen ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern und den directors besteht.331 Soweit die vorstehenden Grundsätze zu Treuepflichten der Geschäftsleiter und Gesellschafter einer company auf die LLP übertragbar sind, spricht dies dafür, dass zwischen den LLP-Gesellschaftern grundsätzlich kein Treueverhältnis besteht. Allenfalls in engen Ausnahmefällen kann dann, analog zu der Rechtslage im company law, eine fiduziarische Pflicht der Gesellschafter untereinander angenommen werden. (3) LLP members Soweit die LLP-Vereinbarung keine besonderen Bestimmungen über fiduziarische Pflichten zwischen den LLP-Gesellschaftern enthält, ist es sachgerecht, die im company law entwickelten Grundsätze zu fiduziarischen Pflichten der Geschäftsleiter und Gesellschafter gegenüber (anderen) Gesellschaftern auf die LLP zu übertragen.332 Dafür spricht einerseits, dass die Grundsätze des partnership law als eine mögliche Quelle des auf die neue Gesellschaftsform anwendbaren Rechts für die rechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern der LLP aufgrund von section 1 (5) LLPA keine Anwendung finden können.333 Zum anderen ist die Anwendung der company law Prinzipen auf die LLP auch insoweit angebracht, als sich LLP-Gesellschafter wie die Gesellschafter und Leitungsmitglieder einer company aufgrund der eigenen Rechtspersönlichkeit beider Organisationsformen im Innenverhältnis in Rechtsbeziehungen zu zwei Rechtssubjekten, nämlich der Gesellschaft und den (anderen) Gesellschaftern befinden. Dagegen unterscheidet sich das Innenverhältnis der LLP erheb329
Siehe dazu Allen v Hyatt [1914] 30 T.L.R. 444; Briess v Woolley [1954] A.C. 333; Gower/Davies, S. 374 ff. 330 Siehe dazu Heron International v Lord Grade [1983] B.C.L.C. 245. 331 Siehe Coleman v Myers [1977] 2 N.Z.L.R. 225; Platt v Platt [1999] 2 B.C.L.C. 745; Brunninghausen v Glavanics (1999) 17 A.C.L.C. 1247; Arsalidou (2002) Comp. Law. 23 (2), 61, 63. 332 Dies ist auch die Ansicht des DTI, vgl. URN 00/865, S. 8; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 489; Whittaker/Machell, S. 104; Morse, S. 260. 333 Blackett-Ord, S. 522; a. A. Cross (2003) J.B.L. May, 268, 279.
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lich von dem der partnership, in der lediglich die Mitglieder unter sich in einem Rechtsverhältnis zueinander stehen. Überdies ist eine Anwendung der company law Grundsätze hinsichtlich der fiduziarischen Pflichten von LLP-Gesellschaftern untereinander auch insoweit gerechtfertigt, als die LLP auch in den meisten anderen Bereichen durch company law regiert wird. Aus einer Übertragung der Prinzipien des company law folgt, dass sich die Gesellschafter einer LLP gegenseitig grundsätzlich keine Treuepflichten schulden,334 es sei denn, es liegt ein Sachverhalt vor, der mit den vorbeschriebenen engen Ausnahmesituationen im company law vergleichbar ist.335 Solche Ausnahmefälle sind bei der LLP beispielsweise denkbar, wenn bei eindeutigen Abstimmungsverhältnissen mehrheitserfordernde Gesellschafterbeschlüsse in Rede stehen, die etwa die Ausschließung eines LLP-Gesellschafters oder eine Änderung der LLP-Vereinbarung oder eine zusätzliche Kapitalaufbringung durch die Gesellschafter zum Ziel haben.336 Überdies können fiduziarische Pflichten entstehen, wenn einzelne Gesellschafter der LLP nach außen in Vertretung der anderen Gesellschafter – und nicht etwa in Vertretung der LLP – auftreten, wenn die Übernahme der Gesellschaft bevorsteht, oder wenn Familiengesellschaften betroffen sind, bei denen ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht.337 3. Zusammenfassende Würdigung Im Hinblick auf das Innenverhältnis der LLP hat sich der britische Gesetzgeber das Ziel gesetzt, der neuen Organisationsform eine möglicht einfache, leicht handhabbare und flexible innere Organisation zu verleihen, die die Struktur der Gesellschaft so weit wie möglich den Gesellschaftern der LLP überlässt, und nur ganz grundlegende Aspekte des Innenverhältnisses verbindlich festlegt.338 Mit den im LLPA zum Innenverhältnis der neuen Organisationsform enthaltenen Regelungen hat der britische Gesetzgeber dieses Ziel weitgehend erreicht. So ist das gesamte Innenverhältnis der LLP geprägt vom Prinzip des Vorrangs der LLP-Vereinbarung (primacy of the agreement),339 nach dem die Stellung der Gesellschafter sowie die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter unterei334
Whittaker/Machell, S. 102; Blackett-Ord, S. 522; Mabey, S. 64. Vgl. Whittaker/Machell, S. 102; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 471 ff. 336 Whittaker/Machell, S. 104. 337 Vgl. Whittaker/Machell, S. 104. 338 Vgl. Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 3; URN 98/874, Ziff. 1.1; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-01, A5-13; Gower/Davies, S. 6; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 488; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 278; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 268; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 115. 335
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nander und zur Gesellschaft zuvorderst durch den Gesellschaftsvertrag geregelt werden.340 Hinsichtlich der Gesellschafterstellung betrifft dies unter anderem so signifikante Aspekte wie die Aufnahme und den Austritt oder den Ausschluss von Gesellschaftern, die Stellung der designierten Gesellschafter, Fragen des Geschäftsanteils der Gesellschafter sowie den persönlichen Status der LLP-Gesellschafter im Verhältnis zur LLP. Im Hinblick auf die internen Rechtsbeziehungen kann der Vertrag so elementare Gegenstände wie die Geschäftsführung der LLP, die Entscheidungsfindung in der Gesellschaft, deren Kapitalausstattung, finanzielle Ansprüche der Gesellschafter, die Gewinn- und Verlustbeteiligung und die in der LLP existierenden Treuepflichten regeln. Weil entgegenstehendes Gesetzesrecht in der Praxis die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter nur unwesentlich beschneidet,341 kann die interne Organisation der LLP äußerst flexibel den Bedürfnissen ihrer Nutzer angepasst werden. Im Unterschied zu den alternativen Kapitalgesellschaften des britischen Rechts bietet die LLP damit, obwohl sie eine juristische Person ist, einen großen Gestaltungsspielraum.342 Anders als bei der company existiert bei der LLP kein zwingender Unterschied zwischen Gesellschaftern und Mitgliedern des Leitungsorgans.343 Vielmehr nehmen alle Gesellschafter nach der gesetzlichen Konzeption344 auch an der Geschäftsführung der Gesellschaft teil. Ist allerdings eine Unterscheidung zwischen solchen Gesellschaftern, denen eine Verantwortlichkeit in der Geschäftsleitung zukommen soll, und solchen, die nicht am Management teilnehmen sollen, gewollt, so obliegt es den Gesellschaftern, nach ihren Vorstellungen eine derartige Kompetenzverteilung in der LLP-Vereinbarung festzulegen.345 Der Gestaltungsspielraum der Gesellschafter wird zusätzlich noch dadurch erweitert, dass die LLP-Vereinbarung weder besonderen formellen Anforderungen unterliegt, noch Publizitätserfordernissen genügen muss.346 Die Strategie des britischen Gesetzgebers, die Ausgestaltung der neuen Gesellschaft in weiten Teilen den Anwendern zu überlassen, zeigt sich auch auf 339 Siehe section 5 (1) LLPA; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-03; vgl. Whittaker/Machell, S. 69 f.; Blackett-Ord, S. 507. 340 URN 97/597, Ziff. 2.2. 341 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-03. 342 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-01; Sacker, S. 48; Paterson/Britton, S. 97, 125. 343 Gower/Davies, S. 6. 344 Reg. 7 (3) LLP Regulations. 345 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-01. 346 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-06; Whittaker/Machell, S. 69; Morse, S. 252 f.; Walsmley, S. 4; Sacker, S. 15.
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der Ebene der Auffangnormen; selbst hier werden nur wenige Regeln normiert, die lediglich die grundlegendsten Fragen des Innenverhältnisses regeln.347 Dadurch wird gleichzeitig das obligatorische Entstehen von fiduziarischen Pflichten zwischen den Gesellschaftern weitestgehend verhindert, die von vielen als überholte Bürde des partnership law bzw. des Personengesellschaftsrechts im Allgemeinen empfunden werden.348 Trotz dieser offensichtlichen Vorteile bringt die große Wahlfreiheit, Formfreiheit und Flexibilität hinsichtlich der inneren Struktur der LLP auch Probleme mit sich. Angesichts der Tatsache, dass die Auffangregeln der LLP anders als im partnership law349 und company law350 lediglich ganz rudimentäre Regeln der inneren Beziehungen der neuen Organisationsform festlegen, werden nahezu alle LLPs, zumindest aber diejenigen, deren Gesellschafter keine fundierten gesellschaftsrechtlichen Vorkenntnisse besitzen, gezwungen sein, kosten- und zeitintensive rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um einen lückenlosen Gesellschaftsvertrag zu entwerfen, der alle Aspekte ihres Unternehmens abdeckt. Insoweit wird kritisiert, dass der LLPA eine der zentralen Aufgaben des Unternehmensrechts nicht erfüllt, nämlich Standardorganisationsformen mit klaren Auffangregeln für unternehmerische Tätigkeit zu schaffen,351 um unnötige Transaktionskosten möglichst gering zu halten.352 Zudem bringt die nur spärliche Kodifikation des Innenrechts der LLP erhebliche rechtliche Unsicherheiten mit sich. Soweit kein lückenloser Gesellschaftsvertrag aufgesetzt wurde, kann nicht eindeutig prognostiziert werden, welche Rechtsfolgen das Ausscheiden eines Gesellschafters bezüglich seines Abfindungsanspruches nach sich zieht.353 Ebenso wenig kann bei Fehlen einer vertraglichen Abrede mit Sicherheit vorhergesagt werden, in welchem Umfang 347
Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-13. Siehe Vermeulen, S. 9 f., 257, 261 f.; Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 261; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 120. 349 Vgl. sections 24 ff. PA 1890 sowie die dazugehörigen common law Prinzipien; Whittaker/Machell, S. 70; Blackett-Ord, S. 507. 350 Siehe Table A CA 1985, Statutory Instrument (1985/805), der als Standardverfassung für eine company 118 verschiedene Regelungsgegenstände enthält. Vgl. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-12 f.; Whittaker/Machell, S. 70; Blackett-Ord, S. 507; Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 273; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 115. 351 Vermeulen, S. 8, 187, Easterbrook/Fischel, S. 34 f.; Freedman, in: McCahery/ Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 298; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 490; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 470. 352 Freedman, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 298 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 490. 353 Whittaker/Machell, S. 142 ff. 348
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Treuepflichten bestehen354 und welche common law Prinzipien im Einzelfall einschlägig sind. Aber selbst wenn eine erschöpfende LLP-Vereinbarung verfasst wurde, wird die Lösung von Streit- oder Zweifelsfragen zu den Innenrechtsbeziehungen der Gesellschaft stark davon abhängen, ob die Rechtsprechung die jeweilige LLP aufgrund der getroffenen Vereinbarung eher als mit einer partnership oder mit einer company vergleichbar ansieht.355 Aufgrund dessen steht zu befürchten, dass sich ein zweigeteilter inkonsistenter Kanon des Fallrechts entwickelt, der zwischen großen, im Innenverhältnis eher kapitalgesellschaftlich organisierten Unternehmen, und kleinen, im Innenverhältnis eher personengesellschaftlich organisierten Unternehmen, unterscheidet.356 Für die großen Freiberuflerpersonengesellschaften, auf die die LLP in erster Linie zugeschnitten ist,357 werden diese Bedenken allerdings keine große Bedeutung haben. Zum einen weisen solche Unternehmen zum größten Teil ohnehin maßgeschneiderte innere Strukturen auf, die stark einer company angenähert sind, so dass insoweit relativ klar vorhersehbar ist, welche Rechtsprinzipien auf ihr Innenverhältnisses Anwendung finden werden. Zum anderen haben diese oftmals multinational tätigen Unternehmen in der Regel so detaillierte Gesellschaftsverträge, dass eine Umwandlung zur LLP, die keinen Standardvertrag vorsieht, kein relevanter Hinderungsgrund sein sollte.358 Auch die Auffangregeln werden für solche Unternehmen weitgehend keine Rolle spielen, weil die Angelegenheiten der internen Organisation regelmäßig erschöpfend geregelt sind.359 Um die LLP für kleine und mittlere Unternehmen zu einer attraktiven Alternative im Vergleich zu anderen Organisationsformen zu machen, wäre es allerdings wünschenswert gewesen, wenn die neue Gesellschaftsform mit einer gesetzlichen Standard LLP-Vereinbarung ausgestattet worden wäre, die – ähnlich dem Table A CA 1985 – eine in der Praxis handhabbare Verfassung beinhaltet.360 Ferner wäre im Hinblick auf das Innenverhältnis der LLP ein System umfassender dispositiver Auffangregeln wünschenswert gewesen, um auch 354 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-25 ff.; Whittaker/Machell, S. 91 ff.; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 469. 355 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 490. 356 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 490; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 470. 357 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480, 490; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123. 358 Vgl. Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 489 f.; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 280. 359 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 489 f.; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 280. 360 Vgl. Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 490.
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rechtlich unerfahrenen Gesellschaften eine weniger arbeits- und kostenintensive Gründung bzw. Umwandlung zur LLP zu ermöglichen.361 Ohne diese beiden Eigenschaften wird sich die neue Gesellschaftsform weiterhin vorhalten lassen müssen, das einseitige Ergebnis der Lobbyarbeit der großen Freiberuflergesellschaften zu sein.362
III. Die LLP im Außenverhältnis Im Folgenden wird das Recht der LLP in Hinblick auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft gegenüber Dritten untersucht. Hierzu ist zunächst auf die insoweit prägende eigene Rechtspersönlichkeit der neuen Gesellschaftsform einzugehen. Im Anschluss daran wird die Behandlung vertraglicher und deliktischer Rechtsbeziehungen der LLP zur Außenwelt erörtert. 1. Die eigene Rechtspersönlichkeit der LLP Mit Ausstellung des Eintragungszertifikats,363 welches urkundlich belegt, dass die betreffende LLP unter dem in der Gründungsurkunde genannten Namen registriert ist,364 entsteht die LLP als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit.365 Von diesem Moment an kann die LLP eigenständig, ohne jedwede Beschränkung ihrer Befugnisse gegenüber Dritten,366 eigene Geschäfte führen und Trägerin von Rechten und Pflichten werden. Die LLP ist als eigenes Rechtssubjekt nach der Salomon doctrine367 streng von ihren Gesellschaftern zu unterscheiden. Aufgrund des Trennungsprinzips ist allein die Gesellschaft Trägerin des Unternehmens und primäres Zuordnungsobjekt aller im Rahmen des Unternehmens getätigten Handlungen.368 Dadurch kommt der LLP als Organisationsform das Prinzip der limited liability zugute,
361
Vgl. Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 490. Siehe Vermeulen, S. 65; Freedman, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 297 ff.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123. 363 Section 3 (1) (b) LLPA. 364 Section 3 (4) LLPA. 365 Section 1 (2) LLPA. 366 Section 1 (3) LLPA. Die ultra vires Lehre findet demgemäß bei der LLP keine Anwendung, Whittaker/Machell, S. 26; Pettet, S. 21. Allgemein dazu siehe Gower/Davies S. 129 ff.; Pettet, S. 114 ff. 367 Nach Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. 368 Vgl. Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 10, 14; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-01; Whittaker/Machell, S. 25; Blackett-Ord, S. 498; Mabey, S. 58, 64; Morse, S. 247. 362
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wonach grundsätzlich nur das Vermögen der Gesellschaft gegenüber Dritten als Haftungsmasse dient.369 2. Das Handeln der juristischen Person Wie jede andere juristische Person kann auch eine LLP nur durch natürliche Personen handeln und Entscheidungen treffen.370 Unter welchen Voraussetzungen das Verhalten anderer Personen ein Handeln der LLP konstituiert, oder inwieweit die Gesellschaft für das Handeln anderer einstehen muss, bestimmt sich nach den Regeln der Zurechnung im britischen Recht.371 Dabei sind dieselben Grundsätze einschlägig, nach denen auch bei natürlichen Personen eine Zurechnung erfolgt.372 Dies sind die Regeln der Stellvertretung (agency) und die Grundsätze der Haftung für Dritte (vicarious liability).373 Zu berücksichtigen ist insoweit, dass das Konzept der agency im britischen Recht weiter geht als die Stellvertretung nach dem Verständnis der §§ 164 ff. BGB:374 Nach britischem Recht umfasst die agency alle Personen, die der Geschäftsherr (principal) einsetzt, um seine Rechtsverhältnisse zu regeln und zu beeinflussen. Während hierzulande nach den Regeln der Stellvertretung nur rechtsgeschäftliches Handeln des Vertreters dem Geschäftsherrn zugerechnet wird, erfolgt über das Konzept der agency im britischen Recht auch die Zurechnung tatsächlichen Handelns von Erfüllungsgehilfen im Rechtsverkehr.375 In bestimmten Fallgestaltungen wird hierüber zudem deliktisches Verhalten zugerechnet.376 Darüber hinaus trennt das britische Recht dogmatisch nicht zwi-
369 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 10; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A205 ff.; Whittaker/Machell, S. 25; Gower/Davies, S. 6; Pettet, S. 23, 31. 370 Siehe z. B.: URN 00/656, Ziff. 3.92; Meridian Global Funds Management Asia Ltd v Securities Commission [1995] 2 A.C. 500, 504 f. per Lord Hoffmann; Whittaker/Machell, S. 26; Pettet, S. 131 ff.; Bowstead/Reynolds, Rdn. 1-024; Gower/Davies, S. 129 f.; Blackett-Ord, S. 518; Glick/Gledhill, S. 3; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 157. 371 „It is therefore a necessary part of corporate personality that there should be rules by which acts are attributed to the company. These may be called the ,rules of attribution‘“, Meridian Global Funds Management Asia Ltd v Securities Commission [1995] 2 A.C. 500, 504 f. per Lord Hoffmann. 372 Vgl. Meridian Global Funds Management Asia Ltd v Securities Commission [1995] 2 A.C. 500, 504 f. per Lord Hoffmann. 373 Vgl. Meridian Global Funds Management Asia Ltd v Securities Commission [1995] 2 A.C. 500, 505 per Lord Hoffmann; Gore-Browne, Rdn. 1.7; Glick/Gledhill, S. 5 f.; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 158. 374 Weitergehend dazu T/H/K/M, Rdn. 400 ff. 375 Vgl. etwa Gower/Davies, S. 129 „A principal is bound by the transactions on his behalf of his agents [. . .]“. Transactions erfassen insoweit nicht nur Willenserklärungen, sondern auch tatsächliche Handlungen. Siehe auch T/H/K/M, Rdn. 403. 376 Zu diesen Fällen siehe unten 1. Teil § 6. III. 2. b) bb).
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schen Innen- und Außenverhältnis, also dem Rechtsverhältnis zwischen agent und principal und der Berechtigung des agent im Verhältnis zu Dritten. Soweit im Folgenden der Begriff „Stellvertretung“ oder „Stellvertreter“ im Zusammenhang mit dem britischen Recht verwendet wird, ist damit das weitergehende Konzept der agency gemeint, nicht jedoch die Stellvertretung nach deutschem Recht. a) Handeln im Rechtsverkehr Nach den Regeln der Stellvertretung (agency) wird der LLP als Geschäftsherrin (principal) das Verhalten ihrer Stellvertreter im Rechtsverkehr zugerechnet, soweit diese im Rahmen ihrer Vertretungsmacht (authority) handeln.377 Vertretungsmacht kann nach britischem Recht in Form von tatsächlicher Vollmacht (actual authority) aufgrund ausdrücklicher Bevollmächtigung (express authority) oder aufgrund stillschweigender Bevollmächtigung (implied authority) erteilt werden.378 Im Geschäftsverkehr ist die implied authority, die teilweise auch als usual authority bezeichnet wird, von besonderer Bedeutung: Wer einen Vertreter nicht nur zur Vornahme eines bestimmten Geschäfts (special agent), sondern zur Erledigung von bestimmten Arten von Geschäften bestellt (general agent),379 erteilt damit stillschweigend eine Vollmacht zur Vornahme derjenigen Rechtshandlungen, die herkömmlicherweise der Erfüllung der Aufgaben des Stellvertreters anhängen.380 Neben der Vertretungsmacht aufgrund tatsächlicher Vollmacht (actual authority) existiert Vertretungsmacht nach britischem Recht in Fällen der Rechtsscheinvollmacht (ostensible authority oder apparent authority), in denen der Vertretene sich aufgrund Einwandsverwirkung (estoppel) nicht auf eine fehlende tatsächliche Bevollmächtigung berufen kann.381 Eine solche Rechtsscheinvollmacht beinhaltet zum einen all diejenigen Handlungen, von denen vernünftiger377 Whittaker/Machell, S. 27 f.; Blackett-Ord, S. 518 f.; vgl. Gower/Davies, S. 129; Farrar, S. 145; T/H/K/M, Rdn. 400 ff. 378 Siehe Gower/Davies, S. 129; Bowstead/Reynolds, Rdn. 3-010 ff., 3-018 ff. 379 Zur Unterscheidung zwischen general und special agent Bowstead/Reynolds, Rdn.1-041. 380 Freeman & Lockyer v Buckhurst Park Properties (Mangal) Ltd [1964] 2 Q.B.D. 480; Ryan v Pilkington [1959] 1 All E.R. 689; Burt v Claude Cousins Ltd [1971] 2 All E.R. 611. Etwas anderes gilt nur, wenn die betreffende Handlung explizit vom Umfang der Vollmacht ausgenommen ist. 381 Hely-Hutchinson v Brayhead Ltd [1968] 1 Q.B. 549, 583 per Lord Denning MR; Waugh v Clifford & Sons [1982] 1 All E.R. 1095; Freeman & Lockyer v Buckhurst Park Properties (Mangal) Ltd [1964] 2 Q.B.D. 480; Watteau v Fenick [1893] 2 Q.B. 346; siehe Gower/Davies, S. 129; Bowstead/Reynolds, Rdn. 3-038 f. Eingehend zum Verhältnis der apparent authority zur general und special authority Brown (2004) J.B.L. Jul., 391–422.
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weise angenommen werden kann, dass eine Person in der konkreten Stellung des Vertreters sie hat.382 Außerdem umfasst eine Rechtsscheinvollmacht solche Handlungen, für die der Vertreter den Anschein gesetzt hat, der Stellvertreter sei tatsächlich zu deren Vornahme bevollmächtigt. Einem Stellvertreter, dessen Überschreiten der Vollmacht in vorhergehenden Fällen geduldet wurde, kann nach Rechtsscheingrundsätzen die Vollmacht erteilt worden sein, im Folgenden derartige Handlungen vorzunehmen.383 Dritte können sich allerdings dann nicht auf den Rechtsschein berufen, wenn sei wussten, dass keine tatsächliche Bevollmächtigung vorlag. Nach section 6 (1) LLPA handeln LLP-Gesellschafter gegenüber Dritten als organschaftliche Stellvertreter der Gesellschaft.384 Ein vollkommener Ausschluss dieser Regelung durch den Gesellschaftsvertrag ist nicht möglich.385 Allerdings begründet section 6 (1) LLPA keine unbegrenzte Vertretungsmacht (unlimited authority) der LLP-Gesellschafter.386 Vielmehr geht aus section 6 (2) LLPA hervor, dass auch die den Gesellschaftern erteilte Vollmacht begrenzt werden kann. Jedoch kann eine Begrenzung der Vollmacht bzw. ein auf dem Ausscheiden des betreffenden LLP-Gesellschafters beruhendes Erlöschen der Vertretungsmacht Dritten nur unter den weiteren Voraussetzungen von section 6 (2) und (3) LLPA entgegengehalten werden: Section 6 (2) (a) und (b) LLPA verwehren einer dritten Person nur dann die Entstehung vertraglicher Rechte gegen die LLP, wenn der Dritte positive Kenntnis von der fehlenden Vertretungsmacht des Gesellschafters hatte oder nicht wusste bzw. nicht im Glauben daran gehandelt hat, dass sein Gegenüber ein Gesellschafter der betreffenden LLP ist.387 Nach section 6 (3) (a) und (b) LLPA kann einem Dritten das Ausscheiden eines Gesellschafters nicht entgegengehalten werden, soweit ihm dieses nicht bekannt war oder solange die Mitteilung des Ausscheidens nicht beim Registrar eingegangen ist.388 b) Deliktisches Handeln Deliktisches Handeln ihrer Gesellschafter und Mitarbeiter wird der LLP qua ihrer Stellung als Vertretene (principal) oder als Geschäftsherrin (master) zuge382 Watteau v Fenick [1893] 2 Q.B. 346; Gower/Davies, S. 129; Bowstead/Reynolds, Rdn. 3–039. 383 Vgl. Hely-Hutchinson v Brayhead Ltd [1968] 1 Q.B. 549; Pole v Leask (1860) 28 Beav. 560; bestätigt durch Pole v Leask (1864) 33 L.J. Ch. 155; Gower/Davies, S. 129; Bowstead/Reynolds, Rdn. 3-038 f. 384 Whittaker/Machell, S. 70; Blackett-Ord, S. 519; Mabey, S. 64. 385 Whittaker/Machell, S. 70; Morse, S. 257. 386 Whittaker/Machell, S. 43; Morse, S. 257. 387 Eingehend zu dieser Regelung Whittaker/Machell, S. 46 f.; Morse, S. 257. 388 Dazu Whittaker/Machell, S. 47 f.; Morse, S. 257.
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rechnet.389 Dabei greifen entweder die Grundsätze der agency oder die Grundsätze der vicarious liability. aa) Vicarious liability Nach der traditionellen Position im britischen common law hat die LLP für deliktische Tätigkeit ihrer Mitarbeiter und Gesellschafter nach den Prinzipien der Haftung für Dritte (vicarious liability) einzustehen.390 Danach haftet die LLP als Geschäftsherrin (master) für jedes deliktische Verhalten ihrer Gehilfen (servants), soweit die Tätigkeit im Rahmen der übertragenen Aufgaben erfolgt ist (in the course of employment).391 Dies ist nach der jüngsten Rechtsprechung der Fall, wenn nach objektiver Sicht der Dinge eine ausreichend enge Verbindung zwischen der schädigenden Handlung und dem Aufgabenbereich der entsprechenden Person bestand (sufficiently close connection).392 Um die LLP auf diese Weise für das Verhalten eines Dritten verantwortlich zu machen, ist es erforderlich, dass der Gehilfe seinerseits alle Voraussetzungen des in Frage kommenden Tatbestandes erfüllt hat.393 Es erfolgt damit – wie bei der Haftung nach § 831 BGB – keine echte Zurechnung fremden Verhaltens zur LLP. Anders als nach deutschem Recht besteht allerdings keine Möglichkeit für den Geschäftsherrn, sich von der Haftung zu befreien. Auch Stellvertreter der LLP können Gehilfen sein, für deren deliktisches Fehlverhalten die LLP im Falle einer sufficiently close connection einzustehen hat,394 und zwar unabhängig davon, ob das Verhalten von einer tatsächlichen 389 Vgl. Gower/Davies, S. 165 ff.; Morse, S. 247; v. Bernstorff, S. 71; Bowstead/ Reynolds, Rdn. 8-177 ff.; Charlesworth/Percy, Rdn. 2-220 ff., 2-267 ff.; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 160 ff. 390 Vgl. Bowstead/Reynolds, Rdn. 1-026. Allgemein zur vicarious liability Gower/ Davies, S. 166; Farrar, S. 148; Charlesworth/Percy, Rdn. 2-220 ff.; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-176 ff.; Glick/Gledhill, S. 1. Zu einer ausnahmsweisen Zurechnung über agency Prinzipien siehe unten 1. Teil § 6. III. 2. b) bb). 391 Lloyd v Grace, Smith & Co [1912] A.C. 716, 737 per Lord Macnaghten; Credit Lyonnais Bank Nederland N.V. v Export Credit Guarantee Department [1999] 2 W.L.R. 540; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-177; Gower/Davies, S. 166; Glick/Gledhill, S. 8; Barron (2004) S.L.T. 15, 91, 92, 94. 392 Siehe Lister v Hesley Hall Ltd [2001] 2 All E.R. 769; Dubai Aluminium Company v Salaam [2003] 1 B.C.L.C. 32; Gower/Davies, S. 166; Barron (2004) S.L.T. 15, 91, 92, 94. 393 Stavely Iron and Chemical Co Ltd v Jones [1956] A.C. 627; Imperial Chemical Industries Ltd v Shatwell [1965] A.C. 656; Welton v North Cornwall D.C. [1997] 1 W.L.R. 570; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-184; Glick/Gledhill, S. 6 f.; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 164; Todd (2003) L.Q.R. 119, 199, 202 f. 394 Vgl. Lister v Hesley Hall Ltd [2001] 2 All E.R. 769; Dubai Aluminium Company v Salaam [2003] 1 B.C.L.C. 32; Gower/Davies, S. 166; Barron (2004) S.L.T. 15, 91, 92, 94. Allgemein dazu, dass Stellvertreter Gehilfen sein können Bowstead/Reynolds, Rdn. 1-030.
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Vollmacht (actual authority) gedeckt war oder nicht.395 Eine Diskussion, ob LLP-Gesellschafter Gehilfen sein können, ist entbehrlich,396 weil section 6 (4) LLPA eine Haftung für Dritte nach dem Vorbild der common law Grundsätze zur vicarious liability ausdrücklich anordnet. Danach ist die LLP für alle schädigenden Handlungen oder Unterlassungen ihrer Gesellschafter neben diesen haftbar, soweit das Verhalten im Geschäftsbetrieb der LLP oder im Rahmen der Vollmacht geschehen ist, und in einer persönlichen Haftung der oder des betreffenden Gesellschafters resultiert hat. bb) Agency Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die LLP für deliktische Tätigkeit ihrer Mitarbeiter und Gesellschafter nach den vorbeschriebenen Grundsätzen der vicarious liability einzustehen hat, besteht in Fällen, in denen das deliktische Verhalten in einer Äußerung oder Gedankenerklärung besteht (torts involving a representation oder torts of misrepresentation).397 In diesen Fällen haftet die LLP als Vertretene über die Grundsätze der agency für Falschbehauptungen ihrer Gesellschafter und Mitarbeiter gegenüber Dritten, soweit diese im Rahmen ihrer tatsächlichen (actual authority) oder auf Rechtsscheingrundsätzen beruhenden Vertretungsmacht (ostensible oder apparent authority) gehandelt haben.398 Die Grundsätze der vicarious liability haben dagegen in derartigen Fallgestaltungen keine Bedeutung.399 Selbst wenn von den Gerichten mitunter in Fällen von torts of misrepresentation, also schädigenden Gedankenerklärungen, anstatt der Reichweite der Vollmacht (the scope of actual or apparent authority) die tatsächliche Reichweite 395 Anders noch Poulton v London and South Western Railway Co (1867) L.R. 2 Q.B. 534; siehe aber Lloyd v Grace, Smith & Co [1912] A.C. 716; Morris v C W Martin & Sons Ltd [1966] 1 Q.B. 716; jüngst Lister v Hesley Hall Ltd [2001] 2 All E.R. 769; Dubai Aluminium Company v Salaam [2003] 1 B.C.L.C. 32; so auch Gower/Davies, S. 166; Barron (2004) S.L.T. 15, 91, 92, 94. 396 Zur Diskussion bei company directors siehe Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 161 f. 397 Vgl. Armadas Ltd v Mundogas S.A. [1986] A.C. 717; Hamlyn v John Houston & Co [1901] 1 K.B. 81; Slignsby v District Bank Ltd [1933] 2 K.B. 588; Koorang Investments Pty v Richardson & Wrench Ltd [1982] A.C. 462; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8180, 8-183 f.; Charlesworth/Percy, Rdn. 2-267 ff.; Glick/Gledhill, S. 11 ff.; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 162; McKendrick/Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 4. 398 Vgl. Barwick v English Joint Stock Bank (1867) L.R. 2 Ex 259; Lloyd v Grace, Smith & Co [1912] A.C. 716; Uxbridge Permanent Benefit Building Society v Pickard [1939] 2 K.B. 248; Armagas Ltd v Mundogas S.A. [1986] A.C. 717; Credit Lyonnais Bank Nederland N.V. v Export Credit Guarantee Department [1999] 2 W.L.R. 540; Bowstead/Reyolds, Rdn. 8-183 f.; Glick/Gledhill, S. 11 f.; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 162 ff.; 399 Armagas Ltd v Mundogas S.A. [1986] A.C. 717, 781D–F per Lord Keith.
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des Betätigungsbereichs des Handelnden erörtert wird (in the course of employment), so sollen beide Umschreibungen dasselbe ausdrücken:400 Entscheidend für die Haftung des Vertretenen bleibt, ob die deliktische Erklärung im Rahmen dessen liegt, was durch eine tatsächlich erteilte oder auf Rechtsschein beruhende Vollmacht gedeckt ist.401 Eine über die Reichweite der Vollmacht hinausgehende Haftung des Vertretenen können auch die Grundsätze der vicarious liability in diesen Fällen nicht begründen.402 Nach der jüngeren Rechtsprechung ist es für eine deliktische Haftung nach agency Grundsätzen im Rahmen eines tort of misrepresentation nicht erforderlich, dass der Vertreter seinerseits alle Voraussetzungen des betreffenden tortTatbestandes erfüllt hat.403 Anders als bei der vicarious liability erfolgt damit nach agency Grundsätzen eine echte Zurechnung der deliktischen Erklärung des Stellvertreters zur LLP.404 3. Vertragsrecht (contract) Nach britischem Recht schließt und erfüllt die LLP Verträge durch ihre Stellvertreter, seien dies Mitarbeiter oder Gesellschafter, soweit diese nach den Grundsätzen der agency für die Gesellschaft im Rahmen ihrer Vertretungsmacht auftreten.405 Als Geschäftsherrin stehen der LLP alle Rechte aus den in ihrem Namen eingegangenen Verträgen zu. Gleichermaßen haftet die LLP mit ihrem Vermögen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der agency aber auch für alle Verbindlichkeiten, die ihre Stellvertreter in ihrem Namen begründet haben.406 400
Armagas Ltd v Mundogas S.A. [1986] A.C. 717, 781D–F per Lord Keith. Armagas Ltd v Mundogas S.A. [1986] A.C. 717, 781D–F per Lord Keith; Bowstead/Reyolds, Rdn. 8-183; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 163. 402 Armagas Ltd v Mundogas S.A. [1986] A.C. 717, 781D–F per Lord Keith; Bowstead/Reyolds, Rdn. 8-183; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 163. 403 Vgl. Gran Gelato Ltd v Richcliff Group Ltd [1992] Ch. 560; Cemp Properties (UK) Ltd v Dentsply Research and Development Corp [1989] 2 E.G.L.R. 196; Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] 2 N.Z.L.R. 517; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830; Gower/Davies, S. 167 Fn. 94; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8184; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 162 f.; Whittaker (1998) J.B.L. Nov., 106, 106; ähnlich Glick/Gledhill, S. 2. Ebenso Todd (2003) L.Q.R. 119, 199, 202 f., der dies allerdings als falsch kritisiert. 404 Vgl. Cassidy v Ministry of Health [1951] 2 K.B. 343; Gran Gelato Ltd v Richcliff Group Ltd [1992] Ch. 560; Cemp Properties (UK) Ltd v Dentsply Research and Development Corp [1989] 2 E.G.L.R. 196; Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] 2 N.Z.L.R. 517; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830; Gower/ Davies, S. 167 Fn. 94; Farrar, S. 149 f.; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-184; Whittaker/ Machell, S. 28; Glick/Gledhill, S. 14; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 162 f., 164; Whittaker (1998) J.B.L. Nov., 106, 106. 405 Whittaker/Machell, S. 27 f.; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 601; vgl. URN 00/656, Ziff. 3.95 für die company. 401
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Die LLP hat zudem nach britischem Recht gemäß den agency Grundsätzen für die Erfüllung sowie die Nicht- oder Schlechterfüllung von Verbindlichkeiten aus den in ihrem Namen geschlossenen Verträgen durch ihre Stellvertreter einzustehen.407 Solange die Vertreter im Rahmen ihrer tatsächlichen (actual authority) oder auf Rechtscheingrundsätzen beruhenden Vertretungsmacht (ostensible oder apparent authority) handeln, kommt eine eigene auf Vertrag beruhende Haftung der Stellvertreter neben der LLP grundsätzlich nicht in Betracht.408 Nur auf das Vermögen der Gesellschaft kann dann nach der Salomon doctrine409 zugegriffen werden. 4. Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) Obwohl das britische Deliktsrecht (tort law) weitaus mehr Tatbestände als den tort of negligence – der Anspruchsgrundlage in Fällen fahrlässigen Fehlverhaltens – kennt,410 soll die Darstellung auf diesen tort-Tatbestand beschränkt bleiben, weil der tort of negligence unter den schier zahllosen Deliktstatbeständen des britischen Rechts heutzutage in der Praxis zweifellos die bei weitem größte Bedeutung zukommt.411 Vereinfacht dargestellt erfordern die Voraussetzung eines Anspruchs aus dem tort of negligence das Bestehen einer Sorgfaltspflicht (duty of care) des Anspruchsgegners gegenüber dem Anspruchsteller, die in einer dem Anspruchsgegner zurechenbaren Weise gebrochen worden sein muss (breach), wodurch beim Anspruchsteller ein vorhersehbarer kausaler Schaden entstanden ist (damage).412 Dieser Schaden kann im Gegensatz zum deutschen Recht auch in einem reinen Vermögensschaden bestehen.413
406 Vgl. Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 10, 14; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-01; Whittaker/Machell, S. 119; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-002; Chitty, 32055; Morse, S. 247; Blackett-Ord, S. 499; Mabey, S. 58, 64. 407 Whittaker/Machell, S. 119; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-002; Chitty, 32-055; Morse, S. 247; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 601; vgl. URN 00/656, Ziff. 3.95 für die company. 408 Zu den Ausnahmen siehe unten 1. Teil § 6. IV. 1. 409 Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. 410 Siehe Clerk/Lindsell, Rdn. 7-01–7-03. 411 Vgl. Clerk/Lindsell, Rdn. 7-04; v. Bernstorff, S. 110; Baus, ZVglRWiss 103 (2004), 219, 222. 412 Vgl. Clerk/Lindsell, Rdn. 7-04. Diese sprechen allerdings von vier Voraussetzungen, weil die Kausalität als eigenständige Voraussetzung behandelt wird; siehe aber Jackson/Powell, Rdn. 2-013 ff.; Charlesworth/Percy, Rdn. 1–23; v. Bernstorff, S. 110 ff.; Baus, ZVglRWiss 103 (2004), 219, 222. 413 Vgl. Hedley Byrne & Co Ltd v Heller & Partners Ltd [1964] A.C. 465; Clerk/ Lindsell, Rdn. 7-84 ff.; Jackson/Powell, Rdn. 2-024; v. Bernstorff, S. 112.
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a) Bestehen einer Sorgfaltspflicht (duty of care) Von den drei Tatbestandsvoraussetzungen des tort of negligence ist das Erfordernis des Bestehens einer Sorgfaltspflicht zwischen dem Anspruchsgegner und dem Anspruchsteller von zentraler Bedeutung.414 Ob eine solche Sorgfaltspflicht besteht, hängt davon ab, welche Qualität die Beziehung zwischen der LLP und dem Dritten hat. Dass der Dritte möglicherweise in einem vertraglichen Verhältnis zur LLP steht, aus dem vertragliche Pflichten folgen, hat dabei grundsätzlich keinen Einfluss auf das Bestehen einer Sorgfaltspflicht im Rahmen des tort of negligence, weil solche Pflichten nebeneinander bestehen können.415 aa) Die drei Tests zur Sorgfaltspflicht im britischen Recht Hinsichtlich der Existenz einer duty of care besteht die grundlegende Frage darin, ob das konkrete Verhältnis zwischen dem Anspruchsteller und dem Anspruchsgegner „eine besondere Verbindung begründet, die das Entstehen einer Sorgfaltspflicht nach sich zieht“.416 Die Antwort auf diese Frage wird gemeinhin durch die Anwendung eines der drei verschiedenen Tests beurteilt,417 die im britischen Recht nach traditionellem Verständnis alternativ herangezogen werden können,418 um eine duty of care zu begründen.419 (1) Der dreifache Test (threefold test) Der erste Test, der zur Begründung einer duty of care herangezogen werden kann, ist der sog. „dreifache Test“ („threefold test“). Dieser Prüfungsmaßstab 414 415
Vgl. Jackson/Powell, Rdn. 2-014; Clerk/Lindsell, Rdn. 7-05. Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145; Jackson/Powell, Rdn. 2-
105. 416 „[A] special relationship as to give rise to a duty of care“, vgl. Donoghue v Stevenson [1932] A.C. 562, 579–580 per Lord Atkin; Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 180C per Lord Goff; White v Jones [1995] 2 A.C. 207, 271F–H, 272B–D, 274E–H per Lord Browne-Wilkinson; Jackson/Powell, Rdn. 2-025; Whittaker/Machell, S. 121. 417 Eingehend zu der historischen Entwicklung der verschiedenen Prüfungsmaßstäbe Baus, ZVglRWiss 103 (2004), 219, 220 ff. 418 So zuletzt Commissioners for Customs and Exercise v Barclays Bank plc [2005] 1 Lloyd’s Rep 165, 171 f. per Longmore LJ, 177 per Lindsay J, 178 per Gibson LJ; Stovin v Wise [1996] A.C. 923, 949 per Lord Hoffman; Bank of Credit and Commerce International (Overseas) Ltd v Price Waterhouse (No 2) [1998] P.N.L.R. 564, 586F per Sir Brian Neill; Parkinson v St James and Seacroft University Hospital NHS Trust [2001] W.L.R. 376, 382F per Brooke LJ; Jackson/Powell, Rdn. 2-050-2-053; Clerk/ Linsell, Rdn. 7–95. 419 Dies kritisierend Mitchell/Mitchell (2005) L.Q.R. 121, 194–200.
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wurde im Wesentlichen in der Entscheidung des House of Lords im Fall Caparo Industries plc v Dickmann420 entwickelt421 und entscheidet über das Vorliegen einer duty of care, indem untersucht wird,422 (a) ob es vernünftigerweise vorhersehbar war, dass der Anspruchsteller den betreffenden Schaden erleiden würde (forseeability of damage), (b) ob eine ausreichende Nähebeziehung zwischen den Parteien bestand (proximity oder neighbourhood), und (c) ob es gerecht und vernünftig ist (fair, just and reasonable), wenn der Anspruchsgegner dem Anspruchsteller eine duty of care in dem geltend gemachten Ausmaß schuldet. (2) Der Test der Übernahme persönlicher Verantwortung (assumption of responsibility) Der zweite Test zur Feststellung einer duty of care ist der sog. test der „Übernahme persönlicher Verantwortung“ („assumption of responsibility“).423 Dieser geht auf die Entscheidung des House of Lords im Fall Hedley Byrne and Co Ltd v Heller & Partners Ltd 424 zurück425 und beurteilt das Vorliegen einer duty of care, indem untersucht wird,426 (a) ob der Anspruchsgegner gegenüber dem Anspruchsteller eine besondere persönliche Verantwortung übernommen hat (assumption of responsibility), (b) ob der Anspruchsteller sich auf diese Übernahme persönlicher Verantwortung verlassen hat (reliance on the assumption), und
420
[1990] 2 A.C. 605. Weitere Fälle, in denen die Entscheidung maßgeblich auf dem dreifachen Test beruht, sind etwa Spring v Guardian Assurance plc [1995] 2 A.C. 296, 325–326 per Lord Lowry, 334–336 per Lord Slynn, 342 per Lord Woolf; Gran Gelato v Richcliff Group Ltd [1992] Ch. 560, 569D–E per Nicholls V-C. Siehe Clerk/Lindsell, Rdn. 7-13–7-23. 422 Caparo Industries plc v Dickman [1990] 2 A.C. 605, 617G–618C per Lord Bridge, 632–633D, 635B–636B per Lord Oliver. Vgl. Jackson/Powell, Rdn. 2-035; Whittaker/Machell, S. 121; Baus, ZVglRWiss 103 (2004), 219, 228. 423 Im Folgenden auch Hedley Byrne Leitlinien genannt. 424 [1964] A.C. 465. 425 Hedley Byrne and Co Ltd v Heller & Partners Ltd [1964] A.C. 465, 483 per Lord Reid, 528–529 per Lord Devlin. Siehe dazu Clerk/Lindsell, Rdn. 7-86–7-94. 426 Anwendungen bzw. Präzisierungen der Hedley Byrne Leitlinien finden sich in Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 180–181 per Lord Goff; White v Jones [1995] 2 A.C. 207, 262 per Lord Goff (mit anschließenden rechtsvergleichenden Anmerkungen zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte im deutschen Recht, 262–264), 272–274 per Lord Browne-Wilkinson; MCA Records Inc v Charly Records Ltd (No 5) [2002] E.M.L.R. 1, Ziff. 42 per Chadwick LJ. 421
§ 6 Die Verfassung der LLP
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(c) ob sich der Anspruchsteller auch vernünftigerweise auf die Verantwortungsübernahme verlassen durfte (reasonable reliance). (3) Der schrittweise Test (incremental test) Der dritte Test, der zur Begründung einer duty of care angewendet werden kann, ist der sog. „schrittweise“ oder „stufenweise Test“ („incremental test“). Dieser wurde in der Entscheidung Sutherland Shire Council v Heyman427 vom High Court of Australia entwickelt428 und ist später im Fall Murphy v Brentwood District Council429 vom House of Lords übernommen worden.430 Der „schrittweise Test“ spiegelt anschaulich die traditionelle Vorgehensweise des common law wider, indem er induktiv von den bereits gebilligten Fallgruppen einer duty of care ausgeht und untersucht, ob der zu lösenden Fall Gemeinsamkeiten mit den bereits kategorisierten Sachverhalten aufweist. Eine duty of care kann nach diesem eher restriktiven Test dann bestehen, wenn für die konkrete Sachlage aufgrund eines vorhergehenden Präzedenzfalles das Bestehen einer Sorgfaltspflicht anerkannt ist. Ist dies nicht der Fall, so kann eine duty of care nur in Analogie mit den bereits anerkannten Fallgruppen und unter schrittweiser, d.h. unwesentlicher Abweichung von den bereits bestehenden Prinzipien angenommen werden.431 bb) Relevanz für die LLP Wie bereits erwähnt, können nach traditionellem Verständnis die drei vorgenannten Prüfungsmaßstäbe alternativ herangezogen werden, um im Einzelfall das Bestehen einer duty of care zu begründen.432 Jüngere Entscheidungen deuten allerdings darauf hin, dass die Hedley Byrne Leitlinien den beiden anderen Tests in bestimmten Fallgestaltungen übergeordnet sind.433 427 428
(1984–1985) 157 C.L.R. 424. Sutherland Shire Council v Heyman (1984–1985) 157 C.L.R. 424, 481 per Bren-
nan J. 429 430
[1991] 1 A.C. 398. Murphy v Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398, 461E–F per Lord
Keith. 431 Eine weitere Anwendung des schrittweisen Tests findet sich in dem Fall Punjab National Bank v de Boinville [1992] 1 W.L.R. 1138. 432 So zuletzt Commissioners for Customs and Exercise v Barclays Bank plc [2005] 1 Lloyd’s Rep 165, 171 f. per Longmore LJ, 177 per Lindsay J, 178 per Gibson LJ; Stovin v Wise [1996] A.C. 923, 949 per Lord Hoffman; Bank of Credit and Commerce International (Overseas) Ltd v Price Waterhouse (No 2) [1998] P.N.L.R. 564, 586F per Sir Brian Neill; Parkinson v St James and Seacroft University Hospital NHS Trust [2001] W.L.R. 376, 382F per Brooke LJ; Jackson/Powell, Rdn. 2-050–2-053; Clerk/ Linsell, Rdn. 7–95.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Nach der einschlägigen Spruchpraxis des House of Lords ist das Bestehen von Sorgfaltspflichten vorrangig nach dem zweiten Test als vorzugswürdigem Prüfungsmaßstab zu beurteilen, wenn die Haftung für fahrlässiges, vermögensschädigendes Verhalten von Dienstleistern in Rede steht.434 Da die LLP primär als Organisationsform für freiberufliche Unternehmen bzw. Beratungsunternehmen konzipiert ist,435 wird demgemäß für die Frage, in welchen Fällen eine LLP Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten schuldet, primär der zweite Test von Bedeutung sein.436 Die Geschäftstätigkeit solcher Unternehmen besteht nämlich gerade in der Erbringung von Dienstleistungen durch ihre Mitarbeiter oder Gesellschafter. Fahrlässiges Verhalten der mit der Erbringung der Dienstleistung betrauten Personen – etwa in Form sorgfaltswidriger Information oder Beratung – wirkt sich in nahezu allen Fällen in der Entstehung reiner Vermögensschäden bei den Mandanten oder anderen auf die Dienstleistung vertrauenden Parteien aus. Absolute Güter wie das Eigentums oder die Gesundheit werden dagegen im Normalfall nicht beeinträchtigt. Infolgedessen werden LLPs regelmäßig dann einer duty of care für etwaiges ihr zurechenbares sorgfaltwidriges Verhalten unterliegen, wenn in ihrem Namen gegenüber einem Dritten eine besondere persönliche Verantwortung für die entsprechende Aufgabe übernommen wurde (assumption of responsibility),437 wenn der Dritte zudem auf diese Verantwortungsübernahme vertraut hat (reliance on the assumption) und er darauf vernünftigerweise auch vertrauen durfte (reasonable reliance).438
433 Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 180, 180D–E per Lord Goff; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834F–G per Lord Steyn; Marc Rich & Co AG v Bishop Rock Marine Co Ltd [1996] A.C. 211, 229H per Lord Lloyd; vgl. Jackson/Powell, Rdn. 2-050. Dahingehend wohl auch Mitchell/Mitchell (2005) L.Q.R. 121, 194, 197. 434 Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 180, 180D–E per Lord Goff; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834F–G per Lord Steyn; sowie die Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16, die für die Frage einer deliktischen Haftung der LLP-Gesellschafter gegenüber Dritten generell auf diese grundlegende Entscheidung des House of Lords hinweisen. 435 Vgl. URN 97/597, Ziff. 2 und 3, wo das Ziel der Regierung beschrieben wird als „to enhance competitiveness of professions in the UK by making LLPs available to them“. 436 Davon geht auch der britische Gesetzgeber aus, der in den Explanatory Notes die Hedley Byrne Voraussetzungen als haftungsentscheidende Voraussetzungen auflistet, siehe Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16. 437 Vgl. Gran Gelato Ltd v Richcliff Group Ltd [1992] Ch. 560; Cemp Properties (UK) Ltd v Dentsply Research and Development Corp [1989] 2 E.G.L.R. 196; Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] 2 N.Z.L.R. 517; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-184. 438 Vgl. Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16. Zur Anwendung der Hedley Byrne Leitlinien im Hinblick auf die Haftung einer Kapitalgesellschaft siehe die Entscheidung Esso Petroleum Co Ltd v Mardon [1975] Q.B. 819, die hinsichtlich der insoweit
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b) Bruch der Sorgfaltspflicht (breach) und Schaden (damage) Soweit bei einer Tätigkeit im Geschäftsbereich der LLP die Sorgfaltspflichten der Gesellschaft durch deren Gesellschafter oder Mitarbeiter gebrochen wurden (breach) und dieses Verhalten der Gesellschaft nach den Grundsätzen der agency zurechenbar ist,439 muss die LLP mit ihrem Gesellschaftsvermögen für den entstandenen Schaden (damage) einstehen.440 Die LLP haftet dann unabhängig davon, ob in der Person des ihr zurechenbaren Schädigers selbst die Voraussetzungen des tort of negligene erfüllt sind.441 Daneben haftet die LLP in Übereinstimmung mit den Prinzipien der vicarious liability442 nach section 6 (4) LLPA auch, wenn schädigende Handlungen oder Unterlassungen ihrer Gesellschafter443 oder Mitarbeiter im Rahmen der übertragenen Aufgabe bzw. im Rahmen der Vollmacht dazu geführt haben, dass diese für die LLP handelnden Personen persönlich nach dem tort of negligence einstehen müssen, weil sie ihrerseits die entsprechenden Haftungsvoraussetzungen vollständig erfüllt haben.444 5. Zusammenfassende Würdigung Hinsichtlich der Außenbeziehungen der LLP hat der britische Gesetzgeber der neuen Gesellschaftsform ganz nach dem Vorbild der company eine eigene Rechtspersönlichkeit verliehen, so dass Dritte in erster Linie mit der LLP als Trägerin des Unternehmens in Rechtsbeziehungen treten.445 In dieser eigenen Rechtspersönlichkeit, die prägend für alle Außenbeziehungen der neuen Organisationsform ist, liegt auch der entscheidende Unterschied zur partnership – sei einschlägigen Grundsätze nicht von der nächstinstanzlichen Entscheidung in Esso Petroleum Co Ltd v Mardon [1976] Q.B. 801 aufgehoben wurde. 439 Dies kann in den Fällen der torts of misrepresentation der Fall sein. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. III. 2. b) bb). 440 Whittaker/Machell, S. 28. 441 Vgl. Gran Gelato Ltd v Richcliff Group Ltd [1992] Ch. 560; Cemp Properties (UK) Ltd v Dentsply Research and Development Corp [1989] 2 E.G.L.R. 196; Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] 2 N.Z.L.R. 517; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-184; Payne (1998) J.B.L. Mar., 153, 162 f. 442 Ausgenommen sind Fälle des tort of misrepresentation, für die die agency Grundsätze greifen. Siehe zum Ganzen oben 1. Teil § 6. III. 2. a)–b). 443 Section 6 (4) LLPA. 444 Zur persönlichen Haftung der LLP-Gesellschafter nach dem tort of negligence siehe nachfolgend 1. Teil § 6. IV. 2. 445 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 10, 14; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-01; Whittaker/Machell, S. 25; Blackett-Ord, S. 498; Mabey, S. 58, 64; Morse, S. 247.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
es eine ordinary partnership nach dem PA 1890 oder eine limited partnership nach dem LPA 1907.446 Nach dem Recht der LLP ist es grundsätzlich nur die Gesellschaft, die in ihrem Geschäftsbetrieb Rechte und Pflichten gegenüber Dritten erwirbt, die den Gewinn und Verlust des Unternehmens generiert, die das Gesellschaftsvermögen trägt, und die mit dem Personal der Gesellschaft in ein Anstellungsverhältnis tritt. Durch die Verankerung des Prinzips der corporate personality im LLPA447 ist deshalb der Anknüpfungspunkt für rechtliche Beziehungen zu Dritten von den Gesellschaftern – wie bei der partnership – auf die neue Organisationsform selbst verlagert worden. Auf diese Weise hat der britische Gesetzgeber – seinem Ziel entsprechend – eine grundlegende Voraussetzung dafür geschaffen, dass die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber Dritten möglichst reduziert werden kann, weil nunmehr nach dem Grundsatz der Salomon doctrine448 nur das Vermögen der Gesellschaft als primäres Rechtssubjekt jeder Rechtsbeziehung nach außen als Haftungsmasse gegenüber Dritten dient.
IV. Die LLP-Gesellschafter im Außenverhältnis Aufgrund der eigenen Rechtspersönlichkeit der LLP treten Dritte grundsätzlich mit der Gesellschaft und nicht mit deren Gesellschaftern in Rechtsbeziehungen.449 Abweichend von diesem Grundsatz können jedoch ausnahmsweise auch die Mitglieder der LLP neben oder anstelle der Gesellschaft gegenüber Dritten persönlich berechtigt und verpflichtet werden. Die Fälle, in denen solche Rechtsbeziehungen der LLP-Gesellschafter im Außenverhältnis entstehen können, werden im Folgenden erörtert. Dazu wird zunächst auf vertragliche (contract) und deliktische Rechtsbeziehungen – hier wiederum nur den tort of negligence – eingegangen. Im Anschluss daran sollen die Fälle erörtert werden, in denen nach britischem Recht eine Missachtung der juristischen Person durch den Rückgriff auf deren Gesellschafter anerkannt ist (lifting the corporate veil).
446 Vgl. Ryhope Coal Co v Foyer (1881) 7 Q.B.D. 485; Meyer & Co v Faber (No. 2) [1923] 2 Ch. 421; Ex parte Gliddon (1884) 13 Q.B.D. 43; Hoare v Oriental Bank Corporation (1877) 2 A.C. 589; Ex parte Corbett (1880) 14 Ch. D. 122; Lindley/ Banks, Rdn. 3-04; Whittaker/Machell, S. 25; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-01. 447 Section 1 (2) LLPA. 448 Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. 449 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 10, 14; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-01; Whittaker/Machell, S. 25; Blackett-Ord, S. 498; Mabey, S. 58, 64; Morse, S. 247.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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1. Vertragliche Rechtsbeziehungen (contract) Die Gesellschafter der LLP treten im Rahmen des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft gegenüber Dritten gemäß section 6 (1) LLPA grundsätzlich als Stellvertreter der LLP auf, die ihrerseits als eigenständige Rechtsperson Geschäftsherrin und Trägerin des Geschäftsbetriebes ist. In Übereinstimmung mit den Prinzipien der britischen agency450 ist es demzufolge allein die LLP, die aus vertraglichen Rechtsbeziehungen berechtigt und verpflichtet wird. Ihre Gesellschafter erwerben dagegen grundsätzlich keine Rechte aus Verträgen gegenüber Dritten. Gleichzeitig werden sie aber im Grundsatz ebenso wenig aus den im Geschäftsbetrieb geschlossenen Verträgen hinsichtlich deren Erfüllung, Nichterfüllung oder Schlechterfüllung persönlich verpflichtet,451 so dass ihr eigenes Vermögen aufgrund des Trennungsprinzips der juristischen Person grundsätzlich geschützt ist.452 Lediglich in Ausnahmefällen kommt eine persönliche Haftung der als Stellvertreter handelnden LLPGesellschafter gegenüber Dritten im Rahmen von Verträgen in Betracht. a) Vertreter ohne Vertretungsmacht (breach of warranty of authority) Nach den Prinzipien des allgemeinen Vertragsrechts (general law of contract) kann eine persönliche Haftung eines LLP-Gesellschafters als Stellvertreter ausnahmsweise dann entstehen, wenn dieser gegenüber einem Dritten vorgibt, im Rahmen seiner Vertretungsmacht zu handeln, aber tatsächlich deren Grenzen überschreitet, so dass im Endeffekt zwischen dem Vertretenen und dem Ditten kein Vertrag zustande kommt.453 In einem solchen Fall kann der Dritte von dem Vertreter verlangen, so gestellt zu werden, als wäre der Vertragsschluss von der Vollmacht gedeckt gewesen.454 Die ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrages kann allerdings vom Vertreter nicht verlangt werden.455 450 451
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. III. 2. a). Whittaker/Machell, S. 119; Morse, S. 247; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601,
601. 452 Vgl. Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22; Henry Brown & Sons v Smith [1964] 2 Lloyd’s Rep. 476; Whittaker/Machell, S. 119; Blackett-Ord, S. 499; vgl. Finch, S. 510; Milman/Durrant, S. 221. 453 Vgl. West London Commercial Bank Ltd v Kitson (1884) 13 Q.B.D. 360; Yonge v Tonybee [1910] 1 K.B. 215; Collen v Wright (1857) 7 E. & B. 301; Coventry’s Case, Britannia Fire Association, Re [1891] 1 Ch. 202; Firbank’s Executors v Humphreys (1886) 18 Q.B.D. 54; weiterhin Weeks v Property (1873) L.R. 8 C.P. 427 und Chapleo v Brunswick Permanent Building Society (1881) 6 Q.B.D. 696; Kavanagh v Continental Shelf (No 46) Ltd [1993] 2 N.Z.L.R. 648; Bowstead/Reynolds, Rdn. 9-060 ff., 9074 ff.; Chitty, Rdn. 32-099; Pennington, Company Law, S. 746; McKendrick/Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 10; Reynolds (1998) J.B.L. Mar., 151, 151. 454 Grundlage der Haftung ist der Bruch der Zusicherung der Vertretungsmacht, nicht indessen der Vertrag oder Delikt, vgl. Ferguson v Wilson (1866) L.R. 2 Ch.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
In der Praxis werden solche Fälle einer persönlichen Haftung aufgrund des Bruchs einer Zusicherung (breach of warranty of authority) für LLP-Gesellschafter allerdings kaum von Bedeutung sein. Denn nach der Grundvorstellung von section 6 (1) LLPA handeln LLP-Gesellschafter im Geschäftsbereich der Gesellschaft grundsätzlich als deren organschaftliche Vertreter. Ein vollkommener Ausschluss dieser Regelung durch den Gesellschaftsvertrag ist nicht möglich.456 Zudem verwehren, wie bereits erwähnt,457 section 6 (2) (a) und (b) LLPA einem Dritten nur dann die Entstehung vertraglicher Rechte gegen die LLP, wenn dieser positive Kenntnis von der fehlenden Vertretungsmacht des Gesellschafters hatte oder nicht wusste bzw. nicht im Glauben daran gehandelt hat, dass sein Gegenüber ein Gesellschafter der betreffenden LLP ist.458 So lange ein Dritter jedoch im guten Glauben an die Vertretungsmacht des Gesellschafters handelt,459 wird ein Vertrag mit der LLP als Geschäftsherrin zustande kommen, so dass ein Rückgriff auf den als Vertreter auftretenden Gesellschafter nach den Grundsätzen des breach of warranty of authority nicht in Frage kommt. b) Verdeckte Stellvertretung (undisclosed agency) Eine persönliche Haftung von LLP-Gesellschaftern für vertragliche Verbindlichkeiten kommt ferner dann in Betracht, wenn diese ohne Offenlegung ihres Prinzipals (undisclosed principal) – der LLP – gegenüber Dritten auftreten.460 In solchen Fällen verdeckter Stellvertretung steht es Dritten, soweit sie von der Existenz des Geschäftsherrn erfahren, grundsätzlich frei, ob sie ihre Ansprüche
App. 77; Collen v Wright (1857) 7 E. & B. 301, 8 E. & B, 647; Kavanagh v Continental Shelf (No 46) Ltd [1993] 2 N.Z.L.R. 648; Bowstead/Reynolds, Rdn. 9-062 f.; Pennington, Company Law, S. 746; McKendrick/Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 10; Reynolds (1998) J.B.L. Mar., 151, 151. 455 Firbank’s Executors v Humphreys (1886) 18 Q.B.D. 54, 60 per Lord Esher; Bowstead/Reynolds, Rdn. 9-075; Pennington, Company Law, S. 746; Reynolds (1998) J.B.L. Mar., 151, 151. 456 Whittaker/Machell, S. 47 f. 457 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. III. 2. a). 458 Eingehend zu dieser Regelung Whittaker/Machell, S. 46 f. Auch das Ausscheiden eines Gesellschafters kann einem Dritten nicht entgegengehalten werden, soweit ihm das Ausscheiden nicht bekannt war oder die entsprechende Erklärung des Ausscheidens beim Registrar eingegangen ist, section 6 (3) (a), (b) LLPA, dazu oben 1. Teil § 6. III. 2. a). 459 Eingehend dazu Whittaker/Machell, S. 46 f. 460 Vgl. Sims v Bond (1833) 5 B. & Ad. 389; Clarkson Booker Ltd v Andjel (1964) 3 All E.R. 260; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.602; v. Bernstorff, S. 73; Bowstead/ Reynolds, Rdn. 8-114 ff.; Chitty, Rdn. 32-062, 32-087; eingehend zum Ganzen ChengHan (2004) L.Q.R. 120, 480, 480 ff.
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gegen den Vertretenen (undisclosed principal) oder aber gegen den Stellvertreter (undisclosed agent) geltend machen.461 Eingeschränkt wird dieses Wahlrecht indes dadurch, dass gegen die LLP als Geschäftsherrin nur dann vorgegangen werden kann, wenn der betreffende LLPGesellschafter für das jeweilige Geschäft mit Vertretungsmacht gehandelt hat.462 Ansonsten kommen zwischen der LLP und dem Dritten keine Rechtsbeziehungen zustande. Außerdem muss der Erwerb von Rechten gegen den Vertretenen mit dem zwischen dem LLP-Gesellschafter und dem Dritten geschlossenen Vertrag vereinbar sein.463 Das ist dann der Fall, wenn die Person des agent, mit dem kontrahiert wurde, für den Dritten nicht von Bedeutung ist.464 Funktional ähnelt das Konzept der undisclosed agency damit dem deutschen Vertrag für den, den es angeht.465 Da section 6 (1) LLPA festlegt, dass LLP-Gesellschafter gegenüber Dritten grundsätzlich als Stellvertreter der Gesellschaft auftreten, kann eine persönliche Haftung der Gesellschafter nach den Grundsätzen der undisclosed agency schon dadurch vermieden werden, dass der handelnde Gesellschafter nach außen klar erkennbar macht, dass er für die LLP agiert. Eine einfache Erklärung, dass der Gesellschafter für und im Namen der LLP auftritt, ist insoweit bereits ausreichend, um einer Inanspruchnahme als undisclosed agent zu entgehen.466 c) Vertragsauslegung (construction of contract) Schließlich besteht die Möglichkeit, dass ein LLP-Gesellschafter persönlich aus einem im Geschäftsbereich der Gesellschaft mit einem Dritten geschlossenen Vertrag haftet, weil dieser so nachlässig entworfen wurde, dass er nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (principles of construction of contracts)467 dahingehend ausgelegt werden muss, dass der LLP-Gesellschafter entweder ausschließlich im eigenen Namen oder aber zumindest – neben der LLP – auch im eigenen Namen gehandelt hat.468
461 Vgl. Clarkson Booker Ltd. v Andjel (1964) 3 All E.R. 260; v. Bernstorff, S. 73; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-114 f., 8-117; Cheng-Han (2004) L.Q.R. 120, 480, 486. 462 Vgl. Montagu v Forwodd (1893) 2 Q.B. 350; Lloyd and Scottish Finance Ltd v Williamson (1965) 1 W.L.R. 404; v. Bernstorff, S. 73. 463 Vgl. Clarkson Booker Ltd v Andjel (1964) 3 All E.R. 260; v. Bernstorff, S. 73. 464 Humble v Hunter (1848) Q.B. 310; Drughorn Ltd v Rederiakt Transatlantic [1919] A.C. 302. 465 T/H/K/M, Rdn. 414. 466 Whittaker/Machell, S. 119; Bowstead/Reynolds, Rdn. 9-037. 467 Die Grundsätze der Vertragsauslegung sind unlängst höchstrichterlich erörtert worden, siehe Investors Compensation Scheme Ltd v West Bromwich Building Society [1998] 1 W.L.R. 896, 912F–913F per Lord Hoffmann.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Nicht anders als im Fall der undisclosed agency kann aber einer persönlichen Haftung von LLP-Gesellschaftern nach diesen Grundsätzen schon begegnet werden, indem der auftretende Gesellschafter nach außen klar erkennbar macht, dass er nach section 6 (1) LLPA als Stellvertreter der LLP und nicht im eigenen Namen handelt. Eine einfache Erklärung ist dafür wiederum im Normalfall ausreichend.469 2. Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) Verhalten sich LLP-Gesellschafter im Geschäftsbereich des Unternehmens fahrlässig, also nicht mit der gebotenen Sorgfalt, so kann dies, wie bereits erörtert,470 nach den Prinzipien der agency bzw. über die Prinzipien der vicarious liability zu einer Haftung der LLP als Trägerin des Geschäfts nach den Grundsätzen des tort of negligence führen.471 Überdies kann aber auch der gegenüber Dritten sorgfaltswidrig handelnde Gesellschafter seinerseits – wie schon in section 6 (4) LLPA angedeutet – persönlich für sein Fehlverhalten im Rahmen des Geschäftsbetriebs der LLP oder im Rahmen seiner Vertretungsmacht verantwortlich gemacht werden, soweit in seiner Person die drei Voraussetzungen Sorgfaltspflicht (duty of care), Verletzung der Pflicht (breach) und kausaler Schaden (damage)472 allesamt erfüllt sind.473 Dabei erfasst der tort of negligence als Deliktstatbestand auch und gerade reine Vermögensschäden, auch wenn sie außerhalb einer Vertragsbeziehung entstanden sind.474
468 Vgl. The Swan (Bridges & Salomon v Swan, The (Owner)) [1968] 1 Lloyd’s Rep. 5; Rolfe Lubell & Co v Keith [1979] 1 All E.R. 860; Thomas Saunders Partnership v Harvey, The Times, 10. Mai 1989; Whittaker/Machell, S. 119; vgl. Palmer’s Company Law, Rdn. 8.602.1; Chitty, Rdn. 32-083; Finch, S. 510; Griffin, S. 16; Milman/Durrant, S. 221; McKendrick/Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 10. 469 Whittaker/Machell, S. 119; Bowstead/Reynolds, Rdn. 9-037. 470 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. III. 4. 471 Vgl. Gower/Davies, S. 165 f.; Whittaker/Machell, S. 120; Bowstead/Reynolds, Rdn. 8-177 ff. 472 Vgl. Clerk/Lindsell, Rdn. 7-04, diese sprechen allerdings von vier Voraussetzungen, weil die Kausalität als eigenständiges Tatbestandsmerkmal behandelt wird; Jackson/Powell, Rdn. 2-013 ff.; v. Bernstorff, S. 110 ff. 473 Vgl. Bowstead/Reynolds, Rdn. 9-117. Bei der Haftung der LLP für das Handeln eines Gesellschafter nach section 6 (4) LLPA (vicarious liability) ist die eigene Verantwortlichkeit des Gesellschafters sogar Voraussetzung für eine Verantwortlichkeit der LLP, vgl. Stavely Iron and Chemical Co Ltd v Jones [1956] A.C. 627; Imperial Chemical Industries Ltd Shatwell [1965] A.C. 656. 474 Vgl. Hedley Byrne & Co Ltd v Heller & Partners Ltd [1964] A.C. 465; Clerk/ Lindsell, Rdn. 7-84 ff.; Jackson/Powell, Rdn. 2-024, 2-100 ff.; v. Bernstorff, S. 111 f.
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a) Bestehen einer Sorgfaltspflicht (duty of care) Nicht anders als bei der Haftung der LLP nach dem tort of negligence ist auch für eine persönliche Haftung von LLP-Gesellschaftern nach diesem Deliktstatbestand das Bestehen einer Sorgfaltspflicht zwischen Anspruchsgegner – also dem jeweiligen Gesellschafter der LLP – und Anspruchsteller von zentraler Bedeutung. Ob eine solche besteht, hängt wiederum davon ab, von welcher rechtlichen Qualität das Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten ist. Dass ein potentieller Anspruchsteller möglicherweise parallel als Mandant der LLP in einem vertraglichen Verhältnis zur Gesellschaft steht, hat keine Auswirkung auf das Verhältnis zum Gesellschafter, weil Sorgfaltspflichten auch in einem Verhältnis außerhalb eines mit der LLP geschlossenen Vertrages bestehen können.475 aa) Relevanz der Hedley Byrne Leitlinien Gesellschafter einer freiberuflichen Gesellschaft, die sich in der Rechtsform der LLP zusammengeschlossen haben, erbringen für und im Namen der LLP Dienstleistungen gegenüber den Mandanten des Unternehmens. Da fahrlässiges Fehlverhalten der Gesellschafter im Rahmen dieser Tätigkeit im Regelfall zur Entstehung reiner Vermögensschäden führt, beurteilt sich das Bestehen einer besonderen Verbindung, die das Entstehen einer Sorgfaltspflicht (duty of care) nach sich zieht,476 auch hinsichtlich der Gesellschafter einer LLP vorrangig nach den Hedley Byrne Leitlinien.477 Demzufolge unterliegen LLP-Gesellschafter als Dienstleister dann einer duty of care, wenn sie gegenüber dem Anspruchsteller eine besondere persönliche 475 Vgl. Fairline Shipping Corp v Adamson [1975] Q.B. 180, 191A–B per Kerr J; White v Jones [1995] 2 A.C. 207, 274C–E, 275A per Lord Browne-Wilkinson; Punjab National Bank v de Boinville [1992] 1 W.L.R. 1138, 1154B per Slaughton LJ; Harris v Wyre Forest District Council [1990] 1 A.C. 831; Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830; Whittaker/Machell, S. 121; Stanton, in: Birks, Wrongs and Remedies in the 21st Century, 67, 71 f. 476 Vgl. Donoghue v Stevenson [1932] A.C. 562, 579–580 per Lord Atkin; Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 180C per Lord Goff; White v Jones [1995] 2 A.C. 207, 271F–H, 272B–D, 274E–H per Lord Browne-Wilkinson; Jackson/ Powell, Rdn. 2-025; Whittaker/Machell, S. 121. 477 Vgl. Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 180, 180D–E per Lord Goff; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834F–G per Lord Steyn. Davon geht auch der britische Gesetzgeber aus, der in den Explanatory Notes die Hedley Byrne Voraussetzungen als haftungsentscheidende Voraussetzungen auflistet, siehe Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16. Siehe auch Whittaker/ Machell, S. 121 f.; Blackett-Ord, S. 522; Mabey, S. 64 f.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Verantwortung übernommen haben (assumption of responsibility), wenn der Anspruchsteller zudem auf diese Verantwortungsübernahme vertraut hat (reliance on the assumption), und wenn er auf die Verantwortungsübernahme vernünftigerweise auch vertrauen durfte (reasonable reliance).478 bb) Auswirkung des Status der LLP als juristische Person Da Gesellschafter einer LLP die Dienstleistungen nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der LLP erbringen, ist die Gesellschaft als eigenständige juristische Person primäres Zuordnungsobjekt für das Bestehen von Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten.479 Die persönlichen Rechtsbeziehungen der für und im Namen der LLP auftretenden Gesellschafter treten dagegen in den Hintergrund. Deshalb stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang sich die eigene Rechtspersönlichkeit des Unternehmens auf das Bestehen einer duty of care der LLP-Gesellschafter gegenüber Dritten nach den Hedley Byrne Leitlinien auswirkt. (1) Der LLPA Der LLPA selbst enthält keinerlei Hinweise darauf, ob und in welcher Weise die eigenständige Rechtspersönlichkeit der LLP das Bestehen von Sorgfaltspflichten ihrer Gesellschafter beeinflusst. In Anbetracht der Tatsache, dass es ein zentrales Anliegen der Lobbyarbeit der großen Freiberuflergesellschaften war, einen Schutzmechanismus gegen die massiven Schadensersatzklagen wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens zu schaffen, denen sich Gesellschafter dieser Unternehmen seit Anfang der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts vermehrt ausgesetzt sahen,480 und gemessen an der Tatsache, dass eine solche Haftungsbeschränkung auch ein vorrangiges Ziel des Gesetzgebers war,481 wird das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung von einigen Kommentatoren zu Recht als überraschend bezeichnet.482
478 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16; Whittaker/Machell, S. 121 f.; Mabey, S. 64 f. 479 Vgl. Cassidy v Ministry of Health [1951] 2 K.B. 343; Whittaker/Machell, S. 28. 480 Siehe Vermeulen, S. 65; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123. 481 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 3, 9. 482 So etwa Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 483.
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(2) Die Explanatory Notes Wendet man sich in Ermangelung gesetzlicher Anhaltspunkte für eine duty of care der LLP-Gesellschafter den Explanatory Notes zum LLPA zu, so fällt auf, dass deren anfängliche Fassung zum Gesetzesentwurf des LLPA483 eine eindeutig Position zur persönlichen Haftung der Gesellschafter bezieht: Nach Ziff. 10 der Draft Explanatory Notes sollte die eigene Rechtspersönlichkeit der LLP – zumindest im Hinblick auf eigenes fahrlässiges Fehlverhalten ihrer Gesellschafter – nichts an den herkömmlichen Prinzipien zur Haftung von in einem Zusammenschluss organisierten Freiberuflern nach den Grundsätzen des tort of negligence ändern.484 Die Gesellschafter einer LLP sollten vielmehr für ihr eigenes sorgfaltswidriges Verhalten nach den gleichen Grundsätzen haften wie etwa die Gesellschafter einer partnership. Begründet wurde diese Haltung damit, dass die grundsätzliche Haftung eines Freiberuflers für seine eigene sorgfaltswidrige Dienstleistung ein zentraler Aspekt des Ethos freiberuflicher Tätigkeit sei, das auch in der LLP beibehalten werden sollte.485 Allerdings haben die Bemühungen, die spezifischen Eigenschaften freiberuflicher Tätigkeit für die LLP als Organisationsform aufrechtzuerhalten, mit der Öffnung der Gesellschaft für alle Berufszweige klar an Bedeutung verloren.486 Dies wird besonders deutlich, wenn man die anfänglichen Draft Explanatory Notes mit deren endgültiger Fassung vergleicht. Hinsichtlich des Bestehens von Sorgfaltspflichten der LLP-Gesellschafter gegenüber Dritten gehen letztere nämlich in keiner Weise mehr auf die Auswirkungen freiberuflicher Tätigkeit ein. Stattdessen erklärt Ziff. 15 der geltenden Explanatory Notes, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein LLP-Gesellschafter wegen bestehender Sorgfaltspflichten neben der juristischen Person persönlich für vermögensschädigendes sorgfaltswidriges Verhalten verantwortlich gemacht werden kann, kaum abstrakt zu beantworten ist. Weil die LLP aber als juristische Person in Bezug auf ihr Außenrechtsverhältnis mit der company vergleichbar ist, verweist Ziff. 16 der Explanatory Notes darauf, dass die Rechtsprechung gehalten sein wird, bei der Erörterung der persönlichen Haftung der Gesellschafter die Entwicklungen im Fallrecht des
483
Dieser wurde am 23. November 1999 in das House of Lords eingebracht. H.L. Bill (1999–2000) [H.L. Bill 6-EN], Ziff. 10. 485 H.L. Bill (1999–2000) [H.L. Bill 6-EN], Ziff. 10; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 483. Auf dieses Anliegen beziehen sich auch Lord Sharman und Lord MacIntosh of Haringey in den Debatten des House of Lords um die Haftung der LLPGesellschafter wegen unsorgfältigen Verhaltens, siehe Hansard, H.L. Vol. 608, cols. 1383 ff., 24. Januar 2000. 486 Vgl. Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 484. 484
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
company law zur parallelen Frage der Haftung von company directors in Fällen sorgfaltswidrigen Verhaltens zu berücksichtigen. (3) Die jüngsten Entwicklungen im Fallrecht des company law Um Rückschlüsse auf die Voraussetzungen für die Begründung einer Sorgfaltspflicht von LLP-Gesellschaftern gegenüber Dritten ziehen zu können, bedarf es – wie in den Explanatory Notes zum Ausdruck gebracht wird –487 einer Erörterung der grundlegenden Entscheidungen britischer Gerichte zur Haftung von company directors. (a) Allgemeines Das jüngste Fallrecht zur persönlichen Haftung von company directors für sorgfaltswidriges, vermögensschädigendes Verhaltens befasst sich in erster Linie mit den Schwierigkeiten, die Grundsätze der negligence Haftung nach den Hedley Byrne Leitlinien mit dem Kernprinzip des Kapitalgesellschaftsrechts – dem principle of corporate personality –488 in Einklang zu bringen. Aufgrund der eigenständigen Rechtsperson der Gesellschaft kollidieren bei der Frage nach der persönlichen Haftung von company directors für sorgfaltswidriges Verhalten zwei grundlegende Prinzipien des britischen Rechts:489 Auf der einen Seite steht das Trennungsprinzip der juristischen Person, welches dafür streitet, Handlungen der directors im Geschäftsbereich des Unternehmens allein der Gesellschaft als eigenständiger Rechtsperson zuzurechnen.490 Auf der anderen Seite steht das Prinzip, dass jeder grundsätzlich für sein eigenes deliktisches Verhalten einzustehen hat, bzw. das Verbot der Schadenszufügung (neminem laedere), welches für die Verantwortlichkeit der handelnden natürlichen Person als tatsächlichem Schädiger spricht.491
487
Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16. Die sog. Salomon doctrine, nach Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. 489 Vgl. Grantham/Rickett (1991) M.L.R. 62, 133, 135, 137; Watson/Willekes (2001) J.B.L. May, 217, 219; Shapira (1999) Comp. Law. 20 (5), 130, 137. 490 Vgl. C. Evans & Sons Ltd v Spritebrand Ltd [1985] B.C.L.C. 105, 110 per Slade LJ; MCA Records Inc v Charly Records Ltd (No 5) [2002] E.M.L.R. 1, Ziff. 49 per Chadwick LJ; Payne (1998) J.B.L. Nov., 573, 573; dies. (1998) J.B.L. Mar., 153, 154; Shapira (1999) Comp. Law. 20 (5), 130, 137; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 36; Borrowdale (1998) J.B.L. Jan., 96, 98; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 607. 491 Vgl. Gower/Davies, S. 165; Shapira (1999) Comp. Law. 20 (5), 130, 137; Grantham/Rickett (1999) M.L.R. 62, 133, 137; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 607. 488
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(b) Williams v Natural Life Health Foods Ltd Grundlegende Bedeutung für die Beurteilung der persönlichen Haftung von company directors nach dem tort of negligence hat die wegweisende Entscheidung im Fall Williams v Natural Life Health Foods Ltd,492 in der das House of Lords lehrreich aufgezeigt hat, auf welche Weise die Hedley Byrne Leitlinien als Integral anerkannten tort laws auf die Leitungsorgane einer Kapitalgesellschaft angewendet werden können, ohne dass von grundlegenden kapitalgesellschaftsrechtlichen Prinzipien abgewichen werden müsste.493 (aa) Sachverhalt Die Entscheidung betraf die haftungsrechtlichen Folgen einer gescheiterten Unternehmensgründung im Rahmen eines Franchise-Konzepts. Franchisegeber war die beklagte private limited company, die 1986 von deren Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter als Rechtsnachfolgerin seines Einzelhandelsgeschäfts für Gesundheitskost unter dem Namen National Life Health Foods Ltd gegründet worden war. Mit dieser Gesellschaft schlossen die Kläger im Mai 1987 einen Franchisevertrag hinsichtlich der Gründung eines Geschäfts für Gesundheitskost, wobei sich ihre Entscheidung zum Vertragsschluss maßgeblich auf die durch die Gesellschaft zur Information ausgegebene Broschüre gründete. Diese stellte die Franchise-Idee als bewehrtes Konzept dar und wies zudem auf die breite Erfahrung der beklagten Gesellschaft in der Lebensmittelindustrie hin. Überdies vertrauten die Kläger bei Abschluss des Lizenzvertrages maßgeblich auf eine detaillierte Kosten- und Umsatzkalkulationen, die ihnen seitens der Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden war. Schon bald nach der Geschäftseröffnung stellte sich allerdings heraus, dass die Kalkulation nachlässig erstellt worden war, da die Kläger bei ihrer 18-monatigen Geschäftstätigkeit bis zur Einstellung des Geschäftsbetriebs lediglich einen Umsatz von GBP 248.000,– anstatt der prognostizierten GBP 430.000,– erzielen konnten. Daraus erlitten die Kläger im Endeffekt einen Verlust von GBP 38.600,–, anstatt – wie in der Kalkulation vorhergesagt – einen Gewinn von GBP 30.000,– zu erwirtschaften.
492 [1998] 1 W.L.R. 830. Im Folgenden auch als Williams zitiert. Die grundlegende Bedeutung von Williams im Kapitalgesellschaftsrecht hat auch der britische Gesetzgeber gewürdigt, siehe URN 00/1335, Ziff. 4.37; URN 00/656, Ziff. 3.102; URN 01/ 942, URN 01/943, Ziff. 6.17. 493 Vgl. Gower/Davies, S. 167 f.; Pettet, S. 29 f., Gore-Browne, Rdn. 1.8.1; Whittaker/Machell, S. 122; Watson/Willekes (2001) J.B.L. May, 217, 248; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 37; Grantham/Rickett (1999) M.L.R. 62, 133, 135; Shapira (1999) Comp. Law. 20 (5), 130, 133; Payne (1998) J.B.L. Nov., 573, 576. Dazu auch Fleischer, ZGR 2000, 152–165.
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Die Franchisenehmer verklagten die Gesellschaft in der Folge auf Schadensersatz wegen der sorgfaltswidrig erstellten Finanzpläne. Als über die Gesellschaft im Laufe des Prozesses das Liquidationsverfahren eröffnet wurde, erweiterten sie ihre Klage wegen der sorgfaltswidrigen Kalkulation auf den Geschäftsführer der Gesellschaft, mit dem sie zu keinem Zeitpunkt persönlich in Kontakt getreten waren. (bb) Rechtliche Würdigung Bis zur rechtskräftigen Klärung der Streitfrage durchlief der Fall alle Instanzen vom High Court of Justice bis zum House of Lords. a) Der High Court Der High Court of Justice494 befand als erstinstanzlich befasstes Gericht, dass die Kalkulation sorgfaltswidrig erstellt worden war, und Langley J bejahte in seiner Stellungnahme einen Schadensersatzanspruch nach dem tort of negligence gegen die Gesellschaft,495 da er dessen Voraussetzungen – duty of care, breach, damage – allesamt als erfüllt ansah.496 Nach den Grundsätzen des tort of negligence bejahte Langley J auch die persönliche Haftung des company directors.497 Zwar betonte er nach Sondierung der einschlägigen Präjudizien,498 dass ein company director aufgrund der Verselbständigung der juristischen Person grundsätzlich nicht für deliktische Verfehlungen der Gesellschaft mit seinem Privatvermögen hafte, es sei denn er habe – ungeachtet der eigenen Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft – im Einzelfall nach den Hedley Byrne Leitlinien eine persönliche Verantwortung übernommen.499 Langley J kam aber letztlich zu dem Ergebnis, nach den konkreten Umständen des Falles sei ausnahmsweise eine Haftung des company directors nach dem tort of negligence gegeben.500 Obwohl kein persönlicher Kontakt zwischen den Klägern und dem Beklagten bestanden hatte, konnte nach seiner Ansicht die Übernahme einer persönlichen 494 495
Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1996] B.C.C. 376. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1996] B.C.C. 376, 381–383 per Lang-
ley J. 496 Insbesondere unter Verweis auf den Fall Esso Petroleum Co Ltd v Mardon [1975] Q.B. 819, der die Hedley Byrne Leitsätze auf eine private company anwendet. 497 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1996] B.C.C. 376, 386 per Langley J. 498 C. Evans & Sons Ltd v Spritebrand Ltd [1985] 2 All E.R. 415; PLG Research Ltd v Ardon International Ltd [1993] F.S.R. 197. 499 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1996] B.C.C. 376, 384 per Langley J. 500 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1996] B.C.C. 376, 386 per Langley J.
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Verantwortung durch den Beklagten angenommen werden, weil einerseits dessen persönliche Sachkunde explizit in der Werbebroschüre unterstrichen wurde und er andererseits eine tragende Rolle bei der Erstellung der betreffenden Kostenkalkulation übernommen hatte.501 b) Der Court of Appeal Die Mehrheit der Richter im Court of Appeal502 stimmte mit dem Ergebnis überein, dass der Beklagte eine persönliche Verantwortung übernommen hatte und demzufolge auf Schadensersatz zu haften habe.503 Allerdings wiesen Hirst LJ und Waite LJ nach Durchsicht des einschlägigen Fallrechts – insbesondere unter Bezugnahme auf eine vorangegangene Entscheidung des neuseeländischen Court of Appeal –504 darauf hin, dass angesichts der überragenden Bedeutung des Prinzips der limited liability im Recht der Kapitalgesellschaft ein company director nur dann persönlich für im Namen der Gesellschaft gemachte Falschangaben einzustehen habe, wenn der Fall ganz besondere Umstände aufweise.505 Primär sei nach den Hedley Byrne Grundsätzen die Gesellschaft für in ihrem Namen gemachte Falschangaben in Anspruch zu nehmen, weshalb auch Fälle, in denen ein director als Repräsentant der juristischen Person zur Haftung herangezogen werden kann, die Ausnahme bilden müssten.506 Ansonsten würde – so der Court of Appeal – die prinzipielle Haftungsbeschränkung, die mit der Inkorporierung der Gesellschaft einhergeht, ad absurdum geführt.507 Im konkreten Fall jedoch habe der Beklagte in der Vertragsanbahnung eine so dominierende Rolle gespielt, dass es ausnahmsweise angezeigt sei, ihn persönlich für die Falschangaben nach dem tort of negligence haftbar zu machen.508 Der widersprechende Richter im Court of Appeal dagegen – Russel J – hielt den Ausführungen seiner Kollegen in Anlehnung an die vorgenannte Entscheidung des neuseeländischen Court of Appeal509 entgegen, dass die Involvierung des Beklagten in die Präparierung der Kalkulation nicht über den Rahmen des
501
Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1996] B.C.C. 376, 386 per Langley J. Hirst LJ und Waite LJ überstimmten Russel J. 503 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131. 504 Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517. 505 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131, 152 per Hirst LJ. 506 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131, 154 per Waite LJ. 507 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131, 154 per Waite LJ. 508 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131, 153 f. per Hirst LJ, 155 f. per Waite LJ. 509 Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517. 502
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Üblichen hinausgegangen sei.510 Deswegen könne eine besondere Übernahme persönlicher Verantwortung nicht festgestellt werden.511 Auch der Hinweis auf die Sachkenntnis des Beklagten sei nicht ausreichend, um besondere Umstände für die Übernahme persönlicher Verantwortung anzunehmen.512 x) Das House of Lords Das House of Lords stimmte mit der Meinung von Russel J überein und hob folgerichtig die Entscheidungen der Vorinstanzen aus Rechtsgründen auf.513 Lord Steyn, dem die anderen Richter einstimmig in seiner Beurteilung des Falles folgten, strich in seiner Stellungnahme zunächst noch einmal die Voraussetzungen für die Haftung wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens nach den Hedley Byrne Leitlinien heraus.514 Dabei betonte er ausdrücklich, dass – obwohl der zu beurteilende Sachverhalt mit der Frage der Haftung eines company directors gegenüber Dritten befasst war – die einschlägigen Prinzipien keine spezifisch gesellschaftsrechtliche Frage darstellten. Vielmehr seien die Hedley Byrne Leitlinien immer dann zu berücksichtigen, wenn die persönliche Haftung eines agent – also eines Stellvertreters bzw. Erfüllungsgehilfen –515 in Frage stehe, der für einen Geschäftsherrn mit eigener Rechtspersönlichkeit gegenüber Dritten handele.516 Um in diesen Fällen eine Haftung aus dem tort of negligence zu begründen, sei eine persönliche Verantwortungsübernahme (assumption of responsibility) des agent erforderlich, durch die eine besondere Verbindung (special relationship) zwischen ihm und dem Geschädigten geschaffen wird.517 Ob eine solche Verantwortungsübernahme vorliege, sei in Anlehnung an die Entscheidung Henderson v Merrett Syndicates Ltd 518 allein anhand von objektiven Kriterien (ob510
Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131, 155 per Rus-
sel J. 511
Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131, 156 per Rus-
sel J. 512 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1997] 1 B.C.L.C. 131, 155 f. per Russel J. 513 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830. 514 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834F–H, 835B– C per Lord Steyn. 515 Soweit im Folgenden der Begriff „Stellvertretung“ oder „Stellvertreter“ im Zusammenhang mit dem britischen Recht verwendet wird, ist damit das im Vergleich zum deutschen Recht weiter gehende Konzept der agency gemeint, nicht jedoch die Stellvertretung nach deutschem Recht. Zum britischen Konzept der agency und dessen Reichweite siehe oben 1. Teil § 7. III. 2. 516 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn. 517 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835B–C per Lord Steyn.
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jective test) zu überprüfen, wobei der Schwerpunkt der Untersuchung darauf liegen müsse, was der Anspruchsgegner gegenüber dem Anspruchsteller gesagt oder getan hat oder was in seinem Namen gegenüber dem Geschädigten gesagt oder getan wurde.519 Liege nach diesen Maßstäben eine Verantwortungsübernahme vor, so sei weiterhin erforderlich, dass der Geschädigte auf diese vertraut hat (reliance), da ansonsten die Verantwortungsübernahme nicht kausal für den Schaden sei.520 Schließlich sei zu fragen, ob der Geschädigte auf die Übernahme persönlicher Verantwortung vernünftigerweise vertrauen durfte (reasonable reliance), weil die Dienstleitung im Namen einer anderen Person – nämlich im Namen des Geschäftsherrn – erbracht wurde.521 Der in der Wissenschaft vorgebrachten Kritik an den Hedley Byrne Prinzipien, die den Test der persönlichen Verantwortungsübernahme als fiktiv zurückweist,522 begegnete Lord Steyn mit dem Hinweis, dass keine anderen praktikablen Grundsätze ersichtlich seien, um die Haftung nach dem tort of negligence in den Griff zu bekommen.523 Unter Abwägung der vorstehend aufgezeigten Grundsätze und mit Hinweis auf jüngere Entscheidungen zur Frage der Verantwortungsübernahme524 sowie zur Frage des schutzwürdigen Vertrauens auf die Übernahme der Verantwortung,525 lehnte das House of Lords eine Haftung wegen Übernahme persönlicher Verantwortung durch den company director ab.526 Angesichts der Tatsache, dass niemals ein persönlicher Kontakt der beteiligten Parteien bestand und dass auch von dritter Seite niemals eine Verantwortungsübernahme seitens des Geschäftsleiters in Aussicht gestellt worden sei,527 sei weder die Bezugnahme auf die Sachkenntnis des company directors in der Broschüre noch seine he518
Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 181 per Lord Goff. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835F–G per Lord Steyn. 520 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 836E–F per Lord Steyn. 521 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 837B per Lord Steyn. 522 Vgl. etwa Barker (1993) L.Q.R. 109, 461 ff. 523 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 837D–G per Lord Steyn. 524 Fairline Shipping Corp v Adamson [1975] Q.B. 180; Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517. 525 London Drugs v Kuehne & Nagel International Ltd [1992] 3 S.C.R. 299; Edgeworth Construction Ltd v N. D. Lea & Associates Ltd [1993] 3 S.C.R. 206. 526 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 838D–E per Lord Steyn. 527 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 838C–D per Lord Steyn. 519
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rausgehobene Teilnahme an der Erstellung der Kalkulation – beides im Namen der Gesellschaft – ausreichend, um die Übernahme einer eigenen Verantwortung zu begründen.528 (cc) Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP Die Entscheidung des House of Lords in Williams v Natural Life Health Foods Ltd wird, selbst wenn sie allgemeine Bedeutung für Fälle der agency hat und nicht auf das Gesellschaftsrecht begrenzt ist,529 zu Recht als Stärkung der grundlegenden Bedeutung des Prinzips eigenständiger Rechtspersönlichkeit – der Salomon doctrine –530 für das britische Gesellschaftsrecht verstanden.531 Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob nach den in Williams fortgeführten Hedley Byrne Leitlinien jemand, der für eine juristische Person auftritt, eine persönliches Vertrauensgrundlage gegenüber Dritten geschaffen hat, ist nach diesem Urteil der Grundsatz, der durch Cooke P und Hardie Boys J in der für das House of Lords wegweisenden Entscheidung532 Trevor Ivory Ltd v Anderson durch den neuseeländischen Court of Appeal aufgestellt wurde.533 Dieser besagt, dass in Fällen, in denen ein wirksam gegründetes Gebilde mit eigener Rechtspersönlichkeit existiert, das Trennungsprinzip nicht dadurch ausgehebelt werden darf, dass die Übernahme einer persönlichen Verantwortung durch einen für die juristische Person auftretenden agent vorschnell bejaht wird.534 Da durch die Inkorporierung des Unternehmens nach außen hinreichend deutlich gemacht wird, dass eine Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen angestrebt wird, müssen für eine ausnahmsweise persönliche Haftung des agent eindeutige Anhaltspunkte vorliegen.535 528 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 837H per Lord Steyn. 529 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn. 530 Nach Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. 531 So auch Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-15; Pettet, S. 27 Fn. 29; Sealy, S. 58; Finch, S. 510; Griffin, S. 17 ff.; Milman/Durrant, S. 225; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 228; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 40; Grantham/Rickett (1999) M.L.R. 62, 133, 135; Stallworthy (1998) I.C.C.L.R. 8 (12), N105, N106; Mullender (1999) Comp. Law. 20 (4), 121; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 74; zweifelnd Watson/ Willekes (2001) J.B.L. May, 217, 221; Fleischer, ZGR 2000, 152, 161. 532 Vgl. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834 f., 836B–E per Lord Steyn. 533 Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P, 526 per Hardie Boys J. 534 Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P, 526 per Hardie Boys J. 535 Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P, 526 per Hardie Boys J.
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Gleichlaufend mit diesem Grundsatz hat das House of Lords durch seine Entscheidung in Williams eindeutig klargestellt, dass in Fällen, in denen eine wirtschaftliche Tätigkeit in der Rechtsform einer eigenständigen juristischen Person – etwa durch eine company oder eine LLP – betrieben wird, für Dritte erkennbar die Vermutung geschaffen wird, dass jemand, der als Stellvertreter bzw. Erfüllungsgehilfe (agent) für diese Gesellschaft auftritt, nach außen keine persönliche Verantwortung übernehmen will.536 Um solche Personen dennoch in Anspruch nehmen zu können, muss die Vermutung fehlender Verantwortungsübernahme anhand objektiver Anhaltspunkte in dem, was der Anspruchsgegner gegenüber dem Anspruchsteller gesagt oder getan hat, oder was in seinem Namen gegenüber dem Geschädigten gesagt oder getan wurde,537 widerlegt werden.538 Nach den Leitlinien von Williams scheint es, dass eine Widerlegung dieser Vermutung nur schwer möglich ist, wenn ein persönlicher Kontakt zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner nicht stattgefunden hat.539 Überträgt man diese Grundsätze aus Williams nach Maßgabe der Explanatory Notes auf die LLP,540 so folgt daraus, dass einer Erfüllung der Hedley Byrne Leitlinien zur Begründung einer duty of care seitens der Gesellschafter einer LLP die eigene Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft entgegensteht. LLP-Gesellschafter, die nach außen grundsätzlich als agents für die Gesellschaft auftreten,541 bringen durch die Wahl der Rechtsform einer juristischen Person nach objektiven Kriterien zum Ausdruck, dass sie a priori nicht gewillt sind, eine persönliche Verantwortung im Geschäftsbereich der Gesellschaft zu übernehmen. Nur soweit eindeutige objektive Anhaltspunkte für die Übernahme persönlicher Verantwortung ungeachtet dessen vorliegen, dass die Gesellschafter für eine eigenständige juristische Person handeln, kann ausnahmsweise eine persönliche duty of care von LLP-Gesellschaftern gegenüber Dritten angenommen 536 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn; siehe auch Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157–169; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 40; Borrowdale (1998) J.B.L. Mar., 97, 110; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 227 f.; Payne (1998) J.B.L. Nov., 573, 573; Stallworthy (1998) I.C.C.L.R. 8 (12), N105, N106; Mullender (1999) Comp. Law. 20 (4), 121; Howell (2001) Comp. Law. 22 (2), 58, 58. 537 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835F–G per Lord Steyn. 538 Vgl. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn; siehe auch Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157–169. 539 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835F–G per Lord Steyn; vgl. Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 227; Shapira (1999) Comp. Law. 20 (5), 130, 132. 540 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16. 541 Section 6 (1) LLPA.
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werden, für deren Verletzung die betreffenden Personen dann nach dem tort of negligence haften. Grundsätzlich steht jedoch die eigene Rechtspersönlichkeit der LLP und damit die Salomon doctrine der Begründung einer persönlichen Verantwortung der für und im Namen der LLP handelnden Gesellschafter entgegen. (c) Merrett v Babb Obwohl das House of Lords in Williams vergleichsweise konkrete Vorgaben dafür gemacht hat, wann jemanden, der als agent einer anderen Person auftritt, für sein eigenes unsorgfältiges Verhalten eine persönliche Verantwortung trifft, sind die in diesem Urteil entwickelten Leitlinien zur Verantwortungsübernahme (assumption of responsibility) durch die nachfolgende Entscheidung des Court of Appeal in der Sache Merrett v Babb542 in Frage gestellt worden.543 (aa) Sachverhalt Die Entscheidung Merrett v Babb544 betraf die Frage, ob ein Mitarbeiter eines als partnership organisierten Unternehmens für Grundstücksbewertungen persönlich für die haftungsrechtlichen Folgen einer von ihm fehlerhaft vorgenommenen Bewertung einzustehen hat. Die Kläger beantragten 1992 bei ihrer Bausparkasse zur Finanzierung des Kaufs eines Grundstückes ein Hypothekendarlehen. Die Bausparkasse holte daraufhin von dem betreffenden Gutachterunternehmen eine Bewertung des Grundstücks ein, die als Grundlage für die Kalkulation des Kaufpreises und die Gewährung des Hypothekenkredits an die Kläger weitergegeben wurde. Das Gutachten, das der Beklagte als Mitarbeiter des Unternehmens erstellte, war fehlerhaft. Der Beklagte hatte es versäumt, Risse zwischen dem ursprünglichen Gebäude und einem Anbau bei der Bewertung in Betracht zu ziehen, so dass eine Differenz von GBP 14.500,– zwischen dem tatsächlichen Wert des Grundstücks und dem im Gutachten festgestellten Wert zu Ungunsten der Kläger entstand. Der Kauf des Grundstücks wurde 1992 abgewickelt. Da über das Vermögen der partnership, für die der Beklagte gehandelt hatte, 1994 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, gingen die Kläger 1997 persönlich gegen den mit der Erstellung des Gutachtens betrauten Mitarbeiter vor. Dieser hatte die Bewertung persönlich mit Hinweis auf seine besondere Fachkompetenz nach section 13 BSA 1986 unterzeichnet. Während und aus Anlass seiner Tätigkeit kam es zu keinem persönlichen Kontakt zwischen Klägern und Beklagtem. 542 543 544
[2001] E.W.C.A. Civ. 214. Dazu Gore-Browne, Rdn. 1.8.2. [2001] E.W.C.A. Civ. 214.
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(bb) Rechtliche Würdigung Der zuständige County Court545 nahm aufgrund der insoweit einschlägigen Präjudizien546 eine duty of care des beklagten Gutachters an und bejahte folglich dessen persönliche Haftung auf Schadensersatz nach dem tort of negligence in Höhe von GBP 14.500,–. Die Mehrheit der Richter im Court of Appeal547 folgte dieser Beurteilung des Sachverhalts durch den County Court. Nach dem Vorbild der Urteile des House of Lords in den Fällen Smith v Eric S Bush sowie Harris v Wyre Forest D.C.,548 die ebenfalls die fehlerhafte Erstellung von Grundstücksbewertungen betrafen, nahm der Court of Appeal mehrheitlich das Bestehen einer duty of care zu Lasten des Beklagten an.549 Nach der Ansicht von May LJ und Wilson J war der Sachverhalt in Merrett v Babb so weit vergleichbar mit den vorgenannten Entscheidungen, dass sich die Richter an diese Urteile des House of Lords gebunden sahen.550 Obwohl ebenso wie in Williams v Natural Life Health Foods551 kein persönlicher Kontakt zwischen den Parteien bestand, befanden May LJ und Wilson J, dass die Kriterien dieser Entscheidung nicht zu Gunsten des Beklagten herangezogen werden könnten.552 Die Sachlage in Williams betreffe den Fall einer company und impliziere dabei Überlegungen des Kapitalgesellschaftsrechts, die nicht mit der Sachlage in dem vorliegenden Gutachterfall vergleichbar seien.553 Im Gegensatz zu Williams sei den Entscheidungen Smith v Eric S Bush sowie Harris v Wyre Forest D.C.554 eindeutig der Grundsatz zu entnehmen, dass bei einer fehlerhaften Erstellung von Immobilienbewertungen durch einen Gutachter eine duty of care auch ohne persönlichen Kontakt der Parteien entstehe.555 Der widersprechende Richter im Court of Appeal – Aldous LJ – hielt dagegen eine Anwendung der Williams Leitlinien für möglich und erklärte die Annahme einer duty of care für den vorliegenden Fall nach diesen Kriterien für unhaltbar.556 Nach der Anlegung objektiver Maßstäbe könne keine Übernahme 545
Die Entscheidung des County Court ist unveröffentlicht. Smith v Eric S Bush und Harris v Wyre Forest D.C. [1990] 1 A.C. 831 (zusammen entschieden). 547 May LJ und Wilson J. Aldous LJ entschied abweichend. 548 [1990] 1 A.C. 831. 549 [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 26, 42 ff. per May LJ, Ziff. 59 per Wilson J. 550 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 42 ff. per May LJ, Ziff. 59 per Wilson J. 551 [1998] 1 W.L.R. 830. 552 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 45 per May LJ, Ziff. 58 f. per Wilson J. 553 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 45 per May LJ. 554 [1990] 1 A.C. 831. 555 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 43–45 per May LJ. 546
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persönlicher Verantwortung durch den Beklagten angenommen werden.557 Zwar sei es möglich, dass der Gutachter trotz fehlenden persönlichen Kontakts zu den Klägern unter Umständen für die Gutachterfirma, als deren Mitarbeiter er gehandelt hat, eine Verantwortung gegenüber den Klägern übernommen habe.558 Eine solche Verantwortungsübernahme im eigenen Namen könne dagegen nach den objektiven Umständen des Sachverhalts nicht begründet werden.559 Eine Bindung durch die vorgenannten Präjudizien560 lehnte Aldous LJ aufgrund der Verschiedenheit der Fälle ab.561 (cc) Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP Die Entscheidung des Court of Appeal in Merrett v Babb562 ist auf den ersten Blick nur schwer mit den in Williams v Natural Life Health Foods Ltd 563 aufgestellten Grundsätzen zu vereinbaren. Sofern die Williams Leitlinien, wie Lord Steyn betont hat, nicht nur Bedeutung für das Kapitalgesellschaftsrecht haben, sondern allgemein für Fälle der agency gelten,564 ist es, wie Aldous LJ zu Recht geltend macht,565 nicht nachvollziehbar, warum ein Mitarbeiter einer partnership persönlich haften soll, wenn bei einem vergleichbaren Sachverhalt die persönliche Haftung eines company directors, der für eine Kapitalgesellschaft auftritt, verneint wird.566 Allerdings besteht zwischen der Sachlage in Williams und Merrett v Babb ein entscheidender Unterschied, der als Beweggrund dafür angesehen werden kann, eine Übernahme persönlichen Vertrauens durch den Beklagten in Merrett v Babb im Unterschied zu Williams anzunehmen. In Merrett v Babb hatte der Gutachter die von ihm erstellte Grundstücksbewertung mit Hinweis auf seine individuelle Qualifikation nach section 13 BSA 1986 unterzeichnet.567 Aufgrund dessen hat sich der Court of Appeal in seiner Entscheidung darauf beru556
Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 77–87 per Aldous LJ. Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 87 per Aldous LJ. 558 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 84 per Aldous LJ. 559 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 87 per Aldous LJ. 560 Smith v Eric S Bush, Harris v Wyre Forest D.C. [1990] 1 A.C. 831. 561 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 85 per Aldous J. 562 [2001] E.W.C.A. Civ. 214. 563 [1998] 1 W.L.R. 830 564 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn. 565 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 77–87 per Aldous J. 566 So auch Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 486; McKendrick/Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 7; Whittaker (2002) J.B.L. Nov. 601, 604 f. 557
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fen, dass die Bewertung allein im Namen des Beklagten abgegeben worden sei, ohne weitergehend zu prüfen, ob das Gutachten auch im Namen der Gutachterfirma erstellt worden war oder ob ein persönlicher Kontakt der Parteien für eine Verantwortungsübernahme erforderlich war.568 Dieses Handeln aufgrund eigener nach außen erklärter Fachkompetenz – personal capacity as a professional –569 wurde schlussendlich als ausschlaggebend für die Übernahme persönlicher Verantwortung angesehen.570 Aufgrund dieses signifikanten Unterschieds im Vergleich zu Williams stellt das Urteil in Merrett v Babb auch keine die Leitlinien des House of Lords anzweifelnde oder diesen widersprechende Entscheidung dar. Vielmehr ist das Urteil des Court of Appeal richtigerweise als Einzellfallentscheidung anzusehen, die auf den speziellen Umständen des Sachverhalts beruht und die Besonderheiten einer gesetzlich vorgesehenen Qualifikation für Immobiliengutachter berücksichtigt.571 Folgerichtig bleiben auch nach der Entscheidung des Court of Appeal weiterhin die durch das House of Lords aufgestellten Williams Grundsätze gültig, anhand derer zu entscheiden ist, wann jemand, der als agent für eine natürliche oder juristische Person auftritt, eine persönliche Einstandsverpflichtung im Sinne einer duty of care übernimmt. Für die Gesellschafter einer LLP bedeutet dies, dass sich durch das Urteil in Merrett v Babb grundsätzlich nichts an der bisherigen Rechtslage nach den Williams Leitlinien geändert hat. Durch die Eintragung ihres Unternehmens als LLP begründen LLP-Gesellschafter weiterhin die Vermutung, dass sie nicht gewillt sind, eine persönliche Verantwortung im Geschäftsbereich der Gesellschaft zu übernehmen. Nur soweit entgegenstehende, eindeutige objektive Anhaltspunkte für die Übernahme persönlicher Verantwortung vorliegen, kann eine persönliche duty of care ihrerseits gegenüber Dritten angenommen werden, für deren Verletzung sie dann nach dem tort of negligence haften.
567 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 44 per May LJ; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 486 Fn. 57; McKendrick/Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 8 f.; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 604. 568 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 44 f. per May LJ; McKendrick/ Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 9. 569 Vgl. Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 44 per May LJ. 570 Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 44 f. per May LJ; McKendrick/ Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 9; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 604. 571 Vgl. Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 13, 23, 30 per May LJ, Ziff. 58 per Wilson J. So auch Jackson/Powell, Rdn. 2-093; McKendrick/Edelman (2002) L.Q.R. 118, 4, 8 f.; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 604.
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(d) Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) Letzthin scheint das House of Lords in der Entscheidung im Fall Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2)572 die Williams Grundsätze zum Erfordernis der Übernahme persönlichen Vertrauens revidiert zu haben.573 In diesem Fall war wiederum die persönliche Haftung eines company directors nach tort Grundsätzen zu beurteilen. (aa) Sachverhalt Der Fall befasste sich mit den haftungsrechtlichen Folgen der Zurückdatierung von Ladepapieren mit dem Ziel, die Zahlung aus einem Dokumentenakkreditiv (letter of credit) zu erwirken. Beklagter war der company director einer britischen Gesellschaft, die 1993 einen Vertrag mit einer vietnamesischen Importgesellschaft über die Lieferung von 20.000 t Bitumen geschlossen hatte. Um die Kaufpreiszahlung zu sichern, stellte eine vietnamesische Bank ein Dokumentenakkreditiv zu Gunsten der britischen Gesellschaft aus, das von einer britischen Bank – der Klägerin – bestätigt wurde. Das Akkreditiv sah vor, dass die zur Zahlung verpflichtenden Dokumente Ladepapiere beinhalteten, welche die Verschiffung der bestellten Ware bis zu einem bestimmten Zeitpunkt – nicht später als dem 25. Oktober 1993 – belegten. Da dieser Zeitpunkt allerdings von der britischen Gesellschaft nicht eingehalten wurde, datierte deren director die Ladepapiere am 8. November 1993, ohne dass die Ware zu diesem Zeitpunkt verschifft worden wäre, auf den 25. Oktober 1993 zurück. Tags darauf legte er die Papiere im Namen der Gesellschaft bei der britischen Bank vor, versicherte, dass alle notwendigen Papiere vorhanden seien, und erwirkte somit die Zahlung von USD 1.115.772,77 seitens der britischen Bank. Als die britische Bank versuchte, die Zahlung von der vietnamesischen Remboursbank ersetzt zu erhalten, verweigerte diese die Erstattung. Daraufhin leitete die Klägerin unter anderem rechtliche Schritte gegen den director der britischen Gesellschaft mit dem Ziel ein, diesen nach tort Grundsätzen zur Zahlung von Schadensersatz zu verpflichten. (bb) Rechtliche Würdigung Im erstinstanzlich zuständigen High Court574 entschied Cresswell J, dass der beklagte company director persönlich wegen arglistiger Täuschung (tort of de572
[2002] All E.R. 173. Dazu Gore-Browne, Rdn. 1.8.2.; Pettet, S. 30 574 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [1998] 1 Lloyd’s Rep. 684. 573
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ceit) auf Schadensersatz gegenüber der Klägerin hafte.575 Begründet wurde dies mit dem Hinweis, der Beklagte habe die Zurückdatierung als Täuschungshandlung mit vollem Wissen autorisiert und gesteuert.576 Der Court of Appeal kam dagegen zu dem Schluss, dass eine persönliche Haftung des Beklagten nicht angenommen werden könne.577 Dabei zogen die Richter die Williams Grundsätze heran578 und befanden, dass auch vorsätzlich gemachte Falschaussagen im Namen der Gesellschaft grundsätzlich nur dieser zuzurechnen seien.579 Da der Beklagte niemals persönliche Verantwortung für die im Namen der Gesellschaft gemachten Falschangaben übernommen hatte (assumption of responsibility),580 kamen alle drei Richter zu dem Schluss, dass eine persönlich Haftung des Beklagten neben der Gesellschaft in diesem Fall nicht begründbar sei.581 Im House of Lords582 indessen befanden die Richter einstimmig, dass die von Lord Steyn in Williams aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall einer arglistigen Täuschung (tort of deceit) nicht anwendbar seien.583 Da die Williams Leitlinien ausweislich Lord Steyns Ausführungen die Grundsätze der agency beträfen und somit nichts spezifisch Kapitalgesellschaftsrechtliches darstellten, müsse für company directors dasselbe gelten, wie in Fällen, in denen eine natürliche Person für eine andere natürliche Person auftritt.584 Dort würde aber auch niemand auf die Idee kommen, jemand könne seine persönliche Haftung für eine von ihm selbst vorsätzlich begangene arglistige Täuschung mit dem Hinweis ausschließen, er habe die Täuschungshandlung ausschließlich im 575 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [1998] 1 Lloyd’s Rep. 684, 704 per Cresswell J. 576 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [1998] 1 Lloyd’s Rep. 684, 704 per Cresswell J. 577 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2000] 1 Lloyd’s Rep. 218. 578 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2000] 1 Lloyd’s Rep. 218, 230 per Evans LJ, 235 per Aldous LJ. 579 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2000] 1 Lloyd’s Rep. 218, 230, per Evans LJ. 580 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2000] 1 Lloyd’s Rep. 218, 230 per Evans LJ, 235 per Aldous LJ. 581 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2000] 1 Lloyd’s Rep. 218, 230 per Evans LJ, 235 per Aldous LJ, 236 per Ward LJ. 582 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173. 583 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173, Ziff. 22 per Lord Hoffmann, Ziff. 41 per Lord Rodger. Hinsichtlich dieser Einschätzung stimmen dem House of Lords im Allgemeinen die Kommentatoren der Entscheidung zu, so z. B. Todd (2003) L.Q.R. 119, 199, 200; Noonan/Watson (2004) J.B.L. Sept., 539, 540. 584 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173, Ziff. 22 f. per Lord Hoffmann. So vorher bereits Glick/Gledhill, S. 46 ff.
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Namen eines anderen begangen.585 Die persönliche Haftung für eigene arglistige Täuschungen sei nach britischem Recht ganz selbstverständlich, weil jedermann verpflichtet sei, solche nicht zu begehen.586 Für eine Haftung nach dem tort of deceit sei deswegen – anders als für den tort of negligence – keine besondere Sorgfaltspflicht gegenüber dem Geschädigten erforderlich.587 Infolgedessen bejahte das House of Lords den Anspruch auf Schadensersatz gegen den beklagten company director, ohne eine Anwendung der Williams Grundsätze zur Übernahme persönlicher Verantwortung für notwendig zu erachten.588 (cc) Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP Aus der Entscheidung des House of Lords in Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2)589 könnte man vorschnell den Schluss ziehen, die oberste Rechtsprechung habe begonnen, in Einzelfällen auf das zentrale Element der Williams Leitlinien – nämlich die Übernahme persönlicher Verantwortung – zu verzichten. Jedoch beziehen sich die maßgebenden Ausführungen von Lord Steyn in Williams ausdrücklich nur auf Fälle des tort of negligence, in denen der Ersatz von Vermögensschäden aufgrund sorgfaltswidrigen Verhaltens mit Erklärungswert oder sorgfaltswidriger Erbringung von Dienstleistungen in Frage steht.590 Da die Anwendung dieser Leitlinien auf andere tort-Tatbestände von Lord Steyn nicht erörtert wurde, ist die Übertragung der Williams Leitlinien auf den Vorsatz erfordernden tort of deceit durch den Court of Appeal zu Recht als 585 „No one can escape liability for his fraud by saying ,I wish to make it clear that I am committing this fraud on behalf of someone else and I am not personally liable.‘“, Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173, Ziff. 22 per Lord Hoffmann. 586 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173, Ziff. 41 per Lord Rodger; Gower/Davies, S. 168. In Noel v Poland [2001] 2 B.C.L.C. 645, Ziff. 48 drückt Toulson J dieselbe Ansicht aus, indem er betont, dass die Pflicht, einen anderen nicht zu täuschen, eine generelle Pflicht sei, die nicht aus der Übernahme persönlicher Verantwortung resultiere; siehe dazu auch Glick/Gledhill, S. 48. 587 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173, Ziff. 41 per Lord Rodger; Gower/Davies, S. 168. Siehe auch Noel v Poland [2001] 2 B.C.L.C. 645, Ziff. 48 per Toulson J; Noonan/Watson (2004) J.B.L. Sept., 539, 540. 588 Vgl. die grundlegenden Ausführungen in Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173, Ziff. 24 per Lord Hoffmann, Ziff. 41 per Lord Rodger. 589 [2002] 1 All E.R. 173. 590 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834F–G per Lord Steyn.
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(unzulässige) Ausweitung der Rechtsprechung des House of Lords angesehen worden.591 Die nachfolgende Ablehnung dieser Übertragung der Williams Leitlinien auf den tort of deceit durch das House of Lords ändert folglich nichts an der Geltung der aufgestellten Grundsätze für ihren ursprünglichen Anwendungsbereich von fahrlässigem Fehlverhalten: Das Urteil in Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2)592 stellt lediglich klar, dass die Williams Leitlinien für solche tort-Tatbestände, bei denen aufgrund der erforderlichen vorsätzlichen Begehung – anders als für den tort of negligence – eine besondere duty of care nicht begründet werden muss, keine Geltung haben.593 Für die Gesellschafter einer LLP folgt daraus das, dass die Williams Grundsätze auch nach Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) maßgebend bleiben für die Begründung einer duty of care im Rahmen des tort of negligence.594 Da die Gesellschafter einer LLP durch Inkorporierung ihres Unternehmens für die Außenwelt deutlich machen, dass sie nicht gewillt sind, eine persönliche Verantwortung im Geschäftsbereich der Gesellschaft zu übernehmen, kann eine Übernahme persönlicher Verantwortung – und damit eine duty of care – nur dann angenommen werden, wenn dafür eindeutige objektive Anhaltspunkte vorliegen. cc) Auswirkung freiberuflicher Tätigkeit der LLP-Gesellschafter Die Williams Grundsätze finden auf alle Personen, die als agents einer juristischen Person – also als deren Stellvertreter bzw. Erfüllungsgehilfen – auftreten, Anwendung, ohne dass insoweit unterschieden wird, ob der agent einer freiberuflichen Tätigkeit nachgeht oder nicht. In jedem Fall wird die entscheidende Frage darin bestehen, ob der jeweils Handelnde, ungeachtet seines Auftretens für eine eigenständige Rechtsperson, eine persönliche Verantwortung gegenüber einem Dritten übernommen hat (assumption of responsibility).
591 Whittaker/Machell, S. 130; Clerk/Lindsell, Rdn. 4-89. Glick/Gledhill, S. 46 ff. bezeichnen das Urteil gar als Fehlentscheidung und bescheinigen Aldous LJ ein falsches Verständnis der Williams Grundsätze. 592 [2002] 1 All E.R. 173. Bereits vorher wurde eine gleichlautende Einschätzung von Toulson J im High Court in dem Fall Noel v Poland abgegeben, Noel v Poland [2001] 2 B.C.L.C. 645, Ziff. 21, 42, 48 per Toulson J. 593 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All E.R. 173, Ziff. 41 per Lord Rodger; zur gleichen Frage siehe auch Noel v Poland [2001] 2 B.C.L.C. 645, Ziff. 21, 42, 48 per Toulson J, der insoweit zu dem gleichen Ergebnis kommt; Gower/Davies, S. 168; Gore-Browne, Rdn. 1.8.2.; Glick/Gledhill, S. 40; Noonan/Watson (2004) J.B.L. Sept., 539, 546 f. 594 Für eine jüngere Anwendung der Williams Kriterien siehe European International Reinsurance Co Ltd v Curzon Insurance Ltd [2003] E.W.C.A. Civ. 1074, Ziff. 20 ff. per Longmore LJ.
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Allerdings kann es bei der Beantwortung der Frage, ob aufgrund einer besonderen Verantwortungsübernahme eine besondere Beziehung (special relationship) zwischen dem für die LLP auftretenden Gesellschafter und einer dritten Person entstanden ist, von ganz erheblicher Bedeutung sein, ob die geleistete Tätigkeit freiberuflicher Art ist. (1) Die traditionelle Position im britischen Recht Nach britischem Recht besteht im Verhältnis zwischen einem Freiberufler und dem Empfänger der Dienstleistung traditionell eine besondere persönliche Beziehung, die ganz erheblich von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist.595 Angehörigen der freien Professionen wird nach britischem Verständnis im Rechtsverkehr ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht, weil freiberuflich Tätige gegenüber ihren Mandanten aufgrund ihrer Berufsträgerschaft für sich eine besondere fachliche Qualifikation, besondere Fähigkeiten und eine besondere berufsethischen Bindung in Anspruch nehmen, auf die die Empfänger der Dienstleistung auch besonders vertrauen.596 Aufgrund dieser ganz persönlichen Vertrauensbeziehung zwischen beiden Parteien597 wird regelmäßig ein besonderes Treueverhältnis (fiduciary relationship) zwischen einem Freiberufler und dem Empfänger seiner Dienstleistung begründet.598 Eine Auswirkung dieses Treueverhältnisses besteht darin, dass freiberuflich Tätige im Rahmen der Ausführung der ihnen übertragenen Aufgabe aufgrund ihrer Berufsträgerschaft generell einer Sorgfaltspflicht (duty of care) gegenüber dem Leistungsempfänger unterliegen.599 Als Grundlage der Sorgfaltspflicht 595 Oftmals als „relationship of personal trust and confidence“ bezeichnet, siehe Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1, 18A per Millett LJ; außerdem Nocton v Lord Ashburton [1914] A.C. 932; McMaster v Byrne [1952] 1 All E.R. 1362; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 607. 596 Clerk/Lindsell, Rdn. 8-06; Jackson/Powell, Rdn. 2-125. 597 Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1, 18A per Millett LJ; außerdem Nocton v Lord Ashburton [1914] A.C. 932; McMaster v Byrne [1952] 1 All E.R. 1362; Arklow Investments Ltd v McLean [2000] 1 W.L.R. 594. 598 „[. . .] a professional adviser, whether he be solicitor, factor stockbroker or surveyor is of course in a fiduciary relationship to his client.“, Brown v IRC [1965] A.C. 244, 265F–G per Lord Upjohn; außerdem Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1; Nocton v Lord Ashburton [1914] A.C. 932; McMaster v Byrne [1952] 1 All E.R. 1362; Hedley Byrne & Co Ltd v Heller & Partners Ltd [1964] A.C. 465; Mayson/French/Ryan, Rdn. 16.3; Whittaker/Machell, S. 125; Charlesworth/Percy, Rdn. 8-191 (für Rechtsanwälte); Mabey, S. 65; Clerk/Lindsell, Rdn. 8-06; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 121. 599 „The liability of a fiduciary for the negligent transaction of his duties is not a separate head of liability but the paradigm of the general duty to act with care imposed by law on those who take it upon themselves to act for or advise others.“, Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 205E–H per Lord Browne-Wilkin-
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wird wiederum die Übernahme eigener Verantwortlichkeit (assumption of responsibility) für die Erledigung der betreffenden Aufgabe – in diesem Fall im Rahmen des Treueverhältnisses – angesehen,600 so dass sich auch die Sorgfaltspflicht eines Freiberuflers im Endeffekt auf exakt dieselbe Begründung stützt wie die duty of care nach den Hedley Byrne Prinzipien.601 Folge der Sorgfaltspflicht ist, dass Freiberufler in Großbritannien im Sinne einer „professional liability“ grundsätzlich für ihr eigenes Fehlverhalten einzustehen haben. (2) Anwendung auf die LLP Im Hinblick auf die LLP könnte die traditionelle Haltung des britischen Rechts, Angehörigen der Freien Berufe bei ihrer Tätigkeit gegenüber den Mandanten eine besondere Sorgfaltspflicht aufzuerlegen, dazu führen, dass die Rechtsprechung diese anerkannte Position auch auf die Gesellschafter von freiberuflich tätigen LLPs überträgt.602 Als Konsequenz würde bei Gesellschaftern solcher LLPs die Übernahme persönlicher Verantwortung (assumption of responsibility) und somit das Entstehen einer Sorgfaltspflicht (duty of care) gegenüber den Mandanten weitgehend vermutet.603 Letztendlich hätten Gesellschafter von freiberuflichen LLPs dann regelmäßig persönlich für ihr eigenes sorgfaltswidriges Verhalten nach den Grundsätzen des tort of negligence einzustehen. Andererseits ist es aber auch denkbar, dass die britischen Gerichte in Übereinstimmung mit der jüngeren Rechtsprechung im company law zu gewerblich tätigen Gesellschaften zu einer Betonung der eigenen Rechtspersönlichkeit der LLP tendieren.604 Dann ist es eher wahrscheinlich, dass die Übernahme von son; ebenso White v Jones [1995] 2 A.C. 207, 271D–H, 274F–H per Lord BrowneWilkinson; Phelps v Hillingdon LBC [2001] 2 A.C. 619. Obwohl die duty of care in einem Treueverhältnis zwischen Freiberufler und Empfänger der Dienstleistung besteht, ist die Sorgfaltspflicht ihrerseits keine Treuepflicht (fiduciary duty), dazu Jackson/Powell, Rdn. 2-125–2-127; Whittaker/Machell, S. 125 Fn. 40. 600 Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 205F per Lord BrowneWilkinson; White v Jones [1995] 2 A.C. 207, 271G–H per Lord Browne-Wilkinson; Jackson/Powell, Rdn. 2-127. In die Gruppe dieser Fälle lässt sich ohne weiteres auch die Entscheidung Merrett v Babb einordnen, weil dort die Haftung nach dem tort of negligence ebenfalls mit der besonderen Position des Gutachters aufgrund seiner freiberuflichen Tätigkeit begründet wurde, Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214, Ziff. 44 f. per May LJ. 601 Whittaker/Machell, S. 125. 602 Vgl. Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485; vgl. auch Gower/Davies, S. 168 Fn. 97. 603 Vgl. Gower/Davies, S. 168 Fn. 97; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485. 604 Dahingehend wird die allgemeine Tendenz der britischen Gerichte ausgelegt von Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-15; Pettet, S. 27 Fn. 29; Sealy, S. 58; Wal-
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Verantwortung durch die LLP-Gesellschafter von der Rechtsprechung als ausschließlich für und im Namen der LLP erfolgt angesehen wird.605 Um neben einer Sorgfaltspflicht seitens der LLP auch eine duty of care zwischen dem Gesellschafter und einem Dritten zu begründen, müssten dann wiederum weitere – über die freiberufliche Tätigkeit hinausgehende – besondere objektive Umstände vorliegen, die eine spezielle Beziehung zu dem betreffenden Gesellschafter begründen.606 Freiberuflich tätige LLP-Gesellschafter wären dann in keiner anderen Situation als die Gesellschafter einer gewerblichen LLP oder die directors einer gewerblichen company. Welchen Standpunkt die britische Rechtsprechung letztendlich hinsichtlich der Gesellschafter freiberuflicher LLPs einnehmen wird, ist nicht mit Sicherheit prognostizierbar. Nach dem gegenwärtigen Stand ist jedoch aus verschiedenen Gründen eher mit der Beibehaltung der ersten, traditionellen Position zu rechnen: Auch der britische Gesetzgeber hat sich, bevor die LLP für jedwede Tätigkeit zugänglich gemacht wurde, ganz ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass die freiberuflich tätigen Gesellschafter der neuen Organisationsform für ihr eigenes sorgfaltswidriges Verhalten persönlich haftbar bleiben sollen.607 Dies wurde als grundlegend für das Ethos freiberuflicher Dienstleistungen angesehen, das in jedem Fall bewahrt werden sollte.608 So macht Ziff. 10 der Draft Explanatory Notes unzweifelhaft deutlich, dass ungeachtet der Einführung der LLP der traditionelle Standpunkt im britischen Recht bestehen bleiben sollte, nach dem ein Freiberufler im Sinne einer „professional liability“ für von ihm sorgfaltswidrig erbrachte Dienstleistungen grundsätzlich persönlich einzustehen hat.609 Dafür, dass sich diese grundlegende Position des Gesetzgebers nach der Öffnung der LLP für alle Berufsgruppen geändert hat oder ändern wird, liegen keine Anhaltspunkte vor. Zudem erscheint es wenig einleuchtend, dass eine althergebrachte, anerkannte Rechtsposition zur freiberuflichen Tätigkeit610 ganz ohne
ters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 228; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 40; Grantham/Rickett (1999) M.L.R. 62, 133, 135; Stallworthy (1998) I.C.C.L.R. 8 (12), N105, N106; Mullender (1999) Comp. Law. 20 (4), 121; zweifelnd Watson/Willekes (2001) J.B.L. May, 217, 221. 605 Whittaker/Machell, S. 125. 606 Vgl. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835F–H per Lord Steyn. 607 Siehe die Draft Explanatory Notes, H.L. Bill (1999–2000) [H.L. Bill 6-EN] Ziff. 10. 608 Auf dieses Anliegen beziehen sich auch Lord Sharman und Lord MacIntosh of Haringey in den Debatten des House of Lords um die Haftung der LLP-Gesellschafter wegen unsorgfältigen Verhaltens, siehe Hansard, H.L. Vol. 608, cols. 1383 ff., 24. Januar 2000. 609 H.L. Bill (1999–2000) [H.L. Bill 6-EN] Ziff. 10.
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jegliche Diskussion aufgegeben worden sein soll, nur weil die LLP als Organisationsform auch für nicht freiberufliche Tätigkeit geöffnet wurde. Richtigerweise wird man deshalb davon ausgehen müssen, dass – wie von den Draft Explanatory Notes vorgesehen – zwischen einem freiberuflich tätigen LLP-Gesellschafter und seinem Mandanten eine ganz erheblich von persönlichem Vertrauen geprägte Beziehung besteht,611 die als grundlegendes Wesensmerkmal freiberuflicher Tätigkeit anzusehen ist und ein besonderes persönliches Treueverhältnis zwischen beiden Parteien begründet.612 Deshalb kann man davon ausgehen, dass die britische Rechtsprechung dazu tendieren wird, für Gesellschafter einer freiberuflichen LLP – anders als für Gesellschafter einer gewerblichen LLP – im Regelfall anzunehmen, dass der individuell tätig werdende Gesellschafter gegenüber dem Mandanten eine persönliche Verantwortung übernimmt.613 In Ermangelung eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte werden Gesellschafter freiberuflicher LLPs somit grundsätzlich neben der Gesellschaft eine eigene Sorgfaltspflicht gegenüber Dritten schulden.614 Dadurch wird letzthin die aus der eigenen Rechtspersönlichkeit der LLP folgende Vermutung, ihre Gesellschafter seien nicht gewillt, eine persönliche Verantwortung gegenüber Dritten zu übernehmen,615 widerlegt. Da die eigene Rechtspersönlichkeit der LLP die Übernahme persönlicher Verantwortung bei Freiberuflern folglich nicht entkräften kann, wird eine freiberufliche LLP in der Praxis weiterhin gezwungen sein, zusätzliche Möglichkeiten
610 Denn „[. . .] a professional adviser, whether he be solicitor, factor stockbroker or surveyor is of course in a fiduciary relationship to his client.“, Brown v IRC [1965] A.C. 244, 265F–G per Lord Upjohn; außerdem Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1; Nocton v Lord Ashburton [1914] A.C. 932; McMaster v Byrne [1952] 1 All E.R. 1362; Hedley Byrne & Co Ltd v Heller & Partners Ltd [1964] A.C. 465; Whittaker/Machell, S. 125; Mabey, S. 65; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485. 611 Vgl. Brown v IRC [1965] A.C. 244; Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1; Nocton v Lord Ashburton [1914] A.C. 932; McMaster v Byrne [1952] 1 All E.R. 1362; Hedley Byrne & Co Ltd v Heller & Partners Ltd [1964] A.C. 465. 612 Vgl. Whittaker/Machell, S. 126; Mabey, S. 65; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485. 613 Vgl. Gower/Davies, S. 168 Fn. 97; Whittaker/Machell, S. 126; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 614 Gower/Davies, S. 168 Fn. 97; Whittaker/Machell, S. 126; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 615 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn; siehe auch Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P, 526 per Hardie Boys J; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157–169; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 40; Borrowdale (1998) J.B.L. Mar., 97, 110; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 227 f.; Payne (1998) J.B.L. Nov., 573, 573; Stallworthy (1998) I.C.C.L.R. 8 (12), N105, N106; Mullender (1999) Comp. Law. 20 (4), 121; Howell (2001) Comp. Law. 22 (2), 58, 58.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
in Betracht zu ziehen, um eine persönliche Haftung des mit der Aufgabe betrauten Gesellschafters möglichst ausschließen zu können.616 dd) Auswirkung interner Aufgabenverteilung in einer freiberuflichen LLP Wenn man mit der hier vertretenen Prognose davon ausgeht, dass die Rechtsprechung der traditionellen Position des britischen Rechts zur Begründung eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bei freiberuflicher Tätigkeit treu bleibt, und dementsprechend die Übernahme persönlicher Verantwortung (assumption of responsibility) durch den mit der Erbringung der freiberuflichen Dienstleistung betrauten Gesellschafter vermutet, so folgt daraus, dass die Beantwortung der Frage, welcher Gesellschafter im Einzelfall die Bearbeitung eines der LLP übertragenen Mandats übernommen hat, von entscheidender Bedeutung ist für die letztendliche Verantwortlichkeit eines LLP-Gesellschafters. Bedenkt man allerdings, wie verschiedenartig die Unternehmen strukturiert sind, die heutzutage in den Freien Berufen existieren, so leuchtet ein, dass die Beantwortung dieser Frage im Einzelfall ganz erhebliche Probleme bereiten kann. (1) Kleine freiberufliche LLPs In kleinen freiberuflichen Unternehmen, bei denen jeder Gesellschafter für die ihm zugeordneten Mandanten der primäre Ansprechpartner ist, mit dem der Mandant vornehmlich in persönlichen Kontakt tritt, und der das Mandat von Anfang bis Ende vollumfänglich begleitet, wird es regelmäßig unschwer möglich sein, die Übernahme persönlicher Verantwortung des betreffenden Gesellschafters gegenüber „seinem“ Mandanten zu begründen.617 In solchen Fällen besteht ein direkter und enger persönlicher Kontakt zwischen Mandant und dem mit der Mandatsbearbeitung betrauten Gesellschafter. Der Mandant wird seinerseits auf die Fachkenntnis „seines“ Gesellschafters großen Wert legen und darauf vertrauen, dass die Aufgabe zufriedenstellend erledigt wird. Bei der Bearbeitung des Mandats aufgetretene Fehler sind ohne weiteres als Fehler des Gesellschafters erkennbar. Für diese muss er, weil er als Freiberufler für die von ihm übernommene Aufgabe die unmittelbare Verantwortung übernommen hat, persönlich einstehen.
616 617
Siehe dazu im Folgenden unter 1. Teil § 6. IV. 2. c). Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169.
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(2) Große freiberufliche LLPs In großen Freiberuflerunternehmen, bei denen in nahezu allen Fällen zwischen verschiedenen Ebenen der Seniorität und verschiedenen Ebenen von freiberuflich tätigen Mitarbeitern – den sog. „Associates“ – differenziert wird, kann eine eindeutige Zuordnung der Aufgabe zu einem Gesellschafter dagegen äußerst schwierig sein.618 Bei solchen Unternehmen ist es üblich, dass der erste Kontakt zum Mandanten – insbesondere, wenn es sich um einen langjährigen Mandanten handelt, mit dem eine erfolgreiche Geschäftsverbindung besteht – von einem der Seniorpartner oder Seniorgesellschafter des Unternehmens hergestellt wird.619 Danach wird die Abwicklung des betreffenden Mandats üblicherweise an ein Team von Juniorgesellschaftern und Associates delegiert, die – für den Mandanten allenfalls anhand seiner Abrechnung ersichtlich – in ihrem jeweiligen Fachbereich die einzelnen Arbeitsschritte der eigentlichen Mandatsarbeit übernehmen. Die Koordination dieser Arbeitsschritte behält in der Regel der Seniorgesellschafter in der Hand. Gleichzeitig bleibt der Seniorgesellschafter auch regelmäßig die erste Ansprechperson des Mandanten, so dass ein persönlicher Kontakt zwischen den Mitgliedern des Teams und dem Mandanten üblicherweise nicht zustande kommt.620 In derartigen Fallgestaltungen, die insbesondere in den großen Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltskanzleien die Regel sind, kann es durchaus vorkommen, dass der Mandant nach seinem Empfinden ein besonderes Vertrauensverhältnis mit dem Seniorgesellschafter unterhält, weil dieser für ihn geradezu die Gewähr für die gewohnte einwandfreie Mandatsbearbeitung verkörpert. Mit allergrößter Sicherheit wird dieser Seniorgesellschafter aber, soweit es zu sorgfaltswidrigem Verhalten gekommen ist, persönlich nichts zu der fehlerhaften Dienstleistung beigetragen haben.621 Die sorgfaltswidrige Mandatsbearbeitung wird vielmehr den Mitgliedern des Teams vorzuwerfen sein, die aber ihrerseits wegen des fehlenden persönlichen Kontakts in aller Regel keine persönliche Verantwortung für die Erledigung des Mandats gegenüber dem Geschädigten übernommen haben.622 Damit befindet sich der Leistungsempfänger scheinbar in einem Dilemma, weil demjenigen, der die Verantwortung übernommen hat, kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist, und derjenige, der sorgfaltswidrig gehandelt hat, keine Verant618 619 620 621 622
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Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. Vgl. Kilian, RIW 2000, 1008, 1013. Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157,
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wortung übernommen hat. Aus dieser Situation kann jedoch nicht gefolgert werden, dass dem Geschädigten jeder andere Rückgriff als der auf das Vermögen der LLP verschlossen ist. Der übergeordnete Seniorgesellschafter, der die Mandatsarbeit delegiert und koordiniert hat, wird nicht a priori vor einer Inanspruchnahme wegen der Übernahme persönlicher Verantwortung geschützt sein, nur weil er selbst nicht in die sorgfaltswidrige Erbringung der Dienstleistung involviert war. Aus Sicht des Mandanten bleibt er nämlich – trotz der Delegation der einzelnen Aufgaben an andere – selbst gewissermaßen der Garant für die Bewältigung der übertragenen Aufgabe. Da die Einstandspflicht nach den Williams Grundsätzen primär auf der Übernahme persönlicher Verantwortung beruht (assumption of responsibility) und nicht etwa auf der Vornahme einer sorgfaltswidrigen Handlung an sich,623 ist eine persönliche Teilnahme an dem sorgfaltswidrigen Verhalten nicht unbedingt erforderlich, um eine Haftung des Seniorgesellschafters zu begründen.624 Vielmehr wird dem Seniorgesellschafter das Verhalten derjenigen, an die er die Mandatserfüllung delegiert hat, nach dem Gesichtspunkt der Substitution zuzurechnen sein.625 Überdies sind nach dem objektiven Maßstab, der für die Frage entscheidend ist, ob jemand eine persönliche Verantwortung für die Erbringung einer Dienstleistung übernommen hat,626 nicht nur diejenigen Erklärungen und Handlungen gegenüber dem Auftraggeber zu berücksichtigen, die von der in Frage kommen623 Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. Dies machen die Ausführungen von Lord Steyn in Williams deutlich, bei denen seine Lordschaft besonderen Wert auf die persönliche Beziehung zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner legt, die in diesem Fall nicht existierte. Geringere Bedeutung misst Lord Steyn dagegen der Tatsache bei, dass der Beklagte tatsächlich an der Erstellung der fehlerhaften Kalkulation beteiligt war; siehe Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 837H–838E per Lord Steyn; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 624 Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Kilian, NZG 2000, 1008, 1013. 625 Im britischen Recht existiert Rechtsprechung, nach der jemand aufgrund der Annahme einer vorrangigen, nicht delegierbaren Sorgfaltspflicht (overriding duty of care) direkt für das deliktische Fehlverhalten eines anderen haftet, der zur Erledigung von Aufgaben herangezogen wird, ohne dass die Prinzipien der agency oder vicarious liability bemüht werden. So wurde beispielsweise im Fall McDermid v Nash Dredging and Reclamation Co Ltd [1987] A.C. 906 eine Muttergesellschaft für unsorgfältiges Verhalten einer Tochter nach dem tort of negligence haftbar gemacht. Siehe Clerk/ Lindsell, Rdn. 5-63, 7-215. Ebenso musste im Fall Rogers v Night Riders [1983] R.T.R. 324 ein Minicab Unternehmen für fahrlässiges Verhalten eines selbständigen Fahrers haften; Clerk/Lindsell, Rdn. 5-52; Charlesworth/Percy, Rdn. 2-282 f. In beiden Fällen wurde eine vorrangige Sorgfaltspflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger angenommen; siehe Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. Zum Ganzen Collins (1990) M.L.R. 53 (6), 731–744; McKendrick (1990) M.L.R. 53 (6), 770–784. 626 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835E–F per Lord Steyn.
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den Person selbst stammen. Vielmehr müssen auch Erklärungen und Handlungen in die Betrachtung einbezogen werden, die für und im Namen der betreffenden Person abgegeben bzw. vorgenommen worden sind.627 Dazu gehören selbstverständlich auch Erklärungen und Handlungen der Mitglieder des Teams, an das der Seniorgesellschafter die Erledigung des Mandats in seinem Verantwortungsbereich delegiert hat. Daraus folgt, dass auch in großen Freiberuflergesellschaften, die als LLP organisiert sind, einzelne an der Dienstleistung unbeteiligte Seniorgesellschafter durchaus einer Haftung wegen der Übernahme persönlicher Verantwortung nach den Williams Leitlinien ausgesetzt sein können, auch wenn im Einzelfall die persönliche Verantwortlichkeit erheblich schwerer zu begründen sein wird.628 Solange der betreffende Gesellschafter in hinreichend hervorgehobener Weise gegenüber dem Mandanten aufgetreten ist, kann eine persönliche Inanspruchnahme im Grundsatz selbst dann erfolgen, wenn aufgrund von Delegation der Mandatsarbeit keine Beteiligung an dem eigentlichen Fehlverhalten vorlag.629 Dagegen werden Juniorgesellschafter und freiberufliche Mitarbeiter einer LLP, die Mitglieder eines Teams sind, das zur Bearbeitung des betreffenden Mandats zusammengestellt wurde, aufgrund des fehlenden persönlichen Kontakts zum Mandanten und der daraus resultierenden fehlenden Übernahme unmittelbarer Verantwortung regelmäßig nicht persönlich nach dem tort of negligence für sorgfaltswidriges Verhalten einstehen müssen, selbst wenn ihr eigenes Verhalten schadensbegründend war.630 ee) Auswirkung gegenseitiger Kontrolle in einer freiberuflichen LLP Die Mehrzahl der freiberuflichen Unternehmen – insbesondere Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltskanzleien – verfolgt intern eine Geschäftspolitik, nach der die Gesellschafter einer gegenseitigen kollegialen Kontrolle unterliegen.631 Bevor wichtige Ratschläge, Dokumente oder ähnliche Leistungen nach außen gegenüber den Mandanten abgegeben werden, wird in der Regel eine sog. 627 „[. . .] that the primary focus must be on things said or done by the defendant or on his behalf in dealings with the plaintiff.“, Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835F per Lord Steyn; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 628 Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Kilian, NZG 2000, 1008, 1013. 629 Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Kilian, NZG 2000, 1008, 1013. 630 Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 631 Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485.
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„second opinion“ oder gar eine „third opinion“ eines anderen Gesellschafters eingeholt. Im Hinblick auf eine freiberufliche LLP stellt sich die Frage, ob eine solche konsiliarische Hilfe bei der Mandatsbearbeitung die Übernahme persönlicher Verantwortung seitens des konsultierten Gesellschafters begründen kann.632 Im partnership law ist diese Frage gewissermaßen ohne jede praktische Bedeutung, weil jeder partner aufgrund der „joint and several liability“ ohnehin für deliktisches Fehlverhalten eines anderen partners nach sections 10, 12 PA 1890 haftet.633 Für das Recht der LLP würde die generelle Bejahung einer solchen kollegialen Haftung aufgrund persönlicher Vertrauensübernahme allerdings bedeuten, dass über die Prinzipien des common law eine gegenseitige Verantwortlichkeit der LLP-Gesellschafter für ihre Mitgesellschafter geschaffen wird, ohne dass dies gesetzlich vorgesehen ist.634 Trotzdem kann wiederum nicht mit Sicherheit prognostiziert werden, wie die Gerichte eine solche Kooperation in freiberuflichen Gesellschaften beurteilen werden. Rechtspolitisch scheint es wenig wünschenswert, solche internen Mechanismen, die allein darauf abzielen, das qualitativ möglichst beste Ergebnis für den Mandanten zu erzielen, durch die rigorose Annahme persönlicher Verantwortungsübernahme geradezu zu bestrafen.635 Wenn konsiliarische Mandatsbearbeitung generell dahingehend gedeutet würde, dass auch derjenige, der eine Zweitoder Dritteinschätzung der Sachlage abgibt, persönliches Vertrauen übernimmt, ist es nur schwer vorstellbar, dass die Gesellschafter einer LLP noch weiterhin bereit sein werden, solche Mechanismen zur Qualitätssicherung aufrecht zu erhalten, durch die sie schlussendlich einer persönlichen Haftung ausgesetzt werden.636 Bei der Beantwortung der Frage, ob der um Rat gebetene Gesellschafter eine persönliche Verantwortung übernimmt, wird die britische Rechtsprechung im Einzelfall höchstwahrscheinlich Aspekte wie etwa die Bedeutung der Ratschläge des kooperierenden Gesellschafters, oder die Frage, ob und inwieweit die Kooperation dem Mandanten gegenüber deutlich gemacht wurde, sowie die Frage, ob der um Rat fragende Gesellschafter seinerseits eine persönliche Verantwortung übernommen hat, berücksichtigen.637 Für eine Ausweitung der Haftung in Fällen solcher gegenseitiger Kontrolle könnten jüngere Entscheidungen im Commonwealth sprechen, die eine Pflicht
632 Mabey (2000) S.J. Feb., 148, 149; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Kilian, NZG 2000, 1008, 1013. 633 Lindley/Banks, Rdn. 13-12. 634 Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 170. 635 Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606. 636 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485; Mabey (2000) S.J. Feb., 148, 149. 637 Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 607.
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von company directors befürworten sicherzustellen, dass ihre Gesellschaft ein zufriedenstellendes System interner Aufsichtsmaßnahmen hinsichtlich ihrer Mitarbeiter und Manager aufweist.638 Eine Übertragung solcher Rechtsprechungsansätze auf die LLP würde im Endeffekt, vergleichbar mit dem partnership law, eine wechselseitige Verantwortung von LLP-Gesellschaftern für sorgfaltswidriges Handeln der anderen Gesellschafters begründen. Damit wäre allerdings das zentrale Ziel, das der Gesetzgeber mit der Einführung der LLP verfolgt hat, nämlich eine Beschränkung der gesamtschuldnerischen Haftung insbesondere für die Gesellschafter von Freiberuflergesellschaften zu schaffen,639 vollends konterkariert.640 Im Hinblick auf diese klare Zielsetzung des Gesetzgebers ist eher anzunehmen, dass die britischen Gerichte, abgesehen von besonders gelagerten Ausnahmefällen, bei konsiliarischer Mandatsbearbeitung durch Gesellschafter einer LLP nicht unweigerlich die Übernahme persönlicher Verantwortung desjenigen Gesellschafters annehmen, der lediglich zur Sicherstellung des besten Ergebnisses für den Mandanten eine Zweiteinschätzung der Sachlage abgibt. Vielmehr spricht eine Berücksichtigung der Ziele des britischen Gesetzgebers dafür, dass die Gerichte im Grundsatz ihre traditionelle Position beibehalten werden, wonach allein derjenige Gesellschafter einer freiberuflichen LLP, der die Bearbeitung eines Auftrags persönlich übernommen hat, oder dafür innerhalb der LLP verantwortlich zeichnet, aufgrund seiner besondern Sachkenntnis und Qualifikation in einem Treueverhältnis zu dem Mandanten steht, durch das für ihn eine persönliche Verantwortung begründet wird. Eine kollegiale Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten anderer Gesellschafter, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, wird es dann nicht geben. ff) Einschränkende Faktoren Wann immer die vorgenannten Überlegungen die britische Rechtsprechung zu der Annahme anhalten, ein LLP-Gesellschafter habe persönliche Verantwortung gegenüber einem Dritten übernommen (assumption of responsiblity), ist für die Ableitung einer daraus folgenden Sorgfaltspflicht (duty of care) nach den Williams Leitlinien weiterhin erforderlich, dass der Geschädigte auf die Verantwortungsübernahme vertraut hat (reliance)641 und dass er vernünftigerweise darauf auch vertrauen durfte (reasonable reliance).642 638 Vgl. AWA Ltd v Daniels (1995) 16 A.C.S.R. 607; Dairy Containers Ltd v Auditor General [1995] 2 N.Z.L.R. 30; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 639 Siehe Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 9; Vermeulen, S. 65; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123. 640 Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 170.
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(1) Vertrauen auf die Verantwortungsübernahme (reliance upon the assumption) Hinsichtlich des ersten Bestandteils dieser haftungseinschränkenden Komponente der Williams Leitlinien muss der Geschädigte aufzeigen, dass die Tatsache, dass jemand für und im Namen einer eigenständigen juristischen Person gegenüber ihm gehandelt hat, nichts daran geändert hat, dass er auf eine persönliche Verantwortung gerade dieses LLP-Gesellschafters selbst vertraut hat.643 Insoweit wird es wesentlich auf die tatsächliche Sachlage des zu beurteilenden Falls ankommen, insbesondere ob Äußerungen oder Handlungen des Anspruchstellers eindeutig belegen, dass er wegen des besonderen Inhalts der freiberuflichen Tätigkeit des LLP-Gesellschafters auf dessen persönliche Verantwortungsübernahme gesteigerten Wert gelegt hat. Rechtspolitische Überlegungen werden dagegen in diesem Zusammenhang regelmäßig keine Rolle spielen. (2) Vernünftigkeit des Vertrauens (reasonable reliance) Bei der Beantwortung der Frage, ob das Vertrauen auf die Verantwortungsübernahme vernünftig und damit vertretbar war, werden rechtspolitische Aspekte indessen von entscheidender Bedeutung sein.644 Die Williams Leitlinien selbst liefern keine genauen Kriterien, anhand derer die Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf die Verantwortungsübernahme zu beurteilen ist. Lord Steyn untersucht in seinen Ausführungen unter Verweis auf zwei kanadische Urteile645 die Vernünftigkeit des Vertrauens auf die Verantwortungsübernahme, indem er fragt, ob objektive Anzeichen dafür bestehen, dass der Anspruchsgegner neben der juristischen Person auch persönlich einstehen wollte.646 Für die Vernünftigkeit des Vertrauens und dessen Schutzwürdigkeit 641 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 836E–F per Lord Steyn. 642 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 837B per Lord Steyn. 643 Vgl. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 836H– 837A per Lord Steyn, der insoweit auf die Urteilsbegründung von La Forest J in Edgeworth Construction Ltd v N.D. Lea and Associates Ltd [1993] 3 S.C.R. 206, 212 verweist, die für das britische Recht „instructive“ sei. Whittaker/Machell, S. 123; Jackson/Powell, Rdn. 2-089 f.; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 602; Howell (2000) Comp. Law. 22 (2), 58, 59. 644 Whittaker/Machell, S. 124; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 603. 645 London Drugs Ltd v Kuehne & Nagel International Ltd [1992] 3 S.C.R. 299; Edgeworth Construction Ltd v N.D. Lea and Associates Ltd [1993] 3 S.C.R. 206. 646 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 836G–837B per Lord Steyn; vgl. London Drugs Ltd v Kuehne & Nagel International Ltd [1992] 3
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dürften damit nicht nur die besondere Qualifikation der betreffenden Person, sondern auch Aspekte wie eine gegenüber Dritten betonte individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder der Verweis auf eine persönliche Absicherung in Haftpflichtfällen eine Rolle spielen. Letztendlich werden durch die Frage, ob das Vertrauen als vernünftig angesehen werden kann, wenn auch auf anderer Ebene, die wohlbekannten Elemente des „threefold test“647 in die Hedley Byrne bzw. Williams Leitlinien Eingang finden,648 selbst wenn die Rechtsprechung dieser Tendenz teilweise widerspricht.649 Bei der Beurteilung der Frage, ob ein LLP-Gesellschafter wegen der Übernahme persönlicher Verantwortung gegenüber einem Mandanten aus rechtspolitischen Erwägungen auch persönlich haften soll, kann das Fallrecht zu den traditionellen Fragestellungen, ob eine Nähebeziehung zwischen den Parteien bestand (proximity oder neighbourhood), und ob eine Auferlegung der Ersatzpflicht insgesamt gerecht erscheint (fair just and reasonable), Präjudizien liefern, die zumindest ansatzweise Leitlinien für künftige Entscheidungen der britischen Gerichte bereithalten.650 b) Bruch der Sorgfaltspflicht (breach) und Schaden (damage) Soweit nach den vorbeschriebenen Kriterien eine persönliche Sorgfaltspflicht eines LLP-Gesellschafters gegenüber einem Dritten besteht, kann der jeweilige Gesellschafter zum Schadensersatz nach dem tort of negligence herangezogen werden, wenn die Sorgfaltspflicht in einer ihm zurechenbaren Weise gebrochen wurde (breach)651 und dadurch ein Schaden bei dem Anspruchsteller entstanden ist (damage).652
S.C.R. 299, 387 per La Forest J; Edgeworth Construction Ltd v N.D. Lea and Associates Ltd [1993] 3 S.C.R. 206, 212 per La Forest J. 647 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. III. 4. a) aa) (1). 648 Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 603. 649 Henderson v Merrett Syndicates Ltd [1995] 2 A.C. 145, 181 per Lord Goff; Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834G per Lord Steyn. 650 So auch Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 603 f. Vgl. dazu Jackson/Powell, Rdn. 2-075 ff. Zu den Tatbestandsmerkmalen des „threefold test“ siehe auch Baus, ZVglRWiss 103 (2004), 219, 229 ff. 651 Die Zurechnung kann etwa nach dem Gesichtspunkt der Substitution erfolgen, vgl. McDermid v Nash Dredging and Reclamation Co Ltd [1987] A.C. 906; Rogers v Night Riders [1983] R.T.R. 324. Zu diesem Problemkreis siehe Collins (1990) M.L.R. 53 (6), 731–744; McKendrick (1990) M.L.R. 53 (6), 770–784. Siehe dazu auch oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) dd) (2). 652 Vgl. Jackson/Powell, Rdn. 2-013; Charlesworth/Percy, Rdn. 1-23.
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c) Mögliche Mechanismen zum Ausschluss persönlicher Haftung Die vorstehenden Ausführungen haben deutlich gemacht, dass sich derzeit noch nicht mit letzter Sicherheit absehen lässt, welche konkreten Umstände zur Entstehung einer duty of care von Gesellschaftern einer freiberuflichen LLP gegenüber Dritten nach den Williams Leitlinien führen. Es existiert noch kein Kanon des case law, der diese Fragestellung betrifft, und die britische Rechtsprechung kann die vorstehend aufgeworfenen Fragen durchaus in verschiedener Weise beantworten.653 Da nach der hier vertretenen Ansicht zu erwarten ist, dass die Rechtsprechung der traditionellen Position des britischen Rechts zu freiberuflicher Tätigkeit treu bleibt, und dementsprechend das Bestehen einer Sorgfaltspflicht seitens des mit der Mandatsbearbeitung betrauten Gesellschafters einer freiberuflichen LLP vermuten wird, müssen in der Praxis Mechanismen gesucht werden, die die LLP-Gesellschafter wirksam vor der Begründung einer persönlichen Haftung nach den Williams Grundsätzen schützen können. Wie aufgezeigt wurde, leitet sich die Grundlage jeder Haftung von Gesellschaftern einer freiberuflichen LLP nach dem tort of negligence aus der Übernahme persönlicher Verantwortung gegenüber dem Mandanten ab (assumption of responsibility),654 welche nach objektiven Maßstäben festzustellen ist.655 Um der Begründung einer persönlichen Verantwortungsübernahme bei einer freiberuflichen LLP möglichst entgegenzuwirken, müssen nach außen für Dritte klar erkennbare, objektive Indizien geschaffen werden, die dem Mandanten während der gesamten Geschäftsbeziehung ausdrücklich deutlich machen, dass er Rechtsbeziehungen allein mit der LLP als eigenständiger juristischer Person eingeht und dass es gleichermaßen ausschließlich die LLP ist, die die Dienstleistung, wenn auch durch ihre Gesellschafter, gegenüber dem Mandanten erbringt, und die für die sorgfältige Ausführung des Auftrags durch ihre Gesellschafter haftet.656 Ein Mechanismus, der zur Erreichung dieses Ziels beitragen kann, ist die Aufstellung eines internen Verhaltenskodexes für die Gesellschafter und Mitarbeiter der LLP. Durch einen solchen Kodex kann dafür Sorge getragen werden, 653 Dieses gewisse Maß an Rechtsunsicherheit, das mit der mit der LLP einhergeht, wird von einigen Kommentatoren als ein großes Manko der neuen Organisationsform gesehen, vgl. dazu etwa Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 487, 495, 497; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 603, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 170; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 276. 654 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 484 f.; Whittaker/Machell, S. 122; Shapira (1999) Comp. Law. 20 (5), 130, 132. 655 Vgl. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835F–G per Lord Steyn. 656 Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606.
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dass diejenigen, die für und im Namen der Gesellschaft handeln, ihr Verhalten jederzeit so abstimmen, dass Dritten gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass der Geschäftspartner, mit dem der Mandant in eine Verbindung tritt, allein die LLP als eigene Rechtsperson ist.657 Dabei sollte dieser Kodex nicht nur das Auftreten der LLP-Gesellschafter und freiberuflichen Mitarbeiter unmittelbar gegenüber den Mandanten regeln, sondern auch interne Vorgänge, wie etwa die Kooperation in einem Team oder die Einholung von Zweit- oder Dritteinschätzungen von Kollegen festlegen.658 Ferner sollte ein solcher Kodex die Bedeutung derartiger interner Vorgänge gegenüber dem Mandanten hinreichend deutlich machen.659 Weiterhin ist eine standardisierte Erklärung gegenüber den Mandanten in Betracht zu ziehen (retainer letter), die bereits beim ersten geschäftlichen Kontakt klarstellt, dass der Mandant ausschließlich mit der LLP als Gegenüber in rechtliche Beziehungen tritt. Auf diese Weise sollte unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht nur der Vertrag ausschließlich mit der LLP geschlossen wird, sondern dass auch deren Mitarbeiter und Gesellschafter – selbst wenn sie Freiberufler sind – keine persönliche Haftung für die Ausführung der Mandatsarbeit im Namen der LLP übernehmen wollen.660 Wenn durch solche objektiven Anhaltspunkte gegenüber dem Mandanten ausreichend herausgestellt wird, dass die LLP – im Gegensatz zur partnership – ein eigenständiges Rechtsgebilde ist, dass gerade gegründet worden ist, um eine persönliche Haftung der Gesellschafter etwa für unsorgfältige Mandatsbearbeitung auszuschließen, sollte es für einen Mandanten, ungeachtet einer freiberuflichen Tätigkeit der LLP, zumindest schwieriger sein, die persönliche Haftung eines Gesellschafters mit der Begründung geltend zu machen, dieser habe ihm gegenüber eine persönliche Verantwortung übernommen, er habe auf die persönliche Verantwortung vertraut und vernünftigerweise auch darauf vertrauen dürfen. Allerdings müssen bei der Möglichkeit einer standardisierten Erklärung die rechtlichen Vorgaben des UCTA 1977 und der Unfair Terms in Comsumer Contracts Regulations 1999661 berücksichtigt werden, um die Rechtsgültigkeit einer solchen Haftungsausschlusserklärung zu gewährleisten.662
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Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606. Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606. 659 Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606. 660 Vgl. Whittaker/Machell, S. 126. 661 Statutory Instrument (1999/2083). 662 Eine eingehende Behandlung dieser Verbraucherschutzvorschriften ist jenseits der Thematik dieser Arbeit. Weiter führende Anmerkungen zu diesem Problembereich im Hinblick auf die LLP finden sich bei Whittaker/Machell, S. 126–130. 658
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
3. Haftungsdurchgriff auf die LLP-Gesellschafter (lifting the corporate veil) Obwohl die LLP nach section 1 (2) LLPA eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist, die getrennt und unabhängig von ihren Gesellschaftern existiert, wird die britische Rechtsprechung in Einzelfällen geneigt sein, die Trennung zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft zu durchbrechen, indem sie einen Haftungsdurchgriff auf die hinter der LLP stehenden Gesellschafter zulässt. Dabei wird ein solcher Durchgriff der Gesellschaftsgläubiger auf die LLPGesellschafter aller Voraussicht nach unter den gleichen Voraussetzungen gewährt werden, in denen die Rechtsprechung663 im company law unter der Bezeichnung „lifting the corporate veil“ einen Haftungsdurchgriff anerkannt hat.664 Berücksichtigt werden muss insoweit, dass bei der LLP, wie auch bei der company, ein Durchgriff auf deren Gesellschafter immer nur ausnahmsweise möglich sein kann, weil der Grundsatz des britischen Gesellschaftsrechts auch mehr als 100 Jahre, nachdem das House of Lords seine grundlegende Entscheidung getroffen hat,665 durch die Salomon doctrine formuliert wird. Danach ist die juristische Person aufgrund ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit streng von ihren Gesellschaftern zu trennen, so dass Letztere grundsätzlich nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen werden können. Den Gläubigern dient vielmehr allein das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse, was gemeinhin als „limited liability“ bezeichnet wird. a) Die Rechtsprechung im company law Diskutiert wird eine ausnahmsweise Durchbrechung der Salomon doctrine im company law im Wesentlichen unter den folgenden vier Fallgruppen.666 aa) Single economic unit Die erste Kategorie, nach der die Rechtsprechung einen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter der juristischen Person zugelassen hat, wird üblicher663 Haftungsdurchgriffe aufgrund gesetzlicher Regelung sollen hier nicht behandelt werden. Zur wichtigsten Kategorie gesetzlich normierter Durchgriffe siehe unten 1. Teil § 6. V. 1. 664 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-04. 665 Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. 666 Eingehend dazu Gower/Davies, S. 184–190; Palmer’s Company Law, Rdn. 2.159; Pettet, S. 24–28; Sealy, S. 56–75; Farrar, S. 70 ff.; Gore-Browne, Rdn. 1.4.2, 1.5.2; Fleischer, AG 1999, 350, 352–355; Spellenberg, in: GS Sonnenschein, 719, 727 ff.; Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75–82; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 228; Bowmer (2000) J.I.B.L. 15 (8), 193, 195 ff.
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weise als „single economic unit“ Argumentation bezeichnet.667 Nach dieser Fallgruppe soll es in einzelnen Fällen, in denen mehrere rechtlich selbständige Gesellschaften als Unternehmensgruppe auftreten, zulässig sein, die Salomon doctrine zu durchbrechen, indem einzelne Gesellschaften der Gruppe rechtlich als zusammengehörig behandelt werden.668 Die meisten der in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen betreffen allerdings keine Sachverhalte, bei denen generell über die Zulässigkeit eines Haftungsdurchgriffs in der Unternehmensgruppe zu entscheiden gewesen wäre. Vielmehr stand regelmäßig die konkrete Auslegung einzelner gesetzlicher Vorschriften, Verträge oder anderer Dokumente in Frage.669 In den entsprechenden Fällen haben die gerichtlichen Entscheidungen neben den rechtlichen Tatsachen unter Verweis auf die „commercial reality“ auch die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Unternehmensgruppe berücksichtigt, um etwa bei der Interpretation einer Norm oder eines Vertrages den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall gerecht zu werden.670 Nach Ansicht der Rechtsprechung war es in diesen Situationen aufgrund der Anwendung wirtschaftlicher Gesichtspunkte sachlich gerechtfertigt, die jeweiligen Gesellschaften in der Gruppe als das zu behandeln, was sie nach ökonomischem Maßstab waren, nämlich als Einheit, so dass mittels einer wirtschaftlichen Betrachtung die Überwindung der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaften statthaft gemacht wurde.671 Neben diesen einzelfallbezogenen Entscheidungen hat insbesondere Lord Denning in seinen Urteilsbegründungen in den Fällen Littlewood Mail Order Stores Ltd v IRC 672 und DHN Food Distributors Ltd v Tower Hamlets LBC 673 667 Ihren Namen hat dieses Argumentationsmuster in Anlehnung an die Bezeichnung derartiger Begründungen in der wegweisenden Entscheidung des House of Lords in Adams v Cape Industries plc [1990] B.C.C. 786 erhalten. 668 The Roberta [1937] 58 Lloyd’s Rep. 159; Holdsworth & Co v Caddies [1955] 1 W.L.R. 352; Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer [1959] A.C. 324; Merchandise Transport Ltd v British Transport Commission (No 1) [1962] 2 Q.B. 173; Littlewood Mail Order Stores Ltd v IRC [1969] 1 W.L.R. 1241; DHN Food Distributors Ltd v Tower Hamlets LBC [1976] 1 W.L.R. 852; Revlon Inc v Cripp & Lee Ltd [1980] F.S.R. 85. 669 So z. B.: The Roberta [1937] 58 Lloyd’s Rep. 159; Holdsworth & Co v Caddies [1955] 1 W.L.R. 352; Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer [1959] A.C. 324; Revlon Inc v Cripp & Lee Ltd [1980] F.S.R. 85. 670 So z. B.: The Roberta [1937] 58 Lloyd’s Rep. 159; Holdsworth & Co v Caddies [1955] 1 W.L.R. 352; Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer [1959] A.C. 324; Revlon Inc v Cripp & Lee Ltd [1980] F.S.R. 85. 671 So z. B.: Holdsworth & Co v Caddies [1955] 1 W.L.R. 352; Scottish Co-operative Wholesale Society Ltd v Meyer [1959] A.C. 324; Revlon Inc v Cripp & Lee Ltd [1980] F.S.R. 85. 672 [1969] 1 W.L.R. 1241. 673 [1976] 1 W.L.R. 852.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
aus der Zugehörigkeit verschiedener Gesellschaften zu einer Gruppe eine allgemeine Begründung für einen Haftungsdurchgriff abgeleitet.674 Nach Lord Dennings Auffassung sollte eine Überwindung der rechtlichen Selbständigkeit von Gesellschaften in einer Unternehmensgruppe generell möglich sein, sofern ein Konzern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Einheit bildet.675 Wenn eine Gesellschaft tatsächlich nur das „[. . .] Geschöpf und die Marionette [. . .]“676 einer Mutter sei, so müsse sie auch rechtlich so behandelt werden; das Recht habe der Wirklichkeit zu folgen und nicht vice versa.677 Solchen Begründungsversuchen eines Haftungsdurchgriffs ist der Court of Appeal jedoch in seiner viel beachteten Entscheidung Adams v Cape Industries plc678 vehement entgegengetreten. Zwar könne es, so die Entscheidungsgründe, nach wie vor im Einzelfall bei der Auslegung eines Vertrages oder eines Gesetzes sachlich gerechtfertigt sein, Gesellschaften einer Unternehmensgruppe als Einheit zu behandeln.679 Jede über den Rang einer solche Interpretationshilfe hinausgehende Bedeutung der „single economic unit“ Leitlinien für eine allgemeine Durchgriffshaftung sei indessen strikt abzulehnen.680 Eine allgemeine Durchgriffshaftung in der Gruppe – wie von Lord Denning postuliert – ist deswegen mit dem aktuellen Stand der Rechtsprechung nicht mehr vereinbar.681 Britische Gerichte haben vielmehr verschiedentlich deutlich gemacht, dass auch Gesellschaften in einer Unternehmensgruppe ihre selbständige Rechtspersönlichkeit behalten682 und dass wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der rechtlichen Beurteilung außen vor bleiben müssen.683 674 „This group is virtually the same as a partnership in which all the three companies are partners. They should not be treated separately so as to be defeated on a technical point. [. . .] the three companies should, for present purposes be treated as one [. . .]“, DHN Food Distributors Ltd v Tower Hamlets LBC [1976] 1 W.L.R. 852, 860 per Lord Denning; Littlewood Mail Order Stores Ltd v IRC [1969] 1 W.L.R. 1241, 1245 per Lord Denning. Slade LJ bestreitet allerdings eine solche weitergehende Bedeutung der Ausführungen Lord Dennings und sieht auch diese eher als Auslegung gesetzlicher Vorschriften im Einzelfall an, Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 536B–C per Slade LJ. 675 DHN Food Distributors Ltd v Tower Hamlets LBC [1976] 1 W.L.R. 852, 860 per Lord Denning. 676 „[. . .] the creation and the puppet [. . .]“, Littlewood Mail Order Stores Ltd v IRC [1969] 1 W.L.R. 1241, 1245 per Lord Denning. 677 Littlewood Mail Order Stores Ltd v IRC [1969] 1 W.L.R. 1241, 1245 per Lord Denning. 678 [1990] Ch. 433. 679 Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 536B–D per Slade LJ. 680 Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 532 f., 539 per Slade LJ. 681 So auch Gower/Davies, S. 185; Sealy, S. 71; Farrar, S. 73 f. 682 „[. . .] each company in a group of companies (a relatively modern concept) is a separate legal entity [. . .].“, The Albazero [1977] A.C. 774, 807 per Roskill LJ. 683 „Counsel suggested beguilingly that it would be technical for us to distinguish between parent company and subsidiary in this context; economically, he said, they
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Weitergehende Bedeutung als eine bloße Auslegungshilfe kommt der „single economic unit“ Argumentation infolgedessen nicht mehr zu.684 bb) Agency Die zweite Fallgruppe, nach der im britischen Recht vereinzelt ein Durchgriff auf die Gesellschafter einer juristischen Person zugelassen wurde, wird gemeinhin als „agency“ Argumentation bezeichnet.685 Hierunter werden Sachverhalte verstanden, bei denen versucht worden ist, einen Haftungsdurchgriff dadurch zu rechtfertigen, dass – nach angemessener Würdigung der Sachlage des Einzelfalls – unterstellt wurde, die betreffende Gesellschaft sei in Wahrheit die Vertreterin ihrer Gesellschafter, weshalb Letztere für die im Geschäftsbereich entstandenen Verbindlichkeiten als Geschäftsherren persönlich einzustehen hätten.686 Die Rechtsprechung hat ein Stellvertretungsverhältnis solcher Art zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern insbesondere bei erheblichen Beteiligungen an der Gesellschaft angenommen, aufgrund derer der oder die Gesellschafter eine umfassende Kontrolle über das Unternehmen ausüben konnten, auch wenn für die Erteilung einer tatsächlichen Vollmacht im Einzelfall keine Anhaltspunkte bestanden.687 Auf diese Weise war es den Gerichten möglich, die Salomon doctrine zu umgehen und nach den allgemeinen Grundsätzen der agency auf den oder die Gesellschafter als angebliche Geschäftherren haftungsmäßig zurückzugreifen. Wenn auch nach den Grundsätzen der Stellvertretung die Gesellschafter einer juristischen Person unzweifelhaft durch ihr Unternehmen verpflichtet werden können, soweit ein echtes Vertretungsverhältnis besteht,688 so wirft die „agency“ Argumentation dennoch Zweifel auf, weil die Konstruktion einer were one. But we are concerned not with economics but with law. The distinction of the two is, in law, fundamental and can not be abridged.“, Bank of Tokyo Ltd v Karoon [1987] A.C. 45, 64 per Goff LJ; außerdem Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607, 615 per Hobhouse LJ; Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987, 995D per Morritt V-C. 684 Vgl. Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 532 f., 539 per Slade LJ, Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607, 615 per Hobhouse LJ; Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987, 995D per Morritt V-C; vgl. Gower/ Davies, S. 185; Palmer’s Company Law, Rdn. 2.159.11; Sealy, S. 70; Gore-Browne, Rdn. 1.5.2; Bowmer (2000) J.I.B.L. 15 (8), 193, 195; Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75, 82; Walters (1998) Comp. Law., 19 (8), 226, 226. 685 Siehe Gower/Davies, S. 187; Farrar, S. 70. 686 Re FG (Films) Ltd [1953] 1 W.L.R. 483; Smith, Stone & Knight Ltd v Birmingham Corp [1939] 4 All E.R. 116; Firestone Tyre and Rubber Co Ltd v Lewellin [1957] 1 All E.R. 561. 687 Re FG (Films) Ltd [1953] 1 W.L.R. 483; Smith, Stone & Knight Ltd v Birmingham Corp [1939] 4 All E.R. 116.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Stellvertretung aufgrund einer kontrollvermittelnden Beteiligung an einem Unternehmen ganz ausdrücklich den in Salomon v Salomon & Co689 aufgestellten Prinzipien widerspricht. In Salomon haben die Richter unzweifelhaft deutlich gemacht, dass die bloße Kontrolle über eine Gesellschaft nicht zur Annahme eines Vertretungsverhältnisses ausreichen darf, weil ansonsten das Prinzip der Selbständigkeit der juristischen Person unterminiert wird.690 Deshalb ist die „agency“ Argumentation sowohl in der Rechtsprechung691 als auch in der Literatur692 in der Folge entschieden abgelehnt worden. Auch für diese Fallgruppe kann deswegen nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung, außerhalb der Fälle, in denen tatsächlich eine echte Vollmachtserteilung vorliegt, die Möglichkeit eines Haftungsdurchgriffs auf die Gesellschafter einer company keinesfalls mehr bejaht werden. cc) Interests of justice Die dritte Kategorie, nach der britische Gerichte versucht haben, eine Durchbrechung des Trennungsprinzips zu begründen, bezeichnet man als „interests of justice“ Argumentation.693 Diese Fallgruppe erfasst Ausnahmesachverhalte, in denen der Haftungsdurchgriff allein auf generelle Gerechtigkeitserwägungen gestützt wurde.694 Entscheidend für die Zulassung eines Durchgriffs auf die hinter der juristischen Person stehenden Gesellschafter waren in diesen Fällen, anders als in den vorgenannten Fallgruppen, keine kategorisierbaren Überlegungen, sondern nicht verallgemeinerungsfähige rechtspolitische Erwägungen im Einzelfall.695 688 So z. B. in Rainham Chemical Works Ltd v Belvedere Fish Guano Co Ltd [1921] 2 A.C. 465; Southern v Watson [1940] 3 All E.R. 439. 689 [1897] A.C. 22. 690 Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22, 42 f. per Lord Herschell; siehe auch British Thomson Houston Co Ltd v Sterlin Accessories Ltd [1924] 2 Ch. 33, 38 per Tomlin J; J H Rayner (Mincing Lane) Ltd v Department of Trade and Industry [1989] Ch. 72, 188–189 per Kerr LJ; J H Rayner (Mincing Lane) Ltd v Department of Trade and Industry [1990] 2 A.C. 418, 515, per Lord Oliver. 691 J H Rayner (Mincing Lane) Ltd v Department of Trade and Industry [1989] Ch. 72, 189 per Kerr LJ; J H Rayner (Mincing Lane) Ltd v Department of Trade and Industry [1990] 2 A.C. 418, 515, per Lord Oliver; Yukong Lines Ltd of Korea v Rendsburg Corp of Liberia (No 2) [1998] 1 Lloyd’s Rep. 322, 328 per Toulson J; Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 545–547, 547–549, per Slade LJ. 692 Vgl. Gower/Davies, S. 187; Pettet, S. 24 ff.; Sealy, S. 63; Gore-Browne, Rdn. 1.5.2. 693 Siehe Gower/Davies, S. 187. 694 Re A Company (1985) 1 B.C.C. 99, 421; Creasey v Breachwood Motors Ltd [1992] B.C.C. 638. 695 Gower/Davies, S. 187.
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Mit der Anerkennung eines allgemeinen Durchgriffshaftungstatbestands aus Gründen der Gerechtigkeit geht unweigerlich ein geradezu unerträglich großes Maß an Rechtsunsicherheit sowohl für die Rechtsprechung als auch für unternehmerisch Tätige einher. Ein aus Gerechtigkeitsgründen zugelassener Durchgriffstatbestand kann nämlich von der Natur der Sache her keine allgemeingültigen konkreten Anhaltspunkte dafür liefern, wann die Grundprinzipien des Kapitalgesellschaftsrechts überwunden werden können.696 Diese Schwäche ist der „interests of justice“ Argumentation wiederholt von britischen Gerichten entgegengehalten worden, weshalb allgemeine Gerechtigkeitserwägungen zur Durchgriffshaftung auch letzthin von der Rechtsprechung auf das Schärfste abgelehnt worden sind.697 Eine rechtspolitische Notwendigkeit dafür, einen Haftungsdurchgriff zuzulassen, wann immer dies nach Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten scheint, hat die Rechtsprechung konstant zurückgewiesen.698 Infolgedessen kann auch die „interests of justice“ Argumentation nach einhelliger Auffassung keine Grundlage mehr dafür schaffen, entgegen der Salomon doctrine einen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter einer juristischen Person zuzulassen.699 dd) Façade or sham Die bloße Anzahl der vorbeschriebenen Fallgruppen, in denen die Rechtsprechung ehemals einen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter einer juristischen Person zugelassen hat, mag den Eindruck erwecken, die Salomon doctrine des britischen Rechts könne durch verschiedenartige richterrechtliche Ausnahmetatbestände umgangen werden. Tatsächlich ist jedoch seit der bahnbrechenden Entscheidung des Court of Appeal in Adams v Cape Industries plc700 nur noch eine einzige Fallgruppe existent, nach der anerkanntermaßen ein Haftungsdurchgriff bei einer juristischen Person zugelassen wird.701
696
Gower/Davies, S. 187. Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 536 per Slade LJ; siehe außerdem Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 1 All E.R. 987, 994J–995D per Morritt V-C. Schlussendlich ist Creasey v Breachwood Motors Ltd [1992] B.C.C. 638 als prominentester Fall dieser Kategorie durch Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607 revidiert worden. 698 „[. . .] the court is not free to disregard the principle of Salomon v A Salomon & Co Ltd merely because it considers that justice so requires.“, Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 536 per Slade LJ; siehe außerdem Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 1 All E.R. 987, 994J–995D per Morritt V-C. 699 Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 536 per Slade LJ; siehe außerdem Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 1 All E.R. 987, 994J–995D per Morritt V-C; Gower/Davies, S. 187; Pettet, S. 27; Sealy, 74; Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75, 75. 700 [1990] Ch. 433. 697
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Nach dem Wortlaut der Entscheidung des Court of Appeal702 werden von dieser Fallgruppe nur solche Sachverhalte erfasst, in denen „außergewöhnliche Umstände vorliegen, die es Nahe legen, dass sie [die juristische Person] eine bloße Fassade ist, welche die wahren Tatsachen verbirgt“.703 Obwohl eine ganze Reihe von Streitigkeiten wegen der Zulassung eines Haftungsdurchgriffes sowohl vor Adams v Cape Industries plc704 als auch im Anschluss an diese Entscheidung705 in Anwendung des sog. „façade test“ gelöst wurden,706 haben sich bis heute noch keine strikten Tatbestandsmerkmale herauskristallisiert, anhand derer festgestellt werden könnte, wann genau eine juristische Person eine „bloße Fassade“ darstellt.707 Allerdings kann man dem Urteil Adams v Cape Industries plc708 und dem nachfolgenden Urteil Ord v Bellhaven Pubs Ltd 709 entnehmen, dass der Court of Appeal bei seinen Entscheidungen besonderen Wert auf die Beantwortung der Frage gelegt hat, welche Beweggründe die handelnden Personen zu ihrem
701 Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 539 per Slade LJ; in jüngerer Zeit bestätigt durch Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607, 615 per Hobhouse LJ; Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987, 995D per Morritt V-C; Buckinghamshire CC v Briar [2003] Env. L.R. 25 Ziff. 150–152 per Collins J. Siehe auch Gower/Davies, S. 185, Pettet, S. 27; Sealy, S. 73; Gore-Browne, Rdn. 1.4.3, 1.5.2. 702 Die Formulierung und die grundsätzliche Überlegung in Adams v Cape Industries plc, dass nur eine solche Fallgruppe besteht, wurde dem vorhergehenden Fall Woolfson v Strathclyde DC (1979) S.L.T. 159, 161 entnommen, in dem Lord Keith die entsprechende Redewendung geprägt hatte. 703 „[. . .] where special circumstances exist indicating that it is a mere façade concealing the true facts“, Woolfson v Strathclyde DC (1979) S.L.T. 159, 161 per Lord Keith; Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 539 f. per Slade LJ. 704 So z. B.: Smith v Hancock [1894] 2 Ch. 377; Gilford Motor Co Ltd v Horne [1933] Ch. 935; Malyon v Plummer [1964] 1 Q.B. 330; Jones v Lipman [1962] 1 W.L.R. 832; Woolfson v Strathclyde DC (1979) S.L.T. 159. 705 Re Polly Peck plc [1996] B.C.C. 486; Re H [1996] 2 All E.R. 291; Yukong Lines Ltd of Korea v Rendsburg Corp of Liberia (No 2) [1998] 1 Lloyd’s Rep. 322; Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607; Gencor ACP Ltd v Dalby [2000] 2 B.C.L.C. 734; Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987; Buckinghamshire CC v Briar [2003] Env. L.R. 25. 706 Gower/Davies ordnen einen Teil dieser Entscheidungen einer eigenen Fallgruppe zu, die sie „impropriety“, also Ungebührlichkeit oder Treuwidrigkeit nennen. Im Endeffekt liegt aber auch dieser Fallgruppe der Gedanke zugrunde, dass eine juristische Person vorgeschoben wird, um Verbotenes zu tun oder Gebotenes zu Unterlassen. Ein solches Verhalten ist aber gerade nach dem „façade test“ relevant. Siehe Gower/Davies, S. 187 f. 707 Der für den Begriff „façade“ synonym verwendete Begriff „sham“ geht zurück auf die Entscheidung Smith v Hancock [1894] 2 Ch. 377, 385 per Lindley LJ „[. . .] the evidence admitted of the conclusion that what was being done was a mere cloak or sham [. . .]“. 708 [1990] Ch. 433. 709 [1998] B.C.C. 607.
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den Ruf nach einem Haftungsdurchgriff auslösenden Tun veranlasst haben.710 Übergeordnete Bedeutung ist dabei der Frage beigemessen worden, ob der in Rede stehende Umgang mit der Gesellschaft als juristischer Person lediglich eine normale Ausnutzung der Möglichkeiten des Kapitalgesellschaftsrechts im üblichen Geschäftsverkehr darstellte, oder ob unter dem Deckmantel der Gesellschaft in Wirklichkeit anderweitige missbilligenswerte und dem Geschäftsbetrieb fremde Motive verfolgt wurden, so dass ein offensichtlicher Missbrauch der juristischen Person vorlag.711 In Adams v Cape Industries plc hat der Court of Appeal insoweit den früheren Fall Jones v Lipman712 als Paradebeispiel für einen Sachverhalt bezeichnet, in dem die Voraussetzungen des „façade tests“ erfüllt seien.713 In diesem Fall gab das Gericht einer Erfüllungsklage gegen den Gesellschafter einer company statt, der nach Abschluss eines Kaufvertrages das verkaufte Grundstück auf eine von ihm gegründete Einpersonengesellschaft übertragen hatte, um nicht mehr persönlich zur Erfüllung der Primärverbindlichkeit in der Lage zu sein. Eine weitergehende geschäftliche Tätigkeit betrieb die Gesellschaft nicht. In diesem in der Nähe des Betrugs stehenden Fall setzte sich Russel J über die separate Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft hinweg weil er die Gesellschaft als „[. . .] Kreatur des ersten Beklagten, ein Mittel, ein vorgebliches Gebilde, eine Maske, die er sich vor das Gesicht hält, um zu verhindern, dass er selbst in den Augen der Billigkeit erkannt wird“,714 ansah. Wenn auch diese Erwägungen keine eindeutigen Anhaltspunkte für die genauen Voraussetzungen der Zulassung einer Durchgriffshaftung nach dem „façade test“ liefern,715 so lässt sich der jüngeren Rechtsprechung dennoch entneh710 Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 540 per Slade LJ; Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607, 615 per Hobhouse LJ; Pettet, S. 27; Gower/Davies, S. 186; Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75, 76. 711 Z. B.: „The companies were operating at material times as trading companies and they were not interposed as shams or for some ulterior motive [. . .] it was just the ordinary trading [. . .] under circumstances where [. . .] the company is in law entitled to organise [. . .] affairs in the manner that it does [. . .]“, Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607, 615 per Hobhouse LJ; ähnlich Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 540 per Slade LJ; siehe auch Pettet, S. 27. Weiterhin „its [the company’s] use was improper as it was the means by which [. . .] committed unauthorised and inexcusable breaches of his duties [. . .]“, Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987, 996 per Morritt V-C; ähnlich Buckinghamshire CC v Briar [2003] Env. L.R. 25 Ziff. 150–152 per Collins J. 712 [1962] 1 W.L.R. 832. 713 Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 540, 542 per Slade LJ. 714 „[. . .] the creature of the first defendant, a device and a sham, a mask which he holds before his face in attempt to avoid recognition in the eyes of equity“, Jones v Lipman [1962] W.L.R. 832, 836 per Russel J. Auf diese Passage nimmt auch Morritt V-C in einem der jüngsten Fälle Bezug, in denen der „façade test“ erfüllt war, Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987, 995 per Morritt V-C. 715 So auch Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75, 75.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
men, dass ein Haftungsdurchgriff im britischen Recht angesichts der Orthodoxie der Salomon doctrine nur in ganz außergewöhnlichen Fällen zugelassen wird, bei denen ein Institutsmissbrauch der juristischen Person aus geschäftsfremden, missbilligenswerten Interessen, wie etwa in Jones v Lipman,716 geradezu auf der Hand liegt.717 b) Übertragung auf die LLP Überträgt man die vorstehenden Erwägungen auf die LLP, so kommt ein Haftungsdurchgriff auf die LLP-Gesellschafter unter Missachtung der eigenen Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft718 und entgegen der Salomon doctrine nach dem aktuellen Stand der britischen Rechtsprechung ausschließlich nach einer einzigen Fallgruppe, nämlich dem sog. „façade test“, in Betracht. Da nach den Grundsätzen des „façade tests“ ausgehend von seiner ersten Formulierung in Woolfson v Strathclyde DC und den nachfolgenden Urteilen ein Haftungsdurchgriff nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zugelassen wird,719 werden die britischen Gerichte auch bei der LLP einen Haftungsdurchgriff auf deren Gesellschafter nur in engen Ausnahmefällen in Betracht ziehen. Bislang existieren zwar keine fest umrissenen Tatbestandsvoraussetzungen, die exakt festlegen, wann im Einzelnen eine juristische Person eine „bloße Fassade“ darstellt. Der Spruchpraxis der britischen Gerichte im company law720 lässt sich jedoch eindeutig entnehmen, dass Situationen, in denen ausnahmsweise ein solcher Durchgriff in Betracht kommt, nur solche sein können, in denen für jedermann geradezu offenbar ist, dass die LLP als Vehikel missbraucht wurde, um dem Geschäftsbetrieb fremde, missbilligenswerte Zwecke zu verfolgen.721 Neben derartigen Fällen eines offensichtlich an die Grenzen des Betrugs stoßenden Institutsmissbrauchs sind allgemeine Überlegungen zur Ge716
[1962] 1 W.L.R. 832. Gower/Davies, S. 189 f.; Pettet, S. 27; Sealy, S. 58; Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75, 82; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 226, 230 f.; Bowmer (2000) J.I.B.L. 15 (8), 193, 197. 718 Section 1 (2) LLPA. 719 „[. . .] where special circumstances exist indicating that it is a mere façade concealing the true facts“, Woolfson v Strathclyde DC (1979) S.L.T. 159, 161 per Lord Keith; vgl. Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 539 f. per Slade LJ; Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607, 615 per Hobhouse LJ; Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987, 996 per Morritt V-C; Buckinghamshire CC v Briar [2003] Env. L.R. 25 Ziff. 150–152 per Collins J. 720 Siehe etwa Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433; Ord v Bellhaven Pubs Ltd [1998] B.C.C. 607; Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987; Buckinghamshire CC v Briar [2003] Env. L.R. 25. 721 Vgl. Gower/Davies, S. 189 f.; Pettet, S. 26 f.; Sealy, S. 58; Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75, 82; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 226, 230 f.; Bowmer (2000) J.I.B.L. 15 (8), 193, 197. 717
§ 6 Die Verfassung der LLP
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rechtigkeit oder eine bloße Verstrickung der Gesellschaft in nicht ganz einwandfreie Machenschaften jedenfalls nicht geeignet, einen Durchgriff zu rechtfertigen.722 Weil der Haftungsdurchgriff nach britischem Richterrecht somit zu Recht als enge Ausnahme zum Trennungsprinzip verstanden wird, die in der Praxis lediglich eine untergeordnete Rolle spielt,723 kommt der Durchgriffshaftung auch zur etwaigen Begründung einer persönlichen Haftung der LLP-Gesellschafter keine grundlegende Bedeutung zu.724 Der Schutz ihres persönlichen Vermögens, der ihnen durch das Trennungsprinzip zu Teil wird, bleibt insoweit mit Ausnahme von offensichtlichen Fällen des Rechtsmissbrauchs unangetastet bestehen. 4. Zusammenfassende Würdigung Ein zentrales Anliegen, das der britische Gesetzgeber mit der Einführung der LLP verfolgt hat, bestand darin, durch die neue Organisationsform einen größtmöglichen Schutz vor einer persönlichen Inanspruchnahme der LLP-Gesellschafter durch Dritte zu schaffen.725 Dadurch sollte die neue Gesellschaftsform insbesondere für große Freiberuflerunternehmen eine attraktive Alternative zur partnership als klassischer Organisationsform solcher Zusammenschlüsse bieten.726 Betrachtet man die vorstehende Analyse der rechtlichen Beziehungen von LLP-Gesellschaftern zu Dritten unter diesem Gesichtspunkt, so wird deutlich, dass der Gesetzgeber sein Ziel, eine umfassende Haftungsbegrenzung einzuführen, in einigen Bereichen weitestgehend erreicht hat. In anderen Bereichen ist es dagegen wahrscheinlich, dass die Einführung der LLP – zumindest für Freiberuflergesellschaften – nicht in vollem Umfang zu dem gewünschten Ergebnis führen wird. a) Vertragliche Rechtsbeziehungen (contract) Im Hinblick auf vertragliche Rechtsbeziehungen bietet die LLP ihren Gesellschaftern aufgrund des mit der juristischen Person einhergehenden Trennungs722 So jüngst entschieden in Trustor AB v Smallbone and others (No 2) [2001] 3 All E.R. 987, 994J, 995E per Morritt V-C; Hawke/Hargreaves (2003) I.C.C.L.R. 14 (2), 75, 75, 82. 723 So auch Gower/Davies, S. 189 f.; Pettet, S. 27; Sealy, S. 58; Farrar, S. 78; Höfling, S. 181. 724 Die ungleich größere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die Gläubigerschutzmechanismen des britischen Insolvenzrechts. Siehe dazu unten 1. Teil § 6. V. 1. 725 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 9–12. 726 Vgl. URN 97/597, Ziff. 1–3; Law Commission (2003), Ziff. 1.8; Law Commission (2000), Ziff. 1.16–1.18; URN 01/942, URN 01/943, Ziff. 1–8.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
prinzips einen weitreichenden Schutz vor persönlicher Inanspruchnahme, weil es grundsätzlich nur die LLP ist, die in Vertragsbeziehungen zu Dritten tritt und die für die Erfüllung, Nichterfüllung oder Schlechterfüllung von Verträgen in ihrem Namen mit ihrem Gesellschaftsvermögen haftet.727 Den Gläubigern des Unternehmens steht regelmäßig lediglich das Vermögen der Gesellschaft als Haftungsmasse zur Verfügung, während ein Rückgriff auf das Privatvermögen der LLP-Gesellschafter nach der Salomon doctrine grundsätzlich ausgeschlossen ist.728 Dieser Schutz der limited liability, den die Gesellschafter aufgrund des körperschaftlichen Status der LLP genießen, wird nur unwesentlich durch die in der Rechtsprechung anerkannten Fälle der Durchbrechung des Trennungsprinzips eingeschränkt. In der Praxis spielen die Fälle, in denen aufgrund des „façade tests“ ein Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter der juristischen Person zugelassen wird – das sog. „lifting of the corporate veil“ – eine ganz untergeordnete Rolle.729 Allein in Fällen, in denen ein Institutsmissbrauch geradezu offensichtlich ins Auge sticht, weichen die britischen Gerichte vom Trennungsprinzip ab und lassen einen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter zu.730 Deshalb darf man zu Recht behaupten, dass der britische Gesetzgeber für vertragliche Rechtsbeziehungen sein Ziel, das Vermögen der LLP-Gesellschafter umfassend vor Zugriffen von außen zu schützen, vollumfänglich erreicht hat. b) Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) Im Hinblick auf eine mögliche persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter einer LLP wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens nach den Grundsätzen des tort of negligence ist es dagegen eher wahrscheinlich, dass die Gründung einer LLP – insbesondere für freiberufliche Unternehmen – keinen solch umfassenden Schutz des Privatvermögens ihrer Gesellschafter gewährleisten kann. Zwar führt in Anwendung der Williams Leitlinien die Gründung einer juristischen Person – wie der LLP – im Allgemeinen dazu, dass deren Gesellschafter nach außen für Dritte erkennbar machen, sie seien nicht gewillt, eine persönliche Verantwortung für sorgfaltswidriges Verhalten zu übernehmen, weder für ihr
727 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 10, 14; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A701; Whittaker/Machell, S. 119; Morse, S. 247; Blackett-Ord, S. 499; Mabey, S. 58, 64. 728 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-05; Morse, S. 247; Blackett-Ord, S. 499. 729 So auch Gower/Davies, S. 189 f.; Pettet, S. 26 f.; Sealy, S. 58. 730 „[. . .] where special circumstances exist indicating that it is a mere façade concealing the true facts“, Woolfson v Strathclyde DC (1979) S.L.T. 159, 161 per Lord Keith; Adams v Cape Industries plc [1990] Ch. 433, 539 f. per Slade LJ.
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eigenes Fehlverhalten noch für das Fehlverhalten anderer.731 Das Entstehen einer persönlichen Sorgfaltspflicht und eine daraus folgende persönliche Verantwortlichkeit können demgemäß regelmäßig nur in Ausnahmefällen angenommen werden.732 Beim Zusammenschluss von Freiberuflern in einer LLP steht dieser generellen Haftungsfreizeichnung der Gesellschafter einer juristischen Person jedoch der anerkannte Grundsatz des britischen Rechts entgegen, dass Freiberufler infolge ihrer Berufsträgerschaft ein besonderes Vertrauen gegenüber ihren Mandanten begründen,733 weswegen sie grundsätzlich persönlich für ihr eigenes sorgfaltswidriges Verhalten einzustehen haben.734 Selbst wenn zumindest in großen Freiberufler-LLPs aufgrund der vorherrschenden Arbeitsteilung der betreffende LLP-Gesellschafter nicht ohne weiteres festzustellen ist, der im Einzelfall persönlich die Verantwortung für die Bearbeitung eines Mandats übernommen hat, so kann auch diese Hürde die Gesellschafter der betreffenden LLP nicht generell vor einer Einstandspflicht schützen.735 Britische Gerichte dürften im Zweifelsfall dazu tendieren, Seniorgesellschaftern, die bei der Mandatserteilung regelmäßig einen Vertrauensvorschuss in Anspruch nehmen, das Fehlverhalten von Juniorgesellschaftern oder Mitarbeitern der LLP zuzurechnen, an die die Bearbeitung des Mandats delegiert wurde.736 Ein Risiko, dass die Rechtsprechung bei freiberuflichen LLPs auch die kollegiale Mandatsbearbeitung in Form von Zweit- und Dritteinschätzungen gleich731 Vgl. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157–169; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 40; Borrowdale (1998) J.B.L. Mar., 97, 110; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 227 f.; Payne (1998) J.B.L. Nov., 573, 573; Howell (2001) Comp. Law. 22 (2), 58, 58. 732 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn; siehe auch Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157–169; Griffin (1999) L.Q.R. 115, 36, 40; Borrowdale (1998) J.B.L. Mar., 97, 110; Walters (1998) Comp. Law. 19 (8), 226, 227 f.; Payne (1998) J.B.L. Nov., 573, 573; Stallworthy (1998) I.C.C.L.R. 8 (12), N105, N106; Mullender (1999) Comp. Law. 20 (4), 121; Howell (2001) Comp. Law. 22 (2), 58, 58. 733 Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1, 18A per Millett LJ; außerdem Nocton v Lord Ashburton [1914] A.C. 932; McMaster v Byrne [1952] 1 All E.R. 1362; Arklow Investments Ltd v McLean [2000] 1 W.L.R. 594. 734 Vgl. Gower/Davies, S. 168 Fn. 97; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485. 735 Vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Kilian, NZG 2000, 1008, 1013. 736 Die Zurechnung kann etwa nach dem Gesichtspunkt der Substitution erfolgen, weil eine nicht delegierbare Sorgfaltspflicht bestand, McDermid v Nash Dredging and Reclamation Co Ltd [1987] A.C. 906; Rogers v Night Riders [1983] R.T.R. 324; Clerk/Lindsell, Rdn. 7-215, 5-63. Zu diesem Problemkreis siehe Collins (1990) M.L.R. 53 (6), 731–744; McKendrick (1990) M.L.R. 53 (6), 770–784. Siehe außerdem oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) dd) (2).
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
zeitig als persönliche Verantwortungsübernahme des zu Rate gezogenen Gesellschafters ansehen wird,737 dürfte dagegen nach der hier vertretenen Ansicht eher nicht bestehen. Ansonsten wäre unter dem Gesichtspunkt der Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten durch Einführung der LLP kein größerer Schutz der LLP-Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftern einer herkömmlichen partnership erreicht, für die die sections 10, 12 PA 1890 eine solche gegenseitige Verantwortung der partner gesetzlich festlegen.738 Ein vorrangiges Ziel der Novelle war es aber gerade, die Haftung der Gesellschafter für das Fehlverhalten anderer auszuschließen, wo kein besonderer persönlicher Bezug zu der fehlerhaften Dienstleistung besteht.739 Eindeutig prognostizierbar ist die zukünftige Entwicklung der britischen Rechtsprechung zur persönlichen Haftung von LLP-Gesellschaftern in Fällen sorgfaltswidrigen Verhaltens nach dem tort of negligence nicht. Es ist durchaus möglich, dass allein diese bestehende Unsicherheit viele potentielle Gründer der LLP davon abhalten wird, auf die neue Gesellschaftsform zurückzugreifen, weil die Rechtsunsicherheit zwangsläufig Kosten mit sich bringt, die die Wahl der LLP als zu teuer erscheinen lassen könnten.740 Solange die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein LLP-Gesellschafter persönlich nach den Grundsätzen des tort of negligence für etwaiges Fehlverhalten in Anspruch genommen werden kann, noch nicht durch einen verbindlichen Kanon des Fallrechts geklärt worden ist, muss vor allem Freiberuflern als Gesellschaftern einer LLP geraten werden, die Möglichkeit eines internen Verhaltenskodexes sowie einer Haftungsausschlusserklärung (retainer letter) in Betracht zu ziehen,741 um nach außen deutlich zu machen, dass jedes tatsächliche und rechtsgeschäftliche Handeln der Gesellschafter und Mitarbeiter ausschließlich für und im Namen der juristischen Person erfolgt. Dadurch jedenfalls wird es Dritten zumindest erschwert, eine persönliche Einstandsverpflichtung von LLP-Gesellschaftern für sorgfaltswidriges Verhalten im Geschäftsbereich der Gesellschaft nach den Williams Grundsätzen zu begründen.742
737 Mabey (2000) S.J. Feb., 148, 149; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Kilian, NZG 2000, 1008, 1013. 738 Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 170. 739 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 9–12. 740 Vgl. Freedman, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 293, 312 ff.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 487, 495, 497; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 603, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 170; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 276. 741 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. c). 742 Zur Zulässigkeit solcher Erklärungen und den rechtlichen Vorgaben des UCTA 1977 und der Unfair Terms in Comsumer Contracts Regulations 1999, Statutory Instrument (1999/2083), siehe Whittaker/Machell, S. 126 ff.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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Überdies bleibt es für Gesellschafter einer freiberuflichen LLP unverändert ratsam sicherzustellen, dass sie weiterhin auch persönlich in ausreichender Weise durch eine Berufshaftpflichtversicherung geschützt sind.743
V. Spezifische Gläubigerschutzmechanismen im Recht der LLP Im britischen Kapitalgesellschaftsrecht geht die Gewährung des Status der juristischen Person traditionell mit einem System spezifischer Gläubigerschutzmechanismen einher.744 Diese Schutzmechanismen werden üblicherweise als Preis angesehen, den die Gesellschafter bzw. die Geschäftsleitungsmitglieder der betreffenden Organisationsform gewissermaßen im Austausch für die mit dem Trennungsprinzip einhergehende Haftungsbeschränkung – die limited liability – zu zahlen haben.745 Der Schutz erfolgt im Wesentlichen auf zwei verschiedene Arten: Einerseits werden den betreffenden Gesellschaften durch den CA 1985 strenge Publizitätsund Bilanzierungspflichten auferlegt.746 Andererseits wird das Verhalten derjenigen Personen, die mit der Leitung der Gesellschaft betraut sind, durch die Vorschriften des Kapitalgesellschaftsinsolvenzrechts – vorwiegend des IA 1986 und des CDDA 1986 – reguliert. Obwohl die LLP als Mischform zwischen Kapitalgesellschaft und Personengesellschaft konzipiert ist, unterliegt auch sie dem Regime dieser beiden Schutzinstrumente des Kapitalgesellschaftsrechts.747 Der Grund hierfür besteht 743 Dieser Ratschlag wird im Urteil Merrett v Babb [2001] E.W.C.A. Civ. 214 erteilt „Prudent professional employees will obviously want to ensure that they are covered personally by their employer’s insurance [. . .]“, Ziff. 46 per May LJ. Siehe auch Cross (2003) J.B.L. May, 268, 276. Teilweise werden Freiberufler zum Abschluss solcher Haftpflichtversicherungen durch das einschlägige Berufsrecht gezwungen. Für Rechtsanwälte ist eine solche Versicherung aktuell in den Solicitors’ Indemnity Insurance Rules 2005 vorgesehen. Für Wirtschaftsprüfer gelten insoweit die Professional Indemnity Insurance Regulations des ICAEW in der Fassung von 2005. 744 Gower/Davies, S. 180 f.; vgl. URN 97/597, Ziff. 2.6 ff.; URN 98/874, Ziff. 3.1 ff.; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 4; Bennet (1999), S.L.P.Q. 4 (2), 93, 102; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 272; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 269; Rickford (2004) E.C.F.R. 1 (4), 391, 407 f. 745 Vgl. URN 97/597, Ziff. 2.6 ff.; URN 98/874, Ziff. 3.1 ff.; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 4; Milman/Durrant, S. 245; Cheffins, S. 512; Freedman/Finch (1997) J.B.L. Sep., 387, 412; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 277; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 265 ff.; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 164; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Rickford (2004) E.C.F.R. 1 (4), 391, 408. 746 Abschnitt VII CA 1985, sections 221–262A CA 1985; Abschnitt XI Kapitel III CA 1985, sections 363–364 CA 1985; Abschnitt XI Kapitel V CA 1985, sections 384–394A CA 1985. 747 Die entsprechenden Vorschriften des CA 1985 wurden vom zuständigen Minister in Wahrnehmung seiner Kompetenz aus section 15 LLPA durch die LLP Regula-
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darin, dass auch die LLP ihren Gesellschaftern aufgrund ihres Status als juristische Person748 die Vorzüge der limited liability bietet. Ob die einschlägigen Vorschriften, wie vom britischen Gesetzgeber beabsichtigt, dazu beitragen können, dass die LLP eine angemessene Balance zwischen der gewährten Haftungsbeschränkung und dem Gläubigerschutz findet, hängt davon ab, inwieweit die relevanten Mechanismen im Recht der LLP einen effektiven Schutz der Interessen der Gesellschaftsgläubiger gewährleisten können. Zur Beantwortung dieser Frage sind die auf die LLP anwendbaren spezifischen Gläubigerschutzmechanismen des Kapitalgesellschaftsinsolvenzrechts und die für die LLP einschlägigen Publizitäts- und Bilanzierungsvorschriften des CA 1985 zu untersuchen. 1. Insolvenzrechtliche Gläubigerschutzmechanismen749 Die auf die LLP nahezu unverändert anwendbaren Schutzmechanismen des britischen Kapitalgesellschaftsinsolvenzrechts750 schützen die Interessen der Gläubiger der Gesellschaft in erster Linie dadurch, dass den an der Geschäftsleitung beteiligten Personen bestimmte Verhaltenspflichten auferlegt werden, sobald die Gesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten gerät.751 Diese Pflichten können sowohl zivilrechtlicher als auch strafrechtlicher Natur sein.752 Sie wertions auf die LLP anwendbar gemacht. Siehe regs. 3, 4 (1) LLP Regulations und die dazugehörigen Sch. 1 und Sch. 2 (Part I). Die Vorschriften des IA 1986 und des CDDA 1986 wurden vom zuständigen Minister in Wahrnehmung seiner Kompetenz aus sections 14 (1), 15 LLPA anwendbar gemacht. Siehe regs. 4 (2), 5 LLP Regulations und die dazugehörigen Sch. 2 (Part II) und Sch. 3. 748 Section 1 (2) LLPA. 749 Die Bezeichnung als insolvenzrechtliche Mechanismen soll lediglich deutlich machen, dass die jeweiligen Rechtsbehelfe in Zusammenhang mit der Liquidation der Gesellschaft in Betracht kommen und in Großbritannien in den klassischen Kodifikationen zum Insolvenzrecht verortet sind. Gleichzeitig werden diese Rechtsfiguren in Großbritannien aber auch als kodifikatorische Lösungen des gesellschaftsrechtlichen Durchgriffs verstanden, die eine materiellrechtliche Haftungsregelung enthalten. Eine Qualifikation hinsichtlich der Einordnung dieser Mechansimen als Insolvenzrecht oder eine Aussage über die Zugehörigkeit dieser Institute zum Insolvenzstatut (lex fori concursus) nach Art. 4 Abs. 2 EuInsVO soll mit der gewählten Bezeichnung in jedem Fall nicht vorgenommen werden. Zur Frage der europarechtlichen Einordnung der Insolvenzverschleppungshaftung und der Existenzvernichtungshaftung im deutschen Recht siehe unten 4. Teil § 14. II. 1.–2. 750 Sowohl der insoweit einschlägige Abschnitt VII des IA 1986 als auch der gesamte CDDA 1986 finden nach paras. 5 (1), 4 (2) LLP Regulations insgesamt auf die LLP Anwendung, es sei denn, etwas anderes wird durch die LLP Regulations ausdrücklich geregelt; siehe Palmer’s Company Law, Rdn. 1.208.3; überblicksmäßig Payne (2005) Ins. Int. 18 (7), 104–106. 751 Goode, S. 444 ff.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep, 475, 502; Levy (2002) I.C.C.L.R. 13 (7), 255, 256 f. 752 Goode, S. 444 ff.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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den entweder durch Gesetz festgelegt oder sind durch die in der Spruchpraxis der Gerichte herausgebildeten Prinzipien des common law entwickelt worden. Obwohl das britische Recht eine ganze Fülle verschiedener Situationen kennt, in denen der Geschäftsleitung von Kapitalgesellschaften derartige Pflichten auferlegt werden, liefert dieses System als Ganzes betrachtet kein in sich geschlossenes Bild. Der Grund hierfür besteht einerseits darin, dass die einzelnen Mechanismen keinem einheitlichen gemeinsamen Konzept folgen, sondern insgesamt vielmehr eine Art Sammelsurium von gesetzlichen und richterrechtlichen Regeln darstellen, die zum Großteil stückweise geschaffen wurden, um konkreten in der Praxis aufgetretenen Phänomenen entgegenzuwirken. Andererseits beruht dieser Zustand darauf, dass in Großbritannien bis heute das Recht der Verhaltenspflichten von Leitungsorganen bei drohender Insolvenz einer Kapitalgesellschaft nicht auf den umfassenden Prüfstand des Gesetzgebers gestellt worden ist, um dadurch etwaige Unstimmigkeiten oder Inkongruenzen zu beseitigen und das System als Ganzes auf eine einheitliche Linie zu bringen.753 Aufgrund dessen lassen sich unter den einzelnen Tatbeständen, die solche Verhaltenspflichten auslösen können, Überschneidungen, konzeptionelle Ungereimtheiten und Redundanzen finden, die Zeugnis eines Stück für Stück gewachsenen und nur teilweise kohärenten Systems sind. Dieses Fehlen eines einheitlichen Konzepts muss jedoch nicht zwangsläufig bedeuten, dass die auf die LLP anwendbaren insolvenzrechtlichen Mechanismen des Kapitalgesellschaftsrechts ungeeignet sind, einen effektiven Gläubigerschutz zu etablieren. Einzelne Schutzvorschriften des britischen Rechts können – ungeachtet der mangelnden Einheitlichkeit des Gesamtsystems – separat oder im Zusammenspiel mit anderen Vorschriften durchaus eine angemessene Berücksichtigung der Gläubigerinteressen gewährleisten. Ob das System letzthin fähig ist, das Anliegen des Gesetzgebers zu erreichen, indem es eine Balance zwischen der Haftungsbeschränkung und den Gläubigerinteressen findet, soll anhand einer Darstellung der wesentlichen insolvenzrechtlichen Schutzmechanismen im Recht der LLP diskutiert werden. Hierzu ist zunächst der Frage nachzugehen, welcher Personenkreis Adressat der insolvenzrechtlichen Verhaltenspflichten sein kann. Im Anschluss daran sind die Tatbestände des fraudulent trading,754 des wrongful trading,755 der adjustments of withdrawals,756 der misfeasance757 und der disqualification for unfit753 Zwar hat der Cork Report im Jahre 1982 das Recht der Verhaltenspflichten von Leitungsorganen in der Insolvenz als inadäquat kritisiert und weitreichende Änderungen vorgeschlagen, siehe Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1776–1806. Eine Bereinigung des bestehenden Rechts bzw. eine Ausrichtung auf ein einheitliches Prinzip wurde indessen nicht erörtert. 754 Section 213 IA 1986. 755 Section 214 IA 1986. 756 Section 214A IA 1986.
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ness758 daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie dem Endziel des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes dienen und somit sicherstellen, dass diejenigen, die unter dem Privileg der limited liability geschäftlich tätig werden, davon abgehalten werden, dieses Privileg eigennützig zu missbrauchen und Dritten Schaden zufügen.759 a) Adressaten der insolvenzrechtlichen Verhaltenspflichten Adressaten der gesetzlich und richterrechtlich festgelegten insolvenzrechtlichen Verhaltenspflichten bei der LLP sind die Gesellschafter der LLP, wobei drei verschiedene Arten von Gesellschaftern unterschieden werden. aa) De jure Gesellschafter (de jure members) Die erste Kategorie der Adressaten insolvenzrechtlicher Verhaltenspflichten beinhaltet die sog. „de jure Gesellschafter“ einer LLP (de jure members). Als solche bezeichnet man diejenigen Personen, die in Übereinstimmung mit den einschlägigen Regeln der LLP-Vereinbarung bzw. den gesetzlichen Auffangregeln760 wirksam Gesellschafter der LLP geworden sind. Nach dem Leitbild des Gesetzes sind die de jure Gesellschafter der LLP mit der Leitung des Unternehmens betraut,761 und ähneln insoweit funktional den directors einer company als Leitungsorgan der Kapitalgesellschaft. Aufgrund dieser Ähnlichkeit werden die de jure Gesellschafter folgerichtig über die LLP Regulations im Rahmen des IA 1986762 und des CDDA 1986763 den company directors als insolvenzrechtlich pflichtgebundene Personen gleichgestellt. Als Folge der gesetzlich angeordneten Gleichstellung wird auch die britische Rechtsprechung ihre Spruchpraxis zur Konkretisierung der einzelnen
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Section 212 IA 1986. Section 6 CDDA 1986. 759 Vgl. „Those who trade under the regime of limited liability and who avail themselves of the privileges of that regime must accept the standards of probity and competence to which the law requires company directors to conform.“, Re Grayan Building Services Ltd [1995] Ch. 241, 258 per Neill LJ; Goode, S. 28; Fletcher, Rdn. 27-001; Whittaker/Machell, S. 117. 760 Reg. 7 (5) LLP Regulations. 761 Dies wird durch die Auffangregel in reg. 7 (3) LLPA ausgedrückt, die besagt, dass jeder LLP-Gesellschafter berechtigt ist, an der Geschäftsführung teilzunehmen. In die gleiche Richtung weißt auch die Tatsache, dass jeder LLP-Gesellschafter die Gesellschaft organschaftlich vertritt, section 6 (1) LLPA. 762 Durch reg. 4 (2) (g) LLP Regulations. 763 Durch reg. 5 (2) (b) LLP Regulations. 758
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pflichtbegründenden Tatbestände des britischen Insolvenzrechts für company directors auf die de jure Gesellschafter einer LLP übertragen. bb) Schattengesellschafter (shadow members) Zum Adressatenkreis der insolvenzrechtlichen Verhaltenspflichten gehören weiterhin die sog. „Schattengesellschafter“ einer LLP (shadow members). Nach der Legaldefinition in reg. 2 LLP Regulations versteht man unter einem Schattengesellschafter eine Person, „in Übereinstimmung mit deren Anweisungen oder Vorgaben die Gesellschafter einer LLP gewöhnlich handeln (jedoch soll eine Person dann nicht als Schattengesellschafter gelten, wenn die Gesellschafter lediglich aufgrund eines Rates handeln, den die betreffende Person in ihrer Eigenschaft als professioneller Berater erbracht hat).“764
Der Begriff des Schattengesellschafters stellt eine Neuschaffung im britischen Recht dar.765 Allerdings übernimmt die Legaldefinition des Schattengesellschafters einer LLP nahezu wortwörtlich die Begriffsbestimmung eines Schattendirektors aus dem Kapitalgesellschaftsrecht (shadow director),766 so dass faktisch die im Kapitalgesellschaftsrecht bekannte Figur sowohl für den CA 1985 als auch für den IA 1986 und den CDDA 1986 auf die neue Gesellschaftsform übertragen wird.767 Für die Konkretisierung der in reg. 2 LLP Regulations enthaltenen Definition eines Schattengesellschafters kann folglich auf die umfassende Spruchpraxis zur Rechtsfigur des Schattendirektors bei der company zurückgegriffen werden.768
764 „[S]hadow member in relation to limited liability partnerships, means a person in accordance with whose directions or instructions the members of the limited liability partnership are accustomed to act (but so that a person is not deemed a shadow member by reason only that the members of the limited liability partnership act on advice given by him in a professional capacity).“ 765 Totty/Moss, Rdn. H21-03. 766 Siehe beispielsweise section 741 (2) CA 1985, sections 214 (7), 251 IA 1986, section 22 (5) CDDA 1986. Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-21; Totty/Moss, Rdn. H21-03; Griffin, S. 8 f. 767 Durch regs. 4 (1) (f), (2) (f), 5 (2) (c) LLP Regulations wird die Verwendung des Begriffs „shadow member“ anstelle des Begriffs „shadow director“ als allgemeine Modifikation der einschlägigen Gesetze für die LLP angeordnet. Zusätzlich wird in Einzelfällen in den jeweiligen Gesetzen durch die LLP Regulations eine Ersetzung des Begriffs „shadow director“ durch den Begriff „shadow member“ für die LLP vorgeschrieben, wie z. B. in section 251 IA 1986. 768 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-21; Totty/Moss, Rdn. H21-03. Siehe insoweit Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161; Re Tasbian Ltd (No 3) [1993] B.C.L.C. 297; Re A Company [1988] 4 B.C.C. 424; Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340. Näher dazu unten 1. Teil § 6. V. 1. a) dd) (1).
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
cc) Faktische Gesellschafter (de facto members) Ferner wird die Rechtsprechung in Anlehnung an die Spruchpraxis zum Gläubigerschutz bei der Kapitalgesellschaft die insolvenzrechtlichen Verhaltenspflichten auf die faktischen Gesellschafter oder de facto Gesellschafter einer LLP (de facto members) anwenden und dadurch die im Recht der Kapitalgesellschaft bekannte Rechtsfigur der faktischen Direktoren (de facto directors) auf die neue Gesellschaftsform übertragen.769 Analog zum Kapitalgesellschaftsrecht sind unter faktischen Gesellschaftern Personen zu verstehen, die sich als Gesellschafter der LLP gerieren, ohne in Wirklichkeit solche zu sein.770 Zur Bestimmung, welcher Personenkreis im Einzelfall als faktischer Gesellschafter der LLP in Frage kommt, kann wiederum auf das bestehende Fallrecht im Kapitalgesellschaftsrecht rekurriert werden.771 dd) Die Spruchpraxis zu Schattendirektoren und faktischen Direktoren im company law Nach der Spruchpraxis im Kapitalgesellschaftsrecht werden die den Schattengesellschaftern bzw. de facto Gesellschaftern verwandten Rechtsfiguren der Schattendirektoren bzw. de facto Direktoren im Wesentlichen in Fallgestaltungen diskutiert, in denen kreditgebende Institutionen,772 kontrollausübende Mehrheitsgesellschafter773 oder externe Berater – sog. „company doctors“ –774 einen umfassenden Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens ausüben.
769 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-21; Totty/Moss, Rdn. H21-03. Frühere Versuche in den Vorschlägen zu den LLP Regulations, das dem company law entlehnte Konzept eines de facto Gesellschafters gesetzlich zu definieren, wurden aufgrund zu großer Schwierigkeiten bei der Begriffsdefinition im Laufe des Beratungsprozesses fallengelassen. Infolgedessen obliegt es den Gerichten, ihr bestehendes Fallrecht im company law auf die LLP zu übertragen. 770 Section 741 (1) CA 1985, vgl. insoweit die Definition eines Schattendirektors im Fallrecht: „A de facto director is a person who assumes to act as a director. He is held out as a director by the company, and claims and purports to be a director, although never actually or validly appointed as such.“, Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Sealy/Milman, S. 275; dies., 6. Aufl., S. 637; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107; Totty/Moss, Rdn. H21-03; Goode, S. 444 f.; Fletcher, in: Palmer’s LLP, Rdn. A11-07; Griffin, S. 7 f. 771 Vgl. Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-21. Siehe dazu Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390; Re Richborough Furniture Ltd [1996] B.C.C. 155; Re Moorgate Metals Ltd [1995] B.C.C. 143. Näher dazu unten 1. Teil § 6. V. 1. a) dd) (2). 772 Bei diesen wurde eher eine Einordnung als Schattendirektor erwogen. Siehe Re A Company [1988] 4 B.C.C. 424, später Re MC Bacon [1990] B.C.L.C. 324; Re PFTZM [1995] B.C.C. 280; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 636; Totty/Moss, Rdn. B1-33; Gower/Davies, S. 197; Goode, S. 467; Pennington, S. 258; sowie der damals wegweisende Aufsatz von Millett J (1991) Ins. Pract. 1, 14–15; Bhattacharyya (1994) Comp. Law. 15 (5), 151–152.
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Obgleich die Rechtsprechung in solchen Situationen der Einflussausübung von nicht ordentlich an der Geschäftsleitung beteiligten Personen oftmals alternativ beide Eigenschaften in Betracht zieht, indem sie die Qualifikation einer Person als de facto Direktor und als Schattendirektor untersucht, werden diese Rechtsfiguren traditionell als im Grundsatz nicht überlappend angesehen.775 Vielmehr stehen sie nach der lange Zeit herrschenden Auffassung in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander.776 Der entscheidende Unterschied zwischen einem Schattendirektor und einem faktischen Direktor wird üblicherweise darin gesehen, dass ein faktischer Direktor gegenüber anderen vorgibt, ein Direktor zu sein, ohne dass er als solcher wirksam bestellt worden ist.777 Ein Schattendirektor indessen behauptet gerade, kein Direktor zu sein. Er will vielmehr im Hintergrund bleiben und beruft sich deswegen auf die Direktoreneigenschaft anderer Personen, die durch ihn gelenkt werden. Seine eigene Direktorenstellung will er dadurch ausschließen.778 (1) Schattendirektoren (shadow directors) Die Rechtsfigur des shadow directors wurde von der Rechtsprechung lange Zeit restriktiv und formalistisch gehandhabt. In Anlehnung an einen seinerzeit wegweisenden Aufsatz von Millett J 779 wurden an eine Qualifizierung als Schattendirektor sehr hohe Anforderungen gestellt.780 773 Siehe Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161; Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555; Re Bulawayo Market & Offices Co Ltd [1907] 2 Ch. 458; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 636; Totty/Moss, Rdn. B1-33; Gower/ Davies, S. 197; Goode, S. 466. 774 Siehe Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340; Re Tasbian Ltd (No 3) [1993] B.C.L.C. 297; Secretary of State for Trade and Industry v Jones [1999] B.C.C. 336; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 637; Totty/Moss, Rdn. B1-33; Goode, S. 466 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90–91. Zur wachsenden Bedeutung der „company doctors“ im britischen Gesellschaftsinsolvenzrecht Finch (2005) J.B.L. Nov., 690–708. 775 Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Richborough Furniture Ltd [1996] 1 B.C.L.C. 507; Sealy/Milman, S. 275; dies., 6. Aufl., S. 637; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107; Totty/Moss, Rdn. B1-33; Goode, S. 446; Bhattacharyya (1994) Comp. Law. 15 (5), 151, 151. 776 Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Richborough Furniture Ltd [1996] 1 B.C.L.C. 507; Sealy/Milman, S. 275; dies., 6. Aufl., 637; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107; Totty/Moss, Rdn. B1-33; Goode, S. 446; Milman/ Durrant, S. 232; Bhattacharyya (1994) Comp. Law. 15 (5), 151, 151. 777 Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Sealy/Milman, S. 275; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107; Goode, S. 445; Milman/Durrant, S. 232. 778 Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 307; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107; Goode, S. 445; Milman/Durrant, S. 232; Campbell (1994) J.B.L. Dec., 609, 610. 779 Millett J (1991) Ins. Pract. 1, 14–15.
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So haben die Gerichte für die Annahme der Schattendirektoreneigenschaft ein sehr hohes Maß an Einflussnahme der betreffenden Person auf die übrigen Leitungsmitglieder verlangt: Sämtliche de jure Direktoren sollten die Instruktionen des Schattendirektors regelmäßig befolgen.781 Ein nur gelegentliches Handeln Einzelner oder einer Untergruppe des Leitungsorgans in Übereinstimmung mit den Anweisungen der fraglichen Person wurde als nicht ausreichend erachtet.782 Zudem musste sich der Einfluss des Schattendirektors auf das gesamte Geschäft des Unternehmens erstrecken; die Beeinflussung einzelner Geschäftsbereiche war indessen unzureichend.783 Ebenso hielt man es für eine Qualifikation als Schattendirektor für unerlässlich, dass die Mitglieder des Leitungsorgans ihr eigenes Ermessen in vollem Umfang aufgegeben und sich ganzheitlich den Anordnungen der in Frage kommenden Person unterworfen hatten.784 Bildlich gesprochen musste der Schattendirektor dadurch „einem Puppenspieler [gleichen,] der die Handlungen des Leitungsorgans kontrolliert“.785 Die übrigen Leitungsmitglieder sollten dagegen als bloße Marionetten erscheinen, die nur in Ausführung der ihnen gemachten Vorgaben handeln. Schließlich konnte ein Schattendirektor nur jemand sein, der den vorbeschriebenen Einfluss verdeckt ausübt, indem er sich nicht als Teil der internen Unternehmensleitung zu erkennen gibt, sondern im Verborgenen bleibt.786 Von dieser rigiden Haltung ist die Rechtsprechung allerdings unlängst in wegweisenden Entscheidungen abgerückt.787 Die Anforderungen an das Auftreten eines Schattendirektors sind dabei wesentlich gelockert worden. So wird für 780 So insbesondere in dem Fall Re PFTZM [1995] B.C.C. 280, 291 f. per Baker QC; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Bhattacharyya (1995) Company Lawer 16 (10), 313, 314; Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 190. 781 Vgl. Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Millett J (1991) Ins. Pract. 1, 14, 14 f.; Bhattacharyya (1994) Comp. Law. 15 (5), 151, 152. 782 Vgl. Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Millett J (1991) Ins. Pract. 1, 14, 14 f.; Bhattacharyya (1994) Comp. Law. 15 (5), 151, 152. 783 Vgl. Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 per Millett J; Millett J (1991) Ins. Pract. 1, 14, 14 f.; Bhattacharyya (1994) Comp. Law. 15 (5), 151, 152. 784 Re Unisoft Group Ltd (No 3) [1994] 1 B.C.L.C. 609, 619 per Harman J; Millett J (1991) Ins. Pract. 1, 14, 14 f.; Bhattacharyya (1994) Comp. Law. 15 (5), 151, 152, Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f. 785 „[. . .] the puppet master controlling the actions of the board.“, Re Unisoft Group Ltd (No 3) [1994] 1 B.C.L.C. 609, 620 per Harman J; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 636; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f. 786 Dies wurde von der Rechtsprechung bildlich als „lurking in the shadows“ beschrieben, Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 163 f. per Millett J; außerdem Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415; Secretary of State for Trade and Industry v Laing [1996] 2 B.C.L.C. 324; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107; Goode, S. 445; Milman/Durrant, S. 232; Campbell (1994) J.B.L. Dec., 609, 610; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.
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die Figur des Schattendirektors nicht mehr verlangt, dass sämtliche anderen Direktoren die Instruktionen des Schattendirektors befolgen, dass die Mitglieder des Leitungsorgans insgesamt ihr eigenes Ermessen aufgeben, dass der Einfluss über das ganze Geschäft des Unternehmens ausgeübt wird oder dass der Schattendirektor verdeckt agieren muss.788 Auch von der Zuhilfenahme bildlicher Beschreibungen des Leitungsorgans als „[. . .] die Klaue der Katze, die Puppe oder der Tänzer zur Musik des Schattengesellschafters [. . .]“789 hat man Abstand genommen, weil diese regelmäßig eine Qualität der Kontrolle implizieren, die über das hinausgeht, was nach dem Gesetzeswortlaut verlangt wird.790 Vielmehr wird die Legaldefinition des Schattendirektors nunmehr zweckorientiert nach der Funktion dieser Rechtsfigur als Schutznorm für die Gläubiger und die Allgemeinheit extensiv und flexibel ausgelegt.791 Anders als bisher soll für eine Qualifizierung als Schattendirektor ausschließlich die tatsächliche objektive Sachlage des Falles und nicht eine irgendwie geartete Terminologie ausschlaggebend sein.792 Ohne dass weitere formale Beschreibungen erfüllt sein müssen, kommt nunmehr jede Person als Schattendirektor in Betracht, in Übereinstimmung mit deren Anweisungen oder Vorgaben die directors einer company gewöhnlich handeln, soweit die tatsächlichen Umstände des Falles dies nahe legen. Diese Voraussetzungen können bereits erfüllt sein, wenn die betreffende Person in wichtigen Geschäftsbereichen des Unternehmens Weisungen erteilt und die Leitungsmitglieder diese mehrheitlich zu beachten pflegen.793 Ebenso kann es für die Bejahung der Schattendirektoreneigenschaft ausreichen, wenn unter787 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340 und Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555. 788 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 f. per Morritt LJ; Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555 Ziff. 43 per Rattee J; Finch, S. 535; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f. 789 „[. . .] to describe the board as the cat’s paw, puppet or dancer to the tune of the shadow director“, Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 355 per Morritt LJ. 790 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 355 per Morritt LJ; Gore-Browne, Rdn. 35.5.5; Griffin, S. 158 f.; ders. (2003) Ins. Law. 3, 127, 129 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 197; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. So bereits lange vor dieser Entscheidung Campbell (1994) J.B.L. Nov., 609, 614. 791 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 per Morritt LJ; Finch, S. 535; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 90; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f. 792 Vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 f. per Morritt LJ; Finch, S. 535; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 90; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f. 793 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 per Morritt LJ; Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555
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schwellige Formen der Beeinflussung vorgenommen werden. So genügen bloße Ratschläge, die augenscheinlich keinen Zwang ausüben, sofern die Geschäftsleiter diese gewohnheitsmäßig befolgen.794 Nach wie vor ist aber eine lediglich punktuelle Beeinflussung der Geschäftsleitung in abgrenzbaren Einzelfragen für die Qualifikation als Schattendirektor unzureichend.795 Dass zwischen dem shadow director und den anderen Geschäftsleitern ein Verhältnis der Über- bzw. Unterordnung besteht, ist jedoch nicht mehr zwingend erforderlich.796 Ein Schattendirektor kann demgemäß durchaus mit den übrigen Mitgliedern der Geschäftleitung auf gleicher Stufe stehen. (2) Faktische Direktoren (de facto directors) Traditionell existieren zwei verschiedene Tests, nach denen jemand als de facto director qualifiziert werden kann: Nach dem sog. „equal footing test“ ist eine Person de facto director, wenn sie intern in solcher Weise Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausübt (real influence), dass sie mit den rechtswirksam bestellten Direktoren auf einer Stufe steht.797 Im Unterschied dazu ist nach dem sog. „holding out test“ entscheidend, ob die betreffende Person nach außen Aufgaben für die Gesellschaft erfüllt, die ordnungsgemäß nur durch einen ordentlich bestellten Direktor ausgeführt werden können, so dass gewissermaßen seitens der Gesellschaft der Eindruck erweckt wird, die betreffende Person sei ein de jure Direktor.798 Obwohl beide Verfahren einen unterschiedlichen Ansatz zur Qualifikation von faktischen Direktoren wählen, hat die britische Rechtsprechung erst jüngst klargestellt, dass es für eine Klassifizierung als de facto director nicht erforderlich ist, dass die betreffende Person die Voraussetzungen je eines der beiden Ziff. 25, 43 per Rattee J; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 90 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f. 794 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 f. per Morritt LJ; Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555 Ziff. 25 per Rattee J; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 172 f.; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 90; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f. 795 Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555 Ziff. 25, 43 per Rattee J. 796 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 per Morritt LJ; Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555 Ziff. 25 per Rattee J; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 200. 797 Re Richborough Furniture [1996] 1 B.C.L.C. 507; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 637; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; vgl. section 741 (1) CA 1985 „[. . .] ,director‘ includes any person occupying the position of a director, by whatever name called.“ 798 Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f., vgl. section 741 (1) CA 1985.
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Tests vollumfänglich erfüllt.799 Anstatt die beiden Konzepte alternativ heranzuziehen, soll – nicht anders als bei der Figur des shadow directors – flexibel verfahren werden. Nicht ein Festhalten an traditionellen Kategorien, sondern eine Gesamtschau aller nach beiden Kategorien in Frage kommenden internen und nach außen sichtbaren Umstände soll für die Qualifikation als faktischer Direktor entscheidend sein.800 Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung soll berücksichtigt werden, ob seitens der Gesellschaft suggeriert wurde, die jeweilige Person sei ein Direktor.801 Weiterhin soll untersucht werden, ob die Person ihrerseits die Bezeichnung „director“ verwendete, ob sie über grundlegende Informationen über das Unternehmen verfügte und ob sie in der Lage war, umfassende für die Gesellschaft relevante Entscheidungen zu treffen, wie dies nur ordnungsgemäß bestellte Direktoren können.802 Alle diese Indizien sind jedoch weder abschließend, noch müssen sie kumulativ vorliegen, so dass je nach Sachlage auch andere Umstände einbezogen werden können.803 Ob die jeweilige Person aufgrund ihres Handeln nach außen und ihrer internen Kompetenzen tatsächlich den directors des Unternehmens als de facto Direktor gleichgestellt werden kann, ist letzthin Tatfrage. Bleiben Zweifel an der Direktorenstellung, so muss zu Gunsten des Betroffenen angenommen werden, er habe nicht in solcher Eigenschaft gehandelt. (3) Fazit Sowohl die Rechtsfigur des shadow directors als auch die Rechtsfigur des de facto directors werden mittlerweile von der Rechtsprechung flexibel gehandhabt.804
799 Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 per Jacob J; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 per Walker LJ; Sealy/ Milman, 6. Aufl., S. 637; Finch, S. 535; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f., Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. 800 Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 per Jacob J; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 per Walker LJ; Finch, S. 535; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. 801 Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 per Jacob J; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 per Walker LJ; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. 802 Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 per Jacob J; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 per Walker LJ; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. 803 Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 per Jacob J; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 per Walker LJ; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128.
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Im Hinblick auf Schattendirektoren haben die britischen Gerichte ihre Anforderungen gesenkt, weil sie nicht mehr verlangen, dass ein shadow director in solch umfassender Weise Kontrolle über alle anderen Geschäftsleiter und das Unternehmen ausübt, dass die übrigen Direktoren als seine Marionetten anzusehen sind.805 Im Hinblick auf faktische Direktoren ist nunmehr eine Gesamtschau möglich, bei der alle internen und nach außen erkennbaren Umstände berücksichtigt werden, um zu beurteilen, ob eine Person den ordentlichen Direktoren gleichzustellen ist.806 Zudem wird aus den vorhergehenden Ausführungen deutlich, dass die britischen Gerichte nach dem aktuellen Stand der Rechtsprechung zur Bestimmung von shadow directors und de fato directors ähnliche Maßstäbe anlegen.807 Insbesondere der früher unterschiedliche Grad der Einflussnahme zwischen beiden Rechtsinstituten existiert nicht mehr. Folgerichtig wird eine Qualifizierung als faktischer Direktor oder Schattendirektor von der Rechtsprechung in den jüngeren Entscheidungen gleichberechtigt nebeneinander erörtert.808 Eine strenge Alternativität zwischen beiden Rechtsfiguren kann demzufolge – zumindest in komplizierten Fallgestaltungen – nicht mehr angenommen werden.809 Vielmehr ist es bei komplexen Sachverhalten durchaus denkbar, dass beide Rechtsfiguren überlappen. Eine eindeutige Differenzierung von faktischen Direktoren und Schattendirektoren ist dementsprechend nach der neueren britischen Spruchpraxis nicht mehr uneingeschränkt möglich.810
804 Griffin, S. 158 f.; ders. (2003) Ins. Law. 3, 127, 130 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91; Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 193. 805 Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 355 per Morritt LJ; Griffin, S. 158 f.; ders. (2003) Ins. Law. 3, 127, 129 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 197; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. 806 Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 per Jacob J und Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 per Walker LJ; Finch, S. 535; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. 807 Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 130 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91; Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 193. 808 So in Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282 und Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390 für faktische Direktoren. Ebenso in Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340 und Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555 für Schattendirektoren; siehe auch Griffin, S. 158 f. 809 Vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390; Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555; Griffin, S. 158 f. 810 So auch Griffin, S. 158 f.; ders. (2003) Ins. Law. 3, 127, 130 f., der weitergehend vertritt, jede Differenzierung beider Konzepte sei in der Praxis irrelevant. Ähnlich Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 193.
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Insgesamt kann man zu Recht behaupten, dass das Hauptaugenmerk der jüngeren Rechtsprechung zur Bestimmung der Adressaten insolvenzrechtlicher Verhaltenspflichten auf der Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der Gläubiger und der Allgemeinheit liegt.811 Die Frage, ob eine für die Gesellschaft handelnde Person, die nicht der Geschäftsleitung der Gesellschaft angehört, alternativ als Schattendirektor oder faktischer Direktor zu qualifizieren ist, hat dagegen erheblich an Bedeutung verloren. Damit ist aus Gründen des Gläubigerschutzes eine allzu formale und restriktive Handhabung beider Rechtsfiguren zu Gunsten einer Erweiterung des Kreises der Verantwortlichen durch Anlegen flexibler Kriterien aufgegeben worden.812 ee) Übertragung auf die LLP Überträgt man die aktuelle Rechtsprechung zu Schattendirektoren und de facto Direktoren einer Kapitalgesellschaft auf die LLP, so lassen sich mehrere Schlussfolgerungen ziehen: Als Ausgangspunkt bleibt festzuhalten, dass Schattengesellschafter einer LLP solche Personen sind, nach deren Anweisungen oder Vorgaben die übrigen LLPGesellschafter regelmäßig handeln.813 Faktische Gesellschafter einer LLP sind dagegen solche Personen, die in einer Gesamtschau nach ihrem Auftreten für die Gesellschaft oder nach den von ihnen in der Geschäftsleitung der LLP usurpierten Kompetenzen den ordentlichen Gesellschaftern gleichzustellen sind, ohne tatsächlich solche zu sein.814 Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen jemand als Schattengesellschafter oder faktischer Gesellschafter behandelt werden kann, sind im Hinblick auf die Belange des Gläubigerschutzes und den Schutz der Allgemeinheit extensiv und flexibel auszulegen.815 Allein entscheidend dafür, ob jemand als Adressat der Verhaltenspflichten des Insolvenzrechts zu qualifizieren ist, ohne tatsächlich Gesellschafter einer LLP zu sein, ist die objektive Sachlage des Einzelfalls. Jed-
811 So Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 per Morritt LJ; Finch, S. 535; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 90; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f. 812 Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 130 f.; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 91. 813 Reg. 2 LLP Regulations. 814 Vgl. die entsprechenden Definitionen in Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 f. per Jacob J und Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 f. per Walker LJ. 815 Vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 per Morritt LJ; Finch, S. 535; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 90; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f.
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wede eingrenzende formalistische Sichtweise ist insoweit ungeeignet, Nichtgesellschafter vor einer Auferlegung von Verhaltenspflichten zu schützen.816 Ein strenges Exklusivitätsverhältnis zwischen Schattengesellschaftern und de facto Gesellschaftern existiert bei Übertragung der jüngeren Rechtsprechung im company law nicht. Vielmehr ähneln sich die Kriterien, die für die Beurteilung beider Rechtsfiguren angelegt werden.817 Das Hauptaugenmerk der Rechtsprechung liegt darauf, den Kreis der Verantwortlichen zu vergrößern, wobei es aus Gründen des Gläubigerschutzes eher darum geht, die in Frage kommende Person unter einen der beiden Adressatenkreise zu fassen, als die spezifischen Unterschiede der beiden Konzepte herauszuarbeiten. Im Hinblick auf gewerblich tätige LLPs werden sich infolge der aufgezeigten neueren Rechtsprechung insbesondere kreditgebende Unternehmen, Finanzinvestoren oder externe Berater, sog. „company doctors“,818 die zur Unterstützung der Unternehmensleitung herangezogen werden, verstärkt darauf einstellen müssen, dass sie als Adressat der Verhaltenspflichten des Insolvenzrechts in Frage kommen und demgemäß in die Gefahr persönlicher Verantwortlichkeit geraten, wenn sie die Geschäftsleitung der LLP durch ihr Verhalten beeinflussen. Bei freiberuflichen LLPs werden die Grundsätze zu Schattengesellschaftern und de facto Gesellschaftern dagegen nicht primär für solche externen Berater von Bedeutung sein, weil Freiberufler im Unterschied zu Gewerbetreibenden zur Führung ihrer Geschäfte eher selten Dritte zu Rate ziehen. Jedoch werden sich in freiberuflichen LLPs insbesondere die für das Unternehmen in gehobener Position tätigen freiberuflichen Mitarbeiter mit den Voraussetzungen der beiden Rechtsfiguren auseinandersetzen müssen. Die sog. „Senior Associates“ bearbeiten nämlich oftmals, gewissermaßen als Vorstufe zur vollen Mitgliedschaft in der LLP, intern und gegenüber den Mandanten die der Gesellschaft übertragenen Mandate in solcher Weise, dass sie von einem Gesellschafter kaum zu unterscheiden sind. Je mehr ihr Gesamterscheinungsbild von ihren internen Entscheidungsbefugnissen, ihrer Vergütung und ihren Kompetenzen gegenüber den Mandanten dem Status eines vollwertigen LLP-Mitglieds entspricht, desto höher ist für sie die Gefahr, als faktische Gesellschafter in die insolvenzrechtliche Verantwortlichkeit zu geraten.
816 Vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340, 354 f. per Morritt LJ; Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282, 290 per Jacob J und Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390, 402 per Walker LJ; Finch, S. 535; Payne (2001) Comp. Law. 22 (3), 90, 90; Milman (2000) Ins. Law. 4, 171, 171 f.; Stibbard (2000) P.C.B. 3, 195, 199 f.; Griffin (2003) Ins. Law. 3, 127, 128 f. 817 Vgl. Griffin, S. 158 f.; ders. (2003) Ins. Law. 3, 127, 130 f. 818 Zur wachsenden Bedeutung der „company doctors“ im britischen Gesellschaftsinsolvenzrecht Finch (2005) J.B.L. Nov., 690–708.
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Letztendlich ist zu erwarten, dass die britische Rechtsprechung auf ihre Spruchpraxis zu shadow directors und de facto directors nicht nur zurückgreifen wird, um bestimmte Personen als Schattengesellschafter bzw. de facto Gesellschafter einer LLP zu qualifizieren. Auch die in der Spruchpraxis zur company entwickelte Konkretisierung der einzelnen pflichtbegründenden Tatbestände des britischen Insolvenzrechts wird die britische Rechtsprechung auf Schattengesellschafter und de facto Gesellschafter übertragen, soweit die entsprechenden Vorschriften auf die LLP Anwendung finden. b) Fraudulent trading (section 213 IA 1986) Section 213 IA 1986 begründet die zivilrechtliche Haftung für den Tatbestand der betrügerischen Geschäftsfortführung in der Unternehmenskrise (fraudulent trading). Diese Norm findet – bis auf die Tatsache, dass der Begriff „company“ durch „LLP“ ersetzt wird –819 uneingeschränkt auf die neue Gesellschaftsform Anwendung. Durch die Anwendung von section 213 IA 1986 auf die LLP werden bestimmte im Umfeld der Gesellschaft handelnde Personen aufgrund betrügerischen Verhaltens einer persönlichen Haftung ausgesetzt. aa) Historischer Hintergrund von section 213 IA 1986 Bereits vor der Einführung von section 213 IA 1986 enthielt das britische Recht zurückgehend auf section 75 CA 1928 sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Bestimmungen, die das fraudulent trading sanktionierten.820 Nachdem die strafrechtliche und die zivilrechtliche Sanktion für derartiges Verhalten lange Zeit in einer Norm vereint waren, wurde die zivilrechtliche Vorschrift im Rahmen der durch das Cork Committee821 angestoßenen Reformen von 1985 und 1986 in section 213 IA 1986 aufgenommen.822 Die materielle Gesetzeslage wurde dabei allerdings, abgesehen von zwei geringfügigen Veränderungen des Normtextes, im Wesentlichen beibehalten.823 819
Reg. 5 (2) (a) LLP Regulations. Weitergehend zur Geschichte des fraudulent trading siehe Griffin, S. 39. 821 Offiziell: Insolvency Law and Practice Review Committee, das gewöhnlich nach seinem Vorsitzenden Kenneth Cork (nunmehr Sir Kenneth Cork) als Cork Committee bezeichnet wird. 822 Bis 1986 war sowohl die strafrechtliche als auch die zivilrechtliche Haftung in einer Norm, zunächst section 275 CA 1929, später section 332 CA 1948, enthalten. Seit den gesetzgeberischen Reformen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht 1985 und 1986 befindet sich die strafrechtliche Bestimmung in section 458 CA 1985, während die zivilrechtliche Norm seitdem in section 213 IA 1986 zu finden ist. 823 Als erste Änderung kann ein Antrag auf eine gerichtliche Verfügung wegen fraudulent trading seit 1986 nur noch vom Insolvenzverwalter (liquidator) für und im Namen aller Gläubiger gestellt werden. Als zweite Änderung stellt das Gesetz seit 820
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bb) Regelungsinhalt von section 213 IA 1986 Section 213 (1) IA 1986 berechtigt den Insolvenzverwalter (liquidator),824 bei dem zuständigen Gericht825 einen Antrag auf eine Verfügung nach section 213 (2) IA 1986 zu stellen, dass bestimmte Personen dazu verpflichtet werden, Beiträge in das Vermögen der Gesellschaft zu leisten. Voraussetzung für das Antragsrecht ist, dass im Laufe eines Liquidationsverfahrens (winding up) der Verdacht entsteht, die Geschäfte der LLP seien entweder mit dem Zweck betrieben worden, die Gläubiger der Gesellschaft bzw. die Gläubiger einer anderen Person zu betrügen, oder die Geschäfte seien mit einer anderen betrügerischen Absicht geführt worden. Mit anderen Worten muss der Verdacht bestehen, die Gesellschaft sei mit Absicht zum Vehikel einer betrügerischen Geschäftsführung gemacht worden (intent to defraud).826 cc) Übertragung der Rechtsprechung im company law Zur Konkretisierung der Haftungsvoraussetzungen von section 213 IA 1986 für die LLP werden die Gerichte auf die bestehende Spruchpraxis zum fraudulent trading im company law zurückgreifen. Für die LLP gelten deswegen die folgenden der Rechtsprechung im Kapitalgesellschaftsrecht entlehnten Grundsätze. (1) Geschäftsführung An das in section 213 IA 1986 genannte Merkmal der Geschäftsführung sind nach der einschlägigen Spruchpraxis der britischen Gerichte im company law keine hohen Anforderungen zu stellen.827 Zwar scheint es, dass die Rechtsprechung eine bloße Passivität der in Frage kommenden Personen nicht ausreichen lassen wird, um eine Führung der Ge1986 klar, dass Zahlungen, die aufgrund einer gerichtlichen Verfügung jedenfalls nach section 213 IA 1986 zu leisten sind, an den Insolvenzverwalter gehen, der diese zum Wohle aller Gläubiger verwaltet. 824 Im Folgenden wird mit dem Begriff „liquidator“ der liquidator nach britischem Recht bezeichnet. Da dieser funktional mit dem Insolvenzverwalter nach deutschem Recht vergleichbar ist, wird als Synonym auch die Bezeichnung „Insolvenzverwalter“ für den liquidator nach britischem Recht verwendet. 825 Dies ist das Gericht, das auch zuständig ist für das Liquidationsverfahren (winding up) über das Vermögen der Gesellschaft, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 826 Vgl. Re Augustus Barnett & Son Ltd (1986) 2 B.C.C. 98,904; Pernice, S. 205. 827 Siehe etwa Re Sarflax Ltd [1979] Ch. 592, 593, 599 per Oliver J; Griffin, S. 49; Pennington, S. 255 f.; Keay/Walton, S. 535; Pernice, S. 205.
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schäfte der Gesellschaft zu bejahen.828 Ebenso wenig ist es aber erforderlich, dass von den an der Geschäftsleitung Beteiligten konkrete Abschlüsse getätigt wurden oder dass für das Geschäft der Gesellschaft grundlegende Entscheidungen ergangen sind.829 Eine Geschäftsführung nach section 213 IA 1986 kann vielmehr schon dann vorliegen, wenn die Gesellschaft trotz Einstellung ihres operativen Geschäfts als Rechtssubjekt im Geschäftsverkehr belassen wurde und lediglich ihre Vermögensgegenstände realisiert oder ihre Verbindlichkeiten getilgt wurden.830 Die Inanspruchnahme der an der Geschäftsleitung Beteiligten wegen betrügerischer Geschäftsführung nach section 213 IA 1986 ist demnach bereits möglich, soweit und solange eine Gesellschaft im Geschäftsverkehr gegenüber Dritten aktiv auftritt. (2) Betrugsabsicht (intent to defraud) Für die Begründung der im Rahmen von section 213 IA 1986 erforderlichen Betrugsabsicht legt die britische Rechtsprechung einen extrem hohen, mit dem Strafrecht vergleichbaren Beweisgrad an, obwohl die zivilrechtlich Sanktion bereits seit 1986 von der strafrechtlichen Sanktion getrennt ist.831 Voraussetzung für eine Inanspruchnahme wegen fraudulent trading ist gemäß der Spruchpraxis der Gerichte, dass seitens der Handelnden ein Verhalten praktiziert worden ist, welches unzweifelhaft von „[. . .] tatsächliche[r] Unredlichkeit, [zeugt] [. . .], die von wirklicher moralische Verwerflichkeit geprägt ist.“832 Nach den einschlägigen Präjudizien ist es für die Erfüllung dieser subjektiven Haftungsvoraussetzung keinesfalls ausreichend, wenn eine Gesellschaft kontinuierlich immer mehr Schulden angehäuft hat, obwohl die Gesellschafter bereits Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens hatten.833 Vielmehr 828 Vgl. Re Maidstone Buildings Provisions Ltd [1971] 1 W.L.R. 1085, 1093 ff. per Pennycuick V-C. 829 Gore-Browne, Rdn. 35.5.2. 830 Vgl. Re Sarflax Ltd [1979] Ch. 592, 593, 599 per Oliver J; Gore-Browne, Rdn. 35.5.2; Griffin, S. 49; Pernice, S. 205; Scanlan (2003) Comp. Law. 24 (8), 234, 238. 831 Siehe insoweit Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ; Bernasconi v Nicolas Bennet & Co [2000] B.C.C. 92; Aktieselskabet Dansk Skibfinansiering v Brothers [2001] 2 B.C.L.C. 324; Re L Todd (Swanscombe) Ltd [1990] B.C.C. 125; Re A Company [1990] B.C.C. 526; Sealy/Milman, S. 222; Finch, S. 511; Fletcher, Rdn. 27-016; Milman/Durrant, S. 227. 832 „[. . .] actual dishonesty, [. . .] involving real moral blame.“, Re Patrick and Lyon Ltd [1933] Ch. 786, 790 f. per Maugham J.; Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ; Bernasconi v Nicolas Bennet & Co [2000] B.C.C. 92, Ziff. 13 per Laddie J; außerdem Aktieselskabet Dansk Skibfinansiering v Brothers [2001] 2 B.C.L.C. 324; Gore-Browne, Rdn. 35.5.2; Pennington, S. 255; Keay/Walton, S. 535; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70.
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reicht es in solchen Fällen für die Widerlegung der Betrugsabsicht bereits aus, wenn die für die Gesellschaft Handelnden darauf verweisen können, dass sie weitere Verbindlichkeiten immer nur in der Hoffnung auf bessere Zeiten aufgenommen haben oder, wie es in der bekannten Entscheidung Re White and Osmond (Parkstone) von Buckley J ausgedrückt wurde,834 „[. . .]dass die verantwortlichen Personen darauf vertrauten, dass die Wolken der finanziellen Bedrängnis irgendwann verschwinden würden und dass der Sonnenschein der Prosperität wieder auf sie scheinen würde und den Nebel ihrer Krise auflösen würde [. . .]“.835 Diese allgemein als zu nachgiebig empfundene Haltung der Rechtsprechung836 ist jedoch im Jahre 1984 durch den Court of Appeal etwas modifiziert worden. Das Gericht entschied in dem Fall R v Grantham,837 dass es bei einem kontinuierlichen Eingehen von Verbindlichkeiten trotz bekannter Zahlungsunfähigkeit für eine Haftung nach den Grundsätzen des fraudulent trading838 nicht erforderlich sei darzulegen, dass keine vernünftige Aussicht darauf bestand, dass die Gläubiger jemals ihre finanziellen Mittel zurückerhalten würden.839 Vielmehr sah es der Court of Appeal für die Annahme einer Betrugsabsicht als ausreichend an, wenn die Verantwortlichen bei der Aufnahme der Darlehen keinen vernünftigen Grund hatten, davon auszugehen, die Kredite könnten bei Fälligkeit oder kurz nach ihrer Fälligkeit bedient werden.840 Obwohl die Rechtsprechung dadurch ihre Anforderungen hinsichtlich des intent to defraud etwas gesenkt hat, erfasst die Vorschrift weiterhin lediglich offensichtliche Missbrauchsfälle, in denen ein zielgerichteter Betrug der Gesell-
833 Vgl. Re Patrick and Lyon Ltd [1933] Ch. 786; Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552; Bernasconi v Nicolas Bennet & Co [2000] B.C.C. 92; Aktieselskabet Dansk Skibfinansiering v Brothers [2001] 2 B.C.L.C. 324; Pennington, S. 255; Keay/Walton, S. 535. 834 Der Fall aus dem Jahr 1960 ist trotz seiner zahlreichen Zitierungen in Rechtsprechung und Literatur unveröffentlicht. Die entscheidende Passage der Entscheidung wird aber zitiert in R v Grantham [1984] Q.B. 675, 682 per Lord Lance CJ; sie findet sich außerdem bei Goode, S. 457 und in Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.2. 835 Diese Redewendung, die die Hoffnung auf den Silberstreifen am Horizont umschreibt, wird gemeinhin etwas sarkastisch als „clouds and sunshine test“ oder „silver lining test“ bezeichnet, siehe etwa Goode, S. 457. 836 So die allgemeine Einschätzung, siehe nur Fletcher, Rdn. 27-015. 837 R v Grantham [1984] Q.B. 675. 838 Damals noch in section 332 CA 1948 als sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Bestimmung. 839 R v Grantham [1984] Q.B. 675, 682 f. per Lord Lane CJ; Goode, S. 457; Fletcher, Rdn. 27-015; Pennington, Company Law, S. 48; Scanlan (2003) Comp. Law. 24 (8), 234, 239 f. 840 R v Grantham [1984] Q.B. 675, 682 f. per Lord Lane CJ; Goode, S. 457; Fletcher, Rdn. 27-015; Gore-Browne, Rdn. 35.5.2; Pennington, S. 255; Scanlan (2003) Comp. Law. 24 (8), 234, 239 f.
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schaftsgläubiger geradezu auf der Hand liegt.841 Dies bestätigt eine erst kürzlich ergangene Entscheidung des Court of Appeal, in der das Gericht die weiterhin hohen Anforderungen zur Darlegung der Betrugsabsicht noch einmal betont hat:842 In der Entscheidung Morphitis v Bernasconi843 hat der Court of Appeal ausdrücklich herausgestellt, dass aus der Tatsache, dass ein einzelner Gläubiger durch die unlautere Führung der Geschäfte der Gesellschaft geschädigt worden ist, noch nicht auf die betrügerische Absicht der Geschäftsleiter geschlossen werden könne.844 Section 213 IA 1986 sei ausweislich seines Wortlauts erst dann erfüllt, wenn die Geschäfte der Gesellschaft von den verantwortlichen Personen insgesamt mit dem Ziel geführt worden seien, die Gläubiger zu betrügen.845 Solange ein Nachweis dieser hohen Voraussetzung nicht geführt werden könne, komme eine Inanspruchnahme nach section 213 IA 1986 nicht in Betracht. (3) Bestimmung der Haftsumme Auf Antrag des liquidators kann das Gericht nach section 213 (2) IA 1986 verfügen, dass solche Personen, die wissentlich an der betrügerischen Geschäftsführung beteiligt waren, Zahlungen in das Gesellschaftsvermögen der LLP zu leisten haben. Die Höhe der Zahlungen steht dabei grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Während frühere Entscheidungen bei der Festlegung der Höhe einer Inanspruchnahme nach section 213 IA 1986 auch punitive Elemente zugrunde gelegt haben,846 lehnt die bereits genannte Entscheidung des Court of Appeal im Fall Morphitis v Bernasconi847 die Einbeziehung solcher Überlegungen ab.848 841
Vgl. Re Augustus Barnett and Son Ltd [1986] B.C.L.C. 170. Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ; siehe dazu Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.3; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70; Milman (2004) J.B.L. Sept., 493, 498. 843 [2003] Ch. 552. 844 Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ; siehe dazu Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.3; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70. 845 „It is important to keep in mind [. . .] that it should appear to the court ,that any business of the company has been carried on with intent to defraud creditors of the company‘. Parliament did not provide that the powers under this section might be exercisable whenever it appeared to the court ,that any creditor of the company has been defrauded in the course of carrying on the business of the company.‘“, Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ. 846 Re Cyona Distributors Ltd [1967] Ch. 889; Re A Company [1990] B.C.C. 526. Dazu etwa Pernice, S. 208. 847 [2003] Ch. 552. 848 Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 579 per Chadwick LJ; Milman/Sealy, S. 223. Siehe dazu Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.3; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70. 842
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Nach dieser Entscheidung muss bei der Festlegung der Höhe der Haftung nach dem zivilrechtlichen Tatbestand des fraudulent trading die Kompensation der von den Gläubigern erlittenen Schäden im Vordergrund stehen.849 Soll der für die betrügerische Geschäftsführung Verantwortliche zusätzlich bestraft werden, so müsse auf das strafrechtliche Pendant des fraudulent trading in section 458 CA 1985 zurückgegriffen werden.850 (4) Verantwortliche Personen Die Haftung nach section 213 IA 1986 erfasst einen unbegrenzt weiten Personenkreis. Sie erstreckt sich auf jeden, der bewusst in die betrügerische Geschäftsführung der Gesellschaft verwickelt ist. Bei der LLP können somit aufgrund von section 213 IA 1986 nicht nur die drei Arten der LLP-Gesellschafter, die Gründer der LLP oder sonstige mit dem Unternehmen in irgendeiner Form verbundene Personen, sondern jedermann, der wissentlich an der betrügerischen Geschäftsführung beteiligt war, in Anspruch genommen werden. (5) Sonstige Voraussetzungen Erwähnung verdient außerdem die Tatsache, dass section 213 IA 1986 keine zeitliche Grenze hinsichtlich des Zeitraums setzt, in dem die Ereignisse stattgefunden haben müssen, welche die persönliche Haftung begründen.851 Allerdings müssen rechtliche Schritte wegen fraudulent trading vom liquidator innerhalb von sechs Jahren, nachdem die Gesellschaft in die Insolvenz gegangen ist,852 eingeleitet werden.853 Durch section 253 EA 2002 ist zudem para. 3A Sch. 4 in den IA 1986 eingeführt worden, der für die Einleitung von fraudulent trading Verfahren durch den liquidator ab dem 15. September 2003 die Zustimmung der Gläubiger oder des Gerichts854 verlangt.855 849
Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 579 per Chadwick LJ. Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 579 per Chadwick LJ. 851 Vgl. Fletcher, Rdn. 27-015. 852 Der Begriff „in die Insolvenz gehen“ („going into liquidation“) ist in section 247 (2) IA 1986 legaldefiniert. Darunter versteht man entweder den Zeitpunkt, zu dem ein Beschluss der Gesellschafter für ein freiwilliges Liquidationsverfahren (voluntary winding up) gefasst wurde, oder den Zeitpunkt, zu dem das Gericht die Verfügung über eine zwangsweise Auflösung (compulsory winding up oder winding up by the court) erlassen hat. 853 Sections 9 (1), 39 LA 1980; vgl. Re Farmizer Products Ltd, Moore v Gadd [1997] B.C.C. 655; Sealy/Milman, S 225. 854 Dies ist das gleiche Gericht, das auch über den Antrag nach section 213 IA 1986 entscheidet, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der 850
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dd) Bewertung von section 213 IA 1986 Da am Konzept des fraudulent trading im Wesentlichen seit 1929 unverändert festgehalten wurde, sind die seit längerem erkannten Schwächen dieses Tatbestands gleich geblieben.856 Der entscheidende Schwachpunkt857 von section 213 IA 1986 wird seit jeher, wie bereits durch das Jenkins Committee858 und das Cork Committee859 bemängelt wurde, in den rigiden subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Norm gesehen, die den Nachweis einer betrügerischen Absicht (intent to defraud) voraussetzen.860 Trotz einer leichten Modifikation der ursprünglichen Rechtsprechung zum intent to defraud861 kann die Vorschrift auch heutzutage lediglich ganz eindeutige Sachverhalte erfassen, in denen eine rücksichtslose Ausnutzung des Prinzips der limited liability zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger geradezu auf der Hand liegt.862 Die meisten Fälle der Gläubigerbenachteiligung, bei denen eine betrügerische Gesinnung der Verantwortlichen nicht offen zu Tage tritt, können dagegen wegen der erst kürzlich noch einmal bestätigten hohen Anforderungen an die Betrugsabsicht863 nicht mit Hilfe des fraudulent trading belangt werden. Section 213 IA 1986 kann deswegen, isoliert betrachtet, wie es bereits im Cork High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 855 Siehe dazu Sealy/Milman, S. 560. 856 Dazu aus der jüngeren Literatur Fletcher, Rdn. 27-015; ders., in: Palmer’s LLP, Rdn. A9-40; Sealy/Milman, S. 222; Keay (2002) J.B.L., Jul., 379, 387, 402; Pasban (2001) J.B.L. Jan., 33, 43 f.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 35 f. 857 Einen weiteren Schwachpunkt stellte bislang die Finanzierung von fraudulent trading Verfahren dar. Anders als bei section 214 IA 1986 wurde dieses Problem jedoch angesichts der sonstigen Schwächen von section 213 IA 1986 nicht für entscheidend gehalten. Da die Finanzierungsprobleme traditionell eher bei section 214 IA 1986 angesprochen werden, kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden, die in gleicher Weise auf section 213 IA 1986 zutreffen. Siehe dazu unten 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (1) (c). Gleiches gilt für die Beschränkung des Antragsrechts auf den liquidator. Die Diskussion dieses Gesichtspunktes erfolgt ebenfalls traditionell bei section 214 IA 1986, gilt aber entsprechend für section 213 IA 1986. Siehe dazu unten 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (1) (a). 858 Jenkins Report, § 503(b). 859 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1776–1806. 860 Zur Bestätigung der hohen Anforderungen unlängst Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ, Sealy/Milman, S. 222; Totty/Moss, Rdn. B137; Gower/Davies, S. 194 f.; Fletcher, Rdn. 27-016; Milman/Durrant, S. 227; Finch, S. 511; Pernice, S. 207, 209; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 35 f.; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 84 f. 861 R v Grantham [1984] Q.B. 675, 682 f. per Lord Lane CJ; Goode, S. 457; Fletcher, Rdn. 27-015; Pennington, S. 255; Scanlan (2003) Comp. Law. 24 (8), 234, 239 f. 862 Unlängst Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ; siehe dazu Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.3; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70; vgl. Re Augustus Barnett and Son Ltd [1986] B.C.L.C. 170.
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Report864 und Jenkins Report865 zum Ausdruck gebracht wurde, keinen angemessenen Gläubigerschutz – weder bei der company noch bei der LLP – gewährleisten.866 Aufgrund seiner hohen subjektiven Anforderungen wird section 213 IA 1986 auch in der Praxis weiterhin kaum von Bedeutung sein.867 Lediglich in Fällen wie dem BCCI Skandal,868 in denen eine Notwendigkeit besteht, ein Verfahren gegen Personen einzuleiten, die in keiner direkten Verbindung zur Gesellschaft stehen, so dass sie weder als Schattenorgane noch als faktische Organe der Gesellschaft nach anderen Vorschriften belangt werden können, wird section 213 IA 1986 weiterhin relevant sein.869 c) Wrongful trading (section 214 IA 1986) Nach section 214 IA 1986 können Personen, die mit der Leitung einer zahlungsunfähig gewordenen Gesellschaft betraut waren, ab einem bestimmten Zeitpunkt zivilrechtlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftbar gemacht werden, wenn das Verhalten der Unternehmensleitung angesichts der drohenden Insolvenz nicht einem bestimmten Standard entsprach. Ziel des wrongful trading Tatbestands ist es zu gewährleisten, dass die Leitungsorgane einer Gesellschaft alle ihnen zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreifen, um etwaige Verluste der Gesellschaftsgläubiger möglichst gering zu halten, sobald sie davon Kenntnis erlangen, dass der Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (insolvent liquidation) droht.870 Wie section 213 IA 1986 findet auch diese Norm uneingeschränkt auf die LLP Anwendung.871 863 Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ; siehe dazu Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.3; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70. 864 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1776–1806. 865 Jenkins Report, § 503(b). 866 Vgl. Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1806; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 249; Goode, S. 28; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 35 f. 867 So auch Sealy/Milman, S. 222; Finch, S. 511; Fletcher, Rd. 27-016; Whittaker/ Machell, S. 242; Keay/Walton, S. 533; Keay (2002) J.B.L., Jul., 379, 402; Pasban (2001) J.B.L. Jan., 33, 43 f.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 35 f.; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 85. 868 Siehe dazu etwa die Fälle Re BCCI, Morris v State Bank of India [1999] B.C.C. 943; Morris v Bank of America National Trust [2000] B.C.C. 1076; Re BCCI, Banque Arabe Internationale d’Investissements SA v Morris [2002] 1 B.C.C. 407. 869 Sealy/Milman, S. 222. Ansonsten wird es der liquidator vorziehen, ein Verfahren nach section 214 IA 1986 gegen die betreffenden Personen einzuleiten, weil deren Voraussetzungen leichter zu erfüllen sind. So auch Sealy/Milman, S. 222; Fletcher, Rdn. 27-016; Milman/Durrant, S. 226; Finch, S. 511; Levy (2002) I.C.C.L.R. 13 (7), 255, 257. Zu section 214 IA 1986 siehe sogleich 1. Teil § 6. V. 1. c). 870 Vgl. Palmer’s Company Law, Rdn. 15.549; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Fletcher (1989) J.B.L. Sep., 365, 372; Keay (2002) J.B.L., Jul., 379, 387.
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aa) Historischer Hintergrund von section 214 IA 1986 Die Einführung des wrongful trading Konzepts in section 214 IA 1986 geht unmittelbar auf die kritische Analyse der Normen zum fraudulent trading durch das Cork Committee zurück.872 In dem Abschlussbericht dieser Expertengruppe wurden schonungslos die Unzulänglichkeiten des geltenden Haftungssystems aufgezeigt, gläubigerschädigendes Verhalten mittels der straf- und zivilrechtlichen Bestimmungen zum fraudulent trading wirkungsvoll zu ahnden und dadurch Missbräuchen des Prinzips der limited liability effektiv entgegenzutreten.873 Nach der Analyse des Cork Report wurde es insbesondere als völlig unverhältnismäßig empfunden, dass eine persönliche Inanspruchnahme von der Notwendigkeit abhängig war, die Unredlichkeit bzw. die Betrugsabsicht der handelnden Personen festzustellen.874 Als Reaktion auf die erkannten Schwächen dieses Systems sprach sich der Cork Report für die Einführung eines ganz neuen, rein zivilrechtlichen Konzepts des wrongful trading aus, das eine Kompensation erlittener finanzieller Schäden nicht nur in Fällen fraudulösen Verhaltens, sondern auch bei objektiv unvernünftigem bzw. fahrlässigem Verhalten der Unternehmensleitung auf Kosten der verantwortlichen Personen ermöglichen sollte.875 Der Wortlaut dessen, was schlussendlich als section 214 IA 1986 Gesetz werden sollte, hat auf jeder Ebene des parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses deutlich kontroverse Diskussionen hervorgerufen.876 Uneinigkeit bestand insbesondere hinsichtlich der Frage, ob in die zukünftige Norm eine klare Legaldefinition dessen, was unter wrongful trading zu verstehen ist, aufgenommen werden sollte. In den Parlamentsdebatten wurden immer wieder Vorschläge einer solchen gesetzlichen Begriffsbestimmung erörtert, die sich allesamt an den insoweit unterbreiteten Vorschlägen des Cork Report orientierten.877 Schlussendlich konnte sich jedoch die damalige Regierung bei den parlamentarischen Abstim871 Es findet lediglich eine Anpassung der Begrifflichkeiten statt: Verweise auf die „company“ sollen die „limited liability partnership“ mit einschließen, Verweise auf „directors“ sollen „members“ miteinbeziehen und Verweise auf einen „shadow director“ beziehen sich ebenfalls auf einen „shadow member“; siehe reg. 5 (2) (a), (b), (c) LLP Regulations. 872 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1776–1806. 873 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1778 ff. 874 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1778 ff. 875 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1782 f. 876 Hansard, H.L. Vol. 461, cols. 742–753, 21. März 1985; Hansard, H.L. Vol. 462, cols. 35–48, 1. April 1985; Hansard, H.C. Standing Committee E, cols. 218–233, 6. Juni 1985; Hansard, H.C. Vol. 83, cols. 559–570, 18. Juli 1985. 877 „A company shall be trading wrongfully within the meaning of this section if [. . .] at a time when the company is insolvent or unable to pay its debts as they fall due it incurs further debts or other liabilities to other persons without a reasonable prospect of meeting them in full.“, siehe Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1806.
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mungen mit ihrem Anliegen durchsetzen, von einer Legaldefinition des neuen Begriffs „wrongul trading“ abzusehen und stattdessen eine Konkretisierung der spezifischen Haftungsvoraussetzungen der Spruchpraxis der Gerichte zu überlassen.878 Infolgedessen sind die Haftungsvoraussetzungen des wrongful trading maßgeblich von der Rechtsprechung festgelegt worden, der vom Gesetzgeber ein weites Ermessen eingeräumt wurde zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine persönliche Inanspruchnahme aufgrund von section 214 IA 1986 in Frage kommt.879 bb) Regelungsinhalt von section 214 IA 1986 Im Hinblick auf eine LLP kann das zuständige Gericht880 nach section 214 (1) IA 1986 in einem Liquidationsverfahren (winding up) auf Antrag des Insolvenzverwalters (liquidator) verfügen, dass gegenwärtige oder frühere Gesellschafter einer LLP persönlich einen finanziellen Beitrag in das Vermögen der Gesellschaft zu erbringen haben. (1) Haftungsvoraussetzungen nach section 214 IA 1986 Damit der Antrag des liquidators nach section 214 (1) IA 1986 Aussicht auf den Erlass einer entsprechenden gerichtlichen Verfügung hat, muss das Gericht vom Vorliegen der folgenden Voraussetzungen überzeugt sein: Zunächst ist es für die Anordnung einer persönlichen Beitragspflicht nach section 214 (1) IA 1986 erforderlich, dass sich die in Rede stehende LLP in einem insolvenzbedingten Liquidationsverfahren (insolvent liquidation) befindet.881
878 Hansard, H.L. Vol. 461, cols. 742–753, 21. März 1985; Hansard, H.L. Vol. 462, cols. 35–48, 1. April 1985; Hansard, H.C. Standing Committee E, 6. Juni 1985, cols. 218–233; Hansard, H.C. Vol. 83, cols. 559–570, 18. Juli 1985. 879 Sealy/Milman, S. 224; Fletcher, Rdn. 27-017. 880 Dies ist das Gericht, das auch zuständig ist für das Liquidationsverfahren (winding up) über das Vermögen der Gesellschaft, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 881 Section 214 (2) (a) IA 1986. Der Begriff „insolvente Liquidation“ („insolvent liqiudation“) wird in section 214 (6) IA 1986 legaldefiniert. Darunter versteht man den Fall, dass die Gesellschaft liquidiert wird und das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr ausreichend ist, um die Verbindlichkeiten – einschließlich der Verbindlichkeiten aus dem Liquidationsverfahren (winding up) – zu bedienen.
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Weiterhin muss dargelegt werden, dass die Gesellschaft den sog. „Moment der Wahrheit“ überschritten hat („moment of truth“).882 Nach section 214 (2) (b) IA 1986 ist dies der Fall, wenn der oder die Gesellschafter, die wegen wrongful trading haftbar gemacht werden sollen, ab einem bestimmten Zeitpunkt vor der Eröffnung des Liquidationsverfahrens positiv gewusst haben, dass keine vernünftige Aussicht auf Abwendung des Insolvenzverfahrens mehr bestand.883 Alternativ ist der „Moment der Wahrheit“ auch überschritten, wenn der oder die betreffenden Gesellschafter ab einem bestimmten Zeitpunkt vor der Verfahrenseröffnung die Unabwendbarkeit der Insolvenz redlicherweise hätten vorhersehen müssen. In beiden Fällen muss der potentielle Adressat der gerichtlichen Anordnung zum jeweiligen Zeitpunkt Gesellschafter des Unternehmens gewesen sein.884 Dabei werden neben de jure Gesellschaftern auch faktische Gesellschafter885 sowie Schattengesellschafter886 erfasst.887 Überdies kann die Begründung einer persönlichen Haftung wegen wrongful trading nur erfolgen, wenn es dem beabsichtigten Adressaten der gerichtlichen Verfügung nicht gelingt nachzuweisen, dass er alle möglichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Verluste der Gläubiger zu minimieren. Kann der betreffende Gesellschafter dagegen diesen Nachweis führen, so kommt eine persönliche Inanspruchnahme aufgrund der Ausnahmebestimmung in section 214 (3) IA 1986 nicht in Betracht.888 Rechtliche Schritte wegen wrongful trading müssen vom Insolvenzverwalter innerhalb von sechs Jahren, nachdem die Gesellschaft in die Insolvenz gegangen ist,889 eingeleitet werden.890 Der durch section 253 EA 2002 neu geschaf882 So bezeichnet in Anlehnung an Fletcher, Rdn. 27-018; Drake,(1989) J.B.L. Dec., 474, 474. Die Erfüllung des „moment of truth“ Tests in section 214 (2) (b) IA 1986 ist zentrale Voraussetzung für eine Inanspruchnahme nach den Grundsätzen des wrongful trading. 883 Im Vergleich zur deutschen Insolvenzverschleppungshaftung wird im englischen Recht die Haftung durch den „moment of truth test“ vorverlagert. Sie entsteht nicht erst mit Vorliegen eines Insolvenzgrundes. 884 Section 214 (2) (c) IA 1986. 885 Vgl. Re Hydrodan (Corby) Ltd [1994] B.C.C. 161, 162, per Millett J; Whittaker/ Machell, S. 242; Morse, S. 249. 886 Section 214 (7) IA 1986; reg. 5 (2) (c) LLP Regulations. 887 Eingehend zu Schattengesellschaftern und faktischen Gesellschaftern siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. a). 888 Die Beweislast, zur Verteidigung darzulegen, dass alle erforderlichen Schritte ergriffen worden sind, liegt insoweit bei dem jeweiligen Gesellschafter, Goode, S. 470; a. A. Sealy/Milman, S. 226. 889 Der Begriff „in die Insolvenz gehen“ („going into liquidation“) ist in section 247 (2) IA 1986 legaldefiniert. Darunter versteht man entweder den Zeitpunkt, zu dem ein Beschluss der Gesellschafter für ein freiwilliges Liquidationsverfahren (voluntary winding up) gefasst wurde, oder den Zeitpunkt, zu dem das Gericht die Verfügung
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fene para. 3A Sch. 4 IA 1986 verlangt zudem für die Einleitung von wrongful trading Verfahren durch den liquidator ab dem 15. September 2003 die Zustimmung der Gläubiger oder des Gerichts.891 (2) Konkretisierung durch die Rechtsprechung im company law Wie bereits erwähnt, beinhaltet section 214 IA 1986 weder eine Legaldefinition des wrongful trading, noch werden konkrete Anhaltspunkte dafür genannt, welche Verhaltensweisen eine Inanspruchnahme wegen wrongful trading rechtfertigen. Ganz nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist die somit bestehende Lücke im Gesetz durch die Spruchpraxis der Gerichte im Kapitalgesellschaftsrecht gefüllt worden. Die dabei entwickelten Leitlinien für die persönliche Inanspruchnahme von company directors nach section 214 IA 1986 sind entsprechend auf die Gesellschafter einer LLP anzuwenden. (3) Übertragung auf die LLP Bei Übertragung der einschlägigen Spruchpraxis der Gerichte im company law sind zwei Kriterien maßgebend für eine persönliche Inanspruchnahme von LLP-Gesellschaftern nach section 214 IA 1986. Zum einen hängt die Haftung wegen wrongful trading ganz erheblich von dem „Moment der Wahrheit“ ab – also dem Zeitpunkt, zu dem die Gesellschafter Kenntnis von der Insolvenz der LLP haben bzw. haben sollten.892 Zum anderen ist es für die persönliche Verantwortlichkeit entscheidend, welches Verhalten von einem LLP-Gesellschafter erwartet werden kann, um die Verluste der Gläubiger so gering wie möglich zu halten.893 Hinsichtlich jedes dieser haftungsentscheidenden Kriterien wird nach section 214 (4) IA 1986 ein kombinierter subjektiv-objektiver Maßstab angelegt. Dieser Maßstab stellt auf eine umsichtig handelnde Person ab894 und berücksichtigt dabei die Tatsachen, die eine solche Person gekannt hätte, die Schlussfolgerunüber eine zwangsweise Auflösung (compulsory winding up oder winding up by the court) erlassen hat. 890 Sections 9 (1), 39 LA 1980; Re Farmizer Products Ltd, Moore v Gadd [1997] B.C.C. 655. 891 Dies ist das gleiche Gericht, das auch über den Antrag nach section 214 IA 1986 entscheidet, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. Siehe dazu Sealy/Milman, S. 560. 892 Section 214 (2) (a), (4) IA 1986. 893 Section 214 (3), (4) IA 1986. 894 „[. . .] a reasonably diligent person [. . .]“, section 214 (4) IA 1986.
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gen, die eine solche Person gezogen hätte, und die Maßnahmen, die eine solche Person getroffen hätte, bei der unterstellt wird, dass sie zweierlei Eigenschaften besitzt: Zum einen soll sie die generellen Kenntnisse, die Fähigkeiten und die Erfahrung haben, welche objektiv von einer Person erwartet werden können, die dieselben Aufgaben ausführt wie der betreffende LLP-Gesellschafter.895 Zum anderen soll diese Person die Kenntnis, die Fähigkeiten und die Erfahrung haben, die der betreffende Gesellschafter subjektiv tatsächlich hat.896 Während die Einbeziehung subjektiver Aspekte bei der Beurteilung des anzulegenden Maßstabs dafür sprechen könnte, dass ein etwaiges individuelles Unvermögen die Richtschnur für den jeweiligen Gesellschafter senken könnte, wird nach der Rechtsprechung im company law durch die objektive Komponente des Tests ein allgemeingültiger Mindeststandard geschaffen, der nicht unterschritten werden darf.897 Als Folge des zusammengesetzten subjektiv-objektiven Maßstabs kann sich deswegen ein LLP-Gesellschafter nicht auf mindere Fähigkeiten berufen, die unter dieser Mindestgrenze liegen.898 (a) Der „Moment der Wahrheit“: Die Kenntnis der Gesellschafter von der Insolvenz Bei der Prüfung, welcher Kenntnisstand im Einzelnen im Zusammenhang mit dem „Moment der Wahrheit“ objektiv von einem LLP-Gesellschafter verlangt werden kann, muss je nach Größe der Gesellschaft und des von ihr betriebenen Geschäfts differenziert werden.899 Von einem Gesellschafter einer kleinen LLP, die ohne ein anspruchsvolles Rechnungslegungssystem auskommt, kann auch nach objektiven Gesichtspunkten redlicherweise kaum derselbe Kenntnisstand verlangt werden wie von dem Gesellschafter eines großen Freiberuflerunterneh895 Section 214 (4) (a) IA 1986. Dabei sind nicht nur die von dem Gesellschafter tatsächlich wahrgenommenen, sondern alle ihm übertragenen Aufgaben relevant, section 214 (5) IA 1986; Whittaker/Machell, S. 242. 896 Section 214 (4) (b) IA 1986. 897 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 302 per Williamson QC; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020; Milman/Durrant, S. 230; Whittaker/Machell, S. 242 f.; Pennington, Company Law, S. 51; Keay/Walton, S. 525; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Doyle (1992) Comp. Law. 13 (5), 96, 97 f.; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 91, 95 ff. 898 Vgl. Re DKG Contractors Ltd [1990] B.C.C. 903, 912 per Weeks QC; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Goode, S. 470 f.; Finch, S. 512 f.; Fletcher, Rdn. 27020 f.; Pennington, S. 261. 899 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 594 per Knox J; Sealy/Milman, S. 226 f.; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 212; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 269.
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mens, bei dem jeder geschäftsrelevante Vorgang erfasst wird und bei dem die Informationen über die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft fortwährend auf den neuesten Stand gebracht werden.900 Gleichermaßen ist für den Kenntnisstand, der einem LLP-Gesellschafter nach objektiven Kriterien zugerechnet werden kann, dessen Einbeziehung in die Geschäftsleitung des Unternehmens von Bedeutung.901 Einem Gesellschafter, der sich aus der Führung der Geschäfte weitestgehend heraushält, kann auch bei Anlegung eines objektiven Maßstabs nicht dieselbe Kenntnis unterstellt werden wie einem Gesellschafter, der an jeder unternehmerischen Entscheidung mitwirkt.902 Ungeachtet dieser unterschiedlichen Kriterien im Einzelfall schafft der objektive Maßstab jedoch einen allgemeingültigen Mindeststandard, der unterschiedslos von jedem Gesellschafter einer LLP verlangt werden kann:903 Bei Übertragung der Spruchpraxis im company law werden die britischen Gerichte generell voraussetzen, dass jeder LLP-Gesellschafter zumindest Kenntnis von denjenigen Tatsachen hat, die aufgrund der gesetzlichen Bilanzierungspflichten zu Tage getreten sind oder hätten zu Tage treten müssen.904 Deswegen ist es den Gesellschaftern einer LLP versagt, einer persönlichen Haftung dadurch zu entgehen, dass sie ihre Augen vor der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft verschließen oder blauäugig auf eine Erholung des Unternehmens vertrauen und sich dann auf ihre Unwissenheit berufen.905
900 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 594 per Knox J; Sealy/Milman, S. 226 f.; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.25; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 212; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 269. 901 Vgl. Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 254 ff. per Park J; Sealy/Milman, S. 226 f. 902 Vgl. Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 254 ff. per Park J; Sealy/Milman, S. 226 f.; Gore-Browne, Rdn. 35.5.4; Totty/Moss, Rdn. B135; Whittaker/Machell, S. 243. 903 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 498 per Vinelott J; Re Oasis Merchandising Services Ltd [1995] B.C.C. 911, 918 per Walker J; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020; Pennington, S. 260; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (1), 16, 16. 904 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 498 per Vinelott J; Official Receiver v Doshi [2001] 2 B.C.L.C. 235, Ziff. 96 ff. per Hart J; Gower/Davies, S. 197; GoreBrowne, Rdn. 35.5.4; Whittaker/Machell, S. 243; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.26; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 212; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 269; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 151; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Lynch (1999) Ins. Law. 3, 119, 120 f.; Doyle (1992) Comp. Law. 13 (5), 96, 97 f.; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (1), 16, 16; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 98.
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Die zu section 214 IA 1986 ergangenen Urteile zeigen insoweit unmissverständlich auf, dass die Gerichte in Fällen, in denen zumindest eine akzeptable Rechnungslegung praktiziert wurde, eher bereit sind, Nachsicht gegenüber den betroffenen Personen zu zeigen.906 In erfolgreichen wrongful trading Entscheidungen hat die Rechtsprechung dagegen oftmals gerade die Missachtung bilanzrechtlicher Vorschriften zum Anlass für die persönliche Haftung genommen.907 Allgemein macht der in section 214 (4) (a) IA 1986 angelegte objektive Maßstab deutlich, dass eine etwa bestehende persönliche Unwissenheit nicht vor einer Inanspruchnahme wegen wrongful trading schützen kann. Hat ein Gesellschafter allerdings aufgrund seiner Stellung oder seiner Fähigkeiten besondere Kenntnisse, so werden die Anforderungen an ihn nicht nach objektiven Kriterien an dem allgemein von einem LLP-Gesellschafter zu erwartenden Kenntnisstand ausgerichtet. Vielmehr richten sich die Anforderungen in einem solchen Fall nach dem subjektiven Maßstab,908 der etwaige überdurchschnittliche Qualitäten berücksichtigt.909 Demnach kann das subjektive Element des kombiniert subjektiv-objektiven Tests die Anforderungen, die an die Kenntnis des in Frage kommenden Gesellschafters gestellt werden, nur erhöhen, nicht jedoch unter den objektiven Mindeststandard senken.910
905 Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 498 per Vinelott J; Official Receiver v Doshi [2001] 2 B.C.L.C. 235, Ziff. 96 ff. per Hart J; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Fletcher, Rdn. 27-020; Whittaker/Machell, S. 116 f.; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 212; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 269; Walters (2001) Ins. Law. 6, 211, 214; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 98. 906 So z. B. in Re Sherborne Associates Ltd [1995] B.C.C. 40; Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733; siehe Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 253; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 150 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 505. 907 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569; Re DKG Contractors Ltd [1990] B.C.C. 903; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491; Official Receiver v Doshi [2001] 2 B.C.L.C. 235; Finch, S. 514 f.; Gower/Davies, S. 197; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 150 f.; ders. (2001) Ins. Law. 6, 211, 214; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Lynch (1999) Ins. Law. 3, 119, 120 f.; Doyle (1992) Comp. Law. 13 (5), 96, 97 f.; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 98. 908 Section 214 (4) (b) IA 1986. 909 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 302 per Williamson QC; Sealy/Milman, S. 226; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/ Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020. 910 Vgl. Milman/Durrant, S. 230; Gower/Davies, S. 434; f.; Pennington, S. 261; Doyle (1992) Comp. Law. 13 (5), 96, 98.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
(b) Die Gegenmaßnahmen der Gesellschafter Auch hinsichtlich der Gegenmaßnahmen, die von einem LLP-Gesellschafter zu ergreifen sind, um in den Genuss der Ausnahmevorschrift nach section 214 (3) IA 1986 zu kommen, findet der kombiniert subjektiv-objektive Maßstab Anwendung.911 Deswegen kann auch insoweit weder die persönliche Inkompetenz noch ein unvernünftiger Zweckoptimismus des in Frage kommenden LLP-Gesellschafters – das sog. „ostrich syndrome“ –912 die Anforderungen an die von ihm zu treffenden Maßnahmen mildern.913 Der betreffende Gesellschafter muss unverändert alle Schritte ergreifen, die objektiv erwartet werden können, um die Gläubiger vor weiteren Verlusten zu schützen. Besondere Fähigkeiten eines LLP-Gesellschafters werden wiederum nach dem subjektiven Maßstab914 berücksichtigt, und erhöhen somit die Anforderungen an die von ihm zu treffenden Gegenmaßnahmen.915 Da „alle Maßnahmen“916 im Sinne von section 214 (3) IA 1986 wortwörtlich jedweden Schritt umfassen, dessen Ergreifen von der betreffenden Person erwartet werden kann, sind die Anforderungen an das Verhalten, aufgrund dessen das Gericht von einer persönlichen Inanspruchnahme absehen kann, vom Gesetzgeber äußerst hoch angesetzt worden.917 Genauen Aufschluss darüber, welche Maßnahmen insoweit erforderlich sind, enthält das Gesetz indessen nicht. Allerdings hat die Rechtsprechung diesbezüglich ihre Anforderungen in der Spruchpraxis zur company so weit konkretisiert, dass relativ klar abzusehen ist, welche Maßnahmen als objektive Mindestanforderung im Sinne von section 214 (3) und (4) IA 1986 von einem LLP-Gesellschafter verlangt werden können, um die Verluste der Gläubiger zu minimieren.918 911
Section 214 (4) IA 1986. Mit dem Bild des Vogel Strauss wird das Verhalten von Geschäftsleitern beschrieben, die die Geschäfte der Gesellschaft ungeachtet der Krise fortführen und auf bessere Zeiten hoffen, siehe etwa Milman (2004) J.B.L. Sept., 493, 498. 913 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 594 per Knox J; Re DKG Contractors Ltd [1990] B.C.C. 903, 912 per Weeks QC; Sealy/Milman, S 226; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.461; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-021; Doyle (1992) Comp. Law. 13 (5), 96, 98. 914 Section 214 (4) (b) IA 1986. 915 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 302 per Williamson QC; Sealy/Milman, S. 226; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/ Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020. 916 „[. . .] every step [. . .]“. Die ebenfalls debattierte mildere Formulierung „every reasonable step“ wurde im Parlament ausdrücklich abgelehnt, siehe Sealy/Milman, S. 226. 917 Sealy/Milman, S. 226; Totty/Moss, Rdn. B1-36, Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 91 f. Allerdings bleibt die Entscheidung über die Auferlegung einer persönlichen Haftung schlussendlich in das Ermessen des Gerichts gestellt. 912
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Unabhängig von der jeweiligen Beschaffenheit der Gesellschaft bzw. der Stellung des Gesellschafters innerhalb des Unternehmens werden es die Gerichte durchweg honorieren, wenn in einer finanziellen Krise der LLP externe Berater, insbesondere geprüfte Insolvenzfachleute (insolvency practitioners),919 seitens der Unternehmensleitung zu Rate gezogen werden und wenn deren Vorschläge im Hinblick auf zu ergreifende Maßnahmen vollständig und ernsthaft befolgt werden.920 So wurde etwa in der Entscheidung Re Continental Assurance Co of London,921 in der sämtliche Leitungsmitglieder einer Kapitalgesellschaft von dem Vorwurf des wrongful trading entlastet wurden, besonderer Wert darauf gelegt, dass zwei geprüfte insolvency practitioners in der Krise der Gesellschaft engagiert wurden, deren Vorgaben zu gläubigerschützenden Maßnahmen von den Mitgliedern der Unternehmensleitung auch zügig umgesetzt wurden. Einem mit dem Vorwurf des wrongful trading konfrontierten LLP-Gesellschafter wird es außerdem zugute kommen, wenn er auf die anderen an der Geschäftsführung beteiligten Personen einwirkt, gläubigerschützende Maßnahmen wie etwa die Beantragung des durch einen unabhängigen Verwalter geleiteten Verwaltungsverfahrens (administration), die Beantragung des Insolvenzverfahrens (insolvent liquidation) oder den Verkauf einzelner Unternehmensteile zu ergreifen.922 Auch die Einbringung und Umsetzung von Rationalisierungspro-
918 Ein Überblick über Maßnahmen, die eine Inanspruchnahme wegen wrongful trading unwahrscheinlich machen, findet sich bei Totty/Moss, Rdn. B1-36; bei Goode, S. 472 f., bei Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.29; bei Hicks (1993) Comp. Law. 14 (3), 55–60, bei Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 92 f. und unlängst bei Milman (2004) J.B.L. Sept., 493, 499 ff. Konkrete Anhaltspunkte sind außerdem dem Company Director’s Guide zu entnehmen, der vom Institute of Directors publiziert wird, siehe Renton/Watkinson, S. 310 ff. 919 Zur Bedeutung der insolvency practitioners, die häufig auch als „company doctors“ oder „insolvency doctors“ bezeichnet werden, Finch (2005) J.B.L. Nov., 690– 708. 920 Vgl. Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733; Liquidator of Marini v Dickensen [2003] E.W.H.C. 334; Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397; zu Fällen, in dem die Ratschläge außenstehender Wirtschaftprüfer ignoriert wurden, siehe Re GSAR Realisations Ltd [1993] B.C.L.C. 409; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491; Re Agriplant Services Ltd [1997] B.C.C. 842. Zur Bedeutung externer Berater siehe Sealy/Milman, S. 226; Totty/Moss, Rdn. B1-32, B1-36; Goode, S. 472 f.; Gower/Davies, S. 197, 220; Gore-Browne, Rdn. 35.5.4; Renton/Watkinson, S. 298, 312 f.; Whittaker/Machell, S. 243; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.27; Keay/Walton, S. 527; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 208; Cooke/Hicks (1993) J.B.L. Jul., 338, 340; Spence (2004) Ins. Int. 17 (1), 11, 12; Draper (1993) I.C.C.L.R. 4 (11), 400, 403 f.; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (3), 55, 55 f.; Levy (2002) I.C.C.L.R. 13 (7), 255, 258; Fidler (2001) I.L.P. 17 (6), 212, 213 ff.; Milman (2004) J.B.L. Sept., 493, 498. 921 [2001] B.I.P.R. 733; dazu Walters (2001) Ins. Law. 6, 211, 211 ff.; Fidler (2001) I.L.P. 17 (6), 212, 212 ff.
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grammen sowie Bemühungen, keine weiteren Verbindlichkeiten einzugehen, werden von den Gerichten positiv berücksichtigt werden.923 Selbst wenn diese Maßnahmen im Endeffekt nicht ausreichen sollten, den Anforderungen des Gerichts zu den Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift zu entsprechen, werden solche Bemühungen dennoch mildernd bei der Kalkulation der persönlichen Haftung berücksichtigt werden.924 Das bloße Ausscheiden aus der Gesellschaft wird dagegen in der Regel die Beurteilung der persönlichen Haftung eines LLP-Gesellschafters nicht positiv beeinflussen. Zum einen ist das Ausscheiden nach dem „moment of truth“ für die Entstehung der Haftung irrelevant, da section 214 (2) (c) IA 1986 nur darauf abstellt, dass die in Frage kommende Person im „Moment der Wahrheit“ Gesellschafter der LLP war.925 Zum anderen wirkt es sich, anders als es von section 214 (3) IA 1986 verlangt wird, auch nicht zum Vorteil der Gläubiger aus, wenn ein Gesellschafter, der um die negative finanzielle Lage der Gesellschaft weiß, diese „einfach im Stich lässt, ohne alle ihm möglichen Rettungsmaßnahmen zu ergreifen.“926 Eine bloße Geschäftseinstellung oder die Passivität der Gesellschafter wird vor diesem Hintergrund ebenso wenig als aktives Ausnutzen aller zur Verfügung stehenden Maßnahmen zum Gläubigerschutz gewertet werden können.927 (c) Bestimmung der Haftsumme In Anlehnung an die Tatbestandsvoraussetzungen von section 214 IA 1986 liegt es nahe, die persönliche Haftung eines LLP-Gesellschafters grundsätzlich an der Höhe der Gesellschaftsverbindlichkeiten zu bemessen, die ab dem „Moment der Wahrheit“ entstanden sind.928 Nach section 214 IA 1986 ist je922 Vgl. Palmer’s Company Law, Rdn. 15.461; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 472 f.; Fletcher, Rdn. 27-021; Renton/Watkinson, S. 310 ff.; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.29; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 214; Draper (1993) I.C.C.L.R. 4 (11), 400, 403 f.; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (3), 55, 55 f.; Milman (2004) J.B.L. Sept., 493, 500 ff. 923 Vgl. Palmer’s Company Law, Rdn. 15.461; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 472 f.; Fletcher, Rdn. 27-021; Renton/Watkinson, S. 310 ff.; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.29; Draper (1993) I.C.C.L.R. 4 (11), 400, 403 f.; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (3), 55, 55 f.; Milman (2004) J.B.L. Sept., 493, 500 ff. 924 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597, per Knox J; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 152. 925 Vgl. Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 252; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.461; Fletcher, Rdn. 27-015; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.22. 926 Vgl. Totty/Moss, Rdn. B1-36; Goode, S. 473; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.22; Draper (1993) I.C.C.L.R. 4 (11), 400, 404; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (3), 55, 58. 927 Vgl. Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 472; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.22; Keay/Walton, S. 528; Draper (1993) I.C.C.L.R. 4 (11), 400, 403 f.; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (3), 55, 56.
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doch die Entscheidung, in welcher Höhe des wrongful trading überführte Personen einen finanziellen Beitrag in das Gesellschaftsvermögen der LLP zu leisten haben, in das Ermessen des Gerichts gestellt.929 Obwohl der Rechtsprechung vom Gesetzgeber keine Vorgaben hinsichtlich der Verhängung der Haftsumme gemacht werden, legen die Gerichte in der insoweit einschlägigen Spruchpraxis zur company Wert darauf klarzustellen, dass die Haftung nach section 214 IA 1986 primär kompensatorische Funktion und keine Straffunktion hat.930 Deswegen ist der nach section 214 IA 1986 von LLP-Gesellschaftern zu leistende Betrag prima facie – wie in der Literatur gefordert –931 an den ab dem „moment of truth“ entstandenen Schulden der Gesellschaft auszurichten.932 Grundsätzlich ist für die Haftung gemäß section 214 IA 1986 somit der sog. „net deficiency test“ maßgebend, nach dem die Differenz der Vermögenssituation der Gesellschaft im „Moment der Wahrheit“ und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Eröffnung des Liquidationsverfahrens zu ermitteln ist.933 Verbindlichkeiten, die nur zufällig während dieser Periode entstanden sind, also nicht durch verspätetes Handeln der Gesellschafter bedingt sind, bleiben insoweit außer Betracht.934 Ungeachtet des grundsätzlich kompensatorischen Charakters von section 214 IA 1986 existieren im britischen Kapitalgesellschaftsrecht Entscheidungen, die 928 Vgl. Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460; Fletcher, Rdn. 27-019; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 215; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Levy (2002) I.C.C.L.R. 13 (7), 255, 258. 929 „[. . .] make such contributions [. . .] as the court thinks proper.“ Dieses nach dem Gesetz uneingeschränkte Ermessen wird auch von der Rechtsprechung betont, Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597, per Knox J; Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 95, 377 ff. per Park J; Sealy/Milman, S. 224; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460; Fletcher, Rdn. 27-019; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 99. 930 So in der grundlegenden Entscheidung zu section 214 IA 1986, Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597, per Knox J; siehe auch Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 499 per Vinelott J; Re DKG Contractors Ltd [1990] B.C.C. 903, 912 per Weeks QC; Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 579 per Chadwick LJ; Milman/Sealy, S. 224; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 99. 931 Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460; Fletcher, Rdn. 27-019; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37. 932 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597, per Knox J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 499 per Vinelott J; Re DKG Contractors Ltd [1990] B.C.C. 903, 912 per Weeks QC; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460; Goode, S. 475; Fletcher, Rdn. 27-019. 933 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597, per Knox J; Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 376 ff. per Park J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 499 per Vinelott J; Liquidator of Marini v Dickensen [2003] E.W.H.C. 334, Ziff. 68 per Seymour QC; dazu die Anmerkung von Spence (2004) Ins. Int. 17 (1), 11, 12; Levy (2002) I.C.C.L.R. 13 (7), 255, 257.
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bei der Bestimmung der Höhe der Haftung in gewissem Maße berücksichtigen, inwieweit der jeweiligen Person ihr Fehlverhalten aus moralischen Gesichtspunkten persönlich vorwerfbar ist.935 Danach kann – abhängig von der Schwere der Verfehlung – die Inanspruchnahme der betreffenden LLP-Gesellschafter im Einzelfall höher oder niedriger ausfallen, selbst wenn die in dem relevanten Zeitraum entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft identisch sind. Bei der Festlegung der Haftsumme berücksichtigen die Gerichte als „mildernde Umstände“ auch etwaige – im Rahmen von section 214 (3) IA 1986 als unzureichend erachtete – Versuche, haftungsausschließende gläubigerschützende Maßnahmen zu ergreifen.936 Gleichermaßen werden die Gesellschafter davon profitieren, wenn die entstandenen Verluste der LLP nicht auf eigennützigen Entnahmen beruhen,937 wenn sie lediglich aufgrund von persönlicher Inkompetenz, nicht jedoch unaufrichtig gehandelt haben, und wenn sie weder die Gläubiger getäuscht noch die Wahrheit beschönigt haben.938 Vorsätzliche Verfehlungen erhöhen dagegen regelmäßig die persönliche Haftung.939 Allerdings hat der Court of Appeal diese Spruchpraxis unlängst eingeschränkt, indem er betont hat, den Gerichten komme im Hinblick auf fraudulent trading Verfehlungen keine Befugnis zu, bei der Festlegung der Haftsumme punitive Elemente zu berücksichtigen.940 Entscheidend für die zivilrechtliche Haftung sei allein der von den Gläubigern erlittene Schaden.941 Zu Strafzwecken sei dagegen auf die strafrechtliche Norm des fraudulent trading in section 458 CA 1985 zurückzugreifen.942 Für section 214 IA1986, die richtigerweise als gesetzgeberische Reaktion auf die erkannten Unzulänglichkeiten von section 213 934 So z. B. Verluste wegen ungünstiger Wetterlage, Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 304 per Williamson QC; Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 379 per Park J. 935 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597, per Knox J; Finch, S. 514; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 152; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 505; Godfrey/Nield (1995) I.L.P. 11 (5), 139–140; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 14. 936 Vgl. Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 304 per Williamson QC; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460; Finch, S. 514; Fletcher, Rdn. 27019; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 152 f.; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 14. 937 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597 f. per Knox J; Finch, S. 514; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 14. 938 Vgl. Re Sherborne Associates Ltd [1995] B.C.C. 40; Finch, S. 514; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 14. 939 Vgl. Finch, S. 514; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 14. 940 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. b) cc) (3). Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 579 per Chadwick LJ; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70. 941 Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 579 per Chadwick LJ; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.3; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70. 942 Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 579 per Chadwick LJ; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.456.3; Jones (2003) Ins. Int. 16 (9), 69, 70.
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IA 1986 zu verstehen ist,943 kann insoweit nichts anderes gelten.944 Willentliches oder absichtliches Fehlverhalten kann demnach keinen Grund liefern, die persönliche Inanspruchnahme eines LLP-Gesellschafters zu verschärfen. Die Möglichkeit, „mildernder Umstände“ zu berücksichtigen, wie etwa ernsthafte Versuche zur Reduzierung der von den Gläubigern erlittenen Verluste, dürfte dadurch aber nicht beeinträchtigt werden. cc) Bewertung von section 214 IA 1986 Als 1986 der Tatbestand des wrongful trading in Großbritannien eingeführt wurde, ist dieser Schritt in der Lehre wie in der Praxis als Quantensprung im britischen Kapitalgesellschaftsrecht begrüßt worden.945 Section 214 IA 1986 wurde gemeinhin als die lang ersehnte Möglichkeit gesehen, den Schutz der Interessen der Gesellschaftsgläubiger und der Allgemeinheit zu verbessern,946 einen Minimalstandard für das Verhalten der Leitungsorgane von Kapitalgesellschaften einzuführen,947 und ein Abschreckungsinstrument gegen den Missbrauch des Prinzips der limited liability zu schaffen.948 Insoweit sollte das neue Konzept die richtige Balance finden zwischen den berechtigten Interessen der Unternehmer und einem angemessenen Gläubigerschutz.949 Hinsichtlich ihrer wesentlichen Haftungsvoraussetzungen scheint section 214 IA 1986 diesen Anforderungen sowohl für die company als auch für die LLP gerecht zu werden.950 Durch die Anwendung des ausgeklügelten kombiniert subjektiv-objektiven Tests951 in der Spruchpraxis der Gerichte ist für das Ver943 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1776–1806; siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. c) aa). 944 So auch Milman/Sealy, S. 224; Gore-Browne, Rdn. 35.5.6. 945 Siehe Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 277, der die Einführung von section 214 IA 1986 als „[. . .] one of the most important developments in company law in this century [. . .]“ begrüßt hat; Finch, S. 512; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 146; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 205 f., 222; Schulte (1999) Comp. Law. 20 (3), 80, 80; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 2. 946 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1778 ff.; Finch, S. 512; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 146; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 277. 947 Re Oasis Merchandising Services Ltd [1995] B.C.C. 911, 918 per Walker J. 948 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1778 ff.; Finch, S. 512; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 146; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 205 f.; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 277; Schulte (1999) Comp. Law. 20 (3), 80, 81; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 2. 949 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1805, Finch, S. 513; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 146. 950 So sieht z. B. Hicks section 214 IA 1986 von ihrer Konzeption her als „[. . .] appropriately balanced [. . .]“ an, Hicks (2001) J.B.L. Sep., 433, 456. 951 Section 214 (4) IA 1986.
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halten der Leitungsorgane eines Unternehmens in der Krise ein objektiver Mindeststandard geschaffen worden, dessen Missachtung die betroffenen Personen unweigerlich der Gefahr einer persönlichen Haftung aussetzt.952 Ausgeschlossen werden kann eine persönliche Inanspruchnahme durch gerichtliche Verfügung nur, soweit dargelegt werden kann, dass die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift erfüllt worden sind.953 Da die Rechtsprechung auch hinsichtlich der Gegenmaßnahmen, die zur Minimierung der Verluste der Gläubiger getroffen werden müssen, objektive Mindestanforderungen festgelegt hat, wird auch insoweit ein Minimalstandard geschaffen, der die Interessen der Gesellschaftsgläubiger berücksichtigt.954 (1) Schwächen von section 214 IA 1986 Trotz der vorgenannten Vorzüge sind die Rechtsgrundsätze des wrongful trading nicht frei von Schwächen. Die Mängel von section 214 IA 1986 werden zum Teil als so erheblich erachtet, dass ein Verfahren nach dieser Vorschrift nicht selten als eher stumpfe Waffe bezeichnet wird, die nur schwerlich geeignet ist, das gewünschte Maß an Gläubigerschutz bei der company oder bei der LLP zu gewährleisten.955 Teilweise wird insoweit geltend gemacht, die geringe Zahl der seit 1986 im Kapitalgesellschaftsrecht entschiedenen wrongful trading Verfahren mache deutlich, dass section 214 IA 1986 keinen effektiven Gläubigerschutz gewährleisten könne.956 Die Anzahl der ergangenen Entscheidungen lässt aber nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Effektivität von section 214 1986 zu. Ein Mangel an Entscheidungen muss nämlich nicht gleichbedeutend sein mit dem Versagen der Vorschrift.957 Vielmehr können wenige Gerichtsverfahren auch ein Anzeichen dafür 952 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 594 per Knox J; Re Oasis Merchandising Services Ltd [1995] B.C.C. 911, 918 per Walker J; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 29, 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; vgl. Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 103. 953 Section 214 (3), (4) IA 1986. 954 Vgl. Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 258 per Park J; Liquidator of Marini v Dickensen [2003] E.W.H.C. 334, Ziff. 69 per Seymour QC; Sealy/Milman, S. 226; Totty/Moss, Rdn. B1-32, B1-36; Goode, S. 472 f.; Cooke/ Hicks (1993) J.B.L. Jul., 338, 340; Spence (2004) Ins. Int. 17 (1), 11, 12. 955 Vgl. Fletcher, Rdn. 27-024; Finch, S. 515; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 148 f.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 36 f.; Hicks (2001) J.B.L. Sep., 433, 456 f.; Schulte (1999) Comp. Law. 20 (3), 80, 81, 88; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 2; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 388 ff.; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 474 f. 956 Finch, S. 513; Godfrey/Nield (1995) I.L.P. 11 (5), 139, 140; Cook (1999) Ins. Law 3, 99, 99 ff.; Hicks (1993) I.L.P. 8 (5), 134, 134 ff.; Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 180.
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sein, dass die betreffende Norm vor dem entsprechenden Fehlverhalten wirksam abschreckt, so dass Zuwiderhandlungen von vornherein unterbunden werden.958 (a) Beschränkung des Antragsrechts Als Schwäche von section 214 IA 1986 wird es gemeinhin angesehen, dass das Antragsrecht für eine gerichtliche Verfügung wegen wrongful trading – anders als im Cork Report vorgeschlagen –959 nur dem Insolvenzverwalter einer zahlungsunfähigen Gesellschaft zusteht.960 Diese Beschränkung des Antragsrechts kollidiert nach verbreiteter Auffassung in mehrfacher Hinsicht mit den berechtigten Interessen der Gläubiger: Weil ausschließlich der im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bestellte liquidator einen Antrag wegen wrongful trading stellen kann, haben die Gläubiger keine Möglichkeit, in alternativen Verfahren961 über section 214 IA 1986 die Rückerstattung oder den Versuch der Rückerstattung ihrer Forderungen zu betreiben, sobald sie die Krise des Unternehmens erkennen. Vielmehr sind sie gezwungen, mit ihren Bemühungen bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft abzuwarten. Gerade bei umfangreichen Verbindlichkeiten kann diese zeitliche Verzögerung die betreffenden Gläubiger in erhebliche finanzielle Bedrängnis bringen. Eine gewisse Beschleunigung des Prozesses ist den Gesellschaftsgläubigern nur dadurch möglich, dass sie ihrerseits nach sections 124 (1), 122 (1) (d), 123 (1) (a) oder (e) IA 1986 einen Antrag auf Eröffnung des zwangsweisen Insolvenzerfahren (winding up by the court oder compulsory winding up) stellen, innerhalb dessen der nach sections 135 bis 140 IA 1986 bestellte liquidator wegen wrongful trading tätig werden kann.962 Aber selbst dann verstreicht bis zur letztendlichen Entscheidung des Gerichts regelmäßig ein so langer Zeitraum, dass die Interessen der Gläubiger erheblich beeinträchtigt werden. 957
So auch Pettet, S. 36; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 115. So auch Pettet, S. 36; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 115. 959 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1792. 960 Section 214 (1) IA 1986; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 148; Griffin, S. 78 f.; ders. (2002) Ins. Law. 2, 32, 36; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 389. 961 Andere Verfahren sind etwa das insolvenzrechtliche Verwaltungsverfahren (administration) und das traditionelle Verwertungsverfahren einer floating charge (administrative receivership). Allgemein dazu und zu den jüngsten Rechtsänderungen durch den EA 2002 siehe Gower/Davies, S. 840 ff. 962 Die Normen des IA 1986 finden insoweit unter lediglich unwesentlicher Modifikation auf die LLP Anwendung, reg. 5 LLP Regulations. Allein der für eine gerichtliche Verfügung erforderliche Insolvenzgrund, dass die LLP unfähig ist, ihre Schulden zu begleichen („[. . .] unable to pay its debts“), findet sich für die Hybride in section 122 (1) (e) IA 1986 und nicht wie für die company in section 122 (1) (f) IA 1986. 958
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Die Beschränkung des Antragsrechts nach section 214 IA 1986 auf das Insolvenzverfahren birgt zudem die Gefahr, dass die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der verantwortlichen Personen für bestimmte Sachverhalte von vornherein ausgeschlossen ist. Ist etwa eine Gesellschaft infolge von Maßnahmen, die zur Haftung wegen wrongful trading führen, bei Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollkommen vermögenslos, so ist es durchaus denkbar, dass das zuständige Gericht963 dies unter anderem zum Anlass nehmen wird, die Eröffnung des Verfahrens abzulehnen, so dass einem Verfahren nach section 214 IA 1986 jegliche Grundlage entzogen ist.964 Überdies ist die Eingrenzung des Antragsrechts nach section 214 IA 1986 auf den liquidator dann kaum sachgerecht, wenn der größte Teil der Gesellschaftsverbindlichkeiten nur einem oder wenigen Gläubigern geschuldet wird. Gerade in einer solchen Situation erscheint es unangemessen, dass diejenigen Personen, die das größte wirtschaftliche Interesse an einer Aufklärung der betreffenden Vorgänge haben, bei der Vornahme rechtlicher Schritte wegen wrongful trading zwingend vom Willen des Insolvenzverwalters abhängen, einen Antrag nach section 214 IA 1986 zu stellen.965 Dies gilt umso mehr, als die Gläubiger ihrerseits keine Möglichkeit haben, den liquidator bindend zum Tätigwerden gegen die Verantwortlichen zu veranlassen.966 (b) Exakte Bestimmung des „Moments der Wahrheit“ Eine zweite Schwäche, die nach verbreiteter Auffassung einen effektiven Gläubigerschutz durch section 214 IA 1986 in Frage stellt, besteht in dem Erfordernis, den „Moment der Wahrheit“ genau zu bestimmen, ab dem die persönliche Haftung des jeweiligen Gesellschafters grundsätzlich eintritt.967
963 Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 964 Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 36; Williams/McGee (1993) Ins. Law. 7, 2, 2. Allerdings soll allein die Tatsache, dass die Gesellschaft kein Vermögen besitzt nicht ausreichen, um einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens abzulehnen, section 125 (1) IA 1986; siehe Palmer’s Company Law, Rdn. 15.237.2; Goode, S. 116. 965 Vgl. Griffin, S. 92; ders. (2002) Ins. Law. 2, 32, 36. 966 Vgl. Griffin, S. 92; ders. (2002) Ins. Law. 2, 32, 36. Die neue Regel in para. 3A Sch. 4 IA 1986, der durch section 253 EA 2002 eingeführt wurde, macht zwar die Durchführung des Verfahrens von der Zustimmung der Gläubiger oder des Gerichts abhängig. Eine Möglichkeit, den liquidator zum Handeln zu zwingen, existiert indessen nicht. 967 Vgl. Keay/Walton, S. 527; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 149; Oditah (1990) L.M.C.L.Q. 2, 205, 207–211; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 104 ff.; Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 188.
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Die Bestimmung dieses Zeitpunkts erweist sich für den zuständigen Insolvenzverwalter aufgrund von Beweisschwierigkeiten häufig als äußerst diffizil. Denn der liquidator ist bei Übertragung der Rechtsprechung zur company gezwungen, im Nachhinein anhand einer hypothetischen ex-post Sicht darzulegen, ab wann ein umsichtiger LLP-Gesellschafter die Unabwendbarkeit der Insolvenz vorhergesehen hätte, ohne dabei sein eigenes womöglich besseres nachträgliches Wissen berücksichtigen zu dürfen.968 Kaum lösbar erscheint die Bewältigung dieser Aufgabe insbesondere dann, wenn die Kenntnis oder unterstellte Kenntnis der Gesellschafter nicht anhand der Bücher der Gesellschaft ermittelt werden kann,969 was aber bei insolventen Gesellschaften keinen Ausnahmefall darstellt. Da sich der im Fall einer gerichtlichen Anordnung zu leistende Ersatz im Wesentlichen nach den ab dem „Moment der Wahrheit“ entstandenen Gesellschaftsverbindlichkeiten bemisst,970 wird der liquidator regelmäßig bestrebt sein, den Zeitpunkt, in dem die Krise erkennbar wurde, möglichst früh anzusetzen.971 Bei diesem Unterfangen wird er indessen die allergrößte Vorsicht walten lassen müssen, weil die Bestimmung des falschen Zeitpunkts nach der einschlägigen Rechtsprechung unweigerlich eine Ablehnung des Antrags gemäß section 214 (1) IA 1986 nach sich zieht.972 Ein Offenlassen oder eine nachträgliche Ersetzung des ursprünglich gewählten Zeitpunkts durch einen späteren Termin ist nicht statthaft, so dass der Gläubigerschutz nach section 214 IA 1986 unumstößlich mit der exakten Fixierung des „Moments der Wahrheit“ steht und fällt.973 968 Vgl. Re Sherborne Associates Ltd [1995] B.C.C. 40, 42, 54 per Jack QC; Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 303 per Williamson QC; Sealy/Milman, S. 226; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 149; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 475. 969 Vgl. Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 149; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13. 970 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 597, per Knox J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 499 per Vinelott J; Re DKG Contractors Ltd [1990] B.C.C. 903, 912 per Weeks QC; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460; Goode, S. 475; Fletcher, Rdn. 27-019. 971 Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; vgl. Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 107. 972 Vgl. Re Sherborne Associates Ltd [1995] B.C.C. 40, 42, 54 f. per Jack QC; Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 303 per Williamson QC; Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 99 per Park J; Sealy/Milman, S. 226; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 149; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 2; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 105. 973 Vgl. Re Sherborne Associates Ltd [1995] B.C.C. 40, 42 per Jack QC; Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 303 per Williamson QC; Sealy/ Milman, S. 226; Keay/Walton, S. 527; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 149; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 2.
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Hat der Insolvenzverwalter keine ausreichenden Anhaltspunkte, um den entsprechenden Termin genau zu bestimmen, wird er selbst in Fällen, in denen ein Fehlverhalten nahe liegt, geneigt sein, von einer Verfahrenseinleitung ganz abzusehen oder aber einen späten Zeitpunkt zu wählen, was regelmäßig zu einem niedrigeren Haftungsbetrag des mit Erfolg in Anspruch genommenen LLP-Gesellschafters führt. Aufgrund dessen läuft das gegenwärtige Konzept des wrongful trading Gefahr, in Einzelfällen besonders pflichtwidrig handelnde LLP-Gesellschafter zu privilegieren, weil über deren Kenntnisstand zu einem bestimmten – regelmäßig frühen – Zeitpunkt aufgrund schlecht oder überhaupt nicht geführter Bücher häufig keine genaue Aussage getroffen werden kann. (c) Finanzierung von wrongful trading Verfahren Ungeachtet der beiden vorgenannten Unzulänglichkeiten eines wrongful trading Verfahrens wurde bislang die effektive Wahrnehmung der Gläubigerinteressen nach allgemeiner Ansicht in erster Linie durch Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Finanzierung von Verfahren nach section 214 IA 1986 beeinträchtigt.974 Nach der Spruchpraxis der Gerichte im company law975 war es dem Insolvenzverwalter bisher verwehrt, seine im Rahmen des Verfahrens gemachten Auslagen als Kosten der Liquidation (liquidation expenses) bevorrechtigt aus dem Gesellschaftsvermögen ersetzt zu verlangen.976 Dies galt in erster Linie für gescheiterte wrongful trading Anträge.977 Teilweise ist dies aber auch für erfolgreiche Verfahren nach section 214 IA 1986 angenommen worden.978 Als Konsequenz mussten die zuständigen Insolvenzverwalter befürchten, schlussendlich als herkömmliche Massegläubiger mit ihren Forderungen auszufal974 Gower/Davies, S. 199 f.; Goode, S. 29, 476; Fletcher, Rdn. 27-024; GoreBrowne, Rdn. 35.5.4; Keay/Walton, S. 530; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 153 ff., 159; Tolmie, S. 375 ff.; dies. (2003) Ins. Law 4, 153, 153 f.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Schulte (1999) Comp. Law. 20 (3), 80, 81; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 389; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 107, Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 181. 975 Re MC Bacon (No 2) [1996] B.C.L.C. 609; Re Oasis Merchandising Services Ltd [1995] B.C.C. 911; Re Floor Fourteen Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 392; Katz v McNally [1997] B.C.C. 784; Re Ayala Holdings (No 2) [1996] B.C.L.C. 467; Mond v Hammond Suddards [1999] 3 W.L.R. 697; Lewis v Inland Revenue Commissioners [2001] 3 All E.R. 499. 976 Goode, S. 476; Fletcher, Rdn. 27-024; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 153 ff.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Schulte (1999) Comp. Law. 20 (3), 80, 81; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 390. 977 Re MC Bacon (No 2) [1996] B.C.L.C. 609; Mond v Hammond Suddards [1999] 3 W.L.R. 697; Katz v McNally [1997] B.C.C. 784; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 896; Fletcher, Rdn. 27-024; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 153 f.; Tolmie, S. 377 f.; dies. (2003) Ins. Law 4, 153, 153 ff.
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len.979 Weil Gesellschaften, die Gegenstand eines wrongful trading Verfahrens sind, nach den Tatbestandsvoraussetzungen von section 214 IA 1986 stets zahlungsunfähig sind,980 konnte der liquidator im Regelfall nicht mit der Erstattung von in einem solchen Verfahren entstandenen Kosten rechnen. Da es einem liquidator, der ein wrongful trading Verfahren einleitete, ebenso wenig möglich war, die zu erwartenden Zahlungen der verantwortlichen Personen aus einem solchen Verfahren an einen die Verfahrenskosten übernehmenden Dritten abzutreten,981 wurde selbst bei guten Aussichten für die Feststellung eines nach section 214 IA 1986 relevanten gläubigerschädigenden Verhaltens oftmals von einer Verfahrenseinleitung abgesehen.982 Der Grund für die fehlende Privilegierung der Kosten des Insolvenzverwalters in einem solchen Verfahren und die fehlende Befugnis zur Veräußerung oder Abtretung der wegen wrongful trading gerichtlich angeordneten Zahlungen liegt darin, dass die gerichtlich auferlegte Pflicht zur Vornahme persönlicher Beiträge in das Gesellschaftsvermögen nach section 214 IA 1986 nicht als Vermögensgegenstand der LLP angesehen wird. Einerseits kommen die Zahlungen letzthin nicht der Gesellschaft, sondern den Gesellschaftsgläubigern zugute.983 Andererseits bestimmt section 214 IA 1986 den Insolvenzverwalter zum ausschließlichen Herrn von wrongful trading Verfahren, so dass die Gesellschaft nicht als Inhaberin von Ersatzforderungen nach section 214 IA 1986 angesehen werden kann.984 978 Re Floor Fourteen Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 392; Lewis v Inland Revenue Commissioners [2001] 3 All E.R. 499; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 896 f.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37 ff., Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 390. 979 Goode, S. 476; Fletcher, Rdn. 27-024; Tolmie, S. 376 ff.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Schulte (1999) Comp. Law. 20 (3), 80, 81; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 390; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 108. 980 Section 214 (2) (a) IA 1986. 981 Nach para. 6 Sch. 4 IA 1986; Re Oasis Merchandising Services Ltd [1995] B.C.C. 911; Re Ayala Holdings Ltd (No 2) [1996] 1 B.C.L.C. 467; Goode, S. 476; Fletcher, Rdn. 27-025; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 156 f.; Parry, Rdn. 26.19; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37, 40; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 391; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 110. 982 Etwas anderes galt in Fällen, in denen es dem zuständigen Verwalter möglich war, im Vorhinein vertragliche Abreden mit den Gesellschaftsgläubigern zu treffen, aufgrund derer er seine Auslagen ersetzt erhielt. Fletcher, Rdn. 27-024 schlägt insoweit das Aufbauen einer „Kriegskasse“ vor, in die die Gläubiger Beiträge leisten. 983 Re MC Bacon (No 2) [1996] B.C.L.C. 609; Re Oasis Merchandising Services Ltd [1995] B.C.C. 911; Re Floor Fourteen Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 392; Mond v Hammond Suddards [1999] 3 W.L.R. 697; Lewis v Inland Revenue Commissioners [2001] 3 All E.R. 499. 984 Re MC Bacon (No 2) [1996] B.C.L.C. 609; Re Oasis Merchandising Services Ltd [1995] B.C.C. 911; Re Floor Fourteen Ltd [2001] 2 B.C.L.C. 392; Mond v Hammond Suddards [1999] 3 W.L.R. 697; Lewis v Inland Revenue Commissioners [2001] 3 All E.R. 499.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Folgerichtig konnten Ausgaben, die im Zusammenhang mit Verfahren wegen wrongful trading gemacht wurden, auch nicht als Kosten betrachtet werden, die „[. . .] ordnungsgemäß vom Insolvenzverwalter aufgenommen worden sind im Zusammenhang mit der Erhaltung, Verwertung oder Inbesitznahme von Vermögensgegenständen der Gesellschaft.“985 Nach rule 4.218 (1) (a) IR 1986 wurden aber bislang nur derartige Ausgaben als liquidation expenses bevorrechtigt aus dem Gesellschaftsvermögen erstattet.986 Gleichermaßen war eine Abtretung der zukünftigen Früchte des Verfahrens an Dritte nicht möglich, weil sich das Recht des liquidators zur Veräußerung von Vermögensgegenständen aus para. 6 Sch. 4 IA 1986 nur auf „[. . .] Vermögensgegenstände der Gesellschaft [. . .]“987 bezieht. Angesichts der massiven Kritik an dieser äußerst unbefriedigenden Situation988 ist der Wortlaut von rule 4.218 (1) (a) IR 1986 inzwischen durch die Insolvency Amendment (No 2) Rules 2002989 dahingehend geändert worden, dass nunmehr auch solche Ausgaben zu den privilegierten Kosten der Liquidation zählen, die ihren Ursprung in einem rechtlichen Verfahren haben, das der liquidator aufgrund seiner Befugnisse im Namen der Gesellschaft oder im eigenen Namen führen kann.990 Abgesichert wird diese Regelung durch para. 3A Sch. 4 IA 1986, der durch section 253 EA 2002 neu geschaffen wurde.991 Neben anderen Verfahren macht diese Vorschrift auch die Einleitung eines wrongful trading Verfahrens durch den liquidator von der Zustimmung der Gläubiger oder des Gerichts abhängig.992 985 Rule 4.218 (1) (a) IR 1986 (alte Fassung), „expenses properly chargeable or incurred by the official receiver or the liquidator in preserving realising or getting in any of the assets of the LLP“. 986 Die IR 1986 gelten für die LLP, da sie aufgrund der Ermächtigung in section 411 IA 1986 erlassen wurden. Diese Norm findet auch auf die LLP Anwendung. 987 „[. . .] the company’s property [. . .]“. 988 Gower/Davies, S. 198 f.; Goode, S. 476; Fletcher, Rdn. 27-024; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 153 ff., 159; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 37; Schulte (1999) Comp. Law. 20 (3), 80, 81, 88; Simmons (2001) Ins. Int. 14 (2), 12, 13; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 389; Tolmie (2003) Ins. Law. 4, 153, 153. 989 Statutory Instrument (2002/2712). 990 Rule 23 Insolvency Amendment (No 2) Rules 2002, hat den Wortlaut von rule 4.218 (1) (a) IR 1986 wie folgt geändert: „expenses or costs which [. . .] are otherwise relating to the conduct of any legal proceedings which he has the power to bring or defend whether in his own name or the name of the company“. Die Regelung ist am 1. Januar 2003 in Kraft getreten. 991 Diese Regelung ist am 15. September 2003 in Kraft getreten, siehe dazu Sealy/ Milman, S. 560. 992 Dies ist das gleiche Gericht, das auch über den Antrag nach section 214 IA 1986 entscheidet, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist.
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Nach der Explanatory Note zu den Insolvency Amendment (No 2) Rules 2002993 und nach den ersten Stimmen in der Literatur zu der erfolgten Rechtsänderung994 sind aufgrund der neuen rule 4.218 (1) (a) IR 1986 alle mit einem Verfahren nach section 214 IA 1986 verbundenen Kosten des Insolvenzverwalters aus dem Gesellschaftsvermögen der LLP zu ersetzen, und zwar unabhängig davon, ob das Verfahren erfolgreich war oder nicht. Dementsprechend haben die Schwierigkeiten zur Finanzierung von wrongful trading Verfahren als ehemals größte Schwäche von section 214 IA 1986 seit Inkrafttreten der Novelle am 1. Januar 2003995 ihre abschreckende Wirkung verloren, so dass in Zukunft eine größere Bereitschaft der Insolvenzverwalter zu erwarten ist, Verfahren nach section 214 IA 1986 durchzuführen. Damit ist gleichzeitig zu erwarten, dass section 214 IA 1986 als Gläubigerschutzmaßnahme sowohl im Recht der LLP als auch im Recht der company in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen wird.996 (2) Reform von section 214 IA 1986 Um section 214 IA 1986 zu einem noch effektiveren Instrument des Gläubigerschutzes zu machen und die Gesellschafter einer LLP nachhaltiger vor gläubigerschädigendem Verhalten in der Krise des Unternehmens abzuschrecken, sollten auch die übrigen erkannten Schwächen des wrongful trading behoben werden. In diesem Zusammenhang wäre es in Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Cork Committee997 ratsam, die Beschränkung der Verfahrenseinleitung auf den liquidator aufzuheben, und den Gesellschaftsgläubigern ein eigenes Antragsrecht einzuräumen. Um jedoch eine Flut von unnötigen Anträgen zu vermeiden, sollte dieses Recht auf Fälle beschränkt werden, in denen der betreffende Gläubiger aufgrund der Höhe seiner Forderung ein erhebliches Interesse an der Verfahrenseinleitung hat. Diesem Anliegen könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass ein Gläubiger nur dann zur Antragstellung berechtigt wird, wenn das jeweilige Engagement einen erheblichen Teil der Verbindlichkeiten des insolventen Unternehmens umfasst. Außerdem könnte der Gefahr vielfacher paralleler Anträge dadurch vorgebeugt werden, dass die Verfahrens-
993
Diese ist dem Statutory Instrument (2002/2712) als Anhang beigefügt. Vgl. Sealy/Milman, S. 141, 899; Gore-Browne, Rdn. 35.5.4 Fn. 216; Tolmie, S. 379; dies. (2003) Ins. Law. 4, 153–156; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 6.; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 112 f. 995 Gemäß rule 1 Insolvency Amendment (No 2) Rules 2002. 996 Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 115; ähnlich Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 181. 997 Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1784 ff. 994
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
einleitung durch Gesellschaftsgläubiger auf solche Fälle beschränkt bleibt, in denen der Insolvenzverwalter sich weigert, seinerseits einen Antrag nach section 214 IA 1986 zu stellen. Anders als bisher sollte der Tatbestand des wrongful trading dabei allerdings nicht auf das Liquidationsverfahren beschränkt bleiben. Vielmehr sollte section 214 IA 1986 in Anlehnung an die Vorschläge im Cork Report998 auch im insolvenzrechtlichen Verwaltungsverfahren (administration) und im bislang traditionellen Verwertungsverfahren einer floating charge999 (administrative receivership)1000 Anwendung finden, um auch dort dem Missbrauch des Prinzips der limited liability entgegenzuwirken. Hinsichtlich des Erfordernisses, den exakten Zeitpunkt des „moment of truth“ für eine Haftung der Gesellschafter festzulegen, sollte eine Regelung eingeführt werden, die nicht zwangsläufig zur Zurückweisung eines Antrags nach section 214 IA 1986 führt, wenn der vom Antragsteller angenommene Termin nicht exakt dem vom Gericht festgestellten Zeitpunkt entspricht. Eine solche Regelung könnte beispielsweise vorsehen, dass es ausreicht, wenn der Antrag den „Moment der Wahrheit“ innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor oder nach dem gerichtlich festgelegten Datum fixiert. Dadurch würde die ohnehin überaus diffizile Aufgabe, im Nachhinein aufgrund einer Hypothese den für die Auslösung der Haftung entscheidenden Zeitpunkt zu bestimmen, erheblich erleichtert, wodurch schlussendlich die Bedeutung von section 214 IA 1986 als gläubigerschützendes Instrument in der Praxis verbessert würde. (3) Fazit Eine Erweiterung des Kreises der nach section 214 IA 1986 antragsberechtigten Personen und des Anwendungsbereichs von section 214 IA 1986 auf die 998
Cork Report, Kapitel 44, Ziff. 1784 ff. Eine floating charge ist ein Sicherungsmittel, für das im deutschen Recht keine Entsprechung existiert. Sie wird in der Regel an allen gegenwärtigen und zukünftigen Vermögensgegenständen des Sicherungsgebers (floating chargor) bestellt. Wie bei einem besitzlosen Pfandrecht darf der Sicherungsgeber einer floating charge weiterhin über die unter die floating charge fallenden Gegenstände verfügen. Im Verwertungsfall konkretisiert sich die floating charge auf diejenigen Gegenstände, die zu diesem Zeitpunkt im Eigentum des Sicherungsgebers stehen (crystallisation). Allgemein dazu und zu den jüngsten Rechtsänderungen durch den EA 2002 siehe Gower/Davies, S. 818 ff. 1000 Die Umstände, unter denen die Verwertung einer nach Inkrafttreten des EA 2002 am 15. September 2003 vereinbarten floating charge weiterhin im Wege des administrative receivership betrieben werden kann, sind durch den EA 2002 ganz erheblich eingeschränkt worden. An die Stelle des administrative receivership ist weitgehend das Verfahren der administration getreten. Siehe dazu etwa Gower/Davies, S. 840 ff.; Foster (2003) Ins. Law. 5, 174–185; Finch (2003) J.B.L. Nov., 527–557; Walters (2004) Comp. Law. 25 (1), 1; Frisby (2004) M.L.R. 67 (2), 251–268; Simmons (2004) J.B.L. Jul., 423–436. 999
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administration und das administrative receivership sowie eine Lockerung der Anforderung hinsichtlich der Bestimmung des „Moments der Wahrheit“ würden die gegenwärtigen Schwächen des wrongful trading beheben und eine effektivere Anwendung der Norm im Sinne des Gläubigerschutzes gewährleisten. Ungeachtet dieser weitergehenden Reformvorschläge bleibt jedoch hervorzuheben, dass section 214 IA 1986 unlängst ihre ehemals größte Schwäche verloren hat. Die neue rule 4.218 (1) (a) IR 1986 hat seit ihrer Einführung die Schwierigkeiten zur Finanzierung von wrongful trading Verfahren endgültig beseitigt. Schon deshalb kann section 214 IA 1986 in ihrer gegenwärtigen Fassung nicht mehr als stumpfe Waffe des antragsberechtigten liquidators diskreditiert werden. Vielmehr darf zu Recht erwartet werden, dass wrongful trading Verfahren nunmehr, so wie es von Anfang an bezweckt war, im Fall der company wie im Fall der LLP zu einer wirksamen Waffe gegen gläubigerschädigendes Verhalten werden. Ein Indiz dafür, dass das Konzept von section 214 IA 1986 auch international als vorbildlich angesehen wird,1001 liefert nicht zuletzt die Tatsache, dass seit geraumer Zeit, zurückgehend auf das Forum Europaeum Konzernrecht von 1998,1002 auf der Ebene der EU die Einführung einer wrongful trading Norm nach britischem Vorbild diskutiert wird.1003 Letzthin hat diese Diskussion dazu geführt, dass eine Regelung zur Insolvenzverschleppungshaftung in den von der EU-Kommission verfassten Aktionsplan „Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union“ vom 21. Mai 2003 aufgenommen wurde.1004 Als mittelfristige Maßnahme soll nach der Zielsetzung der EU-Kommission eine an dem Konzept des wrongful trading orientierte Haftung zwischen 2006 und 2008 Gegenstand einer europäischen Richtlinie zum Gesellschaftsrecht werden.
1001 So auch Borges, ZIP 2004, 731, 735. Für eine andere Einschätzung siehe Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 175 f. 1002 Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 753 ff., 760, 771. 1003 Zur europäischen Dimension Omar (2003) Ins. Law. 6, 239–249; siehe auch den die Vorschläge des Forum Europaeum Konzernrecht aufgreifenden Bericht der Winter-Gruppe, Kapitel III, Ziff. 4.4., Kapitel VI, Ziff. 3 i), Ziff. 4. Abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/company/company/modern/consult/re port_de.pdf. Für eine kritische Bewertung siehe Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 206 ff., die dem Konzept des wrongful trading ablehnend gegenüberstehen. 1004 KOM (2003) 284 (endgültig), Ziff. 3.1.3., abrufbar unter http://europa.ei.int/ eur-lex/de/com/cnc/2003/com2003_0284de01.pdf, abgedruckt in NZG 2003, Sonderbeilage zu Heft 13. Dazu Hopt, in: FS Röhricht, 235–249; ders., ZIP 2005, 461–474; van Hulle/Maul, ZGR 2004, 484–505; Fleischer, ZGR 2004, 437, 455 ff.; Habersack, NZG 2004, 1–9; Wiesner, ZIP 2003, 977–980.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
d) Adjustment of withdrawals (section 214A IA 1986) Nach section 214A IA 1986 können Gesellschafter einer zahlungsunfähig gewordenen LLP, die in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Insolvenz der Gesellschaft Vermögensentnahmen getätigt haben, zivilrechtlich auf Erstattung dieser Entnahmen haftbar gemacht werden (adjustment of withdrawals), sofern sie die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft hätten vorhersehen können. Ziel solcher adjustments of withdrawals ist es, LLP-Gesellschafter davon abzuhalten, die Gläubiger des Unternehmens zu benachteiligen, indem sie der LLP ihr Vermögen entziehen, sobald sich das Unternehmen in einer finanziellen Krise befindet.1005 Anders als sections 213 und 214 IA 1986 findet diese Norm ausschließlich auf die LLP Anwendung. Sie ist erst im Rahmen der Einführung der neuen Gesellschaftsform durch die LLP Regulations in den IA 1986 aufgenommen worden.1006 aa) Historischer Hintergrund von section 214A IA 1986 Die Aufnahme von section 214A IA 1986 in den IA 1986 geht auf das während der Beratungen der Gesetzesvorlage immer wieder geäußerte Anliegen des federführenden DTI zurück, als Ausgleich für die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter angemessene Schutzmechanismen für die Gläubiger der LLP und andere mit dieser Gesellschaft im Rechtsverkehr in Kontakt tretende Personen zu schaffen.1007 Das DTI hat seit Beginn der Beratungen zum LLPA die Ansicht vertreten, dass eine bloße Übertragung der im company law vorgesehenen Gläubigerschutzmechanismen auf die LLP der Rechtsnatur dieser Gesellschaft als Zwitter zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft nicht gerecht wird.1008 Das Select Committee1009 und die Regierung1010 haben sich dieser Ansicht angeschlossen.
1005 Vgl. URN 97/597, Ziff. 3.13; URN 98/874 Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56 ff.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 502; Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 266. 1006 Die Norm ist in Sch. 3 der LLP Regulations enthalten, welcher reg. 5 LLP Regulations zugehörig ist. 1007 Vgl. URN 97/597, Ziff. 2.6 ff., insbesondere Ziff. 3.23–3.27; URN 98/874, Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56 ff.; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 4; Freedman/ Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503; Bennet (1999), S.L.P.Q. 4 (2), 93, 102; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 272; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 269. 1008 URN 97/597, Ziff. 3.1; URN 98/874 Ziff. 3.1. 1009 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 48. 1010 H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 54, 56 ff.
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Die LLP suggeriert nämlich nicht zuletzt durch ihren Namen, dass ihre Verfassung Elemente der partnerhip enthält. Anders als im partnership law ist den Gläubigern aber gerade ein Zugriff auf die persönlichen Vermögensgegenstände aller LLP-Gesellschafter aufgrund der corporate personality – abgesehen von Ausnahmefällen – versagt. Zudem können in einer LLP, im Gegensatz etwa zu einer company, die angehäuften Gewinne der Gesellschaft ohne jede Beschränkung an die Gesellschafter ausgezahlt werden, weshalb hier die besondere Gefahr besteht, dass die Gesellschaft kein Vermögen bildet, oder dass dieses bei Absehbarkeit einer wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft im Wege eines „asset stripping“1011 vollends entzogen wird,1012 so dass die Gläubiger im Insolvenzfall mit ihren Forderungen ausfallen. Als Ausgleich für den körperschaftlichen Status und um die vorbeschriebene „potentielle Schutzlücke“1013 bei der LLP zu schließen, hielt es das DTI für sachgerecht, in die Verfassung der neuen Organisationsform Mechanismen aufzunehmen, die gewährleisten, dass im Falle der Insolvenz der Gesellschaft liquide Mittel vorhanden sind, oder der Gesellschaft zugeführt werden müssen, um den Gläubigern als Haftungsmasse zu dienen.1014 Während andere in den Beratungen diskutierte Schutzmechanismen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens fallen gelassen worden sind,1015 ist das Konzept der adjustments of withdrawals gegen den Widerstand einiger Praktiker1016, aber mit der Unterstützung des Select Committee1017 und der Regierung1018 schlussendlich als zusätzliches Schutzinstrument für die Gläubiger der LLP in den IA 1986 aufgenommen worden, um den erkannten Risiken zu begegnen.
1011
H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47. „[. . .] there is one particular difference between the position of a company and an LLP, ie the LLP’s ability to distribute profits without let or hindrance – we have made appropriate provision by including a new section 214A [. . .]“, H.C. 59 (1998– 99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 54; ähnlich URN 97/597, Ziff. 3.13 ff.; URN 98/ 874 Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 48. 1013 Alle Beteiligten sprechen insoweit von einer „potential lacuna“, URN 97/597, Ziff. 3.13 ff.; URN 98/874 Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 48; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 54. 1014 URN 97/597, Ziff. 3.13; URN 98/874 Ziff. 3.1. Vgl. dazu auch die zu diesem Vorhaben abgegebenen Einschätzungen des Select Committee, H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47 ff. und der Regierung, H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 54, 56 ff. 1015 Diskutiert wurden eine besondere Hafteinlage, eine Pflichtversicherung, ein gesetzliches Mindestkapital und eine Garantieübernahme seitens der Gesellschafter, siehe URN 97/597, Ziff. 3.13–3.18 und 3.28–3.36; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 35, 40–46. 1016 Kritik an der Regelung übten z. B. das ICAEW und Ernst & Young, siehe H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 49. 1017 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47–51. 1018 H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 54, 56 ff. 1012
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bb) Regelungsinhalt von section 214A IA 1986 Nach section 214A (3) IA 1986 kann das zuständige Gericht1019 in einem Liquidationsverfahren (winding up) auf Antrag des Insolvenzverwalters (liquidator) verfügen, dass Gesellschafter einer LLP, die in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Eröffnung des Verfahrens Vermögensentnahmen getätigt haben, den Wert solcher Entnahmen in das Vermögen der Gesellschaft zurückführen müssen. (1) Haftungsvoraussetzungen von section 214A 1986 Damit ein Antrag des Insolvenzverwalters nach section 214A (3) IA 1986 Aussicht auf Erfolg hat, muss das Gericht das Vorliegen der nachfolgenden Voraussetzungen feststellen: Die Person, die zur Rückerstattung von Vermögensentnahmen verpflichtet werden soll, muss in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Eröffnung des Liquidationsverfahrens Gesellschafter der LLP gewesen sein, wobei auch Schattengesellschafter1020 und faktische Gesellschafter1021 erfasst werden.1022 Während dieser Zeitspanne muss der Gesellschafter der LLP Vermögen entnommen haben, sei es durch die Entnahme seines Gewinnanteils oder auch des vereinbarten Einkommens, die Rückzahlung eines der LLP gewährten Darlehens, den Empfang von Zinsen für ein der LLP gewährtes Darlehen oder eine sonstige Vermögensentnahme.1023 Weiterhin muss der liquidator aufzeigen, dass der Gesellschafter zum Zeitpunkt der Entnahme wusste oder Anlass dazu hatte anzunehmen, dass die LLP schon bei der Entnahme zahlungsunfähig war oder infolge seiner Entnahme, zusammen mit anderen zeitgleich getätigten oder beschlossenen Entnahmen, zahlungsunfähig werden würde.1024 Eine gerichtliche Verfügung soll allerdings nur ergehen, wenn der betreffende Gesellschafter nachweislich wusste, dass für die LLP nach der Entnahme keine vernünftige Aussicht auf eine Abwendung des insolvenzbedingten Liquidations1019 Dies ist das Gericht, das auch zuständig ist für das Liquidationsverfahren (winding up) über das Vermögen der Gesellschaft, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 1020 Section 214A (8) IA 1986. 1021 So richtig Whittaker/Machell, S. 242; Morse, S. 249. 1022 Eingehend zu Schattengesellschaftern und faktischen Gesellschaftern siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. a). 1023 Section 214A (2) (a) IA 1986. 1024 Section 214A (2) (b) IA 1986.
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verfahrens (insolvent liquidation) mehr bestand1025 oder wenn er die Unabwendbarkeit der Insolvenz nach der Entnahme zumindest hätte erkennen müssen.1026 Zudem ist gemäß para. 3A Sch. 4 IA 1986, der durch section 253 EA 2002 eingeführt wurde, seit dem 15. September 2003 für die Einleitung von Verfahren nach section 214A IA 1986 durch den liquidator die Zustimmung der Gläubiger oder des zuständigen Gerichts1027 erforderlich.1028 (2) Wissensstand der Gesellschafter Entscheidende Bedeutung für die Rückforderung von Entnahmen nach section 214A IA 1986 haben die beiden subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Norm: Der betreffende Gesellschafter muss einerseits gewusst haben oder einen vernünftigen Grund zu der Annahme gehabt haben, dass die LLP zum Zeitpunkt oder infolge der Entnahme zahlungsunfähig war bzw. werden würde.1029 Andererseits muss der jeweilige Gesellschafter die entnahmebedingte Unabwendbarkeit des Insolvenzverfahrens erkannt haben oder redlicherweise vorhergesehen haben müssen.1030 (a) Kenntnis der Unabwendbarkeit des Insolvenzverfahrens Das letztgenannte Erfordernis der Kenntnis von der Zwangsläufigkeit der Insolvenz in section 214A (5) IA 1986 orientiert sich maßgeblich an den Haftungsvoraussetzungen des wrongful trading in section 214 (2) (b) IA 1986,1031 wobei ausweislich section 214A (6) IA 1986 derselbe kombiniert subjektiv-
1025 Der Begriff „insolvente Liquidation“ („insolvent liqiudation“) wird in section 214A (7) IA 1986 legaldefiniert. Darunter versteht man den Fall, dass die Gesellschaft liquidiert wird und das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr ausreichend ist, um die Verbindlichkeiten – einschließlich der Verbindlichkeiten aus dem Liquidationsverfahren (winding up) – zu bedienen. 1026 Section 214A (5) IA 1986. 1027 Dies ist das gleiche Gericht, das auch über den Antrag nach section 214A IA 1986 entscheidet, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 1028 Siehe dazu Sealy/Milman, S. 560. 1029 Section 214A (2) (b) IA 1986. 1030 Section 214A (5) IA 1986. 1031 Whittaker/Machell, S. 244; Morse, S. 248; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 473 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503.
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objektive Maßstab Anwendung findet, den auch section 214 (4) IA 1986 zugrunde legt.1032 Für die Erkennbarkeit der Insolvenz ist deshalb wie im Fall des wrongful trading auf eine umsichtig handelnde Person abzustellen, die einerseits die generellen Kenntnisse sowie die Fähigkeiten und die Erfahrungen hat, welche objektiv von jemandem erwartet werden können, dem solche Aufgaben obliegen, wie dem betreffenden LLP-Gesellschafter,1033 und die andererseits die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrung hat, die der betreffende LLP-Gesellschafter subjektiv tatsächlich besitzt.1034 Nicht anders als bei section 214 IA 1986 führt die objektive Komponente dieser kombinierten Prüfung auch im Hinblick auf die adjustments of withdrawals dazu, dass hinsichtlich des Kenntnisstands der Gesellschafter ein Mindeststandard festgelegt wird, weswegen sich niemand auf eine etwaige persönliche Inkompetenz berufen kann.1035 Überdurchschnittliche persönliche Fähigkeiten werden dagegen wiederum durch die subjektive Komponente der Prüfung berücksichtigt, indem bei höherer Begabung auf die tatsächlich vorhandenen Fähigkeiten des Gesellschafters abgestellt wird.1036 Im Hinblick auf die Konkretisierung dieser gesetzlichen Vorgaben wird die Rechtsprechung mutmaßlich auf die insoweit bestehende Spruchpraxis zum wrongful trading zu company directors zurückgreifen.1037 Infolgedessen wird die Kenntnis, die von dem jeweiligen Gesellschafter zu erwarten ist – wie bei section 214 (4) IA 1986 – im Einzelfall, je nach der Größe der LLP1038 und der Beteiligung des Gesellschafters an der Geschäftsleitung, variieren.1039 Ungeachtet dieses unterschiedlichen Maßstabs im Einzelfall wird die Rechtsprechung jedoch auch im Fall der adjustments of withdrawals unterstellen, dass jeder Ge1032 Whittaker/Machell, S. 244; Tolmie, S. 366; Morse, S. 248; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 473 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503. 1033 Section 214A (6) (a) IA 1986. Insoweit sind nicht nur die von dem Gesellschafter tatsächlich wahrgenommenen, sondern alle von ihm übertragenen Aufgaben von Bedeutung. 1034 Section 214A (6) (b) IA 1986. 1035 Whittaker/Machell, S. 244; Mabey, S. 73; Morse, S. 248; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 473; Milman (2001) Ins. Law. 5, 178, 179. 1036 Whittaker/Machell, S. 244; Mabey, S. 73; Morse, S. 248; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 473. 1037 Whittaker/Machell, S. 244; Mabey, S. 73. Bezweifelt wird dies von Freedman/ Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 506. 1038 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 594 per Knox J; Sealy/Milman, S. 226 f.; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/ Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020. Insoweit stimmen auch Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 506 zu. 1039 Vgl. Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733, Ziff. 254 ff. per Park J; Sealy/Milman, S. 226 f.; ebenso Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 506.
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sellschafter zumindest Kenntnis von denjenigen Tatsachen hat, die bei Erfüllung der gesetzlichen Bilanzierungspflichten zu Tage getreten sind oder hätten zu Tage treten müssen.1040 Deswegen wird es den Gesellschaftern einer LLP auch im Hinblick auf section 214A IA 1986 nicht möglich sein, einer persönlichen Haftung dadurch zu entgehen, dass sie ihre Augen vor der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft verschließen oder blauäugig auf eine Erholung des Unternehmens vertrauen und sich dann auf ihre Unwissenheit berufen.1041 (b) Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit Zu der zweiten wesentlichen Haftungsvoraussetzung, die der liquidator im Rahmen von section 214A IA 1986 nachzuweisen hat, dass der jeweilige LLPGesellschafter zur Zeit seiner Entnahme einen vernünftigen Grund dafür hatte anzunehmen, die LLP sei schon zu diesem Zeitpunkt oder werde in Zukunft infolge der Entnahmen zahlungsunfähig,1042 existiert kein paralleles Konzept, auf das die Rechtsprechung als Leitlinie zurückgreifen könnte. Die Konkretisierung dieser Tatbestandsvoraussetzung wird deshalb erst durch die zukünftige Spruchpraxis der Gerichte erfolgen.1043 Dabei ist es völlig offen, welche Umstände die Rechtsprechung als ausreichend ansehen wird, um die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit zu unterstellen. Ob die Rechtsprechung gegenüber Gesellschaftern, bei denen ein Verstoß gegen section 214A IA 1986 nahe liegt, eine eher nachsichtige Haltung einnehmen wird oder ob die Gerichte die Vermögensentnahmen von LLP-Gesellschaftern unnachgiebig sanktionieren werden, ist nicht abzusehen.1044
1040 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 498 per Vinelott J; Re Brian D Pierson (Contractors) Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 275, 302 ff. per Williamson QC; Whittaker/Machell, S. 243; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 151; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Lynch (1999) Ins. Law. 3, 119, 120 f. 1041 Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Fletcher, Rdn. 27-020; Whittaker/Machell, S. 116 f. 1042 Section 214A (2) (b) IA 1986. 1043 Morse, S. 248; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 506 ff.; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 274. 1044 Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 332; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 474. Freedman/ Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503 ff., 506 f.
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(aa) Nachsichtige Haltung der Rechtsprechung Für die These, die Rechtsprechung werde durch eine Forderung hoher Haftungsvoraussetzungen eine eher nachsichtige Haltung einnehmen, spricht zunächst, dass section 214A (2) (b) IA 1986 für die Annahme der positiven Kenntnis von der Insolvenz „reasonable grounds“ verlangt, die der Gesellschafter gehabt haben muss, um die Zahlungsunfähigkeit zu erkennen. Im Fall des wrongful trading unterstellt das Gesetz dagegen durch die Formulierung „ought to have concluded“ in section 214 (2) (b) IA 1986 bereits die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit, wenn der in Anspruch zu nehmende Gesellschafter – auch ohne „reasonable grounds“ – auf den Zustand der Gesellschaft hätte schließen müssen. Dabei sind „grounds“ nach dem allgemeinen Sprachverständnis bestimmte Umstände, auf deren Vorliegen sich ein Urteil gründet.1045 Die Redewendung „ought to have concluded“ schließt dagegen auch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen mit ein. Dadurch kann im Rahmen des wrongful trading den LLP-Gesellschaftern bereits in einem verhältnismäßig frühen Stadium die Kenntnis des Bestehens bzw. Entstehens der Insolvenz ihrer Gesellschaft unterstellt werden, während dafür im Hinblick auf section 214A (2) (b) IA 1986 das Vorliegen konkreter Umstände erforderlich scheint.1046 Eine eher nachsichtige Einstellung der Rechtsprechung bei der Beurteilung haftungsbegründender Entnahmen von LLP-Gesellschaftern ist überdies aufgrund der Tatsache wahrscheinlich, dass section 214A IA 1986 mangels einer entsprechenden Ausnahmevorschrift – anders als das Konzept des wrongful trading – den jeweiligen Gesellschaftern keine Möglichkeit bietet, durch aktives Verhalten im Sinne einer tätigen Reue der Auferlegung einer persönlichen Haftung zu entgehen.1047 Ohne die Möglichkeit eines solchen aktiven Gegensteuerns für die Gesellschafter der LLP scheint es aber angebracht, höhere Anforderungen für die Auferlegung einer Erstattungspflicht zu verlangen. Schließlich spricht für eine eher nachgiebige Einstellung der Gerichte, dass die LLP-Gesellschafter durch eine zu strenge Handhabung von section 214A (2) (b) IA 1986 dazu verleitet werden könnten, den Geschäftsbetrieb bei der ersten wirtschaftlichen Bedrängnis einzustellen1048 oder der LLP so früh wie möglich die erwirtschafteten liquiden Mittel zu entziehen, um zu vermeiden, dass die betreffende Entnahme in den zeitlichen Rahmen der Zweijahresgrenze 1045
Siehe dazu OED, ground, n., II.5.c. Vgl. Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 332 f.; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 474; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 274; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 506. 1047 Ähnlich Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 508. 1048 Siehe H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56. 1046
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der reversiblen Vorgänge fällt.1049 Das erklärte Ziel von section 214A IA 1986 ist es indessen, bei einem angemessenen Schutz der Gläubiger gleichzeitig zu gewährleisten, dass Gesellschaftern der LLP kein derart hohes Haftungsrisiko auferlegt wird, dass sie bei jedweder finanziellen Krise gleich „das Handtuch werfen“.1050 (bb) Strenge Haltung der Rechtsprechung Für eine strenge Handhabung von section 214A (2) (b) IA 1986 durch die Gerichte spricht dagegen, dass das haftungsauslösende Verhalten für die adjustments of withdrawals in einer Handlung besteht, die a priori den Anschein erweckt, durch rein eigennützige Ziele motiviert zu sein: Während das Konzept des wrongful trading auch dadurch erfüllt werden kann, dass ein LLP-Gesellschafter die Geschäfte des Unternehmens in der Krise mit der objektiv unvernünftigen aber selbstlosen Absicht fortführt, die Gesellschaft auch im Gläubigerinteresse zu retten, um den Gläubigern ihren Schuldner zu erhalten, kann die Entnahme von Gesellschaftsvermögen nach section 214A IA 1986 von vornherein nur den persönlichen Interessen des entnehmenden Gesellschafters selbst, nicht aber dem Interesse des Unternehmens oder dessen Gläubigern dienen.1051 Diese in der Natur der Entnahme begründete Eigennützigkeit des in section 214A IA 1986 sanktionierten Verhaltens scheint eine Unterstellung der positiven Kenntnis von der Insolvenz – entsprechend der Sachlage bei section 214 IA 1986 – zu rechtfertigen, ohne allzu hohe Anforderungen zu verlangen, selbst wenn section 214A IA 1986 keine Ausnahmevorschrift beinhaltet. (cc) Auswirkung In welcher Weise die Rechtsprechung die Tatbestandsvoraussetzungen der neuen Norm letzthin konkretisieren wird, kann nicht sicher prognostiziert werden. Um eine Inanspruchnahme nach section 214A IA 1986 möglichst zu vermeiden, sollten LLP-Gesellschafter jedoch von einer eher strengen Handhabung der neuen Haftungsbestimmung durch die Rechtsprechung ausgehen.
1049
Ähnlich Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 508. Dies wird in Großbritannien bildlich als „[. . .] the ,rush to the door‘ syndrome [. . .]“ bezeichnet, siehe H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47. Siehe auch H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56 „[. . .] but at the same time does not create too onerous a burden which would prevent a firm from trading through their difficulties.“ 1051 Ähnlich Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 332 f.; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 474; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 505. 1050
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Auch wenn ein LLP-Gesellschafter nicht unmittelbar an der Geschäftsführung beteiligt ist, ist ihm zu empfehlen, sich in regelmäßigen Abständen anhand der gesetzlich1052 zu führenden tagesaktuellen Bücher des Unternehmens ein Bild von der finanziellen Situation der Gesellschaft zu machen, um sicherzustellen, dass etwaige Entnahmen nicht in den Anwendungsbereich der adjustments of withdrawals fallen. Dies gilt umso mehr als nach section 214A (2) (a) IA 1986 grundsätzlich auch jede Entnahme von Gewinnanteilen sowie die monatlich erfolgende Entnahme des vereinbarten Einkommens von dem Haftungskonzept der adjustments of withdrawals erfasst werden. (3) Bestimmung der Haftsumme Section 214A (3) IA 1986 stellt ebenso wie section 214 (1) IA 1986 den Betrag, den ein LLP-Gesellschafter wegen einer unzulässigen Entnahme in das Gesellschaftsvermögen zurückzuerstatten hat, in das Ermessen des Gerichts. Anders als die Bestimmungen zum wrongful trading enthält section 214A (4) IA 1986 allerdings eine Obergrenze für rückgängig zu machende Entnahmen. Obwohl für die Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit nach section 214A (2) (b) (ii) IA 1986 die Entnahmen aller Gesellschafter während der letzten zwei Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens berücksichtigt werden, kann als Höchstbetrag von dem jeweiligen Gesellschafter allenfalls die Rückübertragung der Gesamtsumme seiner Entnahmen aus den letzten zwei Jahren vor der Verfahrenseröffnung verlangt werden. Ob die Rechtsprechung innerhalb ihres Ermessensspielraums ähnlich wie bislang beim wrongful trading1053 moralische Aspekte für die Kalkulation des entsprechenden Betrages heranziehen wird, ist zweifelhaft. Angesichts der jüngsten Rechtsprechung des Court of Appeal zum fraudulent trading1054 wird sich wohl auch bei section 214A IA 1986 der Rückerstattungsbetrag ausschließlich anhand objektiver Gesichtspunkte bestimmen müssen. Absichtliches Fehlverhalten der LLP-Gesellschafter darf dann nicht haftungsverschärfend berücksichtigt werden. Im Hinblick auf eine mögliche Haftungsmilderung ist aber zu erwarten, dass Vermögensentnahmen, die im Austausch für eine Gegenleistung erfolgt sind – wie etwa monatliche Entnahmen der LLP-Gesellschafter für tatsächlich geleistete Dienste –,1055 eher mit Nachsicht behandelt werden als ohne erkennbaren 1052 Sections 221, 222 CA 1985. Die genauen Angaben, die in diesen Unterlagen enthalten sein müssen, legen section 221 (1), (2) und (3) CA 1985 fest. 1053 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (c). 1054 Morphitis v Bernasconi [2003] Ch. 552, 576 f. per Chadwick LJ. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. b) cc) (3) und 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (c). 1055 Auch diese werden grundsätzlich als Entnahmen erfasst, siehe section 214A (2) (a) IA 1986.
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wirtschaftlichen Grund getätigte Entnahmen, die allein das Ziel verfolgen, die eigene Position angesichts der in Kürze zu erwartenden Insolvenz zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger zu verbessern. cc) Bewertung von section 214A IA 1986 Ob section 214A IA 1986 ihr Ziel erreichen wird, einen angemessenen zusätzlichen Schutzmechanismus für die Gläubiger der LLP zu schaffen,1056 wird maßgeblich davon abhängen, wie die Rechtsprechung in ihrer Spruchpraxis die konkreten Haftungsvoraussetzungen dieser Norm definieren wird. Hinsichtlich der Kenntnis von der Zwangsläufigkeit der Insolvenz, section 214A (5) IA 1986, kann auf die Spruchpraxis zu den parallelen Haftungsvoraussetzungen des wrongful trading in section 214 (2) (b) IA 1986 zurückgegriffen werden.1057 Völlig offen ist es dagegen, unter welchen Umständen die Gerichte die Anforderungen von section 214A (2) (b) IA 1986 als erfüllt ansehen werden.1058 Gerade die Beantwortung der Frage, unter welchen Umständen angenommen werden kann, dass ein LLP-Gesellschafter einen vernünftigen Grund dafür hatte anzunehmen, die LLP sei zum Zeitpunkt der Entnahme oder werde in Zukunft infolge der Entnahme zahlungsunfähig,1059 hat jedoch zentrale Bedeutung für den neuen Haftungstatbestand. Solange die im Zusammenhang mit section 214A 1986 bestehenden Unsicherheiten noch nicht durch Grundsatzentscheidungen der Gerichte geklärt sind, ist den Gesellschaftern einer LLP zu empfehlen, eher von einer strengen Auslegung der Anforderungen von section 214A IA 1986 auszugehen, um eine persönliche Inanspruchnahme möglichst ausschließen zu können. Wie das Beispiel des wrongful trading Konzepts zeigt, können einige Jahre vergehen, bis sich die Rechtsprechung mit den Voraussetzungen von section 214A IA 1986 auseinandersetzen muss.1060 Die Länge des Zeitraums bis zu den ersten Entscheidungen lässt dabei aber nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Effektivität von section 214A 1986 zu. Ein Mangel an Entscheidungen muss nicht gleichbedeutend sein 1056 Vgl. URN 97/597, Ziff. 2.6 ff., insbesondere Ziff. 3.23–3.27; URN 98/874, Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 4; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503; Bennet (1999), S.L.P.Q. 4 (2), 93, 102; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 272; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 269. 1057 Whittaker/Machell, S. 244; Morse, S. 248; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 473 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503. 1058 Morse, S. 248; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 506 ff.; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 274; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 270 f. 1059 Section 214A (2) (b) IA 1986. 1060 Der erste Fall zu dem verwandten Konzept des wrongful trading wurde erst 1989 – mehr als drei Jahre nach dessen Einführung in den IA 1986 – entschieden, siehe Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
mit dem Versagen der Vorschrift. Vielmehr kann ein Ausbleiben gerichtlicher Verfahren auch ein Anzeichen dafür sein, dass die neue Norm dem Gläubigerschutz außerordentlich gut dient, weil sie die Gesellschafter vor einem haftungsbegründenden Fehlverhalten so wirksam abschreckt, dass ein Verstoß von vornherein unterbunden wird. Auch ohne Kenntnis der exakten Tatbestandsvoraussetzungen der adjustments of withdrawals lassen sich aber bereits heute einige Schwächen von section 214A IA 1986 erkennen, die diese Norm von ihrem Vorbild, dem wrongful trading nach section 214 IA 1986, übernommen hat.1061 Nicht anders als bei section 214 IA 1986 ist auch die Anwendbarkeit der adjustments of withdrawals auf das insolvenzbedingte Liquidationsverfahren beschränkt.1062 Ebenso sieht section 214A (3) IA 1986 ein Antragsrecht für eine gerichtliche Verfügung nur für den liquidator, nicht jedoch für die Gläubiger der LLP vor. Insoweit wäre eine Erweiterung des Kreises der nach section 214A IA 1986 antragsberechtigten Personen und des Anwendungsbereiches von section 214A IA 1986 auf das insolvenzrechtliche Verwaltungsverfahren (administration) und das bislang traditionelle Verwertungsverfahren von floating charges1063 (administrative receivership)1064 aus den gleichen Gründen wie beim wrongful trading1065 auch für die adjustments of withdrawals wünschenswert. Probleme hinsichtlich der Finanzierung von Verfahren nach section 214A IA 1986 existieren dagegen genauso wie beim wrongful trading nicht mehr, weil die dem Insolvenzverwalter entstehenden Verfahrenskosten im Rahmen der neuen rule 4.128 (1) (a) IR 1986 ersetzt werden.1066 1061 Dies bemängelt Cross (2003) J.B.L. May, 268, 274, der in der neuen Norm die Chance sah, die Schwächen des wrongful trading für das LLP-spezifische Konzept zu beseitigen. Dabei übersieht er aber, dass eine solche punktuelle Änderung auf Kosten der Kohärenz der Gläubigerschutzmechanismen gegangen wäre und die LLP einem sehr unterschiedlichen Regime im Vergleich zur company unterworfen hätte. 1062 Section 214A (2) (a) IA 1986. 1063 Zur floating charge siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (2). Allgemein dazu und zu den jüngsten Rechtsänderungen durch den EA 2002 siehe Gower/Davies, S. 818 ff. 1064 Die Umstände, unter denen die Verwertung einer nach Inkrafttreten des EA 2002 am 15. September 2003 vereinbarten floating charge weiterhin im Wege des administrative receivership betrieben werden kann, sind durch den EA 2002 ganz erheblich eingeschränkt worden. An die Stelle des administrative receivership ist weitgehend das Verfahren der administration getreten. Siehe dazu etwa Gower/Davies, S. 840 ff.; Foster (2003) Ins. Law. 5, 174–185; Finch (2003) J.B.L. Nov., 527–557; Walters (2004) Comp. Law. 25 (1), 1; Frisby (2004) M.L.R. 67 (2), 251–268; Simmons (2004) J.B.L. Jul., 423–436. 1065 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (2). 1066 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (1) (c). Abgesichert wird die Regelung dadurch, dass aufgrund von section 253 EA 2002 der neue para. 3A Sch. 4 IA 1986 geschaffen wurde, welcher ein Verfahren nach section 214A IA 1986 von der
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e) Misfeasance (section 212 IA 1986) Section 212 IA 1986 beinhaltet einen zivilrechtlichen Tatbestand, nach dem in der Liquidation der Gesellschaft (winding up) von einem bestimmten Personenkreis die Kompensation gewisser Schäden verlangt werden kann. Ersatzfähig sind dabei Einbußen, die durch die Veruntreuung oder Zurückbehaltung von Vermögensgegenständen der Gesellschaft, durch den Missbrauch der durch die Gesellschaft eingeräumten Kompetenzen oder durch die Verletzung fiduziarischer Pflichten sowie anderer Pflichten gegenüber der Gesellschaft entstanden sind. Wie sections 213 und 214 IA 1986 findet diese Norm uneingeschränkt auf die neue Gesellschaftsform der LLP Anwendung.1067 aa) Historischer Hintergrund von section 212 IA 1986 Bereits vor der Einführung von section 212 IA 1986 enthielt das britische Recht in section 165 CA 1862, section 333 CA 1948 und section 631 CA 1985 zivilrechtliche Haftungsbestimmungen, um einen mit der Führung der Gesellschaft befassten Personenkreis in der Liquidation der Gesellschaft für die Verletzung ihrer gegenüber der Gesellschaft bestehenden Pflichten persönlich schadensersatzpflichtig zu machen.1068 Unter Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Normen1069 wurde section 212 IA 1986 durch die Gesetzesreform von 1986 als Nachfolgeregelung zu diesen Tatbeständen in den IA 1986 aufgenommen. bb) Regelungsinhalt von section 212 IA 1986 Das zuständige Gericht1070 kann aufgrund von section 212 (3) IA 1986 im Laufe eines Liquidationsverfahrens (winding up) das Verhalten von bestimmten Zustimmung der Gläubiger oder des Gerichts abhängig macht. Diese Norm ist am 15. September 2003 in Kraft getreten. 1067 Es findet lediglich eine Anpassung der Begrifflichkeiten statt: Verweise auf die „company“ sollen die „limited liability partnership“ mit einschließen, Verweise auf „officers“ sollen „members“ miteinbeziehen und Verweise auf einen „shadow director“ beziehen sich ebenfalls auf einen „shadow member“; siehe reg. 5 (2) (a), (b), (c) LLP Regulations. 1068 Zum vorherigen Recht siehe Griffin, S. 23 f. 1069 Der Wortlaut in section 212 IA 1986 wurde dahingehend erweitert, dass die Formulierung „breach of trust“ durch „breach of any fiduciary duty or other duty“ ersetzt wurde, wodurch der Kreis der in Frage kommenden Pflichten erweitert wurde. Außerdem wurde der Personenkreis, gegen den nach section 212 1986 vorgegangen werden kann, um den Verwalter eines insolvenzrechtlichen Verwaltungsverfahrens (administrator) und den durch den Inhaber einer floating charge im Verwertungsverfahren bestellten Verwalter (administrative receiver) erweitert. 1070 Dies ist das Gericht, das auch zuständig ist für das Liquidationsverfahren (winding up) über das Vermögen der Gesellschaft, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Personen, die an der Geschäftsleitung der LLP beteiligt sind, untersuchen.1071 Vorausetzung dafür ist, dass ein diesbezüglicher Antrag durch den Insolvenzverwalter (liquidator) oder den amtlich bestellten Verwalter (official receiver), durch einen Gläubiger (creditor) oder durch eine der LLP nachschusspflichtige Person (contributory)1072 bei Gericht gestellt wurde. Sollte sich im Rahmen dieser Untersuchung herausstellen, dass Kompetenzen missbraucht oder Treuepflichten gegenüber der LLP verletzt worden sind, kann das Gericht anordnen, dass etwaige veruntreute Vermögensgegenstände an die Gesellschaft rückzuübertragen sind, oder dass Ersatzleistungen für etwaige Pflichtverletzungen in das Vermögen der Gesellschaft vorgenommen werden müssen.1073 Verfügungen des Gerichts zur Vornahme von Ersatzleistungen können gegenüber aktuellen oder ehemaligen Gesellschaftern der LLP ergehen,1074 wobei wiederum faktische Gesellschafter und Schattengesellschafter einbezogen sind.1075 Außerdem können der Insolvenzverwalter (liquidator), der im bislang traditionellen Verwertungsverfahren einer floating charge1076 bestellte Verwalter (administrative receiver)1077 und jeder, der mit der Gründung, der Ausgestaltung oder der Geschäftsleitung der LLP befasst ist oder war, nach section 212 IA 1986 zivilrechtlich haftbar gemacht werden.1078 Dabei beinhaltet section 212 IA 1986 keine eigenständige Haftungsgrundlage.1079 Die Vorschrift hat vielmehr rein prozessuale Funktion, indem sie ein
IA 1986. Für eine LLP in England und Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 1071 Die betreffenden Personen werden in section 212 (1) IA 1986 aufgelistet. 1072 Das Antragsrecht von nachschusspflichtigen Personen ist nach section 212 (5) IA 1986 von der Genehmigung des Gerichts abhängig. 1073 Section 212 (3) IA 1986. 1074 Section 212 (1) (a) IA 1986. 1075 Vgl. Gower/Davies, S. 379; Totty/Moss, Rdn. B1-31; Parry, Rdn. 19.36. Eingehend zu Schattengesellschaftern und faktischen Gesellschaftern siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. a). 1076 Zur floating charge siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (2). Allgemein dazu und zu den jüngsten Rechtsänderungen durch den EA 2002 siehe Gower/Davies, S. 818 ff. 1077 Section 212 (1) (b) IA 1986. Zu den Umständen, unter denen die Verwertung einer nach Inkrafttreten des EA 2002 am 15. September 2003 vereinbarten floating charge weiterhin im Wege des administrative receivership betrieben werden kann, siehe etwa Gower/Davies, S. 840 ff.; Foster (2003) Ins. Law. 5, 174–185; Finch (2003) J.B.L. Nov., 527–557; Walters (2004) Comp. Law. 25 (1), 1; Frisby (2004) M.L.R. 67 (2), 251–268; Simmons (2004) J.B.L. Jul., 423–436. 1078 Section 212 (1) (c) IA 1986. Der Verweis auf den Verwalter in einem insolvenzrechtlichen Verwaltungsverfahren (administrator) ist durch den EA 2002 zum 15. September 2003 ausgegliedert worden. Die Haftung eines administrators im Falle der misfeasance findet sich nunmehr in para. 75 Sch. B1 IA 1986.
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Verfahren regelt, das es ermöglicht, die gegen den genannten Personenkreis bestehenden Ansprüche der Gesellschaft auf Rückübertragung von Vermögensgegenständen oder auf Schadensersatz einfach und schnell durchzusetzen.1080 Ansprüche, die zu Gunsten einer anderen Person als der LLP bestehen – etwa zu Gunsten eines Gläubigers aufgrund eigenen Rechts – können über section 212 IA 1986 nicht geltend gemacht werden.1081 Im Rahmen der insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzmechanismen im Recht der LLP sind hinsichtlich des in Frage kommenden Fehlverhaltens insbesondere die Fälle von Bedeutung, in denen LLP-Gesellschafter in der Krise des Unternehmens ihre Treuepflichten verletzt haben.1082 Entsprechend dem fiduziarischen Verhältnis von company directors gegenüber der Gesellschaft existieren Treuepflichten bei der LLP, wie bereits dargestellt,1083 grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der LLP.1084 Sowohl bei der company als auch bei der LLP besteht der Kern dieser fiduziarischen Beziehungen in der Verpflichtung, die Interessen der Gesellschaft bzw. der Gesellschaftseigentümer zu wahren und die übertragenen Kompetenzen uneigennützig und zum Wohle des Unternehmens auszuüben.1085
1079 „I repeat the section is a purely procedural section.“, Re B Johnson & Co (Builders) Ltd [1955] Ch. 634, 648 per Lord Evershed MR; Sealy/Milman, S. 221; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.545, 15.468; Totty/Moss, Rdn. B1-31; Fletcher, Rdn. 27-013; Gore-Browne, Rdn. 35.4.1; Parry, Rdn. 19.04; Griffin, S. 23; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 404. 1080 Re B Johnson & Co (Builders) Ltd [1955] Ch. 634, 648 per Lord Evershed MR; Sealy/Milman, S. 221; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.545, 15.468; Totty/Moss, Rdn. B1-31; Fletcher, Rdn. 27-013; Gore-Browne, Rdn. 35.4.1; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 404. 1081 Vgl. Re Hill’s Waterfall Estate Co [1896] 1 Ch. 947; Sealy/Milman, S. 221; Gore-Browne, Rdn. 35.4.1; Griffin, S. 24; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 404. 1082 Das grundlegende Beispiel eines solchen Verfahrens nach section 212 IA 1986 ist die Entscheidung Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250. In jüngster Zeit hat insbesondere Professor Keay die Bedeutung der Treuepflichten für den Gläubigerschutz in der Insolvenz betont. Siehe Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1–9; ders. (2003) M.L.R. 66 (5), 665–699; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300– 306; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379–410; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315–339. Siehe auch Parry, Rdn. 19.01 ff.; Griffin, S. 8. 1083 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. II. 2. c). 1084 Whittaker/Machell, S. 92 ff.; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-25 ff. 1085 Vgl. Re Smith & Fawcett [1942] Ch. 304, 306 per Lord Greene MR; Lonrho Ltd v Shell Petroleum Co Ltd [1980] 1 W.L.R. 627, 634, per Lord Diplock; Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Dorchester Finance v Stebbing [1989] B.C.L.C. 498, 501–502 per Foster J; Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1, 18A per Millett LJ; Arklow Investments Ltd v McLean [2000] 1 W.L.R. 594, 598G–H per Henry J; University of Nottingham v Fishel [2000] I.C.R. 1462, 1490C per Elias J; Gower/Davies, S. 380 ff.; Pettet, S. 164 ff.; Goode, S. 449 f.; Whittaker/Machell, S. 92 f.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
(1) Treuepflichten bei herannahender Insolvenz im company law Nach einer jüngeren, stetig an Bedeutung gewinnenden Spruchpraxis der britischen Gerichte im company law beinhaltet die vorgenannte generelle Treuepflicht von company directors in Fällen herannahender Insolvenz des Unternehmens die besondere Pflicht, bei der Geschäftsleitung die Interessen der Gesellschaftsgläubiger angemessen zu berücksichtigen.1086 Diese Tendenz wird durch zahlreiche Entscheidungen in anderen Jurisdiktionen des Commonwealth bestätigt, die ebenfalls die Notwendigkeit einer Berücksichtigung der Gläubigerinteressen durch die Geschäftsleitung bei bevorstehender Zahlungsunfähigkeit anerkannt haben.1087 (a) Art der Treuepflicht Obwohl die in der Krise des Unternehmens entstehende Treuepflicht die Interessen der Gläubiger schützt, kann diese fiduziarische Verpflichtung nicht als direkte Pflicht der Geschäftsleitung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern verstanden werden.1088 Denn im britischen Kapitalgesellschaftsrecht gilt der Grundsatz, dass fiduziarische Pflichten ausschließlich gegenüber der Gesellschaft bestehen.1089 1086 Lonrho Ltd v Shell Petroleum Co Ltd [1980] 1 W.L.R. 627, 634, per Lord Diplock; Re Horsley v Weight Ltd [1982] 1 Ch. 442, 455–456 per Tempelman LJ und Cumming Bruce LJ; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ; Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Winkworth v Edwards Baron Development Co [1987] B.C.L.C. 193, 197 per Lord Tempelman; Yukong Line Ltd of Korea v Rendsburg Investment Corporation of Liberia (No 2) [1998] B.C.C. 870, 885 per Toulson J; Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe [1998] 1 B.C.L.C. 218, 227–228 per Scott V-C; Re Pantone 485 [2002] 1 B.C.L.C. 266, 286–287 per Field QC; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153, Ziff. 81 per Kosmin QC; Re MDA Investment Management Ltd [2003] E.W.H.C. 227, Ziff. 70 per Park J. 1087 So z. B. Walker v Wimborne (1976) 137 C.L.R. 1, 6–7 per Mason J; Nicholson v Permacraft (NZ) Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 453, 458 per Cooke J; Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 10 A.C.L.R. 395, 401, 404 per Street CJ. 1088 Sealy, S. 267; Parry, Rdn. 19.26; Finch, S. 509; Tolmie, S. 363; Keay/Walton, S. 544; Kasolowsky, S. 250 f.; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 3; ders. (2003) M.L.R. 66 (5), 665, 669; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 301; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 385; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 317; Finch (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 23; Milman (2004) J.B.L. Sept., 493, 498. Anders wohl Winkworth v Edwards Baron Development Co [1987] B.C.L.C. 193, 197 per Lord Tempelman; Nicholson v Permacraft (NZ) Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 453, 458 per Cooke J; Gower/Davies, S. 373; zusammenfassend Finch, S. 500 ff. 1089 Percival v Wright [1902] 2 Ch. 421; Peskin v Anderson [2000] B.C.C. 1110; Multinational Gas and Petrochemical Co v Multinational Gas and Petrochemical Services Ltd [1983] Ch. 258; Pettet, S. 161, 164; Gower/Davies, S. 371 f.; Sealy,
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Ein Abweichen von diesem Prinzip bei bevorstehender Insolvenz der Gesellschaft wird hauptsächlich aufgrund von drei Kritikpunkten abgelehnt:1090 Zum einen wird bemängelt, dass eine eigenständige Treuepflicht gegenüber den Gesellschaftsgläubigern die Gefahr doppelter Inanspruchnahme begründet, weil dadurch für ein und dasselbe Fehlverhalten sowohl der Insolvenzverwalter für die Gläubiger insgesamt als auch jeder Gläubiger für sich in eigenem Namen und aus eigenem Recht gegen die verantwortlichen Personen vorgehen könnte.1091 Zum anderen würde eine direkte Verantwortlichkeit gegenüber einzelnen Gläubiger den Pari Passu Grundsatz in Frage stellen, der eine tragende Säule im britischen Kapitalgesellschaftsinsolvenzrecht darstellt.1092 Überdies würde die Einräumung individueller fiduziarischer Pflichten gegenüber einzelnen Gläubigern dem kollektiven Charakter des Liquidationsverfahrens widersprechen.1093 Die Pflicht, in der Krise die Interessen der Gesellschaftsgläubiger angemessen in Betracht zu ziehen, besteht infolgedessen ausschließlich gegenüber der Gesellschaft.1094 Die verantwortlichen Personen werden demzufolge bei einer Verletzung dieser Pflicht auch allein gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber einzelnen Gläubigern ersatzpflichtig.1095 Dennoch hat die fiduziarische Beziehung zwischen der Geschäftsleitung und dem Unternehmen in solchen Fällen drittschützende Wirkung, weil die Gläubigerinteressen durch die Gesellschaft vermittelt werden.1096
S. 262 ff.; Farrar, S. 378; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 82. Siehe auch Jenkins Report, Ziff. 89. 1090 Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275–276; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 3; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 301. 1091 Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275–276; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 3; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 301. 1092 Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275–276; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 3; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 301. 1093 Finch, S. 519; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275–276; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 3; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 301. 1094 Re Horsley v Weight Ltd [1982] 1 Ch. 442, 455–456 per Tempelman LJ und Cumming Bruce LJ; Yukong Line Ltd of Korea v Rendsburg Investment Corporation of Liberia (No 2) [1998] B.C.C. 870, 885 per Toulson J; Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe [1998] 1 B.C.L.C. 218, 227–228 per Scott V-C; Re Pantone 485 [2002] 1 B.C.L.C. 266, 286–287 per Field QC; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153, Ziff. 81 per Kosmin QC; Spies v the Queen (2000) 74 A.L.J.R. 1263, Ziff. 94 per Gaudron J, McHugh J, Gummow J und Hayne J; Sealy, S. 267; Kasolowsky, S. 250 f.; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 3; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 301; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 385; Finch (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 23; Petkovic (1989) J.I.B.L. 4 (4), 166, 170; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 82. 1095 Goode, S. 455 f.; Kasolowsky, S. 251; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275– 276. 1096 Sealy, S. 267; Keay/Walton, S. 545; Kasolowsky, S. 251; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 275; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 3; ders. (2003) Comp. Law. 24
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(b) Hintergrund der Treuepflicht Hinter der Annahme, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine eigenständige Treuepflicht der Geschäftsleitung gegenüber der Gesellschaft entsteht, die Interessen der Gläubiger zu berücksichtigen, steht der folgende Gedanke: Die generelle Treuepflicht der Unternehmensleitung gegenüber der Gesellschaft verpflichtet die mit der Führung eines Unternehmens betrauten Personen dazu, im Interesse der Gesellschaft zu handeln.1097 Für die Bestimmung des Gesellschaftsinteresses sind dabei in erster Linie die Interessen der Gesellschaftseigentümer von Bedeutung.1098 Wenn aber die betreffende Gesellschaft in erhebliche finanzielle Bedrängnis gerät, werden die Gläubiger des Unternehmens nach wirtschaftlichen Kriterien zu den wahren Eigentümern der Gesellschaft.1099 Denn in einer solchen Situation wird jede weitere Geschäftstätigkeit hauptsächlich durch das finanzielle Engagement der Gesellschaftsgläubiger ermöglicht:1100 Die Gläubiger tragen das wirtschaftliche Risiko der Geschäftsfortführung, weil die von den Gesellschaftern geleisteten Beiträge in der Regel verbraucht sind.1101 Die verbliebenen Aktiva sind dann regelmäßig unzureichend, (10), 300, 301; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 385; Finch (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 23; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 82. 1097 „A director must exercise any power vested in him as such, honestly, in good faith and in the interests of the company [. . .]“, siehe Dorchester Finance v Stebbing [1989] B.C.L.C. 498, 501–501 per Foster J; Re Smith & Fawcett [1942] Ch. 304, 306 per Lord Greene MR; Gower/Davies, S. 380 f.; Pettet, S. 164. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. II. 2. c) aa) (2) (a). 1098 Gaiman v Association for Mental Health [1971] Ch. 317, 330 per Megarry J; Greenhalgh v Arderne [1951] Ch. 286, 290 f. per Lord Evershed MR; Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 10 A.C.L.R. 395, 401 per Street CJ; Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 551 f. per Nourse LJ; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.505; Gower/Davies, S. 374; Pettet, S. 164; Sealy, S. 259; Farrar, S. 380; Griffin, S. 10; Petkovic (1989) J.I.B.L. 4 (4), 166, 166. 1099 Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 10 A.C.L.R. 395, 401 per Street CJ; Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ; Totty/Moss, Rdn. B1-39; Goode, S. 455; Parry, Rdn. 19.12; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 385 f.; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 317 f.; Finch (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 23; Petkovic (1989) J.I.B.L. 4 (4), 166, 170; Pasban (2001) J.B.L. Jan., 33, 38; Grantham (1991) J.B.L. Jan., 1, 3. 1100 Vgl. Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 10 A.C.L.R. 395, 401 per Street CJ; Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ; Totty/Moss, Rdn. B1-39; Goode, S. 455; Prentice (1990) O.J.L.S. 10, 265, 265; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 385 f.; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 317 f.; Grantham (1991) J.B.L. Jan., 1, 3, 13 f. 1101 Vgl. Totty/Moss, Rdn. B1-39; Goode, S. 455; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 385 f.; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 317 f.; Ferran (1999) Comp. Law. 20 (10), 314, 316.
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um die Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern abdecken zu können. Auch ein Rückgriff auf die Gesellschafter oder die Leitungsmitglieder der Gesellschaft zur Begleichung der Gesellschaftsverbindlichkeiten ist den Gläubigern wegen des Prinzips der limited liability versagt.1102 Infolgedessen wird das Risiko weiterer Verluste vollständig von den Gesellschaftsgläubigern getragen, während Gewinne weiterhin der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern zugute kommen. Diese asymmetrische Risikoverteilung begünstigt unweigerlich opportunistisches Verhalten der Geschäftsleitung zu Lasten der Gläubiger der Gesellschaft. Der Tatsache, dass in einer solchen Situation jede weitere Betätigung der Gesellschaft, wie etwa Rettungsversuche oder andere risikobehaftete Maßnahmen der Unternehmensleitung, primär auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger gehen, wird dadurch Rechnung getragen dass „[. . .] das Interesse der Gesellschaft [als] in Wahrheit identisch mit dem Interesse der existierenden Gläubiger [. . .]“ angesehen wird.1103 Auf diesem Weg findet in der Krise der Gesellschaft ein grundlegender Wechsel der Prioritäten statt:1104 Die Unternehmensleitung hat im Rahmen ihrer fiduziarischen Pflichten gegenüber der Gesellschaft nicht die Interessen der Gesellschafter, sondern die der Gesellschaftsgläubiger – und zwar vor allen anderen – angemessen zu berücksichtigen.1105 Bei einer Verletzung dieser Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft können die verantwortlichen Personen nach section 212 IA 1986 für die Folgen ihres Fehlverhaltens zivilrechtlich haftbar gemacht werden.1106 Die Heilung eines Verstoßes gegen die Treuepflicht durch
1102 Vgl. Totty/Moss, Rdn. B1-39; Goode, S. 455; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 385 f.; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 317 f.; Ferran (1999) Comp. Law. 20 (10), 314, 316. 1103 Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ, siehe auch Equiticorp Finance Ltd (in Liquidation) v Bank of New Zealand (1993) 11 A.C.S.R. 642, 725 per Clarke JA und Cripps JA. 1104 „[. . .] the interests of the creditors intrude.“, Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 10 A.C.L.R. 395, 401 per Street CJ; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ; Totty/Moss, Rdn. B1-39; Griffin, S. 11; Finch (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 23; Hawke (1989) J.B.L. Jan., 54, 56 ff. 1105 Horsley v Weight Ltd [1982] Ch. 442, 455–456 per Tempelman LJ und Cumming Bruce LJ; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ; Yukong Line Ltd of Korea v Rendsburg Investment Corporation of Liberia (No 2) [1998] B.C.C. 870, 885 per Toulson J; Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe [1998] 1 B.C.L.C. 218, 227–228 per Scott V-C; Re Pantone 485 [2002] 1 B.C.L.C. 266, 286–287 per Field QC; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153, Ziff. 81 per Kosmin QC; Re MDA Investment Management Ltd [2003] E.W.H.C. 227, Ziff. 70 per Park J; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.506. 1106 Pettet, S. 165; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 385 f.; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 317 f.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
einen Gesellschafterbeschluss kommt dann – anders als bei einer solventen Gesellschaft – nicht mehr in Betracht, weil die Interessen der Gläubiger als wahre Eigentümer der Gesellschaft Vorrang vor den Interessen der Gesellschafter genießen.1107 (c) Entstehung der Treuepflicht Im britischen Recht ist es allgemein anerkannt, dass die Leitungsmitglieder einer Gesellschaft keiner generellen Verpflichtung unterliegen, zu jeder Zeit die Interessen der Gläubiger bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.1108 Vielmehr besteht Einigkeit darüber, dass die drittschützende Treuepflicht nur ausgelöst wird, wenn das jeweilige Unternehmen in eine gewisse finanzielle Bedrängnis – die sog. „twilight zone“ –1109 gerät. Allerdings existieren in der britischen Rechtsprechung unterschiedliche Einschätzungen dazu, welches Stadium als ausreichend angesehen werden kann, um die Treuepflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange der Gesellschaftsgläubiger zur Entstehung zu bringen.1110 Jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Gesellschaft den Zustand der Insolvenz erreicht oder bereits überschritten hat, wird einhellig angenommen, dass die mit der Leitung der Gesellschaft befassten Personen die Interessen der Gesellschaftsgläubiger vor allen anderen Interessen zu berücksichtigen haben. Denn spätestens ab der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens ist allgemein anerkannt, dass die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft ganz erheblich auf dem Engagement der Gläubiger beruht, weshalb diese nach wirtschaftlichen Aspekten als wahre Eigentümer der Gesellschaft anzusehen sind.1111 1107 Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 10 A.C.L.R. 395, 401 per Street CJ; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ; Official Receiver v Stern [2002] 1 B.C.L.C. 119, 129 per Buxton LJ; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153, Ziff. 81 per Kosmin QC; Re MDA Investment Management Ltd [2003] E.W.H.C. 227, Ziff. 70 per Park J; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.506; Gower/Davies, S. 373; Griffin, S. 30; Hicks (1993) Comp. Law. 14 (1), 16, 20. 1108 Percival v Wright [1902] 2 Ch. 421; Peskin v Anderson [2000] B.C.C. 1110; Multinational Gas and Petrochemical Co v Multinational Gas and Petrochemical Services Ltd [1983] Ch. 258; Pettet, S. 161, 164; Gower/Davies, S. 371 f.; Sealy, S. 262 ff. Siehe auch Jenkins Report, Ziff. 89. 1109 Die Herkunft dieser Bezeichnung ist weithin unklar. Üblicherweise wird der Begriff in der einschlägigen Literatur für den Zeitraum von der ersten ernsthaften finanziellen Bedrängnis einer Gesellschaft bis zur förmlichen Eröffnung eines insolvenzrechtlichen Verfahrens nach britischem Recht verwendet. Siehe dazu Milman (2004), J.B.L. Sept., 493, 493 f. 1110 Finch, S. 504 ff.; dies. (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 23 ff.; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 5; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 302 f.; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 382.; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 322 ff. 1111 Nicholson v Permacraft (NZ) Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 453, 458 per Cooke J; Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd (1986) 10 A.C.L.R. 395, 401 per Street CJ; Brady v
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Nicht eindeutig ersichtlich ist dagegen, inwieweit eine Pflicht zur Berücksichtigung der Gläubigerinteressen besteht, je weiter man sich zeitlich von dem Moment der Insolvenz rückwärts bewegt. Nach älteren Gerichtsentscheidungen zur drittschützenden Treuepflicht bei herannahender Insolvenz ist die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft notwendige Voraussetzung dafür, dass die Interessen der Gläubiger bei der Unternehmensleitung berücksichtigt werden müssen.1112 Jüngere Entscheidungen weichen jedoch erheblich von dieser restriktiven Haltung ab, indem sie eine Beachtung der Interessen der Gesellschaftsgläubiger aufgrund der Treuepflicht bereits dann für erforderlich halten, wenn die Insolvenz der Gesellschaft nur bevorsteht, oder wenn die Gesellschaft einen Zustand zweifelhafter Solvenz erreicht hat, in dem die Zahlungsunfähigkeit lediglich droht.1113 Dieser Tendenz folgend ist die Begründung einer Treuepflicht zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger auch auf solche Fälle ausgedehnt worden, in denen sich die Gesellschaft, ohne zahlungsunfähig zu sein, in einer finanziellen Situation befindet, die als existenzgefährdend anzusehen ist.1114 Folgt man dieser inzwischen als gesichert anzusehenden jüngeren Rechtsprechung, so entsteht die Pflicht der Leitungsmitglieder, die Interessen der Gläubiger zu berücksichtigen, mit Sicherheit bereits vor der Insolvenz des Unternehmens.1115 Eine gewisse Vorhersehbarkeit der Zahlungsunfähigkeit bzw. eine gewisse finanzielle Krise, die potentiell existenzgefährdend ist, ist jedoch weiBrady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ; Totty/Moss, Rdn. B1-39; Goode, S. 455; Kasolowsky, S. 250; Keay (2002) J.B.L. Jul., 379, 385 f.; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 317 f.; Finch (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 23; Petkovic (1989) J.I.B.L. 4 (4), 166, 170; Pasban (2001) J.B.L. Jan., 33, 38. 1112 Nicholson v Permacraft (NZ) Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 453, 462, 463 per Richardson J und Somers J; Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250, 252–253 per Dillon LJ. 1113 Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153, Ziff. 81 per Kosmin QC; Nicholson v Permacraft (NZ) Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 453, 458 per Cooke J; Re New World Alliance Pty Ltd (1994) 122 A.L.R. 531, 550 per Gummow J; Spies v the Queen (2000) 74 A.L.J.R. 1263, Ziff. 94 per Gaudron J, McHugh J, Gummow J und Hayne J; Hawke (1989) J.B.L. Jan., 54, 59. 1114 „[. . .] a very dangerous financial position [. . .]“, Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe [1998] 1 B.C.L.C. 218, 228 per Scott V-C; Alan Peter Whalley (The Liquidator of MBA Investment Management Limited) v George Malcolm Doney, Malcolm Doney Associates (A Firm) [2003] E.W.H.C. 227, Ziff. 74 per Park J. 1115 Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153, Ziff. 81 per Kosmin QC; Nicholson v Permacraft (NZ) Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 453, 458 per Cooke J; Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe [1998] 1 B.C.L.C. 218, 228 per Scott V-C; Re New World Alliance Pty Ltd (1994) 122 A.L.R. 531, 550 per Gummow J; Spies v the Queen (2000) 74 A.L.J.R. 1263, Ziff. 94 per Gaudron J, McHugh J, Gummow J und Hayne J; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 81.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
terhin erforderlich, damit den Belangen der Gläubiger der Vorrang vor allen anderen Interessen einzuräumen ist.1116 Die konkreten Voraussetzungen, welche die drittschützende Treuepflicht auslösen, bleiben aber in der Spruchpraxis der britischen Gerichte unklar, weil die ergangenen Entscheidungen maßgeblich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles abstellen und keine Verallgemeinerung zulassen.1117 Allerdings ist zu erwarten, dass die britischen Gerichte die Treuepflicht des common law im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung eher extensiv als restriktiv auslegen und damit dazu neigen werden, die Entstehung der Pflicht eher frühzeitig anzunehmen.1118 Ein umsichtiger Geschäftsleiter wird demgemäß schon bei ersten Anzeichen einer erheblichen finanziellen Krise beginnen, seine Entscheidungen an den berechtigten Interessen der Gesellschaftsgläubiger auszurichten. (2) Übertragung auf die LLP Da LLP-Gesellschafter nach der Konzeption des Gesetzes mit der Leitung des Unternehmens betraut sind,1119 schulden sie – nicht anders als company directors – Treuepflichten gegenüber ihrem Unternehmen.1120 Mit der Einräumung der Geschäftsführungsbefugnis für die LLP, geht im common law gleichzeitig die Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft einher, diese Befugnis im Interesse des Unternehmens auszuüben.1121 (a) Inhalt der Treuepflicht Gerät das Unternehmen in ernsthafte finanzielle Bedrängnis, so entsteht bei Übertragung der einschlägigen Spruchpraxis im company law auch für LLP-Ge1116 Totty/Moss, Rdn. B1-39; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 6; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 303; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 385; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315, 328 f.; Hawke (1989) J.B.L. Jan., 54, 56 ff. 1117 Keay/Walton, S. 545. Die Entscheidung, wann die Treuepflicht entsteht, wird auch in Zukunft – nach der anstehenden Company Law Reform in Großbritannien – allein den Gerichten vorbehalten sein. Die Company Law Reform Bill vom 1. November 2005 normiert nämlich in ihren general duties of directors diese Treuepflicht gerade nicht, siehe H.L. Bill (2005–2006) [H.L. Bill 34], clauses 154–161. Bereits in den beiden vorhergehenden White Papers hatte die Regierung eine gesetzliche Normierung dieser Treuepflicht abgelehnt, siehe dazu Company Law Reform, Kapitel 7, Draft Clauses, B Directors, S. 85 ff. sowie Modernising Company Law, Teil II, Ziff. 3.8– 3.14 und Modernising Company Law – Draft Clauses, Sch. 2. 1118 Vgl. Palmer’s Company Law, Rdn. 8.506; Totty/Moss, Rdn. B1-39. 1119 Siehe reg. 7 (3) LLP Regulations, section 6 (1) LLPA. 1120 Whittaker/Machell, S. 92 ff.; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-25 ff. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. II. 2. c) aa) (3). 1121 Vgl. Whittaker/Machell, S. 94 f.; Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-37.
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sellschafter eine Verpflichtung, die Interessen der Gläubiger bei der Führung der Geschäfte angemessen zu berücksichtigen.1122 LLP-Gesellschafter sind deswegen gehalten, sich laufend über den finanziellen Status ihres Unternehmens zu informieren, um den Anforderungen an ihr Verhalten gerecht zu werden.1123 Bei Absehbarkeit einer ernsthaften finanziellen Krise ist abzuwägen, ob die zu treffenden Entscheidungen der Geschäftsleitung mit den Interessen der Gläubiger vereinbar sind, oder ob die geplanten Maßnahmen eher als unverhältnismäßig riskante Unterfangen verstanden werden müssen. Soweit zu befürchten ist, dass das Vermögen einer bereits in finanzielle Bedrängnis geratenen LLP durch eine bestimmte Geschäftsmaßnahme in solcher Weise in Mitleidenschaft gezogen wird, dass die Existenz der Gesellschaft gefährdet ist, wird die betreffende Maßnahme mit großer Wahrscheinlichkeit gegen die berechtigten Interessen der Gläubiger verstoßen. Freilich sind die Umstände, unter denen bei einem LLP-Gesellschafter eine Verletzung der Treuepflicht angenommen werden kann, nicht anders als bei section 214 IA 1986, von der Größe des jeweiligen Unternehmens abhängig sowie davon, in welchem Umfang der betreffende Gesellschafter in das Management der LLP involviert ist.1124 Eine völlige Delegation der common law Pflichten an andere Gesellschafter ist allerdings ebenso wenig möglich wie beim wrongful trading.1125 Jeder Gesellschafter muss sich zumindest mit der gebotenen Sorgfalt über die Führung der Geschäfte informieren und kann demgemäß seiner Verantwortlichkeit nicht einfach dadurch entfliehen, dass er die Entscheidungsfindung den übrigen LLP-Gesellschaftern überlässt.1126
1122
So auch Whittaker/Machell, S. 95, 266. Whittaker/Machell, S. 266 f. 1124 Vgl. Whittaker/Machell, S. 266 f.; Sealy, S. 310 ff.; ders. (2001) Comp. Law. 23 (3), 79, 82 f.; Arsalidou (2002) Comp. Law. 23 (4), 107, 112 f.; Walters (2000) Comp. Law. 21 (4), 110, 115–119. 1125 Vgl. zur parallelen Rechtslage bei der company „It is of the greatest importance that any individual who undertakes the statutory and fiduciary duty of being a company director should realise that these are inescapable personal responsibilities“, Re Westmid Packing Services Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths [1998] 2 All E.R. 124, 130–131 per Lord Woolf MR; Re Barings Plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433, 487e–f, 489b–c per Parker J; Whittaker/Machell, S. 266 f.; Sealy, S. 310 ff. 1126 Vgl. Re Landhurst Leasing Plc [1999] 1 B.C.L.C. 286, 346e–h per Hart J; Re Galeforce Pleating Co Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 704, 716a–d per Gloster QC; Re Westmid Packing Services Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths [1998] 2 All E.R. 124, 130–131 per Lord Woolf MR; Whittaker/Machell, S. 267; Sealy, S. 310 ff. Zur parallelen Rechtslage beim wrongful trading siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (a). 1123
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
(b) Maßstab für das Verhalten der Gesellschafter Das Verhalten, das von jedem Gesellschafter im Rahmen der common law Pflichten erwartet wird, orientiert sich dabei nach dem gegenwärtigen Stand der britischen Rechtsprechung im company law an dem kombiniert subjektiv-objektiven Maßstab von section 214 (4) IA 1986.1127 Während die ursprüngliche Rechtsprechung zu den common law Pflichten bei der Beurteilung des Verhaltens von Geschäftsleitungsmitgliedern einen stark subjektiven Maßstab angelegt hat, der die individuellen Fähigkeiten der betreffenden Person haftungsmildernd berücksichtigte,1128 hat sich in den letzten drei Jahrzehnten zurückgehend auf die Entscheidung von Foster J in Dorchester Finance v Stebbing1129 aus dem Jahr 1977 eine Entwicklung zu einem eher objektiven Maßstab vollzogen.1130 Als Endergebnis dieser Entwicklung steht die Rechtsprechung, den Ausführungen von Lord Hoffmann1131 in Norman v Theodore Goddard (A Firm)1132 und Re D’Jan of London1133 folgend, auf dem Standpunkt, dass der in section 214 (4) IA 1986 zugrunde gelegte Maßstab exakt formuliert,1134 welche Sorgfalt ein Leitungsorgan nach common law Grund1127 Re D’Jan of London [1994] 1 B.C.L.C. 561, 563 per Hoffmann LJ; Norman v Theodore Goddard (A Firm) [1991] B.C.L.C. 1028, 1030–1031 per Hoffmann J; Cohen v Selby [2001] 1 B.C.L.C. 176, 183 per Chadwick LJ; siehe auch Dorchester Finance Co Ltd v Stebbing [1989] B.C.L.C. 498, 501–502 per Foster J; Sealy/Milman, S. 227; Gower/Davies, S. 433 ff.; Gore-Browne, Rdn. 27.19.5; Sealy, S. 310 ff.; Griffin, S. 10, 27; Pasban (2001) J.B.L. Jan., 33, 36 f.; Arsalidou (2001) Comp. Law. 22 (1), 19, 21 f.; Howell (2005) J.B.L. Sep., 640, 641 ff. Anders Finch, S. 509, die davon ausgeht, dass sich die Rechtsprechung noch nicht festgelegt hat und insoweit eher einen subjektiven Maßstab favorisiert. 1128 Vgl. „[. . .] a director need not exhibit in the performance of his duties a greater degree of skill than may be reasonably expected from a person of his knowledge and experience.“, Re City Equitable Fire Insurance Co [1925] Ch. 407, 428 per Romer J; Gower/Davies, S. 433; Gore-Browne, Rdn. 27.19.1 ff.; Charlesworth/Morse, S. 277 f.; Sealy (2001) Comp. Law. 22 (3), 79, 82 f.; Walters (2000) Comp. Law. 21 (4), 110, 110.; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 95. 1129 [1989] B.C.L.C. 498, 501–502 per Foster J. 1130 So auch Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 254; Gower/Davies, S. 433 ff.; GoreBrowne, Rdn. 27.19.5; Sealy, S. 310 ff.; Griffin, S. 27 f.; Pasban (2001) J.B.L. Jan., 33, 36 f.; Arsalidou (2001) Comp. Law. 22 (1), 19, 21 f.; Sealy (2001) Comp. Law. 22 (3), 79, 82 f.; Lord Hoffmann (1997) Comp. Law. 18 (7), 194, 196–198; Riley (1999) M.L.R. 62, 697, 698 f.; Finch (1992) M.L.R. 55, 179, 200–204; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 95. 1131 Damals noch als Hoffmann J, bzw. Hoffmann LJ. 1132 [1991] B.C.L.C. 1028, 1030–1031 per Hoffmann J. 1133 [1994] 1 B.C.L.C. 561, 563 per Hoffmann LJ. 1134 Diese Rechtsprechungsentwicklung im common law wird nach der anstehenden Company Law Reform in Großbritannien im Companies Act berücksichtigt werden. Die Company Law Reform Bill vom 1. November 2005 normiert in ihren general duties of directors diesen objektiven Maßstab, siehe H.L. Bill (2005–2006) [H.L. Bill 34], clauses 154–161, insbesondere clause 158; siehe auch die dazugehörigen Explana-
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sätzen anwenden muss.1135 Nicht anders als im Fall des wrongful trading wird infolgedessen auch im Hinblick auf die common law Pflichten von LLP-Gesellschaftern durch die objektive Komponente des subjektiv-objektiven Tests eine allgemeingültige Untergrenze geschaffen, die nicht unterschritten werden darf.1136 Nach den zu übertragenden Grundsätzen der Rechtsprechung zu section 214 (4) IA 1986 werden die britischen Gerichte infolgedessen auch zur Erfüllung der insolvenzrechtlichen Treuepflicht von LLP-Gesellschaftern verlangen, dass jeder Gesellschafter zumindest Kenntnis von der finanziellen Lage der LLP hat, wie sie aufgrund der gesetzlichen Bilanzierungspflichten zu Tage getreten ist oder hätte zu Tage treten müssen.1137 Zudem werden die Gerichte auch bei der Anordnung einer Haftung nach section 212 IA 1986 darauf achten, ob in der Krise des Unternehmens externe Berater – insbesondere geprüfte Insolvenzfachleute (insolvency practitioners) – eingeschaltet wurden, um die Interessen der Gläubiger angemessen zu berücksichtigen, und ob die Ratschläge dieser Fachleute umfangreich und zügig befolgt wurden.1138
tory Notes zur Company Law Reform Bill, H.L. Bill (2005–2006) [H.L. Bill 34-EN], Ziff. 298 ff., 334 f. Bereits in ihren beiden vorangegangenen White Papers hatte sich die Regierung für die Normierung dieses objektiven Maßstabs in einem gesetzlichen Pflichtenkatalog für directors ausgesprochen, siehe dazu Company Law Reform, Kapitel 7, Draft Clauses, B Directors, S. 85 ff.; Modernising Company Law – Draft Clauses, Sch. 2. 1135 Re D’Jan of London [1994] 1 B.C.L.C. 561, 563 per Hoffmann LJ; Norman v Theodore Goddard (A Firm) [1991] B.C.L.C. 1028, 1030–1031 per Hoffmann J; Cohen v Selby [2001] 1 B.C.L.C. 176, 183 per Chadwick LJ; siehe auch Dorchester Finance Co Ltd v Stebbing [1989] B.C.L.C. 498, 501–502 per Foster J; Sealy/Milman, S. 227; Gower/Davies, S. 433 ff.; Gore-Browne, Rdn. 27.19.5; Sealy, S. 310 ff.; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 95 ff.; Howell (2005) J.B.L. Sep., 640, 641 ff. 1136 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020; Griffin, S. 10, 27; Milman/Durrant, S. 230; Whittaker/Machell, S. 242 f.; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Doyle (1992) Comp. Law. 13 (5), 96, 97 f. 1137 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491, 498 per Vinelott J; Official Receiver v Doshi [2001] 2 B.C.L.C. 235, Ziff. 96 ff. per Hart J; Gower/Davies, S. 197; Whittaker/Machell, S. 243. Zur parallelen Rechtslage beim wrongful trading siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (a). 1138 Vgl. Re Continental Assurance Co of London [2001] B.I.P.R. 733; Liquidator of Marini v Dickensen [2003] E.W.H.C. 334; Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397. Zur parallelen Rechtslage beim wrongful trading siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (b).
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(c) Haftungsausschluss nach section 727 CA 1985 Ist ein Verfahren nach section 212 IA 1986 gegen einen LLP-Gesellschafter wegen einer Verletzung der Treuepflicht eingeleitet worden, so kann dessen persönliche Inanspruchnahme gegenüber der Gesellschaft nur ausgeschlossen werden, wenn das Gericht nach section 727 CA 1985 davon überzeugt ist, dass der Gesellschafter aufrichtig und vernünftig gehandelt hat und sein Verhalten deshalb fairerweise zu entschuldigen ist. Da jedoch entsprechend den vorstehenden Ausführungen zur Beurteilung des Verhaltens von mit der Geschäftsleitung betrauten Personen zunehmend ein objektiver Mindestmaßstab angelegt wird,1139 dürfte die Möglichkeit, dass die Rechtsprechung ein gegen die berechtigten Belange der Gläubiger verstoßendes Verhalten als entschuldigt ansieht, zunehmend an Bedeutung verlieren.1140 Subjektive Unzulänglichkeiten der LLP-Gesellschafter können jedenfalls im Rahmen von section 727 CA 1985 nicht mehr als Entschuldigungsgrund herangezogen werden. cc) Bewertung von section 212 IA 1986 Die Möglichkeit, gegen die mit der Geschäftsleitung betrauten Gesellschafter einer LLP ein Verfahren nach section 212 IA 1986 wegen Missachtung ihrer Treuepflicht anzustrengen, wird teilweise als eher uneffektiver Mechanismus des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes angesehen.1141 Der Grund hierfür besteht darin, dass ein Verfahren wegen der Verletzung von Treuepflichten nach common law Grundsätzen verschiedene Eigenschaften aufweist, die im Vergleich zu den alternativen Verfahren nach sections 214 und 214A IA 1986 unvorteilhaft erscheinen.1142 (1) Schwächen eines Verfahrens wegen Treuepflichtverletzung Ein wesentlicher Nachteil von Verfahren nach section 212 IA 1986 wegen Treuepflichtverletzung wird gemeinhin darin gesehen, dass sich in der Spruchpraxis der Gerichte bislang keine eindeutigen Kriterien hinsichtlich des Zeitpunkts herausgebildet haben, zu dem die Pflicht gegenüber der Gesellschaft entsteht, die Interessen der Gesellschaftsgläubiger angemessen zu berücksichtigen.1143 Gesichert ist nur, dass Maßnahmen der Unternehmensleitung die schutzwürdigen Interessen der Gesellschaftsgläubiger berücksichtigen müssen, 1139
Dazu Gower/Davies, S. 432 ff.; Pettet, S. 164; Sealy, S. 310 ff. Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 7; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 406 f. 1141 Vgl. Finch, S. 519; Tolmie, S. 363; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 6 f.; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 406 f. 1142 Vgl. Finch, S. 519; Tolmie, S. 363; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 6 f.; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 406 f. 1140
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wenn die Gesellschaft den Zustand der Zahlungsunfähigkeit erreicht hat, wenn die Zahlungsunfähigkeit unmittelbar bevorsteht oder wenn die Gesellschaft in ernsthafte finanzielle Bedrängnis gerät.1144 Wann jedoch im Einzelnen ein Bevorstehen der Insolvenz oder eine ernsthafte finanzielle Bedrängnis anzunehmen ist, bleibt unklar. Aufgrund dessen ist es für eine Partei, die ein Verfahren nach section 212 IA 1986 führt, nur schwer möglich, dessen Erfolgsaussichten zu prognostizieren. Ungeachtet dieser Schwäche ist jedoch section 212 IA 1986 nicht unbedingt den Verfahren nach sections 213, 214 und 214A IA 1986 unterlegen, weil auch diese – hauptsächlich aufgrund des weiten Ermessensspielraums der Gerichte – ähnliche Unsicherheiten hinsichtlich der Fixierung des haftungsauslösenden Zeitpunkts aufweisen.1145 Als sehr viel nachteiliger für die Effektivität eines Verfahrens nach section 212 IA 1986 wird es jedoch angesehen, dass etwaige Schadensersatzleistungen der verantwortlichen Personen – anders als im Fall von sections 213, 214 und 214A IA 1986 – nicht unmittelbar zu Gunsten der ungesicherten Gläubiger in die Hände des Insolvenzverwalters fließen.1146 Weil die common law Treuepflichten nur gegenüber der Gesellschaft bestehen und der Insolvenzverwalter nicht durch Gesetz zum alleinigen Herrn des Verfahrens bestimmt wird, gehen Zahlungen wegen Treuepflichtverletzung in das herkömmliche Vermögen der Gesellschaft.1147 Damit fallen solche Schadensersatzleistungen in den Haftungsverband etwaiger floating charges,1148 die als Sicherungsmittel alle gegenwärtigen und zukünftigen Vermögensgegenstände der Gesellschaft insgesamt belasten
1143 Finch, S. 506 f.; Keay/Walton, S. 545; Pasban (1991) J.B.L. Jan., 33, 37; Finch (1989) Comp. Law. 10 (1), 23, 25; Petkovic (1989) J.I.B.L. 4 (4), 166, 170; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 7; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 408. 1144 Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535, 552 per Nourse LJ; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153, Ziff. 81 per Kosmin QC; Nicholson v Permacraft (NZ) Ltd [1985] 3 A.C.L.C. 453, 458 per Cooke J; Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe [1998] 1 B.C.L.C. 218, 228 per Scott V-C; Re New World Alliance Pty Ltd (1994) 122 A.L.R. 531, 550 per Gummow J; Spies v the Queen (2000) 74 A.L.J.R. 1263, Ziff. 94 per Gaudron J, McHugh J, Gummow J und Hayne J. 1145 Keay/Walton, S. 547; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 7; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 408. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. b) dd) (section 213 IA 1986); 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (1) (b) (section 214 IA 1986); 1. Teil § 6. V. 1. d) cc) (section 214A IA 1986). 1146 Goode, S. 455 f.; Parry, Rdn. 26.19; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 7; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 408. 1147 Re Anglo Austrian Printing and Publishers Union [1895] 2 Ch. 891; Goode, S. 455 f.; Parry, Rdn. 19.45; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 7; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 408. 1148 Zur floating charge siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (2). Allgemein dazu und zu den jüngsten Rechtsänderungen durch den EA 2002 siehe Gower/Davies, S. 818 ff.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
und in Großbritannien als gängigste Form der Sicherheit in nahezu allen Fällen einer Unternehmensinsolvenz existieren.1149 Erst wenn die Inhaber dieser Sicherungsinstrumente vollständig befriedigt worden sind, können die ungesicherten Insolvenzgläubiger aus den gerichtlich angeordneten Zahlungen bedient werden. Da die Summe der Forderungen aller floating charge Gläubiger aber in der Regel so hoch ist, dass diese die gerichtlich nach section 212 IA 1986 angeordneten Ersatzleistungen vollständig aufzehren, gehen die ungesicherten Gläubiger in Verfahren nach section 212 IA 1986 oftmals leer aus. Auch dieser generelle Vorbehalt gegen ein Verfahren nach section 212 IA 1986 ist allerdings in einem gewissem Maße zu relativieren, weil auch die Inhaber einer floating charge, selbst wenn sie umfassend besichert sind, zu den Gläubigern der Gesellschaft zählen, so dass sie nicht ohne Grund in den Genuss von Gläubigerschutzvorschriften kommen. (2) Vorteile eines Verfahrens wegen Treuepflichtverletzung Ungeachtet der vorbeschriebenen Schwächen von section 212 IA 1986 darf nicht vernachlässigt werden, dass allein schon mit der latenten Gefahr der Einleitung eines Verfahrens wegen Treuepflichtverletzung eine Disziplinierung der geschäftsleitenden LLP-Gesellschafter und damit ein Schutz der Gläubigerinteressen bei der LLP einhergeht.1150 Jede Möglichkeit, die für die Leitung der LLP verantwortlichen Gesellschafter persönlich haftbar zu machen, entfaltet zweifellos eine gewisse Abschreckungswirkung, die geeignet ist, das haftungsauslösende Verhalten zu verhindern.1151 Dabei kann gerade die Unsicherheit im Hinblick auf den Zeitpunkt des Entstehens der Treuepflicht zur Vorsicht und damit zu gläubigerschützendem Verhalten anhalten. Weil nicht klar ist, wie weit vor der eigentlichen Zahlungsunfähigkeit die Treuepflicht besteht und umfassend zu beachten ist, werden umsichtige LLP-Gesellschafter bereits frühzeitig ihr Verhalten an den Interessen der Gläubiger orientieren, wenn eine finanzielle Krise erkennbar wird. Da das Verhalten von LLP-Gesellschaftern, nicht anders als im Fall des wrongful trading, anhand des subjektiv-objektiven Maßstabs von section 214 (4) IA 1986 beurteilt 1149 Re Anglo Austrian Printing and Publishers Union [1895] 2 Ch. 891; Goode, S. 455; Parry, Rdn. 19.45; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 7; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 408. Zu den jüngsten Rechtsänderungen hinsichtlich der Verwertung einer floating charge durch den EA 2002 siehe Gower/Davies, S. 840 ff.; Foster (2003) Ins. Law. 5, 174–185; Finch (2003) J.B.L. Nov., 527–557; Walters (2004) Comp. Law. 25 (1), 1; Frisby (2004) M.L.R. 67 (2), 251–268; Simmons (2004) J.B.L. Jul., 423–436. 1150 Vgl. Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 79; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 306; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 409. 1151 Vgl. Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 9; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 306; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 409.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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wird, müssen bedachte Gesellschafter zudem ihr Handeln stets an einem objektiven Mindeststandard ausrichten, der nicht unterschritten werden darf.1152 Ein Verfahren nach section 212 IA 1986 hat überdies den spezifischen Vorteil, dass nicht nur der jeweilige Insolvenzverwalter (liquidator), sondern auch der amtlich bestellte Verwalter (official receiver), etwaige der LLP nachschusspflichtige Personen (contributories) und insbesondere die Gläubiger der LLP (creditors) antragsberechtigt sind.1153 Anders als bei den Verfahren nach sections 213, 214 und 214A IA 1986 sind die Gesellschaftsgläubiger infolgedessen nicht ohne Handhabe, wenn der zuständige Verwalter sich weigert, eine Verfahrenseröffnung zu beantragen. Probleme wegen der Finanzierung eines Verfahrens wegen Treuepflichtverletzung nach section 212 IA 1986 bestanden bereits vor der Änderung von rule 4.218 (1) (a) IR 1986 nicht. Aufgrund der Tatsache, dass die wegen Treuepflichtverletzung zu leistenden Schadensersatzzahlungen in das Vermögen der Gesellschaft fließen, nicht jedoch in die Hand des Insolvenzverwalters, waren die im Zusammenhang mit solchen Verfahren entstehenden Kosten bereits nach der alten Regelung bevorrechtigt aus dem Vermögen der Gesellschaft ersatzfähig.1154 Zudem wirkt es sich vorteilhaft aus, dass die Rechtsprechung die Ersatzforderungen aus einem Verfahren nach section 212 IA 1986 als solche als Vermögensgegenstände der Gesellschaft ansieht.1155 Dadurch ist es einem liquidator im Unterschied zu den alternativen Verfahren des IA 1986 möglich, zur Finanzierung von Verfahren nach section 212 IA 1986 etwaige zukünftige Ersatzforderungen aufgrund seiner Befugnis aus para. 6 Sch. 4 IA 1986 an aufrechnungswillige Dritte abzutreten. Infolgedessen ist die Durchführung von Verfahren wegen Treuepflichtverletzung auch in solchen Fällen gesichert, in denen ein Ersatz der Kosten nach rule 4.218 (1) (a) IR 1986 aufgrund vollkommener Vermögenslosigkeit der LLP ausgeschlossen ist.1156 1152 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569, 595 per Knox J; Palmer’s Company Law, Rdn. 15.460.1; Totty/Moss, Rdn. B1-32; Goode, S. 470 f.; Fletcher, Rdn. 27-020; Milman/Durrant, S. 230; Whittaker/Machell, S. 242 f.; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Doyle (1992) Comp. Law. 13 (5), 96, 97 f. 1153 Section 212 (3) IA 1986; Re Ayala Holdings Ltd [1993] B.C.L.C. 256; Milman/Durrant, S. 235; Parry, Rdn. 19.44. Das Antragsrecht von nachschusspflichtigen Personen ist nach section 212 (5) IA 1986 von der Genehmigung des Gerichts abhängig. 1154 Parry, Rdn. 26.44; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 8. 1155 „Thus a right of action against directors for misfeasance which the liquidator (amongst others) can enforce under section 212 of the Act of 1986 and the fruits of such an action are property of the company [. . .] because the right of action arose and was available to the company prior to the winding up.“, Re Services Merchandising Ltd [1998] Ch. 170, 181 per Gibson LJ.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
(3) Fazit Auch wenn section 212 IA 1986 isoliert betrachtet aufgrund der bestehenden Schwächen keinen umfassenden Schutz der Gläubigerinteressen gewährleisten kann, so stellen Verfahren wegen Treuepflichtverletzung nach dieser Vorschrift dennoch eine effektive Ergänzung zu den alternativen insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzmechanismen bei der LLP dar.1157 Aufgrund ihrer flexiblen Tatbestandsvoraussetzungen und ihres weiten Anwendungsbereichs können Verfahren nach section 212 IA 1986 als Allzweckwaffe gegen nahezu jedwedes Fehlverhalten von mit der Geschäftsleitung betrauten Personen in Zusammenhang mit einer Insolvenz eingesetzt werden.1158 Gerade in Fällen, in denen die übrigen insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzmaßnahmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Erfolg haben, so wie dies in den Fällen Kinsela v Russell Kinsela Pty Ltd,1159 West Mercia Safetywear v Dodd 1160 oder Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe1161 für die Gläubiger einer company der Fall war, kann ein Verfahren wegen Treuepflichtverletzung gewährleisten, dass die Gläubiger der Gesellschaft nicht schutzlos bleiben.1162 In dieser Funktion wird sich section 212 IA 1986 auch bei der LLP von Bedeutung sein. Nicht zuletzt aufgrund des immer noch recht ungewissen Zeitpunkts des Entstehens der insolvenzrechtlichen Treuepflicht und der Tatsache, dass die britischen Gerichte bei Übertragung der Rechtsprechung zu company directors für das Verhaltens von LLPGesellschaftern einen objektiven Mindeststandard anlegen werden, ist die Geschäftsleitung gehalten, die Interessen der Gläubiger bereits frühzeitig zu berücksichtigen, sobald Anzeichen für eine finanzielle Krise der LLP ersichtlich werden. Die vorstehende positive Einschätzung des common law Konzepts insolvenzbedingter Treuepflichten der Geschäftsleitung zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger scheint sich immer mehr auch auf europäischer Ebene durchzusetzen. Aus den Beratungen, die dem zweiten Abschlussbericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (Winter-Gruppe) über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa vorangin1156
Vgl. Parry, Rdn. 26.46. Vgl. Parry, Rdn. 19.26 ff.; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 9; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300, 306; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 409. 1158 Parry, Rdn. 19.04; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 6 f.; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 406. 1159 (1986) 10 A.C.L.R. 395. 1160 [1988] 1 B.C.L.C. 250. 1161 [1998] 1 B.C.L.C. 218. 1162 Parry, Rdn. 19.04; Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1, 6 f.; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379, 406. 1157
§ 6 Die Verfassung der LLP
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gen, geht unzweifelhaft hervor, dass das britische common law Prinzip, bei zweifelhafter Solvenz eine Treuepflicht der Geschäftsleitung zur Wahrung der Interessen der Gesellschaftsgläubiger anzunehmen, von zahlreichen Befragten durchaus als erwägenswerte Möglichkeit des Gläubigerschutzes angesehen wurde.1163 In Deutschland weist nicht zuletzt die jüngst vom BGH entwickelte Fallgruppe des gläubigerschützenden Haftungsdurchgriffs wegen existenzvernichtenden Eingriffs1164 in ihrer Begründung und ihrer Wirkung Gemeinsamkeiten zur Haftung der Geschäftsleitung wegen Missachtung der Gläubigerinteressen bei herannahender Insolvenz nach section 212 IA 1986 auf.1165 Auch das deutsche Haftungskonzept schützt mittelbar die Gläubiger vor einer Missachtung ihrer Interessen,1166 weil die Haftung der verantwortlichen Personen durch eine Verletzung der Eigenbelange der Gesellschaft ausgelöst wird, die durch eine fehlende Rücksichtnahme auf die Fähigkeit der Gesellschaft zur Bedienung der unter ihrem Dach eingegangenen Verbindlichkeiten begründet wird.1167 f) Disqualification of unfit members (section 6 CDDA 1986) Neben der Möglichkeit, Personen, die mit der Leitung einer Gesellschaft betraut sind, in der Insolvenz des Unternehmens nach den Vorschriften des Abschnitts IV Kapitel X IA 1986 oder den Prinzipien des common law persönlich in Anspruch zu nehmen, existieren im britischen Recht im CDDA 1986 Regelungen, nach denen den verantwortlichen Personen durch Disqualifikation ein Berufsverbot auferlegt werden kann. Wie sections 213 und 214 IA 1986 findet auch der CDDA 1986 uneingeschränkt auf die neue Gesellschaftsform der LLP Anwendung.1168 1163 Siehe den Bericht der Winter-Gruppe, Kapitel VI, Ziff. 4 und Anhang 3, S. 164. Abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/company/company/mo dern/consult/report_de.pdf. 1164 Grundlegend BGHZ 149, 10, 16 („Bremer Vulkan“); konkretisierend BGHZ 151, 181, 186 f. („KBV“); kürzlich BGH, NZG 2005, 177, 177 f.; BGH, NZG 2005, 214, 214 f.; zur Existenzvernichtungshaftung Hüffer, § 1 AktG, Rdn. 22 ff.; Lutter/ Hommelhoff, § 13 GmbHG, Rdn. 15 ff.; Schiessl, in: MüHdB GmbH, § 35, Rdn. 19 ff.; Hueck/Windbichler, S. 51; Schön, ZHR 168 (2004), 268–297, Wiedemann, ZGR 2003, 283–297; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402–440, alle m. w. N. 1165 Zur Begründung der Existenzvernichtungshaftung Schön, ZHR 168 (2004), 268, 272 ff., 282 ff., zu parallelen Wertungen im britischen Recht auf Seite 290; Wiedemann, ZGR 2003, 283, 285 ff.; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402, 413 ff. 1166 So auch Weller, S. 245. 1167 BGHZ 151, 181 ff., 186 f. („KBV“); dazu schon Röhricht, in: 50 Jahre BGH, 83, 103 ff.; Schön, ZHR 2004, 268, 282 ff. 1168 Es findet lediglich eine Anpassung der Begrifflichkeiten statt: Verweise auf die „company“ sollen die „limited liability partnership“ mit einschließen, Verweise auf „directors“ sollen „members“ miteinbeziehen und Verweise auf einen „shadow direc-
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Von den verschiedenen Tatbeständen, die eine gerichtlich ausgesprochene Disqualifikation (disqualification order) rechtfertigen können, kommt in der Praxis section 6 CDDA 1986 (duty of court to disqualify unfit directors of insolvent companies) die bei weitem größte Bedeutung zu.1169 Diese Norm knüpft als Grund für ein Berufsverbot einerseits an die fehlende Eignung einer mit der Leitung einer Gesellschaft betrauten Person (unifitness)1170 und andererseits an die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens an (which has at any time become insolvent).1171 Wegen des besonderen Gewichts dieses „Flaggschiffverfahrens“1172 des CDDA 1986 konzentriert sich die folgende Untersuchung der gläubigerschützenden Wirkung der Disqualifikationsvorschriften im Rahmen des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes der LLP auf section 6 CDDA 1986. aa) Historischer Hintergrund des CDDA 1986 Bestimmungen, die die Disqualifikation von Geschäftsleitern einer Gesellschaft erlauben, sind im britischen Recht erstmals durch den CA 1929 und den CA 1948 geschaffen worden.1173 Obwohl der Anwendungsbereich dieser Normen in der Folge insbesondere durch den CA 1976 und den CA 1981 sukzessive immer weiter ausgedehnt wurde, kam diesem Instrument bis ins Jahr 1985 kaum praktische Bedeutung zu.1174 Aufgrund der nur unzureichend zur Verfügung gestellten finanziellen und personellen Mittel war es den dafür zuständigen Stellen in der Praxis nicht möglich, das Verhalten der leitenden Organe einer Gesellschaft effektiv auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Berufstor“ beziehen sich ebenfalls auf einen „shadow member“; siehe reg. 4 (2) (a), (f), (g) LLP Regulations. Überdies legt Part II Sch. 2 LLP Regulations eine Haftung nach section 214A IA 1986 als Erwägungsgrund dafür fest, dass ein Gesellschafter einer insolventen LLP nach para. 8A Part II Sch. 1 CDDA 1986 zur Geschäftsleitung ungeeignet ist. Da die LLP Regulations am 6. April 2001 in Kraft getreten sind, enthält der auf die LLP anwendbare CDDA 1986 auch diejenigen Änderungen, die durch den IA 2000 in den CDDA 1986 eingeführt worden sind; denn der IA 2000 ist bereits vorher, nämlich am 2. April 2001, in Kraft getreten. 1169 Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 608; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107.4; Sealy, S. 329; Pettet, S. 419; Goode, S. 478; Milman/Durrant, S. 242; Parry, Rdn. 24.03; Whittaker/Machell, S. 263; Fletcher, in: Palmer’s LLP, Rdn. A11-08; Tolmie, S. 248; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 32; Clark (2002) B.L.R. Mar., 54, 54. Section 10 CDDA 1986, die dem Gericht die Möglichkeit gibt, eine Disqualifikation im Fall von wrongful oder fraudulent trading auszusprechen (participation in wrongful trading), ist dagegen von geringerer praktischer Relevanz. 1170 Section 6 (1) (b) CDDA 1986. 1171 Section 6 (1) (a) CDDA 1986. Wann eine Gesellschaft im Rahmen dieser Norm als zahlungsunfähig anzusehen ist, wird durch section 6 (2) CDDA 1986 legaldefiniert. 1172 Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 608. 1173 Eingehend zur Entstehungsgeschichte des CDDA Griffin, S. 133 f. 1174 Vgl. Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 589.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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verbots zu untersuchen und im Falle eines tatbestandserfüllenden Fehlverhaltens ein Verfahren zur Disqualifikation der verantwortlichen Personen einzuleiten und durchzuführen.1175 Im Rahmen der umfassenden Insolvenzrechtsreform von 1985 änderte sich diese Situation jedoch grundlegend. Nachdem die Regierung in ihrem White Paper „A Revised Framework for Insolvency Law“1176 einen Strategiewechsel hinsichtlich der Disqualifikationsvorschriften angekündigt hatte, wurden getreu den geäußerten Absichten die Vorschriften zum Betätigungsverbot von Leitungsmitgliedern einer Gesellschaft gründlich überholt. Dabei erfolgte auch die heute noch existierende Ausgliederung der Vorschriften zur Disqualifikation in den CDDA 1986.1177 Zudem wurden neue Tatbestände zur Disqualifikation in den Gesetzestext eingeführt, darunter auch section 6 CDDA 1986 als Zentralvorschrift der neuen Bestimmungen. Überdies hat das DTI in Form des Insolvency Service eine eigene Abteilung geschaffen, die sich ausschließlich mit der Untersuchung von Disqualifikationsfällen und der Einleitung von Verfahren im Namen des Secretary of State for Trade and Industry befasst. Ferner sind die mit der Leitung eines Insolvenzverfahrens betrauten Personen durch die Gesetzesreformen verpflichtet worden, in jedem Fall einer Unternehmensinsolvenz, einen Bericht für das DTI zu verfassen, in dem das Verhalten der Geschäftsleiter im Zusammenhang mit der Insolvenz näher beleuchtet wird.1178 Maßgeblich angestoßen wurde die Reform durch die Anregungen des Cork Report. Dessen Kapitel 45 stellte unmissverständlich die Unzulänglichkeiten der vormals bestehenden Regelungen heraus und betonte nachdrücklich die Notwendigkeit einer umfangreichen Reform und Stärkung der gerichtlichen Befugnisse zur Disqualifikation in Fällen, in denen sich die verantwortlichen Personen der Geschäftsleitung als ungeeignet erwiesen haben, weiterhin die Geschäfte eines Unternehmens mit beschränkter Haftung zu führen.1179
1175 1176
Vgl. Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 589. Siehe A Revised Framework for Insolvency Law, insbesondere Ziff. 12–14,
46–51. 1177 Wobei die Bestimmungen des CDDA 1986 bereits am 28. April 1986 und somit einige Monate vor der allgemeinen Umsetzung des IA 1985 in Kraft getreten sind. Der IA 1986 hat dann im darauffolgenden Jahr die im Jahre 1985 beschlossenen Reformen des IA 1985 mit einzelnen insolvenzrechtlichen Bestimmungen des CA 1985 und anderen Einzelvorschriften in einem homogenen Gesetzestext – dem IA 1986 – zusammengefügt. Der CDDA 1986 blieb indessen als eigenständiges Gesetz neben dem IA 1986 bestehen. 1178 Vgl. section 7 (2) CDDA 1986; die dazugehörenden Verordnungen sind gegenwärtig in den Insolvent Companies (Reports on Conduct of Directors) Rules 1996, Statutory Instrument (1996/1909) zu finden. Diese wurden zuletzt durch das Statutory Instrument (2001/764) geändert. Siehe dazu Mithani/Wheeler, S. 7 ff. 1179 Cork Report, Kapitel 45, Ziff. 1813–1837.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Nachdem die Zahl der Disqualifikationsverfahren nach den Reformen von 1985 bereits beträchtlich gestiegen war,1180 hat das DTI die praktische Handhabung von Disqualifikationsverfahren als Reaktion auf eine kritische Analyse der Arbeitsweise des Insolvency Service im Jahre 19931181 weiter rationalisiert. Zudem wurden dem Insolvency Service als Folge der Kritik zusätzliche finanzielle Mittel zur Untersuchung etwaigen Fehlverhaltens von Geschäftsleitern zur Verfügung gestellt. Infolge dieser weiter gehenden Neuerungen haben Disqualifikationsverfahren nach dem CDDA 1986 in der Praxis immer mehr an Bedeutung gewonnen.1182 Zur Bekämpfung der erkannten Missstände im Management von Unternehmen verfolgt der CDDA 1986 ein dreifaches Ziel:1183 Erstens soll durch die Vorschriften des Gesetzes die Allgemeinheit davor geschützt werden, dass objektiv ungeeignete Personen mit der Geschäftsleitung von Gesellschaften befasst sind, die das Privileg der limited liability genießen. Zweitens soll der CDDA 1986 die mit der Geschäftsleitung betrauten Personen vor einem die Gesellschaft schädigenden Fehlverhalten abschrecken. Drittens zielen die Regelungen darauf ab, den allgemeinen Standard des Verhaltens von leitenden Organen einer Gesellschaft zu erhöhen. bb) Regelungsinhalt von section 6 CDDA 1986 Im Hinblick auf eine LLP ist das zuständige Gericht1184 nach section 6 (1) CDDA 1986 auf entsprechenden Antrag verpflichtet, jemanden unter den folgenden zwei Voraussetzungen zu disqualifizieren: 1180
Fletcher, Rdn. 27-053. National Audit Office (1993). 1182 Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 589 f.; Gower/Davies, S. 216 f.; Pettet, S. 417; Fletcher, Rdn. 27-054; Milman/Durrant, S. 256. 1983–84 belief sich die Anzahl der Disqualifikationen noch auf 89 Fälle. Bereits 1987–88 wurde in 197 Fällen ein Berufsverbot ausgesprochen. 1993–94 stieg die Zahl der Disqualifikationen weiter auf 493 Fälle an. Ab dem Jahr 1999–2000 hat sich die Anzahl der Disqualifikationen auf ca. 1.500 Fälle pro Jahr eingependelt. Im letzten statistisch bereits erfassten Jahr 2002–03 wurden 1.549 Fälle registriert. Die Zahlen ab 1986 sind den entsprechenden Jahresberichten des Insolvency Service entnommen. Die Ziffer von 1983–84 stammt aus dem jährlichen Bericht des DTI über Kapitalgesellschaften. 1183 „The purpose of the 1986 Act is the protection of the public, by means of prohibitory remedial action, by anticipated deterrent effect on further misconduct and by encouragement of higher standards of honesty and diligence in corporate management [. . .]“, Re Blackspur Group Plc [1998] 1 B.C.L.C. 676, 680 per Lord Woolf MR; ähnlich Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 176 per Dillon LJ; Sealy/ Milman, 6. Aufl., S. 594 ff.; Totty/Moss, Rdn. B1-03; Gower/Davies, S. 215; Milman/ Durrant, S. 244; Finch, S. 526; Hicks (2001) J.I.B.L. Sep., 433, 438. 1184 Nach section 6 (3) (3A) CDDA 1986 ist dies das Gericht, das auch zuständig ist, für das Liquidationsverfahren (winding up) über das Vermögen der Gesellschaft, section 744 CA 1985 i. V. m. section 251 IA 1986. Für eine LLP in England und 1181
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Die betreffende Person muss einerseits Gesellschafter einer insolventen LLP sein oder gewesen sein,1185 wobei die Insolvenz sowohl zu der Zeit, als die betreffende Person Gesellschafter der entsprechenden LLP war, als auch nach diesem Zeitraum eingetreten sein kann.1186 Dabei werden sowohl faktische Gesellschafter1187 als auch Schattengesellschafter 1188 vom Anwendungsbereich von section 6 CDDA 1986 erfasst.1189 Andererseits muss das Gericht davon überzeugt sein, dass das Verhalten der in Frage kommenden Person diese ungeeignet macht, in der Geschäftsleitung einer LLP oder einer company mitzuwirken.1190 Diese Überzeugung kann sowohl auf einer isolierten Betrachtung des Verhaltens im Zusammenhang mit der insolventen LLP (lead LLP) oder aus einer Zusammenschau mit dem Verhalten der Person als Gesellschafter einer anderen LLP (collateral LLP) oder als director einer company (collateral company) gewonnen werden.1191 Soweit das Gericht auf das Verhalten in einer anderen LLP oder company Bezug nimmt, ist es nicht erforderlich, dass auch diese Gesellschaft den Zustand der Zahlungsunfähigkeit erreicht hat.1192 Allerdings kann auf das Verhalten im Rahmen der Geschäftsführung anderer Gesellschaften nicht zurückgegriffen werden, wenn dem Verhalten des Betroffenen im Zusammenhang mit der lead LLP keine Anhaltspunkte fehlender Geeignetheit zu entnehmen sind.1193 Wales ist dies nach section 117 (1), (2) IA 1986 wahlweise entweder der High Court of Justice in London oder der County Court des Bezirks, in dem die LLP registriert ist. 1185 Der Begriff „insolvent werden“ („becomes insolvent“) wird zu diesem Zweck in section 6 (2) CDDA 1986 legaldefiniert. Darunter versteht man entweder den Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaft liquidiert wird und das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr ausreichend ist, um die Verbindlichkeiten – einschließlich der Verbindlichkeiten aus dem Liquidationsverfahren (winding up) – zu bedienen, oder den Zeitpunkt, zu dem das insolvenzrechtliche Verwaltungsverfahren (administration) eröffnet wird, oder den Zeitpunkt, zu dem der Verwerter (administrative receiver) im traditionellen Verwertungsverfahren einer floating charge (administrative receivership) bestellt wird. 1186 Section 6 (1) (a) CDDA 1986. 1187 Siehe section 22 (4) CDDA; vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Tjolle [1998] B.C.C. 282 und Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390 hinsichtlich der Behandlung von faktischen Direktoren.. 1188 Siehe section 22 (5) CDDA 1986; vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Deverell [2001] Ch. 340 und Secretary of State for Trade and Industry v Becker [2003] 1 B.C.L.C. 555 hinsichtlich der Behandlung von Schattendirektoren. 1189 Fletcher, in: Palmer’s LLP, Rdn. A11-07; Whittaker/Machell, S. 264. Eingehend zu Schattengesellschaftern und faktischen Gesellschaftern siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. a). 1190 Section 6 (1) (b) CDDA 1986. 1191 Section 6 (1) (b) CDDA 1986; Secretary of State for Trade and Industry v Ivens [1997] 2 B.C.L.C. 339; Re Country Farm Inns Ltd [1997] B.C.C. 801; Pettet, S. 422; Clark (2002) B.L.R. Mar. 54, 54. 1192 Vgl. Re Country Farm Inns Ltd [1997] B.C.C. 801, 808 per Morritt LJ; Sealy/ Milman, 6. Aufl., S. 609; Gower/Davies, S. 215, 221; Fletcher, Rdn. 27-035.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Nach section 6 (4) CDDA 1986 muss die Disqualifikation für mindestens zwei Jahre und kann für höchstens fünfzehn Jahre ausgesprochen werden. Während dieses Zeitraums ist es dem Disqualifizierten untersagt, Gesellschafter einer LLP zu sein, an der Gründung oder der Geschäftsleitung einer LLP beteiligt zu sein, auch ohne deren Gesellschafter zu sein, oder Verwalter des Vermögens der LLP (receiver) zu sein, es sei denn zur Ausübung dieser Tätigkeiten wurde die Erlaubnis des Gerichts eingeholt.1194 Gleichzeitig ist es dem Disqualifizierten verboten, die vorgenannten Funktionen ohne gerichtliche Erlaubnis für eine company auszuüben.1195 Schließlich ist es einem disqualifizierten LLP-Gesellschafter für die Dauer der Verfügung des Gerichts auch untersagt, als geprüfter Insolvenzfachmann (insolvency practitioner) tätig zu werden.1196 Verstöße gegen das Berufsverbot werden mit drakonischen Sanktionen geahndet: Neben strafrechtlichen Konsequenzen, die eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren vorsehen,1197 geht der disqualifizierte LLP-Gesellschafter zivilrechtlich des Schutzes des Trennungsprinzips verlustig. Infolgedessen droht einem LLP-Gesellschafter, der trotz seiner Disqualifikation eine der untersagten Tätigkeiten ausübt, eine persönliche Einstandsverpflichtung für alle Verbindlichkeiten des Unternehmens, die während der verbotswidrigen Tätigkeit entstanden sind.1198 Überdies können auch Personen, die nicht Adressat einer Verbotsverfügung sind, in die Gefahr einer persönlichen Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten nach dem CDDA 1986 geraten, wenn sie trotz der Kenntnis einer Disqualifikation in der Geschäftsleitung einer Gesellschaft tätig werden und dabei die Anweisungen eines Disqualifizierten befolgen.1199 Antragsberechtigt für die gerichtliche Anordnung einer Disqualifikation nach section 6 CDDA 1986 ist ausschließlich der Secretary of State for Trade and Industry1200 oder, soweit der Secretary of State dies bestimmt, der amtlich bestellte Verwalter (official receiver).1201 Für den Secretary of State nimmt diese
1193 Vgl. Secretary of State for Trade and Industry v Tillman [1999] B.C.C. 703; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 609. 1194 Section 1 (1) (a) CDDA 1986. Vgl. Re Gower Enterprises (No 2) [1995] 2 B.C.L.C. 201; Re Seagull Manufacturing Co Ltd [1996] 1 B.C.L.C. 51; Re Market Wizards Systems (UK) Ltd [1998] 2 B.C.L.C. 282; Gower/Davies, S. 213. 1195 Section 1 (1) (a) CDDA 1986; Re Gower Enterprises (No 2) [1995] 2 B.C.L.C. 201; Re Seagull Manufacturing Co Ltd [1996] 1 B.C.L.C. 51; Re Market Wizards Systems (UK) Ltd [1998] 2 B.C.L.C. 282; Gower/Davies, S. 213. 1196 Section 1 (1) (b) CDDA 1986. 1197 Section 13 CDDA 1986, siehe auch section 14 CDDA 1986 für den Fall, dass der betreffende Gesellschafter eine juristische Person ist. 1198 Section 15 (1) (a) CDDA 1986. 1199 Section 15 (1) (b) CDDA 1986. 1200 Section 7 (1) (a) CDDA 1986. 1201 Section 7 (1) (b) CDDA 1986.
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Aufgabe in der Regel der dafür eigens geschaffene Insolvency Service als Unterabteilung des DTI wahr. Zeitlich ist der Antrag auf eine Frist von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem die LLP insolvent geworden ist, begrenzt, es sei denn das Gericht stimmt im Einzelfall einem späteren Antrag zu.1202 Durch section 6 IA 2000 ist der CDDA 1986 dahingehend reformiert worden, dass der Secretary of State nunmehr auch ermächtigt ist, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (disqualification undertaking) seitens einer zu disqualifizierenden Person anzunehmen,1203 soweit die Voraussetzungen für eine Disqualifikation durch das Gericht erfüllt sind1204 und er dieses Vorgehen für angebracht hält.1205 In einer solchen Negativerklärung wird zugesagt,1206 diejenigen Tätigkeiten, die Gegenstand einer gerichtlichen Verbotsverfügung sein können, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht auszuüben.1207 Die Konsequenzen bei einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung stimmen mit denen einer Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Anordnung überein.1208 Allerdings wird das formale Erfordernis einer Gerichtsverhandlung umgangen, was zu einer wesentlichen Entlastung der Gerichte geführt hat.1209 cc) Bestimmung der Ungeeignetheit Bei der Feststellung der Ungeeignetheit ist das Gericht bzw. der Secretary of State gehalten, die in Sch. 1 CDDA 1986 aufgelisteten Aspekte in Betracht zu ziehen. Diese liefern unterteilt nach allgemeingültigen Anhaltspunkten1210 und 1202 Section 7 (2) CDDA 1986. Der Begriff „insolvent werden“ („becomes insolvent“) wird zu diesem Zweck wiederum in section 6 (2) CDDA 1986 legaldefiniert. 1203 Sections 7 (2A), 1A CDDA 1986. Insoweit wird wiederum in der Regel der Insolvency Service für den Secretary of State tätig. 1204 Section 6 (1) CDDA 1986. 1205 Section 7 (2A) CDDA 1986. Zu dem neuen Verfahren Palmer’s Company Law, Rdn. 8.105.1; Walters (2001) Ins. Law. 3, 86–96. 1206 Section 1A CDDA 1986. 1207 Section 1A (1) (a), (b), (2) CDDA 1986. 1208 Sections 13, 14, 15 CDDA 1986. 1209 Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 602 f., Sealy, S. 329; Gower/Davies, S. 212 f.; Fletcher, Rdn. 27-049 f.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 34 f. Durch diese Neuerung wurde ein vorher von der Rechtsprechung in der Spruchpraxis entwickeltes Verfahren, die sog. „Carecraft pocedure“ – benannt nach dem Fall Re Carecraft Construction Co Ltd [1994] 1 W.L.R. 172 – in Gesetzesfassung gegossen. Im letzten bereits statistisch erfassten Jahr 2002–03 betrug der Anteil von Disqualifikationen im Wege der Negativerklärung 80% der Gesamtzahl der Berufsverbote. Die vom Gesetzgeber erwünschte Entlastung der Gerichte ist somit eingetreten. 1210 Part II Sch. 1 CDDA 1986. In diese Liste ist für die LLP der Fall einer Haftung nach section 214A IA 1986 als neuer Erwägungsgrund 8A für eine fehlende Eignung aufgenommen worden.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
nach besonderen Anhaltspunkten, die ausschließlich im Fall der Insolvenz gelten,1211 Indizien für eine fehlende Eignung der Geschäftsleitung einer Gesellschaft.1212 Ungeachtet der Vorgaben steht es aber sowohl der Rechtsprechung als auch dem Secretary of State frei, alternative Gründe für eine fehlende Eignung in Betracht zu ziehen.1213 Die Konkretisierung der gesetzlichen Indizien unterliegt insoweit keiner Bindung; vielmehr erfolgt die Entscheidung über eine fehlende Eignung nach freiem Ermessen.1214 Gebunden ist das Gericht dagegen, sobald es in Ausübung seines Ermessens die Ungeeignetheit festgestellt hat. Dann besteht die gesetzliche Verpflichtung, ein Berufsverbot aussprechen,1215 es sei denn, der Secretary of State hat seitens der in Frage kommenden Person eine Negativerklärung akzeptiert.1216 (1) Die Ungeeignetheit von company directors Bei der Bestimmung der Ungeeignetheit hat sich für die Disqualifikation von company directors ein umfangreicher Kanon des Fallrechts entwickelt.1217 Die Haltung der Rechtsprechung, welche Kriterien im Hinblick auf eine bestehende oder fehlende Eignung als entscheidend zu erachten sind, ist dabei allerdings uneinheitlich.1218 Zum einen wird in den Entscheidungen oftmals auf die Idee einer „commercial morality“1219 zurückgegriffen. Zum anderen wird häufig die Bedeutung einer „gross incompetence“1220 betont. Wenn auch solche Begriffe plastische 1211
Part I Sch. 1 CDDA 1986. Section 9 (1) (1A) CDDA 1986 1213 Vgl. Re Sykes (Butchers) Ltd [1998] B.C.C. 484; Re Amaron Ltd [1998] B.C.C. 264; Re Migration Services International Ltd [2000] B.C.C. 1095; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 621; Fletcher, in: Palmer’s LLP, Rdn. A11-08; Whittaker/Machell, S. 265 f. 1214 Vgl. Re Sykes (Butchers) Ltd [1998] B.C.C. 484; Re Amaron Ltd [1998] B.C.C. 264; Re Migration Services International Ltd [2000] B.C.C. 1095; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 621; Fletcher, in: Palmer’s LLP, Rdn. A11-08; Whittaker/Machell, S. 265 f. 1215 Section 6 (1) CDDA 1986. 1216 Section 7 (2A) CDDA 1986. 1217 Siehe Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 621 ff.; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.107.4 ff.; Keay/Walton, S. 561; Finch (1993) I.L.J. 22 (1), 35–43. 1218 Vgl. Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 594 f.; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Goode, S. 486 f.; Keay/Walton, S. 561; Finch, S. 522 ff.; Tolmie, S. 251; Dine (1988) Comp. Law. 9 (4), 97, 99; dies (1988) Comp. Law. 9 (10), 213, 214 ff.; dies. (1991) Comp. Law. 12 (1), 6, 9 ff., Ong (1998) Comp. Law. 19 (1), 7, 8. 1219 Siehe etwa Re Dawson Print Group Ltd [1988] 4 B.C.C. 322, 324 per Hoffman J; Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415, 419 per Browne-Wilkinson V-C; Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 176 per Dillon LJ; Re Ipcon Fashions Ltd (1989) 5 B.C.C. 773, 776 per Hoffmann J; Gower/Davies, S. 218; Tolmie, S. 251. 1212
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Umschreibungen für die Bestimmung der Ungeeignetheit liefern mögen, so dürfen derartige Schlagworte, wie Dillon LJ in Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd, dem grundlegenden Fall zu section 6 CDDA 1986, zu Recht unterstrichen hat,1221 nicht dazu führen, dass sie abweichend vom Gesetzeswortlaut oder der Tatsachenlage zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden. Vernachlässigt man demnach die Verwendung solcher Begriffe, so lässt sich feststellen, dass Entscheidungen über die Verhängung eines Berufsverbots und dessen Dauer im Rahmen von section 6 CDDA 1986 im Wesentlichen mit Hilfe der folgenden Überlegungen begründet werden.1222 Einerseits lassen sich die Gerichte bei der Verhängung eines Berufsverbots bzw. bei der Bestimmung seiner Dauer von streng objektiven Gesichtspunkten leiten.1223 Bei der Bewertung des Einzelfalles wird dabei besonderes Augenmerk auf die mangelnden Fähigkeiten des Geschäftsleiters gelegt, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, inwieweit den einzelnen Personen ihr Fehlverhalten nach moralischen Gesichtspunkten vorwerfbar ist. Begründet wird diese Rechtsprechung gemeinhin damit, dass es vornehmes Ziel des CDDA 1986 ist, die Allgemeinheit vor objektiv ungeeigneten Mitgliedern der Unternehmensleitung zu schützen.1224 Andererseits sind eine Reihe von Entscheidungen ergangen, in denen die Richter darauf abgestellt haben, ob das beanstandete Fehlverhalten an sich von sittlichem Unwert geprägt ist, ob der betroffenen Person ihr Fehler aufgrund ihrer persönlichen Situation vorgeworfen werden kann und ob der jeweilige Ge1220 Siehe etwa Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C. 130, 133 per Gibson J; Re Polly Peck, Secretary of State for Trade and Industry v Ellis (No 2) [1993] B.C.C. 890, 894 per Lindsay J; Gower/Davies, S. 219 f.; Tolmie, S. 251; Clark (2002) B.L.R. Mar., 54, 55. 1221 „[. . .]there seems to have been a tendency, [. . .], to treat the statements as judicial paraphrases of the words of the statute, which fall to be construed as a matter of law in lieu of the words of the statute [. . .]. The result is to obscure that the question to be tried is a question of fact [. . .]“, Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 176 per Dillon LJ; siehe auch Re Landhurst Leasing [1999] 1 B.C.L.C. 286, 344 per Hart J. 1222 Vgl. Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 594 f.; Finch, S. 522 ff. eine andere Einteilung findet sich bei Gower/Davies, S. 218 ff. Gänzlich ohne eine Kategorisierung Pettet, S. 419 ff. 1223 Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397; Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C. 130; Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415; Southborne Sheet Metal Co Ltd [1991] B.C.C. 732; Re Landhurst Leasing [1999] 1 B.C.L.C. 286; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390; Re Barings plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433; Official Receiver v Stern [2002] 1 B.C.L.C. 119. 1224 „[. . .] protect the public from further abuse of the privilege of limited liability.“, Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397, 402 per Harman J; in die gleiche Richtung Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415, 419 per Browne-Wilkinson V-C. Siehe auch Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 595; Goode, S. 487; Clark (2002) B.L.R. Mar., 54, 55.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
schäftsleiter sein Handeln bereut.1225 Bei dieser Fokussierung auf Aspekte der Schuld haben sich die Gerichte ganz erheblich davon beeinflussen lassen, dass die Feststellung der Ungeeignetheit – ähnlich einer strafrechtlichen Norm –1226 als zwingende Rechtsfolge ein Berufsverbot von mindestens zwei Jahren nach sich zieht.1227 Um unangemessene Ergebnisse zu vermeiden, insbesondere aber vor dem Hintergrund der weitgehenden Konsequenzen einer Disqualifikation, neigen die Gerichte dazu, bei der Entscheidung eher subjektive Kriterien in den Vordergrund zu stellen.1228 Neben den beiden Tendenzen, die Disqualifikation und deren Dauer von eher objektiven oder eher subjektiven Umständen abhängig zu machen, kombiniert ein dritte Tendenz in der Rechtsprechung beide Ansätze, indem sie objektive Kriterien mit der Frage nach der persönlichen Vorwerfbarkeit verbindet.1229 Maßgeblich für die Entscheidung sind nach dieser Rechtsprechungstendenz sowohl der bezweckte Schutz der Allgemeinheit als auch die schweren Folgen eines Berufsverbots für den Betroffenen, so dass die beiden vorbeschriebenen Argumentationsmuster vermischt werden.1230 Unabhängig davon, welchem der vorgenannten Beurteilungsmaßstäbe die Rechtsprechung zur Verhängung des Berufsverbots den Vorrang beimisst, wird bei jeder Entscheidung den Umständen des Einzelfalls besonders Rechnung getragen. Nach der insoweit einschlägigen Spruchpraxis im company law berück1225 Re Dawson Print Group Ltd [1988] 4 B.C.C. 322; Re Churchill Hotel (Plymoth) Ltd [1988] B.C.C. 112; Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re Cladrose [1990] B.C.C. 11; Re Crestjoy Products Ltd [1990] B.C.C. 23; Secretary of State for Trade and Industry v Langridge, Re Cedac [1991] Ch. 402; Re ECM (Europe) Electronics [1991] B.C.C. 268; Re Melcast (Wolverhampton) Ltd [1991] B.C.L.C. 288; Re Swift 736 Ltd [1992] B.C.C. 93. 1226 Dazu „[. . .] it seems to me, however, that when I am faced with a mandatory two year disqualification if facts are proved, the matter becomes more nearly penal.“, Re Crestjoy Products Ltd [1990] B.C.C. 23, 26 per Harman J; in die gleiche Richtung Secretary of State for Trade and Industry v Langridge, Re Cedac [1991] Ch. 402, 412 per Balcombe LJ; Re Swift 736 Ltd [1992] B.C.C. 93, 95, 96 f. per Hoffmann J. 1227 Sections 6 (1), (4), 7 (2A) CDDA 1986, Re Cladrose [1990] B.C.C. 11; Re Crestjoy Products Ltd [1990] B.C.C. 23; Secretary of State for Trade and Industry v Langridge, Re Cedac [1991] Ch. 402; Re Swift 736 Ltd [1992] B.C.C. 93; Finch, S. 524. 1228 Re Churchill Hotel (Plymoth) Ltd [1988] B.C.C. 112; Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re Melcast (Wolverhampton) Ltd [1991] B.C.L.C. 288; Goode, S. 487; Finch, S. 525. 1229 Re Keypack Homecare Ltd [1987] B.C.L.C. 409; Re Keypack Homecare Ltd (No 2) [1990] B.C.C. 117; Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164; Re Westmid Packaging Services Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths [1998] 2 All E.R. 124. Für eine solche Kombination sprechen sich auch Gower/Davies, S. 218 ff. aus. 1230 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 176 per Dillon LJ; Re Westmid Packaging Services Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths [1998] 2 All E.R. 124, 130–131 per Lord Woolf MR; Finch, S. 529.
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sichtigen die Gerichte bei der Bestimmung der Ungeeignetheit bzw. der Dauer der Disqualifikation insbesondere die Größe des betreffenden Unternehmens, die jeweilige Stellung der relevanten Personen im Management der Gesellschaft sowie den Schaden, den die Gesellschaft aufgrund des jeweiligen Fehlverhaltens konkret erlitten hat.1231 (2) Übertragung auf die LLP Da die Gesellschafter einer LLP nach der Konzeption des LLPA ebenso wie company directors mit der Leitung des Unternehmens betraut sind,1232 und überdies im Rahmen des CDDA 1986 den directors einer company gleichgestellt werden,1233 ist zu erwarten, dass die Gerichte das für company directors geschaffene Fallrecht auf die Gesellschafter der neuen Organisationsform übertragen werden.1234 (a) Berücksichtigung des Einzelfalls Demgemäß sind die Umstände, aus denen bei einem LLP-Gesellschafter aufgrund individuellen Fehlverhaltens im Rahmen der Geschäftsführung auf eine fehlende Eignung zur Leitung der LLP geschlossen werden kann, von der Größe des jeweiligen Unternehmens abhängig und davon, in welchem Umfang der betreffende Gesellschafter in das Management der LLP involviert ist.1235 Neben solchen objektiven Kriterien ist zu erwarten, dass die britischen Gerichte zudem berücksichtigen werden, inwieweit einem LLP-Gesellschafter sein Verhalten moralisch vorwerfbar ist.1236 Dass ein LLP-Gesellschafter sich dem Vor1231 Vgl. Re Barings Plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390; Official Receiver v Vass [1999] B.C.C. 516; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 623; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.110; Sealy, S. 310 ff., Gower/Davies, 220 f.; Whittaker/Machell, S. 266 f.; Walters (2000) Comp. Law. 21 (4), 110, 115– 119; Arsalidou (2002) Comp. Law. 23 (4), 107, 112 f. 1232 Reg. 7 (3) LLP Regulations, section 6 (1) LLPA. 1233 Reg. 4 (2) (a), (f), (g) LLP Regulations. 1234 Fletcher, in: Palmer’s LLP, Rdn. A11-08; Whittaker/Machell, S. 266. 1235 Vgl. Re Barings Plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390; Official Receiver v Vass [1999] B.C.C. 516; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 623; Sealy, S. 310 ff., Gower/Davies, 220 f.; Whittaker/Machell, S. 266 f.; Walters (2000) Comp. Law. 21 (4), 110, 115–119; Arsalidou (2002) Comp. Law. 23 (4), 107, 112 f. 1236 Vgl. Re Dawson Print Group Ltd [1988] 4 B.C.C. 322; Re Churchill Hotel (Plymoth) Ltd [1988] B.C.C. 112; Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re Cladrose [1990] B.C.C. 11; Re Crestjoy Products Ltd [1990] B.C.C. 23; Secretary of State for Trade and Industry v Langridge, Re Cedac [1991] Ch. 402; Re ECM (Europe) Electronics [1991] B.C.C. 268; Re Melcast (Wolverhampton) Ltd [1991] B.C.L.C. 288; Re Swift 736 Ltd [1992] B.C.C. 93.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
wurf der Ungeeignetheit völlig entzieht, indem er alle Entscheidungen an seine Mitgesellschafter delegiert, ist allerdings von vornherein ausgeschlossen.1237 Ein jeder Gesellschafter muss sich zumindest mit der gebotenen Sorgfalt über die Führung der Geschäfte informieren1238 und muss zumindest für ordnungsgemäß funktionierende Kontrollmechanismen sorgen, soweit er etwaige Kompetenzen an seine Mitgesellschafter abgibt.1239 Während die kollegialen Verpflichtungen, die den Leitungsmitgliedern der LLP obliegen, unter der vorgenannten Bedingung partiell anderen Personen und Gremien übertragen werden können,1240 kommt eine gänzliche Aufgabe der individuellen Gesellschafterpflichten aufgrund ihres höchstpersönlichen Charakters a priori nicht in Frage.1241 (b) Indizien fehlender und nicht fehlender Eignung Ungeachtet der Notwendigkeit zur Berücksichtigung der besonderen Umstände jedes Einzelfalls existieren in der Spruchpraxis der Gerichte zur company – vergleichbar mit der Rechtsprechung zum wrongful trading –1242 bestimmte Sachverhaltskonstellationen, die als besonders ausschlaggebend für eine Disqualifikation von directors bzw. die Dauer des Berufsverbots angesehen werden.1243 Diese Leitlinien finden bei der Beurteilung der Ungeeignetheit von LLP-Gesellschaftern Anwendung.1244
1237 Vgl. zur parallelen Rechtslage bei der company „It is of the greatest importance that any individual who undertakes the statutory and fiduciary duty of being a company director should realise that these are inescapable personal responsibilities“, Re Westmid Packing Services Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths [1998] 2 All E.R. 124, 130–131 per Lord Woolf MR; Re Barings Plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433, 487e–f, 489b–c per Parker J; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.110; Gower/Davies, S. 220; Sealy, S. 310 ff.; Whittaker/Machell, S. 266 f.; Clark (2002) B.L.R. Mar., 54, 55. 1238 Vgl. Re Landhurst Leasing Plc [1999] 1 B.C.L.C. 286, 346 per Hart J; Re Galeforce Pleating Co Ltd [1999] 2 B.C.L.C. 704, 716a–d per Gloster QC; Re Westmid Packing Services Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths [1998] 2 All E.R. 124, 130–131 per Lord Woolf MR; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.110; Sealy, S. 310 ff.; Gower/Davies, S. 220; Whittaker/Machell, S. 267; Tolmie, S. 252; Howell (2005) J.B.L. Sep., 640, 641 ff., 646. 1239 Vgl. Re Barings Plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433, 487e–f, 489b–c per Parker J; Sealy, S. 310 ff.; Gower/Davies, S. 220; Whittaker/Machell, S. 266 f.; Howell (2005) J.B.L. Sep., 640, 641 ff., 646. 1240 Vgl. Re Landhurst Leasing Plc [1999] 1 B.C.L.C. 286, 346 per Hart J; Sealy/ Milman, 6. Aufl., S. 625; Gower/Davies, S. 219. 1241 Vgl. Re Westmid Packing Services Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Griffiths [1998] 2 All E.R. 124, 130–131 per Lord Woolf MR; Re Barings Plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433, 487e–f, 489b–c per Parker J; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.110; Sealy, S. 310 ff.; Gower/Davies, S. 220; Whittaker/Machell, S. 266 f. 1242 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3).
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Infolgedessen werden es die Gerichte bei Gesellschaftern einer LLP regelmäßig als Anzeichen fehlender Eignung ansehen, wenn die gesetzlichen Buchführungspflichten missachtet wurden,1245 wenn die Geschäfte der LLP weitergeführt wurden, obwohl die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig war,1246 oder wenn übermäßig hohe Gehälter trotz der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft weiterbezogen wurden.1247 Als ebenso ungeeignet zur Führung einer Gesellschaft werden LLP-Gesellschafter anzusehen sein, die Vermögensgegenstände des Unternehmens veruntreut haben,1248 die weitere Verbindlichkeiten eingegangen sind, obwohl die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft bereits eingestellt war,1249 die ihre Treuepflichten missachtet haben,1250 oder die einzelne Gläubiger kurz vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anderen gegenüber bevorzugt haben.1251 Indiz für die Ungeeignetheit der LLP-Gesellschafter ist zudem eine im Vergleich zum Geschäftsumfang bestehende Unterkapitalisierung der Gesellschaft,1252 die Verwendung unzulässiger oder irreführender Firmen,1253 die ab1243 Siehe dazu Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 623 f.; Mayson/French/Ryan, Rdn. 20.13.4; Pennington, Company Law, S. 657 ff.; Tolmie, S. 249 ff.; Bailey/Groves/ Smith, Rdn. 16.51. 1244 Fletcher, in: Palmer’s LLP, Rdn. A11-08; Whittaker/Machell, S. 266. 1245 Re Rolus Properties Ltd (1988) 4 B.C.C. 466; Re Western Welsh International System Buildings Ltd (1988) 4 B.C.C. 499; Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re New Generation Engineers Ltd [1993] B.C.L.C. 435; Re Carecraft Construction Co Ltd [1994] 1 W.L.R. 172; Re Firedart Ltd [1994] 2 B.C.L.C. 340; Re Pamstock Ltd [1994] B.C.C. 264; Re Park House Properties Ltd [1998] B.C.C. 847; Official Receiver v Doshi [2001] 2 B.C.L.C. 235; Re Westminster Property Management Ltd (No 2) [2001] B.C.C. 305; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Gower/Davies, S. 220; Farrar, S. 354; Milman/Durrant, S. 245; Mithani/Wheeler, S. 36; Pennington, Company Law, S. 658; Tolmie, S. 250; Hicks (2001) J.I.B.L. Sep., 433, 438. 1246 Re Western Welsh International System Buildings Ltd (1988) 4 B.C.C. 499; Re Ipcon Fashions Ltd (1989) 5 B.C.C. 773; Re Melcast (Wolverhampton) Ltd [1991] B.C.L.C. 288; Re City Investment Centres Ltd [1992] B.C.L.C. 956; Re Living Images Ltd [1996] B.C.C. 112; Re Park House Properties Ltd [1998] B.C.C. 847; Re Amaron Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 562; Re Westminster Property Management Ltd (No 2) [2001] B.C.C. 305; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Gower/Davies, S. 220; Farrar, S. 355; Milman/ Durrant, S. 245; Pennington, Company Law, S. 658. 1247 Re Synthetic Technology Ltd, Secretary of State for Trade and Industry v Joiner [1993] B.C.C. 549; Re A & C Group Services Ltd [1993] B.C.L.C. 1279; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Farrar, S. 357; Milman/Durrant, S. 247. 1248 Re Keypack Homecare Ltd (No 2) [1990] B.C.C. 117; Re Tansoft Ltd [1991] B.C.L.C. 339; Re City Investment Centres Ltd [1992] B.C.L.C. 956; Re Austinsuite Furniture Ltd [1992] B.C.L.C. 1047; Re Park House Properties Ltd [1998] B.C.C. 847; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Hicks (2001) J.I.B.L. Sep., 433, 438. 1249 Re McNulty’s Interchange Ltd (1988) 4 B.C.C. 533; Re Ipcon Fashions Ltd (1989) 5 B.C.C. 773; Totty/Moss, Rdn. B1-18. 1250 Secretary of State for Trade and Industry v Van Hengel [1995] B.C.C. 173; Re Dominion International Group Plc (No 2) [1996] 1 B.C.L.C. 572. 1251 Re Living Images Ltd [1996] B.C.C. 112; Secretary of State for Trade and Industry v McTighe [1997] B.C.C. 224; Re Funtime Ltd [2000] 1 B.C.L.C. 247; Totty/ Moss, Rdn. B1-18; Hicks (2001) J.I.B.L. Sep., 433, 438.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
sichtliche Täuschung der Vertragspartner und der Gläubiger der Gesellschaft1254 oder eine fehlende Kooperationsbereitschaft mit den für die Aufklärung einer Insolvenz zuständigen Stellen.1255 In den meisten Sachverhalten wird das Urteil fehlender Eignung nicht lediglich auf einem einzigen Umstand beruhen. Vielmehr werden häufig mehrere Faktoren erfüllt sein, weil sich die für eine Ungeeignetheit sprechenden Sachverhalte häufig überschneiden oder gegenseitig bedingen.1256 Indizien dafür, dass den LLP-Gesellschaftern trotz der Insolvenz ihres Unternehmens nicht die notwendige Eignung zur Führung eines Unternehmens fehlt, bzw. Gründe für eine besonders kurze Bemessung des Berufsverbots wird die Rechtsprechung dagegen in der Regel dann annehmen, wenn professionelle externe Berater in der Krise der Gesellschaft herangezogen wurden, deren Rat vollständig und zügig Folge geleistet wurde.1257 Des Weiteren lässt die Berufung qualifizierter Finanzfachleute in die Geschäftsleitung des krisengeschüttelten Unternehmens1258 oder die Berücksichtigung der den Büchern zu entnehmenden finanziellen Situation der Gesellschaft bei der Leitung der Geschäfte den Rückschluss zu, dass die Insolvenz einer LLP nicht auf eine fehlende Eignung ihrer Gesellschafter zurückzuführen ist.1259 Entsprechendes gilt in Fällen, in denen außerhalb des Machtbereichs der LLP-Gesellschafter liegende Faktoren die Insolvenz des Unternehmens begünstigt haben.1260 1252 Re Ipcon Fashions Ltd (1989) 5 B.C.C. 773; Re Cladrose [1990] B.C.C. 11; Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re Austinsuite Furniture Ltd [1992] B.C.L.C. 1047; Re Pamstock Ltd [1994] B.C.C. 264; Re Park House Properties Ltd [1998] B.C.C. 847. 1253 Re Travel Mondial Ltd [1991] B.C.C. 224; Re Swift 736 Ltd [1992] B.C.C. 93; Re Linvale Ltd [1993] B.C.L.C. 654; Re Migration Services International Ltd [2000] B.C.C. 1095. 1254 Re Godwin Warren Control Systems plc [1992] B.C.C. 557; Official Receiver v Doshi [2001] 2 B.C.L.C. 235. 1255 Re Tansoft Ltd [1991] B.C.L.C. 339; Re Godwin Warren Control Systems plc [1992] B.C.C. 557. 1256 Vgl. Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 623 f.; Mayson/French/Ryan, Rdn. 20.13.4; Pennington, Company Law, S. 657 ff.; Tolmie, S. 249 ff.; Bailey/Groves/Smith, Rdn. 16.51. 1257 Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C. 130; Re McNulty’s Interchange Ltd (1988) 4 B.C.C. 533; Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397; Re C U Fittings Ltd (1989) 5 B.C.C. 210; Re Cladrose [1990] B.C.C. 11; Re Broadcrwon Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 547; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.110.1; Totty/Moss, Rdn. B118; Gower/Davies, S. 220; Milman/Durrant, S. 246; Mithani/Wheeler, S. 43; Pennington, Company Law, S. 658; Levy (2002) I.C.C.L.R. 13 (7), 255, 258. Dagegen wird die Ignorierung externer Ratschläge den Ausgang des Verfahrens negativ beeinflussen, Re GSAR Realisations Ltd [1993] B.C.L.C. 409; Palmer’s Company Law, Rdn. 8.110.1. 1258 Re Rolus Properties Ltd (1988) 4 B.C.C. 446; Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397. 1259 Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C 130.
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Außerdem werden es die Gerichte analog zur Spruchpraxis für die company im Hinblick auf die persönliche Vorwerfbarkeit des Fehlverhaltens mildernd berücksichtigen, wenn der betroffene LLP-Gesellschafter bereit war, besondere finanzielle Verpflichtungen einzugehen, um die Gesellschaft zu retten,1261 wenn die eigene Verantwortung eingestanden wurde,1262 wenn das Fehlverhalten auf gutem Willen beruhte,1263 wenn der betreffende Gesellschafter die LLP oder ein anderes Unternehmen vorher über einen längeren Zeitraum erfolgreich und ordentlich geführt hatte1264 oder wenn der betreffende Gesellschafter besonders jung und unerfahren war.1265 (c) Dauer der Disqualifikation Je nach der Schwere des Fehlverhaltens bestimmt sich die Dauer des Berufsverbots. Dabei orientiert sich die Rechtsprechung zur company an dem „three brackets“ Modell, das Dillon LJ in der wegweisenden Entscheidung Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd 1266 vorgeschlagen hat. Dieses Modell wird auch für die Disqualifikation von LLP-Gesellschaftern herangezogen werden. Im Hinblick auf die Dauer des zu verhängenden Berufsverbots ist infolgedessen zwischen drei Stufen zu unterscheiden:1267 Die obere Stufe mit Berufsverboten von zehn und mehr Jahren ist besonders schweren Fällen vorbehalten, die insbesondere ein wiederholtes Fehlverhalten von Personen einschließen, die schon einmal disqualifiziert waren.1268 Die untere Stufe mit Berufsverboten von zwei bis fünf Jahren ist dagegen für solche Fälle gedacht, die als wenig schwerwiegend einzustufen sind, aber dennoch eine fehlende Eignung begründen.1269 Die mittlere Stufe von sechs bis zehn Jahren erfasst schließlich Fälle, die zwar schon als ernsthaft zu erachten sind,
1260
Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C 130; Re Cladrose [1990] B.C.C. 11. Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C 130; Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397; Re Swift 736 Ltd [1992] B.C.C. 93; Mithani/Wheeler, S. 41. 1262 Re Carecraft Construction Co Ltd [1994] 1 W.L.R. 172; Re Aldermanbury Trust plc [1993] B.C.C. 598. 1263 Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C 130; Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415; Re D J Matthews (Joinery Design) Ltd (1988) 4 B.C.C. 513; Re Burnham Marketing Services Ltd [1993] B.C.C. 518. 1264 Re D J Matthews (Joinery Design) Ltd (1988) 4 B.C.C. 513; Re A & C Group Services Ltd [1993] B.C.L.C. 1297; Re Pamstock Ltd [1994] B.C.C. 264. 1265 Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re Austinsuite Furniture Ltd [1992] B.C.L.C. 1047. 1266 [1991] Ch. 164. 1267 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 174 per Dillon LJ. 1268 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 174 per Dillon LJ. 1269 Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 174 per Dillon LJ. 1261
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
aber noch nicht schwerwiegend genug sind, um auf die oberste Stufe zu gelangen.1270 dd) Bewertung von section 6 CDDA 1986 Seit der Einführung des CDDA 1986 und der Reorganisation des Verfahrens zur Disqualifikation ungeeigneter Geschäftsleiter Mitte der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts hat sich vor allem section 6 CDDA 1986 als Zentralnorm dieser Kodifikation immer mehr zu einem bedeutenden Abschreckungsmittel gegen fehlerhafte Unternehmensführung im britischen Gesellschaftsrecht entwickelt.1271 (1) Vorzüge von section 6 CDDA 1986 Insbesondere die zwingend vorgesehene drakonische Rechtsfolge eines Berufsverbots von mindestens zwei Jahren und die Konzentration des DTI bzw. des Insolvency Service auf den CDDA 1986 haben dazu geführt, dass sich weder LLP-Gesellschafter noch company directors der Gefahr einer Disqualifikation wegen Ungeeignetheit im Zuge der Insolvenz ihres Unternehmens länger verschließen können.1272 Da in jedem Fall einer Unternehmensinsolvenz ein Bericht für das DTI verfasst werden muss, in dem das Verhalten der Geschäftsleitung im Zusammenhang mit der Insolvenz näher beleuchtet wird,1273 werden umsichtige LLP-Gesellschafter unweigerlich dazu gezwungen, sobald eine möglicherweise existenzbedrohende Krise der Gesellschaft abzusehen ist, ihr Verhalten so auszurichten, dass eine Feststellung fehlender Eignung möglichst vermieden wird. Insoweit kann der Spruchpraxis der britischen Gerichte zur company eindeutig entnommen werden, welches Fehlverhalten als Indiz für die Ungeeignetheit eines LLP-Gesellschafters zu werten ist, weil es den Mindestanforderungen an das Verhalten von Leitungsmitgliedern in der Insolvenz nicht mehr genügt. Besondere Bedeutung hat dabei – wie auch bei den alternativen Gläubigerschutzmaßnahmen des britischen Insolvenzrechts –1274 die Missachtung gesetzlicher Rechnungslegungsvorschriften.1275 1270
Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 174 per Dillon LJ. Gower/Davies, S. 220; Goode, S. 29; Fletcher, Rdn. 27-054; Milman/Durrant, S. 255; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 475; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 81. 1272 Vgl. Goode, S. 29; Fletcher, Rdn. 27-054; Milman/Durrant, S. 256. 1273 Vgl. section 7 (2) CDDA 1986, und die Insolvent Companies (Reports on Conduct of Directors) Rules 1996, Statutory Instrument (1996/1909), zuletzt geändert durch Statutory Instrument (2001/764)). Siehe dazu Mithani/Wheeler, S. 7 ff. 1274 Siehe dazu oben zu section 214 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (a); zu section 214A IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. d) bb) (2) (a); zu section 212 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. e) bb) (2) (b). 1271
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Gleichzeitig liefert die Rechtsprechung im company law auch eindeutige Hinweise dafür, bei welchen Verhaltensweisen es eher unwahrscheinlich ist, dass die Gesellschafter einer insolvent gewordenen LLP als zur Geschäftsleitung ungeeignet beurteilt werden. Nicht anders als bei den Instrumenten des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes im Übrigen,1276 wird maßgebend darauf abzustellen sein, ob im gebotenen Umfang unabhängige externe Berater zu Rate gezogen wurden, sobald die finanzielle Krise der LLP erkennbar war.1277 (2) Schwächen von section 6 CDDA 1986 Trotz der vorgenannten Vorzüge ist section 6 CDDA 1986 nicht frei von Schwächen. Befürchtet werden muss zunächst, dass die Rechtsprechung bei der Beurteilung der Ungeeignetheit von LLP-Gesellschaftern bei Übertragung der Rechtsprechung zu company directors keine einheitliche Tendenz verfolgt,1278 sondern unterschiedliche Maßstäbe anlegt.1279 Je nachdem, ob der Schutz der Allgemeinheit oder aber die strafrechtsähnliche Wirkung des Berufsverbots in den Vordergrund gestellt wird, werden die Gerichte mutmaßlich entweder die persönliche Vorwerfbarkeit des Fehlverhaltens berücksichtigen, oder aber nach rein objektiven Kriterien entscheiden, ohne moralische Gesichtspunkte in ihr Urteil einzubeziehen. Der Ausgang eines Verfahrens nach section 6 CDDA 1986 gegen einen LLP-Gesellschafter wird dann für die betroffenen Personen nur schwer prognostizierbar sein. Außerdem besteht die Gefahr einer Ungleichbehandlung, weil zu befürchten ist, dass ähnliche Fallgestaltungen aufgrund verschiedener Wertungen der Gerichte zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Schlechterdings kann das Ergebnis eines Disqualifikationsverfahrens im Einzel1275 Vgl. Re Rolus Properties Ltd (1988) 4 B.C.C. 466; Re Western Welsh International System Buildings Ltd (1988) 4 B.C.C. 499; Re Chartmore [1990] B.C.L.C. 673; Re New Generation Engineers Ltd [1993] B.C.L.C. 435; Re Carecraft Construction Co Ltd [1994] 1 W.L.R. 172; Re Firedart Ltd [1994] 2 B.C.L.C. 340; Re Pamstock Ltd [1994] B.C.C. 264; Re Park House Properties Ltd [1998] B.C.C. 847; Re Westminster Property Management Ltd (No 2) [2001] B.C.C. 305; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Gower/ Davies, S. 220; Milman/Durrant, S. 245. 1276 Siehe dazu oben zu section 214 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (b); zu section 212 IA 1986: 1. Teil §. 6. V. 1. e) bb) (2) (b). 1277 Vgl. Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C. 130; Re McNulty’s Interchange Ltd (1988) 4 B.C.C. 533; Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397; Re C U Fittings Ltd (1989) 5 B.C.C. 210; Re Cladrose [1990] B.C.C. 11; Re Broadcrwon Ltd [2001] 1 B.C.L.C. 547; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Gower/Davies, S. 220; Milman/Durrant, S. 246. 1278 Vgl. Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 594 f.; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Goode, S. 486 f.; Finch, S. 522 ff.; Tolmie, S. 265; Dine (1988) Comp. Law. 9 (4), 97, 99; dies (1988) Comp. Law. 9 (10), 213, 214 ff.; dies. (1991) Comp. Law. 12 (1), 6, 9 ff., Ong (1998) Comp. Law. 19 (1), 7, 8. 1279 Vgl. Finch, S. 522–531; Tolmie, S. 265; Dine (1988) Comp. Law. 9 (4), 97, 100; dies (1988) Comp. Law. 9 (10), 213, 218; dies (1994) J.B.L. Jul., 325, 337.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
fall davon abhängen, welchem der möglichen Beurteilungsmaßstäbe die jeweils entscheidenden Richter den Vorzug geben. Als zweite Schwäche von section 6 CDDA 1986 wird häufig kritisiert, dass dem Secretary of State bzw. dem Insolvency Service gemäß section 7 (2) CDDA 1986 ab der Insolvenz der Gesellschaft grundsätzlich nur zwei Jahre Zeit bleiben,1280 um den betreffenden Sachverhalt zu untersuchen und einen Antrag auf Disqualifikation der verantwortlichen Personen zu stellen.1281 Angesichts der Komplexität vieler Unternehmensinsolvenzen, bei denen eine Disqualifikation in Frage kommt, wird diese Antragsfrist gemeinhin als zu kurz erachtet.1282 Durch die enge zeitliche Begrenzung des Antragsrechts besteht überdies die Gefahr, dass gerade schwerwiegende Fälle, die einer zeitintensiven Aufklärung bedürfen, nicht rechtzeitig abgeschlossen werden können, so dass schlussendlich zu befürchten ist, dass gerade diejenigen Personen, die sich besonders gläubigerschädigend verhalten haben, einem Berufsverbot entgehen.1283 (3) Reform von section 6 CDDA 1986 Um section 6 CDDA 1986 zu einem noch effektiveren Instrument des Gläubigerschutzes zu machen und die Gesellschafter einer LLP nachhaltiger vor gläubigerschädigendem Verhalten in der Krise des Unternehmens abzuschrecken, sollten die erkannten Schwächen dieser Disqualifikationsvorschrift behoben werden. Angesichts der Tatsache, dass die Disqualifikation wegen Ungeeignetheit ganz maßgeblich dem Schutz der Allgemeinheit und nicht der Bestrafung der betroffenen Leitungsmitglieder dient,1284 wäre es wünschenswert, dass sich die Rechtsprechung hinsichtlich der Erwägungen, die sie bei der Bestimmung der Ungeeignetheit in Betracht zieht, auf eine einheitliche Linie einigt, die diesem Ziel gerecht wird.1285 Insoweit wäre es angebracht, der objektiven Betrachtung des Fehlverhaltens, die in der Spruchpraxis der Gerichte auch häufig Anwendung 1280 Zu dem Begriff „insolvent werden“ („becomes insolvent“) siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. f) bb). Die Legaldefinition findet sich in section 6 (2) CDDA 1986. 1281 Vgl. Gower/Davies, S. 217; Fletcher, Rdn. 27-046; Tolmie, S. 264 f.; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 34. 1282 Vgl. Gower/Davies, S. 217; Fletcher, Rdn. 27-046; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 34. 1283 Fletcher, Rdn, 27-046. 1284 „[. . .] protect the public from further abuse of the privilege of limited liability.“, Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397, 402 per Harman J; in die gleiche Richtung Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415, 419 per Browne-Wilkinson V-C. Siehe auch Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 595; Goode, S. 487; Clark (2002) B.L.R. Mar., 54, 55. 1285 So auch Finch, S. 522–531; Dine (1988) Comp. Law. 9 (4), 97, 100; dies. (1988) Comp. Law. 9 (10), 213, 218; dies. (1994) J.B.L. Jul., 325, 337.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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gefunden hat,1286 insgesamt den Vorzug zu geben vor einer Betrachtungsweise, die die persönliche Vorwerfbarkeit des Fehlverhaltens und Aspekte der Schuld berücksichtigt.1287 Dadurch würden die Entscheidungen der Gerichte besser prognostizierbar und die Gefahr abweichender Urteile für gleiche Sachverhalte würde zumindest eingedämmt. Um der zweiten Schwäche entgegenzuwirken, und um eine bessere Aufklärung von Disqualifikationsfällen zu gewährleisten, wäre es außerdem angezeigt, die geltende Antragsfrist für Disqualifikationsverfahren in section 7 (2) CDDA 1986 zu verlängern.1288 Dadurch wäre es möglich, Fälle, die einer tiefgehenden Untersuchung bedürfen, mit der notwendigen Sorgfalt und dem erforderlichen Zeitaufwand zu behandeln. Die Gefahr, dass gerade schwerwiegendes Fehlverhalten im Gegensatz zu weniger schweren Verfehlungen einer Ahndung entgeht, könnte dadurch weitgehend ausgeräumt werden. (4) Fazit Ungeachtet ihrer Schwächen vermittelt section 6 CDDA 1986 bereits in ihrer derzeitigen Fassung einen effektiven Schutz der Gläubigerinteressen bei der LLP. Getreu der Zielsetzung des CDDA 19861289 hat section 6 CDDA 1986 durch die Schaffung eines allgemeingültigen Mindestmaßstabs, der die Interessen der Gesellschaftsgläubiger berücksichtigt, den allgemeinen Standard des Verhaltens von Geschäftsleitern erhöht. Durch die zwingende Folge des Berufsverbots schützt section 6 CDDA 1986 überdies die Allgemeinheit davor, dass ungeeignete Personen mit der Geschäftsleitung einer LLP oder company befasst sind. Ein Indiz für die allgemeine Anerkennung des Instruments der Disqualifikation wegen Ungeeignetheit als effektive Gläubigerschutzmaßnahme liefert nicht zuletzt die Tatsache, dass aktuell auf der Ebene der EU die Einführung einer 1286 Vgl. Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397; Re Bath Glass [1988] 4 B.C.C. 130; Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415; Southborne Sheet Metal Co Ltd [1991] B.C.C. 732; Re Landhurst Leasing [1999] 1 B.C.L.C. 286; Re Kaytech International plc [1999] B.C.C. 390; Re Barings plc (No 5) [1999] 1 B.C.L.C. 433; Official Receiver v Stern [2002] 1 B.C.L.C. 119. 1287 So auch Finch, S. 530 f.; Dine (1988) Comp. Law. 9 (10), 213, 218. 1288 Vgl. Gower/Davies, S. 217; Fletcher, Rdn. 27-046; Griffin (2002) Ins. Law. 2, 32, 34. 1289 „The purpose of the 1986 Act is the protection of the public, by means of prohibitory remedial action, by anticipated deterrent effect on further misconduct and by encouragement of higher standards of honesty and diligence in corporate management [. . .]“, Re Blackspur Group Plc [1998] 1 B.C.L.C. 676, 680 per Lord Woolf MR; ähnlich Re Sevenoaks Stationers (Retail) Ltd [1991] Ch. 164, 176 per Dillon LJ; Sealy/ Milman, 6. Aufl., S. 594 ff.; Totty/Moss, Rdn. B-03; Gower/Davies, S. 215; Pettet, S. 420 f.; Milman/Durrant, S. 244; Finch, S. 526.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
ähnlichen Vorschrift zu einem Berufsverbot von Geschäftsleitern diskutiert wird.1290 Letzthin hat diese Diskussion dazu geführt, dass eine Disqualifikationsregelung in den von der EU-Kommission verfassten Aktionsplan „Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union“ vom 21. Mai 2003 aufgenommen wurde.1291 Als mittelfristige Maßnahme soll ein Berufsverbot zum Zwecke des Gläubigerschutzes nach der Zielsetzung der EU-Kommission zwischen 2006 und 2008 einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung im Gesellschaftsrecht zugeführt werden. Als erste Reaktion auf dieses Vorhaben erwägt auch der deutsche Gesetzgeber zurzeit auf eine Initiative des Bundestages hin, die bestehenden Vorschriften über Tätigkeitsverbote von GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen erheblich zu verschärfen.1292 2. Publizitäts- und Bilanzierungsvorschriften In Großbritannien ist die mit dem Status der juristischen Person einhergehende Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen – die limited liability – traditionell verbunden mit der Auferlegung spezifischer Publizitätsund Bilanzierungsvorschriften, die sich gegenwärtig im CA 1985 befinden.1293 Da auch die LLP als Organisationsform mit eigener Rechtspersönlichkeit1294 von dem Prinzip der limited liability profitiert, wird sie folgerichtig dem Regime dieser Vorschriften des Kapitalgesellschaftsrechts unterworfen.1295 Die relevanten Bestimmungen des CA 1985 sind mit den erforderlichen Modifikationen durch die LLP Regulations1296 auf die LLP anwendbar gemacht worden.1297
1290 Siehe den Bericht der Winter-Gruppe, Kapitel III, Ziff. 4.5. Abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/company/company/modern/consult/re port_de.pdf. 1291 KOM (2003) 284 (endgültig), Ziff. 3.1.3., abrufbar unter http://europa.ei.int/ eur-lex/de/com/cnc/2003/com2003_0284de01.pdf, abgedruckt in NZG 2003, Sonderbeilage zu Heft 13. Dazu Hopt, in: FS Röhricht, 235–249; ders., ZIP 2005, 461–474; van Hulle/Maul, ZGR 2004, 484–505; Fleischer, ZGR 2004, 437, 455 ff.; Habersack, NZG 2004, 1–9; Wiesner, ZIP 2003, 977–980. 1292 Siehe Art. 11 des in der parlamentarischen Beratung befindlichen Forderungssicherungsgesetzes, BT-Drucks. 15/3594, S. 9 f.; dazu Drygala, ZIP 2005, 423–431. 1293 Gower/Davies, S. 531; Morse, S. 255; Cheffins, S. 512; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 493; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Bennet (1999) S.L.P.Q. 4 (2), 93, 100; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 476; Rickford (2004) E.C.F.R. 1 (4), 391, 407 ff. 1294 Section 1 (2) LLPA. 1295 Abschnitt VII CA 1985, sections 221–262A CA 1985; Abschnitt XI Kapitel III CA 1985, sections 363–364 CA 1985; Abschnitt XI Kapitel V CA 1985, sections 384–394A CA 1985.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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a) Pflichten der LLP Im Anschluss an den folgenden Überblick über die wichtigsten Publizitätsund Bilanzierungspflichten der LLP ist zu erörtern, ob und in welchem Umfang diese Vorschriften zu einem Schutz der Interessen der Gesellschaftsgläubiger beitragen. (1) Tagesaktuelle Bücher (accounting records) Durch die Anwendung der kapitalgesellschaftsrechtlichen Normen auf die LLP wird die Gesellschaft verpflichtet, tagesaktuelle Bücher (accounting records) zu führen.1298 Diese in laufender Rechnung geführten Unterlagen müssen eingehend über den finanziellen Status der Gesellschaft Aufschluss geben.1299 Sie müssen unter anderem die täglichen Einnahmen und Ausgaben der LLP dokumentieren1300 und eine Aufstellung des Vermögens und der Verbindlichkeiten der Gesellschaft beinhalten.1301 Die entsprechenden Aufzeichnungen sind am Geschäftssitz der LLP für drei Jahre aufzubewahren1302 und können von den Gesellschaftern der LLP jederzeit eingesehen werden.1303 (2) Jahresabschluss (annual accounts) Überdies muss eine LLP für jedes Geschäftsjahr einen vollständigen Jahresabschluss (annual accounts) erstellen, der eine Bilanz (balance sheet) und eine Gewinn- und Verlustrechnung (profit and loss account) enthalten muss.1304 Der Jahresabschluss muss durch die Gesellschafter der LLP angenommen werden und von einem designierten Gesellschafter (designated member)1305 im Namen aller Gesellschafter unterzeichnet werden.1306 Der genaue Inhalt des Jahresabschlusses ist von der Größe des Unternehmens abhängig. Während große LLPs die umfassenden Anforderungen des Sch. 4 CA 1985 an die jährliche Rech1296 Die Ermächtigung zur Verabschiedung der entsprechenden Verordnung durch den Secretary of State ist in section 15 LLPA enthalten. 1297 Regs. 3, 4 (1) LLP Regulations und die dazugehörigen Sch. 1 und Sch. 2 (Part I). 1298 Sections 221, 222 CA 1985. Die genauen Angaben, die in diesen Unterlagen enthalten sein müssen, legen section 221 (1), (2) und (3) CA 1985 fest. 1299 Section 221 (1) CA 1985. 1300 Section 221 (2) (a) CA 1985. 1301 Section 221 (2) (b) CA 1985. 1302 Section 222 (1) (5) CA 1985. 1303 Section 221 (1) (b) CA 1985. 1304 Section 226 (1) CA 1985. 1305 Zu den designierten Gesellschaftern siehe oben 1. Teil § 6. II. 1. e). 1306 Section 233 CA 1985.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
nungslegung hinsichtlich der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung erfüllen müssen,1307 unterliegen kleine LLPs1308 den geringeren Anforderungen des Sch. 8 CA 1985.1309 Mittlere LLPs1310 unterliegen grundsätzlich wie große LLPs den Anforderungen des Sch. 4 CA 1958;1311 allerdings sind für sie einige Erleichterungen hinsichtlich der Dokumentation vorgesehen.1312 (3) Abschlussprüfung (audit) Weiterhin besteht für LLPs grundsätzlich die Verpflichtung, jährlich Abschlussprüfer zur Prüfung des Jahresabschlusses zu bestellen.1313 Ausgenommen von dem Erfordernis der Abschlussprüfung sind lediglich sog. „schlafende LLPs“ (dormant LLPs), die keine Geschäfte führen,1314 und kleine LLPs,1315 die in dem betreffenden Jahr einen Umsatz von nicht mehr als GBP 1.000.000,– generiert haben, und deren Bilanzsumme sich auf nicht mehr als GBP 1.400.000,– beläuft.1316 Der von den Abschlussprüfern erstellte Prüfungsbericht ist binnen Monatsfrist zusammen mit dem unterzeichneten Jahresabschluss den Gesellschaftern vorzulegen, spätestens jedoch zehn Monate nach dem Ende der Rechnungsperiode.1317 Die Abschlussprüfer werden von den designierten Gesellschaftern der LLP bestimmt.1318 Dabei dürfen nur solche Personen als Prüfer bestellt werden, die den Anforderungen des Teil II CA 1989 entsprechen.1319 Vereinfacht bedeutet dies, dass 1307
Section 226 (3) CA 1985. Nach section 247 (1) (a), (b) und (3) CA 1985 sind dies solche LLPs, die zwei oder mehr der folgenden Kriterien erfüllen: Der Umsatz in dem betreffenden und in dem vorhergehenden Jahr ist nicht höher als GBP 2.800.000,–, die Bilanzsumme in diesen beiden Jahren ist nicht höher als GBP 1.400.000,– und die Anzahl der Angestellten in den beiden Jahren ist nicht höher als 50. 1309 Section 246 (1), (2) CA 1985. 1310 Nach section 247 (1) (a), (b) und (3) CA 1985 sind dies solche LLPs, die zwei oder mehr der folgenden Kriterien erfüllen: Der Umsatz in dem betreffenden und in dem vorhergehenden Jahr ist nicht höher als GBP 11.200.000,–, die Bilanzsumme in diesen beiden Jahren ist nicht höher als GBP 5.600.000,– und die Anzahl der Angestellten in den beiden Jahren ist nicht höher als 250. 1311 Section 226 (3) CA 1985. 1312 Section 246A (2), (3) und (4) CA 1985. 1313 Sections 235, 384 CA 1985. 1314 Sections 388A (1), 249AA CA 1985. 1315 Nach section 247 (1) (a), (b) und (3) CA 1985. 1316 Section 249A (3) CA 1985. 1317 Section 238 CA 1985. 1318 Section 385 (2) CA 1985. 1319 Section 384 (4), (5) CA 1985. Siehe dazu Gower/Davies, S. 577 ff., die insbesondere auf die Zukunftsentwicklung der Anforderungen infolge des Enron Skandals eingehen; dazu auch URN 03/589. Zum gegenwärtigen System siehe insbesondere 1308
§ 6 Die Verfassung der LLP
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die betreffenden Prüfer Mitglieder einer anerkannten Kammer (recognised supervisory body)1320 und nach deren Regeln qualifiziert sein müssen, eine Abschlussprüfung vorzunehmen.1321 Überdies müssen die bestellten Abschlussprüfer von der LLP unabhängig sein.1322 (4) Grundsätze zur Erstellung des Abschlusses Der Jahresabschluss einer LLP muss in detaillierter Weise die finanziellen Beziehungen zwischen der LLP und ihren Gesellschaftern offen legen.1323 Soweit der Gewinn der LLP in einem Jahr mehr als GBP 200.000,– beträgt, ist insbesondere die Höhe der Entnahme des Gesellschafters mit dem größten Entnahmeanspruch anzugeben.1324 Außerdem muss der Jahresabschluss strengen Bilanzierungsregeln genügen: Er muss den Grundsätzen der Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit entsprechen (true and fair view).1325 Als Anhaltspunkt dafür, wie diese Bilanzierungsregeln aus dem Recht der company auf die LLP anzuwenden sind, hat das CCAB ein Statement of Recommended Practice veröffentlicht.1326 Dieser Leitfaden erörtert für die LLP bilanzrechtliche Fragestellungen, die dadurch entstehen, dass kapitalgesellschaftliche Bilanzierungsregeln auf eine Gesellschaft angewendet werden, deren innere Struktur eher einer Personengesellschaft entspricht.
URN 00/1335, Ziff. 12.114–12.128; Mayson/French/Ryan, Rdn. 17.4.2.1 ff.; Charlesworth/Morse, S. 404 f.; Pennington, Company Law, S. 870 f. 1320 Section 25 CA 1989, section 249D (1), (1A), (3) CA 1985. Solche Vereinigungen sind etwa das ICAEW und die ACCA. Die übrigen Standesvereinigungen sind das Institute of Chartered Accountants in Scotland, das Institute of Chartered Accountants in Ireland, die Association of Authorised Public Accountants, die Association of Accounting Technicians, die Association of International Accountants und das Chartered Institute of Management Accountants. 1321 Sections 25 (1), 30 f. CA 1989. Siehe insoweit die Audit Regulations and Guidance, die vom ICEAW in Kooperation mit den anderen regulatory bodies herausgegeben werden. Nach section 33 CA 1989 können vom zuständigen Secretary of State auch im Ausland qualifizierte Wirtschaftsprüfer oder solche, die ausreichende Kenntnisse aufgrund ihrer Tätigkeit bei einem Mitglied einer Standesvereinigung erhalten haben, als Abschlussprüfer ernannt werden. 1322 Section 27 CA 1989. 1323 Paras. 35, 37A, 56A Sch. 4 Part III CA 1985. 1324 Paras. 35, 37A, 56A Sch. 4 Part III CA 1985. 1325 Section 226 (2) CA 1985. Als generelle Regel sollten die Bilanzierungspraktiken den UK GAAP entsprechen, Whittaker/Machell, S. 161; Blackett-Ord, S. 527. 1326 SORP (2002).
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
(5) Jährliche Registermeldung (annual return) Dem Registrar ist einmal im Geschäftsjahr binnen achtundzwanzig Tagen nach Jahresfrist die jährliche Registermeldung (annual return) der LLP in der vorgeschriebenen Form zuzuleiten.1327 Diese muss die wesentlichen Informationen über die Geschäftstätigkeit der LLP enthalten, wie etwa deren Sitz, die Namen der Gesellschafter und deren Wohnsitz sowie die Namen der designierten Gesellschafter.1328 (6) Publizität Neben der Übersendung der Jahresmeldung besteht für die LLP die Pflicht, den Prüfungsbericht mit dem Jahresabschluss binnen zehn Monaten nach Ende der Rechnungsperiode dem Registrar durch die designierten Gesellschafter zuzuleiten.1329 Für kleine und mittlere LLPs sieht das Gesetz hinsichtlich der Anforderungen an die zu übersendenden Unterlagen Ausnahmen1330 und Erleichterungen1331 vor. Sobald der Registrar die Dokumentation des Jahresabschlusses, der Abschlussprüfung und der Registermeldung erhalten hat, sind diese Unterlagen – wie alle anderen seitens des Registrars gehaltenen Dokumente – unbeschränkt der Öffentlichkeit zugänglich. Nach dem in section 709 CA 1985 vorgesehen Verfahren kann demzufolge jedermann Einsicht in die entsprechenden Dokumente nehmen und einfache und beglaubigte Ausfertigungen der Unterlagen verlangen. b) Bewertung Infolge der Anwendung der strengen Publizitäts- und Bilanzierungspflichten des CA 1985 auf die LLP werden wesentliche Informationen über die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dritte – wie etwa Wettbewerber, Mitarbeiter und Vertragspartner – sind dadurch in der Lage, die wirtschaftliche Situation des Unternehmens besser einzuschätzen, und ihr Verhalten gegenüber der LLP an der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft auszurichten. Besondere Bedeutung hat die Publizität für die Gläubiger der LLP. Gerade für die Gesellschaftsgläubiger ist es entscheidend, in regelmäßigen Abständen 1327
Section 363 (2), 364 CA 1985. Section 363 (2), 364 CA 1985. Hinsichtlich des Inhalts des Annual Return ist section 364 CA 1985 für die LLP modifiziert worden. 1329 Sections 242, 242A, 244 CA 1985. 1330 Section 246 CA 1985. 1331 Section 246A CA 1985. 1328
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aktuelle Informationen über die Vermögensverhältnisse des Unternehmens zu erhalten, um dadurch dessen Kreditwürdigkeit genau zu erfassen. Erst durch die Kenntnis der Finanzlage der Gesellschaft wird es den Gläubigern ermöglicht, ihre Interessen bei Bedarf durch effektive Vorsorgemaßnahmen zu schützen, indem sie etwa auf der Gewährung von Sicherheiten bestehen oder aber von einem Engagement aufgrund der durch die vorgelegten Unterlagen beschriebenen Situation von vornherein absehen. Trotz dieser Vorteile der kapitalgesellschaftlichen Offenlegungspflichten hat vor allem die Erfahrung der Bilanzskandale in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass Offenlegungs- und Bilanzierungsvorschriften für sich keinen umfassenden Schutz aller Gläubiger bieten können.1332 Zum einen wird kollusives Zusammenwirken der entsprechend ihrer Aufgabe unabhängigen Abschlussprüfer und des Managements einer Gesellschaft nie ganz ausgeschlossen werden können. Zum anderen kann der Jahresabschluss von seiner Natur her grundsätzlich nur einen stichtagsbezogenen Überblick liefern, der im Wesentlichen rückwärts gewandt ist und durch termingenaue Buchungstricks, das sog. „window dressing“, auf den Punkt geschönt werden kann. Zudem haben Publizitätspflichten kaum eine schützende Wirkung für die unfreiwilligen Gläubiger der Gesellschaft, die ihren Schuldner nicht frei gewählt haben, bevor die Verbindlichkeit begründet wurde. Ungeachtet solcher allgemeinen Schwächen eines Systems von Offenlegungsund Bilanzierungspflichten dürfen allerdings die überwiegenden Stärken der strengen Transparenz nicht übersehen werden. So tragen die überaus weitgehenden Publizitätsvorschriften des CA 1985 ganz erheblich dazu bei, dass die freiwilligen Gläubiger der LLP ihr Ausfallrisiko, welches dadurch bedingt ist, dass sie aufgrund der limited liability nur auf das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse zugreifen können, genau abschätzen und eigenständig durch Sicherungsmaßnahmen reduzieren können.1333 Auf diese präventive Wirkung der Information und Vorsorge gründet sich der feststehende Grundsatz des britischen Gesellschaftsrechts, dass der Status der limited liability unweigerlich mit der Auferlegung dieses Regimes einhergeht.1334 Die Offenlegung aussagekräftiger Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens stellt insoweit, selbst wenn sie in erster Linie den freiwilligen Gläubigern zugute kommt, ganz nach der Devise „forewarned is forearmed“1335 eine bedeu-
1332
Vgl. Gower/Davies, S. 533. Vgl. Gower/Davies, S. 533; zu diesem sog. „self-help approach“ des britischen Rechts siehe Gower/Davies, S. 203; Hirt (2004) E.C.F.R. 1 (1), 71, 77 ff. 1334 Gower/Davies, S. 531; Morse, S. 255; Cheffins, S. 512; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 493; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Bennet (1999) S.L.P.Q. 4 (2), 93, 100; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 476. 1335 Vgl. Gower/Davies, S. 533. 1333
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
tende Maßnahme zum effektiven Schutz der Gläubigerinteressen im Recht der LLP dar.1336 3. Zusammenfassende Würdigung Die vorstehende Analyse der wesentlichen Gläubigerschutzmechanismen im Recht der LLP zeigt, dass die Interessen der Gläubiger dieser Gesellschaftsform insgesamt durch das Zusammenspiel der einzelnen Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden. Obwohl die auf die LLP anwendbaren insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzinstrumente des britischen Kapitalgesellschaftsrechts keinem einheitlichen Konzept folgen1337 und zudem im Einzelnen unterschiedlich gravierende Schwächen aufweisen, die ihre Effektivität beeinträchtigen,1338 schaffen sie im Ganzen ein wirksames System zur Kontrolle und Disziplinierung der Geschäftsleitung des Unternehmens. Im Wesentlichen wird dies erreicht, indem jedem, der an der Leitung einer LLP beteiligt ist, als Gesellschafter, de facto Gesellschafter oder Schattengesellschafter durch Gesetzesrecht und common law Prinzipien Verhaltenspflichten zur Ausübung der ihm erteilten oder von ihm usurpierten Kompetenzen auferlegt werden. Die Kriterien, anhand derer die Adressaten der Verhaltenspflichten bestimmt werden, werden dabei aus Gründen des Gläubigerschutzes flexibel und extensiv ausgelegt.1339 Ungeachtet der Tatsache, dass die auferlegten Pflichten bedingt durch die individuelle Position der Gesellschafter im Management einer LLP variieren können, werden die Grundsätze des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes im britischen Gesellschaftsrecht, seien sie gesetzlicher Art oder seien sie im common law verankert, dadurch geprägt, dass sie einen allgemeinen Mindeststandard für das Verhalten aller an der Geschäftsleitung Beteiligten festlegen,1340 der nicht unterschritten werden darf.1341 Generell wird von jedem Gesellschafter einer 1336
Vgl. Gower/Davies, S. 533. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. 1338 Siehe dazu oben zu section 213 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. b) dd); zu section 214 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. c) cc) (1); zu section 214A IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. d) cc); zu section 212 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. e) cc) (1) und zu section 6 CDDA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. f) dd) (2). 1339 Siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. a) ee). 1340 Sealy weist insoweit zu Recht darauf hin, dass die Rechtsprechung allgemein im Hinblick auf den Gläubigerschutz von der Anlegung eher subjektiver Maßstäbe zu einer Anwendung objektiver Kriterien übergegangen ist, Sealy (2001) Comp. Law. 22 (3), 79, 82 f. 1341 Siehe dazu oben zu section 214 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (a)–(b); zu section 214A IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. d) bb) (2) (a); zu section 212 IA 1986: 1337
§ 6 Die Verfassung der LLP
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LLP erwartet, dass er die finanzielle Lage seines Unternehmens so kennt, wie sie aus den gesetzlich zu führenden Büchern hervorgeht bzw. bei korrekter Beachtung der Buchführungspflichten hervorgehen würde.1342 Ist nach diesen Kriterien zu erwarten, dass die Gesellschafter einer LLP Kenntnis von einer existenziellen Krise der Gesellschaft haben, so sind sie zumindest verpflichtet, zum Schutz der Gläubigerinteressen externe Berater, wie etwa Wirtschaftprüfer oder geprüfte Insolvenzfachleute (insolvency practitioners), zur Bewältigung der Krise zu Rate zu ziehen und deren Ratschläge umfassend zu befolgen.1343 Von Bedeutung ist insoweit, dass der Zeitpunkt, zu dem diese Pflicht entsteht, so schwer feststellbar und streitig er auch sein mag, nicht erst mit der Insolvenz der Gesellschaft eintritt, sondern unzweifelhaft zeitlich vor der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens liegt.1344 Geht man von den bisherigen Erfahrung im Kapitalgesellschaftsrecht aus, so dürfte von den erörterten Schutzmechanismen in der Praxis aufgrund seines ausgeklügelten objektiv-subjektiven Tests in section 214 (4) IA 1986 dem wrongful trading große Bedeutung zukommen. Daneben wird die disqualification of unfit members nach section 6 CDDA 1986 auch bei der LLP ihre massive Abschreckungswirkung gegenüber einem pflichtwidrigen Fehlverhalten entfalten, die auf der drakonischen Sanktion eines mindestens zweijährigen Berufsverbots beruht.1345 Zudem ist zu erwarten, dass die bei herannahender Insolvenz entstehende Treuepflicht der Geschäftsleitung zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger, die in den letzten Jahren in Rechtsprechung1346 und Lehre1347 immer mehr Beachtung gefunden hat, aufgrund ihrer besonders flexiblen Handhabung eine 1. Teil § 6. V. 1. e) bb) (2) (b) und zu section 6 CDDA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. f) cc) (2) (b). Auszunehmen ist insoweit lediglich section 213 IA 1986. Dessen Anwendungsbereich wird allerdings fast vollumfänglich von section 214 IA 1986 erfasst, so dass ohnehin die Frage besteht, ob section 213 IA 1986 – außer in den genannten engen Ausnahmefällen, siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. b) dd) – noch eigenständige Bedeutung hat. So auch Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 249; Fletcher, Rdn. 27-016; Milman/Durrant, S. 226; Finch, S. 511. 1342 Siehe dazu oben zu section 214 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (a); zu section 214A IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. d) bb) (2) (a); zu section 212 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. e) bb) (2) (b) und zu section 6 CDDA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. f) cc) (2) (b). 1343 Siehe dazu oben zu section 214 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. c) bb) (3) (b); zu section 212 IA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. e) bb) (2) (b) und zu section 6 CDDA 1986: 1. Teil § 6. V. 1. f) cc) (2) (b). 1344 Section 214 (2) (b) IA 1986, section 214A (2) (b) (ii) IA 1986; zu section 212 IA 1986 siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. e) bb)) (1) (c) und zu section 6 CDDA 1986 siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. f) cc) (2) (b). 1345 Section 6 (4) CDDA 1986. 1346 Vgl. Liquidator of West Mercia Safetywear v Dodd [1988] 1 B.C.L.C. 250; Brady v Brady (1987) 3 B.C.C. 535; Yukong Line Ltd of Korea v Rendsburg Investment Corporation of Liberia (No 2) [1998] B.C.C. 870; Facia Footwear (in administration) Ltd v Hinchcliffe [1998] 1 B.C.L.C. 218; Re Pantone 485 [2002] 1 B.C.L.C.
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wichtige Rolle im Gläubigerschutz der LLP spielen wird. Da für die adjustments of withdrawals nach section 214A IA 1986 wegen der parallelen Struktur zu section 214 IA 1986 weitgehend auf Erfahrungen bei der Anwendung des Haftungsinstruments des wrongful trading zurückgegriffen werden kann,1348 ist überdies abzusehen, dass auch diese speziell für die LLP geschaffene Norm verstärkt Anwendung finden wird, sobald erste repräsentative Fälle entschieden sind. Neben dem vorbeschriebenen System des insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzes gewährleisten die strengen Bilanzierungs- und Publizitätsvorschriften des britischen Kapitalgesellschaftsrechts einen angemessenen Schutz der Gläubiger einer LLP. Diese Bestimmungen entfalten ihre gläubigerschützende Funktion dadurch, dass infolge weitgehender Information über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer LLP eine wirkungsvolle Eigenvorsorge der freiwilligen Gläubiger ermöglicht wird. Die Befolgung und Einhaltung dieser Normen wird dabei mittelbar über die insolvenzrechtlichen Schutzinstrumente gesichert, weil die britischen Gerichte eine Missachtung dieser Vorschriften regelmäßig als Indiz für eine Außerachtlassung der durch Gesetz oder common law auferlegten Pflichten ansehen.1349
VI. Die Besteuerung der LLP Um eine attraktive alternative Organisationsform für große Freiberufler zu schaffen,1350 war der britische Gesetzgeber bestrebt, die LLP an den drei elementaren Prinzipien der corporate personality, der limited liability und der part-
266; Gwyer v London Wharf (Limehouse) Ltd [2003] 2 B.C.L.C. 153; Re MDA Investment Management Ltd [2003] E.W.H.C. 227. 1347 In jüngster Zeit hat insbesondere Professor Keay die Bedeutung der Treuepflichten für den Gläubigerschutz in der Insolvenz betont; siehe Keay (2004) Ins. Int. 17 (1), 1–9; ders. (2003) M.L.R. 66 (5), 665–699; ders. (2003) Comp. Law. 24 (10), 300–306; ders. (2002) J.B.L. Jul., 379–410; ders. (2001) M.U.L.R. 25, 315–339. Siehe auch Parry, Rdn. 19.01 ff. 1348 Vgl. Whittaker/Machell, S. 244; Morse, S. 248; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 473 f.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503. 1349 Vgl. Re Produce Marketing Consortium Ltd (No 2) [1989] 5 B.C.C 569; Re Purpoint Ltd [1991] B.C.L.C. 491; Re New Generation Engineers Ltd [1993] B.C.L.C. 435; Re Carecraft Construction Co Ltd [1994] 1 W.L.R. 172; Re Firedart Ltd [1994] 2 B.C.L.C. 340; Re Pamstock Ltd [1994] B.C.C. 264; Re Park House Properties Ltd [1998] B.C.C. 847; Re Westminster Property Management Ltd (No 2) [2001] B.C.C. 305; Totty/Moss, Rdn. B1-18; Gower/Davies, S. 197, 220; Milman/Durrant, S. 245, Whittaker/Machell, S. 243; Walters, in: Rider, The Corporate Dimension, 145, 151.; Jacobs (1989) I.B.L. 8 (2), 22, 23; Gillespie (1989) J.I.B.L. 4 (6), 269, 270; Lynch (1999) Ins. Law. 3, 119, 120 f.; Hicks (2001) J.I.B.L. Sep., 433, 438. 1350 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-10, A1-12; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 477.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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nership flexibility auszurichten.1351 Überdies wurde in den Beratungen zum Gesetzesentwurf des LLPA immer wieder das Ziel unterstrichen, die LLP als Ausgleich für die ihr eingeräumte eigene Rechtspersönlichkeit und die daraus folgende Haftungsbeschränkung mit angemessenen und effektiven Schutzmechanismen für die Gläubiger der Gesellschaft auszustatten.1352 Daneben war es für den Gesetzgeber und vor allem für die großen Freiberuflergesellschaften als Zielgruppe der Reform von wesentlichem Interesse, dass die neue Gesellschaftsform den gleichen steuerrechtlichen Regeln unterliegt wie eine herkömmliche partnership.1353 Inwieweit der Gesetzgeber dieses Ziel verwirklicht hat, soll anhand eines Überblicks über die für die LLP geltenden steuerrechtlichen Bestimmungen untersucht werden. Da eine detaillierte Untersuchung aller Facetten des Steuerrechts über den Rahmen dieser Arbeit hinausgeht, beschränkt sich die Darstellung auf die wichtigsten Regelungsbereiche.1354 1. Allgemeines Obwohl die LLP den Status einer Körperschaft genießt,1355 weswegen sie prima facie den Regeln des Körperschaftssteuerrechts unterliegen müsste, hat bereits das erste consultation paper des DTI von 1997 die Intention der Regierung unterstrichen, LLPs, die in Großbritannien registriert sind, „[. . .] hinsichtlich der Einkommensteuer, der Kapitalertragssteuer und den Sozialabgaben zur National Insurance wie eine partnership zu behandeln.“1356 Diese Absicht wurde in dem 1998 vom DTI veröffentlichten consultation paper noch einmal mit Nachdruck betont, indem das Ziel des Gesetzgebers und der großen Freiberuflergesellschaften bekräftigt wurde, der neuen Organisationsform den steuerlichen Status einer Personengesellschaft zu verleihen, um die LLP zu „einem attraktiven und wertvollen Vehikel“1357 zu machen. Ob dieses Vorhaben realisiert werden konnte, soll beispielhaft für die Einkommens- und Körperschafts1351 URN 98/874, Ziff. 1.1; siehe außerdem die Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 3. 1352 Vgl. URN 97/597, Ziff. 2.6 ff., insbesondere Ziff. 3.23–3.27; URN 98/874, Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56 ff.; Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 4; Freedman/ Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 503; Bennet (1999), S.L.P.Q. 4 (2), 93, 102; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 272; ders. (1999) Jur. Rev. 5, 259, 269. 1353 Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 3, 18–22; Blackett-Ord, S. 506. 1354 Generell zur Besteuerung der LLP siehe Whittaker/Machell, S. 193–210; Mabey (2001) Accty. 127 (1291), 122–123. 1355 Section 1 (2) LLPA. 1356 „[. . .] treated as partnerships for the purpose of UK income tax and capital gains tax, and for the purpose of National Insurance.“, URN 97/597, Ziff. 2.3–2.4. 1357 URN 98/874, Ziff. 3.1.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
steuer (income and corporation tax), die Sozialabgaben zur National Insurance (National Insurance contributions) sowie für die Kapitalertragssteuer (capital gains tax) untersucht werden. 2. Income and corporation tax Hinsichtlich der Einkommens- und Körperschaftssteuer (income and corporation tax) bestimmt section 118ZA ICTA 1988, dass eine LLP, soweit und solange sie ein Gewerbe, eine freiberufliche Tätigkeit oder eine andere geschäftliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt, wie eine partnership zu behandeln ist.1358 In Bezug auf die Einkommenssteuer ist die LLP demzufolge steuertransparent. Das bedeutet, dass die LLP für die von ihr erzielten Gewinne nicht steuerpflichtig ist.1359 Vielmehr wird die eigene Rechtspersönlichkeit der LLP ignoriert, so dass, ebenso wie bei einer wirtschaftlichen Betätigung mehrerer natürlicher Personen in einer nicht rechtsfähigen Organisationsform, die jeweiligen Gesellschafter der LLP individuell ihre Gewinnanteile nach dem jeweils für sie geltenden Einkommenssteuersatz zu veranlagen haben.1360 Dadurch kommen die Gesellschafter einer LLP im Vergleich zu Gesellschaftern anderer juristischer Personen in den Genuss einer günstigeren steuerlichen Behandlung, weil ihre Einkünfte aus der Tätigkeit der LLP nur einmal und einheitlich versteuert werden, und weil sie überdies dieselben steuerlichen Vergünstigungen beanspruchen können wie die partner einer partnership.1361 Diese Vergünstigungen bestehen etwa in der steuermindernden Berücksichtigung von etwaigen Verlusten der LLP,1362 von Annuitäten, die an ehemalige Gesellschafter der LLP zu zahlen sind,1363 von Aufwendungen der Gesellschaf-
1358 Section 118ZA ICTA 1988 wurde durch section 75 FA 2001 eingeführt, die die Regelung ersetzt, die zunächst durch section 10 LLPA auf die LLP anwendbar gemacht wurde. 1359 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-89; Whittaker/Machell, S. 194. 1360 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-89; Whittaker/Machell, S. 194 ff., es sei denn der Gesellschafter steht zur LLP in einem Anstellungsverhältnis, dann wird er als Angestellter besteuert; Whittaker/Machell, S. 201. Zu Fragen eines Anstellungsverhältnisses zwischen der LLP und ihren Gesellschaftern siehe oben 1. Teil § 6. II. 1. d). 1361 Vgl. Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 491 f.; Mabey (2000) S.J. Feb., 148, 149. 1362 Siehe sections 380–391 ICTA 1988 und die Einschränkung für gewerbetreibende LLPs in section 118C-D ICTA 1988 sowie die Einschränkung der Berücksichtigung von Kapitalbeiträgen in section 118ZA–118ZD ICTA 1988. Dazu Tax Bulletin (2000) 50, 801, 802; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-93; Whittaker/Machell, S. 200; Mabey, S. 368; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 492. 1363 Tax Bulletin (2000) 50, 801, 803; Whittaker/Machell, S. 201 f.; Mabey, S. 368.
§ 6 Die Verfassung der LLP
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ter für die private Altersvorsorge1364 oder von Darlehen, die von den Gesellschaftern privat aufgenommen wurden, um der LLP Liquidität zuzuführen.1365 3. National Insurance contributions Auch im Rahmen der Sozialbeiträge zur National Insurance (National Insurance contributions) wird die neue Organisationsform einer gewöhnlichen partnership gleichgestellt. Aufgrund der neu geschaffenen section 15 (3A) SSCBA 19921366 werden nämlich die Gesellschafter einer LLP als selbständig Tätige qualifiziert und sind verpflichtet als solche Beiträge der Klasse 4 (Class 4 contributions) zu leisten.1367 Überdies müssen bzw. können sie als Selbständige wie die Gesellschafter einer partnership zusätzlich Beiträge nach Klasse 21368 und Klasse 31369 (Class 2 and 3 contributions) leisten, wenn die Voraussetzungen dafür im Einzelfall vorliegen.1370 Anders als etwa eine company muss die LLP dagegen, obwohl sie alle haftungsrechtlichen Vorzüge des körperschaftlichen Status genießt, keine Klasse 1 Zahlungen (Class 1 contributions) für die im Unternehmen tätigen Gesellschafter bzw. Geschäftsleiter entrichten. Da sich die Höhe der Beitragspflicht für Klasse 1 Zahlungen an der Gesamthöhe der Bezüge aller Mitarbeiter orientiert und gerade in großen Freiberuflergesellschaften an die Führungskräfte regelmäßig beachtliche Vergütungen gezahlt werden, wird diese Behandlung der LLP als besonderer Vorteil der neuen Organisationsform gegenüber anderen Gesellschaftsformen angesehen, die ebenfalls die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung bieten, wie etwa eine company.1371 Teilweise wird sogar geltend gemacht, der Status der LLP im Hinblick auf National Insurance contributions sei finanziell so vorteilhaft, dass die neue Organisationsform allein aufgrund von section 15 (3A) SSCBA 1992 allen 1364 Siehe sections 626, 640, 640A ICTA 1988; paras. 17–19 Sch. 13 FA 2000; dazu Whittaker/Machell, S.202 f.; Mabey, S. 368. 1365 Section 362 ICTA 1988; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-91; Whittaker/Machell, S. 203 f.; Mabey, S. 368. 1366 Eingeführt durch section 13 LLPA. 1367 Tax Bulletin (2000) 50, 801, 805; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-94; Whittaker/Machell, S. 204; Mabey, S. 369. 1368 Die Pflicht, Klasse 2 Beiträge zur National Insurance zu leisten, besteht – grob gesagt – für Selbständige, deren Einkommen einen Mindestbetrag überschreitet, welcher jährlich neu festgesetzt wird. 1369 Klasse 3 Beiträge zur National Insurance werden freiwillig von nicht angestellten Personen gezahlt. Der Zweck dieser Zahlungen besteht in der Regel darin, ein Anrecht auf staatliche Pensionszahlungen zu erwerben. 1370 Tax Bulletin (2000) 50, 801, 805; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-94; Whittaker/Machell, S. 204. 1371 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 491.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
anderen Möglichkeiten der Haftungsbeschränkungen für große Freiberuflergesellschaften deutlich überlegen sei.1372 4. Capital gains tax Auch im Zusammenhang mit der Kapitalertragssteuerpflicht (capital gains tax),1373 wird eine LLP, soweit und solange sie ein Gewerbe, eine freiberufliche Tätigkeit oder eine andere geschäftliche Tätigkeit mit Gewinnerzeilungsabsicht betreibt, wie eine partnership behandelt.1374 Section 59A (1) und (2) TCGTA 19921375 legen insoweit fest, dass Vermögensgegenstände der LLP bei deren Veräußerung so zu behandeln sind, als stünden sie nicht im Eigentum der juristischen Person, sondern im Eigentum der LLP-Gesellschafter, jeweils proportional zu ihrem Geschäftsanteil. Jede Verfügung über Vermögensgegenstände der Gesellschaft wird demzufolge steuerrechtlich als Verfügung der Gesellschafter nach Maßgabe ihres entsprechenden Geschäftsanteils behandelt, so dass bei der Transaktion anfallende Steuern jedem Gesellschafter separat in Rechnung gestellt werden.1376 Gleichzeitig folgt aus dieser steuerrechtlichen Behandlung, dass die Geschäftsanteile der Gesellschafter als solche nicht – weder wenn sie entstehen noch wenn über sie verfügt wird – als steuerrechtlich relevante Vermögensgegenstände angesehen werden.1377 Der Verkauf eines Geschäftsanteils ist somit nur als Veräußerung des dem Anteil unterliegenden Vermögens der LLP anzusehen. Anders als im Falle der Veräußerung der Anteile an einer company erfolgt damit keine doppelte kapitalertragssteuerliche Veranlagung.1378 Auch dies wird im Vergleich zu anderen Organisationsformen, die eine Haftungsbeschränkung der Gesellschafter bieten, als wesentlicher Vorteil der LLP angesehen.1379 1372
Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 491. Diese Steuer wird in Großbritannien auf alle Erträge erhoben, die bei der Veräußerung von Gesellschaftsvermögen entstanden sind, und noch nicht im Rahmen der income tax besteuert wurden, sections 1 (1), 21 TCGTA 1992. 1374 Tax Bulletin (2000) 50, 801, 803; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-95; Whittaker/Machell, S. 205; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 492. 1375 Section 59A (1), (2) TCGTA 1992 wurde durch section 75 (2) FA 2001 eingeführt, der die Regelung ersetzt, die zunächst durch section 10 (3) LLPA auf die LLP anwendbar gemacht wurde. 1376 Tax Bulletin (2000) 50, 801, 803; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-95; Whittaker/Machell, S. 205; Mabey, S. 370; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 492; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 919. 1377 Siehe section 59A (6) TGCA 1992; Tax Bulletin (2000) 50, 801, 803; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-95; Whittaker/Machell, S. 205; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 492. 1378 Tax Bulletin (2000) 50, 801, 803. 1373
§ 7 Gesamtbetrachtung
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5. Zusammenfassende Würdigung Im Hinblick auf die steuerrechtliche Behandlung der LLP hat der britische Gesetzgeber die Erwartungen der großen Freiberuflergesellschaften als primäre Zielgruppe der neuen Organisationsform vollumfänglich erfüllt. Dadurch, dass die separate Rechtspersönlichkeit der LLP steuergesetzlich ignoriert wird, ist für die wesentlichen Bereiche des britischen Steuerrechts eine Gesellschaftsform geschaffen worden, die steuertransparent ist, so dass die Gesellschafter der LLP alle steuerlichen Vorteile und Vergünstigungen der partnership genießen, wobei ihnen gleichzeitig haftungsrechtlich alle Vorzüge einer Körperschaft erhalten bleiben. Im Vergleich zu anderen Organisationsformen, die ebenfalls das Privileg der limited liability vorsehen, wird gerade die Tatsache, dass die LLP trotz ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit1380 steuerrechtlich neutral ist, als entscheidender Vorteil der neuen Gesellschaftsform angesehen, der die Ausübung freiberuflicher Tätigkeit in einer LLP besonders attraktiv macht.1381
§ 7 Gesamtbetrachtung Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen zur Verfassung der LLP stellt sich abschließend die Frage, ob die Schaffung dieser Organisationsform in Großbritannien als Erfolg angesehen werden kann. Dies hängt wesentlich davon ab, ob der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der rein rechtlichen Aspekte sein Ziel verwirklicht hat, mit der neuen Gesellschaftsform eine alternative Organisationsform für große Freiberuflergesellschaften zu schaffen, die auf der einen Seite leicht handhabbar und flexibel ist, die persönliche Haftung der Gesellschafter begrenzt und den steuerlichen Status einer partnership genießt, und die auf der anderen Seite gleichzeitig effektive Mechanismen für den Gläubigerschutz bietet. Ob das Werk des Gesetzgebers auch in der Praxis als Erfolg zu werten ist, ist an der Akzeptanz dieser neuen Gesellschaftsform, insbesondere unter den großen Freiberuflergesellschaften, zu überprüfen.
1379 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 492; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 919. 1380 Section 1 (2) LLPA. 1381 Paterson/Britton, S. 97, 124 f.; Blackett-Ord, S. 506; Morse, S. 250; Freedman/ Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 491–493; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 919; The Lawyer, 10. Mai 2004.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
I. Umsetzung der Ziele des Gesetzgebers Die Darstellung der Wesensmerkmale der neuen Organisationsform hat gezeigt, dass der Gesetzgeber insgesamt sein mit der Reform verfolgtes Ziel in einem bemerkenswert großen Umfang erreicht hat. Durch die LLP ist es in Großbritannien weitgehend gelungen, dem Anliegen der großen Freiberuflergesellschaften gerecht zu werden, eine flexible und steuerneutrale Gesellschaftsform verbunden mit einer Haftungsbeschränkung für ihre Gesellschafter zu schaffen, und dieses Anliegen mit einem angemessenen Schutz der Interessen der Gesellschaftsgläubiger in Einklang zu bringen. 1. Flexibilität und einfache Handhabbarkeit So tragen insbesondere die unkomplizierten Gründungsvoraussetzungen der LLP und die flexible, weitgehend den Gesellschaftern überlassene Struktur der Gesellschaft dazu bei, dass die LLP, obwohl sie eine juristische Person ist, im Hinblick auf ihre innere Organisation eine ausgesprochen einfach zu handhabende Gesellschaftsform darstellt, deren Ausgestaltung in bemerkenswert großem Ausmaß dispositiv ist. Ohne nennenswerte gesetzliche Schranken können die Gesellschafter der LLP eine maßgeschneiderte innere Struktur wählen, die sowohl der Organisation einer Personengesellschaft als auch der Organisation einer Kapitalgesellschaft entsprechen kann. Möglich ist ebenso einer Vermischung personen- und kapitalgesellschaftlicher Elemente. Zwar wird teilweise eingewendet, diese Gestaltungsfreiheit gehe auf Kosten der Rechtssicherheit, weil für die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen innerhalb der LLP anders als bei der company1382 kein Standardmodell existiert, das klare und umfassende Auffangregeln für die Organisation der neuen Gesellschaftsform bereithält.1383 Für die großen Freiberuflergesellschaften als primäre Zielgruppe der Reform werden diese Bedenken allerdings kaum eine Rolle spielen, weil die interne Struktur dieser Unternehmen ohnehin in der Regel durch umfassende Gesellschaftsverträge geregelt ist, die jeglichen Aspekt ihrer Tätigkeit bis ins Detail regeln. Die Tatsache, dass die neue Rechtsform keinen Standardgesellschaftsvertrag vorsieht, kann insoweit keinen nennenswerten Nachteil darstellen. 2. Beschränkung der persönlichen Haftung Hinsichtlich des Hauptanliegens der Reform, durch die LLP eine Beschränkung der persönlichen Haftung der Gesellschafter zu ermöglichen, ist nach bri1382 1383
Siehe Table A CA 1985, Statutory Instrument (1985/805). Siehe dazu oben 1. Teil § 6. II. 3.
§ 7 Gesamtbetrachtung
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tischem Recht zwischen vertraglichen Rechtsbeziehungen (contract) und der Haftung für Verbindlichkeiten wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens der Gesellschafter (tort of negligence) zu unterscheiden. a) Vertragliche Rechtsbeziehungen (contract) Für vertragliche Rechtsbeziehungen gilt, dass aufgrund des körperschaftlichen Status der LLP anders als bei einer partnership oder limited partnership1384 nur die Gesellschaft in Vertragsbeziehungen zu Dritten tritt und mit ihrem Gesellschaftsvermögen für die Erfüllung, Nichterfüllung oder Schlechterfüllung der in ihrem Namen geschlossenen Verträge haftet.1385 Die LLP-Gesellschafter begründen dagegen als Stellvertreter der Gesellschaft (agents)1386 im Geschäftsbereich des Unternehmens keine eigenen vertraglichen Verbindlichkeiten. Ein Rückgriff auf das Privatvermögen der Gesellschafter wegen Verbindlichkeiten der LLP ist nach der Salomon doctrine grundsätzlich ausgeschlossen.1387 Nur in extremen Ausnahmefällen wird nach den Grundsätzen des common law ein Haftungsdurchgriff, das sog. „lifting of the corporate veil“, zugelassen.1388 Da die Gesellschafter einer LLP somit infolge des Trennungsprinzips umfassend vor einer persönlichen Inanspruchnahme geschützt sind, darf man zu Recht behaupten, dass der britische Gesetzgeber sein Ziel im Hinblick auf vertragliche Rechtsbeziehungen weitestgehend erreicht hat. b) Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten (tort of negligence) Anders als für vertragliche Rechtsbeziehungen scheint der britische Gesetzgeber sein Ziel, eine umfassende Haftungsbegrenzung der Gesellschafter zu ermöglichen, bei Ansprüchen nach dem tort of negligence wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens der LLP-Gesellschafter nicht im vollen Umfang erreicht zu haben. Zwar ist es in Anwendung der Williams Leitlinien durchaus zutreffend, dass die Gründung einer juristischen Person wie der LLP im Allgemeinen für Dritte erkennbar macht, dass deren Mitglieder keine persönliche Verantwortung übernehmen wollen.1389 Das Entstehen einer Sorgfaltspflicht und damit einer per-
1384
Section 5 PA 1890. Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 10, 14; Milman, in: Palmer’s LLP, Rdn. A7-01; Whittaker/Machell, S. 119; Morse, S. 247; Blackett-Ord, S. 499; Mabey, S. 58, 64. 1386 Section 6 (1) LLPA. 1387 Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A2-05; Morse, S. 247; Blackett-Ord, S. 499. 1388 Gower/Davies, S. 189 f.; Pettet, S. 24 ff.; Sealy, S. 58. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 3. b). 1385
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
sönlichen Verantwortlichkeit kann folglich auch bei LLP-Gesellschaftern nur in Ausnahmefällen angenommen werden. Zugleich besteht aber gerade bei einem Zusammenschluss von Freiberuflern in einer LLP aus derzeitiger Sicht Anlass zu der Annahme, dass die mit der juristischen Person einhergehende generelle Haftungsfreizeichnung durch die im britischen Recht anerkannte Position widerlegt wird, dass Freiberufler allein schon aufgrund ihrer Berufsträgerschaft ein besonderes Vertrauen begründen.1390 Gesellschafter einer freiberuflichen LLP müssen dann im Sinne einer „professional liability“ grundsätzlich persönlich für ihr eigenes sorgfaltswidriges Verhalten einstehen.1391 Ungeachtet dieser für die großen Freiberuflergesellschaften auf den ersten Blick unbefriedigend anmutenden Sachlage dürfen jedoch zwei zentrale Aspekte nicht übersehen werden. Obwohl für Gesellschafter einer freiberuflich tätigen LLP weiterhin die Gefahr einer persönlichen Haftung für ihr eigenes Fehlverhalten besteht, sind Freiberufler, die sich in der neuen Gesellschaftsform organisieren, unter allen Umständen vor einer persönlichen Inanspruchnahme besser geschützt als die Gesellschafter einer partnership.1392 In einer partnership ist die gesamtschuldnerische Haftung aller Gesellschafter für das fehlerhafte Verhalten jedes Mitgesellschafters die gesetzlich angeordnete Regel, unabhängig davon, ob ein persönlicher Bezug des Gesellschafters zu dem jeweiligen partner oder der in Rede stehenden Dienstleistung besteht oder nicht.1393 In einer freiberuflichen LLP wird dagegen eine persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter nur in Fällen eigenen Fehlverhaltens oder in Fällen, in denen ein Gesellschafter für das Verhalten eines anderen für die LLP Handelnden eine besondere Verantwortung übernommen hat, möglich sein.1394 Dass LLP-Gesellschafter durchweg persönlich für das Fehlverhalten anderer Gesellschafter einzustehen haben, ohne dass ein solcher besonders darzulegender Zurechnungsgrund besteht, kann bei der LLP weitgehend ausgeschlossen werden.1395 Auch bei einem Fehlverhalten von Mitarbeitern der LLP wird die 1389 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn; siehe auch Trevor Ivory Ltd v Anderson [1992] N.Z.L.R. 517, 524 per Cooke P. Siehe dazu oben 1. Teil 6. IV. 2. a) bb) (3) (b) (cc); 1. Teil 6. IV. 2. a) bb) (3) (c) (cc) und 1. Teil 6. IV. 2. a) bb) (3) (d) (cc). 1390 Bristol and West Building Society v Mothew [1998] Ch. 1, 18A per Millett LJ; außerdem Nocton v Lord Ashburton [1914] A.C. 932; McMaster v Byrne [1952] 1 All E.R. 1362; Arklow Investments Ltd v McLean [2000] 1 W.L.R. 594. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc). 1391 Vgl. Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485; Gower/Davies, S. 168 Fn. 97. 1392 So auch Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 328; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 469. 1393 Sections 10, 12 PA 1890. 1394 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc)–ee); vgl. Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 469.
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Übernahme persönlicher Verantwortung eines Gesellschafters nach den Williams Grundsätzen nicht ohne einen besonderen Bezug zu dem Mitarbeiter oder der jeweiligen Dienstleistung zu begründen sein.1396 Überdies ist die Frage der persönlichen Einstandspflicht eines Freiberuflers für eigenes oder fremdes Fehlverhalten kein spezielles Problem, das allein mit der neuen Organisationsform verbunden ist.1397 Vielmehr stellt sich die Frage, wie sich eine freiberufliche Tätigkeit auf die persönliche Haftung nach den Williams Leitlinien auswirkt, unweigerlich immer dann, wenn jemand in Vertretung einer anderen Person – sei dies eine natürliche oder juristische Person – sorgfaltswidrig handelt,1398 und die in Frage kommende Tätigkeit freiberuflicher Natur ist. Freiberufler, die sich zum Zweck der Haftungsbegrenzung in einer juristischen Person zusammenschließen, bleiben deshalb nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung unter Anlegung identischer Kriterien immer der Gefahr einer persönlichen Haftung ausgesetzt.1399 Diese Gefahr besteht unabhängig davon, ob sie als Gesellschaftsform die LLP oder eine andere juristische Person britischen Rechts, wie etwa die company, gewählt haben.1400 Die weiterhin bestehende Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Gesellschafter einer freiberuflichen LLP nach dem tort of negligence kann es deshalb keinesfalls rechtfertigen, die LLP im Vergleich zu anderen haftungsbeschränkenden Organisationsformen als unterlegen zu diskreditieren. Vielmehr bleibt positiv festzuhalten, dass die neue Organisationsform die persönliche Haftung ihrer Gesellschafter so weit begrenzt, wie dies nach den allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen in Großbritannien gegenwärtig möglich ist.
1395 Vgl. dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) ee); Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 606. So ausdrücklich auch Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 328; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 469. 1396 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) dd) (2); Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169. 1397 Vgl. Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 328; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 468. 1398 Siehe nur Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn; Noel v Poland [2001] 2 B.C.L.C. 645, Ziff. 13 per Toulson J; Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) [2002] 1 All. E.R. 173, Ziff. 23 per Lord Hoffmann. 1399 So auch Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 326 ff.; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 468; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920. 1400 So auch Morse, in: McCahery/Raaijmakers/Vermeulen, The Governance of Close Corporations and Partnerships, 317, 326 ff.; ders. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 468; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
3. Steuertransparenz Im Hinblick auf den steuerlichen Status der neuen Organisationsform hat der Gesetzgeber sein Vorhaben vollumfänglich umgesetzt. Trotz ihrer körperschaftlichen Natur wird die LLP in allen wesentlichen Fragen des Steuerrechts wie eine partnership und somit als steuertransparent behandelt. Dadurch wird die LLP, obwohl sie ein eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, nicht im eigentlichen Sinne besteuert. Steuerpflichtig für den Geschäftsbetrieb der LLP sind vielmehr ihre Gesellschafter. Im Vergleich zu anderen Organisationsformen, die ebenfalls das Privileg der limited liability genießen, wird gerade dieser steuerliche Status der LLP gemeinhin als entscheidender Vorteil angesehen, der die Ausübung freiberuflicher Tätigkeit in einer LLP besonders attraktiv macht.1401 4. Gläubigerschutz Im Hinblick auf den Schutz der Gläubiger gewährleisten die vollumfänglich auf die LLP anwendbaren insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzmechanismen des britischen Kapitalgesellschaftsrechts, dass die Interessen der Gläubiger bei der Führung der Geschäfte durch die Gesellschafter in angemessener Weise berücksichtigt werden. Obwohl diese Schutzmechanismen keine in sich geschlossene einheitliche Ordnung bilden und überdies nicht frei von Schwächen sind, schaffen sie insgesamt dennoch ein wirksames System zur Kontrolle und Disziplinierung der Geschäftsleitung der LLP.1402 Zusätzlich zu den allgemeinen insolvenzrechtlichen Mechanismen für Kapitalgesellschaften ist in section 214A IA 1986 überdies das neue Konzept der adjustment of withdrawals eingeführt worden, welches ausschließlich auf die LLP anwendbar ist. Da dem Schutz der Gläubiger einer LLP somit im Vergleich zu alternativen Gesellschaftsformen durch ein weiteres Verfahren zur Sanktionierung gläubigerschädigenden Verhaltens Rechnung getragen wird, kann zu Recht behauptet werden, dass das Schutzniveau bei der LLP sogar höher ist als bei anderen Organisationsformen, die ebenfalls das Privileg der limited liability genießen. Ergänzt wird der insolvenzrechtliche Gläubigerschutz bei der LLP durch die strengen Bilanzierungs- und Publizitätsvorschriften des britischen Kapitalgesellschaftsrechts. Diese ermöglichen es den freiwilligen Gläubigern der Gesellschaft, aufgrund der weitgehenden Information über die Vermögens-, Finanz-
1401 Paterson/Britton, S. 97, 124 f.; Blackett-Ord, S. 506; Morse, S. 250; Freedman/ Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 491–493; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 919; The Lawyer, 10. Mai 2004. 1402 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 3.
§ 7 Gesamtbetrachtung
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und Ertragslage der LLP eine wirkungsvolle Eigenvorsorge gegen finanzielle Krisen zu treffen.1403 Insgesamt gewährleistet das System der auf die neue Organisationsform anwendbaren Schutzmechanismen getreu der Intention des Gesetzgebers, dass die Haftungsbegrenzung in der LLP nicht zu Lasten ihrer Gläubiger geht. Dadurch wird letzthin sichergestellt, dass die Interessen der großen Freiberuflergesellschaftern und die Interessen der Gläubiger in eine angemessene Balance gebracht werden, so dass die LLP nach rein rechtlichen Gesichtspunkten als erfolgversprechende Gesellschaftsform für die Betätigung großer freiberuflicher Unternehmen anzusehen ist.
II. Akzeptanz der LLP Angesichts der positiven Einschätzung der rechtlichen Ausgestaltung der LLP stellt sich die Frage, ob die Einführung dieser Organisationsform auch in der Praxis bei den großen Freiberuflergesellschaften auf entsprechende Resonanz gestoßen ist. Von Interesse ist dabei insbesondere, ob die großen Wirtschaftprüfungs- und Anwaltsgesellschaften von der neuen Organisationsform Gebrauch gemacht haben, weil gerade diese beiden Berufszweige ganz wesentlichen Einfluss auf die rasche Einführung der LLP in Großbritannien hatten.1404 1. Anfängliche Situation In der ersten Zeit nach Inkrafttreten des LLPA schien es, dass weder die Wirtschaftprüfungs- noch die Rechtsanwaltsgesellschaften ein großes Interesse daran hatten, ihre Unternehmen als LLP einzutragen.1405 Von den sog. „Big Four“ Wirtschaftprüfungsgesellschaften wagte zunächst nur Ernst & Young den Schritt zur Konvertierung von einer partnership zur LLP, kurz nachdem im April 2001 die neue Organisationsform eingeführt wurde. Unter den Anwaltssozietäten war Kemp Little die erste Gesellschaft, die den Formwechsel vornahm, indem sie im Juli 2001 ihr Unternehmen als LLP eintragen ließ.1406 Angesichts 1403
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 2. b). Vgl. Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-05 ff.; Mabey, S. 58; Morse, S. 245; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 480; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 271; ders. (1999) Jur. Rev. 2, 137, 140; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 123; Milman (2000) I.C.C.L.R. 11 (10), 329, 329. 1405 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 478; Clarke (2002) Legal Week 4 (34), 20; Fisher (2004) Accty. 134 (1331), 24. 1406 Bereits im Jahr 2000 ist Clifford Chance nach der Fusion mit Roger & Wells als LLP eingetragen worden. Allerdings erfolgte die Eintragung nach dem Recht des US-Bundesstaates New York, weil zu diesem Zeitpunkt der LLPA in Großbritannien noch nicht in Kraft getreten war. 1404
270
1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
des maßgeblichen Einflusses der großen Freiberuflergesellschaften auf die Einführung der LLP und angesichts der weitgehenden Umsetzung ihrer Forderungen durch den Gesetzgeber war eine solche Zurückhaltung gegenüber der neuen Organisationsform mehr als verwunderlich.1407 Die anfängliche Reserviertheit unter der Zielgruppe der Reform wurde gemeinhin mit zwei als wesentlich empfundenen Faktoren erklärt:1408 Auf der einen Seite wurde die zögerliche Akzeptanz der LLP damit begründet, dass die meisten Freiberuflergesellschaften einen Wechsel zur LLP immer nur zu Beginn einer Rechnungslegungsperiode – typischerweise am 1. April oder 1. Mai – vollziehen würden.1409 Voraussetzung für einen Wechsel zu diesem Termin sei allerdings, dass die Gesellschafter bis zu diesem Stichtag ausreichend Zeit hätten, alle wesentlichen Faktoren der neuen Organisationsform zu bedenken, um zu gewährleisten, dass ein Gesellschaftsvertrag geschlossen wird, der alle Eventualitäten des Geschäftslebens berücksichtigt.1410 Nachdem die LLP im April des Jahres 2001 ins Leben gerufen worden war, sei der Zeitraum bis zum Beginn der neuen Rechnungsperiode im gleichen Jahr allerdings nicht ausreichend gewesen, um die erforderliche umfassende Erörterung der Einzelheiten der neuen Rechtsform vorzunehmen. Andererseits war es nach Meinung vieler für die großen Freiberuflergesellschaften wichtig, bei einer Entscheidung über den Formwechsel über definitive Aussagen zu den Regeln der Rechnungslegung zu verfügen, die für die LLP einschlägig sind.1411 Die endgültige Fassung der vom CCAB veröffentlichten SORP, welche klarstellen, wie die kapitalgesellschaftlichen Bilanzierungsregeln auf die neue Organisationsform anzuwenden sind, ist allerdings erst im Mai 2002 und damit mehr als ein Jahr nach Einführung der LLP veröffentlicht worden. Neben diesen beiden Faktoren scheinen vor allem die umfassenden Publizitäts- und Prüfungspflichten im Recht der LLP eine besondere Abschreckungswirkung gegenüber den Freiberuflerpersonengesellschaften entfaltet zu haben,1412 weil viele Gesellschaften, insbesondere Anwaltssozietäten, unwillens 1407 Zea (2003) Acc. Age Mar., 3; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 919; Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35; Fisher (2004) Accty. 134 (1331), 24; The Lawyer, 17. Mai 2004; Financial Times, 26. April 2004. 1408 Lee (2002) Legal Week 4 (34), 24; ders. (2002) Acc. Age May, 12. 1409 Lee (2002) Legal Week 4 (34), 24; ders. (2002) Acc. Age May, 12. 1410 Lee (2002) Legal Week 4 (34), 24; ders. (2002) Acc. Age May, 12. 1411 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 495; Linsell (2002) Accty. 129 (1304) 134, 134. 1412 Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 493; Beresford (1999) N.L.J. 149 (6911), 1647, 1649; Mabey (2000) S.J. Feb., 148, 149; Lee (2002) Accty. 129 (1304), 133; Haythornthwaite (2002) Accty. 130 (1310), 34, 34.; Tittensor (2003) Building Jun., 46; Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35; Fisher (2004) Accty. 134 (1331), 24; Financial Times, 26. April 2004; The Lawyer, 19. Mai 2004.
§ 7 Gesamtbetrachtung
271
waren und sind, die als unantastbar empfundene Diskretion der partnership aufzugeben. 2. Nachfolgende Entwicklung Die anfängliche Skepsis der Freiberuflergesellschaften gegenüber der LLP ist mittlerweile fast vollends verschwunden. Ein Grund hierfür ist sicherlich in den Bilanzskandalen von Unternehmen mit globaler Bedeutung wie Enron und Worldcom zu sehen, die in den Jahren 2001 und 2002 aufgetreten sind. Die im Zuge dieser Skandale entstandene Prozesswelle gegen die beratenden Wirtschaftprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaften hat unmissverständlich verdeutlicht, von welcher elementaren Bedeutung eine Beschränkung der persönlichen Haftung der Gesellschafter für das Fehlverhalten ihrer Mitgesellschafter in solchen Beratungsunternehmen sein kann.1413 Dabei hat insbesondere die Aufsehen erregende Zerschlagung von Arthur Anderson im Zusammenhang mit dem Enron Skandal gezeigt, dass auch Gesellschafter von Unternehmen mit weltweit hoher Reputation nicht vor exorbitanten Haftungsprozessen geschützt sind. Die Diskussion einer Konvertierung zu einer haftungsbeschränkenden Organisationsform wie der LLP wurde infolge dieser Entwicklung für die großen Rechtsanwalts- und Wirtschaftprüfungsgesellschaften aktueller als je zuvor.1414 Wie nicht anders zu erwarten, haben daraufhin mehrere große Freiberuflergesellschaften den Schritt zur Inkorporierung als LLP unternommen. Von den verbleibenden „Big Four“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaften hat als erstes KPMG auf die vorbeschriebene Entwicklung reagiert, indem sie im Mai 2002 dem Beispiel von Ernst & Young folgte und als LLP eingetragen wurde. Im Januar 2003 hat auch PriceWaterhouseCoopers den lang erwarteten Formwechsel von der partnership zur LLP vorgenommen. Deloitte & Touche, die ab diesem Zeitpunkt die einzige der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften war, die noch als partnership firmierte, hat schließlich im August 2003 den Status einer LLP angenommen, so dass mittlerweile alle „Big Four“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Vereinigten Königreich als LLP firmieren.1415 Von den britischen Rechtsanwaltssozietäten hat zunächst Withers den Schritt zur Inkorporierung als LLP im Januar 2002 gewagt.1416 Mayer Brown Rowe & 1413 Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Boundy (2002) Acc. Age Apr., 14; Linsell (2002) Accty. 129 (1304) 134, 134; Lee (2002) Legal Week 4 (34), 24; Financial Times, 26. April 2004. 1414 Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Boundy (2002) Acc. Age Apr., 14; Linsell (2002) Accty. 129 (1304) 134, 134; Lee (2002) Legal Week 4 (34), 24; Financial Times, 26. April 2004. 1415 Für eine Auflistung aller mittleren und großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen im Vereinigten Königreich, die als LLP registriert sind, siehe Fisher (2004) Accty. 134 (1331), 24.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Maw folgte im Juli desselben Jahres.1417 Wragge & Co sowie Eversheds haben den Formwechsel im Mai 2003 vorgenommen.1418 Kurz darauf sind Harbottle & Lewis im August 2003, Gateley Wareing im September 2003 und Steeles im November 2003 als LLP eingetragen worden.1419 Brodies, Browne Jacobson, Burges Salmon und DLA Piper Rudnick Gray Cary firmieren seit Mai 2004 als LLP.1420 Halliwells hat seinen Formwechsel von der partnership zur LLP im Juli 2004 vollzogen.1421 Auch seitens der großen city law firms – den sog. „magic circle firms“ – werden gegenwärtig immer konkretere Pläne publik, diese weltweit tätigen Unternehmen als LLP zu inkorporieren. Zwar befinden sich einige große Kanzleien wie etwa Freshfields Bruckhaus Deringer,1422 Herbert Smith,1423 Linklaters,1424 Slaughter & May,1425 Norton Rose1426 und Lovells1427 zurzeit noch in den abschließenden Beratungen über eine reibungslose Konvertierung. Allen & Overy hat aber als erste der großen Anwaltskanzleien den Schritt zur LLP bereits gewagt, indem sie den Formwechsel zum 1. Mai 2004 vollzogen hat.1428 Die Konvertierung dieser „magic circle firm“ wird allgemein als Startschuss verstanden, der ein Nachziehen der übrigen großen city law firms in Kürze erwarten lässt.1429 Nach einer Umfrage der Zeitschrift Legal Week von Dezember 2005 befassen sich 84% der Top 50 Anwaltssozietäten des Vereinigten Königreichs mit dem Wechsel zur LLP oder haben den Formwechsel bereits vollzogen.1430 Betrachtet man die Aspekte, die von den betreffenden Gesellschaften erörtert wurden, bevor der Entschluss zur Konvertierung zur LLP gefasst wurde, so wird schnell deutlich, dass die mit dem Status der neuen Organisationsform ein1416 1417 1418 1419 1420 1421 1422 1423 1424 1425 1426 1427 1428
The Lawyer, 21. Juni 2004. The Lawyer, 21. Juni 2004. The Lawyer, 21. Juni 2004. The Lawyer, 21. Juni 2004. The Lawyer, 21. Juni 2004. The Lawyer, 21. November 2005. The Times, 15. April 2003; Financial Times, 26. April 2004. The Lawyer, 2. Mai 2005. The Lawyer, 18. November 2002. The Lawyer, 14. Juni 2004. The Lawyer, 10. Oktober 2005. Legal Week, 16. September 2004; The Lawyer, 10. Oktober 2005. Financial Times, 26. April 2004; The Times, 4. Mai 2004; The Lawyer, 31. Mai
2004. 1429 Financial Times, 26. April 2004; The Times, 4. Mai 2004. Von einem Wechsel absehen werden wohl Clifford Chance, die schon seit dem Jahr 2000 – und damit vor Inkrafttreten des LLPA am 6. April 2001 – als LLP des US-Bundesstaates New York firmieren. 1430 Legal Week, 15. Dezember 2005.
§ 7 Gesamtbetrachtung
273
hergehenden Publizitäts- und Prüfungspflichten ihre ursprüngliche Abschreckungswirkung in erheblichem Umfang eingebüßt haben.1431 In den großen Freiberuflergesellschaften scheint sich immer mehr eine Sichtweise durchzusetzen, die die Transparenz- und Prüfungsverpflichtungen in einem eher freundlichen Licht sieht.1432 Im Fall der Wirtschaftprüfungsgesellschaften resultiert dieser Meinungsumschwung insbesondere aus der Verwicklung einiger der meistangesehenen Wirtschaftsprüfungsunternehmen in die bereits genannten Finanzskandale der letzten Jahre, die dazu geführt haben, dass die einst überwältigende Reputation dieser Profession in nie da gewesener Weise in Mitleidenschaft gezogen wurde.1433 Die Selbstverständlichkeit, mit der die Prüfungsgesellschaften ihre Pflichten missachtet haben, und die schier unglaublichen Auswirkungen, die dieses Fehlverhalten auf die breite Öffentlichkeit in Person von Anlegern, Mitarbeitern, Gläubigern und Mandanten der betroffenen Unternehmen hatte, hat das öffentliche Ansehen und das Vertrauen in die Profession der Wirtschaftprüfer nahezu vollends zerstört.1434 Dieser massive Ansehensverlust hat den Berufszweig der Wirtschaftsprüfer in Großbritannien insgesamt unter erheblichen öffentlichen Druck gebracht, die eigene Geschäftspolitik grundlegend zu überdenken. Insbesondere die Tatsache, dass die meisten Prüfungsgesellschaften ihrerseits überhaupt keine derjenigen Publizitäts- und Prüfungsvorschriften praktizieren, welche sie ihren Mandanten tagtäglich predigen, hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den Augen der Öffentlichkeit verdächtig gemacht, weil sie für sich selbst die Geltung derjenigen Pflichten nicht für notwendig erachten, deren Überprüfung ihre Hauptdienstleistung ist.1435 In ihrem – von den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als essentiell angesehenen –1436 Bemühen, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, werden nicht zuletzt die mit der LLP einhergehenden Offenlegungs- und Prüfungspflichten als probates Mittel angesehen, um nach außen deutlich zu machen, dass eine Bereitschaft dazu besteht, den Standard und die Überprüfbarkeit der eigenen Tätigkeit durch die auferlegten Transparenz- und Benachrichtigungspflichten zu heben.1437 1431
Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35; Financial Times, 26. April 2004. Vgl. Williams (2002), Acc. Age Jul., 12; Groom (2002) Acc. Age Sep., 16; Clarke (2002) Legal Week 4 (34), 20; Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35. 1433 Hinks (2003), Acc. Age Feb., 6; Williams (2002), Acc. Age Jul., 12; Groom (2002) Acc. Age Sep., 16. 1434 Williams (2002), Acc. Age Jul., 12. 1435 Land (2002) Acc. Age Feb., 12. 1436 Williams (2002), Acc. Age Jul., 12; Groom (2002) Acc. Age Sep., 16. 1437 Dies ist auch die Sicht des DTI, welches in dem Report der Co-ordinating Group on Audit and Accounting Issues von 2003 ganz ausdrücklich den Formwechsel 1432
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
Auch die Rechtsanwaltssozietäten im Vereinigten Königreich scheinen inzwischen eine positivere Einstellung zu einer transparenten Geschäftspolitik zu haben,1438 obwohl sie nicht in derselben Weise wie die Wirtschaftsprüfer im Zuge der vergangenen Finanzskandale das Ziel öffentlicher Kritik geworden sind. Ungeachtet dessen sind immer mehr Anwaltsgesellschaften bereit, sich einem umfassenden Publizitäts- und Bilanzierungsregime zu unterwerfen, da viele der großen Kanzleien der Offenlegung ihrer Unternehmensinformationen nicht mehr allzu große Bedeutung beimessen, weil heutzutage ohnehin ein erheblicher Anteil der betreffenden Informationen der Öffentlichkeit zugänglich ist.1439 Überdies argumentieren Vertreter beider Professionen, dass die neuen Transparenzpflichten als Marketingvorteil gegenüber den Wettbewerbern am Markt genutzt werden können. Durch eine bereitwillige Offenlegung der Unternehmenskennzahlen sei es den Gesellschaften möglich, nach außen gegenüber bereits geworbenen oder potentiellen Mandanten zu dokumentieren, welche Herausforderungen das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr gemeistert hat.1440 Zudem könne über die Transparenz das Selbstvertrauen in die eigene Stärke und eine offene Firmenpolitik gegenüber den Geschäftspartnern demonstriert werden, wohingegen andere Gesellschaften aufgrund ihrer Geheimhaltung und der nicht erfolgten Reaktion auf das öffentliche Interesse ihr Ansehen weiter einbüßen könnten.1441 Schließlich ist es unter den Freiberuflerunternehmen allgemein anerkannt, dass die in der LLP angebotene Haftungsbegrenzung auch ein Aspekt ist, der im Hinblick auf die Rekrutierung neuer Spitzenkräfte eine Rolle spielt.1442 Wer sich bewusst für die Tätigkeit in einem prozessanfälligen Geschäft entscheidet, wird unbedingt darauf bedacht sein, seine persönliche Einstandspflicht möglichst zu begrenzen.1443 Gesellschaften, die immer noch der gesamtschuldnerischen Haftung der partnership unterliegen,1444 scheinen insoweit für die nachwachsende Generation von Gesellschaftern weniger attraktiv.
der drei „Big Four“ Gesellschaften begrüßt hat, die zu dem Zeitpunkt bereits LLP geworden waren, siehe URN 03/567, S. 50. 1438 Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35; The Lawyer, 2. September 2002. 1439 Clarke (2002) Legal Week 4 (34), 20; Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35; The Lawyer, 2. September 2002. 1440 Land (2002) Acc. Age Feb., 12; Linsell (2002) Accty. 129 (1304) 134, 134. 1441 Land (2002) Acc. Age Feb., 12; Linsell (2002) Accty. 129 (1304) 134, 134. 1442 Pasricha (2002) Acc. Age May, 12; Corcoran (2003) I.A.B. Mar., 4; Lee (2002) Legal Week 4 (34), 24; Dayasena (2004) Int. Acc. Jan., 6; The Lawyer, 21. Juni 2004. 1443 Pasricha (2002) Acc. Age May, 12; Corcoran (2003) I.A.B. Mar., 4; Lee (2002) Legal Week 4 (34), 24; Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35. 1444 Sections 10, 12 PA 1890.
§ 7 Gesamtbetrachtung
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3. Ausblick Aufgrund der vorbeschriebenen Entwicklung kann für die Zukunft im Hinblick auf die neue Organisationsform eine konstant bleibende Zahl von Freiberuflern prognostiziert werden, die entweder von der Rechtsform der partnership zur LLP wechseln oder unmittelbar eine Gesellschaft in der neuen Rechtsform gründen.1445 Bis Mai 2004 haben sich in Großbritannien bereits 15.331 Unternehmen als LLP eintragen lassen,1446 darunter sind 153 Rechtsanwaltskanzleien.1447 Als Konsequenz dieser Entwicklung wird die neue Gesellschaftsform schlussendlich ein allgemein bekanntes und bewährtes Vehikel für die Tätigkeit der großen Freiberuflergesellschaften werden, und sich letztendlich zu der Standardorganisationsform freiberuflicher Tätigkeit, insbesondere von Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern, entwickeln.1448 Für die erste Zeit ist jedoch zu erwarten, dass – wie bisher – die Akzeptanz der LLP unter den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften noch höher sein wird als unter den Anwaltsgesellschaften. Dafür existieren verschiedene Gründe. Einerseits übt die Tatsache, dass alle „Big Four“ Unternehmen inzwischen in der Rechtsform der LLP betrieben werden, einen erheblichen Druck auf die anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften aus, die dieser Elite nicht angehören, ihre Organisationsform ebenfalls zu ändern.1449 Denn in den Augen der Öffentlichkeit bleiben die großen Wirtschaftprüfungsgesellschaften für ihren Berufsstand – trotz ihres in Mitleidenschaft gezogenen Ansehens – auch weiterhin das Maß aller Dinge. Im Gegensatz zu den „Big Four“ Wirtschaftprüfungsgesellschaften sind die britischen „magic circle firms“ gegenwärtig mehrheitlich noch damit beschäftigt, ihre Beurteilung der neuen Organisationsform abzuschließen. Nachdem Allen & Overy aber zum Mai 2004 den Schritt zur LLP gewagt hat, ist nunmehr auch hier zu erwarten, dass weitere Formwechsel folgen.1450 Andererseits kann die bisherige Zurückhaltung der Anwaltssozietäten, einen Formwechsel zur LLP zu vollziehen, damit erklärt werden, dass Rechtsanwälte nicht in der gleichen Weise wie Wirtschaftsprüfer anfällig sind für sog. „doomsday claims“, weil sie nicht so unmittelbar an der Abwicklung von haf1445 Lee (2002) Accty. 129 (1304), 133; ders. (2002) Acc. Age May, 12; ders. (2002) Legal Week 4 (34), 24; Davies (2003) Acc. Age Apr., 31; Linsell (1998) S.J. Oct., 950; Trevelyan (2004) L.S.G. 101 (33), 22; The Lawyer, 24. Januar 2005. 1446 The Lawyer, 21. Juni 2004. 1447 The Lawyer, 21. Juni 2004. 1448 Vgl. Fisher (2004) Accty. 134 (1331), 24; Davies (2003) Acc. Age Apr., 31; Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35; Trevelyan (2004) L.S.G. 101 (33), 22; The Lawyer, 24. Januar 2005; The Lawyer, 21. Juni 2004. 1449 Corcoran (2003) I.A.B. Mar., 4; The Times, 27. Februar 2003. 1450 Financial Times, 26. April 2004; The Times, 4. Mai 2004; Legal Week, 16. September 2004.
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1. Teil: Die LLP nach britischem Recht
tungsanfälligen Transaktionen beteiligt sind.1451 Außerdem sind Anwaltssozietäten in ihrer Geschäftspolitik traditionell eher konservativ. Ein Formwechsel wird von vielen deshalb erst in Angriff genommen werden, wenn bereits Erfahrungen mit der neuen Gesellschaftsform bestehen.1452 Trotz alledem wird die Konvertierung von Allen & Overy und die zu erwartende Nachahmung anderer „magic circle firms“ den gleichen Effekt auf die anwaltliche Tätigkeit in einer Gesellschaft im Vereinigten Königreich haben, wie der bereits erfolgte Formwechsel der „Big Four“ bei den britischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften: Es steht zu erwarten, dass die LLP in Großbritannien für die Anwaltsgesellschaften der ersten Kategorie die bestimmende Organisationsform werden wird.1453 Infolgedessen werden sich auch immer mehr Sozietäten der zweiten und dritten Kategorie veranlasst sehen, einen Rechtsformwechsel zur LLP vorzunehmen.1454 Insgesamt kann die LLP deswegen zu Recht als Gesellschaftsform der Zukunft für freiberufliche Tätigkeit im Vereinigten Königreich, insbesondere für Wirtschaftsprüfungs- und Anwaltsgesellschaften, bezeichnet werden.
1451
Pettet (1995) C.L.P. 48 (2), 125, 141. Vgl. Smulian (2002) L.S.G. 99 (42), 22. 1453 Clarke (2002) Legal Week 4 (34), 20; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Zair (2003) L.S.G. 100 (43), 35; Trevelyan (2004) L.S.G. 101 (33), 22; Financial Times, 26. April 2004; The Times, 4. Mai 2004; The Lawyer, 21. Juni 2004. 1454 Trevelyan (2004) L.S.G. 101 (33), 22; The Lawyer, 16. Juni 2004; The Lawyer, 21. Juni 2004. 1452
Zweiter Teil
Die Partnerschaft nach deutschem Recht Ähnlich der britischen LLP hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz von 19941 die Partnerschaft als neuartige Organisationsform geschaffen. Um beide Gesellschaftsformen im dritten Teil der Arbeit miteinander vergleichen zu können, sind zunächst – im Wesentlichen parallel zur Untersuchung der LLP im ersten Teil – die zentralen Charakteristika der deutschen Partnerschaft zu beleuchten. Dazu wird vorab die Entstehungsgeschichte der Partnerschaft sowie deren Rechtsnatur und die Regelungstechnik des PartGG erörtert. Im Anschluss daran werden die zentralen Merkmale der Verfassung der Partnerschaft vorgestellt.
§ 8 Entstehungsgeschichte der Partnerschaft Die Einführung der Partnerschaft durch das PartGG von 19942 kann auf eine lange Entstehungsgeschichte zurückblicken. Bereits im Jahre 1957 wurde erstmals die Schaffung einer eigenen Gesellschaftsform für die Freien Berufe durch das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. beim Bundesjustizministerium angeregt.3 Schlussendlich wurde diese Anregung allerdings nicht weiter verfolgt, weil die Reaktion der Mehrzahl der Verbände der Freien Berufe auf dieses Vorhaben eher negativ ausfiel.4 Ein Jahrzehnt später, gegen Ende der 60-er Jahre, erhielt die Diskussion um eine Gesellschaftsform für Freiberufler jedoch einen neuen Impuls, nachdem der Anwaltstag von 1967 die Teamarbeit von Rechtsanwälten zu einem seiner Hauptthemen gemacht hatte5 und Volmer einen Gesetzesvorschlag für eine Organisationsform zur Assoziierung von Freiberuflern formuliert hatte.6
1
BGBl. 1994 I, S. 1744. BGBl. 1994 I, S. 1744. 3 Ulmer, in: MüKo, Vor § 1 PartGG, Rdn. 1; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 1; Thümmel, WPg 1971, 399, 399. Zur Entstehungsgeschichte Scharlach/Hoffmann, WM 2000, 2082, 2082 ff. 4 Ulmer, in: MüKo, Vor § 1 PartGG, Rdn. 1; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 2; Thümmel, WPg 1971, 399, 399. 2
278
2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
I. Der Gesetzesentwurf von 1971 Im Jahr 1971 brachte die CDU/CSU-Fraktion einen ersten Gesetzesentwurf für ein Partnerschaftsgesetz in den Bundestag ein,7 der im Wesentlichen auf den Vorarbeiten Volmers basierte. Neben einer generellen Haftungsbegrenzung für jeden Schadensfall und einer zwingenden Haftpflichtversicherung8 sah dieser Gesetzesvorschlag vor, die Partnerschaft als eine juristische Person auszugestalten,9 die steuerrechtlich wie eine Personengesellschaft behandelt werden sollte.10 Nach ihrem grundlegenden Konzept entsprach die damals entworfene Gesellschaft somit weitgehend der Organisationsform, die der britische Gesetzgeber drei Jahrzehnte später im Jahre 2001 durch den LLPA in Großbritannien eingeführt hat. In Deutschland fiel das Konzept des ersten Gesetzesentwurfs allerdings mit der vorzeitigen Auflösung des sechsten Deutschen Bundestages dem Grundsatz der Diskontinuität zum Opfer.11
II. Der Gesetzesentwurf von 1975 Nach extensiven Beratungen mit den Kammern und Verbänden der Freien Berufe wurde von Abgeordneten der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP in der nachfolgenden Legislaturperiode im Jahre 1975 ein zweiter Entwurf zur Partnerschaft12 in den Bundestag eingebracht. Dieser gestaltete die neue Gesellschaftsform als rechtsfähige Personengesellschaft aus. Von der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft hatte man dagegen Abstand genommen, weil sie nach allgemeiner Ansicht aufgrund ihrer Anonymität der Eigenverantwortlichkeit, Selbständigkeit und der leitenden Funktion freiberuflicher Berufsträger kaum Rechnung trug.13
5 Ulmer, in: MüKo, Vor § 1 PartGG, Rdn. 1; Henssler, Einf. PartGG, Rdn. 1; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 4; Thümmel, WPg 1971, 399, 399; Oppenhoff, AnwBl. 1967, 267, 274. 6 Volmer, StB 1967, 25, 25 ff.; vgl. Rittner, StB 1967, 2, 8; dazu Lach, S. 150; Oppenhoff, AnwBl. 1967, 267, 274. 7 BT-Drucks. 6/2047. Bis zum Referentenentwurf der Bundesregierung von 1993 wurde durchgängig vom „Partnerschaftsgesetz“ statt vom PartGG gesprochen. Durch die schlussendliche Aufnahme der letzteren Bezeichnung sollte einer Verwechslung mit anderen als „Partnerschaft“ bezeichneten Gemeinschaften vorgebeugt werden. 8 § 9 des Gesetzesvorschlags von 1971, BT-Drucks. 6/2047. 9 § 1 des Gesetzesvorschlags von 1971, BT-Drucks. 6/2047. 10 § 26 des Gesetzesvorschlags von 1971, BT-Drucks. 6/2047. 11 Eingehend dazu Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 6 f.; Castan, S. 39 f. 12 BT-Drucks. 7/4089. 13 BT-Drucks. 7/4089, S. 7.
§ 8 Entstehungsgeschichte der Partnerschaft
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Nach der Einbringung in den Bundestag wurde der zweite Entwurf von 1975 durch den Rechtsausschuss des Bundestages erheblich modifiziert.14 Die geänderte Fassung konzipierte die Partnerschaft als Gesamthand ohne Haftungsbegrenzungsmöglichkeit und Versicherungspflicht. Zudem sollte von der vorgesehenen Rechtsfähigkeit der Partnerschaft lediglich die Parteifähigkeit der Gesellschaft beibehalten bleiben. Letztlich beschränkte sich der Gesetzesvorschlag aufgrund der vielfältigen Änderungen in erster Linie auf Regelungen über das Innenverhältnis der Organisationsform. Obwohl dieser Entwurf 1976 in dritter Lesung durch den Bundestag angenommen wurde, verweigerte der Bundesrat in der Folge seine nach Art. 84 Abs. 1 GG erforderliche Zustimmung,15 weil einerseits verschiedene Verbände der Freien Berufe und einige Bundesländer dem Entwurf kritisch gegenüberstanden,16 und weil andererseits aufgrund der Nähe der geplanten Gesellschaftsform zur GbR keine Notwendigkeit für die Schaffung einer eigenständige Organisationsform gesehen wurde.17
III. Der Gesetzesentwurf von 1993 Nachdem auch der zweite Anlauf zur Einführung einer Organisationsform für die Freien Berufe gescheitert war, lebte die Diskussion um die Partnerschaft erst über zehn Jahre später wieder auf. Die neuerliche Forderung zur Schaffung einer solchen Gesellschaftsform wurde insbesondere durch die bevorstehende Öffnung des Binnenmarktes, die überregionale Verbreitung vieler Freier Berufe und das zunehmende Bedürfnis interprofessioneller Zusammenarbeit beeinflusst.18 Ende der 80-er Jahre regte der Bundesverband der Freien Berufe beim Bundeswirtschaftsministerium die Aufnahme eines erneuten Gesetzgebungsverfahrens zur Schaffung einer besonderen Gesellschaftsform für Freiberufler an; diese Anregung führte zu einer Anhörung der verschiedenen Verbände.19 Parallel dazu beschlossen die Regierungsparteien von CDU/CSU und FDP in ihrer Koalitionsvereinbarung vom 16. Januar 1991 die Formulierung eines Partnerschaftsgesetzes.20 14
BT-Drucks. 7/5402 und BT-Drucks. 7/5413. BR-Drucks. 444/2/76, S. 4; Henssler, in: Henssler/Prütting, Einl. PartGG, Rdn. 2; ders., JZ 1992, 697, 701. 16 Vgl. Bösert, ZAP 1994, 765, 766. 17 BR-Drucks. 444/1/76, S. 3 und BR-Drucks. 444/2/76. Eingehend zum Ganzen Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 8 ff.; Castan, S. 40 ff. 18 Ulmer, in: MüKo, Vor § 1 PartGG, Rdn. 4; Henssler, Einf. PartGG, Rdn. 5; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 17. 19 Ulmer, in: MüKo, Vor § 1 PartGG, Rdn. 5; Henssler, Einf. PartGG, Rdn. 5; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 17. 15
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
Im Anschluss an diverse Sondierungsgespräche des Bundeswirtschaftsministeriums, die eine breite Zustimmung der bundesweit tätigen freiberuflichen Verbände zu dem Projekt erkennen ließen, ersuchte der Bundestag mit Beschluss vom 3. Juni 1992 die Bundesregierung, einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen.21 Daraufhin wurde am 8. August 1993 ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vorgestellt,22 der nach eingehender Überholung und gründlicher Straffung am 20. Juli 1993 als Regierungsentwurf vom Kabinett verabschiedet wurde. Nach geringfügiger Modifikation des Regierungsentwurfs durch den Rechtsausschuss des Bundestages23 wurde der Entwurf am 26. Mai 1994 im Bundestag einstimmig als PartGG verabschiedet. Der Bundesrat stimmte im Anschluss an eine zwischenzeitliche Diskussion, ob das Gesetz wegen der Änderung des FGG und der Einrichtung eines Partnerschaftsregisters Länderkompetenzen berühre, schlussendlich dem Gesetz am 10. Juni 1994 mehrheitlich zu. Am 30. Juli 1994 wurde das PartGG im Bundesgesetzblatt verkündet. Nach seinem Art. 9 trat es am 1. Juli 1995 in Kraft. Um Klarheit über das im Rahmen der Partnerschaft anwendbare Registerverfahren zu erreichen, brachte die Bundesregierung zudem am 18. April 1995 den Entwurf der PRV in den Bundesrat ein,24 dem dieser am 2. Juni 1995 zustimmte. Nach ihrem § 10 trat auch die PRV am 1. Juli 1995 in Kraft und machte somit zusammen mit dem PartGG die neue Gesellschaftsform in Deutschland den Freien Berufen zugänglich. Seither ist das PartGG mehrfach geändert worden.25 Die wohl bedeutendste Veränderung hat das „Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes und anderer Gesetze“26 vom 22. Juli 1998 bewirkt. Durch diese Novelle wurde einerseits die Legaldefinition der Freien Berufe in das Gesetz aufgenommen.27 Andererseits wurde dadurch die gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkung für die Partner der Gesellschaft in das PartGG eingeführt.28 20
Zum Wortlaut der Vereinbarung siehe Beckmann, in: FS Kleinert, 210, 212. BT-Drucks. 12/2017, S. 3 Nr. 8. 22 Abgedruckt in ZIP 1993, 153–158; dazu Seibert, AnwBl. 1993, 155 ff.; Schmidt, ZIP 1993, 633 ff.; Henssler, WiB 1994, 53 ff. 23 Protokoll der Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages vom 30. Mai 1994, Niederschrift 684 R, S. 61 ff. Siehe auch BT-Drucks. 12/7642. 24 Dafür wurde das Inkrafttreten der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der PRV in § 160b Abs. 1 S. 2 nF i. V. m. § 125 Abs. 3 FGG durch das Ausführungsgesetz zum Seerechtsübereinkommen 1982/1994 (BGBl. 1995 I, S. 778, 780) auf den 1. Mai 1995 vorverlegt. 25 Dazu Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 9; Henssler, in: Henssler/Prütting, Einl. PartGG, Rdn. 3; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 24a ff. 26 BGBl. 1998 I, S. 1878. 27 § 1 Abs. 2 S. 1 PartGG. 21
§ 9 Rechtsnatur der Partnerschaft und Regelungstechnik des PartGG
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§ 9 Rechtsnatur der Partnerschaft und Regelungstechnik des PartGG Bevor im Einzelnen auf die Verfassung der Partnerschaft eingegangen wird, soll vorab die Rechtsnatur der Gesellschaft und die Regelungstechnik, derer sich der Gesetzgeber zur Ausgestaltung dieser Organisationsform im PartGG bedient hat, näher beleuchtet werden.
I. Rechtsnatur der Partnerschaft Die Partnerschaft ist als Personengesellschaft und nicht als juristische Person ausgestaltet. Sie ist ebenso wie die oHG eine Sonderform der GbR,29 auf die, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Regeln der §§ 705 ff. BGB Anwendung finden.30 Die Partnerschaft ist eine rechtsfähige Außengesellschaft,31 deren Rechtsfähigkeit – anders als bei der GbR –32 positivrechtlich geregelt ist.33 Da die Partnerschaft Trägerin des Gesellschaftsvermögens, namensrechtsfähig, aktiv und passiv parteifähig, grundbuchfähig, deliktsfähig und insolvenzfähig ist,34 ist sie einer juristischen Person weitgehend angenähert,35 ohne aber als Gesamthandsgesellschaft eine solche Gesellschaft mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit zu sein.36 Die Partnerschaft ist als Sonderrechtsform ausgestaltet, die ausschließlich natürlichen Personen zugänglich ist,37 die den Freien Berufen angehören.38 Insoweit ist neben dem Katalog freiberuflicher Tätigkeiten in § 1 Abs. 1 S. 2 PartGG zur Abgrenzung der zugangsberechtigten Tätigkeiten in § 1 Abs. 2 S. 1 PartGG seit 199839 erstmals eine Art Definition des Freien Berufs anhand einer Typusbeschreibung enthalten.40 28
§ 8 Abs. 2 PartGG. BT-Drucks. 12/6152, S. 9; Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 7; Henssler, in: Henssler/Prütting, Einl. PartGG, Rdn. 4. 30 § 1 Abs. 4 PartGG. Dies folgt außerdem daraus, dass die Partnerschaft in § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG als „Gesellschaft“ bezeichnet wird. Damit steht sie nämlich im Gegensatz zum Verein nach §§ 21 ff. BGB; siehe BT-Drucks. 12/6152, S. 9. 31 Siehe außerdem BT-Drucks. 12/6152, S. 1. 32 Zur Rechtsfähigkeit der GbR siehe nur BGHZ 146, 341, 343. 33 Die Rechtsfähigkeit folgt insbesondere aus § 7 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 124 HGB. Siehe auch § 2 PartGG, § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO. 34 §§ 2, 7 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 124 HGB, § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO. 35 BT-Drucks. 12/6152, S. 9, 16. 36 BT-Drucks. 12/6152, S. 9, 16. Dass die Partnerschaft keine juristische Person ist, folgt direkt aus ihrer Rechtsnatur als Gesamthandsgesellschaft. Zur Einordnung der Begriffe „Rechtsfähigkeit“ und „juristische Person“ siehe Schmidt, GesR, S. 45–49. 37 § 1 Abs. 1 S. 3 PartGG. 38 § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG. 29
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
Gewerbliche Tätigkeiten können in der Rechtsform der Partnerschaft nicht ausgeübt werden.41 Dadurch unterscheidet sich die Partnerschaft von den Personenhandelsgesellschaften der oHG und KG, die gerade das Betreiben eines Handelsgewerbes voraussetzen.42 Weil eine freiberufliche Tätigkeit nach herkömmlicher Ansicht kein Gewerbe darstellt,43 ist Freiberuflern gleichermaßen der Zusammenschluss in einer oHG oder KG verwehrt.44 Die Abgrenzung der Partnerschaft von den Personenhandelsgesellschaften erfolgt damit über den in der Gesellschaft verfolgten Zweck.45
II. Regelungstechnik des PartGG Das PartGG umfasst in seiner endgültigen Fassung nur elf Paragraphen. Die Kürze des Gesetzestextes resultiert daraus, dass das PartGG weitgehend Verweisungen auf das Recht der oHG enthält;46 deswegen wird die Partnerschaft auch gemeinhin als „Schwestergesellschaft“ der oHG bezeichnet.47 Zentrale Inhalte des Rechts der Partnerschaft wie etwa die Regelung ihrer Anmeldung,48 die Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft,49 ihre organschaftliche Vertretung50 oder einzelne Fragen der Haftung für ihre Verbindlichkeiten51 sind folglich im HGB enthalten. Ziel der weitgehenden Verweisungen war es, durch die Partnerschaft Freiberuflern, denen die oHG verschlossen ist,52 die Vorteile dieser Gesellschaftsform zu bieten, ohne aber den Freien Beruf in die Nähe des Gewerbes zu rücken.53 39 Eingeführt durch das Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes und anderer Gesetze, BGBl. 1998 I, S. 1878. 40 So der Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags vom 16. Juni 1998, BTDrucks. 13/10955, S. 12. 41 § 1 Abs. 1 S. 2 PartGG. 42 §§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 1 HGB. 43 Vgl. BGHZ 33, 321, 325; BGHZ 49, 258, 260; BGHZ 53, 222, 223; BGHZ 63, 32, 33; BGHZ 66, 48, 49; BGHZ 74, 273, 276; BGHZ 83, 382, 386; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 105 HGB, Rdn. 3. Dies kritisierend Schmidt, GesR, S. 279 ff.; zu Grenzfällen Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 16–22. 44 BT-Drucks. 12/6152, S. 1; Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 1. 45 Henssler, § 1 PartGG, Rdn. 3. 46 BT-Drucks. 12/6152, S. 8; siehe §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 3 S. 2, 7 Abs. 2, Abs. 3. Abs. 5, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1, Abs. 4 S. 2, 10 Abs. 2 PartGG. 47 BT-Drucks. 12/6152, S. 8. Diese Bezeichnung geht zurück auf Schmidt, ZIP 1993, 633, 635. 48 § 4 Abs. 1 PartGG i. V. m. §§ 106 Abs. 1, 108 HGB. 49 § 7 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 124 HGB. 50 § 7 Abs. 3 PartGG i. V. m. §§ 125 Abs. 1, Abs. 2, 126, 127 HGB. 51 § 8 Abs. 1 S. 2 PartGG i. V. m. §§ 128, 129 HGB. 52 BT-Drucks. 12/6152, S. 1. 53 Castan, S. 52; Seibert, S. 45.
§ 10 Die Ausgestaltung der Partnerschaft
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Die Gesellschafter der Partnerschaft sollten somit auf die bewährten Strukturelemente der oHG zurückgreifen können, so dass die Partnerschaft gewissermaßen eine Komplementärfunktion zur oHG hat.54 Angesichts der jüngeren höchstrichterlichen Rechtsprechung zur GbR haben die Verweisungen auf das HGB allerdings mittlerweile an Bedeutung verloren. Das subsidiär anwendbare Recht der GbR ist einstweilen durch die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit, die akzessorische Gesellschafterhaftung55 und die Haftung beigetretener Gesellschafter56 an das Recht der oHG angenähert worden.57 Deswegen wäre aus heutiger Sicht das Recht der Partnerschaft auch ohne die weitreichenden Verweisungen auf die §§ 105 ff. HGB nahezu identisch ausgestaltet, weil für die im PartGG nicht speziell geregelten Bereiche auf das inzwischen fast deckungsgleiche Recht der GbR zurückzugreifen wäre.
§ 10 Die Ausgestaltung der Partnerschaft Im Folgenden sollen die grundlegenden Wesenszüge der Partnerschaft dargestellt werden. Zunächst wird dabei auf die Entstehung der Partnerschaft und das Innenverhältnis der Gesellschaft eingegangen. Danach werden die Rechtsbeziehungen der Partnerschaft und ihrer Gesellschafter im Außenverhältnis erläutert. Sodann ist zu erörtern, inwieweit die Partnerschaft Schutzmechanismen für ihre Gläubiger bietet. Schließlich wird ein Überblick über die Besteuerung der Partnerschaft gegeben.
I. Die Entstehung der Partnerschaft Die Entstehung einer Partnerschaft im Außenverhältnis setzt neben der Erfüllung der in § 1 PartGG genannten Voraussetzungen den Abschluss eines rechtsgültigen Gesellschaftsvertrages voraus, den das Gesetz als Partnerschaftsvertrag bezeichnet.58 Zudem muss als Gründungsakt die Anmeldung der Gesellschaft zum Partnerschaftsregister erfolgen.59 Nach registergerichtlicher Prüfung der 54
BT-Drucks. 12/6152, S. 8; Henssler, § 1 PartGG, Rdn. 3. Siehe zu diesen die drei Leitsätze von BGHZ 146, 341, 341; dazu Schmidt, GesR, S. 1790 ff. m. w. N. 56 BGH, NJW 2003, 1803, 1804. Der BGH hat insoweit offen gelassen, ob für eine GbR von Freiberuflern im Hinblick auf berufliche Haftungsfälle eine Ausnahme von der akzessorischen Haftung beigetretener Gesellschafter zu machen ist, indem die Privilegierung von § 8 Abs. 2 PartGG angewendet wird, siehe BGH, NJW 2003, 1803, 1805. Dazu etwa Arnold/Dötsch, DStR 2003, 1398–1404. 57 In der Zukunft ist eine weitere Gleichstellung beider Organisationsformen in der Spruchpraxis der Gerichte zu erwarten, Henssler, in: Henssler/Prütting, Einl. PartGG, Rdn. 8; Schmidt, GesR, S. 1790 ff. 58 § 3 PartGG. 55
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
Eintragungsvoraussetzungen wird die Gesellschaft in das Register eingetragen.60 Die Eintragung hat gemäß § 7 Abs. 1 PartGG konstitutive Wirkung, so dass die Partnerschaft im Außenverhältnis erst mit Eintragung in das Partnerschaftsregister rechtswirksam entsteht. 1. Voraussetzungen nach § 1 PartGG Als Personengesellschaft setzt die Partnerschaft eine Beteiligung von mindestens zwei – in diesem Falle natürlichen –61 Personen voraus.62 Eine Höchstzahl von Gesellschaftern sieht das Gesetz dagegen nicht vor. Wie bereits erwähnt, kommen als Gesellschafter der Partnerschaft nur Freiberufler in Frage; Gewerbetreibende sind dagegen von der Gründung einer Partnerschaft ausgeschlossen.63 Das PartGG definiert freiberufliche Tätigkeit als eine Berufstätigkeit, die „[. . .] im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt [. . .]“ hat.64 Überdies enthält § 1 Abs. 2 S. 2 PartGG einen Katalog typischer Berufe, deren selbständige Betätigung als Ausübung freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des PartGG gilt. Dabei lassen sich im Wesentlichen fünf Kategorien von Freien Berufen unterscheiden:65 Heilberufe, rechts- und wirtschaftsberatende Berufe, naturwissenschaftlich orientierte Berufe, Vermittler geistiger Güter und Innovationen sowie Lotsen. Als Zweck der Partnerschaft legt das PartGG die gemeinschaftliche Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit fest,66 wobei das Gesetz von der aktiven Tätigkeit aller Mitglieder einer freiberuflichen Partnerschaft ausgeht.67 Perso59
§ 4 PartGG. § 7 PartGG. 61 § 1 Abs. 1 S. 3 PartGG. 62 § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG. 63 § 1 Abs. 1 S. 2 PartGG. Zu Grenzfällen zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 16–22. 64 § 1 Abs. 2 S. 1 PartGG. 65 Henssler, § 1 PartGG, Rdn. 51; Michalski/Römermann, § 1 PartGG, Rdn. 42. Dieselbe Unterteilung wird im Steuerrecht vorgenommen, vgl. BVerfGE 42, 224, 242. 66 § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG. 67 Vgl. §§ 1 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 2 Nr. 2, 6 Abs. 2, 9 Abs. 3 und 4 PartGG. Siehe auch BT-Drucks. 12/6152, S. 7, 9. So auch die h. M., siehe Henssler, in: Henssler/Prütting, § 1 PartGG, Rdn. 11; Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 11; Seibert, S. 101; Stuber, S. 17; Bösert, ZAP 1994, 765, 771; Stucken, WiB 1994, 744, 744 ff.; für eine weite Auslegung des Merkmals „Ausübung“ Lenz, in: M/W/H/L, § 1 PartGG, Rdn. 86–99; a. A. Michalski/Römermann, § 1 PartGG, Rdn. 7–13; Feddersen/Meyer-Landrut, § 1 PartGG, Rdn. 4. 60
§ 10 Die Ausgestaltung der Partnerschaft
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nen, die lediglich Kapitalanlagen oder stille Beteiligungen in die Gesellschaft einbringen wollen, ohne freiberuflich tätig zu sein, können demzufolge der Partnerschaft weder als Partner noch als stille Gesellschafter beitreten.68 Neben diesen Voraussetzungen der Partnerschaft können aufgrund des allgemeinen Berufsrechtsvorbehalts in § 1 Abs. 3 PartGG weitere Voraussetzungen für den Zugang zur Partnerschaft durch die jeweils geltenden berufsrechtlichen Sondervorschriften für freiberufliche Tätigkeit aufgestellt werden.69 Dabei müssen diese etwaigen zusätzlichen Kriterien allerdings den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts aus Art. 12 Abs. 1 GG genügen. 2. Partnerschaftsvertrag Der Gesellschaftsvertrag der Partnerschaft muss den allgemeinen Anforderungen des § 705 BGB genügen und somit die Verpflichtung von mindestens zwei Gesellschaftern beinhalten, die Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks in der vereinbarten Weise zu fördern und die vereinbarten Beiträge zu leisten. Hinsichtlich der Gesellschafter und des Zwecks gelten die vorbeschriebenen Anforderungen des § 1 PartGG.70 a) Schriftform des Vertrages Neben den allgemeinen Erfordernissen sieht § 3 Abs. 1 PartGG für den Vertrag die Schriftform nach §§ 125, 126 BGB vor, um für die Ausgestaltung der rechtlichen Beziehungen innerhalb der Partnerschaft eine sichere Beweisgrundlage zu schaffen.71 Auch spätere Änderungen des Vertrages, wie etwa die Aufnahme oder das Ausscheiden von Gesellschaftern, die Änderung des Namens der Partnerschaft, des Unternehmensgegenstandes oder der Vertretungsbefugnis unterliegen dem Formgebot.72 Ebenso soll die Schriftform nach ihrem Regelungszweck für Abtretungen eines Partnerschaftsanteils gelten.73 Aufgrund des 68 Zu Ausnahmefällen hinsichtlich etwaiger vorübergehender Verhinderung zur Berufsausübung und zu Folgen fehlender Berufsausübung siehe Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 11–14; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 1 PartGG, Rdn. 14–17; ders., § 1 PartGG, Rdn. 47–50. 69 Für Wirtschaftsprüfer gelten insoweit die 27 ff. WPO, für Steuerberater sind die §§ 49 ff. StBerG zu berücksichtigen. Für Anwälte gelten die Anforderungen des § 59a BRAO. Zu einzelnen berufsrechtlichen Anforderungen siehe Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 77 ff.; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 1 PartGG, Rdn. 23 ff. 70 Siehe dazu oben 2. Teil § 10. I. 1. 71 BT-Drucks. 12/6152, S. 13. 72 BT-Drucks. 12/6152, S. 13. 73 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 3 PartGG, Rdn. 2; ders., § 1 PartGG, Rdn. 112, § 3 PartGG, Rdn. 16. Der Referentenentwurf zum PartGG von 1993 sah diese Regelung ausdrücklich in seinem § 10 vor, siehe ZIP 1993, 153, 155.
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
Berufsrechtsvorbehalts kann das jeweilige freiberufliche Standesrecht wiederum zusätzliche Formerfordernisse aufstellen. b) Inhalt des Vertrages Der Partnerschaftsvertrag muss die in § 3 Abs. 2 PartGG normierten Bestandteile enthalten. So muss zunächst der Name und Sitz der Partnerschaft in dem Vertrag bezeichnet sein.74 Der Name der Gesellschaft muss dabei den Anforderungen in § 2 Abs. 1 PartGG genügen und insoweit den Namen mindestens eines Partners, den Zusatz „Partner“ oder „Partnerschaft“ sowie die Berufsbezeichnung aller in der Partnerschaft vertretenen Berufe enthalten.75 Eine Notwendigkeit, die Vornamen der Partner in den Gesellschaftsnamen aufzunehmen, besteht nur ausnahmsweise, wenn andernfalls eine Unterscheidung von anderen Partnerschaftsnamen nicht möglich ist.76 Andere Namen als die der Partner dürfen nicht aufgenommen werden.77 Das einschlägige Berufsrecht kann wiederum weitere Erfordernisse und Einschränkungen vorsehen. Gemäß § 2 Abs. 2 PartGG finden auf den Partnerschaftsnamen die handelsrechtlichen Grundsätze des Firmenrechts entsprechende Anwendung wie etwa die Bestimmungen hinsichtlich Firmenwahrheit, Firmenklarheit, Firmenbeständigkeit sowie die Firmenausschließlichkeit.78 Der Sitz der Gesellschaft, welcher ebenfalls im Partnerschaftsvertrag bezeichnet werden muss, ist entsprechend zur h. M. zum Recht der oHG79 der Ort der Geschäftsführung der Partnerschaft.80 Dieser ist grundsätzlich entscheidend für die Zuständigkeit des Registergerichts81 und den allgemeinen Gerichtsstand der Partnerschaft.82 74
§ 3 Abs. 2 Nr. 1 PartGG. § 2 Abs. 1 S. 1 PartGG. 76 § 2 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 PartGG i. V. m. § 30 HGB; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 2 PartGG, Rdn. 2. 77 § 2 Abs. 1 S. 3 PartGG. 78 BT-Drucks. 12/6152, S. 11; Ulmer, in: MüKo, § 2 PartGG, Rdn. 8 ff.; Henssler, § 2 PartGG, Rdn. 1 ff. 79 BGH, WM 1955, 892, 893; BGH, WM 1957, 999, 1000; BGH, BB 1969, 329, 329; Hüffer, in: Staub, Vor § 13 HGB, Rdn. 22; a. A. Ulmer, in: MüKo, §§ 4, 5 PartGG, Rdn. 10, ders., in: Staub, § 106 HGB, Rdn. 20 f. m. w. N. 80 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 3 PartGG, Rdn. 7. 81 § 4 Abs. 1 S. 1 PartGG i. V. m. § 106 Abs. 1 HGB. Sachlich zuständig zur Führung des PRV sind die Amtsgerichte nach § 160b Abs. 1 S. 1 FGG. Die Landesregierungen sind nach § 160h Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 125 Abs. 2 Nr. 1 FGG ermächtigt, die Zuständigkeit zur Führung der PRV einzelnen Amtsgerichten zu übertragen; siehe dazu Ulmer, in: MüKo, §§ 4, 5 PartGG, Rdn. 10 sowie die Übersicht bei Michalski/ Römermann, § 4 PartGG, Rdn. 12a. In Nordrhein-Westfalen ist das Amtsgericht Essen 75
§ 10 Die Ausgestaltung der Partnerschaft
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Zudem muss der Partnerschaftsvertrag gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 PartGG die Namen, Vornamen sowie die in der Partnerschaft ausgeübten Berufe der Gesellschafter und deren Wohnanschrift enthalten. Der nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 PartGG ebenfalls aufzunehmende Gegenstand der Partnerschaft muss das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft beschreiben; dabei muss wiederum das einschlägige Berufsrecht berücksichtigt werden. 3. Anmeldung der Partnerschaft Die Partnerschaft ist gemäß § 4 Abs. 1 PartGG i. V. m. § 106 Abs. 1 HGB beim zuständigen Registergericht anzumelden, wobei diese Pflicht nach § 4 Abs. 1 PartGG i. V. m. § 108 HGB grundsätzlich alle Gesellschafter der Partnerschaft gemeinsam trifft. Die Anmeldung hat nach § 5 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 12 Abs. 1 HGB in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen. Sie muss die vorgenannten zwingenden Angaben des Partnerschaftsvertrages aus § 3 Abs. 2 PartGG beinhalten,83 ohne dass dieser jedoch vorgelegt werden muss. Überdies muss nach § 4 Abs. 1 S. 2 PartGG i. V. m. § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB die Vertretungsmacht eines jeden Partners zur Eintragung angemeldet werden. Weiterhin muss gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 PartGG i. V. m. § 106 Abs. 2 Nr. 1 HGB das Geburtsdatum jedes Partners angegeben werden. Änderungen der anmeldungspflichtigen Tatsachen müssen infolge § 4 Abs. 1 S. 3 PartGG ebenfalls zur Eintragung angemeldet werden. Davon werden vor allem der Eintritt84 und das Ausscheiden eines Partners,85 die Änderung der organschaftlichen Vertretungsmacht86 und die Auflösung der Partnerschaft erfasst.87 Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 PartGG ist in der Anmeldung zudem die Zugehörigkeit jedes Partners zu einem Freien Beruf anzugeben. Diese Pflicht besteht sowohl für die Gründungsmitglieder der Gesellschaft als auch für neu eintretende Partner. Dadurch soll gewährleistet werden, dass sich nur Angehörige Freier Berufe zu einer Partnerschaft zusammenschließen. Anders als noch im Regierungsentwurf vorgesehen88 ist jedoch nicht mehr der volle Nachweis der Freibezentral zuständig zur Führung des PRV, siehe die Verordnung über die Führung des Partnerschaftsregisters vom 20. Juni 1996, GVBl. NW 1995, S. 576. 82 § 17 Abs. 1 ZPO. 83 § 4 Abs. 1 S. 1 PartGG. 84 § 4 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 PartGG. 85 § 9 Abs. 1 PartGG i. V. m. § 143 Abs. 2 HGB. 86 § 4 Abs. 1 PartGG i. V. m. § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB. 87 § 9 Abs. 1 PartGG i. V. m. § 143 Abs. 1 HGB. 88 BT-Drucks. 12/6152, S. 13.
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
ruflichkeit erforderlich. Eine schlichte Erklärung der Gesellschafter ist vielmehr ausreichend.89 Die Anmeldungspflicht führt gemäß § 5 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 15 Abs. 1 HGB zur Anwendung der handelsrechtlichen Registerpublizität, so dass eintragungspflichtige Tatsachen dem Rechtsverkehr erst nach deren Eintragung entgegengehalten werden können. 4. Vorgesellschaft, Prüfung und Eintragung Nach erfolgter registergerichtlicher Prüfung der zur Anmeldung gemachten Angaben wird die Gesellschaft in das Partnerschaftsregister eingetragen. Gemäß § 7 Abs. 1 PartGG hat diese Eintragung in Anlehnung an § 123 HGB konstitutive Wirkung, so dass die Gesellschaft erst mit der Eintragung wirksam nach außen entsteht.90 Vom Abschluss des Gesellschaftsvertrags bis zur Eintragung existiert die Partnerschaft lediglich als Vorgesellschaft, die nach überwiegender Auffassung eine GbR ist.91 Im Innenverhältnis soll dabei aufgrund des im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommenden Parteiwillens das Recht der Partnerschaft Anwendung finden,92 während im Außenverhältnis die Grundsätze des GbRRechts gelten.93 Im Hinblick auf die registergerichtliche Prüfung der Anmeldung haben die Registergerichte nach richtiger Ansicht grundsätzlich das Recht und die Pflicht, die in der Anmeldung enthaltenen Angaben zu prüfen.94 Dies bedeutet, dass das zuständige Gericht in materieller Hinsicht eine Plausibilitätsprüfung der von den anmeldepflichtigen Personen gemachten Angaben vorzunehmen hat. Bei Zwei89
BT-Drucks. 12/7642, S. 12; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 4 PartGG, Rdn. 6. Allgemeine Auffassung, vgl. nur BT-Drucks. 12/6152, S. 15 f. 91 Siehe dazu Ulmer, in: MüKo, § 7 PartGG, Rdn. 3 ff.; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 7 PartGG, Rdn. 2. Für die Einordnung der Vorgesellschaft als ein Gebilde sui generis im Sinne einer „Vor-Partnerschaft“ dagegen Michalski/Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 4 ff.; eingehend dazu auch Schaffner, S. 192 ff., 259; zur Behandlung der „Vor-Partnerschaft“ im Einzelnen dies., S. 160 ff. 92 Ulmer, in: MüKo, § 7 PartGG, Rdn. 5; Henssler, § 7 PartGG, Rdn. 9; für eine weitgehend gesetzliche Anwendung der Regeln des PartGG dagegen Michalski/Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 5; Schaffner, S. 200. 93 Ulmer, in: MüKo, § 7 PartGG, Rdn. 6; Henssler, § 7 PartGG, Rdn. 9; ders., in: Henssler/Prütting, § 7 PartGG, Rdn. 2; im Ergebnis auch Michalski/Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 5, allerdings über eine Anwendung von § 1 Abs. 4 PartGG; differenzierend Schaffner, S. 232 ff. 94 Teilweise wird dies aus der allgemeinen Bindung des Richters an Recht und Gesetz aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitet, so Henssler, in: Henssler/Prütting, § 5 PartGG, Rdn. 3; Hüffer, in: Staub, § 8 HGB, Rdn. 54. Teilweise wird insoweit auf den Amtsermittlungsgrundsatz in § 12 FGG zurückgegriffen, so Ulmer, in: MüKo, §§ 4, 5 PartGG, Rdn. 11 f.; Schmidt, HandR, S. 382. 90
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feln an der Richtigkeit der Angaben ist das Gericht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Einschränkungen des Amtsermittlungsgrundsatzes bestehen hinsichtlich der Zugehörigkeit der Gesellschafter zu den Freien Berufen nach § 4 Abs. 2 PartGG.95 Gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 PartGG hat das Gericht bei der Eintragung von der Richtigkeit der insoweit gemachten Angaben auszugehen. Bei positiver Kenntnis der Unrichtigkeit der gemachten Angaben zur Freiberuflichkeit muss das Gericht indessen die Eintragung ablehnen.96 Eine Prüfung etwaiger berufsrechtlicher Regelungen obliegt dem Registergericht dagegen nicht, wodurch seine Arbeit erheblich erleichtert wird.97 Eine gerichtliche Inhaltskontrolle des Partnerschaftsvertrages findet grundsätzlich nicht statt, weil entgegen früheren Gesetzesentwürfen98 darauf verzichtet wurde, die Beifügung des Vertrages bei der Anmeldung zu verlangen.99 Der Inhalt der Eintragung erstreckt sich auf die in § 3 Abs. 2 PartGG gemachten Angaben sowie auf das Geburtsdatum jedes Partners und die Vertretungsmacht der Partner.100 Änderung der eintragungspflichtigen Tatsachen, wie etwa ein Wechsel im Gesellschafterbestand101 oder eine Änderung der Vertretungsmacht, sind ebenfalls einzutragen.102 Indem für das Partnerschaftsregister und die registerrechtliche Behandlung von Zweigniederlassungen in § 5 Abs. 2 PartGG auf die entsprechenden handelsrechtlichen Vorschriften verwiesen wird,103 wird das Partnerschaftsregister weitgehend dem Handelsregister gleichgestellt.104 Insbesondere findet § 15
95 Ulmer, in: MüKo, §§ 4, 5 PartGG, Rdn. 10–16; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 4 PartGG, Rdn. 7, § 5 PartGG, Rdn. 3. A. A. Michalski/Römermann, § 4 PartGG, Rdn. 4, Lenz, in: M/W/H/L, § 4 PartGG, Rdn. 27; Feddersen/Meyer-Landrut, § 4 PartGG, Rdn. 16; Keilbach, RNotZ 2001, 159, 159 f., die davon ausgehen, dass die Einschränkung nicht nur für § 4 Abs. 2 S. 1 PartGG, sondern auch für § 4 Abs. 1 PartGG gilt. 96 § 4 Abs. 2 S. 2 PartGG. 97 BT-Drucks. 12/7462, S. 12. 98 Vgl. BT-Drucks. 6/2047, S. 1; BT-Drucks. 7/4089, S. 7; BT-Drucks. 7/5402, S. 4. 99 Dem Gericht ist es jedoch nach dem Amtsermittlungsgrundsatz möglich, die Vorlage der Urkunde zu verlangen, soweit substantiierte Hinweise auf Vertragsmängel vorliegen oder die Einhaltung der Schriftform sowie die Einhaltung der Mindestbestandteile nach § 3 Abs. 2 PartGG zu prüfen ist. Ulmer, in: MüKo, §§ 4, 5 PartGG, Rdn. 17; Henssler, § 3 PartGG, Rdn. 15; Schmidt, ZIP 1993, 633, 640. A. A. Michalski/Römermann, § 3 PartGG, Rdn. 6. 100 § 5 Abs. 1 PartGG. 101 § 9 Abs. 1 PartGG i. V. m. § 143 HGB. 102 § 4 Abs. 1 S. 3 PartGG. 103 Dies sind die §§ 8–12, 13, 13c, 13d, 13h, 14–16 HGB. 104 Vgl. BT-Drucks. 12/6152, S. 14.
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HGB auf das Partnerschaftsregister Anwendung, so dass der öffentliche Glaube des Partnerschaftsregisters umfassend geschützt wird.
II. Das Innenverhältnis der Partnerschaft Das Innenverhältnis der Partnerschaft betrifft die Rechtsstellung der einzelnen Partner als Mitglieder des Zusammenschlusses und ihre damit verbundenen mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten. 1. Grundsatz der Vertragsfreiheit Das Rechtsverhältnis der Partner untereinander bestimmt sich gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 PartGG maßgeblich nach dem Partnerschaftsvertrag. Soweit dieser keine Regelungen vorsieht oder Lücken aufweist, gelten solche Bestimmungen des HGB zur oHG entsprechend, die nicht im Widerspruch zum spezifisch freiberuflichen Charakter der Partnerschaft stehen.105 Wenn auch die gesetzlichen Vorschriften zur oHG keine Regelung enthalten, gelangt nach § 1 Abs. 4 PartGG das subsidiär geltende Recht der GbR aus den §§ 705 ff. BGB zur Anwendung. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können im Partnerschaftsvertrag alle Einzelheiten des partnerschaftlichen Innenverhältnisses geregelt werden, sofern gesetzlich keine Ausnahmen oder bindenden Vorgaben vorgesehen sind.106 2. Vorrang des Berufsrechts Eine erste Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Partner ist in § 6 Abs. 1 PartGG normiert. Diese Bestimmung stellt klar, dass auch für das Innenverhältnis der Gesellschaft der bereits in § 1 Abs. 3 PartGG verankerte Vorrang des Berufsrechts greift. Der Zusammenschluss in einer rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaft ändert somit nichts daran, dass die einzelnen berufsausübenden Partner ihr jeweils gültiges Berufsrecht zu beachten haben.107 Für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ist insoweit etwa die berufsrechtlich vorgeschriebene Wahrung ihrer Unabhängigkeit, die Pflicht zur Vermeidung von Interessenskollisionen und die Verschwiegenheitspflicht von Bedeutung.108 105 § 6 Abs. 3 S. 2 PartGG; BT-Drucks. 12/6152, S. 15. Henssler, in: Henssler/Prütting, § 6 PartGG, Rdn. 1; ders., § 6 PartGG, Rdn. 1. 106 BT-Drucks. 12/6152, S. 15. 107 BT-Drucks. 12/6152, S. 15. Vgl. BGHZ 70, 158, 167; OLG München, NJW 1993, 800, 801. 108 Siehe insoweit § 43 Abs. 1 WPO, § 57 Abs. 1 StBerG, § 43a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 und § 45 BRAO.
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3. Beschränkung des Ausschlusses von der Geschäftsführung Die Vertragsfreiheit der Partner wird zudem durch § 6 Abs. 2 PartGG beschränkt. Diese Vorschrift grenzt die Möglichkeit, im Gesellschaftsvertrag einzelne Gesellschafter von der Geschäftsführung auszuschließen, dahingehend ein, dass ein solcher Ausschluss nur für die sonstigen Geschäfte, wie z. B. dem Abschluss von Miet- oder Arbeitsverträgen oder dem Erwerb von Grundbesitz, möglich ist.109 Soweit die Geschäftsführung jedoch die freiberufliche Berufsausübung selbst betrifft, können die Partner nicht durch vertragliche Abrede von ihr ausgeschlossen werden. Dadurch wird dem bei allen Personengesellschaften geltenden Prinzip der Selbstorganschaft in der freiberuflichen Partnerschaft besondere Bedeutung beigemessen.110 Ein vertraglicher Ausschluss der Partner von ihrer freiberuflichen Tätigkeit stünde überdies im Widerspruch zu den Wesensmerkmalen der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, die die Tätigkeit eines Freiberuflers ganz entscheidend prägen.111 Zudem würde ein solcher vertraglicher Ausschluss dem Erfordernis der aktiven Mitarbeit aller Gesellschafter zuwiderlaufen.112 Ungeachtet dieser Regelung bleibt es aber möglich, einem Gesellschafter vorübergehend aus wichtigem Grund und auf Antrag der übrigen Partner die Geschäftsführungsbefugnis sowohl für die sonstigen Geschäfte als auch für die Berufsausübung durch gerichtliche Entscheidung nach § 6 Abs. 3 PartGG i. V. m. § 117 HGB zu entziehen.113 Ein dauerhafter Ausschluss ist dagegen nur durch eine vollkommene Ausschließung aus der Gesellschaft nach § 9 Abs. 1 i. V. m. §§ 140 Abs. 1, 133 HGB möglich. Hinsichtlich der sonstigen Geschäfte stellt § 6 Abs. 2 PartGG klar, dass nicht alle Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden können. Getreu dem Verbot der Fremdorganschaft ist die ausschließliche Übertragung der Geschäftsführung auf einen Dritten, der kein Gesellschafter ist, unzulässig.114
109 BT-Drucks. 12/6152, S. 15. Zur Abgrenzung zwischen freiberuflichen und sonstigen Geschäften siehe Ulmer, in: MüKo, § 6 PartGG, Rdn. 10 ff. 110 BT-Drucks. 12/6152, S. 15. 111 BT-Drucks. 12/6152, S. 15. Siehe insoweit nur für Wirtschaftprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte § 43 Abs. 1 WPO, § 57 Abs. 1 StBerG, § 43a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 und § 45 BRAO; dazu Henssler, § 6 PartGG, Rdn. 4 ff. 112 BT-Drucks. 12/6152, S. 15. 113 So ausdrücklich BT-Drucks. 12/6152, S. 15. 114 BT-Drucks. 12/6152, S. 15; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 6 PartGG, Rdn. 6; Burret, WPK-Mitt 1994, 201, 205.
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4. Inhalt des subsidiär geltenden oHG-Innenrechts Für im Gesellschaftsvertrag nicht geregelte Aspekte der Innenbeziehungen einer Partnerschaft verweist § 6 Abs. 3 S. 2 PartGG auf die §§ 110 bis 116 Abs. 2, 117 bis 119 HGB, die zentrale Vorschriften des oHG-Innenrechts beinhalten. a) Ersatz von Aufwendungen Nach § 110 HGB hat jeder Partner, soweit der Vertrag keine abweichende Regelung vorsieht, Anspruch auf den Ersatz von in Gesellschaftsangelegenheiten gemachten, erforderlichen Aufwendungen und auf den Ersatz von im Rahmen seiner Geschäftsführung erlittenen Verlusten. Gemäß § 110 Abs. 2 HGB ist von einem Gesellschafter aufgewendetes Geld seitens der Partnerschaft ab dem Zeitpunkt der Aufwendung zu verzinsen. b) Verzinsungspflicht Gelder, die ein Partner der Gesellschaft unbefugt vorenthalten hat, sind nach § 111 HGB zu verzinsen, auch ohne dass die Voraussetzungen des Verzugs nach § 286 BGB erfüllt sein müssen. Dies gilt für Geldeinlagen, die bei der Gründung oder beim Eintritt eines Partners vereinbart wurden, für von Gesellschaftern vereinnahmtes Geld der Partnerschaft und für unbefugte Entnahmen aus der Gesellschaftskasse. c) Wettbewerbsverbot Aus der Anwendung der §§ 112, 113 HGB folgt zudem, dass den Partnern die Aufnahme einer gleichartigen Berufstätigkeit in Konkurrenz zur Partnerschaft ohne die Einwilligung der anderen Partner untersagt ist.115 d) Informations- und Einsichtsrecht Entsprechend § 118 HGB stehen den Partnern umfassende Informations- und Einsichtsrechte zu. Die Gesellschafter der Partnerschaft sind jederzeit berechtigt, sich über alle Angelegenheiten der Partnerschaft zu unterrichten, die Geschäftsbücher und Papiere der Partnerschaft einzusehen und sich aus diesen eine Bilanz anzufertigen, selbst wenn der betreffende Partner von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. Berufsrechtliche Geheimhaltungspflichten im 115 Zum Wettbewerbsverbot eingehend Henssler, § 6 PartGG, Rdn. 53 ff.; Meilicke, in: M/W/H/L, § 6 PartGG, Rdn. 50 ff.; Salger, in: MüHdB GesR, § 41, Rdn. 5 ff.
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Außenverhältnis werden dadurch jedoch nicht berührt, weil die Informationsund Einsichtsrechte der Partner auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft beschränkt sind.116 e) Geschäftsführung Im Hinblick auf die Geschäftsführung bestimmen die §§ 114 Abs. 1, 115 Abs. 1 HS. 1 HGB neben der Beschränkung der Ausschlussmöglichkeit in § 6 Abs. 2 PartGG, dass die Gesellschafter der Partnerschaft für Geschäfte im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs nach § 116 HGB alleine geschäftsführungsbefugt sind. Allerdings besteht insoweit ein Widerspruchsrecht der anderen Partner nach § 115 Abs. 1 HS. 2 HGB. Bei außergewöhnlichen Geschäften ist nach § 116 Abs. 2 HGB ein Beschluss aller Gesellschafter der Partnerschaft erforderlich. f) Gesellschafterbeschlüsse Gesellschafterbeschlüsse, die neben der Vornahme von außergewöhnlichen Geschäften117 unter anderem auch bei Änderungen des Partnerschaftsvertrages118 sowie bei der einvernehmlichen Auflösung119 oder der Liquidation der Partnerschaft120 notwendig sind, bedürfen nach § 119 Abs. 1 HGB grundsätzlich der Zustimmung aller mitwirkungsberechtigten Partner. Dies gilt auch, wenn die Partner im Einzelnen von den Maßnahmen persönlich betroffen sind.121 Vertraglich kann von der Einstimmigkeit abgewichen werden, indem für bestimmte Fälle Mehrheitsbeschlüsse oder qualifizierte Mehrheitsbeschlüsse vereinbart werden. Aufgrund von Minderheitenschutzerwägungen stellt die Rechtsprechung aber hohe Anforderungen an die Bestimmtheit der Fälle, in denen Mehrheitsbeschlüsse möglich sind.122
116
BT-Drucks. 12/6152, S. 15. § 116 Abs. 2 HGB. 118 Die Vertragsänderung stellt nämlich ein Grundlagengeschäft dar, vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 105 HGB, Rdn. 60, § 119 HGB, Rdn. 1. 119 § 6 Abs. 3 S. 2 PartGG i. V. m. § 131 Nr. 2 HGB. 120 § 10 Abs. 1 PartGG i. V. m. §§ 146 Abs. 1, 147, 152, 157 Abs. 2 S. 2 HGB. 121 Henssler, § 6 PartGG, Rdn. 64; Kopp, in: Henssler/Streck, S. 524. 122 Henssler, § 6 PartGG, Rdn. 65; Kopp, in: Henssler/Streck, S. 524; Castan, S. 58 f.; vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 119 HGB, Rdn. 37 ff.; Stuber, WiB 1994, 705, 707. 117
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g) Gewinn- und Verlustverteilung Im Hinblick auf die Gewinn- und Verlustverteilung finden die Regeln zur oHG in den §§ 120 ff. HGB keine Anwendung, weil diese von der Verweisung in § 6 Abs. 3 HGB nicht erfasst werden. Der Grund dafür besteht darin, dass die handelsrechtlichen Vorschriften eine Bilanzierung voraussetzen. Da die Partnerschaft keiner Bilanzierungspflicht unterliegt, lassen sich die §§ 120 ff. HGB auf ihre Gewinnverteilung nicht anwenden.123 Sofern zur Gewinn- und Verlustbeteiligung in der Partnerschaft keine gesellschaftsvertragliche Regelung besteht, kommt gemäß § 1 Abs. 4 PartGG das Recht der GbR zur Anwendung. Dementsprechend sind nach § 721 Abs. 2 BGB der Rechnungsabschluss und die Gewinn- und Verlustverteilung in der Regel zum Ende des Geschäftsjahres vorzunehmen. Am Gewinn und Verlust partizipieren die Partner in Ermangelung einer anderweitigen Regelung nach § 722 Abs. 1 BGB zu gleichen Teilen. h) Treuepflichten Nicht anders als bei der oHG bestehen auch im Innenverhältnis der Partnerschaft weitreichende Treuepflichten der Partner gegenüber der Gesellschaft und gegenüber den Mitgesellschaftern.124 Diese Treuepflichten sind von elementarer Bedeutung und beherrschen die Mitgliedschaft der Gesellschafter mit allen ihren Einzelheiten. 125 Sie verpflichten die Partner dazu, im gesellschaftsbezogenen Bereich die Interessen der Partnerschaft zu wahren sowie die Interessen der Mitgesellschafter zu schonen.126 Der Inhalt der Treuepflichten kann in der Bindung oder Beschränkung von Rechten und in der Begründung von Pflichten bestehen.127
123
BT-Drucks. 6152, S. 15. Zur oHG Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 109 HGB, Rdn. 23 ff.; Mayen, in: E/B/J, § 109 HGB, Rdn. 20 ff.; Ulmer, in: Staub, § 105 HGB, Rdn. 232 ff.; Schmidt, in: Schlegelberger, § 105 HGB, Rdn. 162 ff.; ders., in: MüKo HGB, § 105 HGB, Rdn. 188 ff.; ders., GesR, S. 589. Allgemein zu Treuepflichten Wiedemann, Band II, S. 191 ff. 125 BGHZ 30, 195, 201; BGHZ 44, 40, 41; BGHZ 64, 253, 259; BGHZ 68, 81, 82; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 105 HGB, Rdn. 23. 126 Vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 109 HGB, Rdn. 23; Martens, in: Schlegelberger, § 109 HGB, Rdn. 22; Schmidt, in: Schlegelberger, § 105 HGB, Rdn. 162; ders., in: MüKo HGB, § 105 HGB, Rdn. 192. 127 Vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 109 HGB, Rdn. 23; Martens, in: Schlegelberger, § 109 HGB, Rdn. 23; Schmidt, in: Schlegelberger, § 105 HGB, Rdn. 164 ff.; ders., in: MüKo HGB, § 105 HGB, Rdn. 191. 124
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III. Die Partnerschaft und die Partner im Außenverhältnis Um die Rechtsbeziehungen der Partnerschaft und der Partner zu Dritten zu erörtern, ist zunächst auf das Wirksamwerden der Gesellschaft im Außenverhältnis und die rechtliche Verselbständigung der Partnerschaft einzugehen. Im Anschluss daran wird die Vertretung der Partnerschaft und die Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft beleuchtet. 1. Wirksamwerden der Partnerschaft im Verhältnis zu Dritten Die Partnerschaft wird gemäß § 7 Abs. 1 PartGG im Verhältnis zu Dritten erst mit Eintragung in das Partnerschaftsregister wirksam, so dass dem Registereintrag konstitutive Wirkung zukommt.128 Von einer Regelung entsprechend § 123 Abs. 2 HGB, nach der die oHG bereits mit ihrer Geschäftsaufnahme entsteht, wurde bei der Partnerschaft abgesehen, weil ansonsten andere freiberufliche Zusammenschlüsse in der Rechtsform der GbR unter Umständen automatisch dem PartGG unterfallen würden.129 Das Eintragungserfordernis dient somit dem Zweck, Partnerschaften von freiberuflichen GbRs abzugrenzen.130 Während Personenhandelsgesellschaften von der GbR, sofern sie nicht im Handelsregister eingetragen sind, durch das Kriterium des in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs abgegrenzt werden können, würde ohne die Regelung des § 7 Abs. 1 PartGG ein Abgrenzungskriterium zwischen Partnerschaft und GbR fehlen.131 Nimmt eine im Entstehen begriffene Partnerschaft bereits vor der Eintragung ihre Geschäftstätigkeit auf, so finden auf die Gesellschaft nach richtiger Auffassung die für das Außenverhältnis geltenden Regeln der GbR Anwendung;132 diese sind durch die jüngere Rechtsprechung weitgehend dem Recht der oHG angenähert worden.133 128 Zur Behandlung der Vorgesellschaft siehe oben 2. Teil § 10. I. 5. Eingehend dazu Schaffner, S. 160 ff. 129 BT-Drucks. 12/6152, S. 16. 130 BT-Drucks. 12/6152, S. 16; Ulmer, in: MüKo, Vor § 7 PartGG, Rdn. 3; Michalski/Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 2; Henssler, § 7 PartGG, Rdn. 2; Bösert, DStR 1993, 1332, 1334; Lenz, MDR 1994, 741, 743. 131 BT-Drucks. 12/6152, S. 16. 132 So die h. M. Ulmer, in: MüKo, Vor § 7 PartGG, Rdn. 4 f.; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 7 PartGG, Rdn. 2; ders., § 7 PartGG, Rdn. 6; Meilicke, in: M/W/H/L, § 7 PartGG, Rdn. 4, 5 ff.; Castan, S. 93; Schmidt, NJW 1995, 1, 4; Lenz, MDR 1994, 741, 743; Stuber, WiB 1994, 705, 708; a. A. Michalski/Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 5. 133 Dazu Ulmer, in: MüKo, § 705 BGB, Rdn. 303 ff.
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2. Rechtliche Verselbständigung der Partnerschaft Der Verweis in § 7 Abs. 2 PartGG auf § 124 Abs. 1 HGB stellt klar, dass die Partnerschaft volle Rechts- und Handlungsfähigkeit genießt. Sie ist Trägerin des Partnerschaftsvermögens134 sowie des Unternehmens135 und kann unter ihrem Namen am Rechtsverkehr teilnehmen, Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen sowie vor Gericht klagen und verklagt werden. Vertragliche Beziehungen werden mit der Partnerschaft als Vertragspartner begründet und nicht etwa mit den Gesellschaftern.136 Auch die Erfüllung, bzw. Schlecht- oder Nichterfüllung von Verträgen sowie deliktisches Handeln erfolgt für die Gesellschaft, die nach außen primäres Zurechnungsobjekt aller geschäftlichen Tätigkeit ist.137 Trotz dieser weitgehenden Verselbständigung hat die Partnerschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit und ist als Gesamthandsgesellschaft keine juristische Person.138 3. Vertretung Für die organschaftliche Vertretung der Partnerschaft verweist § 7 Abs. 3 PartGG auf das Recht der oHG.139 Die Gesellschafter der Partnerschaft haben demzufolge nach § 125 Abs. 1 HGB Einzelvertretungsmacht. Diese bezieht sich nach § 126 Abs. 1 HGB auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen und ist nach § 126 Abs. 2 HGB gegenständlich nicht beschränkt oder beschränkbar. Gemäß § 125 Abs. 2 HGB können die Gesellschafter aber Gesamtvertretung für mehrere oder alle Partner vorsehen. Für Fälle der Passivvertretung hat diese jedoch keine Wirkung; zur Entgegennahme von Willenserklärungen gilt jeder Partner als alleine empfangsberechtigt.140 Entsprechend § 125 Abs. 1 HGB ist ein Ausschluss einzelner Partner von der Vertretung grundsätzlich zulässig. Jedoch entfaltet die in § 6 Abs. 2 PartGG 134 BT-Drucks. 12/6152, S. 9; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 7 PartGG, Rdn. 4; Castan, S. 95. 135 Schmidt, ZIP 1993, 633, 635; Castan, S. 95. 136 Henssler, § 7 PartGG, Rdn. 21; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930; Michalski/ Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 15; Seibert, S. 53; Schmidt, ZIP 1993, 633, 644; ders., NJW 1995, 1, 5. Der Vertragsschluss erfolgt über die allgemeinen Regeln der Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB. 137 Handeln ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter wird der Partnerschaft analog § 31 BGB zugerechnet. Die Zurechnung von Erfüllungsgehilfen der Gesellschaft erfolgt über § 278 BGB. Für Verrichtungsgehilfen der Partnerschaft gilt § 831 BGB. 138 BT-Drucks. 12/6152, S. 9, 16. 139 § 125 Abs. 1 und Abs. 2 sowie §§ 126 und 127 HGB. 140 § 125 Abs. 2 S. 3 HGB.
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enthaltene Beschränkung der Entziehung der Geschäftsführung nach richtiger Auffassung auch Wirkung für die Vertretung, obgleich diese Regelung nach ihrem Wortlaut nur das Innenverhältnis betrifft.141 Auch für die Vertretungsmacht gilt folglich, dass einzelne Partner im Bereich freiberuflicher Tätigkeit nicht vollständig von der Vertretung ausgeschlossen werden können, wenn es dadurch zu einer Beeinträchtigung ihrer eigenverantwortlichen und selbständigen Berufsausübung kommt.142 Nach § 127 HGB bleibt aber auf Antrag eines Gesellschafters eine Entziehung der Vertretungsmacht aus wichtigem Grund durch gerichtliche Entscheidung möglich. Ausgehend vom Prinzip der Selbstorganschaft muss mindestens ein Partner nach dem Gesellschaftsvertrag alleine zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt sein, wenn nicht Einzelvertretung oder Gesamtvertretung mehrerer oder aller Partner vereinbart worden ist. Gemäß §§ 4 Abs. 1 S. 2, 5 Abs. 1 PartGG ist die organschaftliche Vertretungsmacht der Partner zur Eintragung ins Partnerschaftsregister anzumelden, und zwar unabhängig davon, ob sie dem gesetzlichen Regelfall entspricht oder davon abweicht. Die Publizitätswirkungen des § 15 HGB finden infolgedessen auf die organschaftliche Vertretung der Partnerschaft Anwendung.143 4. Haftung für Verbindlichkeiten Bei der Haftung für Verbindlichkeiten muss zwischen der Haftung der Partnerschaft und der ihrer Partner unterschieden werden. a) Die Haftung der Partnerschaft Als rechtsfähige Gesamthandsgesellschaft haftet die Partnerschaft mit ihrem gesamthänderisch gebundenen Vermögen für alle im Namen der Gesellschaft entstandenen Verbindlichkeiten, seien sie vertraglicher, quaisvertraglicher oder gesetzlicher Natur.144 Vertragliches und deliktisches Fehlverhalten ihrer Gesellschafter wird der Partnerschaft nach richtiger Auffassung entsprechend § 31 BGB zugerechnet.145 141 So Henssler, § 7 PartGG, Rdn. 36; ähnlich Michalski/Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 17; Castan, S. 97; Knoll/Schüppen, DStR 1995, 646, 646; a. A. Meilicke, in: M/ W/H/L, § 7 PartGG, Rdn. 27; Stucken, WiB 1994, 744, 748. 142 Henssler, § 7 PartGG, Rdn. 36 ff.; ähnlich Michalski/Römermann, § 7 PartGG, Rdn. 17; Castan, S. 97; Knoll/Schüppen, DStR 1995, 646, 646; a. A. Meilicke, in: M/ W/H/L, § 7 PartGG, Rdn. 27; Stucken, WiB 1994, 744, 748. 143 § 5 Abs. 2 PartGG. 144 Siehe § 8 Abs. 1 S. 1 PartGG; dies folgt zudem aus § 7 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 124 Abs. 1 HGB.
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
Demzufolge haftet die Gesellschaft mit ihrem Vermögen sowohl für die schuldhafte Verletzung vertraglicher Pflichten durch ihre Partner als auch für deren deliktische Handlungen. Letztere müssen allerdings in Ausführung einer dem betreffenden Partner zustehenden Verrichtung begangen worden sein.146 Für das Verhalten ihrer Mitarbeiter, die als Erfüllungsgehilfen oder Verrichtungsgehilfen tätig werden, hat die Partnerschaft unter den Voraussetzungen von § 278 BGB bzw. § 831 BGB einzustehen.147 Bei den großen Beratungsgesellschaften wie etwa Wirtschaftsprüfungs-, Rechtsanwalts- oder Steuerberatungsgesellschaften, wird regelmäßig die Haftung wegen einer Vertragsverletzung, nicht jedoch die Deliktshaftung in Betracht kommen. Etwaiges Fehlverhalten der Gesellschafter oder Mitarbeiter solcher freiberuflicher Unternehmen resultiert nämlich üblicherweise nicht in der Verletzung absoluter Rechtsgüter, sondern in reinen Vermögensschäden.148 Diese sind jedoch nach der deliktischen Grundnorm in § 823 Abs. 1 BGB nicht ersatzfähig. Außerhalb des Vertragrechts kommt ein Ersatz reiner Vermögensschäden lediglich in Fällen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB und bei einer Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. b) Die Haftung der Partner Eine persönliche Haftung der Gesellschafter einer Partnerschaft kann sich einerseits aus der mittelbaren Einstandspflicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft und andererseits aus einer direkten Verantwortlichkeit für eigenes Fehlverhalten im Geschäftsbetrieb der Partnerschaft ergeben.
145 Vollkommer/Heinemann, S. 50; Ganster, S. 385. Zur Zurechnung von vertraglichen Pflichtverletzungen Henssler, § 8 PartGG, Rdn. 3 ff.; ders., in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 3 ff.; ders., in: FS Vieregge, 361, 362; Feuerich/Weyland, § 8 PartGG, Rdn. 2; wohl auch Reuter, in: MüKo, § 31 BGB, Rdn. 14 f.; Hadding, in: Soergel, § 31 BGB Rdn. 7; dies entspricht der h. M. zur Rechtslage bei der oHG: BGH, NJW 1952, 537, 538. Zur Zurechnung von deliktischem Fehlverhalten Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG Rdn. 6; Henssler, in: FS Vieregge, 361, 362 f.; v. Westphalen, in: M/W/H/L, § 8 PartGG, Rdn. 3; dies entspricht der inzwischen h. M. zur GbR, siehe BGH, NJW 2003, 1445, 1446; Ulmer, in: MüKo, § 705 BGB, Rdn. 263 f. 146 § 31 BGB. 147 Vgl. Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 21; Henssler, § 7 PartGG, Rdn. 21; Jawansky, DB 2001, 2281, 2283. 148 Vgl. Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 6; ders., § 8 PartGG, Rdn. 8
§ 10 Die Ausgestaltung der Partnerschaft
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aa) Akzessorische Haftung In Anlehnung an § 128 S. 1 HGB und entsprechend zur Rechtslage bei der GbR149 stellt § 8 Abs. 1 S. 1 PartGG klar, dass auch die Gesellschafter der Partnerschaft im Grundsatz gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft neben der Partnerschaft einzustehen haben. Als akzessorische Haftung orientiert sich die Einstandspflicht der Partner an den Verbindlichkeiten der Partnerschaft. Die Pflicht, mit dem Privatvermögen für die Gesellschaftsschulden einzustehen, umfasst insoweit dem Grundsatz nach alle Arten von Verbindlichkeiten, seien sie vertraglich, quasivertraglich oder gesetzlich begründet.150 Die Partnerschaft und ihre Gesellschafter haften grundsätzlich nicht als echte Gesamtschuldner.151 Im Einzelfall kann es jedoch geboten sein, den Rechtsgedanken der § 422 ff. BGB auf die Partnerschaft zu übertragen.152 (1) Inhalt der Haftung Die Frage, ob die Gesellschafter der Partnerschaft für nicht in Geld bestehende Primärverbindlichkeiten persönlich auf Erfüllung haften (Erfüllungstheorie) oder lediglich wegen Nichterfüllung in Anspruch genommen werden können (Haftungstheorie),153 wird durch die gesetzlichen Vorschriften nicht beantwortet. Eine nach der Rechtsprechung des BGH154 vorzunehmende Interessenabwägung spricht jedoch dafür, aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses, das durch den Charakter einer freiberuflichen Dienstleistung begründet wird,155 eher von einem unmittelbaren Erfüllungsanspruch gegen die Partner
149 Seit BGHZ 146, 341, 358; bereits angedeutet in BGHZ 142, 315, 318 ff.; siehe dazu Ulmer, in: MüKo, § 714 BGB, Rdn. 31 ff. 150 Die Ausnahme von diesem Grundsatz ist in § 8 Abs. 2 PartGG im Hinblick auf Mandantenansprüche wegen Bearbeitungsfehlern normiert. 151 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 9; ders., § 8 PartGG, Rdn. 12; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 16; Feddersen/Meyer-Landrut, § 8 PartGG, Rdn. 1; ausfühlich Henssler, in: FS Vieregge, 361, 364; a. A. v. Westphalen, in: M/W/ H/L, § 8 PartGG, Rdn. 11 f. 152 Vgl. nur BGHZ 47, 376, 378; BGHZ 104, 76, 78, 80; siehe Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 9; ders., § 8 PartGG, Rdn. 12; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 16; Jawansky, S. 21. 153 Vgl. zur oHG Habersack, in: Staub, § 128 HGB, Rdn. 27 ff.; Schmidt, in: Schlegelberger, § 128 HGB, Rdn. 24 ff.; ders., in: MüKo HGB, § 128 HGB, Rdn. 24 ff.; Emmerich, in: Heymann, § 128 HGB, Rdn. 18 ff.; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 128 HGB, Rdn. 8 ff.; Koller, in: K/R/M, §§ 128, 129 HGB, Rdn. 5. 154 BGHZ 23, 302, 305 f.; BGHZ 73, 217, 221; BGH, NJW 1978, 2367, 2369. 155 Zur Bedeutung des Ethos freiberuflicher Tätigkeit und der besonderen Vertrauensbeziehung BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
auszugehen.156 Keine persönliche Erfüllung kann jedoch ein Gesellschafter schulden, dem die Befähigung zur Ausübung des freien Berufs fehlt.157 (2) Einwendungen der Partner Gegenüber einer persönlichen Inanspruchnahme wegen einer Gesellschaftsschuld stehen dem betreffenden Partner neben seinen persönlichen Einwendungen nach § 8 Abs. 1 S. 2 PartGG i. V. m. § 129 Abs. 1 bis Abs. 3 HGB alle Einwendungen zu, die die Partnerschaft geltend machen könnte. Um gegen den Gesellschafter einer Partnerschaft vollstrecken zu können, müssen die Gläubiger der Gesellschaft entsprechend § 129 Abs. 4 HGB einen persönlich gegen den betreffenden Partner gerichteten Titel erwirken; ein vollstreckbarer Schuldtitel gegen die Gesellschaft ist insoweit nicht ausreichend. (3) Eintretende und ausgeschiedene Partner Nicht anders als bei einer herkömmlichen GbR158 haften neu eintretende Gesellschafter der Partnerschaft nach § 8 Abs. 1 S. 2 PartGG i. V. m. § 130 HGB gesamtschuldnerisch mit den bereits vorhandenen Partnern für die Altverbindlichkeiten der Gesellschaft. Allerdings kommt ihnen insoweit die Haftungsbeschränkung nach § 8 Abs. 2 PartGG zugute.159 Ausgeschiedene Partner haften gemäß § 10 Abs. 2 HGB persönlich für bis zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn sie bis zum Ablauf von fünf Jahren nach dem Austritt fällig und gerichtlich geltend gemacht worden sind. (4) Haftung von Nichtpartnern Ferner können nach § 5 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 15 Abs. 3 HGB auch solche Personen als Gesellschafter der Partnerschaft haftbar gemacht werden, die als 156 Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 5; wohl auch Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 15; Maurer, S. 72; Jawansky, S. 18 f. 157 Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 15; Maurer, S. 72; Jawansky, S. 19. 158 Zur Rechtslage bei der GbR BGH, NJW 2003, 1803, 1804. Der BGH hat insoweit ausdrücklich offen gelassen, ob für eine GbR von Freiberuflern wegen des Rechtsgedankens des § 8 Abs. 2 PartGG für berufliche Haftungsfälle eine Ausnahme von der Anwendung des § 130 HGB zu machen ist, siehe BGH, NJW 2003, 1803, 1805. Dazu etwa Arnold/Dötsch, DStR 2003, 1398–1404. Soweit § 130 HGB ohne Modifikation auf eine GbR anzuwenden ist, besteht darin ein entscheidender Unterschied zwischen freiberuflicher GbR und Partnerschaft. 159 Vgl. BGH, NJW 2003, 1803, 1805; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 32; Vollkommer/Heinemann, S. 50. Zur Haftungsbeschränkung aus § 8 Abs. 2 PartGG siehe unten 2. Teil § 10. III. 4. c) aa).
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Partner in das Register eingetragen und bekannt gemacht worden sind, ohne tatsächlich der Gesellschaft beigetreten zu sein.160 Auf den Inhalt des Registers können sich Dritte jedoch nur berufen, soweit ihnen die Unrichtigkeit nicht bekannt ist. Nach allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen sollen außerdem sog. „Scheinpartner“161 nach den Vorschriften des PartGG persönlich gegenüber gutgläubigen Dritten haften, wenn sie durch ihr Auftreten unter dem Namen der Partnerschaft zurechenbar den Rechtsschein einer Mitgliedschaft in der Gesellschaft gesetzt haben, und dadurch kausal das geschäftliche Verhalten des Dritten veranlasst haben.162 Paradebeispiel dafür sind Fälle, in denen jemand, ohne Partner der Gesellschaft zu sein, wissentlich auf dem Kanzleischild der Partnerschaft oder deren Briefkopf als Gesellschafter geführt wird und dadurch im Verkehr den Anschein erweckt, Partner der Gesellschaft zu sein.163 Auf die fehlende Registereintragung kann sich ein „Scheinpartner“ in diesen Fällen nicht berufen. § 15 Abs. 2 HGB, der seinem Wortlaut nach ein Entgegenhalten der fehlenden Eintragung ermöglicht, ist insoweit nicht einschlägig, weil dem nach allgemeinen Grundsätzen etablierten Vertrauen in diesem Fall höhere Bedeutung beizumessen ist als dem Registerinhalt.164 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass auch für die Haftung des „Scheinpartners“ die gesetzliche Haftungskonzentration nach § 8 Abs. 2 PartGG greift.165 Dies folgt aus dem in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Grundsatz, der Rechtsscheingeschützte dürfe durch den zurechenbar veranlassten Rechtsschein, auf den er gutgläubig vertraut hat, nicht besser gestellt werden, als er stünde, wenn eben dieser Rechtsschein der Rechtswirklichkeit entprochen hätte.166 Ist demnach aufgrund der Regelung des § 8 Abs. 2 PartGG 160 Zum Meinungsstand und zur Lösung des Problems, dass bei wortlautgetreuer Auslegung der Vorschrift auch mit dem Eintragungs- und Bekanntmachungsverfahren völlig Unbeteiligte einer Haftung nach § 15 Abs. 3 HGB ausgesetzt sein können, siehe nur Schmidt, HandR, S. 408 ff. 161 Erstmals Henssler, in: FS Vieregge, 361, 367 f. 162 Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 11; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 10; ders., § 8 PartGG, Rdn. 25, § 7 PartGG, Rdn. 18; ders., in: FS Vieregge, 361, 367 f.; Grunewald, in: FS Ulmer, 141, 145; Jawansky, DB 2001, 2281, 2284; Schäfer, DStR 2003, 1078, 1079 ff. 163 Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 11; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 10; ders., § 8 PartGG, Rdn. 25, § 7 PartGG, Rdn. 18; ders., in: FS Vieregge, 361, 367 f.; Grunewald, in: FS Ulmer, 141, 145; Jawansky, DB 2001, 2281, 2284; Schäfer, DStR 2003, 1078, 1079 ff. 164 Vgl. Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 11; eingehend Schmidt, HandR, S. 386 ff. 165 Zur Haftungsbeschränkung aus § 8 Abs. 2 PartGG siehe unten 2. Teil § 10. III. 4. c) aa). 166 Siehe dazu in anderem Zusammenhang BGHZ 12, 105, 109; BGHZ 17, 13, 17; BGHZ 61, 59, 66; Brüggemann, in: Staub, Anh. § 5 HGB, Rdn. 42; Canaris, § 5,
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die Haftung auf einen (anderen) Gesellschafter der Partnerschaft beschränkt, so kommt dies auch dem Scheinpartner zugute. Wäre der „Scheingesellschafter“ nämlich – wie von dem Rechtsscheingeschützten unterstellt – echter Gesellschafter der Partnerschaft gewesen, so würde ein Zugriff auf ihn an der Haftungskonzentration scheitern. Eine Privilegierung des Vertrauens über den Rechtsschein hinaus scheidet aus. bb) Haftung für eigenes Fehlverhalten Neben der akzessorischen Haftung der Partner für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft kann eine persönliche Einstandspflicht für eigenes Fehlverhalten im Geschäftsbetrieb der Gesellschaft begründet werden, soweit das Verhalten den Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllt. Wie bereits erwähnt,167 hat jedoch die Deliktshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB bei der Tätigkeit freiberuflicher Beratungsgesellschaften regelmäßig keine Bedeutung, weil etwaiges Fehlverhalten der Gesellschafter solcher Unternehmen üblicherweise reine Vermögensschäden zur Folge hat,168 die nicht nach dieser Norm ersatzfähig sind. Ein deliktsrechtlicher Ersatz reiner Vermögensschäden kommt lediglich in Fällen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB und bei einer Verletzung von Schutzgesetzen nach § 823 Abs. 2 BGB durch die Partner in Betracht. Beide Fälle sollen hier nicht weiter vertieft werden. c) Haftungsbeschränkung zugunsten der Partner Um die persönliche Haftung der Partner zu beschränken, sieht § 8 Abs. 2 PartGG eine gesetzliche Haftungskonzentration vor. Zugleich eröffnet § 8 Abs. 3 PartGG die Möglichkeit, berufsrechtlich eine summenmäßige Haftungsbeschränkung festzulegen. aa) Haftungskonzentration nach § 8 Abs. 2 PartGG Durch § 8 Abs. 2 PartGG wird die gesamtschuldnerische akzessorische Haftung der Gesellschafter einer Partnerschaft für Ansprüche aus fehlerhafter Berufsausübung gegen die Partnerschaft begrenzt. Dies geschieht, indem in Fällen sorgfaltswidriger Mandatsbearbeitung nur diejenigen Partner persönlich neben Rdn. 24; v. Olshausen, AcP 189 (1989), 223, 225, 241 ff.; zur Partnschaft Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 10; Jawansky, DB 2001, 2281, 2284. 167 Siehe dazu oben 2. Teil § 10. III. 4. a). 168 Vgl. Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 6; ders., § 8 PartGG, Rdn. 8.
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der Gesellschaft haften, die mit der Ausführung des Auftrags befasst waren, es sei denn, die jeweiligen Bearbeitungsbeiträge waren von untergeordneter Bedeutung. Die gesetzliche Haftungskonzentration auf den oder die handelnden Personen in § 8 Abs. 2 PartGG führt damit zu einer Privilegierung der nicht an der Bearbeitung des betreffenden Auftrags mitwirkenden Partner. Ziel der gesetzlichen Haftungskonzentration ist es, den Angehörigen Freier Berufe Rechts- und Planungssicherheit zu geben, die Haftungsrisiken der Partner kalkulierbar zu machen und die Partnerschaft dadurch zu einer echten Alternative zur Organisation in einer Kapitalgesellschaft zu machen.169 (1) Anwendungsbereich von § 8 Abs. 2 PartGG Vom Haftungsprivileg des § 8 Abs. 2 PartGG erfasst werden sämtliche Schadensersatzansprüche gegen die Partnerschaft wegen Pflichtverletzungen der Partner im Rahmen von Vertragsverhältnissen wie etwa Verzug, Unmöglichkeit oder Schlechtleistung. Ansprüche aus Verträgen mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter werden ebenso erfasst.170 Ferner fallen quasivertragliche Ansprüche aus culpa in contrahendo, die aus einem der Partnerschaft zuzurechnenden Fehlverhalten während der Vertragsanbahnung resultieren, in den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 2 PartGG.171 Aber auch Ansprüche aus Delikt werden erfasst, wenn sie mit der Ausführung des Dienstleistungsauftrags in Zusammenhang stehen, so dass die Partnerschaft analog § 31 BGB für die entstandenen Schäden einstehen muss.172 Nicht erfasst von der Haftungskonzentration werden dagegen alle Ansprüche gegen die Gesellschaft, die nicht mit der freiberuflichen Geschäftsbesorgung der Partner im Zusammenhang stehen, oder Ansprüche, denen das Fehlverhalten von Angestellten oder freien Mitarbeitern der Gesellschaft zugrunde liegt. Für derartige Ansprüche bleibt es bei der Regel der akzessorischen Haftung der Gesellschafter als Gesamtschuldner nach § 8 Abs. 1 S. 1 PartGG.
169
BT-Drucks. 13/9820, S. 21. BT-Drucks. 12/6152, S. 18; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 15; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 19; ders., in: FS Vieregge, 361, 374; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 24; Jawansky, DB 2001, 2281, 2282; Knoll/Schüppen, DStR 1995, 646, 648; Sotiropoulos, ZIP 1995, 1879, 1880. 171 BT-Drucks. 12/6152, S. 18; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 15; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 19; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 24. 172 BT-Drucks. 12/6152, S. 18; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 15; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 19; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 24; Feddersen/Meyer Landrut, § 8 PartGG, Rdn. 6; v. Westphalen, in: M/W/H/L, § 8 PartGG, Rdn. 44; Seibert, in: E/B/J, § 8 PartGG, Rdn. 3; Salger, in: MüHdB GesR, § 43, Rdn. 15; Vollkommer/Heinemann, S. 310; Jawansky, DB 2281, 2282. 170
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Um Schadensersatzansprüche wegen Bearbeitungsfehlern gegen die nach § 8 Abs. 2 PartGG verantwortlichen Partner in der Praxis geltend machen zu können, steht den Geschädigten aus dem zugrunde liegenden Auftragsverhältnis ein Auskunftsanspruch gegen die Partnerschaft zu, der die Mitteilung des oder der Namen der jeweils verantwortlich zeichnenden Gesellschafter zum Inhalt hat.173 (2) Befassung mit der Bearbeitung eines Auftrags Damit die Haftungskonzentration auf einen oder mehrere Gesellschafter in Betracht kommt, muss mindestens ein Partner mit der Bearbeitung des Auftrags befasst sein. (a) Auftrag Unter einem Auftrag im Sinne von § 8 Abs. 2 PartGG ist jedes Vertragsverhältnis zu verstehen, das Grundlage der freiberuflichen Berufsausübung ist.174 Einschränkungen etwa auf typische Arten von Verträgen wie etwa Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsverträge bestehen insoweit nicht. Soweit im Verhältnis zwischen der Partnerschaft und ihren Mandanten ein Rahmenvertrag besteht, knüpft die Handelndenhaftung nicht an die Rahmenvereinbarung, sondern an den jeweils der freiberuflichen Tätigkeit im Einzelfall zugrunde liegenden Einzelauftrag an.175 Je nach Sachlage ist es damit möglich, zwischen fehlerhaft und fehlerfrei ausgeführten Aufträgen innerhalb eines Rahmenvertrages zu differenzieren.176 Schwierigkeiten bei der Bestimmung des zugrunde liegenden Auftrags können sich in Fällen komplexer Vertragsverhältnisse ergeben, bei deren Erledigung mehrere Partner der Gesellschaft mit unterschiedlichen Bearbeitungsbeiträgen involviert sind. Wenn sich eine konkrete Zuordnung der Aufträge nicht bereits aus der verschiedenen Berufszugehörigkeit der kooperierenden Partner ergibt, soll die Haftungsfrage in Anlehnung an die Lehre von den gemischten oder verbundenen Verträgen geklärt werden.177 Hiernach ist durch Auslegung des Parteiwillens nach §§ 133, 157 BGB zu differenzieren: Ist von den Beteiligten ein einheitlicher Vertrag zur Erbringung unterschiedlicher Leistungen ge173 BT-Drucks. 13/9820, S. 22; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 24; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 26; Michalsi/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 34; Seibert, in: E/B/J, § 8 PartGG, Rdn. 12; Jawansky, DB 2001, 2281, 2282. 174 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 21. 175 Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 18. 176 Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 18. 177 So Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 19; dazu Thode, in: MüKo, § 305 BGB, Rdn. 62 f.; Heinrichs, in: Palandt, Einf. v. § 311 BGB, Rdn. 16 ff.
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schlossen worden, dessen einzelne Vereinbarungen miteinander stehen und fallen, so liegt – ungeachtet der vorgenommenen Arbeitsteilung – allen im Rahmen des Vertrages erbrachten freiberuflichen Tätigkeiten ein Auftrag zugrunde.178 Besteht der Vertrag dagegen nach dem Parteiwillen aus verschiedenen zusammengesetzten Komponenten, so wird im Zweifel von verschiedenen, abgrenzbaren Aufträgen auszugehen sein.179 (b) Befassung Zur Befassung mit der Erledigung eines Auftrags nach § 8 Abs. 2 PartGG zählt jede Mitwirkungshandlung im weitesten Sinne.180 Dazu gehört primär die tatsächliche Bearbeitung des Auftrags.181 Ebenso wird die tatsächliche Überwachung der Bearbeitung richtigerweise als Befassen erachtet,182 weil gerade dadurch die Verantwortung für die erbrachte Leistung übernommen wird.183 Praktische Bedeutung hat dies insbesondere für die Fälle, in denen die Bearbeitung einzelner Arbeitsschritte nicht durch die Partner selbst, sondern durch Angestellte und freie Mitarbeiter der Gesellschaft erfolgt.184 Gerade bei den großen Beratungsgesellschaften ist eine solche Delegation großer Mandate an einzelne Gruppen von angestellten Freiberuflern der Regelfall. Hat in derartigen Fallgestaltungen keiner der Partner Aufsicht über die Bearbeitung des Mandats geführt, so ist nach richtiger Auffassung derjenige Partner als mit dem Auftrag befasst anzusehen, der nach der internen Zuständigkeitsverteilung für die Überwachung der Bearbeitung zuständig gewesen wäre.185
178 Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 19; Thode, in: MüKo, § 305 BGB, Rdn. 63; Heinrichs, in: Palandt, Einf. v. § 311 BGB, Rdn. 16, 19. 179 So Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 19; Heinrichs, in: Palandt, Einf. v. § 311 BGB, Rdn. 16 ff. 180 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 21. 181 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 21 f.; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 21; ders., in: FS Wiedemann, 907, 929; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 28. 182 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 22; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 21; ders., in: FS Wiedemann, 907, 929; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 28. 183 Jawansky, DB 2001, 2281, 2282. 184 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 21; ders., in: FS Wiedemann, 907, 929. 185 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 22; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 21; ders., in: FS Wiedemann, 907, 929; Jawansky, DB 2001, 2281, 2282; a. A. Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 29 f.; Römermann, NZG 1998, 675, 676.
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Besteht eine solche Zuteilung der Aufsicht über die Mitarbeiter durch einen Geschäftsverteilungsplan nicht, so fehlt es insgesamt an der Befassung eines Partners nach § 8 Abs. 2 PartGG. Folglich bleibt es in einem solchen Fall bei der gesamtschuldnerischen Haftung aller Partner.186 Dies gilt auch für Sachverhalte, bei denen nicht aufzuklären ist, ob überhaupt jemand oder wer genau mit der Aufgabe befasst war.187 Darlegungs- und beweispflichtig sind insoweit diejenigen Partner, die sich auf die Haftungsprivilegierung berufen.188 Anders sind dagegen Fälle zu beurteilen, bei denen eine Bearbeitung des Mandats überhaupt nicht stattgefunden hat, aber eine eindeutige Zuweisung der Aufgabe über die interne Geschäftsverteilung erfolgt ist. Teilweise wird insoweit zwar die Ansicht vertreten, eine unterlassene Auftragsausführung führe unweigerlich zur gesamtschuldnerischen Haftung nach § 8 Abs. 1 S. 1 PartGG, weil eine Befassung eines Partners mit dem Auftrag nicht zu erkennen sei.189 Die Zuweisung eines Auftrags zur Erledigung an einen Partner könne insoweit nicht berücksichtigt werden, weil sich andernfalls die Haftung allein aus der Zuständigkeitsverteilung im Innenverhältnis ergebe und zudem Beweisprobleme für den Geschädigten entstünden.190 Diese Auffassung übersieht jedoch einerseits, dass die Missachtung der internen Organisationsstrukturen einer Partnerschaft dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Ziel von § 8 Abs. 2 PartGG zuwiderläuft, in der Haftungsfrage eine weitgehende Rechts- und Planungssicherheit für die Gesellschafter der Partnerschaft zu schaffen.191 Andererseits verkennt diese Ansicht, dass die Interessen der Geschädigten ausreichend geschützt sind, weil der Partnerschaft bzw. den Partnern, die ihre Haftung ausschließen wollen, der Nachweis einer eindeutigen Geschäftsverteilung obliegt.192 Deswegen ist es sachgerecht, auch in Fällen, in denen überhaupt keine Bearbeitung vorgenommen wurde, nur demjenigen Part-
186 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 22; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 21; ders., in: FS Wiedemann, 907, 929; Jawansky, DB 2001, 2281, 2282; Mülbert, AcP 199 (1999), 38, 95 f. 187 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 22; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 23; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930. 188 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 22; Jawansky, DB 2001, 2281, 2282. Insoweit unzutreffend Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 29 f. 189 Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 29 f.; Römermann, NZG 1998, 675, 676; ders., GmbHR 1997, 530, 537; gegen eine Verantwortungszuweisung nach der internen Organisation auch Maurer, S. 87. 190 Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 29 f.; Römermann, NZG 1998, 675, 676; ders., GmbHR 1997, 530, 537. 191 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 22; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930; so auch Jawansky, DB 2001, 2281, 2282. 192 Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 26; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 22; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930; so auch Jawansky, DB 2001, 2281, 2282.
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ner eine persönliche Einstandspflicht aufzuerlegen, der nach der internen Verteilung die Verantwortung für die Mandatbearbeitung übernommen hat.193 Waren nach den vorgenannten Leitlinien mehrere Partner mit der Bearbeitung des Auftrags befasst, so haften die betreffenden Personen gesamtschuldnerisch.194 (3) Bearbeitungsbeiträge von untergeordneter Bedeutung Bearbeitungsbeiträge von untergeordneter Bedeutung können nach § 8 Abs. 2 HS. 2 PartGG den Tatbestand einer Befassung mit der Bearbeitung eines Auftrags nicht erfüllen. Diese Regelung erfasst Fälle, in denen mehrere Partner an der Mandatsbearbeitung beteiligt sind, und nimmt den oder diejenigen Gesellschafter, die nur untergeordnete Beiträge leisten, zu Lasten des oder der übrigen Partner, die den bedeutenden Teil der Leistung erbringen, von der Haftung aus.195 Beiträge von untergeordneter Bedeutung werden allgemein etwa in Urlaubsvertretungen unter den Partnern oder in der Leistung geringfügiger Beiträge aus nur am Rande des Mandats betroffenen Geschäftsfeldern gesehen.196 Aber auch die zumindest in den großen Freiberuflergesellschaften weithin existierenden internen Kontrollmechanismen, welche regelmäßig nach dem sog. „Vier-Augen-Prinzip“ die Einholung einer zweiten Ansicht eines anderen Gesellschafters oder eine kursorische Prüfung der Bearbeitung vorsehen, bevor dem Mandanten gegenüber eine Stellungnahme abgegeben wird, werden richtigerweise als nur untergeordnete Beiträge angesehen.197 Eine solche konsiliarische Beiziehung dient lediglich der unterstützenden Beratung des eigentlichen Sachbearbeiters, der schlussendlich selbständig die Verantwortung für die Bearbeitung übernimmt.198 Im Übrigen verfolgen derartige 193 So Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 22; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930; Römermann, in: Hartung/Holl, Vor § 59 BRAO, Rdn. 81; Jawansky, DB 2001, 2281, 2282. Römermann, NZG 1998, 675, 676, geht insoweit davon aus, dass diese Auffassung auch in der Gesetzesbegründung geäußert wird, siehe dazu BTDrucks. 13/9820, S. 21. 194 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 23; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930. 195 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 24; eingehend hierzu Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 31 ff. 196 BT-Drucks. 13/9820, S. 21. 197 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 24; ders., ZIP 1997, 1481, 1490; Ulmer, in: MüKo, § 8 PartGG, Rdn. 22; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 32–33a; Jawansky, DB 2001, 2281, 2283; Maurer, S. 88. Eine andere Ansicht vertritt der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf: „Gerade die Heranziehung eines Konsiliars dürfte in der Regel Gewicht haben.“, siehe BT-Drucks. 13/9820, S. 26.
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
selbst auferlegte interne Prüfungen den Zweck, die Qualität der geleisteten Beratung sicherzustellen. Ihr einziges Ziel ist es somit, zu gewährleisten, dass der Mandant den bestmöglichen Service erhält. Würde man diese Sicherungsmaßnahmen als Befassung mit der Bearbeitung des Auftrags im Sinne von § 8 Abs. 2 HS. 1 PartGG qualifizieren, so bestünde unweigerlich die Gefahr, dass Partner, die zuvor bereit waren, diesen – zusätzlichen – Dienst zu leisten, zukünftig davon absehen, um einer Haftung zu entgehen, die maßgeblich auf fremdem Fehlverhalten beruht.199 Die Qualifikation einer konsiliarischen Beiziehung als Befassung mit der Erledigung eines Auftrags im Sinne von § 8 Abs. 2 HS. 1 PartGG ist somit auch aus Sicht der Mandanten abzulehnen. Bearbeitungsbeiträge, die den Berufsfehler selbst gesetzt haben, können dagegen niemals von untergeordneter Bedeutung sein.200 bb) Summenmäßige Haftungsbeschränkung Im Gegensatz zur Haftungskonzentration in § 8 Abs. 2 PartGG trifft § 8 Abs. 3 PartGG keine eigene Regelung zur Beschränkung der persönlichen Haftung der Gesellschafter einer Partnerschaft. Vielmehr beinhaltet diese Vorschrift lediglich die Ermächtigung an die Legislative, in den entsprechenden berufsrechtlichen Kodifikationen der Freien Berufe eine summenmäßige Begrenzung für die Haftung aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung vorzusehen. Als Vorgabe muss dabei gleichzeitig den Partnern oder der Partnerschaft die Pflicht auferlegt werden, als Pflichtversicherung im Sinne von §§ 158 ff. VVG eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.201
IV. Gläubigerschutzmechanismen im Recht der Partnerschaft Dem Schutz der Interessen der Gesellschaftsgläubiger wird bei der Partnerschaft dadurch Rechnung getragen, dass neben der Partnerschaft als Trägerin des Unternehmens und Primärverpflichtete die Gesellschafter gesamtschuldnerisch und persönlich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haften.202 198 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 24; ders., ZIP 1997, 1481, 1490; Michalski/Römermann, § 8 PartGG, Rdn. 32–33a; Jawansky, DB 2001, 2281, 2283. 199 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 24; ders., ZIP 1997, 1481, 1490. 200 BT-Drucks. 13/9820, S. 21; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 24. 201 Derzeit existieren solche Haftungsbegrenzungen für vier Arten von Freien Berufen, nämlich für Rechtsanwälte in § 51a Abs. 1 BRAO, für Patentanwälte in § 45a Abs. 1 PatAO, für Steuerberater in § 67a Abs. 1 StBerG und für Wirtschaftsprüfer in § 54a Abs. 1 WPO.
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1. Beschränkung des Gläubigerschutzes auf die akzessorische Gesellschafterhaftung Neben dieser akzessorischen Gesellschafterhaftung kennt das Partnerschaftsrecht weder gesellschaftsrechtliche noch insolvenzrechtliche Mechanismen, die den besonderen Schutz der Gesellschaftsgläubiger zum Inhalt haben. Es existieren weder Vorschriften, die durch Kapitalerhaltungsbestimmungen das Gesellschaftsvermögen der Partnerschaft sichern oder die Partnerschaft zur Rechnungslegung und Publizität verpflichten, noch existieren Normen, die wie bei der GmbH203 oder der AG204 eine Insolvenzantragspflicht der Partner etablieren.205 Begründet wird der Verzicht auf derartige Schutzmechanismen damit, dass infolge der persönlichen Gesellschafterhaftung wirtschaftlich gesehen Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftervermögen eine einheitliche Haftungsmasse zur Gläubigerbefriedigung darstellen.206 Zwar wird eine kontinuierliche Verschuldung der Gesellschaft durch die akzessorische Verpflichtung der Partner nicht bilanziell ausgeglichen.207 Dem Gläubigerschutz werde indessen dadurch genüge getan, dass ein unmittelbarer Zugriff auf alle Gesellschafter der Partnerschaft möglich ist, ohne dass vorher gegen die Gesellschaft vorgegangen werden muss.208 Diese Rechtfertigung eines Verzichts auf spezifische Gläubigerschutzmechanismen im Recht der Partnerschaft wird allerdings seit Einführung der gesetzlichen Haftungsbeschränkung im Jahre 1998 zu Recht bezweifelt.209 Angesichts der Tatsache, dass gerade für Haftungsfälle wegen fehlerhafter Berufsausübung dem Geschädigten einzig der Rückgriff auf den oder die Mandatsbearbeiter, nicht jedoch auf die anderen Partner erlaubt wird, kann nämlich von einem vollwertigen Ausgleich fehlender Schutzmechanismen durch die akzessorische Gesellschafterhaftung nicht die Rede sein.210 Vor dem Hintergrund der Haftungsbeschränkung auf einzelne Partner gewinnt vielmehr die primär bestehende Haftung der Gesellschaft mit ihrem Vermögen an Bedeutung.211 Para202 Vgl. Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 7; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, § 13 InsO, Rdn. 32. 203 § 64 Abs. 1 GmbHG. 204 § 92 Abs. 2 AktG. 205 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, § 13 InsO, Rdn. 32; Noack, in: Kübler/Prütting, Sonderbd. 1 InsO, Rdn. 446. 206 Vgl. Noack, in: Kübler/Prütting, Sonderbd. 1 InsO, Rdn. 446. 207 Vgl. Noack, in: Kübler/Prütting, Sonderbd. 1 InsO, Rdn. 446. 208 Vgl. Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, § 13 InsO, Rdn. 32; Noack, in: Kübler/Prütting, Sonderbd. 1 InsO, Rdn. 446. Kritisch dazu Schmidt, ZGR 1998, 633, 656. 209 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 7; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930 f. 210 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 7; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930 f.
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
doxerweise ist eine Sicherung dieser Haftungsmasse aber auch für die von § 8 Abs. 2 PartGG erfassten Fälle nicht vorgesehen. Dadurch entsteht die Gefahr, dass diejenigen Partner, die aufgrund fehlender Befassung mit dem Mandat – ähnlich wie in einer Kapitalgesellschaft – nicht persönlich haften, der Partnerschaft ihr Gesellschaftsvermögen entziehen, sobald die Erhebung einer bedeutsamen Haftungsklage erkennbar wird, die nicht von einer etwaigen Berufshaftpflichtversicherung gedeckt ist. Ebenso ist zu befürchten, dass die Gesellschafter einer Partnerschaft von vornherein dazu verleitet werden, erst gar kein Vermögen zu bilden, auf das im Haftungsfall zugegriffen werden könnte, sondern die erzielten Gewinne aus der freiberuflichen Tätigkeit umgehend ausschütten. In beiden Fällen wäre der Anspruch des Geschädigten gegen die infolge der Entnahmen zahlungsunfähige Gesellschaft wertlos. Ein Vorgehen gegen den oder die verantwortlichen Partner, die mit der Bearbeitung des Auftrags befasst waren, dürfte – je nach deren Vermögensverhältnissen – bei hohen Schadensersatzansprüchen, für die kein Versicherungsschutz besteht, ebenso wenig einen Schadensersatzausgleich sicherstellen. 2. Möglichkeit eines Haftungsdurchgriffs in der Partnerschaft Um der vorbeschriebenen Schwäche des Rechts der Partnerschaft entgegenzuwirken und den Belangen des Gläubigerschutzes in angemessener Weise Rechnung zu tragen, wird de lege lata für eine effektivere Realisierung von Schadensersatzforderungen gegen eine Partnerschaft ein Rückgriff auf die nach § 8 Abs. 2 PartGG privilegierten Partner nach dem Institut des Haftungsdurchgriffs erwogen.212 Zwar sind die Fallgruppen zum Haftungsdurchgriff bisher ausschließlich im Bereich der Kapitalgesellschaften bzw. der juristischen Person diskutiert worden. Eine Anwendung der insoweit entwickelten Grundsätze auf die Partnerschaft könnte somit zunächst unsachgemäß erscheinen, weil die Partnerschaft nach ihrer Rechtsnatur eine Personengesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist. In Fällen, in denen die Haftungsprivilegierung aus § 8 Abs. 2 PartGG für die nicht mit der Mandatsbearbeitung befassten Partner greift, ist die Stellung dieser Gesellschafter jedoch mit der Position von Gesellschaftern einer juristischen Person vergleichbar: Obschon bei der Partnerschaft nicht das Trennungsprinzip gilt, ist in den Fällen von § 8 Abs. 2 PartGG eine persönliche Haftung der nicht befassten Partner – wie bei einer Kapitalgesellschaft – ausgeschlossen. 211 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 7; ders., in: FS Wiedemann, 907, 930 f. 212 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 26; ders., in: FS Wiedemann, 907, 932 f.
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Zudem kann auch bei der Partnerschaft, nicht anders als in den von Rechtsprechung und Lehre diskutierten Fallgruppen der allgemeinen Durchgriffshaftung in der Kapitalgesellschaft,213 ein dem Normzweck zuwiderlaufender214 oder missbräuchlicher215 Gebrauch der Gestaltungsmöglichkeiten dieser Organisationsform vorliegen.216 Dies ist etwa der Fall, wenn und soweit bei drohenden Schadensersatzansprüchen gegen eine Partnerschaft deren Mitglieder der Gesellschaft ihr Vermögen entziehen, um auf diesem Wege die Realisierung von Haftungsansprüchen Dritter zu vereiteln. Die Zulassung eines Haftungsdurchgriffs auf die – wie in einer Kapitalgesellschaft – für die drohenden Schadensersatzansprüche nicht haftenden Partner erscheint deswegen bei einer Übertragung der Grundsätze zur Durchgriffshaftung bei Kapitalgesellschaften unter den dort entwickelten Voraussetzungen sachgerecht.217 Entsprechend den fünf Fallgruppen, die in Rechtsprechung und Literatur für die Durchgriffshaftung bei der Kapitalgesellschaft diskutiert werden, wird man die folgenden vier Kategorien in Erwägung ziehen können, um einen Haftungsdurchgriff auch bei der Partnerschaft zuzulassen:218 (a) Die materielle Unterkapitalisierung, welche gemeinhin bei einer im Vergleich zum Geschäftsumfang und unter Berücksichtigung der Finanzierungsmethoden völlig unzureichenden, missbräuchlichen Kapitalausstattung erwogen wird;219 (b) die Vermögensvermischung,220 bei der eine Trennung der Vermögensgegenstände der Gesellschaft und der Gesellschafter missbräuchlich verschleiert wird;221
213 Siehe dazu Hüffer, § 1 AktG, Rdn. 15 ff.; Emmerich, in: Scholz, § 13 GmbHG, Rdn. 76 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 13 GmbHG, Rdn. 6 ff.; Michalski, in: Michalski, § 13 GmbHG, Rdn. 323 ff.; Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 28 ff.; Wiedemann, Band I, S. 221 ff.; Schmidt, GesR, S. 217 ff., 233 ff.; Hueck/Windbichler, S. 511 ff.; Raiser/Veil, S. 448 ff., 455 ff. 214 Zur Normzwecklehre oder Normanwendungslehre eingehend Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 30; Schmidt, GesR, S. 223; Wiedemann, Band I, S. 218 f.; Hueck/Windbichler, S. 511; Raiser/Veil, S. 450, alle m. w. N. 215 Zur Missbrauchslehre eingehend Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 30; Schmidt, GesR, S. 222; Wiedemann, Band I, S. 218 f.; Hueck/Windbichler, S. 511 f.; Raiser/Veil, S. 450, alle m. w. N. 216 Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 933. 217 Ebenso Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 26; ders., in: FS Wiedemann, 907, 933. 218 Ein Haftungsdurchgriff aufgrund der fünften Fallgruppe – der persönlichen Sphärenvermischung – wegen nicht offenkundiger Trennung der Rechtssubjekte, wird bei der hier geschilderten Fallgestaltung regelmäßig ausscheiden. 219 Vgl. Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 13 ff.; Wiedemann, Band I, S. 224; Schmidt, GesR, S. 240; Hueck/Windbichler, S. 513; Raiser/Veil, S. 459. 220 Diese wird teilweise auch als gegenständliche Sphärenvermischung bezeichnet.
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
(c) den Institutsmissbrauch, welcher voraussetzt, dass mit der Gesellschaftsform und ihren Gestaltungsmöglichkeiten entweder rechtswidrige Ziele verfolgt werden (institutioneller Rechtsmissbrauch) oder andere Personen treuwidrig geschädigt werden (individueller Rechtsmissbrauch);222 und (d) die – in erster Linie zur GmbH entwickelte – recht junge Figur der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs, die eingreift, wenn ein Gesellschafter die Gesellschaft in die Zahlungsunfähigkeit treibt, indem er ihr Vermögenswerte entzieht, die sie zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten benötigt.223 Diese Kategorie stellt gewissermaßen einen Spezialfall des Institutsmissbrauchs dar.224 Insbesondere die letztgenannte Fallgruppe der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs bei der GmbH wird in der Rechtsprechung des BGH mit Argumenten begründet, die auch bei Vermögensentnahmen zu Lasten der Partnerschaft in Fällen der Haftungsprivilegierung einen Haftungsdurchgriff auf die von § 8 Abs. 2 PartGG geschützten Partner statthaft erscheinen lassen. Hier wie dort kann es nicht sachgerecht sein, dass es den vom Haftungsprivileg erfassten Gesellschaftern erlaubt ist, „der Gesellschaft ihr Vermögen [. . .] zu entziehen und ihr dadurch die Möglichkeit zu nehmen, ihre Verbindlichkeiten – ganz oder wenigstens teilweise – zu erfüllen.“225 Vielmehr muss dem Eigeninteresse der Gesellschaft, ihre Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern erfüllen zu können, in angemessener Weise Rechnung getragen werden.226 „Entziehen die Gesellschafter unter Außerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme [. . .] der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaß die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten, so liegt darin, [. . .], ein Missbrauch der Rechtsform [. . .], der zum Verlust des Haftungsprivilegs führen muss [. . .]“.227 221 Vgl. Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 49 ff.; Wiedemann, Band I, S. 224; Schmidt, GesR, S. 234; Hueck/Windbichler, S. 512; Raiser/Veil, S. 455. 222 Vgl. Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 17 f.; Wiedemann, Band I, S. 227; Hueck/Windbichler, S. 514; Raiser/Veil, S. 462. 223 Grundlegend BGHZ 149, 10, 16 („Bremer Vulkan“); konkretisierend BGHZ 151, 181, 186 f. („KBV“); kürzlich erst BGH, NZG 2005, 177, 177 f.; BGH, NZG 2005, 214, 214 f.; zur Existenzvernichtungshaftung Hüffer, § 1 AktG, Rdn. 22 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 13 GmbHG, Rdn. 15 ff.; Schiessl, in: MüHdB GmbH, § 35, Rdn. 19 ff.; Hueck/Windbichler, S. 51; Schön, ZHR 168 (2004), 268–297; Wiedemann, ZGR 2003, 283–297; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402–440, alle m. w. N. 224 Vgl. BGHZ 151, 181, 187 („KBV“). 225 BGHZ 151, 181, 186 („KBV“). 226 BGHZ 122, 123, 130 („TBB“); BGHZ 149, 10, 16 („Bremer Vulkan“); BGHZ 151, 181, 186 („KBV“). 227 BGHZ 151, 181, 187 („KBV“).
§ 10 Die Ausgestaltung der Partnerschaft
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Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Partnerschaft erscheint umso mehr angezeigt, als bei dieser Organisationsform – trotz der offensichtlichen Gefahr gläubigerbenachteiligender Vermögensentnahmen in Haftungsfällen nach § 8 Abs. 2 PartGG – im Unterschied zur GmbH keine den §§ 30 und 31 GmbHG vergleichbaren Kapitalschutzvorschriften existieren, welche die Haftungsprivilegierung absichern könnten. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass auch bei der Partnerschaft in Fällen, in denen ihre Gesellschafter in den Genuss des Haftungsprivilegs kommen, ein Haftungsdurchgriff nach den Grundsätzen des existenzvernichtenden Eingriffs auf diejenigen Partner zuzulassen ist, zu deren Gunsten das Haftungsprivileg aus § 8 Abs. 2 PartGG greift, wenn diese eine Vermögensverschiebung vorgenommen haben, die dazu geführt hat, dass der oder die Gläubiger ihren Anspruch weder gegen die Gesellschaft noch gegen den oder die verantwortlichen Partner in voller Höhe befriedigen können. Dass die Partnerschaft von ihrer Rechtsnatur her keine juristische Person ist, kann aufgrund der vergleichbaren Interessenlage in Fällen, in denen die Haftungsbeschränkung aus § 8 Abs. 2 PartGG greift, jedenfalls keinen Grund dafür liefern, von einer Übertragung der entsprechenden Leitlinien des BGH abzusehen.
V. Die Besteuerung der Partnerschaft Die steuerrechtliche Behandlung der Partnerschaft entspricht der Besteuerung der GbR. 1. Körperschaftssteuer und Einkommenssteuer Da die Partnerschaft keine juristische Person ist, unterliegt sie nicht der Körperschaftssteuerpflicht der §§ 1 ff. KStG. Auch einkommenssteuerrechtlich ist die Partnerschaft kein eigenständiges Steuersubjekt. Der von der Partnerschaft erzielte Gewinn wird demgemäß nicht über die Gesellschaft zur Besteuerung herangezogen. Vielmehr wird dieser den Partnern anteilig zugerechnet, die ihre Gewinnanteile als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG zu versteuern haben. 2. Gewerbesteuer Einkünfte einer Partnerschaft, zu der sich nach § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG nur Angehörige Freier Berufe zusammenschließen können, unterliegen nach derzeitiger Gesetzeslage grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer. Anders als Kapitalge-
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2. Teil: Die Partnerschaft nach deutschem Recht
sellschaften ist die Partnerschaft nicht schon aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig. Ausnahmsweise können jedoch auch die Einkünfte einer Partnerschaft der Gewerbesteuer unterliegen, wenn etwa eine – auch nur geringfügige – gewerbliche Randtätigkeit in der Partnerschaft ausgeübt wird, die die gesamten Einkünfte „infiziert“ und damit gewerbesteuerpflichtig macht,228 oder wenn entgegen § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG auch nur eine berufsfremde Person an der Partnerschaft beteiligt ist, so dass nach gefestigter steuerrechtlicher Rechtsprechung229 Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb erzielt werden.230 3. Umsatzsteuer Da die Partnerschaft eine selbständige und nachhaltige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausübt, ist sie nach § 2 Abs. 1 UStG als Unternehmer einzustufen. Damit ist sie Steuersubjekt der Umsatzsteuer und Steuerschuldner i. S. v. § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG.231 Die Leistungen der Partnerschaft i. S. v. § 1 UStG unterliegen folglich der Umsatzsteuer. Werden ihr selbst für erbrachte Leistungen Umsatzsteuerbeträge in Rechnung gestellt, so ist sie zum Vorsteuerabzug nach den §§ 15 ff. UStG berechtigt.
228 Dazu Henssler, Einf. PartGG, Rdn. 17; Streck, in: Henssler/Streck, S. 446 ff.; Castan, S. 152 f. 229 So z. B. BFH, BStBl. 1980 II, S. 336; BFH, BStBl. 1994 II, S. 922. 230 Dazu Henssler, Einf. PartGG, Rdn. 17; Streck, in: Henssler/Streck, S. 450 ff.; Castan, S. 154 ff. 231 Vgl. BFH, BStBl. 1970 II, S. 883; BFH, BStBl. 1984 II, S. 231.
Dritter Teil
Rechtsvergleichende Analyse Nachdem in den ersten beiden Teilen die prägenden Eigenschaften der britischen LLP und der deutschen Partnerschaft vorgestellt wurden, sollen nunmehr durch einen Rechtsvergleich die Gemeinsamkeiten sowie die wesentlichen Unterschiede der britischen und der deutschen Regelungen aufgezeigt werden. In einem zweiten Schritt führt dieser Vergleich zwangsläufig zu der Frage, welche Ansatzpunkte des britischen Rechts aus deutscher Sicht Anlass dazu geben können, die Regelungen der Partnerschaft zu überdenken. Ein Rechtsvergleich der britischen LLP mit der deutschen Partnerschaft ist vor allem deswegen angezeigt, weil beide Gesellschaftsformen von den jeweiligen Gesetzgebern als moderne und flexible Organisationsform für Freiberufler konzipiert worden sind1 und somit dasselbe Ziel verfolgen.
§ 11 Wesentliche Strukturmerkmale Zum Vergleich der wesentlichen Strukturmerkmale von Partnerschaft und LLP wird zunächst auf die Rechtsnatur der beiden Organisationsformen sowie die Regelungstechnik der den beiden Gesellschaften zugrunde liegenden Gesetze eingegangen. Im Anschluss daran wird die Entstehung der Gesellschaftsformen und deren Innenverhältnis beleuchtet. Sodann sollen das Außenverhältnis der Gesellschaften und die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zu Dritten erörtert werden. Danach werden die Gläubigerschutzmechanismen im Recht beider Organisationsformen gegenübergestellt. Zuletzt wird auf die steuerliche Behandlung von LLP und Partnerschaft eingegangen.
I. Rechtsnatur der Gesellschaften Partnerschaft und LLP sind von ihrer Rechtsnatur her grundlegend verschieden.
1 Für Deutschland siehe BT-Drucks. 12/6152, S. 7; für Großbritannien siehe URN 97/597, Ziff. 1–3.
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3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
Die Partnerschaft ist als klassische Personengesellschaft ausgestaltet, wohingegen die britische LLP eine echte hybride Gesellschaftsform ist, welche kapital- und personengesellschaftliche Elemente miteinander verbindet. Während die Partnerschaft als Gesamthandsgesellschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, hat die LLP körperschaftlichen Status und ist somit juristische Person.2 Nach ihrer Rechtsnatur ähnelt die LLP deswegen eher einer Kapitalgesellschaft als einer Personengesellschaft.3 Zudem ist die Partnerschaft als Sonderrechtsform konzipiert, die ausschließlich Angehörigen der Freien Berufe zugänglich ist.4 In Großbritannien ist dagegen das anfängliche Konzept einer reinen Gesellschaftsform für die Freien Professionen während der Gesetzesberatungen zum LLPA aufgegeben worden. Im Unterschied zur Partnerschaft steht die LLP infolgedessen allen erwerbsorientierten Unternehmern offen.5 Anders als bei der Partnerschaft können neben natürlichen Personen auch juristische Personen Gesellschafter einer LLP sein.6
II. Regelungstechnik der den Organisationsformen zugrunde liegenden Gesetze Den Vorschriften des LLPA sowie des PartGG ist gemeinsam, dass beide Gesetze die Verfassung der jeweiligen Organisationsform nicht umfassend regeln, sondern weitgehend auf bereits bestehendes Recht verweisen. Während bei der Partnerschaft jedoch ausschließlich auf Regeln des Personengesellschaftsrechts7 verwiesen wird, finden auf die LLP als hybride Gesellschaftsform sowohl Prinzipien des Personen- als auch des Kapitalgesellschaftsrechts Anwendung. Da sich diese Regeln im Einzelfall widersprechen8 und noch keine repräsentative Spruchpraxis dazu besteht, wie die verschiedenen Leitlinien des common law zur partnership und zur company miteinander in Einklang gebracht werden können, um sie auf die neue Gesellschaftsform anzu2
Section 1 (2) LLPA. Siehe Ziff. 13 Explanatory Notes zum LLPA: „The LLP’s existence as a separate legal entity makes it more closely akin to a company than to a partnership.[. . .]“. Deswegen wird die LLP in Großbritannien teilweise auch als bloße Modifikation einer Kapitalgesellschaft angesehen: Gower/Davies, S. 6; Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A102; ders., S. 246; Mabey, S. 58; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 482; Twomey (2003) Comp. Law. 24 (3), 86, 87. 4 § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG. 5 Section 2 (1) (a) LLPA. 6 Section 2 (1) (a) LLPA spricht ohne Beschränkung auf natürliche Personen von „two or more persons for carrying on a lawful business with a view to profit [. . .]“. 7 Das Recht der oHG und das subsidiär geltende Recht der GbR. 8 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-02; vgl. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A525 ff.; Whittaker/Machell, S. 91 ff., 142 ff.; Morse (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 469. 3
§ 11 Wesentliche Strukturmerkmale
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wenden,9 kann es bei der LLP im Unterschied zur Rechtslage bei der Partnerschaft Probleme bereiten, exakt zu bestimmen, welches Recht im Einzelfall Anwendung findet.10 Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit wird teilweise als Nachteil der britischen Organisationsform angesehen.11 Dieser rechtlichen Unsicherheit kann in der Praxis allerdings dadurch begegnet werden, dass bestehende Zweifelsfragen ausdrücklich in der LLP-Vereinbarung geregelt werden. Zudem wird die anfängliche Unsicherheit zu den im Einzelfall heranzuziehenden Regeln des partnership law bzw. company law spätestens dann zurückgehen, wenn die ersten Gerichtsentscheidungen zu den jeweiligen Streitfragen ergangen sind.
III. Entstehung der Gesellschaften Sowohl die Regelungen zur Entstehung der Partnerschaft als auch die Regelungen zur Entstehung der LLP orientieren sich stark an den parallel bestehenden Regeln des Personen- bzw. Kapitalgesellschaftsrechts. Abgesehen von dem bei der Partnerschaft neu eingeführten Partnerschaftsregister haben beide Organisationsformen das bestehende Recht nicht nennenswert verändert. Besondere Bedeutung für die Entstehung beider Gesellschaften hat das Verfahren zur Registrierung der Organisationsform im jeweils einschlägigen Register.12 Erst mit Abschluss dieses Verfahrens werden Partnerschaft und LLP rechtswirksam als Außengesellschaften errichtet. Die Voraussetzungen, welche für die letztendliche Eintragung erfüllt sein müssen, sind sowohl bei der Partnerschaft als auch bei der LLP einfach handhabbar und unschwer erfüllbar. Zudem wird bei der registergerichtlichen Prüfung der Eintragungserfordernisse in beiden Fällen das Eintragungsverfahren für die zuständigen Stellen dadurch erleichtert, dass die Angaben der anzumeldenden Personen als zutreffend unterstellt werden dürfen, so dass regelmäßig lediglich eine zeit- und kostensparende Plausibilitätskontrolle erfolgt.13 Infolgedessen kann die Gründung einer Partner-
9 Morse, in: Palmer’s LLP, Rdn. A1-02; ders., S. 246; Freedman/Finch (2003) J.B.L. Sep., 475, 482. 10 Dies gilt beispielsweise im Hinblick auf das Innenverhältnis der Gesellschaft, vgl. Davies, in: Palmer’s LLP, Rdn. A5-25 ff.; Whittaker/Machell, S. 91 ff., 142 ff.; Morse. (2002) S.J.L.S. Dec., 455, 469; Freedman/Finch (2003) J.B.L. Sep., 475, 482. 11 Vgl. Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 487, 495, 497; Foster (2002) N.L.J. 152 (7036), 919, 920; Whittaker (2002) J.B.L. Nov., 601, 603, 605; Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 170; Cross (2003) J.B.L. May, 268, 276. 12 Dem Partnerschaftsregister bei der Partnerschaft und dem companies register bei der LLP. 13 Für Deutschland siehe Ulmer, in: MüKo, §§ 4, 5 PartGG, Rdn. 11–16; Henssler, in: Henssler/Prütting, § 5 PartGG, Rdn. 3; für Großbritannien siehe die Konformitätserklärung in section 3 (2) LLPA und oben 1. Teil § 6. I. 1. c).
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3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
schaft und einer LLP nach den jeweiligen Normen des britischen und deutschen Rechts vergleichbar unkompliziert und problemlos vorgenommen werden.
IV. Das Innenverhältnis der Gesellschaften Maßgebende Bedeutung für das Innenverhältnis der LLP und der Partnerschaft hat der Gesellschaftsvertrag, der bei beiden Gesellschaften die primäre Grundlage für die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft darstellt. Die Ausgestaltung dieses Vertrages ist bei LLP und Partnerschaft weitestgehend den Mitgliedern überlassen. Bis auf wenige grundlegende Vorgaben des allgemeinen Personengesellschaftsrechts existieren in beiden Fällen keine wesentlichen rechtlichen Schranken, welche die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter einschränken. Partner wie LLP-Gesellschafter können demgemäß die innere Struktur ihrer Organisationsform sowie die rechtlichen Beziehungen in der Gesellschaft nach ihren jeweiligen Bedürfnissen gestalten, ohne an weitreichende gesetzliche Beschränkungen gebunden zu sein. Bei der Ausgestaltung des Innenverhältnisses von Partnerschaft und LLP existieren Unterschiede lediglich hinsichtlich der gesellschaftlichen Treuepflichten. Während in einer Partnerschaft eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Partner sowohl gegenüber den anderen Partnern als auch gegenüber der Partnerschaft besteht, existieren in der LLP derartige Treuepflichten grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen der Gesamtheit der Gesellschafter und der Gesellschaft.14 Wird das obligatorische Entstehen von Treuepflichten unter den Gesellschaftern als überholte Bürde des partnership law bzw. des Personengesellschaftsrechts angesehen,15 die den tatsächlichen Gegebenheiten der einzelnen Unternehmen nicht ausreichend Rechnung trägt,16 so erscheint die britische Gesellschaftsform, die eine wechselseitige Treuepflicht der Gesellschafter nicht bedingt, der deutschen in diesem Punkt überlegen.
V. Das Außenverhältnis der Gesellschaften Obwohl die Partnerschaft anders als die LLP keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, tritt sie aufgrund ihrer rechtlichen Verselbständigung im Rechtsverkehr ähnlich wie eine juristische Person auf.
14
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. II. 2. c). So Vermeuelen, S. 9 f., 257, 261 f., Cross (1999) Jur. Rev. 5, 259, 261; Villiers (2001) S.L.P.Q. 6 (2), 112, 120. 16 Vgl. Vermeuelen, S. 9 f., 257, 261 f. 15
§ 11 Wesentliche Strukturmerkmale
319
Wie ihre britische Verwandte genießt die Partnerschaft volle Rechts- und Handlungsfähigkeit.17 Als Folge dieser Annäherung der Partnerschaft an eine juristische Person sind beide Organisationsformen gleichermaßen Träger des Gesellschaftsvermögens und des Unternehmens, können unter ihrem Namen am Rechtsverkehr teilnehmen, Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen oder vor Gericht klagen und verklagt werden. Verträge im Geschäftsbetrieb der Unternehmen werden sowohl bei der LLP als auch bei der Partnerschaft grundsätzlich mit den Gesellschaften und nicht mit deren Mitgliedern abgeschlossen. Ebenso wird ein etwaiges Fehlverhalten von im Geschäftsbetrieb der Organisationen tätigen Gesellschaftern und anderen Personen in beiden Fällen der Gesellschaft als Unternehmensträgerin zugerechnet.18 Obschon die Partnerschaft anders als die LLP keinen körperschaftlichen Status genießt, sind beide Organisationsformen infolge der Rechtsfähigkeit der Partnerschaft bezüglich ihrer rechtlichen Beziehungen im Außenverhältnis weitgehend vergleichbar.
VI. Die Gesellschafter im Außenverhältnis Sowohl bei der LLP als auch bei der Partnerschaft treten Dritte primär nicht mit den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft als Trägerin des Unternehmens in Rechtsbeziehungen. Dennoch können die Gesellschafter beider Gesellschaftsformen unter bestimmten Voraussetzungen im Außenverhältnis gegenüber Dritten persönlich haften. Dabei muss für beide Organisationsformen unterschieden werden zwischen einer Haftung der Gesellschafter für allgemeine Verbindlichkeiten der Gesellschaft und einer Haftung für Verbindlichkeiten, die aufgrund pflichtwidriger Berufsausübung im Geschäftsbereich der Gesellschaft entstanden sind. 1. Allgemeine Verbindlichkeiten Für allgemeine Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die nicht aus fehlerhafter Berufsausübung resultieren, haftet den Gläubigern der LLP aufgrund des Trennungsprinzips bei der juristischen Person19 nur das Gesellschaftsvermögen des Unternehmens. Ein Rückgriff auf das Privatvermögen der Gesellschafter ist den Gläubigern für solche Verbindlichkeiten grundsätzlich verwehrt.20 17
Siehe dazu oben 2. Teil § 10. III. 2. Zur LLP siehe oben 1. Teil § 6. III. 2.; zur Partnerschaft siehe oben 2. Teil § 10. III. 2., 2. Teil § 10. III. 4. a). 19 Section 1 (2) LLPA, die sog. Salomon doctrine, siehe Salomon v Salomon & Co [1897] A.C. 22. 20 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 3. b). 18
320
3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
Die Gesellschafter einer Partnerschaft haften dagegen persönlich als Gesamtschuldner neben der Partnerschaft akzessorisch für alle allgemeinen Gesellschaftsverbindlichkeiten.21 Im Unterschied zur LLP können die Gläubiger der Partnerschaft deswegen ohne weiteres neben dem Gesellschaftsmögen auch das Privatvermögen aller Partner als Haftungsmasse in Anspruch nehmen. Im Vergleich der beiden Organisationsformen bietet die LLP infolgedessen einen umfassenden Schutz der Gesellschafter vor einer Inanspruchnahme wegen allgemeiner Verbindlichkeiten, wohingegen die Gesellschafter einer Partnerschaft uneingeschränkt der Haftung für diese Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgesetzt sind. 2. Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung Das Recht der Partnerschaft lässt gemäß § 8 Abs. 2 PartGG bei fehlerhafter Berufsausübung ausschließlich einen Rückgriff auf den oder die mit der Ausführung der Dienstleistung befassten Partner zu, wohingegen diejenigen Partner, die nicht mit der Ausführung der Dienstleistung befasst waren, von einer Haftung für Pflichtverletzungen der anderen Gesellschafter befreit sind. Auch nach britischem Recht kann in solchen Sachverhalten – zumindest bei dem hier interessierenden Fall einer freiberuflich tätigen Gesellschaft –22 nach den Williams Leitlinien23 ausnahmsweise auf den oder die Gesellschafter der LLP zugegriffen werden, die mit der fehlerhaften Leistung betraut waren, obwohl eine persönliche Haftung der LLP-Gesellschafter aufgrund des körperschaftlichen Status der Gesellschaft grundsätzlich ausgeschlossen ist.24 Grundlage der individuellen Haftung ist in beiden Fällen die Übernahme einer persönlichen Verantwortlichkeit für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung,25 die zumeist auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zu dem handelnden Gesellschafter des Freiberuflerzusammenschlusses beruht. Verantwortlich sind bei der Partnerschaft wie auch bei einer freiberuflichen LLP der- oder diejenigen Gesellschafter, die die Bearbeitung eines Auftrags 21
§ 8 Abs. 1 S. 1 PartGG. Zu den Auswirkungen freiberuflicher Tätigkeit auf die Haftungsverfassung der LLP siehe oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc). 23 Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830. 24 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc) (1)–(2). 25 Zur Partnerschaft: „Die Haftung für derartige Ansprüche soll aber nur auf solche Partner beschränkt werden, [. . .] die berufliche Verantwortung für das Vertragsverhältnis übernehmen, [. . .]“, BT-Drucks. 12/6152, S. 17; vgl. auch BT-Drucks. 13/9820, S. 21. Zur LLP: „[. . .], recent case law suggests that in deciding whether such a member was potentially liable, the courts would have regard to various factors including whether the member of the LLP assumed personal responsibility [. . .]“, Explanatory Notes zum LLPA, Ziff. 16. 22
§ 11 Wesentliche Strukturmerkmale
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entweder selbst übernommen oder selbst überwacht haben oder aber hätten übernehmen oder überwachen müssen, weil sie persönlich für die Ausführung der Dienstleistung zuständig waren.26 Bei Differenzen über die Zuständigkeit wird sowohl bei der LLP als auch bei der Partnerschaft der internen Aufgabenverteilung in der jeweiligen Gesellschaft besondere Bedeutung für die Verantwortungsübernahme zukommen.27 Soweit eine derartige Zuständigkeitszuweisung nicht vorgenommen wurde, kann es zumindest in Gesellschaften, bei denen mehrere Bearbeiter in Teamarbeit die Dienstleistung erbringen, schwierig sein, den oder die Verantwortlichen zu bestimmen. Etwas anderes wird allerdings gelten wenn die Verantwortung bereits aus den verschiedenen Ebenen der Seniorität folgt. Zweifelsfragen im Hinblick auf die Begründung einer persönlichen Haftung entstehen bei Partnerschaft und LLP hinsichtlich der Auswirkung gegenseitiger Kontrolle der Gesellschafter bei der Mandatsbearbeitung.28 Richtigerweise wird man in beiden Fällen davon ausgehen müssen, dass solche internen konsiliarischen Kontakte keine persönliche Verantwortung des um Rat gebetenen Gesellschafters begründen, es sei denn, dieser ist gegenüber dem Mandanten besonders herausragend in Erscheinung getreten, so dass er als eigentlich das Mandat bearbeitender Gesellschafter anzusehen ist. Aus einer Zusammenschau dieser Erwägungen zur Haftung der Gesellschafter von LLP und Partnerschaft in Fällen fehlerhafter Berufsausübung folgt, dass dem deutschen und dem britischen Ansatz übereinstimmende Kriterien und parallele Wertungen zugrunde liegen. Dennoch existiert ein ganz wesentlicher konzeptioneller Unterschied zwischen der Rechtslage bei der Partnerschaft und der LLP: Die gesamtschuldnerische akzessorische Haftung der Gesellschafter der Partnerschaft gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 PartGG ist auch bei einer Haftung wegen fehlerhafter Berufsausübung der Regelfall, der nur dann eingeschränkt wird, wenn die Verantwortung eines oder mehrerer Partner nach § 8 Abs. 2 PartGG von den jeweils nicht verantwortlichen Gesellschaftern positiv nachgewiesen werden kann. Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, so kommt das Haftungsprivileg nicht zur Anwendung. Vielmehr bleibt es dann bei dem Regelfall der Haftung aller Gesellschafter neben der Partnerschaft. Bei der LLP stellt dagegen die persönliche Haftung eines Gesellschafters für pflichtwidriges Verhalten nach den Williams Grundsätzen die Ausnahme gegen26 Vgl. zur LLP 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc)–ee); zur Partnerschaft 2. Teil § 10. III. 4. c) aa) (2)–(3). 27 Vgl. zur LLP 1. Teil § 6. IV. 2. a) dd) (2); zur Partnerschaft 2. Teil § 10. III. 4. c) aa) (2). 28 Vgl. zur LLP 1. Teil § 6. IV. 2. a) ee); zur Partnerschaft 2. Teil § 10. III. 4. c) aa) (3).
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3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
über dem Regelfall der Beschränkung der Haftung auf die Gesellschaft dar.29 Eine persönliche Haftung eines Gesellschafters kommt somit nur in Betracht, wenn der Geschädigte eine besondere Verantwortungsübernahme durch diesen Gesellschafter darlegen kann. Auch wenn es wahrscheinlich ist, dass die Rechtsprechung für freiberufliche Tätigkeit anders als im Falle gewerblicher Tätigkeit regelmäßig zur Bejahung einer Verantwortungsübernahme durch den mit der Dienstleistung befassten Gesellschafter tendieren wird,30 haftet ausschließlich die LLP, wenn nicht geklärt werden kann, welcher Gesellschafter im Einzelnen für die Erbringung der Dienstleistung zuständig war. Anders als bei der Partnerschaft kommt eine fehlende Möglichkeit der Aufklärung des Sachverhalts somit bei einer LLP den Gesellschaftern und nicht dem Geschädigten zugute. Ist ein Nachweis der persönlichen Verantwortung nicht möglich, so bietet die LLP ihren Gesellschaftern folglich einen größeren Schutz vor einer persönlichen Inanspruchnahme, weil dann – im Gegensatz zur Partnerschaft – nur die Gesellschaft haftet. Zumindest bei den großen Freiberuflergesellschaften wird sich der konzeptionelle Unterschied im Hinblick auf Regel und Ausnahme des Haftungsprivilegs jedoch in der Praxis nicht erheblich auswirken. Bei diesen Unternehmen wird nämlich regelmäßig hinsichtlich der Mandatsbearbeitung intern eine vollständige Zuständigkeitsverteilung vorgenommen, die die Verantwortlichkeit der Gesellschafter umfassend – auch im Falle der Nichtbearbeitung oder Delegation eines Mandats – festlegt. Ist eine solche interne Zuständigkeitsverteilung erfolgt, so nähert sich der Schutz vor einer persönlichen Inanspruchnahme wegen fehlerhafter Berufsausübung bei einer freiberuflichen LLP und einer Partnerschaft trotz der unterschiedlichen Konzeption des jeweils geltenden Haftungsprivilegs zumindest an.
VII. Die Gläubigerschutzmechanismen der Gesellschaften Grundlegend unterschiedlich ausgestaltet sind LLP und Partnerschaft im Hinblick auf die jeweils bestehenden Gläubigerschutzmechanismen. Da der Gläubigerschutz gewissermaßen das Korrelat zur persönlichen Haftung der Gesellschafter bzw. den jeweils bestehenden Haftungsprivilegien darstellt, ist ebenfalls zwischen dem Gläubigerschutz bezüglich der allgemeinen Verbindlichkeiten und dem Gläubigerschutz bezüglich der Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung zu differenzieren.
29 Vgl. Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835A–C per Lord Steyn. 30 Vgl. Griffiths (1998) C.F.I.L.R. 2, 157, 169; Freemdan/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 485; vgl. Gower/Davies, S. 168 Fn. 97.
§ 11 Wesentliche Strukturmerkmale
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1. Gläubigerschutz bei allgemeinen Verbindlichkeiten Im Hinblick auf die allgemeinen Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die nicht aus einer fehlerhaften Berufsausübung der Partner resultieren, werden die Gläubiger der Partnerschaft allein dadurch geschützt, dass sie nach § 8 Abs. 1 S. 1 PartGG neben dem Vermögen der Gesellschaft auf das Privatvermögen jedes Gesellschafters der Partnerschaft zugreifen können.31 Vorschriften, die durch Kapitalerhaltungsbestimmungen das Gesellschaftsvermögen der Partnerschaft sichern oder die Partnerschaft zur Rechnungslegung und Publizität verpflichten, bzw. eine Insolvenzantragspflicht der Partner etablieren, existieren dagegen nicht. Aber selbst wenn bei der Partnerschaft im Einzelfall mangels bestehender Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften kein der Haftung zugängliches Vermögen gebildet wurde oder dieses bereits aufgebraucht worden ist, wird den Interessen der Gesellschaftsgläubiger dadurch in angemessener Weise Rechnung getragen, dass alle Partner gesamtschuldnerisch für die allgemeinen Verbindlichkeit einzustehen haben. Obwohl bei der LLP ebenfalls keine Regelungen zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung existieren, können die Gläubiger wegen der allgemeinen Verbindlichkeiten der LLP nach der Salomon doctrine neben dem Vermögen der Gesellschaft grundsätzlich nicht auf das persönliche Vermögen der LLP-Gesellschafter zurückgreifen.32 Die Interessen der Gläubiger werden jedoch – anders als bei der Partnerschaft – durch die weitreichenden Bilanzierungs- und Publizitätspflichten der LLP33 sowie die aufgezeigten Gläubigerschutzmechanismen des britischen Insolvenzrechts34 geschützt. Infolge der Anwendung der strengen Publizitäts- und Bilanzierungspflichten des CA 1985 auf die LLP werden wesentliche Informationen hinsichtlich der Vermögens- Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Durch die Kenntnis der Finanzlage der Gesellschaft wird es den freiwilligen Gläubigern ermöglicht, ihre Interessen bei Bedarf durch effektive Vorsorgemaßnahmen zu schützen, indem sie etwa auf der Gewährung von Sicherheiten bestehen.35 Die auf die LLP anwendbaren insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzmechanismen des britischen Kapitalgesellschaftsrechts schaffen zudem ein wirksames System zur Kontrolle und Disziplinierung der Geschäftsleitung des Unternehmens. Im Wesentlichen wird dies erreicht, indem jeder Person, die an der Leitung der LLP beteiligt ist, Verhaltenspflichten auferlegt werden. Bei Verletzung der Verhaltenspflichten führen die einzelnen dargestellten 31 32 33 34 35
Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe
dazu dazu dazu dazu dazu
oben oben oben oben oben
2. 1. 1. 1. 1.
Teil Teil Teil Teil Teil
§ § § § §
10. IV. 6. IV. 3. b). 6. V. 2. 6. V. 1. 6. V. 2. b).
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3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
Verfahren dazu,36 dass das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse durch Beiträge aus dem Privatvermögen der Gesellschafter vergrößert wird, wenn die Gesellschaft insolvent wird.37 Verfahren nach sections 212, 213, 214 und 214A IA 1986 bewirken, dass die Gesellschafter der LLP unter bestimmten Umständen neben der Gesellschaft persönlich in Anspruch genommen werden können, um die Ansprüche der Gläubiger zu decken.38 Nach einer Gesamteinschätzung der einschlägigen Schutzinstrumente führt auch das britische System für die allgemeinen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu einem angemessenen Schutz der Gesellschaftsgläubiger.39 Obgleich das Recht der LLP und das Recht der Partnerschaft grundlegend verschiedene Konzepte verfolgen, um den Schutz der Gläubiger zu gewährleisten, ist die Intensität des Schutzes wegen allgemeiner Verbindlichkeiten zumindest im wirtschaftlichen Ergebnis vergleichbar. 2. Gläubigerschutz bei Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung Den Gläubigern einer freiberuflichen LLP stehen im Hinblick auf Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung – neben einem Rückgriff auf das Vermögen der Gesellschaft und ggfs. auf das Vermögen des verantwortlichen Gesellschafters –40 die gleichen Schutzmechanismen des britischen Kapitalgesellschafts- und Insolvenzrechts zur Verfügung, auf die sie auch im Hinblick auf die allgemeinen Verbindlichkeiten der LLP zurückgreifen können.41 Die Gläubiger einer Partnerschaft sind dagegen im Hinblick auf Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung weniger gut geschützt als im Hinblick auf die allgemeinen Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Ein Rückgriff auf das Privatvermögen aller gesamtschuldnerisch haftenden Partner steht den Gläubigern in Fällen fehlerhafter Berufsausübung – anders als für die allgemeinen Verbindlichkeiten – regelmäßig nicht offen, weil in solchen Sachverhalten gemäß § 8 Abs. 2 PartGG neben der Gesellschaft nur der mit der Berufsausübung befasste Gesellschafter persönlich haftet.42 Da für diese Haftungsprivilegierung der unbeteiligten Gesellschafter keinerlei gesetzlich normierter Ausgleich zu
36
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. b)–e). Eine Ausnahme dazu bilden Verfahren nach section 6 CDDA 1986, die ein Berufsverbot zur Folge haben, siehe dazu oben Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. f). 38 Zu sections 212, 213, 214, 214A IA 1986 siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. b)–e). 39 Für eine Gesamtbewertung der britischen Gläubigerschutzmechanismen siehe oben 1. Teil § 6. V. 3. 40 Dazu eingehend oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc)–ee). 41 Siehe dazu oben 3. Teil § 11. VII. 1. und 1. Teil § 6. V. 1.–3. 42 Siehe dazu oben 2. Teil § 10. III. 4. c) aa). 37
§ 11 Wesentliche Strukturmerkmale
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Gunsten der Gläubiger vorgesehen ist – es existieren keinerlei Kapitalerhaltungsbestimmungen und im Unterschied zum britischem Recht auch keine Bestimmungen zur Rechnungslegung und Publizität oder Insolvenzhaftung –,43 werden die Interessen der Gesellschaftsgläubiger nach dem für die Partnerschaft geltenden Recht bei Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung weniger gut geschützt als die der Gläubiger ihrer britischen Verwandten. Die Unterlegenheit der deutschen Regelung lässt sich folgendermaßen erläutern: Soweit in einer Partnerschaft – wovon bei den großen Freiberuflergesellschaften regelmäßig auszugehen ist – eine umfassende interne Organisation zur Zuweisung der Mandate vorgenommen wird, kommt eine persönliche Haftung der Gesellschafter einer freiberuflichen LLP und einer Partnerschaft für fehlerhafte Berufsausübung im Wesentlichen unter gleichartigen Gesichtspunkten in Betracht.44 Die Gläubiger können unter zumindest ähnlichen Voraussetzungen neben dem Gesellschaftsvermögen nur die für die fehlerhafte Dienstleistung verantwortlichen Gesellschafter beider Gesellschaftsformen in Anspruch nehmen.45 Aufgrund dieser Haftungskonzentration besteht bei der Partnerschaft die Gefahr, dass diejenigen Partner, deren persönliche Haftung für Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung eines anderen Partners nicht in Frage kommt, der Partnerschaft ihr Gesellschaftsvermögen weitestgehend entziehen und die Vermögensgegenstände ihrem Privatvermögen einverleiben.46 Eine größere Ersatzforderung wegen fehlerhafter Berufsausübung ist in solchen Fällen unweigerlich mit der Aussicht verbunden, die Insolvenz des Unternehmens und damit die Uneinbringlichkeit der Forderung des Geschädigten auszulösen, der dann neben der zahlungsunfähigen Partnerschaft nur auf den oder die nach § 8 Abs. 2 PartGG verantwortlichen Gesellschafter zugreifen kann. Ein Vorgehen gegen die verantwortlichen Partner, dürfte indessen bei hohen Schadensersatzansprüchen kaum zur Befriedigung des Anspruchs führen. Die Gefahr eines vorsätzlichen „asset stripping“47 nach dem vorbeschriebenen Muster ist vom britischen Gesetzgeber bei der LLP als besonderes Problem erkannt worden, insbesondere weil deren Erträge und Vermögen, anders als etwa bei einer company, ohne jede Beschränkung an die Gesellschafter verteilt 43 Zur Möglichkeit eines richterrechtlichen Haftungsdurchgriffs in der Partnerschaft siehe oben 2. Teil § 10. IV. 2. 44 Siehe dazu oben 3. Teil § 11. VI. 2. 45 In der Praxis wird ein solcher Rückgriff indessen von den Geschädigten nur in Erwägung gezogen werden, wenn das Vermögen der Gesellschaft unzureichend ist, um den Haftungsschaden zu befriedigen, wenn also die Gesellschaft zahlungsunfähig ist oder durch den betreffenden Anspruch insolvent zu werden droht. 46 Vgl. dazu oben 2. Teil § 10. IV. 1.–2.; vgl. auch Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 7, 26; ders., in: FS Wiedemann, 907, 929 ff. 47 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47.
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3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
werden können.48 Auch hier droht deswegen bei größeren Ersatzforderungen die Gefahr, dass die Gesellschaft aufgrund von Vermögensentnahmen ihrer Mitglieder zahlungsunfähig wird, weshalb die Gläubiger Gefahr laufen, mit ihren Forderungen auszufallen. In Großbritannien ist der Gefahr derartiger gläubigerschädigender Vermögensverschiebungen indessen durch die Einführung des Konzepts der adjustments of withdrawals in section 214A IA 1986 Rechnung getragen worden.49 Danach können Gesellschafter einer LLP für Entnahmen, die sie zwei Jahre vor der Insolvenz der Gesellschaft getätigt haben, persönlich in Anspruch genommen werden.50 Eine gerichtliche Anordnung zur Haftung nach section 214A IA 1986 kann ergehen, wenn der betreffende Gesellschafter nachweislich wusste, dass für die LLP nach der Entnahme keine berechtigte Aussicht auf eine Abwendung des insolvenzbedingten Liquidationsverfahrens (insolvent liquidation) mehr bestand, oder wenn er die Unabwendbarkeit der Insolvenz nach der Entnahme zumindest hätte erkennen müssen. Ziel von section 214A IA 1986 ist es, LLP-Gesellschafter davon abzuhalten, die Gläubiger des Unternehmens zu benachteiligen, indem sie der LLP ihr Vermögen entziehen, sobald das Unternehmen einer finanziellen Krise entgegengeht.51 Die Gesellschafter einer freiberuflichen LLP können daher bei drohenden Haftungsfällen nicht folgenlos der Gesellschaft Vermögen entziehen oder diese notfalls liquidieren. Im Unterschied zur Rechtslage in Großbritannien hat der Gesetzgeber in Deutschland die vorbeschriebene Gefahr gläubigerbenachteiligender Entnahmen bei Einführung der Haftungskonzentration im Jahre 1998 überhaupt nicht erkannt. In der Folge hat erstmals Henssler auf diese Problematik hingewiesen.52 Eine legislative Befassung mit dem Problem eines unzureichenden Gläubigerschutzes bei der Partnerschaft unter den dargestellten Umständen steht freilich noch aus.53
48 „[. . .] there is one particular difference between the position of a company and an LLP, ie the LLP’s ability to distribute profits without let or hindrance – we have made appropriate provision by including a new section 214A [. . .]“, H.C. 59 (1998– 99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 54; ähnlich URN 97/597, Ziff. 3.13 ff.; URN 98/ 874 Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 48. Zur Rechtslage bei der company siehe etwa Höfling, S. 153 ff. 49 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. d). 50 Section 214A (2) (b) IA 1986. 51 Vgl. URN 97/597, Ziff. 3.13; URN 98/874 Ziff. 3.1 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 47 ff.; H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 56 ff.; Freedman/Finch (2002) J.B.L. Sep., 475, 502; Cross; (1999) Jur. Rev. 5, 259, 266. 52 Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 7, 26; ders., in: FS Wiedemann, 907, 929 ff., wo auf die Rechtslage zur US-amerikanischen LLP verwiesen wird.
§ 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft
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3. Fazit Während LLP und Partnerschaft hinsichtlich des Gläubigerschutzes bei allgemeinen Verbindlichkeiten zumindest im wirtschaftlichen Ergebnis gleichwertig sind, besteht bei Verbindlichkeiten wegen fehlerhafter Berufsausübung ein Ungleichgewicht. Anders als in Großbritannien hat sich der deutsche Gesetzgeber der evidenten Gefahr missbräuchlicher Vermögensentnahmen bei drohenden Haftungsfällen wegen pflichtwidriger Mandatsbearbeitung in der Partnerschaft nicht angenommen. Im Hinblick auf die Gewährleistung eines angemessenen Gläubigerschutzes ist die britische LLP folglich der deutschen Partnerschaft in solchen Haftungsfällen überlegen.
VIII. Die steuerrechtliche Behandlung der Gesellschaften In steuerlicher Hinsicht werden LLP und Partnerschaft vergleichbar behandelt. Beide Gesellschaften werden steuerlich wie Personengesellschaften, also wie eine GbR oder eine partnership veranlagt. Während die steuerliche Behandlung der Partnerschaft jedoch nichts Außergewöhnliches darstellt, weil sie letzthin eine Gesamthandsgesellschaft und damit eine Sonderform der GbR ist,54 stellt die Anwendung personengesellschaftlicher Steuerregeln auf die LLP insoweit eine Besonderheit dar, als diese nach section 1 (2) LLPA ein coporate body und damit juristische Person ist.
§ 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft Auf den ersten Blick haben sich der britische und der deutsche Gesetzgeber zur Schaffung einer attraktiven Gesellschaftsform für Freiberufler zweier grundverschiedener Konzepte bedient. Während in Deutschland auf eine rechtsfähige Personengesellschaft als Organisationsform zurückgegriffen wurde, die – wenn auch etwas verspätet – mit einer spezifischen gesetzlichen Haftungsprivilegierung ausgestattet wurde,55 hat man sich in Großbritannien zur Schaffung einer Hybride zwischen Kapital- und Personengesellschaft entschieden, die in ihrer rechtlichen Ausgestaltung eher einer company als einer herkömmlichen partnership ähnelt. Der wohl auf den ersten Blick auffälligste Unterschied des briti53 Zur Lösungsmöglichkeit über die allgemeine Durchgriffslehre siehe oben 2. Teil § 10. IV. 2.; siehe auch Henssler, in: Henssler/Prütting, § 8 PartGG, Rdn. 26; ders., in: FS Wiedemann, 907, 932 f. 54 BT-Drucks. 12/6152, S. 9; Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 7; Henssler, in: Henssler/Prütting, Einl. PartGG, Rdn. 4. 55 § 8 Abs. 2 PartGG.
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3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
schen und des deutschen Konzepts besteht zweifelsohne darin, dass die LLP anders als die Partnerschaft, für die dies nur in dem ersten Gesetzesentwurf von 1971 vorgesehen war,56 als corporate body eine eigenständige Rechtspersönlichkeit besitzt.57 Trotz dieser augenscheinlich grundlegend divergierenden Ansätze sind beide Rechtsformen in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung in weiten Teilen zumindest im Ergebnis bzw. in den wirtschaftlichen Konsequenzen gleichartig. Diese Übereinstimmung folgt zu einem gewissen Teil daraus, dass sich die LLP als Hybride in einigen Bereichen ganz eindeutig der Konzeption einer Personengesellschaft bedient. Als solche vom britischen Personengesellschaftsrecht beeinflusste Regelungsbereiche der LLP sind insbesondere die Ausgestaltung der inneren Organisation58 und die steuerliche Behandlung der LLP59 zu nennen. Die Unterschiede zur Partnerschaft sind in diesen Bereichen marginal.60 Aber auch hinsichtlich anderer Strukturmerkmale der LLP, die eher dem britischen Kapitalgesellschaftsrecht entlehnt sind, bestehen Gemeinsamkeiten mit der Partnerschaft. Nicht nur die Entstehung der beiden Gesellschaften durch den Registrierungsprozess weist Übereinstimmungen auf.61 Die Rechtsbeziehungen der Organisationsformen zu Dritten sind aufgrund der Rechtsfähigkeit der Partnerschaft ebenso vergleichbar.62 Gleichermaßen liegen dem deutschen und dem britischen Ansatz zur Haftung der Gesellschafter in Fällen fehlerhafter Berufsausübung übereinstimmende Kriterien und parallele Wertungen zugrunde.63 Zumindest ähnlich sind auch die den beiden Gesellschaften zugrunde liegenden Gesetze strukturiert, weil beide sich weitreichender Verweise auf bestehendes Recht bedienen.64 Weitreichende Denkanstöße für das Recht der Partnerschaft können sich aus diesen parallel ausgestalteten Bereichen naturgemäß nicht ergeben. Ungeachtet dieser Übereinstimmungen existieren zwischen beiden Organisationsformen jedoch im Hinblick auf einzelne zentrale Aspekte bedeutende Unterschiede, die sehr wohl Erkenntnisse für ein Überdenken des Partnerschaftsrechts liefern können. 56
Siehe § 1 des Gesetzesvorschlags von 1971, BT-Drucks. 6/2047. Section 1 (2) LLPA. 58 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. II. 59 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. VI. 60 Siehe dazu oben 3. Teil § 11. IV. (zum Innenverhältnis) und 3. Teil § 11. VIII. (zur Besteuerung). 61 Siehe dazu oben 3. Teil § 11. III. 62 Siehe dazu oben 3. Teil § 11. V. 63 Siehe dazu oben 3. Teil § 11. VI. 2. 64 Siehe dazu oben 3. Teil § 11. II. 57
§ 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft
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Im Hinblick auf eine mögliche Revision der Partnerschaft soll das Grundkonzept dieser Gesellschaft als rechtsfähige Personengesellschaft allerdings nicht in Frage gestellt werden. Die Zuerkennung des Status als Körperschaft hätte weitreichende Folgen für nahezu jeden Lebensbereich der Gesellschaft und würde das gegenwärtige Konzept in solcher Weise ändern, dass keine reformierte Partnerschaft, sondern vielmehr eine gänzlich neuartige Organisationsform entstünde. Der Entwurf einer vollkommen neukonzipierten Gesellschaftsform geht jedoch über den hier zu erörternden Reformbedarf der Partnerschaft hinaus. Deshalb ist etwa die Ersetzung der aus dem Status der Partnerschaft folgenden65 akzessorischen Haftung der Partner für die allgemeinen Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch das Trennungsprinzip der juristischen Person nicht Gegenstand der nachfolgenden Erwägungen. Vielmehr konzentriert sich die Betrachtung auf solche Bereiche, die nicht unmittelbar aus dem körperschaftlichen Status der LLP folgen und deshalb unter Beibehaltung des grundlegenden Wesens der Partnerschaft als Gesamthand auf diese übertragen werden können. Einen Anlass zum Überdenken des hierzulande geltenden Rechts der Partnerschaft können insbesondere der unterschiedliche Zugang zu den beiden Gesellschaftsformen und das unterschiedliche Schutzniveau der Gläubiger im Hinblick auf Verbindlichkeiten aus fehlerhafter Berufsausübung liefern.
I. Beschränkung des Zugangs zur Partnerschaft Aus einem Rechtsvergleich der Partnerschaft mit der LLP drängt sich, insbesondere nach der Einführung der Haftungsprivilegierung in § 8 Abs. 2 PartGG im Jahre 1998, die Frage auf, ob für die Beschränkung der Rechtsform der Partnerschaft auf die Freien Berufe ein sachlicher Grund existiert, der das Vorenthalten dieser Organisationsform gegenüber Gewerbetreibenden rechtfertigt. 1. Fehlende Rechtfertigung der Beschränkung Auch in Großbritannien wollte man anfänglich – nicht anders als in Deutschland – den Zugang zur LLP mit ihren spezifischen Vorzügen auf freiberufliche Unternehmen beschränken.
65 In BGHZ 142, 315, 319 hat der BGH klargestellt, dass die akzessorische Haftung der Gesellschafter aus dem allgemeinen Rechtsprinzip des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts folgt, dass derjenige, der alleine oder mit anderen Geschäfte betreibt, auch persönlich mit seinem Vermögen für die entstandenen Verbindlichkeiten einzustehen hat. An diesem Begründungsansatz der akzessorischen Haftung hat der BGH auch in der nachfolgenden Entscheidung BGHZ 146, 341, 358 festgehalten. Kritisch dazu Ulmer, in: MüKo, § 714 BGB, Rdn. 35 ff.
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3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
Gesetzestechnisch war die Begrenzung in den clauses 2 und 3 (1) (a) des ersten Diskussionsvorschlags zum LLPA vorgesehen.66 Infolge entsprechender Vorschriften im Verordnungsrecht sollten nur solche Personen einer LLP angehören können, die von einem „regulatory body“ beaufsichtigt werden.67 Als solche sind insbesondere die standesrechtlichen Organisationen der Freiberufler anerkannt, wie etwa in England und Wales das ICAEW für Wirtschaftsprüfer und die Law Society für Rechtsanwälte. Dieses Konzept ist indessen während der Beratungen zum LLPA massiver Kritik des Select Committee ausgesetzt gewesen.68 Neben den praktischen Problemen der Umsetzung der beabsichtigten Regelung69 bemängelte das Select Committe vor allem, dass kein sachlicher Grund dafür ersichtlich sei, den Zugangs zu der neuen Gesellschaftsform auf Freiberufler zu beschränken.70 Selbst wenn bei Personen, die nicht aufgrund freiberuflicher Tätigkeit durch eine Standesvereinigung reguliert werden, eher die Gefahr bestünde, dass sie die neue Organisationsform missbrauchen, so existiere diese Gefahr auch bei jeder anderen Gesellschaftsform, die Nicht-Freiberuflern zugänglich ist. Dafür, dass die LLP als Gesellschaftsform besonders prädestiniert sei für einen Missbrauch, bestünden keine Anhaltspunkte.71 Aus der ganz allgemein bestehenden Gefahr des Missbrauchs einer Gesellschaftsform könne aber eine Notwendigkeit, die neue Organisationsform auf Freiberufler zu beschränken, nicht gefolgert werden. Auch der ansonsten geradezu inflationär zur Begründung der besonderen Stellung von Freiberuflern herangezogene Ethos freiberuflicher Tätigkeit72 könne keine Sonderbehandlung der Freien Berufe rechtfertigen. Dabei hat das Select Committee insbesondere die Erosion des traditionellen Verständnisses der freiberuflichen Profession und den damit einhergehenden Verlust ihrer besonderen Stellung in den Augen der Öffentlichkeit unterstrichen.73
66
Siehe URN 97/597. Siehe URN 97/597, Ziff. 3.19–3.22. 68 H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 34 ff. 69 Siehe dazu H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 34. 70 „There is no inherent reason to suppose that the vehicle proposed is unsuitable for non-professionals.“, H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 38. 71 „No doubt some LLPs outside the standard professions will get into difficulties and there will no doubt be some rogues who avail themselves of the status: but there is no obvious reason why they would be more likely to do so as LLPs than as partnerships or companies.“, H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 38. 72 Siehe dazu etwa Lord Sharman und Lord MacIntosh of Haringey in den Debatten des House of Lords um die Haftung der LLP-Gesellschafter wegen sorgfaltswidrigen Verhaltens, Hansard, H.L. Vol. 608, cols. 1383 ff., 24. Januar 2000. 73 „The gradual erosion of some of the traditional ethos and practices represented by professionals acting in partnerships, and of the public perception of professions as having an ethical and even vocational significance [. . .]“ H.C. 59 (1998–99), 16. Februar 1999, Ziff. 39. 67
§ 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft
331
Angesichts dieser massiven Kritik an dem ersten Gesetzesvorschlag ist die Regierung schlussendlich auf die Meinung des Select Committee eingeschwenkt,74 so dass in der endgültigen Fassung von section 2 (2) (a) LLPA keine Beschränkung der LLP auf bestimmte Berufs- oder Personengruppen mehr vorgesehen ist. Als Begründung für diesen Schritt hat die Regierung neben den Argumenten des Select Committee75 auch die Schwierigkeit angeführt, eine klare Abgrenzung zwischen freiberuflich tätigen Personen und Nicht-Freiberuflern vorzunehmen.76 Wie in Großbritannien wird auch in Deutschland die Beschränkung des Zugangs zur Partnerschaft auf Freiberufler von namhaften Stimmen der Lehre kritisiert.77 Die Entscheidung für die Sonderbehandlung ist auch hierzulande aus rechtspolitischer Sicht fragwürdig, weil die anfangs zur Gleichstellung mit gewerblichen Unternehmen – in erster Linie mit der oHG –78 geplante Partnerschaft spätestens seit der Einführung der gesetzlichen Haftungsprivilegierung nunmehr zu einer Diskriminierung von gewerblich Tätigen führt, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung ersichtlich wäre.79 Die Differenzierung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Betätigungen und der Ausschluss einer gewerblichen Tätigkeit als Gegenstand einer Partnerschaft erweist sich insbesondere deshalb als fragwürdig, weil in der Praxis die Grenzen zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit, vor allem im Fall von Dienstleistungen, zunehmend schwerer wird bzw. bereits heute nahezu unmöglich ist.80 So agieren viele Beratungsunternehmen etwa im Grenzbereich zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit:81
74 „The Government shares the Committee’s view that there is no good reason to restrict eligibility for LLP status to regulated professions, [. . .]. The LLP vehicle will, therefore, be available to two or more persons carrying on any trade or profession.“, H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 27. 75 Siehe H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 27 ff. 76 „The question here is how one might define ,professional‘ so that one creates a class of individuals who are more reliable than others.“, H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 34. 77 Wiedemann, Band II, S. 88; Schmidt, GesR, S. 1878; ders., HandR, S. 282; Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 928. 78 BT-Drucks. 12/6152, S. 8; vgl. Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 1; Henssler, Einf. PartGG, Rdn. 7; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdn. 49 ff., Lenz, in: M/ W/H/L, § 1 PartGG, Rdn. 5; Castan. S. 52; Seibert, S. 45. 79 Schmidt, GesR, S. 1878; ders., HandR, S. 282; Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 928. Vgl. auch Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 16 f. 80 Vgl. Wiedemann, Band II, S. 88; Schmidt, HandR, S. 282; Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 928. Zur Überholtheit der Differenzierung zwischen Gewerbe und Freiem Beruf Raisch, in: FS Rittner, 471, 471 ff., 481; Neuner, ZHR 157 (1993), 243, 263 f., 288; Treber, AcP 199 (1999), 525, 569 ff. Zu Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen Freiem Beruf und Gewerbe Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 16; Henssler, § 1 PartGG, Rdn. 27 ff.; Römermann/Michalski, § 1 PartGG, Rdn. 30 ff.
332
3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
Wo etwa endet die wissenschaftliche Tätigkeit eines Gutachters, und wo beginnt die gewerbliche Unternehmensberatung, die im Hinblick auf Unternehmensakquisitionen getätigt wird? Wie groß ist der künstlerische Aspekt bei der Tätigkeit von Werbeagenturen, deren Ziel letzthin allein darin besteht, neue Märkte für den Auftraggeber zu erschließen? Sind Zusammenschlüsse von Rechtsanwälten und Steuerberatern, die oftmals wie selbstverständlich auch Immobiliengeschäfte und Kapitalanlagegeschäfte für ihre Mandanten tätigen, wirklich noch freiberuflich oder hat ihre Tätigkeit nicht eher gewerblichen Charakter? Für nahezu jede freiberufliche Tätigkeit lassen sich zahlreiche solcher Fälle finden, bei denen die Grenzen zwischen Freiem Beruf und gewerblicher Dienstleistung fließend sind.82 Die strittige Entscheidung des PartGG, dass Unternehmen, deren Dienstleistungen nicht nach dem herkömmlichen Verständnis als freiberuflich zu qualifizieren sind, der Zugang zur Haftungskonzentration des § 8 Abs. 2 PartGG verwehrt ist, erscheint infolgedessen nicht mehr sachgerecht. Zudem lassen verfassungsrechtliche Erwägungen die Sonderbehandlung von Freiberuflern durch das PartGG als bedenklich erscheinen.83 Weil der Begriff der freiberuflichen Tätigkeit zunehmend an Schärfe verloren hat, kann er nicht mehr sicher gewährleisten, dass unter den Kategorien „Freiberufler“ und „Gewerbetreibender“ tatsächlich wesensmäßig verschiedene Sachverhalte erfasst werden. Darüber vermag auch die gesetzliche Typisierung des Freien Berufs in § 1 Abs. 3 PartGG nicht hinwegzutäuschen. Vergleichbare Sachverhalte dürfen aber nach Art. 3 Abs. 1 GG vom Gesetzgeber nur dann unterschiedlich behandelt werden, wenn die Differenzierung an einen sachlichen Grund anknüpfen kann.84 Eine derartige sachliche Rechtfertigung ist für die Privilegierung der Freien Berufe gegenüber anderen Dienstleistern nicht klar erkennbar.85 Somit kann das Merkmal der Freiberuflichkeit kein geeignetes Abgrenzungskriterium für die gesetzliche Gewährung eines Haftungsvorteils beim Zusammenschluss mehrerer Personen zwecks gemeinsamer Tätigkeit sein.
81 Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 928; vgl. auch Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 16 f.; Treber, AcP 199 (1999), 525, 569 ff.; Schmidt, ZIP 1997, 909, 911. 82 Vgl. Raisch, in: FS Rittner, 471, 471 f., 481; Treber, AcP 199 (1999), 525, 570; weitere Fallgestaltungen, in denen eine Sonderstellung von Freiberuflern nicht zu begründen ist, finden sich bei Schmidt, ZIP 1997, 909, 911. 83 So auch Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 928. 84 Dazu Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 3 GG, Rdn. 14 ff.; Heun, in: Dreier, Art. 3 GG, Rdn. 25 ff.; Paehlke-Gaertner, in: Umbach/Clemens, Art. 3 GG Rdn. 55 ff.; Osterloh, in: Sachs, Art. 3 GG, Rdn. 13 ff. 85 Vgl. Schmidt, GesR, S. 1878; ders., HandR, S. 282; Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 928; vgl. auch Raisch, in: FS Rittner, 471, 471 f., 481; Treber, AcP 199 (1999), 525, 570.
§ 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft
333
2. Aufhebung des Sonderprivilegs Aus rechtsvergleichender Sicht erscheint die gegenwärtig bestehende Beschränkung des Zugangs zu dem Haftungsprivileg der Partnerschaft unsachgemäß. Aber auch aufgrund rechtspolitischer und verfassungsrechtlicher Überlegungen besteht die dringende Notwendigkeit, die Haftungserleichterung in § 8 Abs. 2 PartGG auch für gewerblich tätige Gesellschaften zugänglich zu machen. Demzufolge sollte entweder die Partnerschaft nach dem Vorbild des britischen Rechts als Organisationsform auch für Gewerbetreibende geöffnet werden, oder es sollte im Recht der oHG als gewerblicher Schwestergesellschaft der Partnerschaft eine Haftungsbeschränkung geschaffen werden, die dem partnerschaftlichen Privileg ebenbürtig ist.86
II. Ausweitung des Gläubigerschutzes Die Haftungsprivilegierung im Recht der Partnerschaft führt dazu, dass sich Dritte, die aufgrund fehlerhafter Mandatsbearbeitung eines Partners einen Schaden erlitten haben, und solche Personen, die aufgrund fehlerhafter Berufsausübung eines Gesellschafters einer freiberuflichen LLP einen Vermögensschaden erlitten haben, hinsichtlich ihrer Regressmöglichkeiten weitgehend in einer vergleichbaren Situation befinden.87 In beiden Fällen kann der Anspruchberechtigte als Haftungsmasse auf das Gesellschaftsvermögen und daneben auf den oder die verantwortlichen Gesellschafter der entsprechenden Organisationsform zugreifen. Ein Rückgriff auf die anderen Gesellschafter scheidet dagegen aus. 1. Notwendigkeit der Stärkung des Gläubigerschutzes bei der Partnerschaft Der mit der vorbeschriebenen Situation verbundenen Gefahr, dass diejenigen Partner, die nicht persönlich haften, der Gesellschaft umfassend ihr Gesellschaftsvermögen entziehen, sobald ein umfangreicher Haftungsfall droht,88 wird allerdings nur in Großbritannien durch section 214A IA 1986 Rechnung getragen. Aus rechtsvergleichender Sicht ist der Verzicht auf jegliche gesetzliche Gläubigerschutzmaßnahmen bei der Partnerschaft unbefriedigend. Sollte es in einem größeren Haftungsfall zu den vorbeschriebenen Vermögensverschiebungen kommen, die mit Gewissheit die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nach sich ziehen, so besteht die Gefahr, dass die Geschädigten mit ihren Schadensersatz86 87 88
So auch Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 927 f. Vgl. dazu oben 3. Teil § 11. VI. 2. Vgl. dazu oben 3. Teil § 11. VII. 2.
334
3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
forderungen ausfallen:89 Die Forderungen der Gläubiger gegen die insolvente Gesellschaft sind in einem solchen Fall wertlos und das Vermögen des verantwortlichen Partners wird regelmäßig nicht ausreichen, um alle Forderungen aus einem umfangreichen Haftungsfall zu befriedigen. Um den berechtigten Interessen der Gläubiger einer Partnerschaft angemessen Rechnung zu tragen, und der Gefahr gläubigerbenachteiligender Vermögensentnahmen bei sich abzeichnenden Ansprüchen wegen fehlerhafter Berufsausübung gesetzlich vorzubeugen, spricht die parallele Interessenlage bei LLP und Partnerschaft dafür, zusätzliche Gläubigerschutzmaßnahmen zur Rückgängigmachung solcher Entnahmen im Recht der Partnerschaft einzuführen.90 Auch ein Vergleich mit anderen nationalen Regelungen legt die Stärkung des Gläubigerschutzes bei der Partnerschaft für solche Fälle nahe. Obgleich die Haftungskonzentration aus § 8 Abs. 2 PartGG die akzessorische gesamtschuldnerische Haftung aller Gesellschafter einschränkt, welche gerade den Grund dafür liefert, dass im deutschen Personengesellschaftsrecht auf einen zusätzlichen Gläubigerschutz verzichtet wird,91 geht die Beschränkung mit keiner besonderen gesetzlichen Schutzmaßnahme einher. Dies steht im Widerspruch zu einer anderen im deutschen Recht bestehenden Möglichkeit, durch die einem Teil der Gesellschafter einer Personengesellschaft eine gesetzliche Haftungsprivilegierung zugute kommt. Im Recht der KG ist es, vergleichbar mit der limited partnership britischen Rechts,92 für die Haftungsbeschränkung zu Gunsten der Kommanditisten gemäß § 171 Abs. 1 HS. 2 HGB zumindest erforderlich, dass die betreffenden Gesellschafter als Ausgleich für das gewährte Haftungsprivileg eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen leisten. Die mit der Einzahlung der Kommanditeinlage verbundene Haftungsbeschränkung entfällt jedoch gemäß § 172 Abs. 4 HGB wieder, soweit die Kommanditeinlage an den jeweiligen Gesellschafter zurückgewährt wird. Ein vergleichbarer Preis muss von den Gesellschaftern einer Partnerschaft für die gesetzliche Haftungskonzentration dagegen nicht gezahlt werden. Die Haftungsprivilegierung in § 8 Abs. 2 PartGG geht deswegen in den vorbeschriebenen Fällen auf Kosten der Gläubiger der Partnerschaft.
89
Siehe dazu oben 2. Teil § 10. IV. 1.–2., 3. Teil § 11. VII. 2. Zur Lösung des Problems über die allgemeine Durchgriffslehre siehe oben 2. Teil § 10. IV. 2. 91 Vgl. Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, § 13 InsO, Rdn. 32; Noack, in: Kübler/Prütting, Sonderbd. 1 InsO, Rdn. 446; Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 931. 92 Zur limited partnership oben 1. Teil § 3. I. 1. b). 90
§ 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft
335
2. Einführung eines spezifischen Anfechtungsrechts in der Insolvenz Die vorstehenden Erwägungen zeigen, dass im Recht der Partnerschaft die Notwendigkeit besteht, die Gläubigerinteressen besser zu schützen. Das britische Recht kann dabei als Vorbild für eine Verbesserung des Gläubigerschutzes dienen. Die bei der Partnerschaft bestehende Schutzlücke sollte geschlossen werden, indem im Falle der Insolvenz der Gesellschaft der zuständige Insolvenzverwalter mit Befugnissen nach dem Vorbild von section 214A IA 1986 ausgestattet wird, um gläubigerbenachteiligende Vermögensentnahmen rückgängig zu machen.93 Dem zuständigen Insolvenzverwalter ist das Recht einzuräumen, Entnahmen, die von den Gesellschaftern einer Partnerschaft innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren vor der Stellung eines Insolvenzantrags getätigt wurden, anzufechten, wenn die Vermögensverschiebung dazu geführt hat, dass der oder die betreffenden Gläubiger ihren Anspruch weder gegen die Gesellschaft noch gegen den oder die verantwortlichen Partner voll befriedigen können. In personaler Hinsicht ist der Anwendungsbereich dieses Anfechtungsrechts auf diejenigen Gesellschafter zu begrenzen, zu deren Gunsten das Haftungsprivileg aus § 8 Abs. 2 PartGG greift. Zweifelhaft ist, ob entsprechend dem Beispiel des britischen Rechts jedwede Vermögensentnahme von dem Anfechtungsrecht erfasst werden soll,94 oder ob bestimmte Entnahmen, wie etwa die üblichen Gewinnausschüttungen oder Gegenleistungen für tatsächlich gegenüber der Gesellschaft erbrachte Dienste, von vornherein dem Anwendungsbereich dieses Rechts zu entziehen sind. Freilich erscheinen Vorgänge wie ordnungsgemäße Gewinnentnahmen oder ordnungsgemäße Vergütungen a priori nicht missbräuchlich; dies spricht eher dafür, derartige Vermögensentnahmen auszuklammern. Ein vollkommener Ausschluss solcher Vorgänge vom Anfechtungsrecht würde aber unweigerlich die Gefahr einer missbräuchlichen Inanspruchnahme dieser Lücke nach sich ziehen. Als direkte Konsequenz entstünde die Gefahr, dass bei Partnerschaften standardmäßig die Zahlung extrem hoher Ausschüttungen vereinbart wird, oder dass Hin- und Herzahlungen unter dem Anschein geleisteter Dienste vorgenommen werden, um ungerechtfertigte Entnahmen zu verschleiern. Als Lösung dieses Problems ist eine Regelung zu empfehlen, die – wie section 214A (2) (a) IA 1986 – jedwede Entnahme als Anfechtungsgegenstand erfasst. Allerdings sollte den betreffenden Partnern als Verteidigungsmittel die Möglichkeit eingeräumt werden, die Ordnungsmäßigkeit der Entnahme darzule-
93 94
Zum britischen Recht siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. d). Siehe section 214 (2) (a) IA 1986.
336
3. Teil: Rechtsvergleichende Analyse
gen. Die Beweislast läge dann bei den privilegierten Gesellschaftern der Partnerschaft. Um sowohl für einen Insolvenzverwalter als auch für die Gesellschafter einer Partnerschaft zu verdeutlichen, welche Vermögensentnahmen in dem relevanten Zeitraum potentiell reversibel sind, wäre es ratsam, die Partnerschaft nach dem Beispiel der britischen LLP entsprechend den §§ 242 ff. HGB der Bilanzierungspflicht zu unterwerfen.95 Für etwaige dem Haftungsprivileg von § 8 Abs. 2 PartGG unterfallende Regressforderungen wären dann gemäß § 249 Abs. 1 HGB Rückstellungen zu bilden. In Zweifelsfällen würde es zudem für die Beteiligten offenkundig, wann sich die Finanzlage des Unternehmens so weit verschlechtert hat, dass Ersatzforderungen wegen fehlerhafter Mandatsbearbeitung bei weiteren Entnahmen aus dem Gesellschaftervermögen nicht mehr befriedigt werden können. Dass die Partnerschaft bis dato von jeglicher kaufmännischen Bilanzierungspflicht freigestellt ist, scheint aufgrund der klar unternehmerischen Ausrichtung dieser Gesellschaftsform96 nicht zwingend. Wie schon im Zusammenhang mit der Haftungsprivilegierung nach § 8 Abs. 2 PartGG erörtert,97 kann die Freiberuflichkeit auch hinsichtlich der Bilanzierungspflicht kein sachgerechtes Abgrenzungskriterium liefern, um die Partnerschaft besser zu stellen als etwa eine gewerblich tätige oHG.98
III. Fazit Die vorgenommene rechtsvergleichende Analyse hat gezeigt, dass das gegenwärtig geltende Recht der Partnerschaft aus dem Blickwinkel der LLP betrachtet zumindest in zwei Punkten reformbedürftig ist. Einerseits ist es aufgrund der zunehmend schwerer zu bestimmenden Grenzen zwischen freiberuflicher Tätigkeit und gewerblicher Dienstleistung angezeigt, das in § 8 Abs. 2 PartGG normierte Haftungsprivileg für freiberufliche Partnerschaften auch gewerblich tätigen Unternehmen zugänglich zu machen, indem entweder die Partnerschaft für jedwede unternehmerische Tätigkeit geöffnet wird oder aber ein vergleichbares Konzept in das Recht der oHG als gewerblicher Schwester der Partnerschaft eingeführt wird.99 Andererseits sollte aus Gründen des Gläubigerschutzes der Insolvenzverwalter einer Partnerschaft mit einem section 214A IA 1986 vergleichbaren Anfech95
So auch Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 933. Dies wird schon in § 1 Abs. 1 S. 1 PartGG offensichtlich, der besagt, dass der Zusammenschluss zur Ausübung des Berufs erfolgt. 97 Siehe dazu oben 3. Teil § 12. I. 1. 98 Vgl. Raisch, in: FS Rittner, 471, 471 ff., 481; Neuner, ZHR 157 (1993), 243, 263 f., 288; Treber, AcP 199 (1999), 525, 569 ff.; Schmidt, ZIP 1997, 908, 911. 99 Dazu oben 3. Teil § 12. I. 96
§ 12 Gesamtbetrachtung und Denkanstöße für die Partnerschaft
337
tungsrecht ausgestattet werden, um in Fällen, in denen das Haftungsprivileg greift, der Gefahr gläubigerschädigender Vermögensverschiebungen der privilegierten Partner entgegenwirken zu können.100 Um im Einzelfall erkennbar zu machen, welche Vermögensverschiebungen unter die neu geschaffene Anfechtungsregelung fallen, sollte die Partnerschaft zudem nach dem Beispiel der britischen LLP einer Bilanzierungspflicht entsprechend den §§ 242 ff. HGB unterworfen werden.101
100 101
Dazu oben 3. Teil 12. II. Dazu oben 3. Teil 12. II.
Vierter Teil
Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland Mit seiner jüngeren Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV in den Entscheidungen Centros,1 Überseering2 und Inspire Art3 hat der EuGH unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass Unternehmen, die in anderen Mitgliedsstaaten der EU wirksam gegründet worden sind, in allen anderen Staaten der Gemeinschaft als Gesellschaften ausländischen Rechts in der jeweiligen Rechtsform anzuerkennen sind.4 Nach den Ausführungen des Gerichts gilt dies auch für sog. „Briefkastengesellschaften“, die in dem Mitgliedsstaat, in dem sie gegründet und registriert worden sind, keinerlei Geschäftstätigkeit entfalten, sondern ihre Aktivitäten allein auf einen anderen oder mehrere andere Staaten der EU beschränken.5 Voraussetzung für die Anerkennung der jeweiligen Gesellschaft ist freilich, dass die Rechtsordnung des Gründungsstaates einen vom satzungsmäßigen Sitz abweichenden Verwaltungssitz zulässt. Mit dem Satzungssitz wir dabei der in den Gründungsurkunden festgelegte Standort der Gesellschaft bezeichnet, an dem diese, soweit dies nach dem geltenden Recht erforderlich ist, registriert ist. Der Verwaltungssitz befindet sich dagegen an dem Ort, an dem die Willensbildung der Gesellschaft tatsächlich vorgenommen wird, von dem aus das Unternehmen – mit anderen Worten – verwaltet wird.6 1
EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459. EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919. 3 EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155. 4 EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 19 f.; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 59; vgl. EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 100. Dadurch wird das Prinzip der Gegenseitigen Anerkennung, welches der EuGH zunächst in der Entscheidung Cassis de Dijon für die Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 EGV anerkannt und in der Folge sukzessive auf die übrigen Grundfreiheiten übertragen hat, auch auf die Niederlassungsfreiheit angewendet; siehe EuGH, Cassis de Dijon, Rs. 120/78, Slg. 1979, 649, Rdn. 14. 5 Vgl. schon EuGH, Segers, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rdn. 16; vgl. auch EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 26–30; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 59, 76, 80, 81; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/ 01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 138 f. 6 Wiedemann, Band I, S. 783; dazu und zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Bestimmung des relevanten Verwaltungssitzes Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 316 ff. 2
§ 13 EuGH-Rechtsprechung und Zuzug ausländischer Gesellschaften
339
Da die in Großbritannien herrschende Gründungstheorie einen vom Satzungssitz abweichenden Verwaltungssitz gestattet, profitieren alle Gesellschaftsformen britischen Rechts von der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit. Auch eine in Großbritannien inkorporierte LLP kann demzufolge in allen anderen Staaten der Gemeinschaft als solche auftreten und tätig werden. Für deutsche Unternehmen besteht infolgedessen die Möglichkeit, ihre Gesellschaft in der Rechtsform der LLP mit Satzungssitz in Großbritannien zu gründen, den tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft in Deutschland anzusiedeln, und als „Briefkasten-LLP“ britischen Rechts ausschließlich in Deutschland tätig zu werden.7 Angesichts der Tatsache, dass die neue Gesellschaftsform britischen Rechts primär für Feiberuflergesellschaften konzipiert wurde,8 stellt sich in der Praxis vor allem für Freiberufler bzw. Freiberuflerzusammenschlüsse die Frage, welche Konsequenzen die Nutzung der britischen Gesellschaftsform in Deutschland in Gestalt einer „Briefkasten-LLP“ hat. Dieser Frage soll im vierten Teil der Arbeit nachgegangen werden.
§ 13 Die Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung für den Zuzug ausländischer Gesellschaften Bevor auf einzelne Aspekte eingegangen wird, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit einer freiberuflichen „Briefkasten-LLP“ in Deutschland von besonderem Interesse sein dürften, ist die generelle Bedeutung der jüngeren Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit für den Zuzug von Gesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten nach Deutschland darzulegen.
I. Allgemeines Verlegt eine Gesellschaft, welche in einem Mitgliedsstaat der Gemeinschaft gegründet wurde, deren Rechtsordnung ein Abweichen des Verwaltungssitzes vom Satzungssitz zulässt, ihren Verwaltungssitz nach Deutschland, so stellt sich unweigerlich die Frage, welches Recht auf die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft in einem solchen Zuzugsfall Anwendung findet. Die Antwort darauf liefert prinzipiell das nationale Kollisionsrecht. Dabei stehen sich grundsätzlich zwei gegensätzliche Theorien,9 die Gründungs- und die Sitztheorie, gegen7 Bereits in seinem Urteil in der Rechtssache Centros hat der EuGH klargestellt, dass eine solche Nutzung der Niederlassungsfreiheit – in diesem Fall die Gründung einer Zweigniederlassung – nicht als Missbrauch der Grundfreiheit verstanden werden kann, der die Ergreifung geeigneter Gegenmaßnahmen durch den Zuzugsstaat erlaubt, siehe EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 26–30. Siehe ebenso EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 138 f.; vgl. auch EuGH, Segers, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rdn. 16 und unten 4. Teil § 13. II. 5. b). 8 Siehe dazu oben 1. Teil § 4. III.–IV.
340
4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
über,10 die darüber streiten, welche Rechtsordnung für das Gesellschaftsstatut des betreffenden Unternehmens maßgebend ist. Unter dem Gesellschaftsstatut ist insoweit – jedenfalls nach deutschem Rechtsverständnis – die Summe aller gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten zu verstehen, die für das Leben einer Gesellschaft maßgebend sind.11 Mit anderen Worten umfasst das Gesellschaftsstatut alle genuin gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse des Unternehmens.12 1. Die Gründungstheorie Nach der Gründungstheorie ist für das Gesellschaftsstatut eines Unternehmens diejenige Rechtsordnung entscheidend, nach der die Gesellschaft errichtet wurde, also das Recht des Gründungs- und Registerortes des Gesellschaft.13 Für eine im Ausland gegründete Gesellschaft, deren Verwaltungssitz durch die Konzentration ihrer Geschäftstätigkeit auf die Bundesrepublik nach Deutschland verlegt wird, ist demzufolge gemäß der Gründungstheorie für ihre gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten das geltende Gesellschaftsrecht des Gründungsstaates und nicht etwa deutsches Recht maßgebend. 2. Die Sitztheorie Im Unterschied zur Gründungstheorie ist nach der in Deutschland lange Zeit herrschenden14 Sitztheorie der tatsächliche Ort der Willensbildung als Verwaltungssitz für das Gesellschaftsstatut des betreffenden Unternehmens ausschlaggebend.15 Für die gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten einer im Ausland gegründeten Gesellschaft, die ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt,
9 Eine Aufstellung, welches ausländische Gesellschaftsrecht der Sitz- oder der Gründungstheorie folgt, findet sich bei Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 381 f. 10 Zu zwischen beiden Gegenpositionen vermittelnden Lehren Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 287–311; Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 34–37; Zimmer, S. 213 ff. 11 Vgl. Wiedemann, Band I, S. 777; v. Halen, S. 27; Herdegen, S. 215, v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 498. 12 Vgl. BGHZ 25, 134, 144; Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 16, 249; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 412; Wiedemann, Band I, S. 812; Herdegen, S. 215; Kegel/Schurig, S. 577; v. Halen, S. 27; v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 498. 13 Wiedemann, Band I, S. 783; Herdegen, S. 216; Zimmer, S. 28; v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 498. Eingehend zur Gründungstheorie Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 265–286; v. Halen, S. 32 ff. 14 RGZ 77, 19, 22; RGZ 83, 367, 369 f.; RGZ 92, 73, 75; RGZ 159, 33, 42; BGHZ 25, 134, 144, BGHZ 51, 27, 28; BGHZ 53, 181, 183; BGHZ 78, 318, 334; BGHZ 97, 269, 272; BGHZ 134, 116, 118; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 264; Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 28.
§ 13 EuGH-Rechtsprechung und Zuzug ausländischer Gesellschaften
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ist somit laut der Sitztheorie nicht mehr das Recht des Gründungsstaates, sondern allein das deutsche Gesellschaftsrecht maßgebend. Die Verlegung des Verwaltungssitzes führt demgemäß nach der Sitztheorie zu einem Wechsel des Gesellschaftsstatuts.
II. Die Europäische Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit Den zur Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften ergangenen Urteilen des EuGH lässt sich keine ausdrückliche Aussage dazu entnehmen, ob einer der beiden Theorien generell der Vorzug zu geben ist, für den Fall, dass eine Gesellschaft ihren Sitz von einem Mitgliedsstaat, in dem die Gründungstheorie gilt, in einen anderen Mitgliedsstaat verlegt, in dem die Sitztheorie herrschend ist.16 Dennoch bringt das Gericht seine Ansicht zu dieser Frage gewissermaßen zwischen den Zeilen zum Ausdruck, indem es in seinen Entscheidungen einer aus verschiedenen anderen Bereichen bekannten und bewährten Rechtsprechungspraxis folgt.17 Dabei macht es für die Rechtsprechung des EuGH keinen Unterschied, ob die Gesellschaft entweder mit Satzungssitz im Ausland gegründet worden ist und der Verwaltungssitz nach der Gründung in den anderen Staat verlegt wurde, oder ob sich der Verwaltungssitz der Gesellschaft von Anfang an in dem Staat befunden hat, auf den sich letzthin die Geschäftstätigkeit konzentriert, und der Satzungssitz der Gesellschaft durch Neugründung als Organisationsform ausländischen Rechts im Ausland angesiedelt wurde.18 Beide Fälle werden als Zuzug 15 BGHZ 97, 269, 272; Wiedemann, Band I, S. 783; Herdegen, S. 216 f.; Zimmer, S. 28; v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 498. Eingehend zur Sitztheorie Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 312–377; v. Halen, S. 29 ff. 16 So auch Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9 f.; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 681. 17 Auf ähnliche indirekte Weise bringt das Gericht seine Einschätzung zu den von den Mitgliedsstaaten getroffenen nationalen Regelungen etwa im Bereich der Sozialversicherung bzw. des Gesundheitswesens zum Ausdruck: EuGH, Decker, Rs. C-120/ 95, Slg. 1998, I-1831, Rdn. 21 ff.; Kohll, Rs. C-158/96, Slg. 1998, I-1931, Rdn. 17 ff.; EuGH, Terhoeve, Rs. C-18/95, Slg. 1999, I-345, Rdn. 34; diesen folgend: EuGH, Vanbraekel, Rs. C-368/98, Slg. 2001, I-5363 Rdn. 42, 49; EuGH, GeraetsSmits, Peerbooms, Rs. C-157/99, Slg. 2001, I-5473, Rdn. 51, 54; EuGH, MüllerFauré, Rs. C-385/99, Slg. 2003, I-4509, Rdn. 39; ähnlich Ausführungen finden sich auch im Bereich des Eigentumsrechts: EuGH, Konle, Rs. C-302/97, Slg. 1999, I-3099, Rdn. 38 ff.; dem folgend EuGH, Kommission/Belgien, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809, Rdn. 44; EuGH, Kommission/Frankreich, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781, Rdn. 44; EuGH, Kommission/Portugal, Rs. C-367/98, Slg. 2002, I-4741, Rdn. 48; EuGH, Kommission/Spanien, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581, Rdn. 67. 18 So auch BayObLG, NZG 2003, 290, 290 f.; Götz, DK 2004, 449, 449; vgl. Winter (2004) L.I.E.I 31 (2), 97, 103; a. A. Rehberg, ELF 2004, 1, 4, 6, der zwischen diesen beiden Konstellationen differenziert und nur den ersten Fall als von der EuGH-
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
einer ausländischen Gesellschaft behandelt,19 die dann gemeinhin als „Briefkastengesellschaft“ bezeichnet wird. 1. Überlagerung des nationalen Rechts durch die Niederlassungsfreiheit Die Kompetenz der Mitgliedsstaaten, die betreffenden Materie, hier das internationale Gesellschaftsrecht, eigenständig zu regeln, wird vom EuGH nicht in Frage gestellt.20 Da in diesem Bereich keine sekundärrechtliche Harmonisierung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene erfolgt ist und der EGV ebenso wenig die gemeinschaftsrechtliche Vereinheitlichung des Kollisionsrechts zum Inhalt hat, bleibt Kollisionsrecht in Europa nationales Recht.21 Der EuGH vermeidet deswegen in seinen Entscheidungsbegründungen behutsam jedwede generelle Aussage über die allgemeine Vereinbarkeit der anwendbaren Kollisionsregeln mit EU-Recht. Die zur Niederlassungsfreiheit ergangenen Entscheidungen haben mit anderen Worten keinen spezifisch kollisionsrechtlichen Inhalt.22 Da aber auch in Bereichen wie dem Kollisionsrecht, deren Regelung originär den Mitgliedsstaaten obliegt, die Bindung an höherrangiges Gemeinschaftsrecht zu beachten ist, überprüft der EuGH, ob die Auswirkungen der angewendeten Kollisionsregeln im Einzelfall mit der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV vereinbar sind.23 Nicht anders als die übrigen europäischen Rechtsprechung begünstigt ansieht. Den zweiten Fall wertet er dagegen unzutreffend als Missbrauch der Niederlassungsfreiheit. 19 Zum Wegzug von Gesellschaften siehe EuGH, Daily Mail, Rs. 81/87, Slg. 1988, 5483; jüngst hierzu EuGH, SEVIC Systems, Rs. C-411/03 und die Schlussanträge von Generalanwalt Tizzano (noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, abrufbar unter http://curia.eu.int); dazu Geyrhalter/Weber, ZIP 2005, 837, 837 f.; Drygala, ZIP 2005, 1995–2000; eingehend Roth, in: FS Heldrich, 973, 973 ff. 20 Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Colomer, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 39, 44. Der EuGH bezweifelt in seinen Urteilen in keiner Weise die Ausführungen der Mitgliedsstaaten zum Bestehen ihrer nationalen Kompetenz (zu finden in EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 26 und EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 83) siehe EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 52 ff.; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 102 ff. Siehe auch Lipstein, in: FS Jayme, 527, 529; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 681; Drygala, ZEuP 2004, 337, 346. 21 Vgl. Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9 f.; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 681, 683; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 166. 22 So auch Martin-Ehlers, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 1, 13 ff.; Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 36; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9 f.; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1084; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 681, 683; vgl. Mock/Westhoff, DZWir 2004, 23, 26; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 696; Bitter, WM 2004, 2190, 2192.
§ 13 EuGH-Rechtsprechung und Zuzug ausländischer Gesellschaften
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Grundfreiheiten bildet die Niederlassungsfreiheit als Beschränkungsverbot in ihrem Anwendungsbereich für nationale Regelungen, welche die Ausübung der gewährten Freiheit behindern oder weniger attraktiv machen,24 eine gemeinschaftsrechtliche Schranke. Zu den nationalen Regelungen, deren Geltung durch das Beschränkungsverbot der Niederlassungsfreiheit ausgeschlossen werden kann, können freilich auch die Bestimmungen des deutschen Kollisionsrechts gehören.25 2. Faktische Absage an die Sitztheorie Beim Zuzug ausländischer Gesellschaften aus Ländern, in denen die Gründungstheorie gilt, in ein Land, in dem die Sitztheorie gilt, hat die Anwendung der Sitztheorie zur Folge, dass sich der Status der betreffenden Gesellschaft hinsichtlich ihrer Rechtsstellung, ihrer rechtlichen Beziehungen und ihrer Struktur nach den Vorschriften des Niederlassungsstaates und nicht ihres Gründungsstaates beurteilt.26 Weil dadurch auf die zugezogene Gesellschaft neben den gesellschaftsspezifischen Erfordernissen des Gründungsstaates zusätzlich die Anforderungen des Gesellschaftsrechts des Zuzugsstaates Anwendung finden, führt die Sitztheorie in solchen Fällen nach der Rechtsprechung des EuGH zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit.27 Sie behindert die Verlegung des Sitzes in einen anderen Mitgliedsstaat oder macht sie zumindest weniger attraktiv.28 Eine derartige Einschränkung von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV ist nur dann europarechtlich unbeachtlich, wenn die in Frage stehende Maßnahme oder Regelung unterschiedslos nationale und ausländische Sachverhalte betrifft und zu23 Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Colomer, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 39, 44; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 52 ff.; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 102 ff. 24 In Übereinstimmung mit den übrigen Grundfreiheiten versteht der EuGH die Niederlassungsfreiheit nicht mehr als Diskriminierungs- sondern als Beschränkungsverbot, vgl. EuGH, Kommission/Italien, Rs. C-439/99, Slg. 2002, I-305, Rdn. 22; Gebhard, EuGH, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. Rdn. 37; EuGH, Kraus, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663, Rdn. 32; Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 13. 25 Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 25; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Behrens, IPRax 2003, 193, 196; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3588. 26 Vgl. BGHZ 25, 134, 144; Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 16, 249; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 412; Wiedemann, Band I, S. 812; Herdegen, S. 215; Kegel/Schurig, S. 577. 27 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21 f.; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 82; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 99 ff. 28 Vgl. EuGH, Kommission/Italien, Rs. C-439/99, Slg. 2002, I-305, Rdn. 22; Gebhard, EuGH, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37; EuGH, Kraus, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663, Rdn. 32; Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 13.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
dem nach der sog. „Gebhard Formel“29 durch zwingende Gemeinwohlerfordernisse gerechtfertigt ist. Da der EuGH aber an eine solche Rechtfertigung überaus strenge Maßstäbe anlegt,30 hat die betreffende Maßnahme kaum Aussicht auf Bestand, wenn der Verstoß gegen Europarecht erst einmal festgestellt ist.31 Demzufolge kann in solchen Fällen auf die zugezogene Gesellschaft nach den Grundsätzen der Niederlassungsfreiheit regelmäßig nur das Recht des Gründungstaates zur Anwendung kommen. Durch die Rechtsprechung des EuGH wird somit im Geltungsbereich von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV der Sitztheorie für den Zuzug von Gesellschaften aus einem Mitgliedsstaat, in dem die Gründungstheorie gilt, in einen Staat, in dem die Sitztheorie herrschend ist, faktisch eine Absage erteilt.32
29 Nach der Rechtssache Gebhard, EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I4165, Rdn. 37. Vier Voraussetzungen müssen die Beschränkungen zur Rechtfertigung erfüllen: „Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Zieles erforderlich ist.“; siehe auch EuGH, Centros, Rs. C212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 34; ebenso EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 133. 30 Siehe dazu EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 34–38; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 83–92; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 133–142. So auch Biondi/Lester (2002) Y.E.L. 21, 471, 477; Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 475 f.; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 688; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173; Mankowski, RIW 2004, 481, 483; v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 501; Rehberg, ELF 2004, 1, 2; Drygala, ZEuP 2004, 337, 346, 355. Näher dazu unten 4. Teil § 13. II. 5. a). 31 Vgl. Biondi/Lester (2002) Y.E.L. 21, 471, 477; Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 475 f.; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 688; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173; Winter (2004) L.I.E.I 31 (2), 97, 103. 32 Vgl. BGHZ 154, 185, 189; BGH, NZG 2004, 1001, 1001; KG Berlin, BB 2003, 2644, 2647 ff.; OLG Zweibrücken, NZG 2003, 537, 538; Heldrich, in: Palandt, Anh. Art. 12 EGBGB, Rdn. 6 ff.; Kegel/Schurig, S. 575; Sandrock, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 33, 33; Borges, ZIP 2004, 733, 733; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 159; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1201; ders., KTS 2004, 291, 291; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 10; Horn, NZG 2004, 893, 896; Kallmeyer, DB 2004, 636, 636; Riedemann, GmbHR, 2004, 345, 346; Binge/Thölke, DNotZ 2004, 21, 24; Zimmer, NJW 2003, 3583, 3586 f.; Hirsch/Britain, NZG 2003, 1100, 1103; Schulz, NJW 2003, 2705, 2705; Bayer, BB 2003, 2357, 2363; Geyrhalter/Gänßler, DStR 2003, 2167, 2170 f.; Kleinert/Probst, DB 2003, 2217, 2217; Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677, 681; Meilicke GmbHR 2003, 793, 793 f.; Maul/Schmidt, BB 2003, 2297, 2297 f.; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 664 f.; Probst/Kleinert, MDR 2003, 1265, 1268; Weller, DStR 2003, 1800, 1802; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1916; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 695; Mankowski, RIW 2004, 481, 483; Kamp, BB 2004, 1496, 1497; v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 498, 500; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1477 f.; Prinz/v. Freeden, DK 2004, 318, 319; Mock/Westhoff, DZWir 2004, 23, 26; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 690 f. A. A. Altmeppen, in: FS Röhricht, 3, 14 ff.; ders., NJW 2004, 97, 100 ff.; Kindler, NJW 2003, 1073, 1076 f.; ders., NZG 2003, 1086, 1088.
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3. Kein Vorrang der Gründungstheorie: Gemeinschaftsrechtlicher Ansatz Die Tatsache, dass sich der EuGH in seiner Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit für die Geltung der Regeln des Gründungsstaates auch im Sitzstaat ausgesprochen hat, darf allerdings nicht zu dem Gegenschluss verleiten, der EuGH habe damit automatisch die strikte Geltung der Gründungstheorie vorgegeben.33 Eine derartige Schlussfolgerung würde übersehen, dass der EuGH nicht in kollisionsrechtlichen Kategorien über einen Konflikt zwischen Sitz- und Gründungstheorie entscheidet, sondern das anwendbare Recht allein nach rein gemeinschaftsrechtlich Gesichtspunkten aus dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit ableitet.34 Die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften kann und wird im Einzelfall, soweit es europarechtlich geboten ist, über die Anforderungen hinausgehen, die die Gründungstheorie aufstellt.35 Die Gründungstheorie besagt, dass sich bei einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung diejenigen Regelungen nach dem Recht des Gründungsstaates richten, die dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen sind.36 Welche Bestimmungen dies sind, wird aber letztendlich von den Mitgliedsstaaten durch ihr nationales Gesellschaftskollisionsrecht festgelegt. Die Rechtsprechung des EuGH bestimmt dagegen die Geltung der Regeln des Gründungsstaates im Fall einer Sitzverlegung nach der Reichweite der Niederlassungsfreiheit und damit nach einem rein sachrechtlichen Ansatz, d.h. unabhängig von kollisionsrechtlichen Anknüpfungen und für alle Mitgliedsstaaten gleich.37 Entscheidend dafür, ob das Recht des Gründungsstaates auch im Zuzugsstaat gilt, ist allein die Frage, welche Auswirkung eine zusätzliche Anwen33 So richtig Ulmer, NJW 2004, 2101, 1205; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 689; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 696 f.; Klinke (2005) E.C.F.R. 2 (2), 270, 293. 34 So auch Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 36; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 97 f.; Bitter, in: Jahrbuch 2004, 299, 310; ders., WM 2004, 2190, 2192; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; ders., KTS 2004, 291, 292, 293; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9 f.; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1084; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 681, 683, 689; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 166; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 696 f.; vgl. auch Eidenmüller, JZ 2004, 24, 25; Klinke (2005) E.C.F.R. 2 (2), 270, 293. 35 Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 689. 36 Wiedemann, Band I, S. 783; Herdegen, S. 216. Eingehend zur Gründungstheorie Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 265–286. 37 Vgl. Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 8 f.; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 97 f.; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 10; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665 f.; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 681 ff.; Bitter, WM 2004, 2190, 2192.
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dung des Rechts des Zuzugsstaates auf die Ausübung der Grundfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV durch die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer Gesellschaft hat. Das Beschränkungsverbot der Niederlassungsfreiheit erfasst dabei alle Regelungen oder Maßnahmen des Zuzugsstaates, welche die Ausübung der Grundfreiheit, also den Zuzug einer Gesellschaft, behindern oder weniger attraktiv machen.38 Auch solche Bestimmungen, die nicht Teil des nationalen Gesellschaftsstatuts des Zuzugsstaates sind, weil sie beispielsweise in anderen Rechtsgebieten als dem originären Gesellschaftsrecht verankert sind, können deswegen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht unter den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fallen, wenn sie den Zuzug von ausländischen Gesellschaften beschränken.39 4. Reichweite des gemeinschaftsrechtlichen Ansatzes Unabhängig von der Frage, ob das nationale Kollisionsrecht bestimmte Sachbereiche als dem Gesellschaftsstatut zugehörig qualifiziert, stellt sich aufgrund des sachrechtlichen Ansatzes des EuGH für jede Rechtsordnung die Frage, welche ihrer Regelungen, die für eine zuziehende Gesellschaft einschlägig sein können, Gefahr laufen, von den Luxemburger Richtern als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit einer Gesellschaft angesehen zu werden, so dass sie wegen eines Verstoßes gegen Europarecht grundsätzlich keine Anwendung finden können.40 Gleichermaßen ist zu fragen, welche Regelungen eher keinen fühlbar abschreckenden Einfluss auf zuziehende Gesellschaften ausüben, so dass eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ausgeschlossen werden kann und eine Anwendung auf die zuziehende Gesellschaft möglich bleibt. Es stellt sich – anders ausgedrückt – die Frage nach der Reichweite des gemeinschaftsrechtlichen 38 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 19 f.; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 56 ff.; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/ 01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 97–101. 39 Vgl. Sandrock, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 33, 41 f.; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 8 f.; ders., JZ 2004, 24, 25; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 166; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 667 f.; Zimmer, NJW 2004, 3585, 3589; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 10; dies. RIW 2003, 949, 955; Behrens, IPRax 2004, 20, 26; Paefgen, DB 2003, 487, 488 f.; ders., ZIP 2004, 2253, 2255; Brand, JR 2004, 89, 93; Borges, ZIP 2004, 733, 740. Anders hingegen Kersting/Schindler, RdW 2003, 621, 625; Kindler, NZG 2003, 1086, 1090; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; Weller, DStR 2003, 1800, 1804; Horn, NJW 2004, 893, 899; Wilhelm, ZHR 167 (2003), 520, 540; Bayer, BB 2003, 2357, 2364 f.; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1917. 40 Vgl. Schmidt, ZHR 168 (2004), 493, 501. Zur Möglichkeit der Rechtfertigung eines Verstoßes siehe unten 4. Teil § 13. II. 5.
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Ansatzes des EuGH und damit die Frage nach der Reichweite des Beschränkungsverbots der Niederlassungsfreiheit. a) Übertragung der EuGH-Rechtsprechung zu anderen Grundfreiheiten Das Sachproblem, die Reichweite des Beschränkungsverbots zu bestimmen, stellt sich nicht nur bei der Niederlassungsfreiheit. Vielmehr existiert diese Fragestellung, die gewissermaßen die Grenzen des Binnenmarktes erörtert, parallel auch im Hinblick auf die Warenverkehrsfreiheit,41 die Freizügigkeit der Arbeitnehmer,42 die Dienstleistungsfreiheit43 und die Freiheit des Kapitalverkehrs.44 Seitdem der EuGH die Grundfreiheiten einheitlich nicht mehr als reine Diskriminierungsverbote versteht, sondern zu einem Verständnis als Beschränkungsverbote übergegangen ist, ist die Suche nach angemessenen Kriterien, welche eine eindeutige Abgrenzung von Sachverhalten erlauben, die innerhalb oder außerhalb des Schutzbereiches der Grundfreiheiten liegen, immer mehr in das Zentrum des Interesses gerückt.45 Um Rückschlüsse auf die Reichweite der Niederlassungsfreiheit ziehen zu können und der zunehmenden Konvergenz der Grundfreiheiten in diesem Bereich Rechnung zu tragen,46 ist die Spruchpraxis des EuGH zur Reichweite der übrigen Grundfreiheiten zu analysieren. Aufgrund ihrer prägenden Bedeutung für die anderen Freiheiten des Binnenmarktes ist dabei zunächst auf die Warenverkehrsfreiheit einzugehen. Die anderen Grundfreiheiten werden im Anschluss daran gemeinsam unter Bezugnahme auf Art. 28 EGV beleuchtet.
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Art. 28 EGV. Art. 39 EGV. 43 Art. 49 EGV. 44 Art. 56 EGV. 45 Ähnlich Spaventa (2004) C.M.L.R. 41 (3), 743, 743; vgl. Hoffmann, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 227, 229 ff.; Classen, EuR 2004, 416, 417– 427; zu den Grenzen der Grundfreiheiten insbesondere Biondi (1999/00) Y.E.L., 469– 491; zur Entwicklung der Rechtsprechung Roth/Oliver (2004) C.M.L.R. 51 (2), 407, 411 ff. Speziell zur Niederlassungsfreiheit siehe Weller, S. 29 ff. 46 Zur Konvergenz der Grundfreiheiten siehe Craig/DeBúrca, S. 784, 823; Roth, in: GS Knobbe-Keuk, 729, 740 ff.; Roth/Oliver (2004) C.M.L.R. 51 (2), 407, 439; vgl. Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 480; Costello (2000) L.I.E.I. 27 (3), 267, 272, 275. Der EuGH weist seinerseits unmissverständlich auf eine Vereinheitlichung der Grundsätze der Grundfreiheiten hin in EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37. 42
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aa) Die Warenverkehrsfreiheit Die gegenwärtige Bestimmung der Grenzen des Beschränkungsverbots bei der Warenverkehrsfreiheit kann nur als Ergebnis einer Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH in den letzten dreizehn Jahren seit der Entscheidung im Fall Keck verstanden werden.47 (1) Die Keck Leitlinien In seiner Entscheidung im Fall Keck hat der EuGH den Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit begrenzt, indem er Regelungen, die lediglich den Absatz von Erzeugnissen betreffen und zudem ausländische und einheimische Produkte rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise beeinflussen, von Art. 28 EGV ausgenommen hat.48 Derartige nationale Bestimmungen, die nur bestimmte Verkaufsmodalitäten begrenzen oder verbieten, hat der EuGH nicht als Beschränkung von Art. 28 EGV angesehen, weil sie nach Einschätzung des Gerichts nicht geeignet sind, den Marktzugang für ausländische Produkte zu versperren oder zu behindern.49 Von diesen gewissermaßen neutralen Regelungen hat der EuGH im Hinblick auf Art. 28 EGV solche Bestimmungen unterschieden, die zwar ebenfalls unterschiedslos für in- und ausländische Produkte gelten, aber an die Erzeugnisse selbst – wie etwa ihre Bezeichnung, ihre Form, ihre Abmessungen, ihr Gewicht, ihre Zusammensetzung, ihre Aufmachung, ihre Etikettierung oder ihre Verpackung – anknüpfen.50 Solche produktbezogenen Regelungen sind nach den Keck Leitlinien aufgrund ihrer hemmenden Wirkung auf den zwischenstaatlichen Handel immer als Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit anzusehen.51 Überträgt man diese Kriterien auf die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften, so ist zwischen Regelungen, die einen gewissen funktionalen Bezug zu der jeweiligen Gesellschaftsform aufweisen, weil sie gerade an die Organisation im Verband anknüpfen, einerseits, und eher allgemeinen Regeln, bei denen keine tatsächliche oder rechtliche Anknüpfung an die Organisation in einer Gesellschaft ersichtlich ist, andererseits, zu differenzieren. Nationale Bestimmungen des Zuzugsstaates, die der ersten Kategorie angehören, beschränken zwangsläufig die Niederlassungsfreiheit. Regelungen der zwei47 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097. Eingehend hierzu Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 10 ff. 48 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097, Rdn. 16. 49 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097, Rdn. 17. 50 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097, Rdn. 15. 51 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097, Rdn. 15.
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ten Kategorie, die primär Normen des allgemeinen Verkehrsrechts beinhalten dürfte, fallen dagegen bei einer Übertragung der Keck Leitlinien auf die Niederlassungsfreiheit von vornherein aus dem Anwendungsbereich von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV heraus.52 (2) Der Marktzugangstest In den nach der Keck Entscheidung ergangenen Urteilen sind die Kriterien, nach denen der EuGH Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit definiert, schrittweise modifiziert worden. Hat sich das Gericht anfangs noch damit begnügt, einen Verstoß gegen Art. 28 EGV festzustellen, indem es die in Frage stehenden Regelungen recht willkürlich als Verkaufsmodalitäten oder produktbezogene Regelungen etikettiert hat,53 so ist der EuGH in späteren Entscheidungen immer mehr dazu übergegangen, das Kriterium des Marktzugangs in den Vordergrund zu stellen.54 Als Konsequenz dieser Entwicklung ist es mittlerweile von zentraler Bedeutung für das Vorliegen einer Beschränkung von Art. 28 EGV, ob die in Frage kommende Regelung den Marktzugang für ausländische Produkte bzw. deren Anbieter wesentlich erschwert.55 Ist dies der Fall, so wird die Regelung von 52 Vgl. Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 36; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 16 f.; ders., JZ 2004, 24, 28; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 168; Bitter, in: Jahrbuch 2004, 299, 318; Straetmans (2002) C.M.L.R. 39 (6), 1407, 1420; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 666 f.; Zimmer, NJW 2004, 3585, 3589; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 10; dies. RIW 2003, 949, 955; Behrens, IPRax 2004, 20, 26; Paefgen, DB 2003, 487, 488 f.; ders., ZIP 2004, 2253, 2255; Brand, JR 2004, 89,93; Borges, ZIP 2004, 733, 740; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; Weller, DStR 2003, 1800, 1804; Horn, NJW 2004, 893, 899; Wilhelm, ZHR 167 (2003), 520, 540; Bayer, BB 2003, 2357, 2364 f.; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Kersting/Schindler, RdW 2003, 621, 625; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1917. 53 So noch in EuGH, Hünermund, Rs. C-292/92, Slg 1993, I-6787, Rdn. 21 f.; EuGH, Boermans, Rs. C-401 und C-402/92, Slg. 1994, I-2199, Rdn. 12 f.; EuGH, Punto Casa, Rs. C-69/93, Slg. 1994, I-2355, Rdn. 12 f.; EuGH, Semerano Casa, Verbundene Rs. C-418/93 usw., Slg. 1996, I-2975, Rdn. 11 f.; EuGH, Leclerc-Siplec, Rs. C-412/93; Slg. 1995, I-179, Rdn. 21 f.; EuGH, Belgapom, Rs. C-63/94, Slg. 1995, I2467, Rdn. 12 f.; EuGH, ARD, Rs. C-6/98, Slg. 1999, I-7599, Rdn. 47 f. 54 Siehe EuGH, TK-Heimdienst, Rs. C-254/98, Slg. 2000, I-151, Rdn. 29; EuGH, Gourmet International Products, Rs. C-405/98, Slg. 2001, I-1795, Rdn. 21 ff.; EuGH, Morellato, Rs. C-416/00, Slg. 2003, I-9343, Rdn. 37. Diese Betonung des Marktzugangs wurde erstmals angedeutet in EuGH, De Agostini, Rs. C-34-36/95, Slg. 1997, I-3843, Rdn. 43 ff. Allerdings ist der Gedanke des Marktzugangs streng genommen bereits in den Keck Leitlinien angelegt, siehe EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I6097, Rdn. 17. So auch Craig/DeBúrca, S. 653 ff.; Weatherill (1996) C.M.L.R. 33 (5), 885, 896 f., 904 ff.; Barnard (2001) E.L.R. 26 (1), 35, 52. 55 Siehe EuGH, TK-Heimdienst, Rs. C-254/98, Slg. 2000, I-151, Rdn. 29; EuGH, Gourmet International Products, Rs. C-405/98, Slg. 2001, I-1795, Rdn. 21 ff. Diese
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Art. 28 EGV erfasst, und zwar unabhängig davon, ob sie nach den Keck Leitlinien eine bloße Verkaufsmodalität darstellt oder nicht. Überträgt man diese Entwicklung entsprechend auf die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften, so folgt daraus, dass alle Regelungen, die den Zugang ausländischer Gesellschaften zum inländischen Markt wesentlich behindern, von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV erfasst werden. Da die post-Keck Rechtsprechungsentwicklung den Anwendungsbereich von Art. 28 EGV nicht verkleinert, sondern – ganz im Gegenteil – erweitert hat,56 sind bei einer Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Niederlassungsfreiheit Regelungen mit funktional gesellschaftsrechtlichem Bezug weiterhin als Beschränkung der Freiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV anzusehen.57 Im Unterschied zu der ursprünglichen Anwendung der Keck Grundsätze können jedoch nunmehr auch neutrale Bestimmungen des Zuzugsstaates im konkreten Fall eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit konstituieren, wenn sie faktisch den Zugang zum Inlandsmarkt für ausländische Gesellschaften erschweren und damit dem Postulat eines funktionierenden Binnenmarktes aus Art. 14 Abs. 2 EGV zuwiderlaufen. (3) Die „Regel der Abgeschiedenheit“ Parallel zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Warenverkehrsfreiheit durch den Marktzugangstest hat der EuGH eine Reihe von Entscheidungen gefällt, die einer zu extensiven Auslegung von Art. 28 EGV entgegenwirken.58 Nach der sog. „Regel der Abgeschiedenheit“59 nimmt der EuGH in einigen seiner Urteile auf in- und ausländische Produkte unterschiedslos anwendbare Regelungen vom Anwendungsbereich des Art. 28 EGV aus, wenn die beschrän-
Entwicklung hatte der EuGH erstmals angedeutet in EuGH, De Agostini, Rs. C-34-36/ 95, Slg. 1997, I-3843, Rdn. 43 ff. Der Marktzugangstest geht entscheidend auf Generalanwalt Jacobs zurück, vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs, Leclerc-Siplec, Rs. C-412/93, Slg. 1995, I-179, Rdn. 38–49; siehe auch Weatherill (1996) C.M.L.R. 33 (5), 885, 896 f., 904 ff.; Barnard (2001) E.L.R. 26 (1), 35, 52. 56 Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs, Leclerc-Siplec, Rs. C-412/93, Slg. 1995, I-179, Rdn. 38 ff., Craig/De Búrca, S. 653 ff.; siehe auch Weatherill (1996) C.M.L.R. 33 (5), 885, 896 f., 904 ff.; Barnard (2001) E.L.R. 26 (1), 35, 52; Straetmans (2002) C.M.L.R. 39 (6), 1407, 1420 f. 57 Vgl. Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 45; Straetmans (2002) C.M.L.R. 39 (6), 1407, 1420; a. A. Bitter, WM 2004, 2190, 2192. 58 Siehe EuGH, Peralta, Rs. C-379/92, Slg. 1994, I-3453, Rdn. 24; EuGH, Esso, Rs. C-134/94, Slg. 1995, I-4223, Rdn. 24; EuGH, Corsica Ferries, Rs. C-266/96, Slg. 1998, I-3949, Rdn. 31; EuGH, Centro Servizi Speditoro, Rs. C-96/94, Slg. 1995, I2883, Rdn. 41; EuGH, BASF, Rs. C-44/98, Slg. 1999, I-6269, Rdn. 16; Straetmans (2002) C.M.L.R. 39 (6), 1407, 1420; Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 485 ff., Oliver (1999) C.M.L.R. 36 (4), 783, 788 f.
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kenden Auswirkungen der in Frage stehenden Maßnahme auf die Warenverkehrsfreiheit so ungewiss und indirekt sind, dass diese nicht als geeignet erachtet werden können, den Warenverkehr zwischen den Staaten zu behindern.60 Erfasst werden von der „Regel der Abgeschiedenheit“ Sachverhalte, bei denen jegliche Anknüpfung an die Warenverkehrsfreiheit aufgrund ihrer Ferne zum Verkehr von Erzeugnissen oder aufgrund mangelnder Fühlbarkeit vernünftigerweise von vornherein bezweifelt werden muss. Überträgt man die „Regel der Abgeschiedenheit“ auf die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften, so folgt daraus, dass zumindest solche neutralen verkehrsrechtlichen Bestimmungen nicht als Beschränkung von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV angesehen werden können, deren Einfluss auf die Mobilität von Gesellschaften kaum spürbar ist, oder die keinerlei vernünftigen Bezug zur Organisation in einem Verband aufweisen. Für die Beurteilung von Regelungen, die funktional an die Organisation in einem Verband anknüpfen oder aus anderen Gründen den Marktzutritt erschweren, ändert die „Regel der Abgeschiedenheit“ indessen nichts; sie verstoßen nach wie vor gegen die Niederlassungsfreiheit. bb) Die übrigen Grundfreiheiten Für die übrigen Grundfreiheiten hat der EuGH hinsichtlich der Reichweite des Beschränkungsverbots eine Konvergenz mit der Warenverkehrsfreiheit geschaffen.61 (1) Die Keck Leitlinien und der Marktzugangstest Auszunehmen von dieser ganz offensichtlichen Tendenz der Vereinheitlichung sind allerdings die Keck Leitlinien in ihrer ursprünglichen Ausprägung. Sowohl im Hinblick auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer62 als auch im Hin59 Abgeleitet von dem englischen Begriff „rule of remoteness“, so bezeichnet etwa von Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 485; Oliver (1999) C.M.L.R. 36 (4), 783, 788; Costello (2000) L.I.E.I. 27 (3), 267, 272, 270. 60 Siehe EuGH, Peralta, Rs. C-379/92, Slg. 1994, I-3453, Rdn. 24; EuGH, Esso, Rs. C-134/94, Slg. 1995, I-4223, Rdn. 24; EuGH, Corsica Ferries, Rs. C-266/96, Slg. 1998, I-3949, Rdn. 31; EuGH, Centro Servizi Speditoro, Rs. C-96/94, Slg. 1995, I2883, Rdn. 41; EuGH, BASF, Rs. C-44/98, Slg. 1999, I-6269, Rdn. 16. 61 Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 38; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 10 ff.; Craig/DeBúrca, S. 784, 823; vgl. Roth, in: GS Knobbe-Keuk, 729, 740 ff.; Roth/Oliver (2004) C.M.L.R. 41 (2), 407, 439 f.; vgl. auch Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 480; Costello (2000) L.I.E.I. 27 (3), 267, 272, 275. Der EuGH weist seinerseits unmissverständlich auf eine Vereinheitlichung der Grundsätze der Grundfreiheiten hin in EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37.
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blick auf Dienstleistungsfreiheit,63 wie auch im Hinblick auf Freiheit des Kapitalverkehrs64 hat der EuGH dem Gedanken des Ausschlusses von Verkaufsmodalitäten aus dem Anwendungsbereich der Grundfreiheiten eine Absage erteilt. Anstatt den Anwendungsbereich der Freiheiten so zu verkürzen, legt der EuGH vielmehr – wie mittlerweile auch im Bereich von Art. 28 EGV –65 bei allen übrigen Freiheiten sein Augenmerk auf den Aspekt des Marktzugangs.66 (2) Die „Regel der Abgeschiedenheit“ Mit der einheitlichen Anwendung des Marktzugangstests hat der EuGH parallel begonnen, auch die „Regel der Abgeschiedenheit“ von Art. 28 EGV auf andere Freiheiten auszuweiten.67 Berücksichtigt man die zunehmende Vereinheitlichung der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsprechung zu den Grundfreiheiten und die Tatsache, dass der EuGH in seiner Entscheidung in dem Fall Gebhard angedeutet hat, dass der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Arbeitnehmern und die Niederlassungsfreiheit den gleichen Grundprinzipien unterliegen,68 so ist zu erwarten, dass solche Regelungen, die unterschiedslos nationale und ausländische Sachverhalte betreffen, allgemein vom Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ausgenommen werden, wenn ihre Auswirkung auf die betreffende Freiheit zu unsicher und mittelbar ist, als dass vernünftigerweise eine Beschränkung angenommen werden könnte.69 62 EuGH, Bosman, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Rdn. 102 f.; Schlussanträge von Generalanwalt Fennelly, Graf, Rs. C-190/98, Slg. 2000, I-493, Rdn. 32. 63 EuGH, Alpine Investments, Rs. C-384/93, Slg. 1995, I-1141, Rdn. 36–38. 64 EuGH, Kommission/Spanien, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581, Rdn. 58–61; EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-98/01, Slg. 2003, I-4641, Rdn. 45– 47. 65 Siehe EuGH, TK-Heimdienst, Rs. C-254/98, Slg. 2000, I-151, Rdn. 29; EuGH, Gourmet International Products, Rs. C-405/98, Slg. 2001, I-1795, Rdn. 21 ff.; EuGH, Morellato, Rs. C-416/00, Slg. 2003, I-9343, Rdn. 37. Die Bedeutung des Marktzugangs wurde erstmals angedeutet in EuGH, De Agostini, Rs. C-34–36/95, Slg. 1997, I3843, Rdn. 43 ff. 66 EuGH, Bosman, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Rdn. 102 f.; EuGH, Alpine Investments, Rs. C-384/93, Slg. 1995, I-1141, Rdn. 36–38; EuGH, Kommission/Spanien, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581, Rdn. 58–61; EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-98/01, Slg. 2003, I-4641, Rdn. 45–47. Siehe auch Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 13; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 98 f.; Craig/DeBúrca, S. 653 ff., 823, Weatherill (1996) C.M.L.R. 33 (5), 885, 896 f., 904 ff.; Barnard (2001) E.L.R. 26 (1), 35, 52. Ähnlich Roth/Oliver (2004) C.M.L.R. 41 (2), 407, 414 ff.; vgl. Spaventa (2004) C.M.L.R. 41 (3), 743, 756. 67 So zur Freizügigkeit von Arbeitnehmern EuGH, Graf, Rs. C-190/98, Slg. 2000, I-493, Rdn. 24–25; Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 487; Costello (2000) L.I.E.I. 27 (3), 267, 272, 270. 68 Siehe EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37; so auch Craig/ De Búrca, S. 784, 823.
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b) Rückschluss auf die Reichweite der Niederlassungsfreiheit Wendet man die für alle Grundfreiheiten einheitlich geltenden Leitlinien des EuGH entsprechend auf die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften an, so lassen sich für die Reichweite von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV die folgenden Rückschlüsse ziehen.70 aa) Zentrale Bedeutung des Marktzugangstests Die Frage, wann eine Beschränkung von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV vorliegt, ist für unterschiedslos auf ausländische und inländische Gesellschaften anwendbare Bestimmungen primär anhand des Marktzugangstests zu beantworten. Alle Regelungen, die den Zugang ausländischer Unternehmen zum Markt des Zuzugsstaates wesentlich behindern oder erschweren, verstoßen demzufolge gegen Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV.71 Davon werden sowohl Regelungen mit funktional gesellschaftsrechtlichem Bezug als auch neutrale Bestimmungen des Zuzugsstaates erfasst. Mangels der Übertragbarkeit der Keck Leitlinien auf andere Grundfreiheiten72 werden Letztere keineswegs a priori als nicht beschränkende Regelungen vom Anwendungsbereich des Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV ausgenommen.73
69 So auch Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 100 f.; Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 487; vgl. EuGH, Peralta, Rs. C-379/92, Slg. 1994, I-3453, Rdn. 24; EuGH, Esso, Rs. C-134/94, Slg. 1995, I-4223, Rdn. 24; EuGH, Corsica Ferries, Rs. C-266/96, Slg. 1998, I-3949, Rdn. 31; EuGH, Centro Servizi Speditoro, Rs. C-96/94, Slg. 1995, I-2883, Rdn. 41; EuGH, BASF, Rs. C-44/98, Slg. 1999, I-6269, Rdn. 16; EuGH, Graf, Rs. C-190/98, Slg. 2000, I-493, Rdn. 24–25. 70 Ähnlich Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 14 ff. 71 Vgl. EuGH, TK-Heimdienst, Rs. C-254/98, Slg. 2000, I-151, Rdn. 29; EuGH, Gourmet International Products, Rs. C-405/98, Slg. 2001, I-1795, Rdn. 21 ff.; EuGH, Bosman, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Rdn. 102 f.; EuGH, Alpine Investments, Rs. C-384/93, Slg. 1995, I-1141, Rdn. 36–38; EuGH, Kommission/Spanien, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581, Rdn. 58–61; EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-98/ 01, Slg. 2003, I-4641, Rdn. 45–47. 72 Vgl. EuGH, TK-Heimdienst, Rs. C-254/98, Slg. 2000, I-151, Rdn. 29; EuGH, Gourmet International Products, Rs. C-405/98, Slg. 2001, I-1795, Rdn. 21 ff.; EuGH, Bosman, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Rdn. 102 f.; EuGH, Alpine Investments, Rs. C-384/93, Slg. 1995, I-1141, Rdn. 36–38; EuGH, Kommission/Spanien, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581, Rdn. 58–61; EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-98/ 01, Slg. 2003, I-4641, Rdn. 45–47; siehe auch Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/ Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 102 f. Für eine unveränderte Übertragung der Keck Grundsätze dagegen Eidenmüller/Rehm, ZGR 2003, 159, 168; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 27; Schanze/Jüttner, AG 2004, 661, 666 f.; Spindler/Berner, RIW 2003, 949, 955; Rehberg, ELF 2004, 1, 2. 73 So richtig Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 102 f.; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 691; Bitter, WM 2004, 2190, 2193 Fn. 55.
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bb) Differenzierung zwischen verbandsspezifischen und neutralen Regelungen Ungeachtet der einheitlichen Geltung des Marktzugangstests besteht aber weiterhin ein gewichtiger Unterschied zwischen den verschiedenen Arten von unterschiedslos geltenden Bestimmungen, der in der Praxis eine Differenzierung rechtfertigt. (1) Verbandsspezifische Regelungen Regelungen, die an die Organisation in einem Verband anknüpfen und damit sozusagen „produktbezogen“ sind, müssen weiterhin als a priori marktzugangserschwerend und somit als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit angesehen werden.74 Der EuGH lehnt durch die Anwendung des Marktzugangstests eine Übertragung der Keck Leitlinien auf andere Grundfreiheiten lediglich hinsichtlich ihrer Aussage über Verkaufsmodalitäten bzw. neutrale Regelungen ab. Anders als in Keck entschieden,75 sind diese nicht von vornherein vom Anwendungsbereich der jeweiligen Freiheit ausgenommen. Den ebenfalls in der Keck Entscheidung genannten Grundsatz, dass produktbezogene Regelungen per se marktzugangserschwerend wirken,76 zweifelt der EuGH hingegen dadurch nicht an. Jede anderweitige Interpretation liefe der Stärkung des Binnenmarktes zuwider, weil sie den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten nicht erweitern, sondern verkürzen würde. Die Förderung des Binnenmarktes ist aber gerade der Zweck, mit dem die Anwendung des Marktzugangstests vom EuGH begründet wird.77 Gesellschaftsspezifische nationale Regelungen konstituieren folglich unverändert, nicht anders als dies hinsichtlich produktbezogener Regelungen für die Warenverkehrsfreiheit bereits in Keck anerkannt worden ist,78 marktzugangserschwerende Beschränkungen von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV. 74 Dafür sprechen auch die zur Niederlassungsfreiheit ergangenen Urteile des EuGH, die sich aufgrund der Überprüfung einzelner kollisionsrechtlicher Fragen des Rechts des Zuzugsstaates mit dem jeweils geltenden Gesellschaftsstatut und damit mit organisationsbezogenen Fragen befasst haben; siehe EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21 f.; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 82; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 99 ff.; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 16 f.; vgl. zu Art. 28 EGV Straetmans (2002) C.M.L.R. 39 (6), 1407, 1420; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2255 Fn. 20. A. A. Bitter, WM 2004, 2190, 2192 ff. 75 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097, Rdn. 16, 17. 76 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097, Rdn. 15. 77 So ganz unmissverständlich Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs, LeclercSiplec, Rs. C-412/93, Slg. 1995, I-179, Rdn. 39 f.; siehe auch Weatherill (1996) C.M.L.R. 33 (5), 885, 896 f., 904 ff.; Barnard (2001) E.L.R. 26 (1), 35, 52.
§ 13 EuGH-Rechtsprechung und Zuzug ausländischer Gesellschaften
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(2) Neutrale Regelungen Neutrale Bestimmungen beschränken dagegen nicht zwangsläufig den Zugang ausländischer Gesellschaften zum inländischen Markt. Im Unterschied zu verbandsspezifischen Regelungen muss für neutrale Bestimmungen die marktzugangsbehindernde Wirkung erst im Einzelfall festgestellt werden, damit daraus eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit abgeleitet werden kann.79 Infolge der Übertragung der sog. „Regel der Abgeschiedenheit“ sind neutrale Regelungen jedenfalls dann nicht als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit anzusehen, wenn ihre Auswirkungen auf Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV zu unsicher und mittelbar sind, als dass vernünftigerweise eine Behinderung der Freizügigkeit angenommen werden könnte.80 Zumindest solche verkehrsrechtlichen Bestimmungen, die keinerlei oder kaum spürbaren Einfluss auf die Mobilität von Gesellschaften ausüben, werden deshalb vom Anwendungsbereich von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV nicht erfasst. Sollten neutrale Bestimmungen dagegen faktisch den Zugang zum Inlandsmarkt für ausländische Verbände wesentlich behindern und damit dem in Art. 14 Abs. 2 EGV postulierten Funktionieren des Binnenmarktes zuwiderlaufen, so begründen auch sie eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit.81
78 EuGH, Keck, Rs. C-267/91, Slg. 1993, I-6097, Rdn. 15. Für die weitere Geltung dieser Einordnung auch Straetmans (2002) C.M.L.R. 39 (6), 1407, 1420. A. A. Bitter, WM 2004, 2190, 2192 ff. 79 Ähnlich Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 16 f.; ders., JZ 2004, 24, 28; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 168; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 667 f.; Zimmer, NJW 2004, 3585, 3589; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 10; dies. RIW 2003, 949, 955; Behrens, IPRax 2004, 20, 26; Paefgen, DB 2003, 487, 488 f.; ders., ZIP 2004, 2253, 2255; Brand, JR 2004, 89,93; Borges, ZIP 2004, 733, 740. Anders hingegen Kindler, NZG 2003, 1086, 1090; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; Weller, DStR 2003, 1800, 1804; Horn, NJW 2004, 893, 899; Wilhelm, ZHR 167 (2003), 520, 540; Bayer, BB 2003, 2357, 2364 f.; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Kersting/Schindler, RdW 2003, 621, 625; Ziemons, ZIP 2003, 1913, 1917, die zu Unrecht davon ausgehen, dass neutrale Bestimmungen – insbesondere das allgemeine Verkehrsrecht – keinesfalls eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit begründen können. 80 So auch Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 100 f.; vgl. EuGH, Peralta, Rs. C-379/92, Slg. 1994, I-3453, Rdn. 24; EuGH, Esso, Rs. C134/94, Slg. 1995, I-4223, Rdn. 24; EuGH, Corsica Ferries, Rs. C-266/96, Slg. 1998, I-3949, Rdn. 31; EuGH, Centro Servizi Speditoro, Rs. C-96/94, Slg. 1995, I-2883, Rdn. 41; EuGH, BASF, Rs. C-44/98, Slg. 1999, I-6269, Rdn. 16; EuGH, Graf, Rs. C190/98, Slg. 2000, I-493, Rdn. 24–25. 81 Vgl. EuGH, TK-Heimdienst, Rs. C-254/98, Slg. 2000, I-151, Rdn. 29; EuGH, Gourmet International Products, Rs. C-405/98, Slg. 2001, I-1795, Rdn. 21 ff.; EuGH, Bosman, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Rdn. 102 f.; EuGH, Alpine Investments, Rs. C-384/93, Slg. 1995, I-1141, Rdn. 36–38; EuGH, Kommission/Spanien, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581, Rdn. 58–61; EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-98/ 01, Slg. 2003, I-4641, Rdn. 45–47.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
5. Eingeschränkte Möglichkeiten der Rechtfertigung Unabhängig davon, nach welchen Kriterien Regelungen des Zuzugsstaates als Beschränkung von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV angesehen werden, wird eine Aufrechterhaltung der betreffenden Bestimmungen nach der Spruchpraxis des EuGH nur möglich sein, wenn diese nach den vier Voraussetzungen der Gebhard Leitlinien gerechtfertigt82 oder zum Entgegenwirken gegen Missbrauch oder Betrug erforderlich sind.83 Im Unterschied zu einer Rechtfertigung nach den Gebhard Grundsätzen akzeptiert der EuGH für eine Rechtfertigung der Beschränkung einer Grundfreiheit aufgrund von Missbrauchsüberlegungen keine abstrakt generellen Regelungen, die das missbräuchliche Verhalten typisierend umschreiben.84 Während nach den Gebhard Prinzipien auch eine allgemeine Betrachtung die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen kann, muss für die Rechtfertigung einer Beschränkung wegen Missbrauchs auf den Einzelfall abgestellt werden.85 a) Die Gebhard Leitlinien Nach den Gebhard Grundsätzen müssen alle Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit die folgenden Kriterien erfüllen, um vom Gericht akzeptiert zu werden: „Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Zieles erforderlich ist.“86
Bis dato jedenfalls hat der EuGH bei festgestellten Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften für den Fall des Zuzugs alle von den Mitgliedsstaaten vorgebrachten Rechtfertigungen abgelehnt.87 Das Gericht hat zwar eingeräumt, dass gewisse vorgebrachte Beweggründe, wie etwa der Schutz 82 Siehe EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37; EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 34–38; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 83–92; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 133–142. 83 EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 24; Inspire Art, Rs. C167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 136. 84 EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 25; Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 20; Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I10155, Rdn. 117 f.; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 179; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204; Fleischer, JZ 2003, 865, 873; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9. 85 Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I10155, Rdn. 117 f.; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 179; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9; Fleischer, JZ 2003, 865, 873. 86 EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37.
§ 13 EuGH-Rechtsprechung und Zuzug ausländischer Gesellschaften
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der Interessen der Gläubiger, der Minderheitsgesellschafter, der Arbeitnehmer oder des Fiskus sowie die Erhaltung der Wirksamkeit von Steuerkontrollen und der Lauterkeit des Handelsverkehrs grundsätzlich aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zwingende Gründe des Gemeinwohls darstellen können, die zur Rechtfertigung herangezogen werden dürfen.88 Allerdings sind letzthin alle Rechtfertigungsversuche der Mitgliedsstaaten an der nachfolgenden strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung des EuGH, insbesondere den zentralen Anforderungen der Erforderlichkeit, gescheitert.89 b) Missbrauch und Betrug Missbrauchsüberlegungen können nach den zur Niederlassungsfreiheit ergangenen Urteilen des EuGH eine Aufrechterhaltung von beschränkenden nationalen Regelungen nur selten rechtfertigen.90 Der praktisch wichtigste Fall für staatliche Eingriffe in Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV, nämlich die Umgehung der im Regelfall strengen Vorgaben des Organisationsrechts des Zuzugsstaates durch die Gründung von „Briefkastengesellschaften“, stellt nach Ansicht des Gerichts lediglich ein rechtlich unbedenkliches Ausnutzen der Niederlassungsfreiheit dar, das keinerlei rechtsmissbräuchlichen Charakter hat.91 Einer Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft zur Ausnutzung der weniger restriktiven Organisationsmöglichkeiten eines anderen Mitglieds87 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 35; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 93; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 142. 88 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 35 (Gläubigerschutz); EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 92 (Schutz der Interessen der Gläubiger, der Minderheitsgesellschafter, der Arbeitnehmer und des Fiskus); EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 132 (Gläubigerschutz, Erhaltung der Wirksamkeit von Steuerkontrollen und der Lauterkeit des Handelsverkehrs). 89 Siehe EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 35; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 93; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 142. Dieses Vorgehen, die vorgebrachten Motive anzuerkennen, aber dann eine strenge Erforderlichkeitsprüfung vorzunehmen, ist ein allgemeines Charakteristikum der jüngeren Rechtsprechung des EuGH in sensiblen Bereichen, siehe dazu EuGH, Vanbraekel, Rs. C-368/98, Slg. 2001, I-5363 Rdn. 46 ff.; EuGH, Geraets-Smits, Peerbooms, Rs. C-157/99, Slg. 2001, I-5473, Rdn. 70 ff.; EuGH, Müller-Fauré, Rs. C-385/99, Slg. 2003, I-4509, Rdn. 69 ff.; dazu auch Biondi/Lester (2002) Y.E.L. 21, 471, 475 f.; Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 475 f.; ähnlich Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 688; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173. 90 Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 100 f.; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1203; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9; De Wulf/Dejonghe (2004) I.C.C.L.R. 15 (4) N29, N30; Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677, 681. Allgemein zum Missbrauchsgedanken Schön, in: FS Wiedemann, 1271, 1277; Fleischer, JZ 2003, 865, 868 ff.; de Kluiver (2004) E.C.F.R. 1 (1), 121, 128; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 699.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
staates kann demzufolge nicht wegen missbräuchlicher Umgehung der Regelungen des Zuzugsstaates vorgebeugt werden.92 Eine gegenteilige Entscheidung des EuGH wird nur zu erwarten sein, wenn die Geltendmachung der Niederlassungsfreiheit neben der bloßen Ausnutzung der Freizügigkeit eine zusätzliche fraudulöse Komponente zukommt.93 Der EuGH hat insoweit klargestellt, dass Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit jedenfalls dann weiterhin möglich sind, wenn sie zur Abwehr betrügerischen Handelns erforderlich sind.94 Allerdings hat der EuGH in keinem der drei Fälle Centros, Überseering und Inspire Art die von den Mitgliedsstaaten jeweils aufgezeigten Umstände als ausreichend angesehen, um ein betrügerisches Handeln anzunehmen. Die Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zur Verhinderung betrügerischer Handlungen wird demnach nach dem aktuellen Stand der Rechtsprechung nur in Extremfällen möglich sein.95 Zudem haben sich in der Spruchpraxis des EuGH bisher noch keine praktikablen Kriterien herausgebildet, die eine eindeutige Abgrenzung der Fallgruppe des Rechtsmissbrauchs einerseits und des Betrugs andererseits erlauben.96 Damit ist eine Prognose, unter welchen Voraussetzungen der EuGH eine Rechtfertigung der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zur Verhinderung von betrügerischem Verhalten annehmen wird, nur schwer möglich. Da Rechtfertigungen wegen Missbrauchs und Betrugs bei Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit aufgrund ihrer sehr restriktiven Handhabung und wegen der fehlenden klaren Konturierung in der Spruchpraxis des EuGH nur geringe praktische Bedeutung haben, werden beide Fallgruppen bei der weiteren Betrachtung vernachlässigt. 91 So schon EuGH, Segers, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rdn. 16; vgl. auch EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 26–30; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 59, 76, 80, 81; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/ 01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 138 f. 92 Ulmer, NJW 2004, 1201, 1203; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9; De Wulf/Dejonghe (2004) I.C.C.L.R. 15 (4) N29, N30; Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677, 681. 93 Vgl. etwa EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 38; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 136. 94 EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 38; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 136. So auch Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 178 f.; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 26. 95 So auch Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 49. Zur Bestimmung von Betrugsfällen Schön, in: FS Wiedemann, 1271, 1277 ff.; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 180; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 26; Fleischer, JZ 2003, 865, 870; Rehberg, ELF 2004, 1, 3, 6. 96 Ähnlich Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 101; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 178; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 26. Zur Unterscheidung von Betrug und Missbrauch Schön, in: FS Wiedemann, 1271, 1277 ff.; Fleischer, JZ 2003, 865, 869 f.
§ 14 Einzelne Sachfragen im Recht der „Briefkasten-LLP‘‘
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§ 14 Einzelne Sachfragen im Recht der „Briefkasten-LLP“ Aufgrund der aufgezeigten Rechtsprechung des EuGH können in Deutschland ansässige Freiberufler die Gründung einer britischen LLP mit Satzungssitz im Vereinigten Königreich vornehmen und in der Folge als „Briefkasten-LLP“ den tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft in Deutschland ansiedeln und ausschließlich in der Bundesrepublik am Rechtsverkehr teilnehmen. Bevor deutsche Freiberufler bzw. Freiberuflerzusammenschlüsse sich jedoch dazu entscheiden werden, eine Inkorporierung als britische LLP vorzunehmen, werden die potentiellen Gesellschafter erörtern müssen, ob die jeweils als vorteilhaft empfundenen Eigenschaften, die diese neue Organisationsform britischen Rechts mit sich bringt,97 nach der Rechtsprechung des EuGH nach Deutschland exportiert werden können.
I. Allgemeines Aus der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit folgt, dass zumindest in den spezifisch gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten der LLP ein Export der Strukturmerkmale der britischen Gesellschaftsform durch die Gründung einer „Briefkasten-LLP“ in Deutschland weitestgehend möglich sein wird. Nach der Spruchpraxis der Luxemburger Richter kommt im Hinblick auf Regelungsbereiche, die an die Organisation im Verband anknüpfen, prima facie britisches Recht zur Anwendung, weil eine parallele Heranziehung der verbandsbezogenen Regelungen des deutschen Rechts zwangsläufig eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaft begründet,98 die nach den Leitlinien des EuGH nur schwer zu rechtfertigen ist.99 Im Hinblick auf neutrale Regelungsbereiche bleibt dagegen eine Anwendung deutschen Rechts auf die LLP möglich, solange dadurch nicht der Marktzugang der ausländischen Gesellschaft behindert wird.100 Eine Anwendung der nationalen Regelungen, die nach deutschem Verständnis dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen sind, auf eine hierzulande tätige „Briefkasten-LLP“ begründet durchweg eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaft.101 Der Grund hierfür besteht darin, dass das Gesellschaftssta97
Für eine Gesamteinschätzung der LLP siehe oben 1. Teil § 7. Siehe dazu oben 4. Teil § 13. II. 4. b) bb) (1). A. A. Bitter, WM 2004, 2190, 2192 ff. 99 Siehe dazu oben 4. Teil § 13. II. 5. 100 Siehe dazu oben 4. Teil § 13. II. 4. b) bb) (2). 101 Vgl. Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 1; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 96; Ulmer, NJW 2004, 98
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
tut nach deutschem Verständnis die Summe aller gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten umfasst, die für das Leben einer Gesellschaft maßgebend sind.102 Mit anderen Worten regelt das Gesellschaftsstatut gerade die genuin gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse des Unternehmens,103 weshalb die vom Gesellschaftsstatut erfassten Regeln direkt an die Organisation im Verband anknüpfen. In denjenigen Bereichen einer „Briefkasten-LLP“, die nach deutschem Verständnis traditionell dem Statut der Gesellschaft unterfallen, wird demzufolge regelmäßig britisches Recht anzuwenden sein. Zumindest die dem Gesellschaftsstatut unterfallenden Merkmale der britischen LLP können folglich auch in Deutschland genutzt werden. 1. Rechtsfragen der Errichtung der Gesellschaft Die Voraussetzungen für die Errichtung einer Gesellschaft richten sich anerkanntermaßen nach dem Gesellschaftsstatut.104 Für das Entstehen einer LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland sind somit unweigerlich die Vorschriften des britischen Rechts maßgeblich. Demzufolge ist es unerlässlich, dass eine „Briefkasten-LLP“ den Gründungsvoraussetzungen des LLPA genügt.105 Erst nachdem die Gesellschaft die Eintragungserfordernisse in section 2 LLPA erfüllt hat, nachdem die Eintragung der LLP in das companies register gemäß section 3 LLPA erfolgt ist, und nachdem das Gründungszertifikat durch den Registrar of Companies ausgestellt worden ist, ist die Gesellschaft wirksam als LLP britischen Rechts entstanden. Eine etwaige Eintragung in ein deutsches Register oder die Beachtung anderer kapitalgesellschaftlicher Entstehungsvorsaussetzungen deutschen Rechts sind dagegen – ungeachtet des in Deutschland liegenden Verwaltungssitzes der LLP – für deren wirksame Errichtung nicht erforderlich.106
1201, 1204; Behrens, IPRax 2004, 20, 24 f.; Leible, ZGR 2004, 531, 534; Riegger, ZGR 2004, 520, 524; v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 500. A. A. Bitter, WM 2004, 2190, 2192 ff. 102 Vgl. Wiedemann, Band I, S. 777; Herdegen, S. 215; v. Bernstorff, RIW 2004, 498, 498. 103 Vgl. BGHZ 25, 134, 144; Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 16, 249; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 412; Wiedemann, Band I, S. 812; Herdegen, S. 215; Kegel/Schurig, S. 577. 104 Vgl. Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 258; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 416; Heinrichs, in: Palandt, Anh. Art. 12 EGBGB, Rdn. 6; Wiedemann, Band I, S. 812; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 6; Raiser/Veil, S. 834; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 68. 105 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. I. 106 A. A. Riegger, ZGR 2004, 510, 512 ff.
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2. Innergesellschaftliche Rechtsfragen Auch die innere Verfassung einer Gesellschaft ist unstreitig dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen.107 Auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter einer „Briefkasten-LLP“ zur LLP sowie die Rechtsbeziehungen der LLP-Gesellschafter untereinander, auf die Organisation der Gesellschaft einschließlich der Geschäftsführung, auf die Organe der LLP und ihre Kompetenzen sowie jeglichen Inhalt des Gesellschaftsvertrages, dessen Modifikation und die Struktur der Gesellschaft, finden demzufolge umfassend die Regelungen des britischen Rechts Anwendung.108 Eine Beurteilung der inneren Verhältnisse einer „Briefkasten-LLP“ nach den Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts scheidet dagegen aus. 3. Rechtsfragen der Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit und Organvertretung Fragen der Rechtsfähigkeit,109 der Geschäftsfähigkeit und der organschaftlichen Vertretung110 einer Gesellschaft sind ebenso dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen. Auf eine „Briefkasten-LLP“ mit Verwaltungssitz in Deutschland findet demzufolge auch in diesen Bereichen das britische Recht Anwendung.111 Eine in Deutschland tätige „Briefkasten-LLP“ ist daher ab Ausstellung des Eintragungszertifikats als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit voll rechtsfähig und ohne Beschränkung ihres Geschäftsgegenstands und ihrer Befugnisse zur Vornahme jeglicher Geschäfte ausgestattet. Gegenüber Dritten wird die Gesellschaft durch ihre Gesellschafter organschaftlich vertreten, die nach dem 107 Vgl. RGZ 73, 366, 367; BGH LM Nr. 7 zu § 105 HGB; BGH, WM 1966, 1143, 1145; Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 335 f.; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 450; Wiedemann, Band I, S. 814 f.; Kegel/Schurig, S. 507; Raiser/Veil, S. 835; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 79 f.; Riegger, ZGR 2004, 510, 517; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1479; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1085 ff.; Götz, DK 2004, 449, 453. 108 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. II. Zur Zugehörigkeit dieser Bereiche zum Gesellschaftsstatut vgl. Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 335 f.; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 450; Wiedemann, Band I, S. 814 f.; Kegel/Schurig, S. 507. 109 Vgl. Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 265; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 426; Wiedemann, Band I, S. 812 f.; Kegel/Schurig, S. 505 f.; Zimmer, S. 246 f.; Rehm, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 39 ff.; Raiser/Veil, S. 834; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 69 f. 110 Vgl. Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 279; Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 443 f.; Wiedemann, Band I, S. 812 f.; Kegel/Schurig, S. 505 f.; Rehm, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 39 ff.; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 76. 111 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. III.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
Trennungsprinzip streng von der LLP als eigenständigem Rechtssubjekt zu unterscheiden sind. Auch eine in Deutschland tätige „Briefkasten-LLP“ behält demzufolge ihren aus section 1 (2) LLPA folgenden Status als Körperschaft. 4. Rechtsfragen der Rechnungslegung und -prüfung Fragen der Rechnungslegung und -prüfung sind nach überwiegender Auffassung genuin gesellschaftsrechtlicher Natur und unterfallen demzufolge dem Gesellschaftsstatut.112 Da die LLP als Organisationsform dem Regime der Vorschriften zur Rechnungslegung und Publizität des britischen Kapitalgesellschaftsrechts unterworfen wird,113 muss auch eine in Deutschland tätige „Briefkasten-LLP“ den entsprechenden Anforderungen des CA 1985 genügen.114 5. Steuerliche Behandlung Die steuerrechtliche Behandlung einer Gesellschaft ist nicht dem Gesellschaftsstatut zuzuordnen. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Großbritannien und Deutschland115 ist eine ausschließlich hierzulande tätige „Briefkasten-LLP“ in Deutschland steuerpflichtig, weil sich hier der Ort ihrer tatsächlichen Geschäftsleitung (place of effective management) befindet.116 Eine in Deutschland tätige „Briefkasten-LLP“ wird aber voraussichtlich dennoch von einem besonderen, auf dem britischen Recht beruhenden Umstand profitieren können. Das Bundesfinanzministerium hat unlängst die steuerliche Behandlung der US-amerikanischen LLC als Personengesellschaft grundsätzlich ermöglicht.117 Weil die LLC als echte hybride Gesellschaftsform mit eigener 112 So Großfeld, in: Staudinger IntGesR, Rdn. 362; Zimmer, S. 179 ff.; Rehberg, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 5, Rdn. 109; Heinz, S. 52; vgl. Prinz/v. Freeden, DK 2004, 318, 321; a. A. Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 183; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 151 f.; weitergehend dazu Riegger, ZGR 2004, 510, 515 ff. 113 Abschnitt VII CA 1985, sections 221–262A CA 1985; Abschnitt XI Kapitel III CA 1985, sections 363–364 CA 1985; Abschnitt XI Kapitel V CA 1985, sections 384–394A CA 1985. 114 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 2. 115 BStBl. 1971 I, S. 139; BGBl. 1971 II, S. 45. 116 Zur Fragen der Besteuerung der LLP nach britischem Recht siehe oben 1. Teil § 6. VI. 117 Siehe die Mitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 19. März 2004 Steuerliche Einordnung der nach dem Recht der Bundesstaaten der USA gegründeten Limited Liability Company; dazu eingehend Lemaitre/Schnittker/Siegel, GmbHR 2004, 618–630; Herrman, RIW 2004, 445–451.
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Rechtspersönlichkeit strukturell der LLP entspricht,118 ist damit gleichzeitig der Weg für die Besteuerung einer LLP als Personengesellschaft eröffnet worden.119 Obwohl die LLP ein body corporate ist,120 weswegen sie nach dem im Rahmen von § 1 KStG vorzunehmenden Typenvergleich als eigenständiges Steuersubjekt einzuordnen wäre,121 ist demnach zu erwarten, dass das Bundesfinanzministerium auch die Einordnung der LLP im Steuerrecht als Personengesellschaft grundsätzlich zulassen wird.122
II. Die Haftungsbeschränkung Unabhängig von den vorgenannten Wesensmerkmalen der LLP wird die neue Rechtsform für hierzulande tätige Freiberufler vor allem deswegen von Interesse sein, weil die LLP aufgrund ihres Status als juristische Person eine umfassende Beschränkung der persönlichen Haftung mit sich bringt und kein gesetzliches Eigenkapital vorsieht. Sowohl gegenüber der Freiberufler-GmbH und der Freiberufler-AG123 als auch gegenüber der Partnerschaft124 erscheint die LLP allein schon unter diesen beiden Gesichtspunkt als Organisationsform vorzugswürdig. Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nationales Recht im Anwendungsbereich von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV neben dem Gründungsrecht der Gesellschaft grundsätzlich keine Anwendung finden kann. Gerade für die sensiblen Bereiche der Haftungsbeschränkung zu Gunsten von Gesellschaftern oder des Gläubiger118 Kilian, NZG 2000, 1008, 1009; Lemaitre/Schnittker/Siegel, GmbHR 2004, 618, 630. Zur US-LLC Vermeulen, S. 112–119; Hamill (1996) Mich. L.R. 95, 393–446; Freedman (2000) M.L.R. 63 (3), 317, 321 ff. 119 So auch Lemaitre/Schnittker/Siegel, GmbHR 2004, 618, 630. 120 Section 1 (2) LLPA. 121 Zum Typenvergleich siehe Streck, in: Streck, § 1 KStG, Rdn. 4 f.; Lemaitre/ Schnittker/Siegel, GmbHR 2004, 618, 621 f. 122 Dies hat das Bundesfinanzministerium etwa der Allen & Overy LLP für ihre in Deutschland ansässigen Büros zugesagt, The Lawyer, 19. April 2004; siehe auch Legal Week Global, 20. Januar 2004. 123 Die Regeln zur Kapitalaufbringung und -erhaltung des GmbHG und des AktG greifen selbstverständlich auch bei einer Freiberufler-GmbH bzw. Freiberufler-AG. Zusätzlich sieht das jeweilige Berufsrecht regelmäßig weitere Anforderungen vor. Für Rechtsanwälte gelten die §§ 59c–59m BRAO. Diese betreffen allerdings nur die Anwalts-GmbH. Die Ausgestaltung der Anwalts-AG bleibt bislang der Rechtsprechung überlassen, dazu Henssler, in: Henssler/Prütting, Vorb. § 59c BRAO, Rdn. 22 ff.; ders., in: Henssler/Streck, S. 757 ff. Für Steuerberater sind die §§ 49–55 StBerG und für Wirtschaftsprüfer sind die §§ 27–36 WPO einschlägig. Allgemein zu FreiberuflerKapitalgesellschaften siehe Ganster, S. 423 ff. 124 Diese beschränkt nämlich die Haftung der Partner nicht vollumfänglich; siehe dazu oben 2. Teil § 10. III. 4.; für einen Vergleich von Partnerschaft und LLP siehe oben 3. Teil § 11.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
schutzes entfalten die EU-Mitgliedsstaaten aber immer wieder ein besonderes Interesse, das auf ausländische Gesellschaften anwendbare Gründungsrecht durch Vorschriften der eigenen Rechtsordnung zu erweitern, zu überlagern oder zu verdrängen.125 Ob eine in Deutschland tätige freiberufliche „Briefkasten-LLP“ von der Haftungsbeschränkung nach britischem Recht in der Praxis in vollem Umfang profitieren wird, hängt entscheidend davon ab, ob der EuGH den deutschen Gerichten die Möglichkeit einräumen wird, mit Hilfe der insoweit existierenden Institute des nationalen Rechts persönlich auf die Gesellschafter und Geschäftsleitungsmitglieder der Gesellschaft zuzugreifen. Soweit eine persönliche Inanspruchnahme mittels der hierzulande geltenden Regelungen gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, wird ein Rückgriff auf die nationalen Bestimmungen nur im Falle einer Rechtfertigung nach den Gebhard Leitlinien in Betracht kommen. Missbrauchs- oder Betrugsargumentationen werden dagegen regelmäßig nicht verfangen.126 Angesichts der fehlenden Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften im Recht der britischen LLP liegt es nahe, dass deutsche Gerichte dazu geneigt sein werden, Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit mit Gläubigerschutzerwägungen zu rechtfertigen.127 Sofern der EuGH dieser Argumentation nicht folgt, wird den Gerichten ein Rückgriff auf die entsprechenden Regelungen des deutschen Rechts verwehrt sein.128 Vielmehr werden die Richter dann gehalten sein, auf die einschlägigen Mechanismen des britischen Rechts zu rekurrieren,129 um den Schutz der Gläubiger der „Briefkastengesellschaft“ zu gewährleisten.130 Im Hinblick auf Rechtsinstitute des deutschen Rechts, die den Gerichten zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger einen persönlichen Zugriff auf die Gesellschafter bzw. Geschäftsleiter ermöglichen können, ist eine persönliche Inanspruchnahme der mit der Geschäftsleitung betrauten Mitglieder einer „Briefkasten-LLP“ entsprechend der bei Kapitalgesellschaften deutschen Rechts existierenden Haftung wegen Insolvenzverschleppung vorstellbar.131 Daneben kommt 125
Gerade dies ist in Centros, Überseering und Inspire Art geschehen. Siehe dazu oben 4. Teil § 13. II. 5. b). 127 Gläubigerschutzerwägungen wurden von den Mitgliedsstaaten sowohl in Centros, als auch in Überseering sowie in Inspire Art zur Rechtfertigung angeführt; siehe EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 18, 32; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 87; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 109. 128 Ähnlich Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204; a. A. Altmeppen, NJW, 2004, 97, 100 f. 129 Zu den spezifischen Gläubigerschutzmechanismen im Recht der LLP siehe oben 1. Teil § 6. V. 130 A. A. Altmeppen, NJW 2004, 97, 99; vgl. auch ders., in: FS Röhricht, 3, 17. 131 Etwa nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 92 Abs. 2 AktG oder § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 99 Abs. 1 GenG. 126
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eine persönliche Haftung nach den Grundsätzen des Haftungsdurchgriffs bei einer juristischen Person in Betracht. Aus dem Bereich des Vertragsrechts erscheint zudem ein Rückgriff auf die vertretungsbefugten LLP-Gesellschafter nach den Grundsätzen der Vertreterhaftung aus culpa in contrahendo gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB möglich. Dabei stellt sich die Frage, ob aus der Tatsache, dass die Gesellschafter der hier in Rede stehenden „Briefkasten-LLP“ Freiberufler sein sollen, besondere Rückschlüsse für eine persönliche Inanspruchnahme nach den Grundsätzen der Vertreterhaftung – vergleichbar mit der „professional liability“ im britischen Recht –132 gezogen werden können. 1. Die Insolvenzverschleppungshaftung Nach deutschem Recht geht die Organisation in einer juristischen Person mit der Pflicht der Geschäftsleitung einher, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft innerhalb einer bestimmten Frist, regelmäßig drei Wochen nach Eintritt des jeweiligen Insolvenzgrundes, die Eröffnung der Insolvenz beim zuständigen Gericht zu beantragen.133 Da die Antragspflicht als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB gegenüber den Gesellschaftsgläubigern wirkt,134 führt ihre schuldhafte Verletzung zu einer zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht der verantwortlichen Personen. Sofern eine entsprechende Übertragung der Insolvenzantragspflichten, wie sie nach deutschem Recht für juristische Personen existieren, auf eine „BriefkastenLLP“ europarechtlich unbedenklich zulässig ist, wäre es deutschen Gerichten möglich, bei einer schuldhaften Verletzung der analog geltenden Antragspflicht die Grundsätze zur Insolvenzverschleppungshaftung auf die „Briefkastengesellschaft“ anzuwenden. Nach den vom BGH entwickelten Leitlinien135 könnten die mit der Geschäftsleitung der „Briefkasten-LLP“ betrauten LLP-Gesellschafter136 dazu verpflichtet werden, den sog. „Altgläubigern“ der Gesellschaft den Quotenschaden, also denjenigen Schaden, um den sich ihre Insolvenzquote durch die Fortführung des Geschäftsbetriebs verringert hat,137 zu ersetzen. Hin132
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc). Siehe etwa § 64 Abs. 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG, § 99 Abs. 1 GenG, §§ 130a Abs. 1, 177a HGB. 134 Dies ist seit BGHZ 29, 100, 102 einhellige Meinung in Rechtsprechung und Lehre. 135 BGHZ 29, 100, 104 ff.; BGHZ 108, 134, 136; BGHZ 126, 181, 192 ff.; BGHZ 138, 211, 221; BGH, WM 1995, 109, 109; BGH, ZIP 1995, 211, 212. Dazu etwa Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, § 13 InsO, Rdn. 56; Hüffer, § 92 AktG, Rdn. 15 ff.; Nerlich, in: Michalski, § 64 GmbHG, Rdn. 55 ff.; Raiser/Veil, S. 457 f. 136 Siehe reg. 7 (3) LLP Regulations, section 6 (1) LLPA. 137 Vgl. etwa BGHZ 29, 100, 104 ff.; BGHZ 100, 19, 24; BGHZ 108, 134, 136; BGHZ 138, 211, 221. 133
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
sichtlich der sog. „Neugläubiger“ wäre es möglich, die Geschäftsleitung der „Briefkasten-LLP“ zum Ersatz des vollen erlittenen Schadens heranzuziehen.138 Wesentliche Bedeutung für die europarechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden Übertragung der deutschen Grundsätze zur Insolvenzverschleppungshaftung auf eine „Briefkasten-LLP“ hat die rechtliche Qualifikation dieses Haftungsinstituts. Neben einer Einordnung als neutrales oder verbandsspezifisches Institut kommt für die Insolvenzverschleppungshaftung insbesondere eine Qualifikation als insolvenzrechtlicher Tatbestand in Betracht. a) Die Insolvenzverschleppungshaftung als insolvenzrechtliches Rechtsinstitut Die Insolvenzverschleppungshaftung nach deutschem Recht wird teilweise dem Insolvenzrecht zugeordnet.139 Zwar beruhe die Haftung der Gesellschaftsorgane in diesen Fällen, so wird argumentiert, auf den gesetzlichen Insolvenzantragspflichten, die ihrerseits nicht in der InsO, sondern in den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Kodifikationen der jeweiligen Organisationsform normiert sind. Dieser rein formelle Aspekt könne jedoch für die Einordnung der Haftung nicht maßgeblich sein.140 Vielmehr sei auf den materiellen Gehalt der Pflichten abzustellen, der unfraglich einen engen Zusammenhang zum Insolvenzantragsrecht in § 15 Abs. 1 InsO aufweise.141 Überdies spreche für eine Zuordnung der Haftung zum Insolvenzrecht, dass die ihr zugrunde liegende Antragspflicht gerade darauf abziele, bei zahlungsunfähigen oder überschuldeten Debitoren mit beschränktem Haf138 Vgl. etwa BGHZ 138, 211, 214; BGHZ 126, 181, 192 ff.; BGH, WM 1995, 108, 109; BGH, ZIP 1995, 124, 125; BGH, ZIP 1995, 211, 212. 139 Vgl. Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 9, Rdn. 31 ff.; ders., NJW 2005, 1618, 1620; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 200; Huber, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel F, S. 320 ff.; Weller, S. 196 f.; ders., DStR 2003, 1800, 1804; ders., IPRax 2003, 520, 522; Habersack/ Verse, ZHR 168 (2004), 174, 207; Borges, ZIP 2004, 733, 737 ff.; Riedemann, GmbHR, 2004, 345, 348 f.; Müller, NZG 2003, 414, 417; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590; Wachter, GmbHR 2004, 88, 101; ders., GmbHR 2003, 1254, 1257; wohl auch Horn, NJW 2004, 893, 900; Mankowski, RIW 2004, 481, 486; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1481; Goette, DStR 2005, 197, 200; Röhricht, ZIP 2005, 505, 507 f.; Lieder, DZWir 2005, 399, 406; Dichtl, GmbHR 2005, 886, 888; Lehmann, GmbHR 2005, 978, 982; Pannen/Riedemann, MDR 2005, 496, 498. Pannen, Riedemann, Weller und Zimmer lassen allerdings alternativ auch eine Zuordnung als deliktisches Instititut zu. Zur Verzahnung von Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht im Zusammenhang mit der Insolvenzverschleppungshaftung Röhricht, ZIP 2005, 505, 507 ff. 140 Borges, ZIP 2004, 733, 739; Riedemann, GmbHR, 2004, 345, 348; Müller, NZG 2003, 414, 417; Lieder, DZWir 2005, 399, 406. 141 Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 200; Borges, ZIP 2004, 733, 739; Riedemann, GmbHR, 2004, 345, 348; Müller, NZG 2003, 414, 417.
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tungsfonds rechtzeitig ein Insolvenzverfahren einzuleiten.142 Das Verbot, die insolvente Gesellschaft fortzuführen, diene gerade dazu, die Haftungsmasse vor weiteren Schmälerungen zu schützen und den Gesellschaftgläubigern die Verwertung des noch vorhandenen Vermögens in dem anschließenden kollektiven Insolvenzverfahren zu gewährleisten.143 All dies zeige, dass eine gesellschaftsrechtliche oder verbandsspezifische Qualifikation der dem Insolvenzrecht zuzuordnenden Insolvenzverschleppungshaftung von vornherein ausscheide.144 Folgt man der vorbeschriebenen Einordnung der Insolvenzverschleppungshaftung nach deutschem Recht und behandelt sie demgemäß als insolvenzrechtliches Institut des Insolvenzverfahrens, so können sich daraus, wie von einigen geltend gemacht wird,145 weitreichende Folgen für die europarechtliche Zulässigkeit einer Anwendung der deutschen Insolvenzverschleppungshaftung auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ ergeben. Nach Art. 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 EuInsVO146 findet in einem mehrere europäische Mitgliedsstaaten betreffenden Insolvenzverfahren für die Fragen, unter welchen Voraussetzungen ein Verfahren eröffnet werden kann, wie es durchzuführen und zu beenden ist, grundsätzlich das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung, die sog. „lex fori concursus“, Anwendung.147 Gemäß Art. 3 Abs. 1 EuInsVO sind für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat.148 Für eine „Briefkasten-LLP“, die nur in 142 Vgl. Huber, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel F, S. 321; Riedemann, GmbHR, 2004, 345, 348; Weller, IPRax 2003, 520, 522; Müller, NZG 2003, 414, 417; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3589; Wachter, GmbHR 2004, 88, 101; ders., GmbHR 2003, 1254, 1257; Eidenmüller, NJW 2005, 1618, 1620. 143 Eidenmüller, NJW 2005, 1618, 1620; Lieder, DZWir, 2005, 399, 406; Röhricht, ZIP 2005, 505, 508; Müller, NZG 2003, 414, 416. 144 Vgl. Huber, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel F, S. 321; Borges, ZIP 2004, 733, 739; Riedemann, GmbHR, 2004, 345, 348 f.; Weller, DStR 2003, 1800, 1804; ders., IPRax 2003, 520, 522; Müller, NZG 2003, 414, 417; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590; Goette, DStR 2005, 197, 200; Röhricht, ZIP 2005, 505, 507 f.; Lieder, DZWir 2005, 399, 406; Dichtl, GmbHR 2005, 886, 888; Lehmann, GmbHR 2005, 978, 982; Pannen/Riedemann, MDR 2005, 496, 498. 145 Borges, ZIP 2004, 733, 737, 739; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590; Goette, DStR 2005, 197, 200; Kuntz, NZI 2005, 424, 426 ff.; Lieder, DZWir 2005, 399, 404 f. Anders dagegen trotz insolvenzrechtlicher Qualifikation Huber, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel F, S. 322 ff., 327. 146 Verordnung (EG) Nr. 1346/200 EG des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, ABl. EG L 160, S. 1 vom 30. Juni 2000. 147 Art. 4 Abs. 2 EuInsVO enthält zur Erleichterung der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 EuInsVO eine Beispielliste mit einigen Regelungsgegenständen die nach der lex fori concursus zu entscheiden sind; dazu Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 4 EuInsVO, Rdn. 1 f. 148 Siehe dazu Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 3 EuInsVO, Rdn. 2.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
Deutschland tätig ist, folgt daraus, dass für die vorgenannten Fragen deutsches Recht Anwendung findet, weil der Staat der Verfahrenseröffnung die Bundesrepublik Deutschland als Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen ist.149 Qualifiziert man nun die Insolvenzverschleppungshaftung als Integral des deutschen Insolvenzrechts150 und ordnet sie weiterhin gleichzeitig als Bestandteil der lex fori concursus im Sinne von Art. 4 Abs. 2 EuInsVO ein,151 so folgt daraus, dass auf eine in Deutschland tätige „Briefkasten-LLP“ die Grundsätze der deutschen Insolvenzverschleppungshaftung anwendbar sind. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV wäre dann aufgrund der sekundärrechtlich angeordneten Geltung des Rechts des Zuzugsstaates von vornherein ausgeschlossen.152 Deutschen Gerichten wäre es unter diesen Voraussetzungen unbenommen, die Grundsätze zur Insolvenzantragspflicht bzw. Insolvenzverschleppungshaftung 149 Vgl. Huber, in: FS Gerhardt, 397, 406; Höfling, S. 78; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 11; Mankowski, RIW 2004, 587, 599; Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 409, 413. Zur Bestimmung des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO und den bestehenden international insolvenzrechtlichen Kompetenzkonflikten Huber, in: FS Gerhardt, 397, 405 f.; Huber, in: FS Heldrich, 679–693; Kübler, in: FS Gerhardt, 527–562; Mucciarelli (2005) E.C.F.R. 2 (4), 512, 524 ff. alle m. w. N. 150 Vgl. Riedemann, GmbHR 2004, 345, 348 f.; Weller, DStR 2003, 1800, 1804; ders., IPRax 2003, 520, 522; Müller, NZG 2003, 414, 417; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590; Wachter, GmbHR 2004, 88, 101; ders., GmbHR 2003, 1254, 1257; Goette, DStR 2005, 197, 200; Kuntz, NZI 2005, 424, 427; Lieder, DZWir 2005, 399, 406. 151 Dies befürworten Borges, ZIP 2004, 733, 737, 739 und Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590, die dafür die Entscheidung EuGH, Gourdain/Nadler, Rs. 133/78, Slg. 1979, 733, Rdn. 3–5 heranziehen, in der die action en comblement du passif als französisches Gegenstück zur Insolvenzverschleppungshaftung dem Insolvenzrecht zugeordnet wurde; ebenso Kuntz, NZI 2005, 424, 427 f.; Lieder, DZWir 2005, 399, 404 f.; vgl. Goette, DStR 2005, 197, 200. A. A. Huber, in: FS Gerhardt, 397, 424; Spindler/ Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; siehe auch Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 3 EuInsVO, Rdn. 4, der die Zuständigkeit der nationalen Gerichte für Annexverfahren wie die Geschäftsführerhaftung von der EuInsVO ausnimmt. 152 Zwar ist das Verhältnis der Inlandsrechtsanknüpfung in Art. 4 Abs. 2 EuInsVO zur Niederlassungsfreiheit bislang nicht eingehend problematisiert worden; ebenso steht die EuInsVO als sekundäres Gemeinschaftsrecht im Rang unter dem EGV. Allerdings soll eine direkte Berufung auf die Grundfreiheiten nach den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts nur in Bereichen möglich sein, in denen noch keine Harmonisierung stattgefunden hat. Soweit die Insolvenzverschleppungshaftung als von der lex fori concursus umfasst angesehen wird, lässt sich vertreten, dass genau dies für den in Rede stehenden Tatbestand durch die EuInsVO in integrationsfördernder Weise und unter Berücksichtigung der übrigen Grundfreiheiten geschehen ist. Auf den harmonisierenden Zweck der EuInsVO weisen insbesondere die Erwägungsgründe Nr. 2–8 und Nr. 23 hin. Vgl. dazu Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205, 1207; ders., KTS 2004, 291, 293 ff.; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 11; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1479; Lieder, DZWir 2005, 399, 404; siehe auch Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 201.
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auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ zu übertragen und deren Organe nach den einschlägigen Leitlinien in Anspruch zu nehmen. b) Die Insolvenzverschleppungshaftung als neutrales Rechtsinstitut Die Haftung wegen Insolvenzverschleppung wird teilweise nicht als insolvenzrechtliches oder spezifisch gesellschaftsrechtliches Rechtsinstitut, sondern als Ausprägung allgemeiner deliktischer Tatbestände verstanden.153 Im Kern gehe es bei Insolvenzverschleppungshaftung, so wird geltend gemacht, um eine Dritthaftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, die durch den verzögerten Insolvenzantrag geschädigt werden.154 Diese Dritthaftung betreffe das allgemeine Verkehrsrecht, weil ihr Zweck darin bestehe, den betroffenen Rechtsverkehr gegen Falschdispositionen zu schützen.155 Zwar sei die konkrete Pflichtenlage, die diese Verkehrspflicht begründet, dem Organisationsrecht entnommen. Der Charakter einer allgemeinen deliktischen Haftung werde davon indes nicht beeinträchtigt.156 Lediglich der Kreis der Antragspflichtigen, die Insolvenzgründe und der Zeitpunkt der Antragstellung seien als Fragen des verbandsspezifischen Rechts zu qualifizieren.157 Hiervon müsse jedoch die daraus resultierende Haftung nach außen unterschieden werden, die als deliktische Haftung wegen der Verletzung von Verkehrspflichten nach § 823 Abs. 2 BGB neutral sei und damit nicht dem Organisationsrecht zugeordnet werden könne.158 Folgt man dieser Einordnung der Insolvenzverschleppungshaftung nach deutschem Recht als neutrales Rechtsinstitut, so löst deren Anwendung auf eine „Briefkasten-LLP“ nach den Leitlinien des EuGH nicht unweigerlich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV aus. Um feststellen zu können, ob die Übertragung der Grundsätze der Insolvenzverschleppungshaftung von juristischen Personen nach deutschem Recht die Niederlassungsfreiheit einer „Briefkasten-LLP“ beschränkt, müsste vielmehr geprüft werden, ob die Anwendung dieser Grundsätze den Zugang der betreffen153 Siehe Bitter, in: Jahrbuch 2004, 299, 331; Gernoth, S. 322 f.; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Kindler, NZG 2003, 1086, 1090; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 670; Riedemann, GmbHR 2004, 345, 349; Müller, NZG 2003, 414, 417; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590; ähnlich Huber, in: FS Gerhardt, 397, 426 f., 431. Zimmer und Riedemann halten allerdings alternativ auch eine Einordnung als insolvenzrechtliches Institut für möglich. 154 Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 670; siehe auch Riedemann, GmbHR 2004, 345, 349; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590. 155 Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 670. 156 Vgl. Gernoth, S. 322 f.; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 670. 157 Vgl. Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 670. 158 Vgl. Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 670; siehe auch Riedemann, GmbHR 2004, 345, 349; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
den Gesellschaft zum Markt erschwert und damit den Zuzug der Gesellschaft behindert oder weniger attraktiv macht. c) Die Insolvenzverschleppungshaftung als verbandsspezifisches Rechtsinstitut Ungeachtet der abweichenden Ansichten ist die Insolvenzverschleppungshaftung nach deutschem Recht richtigerweise als verbandsspezifisches Rechtsinstitut zu qualifizieren.159 Zwar ist es durchaus zutreffend, dass die Insolvenzverschleppungshaftung, weil sie auf der Insolvenzantragspflicht beruht, ausschließlich in Situationen relevant wird, in denen ein Insolvenzgrund existiert. Ebenso ist allgemein anerkannt, dass das Ziel der Antragspflicht darin besteht, die Gläubiger eines beschränkt haftenden Schuldners zu schützen, indem den verantwortlichen Organen der Gesellschaft die Pflicht zur rechtzeitige Einleitung eines Insolvenzverfahrens auferlegt wird. Ferner kann nicht geleugnet werden, dass die Insolvenzverschleppungshaftung auf der Verletzung der Antragspflicht als Schutzgesetz gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beruht, die über die Vorschrift des § 823 Abs. 2 BGB den Weg für Schadensersatzansprüche der Gläubiger gegen die verantwortlichen Organe eröffnet. All dies kann jedoch weder die Zuordnung der Insolvenzverschleppungshaftung nach deutschem Recht zum Insolvenzrecht noch zum allgemeinen Deliktsrecht begründen.160 Trotz der unfraglich bestehenden Berührungspunkte zu anderen Rechtsgebieten beruht die Insolvenzantragspflicht als Grundlage der Insolvenzverschleppungshaftung ihrem Wesen nach – anders als etwa das Insolvenzantragsrecht – auf der spezifischen Organisationsform der jeweiligen Gesellschaft, weil sie untrennbar mit dem Status der juristischen Person einhergeht und damit gewissermaßen den Preis für die Haftungsbeschränkung zu Gunsten der Gesellschafter und der Geschäftsleitung darstellt.161 Aus diesem Grund ist die Insolvenzantragspflicht auch in Deutschland162 im Unterschied zum Insol-
159 Vgl. Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 102 EGInsO, Rdn. 23; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Vallender/Fuchs, ZIP 2004, 829, 830; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 399; Fleischer, ZGR 2004, 437, 456; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2260 f. 160 Vgl. Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 102 EGInsO, Rdn. 23; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Vallender/Fuchs, ZIP 2004, 829, 830; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; Mock/Westhoff, DZWir 2004, 23, 27; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2260 f. 161 Vgl. Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 102 EGInsO, Rdn. 23; Hirte, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 1, Rdn. 74; Vallender/Fuchs, ZIP 2004, 829, 830; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 300 f.; Mock/Westhoff, DZWir 2004, 23, 26; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2260 f.
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venzantragsrecht nicht organisationsunabhängig in der InsO,163 sondern ausschließlich in den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Kodifikationen geregelt.164 Die Insolvenzverschleppungshaftung ist untrennbar mit der spezifischen Organstellung in einer juristischen Person verbunden. Gerade aus dieser Position folgt unmittelbar die Pflicht zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrags bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes.165 Sowohl das Entstehen der Pflicht als auch die daraus resultierende Haftung haben damit weder einen spezifisch insolvenzrechtlichen noch einen allgemein verkehrsrechtlichen, sondern einen genuin gesellschaftsrechtlichen Bezug und können deswegen richtigerweise nur als verbandsspezifische Regelungen verstanden werden.166 Aber selbst wenn man die Insolvenzverschleppungshaftung als insolvenzrechtliches Institut qualifiziert, so folgt daraus nicht, dass die einschlägigen deutschen Grundsätze aufgrund der EuInsVO europarechtlich unbedenklich auf eine „Briefkasten-LLP“ angewendet werden könnten. Anders als von einigen behauptet,167 wird die der Insolvenzverschleppungshaftung zugrunde liegende Insolvenzantragspflicht erst gar nicht von der europäischen Verordnung erfasst und zwar unabhängig davon, ob sie dem Insolvenzrecht zugeordnet wird oder nicht.168 Denn die Reichweite der von Art. 4 Abs. 1 EuInsVO angeordneten Maßgeblichkeit des inländischen Insolvenzrechts wird nicht etwa dadurch festgelegt, dass die Mitgliedsstaaten einzelne Institute im Insolvenzrecht verorten.169 Ob eine Regelung unter den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 EuInsVO fällt, bestimmt sich vielmehr allein nach Art. 4 Abs. 2 EuInsVO.170
162 Dagegen werden etwa in Frankreich der Insolvenzverschleppung vergleichbare Rechtsfiguren mehrheitlich dem Insolvenzrecht zugeordnet, dazu Zimmer, S. 281 ff. Im englischen Recht, das derartige Figuren als kodifikatorische Lösungen des gesellschaftsrechtlichen Durchgriffs ansieht, ist dagegen auch eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation möglich, vgl. Mock/Schildt, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 16, Rdn. 46. Zur Einordnung als kodifizierter Durchgriff vgl. Gower/Davies, S. 181 ff., 191 ff., Pettet, S. 33 ff. 163 § 15 Abs. 1 InsO. 164 Vgl. Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 102 EGInsO, Rdn. 23; Vallender/Fuchs, ZIP 2004, 829, 830. 165 Vgl. Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 102 EGInsO, Rdn. 23; Vallender/Fuchs, ZIP 2004, 829, 830; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207 f.; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2260. 166 Vgl. Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 102 EGInsO, Rdn. 23; Vallender/Fuchs, ZIP 2004, 829, 830; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207 f.; Mock/Westhoff, DZWir 2004, 23, 26; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2260 f. 167 So Gernoth, S. 316, 335; Borges, ZIP 2004, 733, 737, 739; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3590; Drygala, ZEuP 2004, 337, 360 ff. 168 Huber, in: FS Gerhardt, 397, 425 f., 431; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 301; siehe auch Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 3 EuInsVO, Rdn. 4, der die Zuständigkeit der nationalen Gerichte für Annexverfahren wie die Geschäftsführerhaftung von der EuInsVO ausnimmt.
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Die Fragestellungen, wann eine Pflicht der Geschäftsleitung besteht, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, und unter welchen Voraussetzungen bei Versäumnis dieser Pflicht eine persönliche Inanspruchnahme möglich ist, betreffen aber nicht die Eröffnungsgründe eines Insolvenzverfahrens an sich.171 Auch sind dies keine Fragen der Durchführung und Beendigung des Verfahrens.172 Aus Art. 4 Abs. 2 S. 1 EuInsVO kann demzufolge die Anwendbarkeit der deutschen Insolvenzerschleppungshaftung nicht abgeleitete werden. Ebenso wenig nennt der in Art. 4 Abs. 2 S. 2 EuInsVO enthaltene Beispielskatalog eventuelle Antragspflichten der Geschäftsleitung oder haftungsrechtliche Vorschriften.173 Selbst bei einer – richtigerweise abzulehnenden – insolvenzrechtlichen Qualifikation der Insolvenzverschleppungshaftung kann die europarechtliche Zulässigkeit einer Übertragung der einschlägigen deutschen Grundsätze auf eine „Briefkasten-LLP“ demzufolge nicht auf die EuInsVO gestützt werden.174 Qualifiziert man die Insolvenzverschleppungshaftung richtigerweise als verbandsspezifisches Rechtsinstitut, so folgt daraus nach der Rechtsprechung des EuGH, dass eine Übertragung der im deutschen Recht bei juristischen Personen existierenden Grundsätze dieser Haftung auf eine freiberufliche „BriefkastenLLP“ zwangsläufig die Niederlassungsfreiheit der Gesellschaft aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV beschränkt. Infolgedessen können die als gesetzliche Vertreter des Unternehmens auftretenden Gesellschafter175 einer freiberuflichen „Briefkasten-LLP“ nur dann im Wege der deutschen Insolvenzverschleppungshaftung in Anspruch genommen werden, wenn und soweit die Erfordernisse der Gebhard Formel erfüllt sind. Kommt eine solche Rechtfertigung nicht Betracht, so ist das zuständige Gericht gezwungen, auf die für derartige Fallgestaltungen im britischen Recht vorgesehenen Institute zu rekurrieren. 2. Die Durchgriffshaftung Wie bereits an anderer Stelle dargelegt wurde,176 werden im deutschen Recht bestimmte Fallgestaltungen diskutiert, in denen unter Außerachtlassung des 169 Ähnlich Zimmer, ZHR 168 (2004), 355, 367. A. A. wohl Drygala, ZEuP 2004, 337, 360 f. 170 So auch Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12. 171 Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 300 f. 172 Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 300 f. 173 Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 300 f. 174 Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 300 f.; vgl. Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 3 EuInsVO, Rdn. 4. 175 Siehe dazu section 6 (1) LLPA, reg. 7 (3) LLP Regulations.
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Trennungsprinzips ein Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter einer juristischen Person bzw. Kapitalgesellschaft möglich sein soll.177 Als Fallgruppen werden insoweit traditionell die materielle Unterkapitalisierung,178 die Vermögensvermischung,179 der Institutsmissbrauch,180 und die Sphärenvermischung genannt.181 Hinzugekommen ist die unlängst von der Rechtsprechung zur GmbH entwickelte Figur der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs.182 Die europarechtliche Zulässigkeit der Anwendung dieser Fallgruppen vorausgesetzt könnte die deutsche Rechtsprechung die jeweiligen Grundsätze anwenden, um für die Gläubiger einer freiberuflichen „Briefkasten-LLP“ unter den jeweiligen Voraussetzungen den Weg zu eröffnen, die Gesellschafter der LLP persönlich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch zu nehmen. Die Beantwortung der Frage, ob eine Anwendung der Durchgriffshaftung auf eine „Briefkasten-LLP“ eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt, hängt entscheidend von der Einordnung dieses Rechtsinstituts als neutrale oder verbandsspezifische Regelung ab. Als gesonderte Fallgruppe der Durchgriffshaftung wird bei der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs neben den vorgenannten Anknüpfungen eine Einordnung als insolvenzrechtliche Regelung diskutiert.
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Siehe dazu oben 2. Teil § 10. IV. 2. Allgemein zur Durchgriffshaftung Hüffer, § 1 AktG, Rdn. 15 ff.; Emmerich, in: Scholz, § 13 GmbHG, Rdn. 76 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 13 GmbHG, Rdn. 6 ff.; Michalski, in: Michalski, § 13 GmbHG, Rdn. 323 ff.; Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 28 ff.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 13 GmbHG, Rdn. 10 ff.; Wiedemann, Band I, S. 221 ff.; Schmidt, GesR, S. 217 ff., 233 ff.; Hueck/Windbichler, S. 511 ff.; Raiser/Veil, S. 455 ff. 178 Vgl. Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 48, 13 ff.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 13 GmbHG, Rdn. 15; Wiedemann, Band I, S. 224; Schmidt, GesR, S. 240; Hueck/Windbichler, S. 513; Raiser/Veil, S. 459. 179 Diese wird teilweise auch als gegenständliche Sphärenvermischung bezeichnet; vgl. Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 49 ff.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 13 GmbHG, Rdn. 15; Wiedemann, Band I, S. 224; Schmidt, GesR, S. 234; Hueck/Windbichler, S. 512; Raiser/Veil, S. 455. 180 Vgl. Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 17 f.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 13 GmbHG, Rdn. 15; Wiedemann, Band I, S. 227; Hueck/ Windbichler, S. 514; Raiser/Veil, S. 462. 181 Vgl. Michalski, in: Michalski, § 13 GmbHG, Rdn. 356; Lutter/Hommelhoff, § 13 GmbHG, Rdn. 11; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 13 GmbHG, Rdn. 15; Wiedemann, Band I, S. 224; Schmidt, GesR, S. 236. 182 Grundlegend BGHZ 149, 10, 16 („Bremer Vulkan“); konkretisierend BGHZ 151, 181, 186 f. („KBV“); kürzlich erst BGH, NZG 2005, 177, 177 f.; BGH, NZG 2005, 214, 214 f.; zur Existenzvernichtungshaftung Hüffer, § 1 AktG, Rdn. 22 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 13 GmbHG, Rdn. 15 ff.; Schiessl, in: MüHdB GmbH, § 35, Rdn. 19 ff.; Hueck/Windbichler, S. 51; Schön, ZHR 168 (2004), 268–297; Wiedemann, ZGR 2003, 283–297; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402–440, alle m. w. N. 177
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a) Die Durchgriffshaftung als neutrales Rechtsinstitut Nicht anders als die Grundsätze zur Insolvenzverschleppungshaftung werden auch die Grundsätze zur Durchgriffshaftung teilweise nicht als spezifisch gesellschaftsrechtliches Rechtsinstitut, sondern als Ausprägung allgemeiner deliktischer Tatbestände verstanden.183 Im Kern gehe es bei den Fallgruppen der Durchgriffshaftung, so wird argumentiert, um die Sanktionierung einer rücksichtslosen Ausnutzung einer formal legitimen Rechtsstellung zur Gläubigerschädigung.184 Zwar fänden die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle auf den ersten Blick ihre Anbindung im Gesellschaftsrecht; jedoch könne das haftungsauslösende Verhalten nach einer funktionalen Betrachtungsweise auf allgemeine deliktische Tatbestände, namentlich die vorsätzliche sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB oder den Betrug bzw. die Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 oder § 266 StGB zurückgeführt werden.185 Da eine deliktische Haftung nach diesen allgemeinen Tatbeständen jedermann treffen könne, unabhängig davon, ob der betreffende Schädiger Gesellschafter in einem Verband ist oder nicht, knüpfe die Durchgriffshaftung weder direkt noch mittelbar an die Organisation in einem körperschaftlich organisierten Verband an. Die einzelnen Fallgruppen des Haftungsdurchgriffs seien deswegen nicht als Regelungen mit genuin gesellschaftsspezifischem oder gesellschaftsakzessorischem Charakter, sondern vielmehr als für jedermann geltende Regelungen von neutraler Natur zu qualifizieren.186 Sofern man der vorbeschriebenen Einordnung der Durchgriffshaftung nach deutschem Recht als neutrales Rechtsinstitut folgt, kann eine Anwendung der insoweit existierenden Haftungsvoraussetzungen auf eine „Briefkasten-LLP“ nach den vom EuGH aufgestellten Leitlinien nicht zwangsläufig als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV verstanden 183 In diesem Sinne Bitter, in: Jahrbuch 2004, 299, 330; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3588 f.; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Eidenmüller, JZ 2003, 24, 25; Kindler, NZG 2003, 1086, 1086 ff., 1090; ders., BB-Special 6/2004, 1; Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; siehe auch Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 669; Weller, DStR 2003, 1800, 1804; Wachter, GmbHR 2003, 1254, 1257; Schulz, NJW 2003, 2705, 2708; Goette, DStR 2005, 197, 200 und Dierksmeier, BB 2005, 1516, 1520 für die Existenzvernichtungshaftung. 184 So für den Fall der Existenzvernichtungshaftung Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 669; Dierksmeier, BB 2005, 1516, 1520. 185 Vgl. Zimmer, NJW 2003, 3585, 3588 f.; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Weller, DStR 2003, 1800, 1804. 186 Vgl. Zimmer, NJW 2003, 3585, 3588 f.; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Eidenmüller, JZ 2003, 24, 25; Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; siehe auch Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 669; Weller, DStR 2003, 1800, 1804; Wachter, GmbHR 2003, 1254, 1257; Schulz, NJW 2003, 2705, 2708 und Schön, ZHR 168 (2004), 268, 291 f. für die Existenzvernichtungshaftung.
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werden. Um zu ergründen, ob die deutschen Regeln zum Haftungsdurchgriff die Niederlassungsfreiheit einer „Briefkasten-LLP“ beschränken, müsste vielmehr erörtert werden, inwieweit die Anwendung der entsprechenden Fallgruppen den Zugang einer „Briefkasten-LLP“ zum deutschen Markt erschwert und damit den Zuzug der Gesellschaft behindert oder weniger attraktiv macht. b) Sonderfall: Die Existenzvernichtungshaftung als insolvenzrechtliches Rechtsinstitut Für die erst jüngst vom BGH entwickelte Fallgruppe der Existenzvernichtungshaftung wird neben der vorgenannten Einordnung als neutraler deliktsrechtlicher Tatbestand eine Qualifikation als insolvenzrechtliches Institut vertreten.187 Typischerweise werde die Haftung der Gesellschafter in diesem Fall durch einen Gesellschaftereingriff begründet, der aufgrund seiner existenzvernichtenden Wirkung die Insolvenz der Gesellschaft nach sich ziehe.188 Der unmittelbar gegen den oder die Gesellschafter gerichtete Anspruch setze voraus, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet oder seine Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden sei.189 Zudem weise die Existenzvernichtungshaftung eindeutige strukturelle Gemeinsamkeiten mit der insolvenzrechtlichen Haftung wegen Gläubigerbenachteiligung nach § 133 InsO auf:190 Auch die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs schütze mittelbar die Gläubiger vor einer Missachtung ihrer Interessen,191 weil die Haftung durch eine Verletzung der Eigenbelange der Gesellschaft ausgelöst werde, die darin bestehe, dass das Gesellschaftsvermögen nicht mehr zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger eingesetzt werden kann.192 Die Rechtsfigur ziele darauf ab, den zukünftigen Insolvenzgläubigern die verteilungsfähige Haftungsmasse der
187 Eingehend dazu Weller, S. 242, 262 ff.; ders., DStR 2003, 1800, 1804; ders., IPRax 2003, 207, 210; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3589; Schulz, NJW 2003, 2705, 2707; Bayer, BB 2003, 2357, 2365, wohl auch Mankowski, RIW 2004, 481, 486; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1480 f.; Goette, DStR 2005, 197, 200 f.; Lieder, DZWir 2005, 309, 318 f.; ders., DZWir 2005, 399, 404 f.; Weller hält allerdings auch eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation für möglich; nach Goette kommt auch eine allgemeine deliktsrechtliche Einordnung in Betracht. Zur Verzahnung von Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht im Zusammenhang mit der Existenzvernichtungshaftung Röhricht, ZIP 2005, 505, 513 ff. 188 Kindler, in: FS Jayme, 409, 417; Weller, S. 266 f. 189 Vgl. Rauhut, ZHR 168 (2004), 298, 300 f. 190 Kindler, in: FS Jayme, 409, 417; Weller, S. 267 ff. 191 Kindler, in: FS Jayme, 409, 417; Weller, S. 270 f.; ähnlich Lieder, DZWir 2005, 399, 406; ders., DZWir 2005, 309, 319; Röhricht, ZIP 2005, 505, 514. 192 BGHZ 151, 181 ff., 186 f. („KBV“); dazu schon Röhricht, in: 50 Jahre BGH, 83, 103 ff.; Schön, ZHR 2004, 268, 282.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
Gesellschaft in einem späteren Insolvenzverfahren zu sichern.193 Dieser funktionale Zusammenhang zur Insolvenz zeige, dass die Existenzvernichtungshaftung richtigerweise als Bestandteil des Insolvenzrechts zu verstehen sei.194 Qualifiziert man die Existenzvernichtungshaftung als insolvenzrechtliches Institut und damit als Integral des deutschen Insolvenzrechts195 und ordnet man sie weiterhin als Bestandteil der lex fori concursus im Sinne von Art. 4 Abs. 2 EuInsVO ein,196 so folgt daraus, wie im Fall der Insolvenzverschleppungshaftung,197 dass auf eine in Deutschland tätige „Briefkasten-LLP“ die Grundsätze der deutschen Existenzvernichtungshaftung anwendbar sind. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV wäre wiederum aufgrund der sekundärrechtlich angeordneten Geltung des Rechts des Zuzugsstaates von vornherein ausgeschlossen.198 Deutsche Gerichte könnten dann die Gesellschafter einer freiberuflichen „Briefkasten-LLP“ europarechtlich unbedenklich nach den Grundsätzen der deutschen Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs in Anspruch nehmen. c) Die Durchgriffshaftung als verbandsspezifisches Rechtsinstitut Es ist zweifellos zutreffend, dass in Sachverhalten, in denen ein Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter einer juristischen Person diskutiert wird, häufig auch uniform wirkende Tatbestände des Deliktsrechts, wie etwa § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 oder § 266 StGB, erfüllt sind.199 Auch 193 Lieder, DZWir 2005, 399, 406; ders., DZWir 2005, 309, 319; Röhricht, ZIP 2005, 505, 514. 194 Vgl. Weller, S. 273, 282; ders., DStR 2003, 1800, 1804; ders., IPRax 2003, 207, 210; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3589; Schulz, NJW 2003, 2705, 2707; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Lieder, DZWir 2005, 399, 406; ders., DZWir 2005, 309, 319; Röhricht, ZIP 2005, 505, 514. 195 Vgl. Weller, S. 273, 282; ders., DStR 2003, 1800, 1804; ders., IPRax 2003, 207, 210; Zimmer, NJW 2003, 3585, 3589; Schulz, NJW 2003, 2705, 2707; Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1480 f.; Lieder, DZWir 2005, 399, 406; ders., DZWir 2005, 309, 319; Röhricht, ZIP 2005, 505, 514. 196 Dies befürworten Zimmer, NJW 2003, 3585, 3589; Bayer, BB 2003, 2357, 2357 ff., 2365; Lieder, DZWir 2005, 399, 406; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1480. Dies ablehnend Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292. Siehe auch Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 3 EuInsVO, Rdn. 4, der die Zuständigkeit der nationalen Gerichte für Annexverfahren von der EuInsVO ausnimmt; siehe außerdem Rauhut, ZHR 168 (2004), 298, 300 f. 197 Siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 1. a). 198 Vgl. die Erwägungsgründe Nr. 2–8 und Nr. 23 der EuInsVO. Siehe auch Weller, S. 282; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205, 1207; ders., KTS 2004, 291, 293 ff.; Spindler/ Berner, RIW 2004, 7, 11; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1479; Lieder, DZWir 2005, 399, 404. 199 Vgl. etwa BGHZ 31, 258, 270; BGH, LM Nr. 11 zu § 13 GmbHG; BGHZ 68, 312, 322; Emmerich, in: Scholz, § 13 GmbHG, Rdn. 77, 90; Schiessl, in: MüHdB
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kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass gerade die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs in Fallgestaltungen greift, in denen die Gesellschaft zahlungsunfähig ist.200 Dies kann jedoch nicht über den spezifisch gesellschaftsrechtlichen Charakter der Durchgriffshaftung nach deutschem Recht, einschließlich der Existenzvernichtungshaftung, hinwegtäuschen.201 Die Durchgriffshaftung beruht funktional auf der aus dem Trennungsprinzip folgenden Pflicht der Gesellschafter, die Gestaltungsmöglichkeiten der Organisationsform nicht in einer dem Normzweck zuwiderlaufenden202 oder missbräuchlichen203 Weise auszunutzen.204 Die einzelnen Fallgruppen des Haftungsdurchgriffs normieren insoweit Fälle, in denen die Gesellschafter diese Pflicht in einem solchen Umfang vernachlässigt haben, dass eine Überwindung der Organisations- und Strukturmerkmale der juristischen Person ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Dies gilt insbesondere auch für eine Haftung wegen Existenzvernichtung, die der BGH aus einem „Missbrauch[s] der Rechtsform [. . .]“ abgeleitet hat, „[. . .] der zum Verlust des Haftungsprivilegs führen muss.“205 GmbH, § 35, Rdn. 12; Ulmer, NJW, 2004, 1201, 1208; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 11; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2260. 200 So etwa in den Fällen BGHZ 149, 10, 16 („Bremer Vulkan“); BGHZ 151, 181, 186 f. („KBV“). 201 Zum genuin korporativen Charakter der Durchgriffshaftung. BGH, WM 1957, 1047, 1049; BGHZ 78, 318, 334; BGH, NJW 1992, 2026, 2030; so auch Forsthoff/ Schulz, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 15, Rdn. 51 ff.; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 17 ff.; ders., NJW 2005, 1618, 1620; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 80 f., 89 f.; Heinz, S. 46; Gernoth, S. 275 f. zur materiellen Unterkapitalisierung, S. 292 f. zur Existenzvernichtungshaftung; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204, 1208; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 11; Burg, GmbHR 2004, 1379, 1380; so im Ergebnis auch Schumann, DB 2004, 743, 745; Paefgen, DB 2003, 487, 491; Riegger, ZGR 2004, 510, 525; Horn, NJW 2004, 893, 899; Kuntz, NZI 2005, 424, 431. Siehe außerdem Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 18 ff.; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 94; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292 f. für die Existenzvernichtungshaftung. 202 Zur Normzwecklehre oder Normanwendungslehre eingehend Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 30; Schmidt, GesR, S. 223; Wiedemann, Band I, S. 218 f.; Hueck/Windbichler, S. 511; Raiser/Veil, S. 450, alle m. w. N. 203 Zur Missbrauchslehre eingehend Mertens, in: Hachenburg, Anh. § 13 GmbHG, Rdn. 30; Schmidt, GesR, S. 222; Wiedemann, Band I, S. 218 f.; Hueck/Windbichler, S. 511 f.; Raiser/Veil, S. 450, alle m. w. N. 204 Vgl. Kindler, in: MüKo IntGesR, Rdn. 490; Ulmer, NJW 1201, 1208; Spindler/ Berner, RIW 2004, 7, 11. Speziell zum Fall der Existenzvernichtungshaftung Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292 f. 205 BGHZ 151, 181 ff., 186 f. („KBV“); vgl. BGH, NZG 2005, 177, 177 f.; BGH, NZG 2005, 214, 214; so auch Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Ulmer, NJW 2004, 1201,
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Auch wenn die persönliche Haftung der Gesellschafter einer juristischen Person in Fällen der Durchgriffshaftung im Einzelfall auch auf allgemein wirkende Vorschriften des Deliktsrechts gegründet werden kann, sind Adressaten der zugrunde liegenden Pflicht, aus deren Verletzung ein Haftungsdurchgriff folgt, zwangsläufig doch nur solche Personen, die in einem körperschaftlichen Verband organisiert sind.206 Ohne dass der Anspruchsgegner die besondere Stellung eines Gesellschafters einer juristischen Person inne hätte, könnte seine Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft eben nicht begründet werden. Dogmatische Grundlage der Haftung bleibt damit der Zusammenschluss in einer Organisationsform, der die Trennung der Haftungsmassen von Gesellschaft und Gesellschaftern zugrunde liegt. Deshalb sind die Tatbestände der Durchgriffshaftung richtigerweise als verbandsspezifische Haftungstatbestände anzusehen und nicht als Bestandteil des jedermann treffenden allgemeinen Haftungsrechts.207 Dies gilt auch für die Grundsätze zur Existenzvernichtungshaftung.208 Selbst wenn man aber dieses Rechtsinstitut entgegen der zutreffenden Auffassung als insolvenzrechtliches Institut qualifiziert, so folgt daraus, wie bei der Insolvenzverschleppungshaftung,209 keineswegs, dass die einschlägigen deutschen Grundsätze aufgrund der EuInsVO europarechtlich unbedenklich auf eine „Briefkasten-LLP“ angewendet werden könnten.210 Die Existenzvernichtungshaftung wird nämlich vom Anwendungsbereich der europäischen Verordnung nach Art. 4 Abs. 2 EuInsVO gar nicht erfasst, und zwar unabhängig davon, ob sie dem Insolvenzrecht zugeordnet wird oder nicht.211 Die Frage, wann die Gesellschafter einer juristischen Person ausnahmsweise persönlich haften müssen, weil sie die 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292 f.; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2260. Allgemein zu den Begründungsansätzen Schön, ZHR 168 (2004), 268, 272 ff., 282 ff. 206 Vgl. Spindler/Berner, RIW 2004, 7; speziell zum Fall der Existenzvernichtungshaftung Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272. 207 Vgl. Heinz, S. 46; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204, 1208; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 11; so im Ergebnis auch Schumann, DB 2004, 743, 745; Paefgen, DB 2003, 487, 491; Horn, NJW 2004, 893, 899. Siehe auch Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292 f. für die Existenzvernichtungshaftung. 208 Forsthoff/Schulz, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 15, Rdn. 52; Gernoth, S. 292 f.; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1088; Altmeppen, NJW 2004, 97, 101; Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1271; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292 f.; Eidenmüller, NJW 2005, 1618, 1620. 209 Siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 1. c). 210 So aber anscheinend Zimmer, NJW 2003, 3585, 3589; Bayer, BB 2003, 2357, 2357 ff., 2365. 211 Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292; siehe auch Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 3 EuInsVO, Rdn. 4, der
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Gesellschaft durch Entziehung derjenigen Vermögenswerte, die sie zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten benötigt, in die Zahlungsunfähigkeit getrieben haben, betrifft nicht die Eröffnungsgründe eines Insolvenzverfahrens an sich.212 Ebenso wenig steht diese Fragestellung unmittelbar mit der Durchführung und Beendigung des Verfahrens im Zusammenhang.213 Art. 4 Abs. 2 S. 1 EuInsVO kann demzufolge eine Anwendung der Existenzvernichtungshaftung auf eine „Briefkasten-LLP“ nicht rechtfertigen. Auch der in Art. 4 Abs. 2 S. 2 EuInsVO enthaltene Beispielskatalog nennt keine der Existenzvernichtungshaftung vergleichbaren Rechtsinstitute. Selbst bei einer, richtigerweise abzulehnenden, insolvenzrechtlichen Qualifikation der deutschen Existenzvernichtungshaftung kann die europarechtliche Zulässigkeit einer Übertragung der einschlägigen Grundsätze auf eine britische LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland folglich nicht auf die EuInsVO gestützt werden.214 Qualifiziert man die Fallgruppen der Durchgriffshaftung aufgrund der vorstehenden Erwägungen zutreffend als verbandsspezifische Institute, so begründet die Anwendung der Grundsätze zum Haftungsdurchgriff auf eine „BriefkastenLLP“ nach den vom EuGH aufgestellten Leitlinien eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV. Die Gesellschafter einer LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland können folglich nur dann wegen der Gesellschaftsverbindlichkeiten im Wege der deutschen Durchgriffshaftung in Anspruch genommen werden, wenn die Voraussetzungen der Gebhard Formel erfüllt sind. Ohne eine solche Rechtfertigung der Beschränkung ist das zuständige Gericht gezwungen, auf die insoweit existierenden Institute des britischen Rechts zu rekurrieren. 3. Die Vertreterhaftung Haben die organschaftlichen Vertreter einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit im Rahmen der ihnen eingeräumten Vertretungsmacht rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft begründet, so kann nach deutschem Recht aufgrund des Trennungsprinzips wegen Ansprüchen aus der Vertragsbeziehung grundsätzlich nur die juristische Person in Anspruch genommen werden. In Einzelfällen kommt jedoch ausnahmsweise eine persönliche Inanspruchnahme der Organe aus einem mit der juristischen Person geschlossenen die Zuständigkeit der nationalen Gerichte für Annexverfahren gänzlich von der EuInsVO ausnimmt. 212 Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292. 213 Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292. 214 Vgl. Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207; ders., KTS 2004, 291, 303 f.; Schön, ZHR 168 (2004), 268, 292; vgl. auch Reinhart, in: MüKo InsO, Art. 3 EuInsVO, Rdn. 4.
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Vertrag nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB in Betracht.215 Hiernach kann der Vertreter eines Vertragspartners für eine Verletzung von vertraglichen Verhaltenspflichten nach zwei Fallgruppen persönlich haftbar gemacht werden.216 Zum einen kann eine vertragliche Eigenhaftung des Vertreters entstehen, wenn dieser ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Zustandekommen des Vertrags hat.217 Das ist der Fall, wenn der Vertreter wirtschaftlich betrachtet in eigener Sache tätig geworden ist, so dass er als Quasipartei („procurator in rem suam“),218 als wirtschaftlicher Herr des Geschäfts oder als eigentlicher Interessensträger anzusehen ist.219 Bei Vertretern einer juristischen Person ist das bloße allgemeine Interesse des Geschäftsleiters am Erfolg seines Unternehmens nicht ausreichend, um dessen Eigenhaftung als Quasipartei zu begründen.220 Vielmehr muss der Vertreter im Grunde in eigener Sache tätig geworden sein, was etwa der Fall ist, wenn er von vornherein die Absicht hatte, die Gegenleistung des anderen Teils nicht ordnungsgemäß an die juristische Person als Geschäftsherrn weiterzuleiten, sondern diese für eigene Zwecke zu verwenden.221
215 Allgemein dazu Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 195–200, 208 f.; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rdn. 47 ff. 216 Obwohl die Fallgruppe des wirtschaftlichen Eigeninteresses – anders als die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens – im Rahmen der Reform des BGB nicht in § 311 Abs. 3 S. 2 BGB aufgenommen worden ist, bleiben die insoweit von der Rechtsprechung zur Eigenhaftung entwickelten Grundsätze weiterhin gültig. § 311 Abs. 3 S. 2 BGB enthält nach seinem Wortlaut („insbesondere“) und seiner Entstehungsgeschichte keine abschließende Regelung. Siehe dazu BT-Drucks. 14/ 6040, S. 163; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 60; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 197, 201, 206; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rdn. 47. 217 Dazu etwa Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 61 f.; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rdn. 50; Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 50, 53 f.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 226 f.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 310; Ganster, S. 451. 218 So RGZ 120, 249, 252 f. 219 Dazu zuletzt BGH, NJW 2002, 208, 212; vgl. Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 61 f.; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 205, 215 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 53 f.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 226 f.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 310; Raiser/Veil, S. 529 f.; Ganster, S. 452 ff. 220 Vgl. Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 220; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rdn. 50; Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 53 f.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 226 f.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 310; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 55. 221 BGHZ 126, 181, 185; BGH, LM § 276 (Fa) Nr. 87; BGH, NJW 2002, 208, 212; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 217; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rdn. 50; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 55.
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Daneben kommt eine auf Vertrag beruhende persönliche Inanspruchnahme des Vertreters in Betracht, wenn dieser in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss maßgeblich beeinflusst hat.222 Erforderlich ist dafür, dass der Vertreter eine über das gewöhnliche Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages übernommen hat.223 Bei Vertretern einer juristischen Person wird dies etwa angenommen, wenn der betreffende Vertreter in solcher Weise ein zusätzliches vom ihm ausgehendes Vertrauen hervorgerufen hat, dass seine Erklärung als selbständiges Garantieversprechen aufgefasst werden kann.224 a) Exkurs: Einfluss freiberuflicher Tätigkeit auf die Vertreterhaftung Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass Angehörigen bestimmter Berufsgruppen aufgrund ihrer Qualifikation, ihrer Tradition, ihrer berufsethischen Bindung und ihrer besonderen Sachkenntnis im Rechtsverkehr ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht wird.225 Zu diesen Personen zählen insbesondere freiberuflich Tätige, die – wie etwa Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer – höhere Dienstleistungen erbringen.226 Aufgrund der besonderen Stellung dieser freiberuflichen Dienstleister entsteht im Rahmen der Vertreterhaftung, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Übernahme persönlichen Vertrauens nach § 311 Abs. 3 S. 2 BGB, die Frage, ob solche Personen, wenn sie als gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter im Verkehr auftreten, allein schon kraft ihres Berufes Vertrauenspersonen sind.227 222
§ 311 Abs. 3 S. 2 BGB. BT-Drucks. 14/6040, S. 163 unter Bezugnahme auf BGH, LM § 276 (Fa) Nr. 118; siehe auch BGH, LM § 164 Nr. 65; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 61 f.; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 211, 220; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rdn. 48; Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 51 f.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 225 f.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 311 f.; Raiser/ Veil, S. 520 f.; Ganster, S. 458 ff. 224 Vgl. BGHZ 126, 181, 183 ff.; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 215, 220; Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 51 f.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 225 f.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 311 f.; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 55. 225 Vgl. Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 227; Ganster, S. 459; Lang, AcP 201 (2001), 451, 453 ff.; Hopt, AcP 183 (1983), 608, 626, 699. 226 Vgl. Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 227; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rdn. 49; Hirte, S. 3, 11 ff. (Anwälte), 38 ff. (Steuerberater), 57 ff. (Wirtschaftsprüfer); Ganster, S. 459; Lang, AcP 201 (2001), 451, 473. 227 Neben der Einordnung der Haftung von Berufsträgern gegenüber Mandanten und Dritten als Fallgruppe der culpa in contrahendo existieren in Rechtsprechung und Lehre unter dem Stichwort der „Berufshaftung“ zahlreiche andere rechtliche Ansätze, um eine Haftung solcher Personen gegenüber Dritten zu begründen, siehe dazu einge223
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
In der Literatur wird teilweise vertreten, vor allem Berufsträger der rechtsund wirtschaftsberatenden Professionen erhielten ihre Mandate aufgrund ihrer besonderen persönlichen Qualifikation. Die besondere Sachkenntnis, Integrität und Kompetenz des Freiberuflers und das Vertrauen auf die daraus folgenden Fähigkeiten seien selbst dann oftmals der eigentliche Grund für die Übertragung des Mandats, wenn der betreffende Berufsträger für eine juristische Person auftrete.228 Aufgrund der besonderen Bedeutung ihrer Persönlichkeit für die Geschäftsbeziehung zum Mandanten seien die Vertreter einer freiberuflichen Kapitalgesellschaft geradezu idealtypische Beispiele für die Auferlegung einer persönlichen Haftung aus culpa in contrahendo wegen der Übernahme besonderen Vertrauens.229 Der aus diesen Überlegungen resultierenden Annahme, ein freiberuflicher Berufsträger sei allein schon aufgrund des ausgeübten Berufes eine Vertrauensperson, ist der BGH jedoch entschieden entgegengetreten.230 Zwar hat die Rechtsprechung die allgemeinen Grundsätze231 zur Vertreterhaftung auch auf freiberuflich tätige Dienstleister erstreckt, und auch bei diesen unter den jeweiligen Voraussetzungen einer besonderen Vertrauensübernahme und eines besonderen wirtschaftlichen Eigeninteresses eine persönliche Inanspruchnahme zugelassen. Für die Annahme, bestimmte Professionen müssten schon aufgrund ihrer Berufsträgerschaft unter allen Umständen für die von ihnen abgegebenen Erklärungen eine persönliche Einstandspflicht übernehmen, existiert dagegen nach Ansicht des BGH im deutschen Recht keine Grundlage.232 Diese ablehnende Haltung des BGH ist zu begrüßen. Würde man eine berufsbedingte Vertrauensstellung von Freiberuflern bejahen, so wäre die Übernahme persönlichen Vertrauens immer auch in Fällen anzunehmen, in denen derjenige, hend Hirte, S. 386 ff.; Lang, AcP 201 (2001), 453, 456 ff.; Hopt, AcP 183 (1983), 609, 634 ff.; vgl. auch Emmerich, MüKo, § 311 BGB, Rdn. 227–232; Ganster, S. 458 ff. Insbesondere der Reformgesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes spricht sich vor diesem Hintergrund eindeutig dafür aus, derartige Fälle in den Bereich der Vertreterhaftung der culpa in contrahendo nach § 311 Abs. 3 S. 2 BGB einzuordnen, siehe insoweit BT-Drucks. 14/6040, S. 163. 228 Vgl. etwa Wellensiek, in: FS Brandner, 727, 748; Dauner-Lieb, GmbHR 1995, 184, 187; Dietlmeier, ZIP 1996, 1800, 1808; Westermann/Mutter, DZWir 1995, 184, 187. 229 Dahingehend etwa Wellensiek, in: FS Brandner, 727, 748; Dauner-Lieb, GmbHR 1995, 184, 187; Dietlmeier, ZIP 1996, 1800, 1808; Westermann/Mutter, DZWir 1995, 184, 187; wohl auch Wimmer, NJW 1996, 2546, 2550; auf die Gefahr der Haftung hinweisend Henssler, DB 1995, 1549, 1551; eingehend zum Ganzen Ganster, S. 459 ff. 230 BGH NJW 1989, 293, 294; BGH NJW 1992, 2080, 2083. 231 Siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 3. 232 BGH, NJW 1989, 293, 294 (Rechtsanwalt); BGH, NJW 1991, 32, 33 (Rechtsanwalt); BGH, NJW 1992, 2080, 2083 (Steuerberater); Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 221 ff.; Henssler, in: Henssler/Streck, S. 701; ders., JZ 1994, 178, 184; zum Ganzen Ganster, S. 459 ff.; Henssler, AnwBl. 1996, 3, 6 f.
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gegenüber dem die Dienstleitung erbracht wird, ausschließlich mit der juristischen Person als Träger des Unternehmens kontrahiert und der betreffende Freiberufler nur als Stellvertreter bzw. Organ der Gesellschaft auftritt. Für die Folgen der in Vertretung einer juristische Person gemachten Erklärungen hätten freiberuflich Tätige dann unweigerlich nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 S. 2 BGB persönlich einzustehen. Dadurch würde das für das Recht der juristischen Person prägende Trennungsprinzip für Freiberufler bei Ausübung ihrer spezifischen Berufstätigkeit konterkariert. Im Unterschied zu gewerblich tätigen Personen würde die Vertreterhaftung für freiberuflich Tätige ihren Ausnahmecharakter verlieren, wodurch letzthin eine dem britischen Recht vergleichbare „professional liability“ entstünde.233 Wie bereits an anderer Stelle erörtert,234 kann aber das Merkmal freiberuflicher Tätigkeit heutzutage kein sachgerechtes Kriterium mehr liefern, um eine weitgehende Differenzierung zwischen freiberuflichen Berufsträgern und NichtFreiberuflern vorzunehmen. In der Praxis sind die Grenzen zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit – vor allem im Fall von Dienstleistungen – zusehends schwerer zu bestimmen.235 Deswegen wäre es unsachgemäß, Freiberuflern im Gegensatz zu gewerblichen Dienstleistern mittels einer „professional liability“ einen derart weitreichenden Haftungsnachteil aufzuerlegen, der den Ausnahmecharakter der Vertreterhaftung ins Gegenteil verkehrt und die Begrenzung der persönlichen Haftung in Fällen sorgfaltswidrigen Verhaltens durch Zusammenschluss in einer juristischen Person nahezu unmöglich macht. Organschaftliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter eines freiberuflich tätigen Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit haften deswegen zu Recht nach den gleichen Grundsätzen wie die Vertreter herkömmlicher Unternehmen.236 Auch die Gesellschafter einer britischen LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland können demnach als deren organschaftliche Vertreter237 nur nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 S. 2 BGB persönlich in Anspruch genommen werden, wenn die besonderen Voraussetzungen der Vertreterhaftung vorliegen. Die freiberufliche Tätigkeit an sich ist hingegen nicht geeignet, die grundlegende Haftungsordnung bei einer juristischen Person außer Kraft zu setzen. Vielmehr gilt auch insoweit der Grundsatz, dass Verpflichtungen aus einem 233
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc). Siehe dazu oben 3. Teil § 12. I. 1. 235 Vgl. Schmidt, HandR, S. 282; Henssler, in: FS Wiedemann, 907, 928; zur Überholtheit der Differenzierung zwischen Gewerbe und Freiem Beruf Raisch, in: FS Rittner, 471, 471 ff., 481; Neuner, ZHR 157 (1993), 243, 263 f., 288; Treber, AcP 199 (1999), 525, 569 ff.; zu Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen Freiem Beruf und Gewerbe Ulmer, in: MüKo, § 1 PartGG, Rdn. 16; Henssler, § 1 PartGG, Rdn. 27 ff.; Römermann/Michalski, § 1 PartGG, Rdn. 30 ff. 236 Ganster, S. 461. 237 Siehe section 6 (1) LLPA, reg. 7 (3) LLP Regulations. 234
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
Schuldverhältnis, die durch das Handeln eines Vertreters bzw. Organs der Gesellschaft entstanden sind, ausschließlich die vertretene Gesellschaft treffen.238 Ob in Ermangelung einer besonderen freiberuflichen Vertrauensübernahme im deutschen Recht die allgemeinen Grundsätze der Vertreterhaftung auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ übertragen werden können, hängt entscheidend davon ab, ob die Vertreterhaftung als verbandsspezifisches oder neutrales Rechtsinstitut einzuordnen ist. b) Die Vertreterhaftung als verbandsspezifisches Rechtsinstitut Vereinzelt wird die Vertreterhaftung nach deutschem Recht, soweit sie die organschaftlichen Vertreter einer juristischen Person betrifft, als verbandsspezifisches Rechtsinstitut verstanden. Begründet wird diese gesellschaftsakzessorische Qualifikation damit, dass die Haftung in einem solchen Fall unmittelbar aus der Stellung der betroffenen Person als Organ der Gesellschaft resultiere.239 Schließt man sich diesem Verständnis an, so folgt daraus nach den Leitlinien des EuGH, dass die Übertragung der Vertreterhaftung nach deutschem Recht auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ zwangsläufig eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV konstituiert. Eine Anwendung der einschlägigen Haftungsregeln auf eine LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland wäre dann nur zulässig, sofern diese nach den Voraussetzungen der Gebhard Formel gerechtfertigt ist. Andernfalls wäre ein Rückgriff auf diesen besonderen Haftungstatbestand des deutschen Rechts verschlossen. Das zuständige Gericht wäre dann gezwungen, zur Inanspruchnahme der handelnden Organe auf die Regelungen zurückzugreifen, die das britische Recht für solche Fallgestaltungen vorsieht. c) Die Vertreterhaftung als neutrales Rechtsinstitut In der Praxis wird die Vertreterhaftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB in der Tat häufig im Zusammenhang mit rechtsgeschäftlichem Handeln von organschaftlichen Vertretern einer juristischen Person, vor allem bei der GmbH,240 diskutiert. Die Frage, ob eine persönliche Inanspruchnahme der für die Gesellschaft im Rechtsverkehr auftretenden Geschäftsleiter möglich ist, stellt sich insbeson-
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Vgl. BGH 1990, 389, 390. Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 12. 240 Dazu Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 50 ff.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 223 ff.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 308 ff.; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 54 ff. 239
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dere dann, wenn die gesetzlichen Vertreter gleichzeitig Gesellschafter des Unternehmens sind.241 Gleichwohl können die Grundsätze der Vertreterhaftung nach deutschem Recht nicht als verbandsspezifisches Rechtsinstitut qualifiziert werden.242 Die mögliche persönliche Inanspruchnahme des für einen Dritten auftretenden Stellvertreters knüpft unmittelbar weder an die Organ- noch an die Gesellschafterstellung im Verband an. Bei der Eigenhaftung des Vertreters handelt es sich vielmehr um eine generelle Frage, die dem allgemeinen Recht des Rechtsverkehrs bzw. dem Vertretungsrecht und nicht dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen ist.243 Eine Haftung nach diesen allgemeinen Grundsätzen des Vertretungsrechts kommt immer dann in Betracht, wenn jemand im Rechtsverkehr für einen Dritten auftritt und sich dabei in einer Weise verhält, die das Entstehen eines Schuldverhältnisses zu dem Vertreter rechtfertigt, obwohl dieser ursprünglich nicht selbst Vertragspartei werden sollte. Die Begründung eines Schuldverhältnisses zwischen dem Vertreter und dem Anspruchsteller ist dabei unabhängig davon, ob der vertretene Geschäftsherr den Status einer juristischen Person genießt. Gleichermaßen ist es ohne Bedeutung, ob es sich bei dem Vertreter um einen organschaftlichen Repräsentant einer juristischen Person handelt. Zwar treten die Organe einer juristischen Person nach außen als deren Vertreter auf, so dass die Möglichkeit einer Inanspruchnahme nach den Grundsätzen der Vertreterhaftung grundsätzlich existiert. An der verkehrsrechtlichen neutralen Natur dieser Haftung, die jedermann, der im Rechtsverkehr als Vertreter eines Dritten auftritt, treffen kann, vermag dies jedoch nichts zu ändern.244 Aus der Qualifikation der Vertreterhaftung nach deutschem Recht als neutrales Rechtsinstitut folgt, dass deren Anwendung auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ nach den Leitlinien des EuGH nicht zwangsläufig die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV beschränkt. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Übertragung des Instituts der Vertreterhaftung auf eine LLP mit Verwaltungssitz in Deutsch241 Siehe etwa Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 219 f.; Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 50 ff.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 223 ff.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 308 ff.; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 54 ff. 242 Vgl. Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 96; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204, 1207; Paefgen, DB 2003, 487, 488, 492. 243 Vgl. Forsthoff/Schulz, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 15, Rdn. 85; Spahlinger/Wegen, in: Internationales Gesellschaftsrecht, S. 96; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204, 1207; Paefgen, DB 2003, 487, 488, 492; ders., ZIP 2004, 2253, 2255; Schall, ZIP 2005, 965, 975. 244 Im Ergebnis auch Forsthoff/Schulz, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 15, Rdn. 51; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204, 1207; Paefgen, DB 2003, 487, 488, 492; ders., ZIP 2004, 2253, 2255.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
land deren Zugang zum Markt erschwert und damit deren Zuzug behindert oder weniger attraktiv macht. Nur in einem solchen Fall wäre den deutschen Gerichten ein Rückgriff auf die Grundsätze zur Eigenhaftung von Vertretern versagt, es sei denn, die Voraussetzungen einer Rechtfertigung nach den Gebhard Leitlinien sind erfüllt. d) Die marktzugangsneutrale Wirkung der Vertreterhaftung Sofern deutsche Gerichte die dem allgemeinen Verkehrsrecht zuzuordnenden Grundsätze der Vertreterhaftung unter Berücksichtigung der sehr restriktiven Spruchpraxis des BGH245 auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ übertragen und keine strengeren Maßstäbe für ausländische Gesellschaftsformen anlegen, ist nicht zu erwarten, dass dadurch der Marktzugang der betreffenden Gesellschaften nach Deutschland erheblich behindert wird.246 Nach den beiden zur Vertreterhaftung existierenden Fallgruppen des wirtschaftlichen Eigeninteresses und der Übernahme persönlichen Vertrauens sind an das Verhalten eines Vertreters, das geeignet ist, dessen persönliche Haftung zu begründen, regelmäßig hohe Anforderungen zu stellen.247 Um in die Gefahr einer Eigenhaftung zu gelangen, muss sich der Vertreter im Außenverhältnis geradezu eindeutig in das Zentrum der rechtsgeschäftlichen Verhandlungen mit seinem Gegenüber drängen. Er muss entweder von vornherein beabsichtigen, die Gegenleistung für eigene Zwecke zu verwenden,248 oder aber in solcher Weise durch sein Verhalten ein zusätzliches Vertrauen hervorgerufen haben, dass seine Erklärung als selbständiges Garantieversprechen aufgefasst werden kann.249 245 Die Rückkehr zu einer restriktiven Handhabung der Vertreterhaftung hat der BGH unter dem Eindruck der in der Literatur geübten Kritik im Jahre 1994 vollzogen in BGHZ, 126, 181, 183 ff.; siehe dazu Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 219 f. m. w. N.; Raiser/Veil, S. 520 f. 246 Ähnlich Ganster, S. 470; vgl. Jestädt, S. 206, 212; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2255. 247 Zum eigenen wirtschaftlichen Interesse vgl. BGHZ 126, 181, 185; BGH, LM § 276 (Fa) Nr. 87; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 217; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 55. Zur Übernahme persönlichen Vertrauens vgl. BGHZ 126, 181, 183 ff.; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 215, 220; Lutter/ Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 50 ff.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 225 f.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 311 f.; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 55. 248 BGHZ 126, 181, 185; BGH, LM § 276 (Fa) Nr. 87; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 217; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 55. 249 Vgl. BGHZ 126, 181, 183 ff.; Heinrichs, in: Palandt, § 311 BGB, Rdn. 65; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 215, 220; Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG, Rdn. 50 ff.; Schneider, in: Scholz, § 43 GmbHG, Rdn. 225 f.; Haas, in: Michalski, § 43 GmbHG, Rdn. 311 f.; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 43 GmbHG, Rdn. 55.
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In Anbetracht dieser engen Tatbestandsvoraussetzungen begründet das neutrale Rechtsinstitut der culpa in contrahendo für die Eigenhaftung von Vertretern nur eine – wenn überhaupt – sehr geringfügige Belastung durch die inländische Rechtsordnung. Zwar wird man den Grundsätzen der Vertreterhaftung nicht jegliche Relevanz für die Freizügigkeit von Gesellschaften etwa wegen zu mittelbarer und unsicherer Auswirkungen absprechen können, so dass die einschlägigen Leitlinien des nationalen Rechts nicht unter die vom EuGH geschaffene „Regel der Abgeschiedenheit“ fallen.250 Ebenso wenig ist aber ersichtlich, dass die Vertreterhaftung den Zuzug ausländischer Verbände behindert oder weniger attraktiv macht, so dass auch eine wesentliche Beschränkung des Marktzugangs auszuschließen ist. Gerade eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ wird sich kaum auf eine marktzugangsbeschränkende Wirkung der deutschen Vertreterhaftung berufen können. Denn nach britischem Recht können bereits die Gesellschafter einer gewerblichen LLP in ähnlich gelagerten Fällen wie der deutschen Vertreterhaftung persönlich nach dem tort of negligence in Anspruch genommen werden.251 Die für juristische Personen britischen Rechts einschlägigen Williams Leitlinien,252 weisen insoweit weitgehende Parallelen zur Haftung eines Vertreters wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens nach § 311 Abs. 3 S. 2 BGB auf. Nicht anders als das deutsche Recht machen auch sie die Übernahme einer besonderen persönlichen Verantwortung oder die Begründung eines besonderen persönlichen Vertrauens zur Grundlage der Haftung eines Vertreters.253 Übt eine LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland eine freiberufliche Tätigkeit aus, wovon in dieser Untersuchung ausgegangen wird, so kann die deutsche Vertreterhaftung für diese Gesellschaft umso weniger eine marktzugangsbehindernde Wirkung entfalten. Während nach deutschem Recht ein als organschaftlicher Vertreter einer juristischen Person auftretender Freiberufler nicht allein schon aufgrund seiner Berufsträgerschaft ein besonderes Vertrauen begründet, das Grundlage einer persönlichen Haftung sein kann,254 wird die britische Rechtsprechung nach der hier vertretenen Ansicht dazu tendieren, die Aus250 Siehe dazu allgemein EuGH, Peralta, Rs. C-379/92, Slg. 1994, I-3453, Rdn. 24; EuGH, Esso, Rs. C-134/94, Slg. 1995, I-4223, Rdn. 24; EuGH, Corsica Ferries, Rs. C-266/96, Slg. 1998, I-3949, Rdn. 31; EuGH, Centro Servizi Speditoro, Rs. C-96/94, Slg. 1995, I-2883, Rdn. 41; EuGH, BASF, Rs. C-44/98, Slg. 1999, I-6269, Rdn. 16. 251 Vgl. dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. 252 Formuliert in Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 834F–H, 835B–C per Lord Steyn. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) bb) (3) (b). 253 „[. . .] assumption of responsibility [. . .]“, Williams v Natural Life Health Foods Ltd [1998] 1 W.L.R. 830, 835B–C per Lord Steyn. 254 BGH, NJW 1989, 293, 294 (Rechtsanwalt); BGH, NJW 1991, 32, 33 (Rechtsanwalt); BGH, NJW 1992, 2080, 2082 (Steuerberater); Henssler, in: Henssler/Streck, S. 701; ders., JZ 1994, 178, 184; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 221 ff.; zum Ganzen Henssler, AnwBl. 1996, 3, 6 f.; siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 3. a).
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
übung einer freiberuflichen Tätigkeit als organschaftlicher Vertreter einer LLP als objektives Anzeichen einer persönlichen Vertrauensübernahme anzusehen.255 Konsequenz der zu erwartenden Anwendung dieser „professional liability“ auf die LLP ist, dass die als Vertreter auftretenden Gesellschafter einer freiberuflichen „Briefkasten-LLP“256 nach dem tort of negligence ihres Gründungsrechts eher in die Gefahr einer persönlichen Haftung geraten als nach den deutschen Grundsätzen der Vertreterhaftung. Mit anderen Worten führt das Gemeinschaftsrecht letztlich dazu, dass die Gesellschafter einer in Deutschland tätigen Freiberufler-LLP besser stehen, als die Gesellschafter einer freiberuflichen LLP in Großbritannien.257 Die Anwendung der deutschen Grundsätze der Vertreterhaftung auf eine LLP mit deutschem Verwaltungssitz kann deswegen den Marktzugang der Gesellschaft nicht beschränken. Ein aus der Anwendung dieser Grundsätze folgender Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit scheidet mithin aus. Deutschen Gerichte wird es demzufolge europarechtlich unbedenklich möglich sein, die Gesellschafter einer „Briefkasten-LLP“ als deren organschaftliche Vertreter258 unter den entsprechenden Voraussetzungen persönlich für die Verletzung ihrer Verhaltenspflichten beim Vertragsschluss in Anspruch zu nehmen. 4. Rechtfertigung nach den Gebhard Grundsätzen Im Unterschied zu den Grundsätzen der Vertreterhaftung können die Rechtsinstitute der Insolvenzverschleppungshaftung und des Haftungsdurchgriffs als verbandsspezifische Regelungen des deutschen Rechts nur dann zum Schutz der Gläubiger auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ übertragen werden, wenn für deren Anwendung die Voraussetzungen der Gebhard Kriterien erfüllt sind. Nach diesen Kriterien,259 sind Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit gerechtfertigt, wenn die jeweiligen nationalen Regelungen des Mitgliedsstaates die folgenden vier Voraussetzungen erfüllen: „Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Zieles erforderlich ist.“260 255
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc) (2). Section 6 (1) LLPA; reg. 7 (3) LLP Regulations. 257 Zu einer möglichen Korrektur dieses Ergebnisses siehe unten 4. Teil § 16. 258 Section 6 (1) LLPA; reg. 7 (3) LLP Regulations. 259 Siehe 4. Teil § 13. II. 5. a). 260 Siehe EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37; EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 34–38; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 83–92; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 133–142. 256
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a) Die ersten drei Rechtfertigungsvoraussetzungen Die ersten drei Kriterien der Gebhard Grundsätze werden in der Spruchpraxis des EuGH zur Niederlassungsfreiheit eher nachgiebig gehandhabt. Die Luxemburger Richter sind regelmäßig geneigt, die von den Mitgliedsstaaten für die Anwendung ihres nationalen Rechts vorgebrachten Argumentationen zu akzeptieren.261 Auch im Hinblick auf die Durchgriffshaftung und die Insolvenzverschleppungshaftung werfen diese Erfordernisse keine größeren Probleme auf. aa) Nicht diskriminierende Anwendung Soweit die Grundsätze der Durchgriffshaftung sowie der Insolvenzverschleppungshaftung unterschiedslos auf inländische und ausländische Gesellschaften angewendet werden und die ausländische Rechtsform des betreffenden Unternehmens nicht als haftungsverschärfendes Element berücksichtigt wird, bestehen an einer nicht diskriminierenden Anwendung dieser Haftungstatbestände auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ in Deutschland keine Zweifel. bb) Durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gedeckt Die persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter einer juristischen Person nach dem Institut des Haftungsdurchgriffs wie auch die Haftung der Geschäftsleitung einer juristischen Person wegen schuldhafter Verletzung der Insolvenzantragspflicht verfolgen den Zweck, die Gesellschaftsgläubiger vor Gefahren zu schützen, die funktional mit der rechtlichen Verselbständigung der juristischen Person im Zusammenhang stehen.262 In seiner Spruchpraxis zur Niederlassungsfreiheit hat der EuGH bereits mehrfach unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der Gläubigerschutz als einer der zwingenden Gründe des Allgemeinwohls einzuordnen ist.263 Sowohl die Anwendung der Durchgriffshaf-
261 Siehe EuGH, EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 92 f.; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 142. Dieses Vorgehen, die vorgebrachten Motive der Mitgliedsstaaten anzuerkennen, die Einzelmaßnahme aber dann einer strengen Erforderlichkeitsprüfung zu unterziehen, ist ein allgemeines Charakteristikum der jüngeren Rechtsprechung des EuGH in sensiblen Bereichen, siehe dazu EuGH, Vanbraekel, Rs. C-368/98, Slg. 2001, I-5363 Rdn. 46 ff.; EuGH, GeraetsSmits, Peerbooms, Rs. C-157/99, Slg. 2001, I-5473, Rdn. 70 ff.; EuGH, Müller-Fauré, Rs. C-385/99, Slg. 2003, I-4509, Rdn. 69 ff.; dazu auch Biondi/Lester (2002) Y.E.L. 21, 471, 475 f.; Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 475 f.; ähnlich Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 688; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173. 262 Die Durchgriffshaftung soll die Gläubiger davor schützen, dass die Gestaltungsmöglichkeiten der jeweiligen Organisationsform in einer dem Normzweck zuwiderlaufenden oder missbräuchlichen Weise ausgenutzt werden. Die Insolvenzverschleppungshaftung soll die Gläubiger vor einer Schädigung durch die Verzögerung oder Unterlassung des Insolvenzantrags schützen.
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tung als auch die Übertragung der Insolvenzverschleppungshaftung auf eine „Briefkasten-LLP“ sind demnach von einem geeigneten Rechtfertigungsgrund gedeckt. cc) Zur Zielerreichung geeignet Da beide Rechtsinstitute den Gesellschaftsgläubigern zusätzliche Rechtsbehelfe an die Hand geben, die dazu beitragen, den Schutz ihrer Interessen in bestimmten Situationen zu verbessern, ist die Anwendung der Durchgriffs- und Insolvenzverschleppungshaftung auf eine LLP mit deutschem Verwaltungssitz schließlich auch zum Schutz der Gläubiger geeignet. b) Die Erforderlichkeit Im Unterschied zu der eher großzügigen Handhabung der ersten drei Voraussetzungen wird dem Kriterium der Erforderlichkeit von den Luxemburger Richtern zentrale Bedeutung im Hinblick auf die Rechtfertigung von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit beigemessen.264 Dabei untersucht das Gericht, ob die Anwendung der nationalen Regelung im Einzelfall über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels, in diesem Fall des Gläubigerschutzes, notwendig ist.265 Um der besonderen Bedeutung der Erforderlichkeit in der Rechtsprechung des EuGH gerecht zu werden, ist die allgemeine Handhabung dieses Kriteriums im Rahmen der Niederlassungsfreiheit näher zu beleuchten. Sodann sind die entsprechenden Grundsätze auf die beiden in Rede stehenden Rechtsinstitute zu übertragen, um beurteilen zu können, ob eine Anwendung des Instituts der Durchgriffshaftung bzw. der Insolvenzverschleppungshaftung auf eine LLP mit deutschem Verwaltungssitz den Anforderungen des EuGH an die Erforderlichkeit standhalten wird.
263 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 35; EuGH, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 92; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 132. 264 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 36–38; Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135; so auch Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 60; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 103; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 30 f.; ders., JZ 2004, 24, 28; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 171; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1208; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 13; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2256. 265 Siehe Kraus, Rs. C-19/92, Slg. 1993, I-1663, Rdn. 32; EuGH, Gebhard, Rs. C55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37; EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 34; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 133; Craig/DeBúrca, S. 372.
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aa) Die Handhabung der Erforderlichkeit im Rahmen der Niederlassungsfreiheit Der Rechtsprechung des EuGH lassen sich bestimmte Leitlinien entnehmen, die das Gericht bei der Untersuchung der Erforderlichkeit von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit zugrunde legt. (1) Das strikte Verständnis der Erforderlichkeit Auffällig an der Erforderlichkeitsprüfung des EuGH ist vor allem die äußerst strikte Handhabung dieser Rechtfertigungsvoraussetzung.266 Anders als nach der Rechtsprechung des BVerfG wird eine Beschränkung der Grundfreiheit nicht bereits dann als erforderlich angesehen, wenn kein milderes Mittel existiert, das zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks genauso wirksam ist wie die Beschränkung.267 Die Erforderlichkeit beschränkender nationaler Maßnahme wird nach Gemeinschaftsrecht vielmehr erst dann angenommen, wenn alternative Instrumente milderer Art zur Erreichung des Ziels völlig unangemessen sind, weil sie etwa den Zweck gänzlich verfehlen.268 Kann dagegen das mit der Beschränkung einer Grundfreiheit verfolgte Ziel auf gemäßigtere Weise, wenn auch mit geringerer Intensität, erreicht werden, so scheidet eine Rechtfertigung der in Frage stehenden Maßnahme mangels Erforderlichkeit aus.269
266 Biondi (1999/00) Y.E.L. 19, 469, 475 f.; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 688; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 28; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1208; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 13. Eingehend hierzu Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 30 ff. 267 Zur Spruchpraxis des BVerfG siehe etwa Sachs, in: Sachs, Art. 20 GG, Rdn. 152; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20 GG, Rdn. 85; Dreier, in: Dreier, Vorb. GG, Rdn. 148, alle m. w. N. 268 Vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Art. 48 EGV Rdn. 24–26; Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 60 ff.; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 52 ff., 62 ff.; ders., JZ 2004, 24, 28; Schön, in: FS Heldrich, 391, 401; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2257; a. A. Jans (2000) L.I.E.I. 27 (3), 239, 247, 250. 269 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 36; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135; EuGH, Kommission/Italien, Rs. C101/95, Slg. 1996, I-2691, Rdn. 17; vgl. auch Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 148–150; Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Art. 48 EGV, Rdn. 24–26; Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 60 ff.; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 52 ff., 62 ff.; ders., JZ 2004, 24, 28. Eine Erklärung für diese strikte Handhabung des Erforderlichkeitskriteriums unter dem Gesichtspunkt „in dubio pro libertate“ findet sich bei Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 57 f.; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173.
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Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zum Zweck des Gläubigerschutzes ist somit nach der Spruchpraxis des EuGH bereits dann nicht mehr erforderlich, wenn weniger einschneidende Alternativen bestehen, die die Gläubiger – wenn auch auf niedrigerem Niveau – schützen. Die Beschränkung der Grundfreiheit zum Zwecke des Gläubigerschutzes geht in einem solchen Fall über das zur Zielerreichung Notwendige hinaus. (2) Das Konzept des mündigen Gläubigers (Informationsmodell) 270 Der EuGH überträgt in seiner Spruchpraxis zur Rechtfertigung von Beschränkungen aus Gläubigerschutzgründen das Konzept des mündigen Verbrauchers aus der Warenverkehrsfreiheit auf die Niederlassungsfreiheit.271 In seinen Entscheidungen zur Niederlassungsfreiheit geht das Gericht demzufolge von dem Bild eines mündigen Gläubigers aus, von dem eigenverantwortliches Handeln erwartet werden kann.272 Als Folge dieses Verständnisses legt der EuGH hinsichtlich der Frage, ob eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch nationales Recht zum Schutz der Gläubiger über das Notwendige hinausgeht, sehr hohe Maßstäbe an. Anstelle von hoheitlichen Eingriffen zum Schutz der Gläubiger favorisiert das Gericht prinzipiell als weniger einschneidendes Schutzsystem ein eher informationsbetontes Konzept, das den Schwerpunkt auf das selbständige freie Handeln des ausreichend informierten Gläubigers legt.273 270 Dieser Begriff wurde von Grundmann geprägt. Siehe dazu Grundmann, Rdn. 1137 sowie Rdn. 227 ff.; ders., DStR 2004, 232–236; ders., ZIP 2004, 2401, 2406 ff. 271 Siehe zur Warenverkehrsfreiheit EuGH, Cassis de Dijon, Rs. 120/78, Slg. 1979, 649, Rdn. 11–13; EuGH, Verband Sozialer Wettbewerb, Rs. C-315/92, Slg. 1994, I317, Rdn. 21–23; EuGH, Mars, Rs. C-470/93, Slg. 1995, I-1923, Rdn. 24; dazu Müller-Graff, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 28 EGV, Rdn. 217–222; Reich, in: Reich/ Micklitz, S. 45; Craig/De Búrca, S. 378, 663; Drexl, S. 53 f.; 421 ff.; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2256. Zur Niederlassungsfreiheit siehe Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 33 ff.; Martin-Ehlers, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 1, 2, 23 ff.; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 103 f. 272 So auch Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 33 ff.; ders., JZ 2004, 24, 27; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 171; Schön, in: FS Heldrich, 391, 402; Halhuber, S. 147; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 13; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 663; Ulmer, KTS 2004, 291, 291. 273 Zu diesem Konzept siehe Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 22 f.; siehe auch Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 149; vgl. dazu Martin-Ehlers, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 1, 24 f.; Grundmann, Rdn. 1137 sowie Rdn. 227 ff.; ders., DStR 2004, 232–236; ders., ZIP 2004, 2401, 2406 ff.; Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 33 ff.; ders., JZ 2004, 24, 27; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 663; Merkt, ZGR 2004, 305, 309;
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(3) Differenzierung zwischen den Arten der Gläubiger Das vom EuGH bevorzugte System des Selbstschutzes ausreichend informierter Gläubiger kann insbesondere bei freiwilligen Gläubigern funktionieren, die sich vor der Aufnahme rechtsgeschäftlicher Kontakte über ihren Schuldner informieren und demgemäß Vorsorgemaßnahmen treffen können. Unfreiwillige Gläubiger, die sich ihren Schuldner nicht eigenständig aussuchen können, sind dagegen nicht in der Lage, den Schutz ihrer Interessen durch entsprechende Vorsorgemaßnahmen in demselben Umfang vorzunehmen.274 Auf sie ist das Konzept des mündigen Gläubigers somit nicht in gleichem Maße übertragbar.275 In seiner Entscheidung in Centros hat der EuGH noch angedeutet, dass er im Rahmen der Anforderungen, die an die Erforderlichkeit einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zu stellen sind, zwischen einzelnen Gläubigergruppen differenziert, indem er zwischen „privaten“ und „öffentlichen“ Gläubigern unterschieden hat.276 Die Entscheidungsgründe von Inspire Art enthalten dagegen eine solche Differenzierung unterschiedlicher Gläubigergruppen nicht mehr.277 Gleichwohl ist nicht zu erwarten, dass der EuGH das Konzept des informierten Gläubigers unreflektiert auf unfreiwillige Gläubiger anwenden wird, indem er von diesen im gleichen Umfang Selbstschutzmaßnahmen verlangen wird. Dadurch würde das Gericht Gefahr laufen, dieser Gläubigergruppe ein Verhalten abzuverlangen, zu dem der angesprochene Personenkreis von vornherein nicht imstande ist.278 Vielmehr ist zu erwarten, dass das Gericht im Hinblick auf die Anforderungen der Erforderlichkeit einer die Niederlassung beschränkenden Maßnahme zum Zwecke des Gläubigerschutzes weiterhin zwischen freiwilligen und unfreiwilligen Gläubigern differenzieren wird.
ders. (2004) E.C.F.R. 1 (1), 3, 16 ff.; ders., RIW 2004, 1, 6; Mülbert, DK 2004, 151, 156 Fn. 37; Schön, DK 2004, 162, 163; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2256. 274 Vgl. Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 38 ff.; ders., in: FS Heldrich, 581, 588; ders., JZ 2004, 24, 27; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 171; Halhuber, S. 147; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 14; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 663; Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677, 682; Merkt, ZGR 2004, 305, 320; Rehberg, ELF 2004, 1, 2; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2257. Teilweise wird auch bezweifelt, dass das Konzept des EuGH unterschiedslos für alle vertraglichen Gläubiger Geltung beanspruchen kann, siehe dazu Eidenmüller, JZ 2004, 24, 27; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 14. 275 A. A. Sandrock, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 33, 59. 276 EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37. 277 EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. Generalanwalt Alber deutet dagegen in seinen Schlussanträgen eine Differenzierung zwischen öffentlichen und privaten Gläubigern an, siehe Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 150. 278 So auch Eidenmüller, JZ 2004, 24, 27, vgl. Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 172; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 14.
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(a) Freiwillige Gläubiger: Das Informationsmodell Nach dem Konzept der Luxemburger Richter ist die Anwendung nationalen Rechts auf eine ausländische Gesellschaft nicht notwendig, um die freiwilligen Gläubiger zu schützen.279 Diese Gläubigergruppe sei, so wird argumentiert, ausreichend davon unterrichtet, dass die Gesellschaft, mit der sie aus freien Stücken kontrahiere, eine den einheimischen Unternehmen verschiedene Haftungsstruktur – etwa im Hinblick auf Mindestkapitalvorschriften oder die Haftung der Geschäftsführer – aufweist.280 Begründet wird diese Publizität damit, dass die betreffende Gesellschaft im Zuzugsstaat aufgrund ihrer Firma erkennbar in einer ausländischen Rechtsform auftritt.281 Wegen der so erlangten Kenntnis von einer andersartigen Haftungsverfassung seien freiwillige Gläubiger in der Lage, sich im Vorhinein auf die vorgefundenen Gegebenheiten einzustellen und eigenständig effektive Vorsorgemaßnahmen zu treffen,282 indem etwa Sicherheiten von dem künftigen Vertragspartner verlangt werden.283 Überdies könnten sich freiwillige Gläubiger auf bestimmte gemeinschaftsrechtliche Regelungen des Sekundärrechts284 sowie auf die Gläubigerschutzmechanismen des Herkunftsstaates berufen,285 die ihre Interessen zusätzlich absichern. 279 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. Vgl. auch Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21 f.; Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 150. 280 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. 281 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. 282 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. 283 Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 150. 284 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. Der EuGH nennt insoweit die vierte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. EG Nr. L 222, S. 11 und die elfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedsstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsform errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABl. EG Nr. L 395, S. 36. Zudem ist die erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 – die Publizitätsrichtlinie – über die registerrechtlich offenzulegenden Verhältnisse von Gesellschaften zu nennen, ABl. EG Nr. L 65, S. 8, die ebenfalls dem Gläubigerschutz Rechnung trägt. 285 Vgl. dazu Schlussanträge von Generalanwalt Colomer, Überseering, Rs. C-208/ 00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 53; Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21.
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Aufgrund der bestehenden Schutzmöglichkeiten ist ein weitergehender Schutz der freiwilligen Gläubiger durch etwaige Maßnahmen der Mitgliedsstaaten nach Ansicht des EuGH nicht erforderlich.286 Vielmehr wird jede zusätzliche Anwendung gläubigerschützender Rechtsinstitute des Zuzugsstaates über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels notwendig ist. (b) Unfreiwillige Gläubiger: Erfordernis einer Schutzlücke Nach der Rechtsprechung des EuGH muss auch in Bezug auf unfreiwillige Gläubiger jede Anwendung des Rechts des Zugsstaates den strengen Erforderlichkeitskriterien genügen. Zwar kommt eine Eigenvorsorge dieser Gläubiger nach dem Informationsmodell des EuGH nur bedingt als milderes Mittel des Gläubigerschutzes in Betracht.287 Allerdings können sich nach der Spruchpraxis des Gerichts auch diese Gläubiger auf die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen des Sekundärrechts288 sowie auf die Gläubigerschutzmechanismen des Herkunftsstaates berufen,289 die ihre Interessen schützen. Ebenso wie bei den übrigen Grundfreiheiten kann eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, die aufgrund eines zwingenden Allgemeininteresses erfolgt ist, nur dann als erforderlich angesehen werden, wenn dem Allgemeininteresse – hier dem Gläubigerschutz – nicht bereits durch sekundäres Gemeinschaftsrecht290 oder das Recht des Gründungstaates291 ausreichend Rechnung 286 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. Vgl. auch Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21 f.; Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 150. 287 Vgl. Halhuber, S. 147; Eidenmüller JZ 2004, 24, 27; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 14; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 661; Bayer, BB 2003, 2357, 2364; ähnlich Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 172. 288 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. 289 Vgl. dazu Schlussanträge von Generalanwalt Colomer, Überseering, Rs. C-208/ 00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 53; Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21. So auch Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 43 ff.; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 702. 290 Zur Warenverkehrsfreiheit etwa EuGH, Cassis de Dijon, Rs. 120/78, Slg. 1979, 649, Rdn. 8; EuGH, Van der Laan, Rs. C-383/97, Slg. 1999, I-731, Rdn. 19 f.; Müller-Graff, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 28 EGV, Rdn. 198–200; Craig/De Búrca, S. 638, 668. Die Cassis de Dijon Grundsätze zur Warenverkehrsfreiheit sind aufgrund der Urteile EuGH, Bosman, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Rdn. 104; EuGH, Van Binsbergen, Rs. 33/74, Slg. 1974, 1299, Rdn. 12; EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37 auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Dienstleistungsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit übertragbar. 291 Zur Dienstleistungsfreiheit etwa EuGH, Kommission/Deutschland, Rs. 205/84, Slg 1986, 3755, Rdn. 27; EuGH, Arblade u. a., Rs. C-369/96, C-376/96, Slg. 1999, I8453, Rdn. 34; EuGH, Ramrath, Rs. C-106/91, Slg. 1992, I-3351, Rdn. 29; Tiedje/
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getragen wird. Nach der Spruchpraxis des EuGH ist es dabei unerheblich, ob zur Erreichung des Schutzzwecks ein spezielles Instrumentarium im Gemeinschaftsrecht oder im Recht des Gründungsstaates vorgesehen ist.292 Entscheidend ist vielmehr, ob das Allgemeininteresse durch das Gesamtkonzept angemessen berücksichtigt wird.293 Demnach kann selbst bei unfreiwilligen Gläubigern der Rückgriff auf die Normen der Rechtsordnung des Zuzugsstaates zum Zwecke des Gläubigerschutzes nur dann erforderlich sein, wenn im europäischen und nationalen Recht eine Schutzlücke besteht, so dass der Schutz der Gesellschaftsgläubiger durch die Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Normen nicht in angemessener Weise gewährleistet ist.294 Selbst in einem solchen Fall ist der Mitgliedsstaat indes unverändert gezwungen, das relativ mildeste Mittel zur Verwirklichung des Gläubigerschutzes zu wählen.295 Insoweit dürften nach Ansicht des EuGH präventive Schutzmaßnahmen, die durch eigenständiges Handeln der Beteiligten eingerichtet werden können, ohne dabei auf dem für unfreiwillige Gläubigern wirkungslosen Informations- oder Publizitätsmodell zu beruhen – wie etwa Pflichtversicherungen oder zwingend einzurichtende Pools für Sonderrisiken –,296 gegenüber repressiven, rein hoheitlichen Eingriffen der Mitgliedsstaaten vorzugswürdig sein.297
Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 49 EGV, Rdn. 77–80; Craig/De Búrca, S. 817; zur Niederlassungsfreiheit etwa EuGH, Gambelli, Rs. C-243/01, Rdn. 73; zur Warenverkehrsfreiheit etwa EuGH, Canal Satélite Digital, Rs. C-390/99, Slg. 2002, I607, Rdn. 36–38. 292 Dies zeigt eindeutig die Tatsache, dass es der EuGH bei der Frage nach der Erforderlichkeit genügen lässt, wenn das Allgemeininteresse in irgend einer Form geschützt wird, vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 36 f.; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135; EuGH, Kommission/Italien, Rs. C-101/94, Slg. 1996, I-2691, Rdn. 17; siehe auch Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21 f.; Schlussanträge von Generalanwalt Colomer, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 53; Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I10155, Rdn. 148–150. 293 So auch Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3, Rdn. 50; ders., JZ 2004, 24, 28; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 14; in die gleiche Richtung Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677, 682. 294 So auch Sandrock, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb, 33, 37 f.; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 173; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 28; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 14; Bayer, BB 2003, 2357, 2364; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2257. 295 So eindeutig EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37. 296 Siehe Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 172; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 663. Allgemein zu den Schutzmöglichkeiten unfreiwilliger Gläubiger und deren ökonomischer Analyse, Easterbrook/Fischel, S. 49 ff.; zu Pflichtversicherungen siehe auch Mülbert/Birke (2002) E.B.O.R. 3, 695, 725. 297 Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37, wo der EuGH ein für öffentliche Gläubiger gesetzlich vorgesehenes Recht auf die Gewährung von
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bb) Übertragung auf die Durchgriffshaftung und Insolvenzverschleppungshaftung Überträgt man die Leitlinien des EuGH zur Prüfung der Erforderlichkeit einer Einschränkung der Niederlassungsfreiheit auf die Rechtsinstitute des Haftungsdurchgriffs und der Insolvenzverschleppungshaftung, so ist im Hinblick auf die Frage, ob eine Anwendung der jeweiligen Grundsätze auf eine freiberufliche „Briefkasten-LLP“ über das zum Gläubigerschutz Notwendige hinausgeht, zwischen freiwilligen und unfreiwilligen Gläubigern zu differenzieren. (1) Freiwillige Gläubiger Auf der Grundlage der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung kann eine Anwendung der deutschen Durchgriffshaftung ebenso wie eine Übertragung der Grundsätze zur Insolvenzverschleppungshaftung nicht als erforderlich angesehen werden, um die freiwilligen Gläubiger einer freiberuflichen „BriefkastenLLP“ zu schützen. Nach der Wertung des EuGH obliegt es nämlich primär den infolge der Publizität der ausländischen Rechtsform informierten Gesellschaftsgläubigern, sich eigenständig vor etwaigen Risiken der ausländischen Haftungsstruktur zu schützen, indem sie etwa besondere Sicherheiten verlangen298 oder von einer Aufnahme rechtsgeschäftlicher Beziehungen mit der Gesellschaft absehen. Zum Schutz der Gläubiger einer LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland kann zudem auf spezifische Gläubigerschutzmechanismen, die das britische Recht für die Gläubiger der LLP bereithält, zurückgegriffen werden.299 Zusätzlich stehen den freiwilligen Gläubigern einer „Briefkasten-LLP“ aufgrund der Anwendung der einschlägigen Abschnitte des CA 1985 auf die LLP bestimmte, auf Gemeinschaftsrecht beruhende Schutzmechanismen des Gesellschaftsrechts zur Seite, die europaweit harmonisiert sind.300 Der EuGH nennt insoweit seinerSicherheiten als milderes Mittel zur Verweigerung der Eintragung einer Zweigniederlassung charakterisiert. 298 Diese Möglichkeit wird ausdrücklich von Generalanwalt Alber genannt, siehe Schlussanträge von Generalanwalt Alber, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I10155, Rdn. 150; vgl. außerdem Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21. 299 Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Colomer, Überseering, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919, Rdn. 53; Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 21. Zu einer Beurteilung der spezifischen Schutzmechanismen der LLP und deren Wirkung siehe oben 1. Teil § 6. V. (zum insolvenzrechtlichen Gläubigerschutz und den Publizitätspflichten) und sogleich unter 4. Teil § 14. II. 4. b) bb) (2). 300 So ausdrücklich H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 116. Vgl. EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
seits insbesondere301 die vierte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 über den Jahresabschluss302 und die elfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedsstaat.303 Überdies ist die erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 – die Publizitätsrichtlinie – über die registerrechtlich offenzulegenden Verhältnisse von Gesellschaften zu nennen,304 die ebenfalls dem Schutz der Gläubiger Rechnung trägt. Ein zusätzlicher Schutz der freiwilligen Gläubiger durch die Anwendung der Vorschriften der inländischen Grundsätze zur Durchgriffshaftung und zur Insolvenzverschleppungshaftung geht angesichts dieser mannigfaltigen Schutzmechanismen über das zum Gläubigerschutz Notwendige hinaus. Deutsche Gerichte werden deshalb zum Schutz der freiwilligen Gläubiger auf die einschlägigen Institute des britischen Rechts zurückgreifen müssen.305 (2) Unfreiwillige Gläubiger Zum Schutz unfreiwilliger Gläubiger lassen die vom EuGH aufgestellten Grundsätze ebenso wenig einen Rückgriff auf die deutsche Durchgriffs- und Insolvenzverschleppungshaftung zu. Selbst wenn bei dieser Gläubigergruppe das Informationsmodell nicht in demselben Umfang greifen kann, bestehen zum Gläubigerschutz bei einer freiberuflichen „Briefkasten-LLP“ keine Schutzlücken, die eine Anwendung nationaler Regelungen rechtfertigen könnten: Die insoweit einschlägigen Instrumente des britischen Rechts gewährleisten, dass den Interessen aller Gläubiger in umfassender und angemessener Weise Rechnung getragen wird.306 Im Fall der LLP muss dabei nicht notwendigerweise auf das Gesamtkonzept des Gläubigerschutzes in Großbritannien abgestellt werden. Vielmehr existieren im britischen Recht neben dem präventiven Schutz durch strenge Publizitätsund Bilanzierungsvorschriften307 einzelne Haftungsinstitute, die der deutschen 301 EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. 302 ABl. EG Nr. L 222, S. 11. 303 ABl. EG Nr. L 395, S. 36. 304 ABl. EG Nr. L 65, S. 8. 305 Dazu sogleich unter 4. Teil § 14. II. 4. b) bb) (2). 306 Siehe zu den Instituten des britischen Rechts oben 1. Teil § 6. V. Hinsichtlich einer Gesamtbewertung der einschlägigen Schutzmaßnahmen siehe oben 1. Teil § 6. V. 3. Vgl. dazu auch Burg, GmbHR 2004, 1379, 1380 ff., 1383; vgl. auch Hirte, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 1, Rdn. 69; Hirte/Mock, ZIP 2005, 474, 477 im Hinblick auf section 214 IA 1986. A. A. Gernoth, S. 186. 307 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 2.
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Durchgriffshaftung und Insolvenzverschleppungshaftung zumindest ähnlich sind und sicherstellen, dass auch die Interessen der unfreiwilligen Gläubiger einer LLP in gleich gelagerten Situationen berücksichtigt werden. In Fällen, in denen die Voraussetzungen der deutschen Insolvenzverschleppungshaftung erfüllt sind, wird häufig gleichzeitig der verwandte britische Tatbestand des wrongful trading nach section 214 IA 1986 erfüllt sein.308 Daneben können je nach Fallgestaltung zugleich die Voraussetzungen der adjustments of withdrawals nach section 214A IA 1986309 und der misfeasance wegen der Verletzung von Treuepflichten durch die Geschäftsleitung nach section 212 IA 1986310 vorliegen. Jeder dieser Tatbestände gibt dann, soweit die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, Anlass über eine Disqualifikation der Geschäftsleitung nach section 6 CDDA 1986 nachzudenken.311 Im Hinblick auf die Fallgruppen der deutschen Durchgriffshaftung wird man auf die Rechtsprechung zum „lifting of the corporate veil“ in Großbritannien rekurrieren können.312 Zugegebenermaßen kommt dieser Rechtsfigur nach britischem Verständnis nur ganz untergeordnete Bedeutung zu.313 Da die Durchgriffshaftung nach deutschem Recht aber ganz überwiegend in Fällen erwogen wird, in denen das haftende Unternehmen insolvent ist, können auch insoweit regelmäßig die vorgenannten insolvenzbezogenen Gläubigerschutzrechte des britischen Gesellschaftsrechts herangezogen werden. Dabei weist insbesondere die jüngst vom BGH entwickelte Fallgruppe des gläubigerschützenden Haftungsdurchgriffs wegen existenzvernichtenden Eingriffs314 weitgehende Parallelen zur Haftung der LLP-Gesellschafter wegen Missachtung der Gläubigerinteressen bei herannahender Insolvenz nach section 212 IA 1986 auf.315
308 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. c). Zu einem Rechtsvergleich des Konzepts des wrongful trading und der deutschen Insolvenzverschleppungshaftung siehe Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 206 ff. 309 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. d). 310 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. e). 311 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. f). 312 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 3. 313 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 3. b). 314 Grundlegend BGHZ 149, 10, 16 („Bremer Vulkan“); konkretisierend BGHZ 151, 181, 186 f. („KBV“); kürzlich erst BGH, NZG 2005, 177, 177 f.; BGH, NZG 2005, 214, 214 f.; zur Existenzvernichtungshaftung Hüffer, § 1 AktG, Rdn. 22 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 13 GmbHG, Rdn. 15 ff.; Schiessl, in: MüHdB GmbH, § 35, Rdn. 19 ff.; Hueck/Windbichler, S. 51; Schön, ZHR 168 (2004), 268–297; Wiedemann, ZGR 2003, 283–297; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402–440, alle m. w. N. 315 Ähnlich Schön, ZHR 168 (2004), 268, 290; siehe dazu oben 1. Teil 6. V. 1. e) cc) (3); für die Anwendung dieser Grundsätze in Deutschland auch Gräfe, DZWir 2005, 410, 412 f. Zur Haftung der LLP-Gesellschafter wegen der Missachtung von Gläubigerinteressen bei herannahender Insolvenz nach section 212 IA 1986 siehe oben 1. Teil 6. V. 1. e).
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
Teilweise wird ein adäquater Schutz der Gläubiger einer ausschließlich in Deutschland tätigen „Briefkastengesellschaft“ durch das britische Recht mit dem Hinweis in Frage gestellt, ein Teil der existierenden Schutzinstrumente könne nicht greifen, weil sie dem öffentlichen Recht zuzuordnen seien.316 Diese öffentlichrechtlichen Schutzmechanismen könnten nur national begrenzte Wirkung entfalten, weshalb ihr Schutz entfiele, wenn die Gesellschaft ausschließlich im Ausland tätig sei.317 Überdies wird geltend gemacht, dass einer Anwendung ausländischer Gläubigerschutzinstrumente praktische Hindernisse entgegenstünden, weil deutsche Richter nicht die erforderlichen Kenntnisse der jeweiligen Rechtsordnung hätten.318 Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Vorschriften zur Disqualifikation der Geschäftsleiter einer LLP nach dem CDDA 1986 als verwaltungsrechtliche Vorschriften des britischen Rechts aufgrund des Territorialprinzips tatsächlich kaum Wirkung für ausschließlich in Deutschland tätige Unternehmen entfalten können. Zwar hat die britische Rechtsprechung entschieden, dass eine Disqualifikation gegen Geschäftsleiter von Gesellschaften selbst dann ergehen kann, wenn das betreffende Unternehmen nicht im Vereinigten Königreich registriert ist und der betreffenden Geschäftsleiter seinerseits Ausländer ist.319 Dies folge einerseits daraus, dass nach section 22 CDDA 1986 auch ausländische Gesellschaften vom Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst werden.320 Zudem sei es in Zeiten moderner Kommunikation ohne weiteres denkbar, dass Inländer von den Machenschaften ausländischer Gesellschaften oder Geschäftsleiter betroffen sind, ohne das diese jemals einen Geschäfts- bzw. Wohnsitz im Inland geführt hätten.321 Die Folge einer Disqualifikation bzw. die Ahndung von Verstößen gegen das Berufsverbot werden indessen aufgrund ihres verwaltungsrechtlichen Charakters 316 Gernoth, S. 180 f., 186; Borges, ZIP 2004, 733, 735; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1083; Altmeppen, NJW 2004, 97, 99; Knobbe-Keuk, ZHR 154 (1990), 325, 347; Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 409, 411; Langhein, NZG 2001, 1123, 1125; Lanzius, ZinsO 2004, 296, 300; vgl. auch Höfling, S. 170. 317 Gernoth, S. 180 f., 186; Borges, ZIP 2004, 733, 735; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1083; Altmeppen, NJW 2004, 97, 99; Knobbe-Keuk, ZHR 154 (1990), 325, 347; Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 409, 411; Langhein, NZG 2001, 1123, 1125; Kindler, NJW 2003, 1073, 1079; Weller, IPRax 2003, 207, 209; vgl. auch Höfling, S. 170. 318 So insbesondere Bitter, in: Jahrbuch 2004, 299, 325 f.; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1083; Altmeppen, NJW 2004, 97, 98, 99. 319 Re Seagull Manufacturing Co Ltd (In Liquidation) (No 2) [1994] Ch. 91, 104 per Arden QC; dazu Nolan (1994) Comp. Law. 15 (9), 278, 279 f.; Quest (1994) J.I.B.L. 9 (5), N108–N109. 320 Re Seagull Manufacturing Co Ltd (In Liquidation) (No 2) [1994] Ch. 91, 104 per Arden QC. 321 Vgl. Re Seagull Manufacturing Co Ltd (In Liquidation) (No 2) [1994] Ch. 91, 104 per Arden QC.
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auf die Rechtsordnung des Vereinigten Königreichs beschränkt bleiben. Soweit eine „Briefkasten-LLP“ dort keine geschäftliche Tätigkeit entfaltet, werden sich die Disqualifikationsvorschriften demgemäß nicht auswirken. Ungeachtet dieser beschränkten Reichweite des CDDA 1986 als öffentlichrechtliche Kodifikation, können jedoch die übrigen zivilrechtlichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften ohne weiteres von deutschen Gerichten auf eine LLP mit deutschem Verwaltungssitz angewendet werden.322 Die insoweit aufgezeigten Schutzmechanismen323 gewährleisten bereits, dass die Interessen der Gläubiger in einer Weise berücksichtigt und geschützt werden, die jedenfalls nicht als vollkommen unzureichend angesehen werden kann.324 Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Vorschriften des CDDA 1986 in erster Linie die Allgemeinheit bzw. zukünftige Gläubiger vor unqualifizierten Geschäftsleitern schützen.325 Die durch das jeweilige Verhalten im Einzelfall geschädigten Gläubiger müssen dagegen zur Kompensation ihrer Verluste auf die vorgenannten zivilrechtlichen Schutzmechanismen zurückgreifen. Gerade diese entfalten aber auch für eine „Briefkasten-LLP“ ihre Wirkung. Zudem dürften praktische Probleme in Bezug auf die Kenntnis ausländischer Rechtsordnungen nur eine untergeordnete Rolle bei der Rechtsanwendung der einschlägigen britischen Schutzmechanismen spielen. Deutsche Gerichte wenden in anderen Bereichen, hauptsächlich im Familienrecht, tagtäglich ausländisches Recht aufgrund von Expertengutachten an, ohne dass dabei größere Komplikationen auftreten.326 Warum dies in gesellschaftsrechtlichen Fragen nicht möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich. Zusätzlich neben den Gläubigerschutzmechanismen des britischen Rechts stehen auch den unfreiwilligen Gläubigern einer „Briefkasten-LLP“ aufgrund der Anwendung der einschlägigen Abschnitte des CA 1985 auf die LLP bestimmte auf Gemeinschaftsrecht beruhende Schutzbestimmungen des Gesellschaftsrechts zur Seite, die europaweit harmonisiert sind.327 Zwar ist deren Bedeutung für 322
So auch Hirte/Mock, ZIP 2005, 474, 477 im Hinblick auf section 214 IA 1986. Zu den einschlägigen Mechanismen des britischen Rechts siehe oben 1. Teil § 6. V. 1. b)–e). 324 So auch Mäsch, EuZW 2004, 321; Burg, GmbHR 2004, 1379, 1383. Vgl. auch Eidenmüller, in: FS Heldrich, 581, 588; Jestädt, S. 213 ff.; Lawlor, NZI 2005, 432, 435. A. A. Gernoth, S. 186; wohl auch Wachter, DStR 2005, 1817, 1823. 325 „[. . .] protect the public from further abuse of the privilege of limited liability.“, Re Douglas Construction Services Ltd [1988] B.C.L.C. 397, 402 per Harman J; in die gleiche Richtung Re Lo-Line Electric Motors Ltd [1988] 4 B.C.C. 415, 419 per Browne-Wilkinson V-C; Sealy/Milman, 6. Aufl., S. 595; Goode, S. 487; Clark (2002) B.L.R. Mar., 54, 55. Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. f) aa). 326 So auch Sandrock, BB 2004, 897, 901; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2257; differenzierend Jestädt, S. 215 f. A. A. Altmeppen, NJW 2004, 97, 99. 327 So ausdrücklich H.C. 59 (1998–99), 16. Juni 1999, Appendix, Ziff. 116. Vgl. allgemein dazu EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 37; EuGH, 323
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
den Schutz nicht freiwilliger Gläubiger zugegebenermaßen eher gering, da diese Schutzinstrumente in erster Linie der präventiven Information dienen. Allein die verschiedenen anwendbaren Gläubigerschutzmaßnahmen des britischen Rechts bewirken aber, dass die Interessen der unfreiwilligen Gläubiger einer LLP angemessen geschützt sind. Infolgedessen kann die Anwendung der Vorschriften der deutschen Grundsätze zur Durchgriffshaftung und zur Insolvenzverschleppungshaftung auf eine „Briefkasten-LLP“ nach den Leitlinien des EuGH selbst im Hinblick auf unfreiwillige Gläubiger nicht mehr als im Rahmen dessen angesehen werden, was zum Gläubigerschutz notwendig ist. Auch der Schutz dieser Gläubigergruppe kann und muss demzufolge durch die einschlägigen Schutzinstrumente des britischen Rechts erfolgen.328 c) Fazit Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit einer ausschließlich in Deutschland tätigen freiberuflichen „Briefkasten-LLP“ durch eine Anwendung der deutschen Grundsätze zur Durchgriffshaftung und Insolvenzverschleppungshaftung zum Zwecke des Gläubigerschutzes gehen nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des EuGH über das zum Schutz der freiwilligen und unfreiwilligen Gläubiger Notwendige hinaus. Eine Anwendung beider Haftungsinstitute auf eine LLP mit deutschem Verwaltungssitz kann folglich den Anforderungen des EuGH an die Rechtfertigung nach den Gebhard Grundsätzen mangels Erforderlichkeit nicht standhalten. Sie ist demgemäß europarechtlich unzulässig.329
§ 15 Exkurs: Bedeutung der EuGH-Rechtsprechung für eine britische Freiberufler-LLP mit Zweigniederlassung in Deutschland Die britische LLP kann nicht nur durch die Ansiedelung eines vom Satzungssitz in Großbritannien abweichenden Verwaltungssitzes in der Bundesrepublik für freiberufliche Tätigkeit genutzt werden. Vielmehr ist es auch möglich, die LLP durch die Errichtung einer Zweigniederlassung in Deutschland – den in der Praxis wohl wichtigeren Fall – als Organisationsform zu verwenden. Auch diese Form des Zuzugs steht unter dem Schutz der Niederlassungsfreiheit, weil Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV nach ihrem Wortlaut neben der „primären NiederInspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 135. Siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 4. b) bb) (1). 328 Vgl. Lawlor, NZI 2005, 432, 435 f.; Schall, ZIP 2005, 965, 974; vgl. auch Schön, in: FS Heldrich, 391, 401. 329 So auch Lawlor, NZI 2005, 432, 435 f.; Schall, ZIP 2005, 965, 974.
§ 15 EuGH-Rechtsprechung und britische Freiberufler-LLP
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lassungsfreiheit“ – der Verlegung der Hauptverwaltung einer Gesellschaft in einen vom Satzungssitz verschiedenen Mitgliedsstaat – auch die sog. „sekundäre Niederlassungsfreiheit“ – die Errichtung von Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedsstaaten erfassen.330 Zudem hat der EuGH in seinen Entscheidungen Segers,331 Centros,332 und Inspire Art333 klargestellt, dass „primäre“ und „sekundäre Niederlassungsfreiheit“ hinsichtlich der von ihm zur Freizügigkeit von Gesellschaften aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV entwickelten Grundsätze gleich zu behandeln sind.334 Dies gilt nach der Rechtsprechung des EuGH selbst dann, wenn eine Gesellschaft im Ausland gegründet und begründet worden ist, um sodann eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedsstaat zu errichten, über die im Folgenden die gesamte Geschäftstätigkeit abgewickelt wird – sog. „Briefkastengesellschaften“.335 Für die Gründung einer Zweigniederlassung gelten folglich die in § 13 des vierten Teils dieser Arbeit dargestellten Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung in gleicher Weise, weil auch diese Konstellationen als Zuzugsfall und damit als Inanspruchnahme der gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeit von Gesellschaften aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV anerkannt ist.336 Auch die in § 14 des vierten Teils dieser Arbeit erörterten Sachfragen im Recht der „Briefkasten-LLP“337 sind unverändert auf Fälle zu übertragen, in denen eine britische FreiberuflerLLP in der Bundesrepublik eine Zweigniederlassung errichtet und in der Folge ausschließlich hier tätig wird. Da die gefundenen Ergebnisse dieser Arbeit die „primäre“ und „sekundäre Niederlassungsfreiheit“ gleichermaßen erfassen, erübrigt sich eine gesonderte Erörterung der bereits behandelten Sachfragen für die Errichtung einer Zweig330
Siehe Art. 43 Abs. 1 S. 2 i. V. m. Art. 48 Abs. 1 EGV. EuGH, Segers, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rdn. 13–16. 332 EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 19–21. 333 EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 95–97. 334 Ebenso Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 2, Rdn. 53. A. A. Kindler, NZG 2003, 1086, 1088. 335 Bereits in seinem Urteil in der Rechtssache Centros hat der EuGH klargestellt, dass eine solche Nutzung der Niederlassungsfreiheit – in diesem Fall die Gründung einer Zweigniederlassung – nicht als Missbrauch der Grundfreiheit verstanden werden kann, der die Ergreifung geeigneter Gegenmaßnahmen durch den Zuzugsstaat erlaubt, siehe EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 26–30. Siehe ebenso EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 138 f.; vgl. auch EuGH, Segers, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rdn. 16 und oben 4. Teil § 13. II. 5. b). 336 Vgl. EuGH, Segers, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rdn. 13–16; EuGH, Centros, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1459, Rdn. 19–21; EuGH, Inspire Art, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155, Rdn. 95–97. So auch Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 2, Rdn. 53 337 Siehe dazu oben 4. Teil § 14. 331
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
niederlassung einer britischen Freiberufler-LLP in Deutschland. Vielmehr kann insoweit auf die Ausführungen in den §§ 13 und 14 des vierten Teils dieser Arbeit verwiesen werden.
§ 16 Korrektur der Haftungsvorteile einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP? Die Analyse des Gemeinschaftsrechts hat unter anderem gezeigt, dass die Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP haftungsrechtlich besser gestellt sind, als die Gesellschafter einer Freiberufler-LLP in Großbritannien.338 Der Grund hierfür besteht in den spezifischen Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit. Aus der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit folgt, dass für die Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen freiberuflichen LLP, die – im Vergleich zum britischen Recht – weniger strengen Grundsätze der deutschen Vertreterhaftung gelten,339 während auf die Gesellschafter einer in Großbritannien tätigen Freiberufler-LLP – nach der hier vertretenen Ansicht – die britischen Rechtsprechungsgrundsätze zur „professional liability“ Anwendung finden.340 Nach deutschem Recht begründen die für eine Freiberufler-LLP im Rechtsverkehr auftretenden Gesellschafter,341 nicht allein schon aufgrund ihrer Berufsträgerschaft ein besonderes Vertrauen, das Grundlage für eine persönliche Haftung gegenüber Dritten nach den Grundsätzen der Vertreterhaftung aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB sein kann.342 Hingegen wird die britische Rechtsprechung dazu tendieren, die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit als Gesellschafter einer LLP in Großbritannien als objektives Anzeichen einer persönlichen Vertrauensübernahme nach dem tort of negligence anzusehen.343 Infolgedessen werden die Gesellschafter einer freiberuflichen LLP in Großbritannien eher in die Gefahr einer persönlichen Haftung geraten als die Gesellschafter einer freiberuflichen LLP in Deutschland.
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Siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 3. d). Zur Vertreterhaftung siehe oben 4. Teil § 14. II. 3. 340 Siehe dazu 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc). 341 Section 6 (1) LLPA; reg. 7 (3) LLP Regulations. 342 Zu den Grundsätzen der Vertreterhaftung bei Freiberuflern BGH, NJW 1989, 293, 294 (Rechtsanwalt); BGH, NJW 1991, 32, 33 (Rechtsanwalt); BGH, NJW 1992, 2080, 2082 (Steuerberater); Henssler, in: Henssler/Streck, S. 701; ders., JZ 1994, 178, 184; Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rdn. 221 ff.; Henssler, AnwBl. 1996, 3, 6 f.; siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 3. a). 343 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc) (2). 339
§ 16 Korrektur der Haftungsvorteile einer Freiberufler-LLP
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Fraglich ist, ob diese Besserstellung, die den Gesellschaftern einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP aufgrund der Inanspruchnahme der Freizügigkeit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV zugute kommt, korrigiert werden muss und kann.344
I. Erfordernis einer Korrektur? Für eine Korrektur der Haftungsprivilegierung könnte sprechen, dass die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV, welche die Besserstellung einer freiberuflichen LLP in Deutschland bewirkt, – oberflächlich betrachtet – zu den gleichen Ergebnissen führt wie die Gründungstheorie.345 Der eigentliche Zweck, welcher mit der seit dem 18. Jahrhundert im angloamerikanischen Rechtskreis anerkannten Gründungstheorie verfolgt wird, besteht darin, einheimische Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz ins Ausland verlegen oder dort eine Zweigniederlassung gründen, rechtlich so zu stellen, wie es ihrem Heimatrecht entspricht und sie somit auch im Ausland unter der Herrschaft des vertrauten heimischen Rechts zu belassen.346 Eine Besserstellung der Auslandsgesellschaften gegenüber den im Heimatland verbliebenen Unternehmen – wie sie die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit bewirkt – ist dagegen von der Gründungstheorie nicht gewollt. Dass die Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung über das Anliegen der Gründungstheorie hinausgehen, erscheint insoweit widersprüchlich. Zudem erscheint es – auf den ersten Blick – merkwürdig, wenn Gesellschaften eines Mitgliedsstaates anderenorts besser gestellt werden als in ihrem Heimatstaat, mit der Begründung, anderenfalls sei ein europarechtswidriger Eingriff in die Niederlassungsfreiheit der betreffenden Gesellschaft aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV zu befürchten, soll doch das Ziel der Grundfreiheiten vornehmlich in der Beseitigung von Hindernissen für die Teilnehmer des gemeinsamen Marktes347 und nicht etwa in der Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer liegen.
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Eingehend zu dieser Frage Henssler/Mansel, in: FS Horn, 399, 409 ff. Dazu, dass diese Schlussfolgerung unzutreffend ist und zu kurz greift, siehe oben 4. Teil § 13. II. 3 und unten 4. Teil § 16. III. 1. 346 Zur Geschichte der Gründungstheorie und ihrem Hintergrund Großfeld, in: FS Westermann, 199, 200 ff., 203. 347 Vgl. Art. 2, 3 Abs. 1 lit. c), 14 Abs. 2 EGV; Zuleeg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 3 EGV, Rdn. 4. 345
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
II. Anwendung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“? Als eine mögliche Korrektur der Besserstellung einer Freiberufler-LLP in Deutschland kommt eine Anwendung der britischen Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung von freiberuflich Tätigen im Rahmen des tort of negligence in Betracht.348 Für die Anwendung des Heimatrechts auf eine Freiberufler-LLP in der Bundesrepublik erscheinen insoweit zwei Wege denkbar, wobei der erste auf einer verbandsspezifischen Einordnung und der zweite auf einer verkehrsrechtlichen Einordnung der anzuwendenden Haftungsgrundsätze beruht. 1. Die britische Rechtsprechung zur „professional liability“ als Teil eines verbandsspezifischen Gesamtkonzepts? Einerseits könnte man das britische Haftungsmodell als Gesamtkonzept für freiberufliche Tätigkeit in einer juristischen Person verstehen, bei dem als quid pro quo für die Ermöglichung einer grundsätzlichen Haftungsbeschränkung durch die Errichtung einer LLP die Grundsätze der persönlichen Haftung von freiberuflich Tätigen nach dem tort of negligence gleichberechtigt neben die Gläubigerschutzmechanismen des britischen Insolvenzrechts349 und die strengen Bilanzierungs- und Publizitätsvorschriften des britischen Kapitalgesellschaftsrechts350 treten.351 Nach diesem Verständnis wäre es möglich, die entsprechenden Haftungsgrundsätze zur „professional liability“ als verbandsspezifisch zu qualifizieren und somit zu einer – europarechtlich erforderlichen –352 Anwendung der britischen Rechtsprechungsgrundsätze auf die Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP zu gelangen. 2. Anwendung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“ über allgemeine Rechtsscheinsgrundsätze? Möglich erscheint zudem, über allgemeine Rechtsscheinserwägungen des deutschen Rechts, welche grundsätzlich dem allgemeinen Verkehrsrecht zuzuordnen sind,353 eine Anwendung der Grundsätze der Haftung von freiberuflich 348
Siehe dazu oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc). Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 1. 350 Siehe dazu oben 1. Teil § 6. V. 2. 351 Ein solches Verständnis eines einheitlichen Konzepts vertreten Henssler/Mansel, in: FS Horn, 309, 409 ff. Diese nehmen eine Korrektur über das Institut der Anpassung vor. Zur Bewertung der Haftung von Freiberuflern nach dem tort of negligence als anerkannte Position des britischen Rechts siehe oben 1. Teil § 6. IV. 2. a) cc). 352 Vgl. dazu oben 4. Teil § 13. II. 4. b) bb) (1), 4. Teil § 14. I. 349
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Tätigen nach dem tort of negligence auf eine Freiberufler-LLP in Deutschland zu begründen. Dafür müsste man darlegen, dass die Gesellschafter einer freiberuflichen LLP in Deutschland allein durch ihr auftreten als Gesellschafter einer nach britischem Recht gegründeten Freiberuflergesellschaft zurechenbar den Rechtsschein gesetzt haben, nach den strengen Grundsätzen der britischen „professional liability“ für eigenes Fehlverhalten persönlich zu haften. Weiterhin wäre erforderlich, dass Dritte, die in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit der LLP treten, auf die Anwendung dieser Haftungsgrundsätze des britischen Rechts schutzwürdig vertraut haben. Aus der Qualifikation der Rechtsscheinshaftung als neutrales Rechtsinstitut könnte dann folgen, dass deren Anwendung nach den Leitlinien des EuGH nicht zwangsläufig die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV beschränkt, sondern nur dann, wenn die Anwendung der Rechtsscheinshaftung auf eine LLP in Deutschland deren Zugang zum Markt erschwert und damit deren Zuzug behindert oder weniger attraktiv macht.354
III. Keine Korrektur der Haftungsvorteile Obgleich die vorgenannten Überlegungen zur Korrektur der Haftungsvorteile auf dem nachvollziehbaren Anliegen beruhen, eine einheitliche Behandlung von in Großbritannien verbliebenen LLPs einerseits und nach Deutschland zugezogenen LLPs andererseits zu erreichen, vermögen sie im Ergebnis nicht zu überzeugen. Vielmehr ist eine Anwendung der strengen britischen Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung von Freiberuflern im Sinne einer „professional liability“ auf eine nach Deutschland zugezogene Freiberufler-LLP aus verschiedenen Gründen abzulehnen. 1. Keine Einwände gegen die Haftungsvorteile aus Sicht der Gründungstheorie Das Argument, eine Besserstellung der Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen freiberuflichen LLP gegenüber den Gesellschaftern einer Freiberufler-LLP in Großbritannien sei zu korrigieren, weil diese über den von der Gründungstheorie verfolgten Zweck hinausgehe bzw. diesen verfehle,355 geht in der Sache fehl. 353 Vgl. Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 29, 31; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204; siehe auch Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 10. 354 Siehe dazu oben 4. Teil § 13. II. 4. b) bb) (2), 4. Teil § 14. I. 355 Siehe dazu oben 4. Teil § 16. I.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
Wie bereits an anderer Stelle dargelegt wurde,356 entscheidet der EuGH in seiner Rechtsprechung nicht in kollisionsrechtlichen Kategorien über einen Konflikt zwischen der Sitz- und Gründungstheorie, sondern leitet das anwendbare Recht allein nach gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten aus dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit her.357 Die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit führt deshalb auch nicht dazu, dass gemeinschaftsrechtlich für Zuzugsfälle die Gründungstheorie gilt.358 Der von der Gründungstheorie verfolgte Zweck kann folglich auch nicht als Argument gegen die aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV resultierende Besserstellung der Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen FreiberuflerLLP eingewendet werden. 2. Keine Einwände gegen die Haftungsvorteile aus Sicht des Gemeinschaftsrechts Auch der Einwand, die Besserstellung der Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP gegenüber den Gesellschaftern einer Freiberufler-LLP in Großbritannien müsse korrigiert werden, weil es das Ziel der Grundfreiheiten sei, Hindernisse für die Teilnehmer des gemeinsamen Marktes zu beseitigen, und nicht etwa, einzelne Marktteilnehmer zu bevorzugen,359 greift letzthin nicht durch. Dieser Einwand übersieht, dass die bewirkte Besserstellung der ins EU-Ausland zugezogenen Gesellschaft mit der gefestigten Rechtsprechung des EuGH übereinstimmt. Nach der Rechtsprechung der Luxemburger Richter werden nämlich nur solche Sachverhalte von den Grundfreiheiten geschützt, die ein zwischenstaatliches Merkmal aufweisen.360 Rein interne Sachverhalte werden 356
Siehe dazu 4. Teil § 13. II. 3. So auch Forsthoff, in: Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2, Rdn. 36; Fleischer, in: Europäische Auslandsgesellschaften, Kapitel C, S. 97 f.; Bitter, in: Jahrbuch 2004, 299, 310; ders., WM 2004, 2190, 2192; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; ders., KTS 2004, 291, 292, 293; Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 9 f.; Altmeppen/Wilhelm, DB 2004, 1083, 1084; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 681, 683, 689; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159, 166; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 696 f.; vgl. auch Eidenmüller, JZ 2004, 24, 25. 358 So richtig Ulmer, NJW 2004, 2101, 1205; Wymeersch (2003) C.M.L.R. 40 (3), 661, 689; Schanze/Jüttner, AG 2003, 661, 665; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 696 f. 359 Siehe dazu oben 4. Teil § 16. I. 360 Vgl. Müller-Graff, in: v. d. Groeben/Schwarze, Vorb. zu Art. 28–31 EGV, Rdn. 3. Zur Warenverkehrsfreiheit siehe EuGH, Dassonville, Rs. 8/74, Slg. 1974, 837, Rdn. 5; zur Dienstleistungsfreiheit siehe EuGH, Debauve, Rs. 52/79, Slg. 1980, 833, Rdn. 9; Craig/DeBúrca, S. 804; zur Freizügigkeit von Arbeitnehmern siehe EuGH, Saunders, Rs. 175/78, Slg. 1979, 1129, Rdn. 11; Craig/DeBúrca, S. 720; zur Niederlassungsfreiheit siehe EuGH, Niño/Brandini/Goti, Rs. C-54/88, 91/88 und 14/89, Slg. 1990, I-3537, Rdn. 10 f.; Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 98 f.; Craig/DeBúrca, S. 790. 357
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dagegen nicht vom Schutzbereich der Freiheiten des Gemeinschaftsrechts erfasst. Da eine nach Deutschland zugezogene Freiberufler-LLP infolge der Nutzung der Freizügigkeit dem Schutz der Grundfreiheiten unterfällt, ist die Besserstellung ihrer Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftern einer freiberuflichen LLP in Großbritannien aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts gerechtfertigt. Ein Widerspruch zu den Zielen der Grundfreiheiten existiert nicht, weil nicht grenzüberschreitende Sachverhalte vom Schutzbereich der Freiheiten gar nicht erfasst werden. 3. Europarechtliche Unzulässigkeit der Korrektur der Haftungsvorteile Eine Korrektur der Besserstellung der Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP ist weiterhin abzulehnen, weil beide angedachten Möglichkeiten zur Korrektur der Privilegierung361 gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. a) Keine verbandsspezifische Anknüpfung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“ Gegen eine verbandsspezifische Charakterisierung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“362 spricht, dass die besondere Haftung von Freiberuflern nach dem tort of negligence keinen unmittelbaren Bezug zur Organisation in einem Verband aufweist. Einziger Anknüpfungspunkt für die Rechtsprechung zur „professional liability“ ist die freiberufliche Tätigkeit an sich, nicht jedoch der Zusammenschluss in einer Gesellschaft. Allein die Berufsträgerschaft führt nach britischem Verständnis dazu, dass den Gesellschaftern einer Freiberufler-LLP im Rechtsverkehr ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht wird, weil sie gegenüber ihren Mandanten für sich eine besondere fachliche Qualifikation, besondere Fähigkeiten und eine besondere berufsethischen Bindung in Anspruch nehmen, auf die die Empfänger der Dienstleistung auch besonders vertrauen.363 Die traditionelle Haltung des britischen Rechts, Angehörigen der Freien Berufe bei ihrer Tätigkeit gegenüber den Mandanten eine besondere Sorgfaltspflicht im Sinne einer „professional liability“ aufzuerlegen, kann deswegen nicht als verbandsspezifisch charakterisiert werden. Folglich ist die Anwendung der britischen Grundsätze zur Haftung von Freiberuflern 361 Siehe oben 4. Teil § 16. II. 1.–2. Zu einer Korrektur im Wege der Anpassung siehe Henssler/Mansel, in: FS Horn, 399, 409 ff., 415. Auch diese ist europarechtlich bedenklich, weil sie direkt diskriminierend wirkt. Hierzu sogleich unter 4. Teil § 16 III. 3. a)–b). 362 Siehe dazu oben 4. Teil § 16. II. 1. 363 Vgl. Clerk/Lindsell, Rdn. 8-06; Jackson/Powell, Rdn. 2-125.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
auf eine nach Deutschland zugezogene Freiberufler-LLP nicht aus Gründen des Gemeinschaftsrechts geboten.364 Vielmehr sind auf die Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP – genauso wie auf die organschaftlichen Vertreter aller anderen nach deutschem Recht gegründeten und hierzulande tätigen Freiberuflergesellschaften – die allgemeinen Grundsätze der deutschen Vertreterhaftung anzuwenden. Jede Übertragung der britischen Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung von Freiberuflern, welche die Gesellschafter einer nach Deutschland zugezogenen Freiberufler-LLP gegenüber Freiberuflern in einem Verband nach deutschem Recht aufgrund der strengeren Haftung schlechter stellen würde, begründet eine direkte, d.h. an die Staatsangehörigkeit bzw. den Satzungssitz der Gesellschaft anknüpfende Diskriminierung, die nach Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV unzulässig ist.365 Eine Rechtfertigung solcher direkter Diskriminierungen nach der Gebhard Formel ist nicht möglich.366 Es bleibt lediglich eine Rechtfertigung nach den Bereichsausnahmen der Art. 45 und 46 EGV.367 Wenngleich diese grundsätzlich auch für Gesellschaften nach Art. 48 EGV herangezogen werden können,368 werden die Ausnahmevorschriften in den angesprochenen Sachverhalten nicht greifen. Einerseits ist die in Frage stehende Diskriminierung nach dem Verständnis des EuGH nicht – wie für Art. 46 EGV erforderlich – aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt.369 Ande364 Zur grundsätzlichen Anwendung verbandsspezifischer Regelungen des Heimatrechts auf eine in das EU-Ausland zugezogene Gesellschaft siehe oben 4. Teil § 13. II. 4. b) bb) (1), 4. Teil § 14. I. 365 Siehe etwa EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-246/89, Slg. 1991, I-4585, Rdn. 29–31; EuGH, Factortame, Rs. C-221/89, Slg. 1991, I-3905, Rdn. 28– 30; EuGH, Kommission/Irland, Rs. C-93/89, Slg. 1991, I-4569, Rdn. 10 f.; EuGH, Kommission/Irland, Rs. C-151/96, Slg. 1997, I-3327, Rdn. 12; Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 71; Weatherill/Beaumont, S. 673. 366 EuGH, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37; EuGH, Bond van Adverteeders, Rs. 352/85, Slg. 1988, 2085, Rdn. 32 f.; Distribuidores Cinematográficos, Rs. C-17/93, Slg. 1993, I-2239, Rdn. 16; EuGH, Svensson und Gustavsson, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I-3955, Rdn. 15; Craig/DeBúrca, S. 786; Weatherill/Beaumont, S. 682. 367 EuGH, Bond van Adverteeders, Rs. 352/85, Slg. 1988, 2085, Rdn. 32 f.; Distribuidores Cinematográficos, Rs. C-17/93, Slg. 1993, I-2239, Rdn. 16; EuGH, Svensson und Gustavsson, Rs. C-484/93, Slg. 1995, I-3955, Rdn. 15; Craig/DeBúrca, S. 786; Weatherill/Beaumont, S. 682. 368 Für Art. 45 EGV ist dies allgemein anerkannt. Hinsichtlich Art. 46 EGV siehe EuGH, Segers, Rs. C-79/85, Slg. 1986, 2375, Rdn. 17; Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 46 EGV, Rdn. 5. 369 Allgemein zur restriktiven Auslegung der Ausnahmevorschrift durch den EuGH und zum europarechtsspezifischen Verständnis der Ausnahmegründe als Gemeinschaftskonzept siehe etwa EuGH, Bonsignore, Rs. 67/74, Slg. 1975, 297, Rdn. 6; EuGH, ERT, Rs. C-260/89, Slg. 1991, I-2925, Rdn. 24 ff.; EuGH, Kommission/Belgien, Rs. C-355/98, Slg. 2000, I-1221, Rdn. 27–41; Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/
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rerseits ist die freiberufliche Tätigkeit der LLP – selbst wenn diese Rechtsberatung und Prozessvertretung umfasst – nach gemeinschaftsrechtlichem Verständnis nicht als Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne von Art. 45 EGV anzusehen.370 b) Direkte Diskriminierung durch Anknüpfung des Rechtsscheins an das Auftreten in ausländischer Rechtsform Obgleich die Rechtsscheinsgrundsätze des deutschen Rechts nach zutreffendem Verständnis dem allgemeinen Verkehrsrecht zuzuordnen sind,371 können auch diese die Anwendung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“ auf eine nach Deutschland zugezogene Freiberufler-LLP nicht begründen. Der Grund hierfür besteht darin, dass das rechtsscheinsauslösende Verhalten, welches die Anwendung der strengeren britischen Grundsätze zur Haftung von Freiberuflern rechtfertigen soll, in dem Auftreten als Gesellschafter einer nach britischem Recht gegründeten Freiberuflergesellschaft besteht. Im Ergebnis wird so – unter Vorschiebung von Rechtscheinserwägungen – wiederum direkt an die Staatsangehörigkeit bzw. den Satzungssitz der Gesellschaft angeknüpft. Dies begründet – wie bereits gezeigt –372 eine direkte Diskriminierung der ausländischen Rechtsform, die gegen die Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV verstößt.373 Die Frage, ob die deutschen Grundsätze der Rechtsscheinshaftung neutralen oder verbandsspezifischen Charakter haben, stellt sich demnach gar nicht mehr, weil diese Kriterien nur herangezogen werden, um zu bestimmen, ob Maßnahmen, die ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit Anwendung finden, eine Beschränkung von Art. 43 i. V. m. Art. 48 EGV begründen können.374 Bei direkt diskriminierenden Maßnahmen steht ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit aber unweigerlich fest.375 Schwarze, Art. 46 EGV, Rdn. 4, 14–39; Craig/DeBúrca, S. 824 ff.; Weatherill/Beaumont, S. 675 ff. 370 Dazu EuGH, Reyners, Rs. 2/74, Slg. 1974, 631, Rdn. 43–54; Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 45 EGV, Rdn. 2–23; Craig/DeBúrca, S. 769 ff.; Weatherill/Beaumont, S. 675 ff.; eingehend zur Bereichsausnahme der Ausübung öffentlicher Gewalt nach Art. 45 EGV Henssler/Kilian, EuR 2005, 192–212. 371 Vgl. Eidenmüller, in: Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4, Rdn. 29, 31; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1204; siehe auch Spindler/Berner, RIW 2004, 7, 10. 372 Siehe dazu oben 4. Teil § 16. III. 3. a). 373 Siehe etwa EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-246/89, Slg. 1991, I-4585, Rdn. 29–31; EuGH, Factortame, Rs. C-221/89, Slg. 1991, I-3905, Rdn. 28– 30; EuGH, Kommission/Irland, Rs. C-93/89, Slg. 1991, I-4569, Rdn. 10 f.; EuGH, Kommission/Irland, Rs. C-151/96, Slg. 1997, I-3327, Rdn. 12; Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 71; Weatherill/Beaumont, S. 673. 374 Siehe dazu oben 4. Teil § 13. II. 4.
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Da eine Rechtfertigung solcher direkter Diskriminierungen nach der Gebhard Formel ausgeschlossen ist376 und die ausdrücklichen Ausnahmevorschriften in Art. 45 und 46 EGV für den Zuzug einer Freiberufler-LLP ebenso wenig greifen,377 kommt eine Anwendung der britischen Rechtsprechung zur „professional liability“ auch über Rechtsscheinserwägungen des deutschen Rechts nicht in Betracht.
§ 17 Gesamtbetrachtung Die jüngere Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit hat dazu geführt, dass auch in Deutschland tätige Unternehmer – insbesondere Freiberufler – die britische LLP als Organisationsform nutzen können, indem der Verwaltungssitz einer in Großbritannien gegründeten LLP in die Bundesrepublik verlegt wird oder eine Zweigniederlassung in Deutschland errichtet wird. Rechtsanwender werden die spezifischen Wesensmerkmale der britischen Organisationsform hierzulande selbst dann nutzen können, wenn die LLP als sog. „Briefkastengesellschaft“ tätig wird, die in Großbritannien lediglich registriert ist und ihre gesamte Geschäftstätigkeit auf die Bundesrepublik beschränkt. Deutsche Gerichte werden gehalten sein, eine LLP mit Verwaltungssitz oder Zweigniederlassung in Deutschland in großem Umfang nach den einschlägigen Grundsätzen des Gründungsrechts zu beurteilen, da die Anwendung nationalen Rechts häufig als Beschränkung der Freizügigkeit der Gesellschaft anzusehen sein wird.378 Dies gilt in jedem Fall für solche nationalen Regelungen, die nach ihrer Konzeption, rechtlich oder tatsächlich an die Organisation in einem Verband anknüpfen, also gesellschaftsakzessorischen Charakter haben. Eine Anwendung dieser Normen hat zur Folge, dass sich der Status einer solchen Gesellschaft hinsichtlich ihrer Rechtsstellung, ihrer Rechtsbeziehungen und ihrer Struktur nach den Vorschriften des Niederlassungsstaates und nicht ihres Gründungsstaates beurteilen. Weil dadurch auf die betroffene Gesellschaft neben den gesellschaftsspezifischen Erfordernissen des Gründungsstaates zusätzlich die Anforderungen des Gesellschaftsrechts des Zuzugsstaates Anwendung finden, wird die Verlegung des Gesellschaftssitzes in einen anderen Mitgliedsstaat bzw. die Errichtung einer Zweigniederlassung und somit der Zugang zum dortigen Markt 375 Siehe etwa EuGH, Kommission/Vereinigtes Königreich, Rs. C-246/89, Slg. 1991, I-4585, Rdn. 29–31; EuGH, Factortame, Rs. C-221/89, Slg. 1991, I-3905, Rdn. 28– 30; EuGH, Kommission/Irland, Rs. C-93/89, Slg. 1991, I-4569, Rdn. 10 f.; EuGH, Kommission/Irland, Rs. C-151/96, Slg. 1997, I-3327, Rdn. 12; Tiedje/Troberg, in: v. d. Groeben/Schwarze, Art. 43 EGV, Rdn. 71; Weatherill/Beaumont, S. 673. 376 Siehe dazu oben 4. Teil § 16. III. 3. a). 377 Siehe dazu oben 4. Teil § 16. III. 3. a). 378 Zu einzelnen Bereichen siehe oben 4. Teil § 14. I.–II.
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behindert oder zumindest weniger attraktiv gemacht. Aus der Anwendung solcher Regelungen resultiert infolgedessen unumgänglich eine Beschränkung der Freizügigkeit. Aber auch nationale Regelungen, die keinen Bezug zur Organisation in einem Verband aufweisen, können eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit begründen, wenn sie im Einzelfall eine marktzugangsbeschränkende Wirkung haben. Anders als bei gesellschaftsakzessorischen Regelungen konstituiert ihre Anwendung indessen nicht von vornherein eine Beschränkung der Freizügigkeit. Eine Rechtfertigung der Anwendung nationaler Regelungen, die die Niederlassungsfreiheit beschränken, wird nur selten in Betracht kommen. Insbesondere Argumente des Gläubigerschutzes werden in der Regel nicht verfangen können,379 weil die Rechtsprechung des EuGH auf dem Standpunkt steht, es sei nicht notwendig, aus Gründen des Gläubigerschutzes nationalem Recht, das die Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt, den Vorrang einzuräumen, solange und soweit ein ausreichender Gläubigerschutz auch durch Gemeinschaftsrecht oder durch die Vorschriften des Gründungsrechts gewährleistet ist. Lediglich zum Schutz vor Missbrauchsfällen bzw. betrügerischem Verhalten hat der EuGH wiederholt die Kompetenz der Zuzugsstaaten zur Anwendung eigener Rechtssätze bestätigt. Die praktische Bedeutung dieser Fallgruppen ist indessen gering: Die bloße Umgehung der restriktiven Vorschriften des Zugsstaates begründet gerade keinen Missbrauch und keine betrügerische Ausnutzung der Niederlassungsfreiheit. Als Konsequenz dieser Spruchpraxis des EuGH ist die Prognose gerechtfertigt, dass auch für eine nach Deutschland zugezogene LLP die aus dem britischen Recht folgenden Haftungsvorteile vollständig erhalten bleiben. Weiterhin folgt aus der EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit, dass Freiberufler, die die Rechtsform der LLP durch einen Zuzug der Gesellschaft nach Deutschland nutzen, im Ergebnis haftungsrechtlich besser gestellt sind, als die Gesellschafter einer Freiberufler-LLP in Großbritannien.380 Anders als auf die Gesellschafter einer freiberuflichen LLP in Großbritannien werden nämlich auf Freiberufler in einer LLP in Deutschland die strengen britischen Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung von freiberuflich Tätigen nach dem tort of negligence keine Anwendung finden können. Aus europarechtlichen Gründen ist in diesen Fällen allein eine Inanspruchnahme nach den weniger strengen Grundsätzen der deutschen Vertreterhaftung aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB möglich,381 nach denen aus der bloßen freiberuflichen 379 380 381
So auch Micheler, ZGR 2004, 324, 345; Kieninger, ZEuP 2004, 685, 70 ff. Siehe dazu oben 4. Teil § 14. II. 3. d), 4. Teil § 16. Siehe dazu oben 4. Teil § 16. III.
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4. Teil: Die britische Freiberufler-LLP mit Verwaltungssitz in Deutschland
Tätigkeit noch kein besonderes Vertrauen folgt, das Grundlage einer persönlichen Haftung gegenüber Dritten sein kann. Da die Adressaten der britischen Organisationsform zuvorderst große Freiberuflergesellschaften sind, ist es wahrscheinlich, dass auch hierzulande tätige Freiberufler die LLP als Alternative zu deutschen Organisationsformen wie der Partnerschaft, der Freiberufler-GmbH und der Freiberufler-AG in Betracht ziehen werden, die ebenfalls die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung bieten. So hat zu Beginn des Jahres 2006 Haarmann Hemmelrath als erste rein deutsche Anwaltssozietät die Möglichkeiten der Niederlassungsfreiheit genutzt und den – nach Einschätzung einer britischen Zeitung „highly unusual“382 – Schritt zur Eintragung als britische LLP mit Sitz in London gewagt. Selbst wenn viele der alteingesessenen deutsche Freiberuflerzusammenschlüsse der ausländischen Rechtsform misstrauisch begegnen sollten, so wird die innovative Organisationsform trotzdem in Kürze verstärkt auch auf dem deutschen Markt präsent sein. Wie bereits erwähnt, beratschlagen gegenwärtig mehrere der weltweit tätigen Rechtsanwaltskanzleien aus der Gruppe der „magic circle firms“ über eine Konvertierung zur LLP.383 Allen & Overy hat als erstes dieser Unternehmen bereits im Mai 2004 den Schritt zu der neuen Organisationsform vollzogen.384 Als Konsequenz der Annahme des neuen Status firmieren nunmehr auch die deutschen Ableger von Allen & Overy in der britischen Rechtsform.385 Da allgemein erwartet wird, dass die anderen in Deutschland tätigen „magic circle firms“ wie etwa Freshfields Bruckhaus Deringer, Linklaters, Slaughter & May, Herbert Smith, Norton Rose und Lovells in Kürze nachziehen werden,386 ist in Deutschland eine Auseinandersetzung mit der LLP und ihrer Verfassung geradezu unumgänglich.387 382 383 384
Legal Week, 1. Dezember 2005. Siehe dazu 1. Teil § 7. II. 2.–3. Financial Times, 26. April 2004; The Times, 4. Mai 2004; The Lawyer, 31. Mai
2004. 385 Entscheidend dafür, dass Allen & Overy im Gegensatz zu ihren Büros in Spanien, Luxemburg und Hongkong auch für Deutschland den Status einer LLP beibehalten hat, war die Tatsache, dass das Bundesfinanzministerium zugesagt hat, die LLP auch in Deutschland als steuertransparent zu behandeln, The Lawyer, 19. April 2004; siehe auch Legal Week Global, 20. Januar 2004. 386 The Lawyer, 21. Juni 2004; Legal Week, 16. September 2004; Financial Times, 26. April 2004; The Times, 4. Mai 2004. Von einem Wechsel absehen werden wohl Clifford Chance, die schon seit dem Jahr 2000 – und damit vor Inkrafttreten des LLPA am 6. April 2001 – als LLP des US-Bundesstaates New York firmieren. 387 Der Wechsel der „Big Four“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zur LLP hat dagegen nicht dazu geführt, dass deren deutsche Ableger, die anders als ihre Schwestergesellschaften bei den Rechtsanwälten rechtlich selbständig und nur unter dem Dach des Vereins Schweizer Rechts zusammengeschlossen sind, ihre Rechtsform geändert haben. Alle zu dieser Gruppe zählenden Wirtschaftsprüfungsunternehmen firmieren in Deutschland in der Rechtsform der GmbH oder AG.
Zusammenfassende Thesen Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen sich in den folgenden Thesen zusammenfassen. 1. Mit der LLP hat der britische Gesetzgeber eine neuartige hybride Gesellschaftsform geschaffen, die kapitalgesellschaftliche und personengesellschaftliche Attribute innovativ miteinander vereinigt. 2. Ihren Ursprung hat die LLP in drei miteinander verwandten Entwicklungen. Einerseits kann sie als Ergebnis des weltweiten Trends zur Schaffung hybrider Gesellschaftsformen gesehen werden, welcher in einem Wettbewerb der Gesellschaftsrechte zur Entwicklung neuer Organisationsformen geführt hat. Andererseits kann die LLP als Antwort auf die Haftungskrise der großen britischen Freiberuflerpersonengesellschaften verstanden werden, die ab Mitte der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts immer mehr mit der Problematik potentiell existenzgefährdender Schadensersatzklagen und den daraus entstehenden Folgen für ihre gesamtschuldnerisch haftenden Gesellschafter konfrontiert wurden. Zudem stellt die LLP in Großbritannien die konkrete Reaktion des britischen Gesetzgebers auf die Einführung einer LLP in Jersey dar, mit der dieser der Flucht hoch angesehener Freiberuflergesellschaften zu attraktiveren Geschäftsbedingungen „off-shore“ vorbeugen wollte. 3. Entscheidende Bedeutung für die rasche Einführung der LLP in Großbritannien hatte der Einfluss der großen Freiberuflergesellschaften. Die kontinuierliche Einflussnahme dieser Interessengruppe auf die Regierung bzw. das DTI zur Reformierung des Prinzips der „joint and several liability“ bei der partnership und die Ankündigung, im Fall gesetzgeberischer Untätigkeit ins Ausland abzuwandern, haben letzthin dazu geführt, dass gegen Ende des letzten Jahrhunderts die allgemeine Diskussion um moderne Organisationsformen relativ kurzfristig ein gesetzgeberisches Handeln zur Folge hatte. 4. Die vom britischen Gesetzgeber mit der Einführung der LLP verfolgte Intention bestand darin, eine attraktive alternative Organisationsform für Freiberuflerzusammenschlüsse zu schaffen, welche die wesentlichen Vorteile einer Kapitalgesellschaft mit den Vorzügen einer Personengesellschaft verbindet. Diese Kombination von Wesensmerkmalen von Kapital- und Personengesellschaft sollte indessen nicht zu Lasten der Gläubiger der LLP gehen, weshalb auch das Ziel der Gewährleistung eines effizienten Schutzes der Gesellschaftsgläubiger verfolgt wurde.
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5. Mit der rechtlichen Ausgestaltung der LLP hat der britische Gesetzgeber weitgehend eine angemessene Balance zwischen den Interessen der Freiberuflergesellschaften und den Interessen der Gläubiger gefunden. 6. In Übereinstimmung mit dem Anliegen der Freiberuflergesellschaften genießt die LLP als kapitalgesellschaftliches Wesensmerkmal den Statuts einer Körperschaft. Als Konsequenz können die Gesellschafter der LLP nicht für die allgemeinen Gesellschaftsverbindlichkeiten der LLP in Anspruch genommen werden. Zwar wird bei freiberuflichen LLPs eine persönliche Haftung der Gesellschafter in Fällen pflichtwidriger Mandatsbearbeitung nach britischem Recht weiterhin möglich sein. Diese Haftung betrifft allerdings nur diejenigen Gesellschafter, die für die fehlerhafte Dienstleistung persönlich verantwortlich sind. Auf völlig unbeteiligte Gesellschafter kann anders als bei der partnership nicht zurückgegriffen werden. Neben diesem kapitalgesellschaftlichen Aspekt profitiert die LLP von der dem Personengesellschaftsrecht entlehnten Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Ausgestaltung der Struktur und des Innenverhältnisses der Gesellschaft. Die LLP kann deswegen ganz nach den Bedürfnissen ihrer Gesellschafter flexibel auf die jeweiligen Erfordernisse zugeschnitten werden. Zwingende Vorschriften zum Innenverhältnis der Gesellschaft existieren anders als im britischen Kapitalgesellschaftsrecht praktisch nicht. Darüber hinaus genießt die LLP trotz ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit den steuerlichen Status einer Personengesellschaft. Die LLP ist steuertransparent, so dass den Gesellschaftern alle spezifischen steuerlichen Vorteile der partnership erhalten bleiben. 7. Der Schutz der Gläubiger der LLP wird gewährleistet, indem der LLPA bzw. die LLP Regulations die einschlägigen Gläubigerschutzregeln des britischen Kapitalgesellschaftsrechts auf die neue Gesellschaftsform anwendbar machen. Die Gläubigerschutzmechanismen des IA 1986 stellen sicher, dass die Interessen der Gläubiger bei der Führung der Geschäfte durch die Gesellschafter in angemessener Weise berücksichtigt werden. Obwohl diese Schutzmechanismen keine in sich geschlossene einheitliche Ordnung bilden, schaffen sie insgesamt dennoch ein wirksames System zur Kontrolle und Disziplinierung der Geschäftsleitung einer LLP. Zusätzlich zu diesem auf alle Kapitalgesellschaften anwendbaren Schutzsystem ist in section 214A IA 1986 ein neuer Tatbestand geschaffen worden, der ausschließlich für die LLP gilt und der besonderen Gefahr gläubigerschädigender Vermögensentnahmen entgegenwirkt. Weiter ergänzt wird der Gläubigerschutz bei der LLP durch die strengen Bilanzierungs- und Publizitätsvorschriften des britischen Kapitalgesellschaftsrechts, die es den freiwilligen Gläubigern aufgrund der weitgehenden Information über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der LLP erlauben, eine wirkungsvolle Eigenvorsorge gegen finanzielle Krisen zu treffen.
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8. Die positive Beurteilung der rechtlichen Rahmenbedingungen der LLP wird in der Praxis durch die Inanspruchnahme der neuen Gesellschaftsform seitens der Zielgruppe bestätigt. Bis August 2003 haben alle führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Vereinigten Königreich die Umwandlung von der partnership zur LLP vollzogen. Auch unter den Gesellschaften, die nicht zur Elite der „Big Four“ gehören, wächst die Zahl der Rechtsformwechsel bzw. der Neugründungen als LLP stetig. Von den großen britischen Rechtsanwaltskanzleien – den sog. „magic circle firms“ – hat bislang lediglich Allen & Overy den Schritt zur LLP gewagt. Eine Umwandlung der übrigen „magic circle firms“ ist indessen in Kürze zu erwarten. Im Hinblick auf mittelgroße und kleinere Kanzleien existiert gegenwärtig bereits eine beachtliche Zahl von Unternehmen, die sich entschlossen haben, zum Status der LLP zu konvertieren. 9. Aufgrund der zunehmenden Akzeptanz der neuen Gesellschaftsform durch die Zielgruppe kann die LLP zu Recht als ein erfolgreiches Projekt britischer Gesellschaftsrechtsgesetzgebung bezeichnet werden. 10. Stellt man die Partnerschaft der LLP rechtsvergleichend gegenüber, so fällt zunächst auf, dass sich der britische und der deutsche Gesetzgeber zur Schaffung einer attraktiven Gesellschaftsform für Freiberufler zweier grundverschiedener Konzepte bedient haben. Während in Deutschland auf eine rechtsfähige Personengesellschaft als Organisationsform zurückgegriffen wurde, hat man sich in Großbritannien zur Schaffung einer Hybride zwischen Kapital- und Personengesellschaft entschieden. Der auffälligste Unterschied des britischen und des deutschen Ansatzes besteht zweifelsohne darin, dass die LLP anders als die als Gesamthand ausgestaltete Partnerschaft eine eigenständige Rechtspersönlichkeit besitzt. 11. Trotz der verschiedenartigen Konzepte beider Gesellschaften sind LLP und Partnerschaft in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung in weiten Teilen gleichartig. Vor allem die Regelung der inneren Organisation, die steuerliche Behandlung der Gesellschaften und die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen beider Organisationsformen zu Dritten sind weitgehend vergleichbar. Gleichermaßen liegen dem deutschen und dem britischen Recht in der Frage der Haftung der Gesellschafter für Fälle fehlerhafter freiberuflicher Berufsausübung übereinstimmende Kriterien und parallele Wertungen zugrunde. In beiden Fällen ist es möglich, auf den oder die für die Erbringung der Dienstleistung verantwortlichen Gesellschafter zuzugreifen. Zumindest ähnlich sind auch die den beiden Gesellschaftsformen zugrunde liegenden Gesetze strukturiert, weil beide sich weitreichender Verweise auf bestehendes Recht bedienen. 12. Neben den Differenzen, die aus dem körperschaftlichen Status der LLP folgen, bestehen grundsätzliche Unterschiede zwischen LLP und Partnerschaft
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im Hinblick auf den Zugang zu beiden Gesellschaftsformen und im Hinblick auf den Gläubigerschutz für Verbindlichkeiten aus fehlerhafter Berufsausübung: Während die Partnerschaft nur Freiberuflern offen steht, kann eine LLP zur Gründung jedes auf Gewinn angelegten erlaubten Geschäfts gegründet werden. Im Unterschied zur Partnerschaft sind die Gläubiger einer LLP gesetzlich davor geschützt, dass die Gesellschafter der LLP ihr Vermögen entziehen, sobald der Gesellschaft ein Haftungsfall droht. 13. Die Beschränkung des Zugangs zur Partnerschaft und die daraus folgende Beschränkung des Haftungsprivilegs aus § 8 Abs. 2 PartGG auf freiberufliche Berufsträger erscheint aus rechtsvergleichender und verfassungsrechtlicher Sicht unsachgerecht. Aufgrund der zunehmenden Verwischung der Grenzen zwischen freiberuflicher und sonstiger beratender oder dienstleistender Tätigkeit kann die Freiberuflichkeit kein sachgerechtes Kriterium liefern, um Zusammenschlüsse von Freiberuflern gegenüber ihnen ähnlichen gewerblichen Unternehmen zu privilegieren. Deswegen ist entweder nach dem Vorbild des britischen Rechts die Zugangsbeschränkung zur Partnerschaft aufzuheben oder es ist eine § 8 Abs. 2 PartGG gleichwertige Haftungsbeschränkung in das Recht der oHG als Schwestergesellschaft der Partnerschaft aufzunehmen. 14. Im Hinblick auf den Gläubigerschutz gegen gläubigerschädigende Vermögensentnahmen der Gesellschafter bedarf es im Recht der Partnerschaft einer Schließung der gesetzlichen Schutzlücke, die seit der Einführung von § 8 Abs. 2 PartGG existiert. 15. Dazu bietet sich für die Partnerschaft de lege lata eine Übertragung bzw. eine Fortentwicklung der Fallgruppen zum Haftungsdurchgriff bei der Kapitalgesellschaft an. Insbesondere die jüngst zur GmbH entwickelte Fallgruppe des existenzvernichtenden Eingriffs scheint nach dem vom BGH angewendeten Argumentationsmuster geeignet, gläubigerschädigende Vermögensverschiebungen der Gesellschafter, die die Insolvenz der Partnerschaft zur Folge haben, wirksam zu sanktionieren. De lege ferenda kann section 214A IA 1986 des britischen Rechts ein Vorbild für die gesetzliche Ahndung solcher Entnahmen liefern. Die Einführung eines mit section 214A IA 1986 vergleichbaren Anfechtungsrechts des Insolvenzverwalters zur Rückgängigmachung bestimmter Vermögensverschiebungen ist auch für das Recht der Partnerschaft zu empfehlen. Um im Einzelfall besser erkennbar zu machen, welche Vermögensentnahmen potentiell reversibel sind, wäre es zudem empfehlenswert, die Partnerschaft nach dem Vorbild der britischen LLP der Bilanzierungspflicht nach den §§ 242 ff. HGB zu unterwerfen. 16. Die jüngere Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit hat dazu geführt, dass die britische LLP auch für in Deutschland tätige Unternehmer
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verfügbar ist. Die Organisationsform der LLP kann genutzt werden, indem die Gesellschaft mit Satzungssitz Großbritannien gegründet und der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft in Deutschland angesiedelt wird. Ebenso ist die Errichtung einer Zweigniederlassung hierzulande möglich. Da Adressaten der britischen Organisationsform zuvorderst Freiberuflergesellschaften sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass hierzulande tätige Freiberufler bzw. Freiberuflerzusammenschlüsse die LLP als echte Alternative zu Organisationsformen für Freiberufler nach deutschem Recht, wie etwa der Partnerschaft, der Freiberufler-GmbH und der Freiberufler-AG in Betracht ziehen werden, um ihre Haftung zu begrenzen. 17. Die deutsche Rechtsprechung wird europarechtlich gehalten sein, eine nach Deutschland zugezogene LLP in großem Umfang nach den einschlägigen Grundsätzen des britischen Gründungsrechts zu beurteilen. Die Anwendung deutschen Rechts dürfte häufig eine Beschränkung der Freizügigkeit der Gesellschaft begründen. 18. Dies gilt in jedem Fall für solche nationalen Regelungen, die nach ihrer Konzeption, rechtlich oder tatsächlich an die Organisation in einem Verband anknüpfen. Eine Anwendung dieser Normen hat zur Folge, dass sich der Status der betreffenden Gesellschaft hinsichtlich ihrer Rechtsstellung, ihrer Rechtsbeziehungen und ihrer Struktur nach den Vorschriften des Niederlassungsstaates und nicht des Gründungsstaates beurteilt. Weil dadurch auf die betroffene Gesellschaft neben den gesellschaftsspezifischen Erfordernissen des Gründungsstaates zusätzlich die Anforderungen des Gesellschaftsrechts des Zuzugsstaates Anwendung finden, wird die Verlegung des Verwaltungssitzes in einen anderen Mitgliedsstaat bzw. die Errichtung einer Zweigniederlassung und somit der Zugang zum dortigen Markt behindert oder zumindest weniger attraktiv gemacht. 19. Aber auch nationale Regelungen, die keinen Bezug zur Organisation in einem Verband aufweisen, können eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit begründen, wenn sie im Einzelfall eine marktzugangsbeschränkende Wirkung haben. Anders als bei gesellschaftsakzessorischen Regelungen konstituiert ihre Anwendung indessen nicht von vornherein bereits aufgrund ihrer Natur eine Beschränkung der Freizügigkeit. 20. Eine Rechtfertigung der Anwendung von die Niederlassungsfreiheit beschränkenden nationalen Regelungen wird nur selten in Betracht kommen. Insbesondere Argumente des Gläubigerschutzes können in der Regel nicht verfangen, weil die Rechtsprechung des EuGH auf dem Standpunkt steht, es sei nicht notwendig, aus Gründen des Gläubigerschutzes nationalem Recht, das die Niederlassungsfreiheit beeinträchtigt, den Vorrang einzuräumen, solange und soweit ein ausreichender Gläubigerschutz auch durch Ge-
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meinschaftsrecht oder durch die Vorschriften des Gründungsrechts gewährleistet ist. Lediglich zum Schutz vor Missbrauchs- und Betrugsfällen hat der EuGH wiederholt die Kompetenz der Zuzugsstaaten zur Anwendung eigener Rechtssätze bestätigt. Die praktische Bedeutung dieser Fallgruppen ist indessen gering. Eine Umgehung der restriktiven Vorschriften des Zugsstaates begründet gerade keine rechtlich bedenkliche Ausnutzung der Grundfreiheit. 21. Da die deutschen Grundsätze zur Insolvenzverschleppungshaftung und zum Haftungsdurchgriff – einschließlich der Existenzvernichtungshaftung – an die Organisation in einem Verband anknüpfen, begründet ihre Anwendung auf eine „Briefkasten-LLP“ unweigerlich einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit. 22. Aufgrund der auch in Deutschland Wirkung entfaltenden Gläubigerschutzmechanismen des britischen Rechts und des Gemeinschaftsrechts sind die Interessen der freiwilligen und unfreiwilligen Gläubiger einer LLP in angemessener Weise geschützt. Eine zusätzliche Anwendung der nationalen Regelungen zur Insolvenzverschleppungshaftung und zur Durchgriffshaftung auf eine „Briefkasten-LLP“ geht demzufolge über das zum Gläubigerschutz Erforderliche hinaus. Sie wäre somit europarechtlich unzulässig. 23. Möglich bleibt indessen eine Anwendung der deutschen Grundsätze zur Vertreterhaftung auf die als Organe handelnden Gesellschafter der LLP. Die Haftung nach diesen Regeln ist neutraler Natur und konstituiert demzufolge nicht a priori eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Die Vertreterhaftung beschränkt auch nicht den Marktzugang für eine britische LLP, weil die deutschen Grundsätze im Vergleich zu dem verwandten Rechtsinstitut des britischen Rechts erheblich milder sind. Dies gilt insbesondere für eine freiberufliche LLP, weil in Deutschland anders als in Großbritannien kein Konzept einer „professional liability“ existiert. Gesellschafter einer in Deutschland tätigen „Briefkasten-LLP“ können demnach nach den hierzulande geltenden Grundsätzen der Vertreterhaftung persönlich in Anspruch genommen werden. Eine Anwendung der strengen britischen Grundsätze zur „professional liability“ auf eine nach Deutschland zugezogene LLP kommt dagegen nicht in Betracht. 24. Auch wenn alteingesessene deutsche Freiberuflerzusammenschlüsse einer Umwandlung zu der britischen Rechtsform skeptisch gegenüber stehen sollten, wird die LLP trotzdem in Zukunft verstärkt auch auf dem deutschen Markt vertreten sein. So hat sich Haarmann Hemmelrath Anfang 2006 als erste deutsche Anwaltssozietät als LLP mit Sitz in London eintragen lassen. Zudem befinden sich gegenwärtig mehrere der weltweit tätigen Rechtsanwaltskanzleien aus der Gruppe der „magic circle firms“ in Beratungen über eine Konvertierung zur LLP. Wie im Fall von Allen & Overy wird
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die Umwandlung der übrigen dieser Kanzleien die Konsequenz haben, dass auch die deutschen Ableger dieser Unternehmen in der britischen Rechtsform firmieren. Eine Auseinandersetzung mit der LLP und ihrer Verfassung ist deswegen unumgänglich.
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Sachwortverzeichnis accounting records 251 adjustment of withdrawals – Bewertung 211 – Haftsumme 210 – Haftungsvoraussetzungen 204 – historischer Hintergrund 202 – Regelungsinhalt 204 – Wissensstand der Gesellschafter 205 annual accounts 251 annual return 254 audit 252 Breach of warranty of authority 107 Briefkasten-LLP – Allgemeines 359 – Errichtung der Gesellschaft 360 – Gebhard Grundsätze 388 – Geschäftsfähigkeit 361 – Haftungsbeschränkung 363 – Haftungsdurchgriff 372 – innergesellschaftliche Rechtsfragen 361 – Insolvenzverschleppungshaftung 365 – Organvertretung 361 – Rechnungslegung und -prüfung 362 – Rechtsfähigkeit 361 – steuerliche Behandlung 362 – Vertreterhaftung 379 – Zweigniederlassung 402 clouds and sunshine test 174 company doctor 162, 170 construction of contract 109 de jure Gesellschafter 160 Delaware Syndrome 43
disqualification of unfit members – Berücksichtigung des Einzelfalls 241 – Bestimmung der Ungeeignetheit 237 – Bewertung 246 – Dauer der Disqualifikation 245 – historischer Hintergrund 232 – Indizien fehlender und nicht fehlender Eignung 242 – Reformvorschläge 248 – Regelungsinhalt 234 duty of care – assumption of responsibility 102 – Auswirkung des Status der LLP 112 – Auswirkung freiberuflicher Tätigkeit 129 – Auswirkung gegenseitiger Kontrolle 137 – Auswirkung interner Aufgabenverteilung 134 – breach 105, 141 – damage 105, 141 – einschränkende Faktoren 139 – incremental test 103 – Relevanz der Hedley Byrne Leitlinien 111 – Relevanz für die LLP 103 – threefold test 101 – Widerlegung 142 façade test 149 faktischer Direktor 162, 166 faktischer Gesellschafter 162, 169 fraudulent trading – Betrugsabsicht 173 – Bewertung 177 – Geschäftsführung 172 – Haftsumme 175
Sachwortverzeichnis
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– historischer Hintergrund 171 – Rechtsprechung im company law 172 – Regelungsinhalt 172 – sonstige Voraussetzungen 176 – verantwortliche Personen 176 freiberufliche Briefkasten-LLP – Anwendung der Grundsätze zur professional liability 406, 409 – Erfordernis einer Korrektur der Haftungsvorteile 405 – Haftungsvorteile 404, 407
– Qualifikation 372 – single economic unit 144 – Übertragung auf die LLP 152
Gebhard Leitlinien – Allgemeines 356 – Erforderlichkeit 390 – Informationsmodell 392, 394 – Rechtfertigung 388 Gläubigerschutzmechanismen – adjustment of withdrawals 202 – Ausweitung bei der Partnerschaft 333 – britisches Recht 157, 256 – disqualification of unfit members 231 – fraudulent trading 171 – Insolvenzrechtlich 158 – LLP 157 – misfeasance 213 – Partnerschaft 308 – Publizitäts- und Bilanzierungsvorschriften 250 – Rechtsvergleich 322 – wrongful trading 178 Gründungstheorie 340
LLP – Akzeptanz 269 – Auffangregelungen 78 – Außenverhältnis 93, 318 – Besteuerung 258, 327 – deliktisches Handeln 96 – eigene Rechtspersönlichkeit 93 – Eintragungsvoraussetzungen 59 – Entstehung 59, 317 – Gesamtbewertung 263 – Gesellschafter 67 – Gesellschaftsvertrag 75 – Gläubigerschutzmechanismen 157, 322 – Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten 100 – Handeln im Rechtsverkehr 95 – Hintergrund der Einführung 41 – Innenverhältnis 67, 318 – Insolvenzrechtliche Gläubigerschutzmechanismen 158 – Publizitäts- und Bilanzierungsvorschriften 250 – Rechtsnatur 54, 315 – Reformbestrebungen im britischen Gesellschaftsrecht 38 – Regelungstechnik des LLPA 56, 316 – Registrierung 64 – Treuepflichten 80 – Umsetzung der Ziele des Gesetzgebers 264 – Zertifikatsausstellung 64
Haftungsdurchgriff – agency 147 – britisches Recht 144 – deutsches Recht 310 – Erforderlichkeit 397 – façade 149 – interests of justice 148 – lifting the corporate veil 144 – Partnerschaft 310
insolvency practitioner 187, 225, 236, 257 Insolvenzverschleppungshaftung – Allgemeines 365 – Qualifikation 366 Keck Leitlinien 348, 351
456
Sachwortverzeichnis
LLP-Gesellschafter – Aufnahme 67 – Austritt 68 – de jure Gesellschafter 160 – designierte Gesellschafter 73 – faktische Gesellschafter 162 – Geschäftsanteil 71 – Gründungsmitglieder 67 – Haftung für sorgfaltswidriges Verhalten 110, 154 – Haftungsdurchgriff 144 – Handeln für die LLP 94 – Schattengesellschafter 161 – Status 72 – Treuepflichten 80 – vertragliche Rechtsbeziehungen 107, 153 Marktzugangstest 349, 351, 353 Merrett v Babb – Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP 124 – rechtliche Würdigung 123 – Sachverhalt 122 misfeasance – Anwendung auf die LLP 222 – Bewertung 226 – Haftungsausschluss 226 – historischer Hintergrund 213 – Inhalt der Treuepflicht 222 – Maßstab für das Verhalten der Gesellschafter 224 – Regelungsinhalt 213 – Treuepflichten bei herannahender Insolvenz im company law 216 net deficiency test 189 Niederlassungsfreiheit – Einfluss auf das Kollisionsrecht 341 – Gebhard Leitlinien 356 – Marktzugangstest 353 – Missbrauch und Betrug 357 – neutrale Regelungen 355
– Rechtfertigung von Eingriffen 356 – Reichweite 346, 353 – verbandsspezifische Regelungen 354 ostrich syndrome 186 Partnerschaft – Anmeldung 287 – Außenverhältnis 295, 318 – Beschränkung des Ausschlusses von der Geschäftsführung 291 – Besteuerung 313, 327 – Entstehung 283, 317 – Entstehungsgeschichte 277 – Gläubigerschutzmechanismen 308, 322 – Grundsatz der Vertragsfreiheit 290 – Haftung 297 – Haftung der Partner 298 – Haftungsbeschränkung 302 – Innenverhältnis 290, 318 – Partnerschaftsvertrag 285 – Prüfung und Eintragung 288 – Rechtliche Verselbständigung 296 – Rechtsnatur 281, 315 – Reformvorschläge 327 – Regelungstechnik des PartGG 282, 316 – Subsidiär geltendes oHG-Innenrecht 292 – Vertretung 296 – Vorgesellschaft 288 – Vorrang des Berufsrechts 290 – Wirksamwerden 295 Partnership – limited partnership 35 – ordinary partnership 33 Publizitäts- und Bilanzierungspflichten – Bewertung 254 – Pflichten der LLP 251 race to the top 42 rush to the door syndrome 209
Sachwortverzeichnis Schattendirektor 162, 163 Schattengesellschafter 161, 169 silver lining test 174 Sitztheorie 340 Standard Chartered Bank v Pakistan National Shipping Co (No 2) – Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP 128 – rechtliche Würdigung 126 – Sachverhalt 126 tort of negligence – Auswirkung des Status der LLP 112 – Auswirkung freiberuflicher Tätigkeit 129 – Auswirkung gegenseitiger Kontrolle 137 – Auswirkung interner Aufgabenverteilung 134 – Bestehen einer Sorgfaltspflicht 101, 111 – Bruch der Sorgfaltspflicht 105, 141 – Einschränkende Faktoren 139 – Haftungsvoraussetzungen 100, 110 – Hedley Byrne Leitlinien 111 – Mechanismen zum Ausschluss persönlicher Haftung 142 – Schaden 105, 141 undisclosed agency 108
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Vertreterhaftung – Allgemeines 379 – freiberufliche Tätigkeit 381 – Qualifikation 384 Warenverkehrsfreiheit – Keck Leitlinien 348 – Marktzugangstest 349 – Regel der Abgeschiedenheit 350 Wettbewerb der Jurisdiktionen 42 Williams v National Life Health Foods Ltd – Einordnung der Entscheidung und Bedeutung für die LLP 120 – rechtliche Würdigung 116 – Sachverhalt 115 wrongful trading – Anwendung auf die LLP 182 – Bewertung 191 – Gegenmaßnahmen der Gesellschafter 186 – Haftsumme 188 – Haftungsvoraussetzungen 180 – historischer Hintergrund 179 – Moment der Wahrheit 183 – Reformvorschläge 199 – Regelungsinhalt 180